Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 7. Mai 2015 wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Teilumnutzung einer Lagerhalle in ein Bordell auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung L. (Baugrundstück).

Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des am ... im Amtsblatt der Beklagten öffentlich bekannt gemachten Bebauungsplans Nr. ... „N. Straße“, der dort hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ein Industriegebiet gem. § 9 BauNVO festsetzt. Der Kläger beantragte unter dem 4. Dezember 2013 die Erteilung einer Baugenehmigung für die Teilumnutzung des auf dem Baugrundstück nach Maßgabe einer Baugenehmigung vom 23. Juni 1994 errichteten Büro- und Lagergebäudes in eine gewerbliche Vermietung von 47 Einzelräumen (ohne Wohnnutzung) an Prostituierte.

Am 27. Februar 2014 beschloss der Stadtrat der Beklagten, die Stadtverwaltung zu beauftragen, für das gesamte Stadtgebiet ein Bordell-Strukturkonzept u. a. mit dem Ziel der städtebaulichen und ordnungspolitischen Steuerung von Prostitutionsstätten zu erstellen. Des Weiteren beschloss der Stadtrat, den Bebauungsplan Nr. ... „N. Straße“ zu ändern. Vorbehaltlich der Ergebnisse des parallel auszuarbeitenden Bordell-Strukturkonzepts sollten mit der Bauleitplanung die textlichen Festsetzungen dahingehend ergänzt werden, dass künftig Bordelle, bordellartige Betriebe, Wohnungsprostitution und sonstige sexbezogene Vergnügungsstätten im Plangebiet nicht mehr zulässig sein werden. Zur Sicherung dieser Planänderung erließ der Stadtrat ebenfalls am 27. Februar 2014 eine Veränderungssperre. Der Oberbürgermeister fertigte diese noch am 27. Februar 2014 aus. Sowohl der Aufstellungs-/Änderungsbeschluss als auch der Satzungsbeschluss über die Veränderungssperre wurden im Amtsblatt der Beklagten vom 28. Februar 2014 öffentlich bekannt gemacht.

Mit Bescheid vom 28. März 2014 lehnte die Beklagte den Bauantrag des Klägers ab, weil das Vorhaben im Widerspruch zur erlassenen Veränderungssperre sowie den grundsätzlichen Planungszielen des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans stehe. Hiergegen erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage. Mit Urteil vom 7. Mai 2015 verpflichtete das Verwaltungsgericht unter Aufhebung des Bescheids vom 28. März 2014 die Beklagte, über den Bauantrag des Klägers vom 4. Dezember 2013 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, dass das Bauplanungsrecht dem Bauvorhaben nicht entgegenstehe. Ein Bordellbetrieb sei als Gewerbebetrieb gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO in einem Industriegebiet allgemein zulässig. Die Veränderungssperre sei unwirksam, weil die Planung an schon anfänglich erkennbaren, schlechterdings nicht behebbaren rechtlichen Mängeln leide. Für eine Feinsteuerung der zulässigen Nutzungsart gem. § 1 Abs. 5, Abs. 9 BauNVO durch Ausschluss von Bordellen etc. seien unter Berücksichtigung des Auffangcharakters eines Industriegebiets keine besonderen städtebaulichen Gründe im Sinne von § 1 Abs. 9 BauNVO zu erkennen. Darüber hinaus legten die bloß allgemeingültigen Feststellungen in den jeweiligen Beschlussvorlagen die Annahme nahe, dass der Ausschluss von Bordellen und bordellähnlichen Nutzungen ausschließlich zur Verhinderung eines planungsrechtlich unerwünschten Baugesuchs erfolgt sei. Damit fehle es auch an der Erforderlichkeit der Planung. Kein anderes Ergebnis ergebe sich aus dem Grundsatzbeschluss der Beklagten zur Erarbeitung eines Bordell-Strukturkonzepts. Insoweit habe es zum relevanten Zeitpunkt der Beschlussfassung an den maßgeblichen Eckpunkten eines derartigen Nutzungskonzeptes und damit an einer zu sichernden positiven Planungskonzeption der Beklagten gefehlt. Es sei noch völlig unklar gewesen, wo Bordellbetriebe angesiedelt und wo derartige Vorhaben künftig ausgeschlossen werden sollten. Einer Verpflichtung zur Erteilung der Baugenehmigung habe die fehlende Spruchreife entgegengestanden, weil die Vereinbarkeit des einen Sonderbau i. S. von Art. 2 Abs. 4 Nr. 3 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) betreffenden Vorhabens mit den gem. Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO zum Prüfprogramm zählenden bauordnungsrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen von der Beklagten nicht geprüft worden sei.

Mit am 19. Februar 2016 im Amtsblatt bekannt gemachten Satzungsbeschluss vom 28. Januar 2016 wurde die Veränderungssperre erstmals um ein Jahr verlängert.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung richtet sich die Beklagte gegen die erstinstanzliche Entscheidung. Sie ist der Ansicht, dem Kläger fehle das Rechtsschutzinteresse für die deswegen schon unzulässige Klage. Die erstrebte Baugenehmigung sei für ihn nutzlos, weil er nach Maßgabe der einschlägigen zivilrechtlichen Grundlagen infolge fehlender privatrechtlicher Berechtigung keinen Gebrauch von ihr machen könne. Der Eigentümer des Baugrundstücks habe gegenüber dem Erbbauberechtigten (= Vermieter des Klägers) mit Schreiben vom 23. Februar 2014 erklärt, unter keinen Umständen der Nutzungsänderung und den Umbaumaßnahmen zuzustimmen. Jedenfalls sei die Klage unbegründet. Das Vorhaben des Klägers sei in einem Industriegebiet als gebietsunverträglich einzustufen. Unerheblich sei dabei, dass es um ein größeres Bordellvorhaben gehe. Unabhängig davon stehe die zwischenzeitlich verlängerte Veränderungssperre einem Anspruch des Klägers auf Baugenehmigungserteilung entgegen. Eine umfassende antizipierte Normenkontrolle in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Planung habe bei der gerichtlichen Prüfung einer Veränderungssperre zu unterbleiben. Es sei nicht ersichtlich, dass die im Aufstellungsbeschluss manifestierte Planung offensichtlich rechtswidrig und ein entsprechender Mangel schlechterdings nicht behebbar sei. Ein missbräuchlicher Aufstellungsbeschluss liege nicht vor. Sie - die Beklagte - verfolge ernsthafte Planungsabsichten. Ihre mit der Bauleitplanung umzusetzenden städtebaulichen Vorstellungen seien im Übrigen Teil des vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit über das Forschungsprogramm „...“ geförderten städtischen Konzepts „U...“. Mit diesem Konzept werde bezweckt, Firmen aus dem produzierenden und verarbeitenden Bereich der Umwelttechnologiebranche anzusiedeln. Mit dem Ziel der Standortsicherung zur Verhinderung der Ansiedlung von strukturverändernden Betrieben lägen auch „besondere städtebauliche Gründe“ vor. Schon im ursprünglichen Bebauungsplan Nr. ... seien zwecks vorrangiger Ansiedlung von produzierenden und verarbeitenden Betrieben Einzelhandelsbetriebe ausgeschlossen worden. Dieses Ziel sei in der Vergangenheit auch stringent umgesetzt worden. Vor allem im Umgriff des Bebauungsplans Nr. ... und in der Umgebung des geplanten Laufhauses seien produzierende und verarbeitende Betriebe mittlerer Größe aus den Branchen Metall, Elektro, Druck und Maschinenbau angesiedelt. Für derartige Betriebe sei auch der Anschluss des Gebiets an die Localbahn umgesetzt worden. Da im Stadtgebiet kaum mehr Flächen für einen gewerblichen oder industriellen Bedarf verfügbar seien, sei die planerische Zielsetzung einer Standortsicherung für produzierende und verarbeitende Gewerbe auch mit Blick auf die gesamtstädtische Situation nachvollziehbar.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 7. Mai 2015 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass ein Rechtsschutzinteresse für die Klage bei Berücksichtigung von Art. 60 Abs. 4 BayBO bestehe. Privatrechtliche Hindernisse könnten nur dann dem Erlass einer Baugenehmigung entgegenstehen, wenn sie entweder rechtskräftig geklärt oder offensichtlich seien. Beides sei hier nicht der Fall, zumal mit dem Einbau der streitgegenständlichen Zimmer in einem Teilbereich der Halle keine zustimmungspflichtige, wesentliche Veränderung am Bauwerk im Sinne des Erbbaurechtsvertrags einhergehe. Zudem sei er - der Kläger - nicht der Vertragspartner des Erbbauberechtigten. Das Urteil des 1. Senats des Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Oktober 2015 (Az. 1 B 15.886) zur Gebietsunverträglichkeit von Bordellbetrieben in Industriegebieten verkenne den grundlegenden Gleichlauf von Gewerbe- und Industriegebiet aus baunutzungsrechtlicher Sicht, zumal in dieser Entscheidung jedenfalls für erheblich belästigende Bordelle - wie hier bei einem Laufhaus mit 47 Einzelräumen - die Industriegebietsverträglichkeit nicht kategorisch ausgeschlossen worden sei. Hinsichtlich der mangelnden Übertragbarkeit der Entscheidung auf den vorliegenden Fall sei auch zu berücksichtigen, dass sich das Vorhaben des Klägers im Bereich „GI 1“ des Bebauungsplans mit relativ niedrigen immissionswirksamen flächenbezogenen Schalleistungspegeln befinde und dass die Betriebe, die sich in der näheren Umgebung des Baugrundstücks befänden, Gewerbebetriebe seien, die auch in einem Gewerbegebiet gem. § 8 BauNVO zulässig wären; die betroffene Umgebung weise tatsächlich den Charakter eines Gewerbegebiets auf. Ferner sei die Veränderungssperre unwirksam. Zur Sicherung einer im Erlasszeitpunkt nicht absehbaren Planung sei eine Veränderungssperre nicht das richtige Mittel, wie das Verwaltungsgericht in Bezug auf die offenen Ergebnisse in Bezug auf das städtische Bordell-Strukturkonzept zutreffend ausgeführt habe. Die Planung entbehre eines positiven Planungskonzepts und stelle eine unzulässige reine Verhinderungsplanung dar.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 24. Januar 2017 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Beklagte nicht unter Aufhebung des Bescheids vom 28. März 2014 zur Neubescheidung verpflichten dürfen. Die Klage mit dem Antrag, den Ablehnungsbescheid vom 28. März 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Baugenehmigung gemäß Bauantrag vom 4. Dezember 2013 zu erteilen, ist zwar zulässig, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts aber unbegründet.

1. Die Verpflichtungsklage ist zulässig. Zwar kann das Rechtsschutzinteresse für eine auf Genehmigungserteilung gerichtete Verpflichtungsklage im Einzelfall fehlen, wenn Ziel der Rechtsverfolgung der Erhalt einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung ist, die sich mit Rücksicht auf rechtliche Verhältnisse - ggf. auch auf solche des Zivilrechts - nicht durchsetzen lässt (vgl. BVerwG, B. v. 20.7.1993 - 4 B 110.93 - NVwZ 1994, 482 f. = juris Rn. 3). Bloße Zweifel daran, ob der Kläger die beantragte Baugenehmigung verwirklichen kann, genügen hingegen nicht, um ein schutzwürdiges Interesse an der Rechtsverfolgung über eine Verpflichtungsklage zu verneinen.

Ein Anspruch auf Erhalt der Baugenehmigung besteht, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 HS 1 BayBO. Art. 68 Abs. 4 BayBO hebt zwar hervor, dass die Baugenehmigung unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt wird. Dennoch kann ein Bauantrag zur Entlastung der Behörde von unnötiger und nutzloser Verwaltungstätigkeit wegen fehlenden Sachbescheidungsinteresses - als Pendant zum fehlenden Rechtsschutzinteresse im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - u. a. dann als unzulässig angelehnt werden, wenn von vornherein feststeht, dass der Bauherr aus privatrechtlichen Gründen definitiv nicht in der Lage sein wird, das Bauvorhaben auszuführen (vgl. VGH BW, U. v. 18.11.1994 - 8 S 1470/94 - NVwZ-RR 1995, 563 f. = juris Rn. 42; U. v. 11.8.1997 - 5 S 3509/95 - BauR 1998, 526 f. = juris Rn. 17; Molodovsky in Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand: März 2016, Art. 68 Rn. 40j; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 68 Rn. 52 - jeweils m. w. N.). Im Übrigen hat die Aufsichtsbehörde die zivilrechtliche Realisierbarkeit des Vorhabens nicht zu prüfen, diese fällt vielmehr nach Erhalt der Baugenehmigung in den Risikobereich des Bauherrn (Schwarzer/König a. a. O. unter Rekurs auf BGH, U. v. 6.7.2000 - III ZR 340/98 - BGHZ 144, 394 ff. = juris Rn. 13, 14). Die in Art. 68 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 BayBO zum Ausdruck kommende grundsätzliche Trennung des Baugenehmigungsverfahrens vom Privatrecht lässt ausnahmsweise eine Berücksichtigung entgegenstehender privater Rechte Dritter im Rahmen des Sachbescheidungsinteresses und damit auch des Rechtsschutzinteresses nur dann zu, wenn entgegenstehende private Rechte Dritter offensichtlich bestehen und deshalb die Baugenehmigung für den Bauantragsteller ersichtlich nutzlos wäre (vgl. VGH BW, U. v. 18.11.1994 a. a. O. m. w. N.; speziell im Fall einer rechtskräftigen zivilgerichtlichen Klärung: BVerwG, U. v. 17.12.1964 - I C 130.63 - BVerwGE 20, 124 ff. = juris Rn. 8 f.; vgl. auch Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: Oktober 2016, Art. 68 Rn. 52; Lechner in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: August 2016, Art. 68 Rn. 167).

Im vorliegenden Fall ist die zivilrechtliche Rechtslage nicht offensichtlich geklärt. Die Beklagte beruft sich auf die vom Eigentümer des Baugrundstücks gegenüber dem Erbbauberechtigten mit Schreiben vom 23. Februar 2014 erklärte Versagung der Zustimmung hinsichtlich der Teilumnutzung des Gebäudes in ein Bordell. Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, dass das streitgegenständliche Vorhaben im Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Erbbauberechtigten (Vermieter des Klägers) gemäß § 7 des notariellen Erbbaurechtsvertrags vom 29. Dezember 1993 zustimmungspflichtig sei. In dieser Vertragsbestimmung heißt es, dass der Erbbauberechtigte „das Bauwerk nicht ohne schriftliche Einwilligung des Eigentümers ganz oder teilweise abbrechen oder wesentlich verändern“ darf. Im Zusammenlesen mit § 4 des Erbbaurechtsvertrags soll sich nach der Rechtsansicht der Beklagten ergeben, dass wesentliche Veränderungen i. S. von § 7 auch solche Änderungen seien, welche die konkrete Nutzung und Verwendung des Bauwerks beträfen. Da das Prostitutionsgesetz erst am 1. Februar 2002 in Kraft getreten sei, sei - so die Beklagte - davon auszugehen, dass das zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach der allgemeinen Verkehrsanschauung sittenwidrige und damit moralisch verwerfliche Prostitutionsgewerbe nicht vom vertraglichen Verwendungszweck erfasst gewesen sei. Dem Erbbauberechtigten stehe nach Meinung der Beklagten auch kein Anspruch auf Zustimmung gegen den Eigentümer zu.

Es geht hier mithin nicht um die Frage, inwiefern der Mieter im Zweierverhältnis zum Eigentümer auf dessen Zustimmung angewiesen ist, sondern um ein Dreiecksverhältnis Grundstückseigentümer /Erbbauberechtigter /Kläger (Mieter). Daher kommt es in einem ersten Schritt auf die rechtlich nicht völlig eindeutige Würdigung und Auslegung der Vertragsbeziehungen zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten (als Vermieter des Klägers) und erst in einem zweiten Schritt auf die Frage an, inwiefern der Eigentümer gegenüber dem Kläger die Unterlassung der Nutzung des Bauwerks als Bordell verlangen kann. Die Beantwortung dieser Rechtfragen liegt nicht klar und eindeutig auf der Hand. Unabhängig von der Frage, ob der Grundstückseigentümer ggf. seine ablehnende Haltung nochmals ändern könnte (vgl. VGH BW, U. v. 11.8.1997 - 5 S 3509/95 - BauR 1998, 526 f = juris Rn. 18), kann unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Rechtsschutzinteresses der Verpflichtungsklage jedenfalls nicht die Rede davon sein, dass die Baugenehmigung für den Kläger wegen offensichtlich entgegenstehender privater Rechte Dritter nutzlos wäre. Gerade wegen Art. 68 Abs. 4 BayBO kann es weder Aufgabe der Baugenehmigungsbehörde noch der im Rahmen einer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung angegangenen Verwaltungsgerichte sein, inzident nicht völlig eindeutig zu beantwortende zivilrechtliche Vorfragen zu klären und - mit der Gefahr divergierender Entscheidungen - möglichen späteren zivilgerichtlichen Entscheidungen vorzugreifen.

2. Die Verpflichtungsklage ist aber unbegründet. Die Beklagte hat den Bauantrag für die Teilumnutzung des Büro- und Lagergebäudes auf dem Baugrundstück in ein Bordell (gewerbliche Vermietung von 47 Einzelräumen ohne Wohnnutzung an Prostituierte) zu Recht abgelehnt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung (§ 113 Abs. 5 VwGO, Art. 68 Abs. 1 BayBO). Das Vorhaben ist aus bauplanungsrechtlichen Gründen nicht zulassungsfähig, so dass ihm gem. Art. 60 Satz 1 Nr. 1 BayBO zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen.

a) Der Senat lässt die Frage dahinstehen, ob Bordellbetriebe in Industriegebieten bei typisierender Betrachtungsweise als grundsätzlich gebietsunverträglich und daher bauplanungsrechtlich unzulässig anzusehen sind (so jedenfalls grundsätzlich BayVGH, U. v. 19.10.2015 - 1 B 15.886 - NVwZ 2016, 706 ff. = juris Rn. 19 ff., unter Rekurs auf BVerwG, U. v. 25.11.1983 - 4 C 21.83 - BVerwGE 68, 213 ff. = juris Rn. 13; a.A. VG Freiburg/Breisgau, U. v. 24.10.2000 - 4 K 1178/99 - NVwZ 2001, 1442/1444; Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 9 Rn. 17; Decker in Jäde u. a., BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, § 9 BauNVO Rn. 4; Pützenbacher in Bönker/Bischopnik, BauNVO, 1. Aufl. 2014, § 9 Rn. 53). Die streitgegenständliche Nutzungsänderung ist jedenfalls aus andern Gründen bauplanungsrechtlich unzulässig [vgl. im Folgenden unter b)]. Es bedarf daher keiner Entscheidung, inwiefern das Vorhaben aufgrund seiner Größe (Laufhaus mit 47 an Prostituierte zu vermietenden Arbeitszimmer) und dem z. B. daher zu erwartenden Park- bzw. An- und Abfahrtslärm als erheblich belästigender und deswegen auch bei Abstellen auf die Rechtsansicht des 1. Senats des Verwaltungsgerichtshofs dennoch als gebietsverträglicher Betrieb im Industriegebiet anzusehen ist (vgl. den Vorbehalt bei BayVGH, U. v. 19.10.2015 - 1 B 15.886 - NVwZ 2016, 706 ff. = juris Rn. 24: „anders als möglicherweise im Einzelfall erheblich belästigende Bordellbetriebe“). Ebensowenig war der Anregung des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung, die konkreten Verhältnisse vor Ort in Augenschein zu nehmen, nachzugehen: Weil es auf die zwischen den Parteien umstrittene Rechtsprechung des 1. Senats des Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Oktober 2015 (Az. 1 B 15.886) zur grundsätzlichen Gebietsunverträglichkeit von Bordellen in Industriegebieten nicht ankommt, bedarf es keiner weiteren Erwägungen, inwiefern das Vorhaben des Klägers in Bezug auf die konkret bestehende Umgebungsnutzung als erheblich störend und jedenfalls deshalb als gebietsverträglich anzusehen wäre.

b) Die vom Kläger begehrte Nutzungsänderung ist bauplanungsrechtlich unzulässig, weil ihr die von der Beklagten beschlossene Veränderungssperre (vgl. deren § 3 Abs. 1) in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB entgegensteht.

Die ursprüngliche Satzung über die Veränderungssperre weist in formeller Hinsicht (vgl. § 16 Abs. 1, Abs. 2 BauGB) keine ersichtlichen Fehler auf. Nachdem § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB insoweit keine besonderen Voraussetzungen aufstellt, durfte die Beklagte - wie durch den am 19. Februar 2016 im Amtsblatt bekannt gemachten Satzungsbeschluss vom 28. Januar 2016 geschehen - die Veränderungssperre um ein Jahr verlängern (BVerwG, B. v. 8.1.1993 - 4 B 258.92 - BRS 55 Nr. 96 = juris Rn. 4, 5; BayVGH, U. v. 13.12.2016 - 15 N 14.1019 - juris Rn. 20).

Auch in materieller Hinsicht sind keine Mängel der Veränderungssperre erkennbar. Die in § 14 Abs. 1 BauGB genannte Voraussetzung, wonach eine Veränderungssperre „zur Sicherung der Planung“ beschlossen werden kann, ist auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nur gegeben, wenn die mit dem Aufstellungsbeschluss eingeleitete Planung im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll, und wenn diese Planung nicht an schon zu diesem frühen Zeitpunkt des Verfahrens erkennbaren, nicht behebbaren Mängeln leidet (vgl. BVerwG, B. v. 21.12.1993 - 4 NB 40.93 - NVwZ 1994, 685 f. = juris Rn. 2, 3; U. v. 19.2.2004 - 4 CN 13.03 - NVwZ 2004, 984 ff. = juris Rn. 15; B. v. 21.10.2010 - 4 BN 26.10 - ZfBR 2011, 160 f. = juris Rn. 6; BayVGH, U. v. 26.5.2009 - 1 N 08.2636 - BayVBl. 2010, 562 ff. = juris Rn. 45; U. v. 9.10.2012 - 15 N 11.1857 - juris Rn. 19; B. v. 25.4.2013 - 15 ZB 13.274 - juris Rn. 4; B. v. 15.6.2016 - 15 N 15.1583 - juris Rn. 15; König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 331 ff.). Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

aa) Es ist nicht ersichtlich, dass das mit der Planung anvisierte Ziel, bestimmte Nutzungen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ... „N. Straße“ zu unterbinden, generell nicht erreichbar wäre. Vielmehr ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Bordelle als hinreichend bestimmte Anlagentypen grundsätzlich in einem Plangebiet gemäß § 1 Abs. 9 BauNVO ausgeschlossen werden können (BVerwG, B. v. 5.6.2014 - 4 BN 8.14 - ZfBR 2014, 574 = juris Rn. 10; BayVGH, B. v. 31.3.2009 - 14 ZB 08.2705 - juris Rn. 13; HessVGH, U. v. 5.2.2004 - 4 N 360/03 - BauR 2005, 1126 ff. = juris Rn. 27; VGH BW, B. v. 24.4.2013 - 3 S 2404/12 - BauR 2013, 1635 ff. = juris Rn. 14; U. v. 26.4.2016 - 8 S 205/14 - juris Rn. 37 ff.).

Die Gestaltungsfreiheit der Gemeinde für Nutzungsausschlüsse in einem festgesetzten Industriegebiet unterliegt - entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts - auch unter Berücksichtigung des Auffangcharakters dieser Gebietsart keinen grundsätzlich verschärften Rechtfertigungsanforderungen. In Industriegebieten kann, soweit die Zweckbestimmung dieses Gebietstyps gewahrt bleibt, die Kommune aus städtebaulichen Gründen das Gebiet den produzierenden und verarbeitenden Betrieben vorbehalten (vgl. BVerwG, B. v. 6.5.1993 - NB 32.92 - NVwZ 1994, 292 f. = juris Rn. 12; Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 9 Rn. 14). § 1 Abs. 9 BauNVO ist keine Ausnahmevorschrift, von der nur beim Vorliegen einer atypischen Situation Gebrauch gemacht werden darf. Mit der erforderlichen Rechtfertigung durch „besondere städtebauliche Gründe“ verlangt § 1 Abs. 9 BauNVO lediglich, dass es spezielle städtebauliche Gründe für eine gegenüber § 1 Abs. 5 BauNVO noch feinere Ausdifferenzierung der zulässigen Nutzungen gibt (BVerwG, U. v. 22.5.1987 - 4 C 77.84 - BVerwGE 77, 317 ff. = juris Rn. 21; B. v. 27.7.1998 - 4 BN 31.98 - NVwZ-RR 1999, 9 = juris Rn. 9; VGH BW, B. v. 24.4.2013 - 3 S 2404/12 - BauR 2013, 1635 ff. = juris Rn. 18). Eine absolute Grenze für Nutzungsausschlüsse besteht nur insoweit, als es der Gemeinde verwehrt ist, ein mit der Zweckbestimmung eines Industriegebiets nicht vereinbares „eingeschränktes Industriegebiet“ festzusetzen, in dem vorwiegend oder nur nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe im Sinne von § 8 Abs. 1 BauNVO zulässig sind (vgl. BVerwG, B. v. 6.5.1993 - 4 NB 32.92 - NVwZ 1994, 292 f. = juris Rn. 12; BayVGH, U. v. 11.7.2008 - 22 A 07.40058 - BayVBl. 2009, 304 ff. = juris Rn. 25 ff.; VGH BW, U. v. 10.12.1993 - 8 S 994/92 - UPR 1994, 455 f. = juris Rn. 30 ff.; Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 9 Rn. 14; Stange, BauNVO, 3. Aufl. 2015, § 9 Rn. 10; Pützenbacher in Bönker/Bischopnik, BauNVO, 1. Aufl. 2014, § 9 Rn. 32). Um Letzteres geht es aber hinsichtlich der geplanten Ausschlussfestsetzungen für Bordellbetriebe etc. nicht. Die Frage, ob die für die Planungsziele sprechenden Gründe in der - späteren - Abwägung mit anderen Faktoren am Ende der Planung ausreichend Gewicht haben werden, um die Planung zu tragen, ist erst im Bebauungsplanverfahren abschließend zu entscheiden (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 21.12.1993 - 4 NB 40.93 - NVwZ 1994, 685 f. = juris Rn. 2; U. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138 ff. = juris Rn. 31).

bb) Die Änderungsplanung verstößt auch nicht deswegen gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, weil der Ausschluss von Bordellbetrieben gem. § 1 Abs. 9 BauGB nicht notwendig wäre, sofern sich die Unzulässigkeit einer Bordellnutzung schon aus der Festsetzung des Industriegebiets ergeben würde (zum Streitstand oben 1.).

Unter Berücksichtigung des aus der Planungshoheit folgenden weiten Gestaltungsermessens der Kommune genügt es dem als Missbrauchsschranke gedachten Erforderlichkeitsmaßstab des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, wenn eine Planung vernünftigerweise geboten erscheint (BVerwG, U. v. 6.6.2002 - 4 CN 4.01 - BVerwGE 116, 296 ff. = juris Rn. 25; König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 48). Auch wenn es gute dogmatische Gründe dafür geben mag, einen Bordellbetrieb in einem Industriegebiet als gebietsunverträglich anzusehen, handelt die Gemeinde nicht willkürlich, wenn sie den gewollten Ausschluss ausdrücklich regelt. Denn zum einen ist die Frage der Gebietsunverträglichkeit von Bordellen in Industriegebieten gem. § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO umstritten [s.o. unter 2. a)] und bislang nicht höchstrichterlich geklärt. Zum anderen ist auch bei Annahme einer grundsätzlichen Unzulässigkeit von Bordellen in Industriegebieten ungeklärt, ob es dann erheblich belästigende Bordellbetriebe (wie diese auch immer zu definieren wären) geben kann, die nach den konkreten Umständen des Einzelfalls aufgrund ihres Störungspotenzials dennoch als im Industriegebiet gebietsverträglich anzusehen sind (vgl. BayVGH, U. v. 19.10.2015 - 1 B 15.886 - NVwZ 2016, 706 ff. = juris Rn. 24: „anders als möglicherweise im Einzelfall erheblich belästigende Bordellbetriebe“). Über einen Ausschluss von Bordellbetrieben nach § 1 Abs. 9 BauNVO kann die Gemeinde demgegenüber Klarheit schaffen und sich von der - derzeit umstrittenen - Auslegung des § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO unabhängig machen (vgl. auch BayVGH, B. v. 31.3.2009 - 14 ZB 08.2705 - juris Rn. 13). Vor diesem Hintergrund kann einer solchen Regelung eine fehlende Eignung zur Erreichung des verfolgten Zwecks (vgl. König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 55) und eine deswegen fehlende Erforderlichkeit nicht vorgeworfen werden.

cc) Die von der Beklagten anvisierte Änderungsplanung verstößt nicht deshalb von vornherein gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, weil es sich um eine (reine) Verhinderungs- bzw. Negativplanung handelte.

Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Eine Kommune darf sich in Wahrnehmung ihrer Planungshoheit (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB) bei der Steuerung der städtebaulichen Entwicklung grundsätzlich von „kommunalpolitischen“ Motiven leiten lassen, sie darf unter Beachtung der dafür geltenden gesetzlichen Regeln Bauleitplanung nach ihren Vorstellungen betreiben (vgl. BVerwG, U. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138 ff. = juris Rn. 23). Den Vorwurf einer am Maßstab von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB unzulässigen Verhinderungs- bzw. Negativplanung (als Missbrauchsschranke) muss eine Kommune nur dann gegen sich gelten lassen, wenn sie keine städtebaulichen Ziele verfolgt, wenn m.a.W. die planerische Ausweisung in Wirklichkeit nicht gewollt ist, sondern die Regelung nur und ausschließlich getroffen wird, um eine andere Nutzung zu verhindern. Nicht erforderlich im Sinne dieser Bestimmung sind daher nur solche Bebauungspläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Davon ist grundsätzlich erst auszugehen, wenn eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken. Ein solcher Fall ist aber nicht schon dann gegeben, wenn der Hauptzweck der Festsetzungen in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Eine Gemeinde darf mit der Bauleitplanung grundsätzlich auch städtebauliche Ziele verfolgen, die mehr auf Bewahrung als auf Veränderung der vorhandenen Situation zielen. Insbesondere gibt es kein generelles Verbot negativer Festsetzungen. Schon mit jeder positiven Ausweisung einer zulässigen Nutzung ist regelmäßig auch eine negative, andere Nutzungen ausschließende Wirkung verbunden. Wie § 1 Abs. 5, Abs. 9 BauNVO zeigt, geht der Normgeber selbst davon aus, dass „positive“, d. h. nicht von vornherein gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verstoßende Planungsziele auch durch rein negative Festsetzungen erreicht werden können. Der Gemeinde ist es auch nicht verwehrt, auf Bauanträge mit einer Bauleitplanung zu reagieren, die diesen die materielle Rechtsgrundlage entziehen soll. Auch eine zunächst nur auf die Verhinderung einer - aus der Sicht der Kommune - Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist (zum Ganzen: BVerwG, B. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 - BayVBl. 1991, 280 ff. = 13 ff.; B. v. 15.3.2012 - 4 BN 9.12 - BauR 2012, 1067 = juris Rn. 3; BayVGH, U. v. 12.12.2013 - 15 N 12.1020 - juris Rn. 19; VGH BW, B. v. 24.4.2013 - 3 S 2404/12 - BauR 2013, 1635 ff. = juris Rn. 14; König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 56).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 12. Dezember 2013 (Az. 15 N 12.1020 - juris Rn. 19 ff.) auf Basis der vorgenannten Grundsätze bereits klargestellt, dass eine Planung mit dem Hauptzweck des Ausschlusses von Bordellen und bordellartigen Betrieben (dort in einem Gewerbegebiet i. S. von § 8 BauNVO), um einem sog. „Trading-Down-Effekt“ entgegenzuwirken, nicht von vornherein eine sog. Negativplanung darstellt und deshalb gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verstößt. Die Gemeinden sind gesetzlich in Ausübung ihrer Planungshoheit ermächtigt, „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Was im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich deshalb maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde: Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen (BVerwG, B. v. 11.5.1999 - 4 BN 15.99 - NVwZ 1999, 1338 ff. = juris Rn. 4). Wünscht die Gemeinde in einem bestimmten, bisher gewerblich genutzten Bereich ihres Gebiets keine Bordelle und bordellartige Betriebe, so ist es ihr dementsprechend unter dem Blickwinkel des § 1 Abs. 3 BauGB nicht grundsätzlich verwehrt, ein Gewerbegebiet oder (hier) ein Industriegebiet unter Ausschluss dieser Nutzungstypen festzusetzen. Ein solcher Ausschluss ist auch nachträglich möglich (VGH BW, B. v. 24.4.2013 - 3 S 2404/12 - BauR 2013, 1635 ff. - juris Rn. 13).

dd) Im relevanten Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über die Veränderungssperre lag schließlich das gebotene Mindestmaß an konkreter planerischer Vorstellung vor.

Nach dem ausdrücklichen Inhalt des Aufstellungsbeschlusses zur Änderung des Bebauungsplans (vgl. Nr. 3 des Beschlusstenors der Drucksache-Nr. 14/01502 der Beklagten) war es „Zielsetzung der Änderungssatzung (...) - vorbehaltlich der Ergebnisse des parallel in Ausarbeitung befindlichen Bordell-Strukturkonzeptes für die Stadt Augsburg - die textlichen Festsetzungen dahingehend zu ergänzen, dass bei der Art der baulichen Nutzung Bordelle, bordellartige Betriebe, Wohnungsprostitution und sonstige sexbezogene Vergnügungsstätten im (...) Plangebiet künftig nicht mehr zulässig sind.“ In den Begründungen zu den Beschlussvorlagen der Stadtverwaltung für den Stadtrat zur Änderung des Bebauungsplans (Drucksache-Nr. 14/01502) sowie zur Veränderungssperre (Drucksache-Nr. 14/01503) wird dargelegt, dass es der Beklagten mit dem Bebauungsplan aus dem Jahr 1999 primär um die Ansiedlung vorwiegend produzierender und verarbeitender Betriebe gegangen sei. Angesichts der nur begrenzt verfügbaren Gewerbe- und Industrieflächen und eingeschränkter Entwicklungsmöglichkeiten im Stadtgebiet seien diese Gebiete zu wertvoll, um dort Großbordelle mit zu erwartenden negativen Folgewirkungen zuzulassen. Wäre die Problematik des Großbordells und die aktuelle Häufigkeit solcher Anträge bereits 1999 bekannt gewesen, hätte dies mit Sicherheit schon damals zu einem Ausschluss solcher Nutzungen im Bebauungsplan geführt. Nutzungen wie Bordelle führten aufgrund der geringen Investitionen und der hohen Rendite regelmäßig zu deutlichen Preissteigerungen auf dem Grundstücksmarkt und damit zu einer Verdrängung /Nichtansiedlung der klassischen Gewerbe- und Industriebetriebe. Benachbarte Betriebe litten unter einer negativen Adressbildung. Auch wenn derzeit nur eine Teilumnutzung einer Lagerhalle beantragt worden sei, seien im Umgriff weitere Bordellansiedlungen zu erwarten, zumal Konfliktpotenzial mit der Nachbarschaft zu erwarten sei. Es sei deshalb erforderlich, über eine Bauleitplanung unter paralleler Entwicklung eines Bordell-Strukturkonzepts für den gesamten städtischen Bereich nachsteuernd einzugreifen. In einer auf die Empfehlung des Bauausschusses vom 13. Februar 2014 zurückgehenden Ergänzung beider Beschlussvorlagen für die Stadtratssitzung am 27. Februar 2014 („Maßgabe zu den Tagesordnungspunkten 17 und 18 der öffentlichen Stadtratssitzung am 27.02.2014“) heißt es ferner, dass die durch einen Bordellbetrieb wie den beantragten zu erwartenden negativen Auswirkungen der Eigenart des bestehenden Industriegebiets widerspreche. Es sei davon auszugehen, dass bereits die Zulassung dieses einen Bordells auch bei der relativen Größe des Gebiets einen „Trading-Down-Effekt“ herbeiführen werde und es zu einer Niveauabsenkung in dem Geltungsbereich des Bebauungsplanes kommen werde. Nachdem sich im Umfeld des Bebauungsplans bereits mehrere Bordellbetriebe befänden, sei auch im Plangebiet mit weiteren Ansiedlungen zu rechnen. In der Bekanntmachung des Beschlusses zur Änderung des Bebauungsplans vom 28. Februar 2014 werden als Ziele der Planung nochmals dargestellt, dass unter Berücksichtigung eines noch zu erarbeitenden Bordell-Strukturkonzeptes im Hinblick auf die Gebietsart nachgesteuert werden sowie die allgemeine und konkrete Zweckbestimmung der im Plangebiet festgesetzten Gewerbe- und Industriegebiete aufrechterhalten werden soll und dass Nutzungen wie produzierende und verarbeitende Gewerbebetriebe gestärkt und gesichert werden sollen. Hierfür sollen Bordelle und bordellartige Betriebe, Wohnungsprostitution und sexbezogene Vergnügungsstätten dezidiert ausgeschlossen werden, um eine Verdrängung klassischer Gewerbenutzungen zu unterbinden und einer negativen Adressbildung und Häufung solcher Einrichtungen frühzeitig entgegenzuwirken.

Aufgrund der dargestellten Umstände ließ die Veränderungssperre im Zeitpunkt ihres Erlasses hinreichend das Mindestmaß erkennen, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Eine Veränderungssperre soll der planenden Kommune einen Zeitgewinn verschaffen, um der Gefahr vorzubeugen, dass während des Planungsvorgangs - also während des Prozesses der Ermittlung, Bewertung und Abwägung der einzelnen Belange, der erst schrittweise einem Planungsergebnis zugeführt werden soll - das Planungsziel durch zwischenzeitlich genehmigte Bauprojekte vereitelt wird. Es ist typisch für jede Planung, dass das am Anfang stehende Konzept erst stufenweise einer Konkretisierung zugeführt wird. Ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept ist für das zur fordernde „Mindestmaß an Konkretisierung“ daher nicht notwendig. Für eine Veränderungssperre zur Sicherung einer Änderungsplanung fehlt ebenso wie für eine Veränderungssperre zur Sicherung der erstmaligen Aufstellung eines Bebauungsplans ein Sicherungsbedürfnis nur dann, wenn sich der Inhalt der jeweiligen Planung noch in keiner Weise absehen lässt. Da es Zweck der Veränderungssperre ist, eine bestimmte Bauleitplanung zu sichern, darf sie zwar nicht eingesetzt werden, wenn das Planungskonzept erst im Planungsverfahren entwickelt werden soll. Für das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses genügt es aber, wenn die Planung einen Stand erreicht hat, der wenigstens in groben Zügen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll (VGH BW, U. v. 10.12.1993 - 8 S 994/92 - UPR 1994, 455 f. = juris Rn. 26). Es ist insbesondere regelmäßig ausreichend, wenn die Kommune im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre Vorstellungen über die Art der zukünftigen Nutzung besitzt (vgl. BVerwG, B. v. 21.10.2010 - 4 BN 26.10 - ZfBR 2011, 160 f. = juris Rn. 8; U. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 - BVerwGE 144, 82 ff. = juris Rn. 12; BayVGH, U. v. 13.12.2016 - 15 N 14.1019 - juris Rn. 19).

Das Planungsziel, speziell für den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ... „N. Straße“ bestimmte Gewerbebetriebe bauplanungsrechtlich auszuschließen, um genau dort einem Trading-Down-Effekt und insbesondere einer Verdrängung städtebaulich primär gewollter klassischer produzierender und weiterverarbeitender Gewerbebetriebe entgegenzuwirken, stellt ein hinreichend konkretes und daher sicherungsfähiges Planungsziel dar. Denn hierüber werden für einen abgrenzbaren, definierten Bereich im Stadtgebiet gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, § 1 Abs. 9, § 9 BauNVO (einschränkende) Regelungen über die Art der baulichen Nutzung getroffen. Bereits im Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses bzw. des Erlasses der Veränderungssperre war daher die Richtung der Planung hinreichend absehbar (speziell für die Sicherung einer Planung zum Ausschluss von Bordellbetrieben: BayVGH, B. v. 31.3.2009 - 14 ZB 08.2705 - juris Rn. 8 f.; HessVGH, U. v. 5.2.2004 - 4 N 360/03 - BauR 2005, 1126 ff. = juris Rn. 27; VGH BW, B. v. 24.4.2013 - 3 S 2404/12 - BauR 2013, 1635 ff. = juris Rn. 13; zum Ausschluss von Spielhallen, um einem „Trading-Down-Effekt“ entgegenzuwirken vgl. BVerwG, B. v. 4.9.2008 - 4 BN 9.08 - BauR 2009, 76 ff. = juris Rn. 9).

Aus der im Urteil des Verwaltungsgerichts sowie vom Kläger zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Oktober 2012 (Az. 15 N 11.1857) ergibt sich nichts anderes. Im dort entschiedenen Fall nahm die planende Gemeinde einen Bauantrag zur Nutzungsänderung eines Seniorenheims in eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber zum Anlass, um eine Veränderungssperre zu erlassen, die sie damit zu rechtfertigten versuchte, dass ein bestehendes Wohngebiet unter Ermöglichung einer Nachverdichtung erweitert werden sollte und dabei Anlagen für soziale, kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke ausgeschlossen werden sollten. Der Verwaltungsgerichtshof erklärte diese Veränderungssperre für (teilweise) unwirksam und warf der Gemeinde vor, dass das Planungskonzept jedenfalls für die Bereiche des Umnutzungsvorhabens nur vorgeschoben gewesen sei, weil es an den tatsächlichen Verhältnissen in der Gemeinde vorbeigegangen sei. Die deklarierten Planungsvorstellungen seien nicht für das gesamte Gebiet der Veränderungssperre auf eine Realisierung angelegt gewesen. Ihre Bedeutung habe sich im Bereich der geplanten Gemeinschaftsunterkunft in der Verhinderung dieses Vorhabens erschöpft, weil dort aufgrund bestehender Gebäude und Nutzungen (Landwirtschaft, Gartenbaubetrieb, Seniorenheim als bauliche Großanlage) mit einer Verwirklichung eines vermeintlich gewollten allgemeinen Wohngebiets mit „kleinteiliger“ oder „kleinstrukturierter“ Wohnbebauung auf absehbare Zeit nicht zu rechnen gewesen sei (BayVGH, U. v. 9.10.2012 - 15 N 11.1857 - juris Rn. 23 ff.; ähnliche Problematik bei BayVGH, B. v. 15.6.2016 - 15 N 15.1583 - juris Rn. 19 ff.). Ergänzend verwies das Gericht zwar darauf, dass ein gemeindebezogenes „Gesamtkonzept“ als Gegenstand einer informellen Planung für sich eine einen aufzustellenden Bebauungsplan sichernde Veränderungssperre nur rechtfertigen könne, wenn dieses (nicht notwendig bereits beschlossene) Grundkonzept hinreichend konkret sei. Im damals entschiedenen Fall vermochte der Senat eine hinreichend konkretisierte Ordnungsidee, welcher städtebauliche Belang gerade mit Hilfe des Gesamtkonzepts aufgegriffen und einer Lösung zugeführt werden sollte, nicht zu erkennen (BayVGH, U. v. 9.10.2012 a. a. O. Rn. 26 f.).

Die vorliegende Fallgestaltung unterscheidet sich aber von derjenigen, die der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Oktober 2012 zugrunde lag. Auf den Konkretisierungsgrad des - für das gesamte Stadtgebiet anvisierte - Bordell-Strukturkonzepts im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre kommt es im hier zu entscheidenden Fall gerade nicht an. Der Heranziehung des in der Ausarbeitung befindlichen stadtübergreifenden Bordell-Strukturkonzepts bedarf es nicht, um hinreichend konkrete Planungsabsichten im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre zu bejahen. Für die positive Planungskonzeption genügt es bereits, dass über die Bauleitplanung für den Geltungsbereich des bereits bestehenden Bebauungsplans nach den Zielvorstellungen des Stadtrats zu diesem Zeitpunkt Ausschlusswirkungen gem. § 1 Abs. 5, Abs. 9 BauNVO getroffen werden sollten und diese Planungskonzeption (anders als im Fall BayVGH, U. v. 9.10.2012 - 15 N 11.1857) nicht lediglich vorgeschoben war [vgl. auch oben cc)]. Dass sich die planende Kommune im Aufstellungsbeschluss die Möglichkeit vorbehält, aufgrund eines noch in der Ausarbeitung befindlichen informellen, plangebietsübergreifenden Konzepts (hier eines stadtgebietsbezogenen Bordell-Strukturkonzepts) von dem zunächst verfolgten Planungsziel am Ende des Planungsprozesses doch noch ganz oder teilweise abzusehen, ist mit Blick auf den Charakter des Bebauungsplans als Produkt eines - bis zum Satzungsbeschluss grundsätzlich offenen (vgl. Battis in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 1 Rn: 113) - Abwägungsprozesses (§ 1 Abs. 7, Abs. 8, § 2 Abs. 3 BauGB) nicht ungewöhnlich. Dies kann folglich die Sicherungsfähigkeit einer Bauleitplanung i. S. von § 14 Abs. 1 BauGB nicht in Frage stellen. Soweit das Verwaltungsgericht für die Rechtfertigung der geplanten nutzungseinschränkenden Regelung i. S. von § 1 Abs. 9 BauNVO eine Analyse der im streitgegenständlichen Plangebiet vorhandenen Nutzungen und deren Störungsanfälligkeit verlangt, mag dies für die Abwägung (§ 1 Abs. 7, Abs. 8 BauGB) relevant sein, nicht aber bereits für den frühen Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre am Planungsbeginn.

c) Der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des streitgegenständlichen Änderungsvorhabens steht damit zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Sperrwirkung der (rechtzeitig verlängerten) Veränderungssperre (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, § 3 Abs. 1 der Satzung über die Veränderungssperre) entgegen. Für die Möglichkeit der Zulassung einer Ausnahme gem. § 14 Abs. 2 BauGB, § 3 Abs. 2 der Satzung über Veränderungssperre bestehen keine Anhaltspunkte. Da mithin wegen planungsrechtlicher Unzulässigkeit ein Anspruch des Klägers auf Erteilung der Baugenehmigung gem. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO ausscheidet, ist die Verpflichtungsklage im Ganzen unbegründet, § 113 Abs. 5 VwGO. Dementsprechend war das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 7. Mai 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 470.000 € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung von Nr. 9 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben worden sind.

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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Tenor Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 5. Februar 2014 - 13 K 556/12 - werden zurückgewiesen.Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.Die Revision wird nicht zugelassen.
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 27. Jan. 2017 - 15 B 16.1834.

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 07. März 2018 - Au 4 K 17.869

bei uns veröffentlicht am 07.03.2018

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat der Kläger zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. D

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2017 - 15 N 17.574

bei uns veröffentlicht am 17.10.2017

Tenor I. Die am 20. September 2016 bekannt gemachte „Satzung der Gemeinde N****** ** *** vom 20.09.2016 über eine Veränderungssperre im Ortsteil P*********** für den Bereich des Grundstückes Fl.-Nr. ***** der Gemarkung N*******

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 18. Sept. 2017 - 15 ZB 17.1813

bei uns veröffentlicht am 18.09.2017

Tenor I. Das Verfahren wird eingestellt. II. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 23. Februar 2017 ist wirkungslos geworden, soweit es den Klageantrag betrifft, den Zurückstellungsbescheid der Beklagten vom 8. Juni 201

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 26. Apr. 2017 - Au 4 K 16.1015

bei uns veröffentlicht am 26.04.2017

Tenor I. Der Bescheid des Landratsamtes ... vom 16.6.2016 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die mit Antrag vom 18. Dezember 2015 beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den

Referenzen

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 1 B 15.886

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 19. Oktober 2015

Az.: M 1 K 14.3459

1. Senats

Sachgebietsschlüssel: 920

Hauptpunkte: Bordellbetrieb; Industriegebiet.

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...,

gegen

Stadt ...

vertreten durch die Oberbürgermeisterin, ...

- Beklagte -

beigeladen:

1. ...

2. ...

vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden, ...

bevollmächtigt zu 1: ...

beteiligt: Landesanwaltschaft Bayern, als Vertreter des öffentlichen Interesses, Ludwigstr. 23, 80539 München,

wegen

Verpflichtung zur Erteilung eines Vorbescheids für die Nutzungsänderung in einen Bordellbetrieb (FlNr. ... Gemarkung ...);

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 4. November 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Lorenz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13. Oktober 2015 am 19. Oktober 2015 folgendes

Urteil:

I.

Unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 4. November 2014 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erteilung eines Vorbescheids für die Nutzungsänderung eines Tonstudios in ein Bordell bzw. einen bordellartigen Betrieb (im Folgenden: Bordellbetrieb) im zweiten Obergeschoss des Gebäudes G. Straße ... in R., FlNr. ... Gemarkung R. ...

In den ehemals als Ton- und Fitnessstudio genehmigten Räumen ist die Vermietung von zwölf Zimmern an selbstständige Prostituierte‚ die dort nicht wohnen‚ geplant. Der Betrieb soll jeweils von 8.00 Uhr morgens bis 6.00 Uhr morgens des folgenden Tages, mittwochs erst ab 12.00 Uhr und sonntags erst ab 13.00 Uhr geöffnet sein. Das Anwesen G. Str. ... liegt in dem durch den Bebauungsplan Nr. ... „O. ...“ im Jahr 1984 festgesetzten Industriegebiet. Im ersten Obergeschoss des Gebäudes befinden sich unmittelbar unterhalb des geplanten Bordellbetriebs baurechtlich genehmigte Kirchen- und Beträume der Religionsgemeinschaft „B.“. Im ca. 80 m entfernt liegenden Anwesen G. Straße ...‚ das zu einem im Bebauungsplan als Gewerbegebiet festgesetzten Bereich gehört‚ wird eine ebenfalls baurechtlich genehmigte Moschee der islamischen Religionsgemeinschaft „M.“ betrieben.

Mit Bescheid vom 14. Juli 2014 lehnte die Beklagte den Vorbescheidsantrag ab. Es handle sich bei dem beantragten Betrieb zwar um einen im Industriegebiet allgemein zulässigen Gewerbebetrieb. Die geplante Nutzung verstoße jedoch gegen das Gebot der Rücksichtnahme‚ da bei typisierender Betrachtungsweise milieubedingte Störungen in der Umgebung zu erwarten seien; insbesondere handle es sich bei der beantragten Nutzung zu Prostitutionszwecken und den vorhandenen kirchlichen Nutzungen um konfligierende Nutzungen. Da das Haupttreppenhaus und der Aufzug im ersten Obergeschoss endeten‚ sei eine gemeinsame Nutzung nicht zu vermeiden.

Der hiergegen erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 4. November 2014 statt. Ein Bordellbetrieb sei nach den Kategorien der Baunutzungsverordnung als Gewerbebetrieb einzustufen und damit nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO in dem Industriegebiet allgemein zulässig. Er sei auch nicht ausnahmsweise wegen Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme unzulässig. Aus der Charakteristik eines Industriegebiets ergebe sich‚ dass die dort ansässigen Nutzer nur den Schutzanspruch geltend machen könnten‚ der in einem solchen Gebiet zu erwarten sei. Der Beklagten sei zwar zuzugestehen‚ dass das im selben Gebäude befindliche „B.“ in Folge gemeinsamer Nutzung von Parkplatz‚ Eingang und Treppenbereich einer unmittelbaren Störung durch das geplante Vorhaben ausgesetzt sei. Allerdings finde derzeit im „B.“ nur einmal wöchentlich sonntags um 10.00 Uhr ein Gottesdienst statt‚ wohingegen die anderen nach dem Internetauftritt der F. angebotenen Veranstaltungen im sozialen Bereich der Kirchengemeinde lägen. Ein ungestörter Gottesdienstablauf am Sonntag um 10.00 Uhr sei deshalb gewährleistet‚ da der Bordellbetrieb erst um 13.00 Uhr beginne.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte und Berufungsführerin ihren Vortrag aus dem Verfahren in erster Instanz. Das Vorhaben sei im Hinblick auf § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO planungsrechtlich unzulässig.

Die Beklagte beantragt‚

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 4. November 2014 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte habe mit der Moschee und der F.-Gemeinde Ausnahmenutzungen zugelassen‚ die störempfindlich seien und im Industriegebiet nicht hätten genehmigt werden dürfen. Dieser Umstand müsse bei der Abwägung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO durchschlagen. Das bedeute‚ dass beide Einrichtungen mit allen Vor- und Nachteilen leben müssten‚ die typischerweise in einem Industriegebiet auftreten könnten. Religiöse Empfindungen seien keine städtebaulichen Gründe‚ die in bauplanungsrechtlichen Entscheidungen Eingang finden dürften.

Die Beigeladene zu 1 stellt den Antrag‚

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie schließt sich der Rechtsauffassung der Beklagten an und begründet den nach ihrer Ansicht vorliegenden Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.

Die Beigeladene zu 2 stellt keinen Antrag.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreterin des öffentlichen Interesses beteiligt‚ sich aber nicht zur Sache geäußert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behörden- und Gerichtsakten einschließlich der Niederschrift über die Durchführung des Ortstermins samt Fotodokumentation und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2014 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Vorbescheids über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des geplanten Bordellbetriebs (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten und des Verwaltungsgerichts kommt es nicht darauf an‚ ob ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 2 BauNVO vorliegt. Denn der geplante Bordellbetrieb kann in dem durch den Bebauungsplan aus dem Jahr 1984 festgesetzten Industriegebiet, in dem u. a. zwei große Baufirmen mit Lagerplätzen ansässig sind, weder als Vergnügungsstätte noch als Gewerbebetrieb im Sinn von § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO genehmigt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Rechtslage nach der Baunutzungsverordnung 1968 und 1977 entschieden‚ dass ein Bordellbetrieb‚ in dem die Prostituierten - wie hier - nicht wohnen‚ unter den Begriff der „Gewerbebetriebe aller Art“‚ die in Gewerbegebieten nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig sind (BVerwG‚ U.v. 25.11.1983 - 4 C 21.83 - BVerwGE 68‚ 213)‚ fällt. Dabei hat es vor dem Hintergrund, dass Vergnügungsstätten in § 8 BauNVO 1977 nicht gesondert erwähnt waren, ausdrücklich offen gelassen, ob Bordellbetriebe Vergnügungsstätten im Sinn der Baunutzungsverordnung sind; jedenfalls seien sie (nur) eine atypische Art der von der Baunutzungsverordnung gemeinten Vergnügungsstätten. Auch unter Geltung der Baunutzungsverordnung 1990, mit der die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten in Gewerbegebieten und Mischgebieten erstmals explizit und damit abschließend geregelt worden ist, wobei die Zulassung allerdings restriktiver gefasst worden ist als für „Gewerbebetriebe aller Art“ (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) oder für „sonstige Gewerbebetriebe“ (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO), hat das Bundesverwaltungsgericht die bauplanungsrechtliche Einordnung von Bordellbetrieben nicht rechtsgrundsätzlich geklärt (BVerwG‚ B.v. 29.10.1997 - 4 B 8.97 - NVwZ-RR 1998, 540; U.v. 12.9.2013 - 4 C 8.12 - BVerwGE 147, 379; vgl. auch BVerwG, B.v. 5.6.2014 - 4 BN 8.14 - ZfBR 2014, 574, wo ohne Auseinandersetzung mit dem Begriff der Vergnügungsstätte unter Hinweis auf das Urteil vom 25.11.1983 festgestellt wurde, es könne nicht zweifelhaft sein, dass Bordelle eine Unterart eines Gewerbebetriebs im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO darstellten).

Nach Auffassung des Senats kann die Frage der Einstufung von Bordellbetrieben hier offenbleiben.

Wenn man Bordellbetriebe der hier vorliegenden Art den Vergnügungsstätten zuordnen wollte (hierfür OVG Saarl‚ B.v. 30.6.2009 - 2 B 367/09 - juris; HessVGH‚ B.v. 30.4.2009 - 3 A 1284/08 - UPR 2010‚ 104; Ziegler in: Brügelmann‚ BauGB‚ Stand Juli 2015‚ § 4a Rn. 74)‚ so wäre der Betrieb des Klägers von vornherein unzulässig‚ weil Vergnügungsstätten nach dem Nutzungskatalog des § 9 BauNVO (1977) weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig sind.

Etwas anderes ergibt sich aber auch nicht‚ wenn man mit der wohl überwiegenden Meinung davon ausgeht‚ dass es sich bei Bordellbetrieben um „Gewerbebetriebe aller Art“ handelt (so ausdrücklich VGH BW‚ B.v. 5.3.2012 - 5 S 3239/11 - VBlBW 2012‚ 345; OVG Hamburg‚ B.v. 13.8.2009 - 2 Bs 102/09 - BauR 2009, 1867; OVG Berlin-Bbg‚ B.v. 14.11.2005 - 10 S 3.05 - juris; OVG RhPf‚ U.v. 11.5.2005 - 8 C 10053/05 - BRS 69 Nr. 35; Fickert/Fieseler‚ BauNVO‚ 12. Aufl. 2014, § 8 Rn. 5.3 f.; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger‚ BauGB‚ Stand Mai 2015‚ § 8 Rn. 24 a; Röser in König/Röser/Stock‚ BauNVO‚ 3. Aufl. 2014‚ § 8 Rn. 22). Denn auch dann sind nach Auffassung des Senats Bordellbetriebe im Industriegebiet wegen der fehlenden Gebietsverträglichkeit grundsätzlich unzulässig.

Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets richtet sich nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine von der Baunutzungsverordnung bestimmte Nutzungs- oder Anlagenart, hier also die angenommene Einordnung eines Bordells als Gewerbebetrieb nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung, die durch die Zuordnung von Nutzungen zu den einzelnen Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinn einer sachgerechten Städtebaupolitik bringen will. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die von der Baunutzungsverordnung dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.2012 - 4 C 14.10 - BayVBl 2012, 571). Dabei besteht zwischen der Zweckbestimmung des Baugebiets und den jeweils zugeordneten Nutzungsarten ein funktionaler Zusammenhang, der für die Auslegung und Anwendung jeder tatbestandlich normierten Nutzungsart maßgeblich ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2002 - 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155). Von entscheidender Bedeutung für die Frage, welche Vorhaben mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Baugebiets unverträglich sind, sind die Anforderungen des jeweiligen Vorhabens an ein Gebiet, die Auswirkungen des Vorhabens auf ein Gebiet sowie die Erfüllung eines spezifischen Gebietsbedarfs. Entscheidend ist, ob ein Vorhaben dieser Art generell geeignet ist, ein bodenrechtlich beachtliches Störpotential zu entfalten, das sich mit der Zweckbestimmung des Baugebiets nicht verträgt (vgl. BVerwG, U.v.2.2.2012 a. a. O.).

Gemäß § 9 Abs. 1 BauNVO dienen Industriegebiete ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben‚ und zwar vorwiegend von erheblich belästigenden Betrieben‚ die in anderen Baugebieten unzulässig sind. Bordellbetriebe jedenfalls der hier vorliegenden Art erreichen jedoch - anders als möglicherweise im Einzelfall erheblich belästigende Bordellbetriebe - trotz (abendlichen) Besucherverkehrs und milieubedingter Unruhe die Schwelle der erheblichen Belästigung nicht und können daher entsprechend ihren Anforderungen an das Baugebiet grundsätzlich in Gewerbegebieten untergebracht werden (BVerwG‚ U.v. 25.11.1983 - 4 C 21.83 - BVerwGE 68‚ 213; Stock in König/Röser/Stock‚ a. a. O., § 8 Rn. 22). Sind derartige Bordellbetriebe aber nicht auf die Unterbringung in einem Industriegebiet angewiesen, so verträgt sich die Zulassung von Bordellbetrieben, die zudem gegen industriegebietstypische Störungen, wie beispielsweise Lärm oder andere Immissionen, empfindlich sein können, nicht mit der allgemeinen Zweckbestimmung von Industriegebieten, die für (erheblich störende) Betriebe‚ die in anderen Baugebieten unzulässig sind‚ offengehalten werden sollen (BVerwG, U.v. 25.11.1983 a. a. O. S. 217). Da Bordellbetriebe zumindest eine inhaltliche Nähe zu Vergnügungsstätten aufweisen, wird die Gebietsunverträglichkeit derartiger Betriebe zudem durch die Tatsache bestätigt, dass Vergnügungsstätten in Industriegebieten - anders als in Gewerbegebieten (s. § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO) - nicht einmal ausnahmsweise zulässig sind.

Da auch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den Festsetzungen des Bebauungsplans ausscheidet, kommt es auf die Frage‚ ob § 15 Abs. 1 BauNVO der Bordellnutzung entgegensteht‚ im vorliegenden Fall nicht an. Der Umstand, dass eine Anlage in einem Baugebiet weder allgemein zulässig ist noch im Weg einer Ausnahme zugelassen werden kann, steht zwar der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB nicht von vornherein entgegen (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166). Im vorliegenden Fall berührt der Bordellbetrieb jedoch die Grundzüge der Planung. Wie von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung dargelegt worden ist, war es stets das Bestreben der Stadt, das Industriegebiet ausschließlich der Ansiedlung von besonders störenden Gewerbebetrieben vorzubehalten. Der Begründung des Bebauungsplans vom 11. April 1983 kann entnommen werden, dass die Stilllegung eines im Plangebiet ansässigen Betriebs der Holzindustrie zum Anlass genommen wurde, das durch einen früheren Bebauungsplan festgesetzte Industriegebiet im Interesse der umliegenden Wohnbebauung auf das städtebaulich für erforderlich gehaltene Maß zu verkleinern. Umso wichtiger erscheint es, das Eindringen industriegebietsfremder Nutzungen in das reduzierte Industriegebiet zu verhindern.

Der unterliegende Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen (§ 154 Abs. 1 VwGO) einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1‚ die einen eigenen Antrag gestellt und sich somit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst‚ da sie keinen Antrag gestellt hat.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist zuzulassen‚ da die Frage‚ ob Bordellbetriebe - jedenfalls der hier vorliegenden Art - in Industriegebieten generell unzulässig sind‚ grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hierzu noch nicht ergangen ist.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Senat geht bei der Ermittlung des Streitwerts ebenso wie das Verwaltungsgericht von einem Betrag in Höhe von 5.000‚- Euro pro zur Vermietung geplantem Zimmer (insgesamt 60.000‚- Euro) aus und mindert diese Summe entsprechend‚ da lediglich die Erteilung eines Vorbescheids zur planungsrechtlichen Zulässigkeit inmitten steht (§ 47 Abs. 1‚ § 152 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 340/98 Verkündet am:
6. Juli 2000
P r e u ß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
------------------------------------
Die Amtspflicht der Bauaufsichtsbehörde, eine Baugenehmigung nur dann zu
erteilen, wenn die Zuwegung zu dem Baugrundstück öffentlich-rechtlich (durch
Baulast) gesichert ist, nimmt dem Bauherrn nicht das privatrechtliche Risiko ab,
daß die Nachbarn die Bewilligung dieser Baulast deswegen verweigern, weil
die bestehende Grunddienstbarkeit die beabsichtigte Erweiterung der Nutzung
nicht abdeckt.
BGH, Urteil vom 6. Juli 2000 - III ZR 340/98 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Schlick und Dörr

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Anschlußrevision der Klägerin - das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 3. Dezember 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 11. Oktober 1995 weiter abgeändert.
Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der beklagte Kreis erteilte als Bauaufsichtsbehörde am 19. November 1990 der D. GmbH die Baugenehmigung, auf einem in ihrem Eigentum stehenden , mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück unter Abbruch der vorhandenen Gebäude vier Einfamilienwohnhäuser nebst Stellplätzen zu errichten. Das Grundstück wurde durch eine den Nachbarn gehörende private Wegeparzelle erschlossen, auf der zu seinen Gunsten eine Grunddienstbarkeit (Geh- und Fahrrecht) lastete; hingegen bestand keine Baulast.
Am 21. Dezember 1990 verkaufte die D. GmbH das Grundstück mit Baugenehmigung an die Klägerin. Diese begann im Februar 1991 mit der Ausführung des Bauvorhabens gemäß dem Bauschein des Beklagten. Am 21. März 1991 erwirkten die Grundstücksnachbarn gegen die Klägerin eine einstweilige Verfügung, durch die ihr untersagt wurde, die auf dem privaten Wegegrundstück errichtete und den Weg sichernde Stützmauer zu entfernen. Um den Abriß der Stützmauer entbehrlich zu machen, reichte die Klägerin bei dem Beklagten eine Bauvoranfrage für eine geänderte Planung zur Errichtung von vier Wohneinheiten nebst Tiefgaragen ein. Der Beklagte lehnte diese Voranfrage durch Bescheid vom 3. Dezember 1991 mit der Begründung ab, zur Sicherung der Erschließung und Zuwegung sei eine Baulast erforderlich. Nach weiteren Verhandlungen mit den Grundstücksnachbarn und Eigentümern der privaten Wegeparzelle erreichte die Klägerin am 3. Juni 1993 den Abschluß einer Vereinbarung , durch die ihr eine Baulast für die Erschließung des Grundstücks bei Bebauung mit drei Wohneinheiten und einer verminderten Wohn- und Nutzfläche bewilligt wurde. Nachdem die Baulast eingetragen und eine neue Planung
erstellt worden war, erteilte der Beklagte der Klägerin am 26. November 1993 eine entsprechende Baugenehmigung.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte habe durch die Erteilung der ursprünglichen Baugenehmigung vom 19. November 1990 eine Amtspflichtverletzung zu ihren Lasten begangen. Im Vertrauen auf die durch diese Baugenehmigung ausgewiesene Bebaubarkeit mit vier Wohneinheiten habe sie das Grundstück zu einem überhöhten Preis erworben. Außerdem habe sie überhöhte Maklercourtage und Grunderwerbsteuer gezahlt sowie nutzlose Planungskosten aufgewendet. Ferner seien ihr durch die verzögerte Fertigstellung des Vorhabens in erheblichem Umfang Zinsschäden entstanden.
Das Landgericht hat der Amtshaftungsklage in Höhe von 1.071.858,15 DM nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Verurteilung des Beklagten auf 356.230,82 DM nebst Zinsen herabgesetzt. Gegen das Berufungsurteil haben der Beklagte Revision und die Klägerin selbständige Anschlußrevision eingelegt. Der Beklagte erstrebt volle Klageabweisung, die Klägerin eine Erhöhung der ihr zugesprochenen Forderung. Der Senat hat durch Beschluß vom 16. Dezember 1999 die Revision des Beklagten in vollem Umfang und die Anschlußrevision der Klägerin insoweit angenommen, als die Klage in Höhe eines Betrages von 183.405,63 DM nebst Zinsen abgewiesen worden ist.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten ist begründet, die Anschlußrevision der Klägerin hingegen unbegründet.

I.


Der Klägerin steht der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) gegen den Beklagten nicht zu.
1. Allerdings war, wie die Revision selbst einräumt, die Baugenehmigung vom 19. November 1990 rechtswidrig gewesen. Es fehlte an der Voraussetzung des § 4 Abs. 1 Nr. 2 HBO (in der damals geltenden Fassung vom 20. Juli 1990 GVBl. I S. 475), wonach das Grundstück eine solche öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche haben mußte, daß der Einsatz von Feuerlösch- und Rettungsgeräten ohne Schwierigkeiten möglich war. Diese öffentlich-rechtliche Sicherung hätte eine Baulast nach § 109 HBO erfordert, die aber nicht bestand und von den Grundstücksnachbarn verweigert wurde. Außer Streit steht ferner, daß die handelnden Amtsträger des Beklagten insoweit ein Fahrlässigkeitsvorwurf trifft.
2. Die Erteilung der solchermaßen rechtswidrigen Ursprungsgenehmigung war amtspflichtwidrig. Die verletzte Amtspflicht bestand auch zu Gunsten der Klägerin als der Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Antragstellerin; die
Klägerin war insoweit geschützter "Dritter" i.S. des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB (st. Rspr.; vgl. z.B. Senatsurteil BGHZ 122, 317, 321; Senatsurteil vom 23. September 1993 - III ZR 139/92 = NJW 1994, 130).
3. War die Baugenehmigung vom 19. November 1990 rechts- und amtspflichtwidrig , so kann doch die Klägerin den Ersatz nur solcher Schäden verlangen , deren Ausgleich vom Schutzzweck der verletzten Amtspflicht gedeckt ist. In solchen Fällen richtet sich, soweit es um öffentlich-rechtliche Genehmigungen wie die Baugenehmigung geht, die inhaltliche Bestimmung und sachliche Begrenzung der Haftung unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks nach dem Vertrauen, das die Maßnahme begründen soll (st. Rspr. vgl. z. B. Senatsurteil BGHZ 123, 191, 198 m.zahlr.w.N.; ferner Senatsurteil vom 27. Januar 1994 - III ZR 97/92 = BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 Schutzzweck 11).

a) Die Baugenehmigung sollte klären, ob das Bauvorhaben den öffentlich -rechtlichen Vorschriften entsprach bzw. ob dem Vorhaben öffentlichrechtliche Hindernisse entgegenstanden. Der Bauherr durfte nicht in die Gefahr gebracht werden, einen vorschriftswidrigen Bau auszuführen, der keinen Bestand haben konnte und unter Umständen wieder beseitigt werden mußte; insoweit sollte ihm eine verläßliche Grundlage für seine wirtschaftlichen Dispositionen verschafft werden (Senatsurteil BGHZ 109, 380, 394 m.w.N.).

b) Dementsprechend wurden von dem Schutzzweck der bei der Erteilung der Baugenehmigung wahrzunehmenden Pflichten von vornherein solche Nachteile nicht erfaßt, die sich daraus ergaben, daß das Bauvorhaben private Rechte der Nachbarn beeinträchtigte und deshalb nicht verwirklicht werden konnte. Dies folgt aus der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 96
Abs. 7 Satz 1 HBO, wonach die Baugenehmigung unbeschadet der Rechte Dritter erteilt wird. Die zivilrechtliche Realisierbarkeit des Vorhabens fiel daher ausschließlich in den eigenen Risikobereich der Klägerin und nicht in denjenigen der Baugenehmigungsbehörde.

c) Im vorliegenden Fall war die Baugenehmigung trotz ihrer Rechtswidrigkeit bestandskräftig geworden und geblieben, da der Beklagte sie nicht zurückgenommen hatte. Ebenso trifft der Hinweis der Revision zu, daß der Magistrat der Stadt K. nicht berechtigt gewesen war, die sofortige Einstellung der Bauarbeiten zu verfügen. Der diesbezügliche Bescheid vom 5. April 1991 entbehrte einer Rechtsgrundlage. Die Gemeinde selbst war nicht Bauaufsichtsbehörde. Eine Einstellungsanordnung wäre daher nur unter den Voraussetzungen des § 102 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 HBO zulässig gewesen, die aber nicht erfüllt waren. Das Scheitern des genehmigten Ursprungsprojektes beruhte darauf, daß die im Eigentum der Nachbarn stehende Stützmauer nicht beseitigt werden durfte. Dieses rein privatrechtliche Hindernis ist der Bauaufsichtsbehörde nicht anzulasten.

d) Die Klägerin hatte dies jedoch zum Anlaß genommen, das Vorhaben so umzuplanen, daß die Mauer nicht beseitigt zu werden brauchte und das Eigentum der Nachbarn insoweit nicht tangiert wurde. Der entsprechend geänderte Bauantrag der Klägerin wurde vom Beklagten ausschließlich mit der Begründung abgelehnt, daß die wegemäßige Erschließung des Grundstücks nicht durch Baulast gesichert sei. Dies bedeutete, daß der Genehmigungsfähigkeit des geänderten Vorhabens ein rechtlicher Gesichtspunkt entgegengesetzt wurde , der bereits die Rechtswidrigkeit der Ursprungsgenehmigung begründet hatte und schon zu deren Versagung hätte führen müssen. Es kann indessen
offenbleiben, ob die Ursprungsgenehmigung - unbeschadet der privaten Rechte Dritter - bei der Klägerin ein schutzwürdiges Vertrauen dahin begründet hatte, daß dem angestrebten Maß der baulichen Nutzbarkeit auch bei einer solchermaßen geänderten Planung keine öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegenstanden. Ebensowenig bedarf es einer Klärung, ob die Klägerin sich darauf hatte verlassen dürfen, daß einer Umplanung des Vorhabens, die lediglich den berechtigten privaten Belangen der Nachbarn Rechnung tragen wollte, aber die öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen unberührt ließ, mit der Baugenehmigung jedenfalls keine solchen Hindernisse entgegengesetzt würden , die schon bei der Ursprungsgenehmigung erkennbar und berücksichtigungsfähig gewesen waren.

e) Denn selbst wenn diese Fragen in einem der Klägerin günstigen Sinne zu beantworten sein sollten, so wäre damit noch nicht gesagt, daß das geänderte Vorhaben tatsächlich realisierbar gewesen wäre. Nach den rechtsfehlerfreien tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts war nämlich die Zuwegung zu dem Grundstück der Klägerin privatrechtlich nicht gesichert. Die Grunddienstbarkeit bezog sich zwar nach dem Inhalt der Grundbucheintragung auf ein Geh- und Fahrrecht, ohne daß die Nutzung des herrschenden Grundstücks auf die Bebauung mit einem Einfamilienhaus beschränkt gewesen wäre. Mochte die Dienstbarkeit somit nach ihrem Wortlaut auch Geh- und Fahrrechte zugunsten mehrerer Wohneinheiten auf dem Grundstück abdecken, so war nach den örtlichen Verhältnissen nicht zu verkennen, daß sie ursprünglich lediglich ein Wegerecht zugunsten eines Einfamilienhausgrundstücks gewährleistet hatte und gewährleisten sollte. Deswegen waren die Nachbarn zumindest nicht von vornherein verpflichtet, einer Baulast für das von der Klägerin angestrebte Projekt mit mehreren Wohneinheiten zuzustimmen (vgl. BGH, Urteil
vom 30. September 1994 - V ZR 1/94 = WM 1995, 165; Urteil vom 3. Juli 1992 - V ZR 203/91 = WM 1992, 1784). Dies bedeutete, daß das Fehlen der Baulast auf einem Mangel der privatrechtlichen Nutzbarkeit des Grundstücks beruhte. Dieser Mangel fällt jedoch, wie bereits dargelegt, in den Risikobereich der Klägerin und nicht in denjenigen der Bauaufsichtsbehörde. Die Amtspflicht der Bauaufsichtsbehörde, eine Baugenehmigung nur dann zu erteilen, wenn die Zuwegung zu dem Baugrundstück öffentlich-rechtlich (durch Baulast) gesichert ist, nimmt dem Bauherrn nicht das privatrechtliche Risiko ab, daß die Nachbarn die Bewilligung dieser Baulast deswegen verweigern, weil die bestehende Grunddienstbarkeit die beabsichtigte Erweiterung der Nutzung nicht abdeckt. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, sich insoweit durch den Vorbehalt von kaufrechtlichen Mängelgewährleistungsansprüchen gegenüber der Verkäuferin abzusichern.

f) Deswegen genügt es im vorliegenden Fall für die Haftungsbegründung nicht, daß zwischen der rechtswidrigen Erteilung der Baugenehmigung und den von der Klägerin getätigten Aufwendungen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Da das Scheitern des ursprünglich geplanten Projektes auf Gründen beruht, die in den Risikobereich der Klägerin fallen, kann diese sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie hätte ohne die rechtswidrige Ursprungsgenehmigung vom 19. November 1990 den Erwerb des Grundstücks unterlassen (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 1994 aaO).

II.


1. Da nach alledem ein Amtshaftungsanspruch bereits dem Grunde nach nicht besteht, kann die auf die Anspruchshöhe beschränkte Anschlußrevision der Klägerin keinen Erfolg haben, ohne daß es auf eine Einzelprüfung der geltend gemachten Schadenspositionen noch ankommt.
2. Weiterer tatrichterlicher Sachverhaltsaufklärung - und damit einer Zurückverweisung an die Vorinstanz - bedarf es nicht; die Sache ist vielmehr im Sinne einer Klageabweisung entscheidungsreif.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 1 B 15.886

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 19. Oktober 2015

Az.: M 1 K 14.3459

1. Senats

Sachgebietsschlüssel: 920

Hauptpunkte: Bordellbetrieb; Industriegebiet.

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...,

gegen

Stadt ...

vertreten durch die Oberbürgermeisterin, ...

- Beklagte -

beigeladen:

1. ...

2. ...

vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden, ...

bevollmächtigt zu 1: ...

beteiligt: Landesanwaltschaft Bayern, als Vertreter des öffentlichen Interesses, Ludwigstr. 23, 80539 München,

wegen

Verpflichtung zur Erteilung eines Vorbescheids für die Nutzungsänderung in einen Bordellbetrieb (FlNr. ... Gemarkung ...);

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 4. November 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Lorenz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13. Oktober 2015 am 19. Oktober 2015 folgendes

Urteil:

I.

Unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 4. November 2014 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erteilung eines Vorbescheids für die Nutzungsänderung eines Tonstudios in ein Bordell bzw. einen bordellartigen Betrieb (im Folgenden: Bordellbetrieb) im zweiten Obergeschoss des Gebäudes G. Straße ... in R., FlNr. ... Gemarkung R. ...

In den ehemals als Ton- und Fitnessstudio genehmigten Räumen ist die Vermietung von zwölf Zimmern an selbstständige Prostituierte‚ die dort nicht wohnen‚ geplant. Der Betrieb soll jeweils von 8.00 Uhr morgens bis 6.00 Uhr morgens des folgenden Tages, mittwochs erst ab 12.00 Uhr und sonntags erst ab 13.00 Uhr geöffnet sein. Das Anwesen G. Str. ... liegt in dem durch den Bebauungsplan Nr. ... „O. ...“ im Jahr 1984 festgesetzten Industriegebiet. Im ersten Obergeschoss des Gebäudes befinden sich unmittelbar unterhalb des geplanten Bordellbetriebs baurechtlich genehmigte Kirchen- und Beträume der Religionsgemeinschaft „B.“. Im ca. 80 m entfernt liegenden Anwesen G. Straße ...‚ das zu einem im Bebauungsplan als Gewerbegebiet festgesetzten Bereich gehört‚ wird eine ebenfalls baurechtlich genehmigte Moschee der islamischen Religionsgemeinschaft „M.“ betrieben.

Mit Bescheid vom 14. Juli 2014 lehnte die Beklagte den Vorbescheidsantrag ab. Es handle sich bei dem beantragten Betrieb zwar um einen im Industriegebiet allgemein zulässigen Gewerbebetrieb. Die geplante Nutzung verstoße jedoch gegen das Gebot der Rücksichtnahme‚ da bei typisierender Betrachtungsweise milieubedingte Störungen in der Umgebung zu erwarten seien; insbesondere handle es sich bei der beantragten Nutzung zu Prostitutionszwecken und den vorhandenen kirchlichen Nutzungen um konfligierende Nutzungen. Da das Haupttreppenhaus und der Aufzug im ersten Obergeschoss endeten‚ sei eine gemeinsame Nutzung nicht zu vermeiden.

Der hiergegen erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 4. November 2014 statt. Ein Bordellbetrieb sei nach den Kategorien der Baunutzungsverordnung als Gewerbebetrieb einzustufen und damit nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO in dem Industriegebiet allgemein zulässig. Er sei auch nicht ausnahmsweise wegen Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme unzulässig. Aus der Charakteristik eines Industriegebiets ergebe sich‚ dass die dort ansässigen Nutzer nur den Schutzanspruch geltend machen könnten‚ der in einem solchen Gebiet zu erwarten sei. Der Beklagten sei zwar zuzugestehen‚ dass das im selben Gebäude befindliche „B.“ in Folge gemeinsamer Nutzung von Parkplatz‚ Eingang und Treppenbereich einer unmittelbaren Störung durch das geplante Vorhaben ausgesetzt sei. Allerdings finde derzeit im „B.“ nur einmal wöchentlich sonntags um 10.00 Uhr ein Gottesdienst statt‚ wohingegen die anderen nach dem Internetauftritt der F. angebotenen Veranstaltungen im sozialen Bereich der Kirchengemeinde lägen. Ein ungestörter Gottesdienstablauf am Sonntag um 10.00 Uhr sei deshalb gewährleistet‚ da der Bordellbetrieb erst um 13.00 Uhr beginne.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte und Berufungsführerin ihren Vortrag aus dem Verfahren in erster Instanz. Das Vorhaben sei im Hinblick auf § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO planungsrechtlich unzulässig.

Die Beklagte beantragt‚

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 4. November 2014 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte habe mit der Moschee und der F.-Gemeinde Ausnahmenutzungen zugelassen‚ die störempfindlich seien und im Industriegebiet nicht hätten genehmigt werden dürfen. Dieser Umstand müsse bei der Abwägung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO durchschlagen. Das bedeute‚ dass beide Einrichtungen mit allen Vor- und Nachteilen leben müssten‚ die typischerweise in einem Industriegebiet auftreten könnten. Religiöse Empfindungen seien keine städtebaulichen Gründe‚ die in bauplanungsrechtlichen Entscheidungen Eingang finden dürften.

Die Beigeladene zu 1 stellt den Antrag‚

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie schließt sich der Rechtsauffassung der Beklagten an und begründet den nach ihrer Ansicht vorliegenden Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.

Die Beigeladene zu 2 stellt keinen Antrag.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreterin des öffentlichen Interesses beteiligt‚ sich aber nicht zur Sache geäußert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behörden- und Gerichtsakten einschließlich der Niederschrift über die Durchführung des Ortstermins samt Fotodokumentation und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2014 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Vorbescheids über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des geplanten Bordellbetriebs (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten und des Verwaltungsgerichts kommt es nicht darauf an‚ ob ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 2 BauNVO vorliegt. Denn der geplante Bordellbetrieb kann in dem durch den Bebauungsplan aus dem Jahr 1984 festgesetzten Industriegebiet, in dem u. a. zwei große Baufirmen mit Lagerplätzen ansässig sind, weder als Vergnügungsstätte noch als Gewerbebetrieb im Sinn von § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO genehmigt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Rechtslage nach der Baunutzungsverordnung 1968 und 1977 entschieden‚ dass ein Bordellbetrieb‚ in dem die Prostituierten - wie hier - nicht wohnen‚ unter den Begriff der „Gewerbebetriebe aller Art“‚ die in Gewerbegebieten nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig sind (BVerwG‚ U.v. 25.11.1983 - 4 C 21.83 - BVerwGE 68‚ 213)‚ fällt. Dabei hat es vor dem Hintergrund, dass Vergnügungsstätten in § 8 BauNVO 1977 nicht gesondert erwähnt waren, ausdrücklich offen gelassen, ob Bordellbetriebe Vergnügungsstätten im Sinn der Baunutzungsverordnung sind; jedenfalls seien sie (nur) eine atypische Art der von der Baunutzungsverordnung gemeinten Vergnügungsstätten. Auch unter Geltung der Baunutzungsverordnung 1990, mit der die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten in Gewerbegebieten und Mischgebieten erstmals explizit und damit abschließend geregelt worden ist, wobei die Zulassung allerdings restriktiver gefasst worden ist als für „Gewerbebetriebe aller Art“ (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) oder für „sonstige Gewerbebetriebe“ (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO), hat das Bundesverwaltungsgericht die bauplanungsrechtliche Einordnung von Bordellbetrieben nicht rechtsgrundsätzlich geklärt (BVerwG‚ B.v. 29.10.1997 - 4 B 8.97 - NVwZ-RR 1998, 540; U.v. 12.9.2013 - 4 C 8.12 - BVerwGE 147, 379; vgl. auch BVerwG, B.v. 5.6.2014 - 4 BN 8.14 - ZfBR 2014, 574, wo ohne Auseinandersetzung mit dem Begriff der Vergnügungsstätte unter Hinweis auf das Urteil vom 25.11.1983 festgestellt wurde, es könne nicht zweifelhaft sein, dass Bordelle eine Unterart eines Gewerbebetriebs im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO darstellten).

Nach Auffassung des Senats kann die Frage der Einstufung von Bordellbetrieben hier offenbleiben.

Wenn man Bordellbetriebe der hier vorliegenden Art den Vergnügungsstätten zuordnen wollte (hierfür OVG Saarl‚ B.v. 30.6.2009 - 2 B 367/09 - juris; HessVGH‚ B.v. 30.4.2009 - 3 A 1284/08 - UPR 2010‚ 104; Ziegler in: Brügelmann‚ BauGB‚ Stand Juli 2015‚ § 4a Rn. 74)‚ so wäre der Betrieb des Klägers von vornherein unzulässig‚ weil Vergnügungsstätten nach dem Nutzungskatalog des § 9 BauNVO (1977) weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig sind.

Etwas anderes ergibt sich aber auch nicht‚ wenn man mit der wohl überwiegenden Meinung davon ausgeht‚ dass es sich bei Bordellbetrieben um „Gewerbebetriebe aller Art“ handelt (so ausdrücklich VGH BW‚ B.v. 5.3.2012 - 5 S 3239/11 - VBlBW 2012‚ 345; OVG Hamburg‚ B.v. 13.8.2009 - 2 Bs 102/09 - BauR 2009, 1867; OVG Berlin-Bbg‚ B.v. 14.11.2005 - 10 S 3.05 - juris; OVG RhPf‚ U.v. 11.5.2005 - 8 C 10053/05 - BRS 69 Nr. 35; Fickert/Fieseler‚ BauNVO‚ 12. Aufl. 2014, § 8 Rn. 5.3 f.; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger‚ BauGB‚ Stand Mai 2015‚ § 8 Rn. 24 a; Röser in König/Röser/Stock‚ BauNVO‚ 3. Aufl. 2014‚ § 8 Rn. 22). Denn auch dann sind nach Auffassung des Senats Bordellbetriebe im Industriegebiet wegen der fehlenden Gebietsverträglichkeit grundsätzlich unzulässig.

Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets richtet sich nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine von der Baunutzungsverordnung bestimmte Nutzungs- oder Anlagenart, hier also die angenommene Einordnung eines Bordells als Gewerbebetrieb nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung, die durch die Zuordnung von Nutzungen zu den einzelnen Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinn einer sachgerechten Städtebaupolitik bringen will. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die von der Baunutzungsverordnung dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.2012 - 4 C 14.10 - BayVBl 2012, 571). Dabei besteht zwischen der Zweckbestimmung des Baugebiets und den jeweils zugeordneten Nutzungsarten ein funktionaler Zusammenhang, der für die Auslegung und Anwendung jeder tatbestandlich normierten Nutzungsart maßgeblich ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2002 - 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155). Von entscheidender Bedeutung für die Frage, welche Vorhaben mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Baugebiets unverträglich sind, sind die Anforderungen des jeweiligen Vorhabens an ein Gebiet, die Auswirkungen des Vorhabens auf ein Gebiet sowie die Erfüllung eines spezifischen Gebietsbedarfs. Entscheidend ist, ob ein Vorhaben dieser Art generell geeignet ist, ein bodenrechtlich beachtliches Störpotential zu entfalten, das sich mit der Zweckbestimmung des Baugebiets nicht verträgt (vgl. BVerwG, U.v.2.2.2012 a. a. O.).

Gemäß § 9 Abs. 1 BauNVO dienen Industriegebiete ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben‚ und zwar vorwiegend von erheblich belästigenden Betrieben‚ die in anderen Baugebieten unzulässig sind. Bordellbetriebe jedenfalls der hier vorliegenden Art erreichen jedoch - anders als möglicherweise im Einzelfall erheblich belästigende Bordellbetriebe - trotz (abendlichen) Besucherverkehrs und milieubedingter Unruhe die Schwelle der erheblichen Belästigung nicht und können daher entsprechend ihren Anforderungen an das Baugebiet grundsätzlich in Gewerbegebieten untergebracht werden (BVerwG‚ U.v. 25.11.1983 - 4 C 21.83 - BVerwGE 68‚ 213; Stock in König/Röser/Stock‚ a. a. O., § 8 Rn. 22). Sind derartige Bordellbetriebe aber nicht auf die Unterbringung in einem Industriegebiet angewiesen, so verträgt sich die Zulassung von Bordellbetrieben, die zudem gegen industriegebietstypische Störungen, wie beispielsweise Lärm oder andere Immissionen, empfindlich sein können, nicht mit der allgemeinen Zweckbestimmung von Industriegebieten, die für (erheblich störende) Betriebe‚ die in anderen Baugebieten unzulässig sind‚ offengehalten werden sollen (BVerwG, U.v. 25.11.1983 a. a. O. S. 217). Da Bordellbetriebe zumindest eine inhaltliche Nähe zu Vergnügungsstätten aufweisen, wird die Gebietsunverträglichkeit derartiger Betriebe zudem durch die Tatsache bestätigt, dass Vergnügungsstätten in Industriegebieten - anders als in Gewerbegebieten (s. § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO) - nicht einmal ausnahmsweise zulässig sind.

Da auch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den Festsetzungen des Bebauungsplans ausscheidet, kommt es auf die Frage‚ ob § 15 Abs. 1 BauNVO der Bordellnutzung entgegensteht‚ im vorliegenden Fall nicht an. Der Umstand, dass eine Anlage in einem Baugebiet weder allgemein zulässig ist noch im Weg einer Ausnahme zugelassen werden kann, steht zwar der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB nicht von vornherein entgegen (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166). Im vorliegenden Fall berührt der Bordellbetrieb jedoch die Grundzüge der Planung. Wie von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung dargelegt worden ist, war es stets das Bestreben der Stadt, das Industriegebiet ausschließlich der Ansiedlung von besonders störenden Gewerbebetrieben vorzubehalten. Der Begründung des Bebauungsplans vom 11. April 1983 kann entnommen werden, dass die Stilllegung eines im Plangebiet ansässigen Betriebs der Holzindustrie zum Anlass genommen wurde, das durch einen früheren Bebauungsplan festgesetzte Industriegebiet im Interesse der umliegenden Wohnbebauung auf das städtebaulich für erforderlich gehaltene Maß zu verkleinern. Umso wichtiger erscheint es, das Eindringen industriegebietsfremder Nutzungen in das reduzierte Industriegebiet zu verhindern.

Der unterliegende Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen (§ 154 Abs. 1 VwGO) einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1‚ die einen eigenen Antrag gestellt und sich somit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst‚ da sie keinen Antrag gestellt hat.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist zuzulassen‚ da die Frage‚ ob Bordellbetriebe - jedenfalls der hier vorliegenden Art - in Industriegebieten generell unzulässig sind‚ grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hierzu noch nicht ergangen ist.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Senat geht bei der Ermittlung des Streitwerts ebenso wie das Verwaltungsgericht von einem Betrag in Höhe von 5.000‚- Euro pro zur Vermietung geplantem Zimmer (insgesamt 60.000‚- Euro) aus und mindert diese Summe entsprechend‚ da lediglich die Erteilung eines Vorbescheids zur planungsrechtlichen Zulässigkeit inmitten steht (§ 47 Abs. 1‚ § 152 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Die Veränderungssperre wird von der Gemeinde als Satzung beschlossen.

(2) Die Gemeinde hat die Veränderungssperre ortsüblich bekannt zu machen. Sie kann auch ortsüblich bekannt machen, dass eine Veränderungssperre beschlossen worden ist; § 10 Absatz 3 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die Veränderungssperre tritt nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Absatz 1 abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Gemeinde kann die Frist um ein Jahr verlängern.

(2) Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Gemeinde die Frist bis zu einem weiteren Jahr nochmals verlängern.

(3) Die Gemeinde kann eine außer Kraft getretene Veränderungssperre ganz oder teilweise erneut beschließen, wenn die Voraussetzungen für ihren Erlass fortbestehen.

(4) Die Veränderungssperre ist vor Fristablauf ganz oder teilweise außer Kraft zu setzen, sobald die Voraussetzungen für ihren Erlass weggefallen sind.

(5) Die Veränderungssperre tritt in jedem Fall außer Kraft, sobald und soweit die Bauleitplanung rechtsverbindlich abgeschlossen ist.

(6) Mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets oder des städtebaulichen Entwicklungsbereichs tritt eine bestehende Veränderungssperre nach § 14 außer Kraft. Dies gilt nicht, wenn in der Sanierungssatzung die Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 ausgeschlossen ist.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich als Eigentümer zweier Grundstücke in deren Geltungsbereich gegen die mit Beschluss vom 8. April 2014 erlassene und am 8. Mai 2014 bekannt gemachte sowie mit am 2. Mai 2016 bekannt gemachtem Beschluss vom 4. April 2016 um ein weiteres Jahr verlängerte Veränderungssperre der Antrags-gegnerin für den Bereich des Gewerbegebiets an der Kötztinger Straße.

Der Antragsteller beantragt in der Sache,

die Veränderungssperre der Antragsgegnerin für den Bereich des Gewerbegebiets an der K. Straße vom 8. April 2014 in der Fassung der am 2. Mai 2016 bekannt gemachten Verlängerung für unwirksam zu erklären.

Die zu sichernde Planung lasse nicht das zu fordernde Mindestmaß dessen erkennen, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Weil ein Bauantrag des Antragstellers den Anlass für die Veränderungssperre gebildet habe, liege eine unzulässige Individualsperre vor. Eine positive Planungskonzeption fehle. Aus dem Aufstellungsbeschluss ergebe sich nur, was alles nicht gebaut werden solle. Da die Antragsgegnerin als geringeren Eingriff auch einen Antrag auf Zurückstellung des Baugesuchs hätte wählen können, sei die Veränderungssperre nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig. Das Angebot der Antragsgegnerin vom September 2014, die Grundstücke des Antragstellers im Rahmen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes auf der Grundlage eines städtebaulichen Vertrags zu überplanen, entlarve die weiter betriebene Verhinderungsplanung.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Da der Geltungsbereich der Veränderungssperre insgesamt sechs Flurnummern und damit eine Vielzahl von Grundstücken erfasse, liege keine nur ein individuelles Grundstück betreffende Maßnahme vor. Es sei unerheblich, dass ein Bauantrag den Anstoß für die Veränderungssperre geboten habe. Die beabsichtigte Planung solle die Entwicklung des Einzelhandels in einem positiven Sinn steuern und sich an dem anfangs noch in Arbeit befindlichen, zwischenzeitlich beschlossenen integrierten Stadtentwicklungskonzept orientieren. Die Annahme des Angebots städtebaulicher Vereinbarungen sei Sache des Antragstellers. Lehne er dies ab, ändere das weder etwas an der Planungshoheit der Antragsgegnerin noch an ihrer mit der Bauleitplanung verfolgten Konzeption. Ein Rangverhältnis zwischen dem Antrag auf Zurückstellung eines Baugesuchs und dem Erlass einer Veränderungssperre bestehe nicht.

Wegen des sonstigen Vorbringens und der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Vorgang der Antragsgegnerin verwiesen.

Gründe

Gegenstand des Rechtsstreits ist die ursprüngliche Veränderungssperre in der Gestalt ihrer erstmaligen Verlängerung (vgl. BVerwG, U. v. 19.2.2004 - 4 CN 13/03 NVwZ 2004, 984 = juris Rn. 9). Der dagegen erhobene Antrag auf Normenkontrolle ist zulässig (vgl. § 47 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 und 2 VwGO, Art. 5 Satz 1 AGVwGO); er hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1. Die Satzung über die Veränderungssperre für den Bereich des Gewerbegebiets K. Straße in der Stadt Furth im Wald weist in formeller Hinsicht (vgl. § 16 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 BauGB) keine Fehler auf.

2. Die in § 14 Abs. 1 BauGB genannten und im Übrigen von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen (vgl. zusammenfassend König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 331 bis 333) für den Erlass dieser Veränderungssperre liegen gleichfalls vor.

2.1 Die Antragsgegnerin hat am 8. April 2014 u. a. die Aufstellung des Bebauungsplanes beschlossen (vgl. Beschluss Nr. 1. zu TOP 1. der 29. Sitzung des - insoweit beschließenden, vgl. § 8 2.a GeschO - Bauausschusses). Neben der Benennung der im Planungsgebiet befindlichen sieben Grundstücke, von denen zwei dem Antragsteller gehören, enthält der Beschluss folgenden Wortlaut:

„Der Bauausschuss beschließt für die im Flächennutzungsplan als Gewerbegebiet dargestellte Fläche an der K. Straße die Aufstellung eines Bebauungsplanes nach § 13a BauGB für ein Gewerbegebiet.

Das Planungsgebiet soll die Grundstücke FlNr...mit einer Gesamtfläche von 39.330 m² umfassen.

Planungszweck ist die Steuerung der möglichen Einzelhandelsentwicklung insbesondere die räumliche Begrenzung der Einzelhandelsnutzung und die Begrenzung der überbaubaren Fläche, die Einschränkung einer Einzelhandelsentwicklung auf den Bereich der für Furth im Wald nicht-zentralrelevanten Sortimente sowie der Anschluss an die öffentlichen Verkehrsflächen. Für Vergnügungsstätten und Spielhallen soll keine Ausnahme vorgesehen werden. Eine Parzellierung des Planungsgebiets soll nicht erfolgen.“

Der Aufstellungsbeschluss wurde gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 BauGB durch Anschlag an die Amtstafeln am10. April 2014 ortsüblich bekannt gemacht.

Unter TOP 2. der Sitzung vom 8. April 2014 fasste die Antragsgegnerin den Beschluss einer Satzung über die Veränderungssperre für den vorgenannten Planbereich. Dieser wurde erstmals am 14. April 2014 bekannt gemacht und - nach Berichtigung des zunächst fehlerhaften Jahres der Beschlussfassung (2013 statt 2014) in der Bekanntmachungsverfügung - am 8. Mai 2014 erneut in ortsüblicher Weise veröffentlicht.

2.2 Der Aufstellungsbeschluss beschreibt den wesentlichen Inhalt der von der Antragsgegnerin ins Auge gefassten Planung, er lässt ohne weiteres „ein Mindestmaß dessen erkennen, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll“ (vgl. BVerwG, U. v. 19.2.2004 - 4 CN 13/03 - NVwZ 2004, 984 = juris Rn. 15 m. w. N.; B. v. 21.10.2010 - 4 BN 26.10 - ZfBR 2011, 160 = juris Rn. 6).

Insoweit geht die höchstrichterliche Rechtsprechung davon aus, dass es grundsätzlich erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Gemeinde im relevanten Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre zumindest Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung besitzt, sei es, dass sie einen bestimmten Baugebietstyp, sei es, dass sie nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 BauGB festsetzbare Nutzungen ins Auge gefasst hat (vgl. BVerwG, B. v. 21.10.2010 a. a. O. juris Rn. 8; U. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 - BVerwGE 144, 82 ff. = juris Rn. 12; BayVGH, U. v. 30.1.2014 - 15 B 11.750 - juris Rn. 23). Dieser Anforderung ist unzweifelhaft genügt. Der Aufstellungsbeschluss benennt als beabsichtigte Art der baulichen Nutzung die Festsetzung eines Gewerbegebiets.

Mit der Verlängerung der Veränderungssperre verfolgt die Antragsgegnerin dieses Konzept inhaltlich unverändert weiter. Nachdem § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB insoweit keine besonderen Voraussetzungen aufstellt (vgl. BVerwG, B. v. 8.1.1993 - 4 B 258/92 - BRS 55 Nr. 96 = juris Rn. 4, 5), durfte sie die Veränderungssperre, wie durch den am 2. Mai 2016 bekannt gemachten Beschluss des Bauausschusses vom 4. April 2016 geschehen, um ein Jahr verlängern.

Aufgrund des nach Lage der Dinge nicht mit dem Planungskonzept der Gemeinde übereinstimmenden Vorhabens des Antragstellers steht das erforderliche Sicherungsbedürfnis außer Frage.

2.3 Die übrigen Einwände des Antragstellers (unzulässige Individualsperre, Verhinderungsplanung, fehlende Verhältnismäßigkeit) entbehren - jeglicher - Grundlage.

2.3.1 Abgesehen davon, dass eine Veränderungssperre nicht schon deshalb Bedenken begegnete, weil sie nur für wenige oder nur für ein einziges Grundstück erlassen wurde (BVerwG, U. v. 10.9.1976 - IV C 39.74 - BVerwGE 51, 121 = juris Ls. 2 und Rn. 33), liegt auch keine „Individualsperre“ in diesem Sinn vor. Die Veränderungssperre erfasst sieben Grundstücke mit einer Gesamtfläche von ca. 39.330 m².

Die Gemeinde durfte auch zur Verhinderung des vom Antragsteller zuletzt beantragten Vorhabens tätig werden. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Es steht daher außer Frage, dass die Antragsgegnerin den Antrag des Antragstellers auf Verlegung („Translozierung“) des auf FlNr. 575/1 genehmigten Verbrauchermarkts zum Anlass nehmen durfte, im fraglichen Bereich planerisch aktiv zu werden (vgl. BVerwG, U. v. 24.11.1989 - 4 C 54/87 - ZfBR 1990, 95 = juris Ls. 1 und Rn.26, 31 ff.: Inkrafttreten eines Bebauungsplans nach der Stellung eines Vorbescheidsantrags). Die Gemeinde darf sich bei der Steuerung der städtebaulichen Entwicklung grundsätzlich von „gemeindepolitischen“ Motiven leiten lassen, sie darf unter Beachtung der dafür geltenden gesetzlichen Regeln Bauleitplanung nach ihren Vorstellungen betreiben (vgl. BVerwG, U. v. 19.2.2004 - 4 CN 16/03 - BVerwGE 120, 138 = juris Rn. 23). Für die Annahme, die Gemeinde könnte im vorliegenden Fall außerhalb des angesprochenen gesetzlichen Rahmens gehandelt haben, bietet der Sachverhalt keinerlei Anlass.

2.3.2 Entsprechendes gilt für die Behauptung, es läge eine „Verhinderungsplanung“ vor. Was nach der insoweit ausschlaggebenden Sicht der Gemeinde mit der hier verfolgten Bauleitplanung einschließlich der streitigen Veränderungssperre vor allem verhindert werden soll, ist eine städtebauliche Fehlentwicklung des Einzelhandels in Bezug auf Standorte und Sortimente im Gesamtort sowie die Ansiedlung von Vergnügungsstätten und Spielhallen im konkreten Plangebiet. Das sind legitime Ziele einer Bauleitplanung, vgl. die nach § 1 Abs. 6 Nr. 4, Nr. 8 Buchst. a und Nr. 11 BauGB bei der Aufstellung der Bauleitpläne insbesondere zu berücksichtigenden Gesichtspunkte und Belange. Dass im Rahmen dessen ganz bestimmte Vorstellungen einzelner Bauantragsteller „verhindert“ werden, liegt in der Natur der Sache jeglicher planerischer Aktivitäten. Der von Art. 14 Abs. 1 GG gewährte Schutz des Grundeigentums umfasst nicht die bestmögliche wirtschaftliche Verwertung desselben (vgl. BVerfG, B. v. 23.9.1992 - 1 BvL 15/85, 1 BvL 36/87 - BVerfGE 87, 114 = juris Rn. 99, 101, 117: Pachtpreisbindung für Kleingärten).

2.3.2 Der Erlass einer Veränderungssperre nach § 14 Abs. 1 BauGB und die Möglichkeit, nach § 15 BauGB bei der Baugenehmigungsbehörde die Zurückstellung von Baugesuchen zu beantragen, stehen untereinander nicht in einem Rangverhältnis. Es steht der Gemeinde grundsätzlich frei, sich für eines der beiden Sicherungsmittel zu entscheiden und entweder nur die Genehmigung oder Verwirklichung eines konkreten Vorhabens durch Verwaltungsakt verhindern oder unterbinden zu lassen oder einen über den Einzelfall hinaus allgemein gültigen, materiellen Versagungsgrund zu schaffen. Die Gemeinde darf sich bei ihrer Entscheidung für das im Einzelfall zu ergreifende Sicherungsinstrument am Gesichtspunkt der Erforderlichkeit orientieren (vgl. BayVerfGH, E. v. 21.6.2016 - Vf. 15-VII-15 - juris Rn. 52 unter Hinweis auf OVG Lüneburg, U. v. 16.6.1982 - 1 A 194/80 - BauR 1982, 557 f.: Beim Erlass einer Veränderungssperre findet prinzipiell keine „Abwägung“ statt; ebenso ist ein „Sicherungsermessen“ regelmäßig zu verneinen). Vor diesem Hintergrund hat sich die Antragsgegnerin rechtsfehlerfrei für das Instrument der Veränderungssperre entschieden. In der Vorlage zum Beschluss vom 8. April 2014 wird nachvollziehbar ausgeführt, dass zwar jeweils auch eine Zurückstellung von Bauanträgen beantragt werden könnte. Davon würden allerdings sonstige wertsteigernde Investitionen und alle nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtigen Veränderungen nicht erfasst bzw. die Stadt müsste in jedem Einzelfall eine vorläufige Untersagung beantragt werden. Deshalb werde vorgeschlagen, eine Veränderungssperre für das Gewerbegebiet zu erlassen.

Die ursprüngliche Einschätzung der Antragsgegnerin, dass die Bauleitplanung für das Gewerbegebiet an der K. Straße wegen ihrer Einbindung in das integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept für den Gesamtort längere Zeit beanspruchen werde als die auf zwölf Monate begrenzte Zurückstellung eines Baugesuchs gemäß § 15 BauGB, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der weitere Ablauf des Verfahrens bestätigt die Richtigkeit dieser Annahme.

Unabhängig davon handelt es sich in beiden Fällen um eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Grundeigentums (vgl. zur zweiten Verlängerung einer Veränderungssperre nach § 17 Abs. 2 BBauG: BVerwG, U. v. 10.9.1976 - IV C 39.74 - BVerwGE 51, 121 = juris Rn. 39).

3. Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO, § 709 Satz 1, § 708 Nr. 11 ZPO.

4. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 8 GKG unter Berücksichtigung der Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57).

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

I.

Die am 27. März 2015 bekannt gemachte Satzung über die Veränderungssperre für das Gebiet „O.-...“ ist unwirksam.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Kostengläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines u. a. mit einer leer stehenden Gastwirtschaft bebauten Grundstücks im Zentrum von K.../O. Am 27. Mai 2014 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin, für „O.-...“ einen qualifizierten Bebauungsplan mit Grünordnungsplan aufzustellen, in dessen Geltungsbereich auch das Grundstück der Antragstellerin liegt; dieser Beschluss wurde am 6. Juni 2014 ortsüblich bekannt gemacht.

Im Februar 2015 reichte die Antragstellerin einen Bauantrag mit dem Ziel ein, neben einem Ausbau des Ober- und des Dachgeschosses die Nutzung des gesamten Gebäudes in eine Unterkunft mit (lt. den Grundrisszeichnungen) 92 Plätzen für Asylbewerber zu ändern. Am 24. März 2015 versagte die Antragsgegnerin dazu ihr Einvernehmen und beschloss zugleich eine Veränderungssperre für das Plangebiet „O.-...“. Diese Satzung wurde am 27. März 2015 ortsüblich bekannt gemacht.

Gemäß dem Aufstellungsbeschluss ist es das Ziel der Bauleitplanung, ein Dorfgebiet festzusetzen; die kleinteilige dörfliche Struktur soll erhalten und gefördert werden, der Wohnraumbedarf soll gedeckt und die noch bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe sollen geschützt werden. Soziale Einrichtungen sollen nur ausnahmsweise, Asylbewerbereinrichtungen nur mit bis zu ca. 20 Unterbringungsplätzen, für zulässig erklärt werden.

Am 23. Juli 2015 ging beim Verwaltungsgerichtshof der Normenkontrollantrag der Antragstellerin ein. Sie beantragt,

die Satzung über die Veränderungssperre für das Gebiet „O.- ...“ vom 25. März 2015, bekannt gemacht am 27. März 2015, für nichtig zu erklären.

Die Planung ziele allein darauf ab, die seitens der Antragstellerin beabsichtigte Nutzung auszuschließen, die Veränderungssperre solle eine schlechterdings nicht zu rechtfertigende Bauleitplanung sichern.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Dem Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans lägen ausreichende planerische Vorstellungen zugrunde; insbesondere solle sichergestellt werden, dass die Ortsmitte von O. auch künftig ihre Funktion als solche erfüllen kann. Mit der auf eine bestimmte Größe beschränkten Zulassung von sozialen Einrichtungen solle deren städtebauliche Verträglichkeit sichergestellt werden.

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligt sich ohne eigene Antragstellung am Verfahren, sie hält die Planung für vorgeschoben, um die Umnutzung des ehemaligen Gasthofs in eine Asylbewerberunterkunft mit mehr als 20 Plätzen zu verhindern. Die als Schutzziel der Planung behauptete „kleinteilige dörfliche Struktur“ sei, abgesehen davon, dass es dabei nicht um die Art, sondern das Maß der baulichen Nutzung gehe, vor Ort weder vorhanden noch in absehbarer Zeit realisierbar. Das planerische Konzept gehe an den am Kirchplatz vorhandenen Verhältnissen, die vor allem von dem Gaststättengebäude, Gehöften, einem Pfarrgebäude und der Kirche geprägt seien, vorbei. Die von § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO vorgesehenen Differenzierungsmöglichkeiten erlaubten die von der Antragsgegnerin bei den nur ausnahmsweise zulässigen sozialen Einrichtungen geplante Beschränkung nicht, weil diese Regelung nicht einen bestimmten, in der sozialen und ökonomischen Realität bereits vorhandenen Anlagentyp beschreibe. Bei Asylbewerberunterkünften sei keine Feinsteuerung nach der Anzahl der Personen möglich. Die Belegungsdichte bestimme sich nach der Größe der Anlage, auf die im Bauleitplanverfahren durch Festsetzungen zum Maß der Nutzung Einfluss genommen werden könne und die im Einzelgenehmigungsverfahren anhand des Gebots der Rücksichtnahme zu prüfen sei. Für die von der Gemeinde angestrebte Differenzierung seien auch keine städtebaulichen Gründe erkennbar. Bezüglich anderer Nutzungen mit „höherer Belegungsdichte“ im Planungsumgriff wie etwa eines weiterhin allgemein zulässigen Beherbergungsbetriebs oder eines Wohnheims habe die Antragsgegnerin keinerlei Überlegungen angestellt. Auch für die vorgesehene geschossweise Festsetzung von Nutzungen (§ 1 Abs. 7 BauGB) fehlten die tatsächlichen Voraussetzungen; es sei nicht ersichtlich, wie dieses Ziel absehbar erreicht werden könnte. Infolgedessen sei die Planung nicht gemäß § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich.

Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Akten der Antragsgegnerin verwiesen.

Gründe

Über den zulässigen Normenkontrollantrag konnte im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Der Antrag ist begründet.

Die am 27. März 2015 bekannt gemachte Veränderungssperre für das Gebiet „O.-...“ ist für unwirksam zu erklären (§ 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 VwGO), weil der zu sichernden Planung nicht ausräumbare Mängel entgegenstehen (§ 14 Abs. 1 BauGB, § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

Nach § 14 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB) gefasst ist. Die Bauleitplanung muss im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Veränderungssperre, das ist regelmäßig die ortsübliche Bekanntmachung der Satzung (vgl. § 16 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 i. V. m. § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB), so weit konkretisiert sein, dass die Erforderlichkeit der Veränderungssperre als Sicherungsmittel nachvollzogen werden kann. Hierfür muss ein Mindestmaß des Inhalts des Bebauungsplans abzusehen sein. Der Planung dürfen keine schon in diesem frühen Stadium erkennbaren, nicht ausräumbaren Mängel entgegenstehen (zum Ganzen König, Baurecht Bayern, 5. Auflage 2015, Rn. 333 m. w. N.).

Nach Lage der Dinge fehlt der zu sichernden Planung die Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Die danach nötige städtebauliche Rechtfertigung für einzelne Festsetzungen oder die gesamte Planung fehlt insbesondere, wenn die Planung nur wegen der mit der Regelung verbundenen negativen (ausschließenden) Wirkung erfolgt, wenn die Regelung von vorneherein funktionslos ist oder zur Erreichung des mit ihr verfolgten Zwecks ungeeignet ist, oder wenn die Planung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen überhaupt nicht oder nicht innerhalb des Zeitraums verwirklicht werden kann oder soll, für den Bauleitpläne aufgestellt werden (König a. a. O. Rn. 51 ff.).

Hier liegen mehrere für die mangelnde städtebauliche Rechtfertigung der Bauleitplanung für das Gebiet „O.-...“ sprechende Gesichtspunkte vor.

Ein gewisses Indiz dafür, dass die Planung in erster Linie der Verhinderung eines Bauvorhabens der Antragstellerin dient, kann schon darin gesehen werden, dass im Aufstellungsverfahren außer dem Aufstellungsbeschluss vom 27. Mai 2014 bisher nichts geschehen ist. Der Ende August 2015 übermittelte Verfahrensordner „Bebauungsplan Nr. 46“ enthält lediglich die besagte Entscheidung der Antragsgegnerin samt deren Bekanntmachung, Vortrag zu zwischenzeitlich unternommenen Verfahrensschritten ist im gerichtlichen Verfahren auch sonst nicht erfolgt.

Das dem Aufstellungsbeschluss zugrunde gelegte städtebauliche Konzept für das Ortszentrum - die Erhaltung und Förderung der „kleinteiligen dörflichen Struktur“ - ist, was die Landesanwaltschaft Bayern in ihrer Stellungnahme bereits eingehend erläutert hat, mit den gegenwärtigen Verhältnissen vor Ort nicht vereinbar und auch als Ziel in einer überschaubaren Zukunft nicht realisierbar. Lageplan und Luftbild zeigen im Kernbereich des Plangebiets beiderseits des Kirchplatzes außer dem mit zwei großen Gebäuden bebauten Grundstück der Antragstellerin, der Kirche und dem Pfarrhaus im Wesentlichen die Gebäude von drei landwirtschaftliche Hofstellen mit mehreren entsprechend großen Zweckbauten sowie ein größeres unbebautes Grundstück unmittelbar östlich des Grundstücks der Antragstellerin. „Kleinteilige“ (Wohn)Bebauung ist nur in den im Westen und Osten an das Plangebiet anschließenden Bereichen in größerem Umfang anzutreffen.

Eine gewisse „kleinteilige Struktur“ wäre eventuell durch entsprechende Festsetzungen zu den überbaubaren Grundstückflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB i. V. m. § 23 BauNVO) und zum Maß der Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i. V. m. §§ 16 ff. BauNVO) zu erreichen. Nach dem von der Gemeinde laut der Beschlusslage verfolgten Konzept soll die Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung jedoch „überwiegend bestandsorientiert unter Berücksichtigung bestehenden Baurechts nach § 34 BauGB erfolgen“. Angesichts dieser Vorgabe bliebe für die Festsetzung kleinteiliger Bebauung praktisch nur die in das Plangebiet einbezogene nördliche Teilfläche des bisher unbebauten Grundstücks FlNr. ..., d. h. - geschätzt - eines Fünftels des Plangebiets.

Die Gemeinde beabsichtigt, die Höchstzahl von 20 Unterbringungsplätzen für die ausnahmsweise Zulassung sozialer Einrichtungen, auch Asylbewerbereinrichtungen, auf der Grundlage von § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO als „exakten Ausnahmetatbestand zu formulieren“. Diese Vorgehensweise ist nicht von den in § 1 Abs. 9 BauNVO enthaltenen Möglichkeiten der Feinsteuerung der Art der baulichen Nutzung gedeckt. § 1 Abs. 9 BauNVO erlaubt es der Gemeinde unter anderem, bestimmte Unterarten ausnahmsweise zulässiger Nutzungen auszuschließen. Die Planungsfreiheit ist allerdings dadurch begrenzt, dass sich die Differenzierung auf bestimmte Anlagentypen beziehen muss, die es in der sozialen und ökonomischen Realität bereits gibt (BayVGH, U. v. 30.10.2014 - 1 N 13.2273 - juris Rn. 21 unter Hinweis auf BVerwG, B. v. 5.6.2014 - 4 BN 8/14 - ZfBR 2014, 574 = juris Rn. 10 m. w. N.). Hier fehlt es insoweit an der Beschreibung einer bestimmten Art von baulichen Anlagen; bei sozialen Anlagen wird hinsichtlich der Art der Nutzung grundsätzlich nicht danach unterschieden, ob beispielweise 10, 20 oder mehr Personen darin untergebracht oder betreut werden (können).

Da der Veränderungssperre keine Planung zugrunde liegt, die mit § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB in Einklang steht, ist sie unwirksam.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Ziffer I. der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft ebenso veröffentlichen wie die Veränderungssperre (§ 16 Abs. 2 BauGB).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 8 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.8.1 und 9.8.4 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57).

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

Tenor

Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 5. Februar 2014 - 13 K 556/12 - werden zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheids für die Nutzungsänderung ihres Wohnhauses in ein sog. Laufhaus.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ..., ......, im Stadtbezirk Mitte der Beklagten. Das Grundstück ist mit einem im Jahre 1906/07 errichteten fünfgeschossigen Wohnhaus bebaut, das unter Denkmalschutz steht und in dem sich zwölf Wohneinheiten befinden. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Neckar-Hauffstraße 1971/039“ der Beklagten vom 28.01.1971, der das Plangebiet als Kerngebiet ausweist. Das Baugrundstück wird im Wesentlichen als Straßenverkehrsfläche ausgewiesen. Davon ausgenommen ist nur ein kleiner, ca. 1% der Grundstücksfläche entsprechender Teil, der innerhalb der festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche liegt. Darüber hinaus befindet sich das Grundstück im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet (Stadtbezirke Mitte, Nord, Ost, Süd, West) Stgt. 148“ vom 24.07.1985 in der Fassung der Änderung vom 23.10.2003. Die Satzung enthält zur Zulässigkeit von Vergnügungseinrichtungen folgende Regelungen:
㤠1 Geltungsbereich
Der Geltungsbereich umfasst die Stadtbezirke Mitte, Nord, Ost mit Frauenkopf, Süd mit Kalten und West (ohne Rot- und Schwarzwildpark), soweit hierfür planungsrechtliche Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung vorliegen.
§ 2 Begriffe
(1) Vergnügungseinrichtungen im Sinne dieser Satzung sind
3. Kategorie C
Animierlokale, Nachtbars und vergleichbare Lokale mit Striptease- oder Filmvorführungen, Sexkinos, Geschäfte mit Einrichtungen zur Vorführungen von Sex- und Pornofilmen (z.B. Video - Kabinen), Bordelle und Einrichtungen mit Bordellcharakter.
§ 3 Zulässigkeit von Vergnügungseinrichtungen
10 
(3) Vergnügungseinrichtungen der Kategorie C sind nur im Citybereich zulässig…“
11 
Das Grundstück der Kläger befindet sich außerhalb des ausgewiesen Citybereichs des Bebauungsplans.
12 
Am 14.12.2010 beantragten die Kläger bei der Beklagten die Erteilung eines Bauvorbescheids über die Zulässigkeit der Nutzungsänderung von Wohnnutzung in elf der Wohneinheiten in gewerbliche Zimmervermietung (Bordell) und in einer Wohneinheit im 1. OG von Wohnnutzung in Wohnprostitution (Terminwohnung). Nach der dem Bauantrag beigefügten Betriebsbeschreibung soll das bisherige Wohngebäude in ein sog. „Laufhaus“ umgestaltet werden. Auf den Stockwerken sollen die Zimmer mit Ausnahme der Sanitärräume durch einen zum Treppenhaus offenen Flur zugänglich sein. Einzelne Zimmer sollen an Personen vermietet werden, die gegen Entgelt sexuelle Leistungen anbieten und erbringen. Die Terminwohnung im 1. OG soll von maximal vier gleichzeitig anwesenden, selbständig tätigen Bewohnerinnen genutzt werden, die der Prostitution nachgehen. Mindestens eine Bewohnerin, die zur Untervermietung berechtigt ist, soll mit ständigem Wohnsitz angemeldet werden. Mit Bescheid vom 01.06.2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, das Vorhaben sei planungsrechtlich wie auch bauordnungsrechtlich unzulässig. Es widerspreche sowohl den Festsetzungen des Bebauungsplans „Neckar-Hauffsstraße.“ als auch dem Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet (Stadtbezirke Mitte, Nord, Ost, Süd, West) Stgt. 148“. Die Voraussetzungen für eine Befreiung lägen nicht vor. Das Vorhaben entspreche zudem nicht den brandschutzrechtlichen Anforderungen. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch der Kläger wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2012 als unbegründet zurück.
13 
Die Kläger haben am 21.02.2012 Klagen beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und zuletzt beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 01.06.2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.01.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Bauvoranfrage vom 14.12.2010 hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit positiv zu bescheiden. Zur Begründung haben die Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, der Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet (Stadtbezirke Mitte, Nord, Ost, Süd, West) Stgt. 148“ Vergnügungsstätten“ stehe ihrem Vorhaben nicht entgegen. Dieser sei für ihr Grundstück bereits nicht anwendbar, da dessen prägender Grundstücksanteil keine qualifizierten Festsetzungen enthalte. Der Bebauungsplan sei unabhängig hiervon jedenfalls im Hinblick auf die Regelungen zu Bordellen und bordellartigen Betrieben unwirksam. Solche Regelungen könnten nicht auf § 1 Abs. 9 BauNVO gestützt werden. Art. 297 EGStGB sei für Regelungen über das Verbot der Prostitution die speziellere Ermächtigungsgrundlage, die § 1 Abs. 9 BauNVO verdränge. Für den Erlass einer Verordnung nach Art. 297 EGStGB sei die Beklagte jedoch nicht zuständig. Die Planung verstoße zudem gegen § 1 Abs. 6 BauNVO, weil eine sachgerechte Abwägung am Maßstab des Art. 297 EGStGB nicht stattgefunden habe. Sei der Bebauungsplan unwirksam, liege das Baugrundstück in einem ausgewiesenen Kerngebiet gem. § 7 BauNVO 1968 und sei nach dessen Abs. 2 Nr. 2 BauNVO allgemein zulässig. Dem stehe die Ausweisung einer Verkehrsfläche für den überwiegenden Grundstücksbereich nicht entgegen. Die Ablehnung der Nutzungsänderung verstoße zudem gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da im unmittelbaren Nachbarschaftsbereich bereits gleich gelagerte Nutzungen vorhanden seien.
14 
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und erwidert: Der Bestandsschutz diene nur dazu, Gebäude in ihrem bisherigen Bestand zu erhalten, eine Erweiterung oder Nutzungsänderung falle jedoch nicht unter den Bestandsschutz. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB könne nicht erteilt werden, da die beantragte Nutzung sowohl den Grundzügen des Bebauungsplans „Neckar-Hauffstraße 1971/039“ als auch denen des Bebauungsplans „„Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet (Stadtbezirke Mitte, Nord, Ost, Süd, West) Stgt. 148“ widerspreche. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor; zudem gebe es keine Gleichheit im Unrecht.
15 
Mit Urteil vom 05.02.2013 hat das Verwaltungsgericht die Klagen abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Das Bauvorhaben sei unzulässig, weil die beabsichtigte Nutzungsänderung planungsrechtlich unzulässig sei. Das Vorhaben stehe im Widerspruch zu den §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. 3 Abs. 3 „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet (Stadtbezirke Mitte, Nord, Ost, Süd, West) Stgt. 148“ der Beklagten, deren sachlicher und räumlicher Anwendungsbereich eröffnet sei. Die Nutzungsänderung von Wohnnutzung in ein Bordell sei danach unzulässig. Gleiches gelte für die beabsichtigte Einrichtung einer „Terminwohnung“ im 1. OG, die als „Einrichtung mit Bordellcharakter“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 der Satzung des Bebauungsplans zu qualifizieren sei und nicht als sogenannte Wohnungsprostitution. Dieser Bebauungsplan sei räumlich anwendbar, da planungsrechtliche Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung vorlägen. Das Baugrundstück liege im räumlichen Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Neckar-Hauffstraße 1971/039“, der das Plangebiet als Kerngebiet ausweise und damit Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzungen enthalte. Auf die Frage, ob das Grundstück nach den Festsetzungen dieses Bebauungsplans selbst tatsächlich überbaubar sei oder nicht, komme es für die Anwendbarkeit der Satzung nicht an. Die Satzung verwende in ihrem § 1 den Begriff der „Stadtbezirke“ und nicht den Begriff „überbaubare Grundstücksfläche“. Der Bebauungsplan „Neckar- Hauffstraße“ sei wirksam. Allerdings müsse davon ausgegangen werden, dass die Festsetzung der öffentlichen Verkehrsfläche für das Grundstück der Kläger inzwischen funktionslos geworden sei. Denn die geplante öffentliche Verkehrsfläche könne auf unabsehbare Zeit nicht mehr realisiert werden, da sich hierauf nicht nur das inzwischen unter Denkmalschutz stehende Gebäude der Kläger, sondern auch der nach Aufstellung des Bebauungsplan realisierte Neubau des angrenzenden Amts- und Landessozialgerichts befinde. Die Funktionslosigkeit der festgesetzten öffentlichen Verkehrsfläche führe jedoch nicht zu einer Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans, da dessen sonstige Festsetzungen weiterhin umgesetzt werden könnten. Die Schaffung der genannten Verkehrsflächen sei hierzu nicht zwingend erforderlich, da die Grundstücke im Plangebiet auch ohne die genannte öffentliche Verkehrsfläche erschlossen und damit bebaubar seien.
16 
Auch der Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen“ sei rechtsgültig. Ein Verstoß gegen Art. 297 EGStGB sei nicht zu erkennen. Diese Regelung sei im Verhältnis zu § 1 Abs. 9 BauNVO nicht die speziellere Vorschrift. Art. 297 EGStGB regele den Erlass von Rechtsvorschriften durch Behörden des Landes auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr. Ein Bebauungsplan sei demgegenüber eine kommunale Satzung auf dem Gebiet des Bauplanungsrechts und unterscheide sich daher sowohl von der Handlungsform und dem Handlungsträger als auch von den Regelungsinhalten grundlegend von einer auf Art. 297 EGStGB gestützten Sperrgebietsverordnung.
17 
Den Klägern stünde auch kein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zu, da eine solche jedenfalls die Grundzüge der Planung berühren würde. Dem planerischen Ziel, die in § 3 der Satzung genannten Vergnügungseinrichtungen im Citybereich zu konzentrieren, würde die Zulassung der Nutzungsänderung widersprechen. Die Erteilung einer Befreiung würde zudem die beachtliche Gefahr von Berufungsfällen begründen. Da bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung nicht vorlägen, sei von der Beklagten keine Ermessensentscheidung zu treffen gewesen. Es könne daher offen bleiben, ob die Beklagte tatsächlich vergleichbare andere Vergnügungseinrichtungen zum Zwecke der Prostitutionsausübung in der weiteren Umgebung des Baugrundstücks dulde oder gar genehmigt habe.
18 
Gegen dieses Urteil richtet sich die mit Beschluss des Senats vom 29.01.2014 - 8 S 750/13 - zugelassene Berufung der Kläger. Zu deren Begründung machen die Kläger geltend, das Baugrundstück werde bereits vom räumlichen Anwendungsbereich des Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet (Stadtbezirke Mitte, Nord, Ost, Süd, West) Stgt. 148“ nicht erfasst, da für fast 99 % der Grundstücksfläche eine öffentliche Verkehrsfläche festgesetzt worden sei. Nach § 1 der textlichen Festsetzung sei Voraussetzung für den Anwendungsbereich, dass für das jeweilige Baugrundstück planungsrechtliche Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung in den betroffenen Stadtbezirken vorlägen. Diese Auslegung ergebe sich aus der Verwendung des Begriffes „soweit“ in § 1 der Satzung. Regelungen über den Ausschluss von Nutzungen setzten zudem zwingend voraus, dass zuvor die Art der baulichen Nutzung festgesetzt worden sei. Hätte der Satzungsgeber die Norm so fassen wollen, dass es nicht auf die Art der baulichen Festsetzung für das einzelne Grundstück ankomme, hätte dies im Wortlaut deutlich zum Ausdruck gebracht werden müssen. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgericht erfasse die Funktionslosigkeit der obsolet gewordene Festsetzung der öffentlichen Verkehrsfläche das gesamte Baugrundstück und nicht lediglich den hierauf entfallenden Grundstücksanteil. Zudem führe die Funktionslosigkeit der Festsetzung nicht lediglich zu einer Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans, sondern es sei von dessen Gesamtunwirksamkeit auszugehen. Sei aber jedenfalls die Festsetzung der Verkehrsfläche für das Baugrundstück obsolet geworden, fehle es an planungsrechtlichen Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung, so dass das Baugrundstückstück vom Geltungsbereich des Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet (Stadtbezirke Mitte, Nord, Ost, Süd, West) Stgt. 148“ auch aus diesem Grunde nicht mehr umfasst sein könne. Dieser Bebauungsplan sei zudem unwirksam, da Art. 297 EGStGB lex specialis zu § 1 Abs. 9 BauNVO sei. Der Bundesgesetzgeber habe es den einzelnen Landesregierungen überlassen, durch Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend oder zum Schutze des öffentlichen Anstandes Regelungen zu treffen, in welchen Bereichen die Ausübung der Prostitution zulässig sei und in welchen Bereichen nicht. Damit seien Regelungen nach § 1 Abs. 9 BauNVO durch den kommunalen Plangeber ausgeschlossenen. Da in der Änderungssatzung vom 23.10.2003 keinerlei Erwägungen über den in Art. 297 EGStGB festgelegten Schutzbereich angestellt worden seien, sondern ausschließlich auf § 1 Abs. 9 BauNVO abgehoben worden sei, sei die Satzung von einem nicht legitimierten Regelungsbedürfnis getragen und daher auch unter diesem Gesichtspunkt nichtig. Das Verwaltungsgericht habe sich schließlich zu Unrecht auf den Standpunkt gestellt, dass eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB nicht in Betracht komme, da diese die Grundzüge der Planung berühre. Unabhängig hiervon habe das Gericht übersehen, dass eine Befreiung auch dann in Betracht komme, wenn von Festsetzungen abgewichen werden solle, die zwar den Grundzügen der Planung zuzurechnen seien, die Beeinträchtigungen aber nicht ins Gewicht fallen würden. Dies sei der Fall, wenn in der Umgebung bereits eine vergleichbare Nutzung von der Beklagten genehmigt oder geduldet worden sei. Dann falle die von den Klägern beantragte Nutzungsänderung nicht im Sinne einer zusätzlichen Beeinträchtigung ins Gewicht.
19 
Die Kläger beantragen,
20 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 05.02.2013 - 13 K 556/12 - zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 01.06.2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.01.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den mit Schreiben vom 14.12.2010 beantragten Bauvorbescheid zur planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens zu erteilen.
21 
Die Beklagte beantragt,
22 
die Berufungen zurückzuweisen.
23 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und legt ergänzend dar, die im Bebauungsplan „Neckar-Hauffstraße“ auf einem Teil des Baugrundstücks festgesetzte Verkehrsfläche sei nicht funktionslos geworden, da deren Verwirklichung nicht auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen werden. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, würde dies nicht zur Unwirksamkeit der übrigen Festsetzungen des Bebauungsplans führen. Die von der Ausweisung als Kerngebiet umfassten Grundstücke hielten die Festsetzungen des Bebauungsplans nach Art und Maß der Nutzung ein, so dass der Bebauungsplan auch ohne den funktionslos gewordenen Teil noch sinnvoll bestehen könne. Dieser wäre auch ohne die Festsetzung der Verkehrsfläche auf dem klägerischen Grundstück erlassen worden, um die U-Bahn-Trassenführung in der Neckarstraße von Bebauung freizuhalten und um die damit in Zusammenhang stehende endgültig gewünschte Gestaltung des Gebietes zu sichern. Eine Funktionslosigkeit der Festsetzung der Verkehrsfläche unterstellt, liege das Grundstück nach dem angegriffenen Urteil weiterhin im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans „Neckar-Hauffstraße“ und damit innerhalb des Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen“ und sei danach unzulässig. Ein kleiner Bereich des Baugrundstücks liege zudem weiterhin zum Teil auf einer überbaubaren, als Kerngebiet festgesetzten Fläche, auch wenn deren Größe gering sei. Im Hinblick auf diese Teilfläche entfalte der Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet (Stadtbezirke Mitte, Nord, Ost, Süd, West) Stgt. 148“ ohnehin Geltung. Das Gebäude der Kläger könne insoweit nicht geteilt werden. Die Unzulässigkeit des Vorhabens auf nur einer Teilfläche führe zur Unzulässigkeit des gesamten Vorhabens. Ginge man hilfsweise davon aus, dass das klägerische Grundstück aufgrund der Funktionslosigkeit der festgesetzten Verkehrsfläche insgesamt außerhalb des Bebauungsplanes „Neckar-Hauffstraße“ liege, würden insoweit die vormals geltenden Bebauungspläne wieder aufleben. Dies sei hier der Baustaffelplan nach der Ortsbausatzung der Beklagten von 1935 bzw. der Bebauungsplan „Canstatter Straße 1904/028“ vom 04.10.1904. Diese Bebauungspläne stellten ebenfalls eine hinreichende Grundlage für die Anwendung der Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet (Stadtbezirke Mitte, Nord, Ost, Süd, West) Stgt. 148“ dar. Auch danach sei die geplante Nutzungsänderung unzulässig. Ein Anspruch der Kläger auf Erteilung einer Befreiung bestehe nicht, da die Grundzüge der Planung berührt wären. Ein Anspruch auf Befreiung bestehe auch nicht aus Gründen der Gleichbehandlung. In der Umgebung seien weder vergleichbare Einrichtungen genehmigt worden, noch würden solche geduldet. In der weiteren Umgebung existierten nach derzeitigem Erkenntnisstand zwar unzulässige Objekte, hier seien jedoch bereits Anhörungsverfahren eingeleitet worden bzw. werde die Nutzung auf baurechtlich relevante Verstöße hin überprüft.
24 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten einschließlich der Bebauungsplanakten sowie die Gerichtsakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt dieser Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die nach Zulassung durch den Senat statthaften sowie form- und fristgerecht begründeten Berufungen sind unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässigen Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf den begehrten Bauvorbescheid. Der Bescheid der Beklagten vom 01.06.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.01.2012 sind daher rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
26 
Der von den Klägern beantragten genehmigungspflichtigen (vgl. §§ 49 Abs. 1, 50 Abs. 2 Nr. 1, 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO) Nutzungsänderung des Wohngebäudes auf dem Grundstück Flst.Nr. ... in ein sog. Laufhaus stehen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne von §§ 57 Abs. 2, 58 Abs. 1 Satz 1 LBO entgegen. Das Vorhaben der Kläger ist bauplanungsrechtlich unzulässig. Es widerspricht hinsichtlich seiner Art der baulichen Nutzung § 3 Abs. 3 des Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet (Stadtbezirke Mitte, Nord, Ost, Süd, West) Stgt. 148“ der Beklagten vom 24.07.1985, geändert am 23.10.2003 (künftig: Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen“), dessen Anwendbarkeit das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht bejaht hat (1.). Die das Vorhaben ausschließende Festsetzung des Bebauungsplans ist wirksam (2.). Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen nicht vor (3.).
27 
1. Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Bauvorhaben der Kläger im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung nach § 30 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 4 der Ortsbausatzung der Beklagen vom 25.06.1935 - OBS 1935 - und den Festsetzungen des Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen“. Der Bebauungsplan „Neckar-Hauffstraße“ ist für das Baugrundstück nicht anwendbar, da die für das Grundstück getroffenen Festsetzungen funktionslos geworden sind und der Plan daher teilunwirksam ist.
28 
a) Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen Funktionslosigkeit nur dann außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient (BVerwG, Urteile vom 03.12.1998 - 4 CN 3.9 -BVerwGE 108, 71 und vom 18.11.2004 - 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207 sowie Beschluss vom 22.07.2013 - 7 BN 1.13 - NVwZ 2013, 1547). Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an, entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Dabei wird die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411; Beschluss vom 03.12.1998, a.a.O.). Die Frage, ob die Verhältnisse, auf die sich die Festsetzung bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, ist nicht gleichsam isoliert für einzelne Grundstücke zu prüfen. Die Betrachtung darf namentlich nicht darauf beschränkt werden, ob die Festsetzung hier und dort noch einen Sinn gibt. Zu würdigen ist vielmehr grundsätzlich die Festsetzung in ihrer ganzen Reichweite (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -BVerwGE 54, 5). Demzufolge ist ein Bebauungsplan nicht bereits deshalb ganz oder teilweise wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten, weil auf einer Teilfläche eine singuläre planwidrige Nutzung entstanden ist (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1999, a.a.O.).
29 
Gemessen hieran ist die Festsetzung der Straßenverkehrsfläche für das Baugrundstückstück funktionslos geworden. Die dieser Festsetzung zugrunde liegende Planungskonzeption der Beklagten kann dauerhaft nicht mehr verwirklicht werden. Denn auf dem südlich des Baugrundstücks liegenden Grundstück Flst.Nr. ..., ..., wurde nach Inkrafttreten des Bebauungsplans das Gebäude des Amts- und Landessozialgerichts auch auf der für dieses Grundstück festgesetzten Straßenverkehrsfläche errichtet. Die Planungskonzeption der Beklagte sah hier u.a. den Ausbau der Straße „Am Neckartor“ (B 14) vor. Deren veränderter Straßenverlauf sollte im Bereich der Hauffstraße über die im Bebauungsplan für die Grundstücke Flst.Nrn. ..., ... und ... festgesetzten Verkehrsflächen führen (vgl. Verkehrsentwurf vom 02.06.1966, Blatt 2 der Bebauungsplanakten). Dieser projektierte Straßenverlauf ist mit der auf dem Grundstücks Flst.Nr. ... verwirklichten Bebauung nunmehr dauerhaft nicht mehr zu verwirklichen. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden kann, dass zum Zwecke der Umsetzung der ursprünglichen Planung der teilweise Abbruch des Amts- und Landessozialgerichts angeordnet wird. Die Festsetzung der Straßenverkehrsfläche ist somit dann jedenfalls für das Baugrundstück der Kläger obsolet geworden. Dahingestellt bleiben kann, ob und ggf. in welchem Umfang die Festsetzungen von Straßenverkehrsflächen auch auf anderen Grundstücken im Plangebiet funktionslos geworden sind, die sich im Bereich des geplanten künftigen Straßenverlaufs der B 14 befinden. Hierauf kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an.
30 
b) Der Bebauungsplan „Neckar-Hauffstraße“ ist aufgrund der funktionslos gewordenen Festsetzung der Straßenverkehrsfläche in Bezug auf das Baugrundstück der Kläger insgesamt als teilunwirksam anzusehen. Denn die obsolet gewordene Festsetzung erfasst 99 % der Grundstücksfläche. Die verbliebene planerische Ausweisung als Kerngebiet für lediglich 1 % der Grundstücksfläche würde einer sinnvollen Grundstücksnutzung entgegenstehen.
31 
Die Frage, ob die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen den Bebauungsplan insgesamt zu Fall bringt oder ob seine nicht betroffenen Teile gültig bleiben, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die teilweise Nichtigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften (vgl. § 139 BGB). Bei Bebauungsplänen ist darauf abzustellen, ob die Festsetzungen auch ohne die fehlerhaften Regelungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und ob die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.12.2000 - 4 BN 59.00 -ZfBR 2001, 202; Urteil vom 11.09.2014 - 4 CN 3.14 - BauR 2015, 221 m.w.N.). Die dazu erforderlichen Ermittlungen können sich allerdings in aller Regel schon deshalb nicht auf Willensäußerungen stützen, die in der Planungsphase abgegeben worden sind, weil der Ortsgesetzgeber die Folgen einer (Teil-)Nichtigkeit gerade nicht bedacht hat. Abzustellen ist deshalb darauf, welche Entscheidung mutmaßlich getroffen worden wäre, wenn die Gemeinde den Fehler, der dem Bebauungsplan anhaftet, erkannt hätte (BVerwG, Beschl. v. 25.2.1997 - 4 NB 30.96 - NVwZ 1997, 896).
32 
Danach ist hier von einer bloßen Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen. Die übrigen Festsetzungen des Bebauungsplans können weiterhin verwirklicht werden bzw. wurden bereits weitgehend umgesetzt und können ihren städtebaulichen Zweck weiterhin erfüllen. Hierauf hat das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen. Dies gilt sowohl für die als Kerngebiet ausgewiesen Grundstücke im Plangebiet als auch etwa für die Festsetzung der Straßenverkehrsfläche im Bereich der Neckarstraße zur Sicherung der bereits verlegten U-Bahn-Trasse in dem Bereich. Ein Planungstorso würde nicht entstehen. Der Senat hat auch keinen Zweifel daran, dass der Gemeinderat der Beklagten einen Bebauungsplan auch nur für die zuletzt angeführten Planbereiche erlassen hätte. Letztlich kann die Frage der Teil- oder Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans jedoch dahingestellt bleiben. Denn auch bei der von den Klägern geltenden gemachten Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans würde das Baugrundstück nicht vom Geltungsbereich des Bebauungsplans „Neckar-Hauffstraße“ erfasst werden.
33 
c) Auf die Frage, ob der Geltungsbereich des Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen“ bereits dann eröffnet ist, wenn ein Baugrundstück zwar im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans in einem der betroffenen Stadtbezirke liegt, dieser jedoch für das Grundstück keine Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung enthält, kommt es danach nicht an. Der Senat weist in dem Zusammenhang lediglich darauf hin, dass der Satzungsgeber mit der Änderung des Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen“ vom 23.10.2003 mit der Regelung unter § 1 der textlichen Festsetzung klargestellt haben dürfte, dass der Plan keine Geltung in den Stadtbezirken beansprucht, soweit Grundstücke im Außenbereich oder im unbeplanten Innenbereich liegen (vgl. hierzu bereits Normenkontrollurteil des Senats vom 13.12.1991 - 8 S 14/89 - NVwZ-RR 1993, 122).
34 
d) Die planungsrechtliche Zulässigkeit der beantragten Nutzungsänderung richtet sich somit entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht nach den Festsetzungen des Bebauungsplans „Neckar-Hauffstrasse“ der Beklagten, sondern nach den Festsetzungen der Ortsbausatzung der Beklagten vom 25.06.1935 und deren Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen“. Denn die Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans „Neckar-Hauffstrasse“ für das Baugrundstück führt dazu, dass frühere, ihrerseits wirksame, planungsrechtliche Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung für das Baugrundstück wieder aufleben, obwohl die Beklagte mit Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neckar-Hauffstraße“ alle für deren Geltungsbereich bisherig geltenden Bebauungspläne außer Kraft setzen wollte (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 10.08.1990 - 4 C 3.90 - BVerwGE 85, 289).
35 
aa) Der dem Bebauungsplan „Neckar- Hauffstraße“ zeitlich vorgehende Bebauungsplan „Gebiet zwischen der Straße Am Neckartor, Canstatter-, Neckar- und Hauffstrasse“ Nr. 1952/030“ ist unwirksam, da der Satzungsbeschluss in nichtöffentlicher Sitzung des Gemeinderats der Beklagten gefasst wurde.
36 
bb) Für das Bauvorhaben kommt deshalb im Hinblick auf die zulässige Art der baulichen Nutzung weiterhin die Ortsbausatzung der Beklagten vom 25.06.1935 zur Anwendung, die nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG 1990 als nicht-qualifizierter übergeleiteter Bebauungsplan fort gilt (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. u.a. Urteile vom 25.02.1993 - 8 S 287/92 - VBlBW 1993, 420 und vom 02.11.2006 - 8 S 1891/05 - BauR 2007, 1373; Beschluss vom 09.07.2014 - 8 S 39/14 - juris Rn. 9). Nach der Ortsbausatzung liegt das Baugrundstück im Bereich der Baustaffel 3 und damit gemäß § 1 Abs. (1) a) OBS 1935 im gemischten Gebiet. Danach wäre die geplante Nutzungsänderung nach der Art der baulichen Nutzung nach § 4 OBS 1935 zulässig, da Bordelle und bordellähnliche Betriebe nicht zu den Anlagetypen gehören, die nach der für das „gemischte Gebiet“ geltenden Regelung des § 4 OBS 1935 nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden können (vgl. zur Einordnung von Bordellen und bordellähnlichen Betriebe als eine Unterart der „Gewerbebetriebe aller Art“ im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO: BVerwG, Beschluss vom 02.11.2015 - 4 B 32.15 - BauR 2016, 477,m.w.N.).
37 
e) Allerdings wurde die Ortsbausatzung durch den Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen“ der Beklagten geändert. Rechtsgrundlage der Festsetzungen ist § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO. Wie der Senat bereits in seinem Normenkontrollurteil vom 13.12.1991 - 8 S 14/89 - a.a.O., im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 15.08.1991 - 4 N 1.89 - BRS 52 Nr. 1) zur Gültigkeit des Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen“ der Beklagten vom 24.07.1985 festgestellt hat, können derartige Festsetzungen über die Zulässigkeit von Vergnügungseinrichtungen aufgrund von § 1 Abs. 9 BauGB auch im Geltungsbereich eines nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG übergeleiteten Bebauungsplans getroffen werden. Die hiergegen erhobenen Bedenken der Kläger teilt der Senat nicht.
38 
2. Gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen“ der Beklagten bestehen auch im Übrigen keine Bedenken. Entgegen der Ansicht der Kläger wird die Vorschrift des § 1 Abs. 9 BauNVO nicht durch Art. 297 EGStGB als die spezielle Norm für das Verbot der Ausübung von Prostitution verdrängt. Nach Art. 297 Abs. 1 EGStGB kann die Landesregierung zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes in einer Rechtsverordnung die Ausübung der Prostitution u.a. in bestimmten Bereichen einer Stadt verbieten. Die Festsetzung von Sperrgebieten auf der Grundlage von Art. 297 EGStGB dient der lokalen Steuerung der Prostitutionsausübung aus ordnungsrechtlichen Gründen (BVerfG, Beschluss vom 28.04.2009 - 1 BvR 224/07 - NVwZ 2009, 905 = juris Rn. 16; BVerwG, Urteil vom 17.12.2014 - 6 C 28/13 - juris Rn. 15), also zum Zwecke der Gefahrenabwehr. Soweit es um ordnungsrechtliche Regelungen geht, ist diese Vorschrift somit lex specialis zu anderen Regelungen, die denselben Regelungsgehalt im Bereich der Gefahrenabwehr beinhalten. Der Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen“ verfolgt mit der Regelung über die Zulässigkeit von Vergnügungseinrichtungen jedoch keinen ordnungsrechtlichen Ansatz. Vielmehr handelt es sich um bodenrechtliche Regelungen im Rahmen der Bauleitplanung, die ihrerseits Kernbestandteil der kommunalen Planungshoheit des Art. 28 GG ist. Die Bauleitplanung dient dazu, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde vorzubereiten und zu leiten (vgl. § 1 Abs. 1 BauGB). Sie ist ein Instrument zur städtebaulichen Entwicklung und Ordnung des Gemeindegebiets. Festsetzungen im Bebauungsplan sind somit städtebaulich und nicht ordnungsrechtlich motiviert. Eine Kollision zu Sperrgebietsverordnungen nach Art. 297 EGStGB, für deren Erlass nach Bundesrecht der Landesgesetzgeber zuständig ist, besteht daher entgegen der Ansicht der Kläger nicht. Im Übrigen geht eine Verordnung nach Art. 297 EGStGB in ihrem Anwendungsbereich auch über die Steuerungsmöglichkeiten des § 1 Abs. 9 BauNVO hinaus, da Art. 297 EGStGB etwa auch ein Verbot der Straßenprostitution ermöglicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.04.2009 a.a.O.).
39 
Entgegen der Ansicht der Kläger liegt damit auch kein Abwägungsfehler vor, weil sich der Gemeinderat der Beklagten beim Satzungsbeschluss - auch nicht bei der Änderung des Bebauungsplan im Jahre 2003 - mit der Vorschrift des Art. 297 EGStGB auseinandergesetzt hat. Die Motivation der Beklagten war bauleitplanerischer Natur, so dass kein Anlass bestand, sich mit Art. 297 EGStGB zu befassen.
40 
Die Festsetzungen des Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen“ finden danach ihre Rechtsgrundlage in § 1 Abs. 9 BauNVO, sie stellen sich als nach § 1 Abs. 9 BauGB zulässige Feindifferenzierungen der planerischen Festsetzungen in dem nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG übergeleiteten Baustaffelplan der Beklagten i.V.m. den ergänzenden Vorschriften der OBS 1935 dar (vgl. zum Ganzen bereits das Normenkontrollurteil des Senats vom 16.12.1991 a.a.O.).
41 
3. Der geplanten Nutzungsänderung steht somit § 3 Abs. 3 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen“ entgegen. Nach dieser Vorschrift sind Vergnügungseinrichtungen der Kategorie C, wozu nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 der textlichen Festsetzungen auch Bordelle und Einrichtungen mit Bordellcharakter gehören, nur im Citybereich und ausnahmsweise im Leonhardsviertel zulässig. Das Baugrundstück befindet sich nicht in diesen Bereichen, so dass die Nutzungsänderung unzulässig ist.
42 
Die Beklagte ging zutreffend davon aus, dass eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den dem Vorhaben entgegenstehenden Festsetzungen des Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen“ nicht erteilt werden kann, da hierdurch Grundzüge der Planung berührt würden.
43 
Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (BVerwG, Urteil vom 09.06.1978 - 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71.; Beschlüsse vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 - BauR 1999, 1280 und vom 19.05.2004 - 4 B 35.04 - BRS 67 Nr. 83; Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - NVwZ 2011, 748 ). Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999 - 4 B 5/99 -a.a.O.). Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (vgl. Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Band II, Stand Februar, § 31 BauGB Rn. 35).
44 
Der Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen“ verfolgt nach seiner Begründung das Ziel, zur Vermeidung städtebaulicher Fehlentwicklungen die räumliche Zulassung und Ansiedlung der Vergnügungseinrichtungen an unterschiedlichen Standorten im Stadtgebiet zu steuern. Bereiche mit hohem Wohnanteil, schützenwerte Einrichtungen wie Schulen, Jugendhäuser, Kirchen, kulturelle Einrichtungen und ihre Umgebung, zentrale Plätze von städtebaulicher Bedeutung und wichtige Einkaufsgebiete sollen von negativen Auswirkungen durch Vergnügungseinrichtungen nach Möglichkeiten freigehalten und deren weiteres Vordringen in überwiegend bewohnte Cityrandgebiete verhindert werden. Hierzu gehört nach der Planungskonzept der Beklagten, dass gerade auch die Vergnügungseinrichtungen der Kategorie C in dem festgesetzten Citybereich räumlich angesiedelt werden (vgl. hierzu bereits Senatsurteil vom 13.12.1991 a.a.O.). Der räumliche Ausschluss von Vergnügungseinrichtungen der Kategorie C in den übrigen Bezirken gehört danach erkennbar zu den Grundzügen der Planung, so dass eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB bereits aus Rechtsgründen nicht erteilt werden kann. Raum für eine Ermessensentscheidung der Beklagten war danach nicht eröffnet. Es kann somit offen bleiben, ob überhaupt einer der Befreiungsgründe des § 31 Abs. 2 BauGB vorliegt. Der in der mündlichen Verhandlung vom Kläger-Vertreter gestellte Hilfsbeweisantrag ist abzulehnen, da es für die Entscheidung, ob eine Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, auf die unter Beweis gestellte Tatsache nicht ankommt.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
47 
Beschluss
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 9.2 und 9.1.2.1 auf 60.000,- EUR festgesetzt (vgl. Beschluss des Senats vom 31.01.2014 - 8 S 205/14 -).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
25 
Die nach Zulassung durch den Senat statthaften sowie form- und fristgerecht begründeten Berufungen sind unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässigen Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf den begehrten Bauvorbescheid. Der Bescheid der Beklagten vom 01.06.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.01.2012 sind daher rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
26 
Der von den Klägern beantragten genehmigungspflichtigen (vgl. §§ 49 Abs. 1, 50 Abs. 2 Nr. 1, 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO) Nutzungsänderung des Wohngebäudes auf dem Grundstück Flst.Nr. ... in ein sog. Laufhaus stehen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne von §§ 57 Abs. 2, 58 Abs. 1 Satz 1 LBO entgegen. Das Vorhaben der Kläger ist bauplanungsrechtlich unzulässig. Es widerspricht hinsichtlich seiner Art der baulichen Nutzung § 3 Abs. 3 des Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet (Stadtbezirke Mitte, Nord, Ost, Süd, West) Stgt. 148“ der Beklagten vom 24.07.1985, geändert am 23.10.2003 (künftig: Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen“), dessen Anwendbarkeit das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht bejaht hat (1.). Die das Vorhaben ausschließende Festsetzung des Bebauungsplans ist wirksam (2.). Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen nicht vor (3.).
27 
1. Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Bauvorhaben der Kläger im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung nach § 30 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 4 der Ortsbausatzung der Beklagen vom 25.06.1935 - OBS 1935 - und den Festsetzungen des Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen“. Der Bebauungsplan „Neckar-Hauffstraße“ ist für das Baugrundstück nicht anwendbar, da die für das Grundstück getroffenen Festsetzungen funktionslos geworden sind und der Plan daher teilunwirksam ist.
28 
a) Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen Funktionslosigkeit nur dann außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient (BVerwG, Urteile vom 03.12.1998 - 4 CN 3.9 -BVerwGE 108, 71 und vom 18.11.2004 - 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207 sowie Beschluss vom 22.07.2013 - 7 BN 1.13 - NVwZ 2013, 1547). Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an, entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Dabei wird die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411; Beschluss vom 03.12.1998, a.a.O.). Die Frage, ob die Verhältnisse, auf die sich die Festsetzung bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, ist nicht gleichsam isoliert für einzelne Grundstücke zu prüfen. Die Betrachtung darf namentlich nicht darauf beschränkt werden, ob die Festsetzung hier und dort noch einen Sinn gibt. Zu würdigen ist vielmehr grundsätzlich die Festsetzung in ihrer ganzen Reichweite (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -BVerwGE 54, 5). Demzufolge ist ein Bebauungsplan nicht bereits deshalb ganz oder teilweise wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten, weil auf einer Teilfläche eine singuläre planwidrige Nutzung entstanden ist (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1999, a.a.O.).
29 
Gemessen hieran ist die Festsetzung der Straßenverkehrsfläche für das Baugrundstückstück funktionslos geworden. Die dieser Festsetzung zugrunde liegende Planungskonzeption der Beklagten kann dauerhaft nicht mehr verwirklicht werden. Denn auf dem südlich des Baugrundstücks liegenden Grundstück Flst.Nr. ..., ..., wurde nach Inkrafttreten des Bebauungsplans das Gebäude des Amts- und Landessozialgerichts auch auf der für dieses Grundstück festgesetzten Straßenverkehrsfläche errichtet. Die Planungskonzeption der Beklagte sah hier u.a. den Ausbau der Straße „Am Neckartor“ (B 14) vor. Deren veränderter Straßenverlauf sollte im Bereich der Hauffstraße über die im Bebauungsplan für die Grundstücke Flst.Nrn. ..., ... und ... festgesetzten Verkehrsflächen führen (vgl. Verkehrsentwurf vom 02.06.1966, Blatt 2 der Bebauungsplanakten). Dieser projektierte Straßenverlauf ist mit der auf dem Grundstücks Flst.Nr. ... verwirklichten Bebauung nunmehr dauerhaft nicht mehr zu verwirklichen. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden kann, dass zum Zwecke der Umsetzung der ursprünglichen Planung der teilweise Abbruch des Amts- und Landessozialgerichts angeordnet wird. Die Festsetzung der Straßenverkehrsfläche ist somit dann jedenfalls für das Baugrundstück der Kläger obsolet geworden. Dahingestellt bleiben kann, ob und ggf. in welchem Umfang die Festsetzungen von Straßenverkehrsflächen auch auf anderen Grundstücken im Plangebiet funktionslos geworden sind, die sich im Bereich des geplanten künftigen Straßenverlaufs der B 14 befinden. Hierauf kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an.
30 
b) Der Bebauungsplan „Neckar-Hauffstraße“ ist aufgrund der funktionslos gewordenen Festsetzung der Straßenverkehrsfläche in Bezug auf das Baugrundstück der Kläger insgesamt als teilunwirksam anzusehen. Denn die obsolet gewordene Festsetzung erfasst 99 % der Grundstücksfläche. Die verbliebene planerische Ausweisung als Kerngebiet für lediglich 1 % der Grundstücksfläche würde einer sinnvollen Grundstücksnutzung entgegenstehen.
31 
Die Frage, ob die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen den Bebauungsplan insgesamt zu Fall bringt oder ob seine nicht betroffenen Teile gültig bleiben, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die teilweise Nichtigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften (vgl. § 139 BGB). Bei Bebauungsplänen ist darauf abzustellen, ob die Festsetzungen auch ohne die fehlerhaften Regelungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und ob die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.12.2000 - 4 BN 59.00 -ZfBR 2001, 202; Urteil vom 11.09.2014 - 4 CN 3.14 - BauR 2015, 221 m.w.N.). Die dazu erforderlichen Ermittlungen können sich allerdings in aller Regel schon deshalb nicht auf Willensäußerungen stützen, die in der Planungsphase abgegeben worden sind, weil der Ortsgesetzgeber die Folgen einer (Teil-)Nichtigkeit gerade nicht bedacht hat. Abzustellen ist deshalb darauf, welche Entscheidung mutmaßlich getroffen worden wäre, wenn die Gemeinde den Fehler, der dem Bebauungsplan anhaftet, erkannt hätte (BVerwG, Beschl. v. 25.2.1997 - 4 NB 30.96 - NVwZ 1997, 896).
32 
Danach ist hier von einer bloßen Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen. Die übrigen Festsetzungen des Bebauungsplans können weiterhin verwirklicht werden bzw. wurden bereits weitgehend umgesetzt und können ihren städtebaulichen Zweck weiterhin erfüllen. Hierauf hat das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen. Dies gilt sowohl für die als Kerngebiet ausgewiesen Grundstücke im Plangebiet als auch etwa für die Festsetzung der Straßenverkehrsfläche im Bereich der Neckarstraße zur Sicherung der bereits verlegten U-Bahn-Trasse in dem Bereich. Ein Planungstorso würde nicht entstehen. Der Senat hat auch keinen Zweifel daran, dass der Gemeinderat der Beklagten einen Bebauungsplan auch nur für die zuletzt angeführten Planbereiche erlassen hätte. Letztlich kann die Frage der Teil- oder Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans jedoch dahingestellt bleiben. Denn auch bei der von den Klägern geltenden gemachten Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans würde das Baugrundstück nicht vom Geltungsbereich des Bebauungsplans „Neckar-Hauffstraße“ erfasst werden.
33 
c) Auf die Frage, ob der Geltungsbereich des Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen“ bereits dann eröffnet ist, wenn ein Baugrundstück zwar im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans in einem der betroffenen Stadtbezirke liegt, dieser jedoch für das Grundstück keine Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung enthält, kommt es danach nicht an. Der Senat weist in dem Zusammenhang lediglich darauf hin, dass der Satzungsgeber mit der Änderung des Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen“ vom 23.10.2003 mit der Regelung unter § 1 der textlichen Festsetzung klargestellt haben dürfte, dass der Plan keine Geltung in den Stadtbezirken beansprucht, soweit Grundstücke im Außenbereich oder im unbeplanten Innenbereich liegen (vgl. hierzu bereits Normenkontrollurteil des Senats vom 13.12.1991 - 8 S 14/89 - NVwZ-RR 1993, 122).
34 
d) Die planungsrechtliche Zulässigkeit der beantragten Nutzungsänderung richtet sich somit entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht nach den Festsetzungen des Bebauungsplans „Neckar-Hauffstrasse“ der Beklagten, sondern nach den Festsetzungen der Ortsbausatzung der Beklagten vom 25.06.1935 und deren Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen“. Denn die Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans „Neckar-Hauffstrasse“ für das Baugrundstück führt dazu, dass frühere, ihrerseits wirksame, planungsrechtliche Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung für das Baugrundstück wieder aufleben, obwohl die Beklagte mit Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neckar-Hauffstraße“ alle für deren Geltungsbereich bisherig geltenden Bebauungspläne außer Kraft setzen wollte (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 10.08.1990 - 4 C 3.90 - BVerwGE 85, 289).
35 
aa) Der dem Bebauungsplan „Neckar- Hauffstraße“ zeitlich vorgehende Bebauungsplan „Gebiet zwischen der Straße Am Neckartor, Canstatter-, Neckar- und Hauffstrasse“ Nr. 1952/030“ ist unwirksam, da der Satzungsbeschluss in nichtöffentlicher Sitzung des Gemeinderats der Beklagten gefasst wurde.
36 
bb) Für das Bauvorhaben kommt deshalb im Hinblick auf die zulässige Art der baulichen Nutzung weiterhin die Ortsbausatzung der Beklagten vom 25.06.1935 zur Anwendung, die nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG 1990 als nicht-qualifizierter übergeleiteter Bebauungsplan fort gilt (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. u.a. Urteile vom 25.02.1993 - 8 S 287/92 - VBlBW 1993, 420 und vom 02.11.2006 - 8 S 1891/05 - BauR 2007, 1373; Beschluss vom 09.07.2014 - 8 S 39/14 - juris Rn. 9). Nach der Ortsbausatzung liegt das Baugrundstück im Bereich der Baustaffel 3 und damit gemäß § 1 Abs. (1) a) OBS 1935 im gemischten Gebiet. Danach wäre die geplante Nutzungsänderung nach der Art der baulichen Nutzung nach § 4 OBS 1935 zulässig, da Bordelle und bordellähnliche Betriebe nicht zu den Anlagetypen gehören, die nach der für das „gemischte Gebiet“ geltenden Regelung des § 4 OBS 1935 nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden können (vgl. zur Einordnung von Bordellen und bordellähnlichen Betriebe als eine Unterart der „Gewerbebetriebe aller Art“ im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO: BVerwG, Beschluss vom 02.11.2015 - 4 B 32.15 - BauR 2016, 477,m.w.N.).
37 
e) Allerdings wurde die Ortsbausatzung durch den Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen“ der Beklagten geändert. Rechtsgrundlage der Festsetzungen ist § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO. Wie der Senat bereits in seinem Normenkontrollurteil vom 13.12.1991 - 8 S 14/89 - a.a.O., im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 15.08.1991 - 4 N 1.89 - BRS 52 Nr. 1) zur Gültigkeit des Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen“ der Beklagten vom 24.07.1985 festgestellt hat, können derartige Festsetzungen über die Zulässigkeit von Vergnügungseinrichtungen aufgrund von § 1 Abs. 9 BauGB auch im Geltungsbereich eines nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG übergeleiteten Bebauungsplans getroffen werden. Die hiergegen erhobenen Bedenken der Kläger teilt der Senat nicht.
38 
2. Gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen“ der Beklagten bestehen auch im Übrigen keine Bedenken. Entgegen der Ansicht der Kläger wird die Vorschrift des § 1 Abs. 9 BauNVO nicht durch Art. 297 EGStGB als die spezielle Norm für das Verbot der Ausübung von Prostitution verdrängt. Nach Art. 297 Abs. 1 EGStGB kann die Landesregierung zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes in einer Rechtsverordnung die Ausübung der Prostitution u.a. in bestimmten Bereichen einer Stadt verbieten. Die Festsetzung von Sperrgebieten auf der Grundlage von Art. 297 EGStGB dient der lokalen Steuerung der Prostitutionsausübung aus ordnungsrechtlichen Gründen (BVerfG, Beschluss vom 28.04.2009 - 1 BvR 224/07 - NVwZ 2009, 905 = juris Rn. 16; BVerwG, Urteil vom 17.12.2014 - 6 C 28/13 - juris Rn. 15), also zum Zwecke der Gefahrenabwehr. Soweit es um ordnungsrechtliche Regelungen geht, ist diese Vorschrift somit lex specialis zu anderen Regelungen, die denselben Regelungsgehalt im Bereich der Gefahrenabwehr beinhalten. Der Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen“ verfolgt mit der Regelung über die Zulässigkeit von Vergnügungseinrichtungen jedoch keinen ordnungsrechtlichen Ansatz. Vielmehr handelt es sich um bodenrechtliche Regelungen im Rahmen der Bauleitplanung, die ihrerseits Kernbestandteil der kommunalen Planungshoheit des Art. 28 GG ist. Die Bauleitplanung dient dazu, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde vorzubereiten und zu leiten (vgl. § 1 Abs. 1 BauGB). Sie ist ein Instrument zur städtebaulichen Entwicklung und Ordnung des Gemeindegebiets. Festsetzungen im Bebauungsplan sind somit städtebaulich und nicht ordnungsrechtlich motiviert. Eine Kollision zu Sperrgebietsverordnungen nach Art. 297 EGStGB, für deren Erlass nach Bundesrecht der Landesgesetzgeber zuständig ist, besteht daher entgegen der Ansicht der Kläger nicht. Im Übrigen geht eine Verordnung nach Art. 297 EGStGB in ihrem Anwendungsbereich auch über die Steuerungsmöglichkeiten des § 1 Abs. 9 BauNVO hinaus, da Art. 297 EGStGB etwa auch ein Verbot der Straßenprostitution ermöglicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.04.2009 a.a.O.).
39 
Entgegen der Ansicht der Kläger liegt damit auch kein Abwägungsfehler vor, weil sich der Gemeinderat der Beklagten beim Satzungsbeschluss - auch nicht bei der Änderung des Bebauungsplan im Jahre 2003 - mit der Vorschrift des Art. 297 EGStGB auseinandergesetzt hat. Die Motivation der Beklagten war bauleitplanerischer Natur, so dass kein Anlass bestand, sich mit Art. 297 EGStGB zu befassen.
40 
Die Festsetzungen des Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen“ finden danach ihre Rechtsgrundlage in § 1 Abs. 9 BauNVO, sie stellen sich als nach § 1 Abs. 9 BauGB zulässige Feindifferenzierungen der planerischen Festsetzungen in dem nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG übergeleiteten Baustaffelplan der Beklagten i.V.m. den ergänzenden Vorschriften der OBS 1935 dar (vgl. zum Ganzen bereits das Normenkontrollurteil des Senats vom 16.12.1991 a.a.O.).
41 
3. Der geplanten Nutzungsänderung steht somit § 3 Abs. 3 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen“ entgegen. Nach dieser Vorschrift sind Vergnügungseinrichtungen der Kategorie C, wozu nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 der textlichen Festsetzungen auch Bordelle und Einrichtungen mit Bordellcharakter gehören, nur im Citybereich und ausnahmsweise im Leonhardsviertel zulässig. Das Baugrundstück befindet sich nicht in diesen Bereichen, so dass die Nutzungsänderung unzulässig ist.
42 
Die Beklagte ging zutreffend davon aus, dass eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den dem Vorhaben entgegenstehenden Festsetzungen des Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen“ nicht erteilt werden kann, da hierdurch Grundzüge der Planung berührt würden.
43 
Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (BVerwG, Urteil vom 09.06.1978 - 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71.; Beschlüsse vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 - BauR 1999, 1280 und vom 19.05.2004 - 4 B 35.04 - BRS 67 Nr. 83; Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - NVwZ 2011, 748 ). Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999 - 4 B 5/99 -a.a.O.). Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (vgl. Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Band II, Stand Februar, § 31 BauGB Rn. 35).
44 
Der Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen“ verfolgt nach seiner Begründung das Ziel, zur Vermeidung städtebaulicher Fehlentwicklungen die räumliche Zulassung und Ansiedlung der Vergnügungseinrichtungen an unterschiedlichen Standorten im Stadtgebiet zu steuern. Bereiche mit hohem Wohnanteil, schützenwerte Einrichtungen wie Schulen, Jugendhäuser, Kirchen, kulturelle Einrichtungen und ihre Umgebung, zentrale Plätze von städtebaulicher Bedeutung und wichtige Einkaufsgebiete sollen von negativen Auswirkungen durch Vergnügungseinrichtungen nach Möglichkeiten freigehalten und deren weiteres Vordringen in überwiegend bewohnte Cityrandgebiete verhindert werden. Hierzu gehört nach der Planungskonzept der Beklagten, dass gerade auch die Vergnügungseinrichtungen der Kategorie C in dem festgesetzten Citybereich räumlich angesiedelt werden (vgl. hierzu bereits Senatsurteil vom 13.12.1991 a.a.O.). Der räumliche Ausschluss von Vergnügungseinrichtungen der Kategorie C in den übrigen Bezirken gehört danach erkennbar zu den Grundzügen der Planung, so dass eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB bereits aus Rechtsgründen nicht erteilt werden kann. Raum für eine Ermessensentscheidung der Beklagten war danach nicht eröffnet. Es kann somit offen bleiben, ob überhaupt einer der Befreiungsgründe des § 31 Abs. 2 BauGB vorliegt. Der in der mündlichen Verhandlung vom Kläger-Vertreter gestellte Hilfsbeweisantrag ist abzulehnen, da es für die Entscheidung, ob eine Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, auf die unter Beweis gestellte Tatsache nicht ankommt.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
47 
Beschluss
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 9.2 und 9.1.2.1 auf 60.000,- EUR festgesetzt (vgl. Beschluss des Senats vom 31.01.2014 - 8 S 205/14 -).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 1 B 15.886

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 19. Oktober 2015

Az.: M 1 K 14.3459

1. Senats

Sachgebietsschlüssel: 920

Hauptpunkte: Bordellbetrieb; Industriegebiet.

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...,

gegen

Stadt ...

vertreten durch die Oberbürgermeisterin, ...

- Beklagte -

beigeladen:

1. ...

2. ...

vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden, ...

bevollmächtigt zu 1: ...

beteiligt: Landesanwaltschaft Bayern, als Vertreter des öffentlichen Interesses, Ludwigstr. 23, 80539 München,

wegen

Verpflichtung zur Erteilung eines Vorbescheids für die Nutzungsänderung in einen Bordellbetrieb (FlNr. ... Gemarkung ...);

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 4. November 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Lorenz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13. Oktober 2015 am 19. Oktober 2015 folgendes

Urteil:

I.

Unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 4. November 2014 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erteilung eines Vorbescheids für die Nutzungsänderung eines Tonstudios in ein Bordell bzw. einen bordellartigen Betrieb (im Folgenden: Bordellbetrieb) im zweiten Obergeschoss des Gebäudes G. Straße ... in R., FlNr. ... Gemarkung R. ...

In den ehemals als Ton- und Fitnessstudio genehmigten Räumen ist die Vermietung von zwölf Zimmern an selbstständige Prostituierte‚ die dort nicht wohnen‚ geplant. Der Betrieb soll jeweils von 8.00 Uhr morgens bis 6.00 Uhr morgens des folgenden Tages, mittwochs erst ab 12.00 Uhr und sonntags erst ab 13.00 Uhr geöffnet sein. Das Anwesen G. Str. ... liegt in dem durch den Bebauungsplan Nr. ... „O. ...“ im Jahr 1984 festgesetzten Industriegebiet. Im ersten Obergeschoss des Gebäudes befinden sich unmittelbar unterhalb des geplanten Bordellbetriebs baurechtlich genehmigte Kirchen- und Beträume der Religionsgemeinschaft „B.“. Im ca. 80 m entfernt liegenden Anwesen G. Straße ...‚ das zu einem im Bebauungsplan als Gewerbegebiet festgesetzten Bereich gehört‚ wird eine ebenfalls baurechtlich genehmigte Moschee der islamischen Religionsgemeinschaft „M.“ betrieben.

Mit Bescheid vom 14. Juli 2014 lehnte die Beklagte den Vorbescheidsantrag ab. Es handle sich bei dem beantragten Betrieb zwar um einen im Industriegebiet allgemein zulässigen Gewerbebetrieb. Die geplante Nutzung verstoße jedoch gegen das Gebot der Rücksichtnahme‚ da bei typisierender Betrachtungsweise milieubedingte Störungen in der Umgebung zu erwarten seien; insbesondere handle es sich bei der beantragten Nutzung zu Prostitutionszwecken und den vorhandenen kirchlichen Nutzungen um konfligierende Nutzungen. Da das Haupttreppenhaus und der Aufzug im ersten Obergeschoss endeten‚ sei eine gemeinsame Nutzung nicht zu vermeiden.

Der hiergegen erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 4. November 2014 statt. Ein Bordellbetrieb sei nach den Kategorien der Baunutzungsverordnung als Gewerbebetrieb einzustufen und damit nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO in dem Industriegebiet allgemein zulässig. Er sei auch nicht ausnahmsweise wegen Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme unzulässig. Aus der Charakteristik eines Industriegebiets ergebe sich‚ dass die dort ansässigen Nutzer nur den Schutzanspruch geltend machen könnten‚ der in einem solchen Gebiet zu erwarten sei. Der Beklagten sei zwar zuzugestehen‚ dass das im selben Gebäude befindliche „B.“ in Folge gemeinsamer Nutzung von Parkplatz‚ Eingang und Treppenbereich einer unmittelbaren Störung durch das geplante Vorhaben ausgesetzt sei. Allerdings finde derzeit im „B.“ nur einmal wöchentlich sonntags um 10.00 Uhr ein Gottesdienst statt‚ wohingegen die anderen nach dem Internetauftritt der F. angebotenen Veranstaltungen im sozialen Bereich der Kirchengemeinde lägen. Ein ungestörter Gottesdienstablauf am Sonntag um 10.00 Uhr sei deshalb gewährleistet‚ da der Bordellbetrieb erst um 13.00 Uhr beginne.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte und Berufungsführerin ihren Vortrag aus dem Verfahren in erster Instanz. Das Vorhaben sei im Hinblick auf § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO planungsrechtlich unzulässig.

Die Beklagte beantragt‚

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 4. November 2014 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte habe mit der Moschee und der F.-Gemeinde Ausnahmenutzungen zugelassen‚ die störempfindlich seien und im Industriegebiet nicht hätten genehmigt werden dürfen. Dieser Umstand müsse bei der Abwägung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO durchschlagen. Das bedeute‚ dass beide Einrichtungen mit allen Vor- und Nachteilen leben müssten‚ die typischerweise in einem Industriegebiet auftreten könnten. Religiöse Empfindungen seien keine städtebaulichen Gründe‚ die in bauplanungsrechtlichen Entscheidungen Eingang finden dürften.

Die Beigeladene zu 1 stellt den Antrag‚

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie schließt sich der Rechtsauffassung der Beklagten an und begründet den nach ihrer Ansicht vorliegenden Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.

Die Beigeladene zu 2 stellt keinen Antrag.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreterin des öffentlichen Interesses beteiligt‚ sich aber nicht zur Sache geäußert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behörden- und Gerichtsakten einschließlich der Niederschrift über die Durchführung des Ortstermins samt Fotodokumentation und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2014 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Vorbescheids über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des geplanten Bordellbetriebs (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten und des Verwaltungsgerichts kommt es nicht darauf an‚ ob ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 2 BauNVO vorliegt. Denn der geplante Bordellbetrieb kann in dem durch den Bebauungsplan aus dem Jahr 1984 festgesetzten Industriegebiet, in dem u. a. zwei große Baufirmen mit Lagerplätzen ansässig sind, weder als Vergnügungsstätte noch als Gewerbebetrieb im Sinn von § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO genehmigt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Rechtslage nach der Baunutzungsverordnung 1968 und 1977 entschieden‚ dass ein Bordellbetrieb‚ in dem die Prostituierten - wie hier - nicht wohnen‚ unter den Begriff der „Gewerbebetriebe aller Art“‚ die in Gewerbegebieten nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig sind (BVerwG‚ U.v. 25.11.1983 - 4 C 21.83 - BVerwGE 68‚ 213)‚ fällt. Dabei hat es vor dem Hintergrund, dass Vergnügungsstätten in § 8 BauNVO 1977 nicht gesondert erwähnt waren, ausdrücklich offen gelassen, ob Bordellbetriebe Vergnügungsstätten im Sinn der Baunutzungsverordnung sind; jedenfalls seien sie (nur) eine atypische Art der von der Baunutzungsverordnung gemeinten Vergnügungsstätten. Auch unter Geltung der Baunutzungsverordnung 1990, mit der die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten in Gewerbegebieten und Mischgebieten erstmals explizit und damit abschließend geregelt worden ist, wobei die Zulassung allerdings restriktiver gefasst worden ist als für „Gewerbebetriebe aller Art“ (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) oder für „sonstige Gewerbebetriebe“ (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO), hat das Bundesverwaltungsgericht die bauplanungsrechtliche Einordnung von Bordellbetrieben nicht rechtsgrundsätzlich geklärt (BVerwG‚ B.v. 29.10.1997 - 4 B 8.97 - NVwZ-RR 1998, 540; U.v. 12.9.2013 - 4 C 8.12 - BVerwGE 147, 379; vgl. auch BVerwG, B.v. 5.6.2014 - 4 BN 8.14 - ZfBR 2014, 574, wo ohne Auseinandersetzung mit dem Begriff der Vergnügungsstätte unter Hinweis auf das Urteil vom 25.11.1983 festgestellt wurde, es könne nicht zweifelhaft sein, dass Bordelle eine Unterart eines Gewerbebetriebs im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO darstellten).

Nach Auffassung des Senats kann die Frage der Einstufung von Bordellbetrieben hier offenbleiben.

Wenn man Bordellbetriebe der hier vorliegenden Art den Vergnügungsstätten zuordnen wollte (hierfür OVG Saarl‚ B.v. 30.6.2009 - 2 B 367/09 - juris; HessVGH‚ B.v. 30.4.2009 - 3 A 1284/08 - UPR 2010‚ 104; Ziegler in: Brügelmann‚ BauGB‚ Stand Juli 2015‚ § 4a Rn. 74)‚ so wäre der Betrieb des Klägers von vornherein unzulässig‚ weil Vergnügungsstätten nach dem Nutzungskatalog des § 9 BauNVO (1977) weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig sind.

Etwas anderes ergibt sich aber auch nicht‚ wenn man mit der wohl überwiegenden Meinung davon ausgeht‚ dass es sich bei Bordellbetrieben um „Gewerbebetriebe aller Art“ handelt (so ausdrücklich VGH BW‚ B.v. 5.3.2012 - 5 S 3239/11 - VBlBW 2012‚ 345; OVG Hamburg‚ B.v. 13.8.2009 - 2 Bs 102/09 - BauR 2009, 1867; OVG Berlin-Bbg‚ B.v. 14.11.2005 - 10 S 3.05 - juris; OVG RhPf‚ U.v. 11.5.2005 - 8 C 10053/05 - BRS 69 Nr. 35; Fickert/Fieseler‚ BauNVO‚ 12. Aufl. 2014, § 8 Rn. 5.3 f.; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger‚ BauGB‚ Stand Mai 2015‚ § 8 Rn. 24 a; Röser in König/Röser/Stock‚ BauNVO‚ 3. Aufl. 2014‚ § 8 Rn. 22). Denn auch dann sind nach Auffassung des Senats Bordellbetriebe im Industriegebiet wegen der fehlenden Gebietsverträglichkeit grundsätzlich unzulässig.

Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets richtet sich nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine von der Baunutzungsverordnung bestimmte Nutzungs- oder Anlagenart, hier also die angenommene Einordnung eines Bordells als Gewerbebetrieb nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung, die durch die Zuordnung von Nutzungen zu den einzelnen Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinn einer sachgerechten Städtebaupolitik bringen will. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die von der Baunutzungsverordnung dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.2012 - 4 C 14.10 - BayVBl 2012, 571). Dabei besteht zwischen der Zweckbestimmung des Baugebiets und den jeweils zugeordneten Nutzungsarten ein funktionaler Zusammenhang, der für die Auslegung und Anwendung jeder tatbestandlich normierten Nutzungsart maßgeblich ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2002 - 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155). Von entscheidender Bedeutung für die Frage, welche Vorhaben mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Baugebiets unverträglich sind, sind die Anforderungen des jeweiligen Vorhabens an ein Gebiet, die Auswirkungen des Vorhabens auf ein Gebiet sowie die Erfüllung eines spezifischen Gebietsbedarfs. Entscheidend ist, ob ein Vorhaben dieser Art generell geeignet ist, ein bodenrechtlich beachtliches Störpotential zu entfalten, das sich mit der Zweckbestimmung des Baugebiets nicht verträgt (vgl. BVerwG, U.v.2.2.2012 a. a. O.).

Gemäß § 9 Abs. 1 BauNVO dienen Industriegebiete ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben‚ und zwar vorwiegend von erheblich belästigenden Betrieben‚ die in anderen Baugebieten unzulässig sind. Bordellbetriebe jedenfalls der hier vorliegenden Art erreichen jedoch - anders als möglicherweise im Einzelfall erheblich belästigende Bordellbetriebe - trotz (abendlichen) Besucherverkehrs und milieubedingter Unruhe die Schwelle der erheblichen Belästigung nicht und können daher entsprechend ihren Anforderungen an das Baugebiet grundsätzlich in Gewerbegebieten untergebracht werden (BVerwG‚ U.v. 25.11.1983 - 4 C 21.83 - BVerwGE 68‚ 213; Stock in König/Röser/Stock‚ a. a. O., § 8 Rn. 22). Sind derartige Bordellbetriebe aber nicht auf die Unterbringung in einem Industriegebiet angewiesen, so verträgt sich die Zulassung von Bordellbetrieben, die zudem gegen industriegebietstypische Störungen, wie beispielsweise Lärm oder andere Immissionen, empfindlich sein können, nicht mit der allgemeinen Zweckbestimmung von Industriegebieten, die für (erheblich störende) Betriebe‚ die in anderen Baugebieten unzulässig sind‚ offengehalten werden sollen (BVerwG, U.v. 25.11.1983 a. a. O. S. 217). Da Bordellbetriebe zumindest eine inhaltliche Nähe zu Vergnügungsstätten aufweisen, wird die Gebietsunverträglichkeit derartiger Betriebe zudem durch die Tatsache bestätigt, dass Vergnügungsstätten in Industriegebieten - anders als in Gewerbegebieten (s. § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO) - nicht einmal ausnahmsweise zulässig sind.

Da auch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den Festsetzungen des Bebauungsplans ausscheidet, kommt es auf die Frage‚ ob § 15 Abs. 1 BauNVO der Bordellnutzung entgegensteht‚ im vorliegenden Fall nicht an. Der Umstand, dass eine Anlage in einem Baugebiet weder allgemein zulässig ist noch im Weg einer Ausnahme zugelassen werden kann, steht zwar der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB nicht von vornherein entgegen (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166). Im vorliegenden Fall berührt der Bordellbetrieb jedoch die Grundzüge der Planung. Wie von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung dargelegt worden ist, war es stets das Bestreben der Stadt, das Industriegebiet ausschließlich der Ansiedlung von besonders störenden Gewerbebetrieben vorzubehalten. Der Begründung des Bebauungsplans vom 11. April 1983 kann entnommen werden, dass die Stilllegung eines im Plangebiet ansässigen Betriebs der Holzindustrie zum Anlass genommen wurde, das durch einen früheren Bebauungsplan festgesetzte Industriegebiet im Interesse der umliegenden Wohnbebauung auf das städtebaulich für erforderlich gehaltene Maß zu verkleinern. Umso wichtiger erscheint es, das Eindringen industriegebietsfremder Nutzungen in das reduzierte Industriegebiet zu verhindern.

Der unterliegende Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen (§ 154 Abs. 1 VwGO) einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1‚ die einen eigenen Antrag gestellt und sich somit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst‚ da sie keinen Antrag gestellt hat.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist zuzulassen‚ da die Frage‚ ob Bordellbetriebe - jedenfalls der hier vorliegenden Art - in Industriegebieten generell unzulässig sind‚ grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hierzu noch nicht ergangen ist.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Senat geht bei der Ermittlung des Streitwerts ebenso wie das Verwaltungsgericht von einem Betrag in Höhe von 5.000‚- Euro pro zur Vermietung geplantem Zimmer (insgesamt 60.000‚- Euro) aus und mindert diese Summe entsprechend‚ da lediglich die Erteilung eines Vorbescheids zur planungsrechtlichen Zulässigkeit inmitten steht (§ 47 Abs. 1‚ § 152 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich als Eigentümer zweier Grundstücke in deren Geltungsbereich gegen die mit Beschluss vom 8. April 2014 erlassene und am 8. Mai 2014 bekannt gemachte sowie mit am 2. Mai 2016 bekannt gemachtem Beschluss vom 4. April 2016 um ein weiteres Jahr verlängerte Veränderungssperre der Antrags-gegnerin für den Bereich des Gewerbegebiets an der Kötztinger Straße.

Der Antragsteller beantragt in der Sache,

die Veränderungssperre der Antragsgegnerin für den Bereich des Gewerbegebiets an der K. Straße vom 8. April 2014 in der Fassung der am 2. Mai 2016 bekannt gemachten Verlängerung für unwirksam zu erklären.

Die zu sichernde Planung lasse nicht das zu fordernde Mindestmaß dessen erkennen, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Weil ein Bauantrag des Antragstellers den Anlass für die Veränderungssperre gebildet habe, liege eine unzulässige Individualsperre vor. Eine positive Planungskonzeption fehle. Aus dem Aufstellungsbeschluss ergebe sich nur, was alles nicht gebaut werden solle. Da die Antragsgegnerin als geringeren Eingriff auch einen Antrag auf Zurückstellung des Baugesuchs hätte wählen können, sei die Veränderungssperre nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig. Das Angebot der Antragsgegnerin vom September 2014, die Grundstücke des Antragstellers im Rahmen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes auf der Grundlage eines städtebaulichen Vertrags zu überplanen, entlarve die weiter betriebene Verhinderungsplanung.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Da der Geltungsbereich der Veränderungssperre insgesamt sechs Flurnummern und damit eine Vielzahl von Grundstücken erfasse, liege keine nur ein individuelles Grundstück betreffende Maßnahme vor. Es sei unerheblich, dass ein Bauantrag den Anstoß für die Veränderungssperre geboten habe. Die beabsichtigte Planung solle die Entwicklung des Einzelhandels in einem positiven Sinn steuern und sich an dem anfangs noch in Arbeit befindlichen, zwischenzeitlich beschlossenen integrierten Stadtentwicklungskonzept orientieren. Die Annahme des Angebots städtebaulicher Vereinbarungen sei Sache des Antragstellers. Lehne er dies ab, ändere das weder etwas an der Planungshoheit der Antragsgegnerin noch an ihrer mit der Bauleitplanung verfolgten Konzeption. Ein Rangverhältnis zwischen dem Antrag auf Zurückstellung eines Baugesuchs und dem Erlass einer Veränderungssperre bestehe nicht.

Wegen des sonstigen Vorbringens und der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Vorgang der Antragsgegnerin verwiesen.

Gründe

Gegenstand des Rechtsstreits ist die ursprüngliche Veränderungssperre in der Gestalt ihrer erstmaligen Verlängerung (vgl. BVerwG, U. v. 19.2.2004 - 4 CN 13/03 NVwZ 2004, 984 = juris Rn. 9). Der dagegen erhobene Antrag auf Normenkontrolle ist zulässig (vgl. § 47 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 und 2 VwGO, Art. 5 Satz 1 AGVwGO); er hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1. Die Satzung über die Veränderungssperre für den Bereich des Gewerbegebiets K. Straße in der Stadt Furth im Wald weist in formeller Hinsicht (vgl. § 16 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 BauGB) keine Fehler auf.

2. Die in § 14 Abs. 1 BauGB genannten und im Übrigen von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen (vgl. zusammenfassend König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 331 bis 333) für den Erlass dieser Veränderungssperre liegen gleichfalls vor.

2.1 Die Antragsgegnerin hat am 8. April 2014 u. a. die Aufstellung des Bebauungsplanes beschlossen (vgl. Beschluss Nr. 1. zu TOP 1. der 29. Sitzung des - insoweit beschließenden, vgl. § 8 2.a GeschO - Bauausschusses). Neben der Benennung der im Planungsgebiet befindlichen sieben Grundstücke, von denen zwei dem Antragsteller gehören, enthält der Beschluss folgenden Wortlaut:

„Der Bauausschuss beschließt für die im Flächennutzungsplan als Gewerbegebiet dargestellte Fläche an der K. Straße die Aufstellung eines Bebauungsplanes nach § 13a BauGB für ein Gewerbegebiet.

Das Planungsgebiet soll die Grundstücke FlNr...mit einer Gesamtfläche von 39.330 m² umfassen.

Planungszweck ist die Steuerung der möglichen Einzelhandelsentwicklung insbesondere die räumliche Begrenzung der Einzelhandelsnutzung und die Begrenzung der überbaubaren Fläche, die Einschränkung einer Einzelhandelsentwicklung auf den Bereich der für Furth im Wald nicht-zentralrelevanten Sortimente sowie der Anschluss an die öffentlichen Verkehrsflächen. Für Vergnügungsstätten und Spielhallen soll keine Ausnahme vorgesehen werden. Eine Parzellierung des Planungsgebiets soll nicht erfolgen.“

Der Aufstellungsbeschluss wurde gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 BauGB durch Anschlag an die Amtstafeln am10. April 2014 ortsüblich bekannt gemacht.

Unter TOP 2. der Sitzung vom 8. April 2014 fasste die Antragsgegnerin den Beschluss einer Satzung über die Veränderungssperre für den vorgenannten Planbereich. Dieser wurde erstmals am 14. April 2014 bekannt gemacht und - nach Berichtigung des zunächst fehlerhaften Jahres der Beschlussfassung (2013 statt 2014) in der Bekanntmachungsverfügung - am 8. Mai 2014 erneut in ortsüblicher Weise veröffentlicht.

2.2 Der Aufstellungsbeschluss beschreibt den wesentlichen Inhalt der von der Antragsgegnerin ins Auge gefassten Planung, er lässt ohne weiteres „ein Mindestmaß dessen erkennen, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll“ (vgl. BVerwG, U. v. 19.2.2004 - 4 CN 13/03 - NVwZ 2004, 984 = juris Rn. 15 m. w. N.; B. v. 21.10.2010 - 4 BN 26.10 - ZfBR 2011, 160 = juris Rn. 6).

Insoweit geht die höchstrichterliche Rechtsprechung davon aus, dass es grundsätzlich erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Gemeinde im relevanten Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre zumindest Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung besitzt, sei es, dass sie einen bestimmten Baugebietstyp, sei es, dass sie nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 BauGB festsetzbare Nutzungen ins Auge gefasst hat (vgl. BVerwG, B. v. 21.10.2010 a. a. O. juris Rn. 8; U. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 - BVerwGE 144, 82 ff. = juris Rn. 12; BayVGH, U. v. 30.1.2014 - 15 B 11.750 - juris Rn. 23). Dieser Anforderung ist unzweifelhaft genügt. Der Aufstellungsbeschluss benennt als beabsichtigte Art der baulichen Nutzung die Festsetzung eines Gewerbegebiets.

Mit der Verlängerung der Veränderungssperre verfolgt die Antragsgegnerin dieses Konzept inhaltlich unverändert weiter. Nachdem § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB insoweit keine besonderen Voraussetzungen aufstellt (vgl. BVerwG, B. v. 8.1.1993 - 4 B 258/92 - BRS 55 Nr. 96 = juris Rn. 4, 5), durfte sie die Veränderungssperre, wie durch den am 2. Mai 2016 bekannt gemachten Beschluss des Bauausschusses vom 4. April 2016 geschehen, um ein Jahr verlängern.

Aufgrund des nach Lage der Dinge nicht mit dem Planungskonzept der Gemeinde übereinstimmenden Vorhabens des Antragstellers steht das erforderliche Sicherungsbedürfnis außer Frage.

2.3 Die übrigen Einwände des Antragstellers (unzulässige Individualsperre, Verhinderungsplanung, fehlende Verhältnismäßigkeit) entbehren - jeglicher - Grundlage.

2.3.1 Abgesehen davon, dass eine Veränderungssperre nicht schon deshalb Bedenken begegnete, weil sie nur für wenige oder nur für ein einziges Grundstück erlassen wurde (BVerwG, U. v. 10.9.1976 - IV C 39.74 - BVerwGE 51, 121 = juris Ls. 2 und Rn. 33), liegt auch keine „Individualsperre“ in diesem Sinn vor. Die Veränderungssperre erfasst sieben Grundstücke mit einer Gesamtfläche von ca. 39.330 m².

Die Gemeinde durfte auch zur Verhinderung des vom Antragsteller zuletzt beantragten Vorhabens tätig werden. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Es steht daher außer Frage, dass die Antragsgegnerin den Antrag des Antragstellers auf Verlegung („Translozierung“) des auf FlNr. 575/1 genehmigten Verbrauchermarkts zum Anlass nehmen durfte, im fraglichen Bereich planerisch aktiv zu werden (vgl. BVerwG, U. v. 24.11.1989 - 4 C 54/87 - ZfBR 1990, 95 = juris Ls. 1 und Rn.26, 31 ff.: Inkrafttreten eines Bebauungsplans nach der Stellung eines Vorbescheidsantrags). Die Gemeinde darf sich bei der Steuerung der städtebaulichen Entwicklung grundsätzlich von „gemeindepolitischen“ Motiven leiten lassen, sie darf unter Beachtung der dafür geltenden gesetzlichen Regeln Bauleitplanung nach ihren Vorstellungen betreiben (vgl. BVerwG, U. v. 19.2.2004 - 4 CN 16/03 - BVerwGE 120, 138 = juris Rn. 23). Für die Annahme, die Gemeinde könnte im vorliegenden Fall außerhalb des angesprochenen gesetzlichen Rahmens gehandelt haben, bietet der Sachverhalt keinerlei Anlass.

2.3.2 Entsprechendes gilt für die Behauptung, es läge eine „Verhinderungsplanung“ vor. Was nach der insoweit ausschlaggebenden Sicht der Gemeinde mit der hier verfolgten Bauleitplanung einschließlich der streitigen Veränderungssperre vor allem verhindert werden soll, ist eine städtebauliche Fehlentwicklung des Einzelhandels in Bezug auf Standorte und Sortimente im Gesamtort sowie die Ansiedlung von Vergnügungsstätten und Spielhallen im konkreten Plangebiet. Das sind legitime Ziele einer Bauleitplanung, vgl. die nach § 1 Abs. 6 Nr. 4, Nr. 8 Buchst. a und Nr. 11 BauGB bei der Aufstellung der Bauleitpläne insbesondere zu berücksichtigenden Gesichtspunkte und Belange. Dass im Rahmen dessen ganz bestimmte Vorstellungen einzelner Bauantragsteller „verhindert“ werden, liegt in der Natur der Sache jeglicher planerischer Aktivitäten. Der von Art. 14 Abs. 1 GG gewährte Schutz des Grundeigentums umfasst nicht die bestmögliche wirtschaftliche Verwertung desselben (vgl. BVerfG, B. v. 23.9.1992 - 1 BvL 15/85, 1 BvL 36/87 - BVerfGE 87, 114 = juris Rn. 99, 101, 117: Pachtpreisbindung für Kleingärten).

2.3.2 Der Erlass einer Veränderungssperre nach § 14 Abs. 1 BauGB und die Möglichkeit, nach § 15 BauGB bei der Baugenehmigungsbehörde die Zurückstellung von Baugesuchen zu beantragen, stehen untereinander nicht in einem Rangverhältnis. Es steht der Gemeinde grundsätzlich frei, sich für eines der beiden Sicherungsmittel zu entscheiden und entweder nur die Genehmigung oder Verwirklichung eines konkreten Vorhabens durch Verwaltungsakt verhindern oder unterbinden zu lassen oder einen über den Einzelfall hinaus allgemein gültigen, materiellen Versagungsgrund zu schaffen. Die Gemeinde darf sich bei ihrer Entscheidung für das im Einzelfall zu ergreifende Sicherungsinstrument am Gesichtspunkt der Erforderlichkeit orientieren (vgl. BayVerfGH, E. v. 21.6.2016 - Vf. 15-VII-15 - juris Rn. 52 unter Hinweis auf OVG Lüneburg, U. v. 16.6.1982 - 1 A 194/80 - BauR 1982, 557 f.: Beim Erlass einer Veränderungssperre findet prinzipiell keine „Abwägung“ statt; ebenso ist ein „Sicherungsermessen“ regelmäßig zu verneinen). Vor diesem Hintergrund hat sich die Antragsgegnerin rechtsfehlerfrei für das Instrument der Veränderungssperre entschieden. In der Vorlage zum Beschluss vom 8. April 2014 wird nachvollziehbar ausgeführt, dass zwar jeweils auch eine Zurückstellung von Bauanträgen beantragt werden könnte. Davon würden allerdings sonstige wertsteigernde Investitionen und alle nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtigen Veränderungen nicht erfasst bzw. die Stadt müsste in jedem Einzelfall eine vorläufige Untersagung beantragt werden. Deshalb werde vorgeschlagen, eine Veränderungssperre für das Gewerbegebiet zu erlassen.

Die ursprüngliche Einschätzung der Antragsgegnerin, dass die Bauleitplanung für das Gewerbegebiet an der K. Straße wegen ihrer Einbindung in das integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept für den Gesamtort längere Zeit beanspruchen werde als die auf zwölf Monate begrenzte Zurückstellung eines Baugesuchs gemäß § 15 BauGB, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der weitere Ablauf des Verfahrens bestätigt die Richtigkeit dieser Annahme.

Unabhängig davon handelt es sich in beiden Fällen um eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Grundeigentums (vgl. zur zweiten Verlängerung einer Veränderungssperre nach § 17 Abs. 2 BBauG: BVerwG, U. v. 10.9.1976 - IV C 39.74 - BVerwGE 51, 121 = juris Rn. 39).

3. Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO, § 709 Satz 1, § 708 Nr. 11 ZPO.

4. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 8 GKG unter Berücksichtigung der Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57).

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

Tenor

I.

Die am 27. März 2015 bekannt gemachte Satzung über die Veränderungssperre für das Gebiet „O.-...“ ist unwirksam.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Kostengläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines u. a. mit einer leer stehenden Gastwirtschaft bebauten Grundstücks im Zentrum von K.../O. Am 27. Mai 2014 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin, für „O.-...“ einen qualifizierten Bebauungsplan mit Grünordnungsplan aufzustellen, in dessen Geltungsbereich auch das Grundstück der Antragstellerin liegt; dieser Beschluss wurde am 6. Juni 2014 ortsüblich bekannt gemacht.

Im Februar 2015 reichte die Antragstellerin einen Bauantrag mit dem Ziel ein, neben einem Ausbau des Ober- und des Dachgeschosses die Nutzung des gesamten Gebäudes in eine Unterkunft mit (lt. den Grundrisszeichnungen) 92 Plätzen für Asylbewerber zu ändern. Am 24. März 2015 versagte die Antragsgegnerin dazu ihr Einvernehmen und beschloss zugleich eine Veränderungssperre für das Plangebiet „O.-...“. Diese Satzung wurde am 27. März 2015 ortsüblich bekannt gemacht.

Gemäß dem Aufstellungsbeschluss ist es das Ziel der Bauleitplanung, ein Dorfgebiet festzusetzen; die kleinteilige dörfliche Struktur soll erhalten und gefördert werden, der Wohnraumbedarf soll gedeckt und die noch bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe sollen geschützt werden. Soziale Einrichtungen sollen nur ausnahmsweise, Asylbewerbereinrichtungen nur mit bis zu ca. 20 Unterbringungsplätzen, für zulässig erklärt werden.

Am 23. Juli 2015 ging beim Verwaltungsgerichtshof der Normenkontrollantrag der Antragstellerin ein. Sie beantragt,

die Satzung über die Veränderungssperre für das Gebiet „O.- ...“ vom 25. März 2015, bekannt gemacht am 27. März 2015, für nichtig zu erklären.

Die Planung ziele allein darauf ab, die seitens der Antragstellerin beabsichtigte Nutzung auszuschließen, die Veränderungssperre solle eine schlechterdings nicht zu rechtfertigende Bauleitplanung sichern.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Dem Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans lägen ausreichende planerische Vorstellungen zugrunde; insbesondere solle sichergestellt werden, dass die Ortsmitte von O. auch künftig ihre Funktion als solche erfüllen kann. Mit der auf eine bestimmte Größe beschränkten Zulassung von sozialen Einrichtungen solle deren städtebauliche Verträglichkeit sichergestellt werden.

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligt sich ohne eigene Antragstellung am Verfahren, sie hält die Planung für vorgeschoben, um die Umnutzung des ehemaligen Gasthofs in eine Asylbewerberunterkunft mit mehr als 20 Plätzen zu verhindern. Die als Schutzziel der Planung behauptete „kleinteilige dörfliche Struktur“ sei, abgesehen davon, dass es dabei nicht um die Art, sondern das Maß der baulichen Nutzung gehe, vor Ort weder vorhanden noch in absehbarer Zeit realisierbar. Das planerische Konzept gehe an den am Kirchplatz vorhandenen Verhältnissen, die vor allem von dem Gaststättengebäude, Gehöften, einem Pfarrgebäude und der Kirche geprägt seien, vorbei. Die von § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO vorgesehenen Differenzierungsmöglichkeiten erlaubten die von der Antragsgegnerin bei den nur ausnahmsweise zulässigen sozialen Einrichtungen geplante Beschränkung nicht, weil diese Regelung nicht einen bestimmten, in der sozialen und ökonomischen Realität bereits vorhandenen Anlagentyp beschreibe. Bei Asylbewerberunterkünften sei keine Feinsteuerung nach der Anzahl der Personen möglich. Die Belegungsdichte bestimme sich nach der Größe der Anlage, auf die im Bauleitplanverfahren durch Festsetzungen zum Maß der Nutzung Einfluss genommen werden könne und die im Einzelgenehmigungsverfahren anhand des Gebots der Rücksichtnahme zu prüfen sei. Für die von der Gemeinde angestrebte Differenzierung seien auch keine städtebaulichen Gründe erkennbar. Bezüglich anderer Nutzungen mit „höherer Belegungsdichte“ im Planungsumgriff wie etwa eines weiterhin allgemein zulässigen Beherbergungsbetriebs oder eines Wohnheims habe die Antragsgegnerin keinerlei Überlegungen angestellt. Auch für die vorgesehene geschossweise Festsetzung von Nutzungen (§ 1 Abs. 7 BauGB) fehlten die tatsächlichen Voraussetzungen; es sei nicht ersichtlich, wie dieses Ziel absehbar erreicht werden könnte. Infolgedessen sei die Planung nicht gemäß § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich.

Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Akten der Antragsgegnerin verwiesen.

Gründe

Über den zulässigen Normenkontrollantrag konnte im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Der Antrag ist begründet.

Die am 27. März 2015 bekannt gemachte Veränderungssperre für das Gebiet „O.-...“ ist für unwirksam zu erklären (§ 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 VwGO), weil der zu sichernden Planung nicht ausräumbare Mängel entgegenstehen (§ 14 Abs. 1 BauGB, § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

Nach § 14 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB) gefasst ist. Die Bauleitplanung muss im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Veränderungssperre, das ist regelmäßig die ortsübliche Bekanntmachung der Satzung (vgl. § 16 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 i. V. m. § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB), so weit konkretisiert sein, dass die Erforderlichkeit der Veränderungssperre als Sicherungsmittel nachvollzogen werden kann. Hierfür muss ein Mindestmaß des Inhalts des Bebauungsplans abzusehen sein. Der Planung dürfen keine schon in diesem frühen Stadium erkennbaren, nicht ausräumbaren Mängel entgegenstehen (zum Ganzen König, Baurecht Bayern, 5. Auflage 2015, Rn. 333 m. w. N.).

Nach Lage der Dinge fehlt der zu sichernden Planung die Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Die danach nötige städtebauliche Rechtfertigung für einzelne Festsetzungen oder die gesamte Planung fehlt insbesondere, wenn die Planung nur wegen der mit der Regelung verbundenen negativen (ausschließenden) Wirkung erfolgt, wenn die Regelung von vorneherein funktionslos ist oder zur Erreichung des mit ihr verfolgten Zwecks ungeeignet ist, oder wenn die Planung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen überhaupt nicht oder nicht innerhalb des Zeitraums verwirklicht werden kann oder soll, für den Bauleitpläne aufgestellt werden (König a. a. O. Rn. 51 ff.).

Hier liegen mehrere für die mangelnde städtebauliche Rechtfertigung der Bauleitplanung für das Gebiet „O.-...“ sprechende Gesichtspunkte vor.

Ein gewisses Indiz dafür, dass die Planung in erster Linie der Verhinderung eines Bauvorhabens der Antragstellerin dient, kann schon darin gesehen werden, dass im Aufstellungsverfahren außer dem Aufstellungsbeschluss vom 27. Mai 2014 bisher nichts geschehen ist. Der Ende August 2015 übermittelte Verfahrensordner „Bebauungsplan Nr. 46“ enthält lediglich die besagte Entscheidung der Antragsgegnerin samt deren Bekanntmachung, Vortrag zu zwischenzeitlich unternommenen Verfahrensschritten ist im gerichtlichen Verfahren auch sonst nicht erfolgt.

Das dem Aufstellungsbeschluss zugrunde gelegte städtebauliche Konzept für das Ortszentrum - die Erhaltung und Förderung der „kleinteiligen dörflichen Struktur“ - ist, was die Landesanwaltschaft Bayern in ihrer Stellungnahme bereits eingehend erläutert hat, mit den gegenwärtigen Verhältnissen vor Ort nicht vereinbar und auch als Ziel in einer überschaubaren Zukunft nicht realisierbar. Lageplan und Luftbild zeigen im Kernbereich des Plangebiets beiderseits des Kirchplatzes außer dem mit zwei großen Gebäuden bebauten Grundstück der Antragstellerin, der Kirche und dem Pfarrhaus im Wesentlichen die Gebäude von drei landwirtschaftliche Hofstellen mit mehreren entsprechend großen Zweckbauten sowie ein größeres unbebautes Grundstück unmittelbar östlich des Grundstücks der Antragstellerin. „Kleinteilige“ (Wohn)Bebauung ist nur in den im Westen und Osten an das Plangebiet anschließenden Bereichen in größerem Umfang anzutreffen.

Eine gewisse „kleinteilige Struktur“ wäre eventuell durch entsprechende Festsetzungen zu den überbaubaren Grundstückflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB i. V. m. § 23 BauNVO) und zum Maß der Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i. V. m. §§ 16 ff. BauNVO) zu erreichen. Nach dem von der Gemeinde laut der Beschlusslage verfolgten Konzept soll die Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung jedoch „überwiegend bestandsorientiert unter Berücksichtigung bestehenden Baurechts nach § 34 BauGB erfolgen“. Angesichts dieser Vorgabe bliebe für die Festsetzung kleinteiliger Bebauung praktisch nur die in das Plangebiet einbezogene nördliche Teilfläche des bisher unbebauten Grundstücks FlNr. ..., d. h. - geschätzt - eines Fünftels des Plangebiets.

Die Gemeinde beabsichtigt, die Höchstzahl von 20 Unterbringungsplätzen für die ausnahmsweise Zulassung sozialer Einrichtungen, auch Asylbewerbereinrichtungen, auf der Grundlage von § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO als „exakten Ausnahmetatbestand zu formulieren“. Diese Vorgehensweise ist nicht von den in § 1 Abs. 9 BauNVO enthaltenen Möglichkeiten der Feinsteuerung der Art der baulichen Nutzung gedeckt. § 1 Abs. 9 BauNVO erlaubt es der Gemeinde unter anderem, bestimmte Unterarten ausnahmsweise zulässiger Nutzungen auszuschließen. Die Planungsfreiheit ist allerdings dadurch begrenzt, dass sich die Differenzierung auf bestimmte Anlagentypen beziehen muss, die es in der sozialen und ökonomischen Realität bereits gibt (BayVGH, U. v. 30.10.2014 - 1 N 13.2273 - juris Rn. 21 unter Hinweis auf BVerwG, B. v. 5.6.2014 - 4 BN 8/14 - ZfBR 2014, 574 = juris Rn. 10 m. w. N.). Hier fehlt es insoweit an der Beschreibung einer bestimmten Art von baulichen Anlagen; bei sozialen Anlagen wird hinsichtlich der Art der Nutzung grundsätzlich nicht danach unterschieden, ob beispielweise 10, 20 oder mehr Personen darin untergebracht oder betreut werden (können).

Da der Veränderungssperre keine Planung zugrunde liegt, die mit § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB in Einklang steht, ist sie unwirksam.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Ziffer I. der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft ebenso veröffentlichen wie die Veränderungssperre (§ 16 Abs. 2 BauGB).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 8 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.8.1 und 9.8.4 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57).

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.