Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 23. Juli 2015 - AN 13b D 14.00989

bei uns veröffentlicht am23.07.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Der Beklagte wird in das Amt eines Verwaltungssekretärs (BesGr. A 6) zurückgestuft.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Mit der vorliegenden Disziplinarklage begehrt die Klägerin, den Beklagten gemäß Art. 10 BayDG zurückzustufen.

I.

Der am ... 1973 geborene Beklagte steht als Verwaltungsobersekretär (BesGr A 7) im Dienste der Klägerin.

Er ist an der Berufsschule ... tätig und als alleinige Sekretariatskraft u. a. für die Unfallsachbearbeitung bzw. das Erstellen der Unfallanzeigen bei Unfällen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Berufsschule ... zuständig.

Der Beklagte beendete im Jahr 1988 die Schulausbildung mit dem qualifizierten Hauptschulabschluss (Note: 3,0). 1991 schloss er die Berufsschule ab und bestand die Gesellenprüfung im Bäckerhandwerk. 1994 leistete er den Wehrdienst. Von Januar 1995 bis 15. Januar 1996 arbeitete der Beklagte als Bäcker.

Vom 16. Januar 1996 bis 15. Januar 2007 war der Beklagte als Soldat auf Zeit im Kraftfahrausbildungszentrum ... tätig. Dort absolvierte er eine Ausbildung zum Fahrlehrer und Berufskraftfahrer/Güterverkehr. Vom Kreiswehrersatzamt ... wurde die Fachausbildung/Weiterbildung zum Beamten im mittleren nichttechnischen Dienst im Zeitraum vom 1. September 2004 bis 15. Januar 2007 vom Berufsförderungsdienst als Fachausbildung gefördert.

Am 1. September 2004 wurde der Beklagte als Verwaltungssekretäranwärter bei der Klägerin eingestellt. Er bestand die Anstellungsprüfung für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst im Jahr 2006 mit der Gesamtnote 3,28 (befriedigend, Platzziffer 113 unter 143 erfolgreichen Prüfungsteilnehmern.

Sein Werdegang bei der Klägerin stellt sich wie folgt dar:

01.09.2004 Einstellung als Verwaltungssekretäranwärter (Beamter auf Widerruf)

16.01.2007 Ernennung zum Verwaltungssekretär z. A. unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe

16.01.2008 Ernennung zum Verwaltungssekretär auf Lebenszeit

01.02.2009 Ernennung zum Verwaltungsobersekretär (Besoldungsgruppe A 7)

Im Zeitraum vom 16. Januar 2007 bis 15. Januar 2010 war der Beklagte antragsgemäß gemäß Art. 80 a BayBG mit einer durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 21 Stunden (statt 42 Stunden) teilzeitbeschäftigt.

Im Zeitraum vom 1. September 2011 bis 31. August 2012 war der Beklagte antragsgemäß gemäß Art. 88 BayBG mit einer durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 34 Stunden teilzeitbeschäftigt.

Der Beklagte erhielt in der Probezeitbeurteilung vom 9. Januar 2008 bei der zusammenfassenden Bewertung der fachlichen Leistung 10 Punkte zuerkannt. In der folgenden periodischen Beurteilung vom 2. Dezember 2011 (Beurteilungszeitraum vom 16.01.2008 bis 31.12.2009) hat der Beklagte bei der zusammenfassenden Bewertung der fachlichen Leistung ebenfalls 10 Punkte erhalten.

Der Beklagte erhielt im Jahr 2011 einen Zusatzleistungsbezug in Höhe von 313,26 EUR und im Jahr 2013 einen Zusatzleistungsbezug in Höhe von 606,20 EUR.

II.

Gegen den straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelasteten Beklagten wurde mit Verfügung des Oberbürgermeisters der Klägerin vom 19. Juni 2012 gemäß Art. 19 Abs. 1 BayDG ein Disziplinarverfahren wegen des Verdachts, nach zwei Verkehrsunfällen unrechtmäßig Beihilfeleistungen für ärztliche Behandlungskosten, die ihm bereits vom Unfallgegner erstattet worden seien, beantragt und erhalten zu haben, eingeleitet.

Über die Einleitung des Disziplinarverfahrens wurde der Beklagte mit Schreiben vom 21. Juni 2012 informiert und gemäß Art. 22 BayDG über seine Rechte belehrt.

Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 1. August 2012 ließ der Beklagte vortragen, es sei richtig, dass der Beklagte nach dem Unfallereignis vom 27. Juni 2011 mit Beihilfeantrag vom 11. August 2011 eine Beihilfeleistung für die Rechnung vom 29. Juni 2011 über 244,13 EUR geltend gemacht habe, ohne anzugeben, dass er für diese Rechnung bereits eine Kostenerstattung von der Versicherung des Unfallgegners erhalten hat.

Ferner sei richtig, dass der Beklagte im Beihilfeantrag versichert habe, dass Kostenerstattungen, auch nachträgliche, anzugeben seien und für den Fall einer niedrigeren Beihilfe den zu viel erhaltenen Betrag in einer Summe zurückzuzahlen.

Dieser Pflicht der Rückzahlung wolle der Beklagte nunmehr nachkommen.

Auch sei es richtig, dass der Beklagte angegeben habe, entgegen der Unfallanzeige und entgegen seinem Beihilfeantrag den Unfall ohne Drittverschulden (Sturz wegen Rollsplitt) ca. 10 Minuten vor dem Unfall mit Drittverschulden erlitten zu haben. Der Beklagte habe sich über die genaue Zeitangabe keine genaueren Gedanken gemacht.

Zu den Ereignissen am 24. August 2010 stelle der Beklagte klar, dass es sich hier nicht um zwei Unfälle, sondern um einen Unfall gehandelt habe. Er könne nicht mehr genau angeben, ob er am 24. August 2010 oder am 25. August 2010 in einen Unfall ohne Fremdverschulden verwickelt worden sei. Nach seiner Erinnerung habe er die Kontrolle über das Fahrzeug deshalb verloren, weil plötzlich zwei Rehe auf die Straße gesprungen seien. Der Beklagte habe in seiner Unfallanzeige vom 18. Mai 2012 den 25. August 2010 deshalb angegeben, weil er in seiner Arbeitszeitkarte nachgesehen und festgestellt habe, dass er ab dem 25. August 2010 drei Tage krankgeschrieben gewesen sei. Er gehe deshalb davon aus, dass sich der Unfall am 25. August 2010 zugetragen habe. Er betone jedoch, dass es sich um ein und denselben Unfall gehandelt habe.

Zum Unfall im April 2010 sei auszuführen, dass der Beklagte dies nicht gemeldet habe. Jedoch habe keine Arbeits-/Dienstunfähigkeit des Beklagten vorgelegen. Das Formular B 120.732 sehe eine Unfallanzeige bei einem Unfall außerhalb des Dienstes nur bei Arbeits-/Dienstunfähigkeit des Verletzten vor. Da hier kein Personenschaden vorgelegen habe, könnten gesetzliche Schadensersatzansprüche nicht auf die Stadt ... übergegangen sein. Eine Unfallanzeige sei nicht erforderlich gewesen.

Der Beklagte sehe ein, dass er mehr Sorgfalt bei der Anfertigung von Beihilfeanträgen und Dienstunfallanzeigen an den Tag legen muss. Er entschuldige sich dafür, dass er bezüglich des Unfalls am 27. Juni 2011 in der Tat objektiv falsche Angaben gemacht habe, wobei dies subjektiv auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen sei.

Bezüglich des Unfalls am 24. August 2010 und vom 25. August 2010 habe der Beklagte klargestellt, dass es sich um einen und nicht um zwei Unfälle gehandelt habe. Richtig sei hier insoweit, dass der Beklagte nicht unverzüglich die Unfallanzeige angefertigt habe, zumal er für drei Tage krankgeschrieben gewesen sei.

Auf Anfrage der Klägerin teilte die Polizeiinspektion ... mit Schreiben vom 17. August 2012 unter anderem mit, am 24. August 2010 habe sich um 17.10 Uhr auf der A 6, ..., Kilometer 788, 527 ein Auffahrunfall ereignet, bei welchem der Beklagte geschädigt worden sei. Dabei sei der Lenker des Pkw, VW, ... auf den Pkw, BMW, ... des Beklagten aufgefahren. Dieser Unfall sei von der Verkehrspolizeiinspektion ... aufgenommen worden.

Am 19. Oktober 2012 erstattete die Klägerin gegen den Beklagten Strafanzeige wegen Verdacht des Beihilfebetrugs.

Im Hinblick auf das von der Staatsanwaltschaft eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 10. Dezember 2012 gemäß Art. 24 Abs. 3 Satz 1 BayDG ausgesetzt.

Mit seit dem 8. Juni 2013 rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom 21. Mai 2013 (Az.: Cs 903 Js 145747/12) wurde gegen den Beklagten wegen Betrugs in zwei Fällen gemäß §§ 263 Abs. 1, 53 StGB eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 35 Tagessätzen a 60,00 EUR (insgesamt 2.100,00 EUR) verhängt.

Dem Strafbefehl liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

„Sie sind Beamter der Stadt ... und haben Anspruch auf Beihilfeleistungen im Krankheitsfall.

1. Am 11.08.2011 beantragten Sie bei der - für Beihilfegewährung zuständigen - Stadt ... - Beihilfecenter, ... die Erstattung von Krankheitskosten gemäß Rechnung vom 29.06.2011 in Höhe von 244,13 EUR, wobei Sie in Ihrem schriftlichen Antrag bewusst verschwiegen, dass die Kosten durch einen fremdverschuldeten Unfall verursacht wurden und diese Kosten bereits durch Abrechnung der unfallgegnerischen ...-Versicherung vom 12.07.2011 in voller Höhe ersetzt worden waren. Im Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit Ihrer Angaben wurde Ihnen Beihilfe in Höhe von 164,89 EUR gewährt, die Ihnen, wie Sie wussten, nicht zustand.

2. Am 24.08.2010 wurden Sie bei einem weiteren, fremdverschuldeten Verkehrsunfall verletzt. Die Ihnen entstandenen Heilbehandlungskosten wurden Ihnen durch die unfallgegnerische ... Versicherung vollumfänglich ersetzt. Am 09.12.2010 beantragten Sie bei der Stadt ... - Beihilfecenter, ... die Erstattung von Krankheitskosten gemäß Rechnungen in einer Gesamtsumme von 1.030,82 EUR, wobei Sie in Ihrem schriftlichen Antrag bewusst verschwiegen, dass die Kosten durch einen fremdverschuldeten Unfall verursacht wurden und diese Kosten bereits durch Abrechnung der unfallgegnerischen Versicherung in voller Höhe ersetzt worden waren. Im Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit Ihrer Angaben wurde Ihnen Beihilfe in Höhe von 703,58 EUR gewährt, die Ihnen, wie Sie wussten, nicht zustand. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Rechnungen:

Rechnungsdatum

Rechnungsbetrag

Erstattung

14.09.2010

128,87

84,21

27.09.2010

117,00

75,90

07.10.2010

26,80

18,76

03.11.2010

758,15

524,71

Der Gesamtschaden der Stadt ... beläuft sich auf 868,47 EUR.

Sie werden daher beschuldigt,

in zwei Fällen in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt zu haben, dass Sie durch Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Irrtum erregten, strafbar als

Betrug in 2 Fällen gemäß §§ 263 Abs. 1, 53 StGB.“

III.

Nach Erlass des Strafbefehls des Amtsgerichts ... vom 21. Mai 2013 wurde das Disziplinarverfahren gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 4 BayDG vom Personal- und Organisationsausschuss (POA) des Stadtrats der Klägerin als Disziplinarbehörde übernommen und die Fortsetzung des Disziplinarverfahrens angeordnet. Weiter wurde das Disziplinarverfahren gemäß Art. 21 Abs. 1 BayDG auf die Handlungen des Beklagten im Zusammenhang mit dem Unfall vom 24. August 2010 auf der Autobahn A 6 ausgedehnt.

Über die Fortsetzung und Ausdehnung des Disziplinarverfahrens wurde der Beklagte mit Schreiben vom 21. August 2013 informiert; gleichzeitig wurde er gemäß Art. 22 BayDG nochmals über seine Rechte belehrt.

Mit Schreiben vom 25. September 2013 bestätigten die Bevollmächtigten des Beklagten, dass dieser den Auffahrunfall auf der Autobahn A 6 weder dem Beihilfecenter noch dem Personalamt gemeldet habe. Zugleich wurden Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beklagten gemacht.

Nach Vorlage des Ermittlungsberichts vom 22. Januar 2014 beschloss der Personal- und Organisationsausschuss der Klägerin am 19. Februar 2014, den Beklagten das Ergebnis des bisherigen Disziplinarverfahrens (Ermittlungsbericht vom 22.1.2014) und die Absicht des POA (Disziplinarbehörde), eine Disziplinarklage zu erheben, bekannt zu geben. Die weiteren Unfälle vom 24. August 2010, 25. August 2010 und April 2010 würden vorläufig aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden, da diese für die Art und Höhe der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme voraussichtlich nicht ins Gewicht fielen.

Mit Schreiben vom 27. Februar 2014 erhielt der Beklagte Gelegenheit, sich gemäß Art. 32 Satz 1 BayDG abschließend zu äußern. Der Beklagte wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, die Beteiligung der Personalvertretung zu beantragen.

Auf Antrag der Bevollmächtigten des Beklagten wurde der Gesamtpersonalrat und die örtliche Personalvertretung (PRSchP) beteiligt. Die Personalvertretung nahm von der beabsichtigten Erhebung der Disziplinarklage Kenntnis. Einwendungen wurden nicht erhoben.

IV.

Mit am 12. Juni 2014 eingegangenen Schriftsatz vom 5. Juni 2014 hat die Klägerin gegen den Beklagten Disziplinarklage erhoben und beantragt,

den Beklagten gemäß Art. 10 BayDG zurückzustufen.

Der Beklagte werde beschuldigt, durch vollendeten Betrug zulasten der Klägerin in zwei Fällen ein innerdienstliches Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen zu haben.

Hinsichtlich des Unfalls vom 27. Juni 2011 habe der Beklagte durch Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 1. August 2012 eingeräumt, durch unrichtige und unvollständige Angaben im Beihilfeantrag vom 11. August 2011 eine Beihilfeleistung für die Rechnung über 244,13 EUR (in Höhe von 164,89 EUR) erhalten zu haben, auf die rechtlich kein Anspruch bestanden habe.

Die Einlassung des Bevollmächtigten, er habe „bezüglich des Unfalls vom 27. Juni 2011 in der Tat objektiv falsche Angaben gemacht, wobei dies subjektiv auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen sei“, sei auch nach dem Ergebnis der staatsanwaltlichen Ermittlungen als Schutzbehauptung anzusehen. Es sei hier von vorsätzlichem betrügerischen Verhalten auszugehen. Auf die diesbezüglichen Feststellungen im Strafbefehl werde verwiesen.

Die zu Unrecht gewährte Beihilfeleistung in Höhe von 164,89 EUR sei vom Beihilfecenter mit Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 22. Oktober 2012 zurückgefordert und vom Beklagten bereits zurückgezahlt worden.

Hinsichtlich des Unfalls vom 24. August 2010 habe der Beklagte im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 25. September 2010 eingeräumt, dass der Unfall auf der Autobahn A 6 weder dem Personalamt noch dem BHC gemeldet worden sei.

Der Beklagte sei bereits im Mai 2012 gebeten worden, die noch ausstehende Unfallanzeige für einen im Sommerurlaub 2010 erlittenen Autounfall abzugeben. Der Beklagte habe in der Unfallanzeige vom 18. Mai 2012 einen Unfall ohne Drittverschulden geschildert, nicht jedoch den auch polizeilich aufgenommenen Unfall auf der Autobahn A 6 vom 24. August 2010.

Dass sich der Beklagte an diesen Unfall mit Drittverschulden vom 24. August 2010 auf der A 6 nicht mehr habe erinnern können, sei nicht nachvollziehbar. Der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft ... sei zu entnehmen, dass sämtliche unfallbedingte Arztrechnungen/Heilbehandlungskosten jeweils über den Rechtsanwalt des Beklagten bei der unfallgegnerischen Versicherung (...) eingereicht worden seien. Es handele sich um eine auf mehrere Forderungsschreiben aufgeteilte und somit über eine längere Zeit andauernde, mit nicht unerheblichem Aufwand verbundene Schadensabwicklung. Außerdem habe der Beklagte über einen Zeitraum von 14 Tagen auf einen Mietwagen zurückgreifen müssen. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass sich der Beklagte an ein derartiges Unfallgeschehen und eine derart aufwendige Schadensregulierung nicht habe erinnern können.

Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Beklagte den Unfall mit Drittverschulden und die bestehenden Schadensersatzansprüche für unfallbedingt gewährte Leistungen habe verschleiern wollen. Das Unfallmeldeverfahren sei dem Beklagten bekannt, weil er als alleinige Sekretariatskraft für die Unfallsachbearbeitung bzw. das Erstellen der Unfallanzeigen bei Unfällen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Berufsschule...zuständig sei.

Der Betrug im Zusammenhang mit diesem weiteren Unfallereignis und die Höhe des Schadens seien erst durch die Feststellungen im Strafbefehl vom 21. Mai 2013 bekannt geworden.

Die für diesen Unfall auf der A 6 zu Unrecht gewährten Beihilfeleistungen in Höhe von 758,95 EUR sei bislang noch nicht vom BHC zurückgefordert worden.

Dadurch, dass der Beklagte den Unfall mit Drittverschulden vom 24. August 2010 nicht gemeldet habe, habe er verhindert, dass das Personalamt der Stadt ... die unfallbedingt entstandenen Aufwendungen beim Unfallverursacher habe geltend machen können. Für den unfallbedingten Krankheitszeitraum vom 24. August 2010 bis 27. August 2010 sei der Klägerin ein Schaden (Krankenbezüge) in Höhe von 405,40 EUR entstanden. Diese unfallbedingten Aufwendungen hätten erst nach Bekanntwerden des Unfalls im Laufe des Jahres 2013 beim Schädiger bzw. der gegnerischen Versicherung geltend gemacht und reguliert werden können.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass hinsichtlich der Unfälle vom 27. Juni 2011 und 24. August 2010 die Betrugshandlungen des Beklagten sowohl nach den Feststellungen der Strafbefehls des Amtsgerichts ... vom 21. Mai 2013 als auch nach dem Ergebnis der Ermittlungen im Disziplinarverfahren als erwiesen anzusehen seien.

Aus nicht bekannten Gründen fehle im Strafbefehl zum Unfallereignis vom 24. August 2010 die Rechnung vom 29. Dezember 2010 über 79,10 EUR, für welche mit Beihilfebescheid vom 15. April 2011 eine Beihilfeleistung in Höhe von 55,37 EUR gewährt worden sei.

Der Klägerin sei durch das betrügerische Verhalten somit ein Gesamtschaden in Höhe von 923,84 EUR (164,89 EUR aus dem Unfallereignis vom 27.6.2011 sowie 758,95 EUR aus dem Unfallereignis vom 24.8.2010) entstanden. Davon seien durch den Beamten bereits 164,89 EUR erstattet worden.

Die Rückzahlung des offenen Restbetrags (758,95 EUR) sei bereits angeboten worden.

Hinzu komme, dass durch die nicht korrekte Meldung des Unfalls vom 24. August 2010 zunächst eine Geltendmachung der auf die Klägerin übergegangenen Schadensersatzansprüche auch wegen der unfallbedingt gewährten Krankenbezüge nicht möglich gewesen sei. Die anlässlich der unfallbedingten Dienstunfähigkeit gewährten Krankenbezüge beliefen für sich für den Krankheitszeitraum vom 24. August 2010 bis 27. August 2010 auf insgesamt 405,40 EUR.

Nur aufgrund der aufwendigen Ermittlungen und der diesbezüglichen Feststellungen im Disziplinarverfahren hätten die Schadensersatzansprüche realisiert werden können.

Zu disziplinarrechtlichen Würdigung ist in der Disziplinarklage ausgeführt, bezüglichen der beiden Unfälle habe der Beklagte gegen die Bestimmungen der ADON und der Geschäftsanweisung für das Meldeverfahren bei Unfällen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und die Anmeldung von Schadensersatzansprüchen verstoßen. Nach den tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl liege vollendeter Betrug in zwei Fällen zum Nachteil der Klägerin vor. Der Beklagte habe in bewusster Täuschungs- und Bereicherungsabsicht gehandelt, wodurch er sich einen erheblichen finanziellen Vorteil verschafft habe. Daneben habe er durch dieses Verhalten zunächst verhindert, dass die Klägerin die auf sie gemäß Art. 14 BayBG übergegangenen Schadensersatzansprüche gegenüber dem Unfallverursacher geltend machen konnte.

Nach dem Ergebnis des bisherigen Disziplinarverfahrens sowie den Feststellungen im Strafbefehl stehe fest, dass der Beklagte durch sein Verhalten (Betrug in zwei Fällen) gegen die Pflicht, Gesetze zu beachten, zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten, gegen die Wahrheitspflicht (§ 34 Satz 3 BeamtStG), gegen die Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) sowie gegen die Gehorsamspflicht (§ 35 Satz 2 BeamtStG) verstoßen habe.

Der Bevollmächtigte führe im Schriftsatz vom 25. September 2013 aus, dass gemäß Art. 15 Abs. 1 BayDG ein Verweis oder eine Geldbuße nicht ausgesprochen werden dürfe, weil dem Beklagten durch die strafrechtliche Verurteilung und durch das Disziplinarverfahren der Unrechtsgehalt seines Verhaltens deutlich vor Augen geführt worden sei. Das Kürzen der Dienstbezüge sei nicht erforderlich, um den Beamten zur künftigen Pflichterfüllung anzuhalten.

Das Maßnahmeverbot gemäß Art. 15 Abs. 1 BayDG greife hier jedoch nicht, weil der Beklagte durch sein betrügerisches Verhalten und die Nichtbeachtung dienstlicher Weisungen den Dienstherrn wiederholt geschädigt habe. Insoweit liege keine Sachverhaltsidentität vor.

Es sei festzustellen, dass nach der Rechtsprechung der Disziplinargerichte (Beihilfe-)Betrug ein außerordentlich schweres Dienstvergehen darstelle. So habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Urteil vom 15. Juli 2009 - 16a D 07.2101, Rn. 97, unter anderem ausgeführt, ein Beamter, der seinen Dienstherrn ... um des eigenen materiellen Vorteils willen sogar in betrügerischer Weise schädige, belaste das zwischen ihm und seinem Dienstherrn bestehende Beamtenverhältnis und das für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben unerlässliche Vertrauensverhältnis regelmäßig so schwer und so nachhaltig, dass seine Dienstentfernung jedenfalls in Betracht zu ziehen sei.

Erschwerend sei im vorliegenden Fall zu werten, dass der Beklagte wiederholt gehandelt habe. Nicht unberücksichtigt bleiben dürfe, dass auch seine privaten Versicherungen geschädigt worden seien (das Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten wegen versuchten Betrugs und Betrug zulasten der DBV und DKV sei mit Verfügung vom 7.5.2013 gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt worden, weil zu die erwartende Strafe nicht erheblich ins Gewicht gefallen wäre).

Zulasten des Beklagten sei auch zu werten, dass sowohl er als auch sein Bevollmächtigter auch auf wiederholte Nachfrage den Unfall auf der Autobahn A 6 nicht angegeben hätten (weder mit der nach Aufforderung erstellten Unfallanzeige vom 18.5.2012 noch mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 1.8.2012), obwohl ein derart einschneidendes Ereignis im Bewusstsein geblieben sein müsse.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führe in dem bezeichneten Urteil vom 15. September 2009 weiter aus, dass Betrugshandlungen zulasten des Dienstherrn allerdings nicht zur Folge hätten, dass stets auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen sei und nur bei Vorliegen ganz besonderer, aufzählbarer Ausnahmegründe hiervon abgesehen werden könne. Das Bundesverwaltungsgericht gehe vielmehr in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Betrug gegenüber dem Dienstherrn grundsätzlich ein geringeres disziplinarisches Gewicht als der Zugriff eines Beamten auf ihm amtlich anvertrautes oder dienstlich zugängliches Geld seiner Verwaltung habe. Die disziplinarrechtliche Reaktion auf Betrugshandlungen gegenüber dem Dienstherrn richte sich vielmehr nach den besonderen Umständen des Einzelfalls. Eine vollständige Zerstörung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und in die Ehrlichkeit des Beamten, die seine Entfernung aus dem Dienst erforderlich mache, liege dann vor, wenn entweder das Eigengewicht der Tat besonders hoch ist, oder die Betrugshandlung mit einer weiteren Verfehlung einhergeht, die ihrerseits erhebliches disziplinares Eigengewicht besitzt (z. B. Urkundenfälschung, Vorteilsannahme), oder es sich um einen Wiederholungsfall handelt und durchgreifende Milderungsgründe im Einzelfall fehlen.

Mildernd seien im Falle des Beklagten die guten dienstlichen Leistungen und das dienstliche Verhalten des Beklagten zu berücksichtigen. Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit des Beamten sei noch nicht restlos zerstört. Aus diesem Grund erscheine eine Zurückstufung (Art. 10 BayDG) als gerade noch ausreichend.

V.

Die Disziplinarklage wurde dem Beklagten persönlich sowie dessen Bevollmächtigten mit der Belehrung gemäß Art. 52 BayDG zugestellt.

Die Bevollmächtigten des Beklagten trugen mit Schriftsatz vom 22. August 2014 vor, nach der Disziplinarklageschrift vom 5. Juni 2014 komme auch nach eigenem Bekunden der Klägerin eine Entfernung aus dem Dienst nicht in Betracht. Es werde gebeten, sich dieser Ansicht anzuschließen.

Die Klägerin selbst weise auf die guten dienstlichen Leistungen und das dienstliche Verhalten des Beklagten hin.

Es werde auf das Schreiben des Vorsitzenden des Personalrats der B 13 an das Personalamt 7 der Klägerin verwiesen. Dort werde auf ein Gespräch am 8. April 2014 Bezug genommen. Auch hier werde die Zuverlässigkeit und Integrität des Beklagten gelobt.

Das Dienstvergehen stelle kein Kassendelikt im klassischen Sinne dar. Die Bereitschaft zur Wiedergutmachung des Schadens sei bereits sehr frühzeitig geäußert worden.

Im Hinblick auf den Umstand, dass der Beklagte zunächst Zeitsoldat der Bundeswehr gewesen sei, nunmehr im mittleren Dienst beschäftigt sei und wegen des geringen Dienstalters werde um Prüfung gebeten, ob eine Gehaltskürzung nicht eine dem Einzelfall angemessene Maßnahme darstellen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Disziplinarklage führt in Anwendung von Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayDG i. d. F. vom 24. Dezember 2005 (GVBl. S. 665) zur Zurückstufung des Beklagten in das Amt eines Verwaltungssekretärs (BesGr. A 6).

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Die Klägerin hat im Disziplinarverfahren den Sachverhalt umfassend aufgeklärt. Es ist nicht zu beanstanden, dass bereits vor der Entscheidung über die Einleitung eines Disziplinarverfahren vom 19. Juni 2012 in einem Verwaltungsverfahren Feststellungen zum Sachverhalt getroffen wurden. Diese waren auch im Interesse des Beklagten geboten um eine sachgerechte Entscheidung auf der Grundlage des Art. 19 Abs. 1 BayDG über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Beklagten treffen zu können.

Der Beklagte wurde im Disziplinarverfahren ordnungsgemäß belehrt und gehört (Art. 22 Abs. 1 BayDG). Er konnte sich gemäß Art. 32 BayDG abschließend äußern.

II.

Die Kammer legt der disziplinarrechtlichen Würdigung den in der Disziplinarklage vom 5. Juni 2014 wiedergegeben Sachverhalt, auf den gemäß Art. 3 BayDG i. V. m. § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen wird, sowie die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts... vom 21. Mai 2013 - Cs 903 Js 145747/12 zugrunde, mit welchem gegen den Beklagten wegen Betrugs in zwei Fällen gemäß §§ 263 Abs. 1, 53 StGB eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 35 Tagessätzen zu je 60,00 EUR (insgesamt 2.100,00 EUR) verhängt wurde.

Die tatsächlichen Feststellungen in dem bezeichneten Strafbefehl sind zwar nicht bindend (Art. 55, 25 Abs. 1 BayDG), können aber gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG zugrunde gelegt werden (vgl. BayVGH, Urteil vom 5.11.2014 - 16a D 13.1568). Der Beklagte hat den Sachverhalt eingeräumt, so dass weitere Ermittlungen nicht veranlasst waren.

Der Beklagte hat demnach nach zwei fremdverschuldeten Verkehrsunfällen vom 24. August 2010 und 27. Juni 2011 Beihilfeleistungen bei der Klägerin beantragt, obwohl er wusste, dass die von ihm abgerechneten Aufwendungen für ärztliche Behandlungen bereits durch die Versicherungen der jeweiligen Unfallgegner erstattet worden waren. Entsprechend verfuhr der Beklagte gegenüber seiner privaten Krankenversicherung. Hierdurch erhielt der Beklagte eine doppelte Erstattung der ihm entstandenen Aufwendungen.

Die Kammer ist aufgrund des festgestellten Sachverhalts zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte - wie ihm in dem bezeichneten Strafbefehl zur Last gelegt wird - vorsätzlich und schuldhaft einen Betrug in zwei Fällen gemäß §§ 263 Abs. 1, 53 StGB zulasten der Klägerin begangen hat (Beihilfebetrug), und dieser hierdurch ein Schaden in Höhe von 923,84 EUR entstanden ist. Auf die von der Klägerin in der Disziplinarklage (S. 15) enthaltene Berechnung der Schadenshöhe, die vom Kläger nicht gerügt worden ist, wird verwiesen.

III.

Der Beklagte hat durch das festgestellte Verhalten gegen seine Pflicht zu uneigennütziger Amtsführung sowie zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb des Dienstes

(§ 34 Sätze 2 und 3 BeamtStG) verstoßen und dadurch ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen.

Das Vorliegen der innerdienstlichen Dienstpflichtverletzungen wird durch den Beklagten nicht bestritten. Auch für das Gericht bestehen insoweit keine Zweifel an den diesbezüglichen rechtlichen Ausführungen der Klägerin in der Disziplinarklage vom 5. Juni 2014, so dass sich die Kammer diesen in vollem Umfang anschließt und insoweit in Anwendung von Art. 3 BayDG i. V. m. § 117 Abs. 5 VwGO von weiteren Darlegungen in den Entscheidungsgründen absieht.

Der Beklagte hat die Dienstpflichtverletzungen schuldhaft begangen. Anhaltspunkte, dass zum Zeitpunkt der Tathandlungen Schuldausschließungs- oder -milderungsgründe im Sinne der §§ 20, 21 StGB vorlagen, bestehen nicht und werden von dem Beklagten auch nicht behauptet. Diesbezüglich wurden auch keine Feststellungen im Strafbefehlsverfahren getroffen.

IV.

Gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ist die Disziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen. Beamte und Beamtinnen, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass die sich aus Art. 14 Abs. 1 BayDG ergebenden Bemessungskriterien mit den ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies ist dem auch im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) geschuldet (st. Rspr., vgl. etwa BayVGH, Urteil vom 21.1.2015 - 16a D 13.1904; BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12.04, BVerwGE 124, 252 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1, vom 15.12.2005 - 2 A 4.04, Buchholz 235.1 § 24 BDG Nr. 1 undvom 29.10.2013 - 1 D 1/12).

Folglich ist als maßgebendes Bemessungskriterium die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen zunächst nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen ist. Dabei können die vom Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein.

Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.2010 - 2 B 29/10, NVwZ-RR 2011, 413).

Beihilfebetrug stellt ein besonders schweres Dienstvergehen dar. Die öffentliche Verwaltung ist angesichts der ihr im Interesse der Allgemeinheit auferlegten Sparsamkeit gehalten, auch bei Fürsorgeleistungen an ihre Mitarbeiter den personellen und sachlichen Aufwand so gering wie möglich zu halten, um ihre öffentlichen Aufgaben sinnvoll und auftragsgerecht erfüllen zu können. Sie ist daher auf absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten sowie darauf angewiesen, dass diese bei der Wahrnehmung ihrer Rechte, insbesondere beim Geltendmachen von Ansprüchen, der Wahrheits- und Offenbarungspflicht ohne jede Einschränkung genügen. Die schuldhafte Verletzung dieser Pflicht zeugt in aller Regel von einem hohen Maß an Pflichtvergessenheit. Ein Beamter, der seinen Dienstherrn unter Verletzung dieser Pflicht um des eigenen materiellen Vorteils willen sogar in betrügerischer Weise schädigt, belastet das zwischen ihm und seinem Dienstherrn bestehende Beamtenverhältnis und das für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben unerlässliche Vertrauensverhältnis regelmäßig so schwer und so nachhaltig, dass seine Dienstentfernung jedenfalls in Betracht zu ziehen ist (BVerwG, Urteil vom 23.10.1990 - 1 D 64.89; BayVGH, Urteile vom 15.7.2009 - 16a D 07.2101 und vom Urteil vom 25.1.1984 - 16 B 83 A.2903).

Bei Betrug zulasten des Dienstherrn fehlt allerdings eine Regeleinstufung. Er hat nicht zur Folge, dass stets auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen ist und nur bei Vorliegen ganz besonderer, aufzählbarer Ausnahmegründe hiervon abgesehen werden kann (BVerwG, Urteil vom 5.5.1993 - 1 D 49/92, NVwZ 1994, 1219). Das Bundesverwaltungsgericht geht vielmehr in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Betrug gegenüber dem Dienstherren grundsätzlich ein geringeres disziplinarisches Gewicht als der Zugriff eines Beamten auf ihm amtlich anvertrautes oder dienstlich zugängliches Geld seiner Verwaltung hat; die disziplinare Reaktion auf Betrugshandlungen gegenüber dem Dienstherren richtet sich vielmehr nach den besonderen Umständen des Einzelfalles (BVerwG, Urteil vom 5.5.1993, a. a. O., m. w. N.; vom 22.2.2005 - 1 D 30.03; BayVGH, Urteile vom 15.7.2009 und 25.1.1984, a. a. O.).

In Fällen des innerdienstlichen Betrugs zum Nachteil des Dienstherrn ist der Beamte in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zu dem Beamten vorhanden ist. Erschwerungsgründe können sich z. B. aus Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlung im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht, z. B. mit Urkundenfälschungen, stehen (st. Rspr., BVerwG, Urteile vom 28.11.2000 - 1 D 56.99, Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 23, vom 26.9.2001 - 1 D 32.00, Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 18; Beschlüsse vom 10.9.2010 - 2 B 97.09, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 14 undvom 6.5.2015 - 2 B 19/14) und durchgreifende Milderungsgründe im Einzelfall fehlen (BVerwG, Urteil vom 22.2.2005 - 1 D 30/03).

Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich der Grundsatz ableiten, dass bei einem Gesamtschaden von über 5 000.- EUR die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein kann (BVerwG, Beschluss vom 10.9.2010 - 2 B 97.09, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 14). Die Höhe des Gesamtschadens ist danach ein Erschwerungsgrund neben anderen.

Hiervon ausgehend ist die Kammer zu Überzeugung gelangt, dass das Fehlverhalten des Beklagten schwer wiegt i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG., dieser - unter Berücksichtigung

seines Persönlichkeitsbilds und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens - das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit jedoch noch nicht endgültig verloren hat, und sich deshalb die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst nicht als rechtlich gebotene und verhältnismäßige Disziplinarmaßnahme darstellen würde.

Denn ein endgültiger Vertrauensverlust ist (erst) dann anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen (vgl. BayVGH, Urteil vom 18.3.2015 - 16a D 14.755).

Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Zwar war im Rahmen der Gesamtwürdigung zulasten des Beklagten zu werten, dass dieser in zwei Fällen nach dem gleichen Muster zu seinem Vorteil durch eine Betrugshandlung seinen Dienstherrn geschädigt hat. Zudem hatte er aufgrund seiner Zuständigkeit für die Behandlung von Dienstunfallangelegenheiten im Bereich der Berufsschule ... genaue Kenntnis über die einzuhaltenden Modalitäten nach Unfällen.

Auch kann sich der Beklagte nicht auf „anerkannte Milderungsgründe“, die eine besondere Konfliktsituation (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) oder eine freiwillige Wiedergutmachung des Schadens bzw. Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung voraussetzten, berufen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12/04). Ebenso wenig wurden vom Beklagten Umstände vorgetragen, die als sonstiger Milderungsgrund zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wären (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.12.2013 - 2 B 35/13; Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12/04; BayVGH, Urteil vom 18.3.2015 - 16a D 14.755), wie beispielsweise der mildernde Umstand der (überwundenen) negativen Lebensphase (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9.10.2014 - 2 B 60/14), noch sind solche Umstände für die Kammer ersichtlich.

Zugunsten des Beklagten war jedoch die deutlich unter 5.000.- EUR liegende Schadenshöhe und das positives Persönlichkeitsbild des Beklagten zu würdigen. Der Beklagte hat sich bei der Klägerin zudem als Beamter bewährt und bisher dort gute Arbeit leistet, die in den Jahren 2011 und 2013 sogar durch einen Zusatzleistungsbezug honoriert wurde.

Die Klägerin hat in der Disziplinarklage deutlich gemacht, dass der Dienstherr wegen der disziplinarrechtlich zu ahndenden Vorwürfe das Vertrauen in den Beklagten (noch) nicht endgültig verloren hat.

Die Kammer geht nach der gebotenen Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände von einer insgesamt positiven Prognose zugunsten des Beklagten aus. Die Kammer ist der Überzeugung, dass der Beklagte sowohl aus dem Strafverfahren als auch aus dem Disziplinarverfahren seine Lehren gezogen hat und aufgrund seiner Persönlichkeit für die Zukunft noch im Beamtenverhältnis tragbar ist, insbesondere, dass im Rahmen der zu treffenden Zukunftsprognose davon auszugehen ist, der Beklagte werde künftig seine Dienstpflichten beachten. Zwar ist mit der Verletzung dienstlicher Kernpflichten durch den Beklagten eine schwerwiegende Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Dienstherrn und dem Beklagten eingetreten. Unter Abwägung aller Umstände sieht die Kammer jedoch noch keine endgültige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses, die - insbesondere unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - eine Entfernung aus dem Dienstverhältnis zwingend geboten erscheinen ließe.

Ist damit im Ergebnis die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis nach Art. 11 BayDG ausgeschlossen, ist als mildere Disziplinarmaßnahme die Zurückstufung des Beklagten gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Bay geboten. Dies hat die Zurückstufung des Beklagten in das Eingangsamt (BesGr A 6) zur Folge.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

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Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

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(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll b

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(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße g

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(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach b

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(1) Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident kann jederzeit die nachfolgend genannten politischen Beamtinnen und politischen Beamten in den einstweiligen Ruhestand versetzen, wenn sie Beamtinnen auf Lebenszeit oder Beamte auf Lebenszeit sind:1.

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(1) Die erforderlichen Beweise sind zu erheben. Hierbei können insbesondere 1. schriftliche dienstliche Auskünfte eingeholt werden,2. Zeugen und Sachverständige vernommen oder ihre schriftliche Äußerung eingeholt werden,3. Urkunden und Akten beigezog

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(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.

Der am ... in W. geborene Beklagte steht als Oberstudienrat im Dienst des Klägers und war bis 10. Januar 2012 als Lehrer für Latein/Katholische Religionslehre am Gymnasium L... in P. beschäftigt. Er ist ledig und hat keine Kinder. Er erhält um 40% gekürzte Dienstbezüge aus BesGr. A 14/10.

Der Beklagte machte 1982 das Abitur. Die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien bestand er 1989 mit der Gesamtnote „mit Auszeichnung“ (1,34), die Zweite Staatsprüfung mit der Gesamtnote „gut“ (1,92). Am 19. Februar 1990 wurde er zum Studienreferendar unter gleichzeitiger Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf ernannt; mit Schreiben des Erzbischöflichen Ordinariats vom 13. Februar 1990 erhielt er die vorläufige Unterrichtserlaubnis zur Erteilung des Religionsunterrichts. Am 17. Februar 1992 erfolgte seine Ernennung zum Studienrat z. A. Am 1. März 1995 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und am 1. Januar 2006 zum Oberstudienrat befördert. In den periodischen Beurteilungen erhielt er 1994 und 1997 jeweils das Prädikat „entspricht voll den Anforderungen“, 2002 „8 Punkte“, 2007 das Prädikat „Leistung, die die Anforderungen übersteigt, UB“. Er war Prüfer für die Erste und Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien. Am 14. September 2005 wurde er zum Seminarlehrer für das Fach Katholische Religionslehre ernannt. Er war zudem Kontaktlehrer zum ISB und Verbindungslehrer in der Unter- und Mittelstufe sowie Fachbetreuer für Latein/Katholische Religionslehre und Stufenbetreuer sowie Beauftragter für die Verkehrserziehung. Seit dem Schuljahr 2001/2002 war er auch Stellvertreter des Beauftragten für den Vertretungsplan.

II.

Gegen den straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelasteten Beklagten wurde mit seit 1. Mai 2012 rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts P. vom 12. April 2012 (6 Cs 209 Js 5389/11) wegen Erwerbs von 25 jugendpornographischen Schriften in 13 Fällen in Tatmehrheit mit Besitz von 97 kinderpornographischen Schriften in Tateinheit mit Besitz von 16 jugendpornographischen Schriften gemäß §§ 184c Abs. 1, Abs. 4 Satz 1, 184b Abs. 1, Abs. 4 Satz 2, 52, 53 StGB eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dem Strafbefehl liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

„Am 28.06.2011 durchsuchten Beamte der Kriminalpolizeiinspektion P. auf der Grundlage eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses des Amtsgerichts P. vom 25.05.2011 (Gs 857/11) Ihre Wohnung in ... P., F.-weg ... Hierbei konnte ein PC-Tower mit einer eingebauten Festplatte sichergestellt werden. Eine Auswertung dieses Speichermediums durch einen Gutachter für IT-Forensik ergab, dass sich hierauf insgesamt eine Vielzahl von Bilddateien, die der sexuellen Stimulierung eines entsprechend veranlagten Betrachters dienen, befanden, auf denen ersichtlich unter 14 Jahre alte Mädchen bzw. jugendliche Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren zu sehen sind, die in reißerischer bzw. auf das geschlechtliche reduzierter Weise vor der Kamera ihr Geschlechtsteil zur Schau stellen. Auch werden die Durchführung sexueller Handlungen und das Einführen von Gegenständen in Körperöffnungen der geschädigten Kinder und Jugendlichen abgebildet.

1.-13.) Zu den im Folgenden näher bezeichneten Zeitpunkten (vgl. „Datei erstellt“) verschafften sie sich den Besitz folgender Bilddateien jugendpornographischen Inhaltes, indem Sie diese auf Ihre PC Anlage herunter luden: [Nrn. 1-25] [6] 14.) Des Weiteren waren sie jedenfalls im Zeitpunkt der bei Ihnen durchgeführten Wohnungsdurchsuchung im Besitz folgender inkriminierten Bilddateien:

Bilddateien mit kinderpornographischem Inhalt [Nrn. 1-97] [8] Bilddateien mit jugendpornographischem Inhalt [Nrn. 1-16] [9] In sämtlichen Fällen waren Sie sich stets des kindlichen bzw. jugendlichen Alters der abgebildeten Personen bewusst.“

Dabei handelt es sich laut Gutachten von Prof. Dr. Sch. vom 4. Februar 2012 um 25 zwischen dem 1. Juli 2009 und dem 25. Juni 2011 erstellte jugendpornographische Bilddateien, von denen vier ungelöscht und 21 gelöscht, aber rekonstruierbar waren, sowie um 97 kinderpornographische Bilddateien in Form von sog. „Thumbnails“ ohne Erstellungsdatum in der ungelöschten Datei „Thumb2.ftp“ und um 16 gelöschte, aber rekonstruierbare jugendpornographische Bilddateien ohne Erstellungsdatum.

Anlass für die Hausdurchsuchung war, dass im Zuge von Ermittlungen durch Interpol festgestellt worden war, dass am 14. Februar, 17. April und 19. April 2009 von der IP-Adresse des Beklagten auf ein Internetforum, auf dem sich kinderpornographische Dateien befanden, zugegriffen worden war. Bei der Auswertung der Festplatte des PC des Beklagten wurden zahlreiche Cookies von Internetseiten mit kinder- bzw. jugendpornographischen Inhalten gefunden. Auf der Festplatte befanden sich ca. 6.980 Dateien mit pornographischem Inhalt, die größtenteils gelöscht worden waren, aber rekonstruiert werden konnten. Neben den im Strafbefehl geahndeten Bildern fanden sich im sog. nicht zugewiesenen Speicherbereich ca. 900 Bilder, auf denen nackte weibliche Personen in kindlichem bzw. jugendlichem Alter zu sehen sind, die ihr Geschlechtsteil zur Schau stellen. Zahlreiche weitere - nicht inkriminierte - Bilder zeigen mit Bade- oder Sportsachen bekleidete weibliche Kinder und Jugendliche in an sich unverfänglichen alltäglichen Situationen. Von einer Strafverfolgung wurde insoweit nach § 154 Abs. 1 StPO abgesehen und das Verfahren mit Beschluss der Staatsanwaltschaft vom 3. April 2012 eingestellt.

Der Beklagte hat in seiner polizeilichen Vernehmung am 9. Januar 2012 erklärt, über das Anklicken von Links auf sog. Image-Boards auf Seiten mit kinder- bzw. jugendpornographischen Inhalten gekommen zu sein und eingeräumt, mehrfach bewusst Seiten mit kinder- bzw. jugendpornographischen Inhalten aufgesucht und Bilder von nackten Mädchen bzw. jungen Frauen auf seinem PC abgespeichert zu haben, weil ihn solche Bilder „in gewisser Weise“ ansprechen und ihm auch gefallen würden. Er habe die Bilder mit der rechten Maustaste über „Grafik speichern“ geöffnet, um sie betrachten zu können. Ihm sei dabei klar gewesen, dass er die Bilder dadurch auch auf seinem PC abgespeichert habe. Er habe die illegalen Dateien aber sukzessive wieder gelöscht. In den Pfingstferien 2011 habe er sich aus religiösen Gründen entschlossen, alle auf dem PC befindlichen pornographischen Bilder gleich welcher Art zu löschen, und dies auch noch vor der Hausdurchsuchung getan. Seine Nachbarin habe ihn zwar darüber informiert, dass bereits in den Pfingstferien Besucher nach ihm gefragt hätten, an die Polizei habe er dabei aber nicht gedacht.

Das im Strafverfahren eingeholte landgerichtsärztliche psychiatrische Gutachten vom 22. Februar 2012 kam zum Ergebnis, dass beim Beklagten keine pädophile Neigung festzustellen sei; die Eingangskriterien der §§ 20, 21 StGB seien zu verneinen, so dass er schuldfähig sei.

III.

Aufgrund Mitteilung der Staatsanwaltschaft P. vom 10. Januar 2012 sprach das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus gemäß § 39 BeamtStG, Art. 6 Abs. 4 BayBG gegenüber dem Beklagten am 10. Januar 2012 mit sofortiger Wirkung ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aus. Am 13. Januar 2012 untersagte der Bischof von P. ihm vorläufig die Ausübung der Lehrtätigkeit im Rahmen der kirchlichen Missio.

Mit Verfügung vom 26. April 2012 leitete die Landesanwaltschaft Bayern wegen der strafrechtlichen Vorwürfe ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein. Dieser wurde gemäß Art. 22 BayDG über seine Rechte im Disziplinarverfahren sowie über die Möglichkeit der Beteiligung des Personalrats nach Art. 76 BayPVG belehrt.

Mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 30. Mai 2012 wurde der Beklagte mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes enthoben und die Einbehaltung von 40% seiner monatlichen Dienstbezüge angeordnet.

Am 25. Juni 2012 wurde der Beklagte persönlich zu den Vorwürfen angehört, die er vollumfänglich einräumte. Mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 9. Juli 2012 erhielt er Gelegenheit zur abschließenden Äußerung nach Art. 32 BayDG. Er äußerte sich mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 3. August 2012.

Am 16. August 2012 hat die Landesanwaltschaft Bayern wegen des strafrechtlich geahndeten Sachverhalts beim Verwaltungsgericht Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis erhoben.

Laut dem vom Beklagten vorgelegten Gutachten des Dipl.-Psychologen W. vom 15. Mai 2013 sei der Besitz und Konsum von kinderpornographischem Material als negative, überwundene Lebenskrise zu sehen. Aus psychologischer Sicht sei der Milderungsgrund der schockartigen, durch traumatisierende Lebensereignisse (früher Tod der Mutter, Verlust der „Liebe seines Lebens“) ausgelösten psychischen Zwangssituation zu bejahen. Die Rückfallwahrscheinlichkeit sei bei Fortsetzung der psychologischen Betreuung als sehr gering anzusehen. Die Gefahr eines sexuellen Missbrauchs von Kindern sei ebenso wie Pädophilie auszuschließen.

Mit Urteil vom 21. Juni 2013, zugestellt am 28. Juni 2013, hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Dieser habe eine vorsätzliche außerdienstliche Pflichtverletzung mit dienstlichem Bezug begangen. Der disziplinarrechtlichen Würdigung werde der Strafbefehl des Amtsgerichts P. vom 12. April 2012 zugrunde gelegt. Der Beklagte habe den Sachverhalt auch eingeräumt. Danach stehe fest, dass der Beklagte sich den Besitz von mindestens 25 jugend- sowie von mindestens 97 kinderpornographischen Schriften verschafft und sich dadurch gemäß § 184c Abs. 1, Abs. 4 Satz 1, § 184b Abs. 1, Abs. 4 StGB strafbar gemacht habe. Dadurch habe er gegen die Pflicht zu achtungs- sowie vertrauenswürdigem Verhalten, das sein Beruf als Lehrer erfordere, und gegen die Pflicht zur Beachtung der Gesetze verstoßen. Das Dienstvergehen wiege so schwer, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis angemessen aber auch erforderlich sei. Die Anzahl der Bilder, der Inhalt (schwere Missbrauchshandlung) und der lange Zeitraum belasteten den Beklagten schwer. Die entlastenden Umstände hätten in der Gesamtschau kein solches Gewicht, dass sie die Feststellung des endgültigen Vertrauensverlustes relativieren könnten. Der Beklagte habe nach den dienstlichen Beurteilungen zwar seine Aufgaben als Lehrer beanstandungsfrei erfüllt und sei straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet. Er sei auch geständig und bereue seine Taten. Ein wesentliches Gewicht komme dem Geständnis aber nicht zu, da es nicht zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, als er noch nicht mit der Aufdeckung der Taten rechnen habe müssen. Die Einlassung, er habe während der Pfingstferien aus freiem Entschluss beschlossen, die Dateien zu löschen, sei wenig glaubhaft, da ihn eine Nachbarin darüber informiert habe, dass in seiner Abwesenheit Polizeibeamte bei ihm gewesen seien und Einlass begehrt hätten. Im Hinblick auf die zeitliche Nähe der Löschung der Dateien zur Durchsuchung sei davon auszugehen, dass der Beklagte hieraus die naheliegenden Schlussfolgerungen gezogen habe. Das Verhalten des Beklagten stelle sich auch nicht als einmalige persönlichkeitsfremde Gelegenheitstat dar. Der endgültige Verlust der Vertrauenswürdigkeit sei auch nicht durch die nachträgliche Änderung einer früheren negativen Lebensphase rückgängig zu machen. Deshalb komme dem Gutachten, wonach die Rückfallgefahr als sehr gering einzuschätzen sei, keine maßgebliche Bedeutung zu. Es seien keine Umstände zu erkennen, die eine gravierende Ausnahmesituation zugunsten des Beklagten begründen würden. Die geschilderten Lebensumstände würden beinahe jedem einmal begegnen. Dass gerade dadurch eine Hinwendung zu Kinder- und Jugendpornographie erfolgt sei, sei nur schwer nachvollziehbar. Der Zugriff hierauf sei vielmehr ersichtlich selektiv erfolgt.

Der Beklagte hat hiergegen am 25. Juli 2013 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. Juni 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise das Urteil dahingehend abzuändern, dass auf eine Disziplinarmaßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt wird.

Die Berufung wurde mit Schriftsatz vom 5. September 2013 wie folgt begründet: Ein endgültiger Vertrauensverlust liege nicht vor. Den Beklagten entlastende Aspekte hätten kaum Berücksichtigung gefunden. Der Beklagte sei straf- bzw. disziplinarrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten. Seine dienstliche Führung sei einwandfrei gewesen. Er werde von Kollegen, Eltern und Schülern geschätzt. Er sei vollumfänglich geständig und habe die Vorwürfe eingeräumt und auch sofort den Schulleiter informiert. Er habe ernsthafte Reue gezeigt und die Dateien aus eigenem Antrieb noch vor der Hausdurchsuchung gelöscht, ohne dass er Kenntnis von dem gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren gehabt habe. Er habe bereits in den Pfingstferien 2011 aus religiösen Gründen den Entschluss gefasst, sein Leben zu ändern und den Konsum von Pornographie aller Art aufzugeben. Die Nachbarin habe ihn nur darüber informiert, dass ihn Männer aufsuchen hätten wollen, er habe aber nicht gewusst, dass es sich hierbei um Polizisten gehandelt habe. Der Beklagte habe auch keinen Anlass gehabt, mit einer Hausdurchsuchung zu rechnen. Die Schlussfolgerung, der Beklagte habe aufgrund der zeitlichen Nähe der Löschung der Dateien zu der Hausdurchsuchung allein vor dem Hintergrund der drohenden Entdeckung versucht, sich der Dateien zu entledigen, sei nicht zwingend. Durch den frühen Tod seiner Mutter und das Scheitern der Beziehung zu seiner „großen Liebe“ sei bei ihm schockartig eine psychische Zwangssituation ausgelöst worden, die zum unkontrollierten Konsum von Pornographie geführt habe. Er habe sich mittlerweile aber seinen Problemen gestellt und sich erfolgreich bemüht, diese in den Griff zu bekommen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat am 5. November 2014 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

Zu Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen. Dem Senat haben die Strafakten sowie die Disziplinar- und Personalakten des Beklagten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) entfernt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind vom Beklagten auch im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist auch zur Überzeugung des Senats erwiesen. Dieser Sachverhalt steht aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des seit 1. Mai 2012 rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts P. vom 12. April 2012 fest, die der Senat gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1, 55 Hs. 1, 25 Abs. 2 BayDG seinem Urteil ohne nochmalige Prüfung zugrunde legt. Darüber hinaus hat der Beklagte den darin festgestellten Sachverhalt auch eingeräumt, so dass weitere Ermittlungen durch den Senat nicht veranlasst waren.

Hiernach steht zur Überzeugung des Senats fest, dass sich der Beklagte vorsätzlich und schuldhaft zwischen dem 1. Juli 2009 und dem 25. Juni 2011 25 Bilddateien mit jugendpornographischem Inhalt verschafft hat sowie am 28. Juni 2011 im Besitz von 97 Bilddateien mit kinder- und von 16 Bilddateien mit jugendpornographischem Inhalt war, auf denen unter 14 Jahre alte Mädchen bzw. jugendliche Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren zu sehen sind, die in reißerischer bzw. allein auf das Geschlechtliche reduzierter Weise vor der Kamera ihre Genitalien zur Schau stellen bzw. auf denen die Durchführung sexueller Handlungen und das Einführen von Gegenständen in Körperöffnungen der geschädigten Kinder und Jugendlichen abgebildet sind, wobei sich der Beklagte des kindlichen bzw. jugendlichen Alters der abgebildeten Personen jeweils bewusst war. Dieser Sachverhalt wurde durch Strafbefehl als Erwerb bzw. Besitz kinder- bzw. jugendpornographischer Schriften i. S. d. § 11 Abs. 3 StGB, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben (§§ 184c Abs. 1, Abs. 4 Satz 1, 184b Abs. 1, Abs. 4 Satz 2, 52, 53 StGB), mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten geahndet, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Die gerichtliche Aufklärungspflicht in Disziplinarverfahren ist durch Art. 55 Hs. 1, 25 BayDG eingeschränkt. Nach Art. 25 Abs. 1 BayDG sind - sofern kein Lösungsbeschluss nach Art. 55 Hs. 2 BayDG erfolgt - die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils für das Disziplinargericht bindend. Sind die tatsächlichen Feststellungen in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren - wie in einem Strafbefehl - getroffen worden, können sie der gerichtlichen Entscheidung gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden; dies gilt gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG auch für das Berufungsverfahren. Das gerichtliche Ermessen ist beschränkt und hat sich am Zweck der Ermächtigung zu orientieren. Er besteht darin, divergierende Entscheidungen von Straf- und Disziplinargerichten über dieselbe Tatsachengrundlage nach Möglichkeit zu vermeiden. Diese Möglichkeit endet, wenn die Indizwirkung des Strafbefehls entkräftet wird und der Vortrag des Beamten dem Disziplinargericht Anlass zu einer eigenständigen Beweisaufnahme gibt. Erforderlich hierfür ist jedoch, dass die Tatsachenfeststellung vom Beamten substantiiert in Zweifel gezogen worden ist; hierzu reicht ein bloßes Bestreiten grundsätzlich nicht aus (BVerwG, B. v. 26.9.2014 - 2 B 14/14 - juris Rn. 10).

Derartig substantiierte Einwände gegen die Tatsachenfeststellungen des Strafbefehls wurden vom Beklagten vorliegend nicht vorgetragen. Dieser hat im Gegenteil in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, dass er gegen die Feststellungen im Strafbefehl keine Einwendungen erhebe. Darüber hinaus hat er auch eingeräumt, mehrfach bewusst kinderpornographische Bilder aus dem Internet auf seinen PC heruntergeladen und diese dann durch Anklicken geöffnet zu haben, um sie betrachten zu können, wobei ihm klar war, dass diese dadurch auf dem PC abgespeichert wurden, auch wenn er sie später (durch Verschieben in den und Leeren des Papierkorbs oder durch Leeren des Cache/Browserverlaufs) wieder löschen wollte und - jedenfalls aus seiner Sicht - auch endgültig gelöscht hat. Er hat dementsprechend weiter erklärt, sein Geständnis, kinderpornographische Dateien heruntergeladen und später wieder gelöscht zu haben, nicht zu widerrufen.

Der Senat hat deshalb keinen Zweifel daran, dass der Beklagte - wie ihm in dem rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts P. vom 12. April 2012 zur Last gelegt wurde - vorsätzlich und schuldhaft den Straftatbestand des Erwerbs bzw. des Besitzes kinder- bzw. jugendpornographischer Schriften nach §§ 184b Abs. 4, 184c Abs. 4 StGB erfüllt hat.

Für den verbotenen Besitz kinderpornographischen Materials reicht es aus, wenn dieses im Internet gezielt aufgerufen, in den Arbeitsspeicher geladen und am Bildschirm betrachtet wird, ohne dass es durch eine bewusste Speicherung perpetuiert wird. Zumindest mit der (automatisch erfolgenden) Speicherung solcher Daten im Cache-Speicher des Computers erlangt der Nutzer Besitz i. S. d. § 184b Abs. 4 StGB, auch wenn die Speicherung später (manuell oder systembedingt automatisch) wieder gelöscht wird. Denn das Sich-Verschaffen des Besitzes ist mit der automatischen Speicherung im Cache-Speicher vollendet (BGH, B. v. 10.10.2006 - 1 StR 430/06 - juris; OLG Hamburg, B. v. 11.11.2008 - 1-53/08 - juris Rn. 6 f.). Zwar kann im Fall der alsbaldigen (manuellen oder systembedingt automatischen) Löschung der Besitzwille fehlen bzw. zumindest zweifelhaft sein. Hier liegt jedoch nicht nur eine automatische Speicherung der Bilder im Cache-Speicher vor. Vielmehr hat der Beklagte nach eigenen Angaben die Dateien bewusst heruntergeladen und durch Anklicken geöffnet und dadurch wissentlich und willentlich auf seinem PC gespeichert. Das Abspeichern erfolgte mithin gerade zu dem Zweck, um ein ungestörtes Betrachten der Bilder zu gewährleisten, so dass auch ein entsprechender Besitzwille zu bejahen ist (BayVGH, U. v. 28.4.2010 - 16a D 08.2928 - juris Rn. 44).

Dem bewussten Herunterladen und Speichern kinder- bzw. jugendpornographischer Bilddateien steht nicht entgegen, dass der Beklagte angegeben hat, erst über das Anklicken von Links auf Image-Boards auf Seiten mit strafbaren Inhalten gekommen zu sein. Denn er ist nicht nur einmal - gleichsam zufällig - beim Surfen im Internet auch auf Kinder- und Jugendpornographie gestoßen, ohne hieran interessiert zu sein, sondern hat seiner Einlassung nach über einen längeren Zeitraum mehrfach gezielt Seiten mit kinder- bzw. jugendpornographischen Inhalten aufgesucht und entsprechende Bilder bewusst auf seinem PC gespeichert, weil ihn solche Bilder von Mädchen und jungen Frauen „in gewisser Weise“ auch ansprechen und ihm gefallen würden.

Für die Richtigkeit dieser Einlassung spricht zudem auch, dass am 14. Februar 2009, 17. April 2009 sowie 19. April 2009 von der IP-Adresse des Beklagten auf ein Internetforum, in dem sich kinderpornographische Dateien befanden, zugegriffen wurde und dass auf seinem PC auch zahlreiche Cookies von Internetseiten mit kinder- bzw. jugendpornographischem Inhalt gefunden wurden, was auf wiederholte Besuche solcher Internetseiten durch den Beklagten hindeutet.

Soweit der Bevollmächtigte des Beklagten die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls hinsichtlich des Besitzes der 97 kinderpornographischen Bilddateien, bei denen es sich laut Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Sch. vom 4. Februar 2012 (dort S. 7 Nr. 2.3) um sog. „Thumbmails“ (Vorschaubilder) handelt, die sich in der ungelöschten Datei „Thumb2.ftp“, die am 5. November 2007 erstellt und auf die zuletzt am 27. Juni 2011 zugegriffen wurde, befanden, in Frage gestellt hat, weil sie ohne Wissen des Beklagten automatisiert bzw. automatisch vom PC erstellt bzw. angelegt worden seien, ist diese lediglich pauschale Behauptung nicht geeignet, die Tatsachenfeststellungen des Strafbefehls substantiiert in Zweifel zu ziehen.

Darüber hinaus ist auch nicht entscheidungserheblich, ob die in der ungelöschten Datei „Thumb2.ftp“ befindlichen 97 kinderpornographischen Bilder automatisiert bzw. automatisch ohne Wissen des Beklagten vom PC erstellt bzw. angelegt wurden, weil dieser das mehrfache bewusste Aufrufen und Abspeichern kinderpornographischer Seiten und Dateien eingeräumt hat. Die Existenz der 97 kinderpornographischen Bilddateien auf dem PC des Beklagten setzt (ebenso wie das Vorhandensein der von ihm gelöschten Bilddateien im nicht zugewiesenen Speicherbereich des PC) voraus, dass er sie wissentlich und willentlich auf seinen PC heruntergeladen und geöffnet hat, um sie ansehen zu können, wodurch sie - wie ihm bewusst war - auf seinem PC (zwischen-) gespeichert wurden. Bereits dadurch hat er aber den Tatbestand des § 184b Abs. 4 StGB verwirklich, ohne dass es darauf ankommt, ob die Bilder ohne sein Wissen systembedingt automatisch vom PC (auch) in der Datei „Thumb2.ftp“ gespeichert worden sind, mag er auch der irrigen Ansicht gewesen sein, die Bilder (durch Verschieben in den und Leeren des Papierkorbs bzw. durch Leeren des Cache/Browserverlaufs) später endgültig wieder gelöscht zu haben. Dass dem Beklagten die Existenz der 97 kinderpornographischen Bilder in der Datei „Thumb2.ftp“ nach seiner unwiderlegten Einlassung im Zeitpunkt der Löschung nicht (mehr) bewusst war, ändert nämlich nichts daran, dass er diese zunächst bewusst aus dem Internet heruntergeladen und auf seinem PC abgespeichert hat. Insoweit fällt auch der Umstand, dass die 97 kinderpornographischen Bilddateien lediglich (noch) in Thumbnail-Größe auf dem PC des Beklagten vorhanden waren, nicht maßgeblich ins Gewicht (vgl. VGH BW, U. v. 20.6.2012 - DL 13 S 155/12 - juris Rn. 40).

Mangels Entscheidungserheblichkeit konnte der Senat deshalb auch den hierauf gerichteten Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung ablehnen.

III.

Der Beklagte hat durch den vorsätzlichen Erwerb bzw. Besitz kinder- sowie jugendpornographischer Schriften schuldhaft gegen seine Pflichten aus Art. 62 Abs. 1 Satz 2 und Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F. bzw. § 33 Abs. 1 und § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen, die Gesetze zu beachten sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (BayVGH, U. v. 28.4.2010 a. a. O. Rn. 45).

Der Beklagte hat dadurch ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG), weil sein pflichtwidriges Verhalten nicht in sein Amt und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war, sondern außerhalb des Dienstes stattfand. Er hat die Dateien ausschließlich auf seinem privaten Computer abgespeichert (BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5/10 - juris Rn. 7).

Das außerdienstliche Fehlverhalten des Beklagten erfüllt den Tatbestand eines Dienstvergehens i. S. d § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, weil es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Das ist beim außerdienstlichen Erwerb bzw. Besitz kinder- bzw. jugendpornographischer Schriften bei einem Lehrer aufgrund des Dienstbezugs der Fall. Ein Dienstbezug ist zu bejahen, wenn das außerdienstliche Verhalten des Beamten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem innegehabten Amt im konkretfunktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt. Das strafrechtlich relevante außerdienstliche Verhalten des Beklagten weist einen Bezug zu seinem Dienstposten auf, weil der nach §§ 184b Abs. 4, 184c Abs. 4 StGB strafbewehrte Erwerb bzw. Besitz kinder- bzw. jugendpornographischer Schriften bei einem Lehrer einen Persönlichkeitsmangel indiziert, der Anlass zu Zweifeln an seiner Eignung gibt, der einem Lehrer als Dienstpflicht obliegenden Erziehungsaufgabe gegenüber den ihm anvertrauten Schülern jederzeit gerecht zu werden. Denn nach Bekanntwerden eines derartigen Fehlverhaltens ist ein Lehrer bei der Aufgabenwahrnehmung zumindest stark beeinträchtigt, weil er elementare Rechte gerade derjenigen Personengruppe verletzt hat, deren Schutz und Erziehung ihm als Dienstpflicht obliegt und die ihm anvertraut sind. Insoweit genügt bereits die bloße Eignung für eine Vertrauensbeeinträchtigung, zu einem konkreten Ansehensschaden oder konkreten Übergriffen muss es nicht gekommen sein (BVerwG, U. v. 19.8.2010 a. a. O. Rn. 15; B. v. 22.12.2010 - 2 B 18/10 - juris Rn. 15).

Wer kinderpornographische Schriften erwirbt bzw. besitzt (§ 184b Abs. 4 StGB), trägt durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum sexuellen Missbrauch von Kindern und damit zum Verstoß gegen ihre Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Er greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Bildung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seine Einordnung in die Gemeinschaft, weil ein Kind wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann. Zudem degradiert der Täter die sexuell missbrauchten kindlichen Opfer zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung (BVerwG, U. v. 19.8.2010 a. a. O. Rn. 16).

Gleiches gilt für den Erwerb bzw. Besitz jugendpornographischer Schriften i. S. d. § 184c Abs. 4 StGB, mit dem lediglich eine bestehende Schutzlücke hinsichtlich von Kindern zwischen 14 und 18 Jahren geschlossen wurde (vgl. BT-Drs. 16/3439 S. 9).

Der Erwerb und Besitz kinder- bzw. jugendpornographischer Schriften durch einen Lehrer, dem Kinder zur Ausbildung und Erziehung anvertraut sind, ist demgemäß in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Ein Lehrer ist nach dem umfassenden Bildungsauftrag der Schule (vgl. Art. 131 BV, Art. 1, 2 und 59 BayEUG) nicht nur zur Vermittlung von Wissen, sondern auch zur Erziehung der seiner Obhut unterstehenden Kinder verpflichtet. Er muss insbesondere die geistige und sittliche Entwicklung der ihm anvertrauten Kinder fördern und schützen. Zudem muss der Lehrer in seiner Vorbildfunktion die verfassungsrechtlich geschützte Wertordnung glaubhaft vermitteln. Der Besitz von Schriften, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, ist mit diesem Bildungsauftrag unvereinbar und lässt dessen Erfüllung durch den Beamten zweifelhaft erscheinen (BVerwG, U. v. 19.8.2010 a. a. O. Rn. 17; BayVGH, U. v. 28.4.2010 a. a. O. Rn. 53). Ein Lehrer, der sich strafbares kinder- bzw. jugendpornographisches Material verschafft oder dieses besitzt, beweist daher erhebliche Persönlichkeitsmängel, die eine nachhaltige Vertrauensbeeinträchtigung i. S. d § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG nach sich ziehen, weil der Täter hierdurch das Vertrauen, das der Dienstherr in seine Selbstbeherrschung, seine Zuverlässigkeit und seine moralische Integrität setzt, von Grund auf erschüttert bzw. zerstört (BayVGH a. a. O. Rn. 49).

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach Art. 11 BayDG ist auch angemessen und erforderlich.

Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach Art. 14 BayDG. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten. Aus Art. 14 Abs. 1 BayDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Pflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Bemessungskriterium „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. Die Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds ist Ausdruck des Schuldprinzips und für die Bewertung bedeutsam, ob der Beamte trotz des Dienstvergehens weiterhin im Beamtenverhältnis tragbar ist (BVerwG, U. v. 19.8.2010 a. a. O. Rn. 21; BayVGH, U. v. 28.4.2010 a. a. O. Rn. 50).

1. Der Beklagte hat mit dem Erwerb bzw. Besitz kinder- und jugendpornographischer Schriften ein schweres Dienstvergehen begangen, so dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis den Ausgangspunkt der disziplinarrechtlichen Bewertung bildet.

Für den Erwerb bzw. Besitz kinderpornographischer Schriften gibt es keine Regeleinstufung, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlung zu groß ist. Maßgeblich für die Maßnahmebemessung ist die jeweilige Strafandrohung unter Berücksichtigung des Dienstbezugs der Pflichtverletzung des Beamten. Das Ausmaß des Vertrauensschadens, der durch eine außerdienstlich begangene Straftat hervorgerufen wird, wird maßgeblich durch den Strafrahmen bestimmt (BVerwG, U. v. 19.8.2010 a. a. O. Rn. 22). Für die disziplinarische Ahndung des außerdienstlichen Erwerbs bzw. Besitzes kinderpornographischen Materials ist aus dem Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe bei der Maßnahmebemessung deshalb auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen, wenn das Dienstvergehen keinen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Beamten aufweist (BVerwG, B. v. 14.5.2012 - 2 B 146/11 - juris Rn. 9).

Bei Lehrern wiegt der außerdienstliche Erwerb bzw. Besitz kinderpornographischen Materials besonders schwer, weil hier stets ein enger dienstlicher Bezug gegeben ist. Ein solches Verhalten gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Lehrerberuf. Ein Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 4 StGB strafbar gemacht hat, bietet daher keine Gewähr dafür, dass er die ihm dienstlich obliegenden Erziehungsaufgaben mit der erforderlichen Autorität erfüllen kann. Der Orientierungsrahmen für den außerdienstlichen Besitz kinderpornographischen Materials reicht deshalb bei Lehrern bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Dabei kommt die Entfernung eines Lehrers aus dem Beamtenverhältnis in Betracht, wenn das strafbare Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere der Anzahl und des Inhalts des Materials, als besonders verwerflich einzustufen ist und dem Beamten auch keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht zugutekommen (BVerwG, B. v. 25.5.2012 - 2 B 133/11 - juris Rn. 11; B. v. 5.4.2013 - 2 B 79/11 - juris Rn. 7).

Entsprechendes gilt - trotz des niedrigeren Strafrahmens von Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr - auch für den Erwerb bzw. Besitz jugendpornographischen Materials i. S. d. § 184c Abs. 4 StGB durch einen Lehrer, weil hier ebenfalls immer ein enger dienstlicher Bezug zum innegehabten Amt gegeben ist.

Der Beklagte hat mit dem Erwerb bzw. Besitz von 97 kinder- und 41 jugendpornographischen Bildern Straftaten verübt, die sich gegen eine Personengruppe richten, die ihm aufgrund seines Amtes zur Ausbildung und Erziehung besonders anvertraut ist. Er hat dadurch im Kernbereich seiner Dienstpflichten versagt, auch wenn sich dieser Vorgang im außerdienstlichen Bereich abspielte, und dadurch das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren.

Das Verhalten eines Lehrers, das den Straftatbestand des § 184b Abs. 4 StGB bzw. des § 184c Abs. 4 StGB erfüllt, steht der Verpflichtung eines Angehörigen dieses Berufes, die Würde und die persönliche Entfaltung der Schüler zu schützen und zu fördern, diametral entgegen, so dass ihm ein glaubwürdiges pädagogisches Wirken nicht mehr möglich ist. Zudem verfügt er nicht mehr über die persönliche Autorität, die für seinen Beruf unabdingbar ist (BayVGH, U. v. 28.4.2010 a. a. O. Rn. 54).

Den Beklagten trifft - insbesondere als Religionslehrer - im Hinblick auf die von ihm zu vermittelnden Grundwerte und die sittlichen Wertempfindungen der von ihm unterrichteten Schülerinnen und Schüler eine besondere Verantwortung, aufgrund der er sich im sexuellen Bereich absolut korrekt - in Wort wie in Tat - zu verhalten hat. Ein Pädagoge, der - wie der Beklagte - kinder- und jugendpornographische Bilder von Mädchen und jungen Frauen, die ihm „in gewisser Weise“ gefallen, konsumiert, sieht sich daher berechtigter Ablehnung, ja Verachtung seitens der Schüler und Eltern ausgesetzt (BayVGH, U. v. 28.4.2010 a. a. O. Rn. 58).

Erschwerend kommt hinzu, dass der Beklagte durch sein strafbares Verhalten auch der besonderen Vorbildfunktion, die ihm als Seminarlehrer gegenüber den von ihm betreuten Studienreferendaren zukommt, sowie seiner besonderen Verantwortung als Fach- und Stufenbetreuer und als Verbindungslehrer nicht gerecht geworden ist.

Aufgrund der konkreten Tatumstände (insgesamt 138 Bilder und damit eine nicht geringe Anzahl an Dateien; Inhalt der Bilder, die teilweise schwere Missbrauchshandlungen bzw. erniedrigende Praktiken zeigen; langer Zeitraum der wiederholten Tatbegehung vom 1. Juli 2009 bis 27. Juni 2011, d. h. fast zwei Jahre lang) ist das strafbare Verhalten des Beklagten als besonders verwerflich anzusehen. Dabei fällt der Umstand, dass die Bilddateien ggf. nur als Thumbnails gespeichert waren, nicht entscheidend ins Gewicht (VGH BW, U. v. 20.6.2012 a. a. O. Rn. 40).

2. Die den Beklagten entlastenden Umstände besitzen demgegenüber sowohl für sich betrachtet als auch in der Gesamtschau kein derartiges Gewicht, um den vom Senat festgestellten endgültigen Vertrauensverlust so zu relativieren, dass vorliegend von der Verhängung der Höchstmaßnahme abgesehen werden könnte.

2.1 Angesichts der Schwere des von ihm begangenen Dienstvergehens, aufgrund dessen sich der Beklagte als Lehrer untragbar gemacht hat, können weder die guten dienstlichen Leistungen des Beklagten noch sein überdurchschnittliches berufliches Engagement und die Tatsache, dass der Beklagte straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist, zur Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme führen. Diese Umstände stellen das normale Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflichten dar und sind nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens derart abzumildern, dass bei einem Beamten, der das in ihn gesetzte Vertrauen von Grund auf erschüttert hat, von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könnte (BayVGH, U. v. 12.7.2006 - 16a D 05.981 - juris Rn. 25). Die langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist - selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, derart gravierende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BVerwG, B. v. 5.4.2013 - 2 B 79/11 - juris Rn. 27).

2.2 Auch wenn der Beklagte ausweislich der vorgelegten Schreiben (Bl. 209 ff. der Disziplinarakten) ein sowohl bei einzelnen Kollegen als auch bei einzelnen Schülern und Eltern geschätzter Lehrer sein mag, können deren subjektive Einschätzungen nicht die objektive Feststellung des endgültigen Vertrauensverlustes in Frage stellen. Die positiven Stellungnahmen, die ersichtlich auf dem Verhalten des Beklagten im Dienst beruhen, werden durch sein Verhalten außerhalb des Dienstes widerlegt.

2.3 Auch das Geständnis des Beklagten führt nicht zu einer milderen Beurteilung, da es nicht freiwillig vor drohender Entdeckung, sondern erst über ein halbes Jahr nach der Hausdurchsuchung am 28. Juni 2011 in der Vernehmung am 9. Januar 2012 im Rahmen des bereits gegen den Beklagten eingeleiteten Strafverfahrens erfolgt ist, nachdem bei der Durchsuchung seines PC das belastende Material gefunden und ausgewertet worden war. Ein Bestreiten zu diesem Zeitpunkt wäre aussichtslos gewesen. Zudem spricht ein Einräumen aus Furcht vor strafrechtlichen Konsequenzen nicht für einen von Einsicht und Reue getragenen Willen bei der Aufdeckung des Fehlverhaltens (BVerwG, U. v. 8.11.2001 - 2 WD 29/01 - juris Rn. 15).

2.4 Entsprechendes gilt für die umgehende Information des Schulleiters von dem gegen ihn eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wodurch der Beklagte nach seiner unwiderlegten Einlassung möglichen Schaden von der Schule abwenden wollte. Auch dieses loyale Verhalten führt nicht dazu, dass von der Verhängung der Höchstmaßnahme abgesehen werden könnte, da darin ebenfalls keine freiwillige Offenbarung des Fehlverhaltens vor drohender Entdeckung liegt.

2.5 Auch der Umstand, dass der Beklagte die von ihm heruntergeladenen kinder- und jugendpornographischen Dateien noch vor der Aufdeckung seiner Straftaten wieder gelöscht hat, vermag den fundamentalen Ansehens- und Vertrauensverlust, der sich aus seinem Verhalten ergibt, im konkreten Fall nicht zu entkräften.

Ob ein Lehrer, der in strafbarer Weise Besitz an kinder- oder jugendpornographischem Material begründet hat, das in ihn gesetzte Vertrauen endgültig verloren hat, hängt maßgeblich davon ab, ob er dadurch zum Ausdruck gebracht hat, dass er an den abgebildeten Vorgängen Gefallen findet (BayVGH, U. v. 28.4.2010 a. a. O. Rn. 60). Ist ein Lehrer - z. B. beim Surfen im Internet - einmal auf kinder- oder jugendpornographische Seiten gestoßen, hat er diese nur ganz kurzfristig betrachtet und danach sofort Maßnahmen ergriffen, in denen der definitive Wille zum Ausdruck kommt, sich dieser Bilder endgültig zu entledigen, so führt ein derartiges Verhalten daher nicht zwingend zur Annahme eines endgültigen Vertrauensverlustes (BayVGH a. a. O. Rn. 61). Anders kann es liegen, wenn er solche Dateien auf die Festplatte des benutzten Computers oder auf andere dauerhafte Speichermedien heruntergeladen hat, um sie für die spätere Nutzung erneut zur Verfügung zu haben, er sie später jedoch definitiv gelöscht oder sich ihrer sonst in zweifelsfreier Weise entledigt hat. Denn schon in der Speicherung solchen Materials manifestiert sich ein Interesse am Besitz kinder- und jugendpornographischer Darstellungen, das praktisch nur damit erklärbar ist, dass der Handelnde Gefallen an den abgebildeten Vorgängen findet. Eine derartige Indizwirkung kann einem solchen Verhalten bereits dann zukommen, wenn es einmaligen Charakter hat und es sich nur auf wenige einschlägige Dateien bezogen hat. Ein späteres freiwilliges Löschen der gespeicherten Dateien lässt den Befund, dass der betreffende Lehrer den Wunsch hatte, kinder- oder jugendpornographische Schriften zu besitzen, weil sie ihn ansprechen, deshalb nicht ohne weiteres entfallen. Auch eine solche „tätige Reue“ führt nicht automatisch dazu, dass von der Höchstmaßnahme abgesehen werden müsste (BayVGH a. a. O. Rn. 62).

Um einem solchen Verhalten disziplinarrechtliche Relevanz beimessen zu können, kommt es vielmehr auf die äußeren Umstände des Entledigungsvorgangs und die hierfür ursächlichen inneren Beweggründe an. Zugunsten des Betroffenen berücksichtigt werden kann ein Verhalten, mit dem sich der Besitzer kinder- oder jugendpornographischer Schriften dieser Objekte entledigt, nur dann, wenn diese Handlung freiwillig vor Aufdeckung der Tat vorgenommen wurde, in ihr der Wille zum Ausdruck kam, sich vom Konsum kinder- und jugendpornographischer Darstellungen definitiv abzuwenden, und diese Abwendung auf ethisch anerkennenswerten Beweggründen wie insbesondere der Einsicht, dass die Herstellung solcher Bilder mit schweren Rechtsgutverletzungen zulasten der betroffenen Kinder und Jugendlichen einhergeht, beruht (BayVGH, U. v. 28.4.2010 a. a. O. Rn. 62).

Sind die Voraussetzungen erfüllt, unter denen einem solchen Entledigungsvorgang disziplinarrechtliche Beachtlichkeit zukommen kann, ist es eine Frage des Einzelfalls, ob einem Lehrer, der ein solches Verhalten an den Tag gelegt hat, noch dasjenige Maß an Vertrauen entgegengebracht werden kann, um ihn im Dienst zu belassen. Nur unter Würdigung aller Umstände des konkreten Falles - insbesondere der Persönlichkeit des Betroffenen und seines bisherigen dienstlichen und außerdienstlichen Verhaltens - lässt sich beurteilen, ob Schüler und Eltern einem solchen Lehrer frei von der Befürchtung gegenübertreten können, er sehe in den ihm zur Ausbildung und Erziehung überantworteten Kindern und Jugendlichen keine Objekte sexuell motivierter Wünsche (BayVGH, U. v. 28.4.2010 a. a. O. Rn. 63).

Gemessen an diesen Vorgaben ergeben sich aus dem Umstand, dass der Beklagte die von ihm heruntergeladenen kinder- und jugendpornographischen Dateien bereits vor der am 28. Juni 2011 erfolgten Hausdurchsuchung - jedenfalls aus seiner Sicht - endgültig gelöscht hat, keine durchgreifende Milderungsgründe.

Dabei kann zugunsten des Beklagten als wahr unterstellt werden, dass ihm im Zeitpunkt der Löschung nicht (mehr) bewusst war, dass die in der ungelöschten Datei „Thumb2.ftp“ gefundenen 97 kinderpornographischen Bilddateien noch auf dem PC vorhanden waren, weil er davon ausgegangen ist, sie endgültig gelöscht zu haben. Entsprechendes gilt für die (durch Verschieben in den und Leeren des Papierkorbs oder durch Leeren des Cache/Browserverlaufs) „gelöschten“, in Wirklichkeit aber nur in den sog. nicht zugewiesenen Speicherbereich verschobenen Bilddateien.

Hingegen hat auch der Senat erhebliche Zweifel daran, ob die Löschung der auf dem PC des Beklagten gefundenen kinder- sowie jugendpornographischen Bilddateien freiwillig vor der infolge der am 28. Juni 2011 durchgeführten Hausdurchsuchung drohenden Entdeckung erfolgt ist oder ob der Beklagte die Dateien lediglich aus Furcht vor drohenden Strafverfolgung in den bzw. nach Ende der Pfingstferien 2011 (11. bis 26. Juni 2011) gelöscht hat. Aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem ersten Besuch der Kriminalpolizei in den Pfingstferien, bei dem sie den im Urlaub befindlichen Beklagten nicht antraf, und der von ihm behaupteten „Löschaktion“ am 27. Juni 2011 (dem ersten Tag nach den Pfingstferien) liegt der Schluss nahe, dass der Beklagte aufgrund der Mitteilung seiner Nachbarin, dass mehrere Männer in den Pfingstferien dagewesen seien und nach ihm gefragt hätten, die Dateien lediglich aus Furcht vor einer unmittelbar bevorstehenden Entdeckung gelöscht hat und dass es sich bei seiner anderslautenden Aussage nur um eine Schutzbehauptung handelt. Auch sind seine diesbezüglichen Einlassungen in sich widersprüchlich, als er zunächst erklärt hat, die von ihm heruntergeladenen und auf seinem PC gespeicherten kinder- und jugendpornographischen Dateien zusammen mit den darauf befindlichen pornographischen Dateien nach Ende der Pfingstferien gelöscht zu haben, während er sodann angegeben hat, die strafbaren Dateien im Anschluss an das Betrachten jeweils sukzessive gelöscht zu haben. Andererseits kann nach seiner Einlassung auch nicht ausgeschlossen werden, dass er die auf dem PC verbliebenen kinder- und jugendpornographischen Bilder infolge eines aufgrund der von ihm glaubhaft vorgetragenen religiösen Überzeugung bereits vorher gefassten Entschlusses zusammen mit den pornographischen Bildern gelöscht hat, bevor er von der Durchsuchung Kenntnis hatte. Da nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ entlastende Umstände bereits dann in die Bewertung einzubeziehen sind, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 15), kann deshalb nicht unterstellt werden, dass der Beklagte die Dateien nur aus Furcht vor drohenden Strafverfolgung gelöscht hat.

Doch selbst wenn man im Zweifel zugunsten des Beklagten davon ausgeht, dass dieser die auf seinem PC gefundenen kinder- und jugendpornographischen Dateien aus freiem Entschluss noch vor drohender Entdeckung gelöscht hat, ändert dies nichts daran, dass ihm aufgrund der in seinem Verhalten zum Ausdruck kommenden Persönlichkeit das für eine Belassung im Beamtenverhältnis erforderliche Maß an Vertrauen nicht mehr entgegengebracht werden kann.

Der Annahme eines nur punktuellen Versagens, das das Vertrauen in den Beklagten nicht von Grund auf beseitigt hätte, steht schon entgegen, dass er seinem Interesse an der Darstellung sexueller Handlungen mit Kindern bzw. Jugendlichen nicht nur einmal Raum gegeben hat. Vielmehr hat er sich kinder- bzw. jugendpornographische Dateien strafbaren Inhalts mehrfach über knapp zwei Jahre lang verteilt verschafft. Dieser wiederholte Zugriff auf strafbare kinder- und jugendpornographische Inhalte belegt, dass der Beklagte nicht nur aus einer vorübergehenden Neugierde am „Reiz des Bösen“ gehandelt hat, der er zeitweilig nicht zu widerstehen vermochte. Vielmehr manifestierte sich darin der in seiner Persönlichkeit offensichtlich tief verwurzelte Wunsch, derartige Darstellungen zu betrachten, die ihn - wie er selbst eingeräumt hat - „in gewisser Weise“ ansprechen und gefallen. Wenn er diese Dateien zunächst auf der Festplatte gespeichert hat, um sie in Ruhe betrachten zu können, so belegt das, dass ihm an derartigen Darstellungen gerade wegen ihres Inhalts gelegen war.

Wenn der Beklagte die Dateien später gelöscht hat, so war das daher nicht Ausdruck einer inneren Haltung, mit dem er das Betrachten und den Besitz solcher Bilder für die Zukunft konsequent und aus ethisch anerkennenswerten Beweggründen beendet hätte. Dem widerspricht bereits die durch die Existenz zahlreicher sog. Cookies von einschlägigen kinder- und jugendpornographischen Internetseiten auf dem PC des Beklagten dokumentierte umfangreiche Suche des Beklagten nach solchen Inhalten im Internet. Auch hat der Beklagte sich, nachdem er inkriminierte Dateien gelöscht hatte, erneut einschlägiges Material besorgt, um sein Verlangen zu befriedigen.

Auch in der in den bzw. nach dem Ende der Pfingstferien 2011 erfolgten Löschung sämtlicher noch auf dem PC des Beklagten befindlichen pornographischen Dateien kann keine echte innere Abkehr vom Konsum kinder- und jugendpornographischen Materials gesehen werden, die die Annahme zulässt, dass der Beklagte das in ihn gesetzte Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit nicht endgültig verloren hätte. Der Beklagte hat damit nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass dies auf der Einsicht beruht, dass die Herstellung solchen Materials mit Rechtsgutverletzungen zulasten der betroffenen Kinder einhergeht. Vielmehr hat er seine eigene Betroffenheit als Grund für die Löschung der Dateien in den Vordergrund gestellt („ich habe eine sehr christliche Grundeinstellung“, „ich selbst werfe mir auch moralisches Versagen vor“, „unkontrolliertes Verhalten meinerseits“) und erst spät und zögernd vom Leid, das er dadurch anderen Menschen zugefügt habe, gesprochen.

Darüber hinaus zeigen die Aussagen des Beklagten, Bilder von nackten Mädchen oder jungen Frauen würden ihn reizen und seien für ihn interessant, weil sie ihn „in gewisser Weise“ ansprechen und gefallen würden, dass es sich bei dem Verhalten des Beklagten um einen Teil seiner Persönlichkeit handelt, das es verbietet, diesem weiterhin Kinder und Jugendliche anzuvertrauen. Weder von Schülern noch ihren Eltern kann verlangt werden, diese einem Lehrer zur Erziehung anzuvertrauen, der durch sein Verhalten zu erkennen gegeben hat, dass er Gefallen am sexuellen Missbrauch von Kindern findet; bereits der Gedanke, ein Schüler oder eine Schülerin könnte zum Objekt von sich hierauf beziehenden Vorstellungen und Wünschen des Lehrers werden, erscheint unerträglich. Unerheblich ist dabei, ob konkret beim Beklagten mit dem Eintritt einer derartigen Entwicklung gerechnet werden muss. Um ihn für eine Tätigkeit als Lehrer untragbar zu machen, genügt vielmehr, dass in den Augen von Schülern und ihrer Eltern solche Besorgnisse bestehen können (BayVGH, U. v. 28.4.2010 a. a. O. Rn. 58).

Bei der Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Beklagten ist darüber hinaus auch zu berücksichtigen, dass auf seinem PC neben den mit dem Strafbefehl geahndeten kinder- und jugendpornographischen Bildern auch zahlreiche weitere (gelöschte) Bilder gefunden wurden, auf denen nackte Mädchen bzw. junge Frauen bei Posing-Darstellungen sowie mit Bade- oder Sportsachen bekleidete weibliche Kinder und Jugendliche zu sehen sind. Dies spricht ebenfalls für eine mit dem Beruf als Lehrer unvereinbare Persönlichkeitsstruktur, ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankäme, ob - was sowohl der im Strafverfahren konsultierte Amtsarzt als auch der vom Beklagten beauftragte Psychologe in ihren jeweiligen Gutachten verneint haben - beim Beklagten pädophile Neigungen vorliegen (BVerwG, B. v. 22.12.2010 a. a. O. Rn. 21).

2.6 Da der Beklagte mehrfach Kinder- und Jugendpornographie konsumiert hat, handelt es sich auch nicht um eine einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat, die zu einer milderen Bewertung führen könnte (BayVGH, U. v. 12.7.2006 - 16a D 05.981 - juris Rn. 20).

2.7 Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Taten im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) bzw. der erheblich verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) begangen hat, bestehen ebenfalls nicht; dies wird von ihm auch nicht geltend gemacht.

Laut dem psychiatrischen Gutachten des Landgerichtsarztes vom 22. Februar 2012 liegen die Eingangskriterien des § 20 StGB beim Beklagten nicht vor. Soweit im Gutachten von Dipl.-Psychologe W. vom 15. Mai 2013 ein „impliziter Zustand“ konstatiert wird, in dem der Beklagte trotz Wissen um die Konsequenzen seines Verhaltens sich von diesem nicht ausreichend distanzieren habe können, wird darin die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ebenfalls nicht verneint.

2.8 Soweit der Beklagte weiter vorgetragen hat, dass er die Taten aufgrund einer schockartig ausgelösten psychischen Zwangssituation im Rahmen einer von ihm inzwischen überwundenen vorübergehenden negativen Lebensphase begangen hat, hat er nicht dargetan, dass es sich beim frühen Tod der Mutter sowie beim Verlust der „Liebe seines Lebens“ um existentiell einschneidende Lebensumstände handelt, die über das hinausgehen, was an privaten und familiären Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen kann (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 64).

Zudem ist er eine plausible Erklärung dafür schuldig geblieben, inwiefern zwischen dem frühen Tod der Mutter 1971 und dem ab 2009 begonnenen Konsum von Kinder- und Jugendpornographie ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang bestehen soll. Und selbst wenn man zwischen dem 2008 erfolgten Verlust der „Liebe seines Lebens“ und dem 2009 begonnenen Konsum von Kinder- und Jugendpornographie einen solchen Zusammenhang herstellen wollte, vermag das Scheitern der Beziehung zu einer erwachsenen Frau nicht den Konsum von Bildern, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen, durch einen Lehrer zu rechtfertigen. Es ist vielmehr mit seiner Stellung als Lehrer unvereinbar, dass der Beklagte kinder- und jugendpornographische Bilder als Kompensation für unerfüllte (sexuelle) Beziehungen mit erwachsenen Frauen benutzt hat.

Es liegen auch keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte die Taten im Rahmen einer inzwischen überwundenen negativen Lebensphase begangen hat. Wenn das Gutachten vom 15. Mai 2013 zu der Feststellung kommt, der Konsum von kinderpornographischem Material durch den Beklagten sei als überwundene Lebenskrise zu sehen, so dass die Rückfallwahrscheinlichkeit bei Fortsetzung der psychologischen Betreuung als sehr gering anzusehen sei, konnte es dies jedenfalls nicht ausschließen. Der Beklagte selbst hat angegeben, dass er in der Vergangenheit jeweils nur kurz vom Konsum solcher Bilder losgekommen ist.

Ob sich daraus die prognostische Gesamtwürdigung ergibt, der Beklagte werde in Zukunft nicht mehr gegen seine Dienstpflichten verstoßen, kann deshalb nicht mit Sicherheit festgestellt werden, aber letztlich dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls ist die durch das gravierende Fehlverhalten des Beklagten herbeigeführte Zerstörung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen. Das durch das strafbare Verhalten des Beklagten zerstörte Vertrauen lässt sich nicht durch die nachträgliche Korrektur einer früheren negativen Lebensphase rückgängig machen (BayVGH, U. v. 12.7.2006 - 16a D 05.981 - juris Rn. 27), auch nicht durch eine erfolgreiche Therapie, mit der der Beklagte seinen Angaben nach seine „Probleme“ in den Griff bekommen haben will (BVerwG, B. v. 25.5.2012 - 2 B 133/11 - juris Rn. 17).

3. Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis wegen des Erwerbs und Besitzes kinder- und jugendpornographischer Schriften ist unter Abwägung des Gewichts des Dienstvergehens sowie des eingetretenen Vertrauensverlustes und der mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung auch nicht unverhältnismäßig und verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Schuldprinzip (BVerfG, B. v. 18.1.2998 - 2 BvR 313/07 - juris Rn. 11).

Danach muss die dem Beamten staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von dem Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung die Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde seine Dienstaufgaben künftig pflichtgemäß erfüllen, ist die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften schwerwiegenden Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlichrechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1 D 2/03 - juris Rn. 49).

Der Senat verkennt dabei nicht, dass der Beklagte durch die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis existentiell betroffen wird und es aufgrund seiner Vorbildung und seines Alters auch sehr schwer haben dürfte, wieder eine adäquate Arbeit zu finden. Dies ist jedoch allein die Folge der von ihm begangenen gravierenden Dienstpflichtverletzungen. Wenn er insoweit meint, der Kläger als sein Dienstherr sei aufgrund der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht gehalten, ihn nicht einfach dem finanziellen und persönlichen Ruin anheimfallen zu lassen, ist ihm entgegenzuhalten, dass den Kläger vornehmlich die Verpflichtung trifft, die der staatlichen Obhut anvertrauten Schüler vor möglichen Übergriffen durch Lehrkräfte zu schützen, die Gefallen am sexuellen Missbrauch von Kindern zu erkennen gegeben haben. Im Übrigen ist der Beklagte wie jeder aus dem Dienst entfernte Beamte ggf. auf die Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu verweisen.

4. Nach alldem war die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Zustellung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2, Art. 3 BayDG i. V. m. § 116 VwGO).

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.

Der 19... in I. geborene Beklagte steht als Polizeihauptmeister im Dienst des Klägers und war bis 22. April 2010 bei der PI I. tätig. Er ist in vierter Ehe verheiratet und hat zusammen mit seiner jetzigen Ehefrau zwei minderjährige Kinder, mit denen er in einem Haus lebt. Insgesamt ist er Vater von sieben Kindern, von denen er vieren unterhaltspflichtig ist. Er erhält derzeit um 5% gekürzte Dienstbezüge aus BesGr. A 9. Laut seinen Angaben beläuft sich sein aktueller Schuldenstand zusammen mit seiner jetzigen Ehefrau auf 200.000,- € aus einem Hauskauf, denen der Gegenwert von zwei Häusern gegenüber steht.

Der Beklagte schloss die Schulausbildung 1977 mit der mittleren Reife ab und wurde am 3. Oktober 1977 als Polizeipraktikant eingestellt. Am 2. Oktober 1978 erfolgte die Ernennung zum Polizeiwachtmeister unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf und am 1. März 1980 die Ernennung zum Polizeioberwachtmeister unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe. 1981 bestand er die Laufbahnprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfung Note 3,45 (Platz 362 von 789 erfolgreichen Prüfungsteilnehmern). Am 1. September 1982 wurde er zum Polizeihauptwachtmeister ernannt, am 1. März 1985 zum Polizeimeister. Mit Wirkung vom 16. April 1988 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und am 1. Januar 1991 zum Polizeiobermeister und sodann am 17. Dezember 1998 zum Polizeihauptmeister befördert. In seiner letzten dienstlichen Beurteilung 2008 erhielt er das Gesamtprädikat „7 Punkte“. Aufgrund des Disziplinarverfahrens wurde seine dienstliche Beurteilung für 2011 zurückgestellt.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich folgendermaßen in Erscheinung getreten:

1. Mit durch Verkündung rechtskräftigem Urteil des Landgerichts K. vom 15. November 2010 (3 Ns 400 Js 4788/10) wurde der Beklagte wegen sieben tatmehrheitlicher Fälle des vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots (§§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, 53 StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen á 20,- € verurteilt. Dem Urteil liegen folgende tatsächliche Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts S. vom 5. August 2010 (Cs 400 Js 4788/10) zugrunde:

„Der Angeklagte fuhr mit fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen, obwohl aufgrund eines Bußgeldbescheides des Regierungspräsidiums K. ein Fahrverbot bestand. Dies wusste der Angeklagte.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Fahrten:

1. Am 26.01.2010 gegen 17:30 Uhr in I. mit dem Pkw, Dienst-Kfz Opel Astra, Kennzeichen ...

2. Am 27.01.2010 gegen 8:15 Uhr in I. mit dem Pkw, Dienst-Kfz VW-Bus, Kennzeichen ...

3. Am 29.01.2010 gegen 14:30 Uhr in I. mit dem Pkw, Dienst-Kfz Audi A4, Kennzeichen ...

4. Am 30.01.2010 gegen 17:15 Uhr in I. mit dem PKW, Dienst-Kfz Opel Astra, Kennzeichen ...

5. Am 02.02.2010 gegen 16:45 Uhr in I. mit dem Pkw, Dienst-Kfz Audi A4, Kennzeichen ...

6. Am 03.02.2010 gegen 8:15 Uhr in I. mit dem PKW, Dienst-Kfz VW-Bus, Kennzeichen ...

7. Am 03.02.2010 gegen 12:00 Uhr in I. mit demselben PKW.“

2. Mit seit dem 3. Mai 2012 rechtskräftigem Urteil des Landgerichts K. vom 9. Januar 2012 (3 Ns 400 Js 6472/10) wurde der Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts S. vom 18. Januar 2011 (Ds 400 Js 6472/10) wegen Diebstahls in Tatmehrheit mit Untreue (§§ 242 Abs. 1, 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 4, 53 StGB) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die hiergegen eingelegte Revision des Beklagten wurde mit Beschluss des OLG M. vom 2. Mai 2012 (5 StR RR (II) 130/12) verworfen. Dem Urteil liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde:

„1.

Der Zeuge E. verrichtet seinen Dienst ebenfalls bei der PI I. Er ist mit dem Angeklagten seit der Schulzeit her bekannt. Der Zeuge E. lagerte in einem Schuppen im Gelände der PI I. saisonweise Reifen für seinen PKW BMW ein. Da er in der Wintersaison 2009/2010 vorwiegend mit einem Zweitwagen unterwegs war, hatte er seine Winterräder auf den BMW noch nicht aufgezogen und lagerte drei der Winterräder im besagten Schuppen ein. Es handelte sich dabei um Leichtmetallfelgen der Firma BMW zum Stückpreis von 250,- €, auf die ältere, aber noch gut profilierte Winterreifen aufgezogen waren. Ein viertes Rad lag anstelle des Notrades im Kofferraum.

Der Angeklagte fuhr bereits zu dieser Zeit an Wochenenden oder freien Tagen regelmäßig zu seiner Lebensgefährtin, wobei die einfache Fahrtstrecke ca. 540 km betrug. Nachdem Anfang Februar 2010 die Straßen schneeglatt waren und der Angeklagte über keine tauglichen Winterreifen verfügte, beschloss er, die vorerwähnten Räder zu entwenden und für eigene Zwecke zu verwenden. Er nahm die drei Räder mit zu sich nach Hause, zog dort zwei der Räder auf die Hinterachse seines eigenen BMW auf und fuhr damit in der Folgezeit herum.

Der Zeuge E. vermisste am 19.03.2010 seine Räder. Er glaubte zunächst an ein Versehen und fragte den Hausmeister B. nach dem Verbleib, der jedoch nichts wusste. Auch der Zeuge H., der den Hausmeister vertrat, wusste nichts vom Verbleib. Deshalb sandte der Zeuge E. am 20.03.2010 an alle Mitarbeiter der PI I. eine E-Mail mit der Frage nach dem Verbleib der Räder. Auch der Angeklagte erhielt diese E-Mail am nächsten oder übernächsten Tag, beantwortete sie jedoch nicht. Vielmehr montierte er daraufhin die zwei Winterräder wieder ab und lagerte sie in seiner Garage ein. Bis zum 22.03. war er noch mit seinem Fahrzeug mit den entwendeten Winterrädern täglich auf den Bedienstetenparkplatz der PI I. gefahren. Am 22.03.2010 fielen diese Räder daraufhin dem Wagenpfleger H. auf. Dieser erzählte am 23.03. auf seiner Dienststelle, dass er einen dunklen 3-er BMW mit solchen Rädern gesehen habe. Der Verdacht fiel erstmals auf den Angeklagten. Zu diesem Zeitpunkt war sein Fahrzeug aber nicht auf dem Parkplatz, zwei Beamte fuhren daher seine Heimatadresse an und bemerkten dort den PKW des Angeklagten, auf dem aber nunmehr andere Räder aufgezogen waren.

Am 09.04. erstattete der Zeuge E. daher Anzeige auf seiner Dienststelle wegen der Räder. Im Zuge der Ermittlungen wurde die Beobachtung des Zeugen H. bekannt, am 16.04. wurde für das Anwesen des Angeklagten ein Durchsuchungsbeschluss erwirkt, der dem Angeklagten bei Dienstantritt am 19.04.2010 eröffnet wurde. Er gab zu, die Reifen zu haben, anschließend wurde sein Wohnanwesen angefahren, dort gab er zwei der Räder aus seiner Garage heraus mit der Behauptung, sie seien nur geliehen. Das dritte Rad wies der Angeklagte in einer angrenzenden Werkstatt vor. Die Räder konnten dem Geschädigten E. daraufhin wieder ausgehändigt werden.

2.

Der Angeklagte wurde daraufhin sofort vom Dienst suspendiert, er wurde aufgefordert, seine Ausrüstungsgegenstände, u. a. auch nicht abgerechnetes Verwarnungsgeld, auszuhändigen. Der Dienststellenleiter W. begleitete den Angeklagten zu diesem Zweck in sein Büro. Daraufhin entnahm der Angeklagte aus seinem Schrank zwei Verwarnungsblöcke und begann damit, Verwarnungsbeträge in die Sammellisten nachzutragen. Auf die Frage nach dem Verwarnungsgeld antwortete der Angeklagte, darauf käme es jetzt auch nicht mehr an. Später holte der Angeklagte aus seiner Dienstjacke sechs Scheine á 50,- € und legte diese vor.

Der Angeklagte hat die eingenommenen Verwarnungsgelder nicht abgeliefert, sondern für eigene Zwecke gebraucht. Bis zur Suspendierung hatte der Angeklagte zwei Verwarnungsblöcke mit jeweils 25 Verwarnungszetteln. Ein Block umfasste gebührenpflichtige Verwarnungen bis 20,- €, der weitere Block bis 35,- €. Gemäß einer dienstlichen Weisung, die zur Verdeutlichung auf jedem Block aufgedruckt ist, sind die vereinnahmten Verwarnungsgelder abzurechnen:

1. Mindestens einmal monatlich,

2. wenn der Betrag von 250,- € erreicht ist,

3. spätestens jedoch, wenn der Block verbraucht ist.

Die Verwarnungsgelder und Verwarnungsblöcke sind durch den betreffenden Bediensteten nach Dienstende ausnahmslos in den dienstlich gelieferten Stahlfachschränken unter Verschluss zu halten, Kleiderschränke, Schreibtische, Aktentaschen und dergleichen sind keine geeigneten Aufbewahrungsorte. Verwarnungsgelder dürfen nicht mit privatem Geld vermischt werden. Während des Streifendienstes ist nur notwendiges Wechselgeld, höchstens 50,- € mitzuführen. Der verbleibende Restbetrag ist, wie oben erwähnt, aufzubewahren. Die Höhe der abzurechnen Verwarnungsgelder ist auf dem Abrechnungsblatt einzutragen. Bei Abrechnung der Verwarnungsgelder hat die Dienststelle den Erhalt gegenzuzeichnen. Nicht verbrauchte, verschriebene oder entwertete Verwarnungsbescheinigungen sind vollständig an die Dienststelle zurückzureichen. Dies war dem Angeklagten bekannt, er hielt sich jedoch in keiner Weise an die Anweisungen.

Die Handhabung erfolgt so, dass bei Erteilung einer gebührenpflichtigen Verwarnung ein entsprechender Vordruck abgerissen und ausgefüllt wird und sodann dieser Betrag auf dem verbleibenden Abrechnungsblatt eingetragen wird. Bereits dies unterließ der Angeklagte. Zuständigkeitsbedingt hatte der Angeklagte zunächst wenig mit gebührenpflichtigen Verwarnungen zu tun, weswegen Abrechnungen nur in größeren Abständen erfolgten. Der Zeuge E., der für die Abrechnungen zuständig war, verzichtete auf monatliche Abzeichnung, wenn überhaupt keine Verwarnung ausgestellt worden war, was beim Angeklagten über lange Zeit der Fall war.

Ab 01.09.2009 hatte der Angeklagte jedoch in der Tagschicht des Öfteren unter anderem mit Laser-Geschwindigkeitsmessungen zu tun, ab diesem Zeitpunkt fielen öfters gebührenpflichtige Verwarnungen an. Gleichwohl hatte der Angeklagte den Block mit den Verwarnungen bis 20,- € zuletzt am 17.11.2008 abgerechnet, den Block mit Verwarnungen bis zu 35,- € am 01.09.2009. Ab diesem Zeitpunkt waren bis zur Suspendierung am 19.04.2010 Verwarnungsgelder in Höhe von 640,- € aufgelaufen, die der Angeklagte weder in die Abrechnungsblätter eingetragen, noch abgerechnet oder abgeliefert hatte. Abzüglich der am 19.04. übergebenen 300,- € hat der Angeklagte bis heute 340,- € nicht abgeliefert. Dem Dienstherrn entstand hierdurch entsprechender Schaden zuzüglich Zinsschaden.“

Dem Beklagten wurde mit Beschluss vom 9. Januar 2012 zur Bewährungsauflage gemacht, binnen 1 Monat nach Rechtskraft des Urteils 340,- € Verwarnungsgelder an den Kläger zu zahlen. Auf Anforderung des Klägers vom 20. Juni 2012 zahlte der Beklagte den ausstehenden Betrag im Juli 2012 zurück.

3. Soweit dem Beklagten weiter zur Last gelegt worden war, unter Vortäuschung vorhandener Zahlungsfähigkeit in fünf sachlich zusammentreffendenden Fällen Leistungen einer Tierärztin in Anspruch genommen, aber nicht bezahlt zu haben und dadurch tatmehrheitlich einen Betrug begangen zu haben (§§ 263, 53 StGB), wurde das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.

III.

Am 22. April 2010 leitete das Polizeipräsidium S. aufgrund der strafrechtlich verfolgten Taten gegen den Beklagten gemäß Art. 19 Abs. 1 BayDG ein Disziplinarverfahren ein und setzte dieses gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayDG bis zum Abschluss des Strafverfahrens aus. Zugleich wurde mit sofortiger Wirkung das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 BeamtStG ausgesprochen.

Der Beklagte wurde am 22. April 2010 vom Polizeipräsidium S. persönlich angehört. Er wurde nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 BayDG über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens informiert und nach Art. 22 Abs. 1 Satz 3 BayDG über seine Rechte im Disziplinarverfahren belehrt. Ihm wurde gemäß Art. 22 Abs. 1 Satz 2 BayDG eröffnet, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt werde. Dabei wurde er u. a. darauf hingewiesen, dass sich ein Fehlbetrag an Verwarnungsgeldern in Höhe von 340,- € ergeben habe. Der Beklagte erklärte, keine Angaben zu machen.

Am 26. April 2010 wurde das Disziplinarverfahren gemäß Art. 35 Abs. 3 BayDG vom Polizeipräsidium M. als Disziplinarbehörde übernommen.

Mit Verfügung des Polizeipräsidiums M. vom 13. März 2012, dem Beklagten zugestellt am 16. März 2012, wurde das Disziplinarverfahren fortgesetzt und gemäß Art. 21 BayDG auf den Vorwurf der Verschuldung aufgrund von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen über insgesamt 28.610,37 € ausgedehnt. Der Beklagte erhielt Gelegenheit, sich dazu sowie zur beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung und Einbehaltung der Bezüge nach Art. 39 BayDG zu äußern. Die Frist wurde am 20. März 2012 telefonisch bis 1. Mai 2012 verlängert. Mit Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 2. Mai 2012 äußerte sich der Beklagte zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen.

Mit Verfügung des Polizeipräsidiums M. vom 29. August 2012 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und die Einbehaltung von 5% seiner Dienstbezüge angeordnet.

Mit Schreiben des Polizeipräsidiums M. vom 30. Oktober 2012 erhielt der Beklagte Gelegenheit zur abschließenden Äußerung binnen 1 Monat gemäß Art. 32 Satz 1 BayDG. Zudem wurde er über die Möglichkeit der Beteiligung des Personalrats nach Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 BayPVG belehrt. Er äußerte sich nicht.

Am 6. Februar 2013 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

Der Beklagte rügte innerhalb der Frist des Art. 53 Abs. 1 BayDG, die Pflicht zur abschließenden Anhörung nach Art. 32 Satz 1 BayDG sei verletzt worden, da im Schreiben vom 30. Oktober 2012 nicht dargelegt worden sei, welche Ermittlungen angestellt worden seien. Entgegen der Bestimmung des Art. 23 BayDG habe die Disziplinarbehörde nur Feststellungen zulasten des Beklagten getroffen und keine entlastenden Umstände ermittelt. Sie habe sich nur auf die Bewertung durch das Strafgericht und das Landesamt für Finanzen verlassen, ohne eigene Ermittlungen durchzuführen. Hinsichtlich der Ausdehnung des Disziplinarverfahrens wegen der Pfändungen sei dem Beklagten auch keine angemessene Äußerungsfrist eingeräumt worden. Das Disziplinarverfahren sei deshalb fehlerhaft und einzustellen.

Mit Urteil vom 25. Juni 2013, dem Bevollmächtigten des Beklagten zugestellt am 6. August 2013, hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Disziplinarverfahren weise in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Der Beklagte sei zu allen Verfahrensschritten gehört worden. Die Frist zur Stellungnahme hinsichtlich der Pfändungen sei angemessen verlängert worden. Der Beklagte habe die Gelegenheit, sich abschließend zu äußern, aber nicht wahrgenommen. Auch die Klageschrift entspreche den Vorgaben der Art. 58, 53 Abs. 1 BayDG. Die dem Beklagten zur Last gelegten Dienstvergehen stünden zur Überzeugung des Gerichts fest. Aufgrund der Bindungswirkung der Strafurteile stehe fest, dass der Beklagte zwischen 27. Januar und 3. Februar 2010 siebenmal mit Dienstfahrzeugen gefahren sei, ohne im Besitz der Fahrerlaubnis zu sein, sowie, dass er drei Winterreifen eines Kollegen entwendet und Verwarnungsgelder vereinnahmt und nicht abgerechnet, sondern diese für sich persönlich verwendet habe. Aus den Akten folge, dass der Beklagte unstreitig auch Forderungen nicht beglichen habe. Durch die den strafrechtlichen Verurteilungen zugrunde liegenden Taten habe der Beklagte ein äußerst schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen begangen und die ihm obliegende Pflicht verletzt, die Gesetze zu beachten. Die Schulden stellten zwar eine außerdienstliche Pflichtverletzung dar, begründeten aber gleichfalls ein Dienstvergehen, da das Verhalten geeignet sei, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. In erster Linie falle ins Gewicht, dass der Beklagte ihm dienstlich anvertrautes Geld entwendet habe. Nahezu gleichwertig sei der Kollegendiebstahl zu bewerten. Dass der Beklagte das gegen ihn verhängte Fahrverbot missachtet habe und sogar mit Dienstfahrzeugen gefahren sei, sei ebenfalls sehr gravierend. Hinzu kämen die privaten Schulden, die zeigten, dass der Beklagte seine finanzielle Lage nicht im Griff habe. Der Diebstahl dienstlich anvertrauten Geldes stelle sich als ein Zugriffsdelikt dar, das disziplinarrechtlich den endgültigen Verlust des Vertrauens des Dienstherrn zur Folge habe. Gleiches gelte für den Kollegendiebstahl. Schon diese beiden Taten rechtfertigten die Entfernung aus dem Dienst. Auch der Verstoß gegen das Fahrverbot sei äußerst schwerwiegend. Wesentliche Milderungsgründe lägen nicht vor. Zugunsten des Beklagten sei zwar seine bisherige disziplinar- und strafrechtliche Unbescholtenheit zu würdigen. Der Beklagte habe sich 2009/2010 auch in einer schwierigen finanziellen und familiären Situation befunden. Die vom Beklagten verübten Dienstpflichtverletzungen, die ihre Ursache in einer persönlichen Krise und in der desolaten Finanzlage des Beklagten hätten, seien jedoch keine Folge einer Ausnahmesituation, und führten deshalb zum endgültigen Vertrauensverlust.

Der Beklagte hat hiergegen am 5. September 2013 Berufung einlegen lassen und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 25.06.2013 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen, hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.

Die Berufung wurde mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 4. Oktober 2013 wie folgt begründet: Das Verwaltungsgericht sei von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, indem es die vom Strafgericht getroffenen Feststellungen zugrunde gelegt habe. Der Beklagte sei erst auf die Berufung der Staatsanwaltschaft vom Landgericht verurteilt worden, während er vom Amtsgericht noch freigesprochen worden sei. Dieses habe einen Diebstahl zulasten des Kollegen nicht als erwiesen angesehen, sondern sei nur von einem „furtum usus“ ausgegangen, weil sich der Beklagte die Reifen lediglich habe ausleihen wollen. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass die Reifen einem Kollegen gehörten. Dieser hätte dem Beklagten seine Reifen auch überlassen, wenn er ihn gefragt hätte. Der Kläger müsse sich fragen lassen, warum er die Lagerung privater Gegenstände auf dem Dienstgelände zugelassen und nicht unterbunden habe. Hinsichtlich der Abrechnung von Verwarnungsgeldern sei das Amtsgericht davon ausgegangen, dass selbst bei Vermischung mit privatem Geld ein diesbezüglicher Vorsatz fraglich sei. Insoweit habe es beim Beklagten auch nie Unregelmäßigkeiten gegeben. Der Vorgesetzte habe sich die Abrechnungsblöcke nur einmal im Jahr vorlegen lassen. Völlig aus der Luft gegriffen sei, dass der Beklagte die Verwarnungsgelder für eigene Zwecke verwendet habe. Hierzu seien keine Feststellungen getroffen worden. Mit der unterlassenen Abrechnung habe der Beklagte ggf. gegen dienstliche Weisungen verstoßen, aufgrund der jahrelang geduldeten vorschriftswidrigen Abrechnungspraxis sei dem Dienstherrn jedoch ein erheblicher Anteil hieran zuzuschreiben. Dieser habe dem Beklagten auch eine Abrechnung der Verwarnungsgelder verwehrt, indem er ihm die Blöcke weggenommen habe, bevor dieser den genauen Betrag feststellen und dem Notizblock in seinem Diensthemd hätte entnehmen können. Diesbezüglich gehe das Verwaltungsgericht von einem Diebstahl dienstlich anvertrauten Geldes aus, während der Beklagte vom Strafgericht wegen Untreue verurteilt worden sei. Da das Verwaltungsgericht darin die schwerste Verfehlung sehe, die zur Verhängung der Höchstmaßnahme führe, leide das Urteil daher an einem erheblichen Mangel. Bezüglich des Fahrverbots habe der Beklagte nicht vorsätzlich gehandelt, sondern dieses schlichtweg „verbummelt“.

Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht die für den Beklagten sprechenden erheblichen Milderungsgründe nicht zutreffend gewürdigt. Die dem Beklagten zur Last gelegten Pfändungen seien nur Folge einer vorübergehenden wirtschaftlichen Überforderung gewesen. Der Beklagte habe zwischen Ende 2009 und Ende 2010 das Ende seiner dritten Ehe, aus der vier Kinder hervorgegangen seien, verkraften müssen. Er habe sich deshalb zu dieser Zeit in einer psychischen und finanziellen Ausnahmesituation befunden. Infolge der Scheidung sei er über einen begrenzten Zeitraum hohe Zahlungsverpflichtungen eingegangen und so in eine unverschuldete ausweglose wirtschaftliche Notlage geraten. Er habe sich ständigen psychischen Anfeindungen seiner Ex-Ehefrau sowie finanziellen Forderungen von allen Seiten ausgesetzt gesehen. Dadurch habe sich bei ihm eine vorübergehende psychische Überlastung sowie Resignation ausgebreitet. Er habe in dieser Zeit insbesondere an Schlaflosigkeit und Konzentrationsschwächen sowie an einem Bandscheibenvorfall im HWS-Bereich gelitten. Er sei inzwischen eine neue Ehe eingegangen und habe seitdem seine privaten und wirtschaftlichen Verhältnisse wieder im Griff. Er lebe in einer stabilen Partnerschaft und pflege regelmäßige und gute Kontakte zu seinen Familien. Ein erneutes Fehlverhalten sei nicht mehr aufgetreten und auch zukünftig nicht zu besorgen. Das Persönlichkeitsbild des Beklagten sei ausgesprochen positiv, es handle sich bei ihm um einen „im Kern“ auch absolut verlässlichen Polizeibeamten.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat am 21. Januar 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

Mit Beschluss vom 21. Januar 2015 hat der Senat das Disziplinarverfahren gemäß Art. 54 Satz 1 BayDG beschränkt und den Sachverhalt der Verschuldung als eigenes Dienstvergehen ausgeschieden.

Zu Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Dem Senat haben die Strafverfahrensakten sowie die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums M. und die Personalakten des Beklagten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht gemäß Art. 11 BayDG aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

Soweit der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren wegen behaupteter Verfahrensfehler die Einstellung des Disziplinarverfahrens beantragt hat, hat das Verwaltungsgericht zu Recht das Vorliegen formeller Mängel verneint.

Die Anhörungspflicht wurde nicht verletzt. Der Beklagte hatte vielmehr in sämtlichen Verfahrensstadien Gelegenheit, sich zu den gegenüber ihm erhobenen Vorwürfen zu äußern. So wurde er am 22. April 2010 durch das Polizeipräsidium S. angehört und nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 BayDG von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens informiert, ihm wurde auch gemäß Art. 22 Abs. 1 Satz 2 BayDG eröffnet, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt werde, er wurde weiter nach Art. 22 BayDG Abs. 1 Satz 3 über seine Rechte im Disziplinarverfahren belehrt. Mit Verfügung des Polizeipräsidiums M. vom 13. März 2012, durch die das gegen ihn geführte Disziplinarverfahren auf den Vorwurf der Verschuldung ausgedehnt wurde, erhielt er nach Art. 22 Abs. 2 Satz 1 BayDG Gelegenheit, sich hierzu bis 20. März 2012 zu äußern, diese Frist wurde am 20. März 2012 telefonisch nach Art. 22 Abs. 2 Satz 2 BayDG bis 1. Mai 2012 und damit jedenfalls angemessen verlängert. Mit Schreiben des Polizeipräsidiums M. vom 30. Oktober 2012 erhielt er nach Art. 32 Satz 1 BayDG Gelegenheit zur abschließenden Äußerung innerhalb einer angemessenen Frist von 1 Monat.

Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang rügt, dass die Disziplinarbehörde entgegen Art. 23 BayDG nur Feststellungen zulasten des Beklagten getroffen und keine entlastenden Umstände ermittelt habe, trifft dies nicht zu. Sie hat neben der Feststellung der Tathandlungen auch das Persönlichkeitsbild des Beklagten und dessen bisherige straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit berücksichtigt.

Wenn der Beklagte weiter bemängelt, dass sich die Disziplinarbehörde dabei nur auf die Bewertung durch das Strafgericht verlassen habe, ohne eigene Ermittlungen durchzuführen, waren solche auch nicht veranlasst. Die Disziplinarbehörde ist nach Art. 23 Abs. 1 BayDG verpflichtet, zur Aufklärung des Sachverhalts die belastenden, die entlastenden und die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bedeutsamen Umstände zu ermitteln. Von Ermittlungen ist aber abzusehen, soweit der Sachverhalt aufgrund der Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren feststeht (Art. 23 Abs. 2 Satz 1 BayDG).

Jedenfalls hatte der behauptete Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens keine Auswirkungen auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens, weil das Verwaltungsgericht den Beklagten entlastende Umstände in seiner Entscheidung berücksichtigt hat. Ein wesentlicher Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens i. S. d. Art. 53 Abs. 1 BayDG mit der Folge der Einstellung des Disziplinarverfahrens nach Art. 53 Abs. 3 Satz 3 BayDG, sofern der Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist beseitigt wird, liegt nur vor, wenn sich nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass der Mangel sich auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben kann (vgl. BVerwG, U. v. 24.6.2010 - 2 C 15/09 - juris Rn. 19). Dies war hier nicht der Fall, da das Verwaltungsgericht im Rahmen der Amtsermittlung nach Art. 56 Abs. 1, 3 BayDG i. V. m. § 86 Abs. 1 VwGO von sich aus zur Berücksichtigung entlastender Gesichtspunkte verpflichtet war, so dass die Sachverhaltsdarstellung im Anhörungsscheiben bzw. in der Disziplinarklage nur Ausgangspunkt eigener Ermittlungen des Verwaltungsgerichts war.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist auch zur Überzeugung des Senats erwiesen.

1. Der dem Beklagten im Disziplinarverfahren zur Last gelegte Sachverhalt, wie er den rechtskräftigen Urteilen des Landgerichts K. vom 15. November 2010 sowie 9. Januar 2012 zugrunde liegt, steht nach Art. 25 Abs. 1, Art. 55 Hs. 1, Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Danach sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, das denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betrifft, auch im Berufungsverfahren bindend.

Der Bindung unterliegen die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts, die den objektiven und subjektiven Tatbestand der verletzten Strafnorm, die Rechtswidrigkeit der Tat, das Unrechtsbewusstsein (§ 17 StGB) sowie die Frage der Schuldfähigkeit gemäß § 20 StGB betreffen. Hierzu gehören nicht nur die äußeren Aspekte des Tathergangs, sondern auch die Elemente des inneren Tatbestandes wie etwa Vorsatz oder Fahrlässigkeit sowie Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht (BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris Rn. 36).

Aufgrund des Urteils des Landgerichts K. vom 15. November 2010 steht fest, dass der Beklagte zwischen 26. Januar 2010 und 3. Februar 2010 vorsätzlich und schuldhaft siebenmal mit Dienst-Kfz auf öffentlichen Straßen gefahren ist, obwohl er wusste, dass aufgrund eines Bußgeldbescheides für ihn ein Fahrverbot bestand.

Aufgrund des Urteils des Landgerichts K. vom 9. Januar 2012 steht weiter fest, dass der Beklagte Anfang Februar 2010 vorsätzlich und schuldhaft drei von seinem Kollegen E. auf dem Gelände der PI I. gelagerte PKW-Reifen in der Absicht, sich diese rechtswidrig zuzueignen, entwendet und zwei der Räder für eigene Zwecke gebraucht hat, sowie dass er vorsätzlich und schuldhaft zwischen 17. November 2008 und 19. April 2010 von ihm vereinnahmte Verwarnungsgelder in Höhe von 340,- € weder in die Abrechnungsblätter eingetragen noch abgerechnet oder abgeliefert hat, sondern für eigene Zwecke gebraucht hat, wodurch dem Kläger ein Schaden in entsprechender Höhe entstanden ist.

Der Beklagte wurde aufgrund dieses Sachverhalts wegen vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots (§§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, 53 StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen á 20,- € sowie wegen Diebstahls in Tatmehrheit mit Untreue (§§ 242 Abs. 1, 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 4, 53 StGB) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Der Senat hat keinen Anlass, sich aufgrund des Vorbringens des Beklagten von den Feststellungen des Strafgerichts zu lösen (Art. 55 Hs. 2 i. V. m. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Die Disziplinargerichte sind nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils i. S. d. Art. 25 Abs. 1 BayDG zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn diese offenkundig unrichtig sind und sie daher „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen in Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen, aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig oder in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Hierunter fällt auch, dass das Strafurteil auf einer Urteilsabsprache beruht, die den rechtlichen Anforderungen nicht genügt. Darüber hinaus kommt eine Lösung in Betracht, wenn Beweismittel eingeführt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen seine Tatsachenfeststellungen jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen (BVerwG, B. v. 15.5.2013 - 2 B 20/12 - juris Rn. 8; BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris Rn. 38).

Wird das Vorliegen der genannten Voraussetzungen geltend gemacht, so sind die Disziplinargerichte erst dann befugt, dem Vorbringen weiter nachzugehen und über eine Lösung zu entscheiden, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist. Nur pauschale Behauptungen oder bloßes Bestreiten genügen hierfür nicht. Es müssen vielmehr tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit i. S. d. Art. 55 Hs. 2 BayDG ergeben kann (BVerwG, B. v. 26.8.2010 - 2 B 43/10 - juris Rn. 6).

Insoweit reicht die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen objektiv oder subjektiv auch anders gewesen sein könnte oder dass man dieses anders als das Strafgericht beurteilen könnte, für einen Lösungsbeschluss nicht aus (BayVGH, U. v. 5.2.2014 - 16a D 12.2494 - juris Rn. 30; U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 103).

Soweit der Beklagte hinsichtlich des Fahrens trotz Fahrverbots behauptet hat, er habe nicht vorsätzlich gehandelt, sondern das Fahrverbot „verbummelt“, d. h. dieses vergessen bzw. sich lediglich um einige Tage über dessen Beginn geirrt, handelt es sich ersichtlich um eine reine Schutzbehauptung. Seine Einlassung wird bereits dadurch widerlegt, dass er mit Schreiben des Regierungspräsidiums K. vom 8. September 2009 auf die bestehenden Fristen und Termine und mit Mahnung vom 5. November 2009 ausdrücklich auf den Beginn des Fahrverbots am 26. Januar 2010 sowie Mitte Januar 2010 durch seinen Vorgesetzten PHK H. persönlich auf den Antritt des Fahrverbots hingewiesen wurde. Ein etwaiger Irrtum über den Beginn des Fahrverbots wäre jedenfalls durch eine Rückfrage beim Regierungspräsidium K. vermeidbar gewesen.

Soweit der Beklagte hinsichtlich des Reifendiebstahls und der Veruntreuung von Verwarnungsgeldern darauf verweist, dass er wegen dieser Vorwürfe erstinstanzlich vom Amtsgericht S. freigesprochen worden sei und dass das Landgericht K. seiner Entscheidung eine hiervon grundlegend abweichende tatrichterliche Überzeugungsbildung zugrunde gelegt habe, legt er keine Tatsachen dar, die eine offensichtliche Unrichtigkeit i. S. d. Art. 55 Hs. 2 BayDG begründen könnten, sondern macht sich lediglich die - in sich zudem auch widersprüchliche - Bewertung des Sachverhalts durch das Amtsgericht zu eigen, er habe die Reifen zwar entwendet, um sie für sich zu behalten, sowie 640,- € Verwarnungsgelder für sich behalten, aber insoweit ohne Zueignungsabsicht bzw. Vorsatz gehandelt. Die rechtskräftigen Feststellungen des Landgerichts, die auf einer eigenen Würdigung des Sachverhalts beruhen, sind auch dann bindend, wenn das Amtsgericht aufgrund einer anderen Bewertung des Sachverhalts zu einem hiervon abweichenden Ergebnis gekommen ist.

Selbst wenn man das Vorbringen des Beklagten als Angriff auf die Beweiswürdigung ansehen wollte, hat er nicht substantiiert dargetan, dass seine Verurteilung auf einer offenkundig unrichtigen oder unvertretbaren Würdigung des Sachverhalts beruht. Das Landgericht ist aufgrund der Beweisaufnahme nach § 244 StPO, zu welchem Zweck es erneut die Zeugen E. und W. sowie zusätzlich die Zeugen T. und B. vernommen und die Verwarnungsblöcke in Augenschein genommen hat, im Rahmen seiner Beweiswürdigung nach § 261 StPO vertretbar zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte durch sein Verhalten einen Diebstahl sowie eine Untreue begangen hat. Die Entscheidung des Landgerichts ist in den Urteilsgründen auch ausführlich und nachvollziehbar begründet worden.

Es hat sich dabei auch mit den im Rahmen des Disziplinarverfahrens wiederholten Einlassungen des Beklagten befasst und diese angesichts der Beweisaufnahme als widerlegt angesehen (UA S. 6-10). Am Vorliegen eines vollendeten Diebstahls ändert demgemäß nichts, dass der Beklagte erklärt hat, nicht gewusst zu haben, dass die Reifen einem Kollegen gehörten, bzw. dass er angegeben hat, er habe sich diese lediglich ausleihen wollen. Auch die Tatsache, dass der Zeuge E. bekundet hat, dass er dem Beklagten die Reifen überlassen hätte, wenn dieser ihn vorher gefragt hätte, führt deshalb nicht dazu, dass man nur von einem „furtum usus“ ausgehen könnte.

Auch die Einlassung, der Beklagte habe - neben 300,- €, die er in seiner Dienstjacke aufbewahrt und übergeben habe - weitere Gelder in einem Notizblock in seinem Diensthemd gehabt, das jedoch die von ihm vereinnahmten Verwarnungsgelder überstiegen habe, weil sich Wechselgeld dabei befunden habe, so dass er es erst nach ordnungsgemäßer Abrechnung herausgeben habe wollen, hat das Landgericht als widerlegt erachtet, nachdem der Zeuge W. angegeben hat, der Beklagte habe bei Abgabe der Verwarnungsblöcke nichts von weiteren Verwarnungsgeldern gesagt. Damit steht fest, dass er 340,- € Verwarnungsgelder nicht abgerechnet und abgeliefert, sondern für eigene Zwecke gebraucht hat. Dies lag aufgrund der hohen Schulden des Beklagten - nach Angaben des Zeugen T. insgesamt über 429.000,- € - auch nahe, auch wenn Beklagte dies in Abrede gestellt hat. Dass er keine genaue Kenntnis von den vereinnahmten Verwarnungsgeldern gehabt haben will, spricht gerade für eine Vermischung mit privaten Geldern.

Diese Feststellungen vermag der Beklagte auch nicht dadurch substantiiert in Zweifel zu ziehen, wenn er behauptet, man habe ihm eine Abrechnung verwehrt und ihm die Blöcke weggenommen, bevor er den genauen Betrag feststellen und diesen seinem Diensthemd hätte entnehmen können. Es ist nicht glaubhaft, dass der Beklagte die von ihm vereinnahmten Gelder - ggf. auch mitsamt Wechselgeld - nicht bereits bei der Abgabe der Blöcke vollständig offen gelegt hat, wenn er damals mehr als die 300,- € bei sich gehabt hätte. Ein etwaiges Wechselgeld hätte er auch nach erfolgter Abrechnung durch seine Dienststelle zurückbekommen. Die Angaben, er habe das Geld im Diensthemd aufbewahrt, sind auch nicht überprüfbar. Wenn er weiter erklärt, er habe noch am Nachmittag des 19. April 2010 zweimal beim Dienststellenleiter angerufen und diesen gefragt, welcher Betrag konkret fehlen würde, den dieser ihm aber nicht habe nennen wollen, gibt es hierfür ebenfalls keinen objektiven Nachweis.

Es erscheint auch nicht glaubwürdig, dass der Beklagte zwar noch am 19. April 2010 wegen der genauen Höhe der Verwarnungsgelder auf seiner Dienststelle angerufen haben will, im Rahmen der Hausdurchsuchung am gleichen Tag jedoch nicht offen gelegt hat, dass er noch Geld bei sich hatte. Denn selbst wenn man dabei als wahr unterstellt, dass der Beklagte das Geld nicht an seinen Vorgesetzten herausgeben wollte, ist nicht nachvollziehbar, dass er sich insoweit auch nicht den Kripo-Beamten, die die Hausdurchsuchung durchgeführt haben und denen er die entwendeten Reifen herausgegeben hat, anvertraut hat.

Entgegen seinen Angaben, er habe erstmals im Strafverfahren den genauen Betrag erfahren, wurde ihm dieser nachweislich bereits im Rahmen der Anhörung im Disziplinarverfahren am 22. April 2010 eröffnet. Der Senat geht deshalb davon aus, dass es sich bei der Geschichte mit dem weiteren Geld im Diensthemd lediglich um eine Schutzbehauptung handelt.

Vor diesem Hintergrund brauchte der Senat dem erstmals im Berufungsverfahren schriftsätzlich gestellten Beweisantrag des Beklagten, zu den Vorwürfen die Zeugen E. und W. zu vernehmen, auch im Rahmen der Amtsermittlung (Art. 56 Abs. 1, 63 Abs. 1 Satz 1, 3 BayDG i. V. m. § 86 Abs. 1 VwGO) nicht nachkommen. Damit hat der Beklagte keine neuen Beweismittel benannt, die die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in Frage stellen könnten, da die Zeugen bereits vom Landgericht vernommen und deren Aussagen im Rahmen der Beweiswürdigung bewertet wurden. Der anwaltlich vertretene Beklagte hat die Beweisanträge auch nicht in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wiederholt.

2. Soweit dem Beklagten überdies zur Last gelegt worden ist, sich privat verschuldet zu haben, wurden diese Handlungen durch Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2015 nach Art. 63 Abs. 1, Art. 54 Satz 1 BayDG aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden, weil sie für Art und Höhe der vorliegend zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht ins Gewicht fallen.

III.

Der Beklagte hat durch sein strafbares Verhalten ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen i. S. d. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen, weil er schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat. Er hat dadurch gegen seine Grundpflicht zur Achtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) sowie gegen seine Pflichten zur vollen Hingabe an den Beruf (§ 34 Satz 1 BeamtStG), zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen. Soweit er die Verwarnungsgelder entgegen der bestehenden Weisungslage nicht ordnungsgemäß abgerechnet und abgeliefert hat, hat er auch gegen die Pflicht verstoßen, dienstliche Anordnungen seiner Vorgesetzten auszuführen sowie allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG).

Bei den Untreuehandlungen im Zusammenhang mit dem vorschriftswidrigen Umgang mit Verwarnungsblöcken und eingenommenen Verwarnungsgeldern handelt es sich um ein innerdienstliches Dienstvergehen. Das Verhalten des Beklagten war kausal und logisch in sein ausgeübtes Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden. Es besteht ein Zusammenhang zwischen den Pflichtverletzungen und dem vom Beamten bekleideten Amt (vgl. BayVGH, U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 75).

Das gleiche gilt aber auch für die Entwendung der Reifen aus dem auf dem Dienstgelände der PI I. befindlichen verschlossenen Papierlager, zu dem sich der Beklagte nur unter missbräuchlicher Verwendung der ihm für dienstliche Zwecke zugänglichen Dienstwagen-/Werkstattschlüssel Zutritt verschaffen konnte. Er hat den Diebstahl dabei in Ausübung und nicht nur gelegentlich des Dienstes verübt, da ihm die Reifen lediglich im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich waren, so dass die Dienstpflichtverletzung als innerdienstlich zu bewerten ist (vgl. BVerwG, U. v. 15.9.1998 - 1 D 22/98 - juris Rn. 14).

Auch durch das mehrfache Fahren mit einem Dienstwagen trotz Fahrverbots hat der Beklagte ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen, da er sich in Ausübung des Dienstes zu dienstlichen Zwecken mit einem Dienstwagen fortbewegt hat (vgl. BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris Rn. 69).

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG.

Es hat - auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens - darüber hinaus die Folge, dass der Beklagte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat.

Unter diesen Voraussetzungen ist nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß Art. 11 BayDG zu erkennen.

1. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens.

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder ob es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht. Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist. Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen.

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Fallen einem Beamten - wie hier - mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.

2. Gemessen an diesen Grundsätzen gilt vorliegend Folgendes:

2.1 Die gravierendste Pflichtverletzung stellen die innerdienstlich verübten Untreuehandlungen dar. Der Beklagte hat ein schweres Dienstvergehen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG begangen, indem er ihm dienstlich anvertraute Verwarnungsgelder in Höhe von 340,- € veruntreut hat. Durch den Zugriff auf die dienstlich anvertrauten Gelder hat der Beklagte nicht nur beamtenrechtliche Nebenpflichten verletzt, sondern er hat im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten als Polizeivollzugsbeamter versagt.

Mit dem Kernbereich ist derjenige Pflichtenkreis des Beamten angesprochen, der im Mittelpunkt seines konkreten Amts im funktionellen Sinne (Dienstposten) steht. Zu den Kernpflichten eines mit der Einnahme und Behandlung von Verwarnungsgeldern betrauten Polizeibeamten gehört, dass dieser die ihm dienstlich anvertrauten Gelder ordnungsgemäß verwaltet und abrechnet. Der Dienstherr ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit eines solchen Beamten beim Umgang mit dienstlich anvertrauten Geldern angewiesen. Dies gilt umso mehr, als hier eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Polizeibeamten unmöglich ist. Sie muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden (st. Rspr. vgl. BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 47; U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 95).

Bei dem Zugriff auf die Verwarnungsgelder zur eigennützigen Verwendung handelt sich um ein Zugriffsdelikt im Sinne der Rechtsprechung der Disziplinargerichte. Ein Zugriffsdelikt im disziplinarrechtlichen Sinne liegt - und zwar unabhängig von seiner strafrechtlichen Einordnung als Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung - dann vor, wenn der Beamte dienstlich anvertraute Gelder oder Güter veruntreut hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist entscheidend, dass einem Beamten Gelder oder gleichgestellte Werte dienstlich anvertraut oder dienstlich zugänglich sind, weil maßgeblich für die disziplinarische Bewertung der Vertrauensbruch gegenüber dem Dienstherrn ist. Das ist hier der Fall. Mit der Vereinnahmung des Verwarnungsgelds durch den Beklagten gelangte dieses in dienstlichen Gewahrsam. Im Anschluss daran trat aufgrund des Untreuevorsatzes des Beklagten der Vermögensnachteil beim Kläger ein, dem das Verwarnungsgelder zusteht (BayVGH, U. v. 28.11.2012 - 16a D 11.958 - juris Rn. 47). Insoweit ist irrelevant, dass das Verwaltungsgericht einmal von Untreue, dann aber von „Diebstahl“ dienstlich anvertrauten Geldes gesprochen hat.

Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solcher Pflichtverstoß regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören, so dass die Entfernung aus dem Dienst Ausgangspunkt der disziplinarrechtlichen Einstufung ist, sofern die veruntreuten Beträge die Schwelle der Geringfügigkeit deutlich übersteigen. Ein Zugriff auf dienstliche Gelder in geringer Höhe, die zu einer Milderung führen kann, ist bei Veruntreuung von 340,- € zu verneinen. Die Grenze der Geringwertigkeit ist grundsätzlich bei 50,- € anzusetzen (BayVGH, U. v. 28.11.2012 a. a. O. juris Rn. 48).

Zwar kann bei einem nur einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200,- € ernsthaft in Betracht zu ziehen sein, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 48; U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 96). Auch diese Grenze ist hier jedoch bei weitem überschritten.

Jedenfalls liegt kein lediglich einmaliges Fehlverhalten vor, das ein Restvertrauen in den Beklagten begründen könnte, da der Beklagte neben der Veruntreuung von Verwarnungsgeldern mit dem Reifendiebstahl und dem Fahren trotz Fahrverbots noch weitere, ebenfalls schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen begangen hat.

Die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben. Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen.

Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 41; U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 90).

Die bei Zugriffsdelikten in den Blick zu nehmenden Milderungsgründe führen jedoch ebenfalls zu keiner anderen Bewertung.

(1) Anhaltspunkte für das Vorliegen der vom Beklagten behaupteten unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage liegen nicht vor.

Dieser Milderungsgrund setzt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Beamte in einer für ihn unverschuldeten und ausweglosen finanziellen Notlage zur Abwendung der für ihn existentiell spürbaren Folgen zeitlich begrenzt ein Zugriffsdelikt begangen hat. Die mildere Bewertung des Fehlverhaltens hat ihren Grund darin, dass der betroffene Beamte in einer Konfliktsituation versagt hat, in der er keinen anderen Ausweg als den Zugriff auf dienstlich anvertrautes Geld gesehen hat, um den notwendigen Lebensbedarf für sich und seine Familie zu sichern. Eine solche Konfliktsituation kann aber nur dann als Ursache des Fehlverhaltens anerkannt werden und zu einer Milderung führen, wenn es sich um ein vorübergehendes, zeitlich und zahlenmäßig eng begrenztes Fehlverhalten gehandelt hat; wiederholte Zugriffshandlungen über einen längeren Zeitraum erfüllen diese Voraussetzungen nicht (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 50).

Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Abgesehen davon, dass es sich nicht um ein einmaliges oder kurzfristiges Fehlverhalten handelte, da die Veruntreuungen über einen längeren Zeitraum (17. November 2008 bis 19. April 2010) erfolgten, hat der Beklagte nicht dargelegt, dass er die von ihm veruntreuten 340,- € - trotz der von ihm angehäuften Schulden von zeitweilig über 429.000,- € - für den Lebensbedarf seiner Familie benötigt hätte. Im Gegenteil hat er in Abrede gestellt, die fehlenden Verwarnungsgelder für eigene Zwecke gebraucht zu haben. Zudem kann angesichts der durch den Beklagten eingegangenen zahlreichen finanziellen Verpflichtungen im Zeitpunkt seiner dritten Scheidung jedenfalls auch nicht von einer unverschuldeten Notlage ausgegangen werden, da der Beklagte die Überschuldung selbst herbeigeführt hat. Er hat - wie zahlreiche Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zeigen - in der Vergangenheit erhebliche Schulden aufgehäuft und sich trotzdem für einen Hauskauf mit seiner jetzigen vierten Ehefrau zusätzlich in Höhe von 200.000,- € verschuldet, auch wenn dem der Wert des Hauses gegenüber steht.

Zudem gibt es auch keinen Nachweis dafür, dass der Beklagte inzwischen tatsächlich schuldenfrei wäre bzw. Schulden in erheblichem Umfang abgebaut hätte, auch wenn er vorgetragen hat, er habe seine finanzielle Lage inzwischen wieder unter Kontrolle.

(2) Auch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Milderungsgrund der überwundenen negativen Lebensphase vorliegen könnte, bestehen nicht.

Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Zu prüfen ist, ob das jeweilige Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder aber als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer Ausnahmesituation davon abweicht. Auch müssen die negativen Lebensumstände eine gravierende Ausnahmesituation - über das hinausgehend, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen kann - begründen. Vor dem Hintergrund, dass ein Zugriffsdelikt in der Regel die Entfernung aus dem Dienst nach sich zieht, sind im Übrigen die Voraussetzungen für das Vorliegen einer disziplinarrechtlich erheblichen negativen Lebensphase nur in individuellen Extremsituationen erfüllt (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 64).

Davon ausgehend lag beim Beklagten eine entsprechende negative Lebensphase nicht vor. Auch wenn der Beklagte sich zwischen Ende 2009 und Ende 2010 infolge der Scheidung seiner dritten Ehe, aus der vier Kinder hervorgegangen sind, in einer psychisch und finanziell schwierigen Situation befunden hat, sind die vom Beklagten dargelegten Lebensumstände sind nicht von solchem Gewicht, dass sie die über einen längeren Zeitraum begangenen schweren Verfehlungen in einem milderen Licht erscheinen ließen. Solche familiären und finanziellen Schwierigkeiten können nämlich grundsätzlich jeden treffen und sind nicht geeignet, eine derart gravierende Ausnahmesituation zu begründen, die zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme führt. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Beklagte sich 2009/2010 in einer schwierigen Lebensphase befand, die durch das Auseinandergehen seiner Ehe und die hohen Schulden belastet war. Auch wenn der Beklagte inzwischen erneut in einer stabilen Partnerschaft lebt und regelmäßige und gute Kontakte zu seinen Familien pflegt, kann nicht ohne weiteres von einer überwundenen negativen Lebensphase ausgegangen werden, die ein erneutes Fehlverhalten zukünftig nicht mehr besorgen ließe. Jedenfalls liegen - wie eben ausgeführt - keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich um eine lediglich vorübergehende Phase gehandelt und der Beklagte seine schwierige finanzielle Situation tatsächlich überwunden hätte, da nachprüfbare Angaben über seinen derzeitigen Schuldenstand fehlen.

(3) Wenn der Beklagte weiter vorträgt, sich in einer psychischen Ausnahmesituation befunden zu haben, setzt dieser Milderungsgrund eine seelische Zwangssituation voraus, die durch ein unvorhergesehenes Ereignis ausgelöst worden ist, das schockartig auf den Beamten eingewirkt und zu einer für einen derartigen Zustand typischen Fehlreaktion geführt hat. Hierfür reicht eine allgemein Anspannung mit schwierigen familiären oder finanziellen Verhältnissen oder eine subjektiv als solche empfundene Ausweglosigkeit nicht aus (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 56). Die prekäre finanzielle Situation war dem Beklagten auch seit langem bekannt. Dennoch hat er weiter erhebliche Schulden angehäuft.

(4) Auch Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte aufgrund einer vorübergehenden psychischen Überlastung im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit i. S. d. §§ 20, 21 StGB gehandelt hätte, liegen nicht vor. Der bloße, nicht durch z. B. ärztliche Atteste belegte Hinweis auf Schlaflosigkeit sowie Konzentrationsschwächen führt auch nicht dazu, dass der Senat dem im Rahmen der Amtsermittlung nachgehen müsste (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 55).

(5) Auch der weitere bei Zugriffsdelikten anerkannte Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden und einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen des Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, kann nicht herangezogen werden. Die mildere Bewertung knüpft hier daran, dass der Beamte der Situation nicht gewachsen war und ihr im Sinne einer Kurzschlusshandlung spontan erlegen ist. In einer solchen Lage befand sich der Beklagte bei den Taten nicht. Vielmehr gehört es zu den selbstverständlichen Pflichten eines Polizeibeamten, Verwarnungsgelder zu vereinnahmen und ordnungsgemäß mit ihnen umzugehen. Eine spezifische, noch dazu einmalige Versuchungssituation bestand für den Beklagten mithin nicht (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 58).

(6) Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstiger Persönlichkeitsprognose, die grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. Der Beklagte hat weder vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart noch den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 59). Die Rückzahlung des Restgelds über zwei Jahre nach der Tat führt zu keiner durchgreifenden Milderung.

(7) Eine erhebliche Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit folgt auch nicht aus dem von ihm behaupteten Mitverschulden des Dienstherrn. Zwar ist nicht zu übersehen, dass die Pflicht des Beklagten zur monatlichen Abrechnung vereinnahmter Verwarnungsgelder hier durch die Vorgesetzten des Beklagten nicht konsequent überwacht wurde, sondern die Abrechnungspraxis eher nachlässig war. Allerdings war es zunächst die Aufgabe des Beklagten, unter Einhaltung der Gesetze leicht einsehbare Kernpflichten zu beachten. Darüber hinaus hat der Beklagte gegen interne Richtlinien verstoßen. Gemäß Ziffer 2.2.10 der Richtlinie für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten (IMBek v. 12.10.2007 Az. IC 4-3603 - 339 - Po) war er verpflichtet, eingenommene Verwarnungsgelder monatlich bei der Dienststelle abzuliefern. Auch war auf den Verwarnungsblöcken nochmals vermerkt, dass vereinnahmte Verwarnungsgelder 1. mindestens einmal monatlich, 2. wenn der Betrag von 250,- € erreicht ist, 3. spätestens jedoch, wenn der Block verbraucht ist, abzurechnen sind. Der Beklagte hatte hingegen seit Mitte November 2008 nicht mehr korrekt abgerechnet und den Betrag von insgesamt 640,- € angesammelt. Hätte er sich ordnungsgemäß verhalten, wäre die Grundlage für die Tat (die Möglichkeit des Zugriffs auf 340,- €) nicht gegeben gewesen. Die Eigenverantwortung des Beklagten für sein Handeln wiegt mithin schwerer als das z.T. mangelhafte Kontrollverhalten des Dienstherrn (BayVGH, U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 103 f.).

2.2 Hinzu kommen erschwerend die beiden anderen Dienstpflichtverletzungen:

(1) Hinsichtlich des Diebstahls von Autoreifen des Kollegen stellt sich dieses Tun zwar nicht als typischer Kollegendiebstahl dar, der disziplinarisch einem Zugriffsdelikt gleichgestellt wird (vgl. BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 63/11 - juris Rn. 15), da es sich nicht um das Eigentum eines Kollegen handelt, das dieser - wie etwa eine Geldbörse im gemeinsamen Dienstzimmer - im Rahmen des Dienstes in Diensträumen bei sich geführt hat und dabei zwangsläufig auf die Ehrlichkeit seiner Kollegen vertrauen musste. Vielmehr handelt es sich um - mit Duldung des Dienstherrn oder auch ohne dessen Wissen - auf dem Dienstgelände gelagerte Gegenstände, die dem Beklagten lediglich im Rahmen der Dienstausübung in die Hände fielen. Doch ist der Diebstahl im Dienst durch einen Polizisten, der die Tat unter Ausnutzung seiner dienstlichen Stellung begangen hat und dem dienstlich die Verhinderung von Straftaten und der Schutz des Eigentums obliegt, ebenfalls grundsätzlich mit der Entfernung aus dem Dienst zu ahnden (vgl. BVerwG, U. v. 11.10.1995 - 1 D 11/95 - juris Rn. 20 f.).

Soweit sich der Beklagte insoweit darauf berufen hat, er habe die Reifen nur deshalb genommen, weil er keine Winterreifen gehabt habe und für die Besuche bei seiner damaligen Freundin (seiner nunmehrigen vierten Ehefrau) bei winterlichen Straßenverhältnissen wegen der Kinder „auf Nummer Sicher“ gehen habe wollen, ist ihm entgegenzuhalten, dass er, um die Kinder nicht zu gefährden, sich entweder Winterreifen besorgen oder auf die Fahrten verzichten hätte können.

Mildernd ist insoweit zu berücksichtigen, dass ihm sein Kollege die Autoreifen nach dessen Bekunden auch geliehen hätte, wenn er ihn vorher gefragt hätte. Gleiches gilt für das Geständnis und die Rückgabe der Reifen nach Tatentdeckung. Dies führt angesichts der Schwere des Dienstvergehens aber nicht zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme.

(2) Auch das Fahren mit einem Dienstwagen trotz Fahrverbots stellt ein erhebliches Dienstvergehen dar, das als Erschwernisgrund hinzutritt. Der Dienstherr erwartet von einem Beamten, dass dieser nur dann in dienstlicher Eigenschaft am Straßenverkehr teilnimmt, wenn er über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügt. Das Fahren ohne Fahrerlaubnis mit einem Dienstwagen stellt deshalb die dienstliche Zuverlässigkeit in Frage, zumal die Nichtbeachtung verkehrsrechtlicher Vorschriften, die zum Schutze der Allgemeinheit erlassen worden sind, auch Rückschlüsse auf eine mangelnde charakterliche Qualifikation zulässt (vgl. BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris Rn. 69).

3. In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Die vorliegenden Entlastungsgründe haben in der Gesamtschau kein solches Gewicht, dass sie den gegebenen Vertrauensverlust ausreichend abmildern könnten.

Es ist daran festzuhalten, dass der Beklagte das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hatte und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, missbraucht hat. Sein Fehlverhalten hat das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in ihn unwiderruflich beschädigt.

Die Würdigung des Persönlichkeitsbilds und des bisherigen dienstlichen Verhaltens des Beklagten ändern nichts daran, dass es dem Dienstherrn nicht mehr zugemutet werden kann, den Beklagten weiter zu beschäftigen. Zugunsten des Beklagten ist seine bisherige straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Angesichts der Schwere des Dienstvergehens führt dies jedoch nicht zu einer durchgreifenden Milderung. Die dienstlichen Beurteilungen des Beklagten bewegen sich eher im unteren Durchschnitt. Besondere Umstände, welche die Persönlichkeit des Beklagten in ein positives Licht setzen könnten, liegen in Anbetracht des eingeholten Persönlichkeitsbilds vom 1. Oktober 2012 nicht vor. Nach Angaben von Kollegen war zwar auf ihn im Einsatz immer Verlass. Negativ fällt jedoch auf, dass beim Beklagten im Dienst häufig die erforderliche Korrektheit vermisst wurde. Dass der Beklagte es mit Vorschriften nicht genau nimmt, wird damit auch hier deutlich.

4. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsgebot folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. So verhält es sich regelmäßig bei Kernpflichtverletzungen durch Zugriffsdelikte von Beamten. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlichrechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 68).

Nach alldem war die Berufung des Beklagten mit der Kostenfolge des Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG zurückzuweisen.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

(1) Die erforderlichen Beweise sind zu erheben. Hierbei können insbesondere

1.
schriftliche dienstliche Auskünfte eingeholt werden,
2.
Zeugen und Sachverständige vernommen oder ihre schriftliche Äußerung eingeholt werden,
3.
Urkunden und Akten beigezogen sowie
4.
der Augenschein eingenommen werden.

(2) Niederschriften über Aussagen von Personen, die schon in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren vernommen worden sind, sowie Niederschriften über einen richterlichen Augenschein können ohne erneute Beweiserhebung verwertet werden.

(3) Über einen Beweisantrag des Beamten ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dem Beweisantrag ist stattzugeben, soweit er für die Tat- oder Schuldfrage oder für die Bemessung der Art und Höhe einer Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein kann.

(4) Dem Beamten ist Gelegenheit zu geben, an der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen sowie an der Einnahme des Augenscheins teilzunehmen und hierbei sachdienliche Fragen zu stellen. Er kann von der Teilnahme ausgeschlossen werden, soweit dies aus wichtigen Gründen, insbesondere mit Rücksicht auf den Zweck der Ermittlungen oder zum Schutz der Rechte Dritter, erforderlich ist. Ein schriftliches Gutachten ist ihm zugänglich zu machen, soweit nicht zwingende Gründe dem entgegenstehen.

Tatbestand

1

Der Beamte ist im Jahr 1956 geboren. Er wurde 1973 bei der Landespolizei H. als Polizist im mittleren Dienst eingestellt. Nach Erlangung der Fachhochschulreife wurde er zum 1. Oktober 1979 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Polizeiwachtmeister (gehobener Dienst) im Bundesgrenzschutz eingestellt. Mit Wirkung vom 2. Oktober 1982 wurde er unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Probe zum Polizeikommissar im Bundesgrenzschutz zur Anstellung ernannt. Am 6. September 1985 folgte die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit. Am 2. März 1993 wurde der Beamte zum Polizeihauptkommissar im Bundesgrenzschutz ernannt.

2

Ab Ende Januar 1998 war der Beamte als Sachbearbeiter Einsatz/Organisation in der Bundesgrenzschutzinspektion S. (...; heute: Bundespolizeiinspektion M.) tätig und übte dort die Funktion des stellvertretenden Inspektionsleiters aus.

3

In der Regelbeurteilung zum 1. März 1998 wurde der Beamte mit 6 Punkten (bei einer 9 Punkte umfassenden Notenskala) beurteilt. Über einen hiergegen gerichteten Abänderungsantrag wurde nach Bekanntwerden der hier in Rede stehenden Vorwürfe nicht mehr entschieden.

4

Der Beamte ist wiederverheiratet und hat aus erster Ehe zwei Kinder. In straf- und disziplinarrechtlicher Hinsicht ist er - abgesehen von den Vorgängen, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind - nicht in Erscheinung getreten.

5

Mit Verfügung vom 8. Juli 1999 ordnete der Leiter des Bundesgrenzschutzamtes F. die Vorermittlungen gegen den Beamten an; gleichzeitig wurden diese mit Blick auf das sachverhaltsidentische Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft F. ausgesetzt. Mit Verfügung vom 4. August 1999 leitete der Präsident des Grenzschutzpräsidiums ... das förmliche Disziplinarverfahren nach den Vorschriften der Bundesdisziplinarordnung (BDO) gegen den Beamten unter gleichzeitiger Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Teilen der Dienstbezüge ein. Die vorgenannte Anordnung dauert an.

6

Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts F. vom 16. August 2005 - 27 Ns 55/05 - wurde der Beamte wegen Geheimnisverrats (§ 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 2 StVG) in acht Fällen sowie wegen Steuerhinterziehung (§ 369, § 370 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 AO) in 24 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt, ferner wegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 43 Abs. 2 Nr. 3 BDSG) zu drei Geldbußen zu je 100 €. Gegenstand dieser strafgerichtlichen Verurteilung waren die Anschuldigungspunkte 1 und 2 des vorliegenden Disziplinarverfahrens. Wegen weiterer Tatvorwürfe (Gebrauch einer gefälschten Urkunde in Tateinheit mit Steuerhinterziehung im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1996; Betrug durch dienstlich abgerechnete Kosten für private Fotoaufnahmen) wurde der Beamte freigesprochen.

7

Nach Abschluss des strafgerichtlichen Verfahrens und der disziplinarrechtlichen Untersuchungen legte der Präsident des Bundespolizeipräsidiums ... dem Beamten mit Anschuldigungsschrift vom 10. November 2005 zur Last, ein Dienstvergehen begangen zu haben, in dem er

1. während des Dienstes in einer Vielzahl von Fällen ZEVIS- und INPOL-Daten aus dienstlichen Dateien abgefragt habe, ohne dass hierfür ein dienstlicher Anlass bestanden habe, und diese Dateien an seinen Bekannten P. weitergegeben habe;

2. in 24 Fällen jeweils eine Stange Zigaretten von P. nach Deutschland eingeführt habe, ohne die dafür vorgesehenen Zollabgaben zu entrichten; bei mindestens 2 Gelegenheiten habe er diese Zigaretten während seiner Dienstzeit eingeführt, indem er im Dienstfahrzeug und in Dienstuniform über die Grenze gefahren sei;

3. private Telefonate auf Kosten des Dienstherrn geführt habe, wobei der Anschuldigungsschrift als Anlage 1 eine Auflistung der einzelnen Telefonate (nach Datum, Uhrzeit, Zielrufnummer, Dauer, Einheiten und Gebühren sowie Ortsnetz bzw. Land) beigefügt war.

8

Mit Urteil vom 23. Februar 2010 hat das Verwaltungsgericht den Beamten aus dem Dienst entfernt. Auf die dagegen erhobene Berufung des Beamten hat der Senat mit Beschluss vom 22. September 2010 (BVerwG 1 D 1.10) das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen schwerer Verfahrensmängel aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

9

Mit dem nun angefochtenen Urteil vom 6. März 2012 hat das Verwaltungsgericht den Beamten (erneut) aus dem Beamtenverhältnis entfernt und ihm einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 % des erdienten Ruhegehalts für ein halbes Jahr bewilligt. Es hat die angeschuldigten Vorwürfe als erwiesen erachtet. Wegen der Anschuldigungspunkte 1 und 2 hat es sich auf die strafgerichtlichen Feststellungen gestützt; wegen des dritten Vorwurfs hat es die Feststellungen der Staatsanwaltschaft bzw. Einleitungsbehörde für zutreffend erachtet. Der Beamte habe schuldhaft ein Dienstvergehen i.S.v. § 77 Abs. 1 BBG begangen, weil er vorsätzlich gegen seine Pflichten gemäß § 54 Satz 1 und 3 sowie § 55 Satz 2 BBG verstoßen habe. Als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass bereits bei einer Würdigung der Anschuldigungspunkte zu 1 und 2 nach deren Schwere die Entfernung des Beamten aus dem Dienst angemessen sei, hinzu komme noch der Anschuldigungspunkt zu 3. Entlastende Umstände von erheblichem Gewicht fehlten.

10

Mit seiner gegen dieses Urteil vollumfänglich eingelegten Berufung beantragt der Beamte,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 6. März 2012 aufzuheben und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Dienst zu erkennen.

11

Die Einleitungsbehörde beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

Die Berufung des Beamten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme.

13

Da das behördliche Disziplinarverfahren durch Verfügung vom 4. August 1999 eingeleitet worden ist, mithin bevor das Bundesdisziplinargesetz (BDG) in Kraft getreten ist (1. Januar 2002), ist das gerichtliche Verfahren noch nach altem Recht, d.h. nach den Vorschriften der Bundesdisziplinarordnung (BDO) fortzuführen (§ 85 BDG). Dabei übt der Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts selbst die Disziplinarbefugnis aus, bestimmt also - im Rahmen des angeschuldigten Sachverhalts und des Verböserungsverbots - selbst die angemessene Disziplinarmaßnahme.

14

Der Disziplinarsenat ist aufgrund des festgestellten Sachverhalts (1.), von dem er aufgrund der bindenden strafgerichtlichen Feststellungen bzw. seiner eigenen Beweisaufnahme ausgeht, zu der Überzeugung gelangt, dass der Beamte ein Dienstvergehen begangen hat (2.), das bei Abwägung aller disziplinarrechtlich relevanten Gesichtspunkte mit der im Tenor ausgesprochenen Zurückstufung in ein um zwei Stufen niedrigeres Amt mit geringerem Endgrundgehalt zu ahnden ist (3.).

15

1. Hinsichtlich der einzelnen Anschuldigungspunkte geht der Disziplinarsenat von folgendem Sachverhalt aus:

16

a) Hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 1 hält es der Senat für erwiesen, dass der Beamte in elf Fällen eine Vielzahl von Kfz-Halterdaten aus den (polizei-) behördlichen EDV-Datensystemen ZEVIS (Zentrales Verkehrs-Informationssystem des Kraftfahrt-Bundesamts) und INPOL (bundeseinheitliches polizeiliches Informationssystem des Bundeskriminalamts und der Landespolizeien) entweder selbst abgefragt oder ihm unterstellte Bedienstete mit solchen Abfragen beauftragt und die Daten an den polnischen Rückführungsunternehmer P. weitergeleitet hat.

17

aa) Hierzu hat das Landgericht F. in seinem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 7. Juni 2004 - 25 Ns 110/03 - im Einzelnen festgestellt:

"Der Angeklagte ... war von Januar 1998 bis Juni 1999 stellvertretender Inspektionsleiter und Sachbearbeiter Einsatz/Organisation in der Bundesgrenzschutzinspektion S. Der Angeklagte P. betreibt gewerbsmäßig die entgeltliche Rückholung in Deutschland entwendeter Kraftfahrzeuge aus P. und anderen osteuropäischen Staaten und hat zu diesem Zweck Kontakte zu polnischen Polizeidienststellen. Von diesen und aus anderen Quellen erhält er Informationen über den Standort von Kraftfahrzeugen, die unter anderem in P. sichergestellt worden sind, da der Verdacht besteht, dass es sich um gestohlene Fahrzeuge handelt. Der Angeklagte P. gelangte so in der Regel an die Fahrzeugidentifizierungsnummer der Fahrzeuge und war bestrebt, herauszufinden, ob die dazugehörenden Fahrzeuge als gestohlen registriert und wer der Halter der jeweiligen Fahrzeuge ist. Um an die Halterdaten und Inpoldaten zu gelangen, wandte er sich an den Angeklagten ..., den er bereits seit 1996 kannte.

Dieser beauftragte mit der jeweiligen Recherche entweder Mitarbeiter der Inspektion in der Regel den Zeugen S., der aufgrund seiner dienstlichen Obliegenheiten Zugriff auf die jeweiligen Datensysteme hatte, oder der Angeklagte ... recherchierte selbst am Computer an der Grenzübergangsstelle ..., obwohl er wusste, dass er dazu nicht berechtigt war. Die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften des Bundesgrenzschutzgesetzes, des Straßenverkehrsgesetzes und des Bundesdatenschutzgesetzes waren dem Angeklagten ... ebenso bekannt wie die entsprechenden dienstlichen Anweisungen, welche insbesondere die Erteilung von Halterauskünften an den Angeklagten P. durch das Bundesgrenzschutzamt bereits im Jahre 1995 untersagten und auch den Mitarbeitern der Grenzschutzstelle und der Inspektionen im Umlaufwege zur Kenntnis gegeben worden waren.

Zur Übermittlung der erhobenen Daten nutzte der Angeklagte ... vorrangig ein privates Faxgerät, welches er mit Billigung der Behördenleitung in seinem Dienstzimmer betrieb. Über die tatsächlichen Hintergründe der Abfragen und deren Verwendung ließ er sowohl den Zeugen S. als auch seine unmittelbare Mitarbeiterin Frau L., die verschiedentlich vom Angeklagten P. stammende Auflistungen von Fahrzeugidentifizierungsnummern an ihn weiterleitete, im Unklaren. Der Zeuge S. ging bei der Ausführung der Aufträge des Angeklagten davon aus, dass die Abfragen im Zusammenhang mit dienstlichen Obliegenheiten der Ermittlungsgruppe stünden.

Im Einzelnen kam es zu folgenden Datenerhebungen:

Am 30.12.1998 in der Zeit von 11:05 Uhr bis 12:19 Uhr nahm der Zeuge S. im Auftrag des Angeklagten ... eine Mehrzahl von Halterabfragen in dem Zentralen Fahrzeugregister des Kraftfahrt-Bundesamtes (ZEVIS) vor. Unter anderem fragte er die Halterdaten aus dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... ab und erhielt die Daten des F.. Das Ergebnis seiner Abfrage übergab der Zeuge S. dem Angeklagten .... Dieser übermittelte die festgestellten Halterdaten dem Angeklagten P.

Am 13.01.1999 in der Zeit von 09:30 Uhr bis 09:41 Uhr tätigte der Zeuge S. erneut im Auftrag des Angeklagten ... eine Mehrzahl von Abfragen im ZEVIS. Unter anderem gab er das Autokennzeichen ... des S. ein und fertigte einen 'erweiterten' ZEVIS-Ausdruck, auf dem zusätzlich zu den Halterdaten vermerkt war: 'Fahrzeug gestohlen INPOL prüfen!'. Daraufhin nahm er eine Abfrage im polizeilichen Informationssystem (INPOL) vor, welches beim Bundeskriminalamt geführt wird, und der Bundes- und Landespolizei sowie dem Zoll, für deren Aufgabenerfüllung zur Verfügung steht. Die entsprechenden Ausdrucke übergab er dem Angeklagten ... und dieser leitete sie absprachegemäß an den Angeklagten P. weiter.

Am 15.01.1999 um 07:33 Uhr nahm der Angeklagte ... entweder selbst oder durch einen Unbekannten über den Terminal ... der Geschäftsstelle des Grenzübergangs ... eine Abfrage des Kennzeichens ... des Pkw's VW des W. vor. Den entsprechenden ZEVIS-Ausdruck ließ er absprachegemäß dem Angeklagten P. zukommen.

Am 26.01.1999 in der Zeit von 11:27 Uhr bis 11:55 Uhr nahm der Zeuge S. im Auftrag des Angeklagten ... erneut ZEVIS-Abfragen vor. Unter anderem kam es zur Abfrage von Halterdaten zu den Fahrzeugen ... und .... Die erlangten Halterdaten übermittelte der Angeklagte ... absprachegemäß dem Angeklagten P.

Am 27.04.1999 gegen 09:30 Uhr übersandte der Angeklagte P. dem Angeklagten ...per Fax eine Liste für Fahrzeugidentifizierungsnummern zur Abfrage. Der Angeklagte ... beauftragte die Zeugin L., seinerzeit B., die Fahrzeugidentifizierungsnummern im ZEVIS und INPOL zu überprüfen und mahnte am 29.04.1999 an, dass dies noch heute erledigt werden müsse. Die Zeugin L. übergab die Überprüfungen der Zeugin GUK K., die die Abfragen am 29.04.1999 vornahm und die Ausdrucke auf den Schreibtisch der Zeugin L. legte, von wo sie der Angeklagte ... mitnahm. Unter anderem fragte die Zeugin K. die Halterdaten zum Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... ab. Das Ergebnis dieser Abfrage teilte der Angeklagte ... dem Angeklagten P. absprachegemäß mit.

Am Vormittag des 04.05.1999 tätigte der Angeklagte ... für den Angeklagten P. über den Terminal ... des Grenzüberganges ... mehrere ZEVIS-Abfragen. Er fragte die FIN ... ab, die zum Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... der Firma S. GmbH ... gehörte. Diese Daten übermittelte er absprachegemäß an den Angeklagten P.

Am 26.05.1999 gegen 10:00 Uhr führte der Angeklagte ... am Grenzübergang ... persönlich Überprüfungen von Kraftfahrzeugen in INPOL und ZEVIS durch.

Unter anderem überprüfte er folgende Fahrzeuge:

Das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ..., das zum Pkw Audi 100 des Herrn ... gehörte und am 17.05.1999 in S. gestohlen worden war, das Fahrzeug mit der FIN ..., Pkw Audi mit dem amtlichen Kennzeichen ..., welches dem Zeugen L. gehörte, das Fahrzeug mit der FIN ..., die zum Pkw VW mit dem amtlichen Kennzeichen ... der KG Spedition und Handel GmbH & Co., ... gehörte, und der Nacht vom 07. auf den 08.05.1999 in S. durch Diebstahl abhanden gekommen war, das Fahrzeug mit der FIN ..., welche zum Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... des G. gehörte.

Die erhaltenen einfachen und 'erweiterten' ZEVIS-Auskünfte sowie die INPOL-Auskunft leitete der Angeklagte ... absprachegemäß an den Angeklagten P. weiter.

Am 31.05.1999 gegen 09:55 Uhr führte der Angeklagte ... an einem Terminal der Einsatzzentrale des Grenzüberganges ... selbst ca. 10 bis 12 Fahrzeugabfragen durch. Unter anderem fragte er die FIN ..., die zum Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... des S. gehörte, ab. Die erlangten Halterdaten übermittelte er absprachegemäß an den Angeklagten P..

Am 01.06.1999 gegen 12:55 Uhr nahm der Angeklagte ... an dem Terminal der LEZ des Grenzüberganges ... Abfragen vor. Unter anderem überprüfte er in ZEVIS das amtliche Kennzeichen ..., das zum Fahrzeug des B. gehörte und leitete die erlangten Informationen absprachegemäß an den Angeklagten P. weiter.

Am 02.06.1999 ab ca. 12:40 Uhr führte der Angeklagte ... ca. 10 bis 12 Abfragen an einer Datensichtstation am Grenzübergang ... durch. Unter anderem überprüfte er die FIN ..., welche zum Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... des G.O.T.S. gehörte. Das Fahrzeug war am 26.05.1999 in P. gestohlen worden.

Außerdem überprüfte er die FIN ..., die zum Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... des P. I. K. gehörte. Dieses Fahrzeug war am 30.05.1999 in P. gestohlen worden.

Die erlangten Daten übersandte er absprachegemäß an den Angeklagten P..

Am 10.06.1999 tätigte der Angeklagte ... am Computerterminal des Grenzüberganges ... Abfragen zu ca. 10 bis 12 Fahrzeugidentifizierungsnummern. Die entsprechenden Daten hat ihm der Angeklagte P. zuvor per Telefax übersandt.

So fragte er in der Zeit von 09:13 Uhr bis 09:18 Uhr folgende Fahrzeuge ab: die FIN ..., welche zum Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ... des P. gehörte, die FIN ..., welche zum Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ... des t P. gehörte, die FIN ..., welche zum Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ... der N. gehörte, die FIN ..., welche zum Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ... des P. gehörte, die FIN ..., welche zum Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ... der Einrichtung 'Lebenshilfe für Menschen mit geistigen Behinderungen ...' gehörte, die FIN ..., welche zum Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ... des P. gehörte.

Zu diesen Abfragen fertigte der Angeklagte ... Ausdrucke. Für die Fahrzeuge des L., des P. und der 'Lebenshilfe' erhielt er dabei erweiterte ZEVIS-Auskünfte, die jeweils den Hinweis enthielten 'Fahrzeug gestohlen INPOL prüfen'. Die entsprechenden Ausdrucke schickte er absprachegemäß noch am selben Tag per Post an den Angeklagten P.."

18

Ergänzend geht der Senat in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass der Rückholunternehmer P. - wie dem Beamten bekannt war - ein geschäftliches Interesse an den Kfz-Halterdaten hatte, um entweder direkt von den Kfz-Haltern Aufträge für eine entgeltliche Rückführung ihres Kraftfahrzeugs zu erhalten oder über die Halter an deren Versicherungsunternehmer mit demselben Ziel herantreten zu können. Auf diese Weise suchte er sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen konkurrierenden Rückholunternehmern zu verschaffen. Der Beamte war durch drei dienstliche Anordnungen, datierend vom 28. August 1995, 16. November 1995 und 7. März 1996, jeweils darüber belehrt worden, dass die Weitergabe von ZEVIS- und INPOL-Daten an Dritte, namentlich an Rückführungsunternehmen, unzulässig sei.

19

bb) Dieser Sachverhalt steht zur Überzeugung des Senats fest. Diese gründet zum einen auf die dargestellten rechtskräftigen Feststellungen des genannten Strafurteils, an die der Senat gemäß § 18 Abs. 1 BDO gebunden ist. An ihrer Richtigkeit bestehen keine Zweifel, so dass kein Grund für eine Lösung von diesen Feststellungen vorliegt (vgl. Urteile vom 7. Oktober 1986 - BVerwG 1 D 46.86 - BVerwGE 83, 228 <230> und vom 29. November 2000 - BVerwG 1 D 13.99 - BVerwGE 112, 243 <245> = Buchholz 235 § 18 BDO Nr. 2 S. 5 m.w.N.). Zum anderen beruht die Überzeugung des Senats ergänzend auf seiner eigenen Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung:

20

Der Beamte hat in der Hauptverhandlung die strafgerichtlichen Feststellungen zur Weitergabe der Kfz-Halterdaten an den Rückfuhrunternehmer P. als zutreffend eingeräumt. Er hat sich im Wesentlichen dahin eingelassen, dass eine Zusammenarbeit mit polnischen Rückfuhrunternehmern in der Vergangenheit übliche Praxis gewesen sei; die erwähnten Verfügungen, die eine solche Zusammenarbeit untersagten, habe er für verwaltungsmäßig unpraktikabel gehalten. Er habe niemandem geschadet, sich nicht bereichert und den Kfz-Haltern nur auf schnelle Weise zu ihrem Eigentum verhelfen wollen. Andererseits hat er eingeräumt, dass ihm sowohl die drei vorbezeichneten dienstlichen Anordnungen zum Verbot der Weitergabe von Kfz-Halterdaten an Dritte bekannt waren, als auch dass dadurch eine Bevorzugung einzelner Rückführungsunternehmer verhindert werden sollte.

21

Hiernach ist der Beamte hinsichtlich des tatsächlichen Geschehens zum Anschuldigungspunkt 1 geständig. Ohne Erfolg bleibt der Einwand des Beamten, er habe lediglich eine frühere gängige Praxis übernommen und weitergeführt. Dem steht die dargestellte eindeutige Weisungslage entgegen. Auch der Zeuge P., der Leiter der Dienststelle, hat in der Hauptverhandlung vor dem Senat bestätigt, dass zum Zeitpunkt seiner Versetzung dorthin die Rechts- und Erlasslage klar war.

22

Soweit der Beamte mit seiner Einlassung sein Verhalten zu rechtfertigen bzw. das Motiv seines Handelns in milderes Licht zu stellen versucht, bleibt er damit ohne Erfolg. Allerdings ist weder strafgerichtlich festgestellt worden noch konnte dem Beamten im Disziplinarverfahren nachgewiesen werden, dass er für die Weitergabe der Daten von dem Rückfuhrunternehmer P. finanzielle oder wirtschaftliche Vorteile entgegen genommen hat, wenngleich die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen hierfür einige Verdachtsmomente erbracht hatten (mehrere kostenlose Inspektionen des Privat-Fahrzeugs des Beamten in einer Werkstatt des Bruders des Herrn P. und kostenlose Nutzung des Jeeps des Herrn P. während dieser Zeit). Umgekehrt hält der Senat es für unglaubhaft, dass der Beamte den Haltern der Kraftfahrzeuge lediglich auf schnelle und unbürokratische Weise zum Rückerhalt ihres Eigentums habe verhelfen wollen. Wäre dem so, ist zum einen nicht erklärlich, warum der Beamte solche Daten nach eigener Einlassung allein und ausschließlich Herrn P. hat zukommen lassen, nicht aber anderen Rückfuhrunternehmern, die an ihn herangetreten sind. Dagegen spricht zum anderen sein verdecktes Vorgehen, wofür exemplarisch der von der Zeugin L. geschilderte Vorfall steht, als der Beamte sie dafür rügte, dass sie ein (an das private Fax-Gerät des Beamten in der Dienststelle gesandtes) Telefax-Schreiben mit Fahrzeugidentifikationsnummern (FIN-Nummern), das sie vom Boden aufgehoben hatte, offen auf den Schreibtisch des Beamten gelegt hatte. Unglaubhaft (weil widersprüchlich) erscheint dem Senat ferner, dass der Beamte sein Verhältnis zu Herrn P. einerseits als normal und jedenfalls nicht eng bezeichnet, andererseits auf Vorhalt in der Hauptverhandlung einräumte, dass Herr P. zur Feier des 50. Geburtstags seiner damaligen Lebenspartnerin eingeladen war. Auf den Vorhalt der erwähnten Kfz-Inspektionen schließlich hat der Beamte in der Hauptverhandlung vor dem Senat geschwiegen. Nach all dem ist das Motiv für sein Verhalten letztlich unaufklärbar geblieben. Jedoch steht zur Überzeugung des Senats immerhin fest, dass der Beamte bewusst gegen die ihm bekannten Verfügungen (betreffend das Verbot einer Zusammenarbeit mit Kfz-Rückholunternehmern) verstoßen und nicht aus den von ihm behaupteten allein fremdnützigen Motiven zugunsten der Kfz-Halter gehandelt hat. Der Beamte hat auch eingeräumt, dass ihm der wirtschaftliche Hintergrund der Anfragen des Herrn P. (Wettbewerbsvorsprung vor anderen Konkurrenten) bekannt war und dass ihm ebenso bewusst war (wenngleich er dies in der Hauptverhandlung vor dem Senat lediglich als "Vermutung" herunterzuspielen suchte), dass die erwähnten dienstlichen Anordnungen auch den Zweck verfolgten, eine korruptionsverdächtige Bevorzugung einzelner Rückführungsunternehmer zu unterbinden.

23

b) Hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 2 geht der Senat davon aus, dass der Angeschuldigte in insgesamt 24 Fällen je eine Stange Zigaretten, die er in P. erworben hat, unter Verstoß gegen steuer- und zollrechtliche Bestimmungen nach Deutschland eingeführt und entgeltlich an ein mit ihm bekanntes Ehepaar weiterverkauft hat.

24

aa) Hierzu hat das Landgericht F. in dem bereits bezeichneten Strafurteil im Einzelnen festgestellt:

"Ende 1998 kam der Angeklagte ... mit seinen Bekannten, den Eheleuten R. und C. G. überein, ihnen in regelmäßigen Abständen in P. erworbene Zigaretten zum Preis von 25,00 DM pro Stange zu schicken. Der Angeklagte erwarb von Januar bis Juni 1999 bei 24 Gelegenheiten jeweils eine Stange Zigaretten in P. zu diesem Zweck. Bei mindestens zwei Gelegenheiten fuhr er in Begleitung der Zeugin L. (früher B.), die zu dieser Zeit als Kraftfahrerin und Dolmetscherin bei dienstlichen Fahrten im p. Grenzschutz fungierte, im Dienstfahrzeug und in Dienstuniform über die Grenze und erwarb dort in einer Bar jeweils eine Stange Zigaretten, die er bei der Rückkehr aus P. nicht dem Zoll gestellte, sondern im Fahrzeug so verwahrte, dass sie im Falle eventueller Kontrolle nicht gleich sichtbar war.

Von der Zeugin auf die Vorschriftswidrigkeit dieses Vergehens hingewiesen, reagierte er abwehrend und bagatellisierte die Angelegenheit. Die erworbenen Zigarettenstangen sammelte er und schickte den Zeugen G. 4 Päckchen, in denen sich einmal 12 Stangen, einmal 2 Stangen, einmal 4 Stangen und einmal 6 Stangen befanden. Die Familie G. überwies ihm nach Erhalt den jeweils vereinbarten Geldbetrag zuzüglich der Versandkosten."

25

Ergänzend geht der Senat davon aus, dass hierdurch Abgaben hinterzogen wurden, und zwar bezogen auf eine Stange Zigaretten in Höhe von jeweils 49,37 DM (Zoll 10,94 DM, Tabaksteuer 29,42 DM, Einfuhrumsatzsteuer 9,01 DM), insgesamt mithin in Höhe von 1 184,88 DM. Der Beamte, der selbst Nichtraucher ist, wusste, dass sein Verhalten gegen steuer- und zollrechtliche Vorschriften verstieß. Er war durch das Schreiben der Bundesgrenzschutzinspektion S. vom 23. September 1998 darauf hingewiesen worden, dass ein während des Dienstes getätigter Einkauf von zollrechtlich relevanten Gegenständen und deren Einfuhr nach Deutschland steuer- und zollstrafrechtlich einschlägig sei, dass die Ausnahmebestimmungen der Einreise-Freimengen-Verordnung (EF-VO) nur für Reisende, nicht dagegen für Angehörige des Bundesgrenzschutzes während ihrer Dienstverrichtung gelten und dass Verstöße dagegen als Dienstpflichtverletzungen geahndet würden. Die Kenntnisnahme dieses Schreibens hat der Beamte ausweislich einer "Aktenkundigen Belehrung" am 25. September 1998 durch eigene Unterschrift bestätigt.

26

bb) Auch insoweit steht der Sachverhalt zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der vorbezeichneten bindenden strafgerichtlichen Feststellungen, an denen der Senat keinen Grund zu zweifeln hat, so dass auch insoweit eine Lösung nicht in Betracht kommt (§ 18 BDO), sowie der Einlassung des Beamten in der Hauptverhandlung, in der er diese Feststellungen bestätigt hat. In seiner eigenen Beweisaufnahme hat der Senat keine weitergehenden Erkenntnisse über die konkreten Umstände gewonnen, auf welche Weise der Beamte - über die im Strafurteil festgestellten zwei Fälle hinaus - die weiteren 22 Zigarettenstangen nach Deutschland eingeführt hat, insbesondere ob er auch diese in Dienstuniform und mit dem Dienstfahrzeug über die Grenze gebracht hat. Die Zeugin L. glaubte, sich an drei bis fünf Fälle erinnern zu können, und schilderte ansatzweise drei Begebenheiten, bei denen der Kläger Zigarettenstangen bei einer Dienstfahrt und in Dienstuniform in P. erworben habe. An nähere Einzelheiten wie das Datum oder die Anzahl der Zigarettenstangen konnte sie sich aber nicht erinnern. Auch vermochten weder sie noch der Zeuge P. zu sagen, ob der Beamte nach Dienstschluss in Dienstuniform oder in Zivilkleidung nach Hause über die deutsch-polnische Grenze gefahren und damit den Einfuhrtatbestand letztlich verwirklicht hat. Da eine zeitlich tatnähere Aufklärung dieser Umstände versäumt wurde und heute - mehr als 14 Jahre später - weitere Erkenntnismöglichkeiten nicht zur Verfügung zu stehen, muss der Senat in Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" zugunsten des Beamten davon ausgehen, dass dieser lediglich zwei der 24 Zigarettenstangen in Dienstuniform und im Dienstfahrzeug nach Deutschland eingeführt hat, wie im Strafurteil festgestellt.

27

c) Hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 3 hält der Senat es für erwiesen, dass der Beamte zwischen dem 18. Januar und 2. Juni 1999 von seinem Dienstapparat in der Dienststelle Telefonate ohne dienstlichen Bezug geführt hat, nämlich 24 Anrufe an eine Telefonnummer in A., die der geschiedenen Ehefrau des Beamten gehört, sowie 27 Anrufe an zwei Telefonnummern des Herrn P. in B. mit einer Gebührenhöhe von insgesamt 18,60 DM. Der Beamte hat in der Hauptverhandlung eingeräumt, dass er diese Telefonate geführt hat und dass sie nicht dienstlich veranlasst gewesen seien.

28

Entgegen der Anschuldigungsschrift und entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts kann indes nicht festgestellt werden, dass auch sämtliche weiteren der insgesamt 204 Telefonate, die in der tabellarischen Auflistung der Anlage zur Anschuldigungsschrift und im Urteil des Verwaltungsgerichts (S. 19 ff.) näher bezeichnet sind, ebenfalls von dem - dies bestreitenden - Beamten geführt wurden und dass sie privat veranlasst waren. Das Verwaltungsgericht hat die aufgelisteten Telefonate deshalb zur Gänze als privat veranlasst gewertet, weil der Beamte im Disziplinarverfahren Gelegenheit gehabt hat, die nach seiner Ansicht dienstlich veranlassten Telefonate aus der Auflistung auszuscheiden (und dies auch teilweise getan hat) und die aus der bereinigten Auflistung sich ergebenden Telefonkosten in Höhe von 161,06 DM ohne Abzug beglichen hat. Dem vermag sich der Disziplinarsenat nicht anzuschließen. Einer solchen Würdigung des Verhaltens des Beamten als konkludentes "Geständnis" steht nach Auffassung des Senats zum einen entgegen, dass der Beamte durchaus nachvollziehbar dargelegt hat, dass er den genannten Betrag allein deshalb beglichen habe, um angesichts der zahlreichen weiteren seinerzeit gegen ihn erhobenen Vorwürfe wenigstens diese Anschuldigung "aus der Welt zu schaffen". Zum anderen steht sowohl der Annahme der Anschuldigungsschrift als auch der des Verwaltungsgerichts, allein der Beamte könne die Telefonate geführt haben, der Umstand entgegen, dass der Beamte sein Dienstzimmer im fraglichen Zeitraum mit zwei weiteren Bediensteten geteilt hat und dieses bei seiner Abwesenheit nicht verschlossen war, so dass mindestens diese beiden, wenn nicht weitere Bedienstete der Dienststelle sein Diensttelefon tatsächlich benutzen konnten. Da weitere Aufklärungsmöglichkeiten - mehr als 14 Jahre nach dem fraglichen Zeitraum - nicht bestehen, hat der Senat nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" davon auszugehen, dass der Beamte nur die von ihm eingeräumten 51 Telefonate mit einer Gebührenhöhe von 18,60 DM selbst getätigt hat.

29

Diese Telefonate waren - wie der Beamte ebenfalls eingeräumt hat - nicht dienstlich veranlasst. Der Beamte hat sie entgegen der ihm bekannten "Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Einrichtung und Benutzung dienstlicher Telekommunikationsanlagen für die Bundesverwaltung (Dienstanschlussvorschriften - DAV -) vom 18. Dezember 1995 nicht, wie es in seiner Dienststelle seinerzeit allein möglich war und angeordnet war, im Wege der eigenverantwortlichen "Selbstanschreibung" nach Monatsende als private Telefonate angegeben und zur Abrechnung gestellt.

30

2. Das sich aus den vorstehenden Feststellungen ergebende Verhalten des Beamten ist disziplinarrechtlich dahin zu würdigen, dass der Beamte dadurch in mehrfacher Hinsicht seine Dienstpflichten verletzt hat. Sowohl mit der unbefugten Weitergabe von Kfz-Halterdaten aus den genannten (polizei-) behördlichen Daten-Systemen (Anschuldigungspunkt 1) als auch mit der Einfuhr und entgeltlichen Weitergabe unverzollter Zigaretten (Anschuldigungspunkt 2) als auch durch die unterlassene Abrechnung privater Telefonate (Anschuldigungspunkt 3) hat der Beamte jeweils seine Pflicht gemäß § 54 Satz 3 BBG a.F. (§ 61 Abs. 1 Satz 3 BBG n.F.) verletzt, innerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (sog. allgemeine Wohlverhaltenspflicht). Darüber hinaus hat er mit seinem Verhalten zugleich gegen seine Pflicht gemäß § 55 Satz 2 BBG a.F. (§ 62 Abs. 1 Satz 2 BBG n.F.) verstoßen, die Anordnungen und Richtlinien seiner Vorgesetzten zu befolgen.

31

Ungeachtet des Umstandes, dass inzwischen das im Rahmen des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) novellierte Bundesbeamtengesetz gilt, ist für die Frage, ob der Beamte im angeschuldigten Tatzeitraum seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, die damalige Sach- und Rechtslage maßgebend, soweit nicht im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB für den Beamten materiellrechtlich günstigeres neues Recht gilt (vgl. Urteil vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 LS 1 und 2 sowie Rn. 33 m.w.N.). Letzteres ist hier nicht der Fall. Mit Ausnahme der redaktionellen Anpassung an die geschlechterneutrale Sprache stimmen § 61 Abs. 1 Satz 3, § 62 Abs. 1 Satz 2 und § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG in der jetzt geltenden Fassung mit den genannten Vorgängerregelungen inhaltlich überein. Umfang und Inhalt der Dienstpflichten des Beamten und damit auch die Frage ihrer Verletzung zur Tatzeit bestimmen sich daher allein nach § 54 Satz 3, § 55 Satz 2 i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F.

32

Der Beamte hat in allen Anschuldigungspunkten vorsätzlich und schuldhaft gehandelt, weil ihm die Pflichtwidrigkeit seines Tuns bewusst war.

33

Dass der Beamte, wie er zum Anschuldigungspunkt 1 auch vor dem Senat glauben machen wollte, bei der Weitergabe der Kfz-Halterdaten an den Rückholunternehmer P. allein "zum Wohle" der Kfz-Halter gehandelt habe, denen er auf einfache und schnelle Weise zu ihrem Eigentum habe verhelfen wollen, hält der Senat - wie oben zur Beweiswürdigung ausgeführt - nicht für glaubhaft. Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgründe, die der Beamte aus seinem angeblich altruistisch motivierten Tun ableitet, stehen ihm daher nicht zur Seite. Auch der Einwand, dass die von ihm praktizierte "Zusammenarbeit" mit dem Rückfuhrunternehmer P. früher gängige Praxis gewesen sein mag, vermag angesichts der eindeutigen Weisungslage das Verhalten des Beamten weder zur rechtfertigen noch zu entschuldigen.

34

Der Vorwurf der Einfuhr unverzollter Zigaretten (Anschuldigungspunkt 2) wird nicht durch den Hinweis des Beamten auf den (im strafgerichtlichen und im Disziplinarverfahren bislang nicht beleuchteten und vom Zeugen P. bestätigten) Umstand in Frage gestellt, dass sich die Grenzschutzstelle ... auf ... Staatsgebiet befindet. Denn gemäß Art. 12 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik P. über Erleichterungen der Grenzabfertigung (vgl. das zugehörige Vertragsgesetz vom 3. Februar 1994, BGBl II S. 265) unterstehen die auf ... Hoheitsgebiet tätigen Grenzschutzbeamten - vorbehaltlich hier nicht einschlägiger Einschränkungen durch das genannte Abkommen und der Bestimmungen des Internationalen Privatrechts - den Rechtsvorschriften der Republik P., auch wenn es sich dienstrechtlich nicht um Dienst im Ausland handelt (vgl. hierzu Beschluss vom 8. März 2007 - BVerwG 2 B 5.07 - juris Rn. 2). Gemäß Art. 14 Abs. 1, 2 und 4 sowie Art. 19 des Abkommens bleiben die zum dienstlichen Gebrauch bestimmten Gegenstände sowie die Gegenstände des persönlichen Bedarfs, die die Grenzschutzbediensteten ein- oder ausführen, frei von Zöllen; Ein- und Ausfuhrverbote sowie -beschränkungen finden insoweit keine Anwendung. Demnach galten im Übrigen die allgemeinen Zollvorschriften, mithin auch die Verordnung über die Einfuhrabgabenfreiheit von Waren im persönlichen Gepäck der Reisenden - Einreise-Freimengen-Verordnung (EF-VO) vom 3. Dezember 1974 (BGBl I S. 3377).

35

Soweit der Beamte in der Hauptverhandlung vor dem Disziplinarsenat versucht hat, sein Verhalten im Anschuldigungspunkt 2 damit zu rechtfertigen, dass er hinsichtlich der Einfuhr von zollfreien Zigaretten dieselben Rechte wie andere Reisende habe, kann er auch damit keinen Erfolg haben. Nach § 2 Abs. 1 EF-VO sind frei von Einfuhrabgaben nur Waren, die Reisende gelegentlich und ausschließlich zum persönlichen Gebrauch oder Verbrauch, für ihren Haushalt oder als Geschenk in ihrem persönlichen Gepäck einführen (Reisemitbringsel), und auch dies nur innerhalb näher bezeichneter Mengen- und Wertgrenzen. Der Beamte, der selbst Nichtraucher ist, hat die Zigaretten weder zum persönlichen Verbrauch noch für seinen Haushalt noch als Geschenk, sondern zur entgeltlichen Weitergabe an das Ehepaar G. eingeführt und im Übrigen in einer Menge jenseits der genannten Menge- und Wertgrenzen; er fiel auch nicht unter einen Sonderfall der Verordnung.

36

Zum Anschuldigungspunkt 3 bedarf es keiner weitergehenden Ausführung zur rechtlichen Würdigung der nach dem Vorstehenden (allerdings nur in Höhe von 18,60 DM erwiesenen) unterbliebenen Anzeige ("Anschreibung") privater Telefonate des Beamten von seinem Diensttelefon als Verstoß gegen § 54 Satz 3 und § 55 Satz 2 BBG a.F.

37

3. Die hiernach gegebenen Dienstpflichtverletzungen des Beamten stellen ein einheitliches, in seinem Schwerpunkt innerdienstliches Dienstvergehen dar (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F.). Soweit es teilweise (nämlich hinsichtlich der Einfuhr von 22 Stangen Zigaretten) als außerdienstlich anzusehen ist, sind auch die weiteren Voraussetzungen erfüllt, dass das Dienstvergehen in besonderem Maß geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für das Amt des Beamten oder für das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F.). Dieses Dienstvergehen ist nach Einschätzung des Senats mit einer Versetzung in ein um zwei Stufen niedrigeres Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt (§ 9 BDG, früher § 10 BDO) angemessen geahndet. Dies führt zu der im Tenor verhängten Zurückstufung des Beamten von seinem bisherigen Amt eines Polizeihauptkommissars (BesGr A 12 BBesO) in das eines Polizeioberkommissars (BesGr A 10 BBesO).

38

Obwohl es sich - wie eingangs dargelegt - um einen sog. Altfall nach der Bundesdisziplinarordnung handelt, sind bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme die Regelungen des § 13 Abs. 1 und 2 BDG zugrunde zu legen (stRspr, vgl. Urteil vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 64 m.w.N.).

39

a) Gemäß § 13 Abs. 1 BDG ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass die sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ergebenden Bemessungskriterien mit den ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies ist dem auch im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) geschuldet (stRspr, vgl. etwa Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1, jeweils Rn. 21 ff. und vom 15. Dezember 2005 - BVerwG 2 A 4.04 - Buchholz 235.1 § 24 BDG Nr. 1 Rn. 65).

40

Hiernach ist die Schwere des Dienstvergehens maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen ist. Für die Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens hat die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts generelle Maßstäbe für einzelne Fallgruppen entwickelt (vgl. etwa die Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 S. 5 f. und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 , vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 18, jeweils Rn. 29 und vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 62.11 - NVwZ-RR 2013, 693 Rn. 39 ff. ).

41

In Ergänzung dazu hat das Bundesverwaltungsgericht - ebenfalls auf spezielle Deliktstypen bezogene, teilweise aber auch allgemeingültige - gewichtige "Milderungsgründe" entwickelt und "anerkannt" (vgl. Urteil vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 258 f. bzw. S. 6 m.w.N.). Ihr Vorliegen führt regelmäßig zu einer Disziplinarmaßnahme, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme, bei einer Zurückstufung also eine Amtsstufe weniger (vgl. Urteile vom 28. Juli 2011 a.a.O. Rn. 37 ff. und vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - Rn. 26 ). Diese anerkannten Milderungsgründe stellen allerdings keinen abschließenden Kanon der berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar (stRspr, vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 262 ff. bzw. S. 8 f.). Auch wenn ein Umstand nicht die Voraussetzungen eines anerkannten Milderungsgrundes erfüllt, bedeutet dies nicht, dass er als entlastender Umstand unbeachtlich und deshalb bei der Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände ohne Gewicht und nicht berücksichtigungsfähig wäre (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 28 und 32).

42

b) Zu Verstößen gegen Vorschriften zum Schutz des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs (insbesondere im fünfzehnten Abschnitt des Strafgesetzbuchs, §§ 201 bis 206 StGB) ist eine generelle deliktsgruppenbezogene Bestimmung der als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen regelmäßig erforderlichen Disziplinarmaßnahme (Regeleinstufung) aufgrund der Variationsbreite der in Frage kommenden Verstöße nicht möglich. Deshalb ist bei der Ahndung von Dienstpflichtverletzungen in diesem Bereich der gesamte abgestufte und ausdifferenzierte Katalog möglicher Disziplinarmaßnahmen gemäß § 5 BDG mit den Einzelregelungen der §§ 6 ff. BDG in den Blick zu nehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch bei Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs sowohl die Schwere des strafrechtlichen Unrechtsgehalts als auch die des Dienstvergehens deutlich variieren kann, je nach der Sensibilität des in Rede stehenden Geheimnisses, etwa ob besonders schutzbedürftige Erkenntnisse und Daten, z.B. aus dem höchstpersönlichen Bereich, offenbart werden oder solche, die einen eher entfernteren Bezug zum persönlichen Lebens- und Geheimbereich einer Person haben. Auch sind die denkbaren Verletzungshandlungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs von stark unterschiedlichem Gewicht, je nach der Art des Zugriffs, z.B. wenn besondere Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz des Geheimnisses überwunden werden müssen. Dies zeigt sich u.a. daran, dass der Gesetzgeber solche Rechtsverstöße nur teilweise als Straftatbestände, im Übrigen aber nur als Ordnungswidrigkeiten geahndet wissen will. Auch innerhalb der Gruppe der Straftaten schwankt der angedrohte Strafrahmen deutlich. Der unterschiedlich hohe Unrechtsgehalt des Dienstvergehens hat hiernach maßgeblichen Einfluss auch auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme: Während jedenfalls für den oben angeführten höchstpersönlichen Bereich grundsätzlich die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme in Betracht kommt, wird bei anderen Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs - je nach der Schwere der Tat - eher eine pflichtenmahnende, für den Beamten weniger einschneidende Disziplinarmaßnahme angemessen sein.

43

Der Streitfall nötigt zu keinen weitergehenden (und angesichts der Vielfalt der Lebenssachverhalte ohnehin kaum zu leistenden) generellen Festlegungen für alle denkbaren Fallkonstellationen möglicher Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs einer Person. Maßgebend für die Festlegung des Ausgangspunkts der Bemessung der Disziplinarmaßnahme im Streitfall ist die Erkenntnis, dass die hier in Rede stehende unbefugte Weitergabe von Kfz-Halterdaten aus den (polizei-)behördlichen Datensystemen jedenfalls keine Verletzung des erwähnten höchstpersönlichen Lebensbereichs darstellt, die eine - wie das Verwaltungsgericht gemeint hat - Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen könnte. Vielmehr kommt je nach den Umständen des Einzelfalls eine Zurückstufung (Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt, § 9 BDG) - ggf. um mehrere Stufen bis ins Eingangsamt - oder (in minderschweren Fällen) eine Gehaltskürzung (§ 8 BDG) als Regeleinstufung in Betracht.

44

c) In Anwendung dieser Maßstäbe gilt im Streitfall:

45

aa) Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG die Schwere der dargestellten Verstöße gegen die Pflichten aus § 54 Satz 3 und § 55 Satz 2 BBG a.F. in Gestalt der unbefugten Weitergabe der Kfz-Halterdaten aus den (polizei-)behördlichen Dateisystemen (Anschuldigungspunkt 1), für die eine Zurückstufung des Beamten gemäß § 9 Abs. 1 BDG in ein um mehrere Stufen niedrigeres Amt mit geringerem Endgrundgehalt nach den hier vorliegenden Umständen des Einzelfalls (insbesondere Anzahl und Häufigkeit der einzelnen Tathandlungen) angezeigt ist. Der weitere Verstoß gegen dieselben Pflichten in Gestalt der Einfuhr und entgeltlichen Weitergabe unverzollter Zigaretten (Anschuldigungspunkt 2) wiegt ungefähr gleichschwer und verstärkt die Erforderlichkeit der Ahndung des Dienstvergehens mit der erwähnten Zurückstufung und deren Ausmaß (um mehrere Stufen). Demgegenüber fallen die nichtabgerechneten Privattelefonate (Anschuldigungspunkt 3) schon von ihrem Unrechtsgehalt her, aber auch in der Schadenshöhe (18,60 DM) in solchem Maße ab, dass sie für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme nicht mehr von Relevanz sind. Auf sie (und den darin liegenden weiteren Verstoß gegen § 54 Satz 3 sowie gegen § 55 Satz 2 BBG a.F.) braucht daher im Folgenden nicht mehr eingegangen zu werden.

46

Hiervon ausgehend liegen unter dem Gesichtspunkt der Schwere der Tat (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BDG) mehrere belastende Umstände vor, die für die Erforderlichkeit einer spürbaren Disziplinarmaßnahme sprechen: Der Beamte hat in den Anschuldigungspunkten 1 und 2 über einen längeren Zeitraum von mehreren Monaten, während derer er - nach Aufkommens eines Anfangsverdachts - verdeckt observiert wurde (von Ende 1998 bis Juni 1999), wiederholt und trotz ausdrücklicher Belehrung seine Dienstpflichten verletzt. Auch die Anzahl der einzelnen Pflichtenverstöße (Tathandlungen) ist beträchtlich.

47

Erschwerend kommt weiter hinzu, dass der Beamte im Kernbereich seines Amtes versagt hat. Aufgabe eines Polizeihauptkommissars der Bundespolizei im Einsatz an den Grenzen der Bundesrepublik Deutschland zum Ausland ist u.a. die Unterbindung und Verhinderung von Straftaten mit grenzrelevantem Bezug. Die vorschriftswidrige Weitergabe von geschützten Daten über im Ausland sichergestellte Kraftfahrzeuge aus (polizei-)behördlichen EDV-Systemen an einen nicht abfrage- und empfangsberechtigten Dritten berührt einen Kernbereich polizeilicher Tätigkeit. Zusätzlich belastend sind die Maßnahmen zur Verdeckung und Verschleierung der pflichtwidrigen Halterabfragen, die der Beamte als dienstlich veranlasst vorgab. Auch die Einfuhr und entgeltliche Weitergabe unverzollter Zigaretten ist ein Rechtsverstoß gerade gegen solche Vorschriften mit Grenzbezug, deren Einhaltung die Bundespolizei überwachen und sichern soll. Als zusätzlich belastende Umstände der Tatbegehung sind zu berücksichtigen, dass der Beamte seine Stellung als Vorgesetzter ausgenutzt und ihm untergebene Bedienstete für seine dienstpflichtwidrigen Taten eingeschaltet und damit ebenfalls zu einem pflichtwidrigem Handeln bzw. Unterlassen verleitet hat. Dabei hat er, wie die Zeugin L. glaubhaft bekundet hat, deren Einwände (betreffend die Einfuhr unverzollter Zigarettenstangen) sogar zurückgewiesen und bagatellisiert. Damit hat der Beamte als Vorgesetzter und Vorbild versagt.

48

bb) Mit Blick auf das angemessen zu würdigende Persönlichkeitsbild des Beamten (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BDG) ist im Streitfall lediglich festzuhalten, dass der Beamte straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist und dass er in seiner Dienstausübung zuletzt eine Beurteilung im gehobenen Bereich (6 von 9 Punkten) erreicht hat. Beiden Umständen kommt indes keine nennenswerte entlastende Bedeutung zu. Anerkannte Milderungsgründe im Sinne der (oben II. 3. a) dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind weder vom Beamten geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Auch im Übrigen liegen keine im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigenden entlastenden Gesichtspunkte vor, die für den Beamten streiten. Die Motivlage des Beamten im Anschuldigungspunkt 1 ist - wie dargestellt - im Dunkeln geblieben und kann im Rahmen der Zumessungserwägungen nur als "neutral" eingestellt werden: Weder konnte dem Beamten nachgewiesen werden, dass er für die Weitergabe der Kfz-Halterdaten von dem Rückholunternehmer finanzielle Vorteile erhalten hat, noch nimmt der Senat es dem Beamten ab, dass er diese Daten lediglich aus den von ihm angeführten fremdnützigen Motiven weitergegeben hat.

49

cc) Dagegen ist bei der gebotenen objektiven Gewichtung des Dienstvergehens eine beträchtliche Vertrauensbeeinträchtigung (§ 13 Abs. 1 Satz 4 BDG) eingetreten. Der Dienstherr kann nicht im Einzelnen überwachen, ob sich der Beamte im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit stets gesetzes- und dienstvorschriftenkonform verhält. Tut dies ein Beamter über einen längeren Zeitraum und in einer Vielzahl von Fällen nicht, ist regelmäßig anzunehmen, dass das Vertrauensverhältnis erheblich gestört ist, weil der Dienstherr befürchten muss, dass der Beamte sich auch künftig nicht gesetzes- und vorschriftsgemäß verhalten wird. Andererseits erachtet der Senat - auch mit Blick auf die Schwere des Dienstvergehens - die eingetretene Vertrauensbeeinträchtigung nicht von solchem Gewicht, dass sie bereits die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erfordert. Zudem kann erwartet werden, dass der Beamte sich die Zeit seiner vorläufigen Suspendierung sowie das Straf- und Disziplinarverfahren und die damit verbundenen Belastungen als nachdrückliche Warnung angedeihen lässt, die ihn von künftigen Dienstpflichtverletzungen abhält.

50

dd) Ist nach den bislang behandelten Kriterien der Maßnahmebemessung mithin nicht die Höchstmaßnahme (Entfernung aus dem Dienst), sondern lediglich eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme in Gestalt einer Zurückstufung in ein um mehrere Stufen niedrigeres Amt mit geringerem Endgrundgehalt angemessen, so ist zusätzlich dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Disziplinarverfahren (insoweit ist das behördliche und gerichtliche Verfahren insgesamt zu betrachten) mit insgesamt mehr als 14 Jahren unangemessen lange gedauert hat i.S.v. Art. 6 Abs. 1 EMRK. Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung des Disziplinarsenats und des 2. Revisionssenats des Bundesverwaltungsgerichts bei der Maßnahmebemessung dann (nochmals) mildernd zugunsten des Beamten zu berücksichtigen (stRspr, vgl. zuletzt Urteile vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - NVwZ 2013, 1087 Rn. 53 f. und - BVerwG 2 C 62.11 - NVwZ-RR 2013, 693 sowie vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - Rn. 35 ff., 40 f. ). Die im Streitfall eingetretene unangemessene Verfahrensdauer beruhte nicht - jedenfalls nicht wesentlich - auf einem verfahrensverzögernden Verhalten des Beamten, sondern auf der Behandlung des Verfahrens durch die Ermittlungsbehörden und die Gerichte. Es liegt auf der Hand, dass die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen beruflichen und wirtschaftlichen Nachteile bei einer dermaßen langen Verfahrensdauer zu einer erheblichen Belastung des über seine berufliche und wirtschaftliche Existenz im Ungewissen lebenden Beamten geführt und auf ihn eingewirkt hat. Eine bloße Verkürzung des Beförderungsverbots (§ 9 Abs. 3 BDG) genügt nicht, um diese Belastung auszugleichen; sie ist vielmehr beim Umfang der Zurückstufung zu berücksichtigen, die daher um eine Stufe weniger ausfällt als eigentlich verwirkt.

51

In Abwägung all dessen hält es der Senat für erforderlich, aber auch ausreichend, den Kläger zur Pflichtenmahnung in ein Amt mit um zwei Stufen niedrigerem Endgrundgehalt zurückzustufen.

52

d) Einer Zurückstufung des Beamten steht kein Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs nach den insoweit günstigeren Regelungen des Bundesdisziplinargesetzes entgegen. Zwar sind seit der Vollendung des Dienstvergehens inzwischen mehr als sieben (nämlich 14) Jahre vergangen (§ 15 Abs. 3 BDG), doch war dieser Zeitablauf durch die Einleitung des Disziplinarverfahrens und die Erhebung der Disziplinarklage unterbrochen (§ 15 Abs. 4 BDG) und für die Dauer des Strafverfahrens (ebenso schon § 4 Abs. 3 BDO) und des gerichtlichen Disziplinarverfahrens gehemmt (§ 15 Abs. 5 BDG).

53

4. Die Kosten des Verfahrens waren dem Beamten aufzuerlegen, weil er seine - schwerwiegende - disziplinare Verurteilung nicht hat abwehren können und es unbillig wäre, die Kosten auch nur teilweise dem Bund aufzuerlegen (§ 113 Abs. 1 Satz 1, § 114 Abs. 1 und 2 BDO). Dass diese Verurteilung hinter dem Antrag der Einleitungsbehörde zurückbleibt und dem Beamten beim Anschuldigungspunkt 3, dem ohnehin kein besonderes Gewicht zukam, ein Teil der angeblichen Privattelefonate nicht nachzuweisen war, ist insoweit unerheblich. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass die vom Beamten zu tragenden Kosten des Verfahrens von den ihm nachzuzahlenden Beträgen gemäß § 96 Abs. 2 BDO abgezogen werden können.

Gründe

1

Die allein auf die Divergenzrüge nach § 70 Bbg LDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

1. Der 1975 geborene Beklagte stand zuletzt als Kriminalobermeister im Polizeidienst des klagenden Landes. Er wurde 2007 wegen andauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Gegenstand des Disziplinarklageverfahrens sind mehrere zwischen 1996 und 2003 außerhalb des Dienstes begangene Handlungen mit rechtsradikalem Hintergrund. Wegen zwei dieser Handlungen - öffentliche Darbietung des Hitlergrußes - wurde er mit Urteil des Amtsgerichts Prenzlau vom April 2005 wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 4, § 86a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Im Disziplinarklageverfahren ist dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt worden.

3

2. Eine Divergenz i.S.v. § 70 Bbg LDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist gegeben, wenn das Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil einen das Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, mit dem es einem Rechtssatz widersprochen hat, den eines der in den § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 127 Nr. 1 BRRG genannten Gerichte in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Es genügt nicht, wenn das Berufungsgericht einen Rechtssatz im Einzelfall rechtsfehlerhaft anwendet oder daraus nicht die rechtlichen Folgerungen zieht, die etwa für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung im konkreten Fall geboten sind (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 und vom 3. Juli 2007 - BVerwG 2 B 18.07 - Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 1). Hieran gemessen liegt die geltend gemachte Divergenz nicht vor.

4

a) Der Beklagte sieht eine Abweichung vom Urteil des vormals zuständigen Disziplinarsenats vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - (BVerwGE 112, 19 = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 23), wonach bei der Prüfung der Frage, ob ein außerdienstliches Dienstvergehen einen Verstoß gegen die beamtenrechtliche Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten darstellt, auf das konkret-funktionelle Amt des Beamten abzustellen sei. Diesen Rechtssatz habe das Berufungsgericht zwar scheinbar zum Ausgangspunkt seiner Erwägungen genommen, formuliere aber dann, dass ein Polizeivollzugsbeamter, der mehrfach den Hitlergruß in der Öffentlichkeit zeige und sich dadurch strafbar gemacht habe, ein Verhalten offenbare, das geeignet sei, das ihm entgegengebrachte Vertrauen als Polizeivollzugsbeamter erheblich zu beeinträchtigen. Hiermit und mit den folgenden Ausführungen habe das Berufungsgericht den Rechtssatz aufgestellt, dass bei der Prüfung zwar theoretisch auf das konkret-funktionelle Amt, in der Rechtsanwendung aber auf die Zugehörigkeit des Beamten zu einer bestimmten Laufbahn abzustellen sei. Diese Abweichung sei auch entscheidungserheblich. Hätte das Berufungsgericht den Pflichtenverstoß anhand des konkret-funktionellen Amtes geprüft, so hätte es den jeweils dem Beklagten übertragenen Dienstposten feststellen müssen. Es hätte dann festgestellt, dass der Beklagte im Zeitpunkt des ihm vorgeworfenen Verhaltens im April 2003 und 2005 nicht mehr als Sachbearbeiter für Verfahren mit rechtsextremistischem und fremdenfeindlichem Hintergrund, sondern für organisierte Betäubungsmittelkriminalität zuständig gewesen sei.

5

Der Senat hat in seinen Urteilen vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - und - BVerwG 2 C 13.10 - (jeweils juris, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) für die Disziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Verhaltens den notwendigen Bezug zu den dienstlichen Pflichten eines Beamten unter Zugrundelegung des von der Beschwerde angeführten Urteils des Disziplinarsenats vom 30. August 2000 (a.a.O.) näher bestimmt und ausgeführt, dass sich die Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens entweder auf das Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinne (Dienstposten), d.h. auf die Erfüllung der dem Beamten konkret obliegenden Dienstpflichten, oder auf das Ansehen des Berufsbeamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beziehen muss (Urteile vom 19. August 2010 a.a.O., jeweils Rn. 14 m.w.N.). Ein Bezug zwischen einem außerdienstlichen Dienstvergehen zu dem Dienstposten des Beamten ist gegeben, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem Amt im konkret-funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt (Urteile vom 19. August 2010 a.a.O., jeweils Rn. 15).

6

Beim außerdienstlichen Besitz kinderpornografischer Schriften hat der Senat im Fall eines Zollinspektors einen solchen Dienstbezug verneint (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - Rn. 15). Demgegenüber hat der Senat den Dienstbezug im Fall eines Lehrers bejaht, weil ein Lehrer nach Bekanntwerden eines derartigen Fehlverhaltens bei der Aufgabenwahrnehmung zumindest stark beeinträchtigt ist. Er hat elementare Rechte gerade derjenigen Personengruppe verletzt, deren Schutz und Erziehung ihm als Dienstpflicht obliegt und anvertraut sind. Insoweit genügt die bloße Eignung, zu einem konkreten Ansehensschaden oder konkreten Übergriffen muss es nicht gekommen sein (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - Rn. 15 und 17).

7

Dies bedeutet, dass ein Dienstbezug nicht allein in den Fällen gegeben ist, in denen der Beamte auf seinem Dienstposten mit gerade denjenigen Aufgaben befasst war, die Gegenstand des ihm zur Last gelegten außerdienstlichen Fehlverhaltens sind, der Beklagte hier also nicht als Polizeibeamter dienstlich mit Verfahren mit rechtsextremistischem und fremdenfeindlichem Hintergrund befasst sein musste. Es genügt, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem Amt im konkret-funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt.

8

Von diesem Ansatz ist das Berufungsgericht nicht abgewichen. Es hat angenommen, dass das außerdienstliche Verhalten des Beklagten "aus der Sicht eines unbefangenen Betrachters den Eindruck einer inneren Abkehr von den Grundprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und die darauf gestützte Befürchtung entstehen (lasse), der Polizeivollzugsbeamte werde seinen dienstlichen Aufgaben nicht mehr unbefangen nachkommen." Damit ist es von einer Beeinträchtigung bei der Dienstausübung ausgegangen. Dass das Berufungsgericht dabei allgemein auf "Polizeivollzugsbeamte" abstellt, ist dem Umstand geschuldet, dass nach seiner Auffassung das außerdienstliche Verhalten des Beamten wegen des mit diesem Verhalten konkret einhergehenden Ansehensschadens den Beamten bei der Ausübung jeder Tätigkeit als Polizeivollzugsbeamter beeinträchtigt, unabhängig von dem konkreten Dienstposten. Das außerdienstliche Verhalten des Beklagten indiziert damit nach Auffassung des Berufungsgerichts einen Persönlichkeitsmangel, der Anlass zu Zweifeln an seiner Eignung gibt, der einem Polizeivollzugsbeamten auf jedem Dienstposten obliegenden Dienstpflicht, seine Aufgaben auf den Grundprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu erfüllen, gerecht zu werden. Dies ist nicht zu beanstanden.

9

b) Die Beschwerde sieht außerdem eine Abweichung vom Beschluss des Disziplinarsenats vom 17. Mai 2001 - BVerwG 1 DB 15.01 - (Buchholz 232 § 52 BBG Nr. 13 Rn. 38 m.w.N.), in dem der Rechtssatz aufgestellt worden sei, dass der erstmalige Verstoß gegen die beamtenrechtlichen Pflichten nach § 54 Satz 3 BBG (a.F., jetzt: § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG), der keine Verletzung der Verfassungstreuepflicht nach § 52 Abs. 2 BBG (a.F., jetzt: § 60 Abs. 1 Satz 3 BBG) darstelle, nicht mit der Höchstmaßnahme zu ahnden sei. Demgegenüber habe das Berufungsgericht formuliert, dass der Rechtsprechung der Disziplinargerichte für Fälle, in denen eine Treuepflichtverletzung nicht im Raum stehe, keine gefestigten Bemessungsregeln zu entnehmen seien, sodass unabhängig von der generellen Eignung des Delikts, die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit des Beamten zu beeinträchtigen, auf die konkreten Merkmale des Einzelfalles und die Gesamtumstände der Tat abzustellen sei. Zugleich lasse das Berufungsgericht die disziplinarrechtliche Unbescholtenheit des Beklagten außer Acht. Es weiche damit von dem dargestellten Rechtssatz des Disziplinarsenats ab, nach dem eine Disziplinarmaßnahme unterhalb der Höchstmaßnahme auszusprechen sei.

10

Entgegen der Auffassung der Beschwerde besteht die dargestellte Divergenz nicht. Die aus dem angegriffenen Urteil zitierten Sätze sind keine Rechtssätze im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, sondern tatsächliche Würdigungen des festgestellten Sachverhalts. Feste Bemessungsregeln gibt es im Disziplinarrecht nicht. Vielmehr ist nach § 13 Abs. 1 BDG - nichts anderes gilt für § 13 Bbg LDG - eine Prognoseentscheidung aufgrund einer Gesamtwürdigung zu treffen. Bei der Gesamtwürdigung haben die Verwaltungsgerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Verwaltungsgerichte eine Prognose über das voraussichtliche dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen.

11

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG bzw. § 13 Abs. 1 Satz 2 Bbg LDG richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen zunächst nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen ist. Dabei können die vom Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. zuletzt Urteile vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4 = juris Rn. 17 - 19, - BVerwG 2 C 28.06 - juris Rn. 19 - 22, vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 - 23, - BVerwG 2 C 30.05 - insoweit nicht veröffentlich in Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 = juris Rn. 29 - 36, und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 = juris Rn. 20 - 23).

12

Die vom Disziplinarsenat für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen betreffen innerdienstliches Verhalten. Für strafbares außerdienstliches Verhalten hat der Senat nun in seinen Urteilen vom 19. August 2010 (a.a.O.) die Bedeutung der gesetzlichen Strafdrohung als Orientierungsrahmen für die Maßnahmebemessung hervorgehoben. Die Anlehnung an den Strafrahmen beruht auf den gesetzgeberischen Wertungen der Begehung einer Straftat zum Nachteil des Staates in § 100 Satz 1 Nr. 2 BbG LBG a.F., § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG (für Bundesbeamte: § 48 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F., § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG) oder der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen einer vorsätzlich begangenen schwerwiegenden Straftat in § 100 Satz 1 Nr. 1 BbG LBG a.F., § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG (für Bundesbeamte: § 48 Satz 1 Nr. 1 BBG a.F., § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG; vgl. zum Ganzen: Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - Rn. 16 m.w.N.).

13

Deshalb sieht der Senat als maßgeblich für die Maßnahmebemessung die jeweilige Strafandrohung unter Berücksichtigung des Dienstbezugs der Pflichtverletzung des Beamten an. Die Anknüpfung an den Strafrahmen gewährleistet auch eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarrechtliche Ahndung von Dienstvergehen. Die Verwaltungsgerichte dürfen ihre eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts nicht an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen, wenn sie den Strafrahmen für unangemessen niedrig halten. Ebenso wie bei einer Regeleinstufung sind die Verwaltungsgerichte auch bei der Bestimmung eines Orientierungsrahmens gehalten, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden (vgl. Urteile vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - Rn. 22 und - BVerwG 2 C 13.10 - Rn. 25).

14

Der Senat hat bei einem Strafrahmen von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bei Fehlen jeglichen Dienstbezuges allenfalls eine Disziplinarmaßnahme im unteren Bereich für angemessen erachtet (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - Rn. 23) und bei einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren die Zurückstufung als Orientierungsrahmen für die Maßnahmebemessung angesehen (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - Rn. 26). Kommt ein Dienstbezug hinzu, so kann der Orientierungsrahmen bei einem Strafrahmen bis zu einem Jahr ebenfalls die Zurückstufung, bei einem Strafrahmen bis zu zwei Jahren sogar die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sein (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - Rn. 23 f.).

15

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist festzustellen, dass die vom Beklagten verwirklichten Strafdelikte nach § 86 Abs. 1 StGB (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen) und § 86a Abs. 1 StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) jeweils mit einer Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren geahndet werden können. Dieser gesetzliche Strafrahmen lässt es wegen des vom Berufungsgericht gleichfalls bejahten Dienstbezugs zu, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Orientierungsrahmen zu nehmen. Dies gilt selbst dann, wenn das Berufungsgericht - wie vorliegend - keine Verletzung der Verfassungstreuepflicht festgestellt hat, weil es hierauf angesichts des hohen Strafrahmens bei der Bestimmung des Orientierungsrahmens nicht mehr ausschlaggebend ankommt. Gleichwohl ist mit Blick auf die Ausführungen in der Beschwerde festzuhalten, dass ein so bestimmter Orientierungsrahmen lediglich Ausgangspunkt der Bemessungsentscheidung ist. Hiervon ausgehend haben die Gerichte zu prüfen, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist. Danach kann die Disziplinarmaßnahme sowohl höher als auch niedriger ausfallen.

16

c) Die Beschwerde sieht außerdem eine Abweichung von dem in dem Urteil des Wehrdisziplinarsenats vom 20. Mai 1983 - BVerwG 2 WD 11.82 - (BVerwG 83, 136) aufgestellten Rechtssatz, vorsätzlich im Sinne des Disziplinarrechts handele, wer alle Tatumstände mit Wissen und Wollen verwirkliche, die in ihrer Gesamtheit das Dienstvergehen bildeten. Das Berufungsgericht habe demgegenüber auf S. 15 f. seines Urteils "zwischen den Zeilen" den Rechtssatz aufgestellt, vorsätzlich im Sinne des Disziplinarrechts handele, wer einen Großteil der Tatumstände mit Wissen und Wollen verwirkliche. Es hätte prüfen müssen, ob der Beklagte eine etwaige Wahrnehmbarkeit seines auf ausländischem Boden gezeigten Verhaltens im Inland in seinen Vorsatz einbezogen habe.

17

Auch diese Ausführungen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision, denn der genannten Entscheidung liegen zum einen andere Normen zugrunde. Zum anderen ergibt sich aus den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts nicht, dass der Beklagte insoweit zumindest geltend gemacht haben könnte, nicht vorsätzlich gehandelt zu haben. Verfahrensrügen hat der Beklagte nicht erhoben.

18

Unabhängig davon lässt sich der von der Beschwerde zwischen den Zeilen herausgelesene Rechtssatz den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht einmal im Ansatz entnehmen. Nach § 19 Satz 3 BbG LBG a.F. muss das Verhalten des Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 BbG LBG a.F. ist ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des öffentlichen Dienstes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Beide Vorschriften enthalten keine Einschränkung im Hinblick auf den Tatort und erfassen außerdienstliches Verhalten des Beamten unabhängig davon, ob es im Inland oder im Ausland gezeigt wird. Zutreffend hat das Berufungsgericht deshalb auf eine Eignung zur Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen, weil das Verhalten unabhängig vom Handlungsort ernsthafte Zweifel daran aufkommen lasse, ob der Beamte verlässlich zu den Prinzipien von Menschenwürde, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit stehe und bereit sei, diese Werte aktiv zu verteidigen. Dies gilt unabhängig von der Möglichkeit der Wahrnehmbarkeit des Verhaltens durch Dritte und unabhängig vom Tatort. Denn § 43 Abs. 1 Satz 2 BbG LBG a.F. stellt auf die besondere Eignung des außerdienstlichen Verhaltens ab, Achtung und Vertrauen in einer für das Amt oder das Ansehen des öffentlichen Dienstes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen, verlangt nach seinem eindeutigen Wortlaut also gerade keine konkrete Beeinträchtigung. Dementsprechend hat das Berufungsgericht auch an keiner Stelle seiner Ausführungen eine etwaige Wahrnehmbarkeit des auf ausländischem Boden gezeigten Verhaltens des Beamten im Inland für erforderlich erachtet.

19

Schließlich ging es bei der von der Beschwerde herangezogenen Entscheidung des Wehrdisziplinarsenats um eine ganz andere Frage. Der Wehrdisziplinarsenat hat im Urteil vom 20. Mai 1983 (a.a.O.) auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 SG entschieden und in Abgrenzung zum Verbotsirrtum im konkreten Fall einen Tatbestandsirrtum angenommen (juris Rn. 500 f.). Es sei danach zu unterscheiden, ob der Soldat gewusst habe, dass er das ihm vorgeworfene Verhalten begangen, es aber für nicht pflichtwidrig gehalten habe - in diesem Fall handele es sich um einen Verbotsirrtum -, oder ob das ihm angelastete Verhalten nicht vollständig von seiner Vorstellung, von seinem Wissen und Wollen umfasst gewesen sei, so dass er über einen Tatumstand mit der Folge geirrt habe, dass er allenfalls fahrlässig gehandelt haben könnte. Hier habe der Soldat nicht darüber geirrt, ob die Unterstützung einer verfassungsfeindlichen Partei pflichtwidrig sei, sondern sein Irrtum habe sich auf die Verfassungsfeindlichkeit der Zielsetzung der Partei bezogen (juris Rn. 501).

20

Hierum geht es aber vorliegend nicht. Der Beamte kannte alle Tatumstände, aus denen sich die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens ergab.

21

d) Schließlich rügt die Beschwerde: Das Berufungsgericht sei in zwei Einzelfällen zu einer unterschiedlichen Gesamtprognose gelangt. Dadurch habe es "zwischen den Zeilen" in Abweichung von den Urteilen des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Januar 2004 - BVerwG 1 D 33.02 - (juris) und vom 21. Februar 1989 - BVerwG 1 D 108.87 - (DokBer 1989 S. 125 f.), einen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, dass wesentlich Gleiches im Disziplinarrecht unterschiedlich zu würdigen sei.

22

Aus einem Vergleich zwischen zwei Urteilen eines Gerichts, das aufgrund von Einzelfallwürdigungen zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt, kann eine Divergenz nicht begründet werden. Die von der Beschwerde behauptete nahezu vollständige Sachverhaltskongruenz liegt im Übrigen nicht vor.

(1) Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident kann jederzeit die nachfolgend genannten politischen Beamtinnen und politischen Beamten in den einstweiligen Ruhestand versetzen, wenn sie Beamtinnen auf Lebenszeit oder Beamte auf Lebenszeit sind:

1.
Staatssekretärinnen und Staatssekretäre sowie Ministerialdirektorinnen und Ministerialdirektoren,
2.
sonstige Beamtinnen und Beamte des höheren Dienstes im auswärtigen Dienst von der Besoldungsgruppe B 3 an aufwärts sowie Botschafterinnen und Botschafter in der Besoldungsgruppe A 16,
3.
Beamtinnen und Beamte des höheren Dienstes des Militärischen Abschirmdienstes, des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes von der Besoldungsgruppe B 6 an aufwärts,
4.
die Chefin oder den Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, deren oder dessen Stellvertretung und die Stellvertretende Sprecherin oder den Stellvertretenden Sprecher der Bundesregierung,
5.
die Generalbundesanwältin oder den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof,
6.
(weggefallen)
7.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundeskriminalamtes,
8.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums,
9.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr,
10.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr,
11.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr,
12.
die Präsidentin oder den Präsidenten der Generalzolldirektion,
13.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und
14.
die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik.
Satz 1 gilt nur für Beamtinnen und Beamte, deren Ernennung zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem das ihnen übertragene Amt in Satz 1 aufgenommen war, oder sich ein Gesetzentwurf zur Aufnahme einer entsprechenden Regelung im Gesetzgebungsverfahren befand.

(2) Gesetzliche Vorschriften, nach denen andere politische Beamtinnen und politische Beamte in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, bleiben unberührt.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten sowie früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie

1.
sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen,
2.
an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
gegen die Verschwiegenheitspflicht, gegen die Anzeigepflicht oder das Verbot einer Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses oder gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen verstoßen oder
4.
einer Verpflichtung nach § 46 Absatz 1, 2, 4 oder 7 oder § 57 schuldhaft nicht nachkommen.
Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt auch für frühere Beamtinnen mit Anspruch auf Altersgeld und frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld.

(3) Die Verfolgung von Dienstvergehen richtet sich nach dem Bundesdisziplinargesetz.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Gründe

1

Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit nach § 67 Satz 1, § 3 Abs. 1 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - LDG NRW - i.V.m. § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil das Berufungsurteil auf dem vom Beklagten der Sache nach geltend gemachten Verstoß gegen § 108 Abs. 2 VwGO beruhen kann. Dagegen hat der Beklagte nicht dargelegt, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO oder wegen Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen ist.

2

1. Der 1956 geborene Beklagte steht seit 2001 als Professor für das Fach „Angewandte Biologie, insbesondere Molekularbiologie und Labormedizin“ (Besoldungsgruppe C 3 BBesO) im Dienst der Klägerin. In genehmigter Nebentätigkeit war der Beklagte zugleich Geschäftsführer zweier privater Unternehmen. Durch rechtskräftig gewordenen Strafbefehl vom Juli 2008 verurteilte ihn das Amtsgericht wegen Betrugs und Subventionsbetrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Darin wurde dem Beklagten zur Last gelegt, in den Jahren 2004 und 2006 Scheinangebote nach Vorgaben des damaligen Prorektors der Klägerin abgegeben oder im Zuge von Förderanträgen unzutreffende Angaben gemacht zu haben, um dadurch zu Unrecht Fördermittel des Landes, seines damaligen Dienstherrn, in Höhe von insgesamt ca. 600 000 € zugunsten der Klägerin zu erlangen.

3

Auf die darauf gestützte und auf Entfernung aus dem Dienst gerichtete Disziplinarklage hat das Verwaltungsgericht gegen den Beklagten auf eine Kürzung der Dienstbezüge erkannt. Das Oberverwaltungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil auf Berufung der Klägerin geändert und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. In den Gründen des Berufungsurteils heißt es im Wesentlichen, der Beklagte habe, um der Klägerin als einer gegenüber dem Land Nordrhein-Westfalen selbständigen Körperschaft einen unberechtigten Vermögensvorteil zu verschaffen, an einer Täuschungsaktion gegenüber dem zuständigen Ministerium mitgewirkt, indem er mit falschen Angaben Fördergelder beantragt habe. Bei der Maßnahmebemessung sei insbesondere der Gesamtschaden von Bedeutung. Mildernd möge zwar zu berücksichtigen sein, dass die vom Land bereitgestellten 450 000 € den Zuwendungszweck zwar verfehlt, aber nicht völlig wertlos ausgefallen seien. Erschwerend wirke sich indes aus, dass es sich um zwei Betrugsstraftaten handele und der Beklagte mit hoher krimineller Energie gehandelt habe. Besonders schwerwiegend sei, dass der Beklagte als Hochschullehrer und damit in einer besonderen Vertrauensposition versagt habe. Von einem Hochschullehrer werde erwartet, dass er mit den der Hochschule oder hochschuleigenen Einrichtungen zugewiesenen Mitteln absolut zuverlässig umgehe und Fehlverhalten anderer Hochschulangehöriger entgegentrete.

4

2. Die Revision ist nicht wegen der von der Beschwerde geltend gemachten Divergenz zuzulassen (§ 67 Satz 1, § 3 Abs. 1 LDG NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

5

Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Die Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge dagegen nicht. Das Revisionszulassungsrecht kennt - anders als die Vorschriften zur Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) - den Zulassungsgrund ernstlicher Richtigkeitszweifel nicht (BVerwG, Beschluss vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - NVwZ 2014, 1174 Rn. 3 m.w.N.).

6

Die mit der Beschwerde geltend gemachte Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. September 2001 (- 1 D 32.00 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 18) liegt schon deshalb nicht vor, weil die Entscheidungen nicht zu derselben Rechtsvorschrift ergangen sind (vgl. zu diesem Erfordernis etwa BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 f. und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - NVwZ 2014, 1174 Rn. 4 f.). Überdies ist die Bundesdisziplinarordnung, die dem von der Beschwerde benannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde lag, zwischenzeitlich außer Kraft getreten (vgl. zum Erfordernis einer noch gültigen Rechtsnorm: BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 1996 - 7 B 94.96 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 5 S. 4). Vor allem aber legt die Beschwerde nicht dar, dass das Oberverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Senats in der zitierten Entscheidung abgewichen sei. Sie arbeitet keine Rechtssätze aus diesem Urteil heraus, zu denen sie eine Divergenz sieht, und benennt keine Rechtssätze des Oberverwaltungsgerichts, die zu solchen Rechtssätzen divergieren könnten. Vielmehr rügt sie allein die vermeintlich unrichtige Rechtsanwendung im Einzelfall, insbesondere das aus ihrer Sicht zu hohe Disziplinarmaß bei einem Betrug ohne Eigenbereicherungsabsicht.

7

3. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 67 Satz 1, § 3 Abs. 1 LDG NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

8

Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Beschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - NVwZ-RR 2015, 50 Rn. 7).

9

Die vom Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nach § 13 BDG für eine Dienstpflichtverletzung durch innerdienstlichen Betrug ohne eigenes wirtschaftliches Interesse und potentiell zugunsten des Dienstherrn auf die für die Ahndung von Vermögensdelikten zum Nachteil des Dienstherrn oder Dritter ergangene Rechtsprechung über die Maßnahmebemessung vorrangig auf die Schadenshöhe abzustellen ist, lässt sich auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu den Grundsätzen der Zumessungsentscheidung auch ohne die Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.

10

Die Entscheidung über die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 13 Abs. 1 LDG NRW). Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild der Beamtin oder des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt worden ist (§ 13 Abs. 2 LDG NRW). Wer durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW).

11

In Fällen des innerdienstlichen Betrugs zum Nachteil des Dienstherrn ist der Beamte in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zu dem Beamten vorhanden ist. Erschwerungsgründe können sich z.B. aus Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlung im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht, z.B. mit Urkundenfälschungen, stehen (stRspr, BVerwG, Urteile vom 28. November 2000 - 1 D 56.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 23 S. 7, vom 26. September 2001 - 1 D 32.00 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 18 S. 9 und Beschluss vom 10. September 2010 - 2 B 97.09 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 14 Rn. 8). Aus der Senatsrechtsprechung lässt sich der Grundsatz ableiten, dass bei einem Gesamtschaden von über 5 000 € die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein kann (BVerwG, Beschluss vom 10. September 2010 - 2 B 97.09 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 14 Rn. 8). Die Höhe des Gesamtschadens ist danach ein Erschwerungsgrund neben anderen.

12

Soweit die Beschwerde mit der von ihr aufgeworfenen Frage bei innerdienstlichen Vermögensdelikten nach solchen mit und ohne eigenes wirtschaftliches Interesse und nach Vermögensdelikten zugunsten oder zulasten des Dienstherrn differenziert, ist sie nicht klärungsbedürftig, weil die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Maßnahmebemessung eine solche Differenzierung nicht kennt. Sie ist auch nicht in verallgemeinerungsfähiger Form klärungsfähig, weil die Bedeutung dieser Umstände für die Maßnahmebemessung nur aufgrund einer Einzelfallwürdigung am Maßstab des § 13 LDG NRW (§ 13 BDG) ermittelt werden kann.

13

4. Die Beschwerde hat allerdings unter dem Gesichtspunkt eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) Erfolg, soweit sie rügt, die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nehme als besonderen Erschwerungsgrund für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme an, dass der Beklagte als Hochschullehrer versagt habe, weil Hochschullehrer gegenüber Studierenden und Bediensteten eine besondere Vertrauensstellung hätten. Dabei ist unerheblich, dass in der Beschwerde zu diesem Gesichtspunkt der Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht ausdrücklich benannt worden ist. Da die Beschwerde den Verfahrensmangel der Sache nach hinreichend substantiiert dargelegt hat, ist die fehlerhafte Einordnung unter den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unschädlich (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. September 2008 - 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 Rn. 4 und zuletzt vom 6. Mai 2014 - 2 B 68.13 - juris Rn. 8; vgl. zur Berücksichtigung der Vorgaben aus Art. 19 Abs. 4 GG im Zulassungsrecht auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. Juni 2005 - 1 BvR 2615/04 - BVerfGK 5, 369).

14

Der Sache nach erhebt die Beschwerde eine Gehörsrüge (§ 108 Abs. 2 VwGO), weil das Oberverwaltungsgericht den Status des Beklagten als Hochschullehrer bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme erschwerend berücksichtigt hat, ohne darauf zuvor hinzuweisen.

15

Der in Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verankerte Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs garantiert den Beteiligten eines Gerichtsverfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass der Entscheidung zu äußern und dadurch die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen (BVerfG, Plenumsbeschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <408 f.>). Hieraus ergibt sich zwar keine allgemeine Frage- oder Aufklärungspflicht des Richters. Ein Gericht verstößt aber dann gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und das Gebot eines fairen Verfahrens, wenn es ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (stRspr; vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190>, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1934/93 - BVerfGE 96, 189 <204>, Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 1 BvR 10/99 - BVerfGE 108, 341 <345 f.> und BVerwG, Beschluss vom 12. November 2014 - 2 B 67.14 - ZBR 2015, 92 Rn. 10).

16

Nach diesen Maßstäben hätte das Oberverwaltungsgericht den Beklagten spätestens in seiner Berufungsverhandlung darauf hinweisen müssen, dass es seine Amtsstellung als Hochschullehrer im Rahmen der Maßnahmebemessung erschwerend berücksichtigen will. Damit musste der Beklagte nach dem Gesamtverlauf des Verfahrens nicht rechnen, so dass die Würdigung des Gerichts als „überraschend“ zu beurteilen ist.

17

Im angefochtenen Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht im Rahmen der Gesamtwürdigung zulasten des Beklagten darauf abgestellt, dass er als Hochschullehrer und damit in einer besonderen Vertrauensposition versagt habe. Der Status des Beklagten als Hochschullehrer, von dem erwartet werde, dass er mit den der Hochschule zugewiesenen Mitteln absolut zuverlässig umgehe und dem Fehlverhalten anderer Hochschulangehöriger entgegentrete, führe dazu, dass das Vertrauen sowohl seines Dienstherrn als auch der Allgemeinheit durch Straftaten in besonderer Weise erschüttert werde.

18

Dieser Gesichtspunkt war im gesamten bisherigen Disziplinarverfahren nicht für bedeutsam erachtet worden. Weder in der Klageschrift noch im Urteil des Verwaltungsgerichts ist dieser Aspekt auch nur erwähnt worden. Die Beteiligten haben den Status des Beklagten als Hochschullehrer der Besoldungsgruppe C 3 BBesO in ihrem Vorbringen vor dem Oberverwaltungsgericht in Bezug zur Bemessung der Disziplinarmaßnahme nicht diskutiert. Auch in den ausführlichen Hinweisen des Senatsvorsitzenden des Oberverwaltungsgerichts zur Maßstabsbildung zu Beginn der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts vom 17. Juli 2013 (Bl. 319 OVG-Akte) wird der Status des Beklagten - anders als etwa das Kriterium der Schadenshöhe - nicht als besonderer Erschwerungsgrund für die disziplinare Maßnahmebemessung benannt.

19

Dies gilt umso mehr, als ein „Hochschullehrer-Malus“ für innerdienstliche Vermögensdelikte in der bisherigen Disziplinar-Rechtsprechung nicht angenommen worden ist. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht den Rückgriff auf die Amtsstellung bei Polizeibeamten (für innerdienstliche Pflichtverletzungen allerdings nur, wenn diese unter Ausnutzung ihrer dienstlichen Stellung begangen wurden: BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 20) oder für Lehrer (allerdings nur, soweit ein Dienstbezug zur Aufgabenwahrnehmung vorliegt; Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 15 sowie Beschluss vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 11) unter bestimmten Umständen gebilligt. Entsprechende Entscheidungen für Hochschullehrer liegen indes nicht vor.

20

Der Beklagte hatte daher weder im Hinblick auf den konkreten Prozessverlauf noch in Anbetracht der einschlägigen Rechtsprechung Anlass, zur besonderen Bedeutung der Amtsstellung eines Hochschullehrers für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bei innerdienstlichen Vermögensdelikten Stellung zu nehmen.

21

Von seiner Äußerungsmöglichkeit hat der Beklagte im Übrigen nunmehr im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens Gebrauch gemacht und darauf hingewiesen, dass er seine Stellung als Hochschullehrer in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 126, 1) eher wissenschaftsrechtlich als beamtenrechtlich verstehe. Zudem liege keine Rechtsprechung der Disziplinargerichte zur Maßnahmebemessung vor, die sich auf das Statusamt eines Professors an einer Fachhochschule beziehe. Schließlich sei er bloßer „Mitläufer“ gewesen, der die ihm disziplinarisch vorgehaltenen Taten auf Veranlassung der Leitungskräfte der Hochschule begangen habe.

22

Mit diesen Gesichtspunkten hat sich das Oberverwaltungsgericht bislang nicht auseinandergesetzt, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die angegriffene Entscheidung auf dem unterlassenen Hinweis beruht.

23

Die weiteren Verfahrensrügen greifen nicht durch. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

24

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass Umstände, die die Schwere des Dienstvergehens, d.h. dessen Unrechtsgehalt kennzeichnen, dem Beklagten im Rahmen der Maßnahmebemessung nicht nochmals angelastet werden dürfen (BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - NVwZ-RR 2015, 50 Rn. 49).

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.

Der 19... in E. geborene Beklagte beendete seine Schullaufbahn 1976 mit dem qualifizierenden Hauptschulabschluss. Anschließend absolvierte er eine Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker bei der II. Bereitschaftspolizeiabteilung in E. Zum 1. Oktober 1979 trat er als Polizeiwachtmeisteranwärter unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Polizeidienst ein. Mit Wirkung zum 1. Oktober 1980 wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister und zum 1. Februar 1983 - nach Bestehen der Laufbahnprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfungsnote „befriedigend“ (3,50) - zum Polizeihauptwachtmeister ernannt. Mit Wirkung vom 1. Februar 1985 folgte die Ernennung zum Polizeimeister. Zum 7. Januar 1986 wurde der Beklagte in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und mit Wirkung vom 1. Februar 1988 zum Polizeiobermeister, mit Wirkung vom 1. April 1994 zum Polizeihauptmeister und mit Wirkung vom 1. Oktober 2003 zum Polizeihauptmeister mit Amtszulage ernannt.

Im Jahr 2001 erkrankte der Beklagte an Krebs. Aufgrund der Folgewirkungen wurde ihm zunächst durch das Versorgungsamt München II die Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX zuerkannt und ein Grad der Behinderung von 60 festgestellt, der mit Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales, Region Oberpfalz, Versorgungsamt vom 10. Januar 2010 auf einen Grad von 40 reduziert wurde. Mit Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 28. September 2012 wurde der Beklagte gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Seit April 1998 bis zu seiner Suspendierung verrichtete der Beklagte Dienst als Wach- und Streifenbeamter bei der zum Polizeipräsidium Mittelfranken gehörenden Polizeiinspektion W./Bayern. Er ist verheiratet und Vater von zwei 1994 und 1996 geborenen Kindern. Er bezieht gekürzte monatliche Einkünfte aus der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage.

In seiner letzten periodischen Beurteilung 2008 erhielt der Beklagte 6 Punkte.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit seit 27. September 2011 rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011 (Az. Cs 1061 Js 5159/11) wurde der Beklagte wegen Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB zu einer Geldstrafe in Höhe von 65 Tagessätzen à je

[50],- Euro verurteilt.

Im Strafbefehl wurden folgende Feststellungen getroffen:

„Am 11. Dezember 2010 wurde dem Geschädigten O. M. im Raum W. sein Fahrrad der Marke Centurion Cross Line 300 RH 55 08 mit der Rahmennummer P7LWUO354 entwendet. Es gelangte dann als Fundsache zur Polizeiinspektion W. Der Beklagte war als Polizeibeamter der Polizeiinspektion W. u. a. mit der Bearbeitung von Fahrraddiebstählen und Fahrradfunden befasst und dokumentierte am 12. Januar 2011 diesen Fahrradfund unter Angabe der o.g. Rahmennummer im Polizeisystem.

Das dem Geschädigten M. am 11. Dezember 2010 entwendete Fahrrad war zu diesem Zeitpunkt unter der Rahmennummer PLWUO354 zur Fahndung ausgeschrieben, nachdem bei der Anzeigenerstattung ein Schriftstück des Fahrradhändlers vorgelegt wurde, auf dem diese Rahmennummer notiert war.

Die fahndungsmäßige Überprüfung des Fundrades durch den Beklagten ergab aufgrund der von ihm nicht zu verantwortenden Abweichung in einer Ziffer der Rahmennummer keine Übereinstimmung mit der bestehenden Sachfahndung. Es befand sich kein Asservatenzettel am Fahrrad.

Nachdem dem Beklagten damit nach ordnungsgemäßer Vorgangsbearbeitung formal eine Zuordnung nicht möglich gewesen war, wurde von ihm dokumentiert, das Fahrrad zum Fundamt gebracht zu haben. Dies erfolgte jedoch nicht. Eine Fundanzeige bzw. Übergabebestätigung liegt nicht vor. Der Beklagte nahm das Fahrrad nach Hause, um es seinem Sohn zum Geburtstag zu schenken. Mit seinem Wissen (und Wollen) wurde es am 13. Juni 2011 bei einer Internetauktion in eBay unter dem Account „85michl“, der seiner Ehefrau zugeordnet ist, zum Verkauf angeboten, da der Sohn das Fahrrad nicht behalten wollte.

Das Fahrrad hatte einen Wert von mindestens 230,- Euro. Obwohl der Beklagte wusste, dass er verpflichtet gewesen wäre, das Rad wieder zurückzugeben, behielt er es für sich und verfügte darüber wie ein Eigentümer.“

III.

Mit sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 22. Juni 2011 ordnete das Polizeipräsidium Mittelfranken gegenüber dem Beklagten ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte an, nachdem gegen den Beklagten wegen des Verdachts der Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden war. Mit Schreiben gleichen Datums des Polizeipräsidiums Mittelfranken wurde im Hinblick auf diesen Vorwurf wegen Verstoßes gegen die Pflicht, die Gesetze einzuhalten und gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren gemäß Art. 19 Abs. 1 BayDG eingeleitet und aufgrund der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt. Das Disziplinarverfahren wurde vom Polizeipräsidium M. mit Schreiben vom 29. November 2011 übernommen und nach Abschluss des Strafverfahrens fortgesetzt. Mit Schreiben der Disziplinarbehörde vom 20. März 2012 wurde dem Beklagten die Gelegenheit zur abschließenden Äußerung gegeben, von der der Beklagte mit Schreiben vom 27. April 2012 Gebrauch machte. Gleichzeitig beantragte er die Beteiligung der Personal- und Schwerbehindertenvertretung. Diese wurden mit Schreiben des Polizeipräsidiums vom 13. August 2012 beteiligt.

Mit Schreiben vom 29. August 2012 äußerte sich der Personalrat beim Polizeipräsidium Mittelfranken und erhob gegen die Erhebung der Disziplinarklage keine Einwände. Allerdings wurde mitgeteilt, dass eine disziplinarrechtliche Ahndung unterhalb der Höchstmaßnahme einstimmig für ausreichend erachtet werde, da nach Auffassung des Personalrats die entlastenden Faktoren nicht umfänglich in die Entscheidung miteinbezogen worden seien.

Mit Bescheid des Polizeipräsidiums M. vom 4. April 2012 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und 25 Prozent seiner Dienstbezüge einschließlich der jährlichen Sonderzuwendung einbehalten.

IV.

Am 7. Dezember 2012 erhob das Polizeipräsidium M. Klage beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Grundlage hierfür war der Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011, in dem gegen den Beklagten wegen Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB eine Geldstrafe in Höhe von 65 Tagessätzen à je 50,- Euro verhängt worden war.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. Dezember 2013 wurde der Beklagte wegen eines Dienstvergehens in das Amt eines Polizeiobermeisters (A 8) zurückgestuft. Das Gericht halte die dem Beklagten zur Last gelegten Vorfälle für erwiesen. Diese würden die verhängte Disziplinarmaßnahme im tenorierten Umfang rechtfertigen. Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit lägen nicht vor und seien auch nicht vorgetragen. Die Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache stelle grundsätzlich ein schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen dar und sei nach den Grundsätzen zu bewerten, die für den Zugriff auf dienstlich anvertrautes oder zugängliches Gut gelten. Hier stehe regelmäßig die Höchstmaßnahme im Raum, Ausnahmen hiervon könnten nur in engen Grenzen zugelassen werden. Vorliegend würde eine Reihe von Umständen für die Annahme sprechen, dass es sich um eine Kurzschlusstat des Beklagten handle, der sich sonst stets einwandfrei geführt habe. In dieser Hinsicht sei zunächst bedeutsam, dass es sich bei dem unterschlagenen Gegenstand um ein - zum Zeitpunkt der Tat einem bekannten Eigentümer nicht zuordenbares - Fundfahrrad gehandelt habe, das letztlich bei normalem weiteren Geschehensablauf im Rahmen einer Fundversteigerung mit voraussichtlich nicht dem wahren Wert entsprechenden Erlös versteigert worden wäre. Dieser Umstand sei aus Sicht des Gerichts nachvollziehbar dazu geeignet gewesen, das Unrechtsbewusstsein des Beklagten im Sinne eines „Augenblickversagens“ zu mindern, auch wenn ihm bewusst gewesen sei, dass das Fahrrad nicht wertlos gewesen sei. Diese Einschätzung dränge sich umso mehr auf, weil es sich bei dem Beklagten nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck ganz offensichtlich um eine einfach strukturierte Persönlichkeit handle, die zudem erkennbar unter dem Einfluss der selbstbewussten Ehefrau stehe. Entgegen der Auffassung der Klägerseite lasse sich aus dem anschließenden Verhalten des Beklagten, insbesondere dem Versuch, das Fahrrad per ebay zu verkaufen, nicht zwingend schließen, dass er jedenfalls nachträglich die Unrechtmäßigkeit seiner Tat in vollem Umfang erkannt habe. Auch insoweit sei zugunsten des Beklagten beachtlich, dass er diesen Verkaufsversuch nicht selbst initiiert, sondern die diesbezüglichen Bemühungen seiner Ehefrau eher „erduldet“ habe. Diese Besonderheiten des Geschehensablaufs in Verbindung mit den Persönlichkeitsmängeln rechtfertigten es aus Sicht des Gerichts, im vorliegenden Einzelfall unter dem Gesichtspunkt eines einmaligen kurzschlussartigen Versagens ausnahmsweise von der an sich verwirkten Höchstmaßnahme abzusehen. Aufgrund der gleichwohl verbleibenden Schwere der Verfehlung sei es jedoch nicht vertretbar, den Beklagten in seinem bisherigen Beförderungsamt zu belassen. Vielmehr sei er in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt, und zwar in das Amt eines Polizeiobermeisters, zu versetzen. Diese Disziplinarmaßnahme, die sich im Rahmen der obergerichtlichen Rechtsprechung halte, sei nicht zuletzt wegen ihrer Außenwirkung geeignet, dem Beklagten und seiner Umgebung nachdrücklich vor Augen zu führen, wie schwer sein Dienstvergehen zu werten sei.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 7. März 2014, am 2. April 2014 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. Dezember 2013 aufzuheben und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Im Rahmen der Berufungsbegründung wurde vorgetragen, dass das Verwaltungsgericht das ihm bei der Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme zustehende Entscheidungsermessen nicht fehlerfrei ausgeübt habe und das Dienstvergehen des Beamten zu seiner Entfernung aus dem Dienst führen müsse. Der Beklagte habe das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren, sein weiterer Verbleib im Dienst sei nicht hinnehmbar. Vorliegend sei weder ein von der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund zu erkennen noch lägen in der Persönlichkeit des Beamten besondere Umstände vor, die bei prognostischer Gesamtwürdigung das Bestehen eines Restbestands an Vertrauen rechtfertigen würden. An einer plötzlich entstandenen Versuchungssituation, in der der Beamte situationsbedingt versagt habe, fehle es vorliegend. Der Beklagte habe das Fahrrad während seiner Dienstzeit von seiner Dienststelle, an der sich regelmäßig noch weitere, vergleichbare Fundsachen befänden, an sich genommen und in seine Privatwohnung verbracht. Er habe damit bei der Ausübung einer ihm anvertrauten Tätigkeit, nämlich beim alltäglichen Umgang mit aufgefundenen Gegenständen, versagt. Es sei wesentlich erschwerend zu berücksichtigen, dass der Beklagte als Polizeivollzugsbeamter auch dienstlich mit der Sachbearbeitung von Fundgegenständen befasst gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehöre zur einmaligen Gelegenheitstat ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität. Auch hieran fehle es aufgrund der durchdachten Vorgehensweise des Beklagten. Das Fahrrad habe sich bereits ein halbes Jahr in polizeilicher Verwahrung befunden als der Beklagte es planvoll, überlegt und vorsätzlich an sich genommen habe, um es seinem Sohn zu schenken; überdies habe er auch noch einen Vermerk für die Akten angefertigt, aus dem sich ergebe, dass er das Fahrrad zum Fundamt gebracht habe. Ein einmaliges, von außen auf seine Willensbildung einwirkendes Ereignis, das ihn in die Versuchung hätte bringen können, sich an dem Fahrrad zu vergreifen, habe nicht vorgelegen. Solche Gründe seien auch nicht vorgetragen worden. Die Annahme einer Augenblickstat werde auch dadurch weitgehend entwertet, dass der Beklagte an seinem Entschluss, das Fahrrad zu behalten, festhielt, obwohl sein Sohn dieses nicht haben wollte. Er hätte dies auch zum Anlass nehmen können, seine Tat zu überdenken und das Fahrrad zurückzubringen.

Auch die weiteren, vom Verwaltungsgericht ausgeführten Bemessungsgesichtspunkte würden es nicht gebieten, von einer Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen. Dem Kläger erschließe es sich nicht, wie es zu einer Minderung des Unrechtsbewusstseins führen könne, dass das Fahrrad im Rahmen einer Fundversteigerung wahrscheinlich unter seinem Wert von 230,- Euro versteigert worden wäre. Hierbei sei anzunehmen, dass das Fahrrad auch in diesem Rahmen deutlich die von der Rechtsprechung angenommene Geringwertigkeitsgrenze von ca. 50,- Euro überschritten hätte, so dass der Wert des Fahrrads keinen Milderungsgrund in Form der Geringwertigkeit begründen könne. Im Übrigen würden Fundgegenstände in der Regel unter ihrem tatsächlichen Warenwert versteigert. Dies könne aber nicht regelmäßig zu einer generellen Minderung des Unrechtsbewusstseins bei Unterschlagung von Fundsachen führen. Eine Fundunterschlagung durch einen in diesem Aufgabenfeld tätigen Polizeibeamten sei geeignet, das Ansehen des Beamten und der Beamtenschaft in ganz erheblichem Maße zu beeinträchtigen. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, der Beklagte habe die Unrechtmäßigkeit seiner Tat eventuell nicht in vollem Umfang erkannt, ihm sei zugute zu halten, dass er unter dem Einfluss seiner selbstbewussten Ehefrau stünde, die das Fahrrad bei eBay eingestellt habe, könnten ebenfalls ein Abrücken von der Höchstmaßnahme nicht rechtfertigen. Im Hinblick auf seinen Status und seine dienstliche Befassung mit Fundgegenständen sei dem Beklagten sehr wohl bewusst gewesen, was er getan habe, als er das Fahrrad mit nach Hause genommen habe. Eine diesbezügliche Einwirkung der Ehefrau sei nicht erkennbar und könne deshalb nicht mildernd beim Entschluss des Beklagten hinsichtlich der Aneignung des Fahrrads berücksichtigt werden. Gleiches gelte für die wahrheitswidrige Dokumentation in der polizeilichen Vorgangsverwaltung, das Fahrrad zum Fundamt gebracht zu haben.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt im Schriftsatz vom 13. Mai 2014,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Rahmen der Abgabe des Rads an den Bauhof habe sich der Beklagte in einer Versuchungssituation befunden, hierbei sei es entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat gekommen.

Zum Zeitpunkt der Mitnahme des Fahrrads sei der Beklagte der festen Überzeugung gewesen, es handle sich hierbei um einen derelinquierten Gegenstand, dessen (ehemaliger) Eigentümer bzw. Besitzer angesichts des inzwischen verstrichenen Zeitraums offensichtlich kein Interesse mehr an einer Wiedererlangung habe. Den Wert habe er aufgrund der dargelegten Gegebenheiten als gering eingeschätzt. Eine Vorstellung vom tatsächlichen Wert habe er nicht gehabt. Dies belege auch die Tatsache, dass die Ehefrau des Beklagten das Fahrrad ohne Mindestgebot bei Ebay eingestellt habe. Nach eigener Aussage habe sie mit einem Erlös von maximal 40,-bis 50,- Euro gerechnet.

Es treffe auch nicht zu, dass eine Gelegenheitstat nur dann vorliege, wenn sie insgesamt ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität aufweise. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stehe es der Annahme der Spontanität eines Tatentschlusses nämlich nicht entgegen, dass dieser konsequent, überlegt und planvoll ausgeführt werde. Eine Milderung komme auch dann in Betracht, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt habe und wenn die die Versuchung auslösende Situation geeignet sei, ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Spontanität und Unüberlegtheit herbeizuführen. Angesichts des Fahrrads, das offenbar von niemandem vermisst worden sei, habe eine solche besondere Versuchungssituation bestanden. Im entscheidenden Augenblick habe der Beamte buchstäblich keine klaren Vorstellungen über die rechtlichen Folgen seiner Tat gehabt, die seiner Persönlichkeit fremd sei. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er stets ein untadeliges Verhalten an den Tag gelegt. Auch bei der Entgegennahme von Bargeld im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit sei die Abrechnung des Beklagten immer unverzüglich, korrekt und ohne Auffälligkeiten erfolgt. Dies würde auch von seinen Dienstvorgesetzten so bestätigt werden. Selbstverständlich könne nicht jede Unterschlagung eines Fundgegenstandes zu einer Minderung des Unrechtsbewusstseins führen, den vorliegenden Fall zeichneten aber sowohl im objektiven als auch im subjektiven Bereich Besonderheiten aus, die ihn von einer „normalen“ Fundunterschlagung abweichen ließen. Zu berücksichtigen sei hier sowohl das einem Eigentümer nicht zuordenbare Fahrrad, der lang verstrichene Zeitraum seit dem Auffinden und der Irrtum des Beklagten über den tatsächlichen Wert.

Der Senat hat am 18. März 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft Ansbach, die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums M. sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht auf die Zurückstufung (Art. 10 BayDG) des Beklagten in das Amt eines Polizeiobermeisters (A 8) erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts .. Die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011 (Az. Cs 1061 Js 5159/11) sind zwar nicht bindend (Art. 63 Abs. 1, 55, 25 Abs. 1 BayDG), der Senat kann sie dennoch gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG seinem Urteil ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen. Der Beklagte hat den Sachverhalt, wie nachfolgend dargestellt, eingeräumt, so dass weitere Ermittlungen nicht veranlasst waren.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Beklagte entgegen seiner Dokumentation in der Vorgangsverwaltung ein bei der Polizei als Fundfahrrad verwahrtes - und tatsächlich als gestohlen gemeldetes - Fahrrad der Marke Centurion Cross Line 300 RH 55 08 mit der Rahmennummer P7LWUO354 nicht für die anschließende Verwertung zum Bauhof (Wertstoffhof) der Stadt W. verbracht hat. Stattdessen nahm der Beklagte das Fahrrad mit nach Hause, um es seinem Sohn zum Gebrauch zu überlassen. Da sein Sohn das Fahrrad nicht behalten wollte, wurde es von der Ehefrau des Beklagten mit seinem Wissen und Wollen bei einer Internetauktion in eBay zum Verkauf angeboten. Dort erzielte es einen Verkaufserlös von 229,- Euro. Der Beklagte hat sich deshalb einer Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB strafbar gemacht.

III.

Der Beklagte hat durch sein Verhalten gegen seine Pflichten, die Gesetze zu beachten (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG i. V. m. §§ 246, 133 Abs. 1 StGB) und sein Amt uneigennützig auszuüben (§ 34 Satz 2 BeamtStG), dienstliche Anordnungen auszuführen und allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG) sowie sich seinem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), verstoßen. Er hat damit ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen. Der Beklagte handelte auch schuldhaft. Anhaltspunkte, die die Schuldhaftigkeit seines Handelns ausschließen könnte, wurden im Verfahren nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Der Senat ist zur Überzeugung gelangt, dass der Beklagte - auch unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbilds und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens - das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit noch nicht endgültig verloren hat.

Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris) zu § 13 BDG (BayVGH, U.v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; U.v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974; U.v. 21.1.2015 - 16a D 13.1904, Rn. 82, 83 - jeweils in juris).

Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayBG ist die Disziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass sich die aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (BVerwG, U.v. 3.5.2007 - 2 C 9/06; BVerwG, U.v.29.5.2008 - 2 C 59/07; BayVGH, U.v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; BayVGH, U.v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - jeweils in juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht. Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist. Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen.

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B.v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 25.5.2012 - 2B 133.11 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen als sog. Zugriffsdelikt regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören (BVerwG, U.v. 6.6.2007 - 1 D 2.06; BVerfG (Kammer), B.v. 19.2.2003 - 2 BvR 1413.01 - jeweils juris), so dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist. Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur, die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben (st. Rspr. BVerwG, U.v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris; BayVGH, U.v. 21.1.2015 - 16a D 13.1094 - juris Rn. 89).

Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Sie sind bereits dann mit einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U.v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 - juris). Bei schweren Dienstvergehen stellt sich dann vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist.

Gemessen an diesen Grundsätzen gilt Folgendes:

Ein Beamter begeht ein Zugriffsdelikt, wenn er auf Bargeld oder gleichgestellte Werte zugreift, die ihm dienstlich anvertraut oder zugänglich sind. Die Einstufung als Zugriffsdelikt hängt nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt also nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat (BVerwG, U.v.8.4.2003 - 1 D 27/02; U.v.23.2.2012 - 2 B 143/11 - jeweils in juris).

Die Zueignung des Fundfahrrads durch den Beklagten ist somit disziplinarisch nach den Grundsätzen zu werten, die für den Zugriff auf dienstlich anvertrautes oder zugängliches Gut gelten (BVerwG, U.v.17.3.1976 - 1 D 7.76; U.v. 21.7.1977 - 1 D 90.76; U.v. 13.10.1978 - 1 D 67.77; U.v. 28.11.1990 - 1 D 19.90; U.v. 27.1.1999 -1 D 10.98 - jeweils in juris). Die Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache stellt grundsätzlich ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen dar (BVerwG, U.v. 4.7.2000 - 1 D 33/99 - juris). Der Beklagte war dienstlich mit der Bearbeitung von Fundfahrrädern und gestohlenen Fahrrädern befasst. Die rechtwidrige Zueignung des Fahrrads erfolgte, als er dieses nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist dem Bauhof (Wertstoffhof) der Stadt W. zur weiteren Verwertung zuführen sollte. Ein Beamter, der sich amtlich anvertrautes oder zugängliches Gut zueignet, zerstört das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn und die für die Ausübung seines Amtes erforderliche Achtung regelmäßig so nachhaltig, dass er grundsätzlich nicht im Dienst verbleiben kann. Im Umgang mit öffentlichem oder amtlich anvertrautem Gut ist die Verwaltung auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten in hohem Maße angewiesen, weil eine lückenlose Kontrolle eines jeden Beamten nicht möglich ist. Wer daher diese unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss nach ständiger Rechtsprechung der Disziplinargerichte grundsätzlich mit der Auflösung seines Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O.). Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens ist hier die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Maßnahmebestimmung. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann nur in engen Grenzen zugelassen werden.

1. Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung der durch den Beklagten verübten Dienstpflichtverletzung.

1.1 Der Senat geht nicht vom Vorliegen einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat aus. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts kann sich der Beklagte nicht auf den anerkannten Milderungsgrund des Handelns in einer besonderen Versuchungssituation berufen.

Dieser Milderungsgrund liegt vor, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen, besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt und dabei ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität gezeigt hat (z. B. BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O.; U.v. 15.3.1994 - 1 D 19.93 - juris). Er kommt nur in Betracht, wenn der Beamte unter dem Einfluss eines von außen auf die Willensbildung einwirkenden Ereignisses in Versuchung geraten wäre, sich in der vorgeworfenen Weise eigennützig zu verhalten (BVerwG, U.v. 11.6.2002 - 1 D 31/01 - juris Rn. 19).

Hiergegen spricht zum einen, dass der Umgang mit Fundfahrrädern zu den täglichen dienstlichen Obliegenheiten des Beklagten gehörte und gerade nicht geeignet war, für ihn eine plötzliche Versuchssituation darzustellen (anders BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O., in dem in der Entgegennahme von Fundsachen eine besondere Versuchungssituation für einen sonst mit dieser Aufgabe nicht betrauten Beamten gesehen wurde). Zum anderen begründen auch die Einlassungen des Beklagten zu seiner Motivlage keine besondere Versuchungssituation. Bei der vom Beklagten geschilderten häuslichen Auseinandersetzung mit dem Sohn am Vorabend der Tat ging es im Kern gerade darum, dass der Sohn kein neues Fahrrad haben wollte, sondern sein altes Rad noch als ausreichend erachtete. Insoweit kann auch dieser Umstand - abgesehen vom zeitlichen Abstand zwischen der häuslichen Auseinandersetzung und der Tat von mehreren Stunden (vgl. Sächs.OVG, U.v. 17.8.2009 - D 6 A 655/08) - eine besondere Versuchungssituation bzw. eine sog. „Augenblickstat“ nicht rechtfertigen.

1.2 Der Beklagte kann sich auch nicht auf den anerkannten Milderungsgrund der Geringwertigkeit des unterschlagenen Fahrrads berufen. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einem Zugriffsdelikt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur indiziert, wenn der Wert des unterschlagenen Gegenstands die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigt (BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; B. v. 26.3.3014 - 2 B 100/13 - jeweils in juris), wobei die Schwelle hierfür bei 50,- Euro anzusetzen ist (BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; BVerwG, B. 22.9.2006 - 2 B 52.06; BVerwG, U.v. 11.6.2002 - 1 D 31.01 - jeweils in juris).

Für die Ermittlung des Werts ist grundsätzlich auf den objektiv - generalisierenden Verkehrswert zum Tatzeitpunkt abzustellen (s. Schönke/Schröder, Kommentar zum StGB, 29. Auflage 2014, § 248a Rn. 7), das heißt subjektiv- spezielle Begebenheiten beim Geschädigten haben ebenso außer Betracht zu bleiben wie hypothetisch wertmindernde Kausalverläufe. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes kann es deshalb nicht darauf ankommen, ob das Fahrrad nach dem Vorbringen des Beklagten bei der angedachten Verwertung über den Bauhof (Wertstoffhof) höchstens 50,- Euro erzielt hätte. Abgesehen davon, dass diese Einschätzung sich als rein spekulativ darstellt, ist vielmehr im Rahmen der Ermittlung des Verkehrswerts der tatsächlich auf dem Markt über eine Versteigerung bei ebay erzielte Erlös in Höhe von 229,- Euro in den Blick zu nehmen. Allerdings kann hier im Hinblick auf die besondere, von vielen Zufälligkeiten abhängige Versteigerungssituation im Internet (Zeitpunkt des Verssteigerungsendes, Zahl der Interessenten, Anzahl der gleichwertigen, auf ebay eingestellten Fahrräder) bei der Festlegung des tatsächlichen Verkehrswertes durchaus ein Ab- oder Zuschlag von mindestens 10 - 15 Prozent des tatsächlich erzielten Verkaufserlöses in Betracht kommen, so dass der Senat vorliegend von einem Mindestverkehrswert von knapp unter 200,-. Euro ausgeht.

Das Vorbringen des Beklagten, er habe keine Vorstellung vom wahren Wert des unterschlagenen Fahrrads gehabt, vielmehr sei er von einem geringen Wert ausgegangen, da die Räder auf dem Bauhof in der Regel für 20,- bis 30,- Euro verkauft würden, vermag den Senat angesichts des guten Zustandes des damals vier Jahre alten Fahrrads mit einem Anschaffungspreis von 559,- Euro, den die in den Akten befindlichen Fotos durchaus erkennen lassen, nicht zu überzeugen. Hinzu kommt, dass der Beklagte über einen längeren Zeitraum dienstlich ausschließlich mit Fundfahrrädern und gestohlenen Fahrrädern befasst war und deshalb im Hinblick auf die Einschätzung des Werts von Fahrrädern gewisse Kenntnisse entwickelt haben dürfte. Selbst wenn sich der Beklagte jedoch über die Geringwertigkeit des unterschlagenen Fahrrads geirrt haben sollte, entfaltet dieser Irrtum als Irrtum über die Verfolgbarkeit der Tat - zumindest im Hinblick auf den anerkannten Milderungsgrund der Geringwertigkeit - keine Wirkung (s. Fischer, Kommentar zum StGB, 62. Auflage 2015, § 248 a, Rn. 6).

1.3. Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer sog. anerkannter Milderungsgründe wie „Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ oder das „Vorliegen einer schockartigen psychischen Ausnahmesituation“ bestehen nicht. Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. In Betracht kommt insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U.v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470; BVerwG, B.v. 28.8.2007 - 2 B 26.07 - jeweils in juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

2. Die bei Zugriffsdelikten anerkannten Milderungsgründe stellen keinen abschließenden Kanon der berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Dem Eingreifen eines anerkannten Milderungsgrundes steht es gleich, wenn bemessungsrelevante mildernde bzw. belastende Umstände feststehen oder dem Beamten nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zugute kommen, die in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsgrundes kompensieren können. Das Gewicht derartiger Entlastungsgründe muss umso größer sein, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Geldbetrags oder des Wertes der veruntreuten Gegenstände, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderer belastender Umstände wiegt. Je weniger die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstands die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten, desto geringer kann das Gewicht der Entlastungsgründe sein, um die Indizwirkung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei einem sog. Zugriffsdelikt zu entkräften. Jedenfalls kommt bei einem einmaligen Zugriff mit einem begrenzten Schaden in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn keine belastenden Umstände von erheblichem Gewicht hinzukommen. Der Schaden ist begrenzt, wenn die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstands insgesamt 200,- Euro nicht erreicht (BVerwG, B.v. 26.3.20014 a. a. O. Rn. 7; U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11 - jeweils in juris).

Vorliegend ist von einem einmaligen Zugriffsdelikt des Beklagten auszugehen. Eine Überprüfung des ebay-Accounts ergab, dass keine weiteren Fahrräder vom Beklagten oder seiner Ehefrau versteigert wurden. Der Verkehrswert des Fahrrads kann mit knapp unter 200,- Euro angenommen werden (s. o. unter IV 1.3). Umstände von erheblichem Gewicht, die den Beklagten belasten würden, sind nicht ersichtlich. Einen solchen sieht der Senat auch nicht in der wahrheitswidrigen Dokumentation über den Verbleib des Fahrrads in der polizeilichen Vorgangsverwaltung, da sich abschließend - auch nach Vortrag des Klägers - nicht mehr klären lässt, ob diese vor oder nach seinem Tatentschluss erfolgte. Ebenso wenig ist dem Beklagten ein zusätzlicher Vorwurf dafür zu machen, dass er das Fahrrad nach Ablehnung durch den Sohn nicht zurückgebracht hat. Die diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten, ihm sei aus Ärger über die Ablehnung des Sohnes egal gewesen, was mit dem Fahrrad geschehe und er habe die Frage seiner Ehefrau, ob sie das Rad bei ebay verkaufen könne, deshalb bejaht, sind zumindest nachvollziehbar. Einen über die eigentliche Unterschlagung hinausgehenden Unrechtsgehalt vermag der Senat in diesem Verhalten nicht zu sehen.

3. In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats die Zurückstufung angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das Persönlichkeitsbild des Beamten führen noch nicht zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Zwar erweisen sich die letzten Beurteilungen des Beklagten mit zweimal 6 Punkten (2005 und 2008), als eher unterdurchschnittlich und sein Persönlichkeitsbild (zuletzt vom 9.4.2013) deutet auf eine mangelbehaftete Sachbearbeitung hin. Diese sind aber - ebenso wie die teilweise hohen Fehlzeiten in der Vergangenheit - auch vor dem Hintergrund der schweren Erkrankung des Beklagten im Jahr 2001 zu sehen. Zudem wurden seine zuletzt gezeigten Leistungen trotz qualitativer Mängel als ansteigend bewertet (s. Schreiben der Polizeiinspektion W. vom 9.4.2013). Vorliegend ist auch zu berücksichtigen, dass durch das einmalige Zugriffsdelikt kein Schaden beim Dienstherrn entstanden ist und der Beklagte nicht in irgendeiner Form sonst strafrechtlich oder disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist. Die vorliegenden Entlastungsgründe waren in der Gesamtschau deshalb geeignet, den gegebenen Vertrauensverlust abzumildern. Der Senat geht insofern davon aus, dass der Beklagte künftig seine Dienstaufgaben pflichtgemäß erfüllen wird.

Die Maßnahme der Zurückstufung verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Entsprechend dem Sinn des Disziplinarrechts, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu wahren ist es notwendig, die disziplinare Maßnahme zu wählen, die dem Gewicht des Dienstvergehens und dem dadurch eingetretenen Vertrauensschaden entspricht. Ins Verhältnis zu setzen sind die Schwere des Fehlverhaltens und der durch den Beamten veranlasste Vertrauensschaden. Hat beides, wie im vorliegenden Fall, erhebliches Gewicht, so ist der Nachteil, der für den Beamten durch die Disziplinarmaßnahme eintritt, nicht unverhältnismäßig. Er liegt in seinem persönlichen Verantwortungsbereich und ist seinem schuldhaften pflichtwidrigen Verhalten zuzurechnen.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i. V. m. 154 Abs. 2 VwGO.

Das Urteil ist mit seiner Zustellung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i. V. m. § 116 VwGO).

Gründe

1

Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 67 Satz 1, § 3 Abs. 1 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - LDG NRW - i.V.m. § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil das Berufungsurteil auf dem vom Beklagten geltend gemachten Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO beruhen kann. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens entschieden, ob eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis angemessen ist. Die darüber hinaus erhobenen Grundsatz- und Divergenzrügen dagegen sind nicht begründet.

2

1. Der Beklagte steht als Justizoberinspektor (Besoldungsgruppe A 10) im Dienst des klagenden Landes und war zuletzt in der IT-Abteilung der ... beschäftigt. Er ist durch rechtskräftiges Strafurteil wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen verurteilt worden. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils war ihm im März 2006 ein eingezogenes Notebook zur dienstlichen Verwahrung übergeben worden, das er in seine Privatwohnung verbrachte und durch ein altes und defektes Notebook austauschte, das sich ebenfalls in seinem Dienstzimmer befand. Nachdem die Staatsanwaltschaft ... um Aushändigung des ihr zugewiesenen Notebooks ersuchte, fertigte der Beklagte Vermerke, nach denen sich das Notebook als defekt herausgestellt habe und der Staatsanwaltschaft deshalb ein anderes Gerät zugewiesen worden sei.

3

Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt, die hiergegen gerichtete Berufung blieb erfolglos. Der Beklagte habe ein innerdienstliches Zugriffsdelikt begangen, das im Regelfall zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führe. Ein klassischer Milderungsgrund liege nicht vor; auch unabhängig hiervon seien keine durchgreifenden Entlastungsmomente erkennbar, die das Verhalten des Beklagten in einem milderen Licht erscheinen lassen könnten.

4

2. Die Divergenzrüge (§ 67 Satz 1 LDG NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) greift nicht durch.

5

a) Der Beklagte macht geltend, das Berufungsurteil beruhe auf einer Divergenz zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2005 - BVerwG 1 D 6.04 -. Das Oberverwaltungsgericht habe den Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts nicht beachtet, dass es der Annahme der Spontaneität eines Tatentschlusses nicht entgegenstehe, dass dieser konsequent, überlegt und planvoll ausgeführt worden sei. Diese Divergenzrüge führt nicht zur Zulassung der Revision. Zwar ist das Oberverwaltungsgericht von den Rechtssätzen des Bundesverwaltungsgerichts zur erforderlichen "Spontaneität" einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation abgewichen; hierauf beruht das Urteil aber nicht.

6

Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW ist die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung zu bestimmen. Das Bemessungskriterium "Persönlichkeitsbild des Beamten" erfordert dabei eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten entspricht oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht (Urteil vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - § 13 bdg nr. 4> juris Rn. 13; Beschluss vom 28. Juni 2010 - BVerwG 2 B 84.09 - juris Rn. 14). Ausnahmesituationen, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher nicht mehr vorausgesetzt werden kann, müssen daher berücksichtigt werden (Urteil vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - § 70 bdg nr. 3> juris Rn. 22). Eine entsprechende Milderung kommt in Betracht, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt hat (Urteil vom 4. Juli 2000 - BVerwG 1 D 33.99 - juris Rn. 16). Die die Versuchung auslösende Situation muss geeignet sein, ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Spontaneität und Unüberlegtheit herbeizuführen (Urteile vom 1. Februar 1995 - BVerwG 1 D 65.93 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 3 S. 9, vom 5. Mai 1998 - BVerwG 1 D 12.97 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 16 S. 49 f., vom 15. September 1999 - BVerwG 1 D 38.98 - Buchholz § 54 Satz 2 BBG Nr. 20 S. 1 f., vom 27. September 2000 - BVerwG 1 D 24.98 - juris Rn. 18, vom 11. Juni 2002 - BVerwG 1 D 31.01 - juris Rn. 19 und vom 6. Juni 2003 - BVerwG 1 D 30.02 - juris Rn. 21).

7

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht es der Annahme der Spontaneität eines Tatentschlusses aber nicht entgegen, dass dieser konsequent, überlegt und planvoll ausgeführt wird (Urteile vom 8. August 1995 - BVerwG 1 D 41.93 - juris Rn. 28, vom 24. Februar 1999 - BVerwG 1 D 31.98 - juris Rn. 20, vom 15. September 1999 a.a.O. = juris Rn. 21 und vom 23. Juni 2005 - BVerwG 1 D 6.04 - S. 8). Hiervon weicht der vom Oberverwaltungsgericht aufgestellte Rechtssatz ab, auf ein Augenblicksversagen könne sich der Beklagte schon deshalb nicht berufen, da er die Tat sehr überlegt und planvoll ausgeführt habe.

8

Auf dieser Abweichung kann das Berufungsurteil indes nicht beruhen. Das Oberverwaltungsgericht hat den Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation vielmehr im Ergebnis zutreffend und selbständig tragend deshalb verneint, weil die erforderliche Versuchungssituation nach seinen gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen nicht vorgelegen hat.

9

Zwar war der Beklagte bei seiner bisherigen gewöhnlichen dienstlichen Tätigkeit nicht mit der gegenständlichen Verwahrung von eingezogenen Notebooks betraut; dieser Umstand ging vielmehr auf die besonderen Arbeitsumstände der durch einen Streik bedingten Personalknappheit im Tatzeitpunkt zurück. Jedoch stellt die körperliche Übergabe eines Notebooks zur Prüfung und Verwahrung für einen dienstlich mit der Verwendung verfallener oder eingezogener Gegenstände für Zwecke der Justizverwaltung befassten Beamten keine psychische Ausnahmesituation dar, in der ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher nicht mehr vorausgesetzt werden kann (Urteil vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - § 70 bdg nr. 3> juris Rn. 22). Dies gilt auch dann, wenn der Beamte bislang nicht mit einer derartigen "Gelegenheit" konfrontiert worden ist.

10

b) Der Beklagte meint unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2005 - BVerwG 1 D 6.04 -, die besondere Versuchungssituation ergebe sich aus einer psychischen Vorbelastung, die sich zu einer seelischen Zwangslage verdichtet und in der Übersprungshandlung ihren Ausdruck gefunden habe.

11

In der benannten Entscheidung hat der Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts ausgesprochen, dass eine besondere Versuchungssituation auch dann angenommen werden kann, wenn sich eine psychische Vorbelastung eines Beamten zum Zeitpunkt des Dienstvergehens zu einer seelischen Zwangslage verdichtet, die vor dem Hintergrund der obwaltenden äußeren Umstände eine besondere Versuchungssituation begründet und in der spontan ausgeführten Tat ihren Ausdruck findet. Eine derartige Konstellation hat das Gericht für einen alkoholkranken Beamten in der besonderen Versuchungssituation des Rosenmontagsgeschehens und des sich heftig steigernden Verlangens nach Alkohol sowie des daraus wiederum resultierenden "plötzlich auftretenden Geldbedarfs" angenommen. Die Annahme eines entsprechenden Milderungsgrundes setzt aber voraus, dass die seelische Zwangslage, die die besondere Versuchungssituation begründet, in der spontan ausgeführten Tat ihren Ausdruck findet (Urteile vom 15. September 1999 - BVerwG 1 D 38.98 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 20 S. 2 = juris Rn. 23 und vom 23. Juni 2005 - BVerwG 1 D 6.04 - S. 9).

12

Hiervon ist das Oberverwaltungsgericht aber nicht ausgegangen. Aus seinen gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen ergibt sich, dass sich der Beklagte zwar in einer familiär bedingten Belastungssituation, nicht aber in einer seelischen Zwangslage befunden hat. Damit greift der Beklagte die fallbezogene Würdigung des festgestellten Sachverhalts durch das Oberverwaltungsgericht an, die zur Verneinung dieses Milderungsgrundes geführt hat. Dies ist nicht geeignet, eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dazulegen (vgl. Beschluss vom 23. Januar 2013 - BVerwG 2 B 63.12 - juris Rn. 18 m.w.N.).

13

c) Entsprechendes gilt für die behauptete Divergenz zum Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - (BVerwGE 124, 252 <258>). Das Oberverwaltungsgericht stellt nicht in Abrede, dass eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung voraussetzt, dass die die sich aus § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden und zitiert den in der Beschwerde aufgezeigten Rechtssatz sogar wörtlich (UA S. 22 ). Die Rüge des Beklagten, das Oberverwaltungsgericht habe nachfolgend wesentliche Umstände nicht angemessen gewertet, zeigt daher keine unterschiedliche Auffassung zur Auslegung von Rechtssätzen auf, sondern behauptet lediglich eine unzutreffende Rechtsanwendung der Grundsätze auf den Einzelfall. Dies genügt den Anforderungen an die Darlegung einer Divergenzrüge nicht.

14

3. Die Revision ist auch nicht zur Klärung grundsätzlich bedeutsamer Rechtsfragen zuzulassen (§ 67 Satz 1 LDG NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

15

a) Die von der Beschwerde bezeichnete Frage, ob eine besondere Versuchungssituation vorliegt, wenn ein Beamter erstmalig unmittelbar mit der gegenständlichen Verwaltung von Gegenständen im dienstlichen Gewahrsam betraut worden ist und deshalb die Möglichkeit des tatsächlichen Zugriffs besteht, ist nicht entscheidungserheblich. Das Oberverwaltungsgericht hat die besondere Versuchungssituation unabhängig hiervon wegen der besonderen Einzelfallumstände verneint.

16

Nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist das Notebook durch den Justizhelfer S. entgegengenommen und auf das Dienstzimmer des Beklagten verbracht worden, sodass der Verbleib des Gerätes und die Verwahrung durch den Beklagten eindeutig zuordenbar waren. Auch wenn die Entgegennahme sichergestellter Notebooks nicht zu den üblichen Dienstobliegenheiten des Beklagten gehörte, war hiermit durch die Individualisierbarkeit des Empfängers objektiv keine besondere Versuchungssituation im Hinblick auf das nachfolgend begangene Zugriffsdelikt entstanden. Unabhängig von der allgemein aufgeworfenen Rechtsfrage hat das Oberverwaltungsgericht daher angesichts der im konkreten Einzelfall bestehenden Besonderheit der klaren Rückverfolgbarkeit der Aushändigung des Notebooks an den Beklagten das Vorliegen einer Versuchungssituation verneint. Das Vorliegen der Umstände einer besonderen Versuchungssituation im Einzelfall ist einer Grundsatzrüge aber nicht zugänglich.

17

b) Entsprechendes gilt für die weiter aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine - vom Berufungsgericht als "klassischer" Milderungsgrund untersuchte - negative Lebensphase bei einer Person vorliegt, die unter Jahre lang andauerndem Schlafmangel von maximal zwei bis drei Stunden täglich, ständiger Sorge um die kranken Kinder, Überbelastung bei der Arbeit und einer zumindest mittelgradigen Depression leidet. Auch diese Frage ist - unabhängig davon, dass sie in der bezeichneten Fassung nicht den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts entspricht - anhand der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.

18

4. Die Beschwerde hat allerdings Erfolg, soweit sie rügt, dass das Oberverwaltungsgericht gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen hat, weil es den festgestellten Sachverhalt seiner Würdigung nicht vollständig zugrunde gelegt hat.

19

Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt auch die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. Das Gericht darf nicht in der Weise verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse nicht in die rechtliche Würdigung einbezieht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts, auch wenn die darauf basierende rechtliche Würdigung als solche nicht zu beanstanden ist (Urteile vom 2. Februar 1984 - BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 <339> = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 145 S. 36 f. und vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <208 f.> = Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 174 S. 26 ff.; Beschlüsse vom 18. November 2008 - BVerwG 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 Rn. 27 und vom 31. Oktober 2012 - BVerwG 2 B 33.12 - NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 12).

20

Diesen Anforderungen genügt das Berufungsurteil nicht. Zwar hat das Berufungsgericht im Rahmen der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mehrere von ihm als "klassisch" bezeichnete Milderungsgründe in der gebotenen Begründungstiefe geprüft und dabei auch die familiäre Belastungssituation des Beklagten gewürdigt. Anders verhält es sich aber bei der abschließend (UA ab S. 48 oben) behandelten Frage, ob unter dem Gesichtspunkt eines so genannten nicht anerkannten Milderungsgrundes eine andere Disziplinarmaßnahme angemessen wäre, weil der Beklagte zum Tatzeitpunkt unter einer extremen familiären Belastungssituation stand.

21

Unter der Geltung der Bemessungsvorgaben des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG (= § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW) ist es nicht mehr möglich, die in der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten und "anerkannten" Milderungsgründe als abschließenden Kanon der bei Zugriffsdelikten allein beachtlichen Entlastungsgründe anzusehen (stRspr; vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <262> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 29, vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 ff. sowie - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 31 f. § 108 abs. 1 vwgo nr. 50>). Vielmehr dürfen entlastende Gesichtspunkte nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil sie für das Vorliegen eines solchen Milderungsgrundes ohne Bedeutung sind oder nicht ausreichen, um dessen Voraussetzungen - im Zusammenwirken mit anderen Umständen - zu erfüllen. Die Verwaltungsgerichte müssen bei der Gesamtwürdigung dafür offen sein, dass mildernden Umständen im Einzelfall auch dann ein beachtliches Gewicht für die Maßnahmebemessung zukommen kann, wenn sie zur Erfüllung eines so genannten anerkannten Milderungsgrundes nicht ausreichen. Auch solche Umstände dürfen nicht als nebensächlich oder geringfügig zurückgestellt werden, ohne dass sie in Bezug zur Schwere des Dienstvergehens gesetzt werden (Urteil vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - Rn. 25 und 32 ). Sie dürfen nicht in einer nicht nachvollziehbaren Weise "abgetan" werden. Diese materiell-rechtliche Pflicht hat auch verfahrensrechtliche Bedeutung. Die Verwaltungsgerichte verstoßen gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wenn der im Streitfall festgestellte Sachverhalt bei der Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte als mildernder Umstand auf einzelne Sachverhaltsmomente reduziert und damit verkürzt wird.

22

So liegt es hier. Zwar gibt das Berufungsgericht die höchstrichterlichen Rechtssätze zur Bedeutung und Erheblichkeit von entlastenden Umständen, die den anerkannten Milderungsgründen vergleichbar sind, aber deren Gewicht nicht erreichen, zutreffend wieder (UA S. 48 f.). Gleichwohl ist die Behandlung dieses Gesichtspunkts - verfahrensrechtlich - defizitär, weil das Berufungsgericht den festgestellten Sachverhalt, wie er sich als Ergebnis der von ihm durchgeführten umfänglichen Beweisaufnahme darstellt, nicht in seiner Gesamtheit berücksichtigt, sondern ihn auf einzelne Sachverhaltsmomente reduziert und damit verkürzt hat, und zwar in einer Weise, die sowohl in der Begründung als auch der Sache nach nicht mehr nachvollziehbar ist.

23

Im strafgerichtlichen wie im gesamten disziplinarrechtlichen Verfahren war es ein wesentlicher, wenn nicht gar der zentrale Punkt der Rechtsverteidigung des Beklagten, dass seine Tat unter dem Einfluss einer außergewöhnlichen familiären Belastungssituation gestanden habe und dies bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme - sei es im Rahmen der anerkannten Milderungsgründe, sei es als ein sonstiger mildernder Umstand - zu berücksichtigen sei. Auch in der Beweisaufnahme des Berufungsgerichts ging es - neben der Frage des Werts des Notebooks - vornehmlich um diese Frage. Die Ehefrau des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 2012 ausführlich und anschaulich die familiäre Belastungssituation des Beklagten dargestellt, die maßgeblich durch die (verschiedenen) physischen Krankheiten und psychischen Auffälligkeiten seiner drei Kinder, seiner Ehefrau und des Beklagten selbst gekennzeichnet war. Die sachverständige Zeugin Dipl.-Psychologin ... hat in der mündlichen Verhandlung vom 6. September 2012 ebenso ausführlich diese Belastungssituation bestätigt und fachlich bewertet. Das Berufungsgericht hat die in diesen Aussagen bekundeten Tatsachen als festgestellt behandelt und sie in den Entscheidungsgründen an mehreren Stellen - jeweils bei der Behandlung der von ihm als "klassisch" bezeichneten Milderungsgründe (UA S. 27 bis 48 oben) - als solche konkret benannt und im Detail gewürdigt (vgl. UA S. 37 f., 39 f., 44 f., 47 mit den dortigen Ausführungen zu den Erkrankungen der Kinder, zur fehlenden Entlastung durch die Ehefrau, zum Schlafmangel und zur Übermüdung des Beklagten, zur Medikamenteneinnahme und zur Inanspruchnahme sozialpsychologischer Hilfe an mehreren Tagen pro Woche).

24

Angesichts dieses umfänglichen Tatsachenstoffs ist es nicht nachvollziehbar, wenn das Berufungsurteil sodann bei der Frage des Vorliegens sonstiger entlastender Umstände die familiäre Situation des Beklagten als nebensächlich und geringfügig zurückstellt, indem es die "Krankheiten der Kinder, der Ehefrau und bei ihm sowie der behauptete Schlafentzug des Beklagten" als bloße "sicherlich belastende Umstände" abtut, weil es "keine Seltenheit" sei, "dass Eltern mit Krankheiten ihrer Kinder und geringeren Schlafanteilen umgehen" müssten (UA S. 52). Entsprechend hat es (schon zuvor in anderem Zusammenhang) die familiäre Situation als "ersichtlich nichts Ungewöhnliches" bezeichnet (UA S. 37). Das Berufungsgericht reduziert dadurch die in den genannten Aussagen plastisch beschriebene außergewöhnliche familiäre Belastungssituation des Beklagten auf den "Normalfall" von Eltern, die hin und wieder wegen einer Erkrankung eines Kindes auch Schlafeinbußen hinnehmen müssen. Damit wird der Inhalt der Aussagen der Ehefrau und der sachverständigen Zeugin deutlich verkürzt. So hatte beispielsweise die Ehefrau des Beklagten bekundet (Protokoll vom 19. Dezember 2012 S. 4) und das Berufungsgericht selbst in anderem Zusammenhang als Tatsache festgestellt (UA S. 37), dass im Zeitraum 2005 bis Ende 2006 eine sozialpsychologische Helferin "ein paar Mal in der Woche" zu der Familie nach Hause kam, um die Familie in kinder- und jugendpsychiatrischer Hinsicht zu betreuen. Wenn eine solche Familiensituation im Berufungsurteil als "keine Seltenheit" und als "nichts Ungewöhnliches" abgetan wird, ist dies sowohl in der Begründung wie auch der Sache nach nicht nachvollziehbar. Dadurch hat das Berufungsgericht - im hier interessierenden entscheidungserheblichen Punkt - den festgestellten Tatsachenstoff zur familiären Belastungssituation des Beklagten nicht vollständig und zutreffend erfasst und damit nicht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens im Sinne von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entschieden.

25

Dadurch, dass die familiäre Belastungssituation des Beklagten auf einen "nicht ungewöhnlichen" Normalfall reduziert wurde, kann auch nicht festgestellt werden, ob sich die darin liegende (materiell-rechtliche) Fehlgewichtung mit Blick auf andere belastende Umstände, namentlich in Bezug auf die Schwere des Dienstvergehens, auf die Bemessungsentscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis ausgewirkt hat. Hinzu kommt, dass die erwähnte Diplom-Psychologin den Beklagten in dieser Situation als nicht mehr voll steuerungsfähig bezeichnet hat (Protokoll vom 6. September 2012 S. 7 unten) und auch das Berufungsgericht im Anschluss an die genannte sachverständige Zeugin und den Sachverständigen Dr. med. ... selbst davon ausgegangen ist, dass die Tat persönlichkeitsfremd war. Von daher liegen - neben der außergewöhnlichen familiären Belastungssituation - noch weitere beachtliche Aspekte vor, die im Rahmen der Gesamtbetrachtung sämtlicher sonstiger entlastender Umstände in Betracht zu ziehen sind. Für das Vorliegen eines Verfahrensmangels im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO reicht aber schon die Möglichkeit aus, dass die Entscheidung auf ihm beruhen "kann". Dies führt zur Zurückverweisung der Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO.

26

5. Bei seiner erneuten Entscheidung wird das Berufungsgericht darauf bedacht sein müssen, dass es im Rahmen der Gesamtbetrachtung sämtlicher be- und entlastender Umstände dieselbe unverkürzte Tatsachengrundlage zugrunde legt, wie bei den von ihm gewürdigten "klassischen" Milderungsgründen.

27

a) Wie im Berufungsurteil im Ansatz zutreffend dargestellt, hat die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf spezielle Deliktstypen bezogene, teilweise aber auch allgemeingültige gewichtige "Milderungsgründe" entwickelt und "anerkannt" (vgl. Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 S. 6). Diesen anerkannten Milderungsgründen ist als gemeinsames Kennzeichen eigen, dass sie regelmäßig zu einer Disziplinarmaßnahme führen, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme, es sei denn es liegen gegenläufige, belastende Umstände vor (vgl. Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 18, jeweils Rn. 37 ff., zuletzt Urteil vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - Rn. 26 , für den Milderungsgrund der tätigen Reue durch Offenbarung des Fehlverhaltens oder durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens vor Entdeckung).

28

Eine solche regelmäßige Herabsetzung der an sich indizierten Disziplinarmaßnahme hat der Senat bislang nicht für alle vom Berufungsgericht als "klassische" Milderungsgründe bezeichneten Umstände angenommen, die es im Rahmen seines Prüfprogramms betrachtet hat (ab UA S. 25 ff.). Diese Regelhaftigkeit hat der Senat namentlich bislang nicht für die vom Berufungsgericht geprüften Gesichtspunkte des Vorliegens einer negativen Lebensphase (UA S. 36), der unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage (UA S. 40) und der Vernachlässigung der Dienstaufsicht (UA S. 42) angenommen; diese drei Gesichtspunkte sind vielmehr als mildernde Umstände im Rahmen der Gesamtwürdigung gemäß § 13 BDG - ohne die beschriebene Regelhaftigkeit - in den Blick zu nehmen.

29

b) Nach der Rechtsprechung des Disziplinarsenats und des 2. Revisionssenats des Bundesverwaltungsgerichts kann der mildernde Umstand einer negativen Lebensphase während des Tatzeitraums je nach den Umständen des Einzelfalles mildernd berücksichtigt werden. Dies gilt allerdings nur für außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben. Hinzukommen muss, dass er die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat (Urteile vom 18. April 1979 - BVerwG 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219 <220 f.>, vom 23. August 1988 - BVerwG 1 D 136.87 - NJW 1989, 851; Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - NVwZ 2005, 1199 <1200>; Urteile vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 A 5.09 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 17 Rn. 39 und zuletzt vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - NVwZ 2013, 1087 Rn. 40 f.). Zwar liegt die Berücksichtigung einer schwierigen, inzwischen überwundenen Lebensphase vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge dieser Lebensumstände darstellt (vgl. Urteil vom 27. Januar 2011 a.a.O. Rn. 39). Dies bedeutet aber nicht, dass eine schwierige Lebensphase während der Tatzeit in anderen Fällen generell außer Betracht zu bleiben hat (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 40 f.). Die Verwaltungsgerichte verfehlen die ihnen zugewiesene Aufgabe einer umfassenden Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände des jeweiligen Einzelfalles, hier der Berücksichtigung der besonders belastenden Familiensituation des Beklagten, wenn sie die Sachverhalte und Fallkonstellationen aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wie Tatbestandsmerkmale einer Norm anwenden, unter die es zu subsumieren gelte, und bei deren Nichtvorliegen eine Berücksichtigung des jeweiligen mildernden Umstandes ausgeschlossen sei.

30

Diese Prüfung wird das Berufungsgericht im Streitfall unter Beachtung der vorstehenden Hinweise erneut anzustellen haben.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit nach § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Beklagte hat dargelegt, dass das Berufungsurteil auf Verfahrensmängeln im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beruht. Dagegen hat die Beklagte nicht dargelegt, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen ist. §§ 132 und 133 VwGO sind nach § 70 des Landesdisziplinargesetzes Brandenburg - LDG Bbg - vom 18. Dezember 2001 (GVBl I S. 254) anwendbar.

2

Die Beklagte war von 1996 bis 2003 als Gerichtsvollzieherin im Dienst des Klägers tätig. In den Jahren 2002 und 2003 war sie längere Zeit krankheitsbedingt dienstunfähig. Von Oktober 2003 bis zur vorläufigen Dienstenthebung 2008 war sie im mittleren Justizdienst eines Amtsgerichts eingesetzt.

3

Die Beklagte war während ihrer Tätigkeit als Gerichtsvollzieherin zunehmend nicht mehr in der Lage, das ihr zugewiesene hohe Arbeitspensum zu bewältigen, das teilweise das Eineinhalbfache des regulären Pensums betrug. Ihre Amtsführung war Gegenstand zahlreicher dienstlicher Beanstandungen, Dienstaufsichtsbeschwerden und Sachstandsanfragen sowie eigener Überlastungsanzeigen der Beklagten. Wegen einer Krebserkrankung war sie seit Juni 2002 dienstunfähig. Nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten musste sie die 1997 geborene gemeinsame Tochter alleine betreuen. Die Beklagte litt an einer depressiven Erkrankung, aufgrund derer sie außerstande war, die sozialen, häuslichen und beruflichen Tätigkeiten in dem üblichen Umfang wahrzunehmen.

4

Im März 2003 ließ die Beklagte ihren gesamten dienstlichen Aktenbestand (ca. 12 000 Akten) beiseiteschaffen. Deswegen wurde sie im November 2007 wegen Verwahrungsbruchs rechtskräftig zu einer Bewährungsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Das Landgericht legte der Verurteilung das Vorbringen der Beklagten zum Tathergang zugrunde. Danach sei sie am Tattag in verzweifelter Stimmung gewesen und habe sich mit Selbstmordabsichten getragen. In dieser Situation habe ihr ein Bekannter, der unvorhergesehen in ihrem Büro vorbeigekommen sei, spontan vorgeschlagen, die im Keller gelagerten Akten wegzuschaffen. Der Bekannte habe dies mit ihrer Zustimmung sofort in die Tat umgesetzt. Den Namen des Bekannten nannte die Beklagte nicht. Auch gab sie an, nicht zu wissen, wohin dieser die Akten gebracht habe. Das Landgericht berücksichtigte nach Einholung eines Sachverständigengutachtens strafmildernd, dass die Steuerungsfähigkeit der Beklagten zum Tatzeitpunkt aufgrund der schweren depressiven Erkrankung erheblich vermindert gewesen sei.

5

Auf die Disziplinarklage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt; das Oberverwaltungsgericht hat ihre Berufung zurückgewiesen. In den Gründen des Berufungsurteils heißt es im Wesentlichen, durch das Beiseiteschaffen des Aktenbestandes habe die Beklagte ihre Dienstpflichten in gravierender Weise vorsätzlich verletzt. Trotz des Handelns im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit könne sie nicht Beamtin bleiben, weil Erschwerungsgründe von erheblichem Gewicht vorlägen. Die Beklagte habe in den ungefähr 80 offenen Verfahren die Rechtsverfolgung für die Vollstreckungsgläubiger erheblich erschwert. Durch ihr Vorgehen habe sie Dienstaufsichtsbeschwerden und Sachstandsanfragen in Bezug auf diese Verfahren verschleiern wollen. Sie habe eine Beseitigung der Akten nach den Vorgaben des Datenschutzrechts unmöglich gemacht. Schließlich habe sich die Beklagte bis September 2003 geweigert, an der Rekonstruktion der Akten mitzuwirken. Die Beklagte habe stets in voller Kenntnis der Bedeutung ihrer Dienstpflichten und der Folgen der Nichtbeachtung gehandelt.

6

Der Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden Augenblickstat greife nicht ein. Es sei bereits unglaubhaft, dass der Abtransport des Aktenbestandes auf einem spontanen Entschluss beruht habe. Hierfür sei ein vorgefasster Plan erforderlich gewesen. Insbesondere die Weigerung, zur Rekonstruktion der Akten beizutragen, belege, dass das Vorgehen der Beklagten auch nicht persönlichkeitsfremd gewesen sei. Die schwierige Lebensphase zum Tatzeitpunkt könne nicht mildernd berücksichtigt werden, weil sie nicht vollständig überwunden sei. Bei Wiederaufnahme der Tätigkeit als Gerichtsvollzieherin könne ein depressiver Rückfall nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

7

1. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Beschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4).

8

Die von der Beklagten aufgeworfenen Rechtsfragen, auf deren Prüfung der Senat nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist, erfüllen diese Voraussetzungen nicht:

9

a) Die Frage nach dem Umfang der Bindung der Verwaltungsgerichte an die tatsächlichen Feststellungen eines Strafurteils ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.

10

Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LDG Bbg, der wörtlich mit § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG übereinstimmt, sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Verwaltungsgericht bindend. Diese Bindungswirkung soll verhindern, dass zu ein- und demselben Sachverhalt unterschiedliche Tatsachenfeststellungen getroffen werden. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, die Aufklärung eines sowohl strafrechtlich als auch disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalts sowie die Sachverhalts- und Beweiswürdigung den Strafgerichten zu übertragen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass tatsächliche Feststellungen, die ein Gericht auf der Grundlage eines Strafprozesses mit seinen besonderen rechtsstaatlichen Sicherungen trifft, eine erhöhte Gewähr der Richtigkeit bieten. Daher haben die Verwaltungsgerichte die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils ihrer Entscheidung ungeprüft zugrunde zu legen, soweit die Bindungswirkung reicht. Sie sind insoweit weder berechtigt noch verpflichtet, eigene Feststellungen zu treffen. Die Bindungswirkung entfällt nur, wenn die strafgerichtlichen Feststellungen offenkundig unrichtig sind (stRspr; vgl. nur Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 19 jeweils Rn. 13).

11

Die Begrenzungen der gesetzlich angeordneten Bindungswirkung ergeben sich aus deren tragendem Grund: Die erhöhte Richtigkeitsgewähr der Ergebnisse des Strafprozesses kann nur für diejenigen tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils angenommen werden, die sich auf die Tatbestandsmerkmale der gesetzlichen Strafnorm beziehen. Die Feststellungen müssen entscheidungserheblich für die Beantwortung der Frage sein, ob der objektive und subjektive Straftatbestand erfüllt ist. Im Falle einer Verurteilung müssen sie diese tragen. Dagegen binden Feststellungen nicht, auf die es für die Verurteilung nicht ankommt (Urteile vom 8. April 1986 - BVerwG 1 D 145.85 - BVerwGE 83, 180 und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - juris Rn. 29 § 70 bdg nr. 3 nicht abgedruckt>; Beschluss vom 1. März 2012 - BVerwG 2 B 120.11 - juris Rn. 13).

12

Das Oberverwaltungsgericht hat diese inhaltliche Begrenzung der gesetzlich angeordneten Bindungswirkung beachtet. Es hat die Feststellungen des Strafurteils zu den ungefähr 80 beiseite geschafften Akten über nicht erledigte Verfahren, auf die es den erschwerenden Umstand des Handelns aus Eigennutz bzw. in Verschleierungsabsicht gestützt hat, ausdrücklich als "nicht bindend" bezeichnet. Vielmehr hat es diese Feststellungen mit der Begründung verwertet, die Beklagte habe sie nicht in Frage gestellt.

13

b) Die Frage, ob ein erschwerender Umstand, der dem Beamten in der Disziplinarklageschrift nicht als Pflichtenverstoß zur Last gelegt wird, bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme berücksichtigt werden darf, kann, soweit hier entscheidungserheblich, aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden.

14

Nach § 53 Abs. 1 Satz 2 LDG Bbg, der wörtlich mit § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG übereinstimmt, muss die Disziplinarklageschrift unter anderem die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Klageschrift muss die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, aus sich heraus verständlich darlegen. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben, die Geschehensabläufe müssen nachvollziehbar beschrieben werden. Nur eine derartige Konkretisierung der disziplinarischen Vorwürfe ermöglicht dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung. Daran anknüpfend bestimmt § 61 Abs. 2 Satz 1 LDG Bbg60 Abs. 2 Satz 1 BDG), dass bei einer Disziplinarklage nur Handlungen zum Gegenstand einer Urteilsfindung gemacht werden dürfen, die dem Beamten in der Klage oder in der Nachtragsdisziplinarklage zur Last gelegt werden (stRspr; vgl. Urteil vom 25. Januar 2007 - BVerwG 2 A 3.05 - Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 4 Rn. 27 f.).

15

Aus diesen Regelungen folgt, dass Streitgegenstand des Disziplinarklageverfahrens der Anspruch des Dienstherrn ist, gegen den angeschuldigten Beamten die erforderliche Disziplinarmaßnahme für die in der Disziplinarklageschrift zur Last gelegten Handlungen zu bestimmen. Dieser Disziplinaranspruch besteht, wenn der Beamte die angeschuldigten Handlungen nach der Überzeugung des Gerichts ganz oder teilweise vorsätzlich oder fahrlässig begangen hat, die nachgewiesenen Handlungen als Dienstvergehen zu würdigen sind, und dem Ausspruch der Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht (Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 18 jeweils Rn. 17).

16

Soweit keine Bindung an die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils besteht, klären die Verwaltungsgerichte nach § 86 Abs. 1 VwGO, § 59 Abs. 1 LDG Bbg58 Abs. 1 BDG) auf, ob der Beamte die ihm in der Disziplinarklageschrift als Dienstvergehen vorgeworfenen Handlungen begangen hat. Es hat diejenigen Maßnahmen zur Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen, und würdigt die Beweise. Eine Bindung an die tatsächlichen Feststellungen und disziplinarrechtlichen Wertungen des Dienstherrn besteht nicht (stRspr; vgl. Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 20).

17

Der Bedeutungsgehalt des § 61 Abs. 2 Satz 1 LDG Bbg60 Abs. 2 Satz 1 BDG) besteht darin, im Zusammenwirken mit § 53 Abs. 1 Satz 2 LDG Bbg52 Abs. 1 Satz 2 BDG) den Streitgegenstand des Disziplinarklageverfahrens und damit den geltend gemachten Disziplinaranspruch des Dienstherrn in tatsächlicher Hinsicht zu konkretisieren. Die Verwaltungsgerichte können eine Disziplinarmaßnahme nur wegen derjenigen Handlungen verhängen, die der Dienstherr in der Disziplinarklageschrift anführt. Nur auf diese Handlungen kann eine disziplinarrechtliche Verurteilung gestützt werden. Gelingt dem Dienstherrn ihr Nachweis nicht, ist die Disziplinarklage abzuweisen (§ 61 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LDG Bbg, § 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BDG). Halten die Verwaltungsgerichte ein Dienstvergehen für erwiesen, erkennen sie nach § 61 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDG Bbg60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDG) auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme.

18

Dagegen lassen sich § 61 Abs. 2 Satz 1 LDG Bbg60 Abs. 2 Satz 1 BDG) in Verbindung mit § 53 Abs. 1 Satz 2 LDG Bbg52 Abs. 1 Satz 2 BDG) im Falle des Nachweises der angeschuldigten Handlungen keine Vorgaben dafür entnehmen, welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist. Deren Bemessung richtet sich ausschließlich nach den Vorgaben des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG Bbg (BDG). Diese Regelungen geben den Verwaltungsgerichten auf, die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Tatsachen zu bestimmen, die im Einzelfall für die Schwere des Dienstvergehens, das Persönlichkeitsbild des Beamten und den Umfang der Beeinträchtigung des in ihn gesetzten Vertrauens bedeutsam sind. In diesem Rahmen hat sich die Würdigung auf alle erschwerenden und mildernden Umstände zu erstrecken (vgl. zum Verhältnis der gesetzlichen Kriterien: Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 26 f.).

19

Das gesetzliche Gebot der Gesamtwürdigung trägt dem Zweck der disziplinarrechtlichen Sanktionierung Rechnung. Diese besteht darin, die Integrität des Berufsbeamtentums und die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung aufrechtzuerhalten. Daher ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, ob ein Beamter, der in vorwerfbarer Weise gegen Dienstpflichten verstoßen hat, nach seiner Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist und falls dies zu bejahen ist, durch welche Disziplinarmaßnahme auf ihn eingewirkt werden muss, um weitere Verstöße zu verhindern (stRspr; vgl. Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16; vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 23 und vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21).

20

Daraus folgt zwingend, dass das sonstige, insbesondere das dienstliche Verhalten des Beamten vor und nach der Begehung der angeschuldigten Handlungen in die Gesamtwürdigung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG Bbg (BDG) einbezogen werden muss.

21

Auch bei der Maßnahmebemessung sind die Verwaltungsgerichte nicht an tatsächliche Feststellungen und disziplinarrechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden. Sie haben die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte selbst aufzuklären und zu würdigen. Ein Verstoß gegen das Gebot erschöpfender Sachaufklärung führt zwangsläufig dazu, dass die Bemessungsentscheidung, d.h. die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme, unvollständig und damit rechtswidrig ist (stRspr; vgl. Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 17 und vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 21).

22

Diese Anforderungen an die Bemessung der Disziplinarmaßnahme durch die Verwaltungsgerichte schließen deren Bindung an den Inhalt der Disziplinarklageschrift in Bezug auf die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte aus. Dies gilt für erschwerende und mildernde Umstände gleichermaßen. Anderenfalls könnte das gesetzliche Gebot, die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände zu bestimmen, nicht erfüllt werden. Vielmehr hätte es der Dienstherr in der Hand, durch den Inhalt der Disziplinarklageschrift festzulegen, welche bemessungsrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt oder außer Acht gelassen werden. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob dies auch für Erschwerungsgründe gilt, die ihrerseits einen Pflichtenverstoß von einer Schwere darstellen, die nicht wesentlich hinter derjenigen der angeschuldigten Handlungen zurückbleibt.

23

Nach alledem hat das Oberverwaltungsgericht bei der Maßnahmebemessung zu Lasten der Beklagten die in der Disziplinarklageschrift nicht angeführten Umstände berücksichtigen dürfen, dass die Beklagte bis September 2003 weder die für die Rekonstruktion der Akten erforderlichen Computerdisketten herausgegeben noch den Zugang zu ihrem Dienstcomputer ermöglicht hat, obwohl diese Tatsachen nicht in der Disziplinarklageschrift aufgeführt sind.

24

c) Die Frage, welche inhaltlichen Anforderungen die Verwaltungsgerichte an den nicht weiter aufklärbaren Entlastungsvortrag des Beamten stellen darf, kann aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu dem Grundsatz "in dubio pro reo" beantwortet werden.

25

Es ist geklärt, dass dieser grundgesetzlich verankerte Rechtsgrundsatz für bemessungsrelevante Gesichtspunkte Anwendung findet. Demnach darf ein erschwerender Umstand grundsätzlich nur dann in die Maßnahmebemessung einfließen, wenn an den Tatsachen nach gerichtlicher Überzeugung kein vernünftiger Zweifel besteht. Dagegen muss ein mildernder Umstand schon dann berücksichtigt werden, wenn hierfür nach der Tatsachenlage hinreichende Anhaltspunkte bestehen. Die Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" ist auch ausgeschlossen, wenn die Verwaltungsgerichte aufgrund ihrer Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangen, die Tatsachen, aus denen der mildernde Umstand hergeleitet wird, lägen nicht vor bzw. es bestünden keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für ihr Vorliegen (stRspr; vgl. Urteile vom 30. September 1992 - BVerwG 1 D 32.91 - BVerwGE 93, 294 <297>; vom 28. Juli 2011 a.a.O. Rn. 30 und vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 22).

26

Danach hat das Oberverwaltungsgericht den Grundsatz "in dubio pro reo" folgerichtig nicht auf die tatsächliche Frage angewandt, ob die Beklagte den Aktenbestand spontan oder aufgrund eines vorgefassten Planes beseitigen ließ. Es hat die der Beklagten günstigere Sachverhaltsvariante des spontanen Handelns nicht nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" mildernd berücksichtigen können, weil es zu der Überzeugung gelangt ist, der entsprechende Vortrag der Beklagten sei unglaubhaft.

27

Das Oberverwaltungsgericht hat seine Überzeugung, die Beklagte habe die Akten nach Lage der Dinge nur nach einem vorgefassten Plan wegschaffen können, nachvollziehbar begründet. Die tatsächlichen Schlussfolgerungen, auf die ein Gericht seine Beweiswürdigung stützt, müssen nicht zwingend sein. Es genügt, dass sie möglich sind, und das Gericht darlegt, wie es seine Überzeugung gebildet hat. Davon ausgehend lässt die Beweiswürdigung des Oberverwaltungsgerichts zu den Umständen des Beiseiteschaffens der Akten einen Verstoß gegen einen revisiblen Grundsatz der Beweiswürdigung nicht erkennen (vgl. hierzu unter 2.b)).

28

d) Die Voraussetzungen des Milderungsgrundes der persönlichkeitsfremden Augenblickstat sind, soweit hier entscheidungserheblich, durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.

29

Danach setzt dieser Milderungsgrund voraus, dass die Dienstpflichtverletzung eine Kurzschlusshandlung darstellt, die durch eine spezifische Versuchungssituation hervorgerufen worden ist, und sich eine Wiederholung in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten ausschließen lässt. Dies wiederum hängt davon ab, ob sich der Beamte zuvor dienstlich wie außerdienstlich tadelsfrei verhalten hat, wobei Verfehlungen auf einem völlig anderen Gebiet außer Betracht bleiben. Es kommt darauf an, ob das Fehlverhalten nach dem Gesamtbild der Persönlichkeit des Beamten eine einmalige Entgleisung darstellt (stRspr; Urteile vom 27. Januar 1988 - BVerwG 1 D 50.87 - juris Rn. 21 und vom 4. Juli 2000 - BVerwG 1 D 33.99 - juris Rn. 19).

30

Danach kann nicht zweifelhaft sein, dass für die Beurteilung, ob es sich bei dem Pflichtenverstoß um ein einmaliges persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten handelt, auch das Verhalten des Beamten nach der Tatbegehung von Bedeutung ist.

31

e) Schließlich ist die Bedeutung des mildernden Umstands der negativen Lebensphase in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.

32

Danach können außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten während des Tatzeitraums oder im Tatzeitpunkt aus der Bahn geworfen haben, mildernd berücksichtigt werden. Dies liegt vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge dieser Verhältnisse darstellt. Allerdings muss der Beamte diese Lebensphase in der Folgezeit überwunden haben. Dies ist anzunehmen, wenn sich seine Lebensverhältnisse wieder soweit stabilisiert haben, dass nicht mehr davon die Rede sein kann, er sei weiterhin aus der Bahn geworfen. Eine derartige Stabilisierung indiziert, dass weitere Pflichtenverstöße gleicher Art nicht zu besorgen sind (stRspr; vgl. Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 40 f.; Beschluss vom 20. Dezember 2013 - BVerwG 2 B 35.13 - NVwZ-RR 2014, 314 Rn. 29).

33

Die Gründe des Berufungsurteils lassen erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht von diesen Rechtsgrundsätzen nicht abweichen wollte. Die rechtsfehlerhafte Anwendung auf den festgestellten Sachverhalt (vgl. hierzu unter 2.b)) ist nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen.

34

2. Dagegen haben zwei Verfahrensrügen der Beklagten Erfolg. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht. Auch hat das Oberverwaltungsgericht die der gerichtlichen Überzeugungsbildung gesetzten Grenzen überschritten.

35

a) Die Beklagte macht zu Recht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe versäumt festzustellen, ob die Beklagte vor und nach der Tat, insbesondere bei der unterbliebenen Mitwirkung an der Rekonstruktion der Akten, erheblich vermindert schuldfähig im Sinne von §§ 20, 21 StGB gewesen sei.

36

Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 59 Abs. 1 LDG Bbg58 Abs. 1 BDG) obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, die Aufklärung des Sachverhalts auch in Bezug auf die bemessungsrelevanten Umstände (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG Bbg = BDG) zu versuchen, soweit dies für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderlich und nach Lage der Dinge zumutbar erscheint. Das Gericht darf eine Aufklärungsmaßnahme, die sich ihm nach den Umständen des Falles hat aufdrängen müssen, nicht deshalb unterlassen, weil kein Beweisantrag gestellt worden ist (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 = NVwZ 2009, 597 jeweils Rn. 7 und vom 6. September 2012 - BVerwG 2 B 31.12 - juris Rn. 11).

37

Im Anschluss an das Landgericht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, die Beklagte habe sich während des Beiseiteschaffens der Akten aufgrund einer schweren Depression in einem Zustand erheblich herabgesetzter Steuerungsfähigkeit befunden. Sie sei nicht mehr in der Lage gewesen, ihre sozialen, häuslichen und beruflichen Aktivitäten in dem erforderlichen Maß aufrechtzuerhalten. Ihr Verhalten sei auf diese affektive Störung zurückzuführen gewesen. Darüber hinaus hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, die Depression sei auch 2011 noch nicht vollständig überwunden gewesen.

38

Aufgrund dieser Feststellungen hat sich dem Oberverwaltungsgericht die Aufklärung aufdrängen müssen, ob insbesondere die fehlende Mitwirkung der Beklagten bei der Rekonstruktion der Akten bis September 2003 ebenfalls auf die depressive Erkrankung und die dadurch herbeigeführten Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB zurückzuführen war. Jedenfalls kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, der Gesundheitszustand der Beklagten habe sich durch das Beiseiteschaffen des Aktenbestandes entscheidend gebessert.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat diese Aufklärung nicht mit der Begründung unterlassen können, die Beklagte habe während des gesamten Geschehens über die erforderliche Einsichtsfähigkeit verfügt. Die vom Landgericht auf sachverständiger Tatsachengrundlage attestierte erheblich verminderte Schuldfähigkeit beruhte nicht auf einem Mangel der Einsichtsfähigkeit, sondern der Steuerungsfähigkeit, d.h. dem Unvermögen, nach der vorhandenen Einsicht zu handeln. Der mildernde Umstand der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit kann im Rahmen der Maßnahmebemessung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG Bbg (BDG) nicht durch das Vorhandensein der Einsichtsfähigkeit "kompensiert" werden.

40

b) Auch rügt die Beklagte im Ergebnis zu Recht, dass das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, der mildernde Umstand der negativen Lebensphase greife nicht ein, weil die Beklagte diese Phase noch nicht vollständig überwunden habe. Diese Würdigung beruht auf einem Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz, weil das Oberverwaltungsgericht den festgestellten Sachverhalt nicht vollständig in den Blick genommen und nicht durch Tatsachen gedeckte Schlussfolgerungen gezogen hat.

41

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. Das Gericht darf nicht einzelne entscheidungserhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse bei der Würdigung des Sachverhalts außer Acht lassen, insbesondere nicht Umstände übergehen, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts (stRspr; vgl. Beschluss vom 18. November 2008 - BVerwG 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 = NVwZ 2009, 399 jeweils Rn. 27).

42

Darüber hinaus verstößt die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts gegen den Überzeugungsgrundsatz, wenn das Gericht einen allgemeinen Erfahrungssatz, ein Gebot der Logik (Denkgesetz) oder der rationalen Beurteilung nicht beachtet (stRspr; vgl. Urteil vom 2. Februar 1984 - BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 <339 f.> = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 145 S. 36 f.; Beschluss vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 B 28.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 7). Die Beweiswürdigung darf sich nicht so weit von der festgestellten Tatsachengrundlage entfernen, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen als reine Vermutung erweisen (stRspr; vgl. BGH, Urteile vom 21. März 2013 - 3 StR 247/12 - NStZ 2013, 420 und vom 1. Oktober 2013 - 1 StR 403/13 - NStZ 2014, 475).

43

Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts beruhte die negative Lebensphase der Beklagten zum Tatzeitpunkt auf mehreren zusammenwirkenden Faktoren: Die Beklagte litt nicht nur an einer schweren Depression mit Ausfallerscheinungen im Alltag; sie war auch an Krebs erkrankt. Ihre berufliche Überforderung beruhte auch auf der damaligen erheblichen strukturellen Überlastung des Gerichtsvollzieherdienstes des Klägers. Hinzu kam, dass die Beklagte nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten mit der Betreuung der gemeinsamen Tochter überfordert war und aufgrund eines Hauskaufs finanzielle Probleme hatte. Im Anschluss an das Landgericht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, die Beklagte habe sich zur Zeit des Beiseiteschaffens der Akten in einem Zustand massiver Verzweiflung befunden.

44

Auch das Oberverwaltungsgericht geht davon aus, dass diese ganz außergewöhnliche Lebenssituation bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme mildernd zu berücksichtigen ist, wenn sie die Beklagte überwunden hat, d.h. wenn sie wieder "in geordneten Bahnen" lebt. Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, die Arbeitsbelastung der Gerichtsvollzieher sei generell zurückgegangen. Die Beklagte habe ihre Krebserkrankung überwunden. Die Betreuungsprobleme bestünden nicht mehr. Die wirtschaftliche Lage der Beklagten sei weiterhin angespannt. Ihre psychische Verfassung sei nicht stabil; ein Rückfall in den Zustand verminderter Steuerungsfähigkeit lasse sich nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen. Die Beklagte sei zur "Rückfallprophylaxe" weiterhin in psychotherapeutischer Behandlung. Daher sei nicht gewährleistet, dass sie den Aufgaben einer Gerichtsvollzieherin gewachsen sei.

45

Diese Feststellungen decken nicht die vom Oberverwaltungsgericht gezogene Schlussfolgerung, die Beklagte habe die negative Lebensphase nicht überwunden. Vielmehr hat sich ihre Lebenssituation entscheidend verbessert. Der bloße Umstand, dass sich die Beklagte weiterhin zur "Rückfallprophylaxe" in psychotherapeutischer Behandlung befindet, reicht als Tatsachengrundlage eindeutig nicht aus, um den Schluss zu tragen, die Beklagte sei trotz der festgestellten erheblichen Verbesserungen ihrer Lebensverhältnisse nach wie vor "aus der Bahn geworfen". Vielmehr liegt der Schluss nahe, die Beklagte habe ihre massiven Probleme, die sie zum Tatzeitpunkt hatte, inzwischen in den Griff bekommen. Wie unter 1.e) dargelegt, rechtfertigt die Überwindung der negativen Lebensphase im Regelfall die Prognose, mit darauf zurückzuführenden Pflichtenverstößen sei ernsthaft nicht mehr zu rechnen. Der Prognosemaßstab des Ausschlusses mit hoher Wahrscheinlichkeit darf nicht angelegt werden.

46

Darüber hinaus hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner Würdigung, aufgrund der depressiven Erkrankung seien auch künftig Dienstpflichtverletzungen zu befürchten, die tatsächliche Feststellung außer Acht gelassen, dass die Beklagte von 2003 bis 2008 - offenbar ohne Beanstandungen - im mittleren Justizdienst eingesetzt war. Das Oberverwaltungsgericht durfte seine Prognose des künftigen dienstlichen Verhaltens der Beklagten nicht auf die Zeit ihres früheren Einsatzes im Gerichtsvollzieherdienst beschränken. Vielmehr hätte es deren Verwendung im mittleren Justizdienst in Betracht ziehen müssen.

47

Im Übrigen setzt die Feststellung, die Beklagte habe ihre depressive Erkrankung noch nicht vollständig überwunden, eine entsprechende medizinische Sachkunde voraus, die das Gericht, wenn es diese für sich in Anspruch nimmt und auf sachverständige Hilfestellung verzichtet, nachvollziehbar zu belegen hat.

48

Die weiteren Verfahrensrügen der Beklagten greifen nicht durch. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO, § 70 LDG Bbg).

49

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass Umstände, die die Schwere des Dienstvergehens, d.h. dessen Unrechtsgehalt kennzeichnen, der Beklagten im Rahmen der Maßnahmebemessung nicht nochmals angelastet werden dürfen (Beschluss vom 14. Mai 2012 - BVerwG 2 B 146.11 - NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 10). So kann beispielsweise nicht doppelt erschwerend berücksichtigt werden, dass die Beklagte durch das Beiseiteschaffen der Akten deren Beseitigung nach den datenschutzrechtlichen Vorgaben verhindert und die Rechtsverfolgung von Vollstreckungsgläubigern verhindert hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.