Die klagende … wendet sich gegen eine vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) als Aufsichtsbehörde getroffene Feststellung, ein von ihr nach § 13 UrhWahrnG (nunmehr § 38 Satz 1 VGG) aufgestellter Tarif sei unangemessen, sowie gegen die angeordnete Verpflichtung zur Rücknahme des Tarifs.
Zur Vorbereitung der Aufstellung eines Tarifs „Wiedergabe von Funksendungen“ führte die Klägerin Umfragen unter ihren Wahrnehmungsberechtigten - privaten Sendeunternehmen aus den Bereichen Hörfunk und Fernsehen - durch. In einer ersten Umfrage im Dezember 2012 wurden die Wahrnehmungsberechtigten gebeten, mitzuteilen, in welchem Umfang ihnen Angestellte und freie Mitarbeiter sowie beauftragte Produktionsfirmen Rechte für die öffentliche Wiedergabe von Funksendungen übertragen haben. Weiter wurden Informationen darüber abgefragt, ob und in welchem Umfang Angestellte und freie Mitarbeiter eigene Wahrnehmungsverträge mit anderen Verwertungsgesellschaften abgeschlossen haben. Viele der Wahrnehmungsberechtigten beantworteten die gestellten Fragen nur teilweise oder gaben keine Rückmeldung. Zu Wahrnehmungsverträgen ihrer Angestellten oder freien Mitarbeiter machten 8 von 65 Hörfunksendern und 6 von 46 Fernsehsendern Angaben.
Die Klägerin veranlasste die Veröffentlichung des Tarifs „Wiedergabe von Funksendungen“ im Bundesanzeiger vom 12. April 2013. Darin wurde betreffend die öffentliche Wahrnehmbarmachung urheberrechtlich geschützter Werke in Funksendungen für die Nutzung der von der Klägerin wahrgenommenen Rechte ein Vergütungssatz (netto) von 20 v. H. der jeweiligen GEMA-Tarife festgelegt.
Mit Bescheid des DPMA vom 20. März 2015, der Klägerin am 25. März 2015 zugestellt, wurde festgestellt, dass deren Tarif „Wiedergabe von Funksendungen“ unangemessen im Sinne des § 11 Abs. 1 UrhWahrnG sei (Nr. 1 des Bescheides). Der Klägerin wurde unter Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 50.000 Euro aufgegeben, den Tarif innerhalb von vier Wochen nach Bestandskraft des Bescheides zurückzunehmen (Nrn. 2 und 3).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei verpflichtet gewesen, bei Aufstellung des Tarifs zu ermitteln, in welchem Umfang sie Rechte anbieten könne. Diese Pflicht habe sie nicht erfüllt. Eine Verwertungsgesellschaft, die den Umfang ihres Repertoires nicht hinreichend kenne, könne eine angemessene Tarifhöhe nicht festlegen. Die Natur des Tarifs „Wiedergabe von Funksendungen“ erfordere im Rahmen dieser Rechteprüfung auch Rückfragen und Nachforschungen. Die Klägerin sei im Bereich des § 22 UrhG nicht für die originären Rechteinhaber tätig; sie leite ihr Repertoire vielmehr aus einer mehrfachen Abtretung her. Um eine angemessene Vergütung ermitteln zu können, hätte sie deshalb klären müssen, in welchem Umfang diese Abtretung stattgefunden habe. Da mehrere andere Verwertungsgesellschaften im Bereich des § 22 UrhG tätig seien, müsse sie dabei ermitteln, welcher Anteil der Urheber jeweils prioritär einen Wahrnehmungsvertrag mit einer anderen Verwertungsgesellschaft geschlossen habe. Die Auskünfte der Wahrnehmungsberechtigten zur Umfrage der Klägerin vom Dezember 2012 seien zu lückenhaft gewesen, um den Umfang von deren Repertoire hinreichend abschätzen zu können. Die Klägerin habe sich unter den gegebenen Umständen nicht auf die Angabe ihrer Wahrnehmungsberechtigten im Wahrnehmungsvertrag verlassen dürfen, wonach diese die Rechte nach § 22 UrhG innehätten. Der Klägerin sei durch die Umfrage bekannt gewesen, dass die Wahrnehmungsberechtigten mehrheitlich den Umfang ihrer Rechte nicht kennen würden. Der Klägerin sei es rechtlich möglich, weitere Auskünfte von ihren Wahrnehmungsberechtigten einzuholen. Dass die Klägerin die Frage nach der prioritären Rechteeinräumung weitgehend unbeantwortet gelassen habe, sei ein ausreichendes Indiz für die Unangemessenheit des Tarifs „Wiedergabe von Funksendungen“. Dieses Indiz sei vorliegend nicht widerlegt. Rechtsgrundlage für die Feststellungen und für die Anordnung (Nrn. 1 und 2 des Bescheidstenors) sei § 19 Abs. 2 Satz 2 UrhWahrnG. Die in der Zwangsgeldandrohung (Nr. 3) gesetzte Frist sei angemessen. Sie erlaube es der Klägerin, den Tarif zurückzunehmen und eine Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt zu veranlassen. In Anbetracht schutzwürdiger Interessen der Nutzer könne eine Neuaufstellung des Tarifs nicht abgewartet werden.
Am 27. März 2015 wurde im Bundesanzeiger ein geänderter Tarif „Wiedergabe von Funksendungen“ der Klägerin veröffentlicht. In Nr. I. des Tarifs wurde ein Vergütungssatz für die Nutzung der von der Klägerin wahrgenommenen Rechte für die Wiedergabe von Fernsehsendungen in Höhe von 25 v. H. und für die Wiedergabe von Hörfunksendungen in Höhe von 15 v. H. der jeweils aktuellen GEMA-Tarife bestimmt. Weiter sollte im Falle der Wiedergabe von Fernsehsendungen ohne Audiospur die Vergütung für die Nutzung der von der Klägerin wahrgenommenen Rechte 12,5 v.H. des jeweils aktuellen GEMA-Tarifs betragen, der bei Wiedergabe von Fernsehsendungen mit Audiospur Anwendung findet. Gemäß Nr. II.6. der Regelung galt dieser Tarif ab dem 1. Januar 2015 und ersetzte den am 12. April 2013 veröffentlichten Tarif der Klägerin „Wiedergabe von Funksendungen“.
Mit Schreiben vom 14. April 2015 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. März 2015 ein.
Mit Bescheid des DPMA vom 26. Oktober 2015 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Auch bei nochmaliger Prüfung sei davon auszugehen, dass die Klägerin nicht hinreichend ermittelt habe, in welchem Umfang die Rechte nach § 22 UrhG prioritär an andere Verwertungsgesellschaften übertragen worden seien. Das DPMA sei befugt gewesen, den Tarif „Wiedergabe von Funksendungen“ umfassend auf seine Angemessenheit zu prüfen. Auch ein „interimistischer“ Gesamtvertrag der Klägerin mit einer Nutzergemeinschaft spreche nicht gegen eine aufsichtsrechtliche Prüfung dieses Tarifs. Die ungenügende Repertoirekenntnis der Klägerin sei ein hinreichendes Indiz für die Unangemessenheit des Tarifs. Dieses Indiz werde vorliegend durch eine Vielzahl weiterer Hinweise bestätigt. Die Berechnungsweise der Klägerin selbst zeige, dass die tarifliche Vergütung zu hoch sei. Als die Klägerin den Tarif aufgestellt habe, sei sie davon ausgegangen, dass nur ein niedriger einstelliger Anteil der Mitarbeiter ihrer Wahrnehmungsberechtigten Rechte an andere Verwertungsgesellschaften abgetreten habe. Wenn sich nun herausstelle, dass ihr Repertoire deutlich geringer sei, könne dafür nicht die gleiche Vergütung angemessen sein. Auch ein Vergleich mit dem Wiedergabetarif der VG Wort weise darauf hin, dass der Tarif der Klägerin im Vergleich zu dem lizensierten Repertoire zu hoch angesetzt sei. Die Anordnung der Tarifrücknahme sei verhältnismäßig, ermessensfehlerfrei und zweckmäßig gewesen. Die Anordnung einer Recherche der vorhandenen Rechte sei ein weniger geeignetes Mittel, da sie einen unangemessenen Tarif bestehen lasse. Aus den oben dargelegten Gründen sei zudem nicht davon auszugehen, dass eine weitere Recherche den Tarif der Höhe nach bestätigen werde. Es sei der Klägerin auch zumutbar, zur Aufstellung eines angemessenen Tarifs ihr Repertoire zu erforschen. Der Klägerin sei es rechtlich möglich gewesen, weitere Auskünfte von ihren Wahrnehmungsberechtigten einzuholen. Hierfür sei auch kein gerichtliches Vorgehen gegen diese erforderlich. Es sollte ausreichen, wenn die Verwertungsgesellschaft ihre Berechtigten darauf aufmerksam mache, dass ohne die entsprechenden Informationen die Rechtewahrnehmung gefährdet sei. Weigere sich ein Berechtigter, Angaben zum Bestand und Umfang seiner Rechte zu machen, könne die Verwertungsgesellschaft für diesen Berechtigten keine Rechte wahrnehmen.
Die Klägerin erhob am 27. November 2015 Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 20. März 2015 und den Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2015.
Im Bundesanzeiger vom 8. Dezember 2015 wurde eine weitere Neufassung des Tarifs der Klägerin „Wiedergabe von Funksendungen“ veröffentlicht. Die dort genannten Vergütungssätze (Nr. I. des Tarifs) entsprechen denjenigen des am 27. März 2015 veröffentlichten Tarifs. Änderungen erfolgten dagegen in den sogenannten allgemeinen Bestimmungen (Nr. II.).
Im März 2016 führte die Klägerin bei den Hörfunk- und Fernsehsendern, deren Rechte sie wahrnimmt, mit Hilfe eines Fragebogens eine weitere Umfrage durch. Die angefragten Sendeunternehmen sollten u.a. angeben, wie viele ihrer angestellten und freien Mitarbeiter Verträge abgeschlossen haben, welche eine vollständige Rechteübertragung („work made for hire“ / „Total-Buy-Out“) einschließlich des Rechts der öffentlichen Wiedergabe nach § 22 UrhG beinhalten. Gemäß den Angaben dieser Sendeunternehmen soll ein Anteil von 97,35% der angegebenen insgesamt 9.935 Mitarbeiter einen solchen Vertrag abgeschlossen haben, davon 98,75% der angestellten und 87,92% der freien Mitarbeiter. Weiter wurde bei der Umfrage nach der Anzahl der Auftragsproduktionsverträge (im Jahresdurchschnitt) und des Anteils solcher Verträge mit einer vollständigen Rechteübertragung gefragt.
Mit Urteil vom 25. Oktober 2016 hob das Verwaltungsgericht München den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2015 und den Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2015 auf. Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Beurteilung der Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheids sei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, mithin der Erlass des Widerspruchsbescheids. Die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden, von der Beklagten vorgetragenen Tatsachen und Indizien würden die gesetzlichen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des § 19 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 UrhWahrnG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 UrhWahrnG nicht tragen. Der streitgegenständliche Tarif und damit die von der Klägerin aufgestellten Nutzungsbedingungen seien nicht als grob unangemessen anzusehen. Die Überprüfung von Nutzungsbedingungen bzw. Tarifen durch die Beklagte beschränke sich auf eine Kontrolle im Hinblick auf eine grobe Unangemessenheit von Nutzungsbedingungen. Der streitgegenständliche Wiedergabetarif sei nicht grob unangemessen. Der Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe keinerlei Kenntnis über den ihr eingeräumten Rechtebestand, liege die fehlerhafte Annahme zu Grunde, dass eine Verwertungsgesellschaft ohne weiteren Anlass aktiv überprüfen müsse, ob ihr alle zur Wahrnehmung eingeräumten Rechte prioritär übertragen worden seien. Darüber hinaus unterstelle die Beklagte ohne belastbare Nachweise, dass für Sendeunternehmen tätige Urheber sowie Wahrnehmungsberechtigte der Klägerin in großem Stil wahrheitswidrig vorgeben würden, Rechte zu übertragen, ohne über diese wegen einer prioritären Einräumung an andere Verwertungsgesellschaften verfügen zu können. Fragen der materiellen Beweislast im Zusammenhang mit dem Repertoire der Klägerin seien nicht entscheidend. Die Klägerin habe bereits im Verwaltungsverfahren den Umfang ihres Repertoires dargelegt und dann durch die Umfrage im Jahr 2016 die zwischen den Beteiligten vor allem umstrittene Frage der Rechtedichte, den (prozentualen) Umfang der prioritären Rechteeinräumung, bestätigen können. Die von der Beklagten vorgebrachten Gründe könnten die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen nicht erschüttern. Es sei davon auszugehen, dass für die von der Beklagten im Wege der Eingriffsverwaltung ausgeübte Staatsaufsicht allgemeine Grundsätze gelten würden und die Behörde die Folgen der Ungewissheit des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen der zu einem Eingriffsakt ermächtigenden Rechtsnorm gegen sich gelten lassen müsse. Der Gesetzgeber habe sich dafür entschieden, für das Aufstellen eines Tarifs kein Genehmigungsverfahren zu schaffen, in dem eine Verwertungsgesellschaft als Antragstellerin unter anderem darlegen müsste, dass ein (neuer) Tarif angemessen sei. Es läge demnach zunächst an der Beklagten, stichhaltige und dem Beweis zugängliche Tatsachen vorzutragen, die begründen würden, dass das Repertoire der Klägerin aufgrund zahlreicher prioritärer Rechteeinräumungen an andere Verwertungsgesellschaften deutlich weniger umfangreich sei, als von dieser vorgetragen. Im Übrigen sei der feststellende Ausspruch des Tenors in Nr. 1 des angefochtenen Bescheids, dass der Wiedergabetarif unangemessen sei, nicht von der Rechtsgrundlage des Bescheids umfasst. Bei der Feststellung der Unangemessenheit des Tarifs handle es sich nicht um eine Maßnahme, die im Sinne von § 19 Abs. 2 Satz 2 UrhWahrnG sicherstelle, dass die Klägerin ihre gesetzlichen Pflichten erfüllen würde, sondern um eine bloße Feststellung, die noch nicht einmal zum Verständnis des Tenors in Nr. 2 notwendig sei.
Mit ihrer mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Juni 2017 (Az. 22 ZB 17.277) zugelassenen Berufung beantragt die Beklagte,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 25. Oktober 2016 (Az. M 16 K 15.5333) die Klage der Klägerin gegen den Bescheid des BPMA vom 20. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Oktober 2015 abzuweisen.
Zur Begründung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor, die Klägerin sei sich im Vorfeld der Aufstellung ihres Tarifs „Wiedergabe von Funksendungen“ der Problematik einer wirksamen prioritären Rechteeinräumung bewusst gewesen und habe zu deren Klärung Rechtsgutachten eingeholt. Im Vorfeld der Aufstellung des Tarifs habe sie im Dezember 2012 eine Umfrage zur Frage der prioritären Rechteübertragung unter ihren Wahrnehmungsberechtigten durchgeführt. Wie das Verwaltungsgericht insoweit zutreffend festgestellt habe, hätten nur 8 von 65 Hörfunksendern und 6 von 46 Fernsehsendern auf die Frage geantwortet, ob und in welchem Umfang ihre angestellten und freien Mitarbeiter prioritäre eigene Wahrnehmungsverträge mit anderen Verwertungsgesellschaften abgeschlossen hätten. Hinzu komme, dass überwiegend nur kleine Spartensender eine Rückantwort auf die Frage der Rechteeinräumung gegeben hätten. Das DPMA habe die Klägerin wiederholt um weitere Aufklärung gebeten, in welchem Umfang wirksam (prioritär) abgetretene Rechte dem Wiedergabetarif zugrunde lägen. Die Klägerin habe sich in ihren Antworten pauschal auf eine wirksame Rechtekette und Total-Buy-Out-Klauseln in den Verträgen ihrer Sendeunternehmen mit deren angestellten und freien Mitarbeitern berufen, ohne einen Beleg für die prioritäre Rechteeinräumung ihrer angestellten und freien Mitarbeiter auf der ersten Ebene zu erbringen. Zweifel am Umfang der Rechtewahrnehmung durch die Klägerin seien auch von Nutzerseite geäußert worden. Wie die Klägerin selbst ausführe, würden neben ihr auch weitere Verwertungsgesellschaften das Recht der öffentlichen Wiedergabe für die Rechteinhaber wahrnehmen. Die Möglichkeit einer „Kollision“ von Wahrnehmungsverträgen, die von der seit Jahrzehnten in diesem Bereich tätigen VG Wort abgeschlossen würden, mit solchen der Klägerin liege auf der Hand. Allein knapp 3.500 Autoren, die bei den von der Klägerin vertretenen Sendeunternehmen tätig seien, hätten nachweislich einen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort geschlossen. Eine Aussage zur Priorität von Total-Buy-Out-Verträgen vor etwaigen individuell abgeschlossenen Wahrnehmungsverträgen der ursprünglichen Rechteinhaber mit anderen Verwertungsgesellschaften enthalte die Umfrage aus dem Jahr 2016 nach Kenntnis der Beklagten nicht. Das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft und contra legem die Prüfungskompetenz der Aufsichtsbehörde auf eine Evidenzkontrolle bezüglich einer groben Unangemessenheit von Tarifen beschränkt. Eine solche Beschränkung lasse sich weder dem Wortlaut, noch der Gesetzesgenese, der Systematik oder dem Sinn und Zweck der einschlägigen Regelungen entnehmen. Darüber hinaus wolle das Verwaltungsgericht noch eine Beweislastumkehr für die (grobe) Unangemessenheit der Tarife begründen. Dabei werde verkannt, dass die Verwertungsgesellschaft die materielle Beweislast dafür trage, dass sie jedem aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einräume (vgl. § 11 UrhWahrnG bzw. § 34 VGG) und dass ihre einseitig aufgestellten Tarife angemessen seien, d. h. insbesondere die geldwerten Vorteile widerspiegeln würden, die durch die Verwertung erzielt würden (§ 13 Abs. 3 Satz 1 UrhWahrnG bzw. § 39 Abs. 1 VGG). Für das kontradiktatorische Schiedsstellenverfahren und nachgelagerte Gerichtsverfahren habe der BGH ausdrücklich den Verwertungsgesellschaften die Darlegungs- und Beweislast für die Angemessenheit ihrer Tarife auferlegt. Dieses Ergebnis bestätige ein Vergleich mit gesetzlichen Vermutungsregelungen (vgl. § 13 c Abs. 1 und 2, § 13 d Abs. 1 UrhWahrnG bzw. § 48, § 49 Abs. 1 und § 51 VGG). Jedenfalls könne eine Darlegungs- und Beweislast der Beklagten nicht im Sonderfall der mehrfachen Abtretung gelten, da die betreffenden Umstände ausschließlich in der Sphäre der Klägerin liegen würden. Die Klägerin habe zu diesen Umständen trotz mehrfacher Aufforderung der Beklagten und ungeachtet ihrer rechtlichen Verpflichtung aus § 19 Abs. 3 UrhWahrnG (bzw. § 85 Abs. 3 VGG) nicht die angeforderten Unterlagen zur Verfügung gestellt. Nur die Klägerin habe es aufgrund der abgeschlossenen Wahrnehmungsverträge in der Hand, sich die Wirksamkeit der vorgelagerten Abtretung der Urheber an die Sendeanstalten darlegen und im Zweifelsfall beweisen zu lassen. Es sei für diese ein Leichtes, die Wahrnehmungsberechtigten vertraglich auf die Unwirksamkeit von nicht prioritären Rechteübertragungen hinzuweisen und eine Wissenserklärung zu verlangen, wonach keine vorangegangene Übertragung der Wahrnehmungsrechte erfolgt sei. Wenn schon keine substantiierten Anhaltspunkte wie im vorliegenden Fall für ein aufsichtliches Einschreiten genügten, würde die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften in diesem Bereich entgegen dem gesetzgeberischen Willen faktisch leerlaufen. Das Korrektiv der Aufsicht zum (natürlichen) Monopol der treuhänderischen Verwertungsgesellschaften würde zulasten der Rechtenutzer entfallen. Im Übrigen sei der Tarif „Wiedergabe von Funksendungen“ jedenfalls wegen des schwerwiegenden Ermittlungsdefizits der Klägerin grob unangemessen. Indem die Klägerin sich der ihr obliegenden Sachverhaltsermittlung verweigere, verletze sie zugleich ihre Mitwirkungsobliegenheit gegenüber der Aufsichtsbehörde. Ungeachtet dessen habe das DPMA belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin keine hinreichende Kenntnis vom Umfang der ihr übertragenen Rechte gehabt habe. Wer den Umfang seines Rechterepertoires nicht kenne, könne auch keinen angemessenen Tarif aufstellen. Spätestens nach Auswertung der Rückläufer der Umfrage von 2012 hätte für die Klägerin Veranlassung bestanden, die Einräumung prioritärer Rechte im Einzelfall zu überprüfen. Aufgrund interner Unterlagen und Gutachten sowie einer Stellungnahme der VG Wort sei der Klägerin die betreffende Problematik bekannt gewesen. Gesamtverträgen, die betreffend die Angemessenheit der Tarife nur unter Vorbehalt abgeschlossen worden seien, könne keine Indizwirkung für die Angemessenheit des Tarifs zukommen. Bei der Tarifaufstellung habe die Klägerin Erkenntnisse aus der Umfrage im Jahr 2016 nicht berücksichtigen können. Der aufgrund dieser Umfrage angenommene Total-Buy-Out würde im Übrigen ins Leere gehen, wenn der Urheber einen eigenständigen prioritären Wahrnehmungsvertrag geschlossen habe. Auf die Frage zu prioritären Wahrnehmungsverträgen der Rechteinhaber mit anderen Verwertungsgesellschaften sei in dieser Umfrage aber verzichtet worden. Im Übrigen hätte die Klägerin aufgrund fehlender Repertoirekenntnis nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises belegen müssen, wie sie zu einer angemessenen Vergütung gekommen sei. Weiter habe das Verwaltungsgericht verkannt, dass weder den ausübenden Künstlern, noch den Filmherstellern in dem tarifgegenständlichen Bereich der öffentlichen Wiedergabe von Rundfunksendungen ein gesetzliches Ausschließlichkeitsrecht zustehe. Das DPMA habe sein Ermessen pflichtgemäß ausgeübt. Die von der Klägerin verlangte konkrete Vorgabe eines angemessenen Tarifs durch die Aufsichtsbehörde stelle kein milderes Mittel dar, greife sie doch in den Kernbereich von deren Geschäftsführung ein. Bei der Geltendmachung eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verkenne die Klägerin, dass andere Verwertungsgesellschaften schon seit vielen Jahren Gesamtverträge mit Nutzervereinigungen abgeschlossen hätten, welche die Angemessenheit der bestehenden Tarife indizieren würden. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit des beanstandeten Tarifs solle verhindern, dass die Klägerin nach Aufhebung sogleich wieder einen (rechtswidrigen) Tarif aufstelle. Dass das DPMA zur Beanstandung befugt sei, sei nunmehr auch aus § 89 Abs. 4 VGG abzuleiten. Die Rechtsgrundlage für die Beanstandung als feststellender Verwaltungsakt folge aus der Rechtsgrundlage für das Aufhebungsverlangen in § 19 Abs. 2 Satz 2 UrhWahrnG (nun § 85 Abs. 1 VGG).
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die VG Wort habe keineswegs ausgeführt, dass die von ihr ermittelten Autoren, die im Jahr 2012 eine Vergütung für die Ausstrahlung von Werken in einem von der Klägerin vertretenen Fernseh- oder Hörfunksender erhalten hätten, auch bei den Sendern beschäftigt seien, deren Rechte die Klägerin wahrnehme. Die Richtigkeit der Angaben der VG Wort werde zudem bestritten. Denkbar sei auch, dass ein Großteil dieser Autoren an von den Sendern ausgestrahlten Auftrags- oder Kaufproduktionen mitgewirkt hätten, ohne ein Beschäftigungsverhältnis eingegangen zu sein. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht entschieden, dass die Staatsaufsicht jedenfalls im Bereich der Kontrolle von Tarifen der Verwertungsgesellschaften auf eine bloße Evidenzkontrolle beschränkt sei. Die Gegenauffassung der Beklagten berücksichtige nicht, dass der Gesetzgeber mit der bei der Beklagten organisatorisch angesiedelten Schiedsstelle eine spezifisch zuständige Einrichtung geschaffen habe, die genau diejenige Funktion erfülle, für welche die Beklagte ein aufsichtsrechtliches Eingriffsbedürfnis sehe. Das Verwaltungsgericht sei nicht von einer Beweislastumkehr ausgegangen, wie die Beklagte annehme. Vielmehr habe es angenommen, dass die Beklagte den substantiierten Vortrag der Klägerin zum Umfang der prioritär eingeräumten Rechte nicht habe widerlegen können. Die Klägerin habe in ihrem Schreiben vom 17. Oktober 2013 an die Beklagte sowie mithilfe der Ergebnisse der Umfrage aus dem Jahr 2016 ausreichend dargelegt, dass sie in großem Umfang über prioritär eingeräumte Rechte verfüge. Eine Einzelfallermittlung zur Priorität der Rechteeinräumung könne von ihr vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. Juni 2002 - I ZR 1/00 - (juris Rn. 32) nicht verlangt werden. Nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen und -prozessualen Regeln obliege es der Beklagten als Aufsichtsbehörde, das Vorliegen aller Voraussetzungen für ein behördliches Einschreiten nachzuweisen. Stichhaltige und dem Beweis zugängliche Tatsachen, aus denen folge, dass das Repertoire der Klägerin aufgrund zahlreicher prioritärer Rechteeinräumungen an andere Verwertungsgesellschaften deutlich weniger umfangreich sei, als von der Klägerin vorgetragen, habe die Beklagte nicht vorlegen können. Die Beklagte übersehe, dass es im Verwaltungsprozess aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes keine formelle Darlegungs- und Beweislast gebe, sondern sich lediglich die Frage stelle, wer die materielle Beweislast trage. Die von der Beklagten angeführten Vermutungsregelungen des UrhWahrnG beträfen gänzlich anders gelagerte Fälle. Die Klägerin lasse sich von ihren Wahrnehmungsberechtigten im Rahmen der Wahrnehmungsverträge nachweisen, dass diese Inhaber der Rechte seien, die sie auf die Klägerin übertragen würden. Nahezu alle von den Wahrnehmungsberechtigten der Klägerin mit Urhebern abgeschlossenen Verträge würden sogenannte Total-Buy-Out-Klauseln enthalten. Regelmäßig würden die Urheber verpflichtet, im Rahmen des Vertrags die Rechtsinhaberschaft zuzusichern oder gar eine entsprechende Garantie abzugeben. Hierdurch sei hinreichend abgesichert, dass die Wahrnehmungsberechtigten tatsächlich über die Rechte verfügten, die sie der Klägerin zur Rechtewahrnehmung einräumten. Die Klägerin könne nicht nachvollziehen, warum die Beklagte trotz der ausführlichen Erläuterung der Hintergründe und Grundlagen des streitgegenständlichen Tarifs davon ausgehe, die Klägerin sei ihrer Auskunftspflicht nach § 92 Abs. 3 UrhWahrnG nicht hinreichend nachgekommen. Die Folgerung von einem vorgeblichen Ermittlungsdefizit auf die materielle Unangemessenheit des Tarifs sei zudem unzulässig. Auch ein unter Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommener Tarif könne im Ergebnis in materieller Hinsicht angemessen sein. Es lägen auch keine belastbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass der streitgegenständliche Tarif grob unangemessen sei. Aus der alleinigen Mitgliedschaft eines Urhebers in einer Verwertungsgesellschaft folge nicht automatisch, dass dieser keine Rechte mehr einräumen könne. Aus der Nichtbeantwortung der Frage nach der Mitgliedschaft von Urhebern in anderen Verwertungsgesellschaften im Rahmen der Umfrage aus dem Jahr 2012 könnten keine Schlüsse zulasten der Klägerin gezogen werden. Dieser stünden im Übrigen keine Zwangsmittel zu, mit denen sie durchsetzen könne, dass entsprechende Angaben gemacht würden. Im Übrigen würden sich die Angaben im Rahmen dieser Umfrage hochrechnen lassen. Die Tatsache, dass die VG Wort schon seit langem die Kategorie der Nutzungsrechte der öffentlichen Wiedergabe wahrnehme, ändere nichts daran, dass nachwachsende Urheber heutzutage in großem Umfang den ersten Schritt ins Berufsleben durch eine Anstellung gerade bei Privatsendern gingen und diesen dabei in Form von Total-Buy-Out-Verträgen Nutzungsrechte umfassend einräumten, ohne zuvor mit einer etablierten Verwertungsgesellschaft wie der VG Wort überhaupt in Kontakt getreten zu sein. Es lasse sich zudem nicht überprüfen, ob die Daten der VG Wort zutreffend seien. Jedenfalls reiche eine derartige Sachverhaltsgrundlage nicht aus, um die grobe Unangemessenheit des Tarifs der Klägerin festzustellen. Die Umfrage aus dem Jahr 2016 habe lediglich die Ergebnisse der Umfrage aus dem Jahr 2012 bestätigt. Wenn die Beklagte meine, Buy-Out-Verträge seien unwirksam, da zuvor bereits anderweitig über die zu übertragenen Rechte verfügt worden sei, habe sie dafür keine Beweise angeführt. Rechteinhaber hätten keinem Total-Buy-Out zugestimmt, wenn sie zuvor Wahrnehmungsverträge mit anderen Verwertungsgesellschaften geschlossen hätten. Die Ausführungen der Beklagten zur Frage der pflichtgemäßen Ermessensausübung überzeugten nicht. Es sei der Beklagten ohne weiteres möglich gewesen, der Klägerin durch Bescheid aufzuerlegen, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, und die Höhe des Tarifs zu verifizieren bzw. zu ermitteln. Auch hätte sie die Beklagte auffordern können, den Tarif in einer bestimmten Höhe zu reduzieren. Es sei unrichtig, dass für Verwertungsgesellschaften, die langjährige Verträge vorweisen könnten, die Zustimmung des Marktes eine Vermutung für die Angemessenheit begründe. Die Anzahl der im Rundfunkbereich tätigten Kreativen sei seit Entstehen des privaten Rundfunks sprunghaft angestiegen und auch die Vertragspraxis habe sich mit Verwendung von Total-Buy-Out-Klauseln insbesondere durch die privaten Rundfunkveranstalter entscheidend gewandelt. Anders als unter Umständen bei den Mitarbeitern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den 1960er Jahren könne mit Etablierung des Privatrundfunks in keiner Weise mehr davon ausgegangen und zulasten der Klägerin unterstellt werden, dass die im privaten Rundfunk tätigen Kreativen ihre Rechte durchgehend oder auch nur in erheblichem Umfang unmittelbar über eine Autoren-Verwertungsgesellschaft wahrnehmen lassen würden. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht angenommen, durch die Feststellung der Unangemessenheit des Tarifs werde nicht sichergestellt, dass die Klägerin ihre gesetzlichen Pflichten erfülle. Die Vorschrift des § 89 Abs. 4 VGG sei auf den vorliegenden Sachverhalt unter Geltung des UrhWahrnG nicht anwendbar. Sofern die Aufsichtsbehörde zugleich mit dem feststellenden Tenor wie hier eine Anordnung erlasse, bestehe Im Übrigen kein berechtigtes Interesse an einer Feststellung des Gesetzesverstoßes.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und im Verfahren 22 ZB 11.1980 sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Die zulässige Berufung ist begründet, soweit sich die Anfechtungsklage der Klägerin gegen die unter Androhung von Zwangsgeld ergangene Anordnung des DPMA richtet, den Tarif „Wiedergabe von Funksendungen“ zurückzunehmen (dazu unter 1.). Betreffend die vom DPMA darüber hinaus getroffene Feststellung, wonach dieser Tarif unangemessen im Sinne des § 11 Abs. 1 UrhWahrnG sei, erweist sich die Berufung dagegen als unbegründet und ist daher zurückzuweisen (unter 2.).
1. Die Anfechtungsklage der Klägerin gegen den Bescheid des DPMA vom 20. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Oktober 2015 ist zulässig, jedoch unbegründet, soweit darin unter Androhung eines Zwangsgelds die Rücknahme des Tarifs „Wiedergabe von Funksendungen“ angeordnet wurde (Nrn. 2 und 3 des Ausgangsbescheids).
a) Gegenstand der Rücknahmeanordnung ist der am 12. April 2013 im Bundesanzeiger veröffentlichte Tarif „Wiedergabe von Funksendungen“ der Klägerin. Die Anordnung erstreckt sich dagegen nicht auf die späteren Fassungen des Tarifs, welche am 27. März 2015 bzw. am 8. Dezember 2015 veröffentlicht wurden. Zwar wird im Bescheidstenor nicht auf eine bestimmte Tariffassung Bezug genommen. Aus den Bescheidsgründen (vgl. S. 3 des Bescheides unter Nr. II.) ergibt sich jedoch, dass der am 12. April 2013 veröffentlichte Tarif deshalb beanstandet wurde, weil die Klägerin aus Sicht des DPMA ihrer Pflicht, bei der vorangegangenen Tarifaufstellung den Umfang der von ihr wahrgenommenen Rechte zu ermitteln, nicht hinreichend nachgekommen ist. In diesem Zusammenhang wird insbesondere auch auf die im Dezember 2012 von der Klägerin durchgeführte Umfrage eingegangen. Im Bescheid wurde zudem ausdrücklich darauf hingewiesen (S. 3 unter I.), dass das DPMA der Klägerin mit Schreiben vom 12. Dezember 2014 seine Absicht mitgeteilt hat, dass es beabsichtige, die Tarifprüfung auf die bislang vorgelegten Informationen zu stützen.
Wegen der angenommenen Pflichtverletzung im Rahmen der Aufstellung des Tarifs in der Fassung vom 12. April 2013 sollte die Klägerin diesen Tarif innerhalb der ihr gesetzten Frist zurücknehmen. Im Bescheid vom 20. März 2015 wurde eine Neuaufstellung des Tarifs nicht ausgeschlossen. Dort wurde nur ausgeführt (S. 6, Nr. II. 5.), dass eine Neuaufstellung in Anbetracht schutzwürdiger Interessen der Nutzer nicht abgewartet werden könne. Vor dem Hintergrund dieser Sichtweise des DPMA zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses wäre es folgerichtig, im Falle einer Neuaufstellung des Tarifs erneut zu prüfen, ob dabei die Pflicht zur Prüfung des Rechteumfangs hinreichend erfüllt werden würde.
Die geänderte Fassung des Tarifs vom 27. März 2015 wird zwar im Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2015 angesprochen (vgl. dort S. 2 unter Nr. I.1.) und bei der rechtlichen Bewertung zur Frage der Angemessenheit des Tarifs mit berücksichtigt (S. 19 unter Nr. II. 2. d) cc). Ausweislich seines eindeutigen Tenors beschränkt sich der Regelungsgehalt des Widerspruchsbescheids jedoch auf die Zurückweisung des Widerspruchs der Klägerin gegen den Bescheid des DPMA vom 20. März 2015. Es deutet nichts darauf hin, dass das DPMA in diesem Widerspruchsbescheid - über seine Entscheidung als Widerspruchsbehörde hinaus - als Ausgangsbehörde (erstmals) einen aufsichtlichen Verwaltungsakt in Bezug auf den Tarif vom 27. März 2015 erlassen wollte.
Die Rücknahmeanordnung ist ferner dahingehend auszulegen, dass der Tarif vom 12. April 2013 mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben werden sollte. Die Tarifaufstellung nach § 13 UrhWahrnG (nunmehr § 38 VGG) kann rückwirkend erfolgen (vgl. Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl. 2018, § 38 VGG Rn. 4 m.w.N.); gleiches muss für die Aufhebung eines Tarifs als actus contrarius gelten. Dem Bescheid vom 20. März 2015 ist nicht zu entnehmen, dass und gegebenenfalls aus welchem Grund der Tarif für die Vergangenheit Bestand haben sollte. Er zielt vielmehr erkennbar darauf ab, dass der beanstandete Tarif im Hinblick auf schutzwürdige Interessen der Nutzer insgesamt keinen Bestand haben soll.
b) Die Anfechtungsklage gegen die Rücknahmeanordnung und die dazu ergangene Zwangsgeldandrohung (Nrn. 2 und 3 des Bescheids vom 20.3.2015) ist zulässig. Zwar ist der davon betroffene Tarif vom 12. April 2013 durch den am 27. März 2015 veröffentlichten Tarif mit Wirkung zum 1. Januar 2015 ersetzt worden (vgl. Nr. II. 6. des Tarifs vom 27.3.2015). Die Beteiligten haben jedoch übereinstimmend erklärt, dass sich die Rücknahmeanordnung dadurch nicht erledigt hat. Es ist auch sonst nichts dafür ersichtlich, dass dieser Tarif für den Geltungszeitraum vom 12. April 2013 bis 31. Dezember 2014 keinerlei Wirkungen mehr hervorrufen würde und die davon betroffenen Sachverhalte bereits vollständig abgeschlossen wären.
c) Die Klage ist unbegründet. Die Rücknahmeanordnung und die Zwangsgeldandrohung sind rechtmäßig und verletzen deshalb die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
aa) Rechtsgrundlage der Rücknahmeanordnung ist § 19 Abs. 2 Satz 2 UrhWahrnG (entspricht § 76 Abs. 1 VGG). Danach kann die Aufsichtsbehörde alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Verwertungsgesellschaft die ihr obliegenden Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt. Das DPMA sieht eine Pflichtverletzung der Klägerin in einer unzureichenden Ermittlung des Umfangs der von ihr wahrgenommenen Rechte vor Aufstellung des Tarifs vom 12. April 2013. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 26. Oktober 2015 als letzter Behördenentscheidung (vgl. Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 99 m.w.N.).
Entgegen der in der Berufungsverhandlung geäußerten Rechtsauffassung der Klägerin (vgl. Niederschrift vom 20.2.2019, S. 3, 2. Absatz) kann der Inhalt der Aufsicht des DPMA über die Verwertungsgesellschaften im Sinne des § 19 UrhWahrnG (bzw. § 76 VGG) nicht dahingehend verstanden werden, dass die Rechtmäßigkeit der Tarifaufstellung einschließlich der Prüfung der Angemessenheit von Tarifen der Aufsicht des DPMA entzogen sind. Für derartige Beschränkungen ergeben sich zum einen aus dem Wortlaut des § 19 UrhWahrnG keinerlei Anhaltspunkte. Sie folgen zum anderen auch nicht aus der Zuständigkeit der Schiedsstelle nach § 14 UrhWahrnG (bzw. § 124 VGG) für Streitfälle mit Beteiligung einer Verwertungsgesellschaft u.a. betreffend die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke oder Leistungen (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 1 a) UrhWahrnG bzw. § 92 Abs. 1 Nr. 1 VGG). Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Aufsicht des DPMA und die Zuständigkeit der Schiedsstelle sich nicht auf vergleichbare Sachverhalte beziehen können sollen, in denen z.B. derselbe Tarif einer Verwertungsgesellschaft von Bedeutung ist. Vielmehr ergänzen sich die Funktionen des Schiedsstellenverfahrens einerseits und der Aufsichtstätigkeit andererseits. Während Beteiligte (z.B. Verwertungsgesellschaften und Nutzer) die Schiedsstelle anrufen können, um individuelle Rechte zu wahren und durchzusetzen, hat die Aufsichtsbehörde darauf zu achten, dass die Verwertungsgesellschaft den ihr nach dem UrhWahrnG (bzw. dem VGG) obliegenden Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommt (§ 19 Abs. 1 UrhWahrnG bzw. § 76 Abs. 1 VGG). Die Aufsichtsbehörde führt im öffentlichen Interesse (vgl. § 75 Abs. 2 VGG) eine objektivrechtliche Prüfung durch, die zugleich der Umsetzung von Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2014/26 dient. Entsprechendes gilt für das Verhältnis der Aufsichtstätigkeit zur Gewährung von Rechtsschutz durch die ordentlichen Gerichte (vgl. § 16 f. UrhWahrnG bzw. §§ 128 ff. VGG).
Eine Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen ist nicht ersichtlich. Zum einen unterscheidet sich der Prüfungsgegenstand der Aufsichtsbehörde - die Frage von Pflichtverletzungen einer Verwertungsgesellschaft - von den möglichen Verfahrensgegenständen bei der Schiedsstelle und bei den Zivilgerichten. Zum anderen kann die Aufsichtsbehörde z.B. im Falle einer Ermessensentscheidung über aufsichtsrechtliche Maßnahmen mit Bezug auf einen Tarif gegebenenfalls mit berücksichtigen, dass Verfahren bei der Schiedsstelle bzw. bei Zivilgerichten anhängig sind, welche gleichfalls diesen Tarif betreffen und in denen mit Entscheidungen gerechnet wird. Im Übrigen würden Zweckmäßigkeitserwägungen im Falle denkbarer Überschneidungspunkte bei tatsächlichen oder rechtlichen Vorfragen es nicht rechtfertigen, die Reichweite der staatlichen Aufsicht entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut einzuschränken.
Eine Beschränkung der Aufgaben der Aufsichtsbehörde, die im Gesetz keine Stütze findet, allein aufgrund einer Interpretation von Gesetzesmaterialien würde grundsätzlichen rechtsstaatlichen Bedenken begegnen. Im Übrigen ist offensichtlich auch der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Überprüfung der Tarifaufstellung zum Aufgabenbereich der Aufsichtsbehörde gehört; er hat lediglich angenommen, dass die aufsichtsrechtliche Tarifprüfung durch das DPMA aus tatsächlichen Gründen auf eine Evidenzkontrolle beschränkt ist. Mit dem Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts vom 24. Juni 1985 (BGBl I S. 1137) wurde im neugefassten § 14 Abs. 1 Nr. 1 UrhWahrnG die Möglichkeit geschaffen, dass jeder Beteiligte die Schiedsstelle anrufen kann, wenn ein Streitfall unter Beteiligung einer Verwertungsgesellschaft die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken oder Leistungen betrifft. In der Gesetzesbegründung vom 22. Dezember 1983 (BT-Drs. 10/837, S. 12) heißt es zur geplanten Erweiterung der Zuständigkeit der Schiedsstelle auf Streitigkeiten zwischen Verwertungsgesellschaften und Einzelnutzern: „Die Erweiterung der Zuständigkeit dient in erster Linie dem Ziel, eine einheitliche und sachkundige Beurteilung der von der Verwertungsgesellschaft aufgestellten Tarife zu ermöglichen. Zwar kann das Deutsche Patentamt als Aufsichtsbehörde schon nach geltendem Recht unangemessene Tarife beanstanden; eine abstrakte Überprüfung der teilweise äußerst komplexen Tarifwerke ist dem Patentamt jedoch kaum möglich, weil sich die Anhaltspunkte für die Beurteilung der Angemessenheit in der Regel erst aus dem konkreten Sachverhalt ergeben, auf den ein bestimmter Tarif angewandt werden soll.“
Im Übrigen ist der Gesetzgeber auch bei Erlass des VGG davon ausgegangen, dass sich die Aufsicht „wie bisher“ auf sämtliche Verpflichtungen, die sich für die Verwertungsgesellschaft aus dem VGG ergeben, bezieht (vgl. BT-Drs. 18/7223 S. 94 f.). Die Aufsichtsbehörde habe insbesondere auch darauf zu achten, dass die Verpflichtungen durch die Verwertungsgesellschaft eingehalten würden, die zugunsten von Dritten, beispielsweise Nutzern (§ 34 VGG), einen zivilrechtlichen Anspruch statuieren würden.
Anderes ergibt sich auch nicht aus den Vorschriften der Richtlinie (EU) 2014/26. Es kann dahin stehen, inwieweit die Richtlinienbestimmungen im vorliegenden Fall überhaupt zur Auslegung des UrhWahrnG herangezogen werden können; die den Mitgliedstaaten gesetzte Umsetzungsfrist ist erst am 10. April 2016 (vgl. Art. 43 Abs. 1 der Richtlinie) und damit nach Erlass des Widerspruchsbescheids am 26. Oktober 2015 als letzter Behördenentscheidung abgelaufen. Jedenfalls ist insbesondere aus Art. 36 dieser Richtlinie nicht zu schließen, dass die Tarifaufstellung durch Verwertungsgesellschaften nicht der staatlichen Aufsicht unterliegen sollte. Danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Einhaltung der nach dieser Richtlinie erlassenen nationalen Bestimmungen durch die in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung durch die zu diesem Zweck benannten Behörden überwacht wird (Abs. 1 der Vorschrift). Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die zu diesem Zweck benannten staatlichen Behörden befugt sind, bei Verstößen gegen nationales Recht, welches zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassen wurde, geeignete Sanktionen zu verhängen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen (Abs. 3). Zudem haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass u.a. den Rechteinhabern und Nutzern Verfahren zur Verfügung stehen, mit denen sie die zu diesem Zweck benannten Behörden von Tätigkeiten oder Umständen in Kenntnis setzen können, die ihrer Ansicht nach einen Verstoß gegen nach dieser Richtlinie erlassene nationale Rechtsvorschriften darstellen (Abs. 2). Die letztere Vorgabe wurde in § 89 Abs. 2 VGG umgesetzt. Diese Vorschriften belegen gleichfalls, dass u.a. sämtliche gesetzlichen Verpflichtungen der Verwertungsgesellschaften gegenüber Dritten einschließlich der Tarifaufstellung grundsätzlich der staatlichen Aufsicht unterliegen. Ferner lässt sich auch dem Erwägungsgrund Nr. 50 zur genannten Richtlinie keine Einschränkung desjenigen Pflichtenkreises einer Verwertungsgesellschaft entnehmen, welcher der staatlichen Aufsicht unterliegt.
bb) Die Klägerin ist gesetzlich verpflichtet, vor Aufstellung eines Tarifs den Umfang der von ihr wahrgenommenen Rechte hinreichend zu ermitteln.
Eine solche Pflicht ist zwar im UrhWahrnG (bzw. im VGG) nicht ausdrücklich normiert worden. Sie ergibt sich jedoch aus den Normen betreffend die Tarifaufstellung und aus deren Sinn und Zweck. Eine Verwertungsgesellschaft ist verpflichtet, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen (§ 11 Abs. 1 UrhWahrnG bzw. § 34 Abs. 1 Satz 1 VGG); sie hat weiter Tarife aufzustellen über die Vergütung, die sie aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte und Ansprüche fordert (§ 13 Abs. 1 Satz 1 UrhWahrnG bzw. § 38 Satz 1 VGG). Die Erfüllung dieser Pflichten setzt voraus, dass die Verwertungsgesellschaft zunächst den Rechteumfang ermittelt, um in einem nächsten Schritt angemessene Nutzungsbedingungen formulieren zu können. Die Beurteilung, ob ein von der Verwertungsgesellschaft gefordertes Nutzungsentgelt angemessen ist, lässt sich nur im Hinblick auf den Umfang der im Gegenzug eingeräumten Nutzungsrechte beurteilen. Auch die Ermittlung und Bewertung der Berechnungsgrundlagen für einen Tarif nach § 13 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 UrhWahrnG (bzw. § 39 Abs. 1 und 2 VGG) setzt die Kenntnis dieses Rechteumfangs voraus. Zudem bezieht sich der Wahrnehmungszwang für Verwertungsgesellschaften nach § 6 Abs. 1 UrhWahrnG auf die Rechte und Ansprüche der Berechtigten an konkreten Werken (vgl. BGH, U.v. 13.6.2002 - I ZR 1/00 - Mischtonmeister - juris Rn. 31).
Die Frage, welche Anforderungen an die Repertoireermittlung zu stellen sind, entzieht sich einer generellen Klärung. Hinweise auf die Anforderungen an diese Ermittlung ergeben sich wiederum aus den gesetzlichen Pflichten der Verwertungsgesellschaft. Diese muss sowohl gegenüber den Nutzern und Nutzervereinigungen wie auch im Verhältnis zu anderen Rechteinhabern bei der Verteilung der Erlöse sicherstellen, dass die von ihr geltend gemachten Rechte tatsächlich bestehen (vgl. BGH, U.v. 13.6.2002 - I ZR 1/00 - Mischtonmeister - juris Rn. 38). Mit der Recherchepflicht der Verwertungsgesellschaft korrespondiert die Pflicht des Rechteinhabers, bei Bedarf gegenüber der Verwertungsgesellschaft seine Urheberschaft und die Rechteinhaberschaft nachzuweisen (Schulze in Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 6. Aufl. 2018, § 9 VGG Rn. 13). Die Verwertungsgesellschaft kann einen Anspruchsteller auf den Rechtsweg und die Beweisführung in einem Gerichtsverfahren verweisen, wenn sie begründete, nicht ausgeräumte Zweifel daran hat, dass die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen (BGH, U.v. 13.12.2001 - I ZR 41/99 - Klausurerfordernis - juris Rn. 41).
Zum Nachweis gegenüber Nutzern darüber, dass eine Verwertungsgesellschaft bestimmte Urheber vertritt, kann es grundsätzlich genügen, wenn die Verwertungsgesellschaft ihre Mitglieder spezifiziert bezeichnet; der Nachweis eines entsprechenden Wahrnehmungsvertrags in jedem Einzelfall wird nicht gefordert. Es ist dann Sache des jeweiligen Anspruchsgegners, unter Angabe von Gründen im Einzelnen vorzutragen, hinsichtlich welcher benannten Mitglieder er die Rechtszuständigkeit in Zweifel zieht (vgl. OLG Köln, U.v. 19.3.1980 - 6 U 213/79 - GRUR 1980, 913/915). Ein solcher Nachweis wird auch nicht durch die bloße Möglichkeit einer anderweitigen, prioritären Rechteübertragung erschüttert, für die keine Anhaltspunkte bestehen (vgl. OLG Hamm, U.v. 4.9.2007 - 4 U 38/07 - juris Rn. 36). Der gegebenenfalls erforderliche Nachweis, dass Rechte zur Wahrnehmung regelmäßig übertragen wurden, kann grundsätzlich auch durch die Vorlage von fortlaufend verwendeten Vertragsmustern erbracht werden. Dem liegt der in der Rechtsprechung des BGH (vgl. U.v. 13.6.2002 - I ZR 1/00 - Mischtonmeister - juris Rn. 32) entwickelte Gedanke zugrunde, dass für eine Verwertungsgesellschaft der Erwerb von Rechten durch Wahrnehmungsverträge zum Zweck der treuhänderischen Wahrnehmung weitgehend ein Massengeschäft ist, das nur dann wirtschaftlich abgewickelt werden kann, wenn bei der Vertragsgestaltung in weitem Umfang typisiert und standardisiert wird.
Beruft sich eine Verwertungsgesellschaft auf Rechte, welche ihren Vertragspartnern nur als abgetretene Rechte zustehen sollen, gelten dieselben Grundsätze. Die Verwertungsgesellschaft muss bei Bedarf den entsprechenden Nachweis für die Rechteinhaberschaft der betreffenden Urheber und für die Wirksamkeit erfolgter Abtretungen erbringen.
cc) Die Klägerin hat vor diesem Hintergrund nicht hinreichend aufgeklärt, in welchem Umfang die Nutzungsrechte nach § 22 UrhG, die Gegenstand des Tarifs „Wiedergabe von Funksendungen“ vom 12. April 2013 sein sollen, ihren Vertragspartnern tatsächlich zustehen.
Die Klägerin macht zunächst geltend, ihre Vertragspartner hätten im Rahmen der Wahrnehmungsverträge nachgewiesen, dass diese Inhaber der Rechte seien, die sie auf die Klägerin übertragen würden (Schriftsatz vom 23.10.2017, S. 31). Sie hat aber nicht konkret aufgezeigt, woraus sich der von ihr behauptete Nachweis einer Rechteinhaberschaft durch die Vertragspartner im Rahmen der Wahrnehmungsverträge ergeben sollte. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin (Berufungsbegründung vom 24.7.2017, S. 25), dass im Muster des Wahrnehmungsvertrags (Anlage BB 8, dort § 1 Nr. 4) davon die Rede ist, dass die jeweilige „Berechtigte“ der Klägerin die Rechte, über die sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht verfügen kann, der Klägerin für den Fall einräumt, dass der „Berechtigten“ die Verfügungsbefugnis „zufällt“. Gerade diese Klausel spricht dafür, dass ein genauer Umfang der Rechte aus § 22 UrhG, die von der Klägerin wahrgenommen werden sollten, vertraglich nicht festgelegt werden soll. Zwar versichert die jeweilige „Berechtigte“, die für die Ausschüttung nach § 4 Nr. 2 des Vertrags maßgeblichen Rechte „nicht in irgendeiner Form anderweitig, insbesondere zeitlich vorangegangen, eingeräumt“ zu haben (§ 4 Nr. 2 Satz 3 des Vertragsmusters). Diese Versicherung bezieht sich jedoch lediglich auf die Frage einer anderweitigen Verfügung der „Berechtigten“ über ihr zustehende Rechte; sie betrifft jedoch nicht die Frage, welche Rechte ihr überhaupt zustehen.
Auch die von der Klägerin durchgeführten Erhebungen im Dezember 2012 und im April 2013 lassen keine hinreichenden Rückschlüsse auf den von ihr wahrgenommenen Rechtbestand nach § 22 UrhG zu. Dies betrifft zunächst die Frage, in welchem Umfang den Vertragspartnern der Klägerin von angestellten und freien Mitarbeitern wirksam das Recht nach § 22 UrhG eingeräumt wurde.
In ihrer Stellungnahme gegenüber dem DPMA vom 17. Oktober 2013 (dort S. 3 unter I.1. d) hat die Klägerin für den Bereich des Hörfunks ausgeführt, eine Umfrage unter den Wahrnehmungsberechtigten habe u.a. ergeben, die Verträge der Sendeunternehmen mit den angestellten und freien Mitarbeitern sähen „nahezu durchweg“ eine ausschließliche Rechteeinräumung auch des Rechts gemäß § 22 UrhG vor (bei Angestellten 80%, bei freien Mitarbeitern 69%). Nur ein sehr geringer Anteil der Mitarbeiter (4,3%) habe einen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort abgeschlossen. Im Hinblick auf angestellte Mitarbeiter seien keine prioritären Vertragsabschlüsse mit der VG Wort mitgeteilt worden; hinsichtlich der freien Mitarbeiter werde unter Vornahme einer Pauschalierung der vorliegenden, „gegenwärtig nicht hinreichend repräsentativen“ Ergebnisse der Befragung „zur Zeit“ davon ausgegangen, dass nur 1,4% der Mitarbeiter, die Einzelurheber bzw. Rechteinhaber seien, mit der GEMA, 2,9% mit der GVL und nur 4,3% mit der VG Wort einen Wahrnehmungsvertrag geschlossen hätten. Für den Bereich des Fernsehens wurde angegeben (S. 6 unter Nr. I.2. d und e), nach der Befragung würden „nahezu sämtliche“ Verträge mit Angestellten und freien Mitarbeitern eine Einräumung des Rechts nach § 22 UrhG vorsehen (bei Angestellten 93%, bei freien Mitarbeitern 85%). Dabei habe laut der Umfrage der Klägerin nur ein sehr geringer Anteil von 2,6% der Mitarbeiter einen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort abgeschlossen. Auch 90% der zwischen Auftragsproduzenten und Urhebern geschlossenen Verträge würden eine vollumfängliche Abtretung von Verwertungsrechten an den Produzenten zur Weiterübertragung auf das beauftragte Sendeunternehmen vorsehen. Diesbezüglich dürfe auf die zu einem Schreiben vom 19. April 2013 bereits überlassenen Standardverträge verwiesen werden. Nach den Ermittlungen hätten nur wenige der von Auftragsproduzenten beauftragten Urheber prioritär einen Wahrnehmungsvertrag mit einer Verwertungsgesellschaft abgeschlossen; insgesamt nur 2,6% der Mitarbeiter seien Mitglied bei der VG Wort. Mitgliedschaften in anderen Verwertungsgesellschaften seien nicht bestätigt worden. Der Anteil der Eigenproduktionen im Verhältnis zu den Auftragsproduktionen betrage nach der oben dargestellten Untersuchung ca. eins zu zwei (10,7% zu 21,2%). Die Klägerin habe keine weitergehenden Informationen darüber erhalten, dass im Bereich der Auftragsproduktionen Urheber Wahrnehmungsberechtigte in anderen Verwertungsgesellschaften seien.
Die Klägerin räumt ein (vgl. Klagebegründung vom 29.2.2016, S. 17, Bl. 91 der Akte des Verwaltungsgerichts), dass lediglich 40 von 65 Hörfunksendern (d.h. 62%) und 15 von 46 Fernsehsendern (33%) auf die Umfrage zur Rechtewahrnehmung geantwortet haben; die Frage nach einer Einräumung des Rechts nach § 22 UrhG an andere Verwertungsgesellschaften ist nur von 8 der 65 (12%) angeschriebenen Hörfunkunternehmen und von 6 der 46 (13%) angefragten Fernsehsender beantwortet worden. Hinsichtlich der Umfrageergebnisse zur Frage der Mitgliedschaft von Mitarbeitern in anderen Verwertungsgesellschaften hat die Beklagte bereits im erstinstanzlichen Verfahren nachvollziehbar dargelegt (Bl. 167 der Akte des Verwaltungsgerichts) und im Berufungsverfahren wiederholt (Berufungsbegründung vom 24.7.2017, S. 28 f.), die Rücklaufquoten zu den betreffenden Fragen könnten nicht seriös hochgerechnet werden, weil es sich nicht um Stichproben gehandelt habe, die mit Hilfe eines speziellen Auswahlverfahrens gewonnen worden seien; die Umfrageergebnisse seien deshalb nicht repräsentativ. Das Verwaltungsgericht (Urteilsabdruck S. 23) hat sich dieser Bewertung der Beklagten angeschlossen und ausgeführt, dass sich eine Hochrechnung aus diesen äußerst dürftigen Rücklaufen verbiete; geantwortet hätten nur sehr kleine Sendeunternehmen, während die großen Marktteilnehmer des privaten Rundfunks keine umfassende Antwort abgegeben hätten.
Soweit die Klägerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren (Bl. 91 f. und Bl. 246 der Akte des Verwaltungsgerichts) meinte, es komme für die Auswertung der Umfrage nicht auf die absolute Zahl der Rückmeldungen an, sondern auf die anhand der Marktanteile gewichtete Bedeutung der jeweiligen Rückmeldung, ist dies nicht überzeugend. Zum einen hat sie diese Gewichtung lediglich hinsichtlich der Rückläufe insgesamt (40 von 65 Hörfunksenden, 15 von 46 Fernsehsendern) näher begründet (vgl. Bl. 91 f. der Akte des Verwaltungsgerichts), nicht dagegen hinsichtlich der Rückläufe zur Frage einer prioritären Rechteabtretung an andere Verwertungsgesellschaften. Zum anderen konnte die Klägerin das zutreffende Argument der Beklagten, die gewonnenen Erkenntnisse seien wegen eines fehlenden Auswahlverfahrens nicht repräsentativ, nicht entkräften. Sie meint (Bl. 93 der Akte des Verwaltungsgerichts), auch unter Berücksichtigung der Rücklaufquoten zur Frage der Mitgliedschaft von Mitarbeitern in anderen Verwertungsgesellschaften würde es sich um eine ausreichende Stichprobe handeln; einer Hochrechnung der Ergebnisse stehe das fehlende vorangegangene Auswahlverfahren nicht entgegen. Woraus sich ergeben könnte, dass die Umfrageergebnisse zu dieser Frage trotz der geringen Rücklaufquoten repräsentativ sind, ergibt sich nicht aus den Ausführungen der Klägerin und ist auch sonst nicht erkennbar. Ferner ist anzumerken, dass die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 17. Oktober 2013 (dort S. 3, Bl. 226 der Behördenakte) selbst darauf hingewiesen hat, dass die damals vorliegenden Angaben zu freien Mitarbeitern im Bereich Hörfunk, die einen Wahrnehmungsvertrag mit einer Verwertungsgesellschaft abgeschlossen haben, nicht hinreichend repräsentativ waren.
Selbst, wenn die antwortenden Sendeunternehmen möglicherweise einen relativ großen Marktanteil besitzen sollten, bedeutet dies im Übrigen nicht zugleich, dass von deren Antworten zum Vertragsbestand mit Mitarbeitern auf die entsprechenden Bestände der sonstigen Sendeunternehmen zu schließen wäre. Eine Sachverhaltsaufklärung der Klägerin wäre nicht schon dann ausreichend, wenn damit für die Unternehmen mit großem Marktanteil der Rechtebestand abschätzbar wäre. Insbesondere auch im Hinblick auf die Pflicht der Klägerin gegenüber den tatsächlichen Rechteinhabern bei der Verteilung der Erlöse ist es unabdingbar, dass der Rechtebestand derart ermittelt wird, dass die Ergebnisse hinreichend Aussagekraft in Bezug auf alle Vertragspartner besitzen.
Die bereits im erstinstanzlichen Verfahren (vgl. Bl. 246 der Akte des Verwaltungsgerichts) vorgetragene Sichtweise der Klägerin, der Pflicht zur ausreichenden Ermittlung sei sie insbesondere dadurch nachgekommen, dass sie bei den Sendeunternehmen die Anzahl der beschäftigten Kreativen und die Verwendung von Total-Buy-Out-Klauseln abgefragt habe, ist nicht zu folgen. Wie die Klägerin selbst im Zusammenhang mit dem Rechtebestand der VG Wort zutreffend angemerkt hat (vgl. Bl. 91 der Akte des Verwaltungsgerichts), kommt es für den tatsächlichen Umfang des Rechterepertoirs darauf an, wem die Rechte prioritär eingeräumt worden sind. Der Abschluss von Total-Buy-Out-Verträgen durch angestellte und freie Mitarbeiter der Vertragspartner der Klägerin rechtfertigt keine tatsächliche Vermutung dafür, dass die betreffenden Mitarbeiter nicht zuvor Wahrnehmungsverträge mit anderen Verwertungsgesellschaften geschlossen haben.
Dies gilt insbesondere angesichts der tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass in größerer Zahl Mitarbeiter von Produktionsfirmen und Sendern Verträge mit der VG Wort abgeschlossen haben könnten. Die VG Wort hat dem DPMA mit Schreiben vom 8. Oktober 2013 (vgl. Anlage BB 15) und mit E-Mail vom 5. Februar 2014 (Anlage BB 16) u.a. unter Bezugnahme auf ihren Geschäftsbericht 2012 mitgeteilt, dass sie im Bereich Hörfunk und Fernsehen im Jahr 2012 an insgesamt 17.042 wahrnehmungsberechtigte Autoren (davon 10.294 im Bereich Fernsehen und 6.734 im Bereich Hörfunk, dazu 14 Tonträgervergütungen) ausgeschüttet hat. Weiter hat die VG Wort ermittelt, wie viele Autoren, die einen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort abgeschlossen haben, von dieser im Jahr 2012 eine Vergütung für die Ausstrahlung von Werken in einem von der Klägerin vertretenen Fernseh- und Hörfunksender erhalten haben. Bei dieser Auswertung wurden für den Bereich Fernsehen insgesamt 3.246 und für den Bereich Rundfunk insgesamt 253 Autoren ermittelt. Diese Autorenanzahl ist erheblich im Verhältnis zur Zahl von 9.935 Mitarbeitern der Vertragspartner der Klägerin, welche diese bei ihrer Umfrage im Jahr 2016 im Zusammenhang mit der Rechteübertragung auf diese Vertragspartner ermittelt hat (vgl. Bl. 281 der Akte des Verwaltungsgerichts). Der Hinweis der Klägerin (vgl. Schriftsatz vom 17.10.2017, S. 3), es sei auch denkbar, dass ein Großteil dieser Autoren ohne Beschäftigungsverhältnis bei den betreffenden Sendern an den von diesen ausgestrahlten Auftrags- oder Kaufproduktionen mitgewirkt haben, mag zwar zutreffen. Allerdings greift dieser Einwand nicht durch, da sich die Klägerin im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Tarif auch auf die Wahrnehmung von Rechten von Mitwirkenden an Fremdproduktionen beruft (vgl. z.B. Schreiben der Klägerin an das DPMA vom 17.10.2013, S. 5 - Bl. 238 der Behördenakte). Auch ist zutreffend, dass sich aus der Mitteilung der VG Wort nicht konkret ergibt, wie viele Autoren zunächst einen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort und später einen Total-Buy-Out-Vertrag mit einer Produktionsfirma oder einem Vertragspartner der Klägerin geschlossen haben. Unabhängig davon bestand jedoch Veranlassung für die Klägerin, vor Aufstellung des streitgegenständlichen Tarifes den Sachverhalt zur Frage etwaiger prioritärer Abtretungen an andere Verwaltungsgesellschaften weiter aufzuklären. Die Klägerin hat diese Fragestellung auch bereits vor Aufstellung des Tarifs erkannt und versucht, diese mithilfe der Umfragen unter ihren Vertragspartnern zu beantworten, wenngleich mit inhaltlich nicht aussagekräftigen Ergebnissen.
Das Verwaltungsgericht (Urteilsabdruck S. 21 f.) hat gemeint, dass nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass die Angaben der VG Wort als Konkurrentin der Klägerin belastbar sind. Dieser Einschätzung kann nicht gefolgt werden, da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, weshalb die VG Wort allein im Hinblick auf ein solches Konkurrenzverhältnis gegenüber der Aufsichtsbehörde unzutreffende Angaben gemacht haben sollte. Dies gilt insbesondere, aber nicht nur für die Angaben, die dem Geschäftsbericht der VG Wort entstammen. Konkrete Hinweise darauf, inwieweit die vorgenannten Angaben der VG Wort unzutreffend sein könnten, hat die Klägerin nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
Die Beklagte weist im Übrigen zutreffend darauf hin, dass auch der Gesetzgeber davon ausgeht, dass es in der Praxis vielfach zu mehrfachen Rechteeinräumungen durch Urheber kommt. Im Zusammenhang mit der Regelung in § 27 Abs. 2 VGG wurde angenommen (vgl. BT-Drs. 18/10637, S. 24), dass regelmäßig „beispielsweise die Wahrnehmungsverträge sowohl der Urheber als auch der Verleger, die mit der Verwertungsgesellschaft zustande kommen, eine Rechteeinräumung [… vorsehen]. Entsprechendes gilt für die Verlagsverträge von Urhebern und Verlegern. Auf welchem Weg ein Recht zur Verwertungsgesellschaft als Treuhänderin gelangt, hängt von den oft zufälligen zeitlichen Abläufen ab, da zivilrechtlich nur die erste Verfügung über ein Recht wirksam ist (Prioritätsgrundsatz).“ Derartige mehrfache Abtretungen durch einen Berechtigten sind auch wiederholt Gegenstand von Gerichtsentscheidungen (vgl. z.B. BGH, U.v. 21.4.2016 - I ZR 198/13 - Verlegeranteil - juris Rn. 82; U.v. 4.12.2008 - I ZR 49/06 - Mambo No. 5 - juris Rn. 29).
Allein die von der Klägerin angegebene Zahl sogenannter Total-Buy-Out-Verträge ist nicht geeignet, die Anhaltspunkte für eine möglicherweise erhebliche Zahl prioritärer Abtretungen an andere Verwertungsgesellschaften auszuräumen. Nach der Definition der Klägerin (vgl. Schriftsatz vom 23.10.2017, S. 31 f.) sind Total-Buy-Out-Klauseln Bestimmungen, in denen der jeweilige Urheber alle ihm zustehenden Rechte gegen ein pauschales Honorar dem Wahrnehmungsberechtigten überträgt. Die Klägerin meint (vgl. Schriftsatz vom 23.10.2017, S. 41 f.), ein Total-Buy-Out könne nur dann wirksam vereinbart werden, wenn über das zu übertragende Recht nicht bereits verfügt worden sei; die betreffenden Rechteinhaber hätten keinen solchen Verträgen zugestimmt, wenn sie bereits zuvor Wahrnehmungsverträge mit anderen Verwertungsgesellschaften abgeschlossen hätten. Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. Zum einen ist es juristisch betrachtet möglich, dass sich ein Rechteinhaber schuldrechtlich zu einer Rechteeinräumung verpflichtet, die er möglicherweise auf dinglicher Ebene (derzeit) nicht erfüllen kann. Zum anderen stützt sich die Behauptung der Klägerin, Rechteinhaber mit prioritären Wahrnehmungsverträgen mit Verwertungsgesellschaften würden einem Total-Buy-Out-Vertrag nicht zustimmen, nicht auf nachprüfbare tatsächliche Anhaltspunkte.
Es kann im Übrigen auch nicht ohne weiteres angenommen werden, dass Rechteinhaber, die das Recht nach § 22 UrhG zuvor zur Wahrnehmung einer Verwertungsgesellschaft übertragen haben, die von Sendeunternehmen verwendeten Formularverträge mit Total-Buy-Out-Klauseln in der Regel nicht unterschreiben würden. Zwar mag dem Rechteinhaber bei der Zustimmung zu einer solchen Klausel bewusst sein, dass er die betreffenden Rechte „nicht gleichzeitig“ an eine Verwertungsgesellschaft übertragen kann, wie die Klägerin meint (vgl. Schriftsatz vom 23.10.2017, S. 31 f.). Es ist jedoch fraglich, ob ein Rechteinhaber, der sich vertraglich zur Übertragung aller „ihm zustehenden“ Rechte verpflichtet, stets pflichtwidrig verhält, wenn er sein Recht aus § 22 UrhG bereits zuvor einer Verwertungsgesellschaft zur Wahrnehmung übertragen hat; die zitierte Formulierung könnte sich - je nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere im Zusammenhang mit den sonstigen Vertragsbestimmungen - auf den aktuellen Rechtebestand beziehen, nicht auch auf bereits prioritär abgetretene Rechte. Auch dürfte juristischen Laien - insbesondere dann, wenn ausdrückliche Hinweise im Vertragstext oder im Rahmen des Vertragsabschlusses fehlen - nicht regelmäßig bewusst sein, dass eine prioritäre Abtretung an eine Verwertungsgesellschaft dem Abschluss des Formularvertrags in diesem Punkt widersprechen könnte. Vor diesem Hintergrund wird im Übrigen Arbeitgebern auch empfohlen, vor Vertragsschluss zu klären, ob der jeweilige Arbeitnehmer Mitglied einer Verwertungsgesellschaft ist, um mögliche Konflikte vor Abschluss eines Arbeitsvertrags zu vermeiden (vgl. Riesenhuber, NZA 2004, 1363/1368). Hinzu kommt, dass künftige Mitarbeiter eines Sendeunternehmens sich bei lebensnaher Betrachtung häufig nicht in der Verhandlungsposition sehen dürften, über den Inhalt vorgefertigter Formularverträge zu verhandeln.
Vor diesem Hintergrund merkt die Beklagte zutreffend an, dass es vorliegend nicht um die Frage geht, ob den betreffenden Rechteinhabern ein vorsätzliches vertragsbrüchiges Verhalten vorzuwerfen ist. Viel naheliegender erscheint die Annahme, dass oftmals entweder der Abschluss eines Total-Buy-Out-Vertrages trotz vorangegangener Rechteeinräumung objektiv kein solches Verhalten darstellt oder jedenfalls ein Vorsatz nicht anzunehmen ist.
Die Klägerin behauptet weiter (vgl. Schriftsatz vom 23.10.2017, S. 32), neben der Total-Buy-Out-Klausel würden die Verträge „häufig“ noch weitere Bestimmungen enthalten, mit denen sichergestellt werde, dass die Urheber die Rechte nicht bereits zuvor an andere Verwertungsgesellschaften übertragen hätten; „regelmäßig“ würden die Urheber verpflichtet, im Rahmen des Vertrags die Rechtsinhaberschaft zuzusichern oder gar eine entsprechende Garantie abzugeben. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass tatsächlich „regelmäßig“ in den betreffenden Verträgen der Rechteinhaber mit Sendeunternehmen die von der Klägerin vermuteten weitergehenden Garantien abgegeben wurden. Die von der Klägerin vor der Aufstellung des streitgegenständlichen Tarifs beauftragte rechtliche Bewertung solcher Verträge erfolgte anhand von acht Vertragsmustern (vgl. Gutachten in Anlage BB 14, dort S. 4), die auch dem DPMA zur Verfügung gestellt wurden (vgl. Vorlageschreiben vom 19.4.2013, Bl. 28 der Behördenakte); in diesen Mustern ist die Rechteübertragung unterschiedlich ausgestaltet. So findet sich in einem dieser Vertragsformulare eine Garantieklausel zu den vom jeweiligen Rechteinhaber eingeräumten Rechten, wie sie die Klägerin beschrieben hat (vgl. Bl. 59 der Behördenakte, dort Nr. 4.7). Dort werden allerdings ggf. auf eine Verwertungsgesellschaft übertragene Rechte und Ansprüche ausdrücklich von dieser Garantie ausgenommen. Andererseits finden sich auch von einem Unternehmen verwendete Garantieklauseln ohne eine derartige Einschränkung (vgl. Bl. 75 und Bl. 116 der Behördenakte, dort jeweils Nr. 4.3; Bl. 86 und 97 der Behördenakte, dort jeweils § 8 Nr. 3; Bl. 108 der Behördenakte, dort § 8 Nr. 4). In einem weiteren Vertragsformular sichert die betreffende Produktionsfirma dem Sendeunternehmen zu, bestimmte Regelungen mit Urhebern und Leistungsschutzberechtigten im Sinne einer Buy-Out-Regelung zu treffen (vgl. Bl. 130 der Behördenakte, dort Nr. 4 Abs. 2). Ein anderes Formular für einen Auftragsproduktionsvertrag (Bl. 65 ff. der Behördenakte) beinhaltet der Sache nach wohl auch eine uneingeschränkte, „exklusive“ (vgl. Nr. 3.1 des Musters) Rechteübertragung, jedoch ohne eine ausdrückliche Garantieerklärung im vorgenannten Sinn. Im Übrigen hat auch eine von der Klägerin beauftragte Anwaltskanzlei in ihrem Gutachten vom 24. Mai 2012 (Anlage BB 13, dort S. 6) im Zusammenhang mit der Prüfung von umfassenden Rechteübertragungsklauseln festgestellt, Grundlage für die Beurteilung seien die vorliegenden Arbeits- bzw. Auftragsproduktionsverträge; für eine abschließende Bewertung müssten allerdings noch weitere Vertragsexemplare untersucht werden. In diesem Gutachten wird im Übrigen - dort auf S. 1 - dargelegt, dass zu vermuten sei, dass freie Mitarbeiter in aller Regel und angestellte Urheber nicht selten Mitglied einer Verwertungsgesellschaft seien. In Arbeitsverträgen enthaltene Verpflichtungen zum Hinweis auf eine solche Mitgliedschaft würden in der Praxis wohl nicht überprüft, und nicht offen gelegte Mitgliedschaften in Verwertungsgesellschaften würden toleriert; für genauere Angaben empfehle sich eine Nachfrage bei den Wahrnehmungsberechtigten.
Dieser Befund verdeutlicht im Übrigen auch, dass bei den von der Klägerin durchgeführten Umfragen unter ihren Vertragspartnern hinsichtlich abgeschlossener Buy-Out-Verträge ein eindeutiges Verständnis dieser Vertragstypenbezeichnung nicht sichergestellt war. So kann z.B. nicht ausgeschlossen werden, dass teilweise auch Vertragsmuster unter diese Typenbezeichnung gefasst wurden, in denen - entsprechend einem der vorgenannten Muster - Klauseln enthalten sind, welche an eine Verwertungsgesellschaft übertragene Rechte ausdrücklich ausnehmen. Im Informationsblatt (Bl. 31 f. der Behördenakte), das dem Musteranschreiben zur Umfrage im April 2013 (vgl. Bl. 29 f. der Behördenakte) beigefügt wurde, wurde die Zielsetzung betont, festzustellen, ob das Recht nach § 22 UrhG „in allen neueren Arbeits-, Dienstleistungs-, Werk- und Produktionsverträgen übertragen“ wird und wie viele Mitarbeiter eigene Wahrnehmungsverträge mit Verwertungsgesellschaften abgeschlossen hätten. Der Fragebogen zu Frage 1 enthält weiter folgenden Hinweis: „Bitte übersenden Sie uns exemplarisch Textbeispiele aller Rechteklauseln zum „TheaterKino- und Vorführungsrecht“, die in Ihrem Unternehmen verwendet werden, insbesondere wenn Sie sich bei der Bewertung der Klausel nicht sicher sind. Wir nehmen gerne selbst die Bewertung vor (dazu benötigen wir lediglich den Wortlaut der betreffenden Klausel und nicht etwa den gesamten Vertrag).“ Es ist jedoch bereits nicht erkennbar, dass die Klägerin von allen Vertragspartnern solche Muster erhalten hätte. Insbesondere im Hinblick auf die Verpflichtung gegenüber den Wahrnehmungsberechtigten zu einer sachgerechten Erlösverteilung wäre es erforderlich, dass alle Vertragspartner der Klägerin eine entsprechende Information vorlegen, um ihre Wahrnehmungsberechtigung nachzuweisen. Eine Vorlage nur durch einen Teil der betreffenden Sendeunternehmen im Rahmen der Umfragen 2013/2014 ist insoweit nicht ausreichend.
Im Übrigen erscheint es auch unzureichend, dass die Klägerin nur einzelne Vertragsbestimmungen mit dem undefinierten Begriff der „Rechteklausel“ abgefragt hat. Der Regelungsgehalt einer einzelnen Vertragsklausel kann erst dann abschließend bewertet werden, wenn das betreffende Vertragsmuster vollständig vorliegt. Auch kommt es für die Bewertung, welche Klauseln für die Frage der Rechteübertragung von Bedeutung sind und wie deren Reichweite zu bewerten ist, nicht auf die subjektive Auslegung der Vertragspartner der Klägerin an. Vielmehr ist der Inhalt der von den Sendeunternehmen verwendeten Formularverträge so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (vgl. BGH, U.v. 18.12.2008 - I ZR 23/06 - Klingeltöne für Mobiltelefone - juris Rn. 25). Deshalb kann auch die Prüfung solcher Vertragsmuster nicht deshalb unterbleiben, weil sich das betreffende Sendeunternehmen über seine Vertragsinterpretation „sicher“ ist, wie im vorgenannten Fragebogen nahelegt wird.
Auch die im Frühjahr 2016 von der Klägerin durchgeführte Umfrage stellt keine hinreichende Sachverhaltsaufklärung dar. Zwar sind in diesem Rahmen Antworten von 139 der angeschriebenen 141 Sendeunternehmen eingegangen; auch könnten die Ergebnisse unter Umständen auch im Hinblick auf die zwei Unternehmen als repräsentativ angesehen werden, welche nicht geantwortet haben. Allerdings wurden lediglich die Gesamtzahl der Mitarbeiter - aufgeschlüsselt nach Berufsgruppen und differenziert zwischen angestellten und freien Mitarbeitern - sowie die Zahl der abgeschlossenen Verträge mit „vollständiger Rechteübertragung“ („work made for hire / „Total-Buy-Out“) ermittelt (vgl. Fragebogen in Anlage K 7, Bl. 279 der Akte des Verwaltungsgerichts). Es ist wiederum fraglich, welches Begriffsverständnis einer solchen vollständigen Rechteübertragung die Sendeunternehmen bei der Beantwortung dieser Umfrage zugrunde gelegt haben; es wurde auch offensichtlich nicht um Vorlage von Vertragsmustern gebeten. Im Übrigen wurde auch mit dem betreffenden Fragebogen nicht abgefragt, bei wie vielen der Mitarbeiter mit Total-Buy-Out-Verträgen eine prioritäre Abtretung an eine andere Verwertungsgesellschaft erfolgt ist. Das Bestehen von Total-Buy-Out-Verträgen allein kann nach den vorstehenden Ausführungen die tatsächlichen Anhaltspunkte für das Bestehen einer erheblichen Zahl solcher prioritären Abtretungen nicht entkräften. Unabhängig davon sind die Umfrageergebnisse vom Frühjahr 2016 für den hier streitgegenständlichen Tarif, welcher für den Zeitraum vom 12. April 2013 bis 31. Dezember 2014 galt, ohnehin nicht aussagekräftig. Offensichtlich haben sich die Fragen der Klägerin nicht konkret auf diesen Zeitraum bezogen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Angaben der betreffenden Sendeunternehmen den vorliegend nicht maßgeblichen Sachstand im Frühjahr 2016 wiedergeben.
Im Übrigen hat die Klägerin auch keine aussagefähigen und nachvollziehbaren Informationen dazu vorgelegt, welche Rechte nach § 22 UrhG von Produktionsfirmen auf die Vertragspartner der Klägerin übertragen werden. In ihrer Stellungnahme vom 17. Oktober 2013 (dort S. 6, Bl. 229 der Behördenakte) hat die Klägerin hinsichtlich ihrer Angabe, 90% der zwischen Auftragsproduzenten und Urhebern geschlossenen Verträge würden eine vollumfängliche Abtretung von Verwertungsrechten an den Produzenten zur Weiterübertragung auf das beauftragte Sendeunternehmen vorsehen, lediglich auf die als Anlage zum Schreiben vom 19. April 2013 vorgelegten acht Standardverträge Bezug genommen; es ist nicht ansatzweise erkennbar, inwiefern diese Standardverträge für alle betreffenden Produktionsfirmen repräsentativ sein könnten. Ebenso wenig ist ersichtlich, woher die weitere Angabe der Klägerin in dieser Stellungnahme stammen soll, dass insgesamt nur 2,6% der Mitarbeiter Mitglied bei der VG Wort sein sollen. Mit der Erhebung im Frühjahr 2013 zur Einräumung des Rechts nach § 22 UrhG (vgl. Fragebogen, Bl. 33 f. der Behördenakte) wurde nicht ermittelt, wie viele Angestellte und freie Mitarbeiter von Produktionsfirmen einen eigenen Wahrnehmungsvertrag mit einer oder mehreren Verwertungsgesellschaften abgeschlossen haben. Gegenstand der Frage 1 waren u.a. Verträge der Sendeunternehmen mit den Produktionsfirmen, nicht jedoch Verträge der Produktionsfirmen mit Mitarbeitern. Die Frage 2 betraf nur Angestellte und freie Mitarbeiter der angefragten Sendeunternehmen. Auch bei der Erhebung im Frühjahr 2016 (vgl. Fragebogen in Anlage K 7, Bl. 279 der Akte des Verwaltungsgerichts) hat die Klägerin lediglich Angaben zu Mitarbeitern der Sendeunternehmen erhoben. Auch damit bleibt ungeklärt, in welchem Umfang Produktionsfirmen Total-Buy-Out-Verträge einsetzen und prioritäre Abtretungen von Mitarbeitern an Verwertungsgesellschaften vorliegen. Das Verhältnis der Fremdproduktionen zu den Auftragsproduktionen beträgt nach den Ermittlungen der Klägerin ca. eins zu zwei (vgl. Stellungnahme vom 17.10.2013, Bl. 229 der Behördenakte). Gerade im Hinblick auf die demnach große Bedeutung der Fremdproduktionen müsste die Klägerin vor einer Tarifaufstellung hinreichend plausibel darlegen können, dass auch insoweit eine lückenlose Rechtekette von den Urhebern bis zu ihr besteht.
Die danach erforderlichen Ermittlungen der Klägerin zum Rechteportfolio ihrer Vertragspartner haben sich auch nicht durch den Abschluss eines Gesamtvertrags zwischen der Klägerin und dem BVMV im Dezember 2014 (Anlage BB 18, Bl. 124 ff. der Akte des Verwaltungsgerichts) erübrigt. Eine Verwertungsgesellschaft könnte im Hinblick auf das Erfordernis, eine sachgerechte Verteilung der Erlöse zwischen den Wahrnehmungsberechtigten sicherzustellen, auch dann nicht auf solche Ermittlungen verzichten, wenn ein solcher Gesamtvertrag als Indiz für eine angemessene Tarifhöhe anzusehen wäre. Im Übrigen besitzt der Vertrag vom Dezember 2014 schon deshalb keine solche Indizwirkung, weil in der dortigen Präambel ausdrücklich klargestellt wurde, dass die Vereinbarung kein Indiz für die Angemessenheit der dort „interimistisch“ vereinbarten Tarife darstelle. Ihr Abschluss sollte nach der dort wiedergegebenen Auffassung des BVMV ausschließlich dem Zweck dienen, für die Dauer einer etwaigen streitigen Auseinandersetzung ein für deren Mitglieder geordnetes Verfahren zu ermöglichen und Nachforderungen der Klägerin für die Vergangenheit bei den Mitgliedern zu verhindern.
dd) Es bestehen keine Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der angeordneten Rücknahme des Tarifs vom 12. April 2013. Auch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Entscheidung mit Ermessensfehlern behaftet wäre (§ 40 VwVfG, § 114 Satz 1 VwGO).
Die Klägerin hat bereits im erstinstanzlichen Verfahren (Klagebegründung vom 29.2.2016, S. 22 f.) und auch im Berufungsverfahren (Schriftsatz vom 23.10.2017, S. bis 44) im Wesentlichen bemängelt, die Beklagte hätte als milderes Mittel entweder der Klägerin aufgeben können, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, um die Höhe des Tarifs zu verifizieren bzw. zu ermitteln, oder sie hätte diese Ermittlungen selbst vornehmen und die Klägerin auffordern müssen, den Tarif in bestimmter Höhe zu reduzieren.
Diese Einwände der Klägerin überzeugen nicht. Zum einen wären die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen nicht gleichermaßen geeignet, den streitgegenständlichen, ohne die rechtlich gebotene Rechteermittlung aufgestellten Tarif zu beseitigen. Dafür, dass es sich dabei um eine legitime aufsichtsrechtliche Zielsetzung handelt, spricht die bereits im Bescheid vom 20. März 2015 angestellte Erwägung, dass eine Neuaufstellung des Tarifs in Anbetracht schutzwürdiger Interessen der Nutzer nicht abgewartet werden könne. Dies gilt im Übrigen erst recht vor dem Hintergrund, dass die Klägerin geltend macht (vgl. Schriftsatz vom 12.4.2018, S. 181 f.), dass ihre Vertragspartner schon aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht zu einer weiteren Aufklärung zur Frage prioritärer Abtretungen ihrer Mitarbeiter in der Lage seien. Würde dies zutreffen, so wäre die Anordnung weitergehender Ermittlungen möglicherweise kein geeignetes Mittel. Zumindest könnte nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin in der Lage wäre, zeitnah die für eine rechtmäßige Aufstellung eines Tarifs betreffend die Rechte nach § 22 UrhG erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
Zum anderen wären die von der Klägerin vorgeschlagenen Maßnahmen in rechtlicher Hinsicht weit schwerwiegendere Eingriffe, weil dadurch deutlich weitergehend in die Geschäftsführung der Klägerin eingegriffen würde als durch die streitgegenständliche Verpflichtung, den Tarif vom 12. April 2013 zurückzunehmen. Dies gilt insbesondere für den Vorschlag, das DPMA selbst solle gewissermaßen im Wege der Ersatzvornahme Ermittlungen zur Tarifhöhe durchführen und insoweit Festlegungen treffen. Es bedarf keiner Klärung, ob derart weitgehende aufsichtliche Maßnahmen auf der Grundlage des § 19 Abs. 2 Satz 2 UrhWahrnG überhaupt zulässig wären. Im Falle der gerichtlichen Geltendmachung nach § 16 UrhWahrnG (bzw. § 128 VGG) bestehen Anhaltspunkte für eine gerichtliche Festsetzungsbefugnis (vgl. § 16 Abs. 4 Satz 3 UrhWahrnG bzw. § 130 Satz 1 VGG) betreffend eine angemessene Tarifhöhe; in Bezug auf das aufsichtliche Verfahren fehlen solche Befugnisnormen. Allein auf die vorgenannte gerichtliche Befugnis bezieht sich im Übrigen die von der Klägerin zitierte Stelle im Urteil des BGH vom 29. Januar 2004 - I ZR 135/00 - (juris Rn. 23).
Weiter ist es im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht zu beanstanden, dass das DPMA jedenfalls derzeit wohl keine Tarife anderer Verwertungsgesellschaften wegen einer unzureichenden Ermittlung des Rechteumfangs beanstandet. Insbesondere stellt die Beklagte insoweit eine sachgerechte Erwägung an, wenn sie hierzu ausführt (vgl. Berufungsbegründung vom 24.7.2017, dort S. 36), andere Verwertungsgesellschaften würden schon seit vielen Jahren Rechte nach § 22 UrhG wahrnehmen und hätten Gesamtverträge mit Nutzervereinigungen über Vergütungssätze abgeschlossen, die von diesen akzeptiert würden; solche Gesamtverträge würden die Angemessenheit der bestehenden Tarife indizieren (vgl. zu dieser Indizwirkung BGH, U.v. 20.3.2013 - I ZR 84/111- Gesamtvertrag Hochschul-Intranet - juris Rn. 20). Zwar mag der Einwand der Klägerin (Schriftsatz vom 23.10.2017, S. 43), veränderte Rahmenbedingungen würden die Indizwirkung älterer Gesamtverträge abschwächen, unter Umständen berechtigt sein. Allerdings ist nicht überzeugend, wenn die Klägerin ein Entfallen der Indizwirkung annehmen möchte, solange die jeweiligen Vertragsparteien unverändert an den betreffenden Gesamtverträgen festhalten.
ee) Wenn die Klägerin geltend macht (vgl. Klagebegründung vom 29.2.2016, Bl. 87 der Akte des Verwaltungsgerichts), die Anforderungen an die Ermittlungsdichte dürften nicht überzogen werden, da ihr ansonsten eine effektive Wahrnehmung der übertragenen Rechte unmöglich gemacht werde, ist dem im Grundsatz zuzustimmen. Allerdings muss der Nachweis des Rechtebestands - sowohl im Hinblick auf die Wahrnehmungsberechtigten der Klägerin wegen dem Erfordernis einer gerechten Erlösverteilung, wie auch gegenüber den Nutzern - in hinreichendem Umfang erbracht werden. In diesem Zusammenhang sind die Wahrnehmungsberechtigten der Klägerin auch vertraglich verpflichtet, der Klägerin sämtliche für die Wahrnehmung der Rechte erforderlichen Informationen bereitzustellen (vgl. § 3 Satz 1 des Vertragsmusters in Anlage BB 8).
ff) Die Klägerin hat vorgetragen (vgl. S. 23 der Klagebegründung vom 29.2.2016), die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des Bescheides vom 20. März 2015 sei deshalb rechtswidrig, weil sie auf einem seinerseits rechtswidrigen Grundverwaltungsakt beruhe; in diesem Zusammenhang nimmt sie auf die Nrn. 1 und 2 dieses Bescheides Bezug. Dem liegt möglicherweise ein unzutreffendes Verständnis der Zwangsgeldandrohung zugrunde. Diese dient dem klaren Wortlaut nach der Durchsetzung der in Nr. 2 des Bescheides ausgesprochenen Verpflichtung, den streitgegenständlichen Tarif zurückzunehmen. Der feststellende Verwaltungsakt in Nr. 1 des Bescheides besitzt ohnehin keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Den vorstehenden Erwägungen zufolge liegt der Zwangsgeldandrohung eine rechtmäßige Anordnung der Tarifrückname zugrunde. Sonstige mögliche Rechtsfehler der auf der Grundlage des § 21 UrhWahrnG i.V.m. § 11 und § 13 VwVG erlassenen Zwangsgeldandrohung hat die Klägerin weder konkret geltend gemacht, noch sind sie sonst ersichtlich.
2. Die Anfechtungsklage der Klägerin gegen den Bescheid des DPMA vom 20. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Oktober 2015 ist zulässig und begründet, soweit sie die vom DPMA getroffene Feststellung betrifft, der am 12. April 2013 im Bundesanzeiger veröffentlichte Tarif „Wiedergabe von Funksendungen“ sei unangemessen im Sinne des § 11 Abs. 1 UrhWahrnG.
Zweifelhaft ist, ob - wie das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung meint und die Klägerin schriftsätzlich (vgl. Berufungserwiderung vom 23.10.2017, S. 12) vorgetragen hat - die aufsichtsrechtliche Prüfung der Angemessenheit des Tarifs im Sinne des § 11 Abs. 1 UrhWahrnG von Rechts wegen auf eine Evidenzkontrolle beschränkt ist. Derartige rechtliche Grenzen der Aufsicht lassen sich jedenfalls dem Gesetz nicht entnehmen (vgl. dazu oben unter 1. c) aa). Näher liegt die Annahme, dass die Aufsichtsbehörde aus rein tatsächlichen Gründen in der Regel nur zu einer Evidenzkontrolle in der Lage sein dürfte, wie offensichtlich auch der Gesetzgeber angenommen hat (vgl. oben bereits zitierte Gesetzesbegründung in BT-Drs. 10/837, S. 12).
Diese Frage ist vorliegend jedoch nicht entscheidungserheblich. Gleichfalls kann dahinstehen, ob dem DPMA auf der Grundlage des § 9 Abs. 2 Satz 2 UrhWahrnG die Befugnis zustand, einen feststellenden Verwaltungsakt zu erlassen. Jedenfalls hat die Beklagte nicht aufgezeigt, dass der streitgegenständliche Tarif vom 12. April 2013 keine angemessenen Bedingungen im Sinne von § 11 Abs. 1 UrhWahrnG enthält.
Das DPMA selbst hat bereits im Bescheid vom 20. März 2015 (dort S. 3 unter Nr. II.) zutreffend ausgeführt, dass eine angemessene Tarifhöhe nur in Kenntnis des Umfangs der wahrgenommenen Rechte festgelegt werden kann. Allerdings kann auch umgekehrt die Feststellung, eine Tarifhöhe wäre unangemessen, ohne diese Kenntnis nicht getroffen werden. Der Umstand, dass bei einer Tarifaufstellung gewissermaßen ins Blaue hinein eine Festlegung der angemessenen Tarifbedingungen schwerlich gelingen kann, ändert hieran nichts.
Bloße Indizien dafür, dass eine Unangemessenheit vorliegen könnte, tragen die genannte Feststellung ersichtlich nicht. Dies gilt insbesondere für den Rechtebestand nach § 22 UrhG, der von der VG Wort im Bereich von privater Fernseh- und Hörfunksender wahrgenommen wird. Es ist in diesem Zusammenhang auch problematisch, wenn sich die Beklagte dabei auf die Umfragen der Klägerin stützt, welche sie gleichzeitig als unzureichend ansieht. Wie oben dargestellt ergeben sich aus den Angaben der VG Wort in Verbindung mit den bisherigen Ermittlungsergebnissen der Klägerin zwar erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass in größerem Umfang prioritäre Rechteeinräumungen an die VG Wort vorliegen könnten, welche eine weitere Aufklärung geboten erscheinen lassen. Andererseits handelt es sich dabei nicht um gesicherte Hinweise auf eine unangemessene Vergütungshöhe. Dies gilt gerade auch vor dem Hintergrund, dass ungeklärt ist, inwieweit sich der von der Klägerin ermittelte Personenkreis von angestellten und freien Mitarbeitern der Sendeunternehmen mit dem Personenkreis der Vertragspartner der VG Wort tatsächlich überschneidet und welche Rechteeinräumungen prioritär erfolgten. Im Übrigen liegen derzeit wohl keine gesicherten Angaben über die Mitarbeiterzahlen der Produktionsfirmen vor; ohne diese Angaben dürfte erst recht nicht abschließend zu bewerten sein, in welchem quantitativen Verhältnis die von der VG Wort vertretenen Urheber im Bereich der Funk- und Fernseh-Sendeunternehmen einerseits und die von der Klägerin wahrgenommenen Rechte stehen. Ferner entzieht sich auch einer belastbaren Kenntnis der Beteiligten, in welchem Umfang gerade jüngere Mitarbeiter, die für Hörfunk- und Fernsehproduktionen tätig sind, möglicherweise verstärkt (zunächst) einen Total-Buy-Out-Vertrag mit einer Produktionsfirma bzw. einem Sendeunternehmen abschließen.
Dem Gesetz sind zudem auch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass eine Vermutung der Unangemessenheit des Tarifs dann greifen würde, wenn eine Verwertungsgesellschaft die gebotene Aufklärung des Rechtebestands unterlassen hat.
Nach allgemeinen Grundsätzen der materiellen Beweislast bei staatlichen Eingriffsmaßnahmen (vgl. dazu Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 86 Rn. 6) trägt die Beklagte die Folge der Unaufklärbarkeit der Unangemessenheit des streitgegenständlichen Tarifs. Gesetzliche Sonderregelungen betreffend die materielle Beweislast, die im vorliegenden Zusammenhang einschlägig wären, sind nicht ersichtlich. Die von der Beklagten herangezogene (vgl. Berufungsbegründung vom 24.7.2017, S. 21) zivilgerichtliche Rechtsprechung betreffend die Darlegungs- und Beweislast von Verwertungsgesellschaften in Gerichtsverfahren nach § 16 UrhWahrnG (bzw. § 128 VGG) ist auf das aufsichtliche Verfahren schon im Hinblick auf die genannten Grundsätze nicht übertragbar. Auch lassen die von der Beklagten herangezogenen gesetzlichen Vermutungsregelungen zugunsten einer Verwertungsgesellschaft (vgl. Berufungsbegründung vom 24.7.2017, S. 22) nicht den Umkehrschluss zu, dass die Verwertungsgesellschaften die materielle Beweislast im Zusammenhang mit aufsichtlichen Maßnahmen tragen. Dagegen spricht bereits entscheidend, dass die genannten Vermutungsregelungen nicht das Rechtsverhältnis zwischen der Verwertungsgesellschaft und der Aufsichtsbehörde betreffen. Eine Aufsichtsbehörde kann sich dieser materiellen Beweislast bezüglich der Voraussetzungen einer aufsichtlichen Maßnahme auch nicht mit dem Argument entziehen, ohne Mitwirkung des Betroffenen könne sie die Eingriffsvoraussetzungen nicht nachweisen. Die Aufsichtsbehörde ist in einem derartigen Fall darauf zu verwiesen, dass sie ggf. von gesetzlichen Auskunftsansprüchen (vgl. § 19 Abs. 2 UrhWahrnG bzw. § 85 Abs. 3 VGG) gegenüber dem Betroffenen Gebrauch machen kann, um sich erforderliche Informationen - soweit möglich - zu beschaffen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision war zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Umstand, dass das vorliegend anzuwendende UrhWahrnG mit Ablauf des 31. Mai 2016 außer Kraft getreten ist, steht dem nicht entgegen; die streitentscheidenden Normen sind weitgehend inhaltsgleich mit den einschlägigen, zum 1. Juni 2016 in Kraft getretenen Vorschriften des VGG (vgl. Art. 1 i.V.m. Art. 7 Sätze 1 und 2 Nr. 1 VG-Richtlinie-Umsetzungsgesetz vom 24.5.2016, BGBl. I S. 1190).