Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Art. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Schutz von Landschaftsräumen im Bereich der Stadt Erlangen (Landschaftsschutzverordnung) vom 21. Juli 2015 ist insoweit unwirksam, als in der Landschaftsschutzkarte für den Bereich südlich der südlichen Grenze des Europäischen Vogelschutzgebiets DE 6332471 „Regnitz- und Unteres Wiesenttal“ mit roter Schraffur eine Hundeanleinzone eingetragen ist.

II. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

III. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

IV. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der „Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Schutz von Landschaftsräumen im Bereich der Stadt Erlangen (Landschaftsschutzverordnung)“ vom 21. Juli 2015.

Die Antragsteller sind Hundehalter und Eigentümer von im Bereich der Verordnung über den Schutz von Landschaftsräumen im Bereich der Stadt Erlangen (Landschaftsschutzverordnung) vom 13. Dezember 2000 (im Folgenden: Landschaftsschutzverordnung) gelegenen Grundstücken. Mit dieser Verordnung hat die Stadt Erlangen in ihrem Stadtgebiet ca. 3.600 ha als „Landschaftsschutzgebiete der Stadt Erlangen“ dem besonderen Schutz des Bayerischen Naturschutzgesetzes unterstellt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der Landschaftsschutzverordnung), darunter das Regnitztal (§ 1 Abs. 2 Nr. 7 der Landschaftsschutzverordnung). Die Inschutznahme bezweckt (1.) die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, u.a. in seiner Funktion als „grüne Lunge“ für das Stadtgebiet Erlangen zu gewährleisten, um insbesondere (a) Landschaftsschäden zu verhindern oder zu beheben bzw. (b) die heimische Tier- und Pflanzenwelt sowie ihre Lebensgemeinschaften und Lebensräume, vor allem auch Trocken- und Feuchtbiotope, zu erhalten, (2.) die Schönheit, Vielfalt oder Eigenart des Landschaftsbildes zu bewahren und (3.) den Erholungswert für die Allgemeinheit zu erhalten oder zu verbessern (§ 1 Abs. 1 Satz 2 der Landschaftsschutzverordnung). Gemäß § 2 Abs. 1 der Landschaftsschutzverordnung ist es in den in § 1 Abs. 2 genannten Landschaftsschutzräumen verboten, Handlungen und Veränderungen vorzunehmen, die geeignet sind, den Naturhaushalt zu schädigen, die Landschaft zu verunstalten, den Naturgenuss oder den Erholungswert der Landschaft zu beeinträchtigen; § 2 Abs. 2 der Landschaftsschutzverordnung listet beispielhaft einzelne Verbotstatbestände auf.

Mit Beschluss vom 10. April 2014 beauftragte der Stadtrat die Verwaltung mit der Vorbereitung der Änderung dieser Landschaftsschutzverordnung (in der letzten Fassung vom 15.11.2011). Der danach erstellte Verordnungsentwurf, der noch eine Hundeanleinpflicht in der Zeit vom 1. März bis 30. September eines Jahres vorsah, wurde in der Zeit vom 30. Mai bis 30. Juni 2014 öffentlich ausgelegt. In der Beschlussvorlage zur Sitzung vom 25. Juni 2015 ist als Anlass und Ziel der Änderung angegeben, das Landschaftsschutzgebiet Regnitztal solle im Wesentlichen zum Schutz von wiesenbrütenden Vogelarten weitestgehend als Hundeanleinzone ausgewiesen werden; die Dauer der Anleinpflicht solle auf Anregung der Interessengemeinschaft gegen die Anleinpflicht nach Rücksprache mit dem Landesbund für Vogelschutz um einen Monat verkürzt werden. Am 25. Juni 2015 beschloss der Stadtrat der Stadt Erlangen die „Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Schutz von Landschaftsräumen im Bereich der Stadt Erlangen (Landschaftsschutzverordnung)“ (im Folgenden: Änderungsverordnung). Sie wurde am 21. Juli 2015 vom Oberbürgermeister der Stadt Erlangen ausgefertigt und im Amtsblatt der Stadt Erlangen „Die amtlichen Seiten“ Nr. 15 vom 30. Juli 2015 veröffentlicht. Sie trat nach ihrem Art. 2 am 31. Juli 2015 in Kraft.

Inhalt der Änderungsverordnung ist, dass die bisherige Landschaftsschutzkarte im Maßstab 1:10.000 vom 5. Oktober 2011 durch die Landschaftsschutzkarte im Maßstab 1:10.000 vom 4. Mai 2015 ersetzt wird und in letzterer in einem Streifen entlang des Regnitztals eine Rotschraffur (mit kleinen Lücken) angebracht wurde, die - nach der Legende - eine Hundeanleinzone ausweist (Art. 1 Nr. 1 der Änderungsverordnung). Zudem wurde in § 2 Abs. 2 der Landschaftsschutzverordnung eine neue Nummer 6 eingefügt, wonach nun insbesondere auch verboten ist, innerhalb der in der Schutzgebietskarte mit roter Schraffur eingetragenen Zonen in der Zeit vom 1. März bis 30. August eines Jahres Hunde unangeleint laufen zu lassen (Art. 1 Nr. 2 der Änderungsverordnung).

Mit ihrem am 29. Juli 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gestellten Normenkontrollantrag beantragen die Antragsteller,

die Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Schutz von Landschaftsräumen im Bereich der Stadt Erlangen (Landschaftsschutzverordnung) vom 21. Juli 2015 einschließlich der zugehörigen Landschaftsschutzkarte vom 4. Mai 2015 für unwirksam zu erklären.

Zur Begründung wird vorgetragen, die Änderungsverordnung verstoße gegen höherrangiges Recht. Sie habe bereits keine hinreichende Rechtsgrundlage. Art. 18 Abs. 1 LStVG sowie Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 GO schieden als solche aus. Die in der ursprünglichen Landschaftsschutzverordnung genannten Art. 10, 45 BayNatSchG a.F. seien durch die im Zuge der Föderalismusreform geänderten Naturschutzgesetze überholt und könnten für die Änderungsverordnung keine Rechtsgrundlage darstellen. Das Fehlen der Angabe einer gültigen Rechtsgrundlage bzw. die Angabe einer falschen Rechtsgrundlage habe hier ausnahmsweise Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Verordnung, weil mit dem Verordnungserlass eine neue bußgeldbewehrte Verbotsvorschrift eingeführt worden und für die Betroffenen die einschlägige Rechtsgrundlage nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit erkennbar sei.

Zudem verstoße die Verordnung gegen den im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerten Bestimmtheitsgrundsatz. Im Gegensatz zu Naturschutzgebieten sei in Landschaftsschutzgebieten die Reichweite der Verbote schwächer, hier dürften im Interesse der gesetzlich anerkannten Rechtsgüter nur relative und keine absoluten Veränderungsverbote erlassen werden (vgl. § 26 Abs. 2 BNatSchG). Deshalb seien potentiell schädliche Handlungen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich in Form eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt zu regeln. Ein repressives Verbot sei nur zulässig, wenn von vornherein feststehe, dass die verbotene Handlung den Gebietscharakter schlechthin verändere bzw. dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufe. Da für das repressive Verbot, Hunde in einer bestimmten Zeit unangeleint laufen zu lassen, nur Letzteres in Frage komme, hätte dies erfordert, dass der mit diesem zusätzlichen Verbot verfolgte Zweck, nämlich der Schutz wiesenbrütender Vögel, in den in § 1 der Landschaftsschutzverordnung genannten Schutzzwecken hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, etwa durch Angabe der zu schützenden Tierklasse im Sinne einer wissenschaftlich anerkannten Systematik (z.B. Vögel, Säugetiere, Amphibien etc.). Dies sei nicht der Fall, da dort nur pauschal von der „heimischen Tier- und Pflanzenwelt“ die Rede sei. Auch erfordere eine - wie hier durch die Änderungsverordnung tatsächlich eingeführte - Zonierung des Gebiets in Gebiete mit und solche ohne Hundeanleinpflicht (§ 22 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG) auch eine differenzierte Beschreibung des Schutzzwecks, woran es ebenfalls fehle. Zudem enthielten weder die Änderungsverordnung noch die mit ihr veröffentlichten Anlagen eine Begründung für die vorgenommene Differenzierung zwischen den Zonen mit unterschiedlicher Gebots- bzw. Verbotsgeltung.

Weiter fehle es an der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Grundrechte der Betroffenen. Es verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, dass für Teilbereiche der Landschaftsschutzverordnung Regnitztal eine Hundeanleinpflicht angeordnet, für andere Teile diese Anordnung aber unterblieben sei. Ausgenommen worden seien insbesondere der nördlichste Teil der Wöhrmühlinsel und die Regnitzinsel Egelanger, die jeweils über Brücken erreicht werden könnten. Dagegen sei das kaum zugängliche, im nördlichen Teil der Insel Neumühle gelegene Grundstück der Antragsteller FlNr. 1503/11 der Gemarkung Büchenbach, das anders als der südliche, bebaute Teil der Insel Neumühle im Landschaftsschutzgebiet liege, ohne sachlichen Grund nicht ausgenommen worden. Ein Differenzierungsgrund zwischen dem Nordteil der Insel Neumühle und den aus der Geltung der Hundeanleinpflicht ausgenommenen Bereichen des Landschaftsraums Regnitztal ergebe sich auch nicht aus dem von der Antragsgegnerin vorgelegten, 25 Jahre alten Auszug aus der Biotopkartierung der Stadt Erlangen, da dort sämtliche Bereiche als Biotope bezeichnet seien. Im Bereich des o.g. Grundstücks der Antragsteller sei ein solches Verbot zudem weder geeignet noch erforderlich, um das von der Antragsgegnerin verfolgte Ziel zu erreichen; aufgrund des in diesem Bereich von der Antragsgegnerin errichteten Fußgänger- und Radwegs (sog. Neumühlsteg) mit einem Maschendrahtzaun entlang des Dammfußes sei der Nordvom Südteil der Insel getrennt und der Nordteil der Insel könne nur überquert, nicht aber bestimmungsgemäß betreten werden. Die dortige Topographie und Fauna mit dichtem Baumbestand und eingestreuten Hecken- und Gebüschgruppen mit hohem Totholzanteil bildeten zwar Brut-, Überwinterungs- und Nahrungshabitate für verschiedene Vogelarten, nicht aber für Boden- bzw. Wiesenbrüter. Zudem sei der Antragsgegnerin bekannt gewesen, dass für diesen Bereich von den Antragstellern ein Antrag auf eine naturnahe und naturverträgliche Freizeitnutzung gestellt worden war, der jedoch abgelehnt worden sei.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antrag sei unbegründet. Rechtsgrundlage für die Änderungsverordnung sei § 26 BNatSchG i.V.m. Art. 31 Abs. 1 BayNatSchG, wonach durch Rechtsverordnung der unteren Naturschutzbehörde die Erholung in Teilen der freien Natur im erforderlichen Umfang u.a. aus Gründen des Naturschutzes und zur Regelung des Erholungsverkehrs untersagt oder beschränkt werden könne. Es sei zwar zutreffend, dass eine Rechtsgrundlage in der Änderungsverordnung nicht genannt worden sei; dies sei aber unschädlich, da sich in den gemäß Art. 60 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG für die Aufhebung und Änderung von früheren Rechtsverordnungen geltenden Vorschriften des 8. Teils des Bayerischen Naturschutzgesetzes vom 23. Februar 2011 keine Vorschrift finde, die die Angabe der Rechtsgrundlage verlange. Selbst wenn zusätzlich Art. 45 Abs. 2 LStVG anzuwenden wäre, sei dort nur bestimmt, dass eine Rechtsgrundlage in der Verordnung angegeben werden „solle“; zudem habe der Bayerische Verfassungsgerichtshof bereits in einer Entscheidung vom 24. Mai 1973 (BayVBl 1973, 431) ausgeführt, dass mangels einer dem Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG entsprechenden Bestimmung in der Bayerischen Verfassung bei landesrechtlichen Verordnungen, die ihrerseits auf einer landesrechtlichen Ermächtigung beruhten, die Gültigkeit der Verordnung nicht von der Angabe der Rechtsgrundlage abhängig sei. Für die Rechtmäßigkeit der Bußgeldvorschrift genüge der dort enthaltene Hinweis auf Art. 57 Abs. 1 Nr. 2 BayNatSchG, der unverändert fortbestehe.

Die besondere Bedeutung des Erlanger Regnitztals für die heimische Vogelwelt dokumentiere sich vor allem dadurch, dass die Europäische Union die Bereiche nördlich der Dechsendorfer Brücke vor mehr als zehn Jahren zum Europäischen Vogelschutzgebiet deklariert und damit unter besonderen Schutz gestellt habe. Alle europäischen Vogelarten zählten in der Bundesrepublik Deutschland zu den besonders geschützten (oder sogar streng geschützten) Tierarten (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. b Doppelbuchst. bb BNatSchG). Durch die Ausweisung von Hundeanleinzonen würden Handlungen untersagt, die den Charakter des Landschaftsschutzgebiets konkret veränderten. Denn das freie Laufenlassen von Hunden führe dazu, dass die im Landschaftsschutzgebiet Regnitztal lebenden Vogelarten regelmäßig bei der Nahrungssuche oder in ihrem Brutgeschäft gestört und damit - mittelfristig gesehen - den Talgrund verlassen oder dort aussterben würden. Das behördliche Ziel, durch eine Anleinpflicht für Hunde eine Erholung der im Regnitzgrund ansässigen Vogelbestände zu verwirklichen, sei bereits ein Jahr nach Inkrafttreten der Änderungsverordnung erreicht worden. So würden im Bereich des Wasserwerks West vermehrt Kiebitze wahrgenommen und auch Wiesenbekassine verstärkt verzeichnet. Die Erlanger Storchenpopulation werde zunehmend im Bereich östlich von Alterlangen angetroffen und es sei erstmals von Vorkommen der Zwergmöwe berichtet worden, einer Vogelart, die üblicherweise in maritimen Landschaften lebe, aber auch auf dem Zug u.a. in Flusslandschaften (wie hier) auftreten könne. Das streitgegenständliche Verbot gelte zudem nicht absolut, sondern nur temporär und nur in solchen Bereichen, die der unteren Naturschutzbehörde als klassischer Lebensraum von bodennah brütenden Vögeln bekannt und durch häufige Störungen durch Hunde auffällig gewesen seien. Eine differenzierte Beschreibung des Schutzzwecks wegen der Gebietszonierung sei nicht erforderlich, weil der Schutzzweck in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b der Landschaftsschutzverordnung hinreichend bestimmt sei, nämlich „Erhalt der heimischen Tierwelt sowie deren Lebensgemeinschaften und Lebensräume“. Dazu müsse nicht jede zu schützende Tierart einzeln aufgeführt werden. Eine konkrete Angabe der zu schützenden Tierklassen im Sinne einer wissenschaftlich anerkannten Systematik sei vom Verordnungsgeber wohlwissend nicht beabsichtigt, da neben dem primären Schutz von Bodenbrütern im verfügten Anleingebiet auch zahlreiche Waldstörche (keine Bodenbrüter) anzutreffen seien, die durch frei laufende Hunde regelmäßig bei der Nahrungssuche gestört worden seien. Auch diene das Gebiet Fasanen und Hasen als Lebensraum, die ebenfalls von frei laufenden Hunden vertrieben worden seien. Schließlich befinde sich in dem Gebiet seit einigen Jahren auch ein Biber - eine streng geschützte Tierart -, dessen Lebensraum während der Fortpflanzung- und Aufzuchtzeit nicht gestört werden dürfe (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG).

Auch eine Unverhältnismäßigkeit der Änderungsverordnung sei nicht gegeben. Die in der Schutzgebietskarte vorgenommene Zonierung beruhe auf dem Umstand, dass im Landschaftsschutzgebiet Regnitztal eine Reihe von vornehmlich privaten Grundstücken lägen, die eingefriedet und damit für den Normadressaten kaum oder gar nicht zugänglich seien. Die Bereiche Wöhrmühle, Egelanger und Neumühle seien keineswegs miteinander vergleichbar. Aufgrund der Beschlusslage im Zeitpunkt des Erlasses der Änderungsverordnung habe die untere Naturschutzbehörde davon ausgehen müssen, dass im Bereich der Wöhrmühle (ehemaliges Campingplatzgelände) demnächst Nutzungsänderungen (Kultur- und Freizeitaktivitäten bzw. Landesgartenschau 2024) stattfinden würden, welche - längerfristig gesehen - auch den Wegfall des Areals als Landschaftsschutzgebiet bedingen könnten. Derzeit sei ungewiss, welche weitere Nutzung dieses Areal finden werde. Auf der Egelanger Insel befinde sich seit mehreren Jahrzehnten der Deutsche Schäferhundeverein, der dort u.a. eine Hundeschule betreibe. Die Verfügung einer Hundeanleinpflicht für diesen Bereich widerspräche den Vereinszielen und würde die Vereinsaktivitäten nahezu zum Erliegen bringen, weshalb dieser Bereich von der Anleinpflicht ausgenommen worden sei. Beim Nordteil der Neumühlinsel handele es sich zwar um ein für die Allgemeinheit nahezu unzugängliches Areal, dessen Betreten aber nicht ausgeschlossen sei. Dort sei eine große Anzahl wildlebender Vögel festgestellt worden, die hier aufgrund der Gewässernähe regelmäßig auf Nahrungssuche seien und in den Uferbereichen der Regnitz geschützte Brutplätze vorfänden; insoweit bestehe hier ein besonderer Bedarf für deren Ungestörtheit. Auch aus der Biotopkartierung der Stadt Erlangen ergebe sich, dass auf der Neumühlinsel zahlreiche gefährdete Vogelarten brüteten und Nahrung suchten. Den dort wohnenden Antragstellern sei es möglich, ihre Hunde auf dem von der Landschaftsschutzgebietsverordnung ausgenommenen Südteil frei laufen zu lassen. Zudem habe das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 11. Oktober 2006 Az. AN 15 K 05.3788, das vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 7. Mai 2007 Az. 14 ZB 07.76 bestätigt worden sei, in einem vom Antragsteller zu 1 angestrengten Verfahren entschieden, dass dem Verordnungsgeber ein weites Normermessen zustehe, das bei der hier vorgenommenen Differenzierung hinsichtlich der Anleinpflicht nicht überschritten sei.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakte und die Akten des Normaufstellungsverfahrens Bezug genommen.

Gründe

Der zulässige Normenkontrollantrag ist überwiegend begründet. Art. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Schutz von Landschaftsräumen im Bereich der Stadt Erlangen (Landschaftsschutzverordnung) vom 21. Juli 2015 (im Folgenden: Änderungsverordnung) ist insoweit unwirksam, als in der Landschaftsschutzkarte für den Bereich südlich der südlichen Grenze des Europäischen Vogelschutzgebiets DE 6332471 „Regnitz- und Unteres Wiesenttal“ (auf Höhe des Dechsendorfer Damms) mit roter Schraffur eine Zone eingetragen ist, in der es verboten ist, in der Zeit vom 1. März bis 30. August eines Jahres Hunde unangeleint laufen zu lassen. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.

A.

Der Normenkontrollantrag ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.

I. Die von den Antragstellern beanstandete Änderungsverordnung ist eine Rechtsvorschrift im Rang unter dem Landesgesetz, über deren Gültigkeit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, Art. 5 Satz 1 AGVwGO auf Antrag entscheidet.

II. Die Antragsteller sind nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Hiernach kann den Antrag unter anderem jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragsbefugnis der nahe des fraglichen Gebiets wohnenden Antragsteller (und Hundehalter) ergibt sich aus einer möglichen Verletzung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) durch die durch die Änderungsverordnung angeordnete Hundeanleinpflicht. Zudem sind die Antragsteller als Eigentümer von im Geltungsbereich der Hundeanleinpflicht liegenden Grundstücken in ihrem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 GG betroffen.

III. Die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift ist gewahrt; die Landschaftsschutzverordnung ist im Amtsblatt der Antragsgegnerin „Die amtlichen Seiten“ Nr. 15 vom 30. Juli 2015 veröffentlicht worden, der Normenkontrollantrag der Antragsteller ist am 29. Juli 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingegangen.

B.

Der Normenkontrollantrag ist insoweit begründet, als in der durch die Änderungsverordnung neu aufgenommenen Landschaftsschutzkarte für den Bereich südlich der südlichen Grenze des Europäischen Vogelschutzgebiets DE 6332471 „Regnitz- und Unteres Wiesenttal“ (südlich des Dechsendorfer Damms) mit roter Schraffur eine Hundeanleinzone eingetragen ist. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.

I. Fehler hinsichtlich der gesetzlichen Bestimmungen über die Zuständigkeit (Art. 51 Abs. 1 Nr. 3, Art. 60 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG) und das Verfahren (Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Art. 52, 60 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG, Art. 45 ff. LStVG) oder sonstige formelle Fehler sind nicht ersichtlich.

1. Ein Verfahrensfehler liegt insbesondere nicht darin begründet, dass in der Beschlussvorlage für die Stadtratssitzung vom 25. Juni 2015 die Stellungnahme des Amtes für Veterinärwesen und gesundheitlichen Verbraucherschutz vom 30. Oktober 2014 nicht wiedergegeben wurde, wie dies im Parallelverfahren Az. 14 N 16.1253 gerügt wurde. Zum einen handelt es sich bei diesem Amt nicht um eine „beteiligte Stelle“ i.S.d. Art. 52 Abs. 1 BayNatSchG und die Stellungnahme ist zudem außerhalb der Auslegungsfrist (Fristende am 30.6.2014) eingegangen. Zum anderen betrifft die damit zusammenhängende Frage, ob dem Stadtrat bei seiner Beschlussfassung die notwendigen Informationen zur Verfügung standen, nicht das formelle, sondern das materielle Recht, nämlich die Ordnungsmäßigkeit der getroffenen Abwägung. Gleiches gilt für den im o.g. Parallelverfahren weiter vorgebrachten Einwand des dortigen Antragstellers, dass nicht 800 Unterschriften, wie in der Beschlussvorlage angeführt, sondern 1.000 Unterschriften von Mitgliedern der Interessengemeinschaft gegen die Anleinpflicht vorgelegen hätten.

2. Auch sonst begegnet die Änderungsverordnung in formeller Hinsicht keinen Bedenken, insbesondere liegt ein formeller Fehler nicht wegen der fehlenden Angabe einer Rechtsgrundlage in der Änderungsverordnung vor. Eine, wie hier, auf einer landesrechtlichen Ermächtigung - Art. 12 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG - beruhende Verordnung unterfällt nicht dem Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG. Art. 45 Abs. 2 LStVG ist nur als „Soll“-Vorschrift ausgestaltet und stellt demgemäß keine zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Verordnung der Gemeinden, Landkreise oder Bezirke (vgl. Art. 42 Abs. 1 LStVG) dar. Ein landesverfassungsrechtliches Zitiergebot, das vom Verordnungsgeber verlangen würde, die Ermächtigungsnorm anzugeben, existiert nicht (stRspr, z.B. BayVerfGH, E.v. 24.5.1973 - Vf. 19-VII-72 - VerfGHE 26, 48/59; E.v. 6.8.1981 - Vf. 19-VII-79 - VerfGHE 34, 131/132). Daran ändert auch nichts, dass die mit der Änderungsverordnung eingeführte Hundeanleinpflicht nach dem bereits bestehenden § 7 Abs. 1 Nr. 1 der Landschaftsschutzverordnung, der auf die Verbotsvorschriften des § 2 - somit auch auf den neu eingeführten § 2 Abs. 2 Nr. 6 - der Landschaftsschutzverordnung verweist, bußgeldbewehrt ist. Denn § 7 Abs. 1 der Landschaftsschutzverordnung, der im Übrigen auf Art. 57 Abs. 1 Nr. 2 BayNatSchG verweist (vgl. Art. 4 Abs. 1 LStVG), ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

II. Die angegriffene Änderungsverordnung entspricht materiellem Recht, soweit sie für den im Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung liegenden Teilbereich des Europäischen Vogelschutzgebiets DE 6332471 „Regnitz- und Unteres Wiesenttal“ (nördlich des Dechsendorfer Damms) eine Hundeanleinpflicht in der Zeit vom 1. März bis 30. August eines Jahres anordnet.

1. Rechtsgrundlage für die mit der Änderungsverordnung angeordnete Hundeanleinpflicht ist Art. 12 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG i.V.m. Art. 22 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2, Art. 26 Abs. 2 BNatSchG. Danach bestimmt eine Landschaftsschutzgebietsverordnung neben dem Schutzgegenstand und dem Schutzzweck auch die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Ge- und Verbote und die Schutzgebiete können in Zonen mit einem entsprechend dem jeweiligen Schutzzweck abgestuften Schutz gegliedert werden. Demgegenüber kommt die von der Antragsgegnerin genannte Bestimmung des Art. 31 Abs. 1 BayNatSchG als Rechtsgrundlage wohl in keiner ihrer Alternativen in Betracht. Danach kann die untere oder höhere Naturschutzbehörde durch Rechtsverordnung oder Einzelanordnung die Erholung in Teilen der freien Natur im erforderlichen Umfang aus Gründen des Naturschutzes, zur Durchführung von landschaftspflegerischen Vorhaben, zur Regelung des Erholungsverkehrs oder aus anderen zwingenden Gründen des Gemeinwohls untersagen oder beschränken. Eine „Regelung des Erholungsverkehrs“ könnte allenfalls angenommen werden, wenn der Verordnungsgeber eine Hundeanleinpflicht im Hinblick auf eine Gefährdung anderer Erholungsuchender wie Kinder, Radfahrer etc. durch frei laufende Hunde verfügt, nicht aber, wenn er dadurch - wie hier - verhindern will, dass Hunde schützenswerte Bereiche betreten und dabei Vögel oder andere Tiere stören. Ob eine zu diesem Zweck verfügte Hundeanleinpflicht eine „Beschränkung der Erholung in Teilen der freien Natur aus Gründen des Naturschutzes“ im o.g. Sinn darstellen kann, kann offen bleiben, da hieran jedenfalls keine geringeren Anforderungen zu stellen wären als nach der Rechtsgrundlage des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG.

2. Die durch die Änderungsverordnung angeordnete Hundeanleinpflicht ist in diesem Teilbereich mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere rechtfertigt der in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Landschaftsschutzverordnung angegebene Schutzzweck der Gewährleistung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts den Erlass dieses repressiven Verbots.

a) Der in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Landschaftsschutzverordnung enthaltene Schutzzweck, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, u.a. in seiner Funktion als „grüne Lunge“ für das Stadtgebiet Erlangen zu gewährleisten, um insbesondere (b) die heimische Tier- und Pflanzenwelt sowie ihre Lebensgemeinschaften und Lebensräume, vor allem auch Trocken- und Feuchtbiotope, zu erhalten, wurde - wie auch die weiteren Schutzzwecke - bereits bei Erlass der Landschaftsschutzverordnung vom 13. Dezember 2000 auf der Grundlage des Art. 10 BayNatSchG in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. August 1998 (GVBl S. 593) i.V.m. § 15 BNatSchG in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1998 (BGBl I S. 2994) eingeführt und kann, da diese Ausgangsverordnung nicht mehr im Rahmen der Normenkontrolle angreifbar ist, als solcher hinsichtlich seiner Bestimmtheit vorliegend nicht mehr überprüft werden. Dieser Umstand entbindet jedoch nicht von der Prüfung, ob dieser Schutzzweck hinreichend bestimmt ist, um das neu angeordnete Verbot, in der Zeit vom 1. März bis 30. August eines Jahres Hunde unangeleint laufen zu lassen, zu rechtfertigen.

Dies setzt voraus, dass der Schutzzweck dem hier inmitten stehenden Teilgebiet hinreichend bestimmt zugeordnet werden kann, was angesichts des Umstands, dass es sich dabei um ein Europäisches Vogelschutzgebiet handelt, nicht zweifelhaft ist. Aus den Bestimmungen der Landschaftsschutzverordnung lässt sich auch mit ausreichender Bestimmtheit ermitteln, dass die Hundeanleinpflicht im hier inmitten stehenden Teilgebiet im Hinblick auf den Schutzzweck des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b der Landschaftsschutzverordnung angeordnet wurde. Nach § 2 Abs. 1 der Landschaftsschutzverordnung ist es in den in § 1 Abs. 2 genannten Landschaftsschutzräumen verboten, Handlungen und Veränderungen vorzunehmen, die geeignet sind, den Naturhaushalt zu schädigen, die Landschaft zu verunstalten, den Naturgenuss oder den Erholungswert der Landschaft zu beeinträchtigen. Es erschließt sich ohne Weiteres, dass es bei einer Hundeanleinpflicht nur um den Schutzzweck gehen kann, die Schädigung des Naturhaushalts zu verhindern, somit um die Gewährleistung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Landschaftsschutzverordnung. Aus der durch die Änderungsverordnung vorgenommenen Zonierung des Landschaftsschutzgebiets Regnitztal in Zonen mit Hundeanleinpflicht und in solche ohne Hundeanleinpflicht folgt nichts anderes. Dadurch ändert sich der dem jeweiligen Teilgebiet zugeordnete Schutzzweck nicht und durch die entsprechende Kenntlichmachung der Zone (mit roter Schraffur), in der die Hundeanleinpflicht gelten soll, lässt sich mit ausreichender Bestimmtheit ermitteln, was von den pflichtigen Personen, den Hundehaltern - hier verwendet als Oberbegriff für alle Personen, die Hunde ausführen -, verlangt wird (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2017 - 4 BN 8.17 - juris Rn. 5). Das vom Normgeber Gewollte erschließt sich somit vorliegend mit (noch) hinreichender Deutlichkeit aus der relativ allgemeinen Beschreibung des Schutzzwecks, auch wenn eine konkretere Beschreibung wünschenswert wäre; dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Bestimmtheitsgrundsatz ist damit - jedenfalls für das vorliegende Teilgebiet - im Hinblick auf die neu eingeführte Hundeanleinpflicht Genüge getan, insbesondere ist die Angabe der zu schützenden Tierklasse im Sinne einer wissenschaftlich anerkannten Systematik (z.B. Vögel, Säugetiere, Amphibien etc.) nicht erforderlich.

b) Der Schutzzweck des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Landschaftsschutzverordnung, insbesondere der Schutz der heimischen Tier- und Pflanzenwelt sowie ihrer Lebensgemeinschaften und Lebensräume nach Buchstabe b dieser Bestimmung, rechtfertigt den Erlass einer Hundeanleinpflicht in dem Teilbereich des Europäischen Vogelschutzgebietes.

aa) Das „Regnitz- und Unteres Wiesenttal“ wurde durch die Verordnung über die Festlegung von Europäischen Vogelschutzgebieten sowie deren Gebietsbegrenzungen und Erhaltungszielen (Vogelschutzverordnung - VoGEV - vom 12.7.2006, GVBl S. 524) als Europäisches Vogelschutzgebiet festgelegt. Nach § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 VoGEV sind für dieses Gebiet mit der Gebietsnummer DE 6332471 folgende Erhaltungsziele festgelegt: „Erhaltung oder Wiederherstellung der Bestände von Tafelente, Wachtel, Haubentaucher, Zwergtaucher, Weißstorch, Wespenbussard, Rohrweihe, Fischadler, Wachtelkönig, Kiebitz, Bekassine, Kampfläufer, Bruchwasserläufer, Eisvogel, Neuntöter Beutelmeise, Wiesenpieper, Nachtigall, Schafstelze, Pirol, Braunkehlchen, Blaukehlchen und Dorngrasmücke und deren Lebensräume, insbesondere der naturnahen Flüsse mit breiten, regelmäßig überfluteten Talräumen mit Grünlandnutzung, Nass- und Feuchtwiesen, Auwaldresten und Uferbegleitgehölzen sowie einem Teichgebiet und einem Eichen-Hainbuchenwald als Brut-, Nahrungs- und Durchzugsgebiet.“ Hiernach sollen in diesem Europäischen Vogelschutzgebiet speziell auch die Bestände von Wiesenbrütern wie Kiebitzen, Bekassinen, Wiesenpiepern und Braunkehlchen und deren Lebensräume erhalten bzw. wiederhergestellt werden. Der Schutz von wiesenbrütenden Vogelarten war ausweislich der Begründung in der Beschlussvorlage zur Stadtratssitzung vom 25. Juni 2015 im Wesentlichen auch das Ziel der neu eingeführten Hundeanleinpflicht. Durch die Einschränkung „im Wesentlichen“ wird allerdings bereits zum Ausdruck gebracht, dass der Verordnungsgeber auch andere Vogelarten mit im Blick hatte, also auch diese - etwa bei der Nahrungssuche - geschützt werden sollten. Im Übrigen kommt es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der richterlichen Kontrolle von untergesetzlichen Normen im Grundsatz auf das Ergebnis des Rechtssetzungsverfahrens an, also auf die erlassene Vorschrift in ihrer regelnden Wirkung, und nicht auf die die Rechtsnorm tragenden Motive desjenigen, der an ihrem Erlass mitwirkt, wenn - wie hier - die Abwägung keiner besonders ausgestalteten Bindung an gesetzlich formulierte Abwägungsdirektiven unterliegt (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2017 - 4 BN 8.17 - juris Rn. 8 f. m.w.N.).

Dabei ist Schutzzweck der Verordnung ebenso wie bei den o.g. Erhaltungszielen der Vogelschutzverordnung für dieses Gebiet nicht nur der Erhalt, sondern auch die Wiederherstellung der entsprechenden Bestände bzw. Lebensräume. Zwar spricht die Landschaftsschutzverordnung in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b nur von „Erhalten“. Wie aber dem Wort „insbesondere“ in dieser Bestimmung zu entnehmen ist, handelt es sich dabei nur um ein Fallbeispiel. Die maßgebliche Ermächtigungsgrundlage des Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. August 1998 hat bestimmt, dass als Landschaftsschutzgebiete Gebiete festgesetzt werden können, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft oder besondere Pflegemaßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Nutzungsfähigkeit der Naturgüter erforderlich sind, umfasste also ebenfalls den Zweck der „Wiederherstellung“. Dass auch der Begriff „die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu gewährleisten“, wie in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Landschaftsschutzverordnung verwendet, die „Wiederherstellung“ beinhaltet, ergibt sich aus einem Vergleich mit der Vorgängerbestimmung des Art. 10 Abs. 1 Buchst. a BayNatSchG in der Fassung vom 17. Juli 1973 (GVBl S. 437), der bestimmte, dass Landschaftsschutzgebiete festgesetzt werden können, „um die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu gewährleisten, insbesondere schwere Landschaftsschäden zu verhindern oder zu beheben“. Entsprechend hat auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits in einer Entscheidung zur vorgenannten Fassung des Art. 10 BayNatSchG ausgeführt, dass ein auf dieser Grundlage festgesetztes Schutzgebiet auch dann schützenswürdig ist, wenn im Geltungsbereich der Verordnung die zu schützenden Pflanzen und Tiere nicht mehr anzutreffen sein sollten (BayVGH, U.v. 5.7.1983 - 9 N 82 A.365 - BayVBl 1984, 366/367).

bb) Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Schutzzweck des Erhalts bzw. der Wiederherstellung der entsprechenden Bestände und Lebensräume von Vögeln, der dem Erhaltungsziel der Vogelschutzverordnung entspricht, im hier inmitten stehenden Teilbereich des Europäischen Vogelschutzgebiets aufgrund anderer, nicht von Hunden ausgehenden Störungen nicht mehr erreichbar sein könnte.

Insbesondere wurde weder vorgetragen noch ist es für den Senat sonst ersichtlich, dass in diesem Teilbereich ein ebenso großes Störpotential durch die landwirtschaftliche Nutzung der Grundstücke vorhanden ist wie im Bereich außerhalb des Europäischen Vogelschutzgebiets (südlich des Dechsendorfer Damms). Dies ist schon deshalb nicht anzunehmen, weil dieses Teilgebiet, anders als der Bereich südlich des Dechsendorfer Damms, im Jahre 2006 als Europäisches Vogelschutzgebiet festgelegt wurde, dort also im Gegensatz zum Bereich südlich des Dechsendorfer Damms Bestände der o.g. Vogelarten festgestellt worden sind. Soweit auch erholungsuchenden Personen (mit oder ohne angeleinte Hunde) als Störpotential insbesondere für die Wiesenbrüter angeführt werden, ist auf Art. 30 Abs. 1 BayNatSchG hinzuweisen, nach dessen Satz 1 landwirtschaftlich genutzte Flächen (einschließlich Sonderkulturen) und gärtnerisch genutzte Flächen während der Nutzzeit nur auf vorhandenen Wegen betreten werden dürfen. Als Nutzzeit gilt nach Satz 2 dieser Bestimmung die Zeit zwischen Saat oder Bestellung und Ernte, bei Grünland die Zeit des Aufwuchses. Das Störpotential von Erholungsuchenden ist bei rechtmäßiger Ausübung des Betretungsrechts, die gegebenenfalls zu überwachen ist, wesentlich geringer als das Störpotential von auf Wiesen herumlaufenden Hunden. Soweit es um das Störpotential von frei laufenden Katzen geht, ist zu sehen, dass hier eine Anleinpflicht ins Leere ginge, da Katzen nicht wie Hunde zum Spaziergehen in Erholungsgebiete ausgeführt werden. Auf das diesbezügliche Störpotential kann daher mit Verboten in der Landschaftsschutzverordnung nicht reagiert werden; umso wichtiger erscheint es, andere Störungen, die verhindert werden können, möglichst auszuschließen.

Unabhängig davon hat auch die Nachfolgeregelung zur Vogelschutzverordnung, die Bayerische Verordnung über die Natura 2000-Gebiete (Bayerische Natura 2000-Verordnung - BayNat2000V) vom 19. Februar 2016 (AllMBl S. 258) den hier maßgeblichen Bereich mit einbezogen und Erhaltungsziele für die o.g. Vogelarten festgelegt.

cc) Die angeordnete Hundeanleinpflicht ist auch geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne, um besagtes Schutzziel zu erreichen. Relevante Abwägungsfehler sind nicht ersichtlich.

(1) Bei der Hundeanleinpflicht handelt es sich nicht um ein Gebot im eigentlichen Sinn, sondern um ein Verbot; derartige Verbote sind - im Gegensatz zu eigentlichen Geboten, die kein Unterlassen, sondern ein bestimmtes Handeln verlangen - in Schutzgebietsverordnungen grundsätzlich zulässig (vgl. BayVGH, U.v. 28.8.2018 - 14 B 15.2206 - juris Rn. 42; P. Fischer-Hüftle/J. Schumacher/A. Schumacher in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl. 2011, § 22 Rn. 26; Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 22 Rn. 49).

(2) Wegen des sehr großen Störpotentials von frei laufenden Hunden gerade für wiesenbrütende Vögel ist die angeordnete Hundeanleinpflicht geeignet und erforderlich zur Erreichung des Zwecks, die heimische Tierwelt, insbesondere wiesenbrütende Vögel, sowie ihre Lebensgemeinschaften und Lebensräume zu schützen. Es liegt auf der Hand, dass Vögel durch frei laufende Hunde, die zudem häufig über einen ausgeprägten Jagdinstinkt verfügen, in ihren Rückzugsmöglichkeiten beeinträchtigt bzw. erheblich beunruhigt werden (vgl. NdsOVG, U.v. 20.11.2012 - 4 KN 16/11 - NdsVBl 2013, 76). Bei Vögeln, die brüten, können solche Störungen dazu führen, dass die Vögel aufgescheucht werden und wegfliegen mit der Folge, dass die Brut nicht mehr ausgebrütet wird. Diese Gefahr besteht besonders in Gebieten, die zahlreich von Erholungsuchenden, insbesondere auch Hundehaltern, aufgesucht werden, in denen also die Störungen - speziell in der schönen Jahreszeit, zu der die Vögel brüten - besonders häufig sind.

Aufgrund dieser allgemein bekannten Verhaltensweisen von frei laufenden Hunden, die durch Hundehalter in der Regel auch nicht wirksam unterbunden werden können, des Umstands, dass das Landschaftsschutzgebiet Regnitztal ein beliebtes Naherholungsgebiet auch für Hundehalter ist und sich dort auch Wild (etwa Hasen und Fasane) aufhält, und des von frei laufenden Hunden ausgehenden sehr hohen Störpotentials mit weitreichenden Folgen insbesondere für wiesenbrütende Vögel steht fest, dass das Freilaufenlassen von Hunden dem besonderen Schutzzweck des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b der Landschaftsschutzverordnung im Teilbereich des Europäischen Vogelschutzgebiets schlechthin zuwiderläuft, also die Voraussetzungen für ein repressives Verbot (mit der bloßen Möglichkeit der Befreiung) gegeben sind (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 27.10.2017 - 14 N 16.768 - BayVBl 2018, 415 Rn. 26 m.w.N.). Da mit der Hundeanleinpflicht trotz des Umstands, dass diese die private Lebensgestaltung, also den Kernbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit, betrifft (vgl. BVerfG, B.v. 21.12.2011 - 1 BvR 2007/10 - juris Rn. 33), nur eine relativ geringfügige Grundrechtseinschränkung für den Hundehalter verbunden ist (so auch OVG Berlin-Bbg, U.v. 27.5.2010 - 5 A 1.08 - juris Rn. 38), ist die Hundeanleinpflicht im Hinblick auf die dargestellten Allgemeinwohlinteressen auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil sie nur für die Hauptbrutzeit von März bis August eines jeden Jahres angeordnet ist.

(3) Die vom Antragsteller des Parallelverfahrens Az. 14 N 16.1253 gerügten Fehler im Abwägungsvorgang (unzureichende Ermittlung bzw. Zusammenstellung der bei der Abwägung zu berücksichtigenden Umstände) können die Rechtswidrigkeit der Änderungsverordnung nicht begründen. Denn bei der richterlichen Kontrolle von untergesetzlichen Normen kommt es, wie oben bereits ausgeführt, in Fallgestaltungen wie hier im Grundsatz auf das Ergebnis des Rechtssetzungsverfahrens an, also auf die erlassene Vorschrift in ihrer regelnden Wirkung, und nicht auf die die Rechtsnorm tragenden Motive desjenigen, der an ihrem Erlass mitwirkt (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2017 - 4 BN 8.17 - juris Rn. 8 f. m.w.N.).

c) Die Änderungsverordnung ist nicht hinsichtlich ihrer Grenzziehung für das Gebiet mit Leinenzwang unzureichend bestimmt, wie dies im Parallelverfahren Az. 14 N 16.1253 gerügt wurde. Eine Grenzziehung verstößt nicht schon dann gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, wenn sie nicht an bestimmten Gegebenheiten in der Flur festzumachen ist. Die Landschaftsschutzkarte weist einen Maßstab von 1:10.000 auf, übertrifft also die Mindestanforderungen des Art. 51 Abs. 3 Satz 1 LStVG (Maßstab von mindestens 1:25.000) um mehr als das Doppelte. Bei Landschaftsschutzgebieten mag es zwar wünschenswert sein, dass der Grenzverlauf sich an Straßen und Wegen, den Einfriedungen bebauter Grundstücke oder anderen leicht feststellbaren geografischen Merkmalen orientiert. Notwendig ist dies aber keineswegs und in der Regel kann der Grenzverlauf ohnehin nur anhand einer mitgeführten Schutzgebietskarte in der Natur bestimmt werden (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2016 - 14 N 14.2400 - NuR 2017, 859 Rn. 59 m.w.N.).

III. Die angegriffene Änderungsverordnung widerspricht materiellem Recht, soweit sie für den Bereich südlich der südlichen Grenze des Europäischen Vogelschutzgebiets DE 6332471 „Regnitz- und Unteres Wiesenttal“ (auf Höhe des Dechsendorfer Damms) eine Hundeanleinpflicht in der Zeit vom 1. März bis 30. August eines Jahres angeordnet hat.

1. Dieses Gebiet südlich des Dechsendorfer Damms ist weitaus größer als der unter II. erörterte Teilbereich des Vogelschutzgebiets; es umfasst einschließlich der Bereiche der Regnitz ein Gebiet von ca. 7.500 m Länge und durchschnittlich 700 m Breite (somit ca. 525 ha). Im Unterschied zum Teilbereich des Vogelschutzgebiets ist nicht ersichtlich, dass hier jemals nennenswerte Bestände an (wiesenbrütenden) Vögeln festgestellt worden sind. Zwar kann auch für diesen Bereich der in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Landschaftsschutzverordnung enthaltene Schutzzweck, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, u.a. in seiner Funktion als „grüne Lunge“ für das Stadtgebiet Erlangen zu gewährleisten, herangezogen werden, da das Gebiet als großer Grünzug für das Klima der Stadt von großer Bedeutung ist (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG). Auch erscheint ohne Weiteres nachvollziehbar, dass so große zusammenhängende Wiesenflächen im Bereich eines Gewässers, hier der Regnitz, aufgrund ihrer Ausdehnung und Weite grundsätzlich für (wiesenbrütende) Vögel besonders attraktiv sind. Das Gebiet besteht jedoch fast ausschließlich aus intensiv landwirtschaftlich bewirtschafteten Wiesen und wurde im Gegensatz zum nördlich gelegenen Gebiet trotz seiner ausgedehnten, offenen Grünflächen nicht als Europäisches Vogelschutzgebiet festgelegt. Auch die Antragsgegnerin hat nicht behauptet, dass sich in diesem Bereich jemals nennenswerte Bestände oder Lebensräume einheimischer Vögel befunden haben; Ausnahmen gelten nur für wenige Bereiche, etwa für die Uferbereiche der Regnitz bzw. sonstige Heckenbestände, oder einzelne Biotopflächen wie etwa die nördliche Neumühlinsel, wobei sich dort allerdings keine wiesenbrütenden Vögel, sondern andere Vogelarten aufhalten.

2. Demnach könnte in diesem Bereich der Landschaftsschutzverordnung - mit o.g. wenigen Ausnahmen - allenfalls der nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ebenfalls zulässige Zweck der Entwicklung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts ein Hundeanleingebot rechtfertigen. Für eine „Entwicklung“ kommen alle Flächen in Betracht, die sich nicht oder nicht im gewünschten Maß in einem schutzwürdigen Zustand befinden, sich dazu aber entwickeln bzw. dahin entwickelt werden können (vgl. BVerwG, U.v. 5.2.2009 - 7 CN 1.08 - NVwZ 2009, 719 Rn. 32 zu § 23 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG). Eine Verbesserung durch Entwicklung kann sowohl qualitativ (Zustandsverbesserung) als auch quantitativ (Flächenvergrößerung) erfolgen (BT-Drs. 14/6378 S. 51 zu § 23 BNatSchG). Daher können grundsätzlich auch intensiv landwirtschaftlich genutzte Flächen im Hinblick auf die Erreichung eines schutzwürdigen Zustands in ein Schutzgebiet einbezogen werden (vgl. zum Ganzen BVerwG, B.v. 2.8.2018 - 4 BN 8.18 - juris Rn. 10). Um allerdings einer voraussetzungslosen Unterschutzstellung zu begegnen, müssen die einbezogenen Flächen jedenfalls nach ihrer Ausstattung und Lage ein hinreichend konkretes Entwicklungspotential für eine Verbesserung des Naturhaushalts aufweisen (BVerwG, B.v. 2.8.2018 a.a.O. Rn. 11 m.w.N.), was insbesondere erfordert, dass die festgesetzten Ver- und Gebote die angestrebte Entwicklung bewirken können. Hieran fehlt es, so dass offen bleiben kann, ob es auch erforderlich gewesen wäre, den Schutzzweck der (bloßen) Entwicklung neu in die Änderungsverordnung aufzunehmen und ggf. näher zu erläutern, auf welche Vogelarten sich dieser Entwicklungsgedanke beziehen soll.

a) Das südlich des Dechsendorfer Damms in die Hundeanleinpflicht mit einbezogene sehr große Gebiet besteht, wie bereits ausgeführt, mit Ausnahme der Regnitz und deren Uferbereichen fast ausschließlich aus intensiv landwirtschaftlich bewirtschafteten Wiesen. Zwar hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, einige Wiesen befänden sich in Vertragsnaturschutzprogrammen; nachdem Zahlen nicht genannt werden konnten, kann jedenfalls nicht von einem maßgeblichen Anteil solcher Flächen ausgegangen werden. Da die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung vom Verbotskatalog ausgenommen ist (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Landschaftsschutzverordnung) und keine weiteren Einschränkungen, etwa zum Düngemittel- oder Pflanzenschutzmitteleinsatz, in der Landschaftsschutzverordnung enthalten sind, wäre die nunmehr angeordnete Hundeanleinpflicht das einzige festgesetzte Verbot, um die angestrebte Entwicklung des Gebiets zu einem schutzwürdigen Zustand zu bewirken. Dafür, dass dies gelingen könnte, bestehen angesichts der hier sonst vorhandenen Störfaktoren allerdings keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte.

Wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, stellt die intensive landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Wiesen ein erhebliches Störpotential für die zu schützenden Vögel, insbesondere die Wiesenbrüter, dar. Dies gilt zum einen für die Düngung, die gerade zu einer Zeit (ca. Mitte März) stattfindet, zu der die Vögel erstmals brüten. Im weiteren Verlauf des Jahres sind die Vögel durch eine in der Regel mindestens zweimalige Mahd gefährdet, auch wenn einzelne Landwirte hierbei womöglich auf Gelege Rücksicht nehmen. Weiteren Störungen sind die Vögel durch den Lärm der landwirtschaftlichen Maschinen ausgesetzt, der angesichts der relativ kleinen Wiesen und der Mahd zu unterschiedlichen Zeiten über mehrere Monate hin an den verschiedensten Stellen auftreten kann. Hinzu kommt, dass die Landwirte die Wiesen zu Trockenzeiten mit Wasser aus der Regnitz bewässern dürfen und dies auch tun; nach dem von der Antragsgegnerin nicht bestrittenen Vortrag steht in dieser Zeit das Wasser 5 bis 15 cm hoch auf den Wiesen. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, inwieweit in diesem großräumigen Bereich ein konkretes Entwicklungspotential für Wiesenbrüter bestehen könnte. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich im Norden ein Europäisches Vogelschutzgebiet befindet. Da sich Vögel - und auch Hunde - nicht an künstlich festgelegte Grenzen halten, wäre es zwar zulässig, im nördlichen Teil des vorliegenden Bereichs (südlich des Europäischen Vogelschutzgebiets) weitere Flächen als Rand- bzw. Pufferzonen mit in die Hundeanleinpflicht mit einzubeziehen. Die Entscheidung, in welcher Ausdehnung derartige Randzonen mit einbezogen werden sollen, kann aber unter Ausübung seines Gestaltungsermessens und mit hinreichender Bestimmtheit nur der Verordnungsgeber treffen; dem Senat ist dies verwehrt. Die hier von der Antragsgegnerin einbezogene Gesamtfläche kann angesichts ihrer Größe nicht als Randzone bezeichnet werden.

Auch der Vortrag der Antragsgegnerin, es würden immer wieder wiesenbrütende Vögel bzw. andere Vogelarten beobachtet, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Zum einen ist völlig unklar, in welchen Bereichen der Hundeanleinzone solche Vögel beobachtet worden sind, zum anderen ist auch die Zahl der beobachteten Vögel völlig offen. Nach alledem ist ein konkretes Entwicklungspotential für eine Verbesserung des Naturhaushalts in Bezug auf (wiesenbrütende) Vögel vorliegend nicht ersichtlich.

b) Anders erschiene die Sachlage, soweit es im gesamten Bereich, in wiederkehrenden, auch größeren Abständen immer wieder Flächen geben würde, die nicht einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung unterlägen, so dass hinsichtlich dieser Flächen ein konkretes Entwicklungspotential, insbesondere für wiesenbrütende Vögel, auf deren Schutz es der Antragsgegnerin in besonderem Maße ankam, angenommen werden könnte. Dies rechtfertigte auch die Einbeziehung von diese Flächen umgebenden intensiv landwirtschaftlich bewirtschafteten Wiesen in die Hundeanleinpflicht. Denn es liegt auf der Hand, dass ein Hundeanleingebot nur dann Sinn macht, wenn sich Hunde weiträumig um schützenswerte (Entwicklungs-)Flächen herum nur angeleint bewegen können, da eine hinreichende Gefahr einer Störung insbesondere von wiesenbrütenden Vögeln durch Hunde aufgrund deren Jagdtriebs auch dann besteht, wenn diese in größeren Entfernungen frei herumlaufen. Das Vorhandensein solcher wiederkehrender Flächen im gesamten Gebiet hat die Antragsgegnerin aber nicht vorgetragen. Der Umstand, dass vereinzelt schützenswerte Flächen, insbesondere für andere als wiesenbrütende Vogelarten, bestehen, rechtfertigt, wie bereits ausgeführt, nicht die Einbeziehung der Gesamtfläche; auch insoweit könnte nur der Verordnungsgeber - und nicht der Senat - mit hinreichender Bestimmtheit und unter Ausübung seines Gestaltungsermessen etwaige Begrenzungen festlegen.

IV. Die vom Senat festgestellte Unwirksamkeit hat nicht die Ungültigkeit der Änderungsverordnung insgesamt oder sonstiger Teile der Landschaftsschutzgebietsverordnung zur Folge. Der fehlerfreie Teil der Regelung bleibt objektiv sinnvoll und ist subjektiv vom Willen des Verordnungsgebers umfasst (vgl. zur Anwendbarkeit des § 139 BGB im Rahmen eines Bebauungsplans BVerwG, B.v. 6.4.1993 - 4 NB 43.92 - NuR 1994, 189; BayVGH, U.v. 13.12.2016 - 14 N 14.2400 - NuR 2017, 859 Rn. 93).

Der sich innerhalb der Änderungsverordnung befindliche Teilbereich des Europäischen Vogelschutzgebiets, hinsichtlich dessen die Änderungsverordnung wirksam ist, ist auch bezüglich seiner Grenzziehung hinreichend bestimmt und damit abtrennbar. Die nördliche, östliche und westliche Grenze ergeben sich aus der Änderungsverordnung selbst. Die südliche Grenze ergibt sich zwischenzeitlich gemäß § 2 der Bayerischen Verordnung über die Natura 2000-Gebiete (Bayerische Natura 2000-Verordnung - BayNat2000V) vom 12. Juli 2006 (GVBl S. 524), geändert durch Verordnung vom 19. Februar 2016 (AllMBl S. 258) aus Detailkarten im Maßstab 1:5.000, die bei der obersten Naturschutzbehörde und den Kreisverwaltungsbehörden in Papierform oder in unveränderlicher digitaler Form archivmäßig gesichert und zu jedermanns Einsicht während der Dienstzeit niedergelegt sind. Die Übersichtskarte zum Vogelschutzgebiet ist zwischenzeitlich in der Anlage 2.25 zur Bayerischen Natura 2000-Verordnung enthalten (vormals Anlage 2.25 der Vogelschutzverordnung). Im Hinblick auf diese klare Abgrenzbarkeit auch der südlichen Grenze ist die Hundeanleinzone für den Teilbereich des Europäischen Vogelschutzgebiets, die der Senat für wirksam hält, hinreichend bestimmt.

Angesichts des nur sehr untergeordneten Unterliegens der Antragsteller hält es der Senat für angemessen, der Antragsgegnerin die gesamten Verfahrenskosten nach § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen (vgl. den Rechtsgedanken des § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Die Antragsgegnerin hat die Entscheidungsformel hinsichtlich der für unwirksam erklärten Rechtsvorschrift in derselben Weise zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekannt zu machen wäre (§ 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

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wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung.

(2) In einem Landschaftsschutzgebiet sind unter besonderer Beachtung des § 5 Absatz 1 und nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen.

(3) In einem Landschaftsschutzgebiet sind die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen sowie der zugehörigen Nebenanlagen nicht verboten, wenn sich der Standort der Windenergieanlagen in einem Windenergiegebiet nach § 2 Nummer 1 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1353) befindet. Satz 1 gilt auch, wenn die Erklärung zur Unterschutzstellung nach § 22 Absatz 1 entgegenstehende Bestimmungen enthält. Für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens bedarf es insoweit keiner Ausnahme oder Befreiung. Bis gemäß § 5 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes festgestellt wurde, dass das jeweilige Land den Flächenbeitragswert nach Anlage 1 Spalte 2 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes oder der jeweilige regionale oder kommunale Planungsträger ein daraus abgeleitetes Teilflächenziel erreicht hat, gelten die Sätze 1 bis 3 auch außerhalb von für die Windenergienutzung ausgewiesenen Gebieten im gesamten Landschaftsschutzgebiet entsprechend. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Standort in einem Natura 2000-Gebiet oder einer Stätte, die nach Artikel 11 des Übereinkommens vom 16. November 1972 zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (BGBl. 1977 II S. 213, 215) in die Liste des Erbes der Welt aufgenommen wurde, liegt.

(1) Die Unterschutzstellung von Teilen von Natur und Landschaft erfolgt durch Erklärung. Die Erklärung bestimmt den Schutzgegenstand, den Schutzzweck, die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote und Verbote, und, soweit erforderlich, die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen oder enthält die erforderlichen Ermächtigungen hierzu. Schutzgebiete können in Zonen mit einem entsprechend dem jeweiligen Schutzzweck abgestuften Schutz gegliedert werden; hierbei kann auch die für den Schutz notwendige Umgebung einbezogen werden.

(2) Soweit in den Absätzen 2a und 2b nichts Näheres bestimmt ist, richten sich Form und Verfahren der Unterschutzstellung, die Beachtlichkeit von Form- und Verfahrensfehlern und die Möglichkeit ihrer Behebung sowie die Fortgeltung bestehender Erklärungen zum geschützten Teil von Natur und Landschaft nach Landesrecht. Die Unterschutzstellung kann auch länderübergreifend erfolgen.

(2a) Erklärungen zur Unterschutzstellung nach Absatz 1, die

1.
durch Gesetz, Rechtsverordnung oder Satzung erfolgt sind und
2.
mit Vorgaben der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. L 197 vom 21.7.2001, S. 30) unvereinbar sind, weil eine danach erforderliche Strategische Umweltprüfung nicht durchgeführt wurde,
gelten fort, wenn sich die Unvereinbarkeit mit diesen Vorgaben aus einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ergibt und soweit und solange nach der Entscheidung eine Fortgeltung zulässig ist. Die zur Beseitigung der Unvereinbarkeit mit den Vorgaben der Richtlinie 2001/42/EG erforderlichen Handlungen müssen im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens unverzüglich nachgeholt werden. Die Erklärung zur Unterschutzstellung muss, sofern sich infolge der nachgeholten Handlungen eine Erforderlichkeit dafür ergibt, angepasst werden. Für die Nachholung der erforderlichen Handlungen nach Satz 2 und Anpassungen nach Satz 3 gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes sowie des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder entsprechender landesrechtlicher Vorschriften entsprechend. Der Zeitraum, innerhalb dessen die erforderlichen Handlungen nach Satz 2 und Anpassungen nach Satz 3 nachgeholt werden müssen, richtet sich nach der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union und hat nur den Zeitraum zu umfassen, der zwingend notwendig ist, um Maßnahmen zu treffen, die die Beseitigung der Unvereinbarkeit mit den Vorgaben der Richtlinie 2001/42/EG ermöglichen. Sind die erforderlichen Handlungen nach Satz 2 und Anpassungen nach Satz 3 innerhalb der Frist nach Satz 5 nachgeholt, ist die Unvereinbarkeit mit den Vorgaben der Richtlinie 2001/42/EG geheilt. Sind die erforderlichen Handlungen nach Satz 2 und Anpassungen nach Satz 3 bei Ablauf der Frist nach Satz 5 nicht nachgeholt worden, tritt die Erklärung zur Unterschutzstellung außer Kraft.

(2b) Absatz 2a findet auch Anwendung auf Erklärungen zur Unterschutzstellung nach der rahmenrechtlichen Vorschrift des § 22 Absatz 1 und 2 des Bundesnaturschutzgesetzes in der bis zum 28. Februar 2010 geltenden Fassung sowie nach ausfüllendem Landesrecht. Pläne zur Durchführung von Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 bleiben gültig.

(3) Teile von Natur und Landschaft, deren Schutz beabsichtigt ist, können für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren einstweilig sichergestellt werden, wenn zu befürchten ist, dass durch Veränderungen oder Störungen der beabsichtigte Schutzzweck gefährdet wird. Die einstweilige Sicherstellung kann unter den Voraussetzungen des Satzes 1 einmalig bis zu weiteren zwei Jahren verlängert werden. In dem einstweilig sichergestellten Teil von Natur und Landschaft sind Handlungen und Maßnahmen nach Maßgabe der Sicherstellungserklärung verboten, die geeignet sind, den Schutzgegenstand nachteilig zu verändern. Die einstweilige Sicherstellung ist ganz oder teilweise aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr oder nicht mehr in vollem Umfang gegeben sind. Absatz 2 gilt entsprechend.

(4) Geschützte Teile von Natur und Landschaft sind zu registrieren und zu kennzeichnen. Das Nähere richtet sich nach Landesrecht.

(5) Die Erklärung zum Nationalpark oder Nationalen Naturmonument einschließlich ihrer Änderung ergeht im Benehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur.

(1) Landschaftsschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist

1.
zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, einschließlich des Schutzes von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten,
2.
wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft oder
3.
wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung.

(2) In einem Landschaftsschutzgebiet sind unter besonderer Beachtung des § 5 Absatz 1 und nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen.

(3) In einem Landschaftsschutzgebiet sind die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen sowie der zugehörigen Nebenanlagen nicht verboten, wenn sich der Standort der Windenergieanlagen in einem Windenergiegebiet nach § 2 Nummer 1 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1353) befindet. Satz 1 gilt auch, wenn die Erklärung zur Unterschutzstellung nach § 22 Absatz 1 entgegenstehende Bestimmungen enthält. Für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens bedarf es insoweit keiner Ausnahme oder Befreiung. Bis gemäß § 5 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes festgestellt wurde, dass das jeweilige Land den Flächenbeitragswert nach Anlage 1 Spalte 2 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes oder der jeweilige regionale oder kommunale Planungsträger ein daraus abgeleitetes Teilflächenziel erreicht hat, gelten die Sätze 1 bis 3 auch außerhalb von für die Windenergienutzung ausgewiesenen Gebieten im gesamten Landschaftsschutzgebiet entsprechend. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Standort in einem Natura 2000-Gebiet oder einer Stätte, die nach Artikel 11 des Übereinkommens vom 16. November 1972 zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (BGBl. 1977 II S. 213, 215) in die Liste des Erbes der Welt aufgenommen wurde, liegt.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

Der Bundestag bestellt einen Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Er kann ihn ermächtigen, die Rechte des Bundestages gemäß Artikel 23 gegenüber der Bundesregierung wahrzunehmen. Er kann ihn auch ermächtigen, die Rechte wahrzunehmen, die dem Bundestag in den vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union eingeräumt sind.

(1) Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen.

(2) Der Verursacher ist verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist. Festlegungen von Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen für Gebiete im Sinne des § 20 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 und in Bewirtschaftungsplänen nach § 32 Absatz 5, von Maßnahmen nach § 34 Absatz 5 und § 44 Absatz 5 Satz 3 dieses Gesetzes sowie von Maßnahmen in Maßnahmenprogrammen im Sinne des § 82 des Wasserhaushaltsgesetzes stehen der Anerkennung solcher Maßnahmen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht entgegen. Bei der Festsetzung von Art und Umfang der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind die Programme und Pläne nach den §§ 10 und 11 zu berücksichtigen.

(3) Bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen, insbesondere sind für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Es ist vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dienen, erbracht werden kann, um möglichst zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden.

(4) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern. Der Unterhaltungszeitraum ist durch die zuständige Behörde im Zulassungsbescheid festzusetzen. Verantwortlich für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist der Verursacher oder dessen Rechtsnachfolger.

(5) Ein Eingriff darf nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen.

(6) Wird ein Eingriff nach Absatz 5 zugelassen oder durchgeführt, obwohl die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind, hat der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten. Die Ersatzzahlung bemisst sich nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen durchschnittlichen Kosten für deren Planung und Unterhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung der Personal- und sonstigen Verwaltungskosten. Sind diese nicht feststellbar, bemisst sich die Ersatzzahlung nach Dauer und Schwere des Eingriffs unter Berücksichtigung der dem Verursacher daraus erwachsenden Vorteile. Die Ersatzzahlung ist von der zuständigen Behörde im Zulassungsbescheid oder, wenn der Eingriff von einer Behörde durchgeführt wird, vor der Durchführung des Eingriffs festzusetzen. Die Zahlung ist vor der Durchführung des Eingriffs zu leisten. Es kann ein anderer Zeitpunkt für die Zahlung festgelegt werden; in diesem Fall soll eine Sicherheitsleistung verlangt werden. Die Ersatzzahlung ist zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege möglichst in dem betroffenen Naturraum zu verwenden, für die nicht bereits nach anderen Vorschriften eine rechtliche Verpflichtung besteht.

(7) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Kompensation von Eingriffen zu regeln, insbesondere

1.
zu Inhalt, Art und Umfang von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich Maßnahmen zur Entsiegelung, zur Wiedervernetzung von Lebensräumen und zur Bewirtschaftung und Pflege sowie zur Festlegung diesbezüglicher Standards, insbesondere für vergleichbare Eingriffsarten,
2.
die Höhe der Ersatzzahlung und das Verfahren zu ihrer Erhebung.
Solange und soweit das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit von seiner Ermächtigung keinen Gebrauch macht, richtet sich das Nähere zur Kompensation von Eingriffen nach Landesrecht, soweit dieses den vorstehenden Absätzen nicht widerspricht.

(8) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 sowie zur Kompensation von Eingriffen im Sinne von Absatz 7 Satz 1 zu regeln, soweit die Verordnung und Vorschriften dieses Kapitels ausschließlich durch die Bundesverwaltung, insbesondere bundeseigene Verwaltung oder bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, ausgeführt werden. Die Rechtsverordnung ist bis zum 1. März 2020 dem Bundestag zuzuleiten. Sie kann durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt werden. Der Beschluss des Bundestages wird dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zugeleitet. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ist bei der Verkündung der Rechtsverordnung an den Beschluss gebunden. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang einer Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, so wird die unveränderte Rechtsverordnung dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zur Verkündung zugeleitet. Absatz 7 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

Tenor

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Januar 2013 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 11. Januar 2012 rechtswidrig war. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

II. Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung des Beklagten, den Großen Karrachsee vom 1. März bis 15. September 2012 zu bespannen.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Große Karrachsee liegt. Beim Großen Karrachsee handelt es sich um eine künstliche teichwirtschaftliche Anlage, die nach unbestrittenen Angaben des Klägers des ständigen Unterhalts bedarf, um in einem ordnungsgemäßen Zustand gehalten zu werden. Im Winter wird der Große Karrachsee üblicherweise abgelassen und im Frühjahr erneut bespannt. Ohne Bespannung befände sich auf dem maßgeblichen Grundstück allenfalls in Teilbereichen ein stehendes Gewässer, im Übrigen wäre die Liegenschaft nach unbestrittenen Angaben des Klägers lediglich eine feuchte, sumpfige Niederung. Die Bespannung wird mittels einer Stauanlage, einem sog. Mönchbauwerk, reguliert.

Der Große Karrachsee liegt im Geltungsbereich der „Verordnung über das Naturschutzgebiet ‚Karrachsee‘ Landkreis Ansbach“ der Regierung von Mittelfranken vom 13. März 1990 (im Folgenden: Naturschutzverordnung). Schutzgegenstand ist nach § 1 der Naturschutzverordnung der westlich der Karrachmühle in der Gemarkung Nordenberg der Gemeinde Windelsbach, Landkreis Ansbach, gelegene Feuchtgebietskomplex um den Kleinen und Großen Karrachsee. Zweck der Festlegung des Naturschutzgebiets ist nach § 3 der Naturschutzverordnung u.a. nach dessen Nummer 1, „einen umfassenden, naturnahen Feuchtgebietskomplex im Oberlauf des Karrachbachs mit seinen gut ausgeprägten, überregional bedeutsamen Verlandungszonen am Großen Karrachsee, Niedermoorbereichen, Streuwiesen sowie Erlenbruchwaldanteilen und bachbegleitendem Erlen-Eschen-Wald in der Gesamtheit seiner Lebensbeziehungen nachhaltig zu sichern“, sowie nach dessen Nummer 2, „die für die seltenen Lebensgemeinschaften charakteristischen, seltenen und schutzbedürftigen Pflanzen- und Tierarten zu fördern und ihre Lebensräume zu erhalten und zu schützen“. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der Naturschutzverordnung sind alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung sowie Veränderung des Gebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können. In § 4 Abs. 1 Satz 2 der Naturschutzverordnung sind zudem beispielhaft bestimmte Verbote ausdrücklich benannt, u.a. ist es nach Nummer 6 verboten, den Großen Karrachsee in der Zeit vom 1. März bis 15. September abzulassen oder nicht bespannt zu belassen. Ausgenommen von den Verboten des § 4 ist nach § 5 Nr. 3 der Naturschutzverordnung die ordnungsgemäße fischereiwirtschaftliche Bodennutzung der Gewässer im bisherigen, extensiven Umfang, allerdings u.a. unter der Maßgabe, dass § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Verordnung gilt (vgl. § 5 Nr. 3 Buchst. a der Naturschutzverordnung).

Nachdem der Große Karrachsee Anfang April 2009 nahezu komplett abgelassen worden war, war der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt bereits Eigentümer der Liegenschaft war, mit Bescheid des Landratsamts Ansbach (im Folgenden: Landratsamt) vom 14. April 2009 mit der Begründung, das Ablassen des Großen Karrachsees im Frühjahr widerspreche der Naturschutzverordnung und führe zu Beeinträchtigungen der Amphibienpopulation, verpflichtet worden, den Wasserspiegel nicht weiter abzusenken und die Wiederaufstauung vorzunehmen. Die dagegen erhobene Klage wurde mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 21. Juli 2009 abgewiesen; ein Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Mai 2010 – 14 ZB 09.2176 – (juris) abgelehnt.

Mit Schreiben vom 9. Oktober 2011 teilte der Kläger dem Landratsamt mit, er werde den Großen Karrachsee nach dem 1. März 2012 nicht mehr bewirtschaften. Aus diesem Grunde gebe er die gerissenen Mönchsbretter zurück. Es gebe keine gesetzliche Verpflichtung, den Großen Karrachsee nach dem 1. März zu befüllen. Der Große Karrachsee und die umliegenden Flächen seien „Privatflächen“. Schutz-, Erhaltungs- und Pflegemaßnahmen seien Aufgabe des Landratsamts. Unter § 3 der Naturschutzverordnung seien die Ziele der Naturschutzverordnung beschrieben. Diese zu erreichen sei nicht Aufgabe der Privatbesitzer. Im Rahmen des nachfolgenden Schriftverkehrs wurde der Kläger vom Landratsamt auf seine Verpflichtung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung sowie über den beabsichtigten Erlass einer förmlichen Anordnung für den Fall hingewiesen, dass er den Großen Karrachsee nicht bis zum 1. März 2012 bespannen werde. Einem Schreiben des Wasserwirtschaftsamts Ansbach vom 9. Januar 2012 (vgl. Bl. 18 der Behördenakte) ist zu entnehmen, dass nach Ortseinsicht von der Gebrauchstauglichkeit des Mönchbauwerks ausgegangen werden könne. Zudem obliege die Verantwortlichkeit für die Gewährleistung der Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit der Stauanlage im Sinne der DIN 19700-10 und für den ordnungsgemäßen Betrieb im Allgemeinen dem Betreiber/Betriebsbeauftragten der Anlage. Die Thematik „Bespannung des Großen Karrachsees“ sei aus der Sicht des Wasserwirtschaftsamts naturschutzrechtlich zu bewerten.

Mit Bescheid vom 11. Januar 2012 verpflichtete das Landratsamt den Kläger zur Bespannung des Großen Karrachsees in der Zeit vom 1. März 2012 bis 15. September 2012 (Nr. I des Bescheids) und drohte ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000 Euro für den Fall an, dass er der in I. festgelegten Verpflichtung am 1. März 2012 nicht oder nicht vollständig nachkomme (Nr. II des Bescheids). Am 22. Februar 2012 ordnete das Landratsamt zudem die sofortige Vollziehung von Nr. I des streitgegenständlichen Bescheids an. Die hiergegen vom Kläger am 10. Februar 2012 erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 30. Januar 2013 ab.

Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter mit dem Antrag,

unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Januar 2013 den Bescheid des Landratsamts Ansbach vom 11. Januar 2012 aufzuheben,

hilfsweise,

festzustellen, dass der Bescheid des Landratsamts Ansbach vom 11. Januar 2012 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt.

Zur Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, der streitgegenständliche Bescheid sei rechtswidrig. Ein Ablassen des Weihers in der Zeit nach dem 15. September verlange ein aktives Tun, nämlich das Befüllen des Weihers vor Beginn des Schutzzeitraums. Aus § 22 Abs. 1 BNatSchG ergebe sich, dass die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote tatsächlich in der Schutzerklärung enthalten sein müssten. Ein derartiges Gebot enthalte die Naturschutzverordnung nicht. Auch sei das Bespanntlassen des Großen Karrachsees für den Kläger mit einem erheblichen Unterhaltungsaufwand verbunden. Bei der Teichanlage müssten die Mönche und Dämme ständig in Ordnung gehalten werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass durch Wildtiere wie etwa Bisamratten oder Biber oftmals erhebliche Schäden angerichtet würden, die ausgebessert werden müssten. Zudem werde ihm die unzulässige Verpflichtung aufgegeben, sein Grundstück wie bisher zu bewirtschaften, obwohl er die Fischereiwirtschaft des Sees aufgegeben habe. Die streitgegenständliche Verfügung enthalte somit eine unzulässige Pflege-/Wiederherstellungsmaßnahme. Denn der Große Karrachsee sei ein Fischteich, der im Winter üblicherweise abgelassen werde. Eine Wiederbespannung setze voraus, dass der Kläger vorher sicherstelle, dass von dem Gewässer keine Gefahren für die Unterlieger oder für die ihm gehörenden Mühlengebäude ausgingen. Dies erfordere, dass der Kläger die Dämme begehe und die Abläufe überprüfe. Nicht ausreichend sei, lediglich die Bretter wieder in die Mönche zu stecken. Die Behauptung des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe monetäre Interessen auffällig in den Vordergrund gestellt, sei unsachlich. Der Kläger habe eine Aufstellung vorgelegt, wonach der land- und forstwirtschaftliche Betrieb, der im Wesentlichen aus der fischereiwirtschaftlichen Nutzung des Weihers bestehe, negative oder nur geringe jährliche Einkünfte erziele. Hier seien die Arbeitsstunden des Klägers für die Unterhaltung des Gewässers nicht einberechnet.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Naturschutzverordnung enthalte in ihrem § 4 die zur Erreichung des in ihrem § 3 enthaltenen Schutzzwecks erforderlichen Ge- und Verbote. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung sei es insbesondere verboten, die Weiher in der Zeit vom 1. März bis 15. September abzulassen oder nicht bespannt zu belassen. Die Regelung enthalte das Gebot des Bespanntlassens der Weiher im betreffenden Zeitraum als Kehrseite des Verbots, die Weiher in diesem Zeitraum abzulassen. Auf dieser Grundlage sei die Verpflichtung im streitgegenständlichen Bescheid erfolgt. Eine bestimmte Bewirtschaftung – etwa zur fischereiwirtschaftlichen Nutzung – werde dem Kläger nicht aufgegeben. Vorliegend seien die das Gebot flankierenden Instandhaltungsmaßnahmen im Hinblick auf das betroffene Gemeinwohlziel des Naturschutzes verhältnismäßig und dem Kläger zumutbar. Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen enthalte der Bescheid nicht. Die bloße Instandhaltung der Teichmönche und die Beseitigung etwaiger Wildverbissschäden stellten keine Pflegemaßnahmen dar. Die Naturschutzverordnung enthalte in § 4 ein absolutes Veränderungsverbot, das auf das gesetzliche Veränderungsverbot in Art. 7 Abs. 2 BayNatSchG a.F. zurückgehe. Danach seien alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Gebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen könnten. Bei § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung handle es sich systematisch um eine Ausnahmeregelung vom absoluten Veränderungsverbot. Außerhalb des dort genannten Zeitraums könne der Weiher abgelassen werden. Werde von der Ausnahme Gebrauch gemacht, müsse aber wieder bespannt werden. Die Ausnahme wirke dann wie ein Gebot. Sie bewirke im Ergebnis ein „Weniger“ zum absoluten Veränderungsverbot und sei daher verhältnismäßig. Auch liege im Trockenlegen und anschließenden nicht Wiederbefüllen ein Eingriff im Sinne des § 14 Abs. 1 BNatSchG, so dass die streitgegenständliche Verpflichtung auch auf § 17 Abs. 8 BNatSchG habe gestützt werden können. Zudem sei die angeordnete Verpflichtung zur Bespannung bereits Gegenstand des Bescheids vom 14. April 2009 gewesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage sei rechtskräftig abgewiesen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Nachdem der Kläger den in der mündlichen Verhandlung vom 5. Dezember 2017 geschlossenen gerichtlichen Vergleich mit Erklärung vom 22. Dezember 2017 widerrufen hat, kann der Senat gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten hatten für den Fall, dass der Vergleich widerrufen wird, auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Die vom Kläger im Hauptantrag aufrechterhaltene Anfechtungsklage ist zwar unzulässig und wurde daher vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen (A.). Der hilfsweise gestellte Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids des Landratsamts Ansbach vom 11. Januar 2012 ist jedoch zulässig (B.) und begründet (C.). Unter Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils ist daher die Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheids festzustellen (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Im Übrigen ist die Klage abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen.

A. Die im Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage ist unzulässig. Sie ist nicht nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft, weil sich der streitgegenständliche Bescheid erledigt hat.

Die in Nr. I des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Verpflichtung, den Großen Karrachsee in der Zeit vom 1. März 2012 bis 15. September 2012 zu bespannen, hat sich spätestens mit Ablauf des 15. September 2012 durch Zeitablauf erledigt (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG). Mit diesem Zeitpunkt ist die beschwerende Regelung des Bescheids endgültig weggefallen.

B. Die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig.

I. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Der Kläger konnte nach Erledigung des Verwaltungsakts auch noch im Berufungsverfahren seinen Klageantrag – hilfsweise neben dem Aufhebungsantrag – gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO umstellen (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 67 m.w.N.).

II. Das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der Umstellung der Anfechtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungklage liegt ebenfalls vor. Es besteht die konkrete Gefahr, dass das Landratsamt dem Kläger die in Nr. I des streitgegenständlichen Verwaltungsakts enthaltene Bespannungsverpflichtung auch für Folgejahre auferlegen wird. Bereits in der Vergangenheit kam es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kläger und der unteren Naturschutzbehörde über die Verpflichtungen des Klägers im Hinblick auf die Bespannung des Großen Karrachsees, denen behördliche Anordnungen folgten. Darüber hinaus ist der Korrespondenz zwischen dem Kläger und dem Landratsamt im vorliegenden Verwaltungsverfahren hinlänglich deutlich zu entnehmen, dass der Große Karrachsee nach Auffassung des Landratsamts auch dann, wenn er im Herbst des Vorjahres abgelassen wurde, spätestens am 1. März des Folgejahres bespannt sein muss. Nicht zuletzt belegt Nr. I des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof übergebenen und an den Kläger gerichteten Bescheids des Landratsamts vom 16. März 2017, der erneut die Bespannung des Großen Karrachsees bis 15. September 2017 anordnet, das Bestehen einer konkreten Wiederholungsgefahr.

III. Bedenken gegen die (ursprüngliche) Zulässigkeit der vor Erledigung des streitgegenständlichen Bescheids erhobenen Anfechtungsklage bestehen nicht. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts stand einer erneuten gerichtlichen Nachprüfung in der Sache nicht die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 21. Juli 2009 – AN 15 K 09.631 – (vgl. § 121 Nr. 1, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO) als ein unabdingbares, in jeder Verfahrenslage, namentlich auch im Berufungsverfahren von Amts wegen zu beachtendes Prozesshindernis (BVerwG, U.v. 27.1.1995 – 8 C 8.93 – BayVBl 1995, 605) entgegen. Das klageabweisende Urteil vom 21. Juli 2009 entfaltet auch keine Bindungswirkung in Bezug auf die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage.

Nach § 121 VwGO binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. In diesem Umfang tritt damit materielle Rechtskraft ein, d.h. der durch das Urteil ausgesprochene Inhalt ist in jedem Verfahren zwischen den Beteiligten bindend. Das Institut der materiellen Rechtskraft dient der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Es bezweckt, dass in einem neuen Verfahren keine dem rechtskräftigen Urteil widersprechende Entscheidung ergehen kann. Deshalb sind in einem späteren Prozess nicht nur die Beteiligten, sondern auch die Gerichte an das rechtskräftige Urteil gebunden. Der Widerstreit zwischen materieller Gerechtigkeit und Rechtssicherheit nach der Durchführung eines den rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Verfahrens wird damit zu Gunsten des letzteren Prinzips entschieden (BVerwG, U.v. 22.9.2016 – 2 C 17.15 – BVerwGE 156, 159 Rn. 9 m.w.N.).

Streitgegenstand des damaligen Verfahrens war der Bescheid vom 14. April 2009, mit dem das Landratsamt den Kläger in Nr. I verpflichtet hatte, den Wasserspiegel – des Anfang April 2009 nahezu komplett abgelassenen Großen Karrachsees – nicht weiter abzusenken und die Wiederaufstauung vorzunehmen. Das Verwaltungsgericht hatte mit Urteil vom 21. Juli 2009 – AN 15 K 09.631 – festgestellt, dass Nr. I dieses Bescheids dem Ziel diente, eine den Vorgaben der Naturschutzverordnung entsprechende Bespannung des Großen Karrachsees wiederherzustellen. Im Widerspruch zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung mit dem Verbot, die Weiher in der Zeit vom 1. März bis 15. September abzulassen oder nicht bespannt zu belassen, habe der Kläger zum Zeitpunkt, als das Landratsamt den angefochtenen Bescheid erlassen habe, den Großen Karrachsee soweit abgelassen, dass nahezu kein Wasser vorhanden war (vgl. VG Ansbach, U.v. 21.7.2009 – AN 15 K 09.631 – juris Rn. 22).

Im Gegensatz hierzu ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Große Karrachsee in der Zeit nach dem 15. September 2011 und damit außerhalb des Verbotszeitraums des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung abgelassen wurde. Die Frage, ob eine Bespannungspflicht für den Kläger auch dann angeordnet werden kann, wenn er den Großen Karrachsee außerhalb des Verbotszeitraums des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung abgelassen hat, wurde im Vorprozess nicht entschieden. Unerheblich ist, dass der Streitgegenstand des Vorprozesses anhand der gleichen Vorschrift, nämlich an § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung, zu beurteilen war wie der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Es konnte bereits deshalb keine Bindungswirkung eintreten, weil der Streitgegenstand des früheren Verfahrens ein anderer als der des vorliegenden Verfahrens war und darüber hinaus auch nicht dieselbe Sache vorliegt (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 17.5.2018 – 4 C 2.17 – juris Rn. 18 m.w.N; U.v. 7.8.2008 – 7 C 7.08 – BVerwGE 131, 346 Rn. 18). Die materielle Bindungswirkung des Urteils vom 21. Juli 2009 – AN 15 K 09.631 – stand (und steht) demnach einer Sachentscheidung im vorliegenden Verfahren nicht entgegen.

C. Die Fortsetzungsfeststellungsklage hat auch in der Sache Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid vom 11. Januar 2012 war – aus materiell-rechtlichen Gründen – rechtswidrig und hat den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 4 und 1 VwGO).

I. Der Verpflichtung des Klägers in Nr. I des Bescheids vom 11. Januar 2012, den Großen Karrachsee vom 1. März bis 15. September 2012 zu bespannen, fehlte die erforderliche Rechtsgrundlage.

Ausgehend davon, dass der Große Karrachsee zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses vollständig abgelassen war, bestand die erledigte Anordnung in Nr. I des streitgegenständlichen Bescheids inhaltlich aus zwei (Teil) Verpflichtungen: Mit der Verpflichtung zur Bespannung vom 1. März 2012 an wurde dem Kläger zunächst (schlüssig) aufgegeben, den Großen Karrachsee spätestens zum 1. März 2012 erneut zu bespannen (vgl. hierzu auch die in Nr. II des Bescheids enthaltene Zwangsgeldandrohung, wonach das Zwangsgeld zur Zahlung fällig wird, wenn der Kläger der in I. festgelegten Verpflichtung am 1. März 2012 nicht nachkommt). Darauf aufbauend beinhaltete die zweite (Teil) Verpflichtung die Anordnung, den (erneut) bespannten Weiher bis 15. September 2012 bespannt zu belassen. Vorliegend kann zunächst die erste (Teil) Verpflichtung rechtlich in den Blick genommen werden. Fehlte es an einer Rechtsgrundlage hierfür, konnte auch die zweite (Teil) Verpflichtung rechtlich keinen Bestand haben.

1. Als Rechtsgrundlage für die getroffene Anordnung kam nicht § 3 Abs. 2 Halbs. 2, § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG (i.d. damals wie heute maßgeblichen Fassung vom 29.7.2009) i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung in Betracht.

a) Nach § 3 Abs. 2 BNatSchG überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG statuiert eine an die polizeiliche Generalklausel angelehnte Eingriffsermächtigung, die grundsätzlich neben konkurrierende Eingriffsbefugnisse anderer Behörden tritt und von der zuständigen Naturschutzbehörde in ihrer Eigenschaft als Sonderordnungsbehörde vollzogen wird (BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 9 C 2.16 – DVBl 2017, 1105 Rn. 21). Die Befugnis der Behörde, die Einhaltung der Vorschriften „zu überwachen“ und „sicherzustellen“, beschränkt sich nicht auf ein Verhüten oder Unterbinden rechtswidriger Verhaltensweisen, sondern umfasst auch die Anordnung der Beseitigung solcher Verhaltensweisen; denn andernfalls wären die Handlungsmöglichkeiten der Naturschutzbehörden im Fall einer Missachtung der Vorschriften ineffizient, da sie rechtswidrige Handlungen zwar verhüten und unterbinden, nicht aber die Beseitigung der Folgen anordnen könnten. Im Naturschutzrecht ist die Folgenbeseitigung ein zentrales Erfordernis, das bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen insbesondere auch zur Wiederherstellung des früheren Zustands ermächtigt. Deshalb erfolgt die Anordnung von Handlungen typischerweise in der Form des Gebots zur Wiederherstellung des status quo ante (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2012 – 14 C 12.308 – juris Rn. 10 m.w.N.).

b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG (Erforderlichkeit der Sicherstellung der Einhaltung naturschutzrechtlicher Vorschriften) lagen nicht vor. Der Kläger hat mit seiner Weigerung, den Großen Karrachsee (erneut) zu bespannen, weder gegen ein sich aus der Naturschutzverordnung ergebendes Verbot verstoßen noch ergab sich aus dieser oder sonstigen Vorschriften eine Verpflichtung für ihn, den Weiher trotz Bewirtschaftungsaufgabe zum 1. März 2012 (erneut) zu bespannen. Nr. I des streitgegenständlichen Bescheids war daher bereits aus diesem Grunde rechtswidrig.

aa) Die streitgegenständliche Anordnung konnte nicht – im Wege der Folgenbeseitigung – auf einen Verstoß gegen das in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung enthaltene Verbot gestützt werden, den Großen Karrachsee in der Zeit vom 1. März bis 15. September abzulassen oder nicht bespannt zu belassen.

(1) Das in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung enthaltene Verbot hat seine Rechtsgrundlage in Art. 7 Abs. 2, Abs. 3 Satz 4 BayNatSchG (i.d. ab 1.10.1982 geltenden Fassung des Gesetzes v. 27.7.1973, BayNatSchG a.F.). Nach Art. 7 Abs. 2 BayNatSchG a.F. waren alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen konnten, verboten. Dem Verordnungsgeber stand es frei, die wichtigsten kraft Gesetzes verbotenen Handlungen in der Verordnung beispielhaft aufzuführen (Art. 7 Abs. 3 Satz 2 BayNatSchG a.F.). Soweit Handlungen – wie vorliegend das in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung enthaltene Verbot – mit Geldbuße bedroht waren (vgl. § 7 der Naturschutzverordnung), waren die Tatbestände gemäß Art. 7 Abs. 3 Satz 4 BayNatSchG a.F. aufzuführen (vgl. BayVGH, U.v. 5.3.1996 – 9 N 92.3498 – BayVBl 1996, 501 m.w.N.). Art. 7 Abs. 2 BayNatSchG a.F. entsprach damit – jedenfalls für mit Geldbuße bedrohte Handlungen – dem Wortlaut von § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG (i.d. heutigen Fassung), der ein absolutes Veränderungsverbot nach Maßgabe konkreter Bestimmungen vorsieht (vgl. Hendrischke in Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl. 2017, § 23 Rn. 27).

(2) Anders als im Jahre 2009 ist aufgrund fehlender anderweitiger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Kläger den Großen Karrachsee im Jahr 2011 nach dem 15. September 2011 und damit außerhalb des in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung genannten Verbotszeitraums abgelassen hatte. Da § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung das allgemeine Veränderungsverbot in § 4 Abs. 1 Satz 1 der Naturschutzverordnung konkretisiert, stand das Ablassen des Weihers nach dem 15. September 2011 – wie sich aus dem Umkehrschluss aus § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung ergibt – nicht im Widerspruch zu den Veränderungsverboten der Naturschutzverordnung. Dies gilt selbst dann, wenn der Kläger im Herbst 2011 bereits die fischerei- (und teich) wirtschaftliche Nutzung des Großen Karrachsees aufgegeben hatte. Denn das danach mögliche Ablassen der Weiher in der Zeit vom 16. September eines jeden Jahres bis Ende Februar des Folgejahres steht nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung nicht unter dem Vorbehalt einer (weiteren) fischereiwirtschaftlichen Nutzung der Weiher.

bb) Ein ausdrückliches Gebot, den zulässigerweise abgelassenen Großen Karrachsee bis zum 1. März 2012 (erneut) zu bespannen, ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung weder dort noch in sonstigen Vorschriften der Naturschutzverordnung enthalten. Damit fehlt in der Naturschutzverordnung eine ausdrückliche Regelung, die den Kläger zu einer (erneuten) Bespannung verpflichtete.

cc) Anders als der Beklagte meint, kann über den ausdrücklichen Wortlaut der Regelung hinaus aus dem Verbot des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung nicht – im Sinne einer Entsprechung – das Gebot hergeleitet werden, einen außerhalb des dort genannten Zeitraums abgelassenen Weiher zum 1. März eines jeden Jahres erneut zu bespannen. Eine derartige Auslegung der Vorschrift würde das Bestimmtheitsgebot verletzen und gegen Art. 14 Abs. 1 GG verstoßen.

(1) Da Gebote aufgrund ihrer einschneidenden Wirkung mit der notwendigen Klarheit und Bestimmtheit zum Ausdruck bringen müssen, welche Handlungen zur Verwirklichung des Schutzzwecks vorzunehmen sind, genügt eine derartige Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung bereits nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz. Die zur Zweckerreichung erforderlichen Ge- und Verbote müssen tatsächlich in die Schutzerklärung aufgenommen werden und mit der notwendigen Klarheit und Bestimmtheit zum Ausdruck bringen, welche Handlungen zur Verwirklichung des Schutzzwecks vorzunehmen und welche zu unterlassen sind (vgl. Gellermann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Dezember 2017, § 22 BNatSchG Rn. 22 m.w.N.). Dies gilt in besonderer Weise, wenn diese bußgeldbewehrt sind (vgl. BVerfG (Kammer), B.v. 17.11.2009 – 1 BvR 2717/08 – NJW 2010, 754 Rn. 14 ff. m.w.N.; BayVerfGH, E.v. 30.9.2014 – Vf. 1-VII-14 – VerfGHE 67, 242 Rn. 25 m.w.N.). Etwaige Formulierungsunklarheiten gehen im Zweifel zulasten der Behörde.

(2) Unabhängig davon würde eine Auslegung von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung in dem Sinne, dass aus dem dortigen Verbot ein Gebot zur Neubespannung zum 1. März eines jeden Jahres abgeleitet wird, gegen Art. 14 GG verstoßen. Eine derartige Auslegung wäre mit einer unverhältnismäßigen Beschränkung der Eigentümerbefugnisse verbunden.

(a) Nach ständiger Rechtsprechung sind Regelungen, die die Nutzung von Grundstücken aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes beschränken, zwar grundsätzlich keine Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, haben aber als Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dem Gebot der Verhältnismäßigkeit zu genügen. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass jedes Grundstück durch seine Lage und Beschaffenheit sowie die Einbettung in seine Umwelt, also durch seine jeweilige Situation, geprägt wird. Diese „Situationsgebundenheit“ kann den Regelungsgeber, der gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen und hierbei den privaten und den sozialen Nutzen des Eigentumsgebrauchs (Art. 14 Abs. 2 GG) in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen hat, zu einer entsprechenden Beschränkung der Eigentümerbefugnisse berechtigen. Denn seine Gestaltungsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ist umso größer, je stärker der soziale Bezug des Eigentumsobjekts ist; hierfür sind dessen Eigenart und Funktion von entscheidender Bedeutung. Wenn die natürlichen oder landschaftsräumlichen Gegebenheiten eines Grundstücks im Interesse der Allgemeinheit erhaltenswert sind und des Schutzes bedürfen, so ergibt sich hieraus eine Art immanenter, d.h. dem Grundstück selbst anhaftender Beschränkung der Eigentümerbefugnisse, die durch natur- und landschaftsschutzrechtliche Regelungen lediglich nachgezeichnet wird (BVerwG, U.v. 24.6.1993 – 7 C 26.92 – BVerwGE 94, 1).

Verlässt der Regelungsgeber den durch die Schranken gesetzten Rahmen, so ist die gesetzliche Regelung unwirksam, hierauf gestützte Beschränkungen oder Belastungen sind rechtswidrig und können im Wege primären Rechtsschutzes abgewehrt werden (BVerwG, U.v. 17.5.2018 – 4 C 2.17 – juris Rn. 11 m.w.N.). Dabei ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt, Eigentumsbeschränkungen, die er im öffentlichen Interesse für geboten hält, auch in Härtefällen durchzusetzen, wenn er durch kompensatorische Maßnahmen ansonsten unverhältnismäßige oder gleichheitswidrige Belastungen des Eigentümers vermeidet und schutzwürdigem Vertrauen angemessen Rechnung trägt. Hierfür stehen dem Regelungsgeber im Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Ausnahme- und Befreiungsvorschriften und – soweit hierdurch ein Ausgleich im Einzelfall nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist – Ausgleichsregelungen zur Verfügung, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in besonderen Härtefällen wahren sollen (BVerwG, U.v. 17.5.2018 – 4 C 2.17 – juris Rn. 11). Eine derartige Regelung ist § 68 BNatSchG. Die Bestimmung dient im Zusammenspiel mit den Befreiungstatbeständen des § 67 BNatSchG dem verfassungsrechtlich gebotenen Verhältnismäßigkeitsausgleich nach Maßgabe der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 17.5.2018 a.a.O. Rn. 12 m.w.N.).

(b) Da jedes Verbot als Gebot ausgestaltet werden kann, sind nach diesen Maßstäben in Schutzgebietsverordnungen getroffene Wegegebote, Anleingebote sowie Gebote zur behutsamen – extensiven – Bewirtschaftung der Grundstücke regelmäßig zulässig. Unzulässig sind hingegen weitergehende Gebote, die den Grundstückseigentümer verpflichten, seine Flächen zu pflegen oder weitergehend zu bewirtschaften (P. Fischer-Hüftle/J. Schumacher/A. Schumacher in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl. 2011, § 22 Rn. 26; Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 22 Rn. 49). Soweit in Schutzerklärungen Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen enthalten sind, richten sich diese nicht an den Bürger, sondern an die Behörden, denen somit die Durchführung der Maßnahmen obliegt; Private können insoweit mit Blick auf ihren Grundrechtsschutz und das Übermaßverbot grundsätzlich nicht in Anspruch genommen werden (Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, § 22 Rn. 59). Lässt sich der Schutzzweck nur durch regelmäßige Pflegemaßnahmen oder durch besondere Bewirtschaftungsmaßnahmen verwirklichen, müssen solche Maßnahmen entweder vertraglich mit den Eigentümern vereinbart oder von der Behörde selbst durchgeführt werden, die sich dabei auf eine Duldungspflicht der Eigentümer nach Maßgabe von § 65 BNatSchG stützen kann (J. Schumacher/A. Schumacher/P. Fischer-Hüftle in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 23 Rn. 45; Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, § 65 Rn. 22 zur Duldungspflicht betreffend die Anpflanzung von Hecken und Gehölzen u.a.; vgl. für den Fall, dass sich der Charakter einer Landschaftsschutzgebietsverordnung nur durch besondere Bewirtschaftungsmaßnahmen erreichen lässt: BVerfG (Kammer), B.v. 16.9.1998 – 1 BvL 21/94 – NuR 1999, 99). Durch die Aufnahme von Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen in die Schutzerklärung erlangen die Maßnahmen Verbindlichkeit und werden Inhalt der Duldungspflicht nach § 65 BNatSchG (vgl. Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, § 22 Rn. 59).

(c) Vorliegend konnte der schutzwürdige Zustand des Großen Karrachsees – als einer der in § 1 der Naturschutzverordnung genannten Schutzgegenstände – nicht durch bloße Nutzungsbeschränkungen erhalten werden, sondern setzte besondere Handlungspflichten des Klägers als Grundstückseigentümer voraus. Die besondere naturschutzfachliche Bedeutung des Großen Karrachsees als Feuchtgebiet beruht nicht auf der Situationsgebundenheit des Grundstücks.

Es besteht Einigkeit zwischen den Beteiligten, dass sich das Feuchtgebiet, durch das der Große Karrachsee seine Bedeutung als Lebensraum erlangt, natürlicherweise nicht oder zumindest nicht so ausgeprägt entwickelt, dass allein dadurch der in § 3 der Naturschutzverordnung formulierte Schutzzweck gewährleistet werden könnte (vgl. hierzu auch die Formulierung in § 3 Nr. 1 der Naturschutzverordnung, wo von einem „naturnahen Feuchtgebietskomplex im Oberlauf des Karrachbachs mit seinen gut ausgeprägten, überregional bedeutsamen Verlandungszonen am Großen Karrachsee“ die Rede ist). Seine Bedeutung als Lebensraum für die dort anzutreffenden seltenen und schutzbedürftigen Pflanzen- und Tierarten – insbesondere für die dort im Frühjahr vorhandene Amphibienpopulation – erlangt der Große Karrachsee als künstliche Teichanlage nur dann, wenn er von Anfang März bis Mitte September nicht trockenfällt. Ein Trockenfallen im für Fauna und Flora entscheidenden Zeitraum 1. März bis 15. September kann aber, wie sich dem streitgegenständlichen Bescheid und den unbestrittenen Angaben des Klägers entnehmen lässt, nur dann verhindert werden, wenn der Große Karrachsee rechtzeitig im Frühjahr bespannt wird. Darüber hinaus erfordert der Erhalt des Weihers als wertvoller Lebensraum ein bestimmtes Stauziel, d.h. eine bestimmte Befüllungshöhe. Sowohl die wiederholte bescheidsmäßige Auferlegung der Bespannungsverpflichtung als auch das Fehlen anderslautender Angaben des Beklagten lassen keinen Zweifel daran, dass der Kläger den Weiher aktiv durch den Betrieb des Mönchbauwerks bespannen muss, damit dieser als bedeutsamer Lebensraum für Flora und Fauna erhalten bleiben kann.

Umgekehrt bedeutet dies, dass der schutzwürdige Zustand des Großen Karrachsees nicht nur nicht auf natürliche Weise durch seine Lage, Beschaffenheit und Einbettung in seine Umwelt entstanden ist, sondern auch nicht auf natürliche Weise erhalten werden kann. Denn Grund für die Entstehung des durch die Naturschutzverordnung unter Schutz gestellten wertvollen Lebensraums für seltene und schutzbedürftige Pflanzen- und Tierarten war ausschließlich die bisherige Bewirtschaftung und nicht die dem Grundstück immanente „Situationsgebundenheit“. Anders als in den Fällen, in denen sich der schutzwürdige Zustand eines Grundstücks ebenfalls durch eine besondere – beispielsweise durch eine unterbliebene oder extensive – Bewirtschaftung entwickelt hat, kann der wertvolle Lebensraum des Großen Karrachsees nicht bereits dadurch erhalten werden, dass man dem Eigentümer Nutzungsverbote, Nutzungsbeschränkungen oder besondere Duldungsverpflichtungen auferlegt, bei denen von einer unangemessenen Beschränkung der Eigentümerbefugnisse erst dann die Rede sein kann, wenn ohne finanziellen oder sonstigen Ausgleich eine Nutzung unterbunden wird, die bisher ausgeübt worden ist oder die sich nach Lage der Dinge objektiv anbietet (vgl. BVerwG, U.v. 13.4.1983 – 4 C 21.79 – BVerwGE 67, 84; U.v. 17.5.2018 – 4 C 2.17 – juris Rn. 11). Denn weder durch Nutzungsverbote oder Nutzungsbeschränkungen noch durch besondere Duldungsverpflichtungen kann das Feuchtgebiet im Frühjahr eines jeden Jahres (erneut) entstehen und bis zum Herbst erhalten bleiben. Eine dem Grundstück anhaftende – entweder natürlich oder durch eine eingeschränkten Grundstücksnutzung entstandene – Beschränkung der Eigentümerbefugnisse (s.o.), die durch natur- und landschaftsschutzrechtliche Regelungen lediglich nachgezeichnet wird (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.1993 – 7 C 26.92 – BVerwGE 94, 1), besteht vorliegend gerade nicht.

(d) Der vorliegend zur Erhaltung des Schutzgegenstands „Großer Karrachsee“ erforderliche Betrieb des Mönchbauwerks übersteigt vor diesem Hintergrund das Maß dessen, was dem Grundstückseigentümer unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässigerweise auferlegt werden könnte. Dass es andere, den Eigentümer deutlich weniger belastende Möglichkeiten gibt, den Großen Karrachsee zu bespannen, hat der Beklagte nicht aufgezeigt.

Wie dem Schreiben des Wasserwirtschaftsamts Ansbach vom 9. Januar 2012 zu entnehmen ist, handelt es sich beim vorliegend zur Bespannung verwendeten Mönchbauwerk um eine Stauanlage im Sinne der DIN 19700-10, bei der sowohl die Verantwortlichkeit für die Gewährleistung der Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit als auch der ordnungsgemäße Betrieb im Allgemeinen dem Betreiber/Betriebsbeauftragten der Anlage obliegt. Daraus folgt, dass der Kläger mit dem Betrieb des Mönchbauwerks mit allen aus dem Betrieb resultierenden Pflichten – insbesondere Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Mönchbauwerks sowie Überwachungs- und Verkehrssicherungspflichten – belastet war. Darüber hinaus war auch die Beibehaltung einer bestimmten Stauhöhe für den Grundstückseigentümer mit weitergehenden Handlungs- und Kontrollpflichten verbunden. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang aufgezeigten erforderlichen Tätigkeiten – insbesondere Kontrollgänge, Ausbesserungsmaßnahmen, Beseitigung von Wildverbissschäden – hat der Beklagte zwar als für den Kläger zumutbar bewertet, sie aber dem Grunde nach nicht bestritten.

Derartig umfangreiche, zur Erhaltung des Schutzgegenstands notwendige Handlungspflichten sind jedenfalls dann mit einer unangemessenen, die Grenzen des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG überschreitenden Belastung verbunden, wenn der Eigentümer – wie hier mit der Aufgabe der Fischerei- und Teichwirtschaft – die Bewirtschaftung aufgeben will, die erst zur Entstehung des Schutzgegenstands geführt hat.

(3) Somit kann aus Gründen der Bestimmtheit und der Verhältnismäßigkeit aus dem Verbot in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung nicht – im Wege der Auslegung – das Gebot hergeleitet werden, den berechtigterweise abgelassenen Weiher im Folgejahr erneut zu bespannen. Aus den gleichen Gründen könnte eine derartige Bespannungsverpflichtung für Grundstückseigentümer auch nicht Gegenstand eines ausdrücklichen Gebots in der Naturschutzverordnung sein.

dd) Entgegen der Ansicht des Beklagten konnte eine Verpflichtung des Klägers zur erneuten Bespannung des Großen Karrachsees auch nicht dem gesetzlichen Veränderungsverbot in § 23 Abs. 2 BNatSchG entnommen werden. Nicht nur, dass der eindeutige Wortlaut der Regelung, wonach Handlungen „verboten“, nicht jedoch Handlungen „geboten“ sind, bereits gegen die Annahme eines solchen Gebotes spricht, würde eine entsprechende Auslegung der Vorschrift ebenfalls gegen das Bestimmtheitsgebot sowie gegen Art. 14 Abs. 1 GG verstoßen.

ee) Lässt sich demnach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung oder anderen Vorschriften weder das Verbot, die Weiher außerhalb des dort genannten Zeitraums abzulassen, noch das Gebot entnehmen, den Großen Karrachsee nach berechtigtem Ablassen am 1. März 2012 (erneut) zu bespannen, konnte die in Nr. I des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Verpflichtung des Klägers bereits tatbestandlich nicht auf § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG gestützt werden.

c) Ungeachtet dessen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG nicht vorlagen (s.o.), hat das Landratsamt das ihm durch die Vorschrift eingeräumte Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt (§ 114 VwGO).

aa) Nach § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG steht das Einschreiten grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen (Entschließungs- und Auswahlermessen) der zuständigen Naturschutzbehörde. Allein aus der Verletzung des Naturschutzrechts folgt noch nicht zwingend, dass ein Absehen vom Einschreiten ermessensfehlerhaft wäre (BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 9 C 2.16 – DVBl 2017, 1105 Rn. 21). Das durch die Norm eröffnete Ermessen ist in keiner Weise gebunden oder intendiert (BVerwG, U.v. 1.9.2016 – 4 C 4.15 – BVerwGE 156, 94 Rn. 27). Lediglich ein besonders schwerwiegender Verstoß gegen das Naturschutzrecht kann zu einer Ermessensreduzierung führen; das gilt umso mehr, je wertvoller, empfindlicher und knapper das betreffende Naturgut ist (BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 9 C 2.16 – DVBl 2017, 1105 Rn. 24).

bb) Es ist bereits fraglich, ob sich das Landratsamt bei Erlass der streitgegenständlichen Anordnung seines Entschließungs- und Auswahlermessens bewusst war. Formulierungen wie „Die Mitteilung des Herrn T. N., dass er den Großen Karrachsee nicht mehr bewirtschaftet und das Schreiben an das Landratsamt indem er anzeigt, dass der Mönch gerissen ist, rechtfertigt den Verstoß gegen geltendes Recht nicht.“ oder „Andere triftige Gründe wurden nicht bekannt, die gegen eine Bespannung des Großen Karrachsees sprechen würden.“ sowie „Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass Herrn T. N. bekannt ist, dass der Große Karrachsee nach der“ Naturschutzverordnung „zu bespannen ist und wie dieses Stauziel erreicht wird.“ sprechen eher für eine Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung als für eine ordnungsgemäße Ermessensausübung im Rahmen der Anwendung des § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG.

cc) Ungeachtet dessen war die Anordnung der erneuten Bespannung des Großen Karrachsees im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG auch nicht verhältnismäßig (§ 114 Satz 1 Alt. 1 VwGO). Bei der Gesamtabwägung der für und gegen die streitgegenständliche Verpflichtung streitenden Interessen überwogen die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten privaten Belange des Klägers.

In diesem Zusammenhang ist im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG ergänzend zu den obigen Ausführungen (oben b) noch anzumerken, dass die Nichtbespannung zwar dazu führen wird, dass das Feuchtgebiet „Großer Karrachsee“ erheblich beeinträchtigt, wenn nicht sogar zerstört wird, und davon auszugehen ist, dass der Weiher seine Funktion als wertvoller Lebensraum für seltene und schutzbedürftige Pflanzen- und Tierarten verlieren wird. Dennoch überwiegen die privaten Interessen des Klägers, nicht als Grundstückseigentümer hoheitlich zu einer Bespannung des Großen Karrachsees verpflichtet zu werden. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang darauf verweist, dem Kläger seien keine Bewirtschaftungsmaßnahmen aufgegeben worden, greift dieser Hinweis zu kurz. Es ist zwar zutreffend, dass der Kläger durch die streitgegenständliche Anordnung nicht zum weiteren Betrieb seiner Fischereiwirtschaft verpflichtet wurde. Die streitgegenständliche Anordnung ließ sich jedoch – wie zuvor gezeigt – nur dadurch erfüllen, dass der Kläger das Mönchbauwerk betrieb, was für ihn mit allen aus dem Betrieb resultierenden Pflichten – insbesondere Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Mönchbauwerks sowie Überwachungs- und Verkehrssicherungspflichten – verbunden war. Zusätzlich wurde der Kläger dadurch belastet, dass er für einen bestimmten Wasserstand und damit für eine bestimmte Stauhöhe zu sorgen hatte. Insgesamt überschritten die mit dem Betrieb der Bespannungsanlage verbundenen Belastungen und Haftungsrisiken die Grenzen dessen, was dem Kläger, der den Weiher nicht für eigene Zwecke nutzen wollte, als Eigentümer nach Art. 14 Abs. 1 GG zugemutet werden konnte. Bei der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange überwogen daher die privaten Belange des Klägers. Die streitgegenständliche Anordnung konnte daher auch aus diesem Grund nicht auf § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG gestützt werden.

2. Das Landratsamt konnte die getroffenen (Teil) Anordnungen rechtmäßig auch nicht auf § 17 Abs. 8 BNatSchG stützen.

a) Nach dieser Vorschrift soll die zuständige Behörde die weitere Durchführung des Eingriffs untersagen, wenn ein Eingriff ohne die erforderliche Zulassung oder Anzeige vorgenommen wird. Soweit nicht auf andere Weise ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden kann, soll sie entweder Maßnahmen nach § 15 BNatSchG oder die Wiederherstellung des früheren Zustands anordnen. Wie dem Wortlaut des § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG zu entnehmen ist, setzt die Vorschrift einen „vorgenommenen Eingriff“ voraus, dessen „weitere Durchführung“ die Behörde untersagen kann. Die Regelung ist darauf gerichtet, die Fortsetzung (aktuell) stattfindender, ungenehmigter Eingriffe in Natur und Landschaft zu unterbinden. Eine Untersagung noch nicht erfolgter Eingriffe kann folglich nicht auf § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG, sondern allenfalls auf § 3 Abs. 2 BNatSchG gestützt werden (vgl. BVerwG, U.v. 1.9.2016 – 4 C 4.15 – BVerwGE 156, 94 Rn. 25).

b) Von einem „erfolgten“ Eingriff durch den Kläger war vorliegend weder im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids im Januar 2012 noch am 1. März 2012 als Zeitpunkt für die Erfüllung der Verpflichtung auszugehen.

Der Begriff „Eingriff“ ist in § 14 Abs. 1 BNatSchG definiert. Danach sind Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne dieses Gesetzes Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können. Ein Eingriff setzt eine Eingriffshandlung (Ursache) voraus, die eine Eingriffswirkung (eine mögliche Folge) nach sich ziehen kann (P. Fischer-Hüftle/D. Czybulka in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 14 Rn. 2). Regelmäßig erfordert der Eingriff ein aktives Tun, das zu einer negativen Veränderung von Natur und Landschaft führt (vgl. Prall in Schlacke, GK-BNatSchG, § 14 Rn. 29; Guckelberger in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, § 14 Rn. 14 f.). Zwar kann auch ein Unterlassen in Form reiner Untätigkeit negative Veränderungen von Natur und Landschaft verursachen. Von einem Eingriff im Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG ist jedoch nur dann auszugehen, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln – etwa kraft gesetzlicher Regelung oder vertraglicher Vereinbarung – besteht.

Die Weigerung des Klägers, den Großen Karrachsee zum 1. März 2012 (erneut) zu bespannen, nachdem er ihn nach dem 15. September 2011 berechtigterweise abgelassen hatte, stellte keinen Eingriff im Sinne von § 14 Abs. 1, § 17 Abs. 8 BNatSchG dar. Da sich aus § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung weder ein Verbot zum Ablassen des Großen Karrachsees außerhalb des dort genannten Zeitraums ergibt noch eine Handlungspflicht zur (erneuten) Bespannung des Weihers zum 1. März eines jeden Jahres hergeleitet werden kann, hat der Kläger weder im Januar 2012 noch zum 1. März 2012 gegen Handlungspflichten verstoßen, weil ihm derartige Pflichten durch die Naturschutzverordnung nicht auferlegt wurden (s.o.). Auch aus dem Unterlassen in Form reiner Untätigkeit – hier: durch das Absehen von einer weiteren Bespannung infolge Aufgabe der Teichwirtschaft – konnten mangels einer allgemeinen Bewirtschaftungsverpflichtung keine Verursacherpflichten nach der Eingriffsregelung abgeleitet werden (vgl. P. Fischer-Hüftle/D. Czybulka in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 14 Rn. 16; Guckelberger in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, § 14 Rn. 15).

Soweit der früher für das Naturschutzrecht zuständige 9. Senat in seinem Urteil vom 8. August 1984 – 9 B 80 A. 2203 – (NuR 1985, 72) eine Pflicht zur Bespannung diverser Teiche angesichts der jahrhundertelangen Bedeutung der befüllten Gewässer für das dortige Orts- und Landschaftsbild angenommen hat und das Unterlassen des bisher stets erfolgten Wiederbespannens mit der Absicht, die Gewässer für dauernd trockenzulegen, begrifflich als schädigendes Vorhaben oder als einen die Gestalt der Gewässer verändernden Eingriff angesehen hat, steht dies wegen der Besonderheiten des dortigen Falles dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Weder ist davon auszugehen, dass der Große Karrachsee eine ähnlich jahrhundertelange Bedeutung als Lebensraum hat wie die dortigen Seen für das Orts- und Landschaftsbild, noch gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger des dortigen Verfahrens in einer vergleichbaren Weise durch die angeordnete Bespannung belastet waren. Angesichts der Ausführungen des 9. Senats im Rahmen eines obiter dictums, ob den dortigen Klägern Maßnahmen zur Verhinderung einer Verlandung der Gewässer bei einer Aufgabe der teichwirtschaftlichen Nutzung unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit hätten aufgegeben werden können (vgl. BayVGH, U.v. 8.8.1984 – 9 B 80 A. 32203 – NuR 1985, 72/73), kann von Letzterem nicht ausgegangen werden. Auch die Ausführungen im Urteil des 9. Senats vom 26. Juni 1984 – 9 B 80 A. 626 – (NuR 1986, 26) können auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragen werden. Der Klägerin des dortigen Verfahrens, der eine beabsichtigte Entlandung eines Weihers untersagt und dessen Bespannung in der bisherigen Weise aufgegeben worden waren, ging es vorrangig um die Aufhebung der untersagenden Verfügung. Soweit der 9. Senat im Hinblick auf die Verpflichtung zur Bespannung angenommen hat, ein schädigendes Vorhaben im Sinne des Art. 6 Abs. 1 und 3 BayNatSchG a.F. könne auch in einem Unterlassen dessen liegen, was man bisher immer getan habe, kann diese Rechtsmeinung ebenfalls nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Denn die Klägerin des dortigen Verfahrens war hierdurch nicht beschwert, da sie sich nicht gegen das Bespannungsgebot selbst gewendet hatte, sondern nur gegen das Verbot, das Wasser im Frühjahr nicht höher als bisher aufzustauen (vgl. BVerwG, U.v. 14.10.1988 – 4 C 58.84 – NuR 1989, 257).

II. Die in Nr. II enthaltene Zwangsgeldandrohung kann demnach ebenfalls keinen Bestand haben.

III. Der streitgegenständliche Bescheid war daher insgesamt rechtswidrig und verletzte den Kläger in seinen Rechten.

Da der Senat nach den Einlassungen des Klägers den Eindruck hat, dass auch ihm an der Erhaltung des schutzwürdigen Lebensraums „Großer Karrachsee“ gelegen ist, sollten die Beteiligten erneut das Gespräch darüber suchen, wie die mit der Bespannung des Großen Karrachsees verbundenen Belastungen des Klägers – etwa durch finanzielle Anreize im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung – abgemildert werden könnten.

Kostenentscheidung: § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO. Da der Kläger teilweise unterlegen ist, weil er nach Erledigung des streitgegenständlichen Bescheids die Anfechtungsklage im Hauptantrag aufrechterhalten hat, hat er die Hälfte der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen den mit dem Gesetz zur Regelung des Schutzes vor nichtionisierender Strahlung vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2433) eingeführten § 4 des Gesetzes zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSG). Die Vorschrift bestimmt, dass Minderjährigen die Nutzung von Sonnenbänken in Sonnenstudios, ähnlichen Einrichtungen oder sonst öffentlich zugänglichen Einrichtungen nicht gestattet werden darf. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschrift sind mit einem Bußgeld bedroht (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 NiSG). Sie lautet:

2

"§ 4

3

Nutzungsverbot für Minderjährige

4

Die Benutzung von Anlagen nach § 3 zur Bestrahlung der Haut mit künstlicher ultravioletter Strahlung in Sonnenstudios, ähnlichen Einrichtungen oder sonst öffentlich zugänglichen Räumen darf Minderjährigen nicht gestattet werden."

5

Zur Begründung führt der Gesetzgeber an, dass das Risiko, im Erwachsenenalter an Hautkrebs zu erkranken, steige, wenn Menschen bereits in Kindheit und Jugend verstärkt der ultravioletten Strahlung (UV-Strahlung) ausgesetzt gewesen seien. Bei Kindern und Jugendlichen, die schon früh eine erhöhte Anzahl an UV-bedingten Pigmentmalen erworben hätten, steige das Risiko einer Melanom-entstehung, wenn sie sich neben natürlicher UV-Strahlung (Sonne) zusätzlich künstlicher UV-Strahlung aussetzten. Schäden an Hautzellen, die zu Hautkrebs führen könnten, würden vor allem im Jugendalter angelegt, wenn sich die Haut noch entwickele (BTDrs. 16/12276, S. 17).

II.

6

1. Die am 2. Juni 1994 geborene Beschwerdeführerin zu 1) nutzt gelegentlich - im Einverständnis mit ihren Erziehungsberechtigten - Solarien und möchte dies auch weiterhin tun. Sie rügt eine Verletzung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG.

7

Es gebe keine allgemeine Pflicht der Verfassung, gesund oder vernünftig zu leben. Weiter fehle es auch an einer Beeinträchtigung von Grundrechten Dritter. Die möglicherweise auf die Allgemeinheit zukommenden Gesundheitskosten, unterstellt die Nutzung künstlicher UV-Bestrahlung hätte tatsächlich langfristig gesundheitsgefährdende Wirkung, rechtfertigten das Verbot nicht. Auch die Verpflichtung des Staates zum Schutze von Jugendlichen rechtfertige den Eingriff nicht, soweit es sich um ein grundsätzliches Verbot der Solariennutzung für alle Minderjährigen handele.

8

Das Verbot sei ungeeignet zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels, da damit zu rechnen sei, dass sich die Betroffenen verstärkt der natürlichen UV-Strahlung durch die Sonne aussetzten, die in ihrer Wirkungsweise der künstlichen UV-Strahlung gleich stehe. Zudem sei das gesetzgeberische Schutzkonzept deshalb nicht schlüssig, weil die Nutzung von Solarien im privaten oder häuslichen Umfeld nicht unterbunden werde.

9

Der Gesetzgeber habe nicht hinreichend zwischen der Schwere des Eingriffs, dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe und den Grenzen der Zumutbarkeit für die Betroffenen abgewogen. Es gebe auch positive Wirkungen der UV-Strahlung im Zusammenhang mit der Bildung von Vitamin D.

10

2. Die Beschwerdeführer zu 2) und 3) sind die Eltern der Beschwerdeführerin zu 1). Sie sehen sich durch das Verbot daran gehindert, ihrer Tochter den Besuch öffentlicher Solarien zu erlauben und rügen die Verletzung ihres Elterngrundrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, weil der Eingriff nicht verhältnismäßig sei.

11

Ein milderes Mittel stelle die Möglichkeit dar, die Nutzung öffentlich zugänglicher Solarien durch Minderjährige von einer ausdrücklichen Erlaubnis der Eltern oder davon abhängig zu machen, dass Eltern ihre Kinder begleiten. Dadurch werde im Ergebnis das gleiche Schutzniveau erreicht.

12

3. Der Beschwerdeführer zu 4) ist Betreiber eines Sonnenstudios, dessen Kunden in der Vergangenheit teilweise Jugendliche im Alter ab etwa 16 gewesen seien. Durch den Wegfall dieses Kundenanteils aufgrund des Verbots sei der Umsatz des Betriebs nicht unerheblich zurückgegangen.

13

Der Beschwerdeführer zu 4) rügt zunächst die Verletzung seiner Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Er hält das Verbot im Wesentlichen aus den gleichen Erwägungen wie die anderen Beschwerdeführer für unverhältnismäßig. Zudem macht er eine Verletzung seines Grundrechts auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG geltend.

III.

14

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Sie hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG, da die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen geklärt sind, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt.

15

Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführer angezeigt, denn sie hat keine Aussicht auf Erfolg.

16

1. Die Beschwerdeführerin zu 1) wird durch das Nutzungsverbot in § 4 NiSG nicht in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Der Eingriff ist gerechtfertigt.

17

a) Der Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 GG ist gegenständlich nicht beschränkt, er umfasst jedes menschliche Verhalten ohne Rücksicht darauf, welches Gewicht ihm für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt (vgl. BVerfGE 80, 137 <152>; 90, 145 <171>; 91, 335 <338>). So umschließt die allgemeine Handlungsfreiheit die prinzipielle Befugnis, sein Äußeres nach eigenem Gutdünken zu gestalten (vgl. BVerfGE 47, 239 <248 f.>). Auch ein Verhalten, das Risiken für die eigene Gesundheit oder gar deren Beschädigung in Kauf nimmt, ist vom Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit geschützt (vgl. BVerfGE 59, 275 <278> - Schutzhelmpflicht -; 90, 145 <171> - Cannabiskonsum -; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. Juli 1986 - 1 BvR 331/85 u.a. -, NJW 1987, S. 180 <180> - Gurtanlegepflicht -; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. August 1999 - 1 BvR 2181/98 u.a. -, NJW 1999, S. 3399 <3402> - Organentnahme -).

18

§ 4 NiSG richtet sein Verbot zwar nicht unmittelbar gegen Minderjährige, sondern wendet sich in erster Linie an Betreiber von Sonnenstudios und ähnlichen Einrichtungen. Die Vorschrift wirkt sich im Ergebnis aber auch für die Beschwerdeführerin zu 1) wie ein Verbot der Nutzung von Solarien aus und ist damit funktionales Äquivalent (vgl. BVerfGE 105, 279 <300>; 110, 177 <191>; 113, 63 <76>) eines Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit.

19

b) Der Eingriff durch § 4 NiSG in die allgemeine Handlungsfreiheit ist gerechtfertigt. Die Regelung verfolgt ein legitimes Ziel (aa) und erweist sich als verhältnismäßig (bb).

20

aa) Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Gesetz zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen das Ziel, die Bevölkerung - insbesondere Minderjährige - vor UV-Strahlung zu schützen, da eine Vielzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen nach seiner Auffassung belegt, dass diese sowohl die Hautkrebsentstehung als auch den Verlauf einer bestehenden Hautkrebserkrankung entscheidend beeinflusst. UV-Strahlung werde von internationalen Organisationen als karzinogen eingestuft (vgl. BTDrs. 16/12276, S. 8). Besonders empfindlich reagiert dabei nach Einschätzung des Gesetzgebers die Haut bei Jugendlichen. Schäden an den Hautzellen, die zu Hautkrebs führen könnten, würden vor allem im Jugendalter angelegt, wenn sich die Haut noch entwickele (vgl. BTDrs. 16/12276, S. 17). § 4 NiSG soll offensichtlich gerade dem Gesundheitsschutz der Minderjährigen dienen.

21

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es grundsätzlich ein legitimes Gemeinwohlanliegen, Menschen davor zu bewahren, sich selbst leichtfertig einen größeren persönlichen Schaden zuzufügen (vgl. BVerfGE 60, 123 <132>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. August 1999 - 1 BvR 2181/98 u.a. -, NJW 1999, S. 3399 <3401>). Insbesondere der Schutz der Jugend ist nach einer vom Grundgesetz selbst getroffenen Wertung ein Ziel von bedeutsamem Rang und ein wichtiges Gemeinschaftsanliegen (vgl. BVerfGE 83, 130 <139>).

22

bb) Das Nutzungsverbot ist zur Verfolgung dieses Ziels auch geeignet (1), erforderlich (2) und verhältnismäßig im engeren Sinne (3).

23

(1) Für die Eignung reicht es aus, wenn durch die Maßnahme der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Es genügt mithin bereits die Möglichkeit einer Zweckerreichung (vgl. BVerfGE 96, 10 <23>; 100, 313 <373>; 103, 293 <307>; 117, 163 <188 f.>). Dass das Verbot des § 4 NiSG die UV-Strahlenexposition von Kindern und Jugendlichen generell verringern kann, ist nicht ernstlich zweifelhaft.

24

Die Beschwerdeführer weisen darauf hin, dass sich Jugendliche aufgrund des Verbots verstärkt der natürlichen UV-Strahlung durch die Sonne aussetzen könnten, die das gleiche Gefährdungspotential wie künstliche UV-Strahlung habe. Dieser Einwand stellt die Geeignetheit des § 4 NiSG zur Erreichung des mit seiner Einführung verfolgten Zwecks schon deshalb nicht infrage, weil Sonnenstudios und ähnliche Einrichtungen jederzeit, insbesondere zu jeder Jahreszeit, und unabhängig von Witterung und Tageszeit die Möglichkeit bieten, sich der UV-Strahlung auszusetzen. Dass der Ausschluss dieser, die natürlichen Optionen ergänzenden zusätzlichen Bestrahlungsmöglichkeit zumindest unter mitteleuropäischen Witterungsbedingungen geeignet ist, eine deutliche Reduzierung der auf Kinder und Jugendliche einwirkenden UV-Strahlung zu erreichen, durfte der Gesetzgeber annehmen.

25

Das gilt umso mehr, als in der Gesetzesbegründung zu § 4 NiSG darauf hingewiesen wird, dass bei Kindern und Jugendlichen, die schon früh eine erhöhte Anzahl an UV-bedingten Pigmentmalen erworben hätten, das Risiko einer Melanomentstehung steige, wenn sie sich neben natürlicher UV-Strahlung durch die Sonne zusätzlich künstlicher UV-Strahlung aussetzten (vgl. BTDrs. 16/12276, S. 17). Der Gesetzgeber geht demnach davon aus, dass die Nutzung von Sonnenstudios und ähnlichen Einrichtungen in der Regel zusätzlich zur - und nicht an Stelle der - natürlichen Besonnung erfolgt. Diese Einschätzung ist nicht nur vertretbar sondern naheliegend.

26

Auch die von den Beschwerdeführern vorgebrachte Möglichkeit, dass interessierte Kreise "Bräunungsclubs" bilden, sich Kinder und Jugendliche selbst eine Sonnenbank anschaffen oder sonst im privaten Bereich künstlicher UV-Strahlung aussetzen, ändert nichts an der Geeignetheit des Verbots. Insbesondere die Anschaffungspreise von Solarien sprechen dafür, dass diese Formen der Nutzung eher eine Ausnahme bleiben dürften. Außerdem vermag der Verzicht des Gesetzgebers auf ein faktisch kaum oder nur durch zusätzliche Grundrechtseingriffe zu kontrollierendes Besonnungsverbot im Privatbereich dem Verbot im Übrigen nicht die Eignung zu nehmen, sofern auch dies spürbare Wirkung erwarten lässt. Dies aber ist, wie dargelegt, der Fall.

27

(2) Da ein anderes, gleich wirksames, aber die allgemeine Handlungsfreiheit weniger einschränkendes Mittel nicht zur Verfügung steht, ist das gesetzliche Verbot auch erforderlich.

28

An der Erforderlichkeit des Verbots fehlt es insbesondere auch nicht deshalb, weil, wie die Beschwerdeführer meinen, die vom Gesetzgeber zur Begründung der Regelung herangezogenen Erkenntnisse zur Schädlichkeit der UV-Strahlung bei Kindern und Jugendlichen nicht gesichert seien und die im Sinne des gesetzgeberischen Anliegens einschlägigen Studien in der Wissenschaft kritisiert würden.

29

Wird der Gesetzgeber zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der vom Bundesverfassungsgericht bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung je nach der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen abgeben können (vgl. BVerfGE 121, 317 <350> m.w.N.).

30

Bei Anlegung dieses Maßstabs ist die Einschätzung des Gesetzgebers nicht zu beanstanden, dass UV-Strahlung im Allgemeinen und bei Kindern und Jugendlichen im Besonderen eine für die Haut negative Wirkung vor allem im Hinblick auf die Entstehung und den Verlauf von Hautkrebs hat. Allein der Umstand, dass - wie die Beschwerdeführer behaupten - die Zusammenhänge im Einzelnen nicht hinreichend geklärt sein mögen und vom Gesetzgeber herangezogene Studien wissenschaftlicher Kritik ausgesetzt sind, führt nicht zu einer Überschreitung des gesetzgeberischen Beurteilungsspielraums bei der Einschätzung der Gefahr. Hieraus ergibt sich nämlich nicht, dass die vom Gesetzgeber gesehenen Gefahren, deren Eindämmung er mit Einführung des § 4 NiSG verfolgt, nicht bestünden. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Erwägungen des Gesetzgebers offensichtlich fehlsam sind. Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass selbst die Beschwerdeführer von einer gesundheitsschädlichen Wirkung der (übermäßigen) UV-Exposition ausgehen und die Annahmen des Gesetzgebers damit nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen sind.

31

(3) Das Verbot ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne.

32

Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs in ein Grundrecht und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe muss die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt sein (vgl. BVerfGE 30, 292 <316>; 67, 157 <178>; 81, 70 <92>; 83, 1 <19>; 90, 145 <173>). Die Maßnahme darf die Adressaten mithin nicht übermäßig belasten (vgl. BVerfGE 90, 145 <173>).

33

Der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit durch das Verbot des § 4 NiSG ist für den betroffenen Minderjährigen nicht besonders schwer, aber auch keineswegs belanglos. Das Verbot der Benutzung von Sonnenstudios und ähnlichen Einrichtungen wirkt nur eingeschränkt, weil den Minderjährigen die Möglichkeit des "Sonnenbadens" im Freien und der Nutzung von UV-Licht im privaten Bereich bleibt. Andererseits wird dem Minderjährigen mit dem Verbot des § 4 NiSG im Bereich privater Lebensgestaltung und damit in einem Kernbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit die Dispositionsbefugnis über die Gestaltung seines Aussehens und seiner Freizeitgestaltung teilweise genommen, ohne dass es sich dabei um ein gemeinwohlschädliches Verhalten handeln würde. Außerdem verfolgt die angegriffene Regelung mit dem Schutz vor selbstschädigendem Verhalten ein Ziel, das nur in besonders gravierenden Fällen in der Abwägung mit einem Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit zu bestehen vermag (vgl. BVerfGE 60, 123 <132>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. August 1999 - 1 BvR 2181/98 u.a. -, NJW 1999, S. 3399 <3401>). Denn sie umfasst gerade auch im Freizeitbereich die Freiheit, Handlungen vorzunehmen oder Verhaltensweisen an den Tag zu legen, die gesundheitliche Risiken in sich bergen.

34

Anderes gilt allerdings im Bereich des Jugendschutzes, der als Rechtfertigungsgrund für Grundrechtseingriffe im Grundgesetz ausdrücklich anerkannt ist (vgl. Art. 5 Abs. 2 GG). Mit Rücksicht auf den gebotenen Schutz der Minderjährigen, ihre mangelnde Einsichtsfähigkeit und Reife sind deshalb seit langem verschiedene Regelungen auch zum Schutz der Minderjährigen vor Selbstgefährdung und Selbstschädigung in der Rechtsordnung etabliert. Das verfassungsrechtlich bedeutsame Interesse an einer ungestörten Entwicklung der Jugend berechtigt den Gesetzgeber zu Regelungen, durch welche der Jugend drohende Gefahren abgewehrt werden (vgl. BVerfGE 30, 336 <347>). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, in welchem Zusammenhang und in welcher altersmäßigen Abstufung und auf welche Weise Situationen entgegengewirkt werden soll, die nach seiner Einschätzung zu Schäden führen können (vgl. BVerfGE 110, 141 <159>; 121, 317 <356>). Dabei steht ihm unter Berücksichtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Jugendlichen und dem Erziehungsrecht der Eltern ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 96, 56 <64>; 121, 317 <356>).

35

Gemessen hieran hat der Gesetzgeber mit dem Verbot des § 4 NiSG den Minderjährigen keine unzumutbare Einschränkung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit zugemutet. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass er mit der Annahme der mangelnden Einsichtsfähigkeit oder jedenfalls mangelnden grundsätzlichen Einsichtsbereitschaft eines nicht unerheblichen Teils der Minderjährigen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres in das Gefährdungspotential künstlicher UV-Bestrahlung seinen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum überschritten hat. Mit dem Ende der Minderjährigkeit hat der Gesetzgeber vielmehr eine vom Grundgesetz - wenn auch in anderem Zusammenhang - anerkannte Altersgrenze gewählt (vgl. Art. 38 Abs. 2 GG), die zudem im Bürgerlichen Recht (vgl. § 2 BGB) eine maßgebliche Rolle spielt und auch bei der Frage des Jugendschutzes in Bezug auf den Tabakkonsum relevant ist (vgl. § 10 JuSchG). Dass der Gesetzgeber in anderen Bereichen des Jugendschutzes niedrigere Altersgrenzen, wie zum Beispiel beim Konsum von Alkohol, festgelegt hat, zwingt ihn nicht dazu, diese Grenze auch hier heranzuziehen.

36

Das Verbot des § 4 NiSG erweist sich auch nicht deshalb als unverhältnismäßig, weil der Gesetzgeber Minderjährigen die Benutzung von Solarien verboten hat, obwohl die UV-Strahlung im Hinblick auf die Vitamin-D-Bildung auch positive Auswirkungen haben kann. Nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers kann der Vitamin-D-Haushalt auch durch Nahrungsmittel, Nahrungsergänzungsmittel und den Aufenthalt im Freien ausreichend reguliert werden (BTDrs. 16/12276, S. 9). Es ist daher nicht davon auszugehen, dass das Verbot bei Minderjährigen zu gesundheitlichen Problemen aufgrund eines Vitamin-D-Mangels führen wird.

37

2. Es kann dahinstehen, ob das Verbot des § 4 NiSG in das grundrechtlich geschützte Erziehungsrecht der Beschwerdeführer zu 2) und 3) eingreift, weil es ihnen die Möglichkeit nimmt, nach ihren eigenen Erziehungsvorstellungen darüber zu entscheiden, ob ihr Kind ein Sonnenstudio oder eine ähnliche Einrichtung besuchen können soll. Der Eingriff wäre jedenfalls gerechtfertigt.

38

Der Eingriff in das Elterngrundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG wäre nur geringfügig, da es den Eltern unbenommen bleibt, ihrem Kind im privaten Lebensbereich den Zugang zu einer UV-Bestrahlung zu eröffnen, wenn sie dies für verantwortbar und richtig halten. Der Gesetzgeber war von Verfassungs wegen auch nicht gehalten, aus Verhältnismäßigkeitserwägungen ein bloßes Verbot mit elterlichem Einverständnisvorbehalt vorzusehen. Angesichts der allenfalls geringen Eingriffsintensität durfte er sich auf ein umfassendes, nicht nach Altersgruppen und daran anknüpfende Einverständnispflichten differenzierendes und damit für alle Beteiligten leicht praktikables Verbot entscheiden.

39

3. Der Beschwerdeführer zu 4) ist durch das in § 4 NiSG geregelte Nutzungsverbot von Sonnenstudios für Minderjährige nicht in seinem Grundrecht auf freie Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt.

40

Die darin liegende Regelung der Berufsausübung belastet die Betreiber von öffentlich zugänglichen Sonnenstudios nicht in unzumutbarer Weise. Der Eingriff selbst ist in seiner Reichweite beschränkt. Von den potentiellen Kunden werden den Betreibern von Sonnenstudios und ähnlicher Einrichtungen nur die Minderjährigen und nur für die Dauer ihrer Minderjährigkeit entzogen. Angesichts der hohen Bedeutung des Jugendschutzes und der vom Gesetzgeber vertretbar eingeschätzten Gefahr, die Kindern und Jugendlichen durch die Nutzung von Sonnenbänken droht, erweist sich diese Einschränkung nicht als unverhältnismäßig.

41

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

42

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Für dieses Gesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.
biologische Vielfaltdie Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten einschließlich der innerartlichen Vielfalt sowie die Vielfalt an Formen von Lebensgemeinschaften und Biotopen;
2.
Naturhaushaltdie Naturgüter Boden, Wasser, Luft, Klima, Tiere und Pflanzen sowie das Wirkungsgefüge zwischen ihnen;
3.
Erholungnatur- und landschaftsverträglich ausgestaltetes Natur- und Freizeiterleben einschließlich natur- und landschaftsverträglicher sportlicher Betätigung in der freien Landschaft, soweit dadurch die sonstigen Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht beeinträchtigt werden;
4.
natürliche Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interessedie in Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Lebensraumtypen;
5.
prioritäre natürliche Lebensraumtypendie in Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG mit dem Zeichen (*) gekennzeichneten Lebensraumtypen;
6.
Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutungdie in die Liste nach Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie 92/43/EWG aufgenommenen Gebiete, auch wenn ein Schutz im Sinne des § 32 Absatz 2 bis 4 noch nicht gewährleistet ist;
7.
Europäische VogelschutzgebieteGebiete im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7), wenn ein Schutz im Sinne des § 32 Absatz 2 bis 4 bereits gewährleistet ist;
8.
Natura 2000-GebieteGebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und Europäische Vogelschutzgebiete;
9.
ErhaltungszieleZiele, die im Hinblick auf die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands eines natürlichen Lebensraumtyps von gemeinschaftlichem Interesse, einer in Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG oder in Artikel 4 Absatz 2 oder Anhang I der Richtlinie 2009/147/EG aufgeführten Art für ein Natura 2000-Gebiet festgelegt sind;
10.
günstiger ErhaltungszustandZustand im Sinne von Artikel 1 Buchstabe e und i der Richtlinie 92/43/EWG und von Artikel 2 Nummer 4 der Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (ABl. L 143 vom 30.4.2004, S. 56), die zuletzt durch die Richtlinie 2009/31/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 114) geändert worden ist.

(2) Für dieses Gesetz gelten folgende weitere Begriffsbestimmungen:

1.
Tiere
a)
wild lebende, gefangene oder gezüchtete und nicht herrenlos gewordene sowie tote Tiere wild lebender Arten,
b)
Eier, auch im leeren Zustand, sowie Larven, Puppen und sonstige Entwicklungsformen von Tieren wild lebender Arten,
c)
ohne Weiteres erkennbare Teile von Tieren wild lebender Arten und
d)
ohne Weiteres erkennbar aus Tieren wild lebender Arten gewonnene Erzeugnisse;
2.
Pflanzen
a)
wild lebende, durch künstliche Vermehrung gewonnene sowie tote Pflanzen wild lebender Arten,
b)
Samen, Früchte oder sonstige Entwicklungsformen von Pflanzen wild lebender Arten,
c)
ohne Weiteres erkennbare Teile von Pflanzen wild lebender Arten und
d)
ohne Weiteres erkennbar aus Pflanzen wild lebender Arten gewonnene Erzeugnisse;
als Pflanzen im Sinne dieses Gesetzes gelten auch Flechten und Pilze;
3.
Artjede Art, Unterart oder Teilpopulation einer Art oder Unterart; für die Bestimmung einer Art ist ihre wissenschaftliche Bezeichnung maßgebend;
4.
BiotopLebensraum einer Lebensgemeinschaft wild lebender Tiere und Pflanzen;
5.
Lebensstätteregelmäßiger Aufenthaltsort der wild lebenden Individuen einer Art;
6.
Populationeine biologisch oder geografisch abgegrenzte Zahl von Individuen einer Art;
7.
(weggefallen)
8.
(weggefallen)
9.
invasive Arteine invasive gebietsfremde Art im Sinne des Artikels 3 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014
a)
die in der Unionsliste nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 aufgeführt ist,
b)
für die Dringlichkeitsmaßnahmen nach Artikel 10 Absatz 4 oder für die Durchführungsrechtsakte nach Artikel 11 Absatz 2 Satz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 in Kraft sind, soweit die Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 nach den genannten Rechtsvorschriften anwendbar ist oder
c)
die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 3 aufgeführt ist;
10.
Arten von gemeinschaftlichem Interessedie in Anhang II, IV oder V der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tier- und Pflanzenarten;
11.
prioritäre Artendie in Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG mit dem Zeichen (*) gekennzeichneten Tier- und Pflanzenarten;
12.
europäische Vogelartenin Europa natürlich vorkommende Vogelarten im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 2009/147/EG;
13.
besonders geschützte Arten
a)
Tier- und Pflanzenarten, die in Anhang A oder Anhang B der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 61 vom 3.3.1997, S. 1, L 100 vom 17.4.1997, S. 72, L 298 vom 1.11.1997, S. 70, L 113 vom 27.4.2006, S. 26), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 709/2010 (ABl. L 212 vom 12.8.2010, S. 1) geändert worden ist, aufgeführt sind,
b)
nicht unter Buchstabe a fallende
aa)
Tier- und Pflanzenarten, die in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführt sind,
bb)
europäische Vogelarten,
c)
Tier- und Pflanzenarten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 aufgeführt sind;
14.
streng geschützte Artenbesonders geschützte Arten, die
a)
in Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97,
b)
in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG,
c)
in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 2
aufgeführt sind;
15.
gezüchtete TiereTiere, die in kontrollierter Umgebung geboren oder auf andere Weise erzeugt und deren Elterntiere rechtmäßig erworben worden sind;
16.
künstlich vermehrte PflanzenPflanzen, die aus Samen, Gewebekulturen, Stecklingen oder Teilungen unter kontrollierten Bedingungen herangezogen worden sind;
17.
AnbietenErklärung der Bereitschaft zu verkaufen oder zu kaufen und ähnliche Handlungen, einschließlich der Werbung, der Veranlassung zur Werbung oder der Aufforderung zu Verkaufs- oder Kaufverhandlungen;
18.
Inverkehrbringendas Anbieten, Vorrätighalten zur Abgabe, Feilhalten und jedes Abgeben an andere;
19.
rechtmäßigin Übereinstimmung mit den jeweils geltenden Rechtsvorschriften zum Schutz der betreffenden Art im jeweiligen Staat sowie mit Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet des Artenschutzes und dem Übereinkommen vom 3. März 1973 über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (BGBl. 1975 II S. 773, 777) – Washingtoner Artenschutzübereinkommen – im Rahmen ihrer jeweiligen räumlichen und zeitlichen Geltung oder Anwendbarkeit;
20.
Mitgliedstaatein Staat, der Mitglied der Europäischen Union ist;
21.
Drittstaatein Staat, der nicht Mitglied der Europäischen Union ist.

(3) Soweit in diesem Gesetz auf Anhänge der

1.
Verordnung (EG) Nr. 338/97,
2.
Verordnung (EWG) Nr. 3254/91 des Rates vom 4. November 1991 zum Verbot von Tellereisen in der Gemeinschaft und der Einfuhr von Pelzen und Waren von bestimmten Wildtierarten aus Ländern, die Tellereisen oder den internationalen humanen Fangnormen nicht entsprechende Fangmethoden anwenden (ABl. L 308 vom 9.11.1991, S. 1),
3.
Richtlinien 92/43/EWG und 2009/147/EG,
4.
Richtlinie 83/129/EWG des Rates vom 28. März 1983 betreffend die Einfuhr in die Mitgliedstaaten von Fellen bestimmter Jungrobben und Waren daraus (ABl. L 91 vom 9.4.1983, S. 30), die zuletzt durch die Richtlinie 89/370/EWG (ABl. L 163 vom 14.6.1989, S. 37) geändert worden ist,
oder auf Vorschriften der genannten Rechtsakte verwiesen wird, in denen auf Anhänge Bezug genommen wird, sind die Anhänge jeweils in der sich aus den Veröffentlichungen im Amtsblatt Teil L der Europäischen Union ergebenden geltenden Fassung maßgeblich.

(4) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gibt die besonders geschützten und die streng geschützten Arten sowie den Zeitpunkt ihrer jeweiligen Unterschutzstellung bekannt.

(5) Wenn besonders geschützte Arten bereits auf Grund der bis zum 8. Mai 1998 geltenden Vorschriften unter besonderem Schutz standen, gilt als Zeitpunkt der Unterschutzstellung derjenige, der sich aus diesen Vorschriften ergibt. Entsprechendes gilt für die streng geschützten Arten, soweit sie nach den bis zum 8. Mai 1998 geltenden Vorschriften als vom Aussterben bedroht bezeichnet waren.

(1) Landschaftsschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist

1.
zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, einschließlich des Schutzes von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten,
2.
wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft oder
3.
wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung.

(2) In einem Landschaftsschutzgebiet sind unter besonderer Beachtung des § 5 Absatz 1 und nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen.

(3) In einem Landschaftsschutzgebiet sind die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen sowie der zugehörigen Nebenanlagen nicht verboten, wenn sich der Standort der Windenergieanlagen in einem Windenergiegebiet nach § 2 Nummer 1 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1353) befindet. Satz 1 gilt auch, wenn die Erklärung zur Unterschutzstellung nach § 22 Absatz 1 entgegenstehende Bestimmungen enthält. Für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens bedarf es insoweit keiner Ausnahme oder Befreiung. Bis gemäß § 5 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes festgestellt wurde, dass das jeweilige Land den Flächenbeitragswert nach Anlage 1 Spalte 2 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes oder der jeweilige regionale oder kommunale Planungsträger ein daraus abgeleitetes Teilflächenziel erreicht hat, gelten die Sätze 1 bis 3 auch außerhalb von für die Windenergienutzung ausgewiesenen Gebieten im gesamten Landschaftsschutzgebiet entsprechend. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Standort in einem Natura 2000-Gebiet oder einer Stätte, die nach Artikel 11 des Übereinkommens vom 16. November 1972 zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (BGBl. 1977 II S. 213, 215) in die Liste des Erbes der Welt aufgenommen wurde, liegt.

(1) Naturschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen erforderlich ist

1.
zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten,
2.
aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder
3.
wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit.

(2) Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten. Soweit es der Schutzzweck erlaubt, können Naturschutzgebiete der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden.

(3) In Naturschutzgebieten ist die Errichtung von Anlagen zur Durchführung von Gewässerbenutzungen im Sinne des § 9 Absatz 2 Nummer 3 und 4 des Wasserhaushaltsgesetzes verboten.

(4) In Naturschutzgebieten ist im Außenbereich nach § 35 des Baugesetzbuches die Neuerrichtung von Beleuchtungen an Straßen und Wegen sowie von beleuchteten oder lichtemittierenden Werbeanlagen verboten. Von dem Verbot des Satzes 1 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, soweit

1.
die Schutzzwecke des Gebietes nicht beeinträchtigt werden können oder
2.
dies aus Gründen der Verkehrssicherheit oder anderer Interessen der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist.
Weitergehende Schutzvorschriften, insbesondere solche des § 41a und einer auf Grund von § 54 Absatz 4d erlassenen Rechtsverordnung sowie solche des Landesrechts, bleiben unberührt.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.