vorgehend
Verwaltungsgericht Regensburg, RN 11 K 17.1056, 26.07.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 93.950,54 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags. Sie betreibt eine Naturheilpraxis in einem Hotel im Gebiet der Beklagten, in der sie die von ihr entwickelte „S.-Therapie“ anbietet.

Mit Bescheid vom 8. Dezember 2015 veranlagte die Beklagte die Klägerin zu einem Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 2013 in Höhe von 46.975,27 Euro und einer Vorauszahlung für das Jahr 2015 in derselben Höhe. Dem Bescheid legte sie einen steuerpflichtigen Gewinn der Klägerin von 932.049 Euro, einen Vorteilssatz von 84% sowie einen Beitragssatz von 6% zu Grunde.

Die von der Klägerin gegen den Bescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 26. Juli 2017 ab. Soweit die Klägerin die Richtigkeit der Beitragskalkulation anzweifle, könne sie damit mangels Substantiierung nicht gehört werden. Die Klägerin ziehe als Betreiberin einer Naturheilpraxis Vorteile aus Geschäften mit Ortsfremden und sei daher fremdenverkehrsbeitragspflichtig. Der zu entgeltende wirtschaftliche Vorteil bestehe in der Gewinnchance oder in der erhöhten Verdienstmöglichkeit, die sich aus dem Fremdenverkehr ergäben. Ein enger Zusammenhang zwischen der Praxis der Klägerin und dem Fremdenverkehr im Gebiet der Beklagten lasse sich auch der Homepage der Klägerin entnehmen. Dort werde auf die Möglichkeiten im „Bäderdreieck“ und damit auf den Fremdenverkehr Bezug genommen. Auch die Standortwahl in einem Hotel sei ein deutliches Indiz für den Zusammenhang. Das Hotel selbst werbe ebenfalls mit der Naturheilpraxis der Klägerin. Deren Patienten könnten auch die Fremdenverkehrseinrichtungen vor Ort nutzen, wie z.B. die Therme, die von einem Zweckverband, bei dem die Beklagte Mitglied sei, betrieben werde.

Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte und die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreterin des öffentlichen Interesses entgegentreten.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe – soweit überhaupt ausreichend dargelegt – vorliegt.

a) Der mit der Antragsbegründung geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Die Klägerin hat keinen einzelnen tragenden Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243/1244 m.w.N.).

aa) Die Klägerin trägt vor, sie habe keine wirtschaftlichen Vorteile aus dem Fremdenverkehr. Ihre Patienten seien keine Heilungssuchenden im Sinne des Fremdenverkehrs, sondern kämen allein wegen der besonderen Heilmethode, die so nur von der Klägerin an nunmehr drei Standorten in Deutschland angeboten werde. Die Bekanntheit der Therapie beruhe auf ihrer Einmaligkeit. Tourismus sei für ihre Patienten kein Aufenthaltsgrund im Gebiet der Beklagten. Ihre Patienten kämen nicht auch wegen der besonderen natürlichen Heilfaktoren wie Heilquellen, besonderes Klima, gute Luft oder Höhenlage. Ihre Therapie sei davon unabhängig. Ihre Patienten seien daher nicht dem Fremdenverkehr zuzuordnen. Die Klägerin betreibe drei verschiedene Standorte in Deutschland. Patienten, die früher aus dem Süden Deutschlands sowie aus den angrenzenden Staaten Österreich und Schweiz an die anderen beiden Standorte gekommen seien, kämen nun an den Standort im Gebiet der Beklagten. Die Tatsache, dass es sich bei dem Standort auch um einen Fremdenverkehrsort handle, spiele hierbei keine Rolle. Dies habe eine umfangreiche Umfrage unter den Patienten, die dem Verwaltungsgericht vorgelegt worden sei, ergeben. Die Umfrage sei inhaltlich nicht zu beanstanden. Auch die Webpräsenz der Klägerin werbe nicht mit den besonderen Möglichkeiten der Beklagten, sondern verweise auf das umfangreiche Angebot der weiteren Umgebung im Bäderdreieck bzw. in Niederbayern. Die Klägerin werbe daher auch mit dem Begriff „Thermalregion N.“ und nehme Bezug auf Ausflugsziele außerhalb des Gebiets der Beklagten. Auch seien ihre Patienten nicht mit den Patienten eines im Fremdenverkehrsort ansässigen Arztes, der auch Fremde behandelt, zu vergleichen. Das Hotel, in dem die Klägerin ihre Praxis habe, sei ein Golf- und Wellnesshotel und kein Kurhotel. Es sei nicht wegen des Fremdenverkehrs, sondern wegen eines besonders günstigen Angebots ausgewählt worden. Dementsprechend sei auch der angewandte Vorteilssatz unangemessen hoch. Die Regelung der Beklagten, nur ortsfremde Personen, die innerhalb einer Grenze von 60 km zum Gemeindegebiet wohnten, als ortszugehörig zu definieren, sei willkürlich.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, das Urteil des Verwaltungsgerichts infrage zu stellen.

Der Fremdenverkehrsbeitrag gilt die besonderen wirtschaftlichen Vorteile ab, die dem Beitragspflichtigen aus dem Fremdenverkehr erwachsen. Dies setzt voraus, dass der Beitragspflichtige Gewinne im Gemeindegebiet erwirtschaftet oder dort Umsätze tätigt, die mit dem Fremdenverkehr im Zusammenhang stehen (BayVGH, U.v. 14.3.2000 – 4 B 96.809 – BayVBl 2001, 403) und dass hierbei ein konkreter Zusammenhang zwischen den erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten und dem Fremdenverkehr besteht (VGH BW, U.v. 30.11.2000 – 2 S 2061/98 – DVBl 2001, 494; NdsOVG, U.v. 13.12.2006 – 9 KN 180/04 – NVwZ-RR 2007, 277).

Es ist in der Rechtsprechung des Senats seit langem anerkannt (vgl. bereits U.v. 28.7.1982 – 4 B 290/79 – VGH n.F. 36, 7/8; U.v. 27.3.2003 – 4 B 98.2772 – BayVBl 2003, 725), dass der Begriff des Fremdenverkehrs weit auszulegen ist. Er umfasst alle Formen des Erholungs-, Vergnügungs-, Heil- und Bildungstourismus. Entscheidend ist, dass es sich um einen kurzfristigen Aufenthalt eines nicht Ortsansässigen in der Gemeinde aus einem im weitesten Sinn dem Tourismus zuzurechnenden Grund handelt. Der Fremdenverkehrsbeitrag stellt einen Gegenwert für diejenigen Lasten dar, welche die Gemeinde zur Förderung des Fremdenverkehrs aufbringt. Es kommt nicht darauf an, ob der Beitragspflichtige durch die Inanspruchnahme ganz bestimmter Fremdenverkehrseinrichtungen einen konkreten nachweisbaren Vorteil hat. Die Beitragspflicht wird vielmehr durch die Vorteile aus dem Fremdenverkehr als solchem ausgelöst. So ist bei einem Kur- oder Erholungsort für die Einordnung eines Heilungssuchenden als Teilnehmer am Fremdenverkehr nicht erforderlich, dass die natürlichen Heilfaktoren des Fremdenverkehrsorts wesentliches oder gar ausschließliches Motiv für die Ortswahl waren (vgl. zum Ganzen: BayVGH, U.v. 15.11.1989 – 4 B 88.1367 – Gemeindekasse 1990 Rn. 54). Heilungssuchende, die zumindest auch wegen der besonderen natürlichen Heilfaktoren eines Ortes von auswärts kommen und sich zur Heilung in ein Sanatorium oder eine Kurklinik begeben, sind daher dem Fremdenverkehr zuzurechnen, wenn sie in der Lage sind, sich außerhalb der Klinik zu bewegen und an den örtlichen Gegebenheiten des Fremdenverkehrs teilzunehmen. Indem die Patienten die gemeindlichen Fremdenverkehrseinrichtungen nutzen können, nimmt die betreffende Einrichtung am Fremdenverkehr teil bzw. erwachsen ihr Vorteile aus dem Fremdenverkehr. Gleiches gilt für Patienten von Einrichtungen, die sogenannten Anschlussbehandlungen oder sonstige Rehabilitation betreiben, wenn sie ortsfremd und in der Lage sind, die Fremdenverkehrseinrichtungen der Gemeinde zu nutzen (vgl. SächsOVG, B.v. 27.1.2015 – 5 B 123/14 – juris Rn. 20; VGH BW, U.v. 29.4.2010 – 2 S 2160/09 – DÖV 2010, 739), oder für Kliniken, die sogenannte “Frischzellentherapien“ anbieten (BayVGH, U.v. 15.11.1989, a.a.O.)

Nicht anders verhält es sich bei der Klägerin. Aufgrund der Lage ihrer Naturheilpraxis im Ortskern der Beklagten ist davon auszugehen, dass die Patienten zumindest auch wegen der Fremdenverkehrseinrichtungen der Beklagten und damit aus Erholungsgründen in ihre Praxis kommen und die Gelegenheit nutzen, sich länger im Gemeindegebiet der Beklagten aufzuhalten. Die Annahme der Klägerin, nur das überregionale Fremdenverkehrsangebot der „Thermalregion N.“ könne ausschlaggebend sein, ist nicht nachvollziehbar. Bereits das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt (UA S. 9 f.), dass die Homepage der Klägerin darauf hinweist, dass die Beklagte im „Bäderdreieck“ liegt, und damit Bezug auf den Fremdenverkehr vor Ort nimmt. Es liegt nahe anzunehmen, dass die Klägerin, die eine weitere Praxis im Ostseeheilbad T. betreibt, den Standort im Gebiet der Beklagten gerade auch wegen der Anreize durch die Landschaft, die saubere Luft und das Thermalwasser gewählt hat. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die Patienten der Klägerin das Fremdenverkehrsangebot der Beklagten, darunter die Therme des Zweckverbands, an dem die Beklagte beteiligt ist, aber auch Wander- und Spazierwege oder den Kurpark nicht benutzen sollten. Auch ist das Hotel, in dem die Klägerin ihre Praxis hat und in dem Patienten der Klägerin besondere Vergünstigungen erhalten, nach dem unbestrittenem Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht (vgl. Niederschrift S. 3) kein reines Wellnesshotel, sondern ein Kurhotel mit entsprechenden Anwendungen und einem Thermalbad, wobei die Förderung des Thermalwassers auf einer gemeindlichen Einrichtung beruht. Der Qualifizierung jedenfalls eines Teils der Patienten der Klägerin als Teilnehmer am Fremdenverkehr steht es nicht entgegen, dass viele Personen aus dem Süden Deutschlands und den südlich angrenzenden Ländern bereits vor Eröffnung des neuen Standorts im Gebiet der Beklagten die anderen Standorte aufgesucht haben, zumal auch dort teilweise Kur- und Fremdenverkehrseinrichtungen existieren. Die Zusammensetzung des Kundenstamms der Klägerin in der Vergangenheit ist letztlich nicht entscheidend. Ohne Bedeutung ist weiterhin, ob und in welchem Umfang die Patienten auch dann zu ihr kämen, wenn sie ihre Praxis außerhalb des Fremdenverkehrsorts betreiben würde (vgl. BayVGH, U.v. 15.11.1989 – 4 B 88.1367 – Gemeindekasse 1990 Rn. 54).

Die Patienten der Klägerin haben durchaus die Gelegenheit, die Fremdenverkehrseinrichtungen der Beklagten zu nutzen, weil sie sowohl zeitlich als auch im Hinblick auf ihren Krankheitszustand in der Lage sind, sich außerhalb der Praxis und des Hotels zu bewegen. Nach den Erläuterungen des Beigezogenen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht werden bei den meisten Patienten zehn Behandlungen durchgeführt, manchmal auch fünfzehn. Die Patienten würden zweimal am Tag für ca. 20 bis 40 Minuten behandelt. Sie müssten vorher und nachher keine Ruhepausen einhalten. Die nicht ortsansässigen Patienten würden für ca. fünf Tage in Hotels oder Pensionen vor Ort wohnen. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, zeigt dies, dass die Patienten neben ihren Behandlungen noch genug Zeit haben, die Fremdenverkehrseinrichtungen vor Ort zu nutzen. Angesichts des mehrtägigen Aufenthalts liegt dies nahe; es ist lebensfremd anzunehmen, die Patienten würden im Hotel(-zimmer) verharren und auf die nächste Behandlung warten.

Der von der Beklagten angewandte Vorteilssatz von 84% ist nicht zu beanstanden. Der Vorteilsatz bezeichnet den auf dem Fremdenverkehr beruhenden Teil des einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Gewinns oder des steuerbaren Umsatzes. Er wird durch Schätzung für jeden Fall gesondert ermittelt, wobei insbesondere Art und Umfang der selbständigen Tätigkeit, die Lage und Größe der Geschäfts- und Beherbergungsräume, die Betriebsweise und die Zusammensetzung des Kundenkreises von Bedeutung sind (§ 3 Abs. 3 FVBS der Beklagten). Der Vorteilssatz soll damit abbilden, zu welchem (prozentualen) Anteil der Fremdenverkehr zu dem Gewinn oder Umsatz des Beitragspflichtigen beigetragen hat. Regelmäßig ist das der Umsatz, der aus Geschäften mit Personen erzielt wird, die dem Fremdenverkehr zuzurechnen, also nicht ortsansässig sind und sich zumindest im weitesten Sinn auch aus Gründen des Tourismus dort aufhalten.

Nicht ortsansässige Personen sind alle, die nicht im Gemeindegebiet der Beklagten wohnen. Dass die Klägerin Personen behandelt, die aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sind, das Hotel zu verlassen oder die Fremdenverkehrseinrichtungen der Beklagten zu nutzen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Dass der Tourismus auch nicht im weitesten Sinn ein (zusätzlicher) Aufenthaltszweck sein kann, lässt sich allenfalls bei nicht ortsansässigen Patienten annehmen, die aus kürzerer Entfernung täglich anreisen. Das hat die Beklagte berücksichtigt. Sie hat hier offenbar eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 11. Mai 2006 (M 10 K 05. 5969 – juris Rn. 24) zu Grunde gelegt, wonach die ambulante Behandlung von Patienten aus dem Umland der beitragserhebenden Gemeinde nicht zum Fremdenverkehr zählt, da bei ihnen nach der Lebenserfahrung zu vermuten sei, dass sie nicht auch zu touristischen Zwecken in die Gemeinde fahren, wenn sie dort einen Arzt oder Heilpraktiker aufsuchen. Ob das auch für die Patienten der Klägerin aus dem näheren Umfeld gilt, wenn eine Behandlung zweimal am Tag und jedenfalls fünf Tage hintereinander erfolgt und die Patienten daher nicht nur vor und nach den Behandlungen, sondern auch dazwischen Zeit für andere Dinge haben, kann offen bleiben, weil die Klägerin insoweit allenfalls begünstigt wäre. Grundsätzlich ist es unerheblich, wenn der Aufenthalt in der betreffenden Gemeinde nur kurzfristig ist und die Fremden nicht übernachten (BayVGH, U.v. 27.3.2003 a.a.O. Rn. 27).

Die vorgelegte Patientenumfrage der Klägerin ist, wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat (UA S. 12), aus unterschiedlichen Gründen für die Schätzung des Vorteilssatzes ohne jede Aussagekraft. Es kann offen bleiben, ob eine solche Patientenbefragung aufgrund der möglichen wirtschaftlichen Vorteile, die die Patienten von einer etwaigen Antwort langfristig selbst hätten, weil der Fremdenverkehrsbeitrag ein möglicher Kostenfaktor ist, überhaupt geeignet ist, auszuschließen, dass nicht auch Tourismus im weitesten Sinne Aufenthaltszweck der Patienten ist. Denn es handelt sich bei der Umfrage nur um einen kleinen Ausschnitt der tatsächlich behandelten Patienten des Jahres 2015 (nicht 2013). Auch wurden von ca. 350 bis 400 Neupatienten nur 50 Fragebögen vorgelegt. Daneben gibt es noch Altpatienten. Das ist schon von der Zahl her nicht repräsentativ. Darüber hinaus weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die Fragen nicht neutral formuliert sind.

Der Umstand, dass für die Höhe des von dem Beitragspflichtigen erzielten Gewinns neben dem Fremdenverkehr auch und sogar vorrangig Eigenleistungen mitursächlich sind, wie etwa sein besonderes persönliches Engagement oder seine spezielle fachliche Qualifikation, führt nach ständiger Rechtsprechung zu keiner Minderung des Vorteilssatzes (vgl. BayVGH, B.v. 1.12.2000 – 4 ZB 99.961 – BayVBl 2001, 405 Rn. 13 f.).

bb) Die Klägerin trägt darüber hinaus vor, die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags im hier vorliegenden Umfang verstoße gegen das Äquivalenzprinzip, weil zwischen Leistung und Gegenleistung kein angemessenes Verhältnis bestehe. Von den Gesamtbeitragseinnahmen der Beklagten im Jahr 2013 in Höhe von 544.146 Euro erbringe die Klägerin fast 9%. Dem stehe insbesondere auch im Vergleich zu den anderen Fremdenverkehrsbeitragsschuldnern kein entsprechender wirtschaftlicher Vorteil der Klägerin gegenüber. Besonders augenscheinlich werde das Missverhältnis, wenn man die Zahl der Übernachtungen der Patienten der Klägerin ins Verhältnis zur Zahl der Übernachtungsgäste in Beherbergungsbetrieben im Gebiet der Beklagten insgesamt setze. Die Klägerin behandle durchschnittlich ca. 500 Patienten pro Jahr, wobei diese sich für regelmäßig ca. fünf Tage zur Behandlung in der Nähe der Praxis aufhielten. Daraus folge, dass der Klägerin ca. 2.500 Übernachtungen im Gebiet der Beklagten, also allenfalls 0,25%, zurechenbar seien, da die Gesamtzahl der Übernachtungen pro Jahr im Gebiet der Beklagten für das hier maßgebliche Jahr 2013 ca. 943.000 betrage. Dennoch habe die Klägerin fast 9% der Fremdenverkehrsbeitragseinnahmen zu leisten, wobei noch dazu im Jahr 2013 ein Deckungsgrad von 91,4% vorgelegen habe und darüber hinaus unklar sei, inwieweit die Aufwendungen Kureinrichtungen und Fremdenverkehrseinrichtungen beträfen. Auch sei nicht berücksichtigt, dass die Gemeinde einen Eigenanteil erbringen müsse. In einem solch krassen Fall dürfe daher nicht der Gewinn, sondern müsse der Umsatz der Beitragserhebung zugrunde gelegt werden, weil eine solche nach dem Gewinn unverhältnismäßig sei. Dann ergäbe sich ein Beitrag von lediglich 9.935,42 Euro.

Auch damit zeigt die Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts auf. Eine Gegenüberstellung von Leistung und Gegenleistung sieht das Fremdenverkehrsbeitragsrecht nicht vor. Das Äquivalenzprinzip ist in Art. 6 KAG anders als bei Benutzungsgebühren (vgl. Art. 8 Abs. 4 KAG) nicht normiert. Wie oben (Buchst. a, Doppelbuchst. aa) ausgeführt, kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin den Gewinn auch an einem anderen Standort erzielen könnte und auch nicht darauf, ob der Gewinn überwiegend auf Eigenleistungen der Klägerin beruht. Die Beitragsschuld der Klägerin ergibt sich aus einer einfachen Rechnung, wobei der Gewinn der Klägerin mit dem Vorteilssatz und dem Beitragssatz multipliziert wird. Insoweit ist das Äquivalenzprinzip schon mathematisch gewahrt. Es gibt weder im Kommunalabgabengesetz noch in der Satzung der Beklagten noch in der Rechtsprechung Anhaltspunkte für die Forderung der Klägerin, dass bei einem besonders hohen Anteil eines einzelnen Beitragspflichtigen an den Gesamtbeitragseinnahmen ein Abschlag zu gewähren wäre oder auf eine Veranlagung nach dem Gewinn verzichtet und eine Veranlagung nach dem Umsatz durchgeführt werden müsste.

Bedenken gegen die geltende Regelung im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG) bestehen nicht. Der relativ hohe Beitrag der Klägerin resultiert aus einem entsprechend hohen Gewinn im Verhältnis zum Umsatz, wie die vorgelegte Vergleichsrechnung für eine Beitragserhebung nach dem Umsatz zeigt. Wenn die Klägerin aus einer Behandlung von ca. 500 Patienten im Jahr, die regelmäßig an fünf Tagen zweimal mit einer Dauer von 20 bis 40 Minuten behandelt werden, einen Gewinn von 932.049 Euro erzielt, erwirtschaftet sie pro Patient einen Gewinn von 1.864,10 Euro. Dafür muss sie pro Patient bei einem Beitragssatz von 6% 111,85 Euro an Fremdenverkehrsbeitrag zahlen. Anders gerechnet entfallen auf ca. 2.500 Übernachtungen der Patienten der Klägerin im Gemeindegebiet der Beklagten und einem Fremdenverkehrsbeitrag von 46.975,27 Euro auf eine Übernachtung eines Patienten der Klägerin ein Betrag von 18,79 Euro pro Nacht. Von einem extremen Missverhältnis, das einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begründen könnte, kann in keinem Fall gesprochen werden. Die Beitragserhebung nach dem Gewinn unter Beachtung des Vorteilssatzes und unter Anwendung eines für alle gleichen Beitragssatzes verletzt die Grundrechte der Klägerin aus Art. 14 Abs. 1 (Eigentumsrecht), Art. 12 Abs. 1 (Berufsfreiheit) und Art. 3 Abs. 1 GG (allgemeiner Gleichheitssatz) auch bei einem hohen Gewinn und einem entsprechend hohen Beitrag nicht.

Eine Eigenbeteiligung der Gemeinde ist in Art. 6 KAG nicht vorgeschrieben. Die Tatsache, dass Aufwendungen generell auch der Allgemeinheit zugutekommen, führt nicht dazu, einen Eigenanteil der Gemeinde berücksichtigen zu müssen (vgl. Engelbrecht in Schieder/Happ, KAG, Stand Juni 2016, Art. 6 Rn. 15 unter Berufung auf VG Regensburg, U.v. 12.11.2010 – RN 4 K 10.66). Soweit für Einrichtungen, die jedenfalls noch annähernd im gleichen Maß sowohl den Einwohnern der Gemeinde als auch dem Fremdenverkehr dienen, ein Abzug bei dem Ansatz des Aufwands für den Fremdenverkehr verlangt wird (vgl. Engelbrecht, a.a.O., Art. 6 Rn. 14 m.w.N.), ist das eine Frage der Kalkulation. Hierzu fehlen nicht nur substantiierte Rügen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, sondern auch hinreichende Darlegungen der Klägerin in der Zulassungsbegründung (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

b) Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung setzt voraus, dass eine konkrete, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72).

Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob bei einem krassen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung die Heranziehung auf Grundlage des Gewinns gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip und das hieraus abgeleitete Übermaßverbot verstößt.

Diese Frage ist jedoch nicht grundsätzlich bedeutsam, weil sie bereits geklärt ist, wie unter Buchst. a, Doppelbuchst. bb ausgeführt.

c) Auch der geltend gemachte Verfahrensmangel (Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.

Die Klägerin trägt vor, das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, die Kalkulationsunterlagen der Beklagten heranzuziehen und damit gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen. Die Klägerin habe ausdrücklich angeregt, dass der Beklagten die Vorlage der Kalkulationsunterlagen auferlegt werde.

Ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz liegt hier nicht vor. Was die gerichtliche Kontrolle von Abgabensatzungen anbelangt, ist es in aller Regel sachgerecht, die Kalkulation nur insoweit zu überprüfen, als substantiierte Einwände dagegen erhoben worden sind (vgl. BVerwG, U.v. 17.4.2002 – 9 CN 1.01 – BVerwGE 116, 188 Rn. 44, vgl. auch BayVGH, B.v. 2.12.2014 – 20 ZB 14.1744 – juris Rn. 6; U.v. 23.4.1998 – 23 B 96.3585 – BayVBl 1998, 593). Hierfür muss ggf. Akteneinsicht in die Kalkulationsunterlagen beim Satzungsgeber genommen werden, die umfassend gewährt werden muss.

Hier hat die Klägerin weder substantiierte noch sonst konkrete Rügen erhoben. Sie hat lediglich gebeten, die Beitragskalkulation zur Überprüfung beizuziehen. Die Klägerin hat bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts keine Akteneinsicht bei der Beklagten genommen. Dass ihr eine beantragte Akteneinsicht verwehrt worden wäre, hat sie nicht vorgetragen. Die Klägerin hat daher keinerlei Tatsachen oder auch nur Anhaltspunkte vorgetragen, die Anlass für das Verwaltungsgericht hätten sein müssen, der Frage des Zustandekommens der Kalkulation von Amts wegen durch eine Anforderung der Kalkulationsunterlagen nachzugehen.

Im Übrigen muss, wer die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht erhebt, obwohl er, wie die Klägerin, anwaltlich vertreten war und in der Vorinstanz keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat, darlegen, warum sich dem Tatsachengericht aus seiner für den Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung maßgeblichen materiell-rechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der gezeigten Richtung hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B.v. 5.3.2010 – 5 B 7.10 – juris Rn. 9). Sind keine förmlichen Beweisanträge gestellt worden, so verletzt das Verwaltungsgericht seine Aufklärungspflicht nur dann, wenn sich von seinem Rechtsstandpunkt her eine Beweiserhebung aufdrängen musste (BayVGH, B.v. 5.2.2016 – 7 ZB 15.1073 – juris). Das war hier schon deswegen nicht der Fall, weil die Klägerin nicht einmal entsprechende Tatsachen vorgetragen hatte, deren Klärung sich hätte aufdrängen können. Inzwischen hat die Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 14. November 2017 Akteneinsicht genommen, aber auch im Zulassungsverfahren keine substantiierten Kalkulationsrügen erhoben.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

3. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren aus dem Bereich des Schulrechts.

2

1. a) Der Beschwerdeführer besuchte ein öffentliches technisches Fachgymnasium. Da er an einer Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie) leidet, beantragte er zum Nachteilsausgleich eine Schreibzeitverlängerung für die Anfertigung von Klausuren sowie die Nichtbewertung der Rechtschreibung (sog. Notenschutz). Die Schule lehnte dies ab.

3

b) Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Schule, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei der Anfertigung schriftlicher Leistungsüberprüfungen außer in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern eine Schreibzeitverlängerung von 10 % der jeweiligen Bearbeitungszeit zu gewähren. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auf vorläufige Gewährung eines Zeitzuschlages von 25 % und Notenschutz bezüglich der Rechtschreibleistung in allen Fächern sowie auf die ebenfalls bereits vorgerichtlich geltend gemachte Verpflichtung der Schule gerichtet war, ihn in Mathematik anwendungsbezogen auf das erste Prüfungsfach Elektronik zu unterrichten, blieb er ohne Erfolg. Eine vom Beschwerdeführer in dieser Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2129/08).

4

c) In der Hauptsache fasste das Verwaltungsgericht zunächst einen Beweisbeschluss zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eines weitergehenden Nachteilsausgleichs. Dieser wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, nachdem der Beschwerdeführer die Allgemeine Hochschulreife erworben hatte. Der Beschwerdeführer stellte seine Klage daraufhin um. Neben Feststellungsanträgen begehrte er, seine unter anderem auf Klausurabwertungen wegen Schreibfehlern (sog. "GRZ-Abzug") beruhenden Kursnoten im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 anzuheben.

5

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die in der Jahrgangsstufe 12 erteilten Einzelnoten seien bestandskräftig geworden und daher nicht mehr anfechtbar. Der Zulässigkeit der Feststellungsanträge stehe teilweise der Subsidiaritätsgrundsatz und teilweise das Fehlen eines Feststellungsinteresses entgegen.

6

d) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss ab.

7

aa) Es könne offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die halbjährlichen Kursabschlussnoten als eigenständig anfechtbare Regelungen habe ansehen dürfen. Die Versäumung der Widerspruchsfrist sei insoweit jedenfalls unschädlich, da die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen habe. Von der Bestandskraft der Einzelnoten könne daher nicht ausgegangen werden.

8

An der Richtigkeit der Ablehnung des Verpflichtungsantrags bestünden im Ergebnis gleichwohl keine ernstlichen Zweifel, da nicht ersichtlich sei, dass die den Kursnoten zugrunde liegenden Bewertungen fehlerhaft gewesen sein könnten. Es sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass unter einer Legasthenie leidenden Schülern zum Nachteilsausgleich nur Schreibzeitverlängerungen gewährt werden könnten oder die Nutzung technischer Hilfsmittel gestattet werden könne. Die Gewährung von Notenschutz (durch Nichtbewertung der Rechtschreibung) sei demgegenüber in der Regel nicht zulässig, da sie zu einer Benachteiligung von Schülern führen könne, denen aus sonstigen Gründen Rechtschreibfehler in größerem Umfang unterliefen. Darüber hinaus komme ein Ausgleich durch Notenschutz deswegen nicht in Betracht, weil sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Noten gerade auf das Fach Deutsch bezögen und in diesem unter anderem Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen gehörten. Ein Anspruch auf Notenschutz folge selbst bei einem den Behinderungsbegriff erfüllenden Ausmaß der Legasthenie auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, da sich hieraus ein originärer subjektiver Leistungsanspruch nicht ableiten lasse. Unmittelbar aus Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl 2008 II S. 1419) ergäben sich ebenfalls keine entsprechenden Rechte. Schließlich sehe die geltende Erlasslage in gewissem Umfang eine differenzierte Bewertung vor und eröffne einen pädagogischen Bewertungsspielraum, der eine einzelfallgerechte Berücksichtigung des Erscheinungsbildes der Legasthenie ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Bewertung der den beanstandeten Kursnoten zugrunde liegenden Deutschklausuren hiervon in willkürlicher Weise abgewichen worden sei.

9

bb) Auch das Feststellungsinteresse habe das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Ein Rehabilitationsinteresse könne nicht bejaht werden, da von den Einzelnoten und der Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses keine den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit diskriminierende Wirkung ausgehe. Die Bewertung im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 könne für sich gesehen nicht als diskriminierend angesehen werden, zumal sich die begehrte Anhebung nicht auf die Durchschnittsnote auswirken würde. Hinsichtlich anderer Einzelnoten habe der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, welche Punktzahl er für angemessen halte. Soweit er sein Feststellungsbegehren auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage stütze, habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine solche mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei.

10

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie aus Art. 12 GG und führt dies näher aus. Insbesondere rügt er, das Ausgangsgericht habe zu keinem Zeitpunkt in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren durch Beweisaufnahme geprüft, welche Maßnahmen notwendig gewesen seien, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aber uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar, ob ein in Prüfungen gewährter Nachteilsausgleich die Störung vollständig ausgeglichen habe, was gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln sei (Hinweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 1992 - 1 BvR 1295/90 -, NJW 1993, S. 917 <918>). Das Oberverwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass er durch die Anlegung desselben Leistungsbemessungsmaßstabs wie bei seinen nicht behinderten Mitschülern in einem Bereich, in dem er aufgrund seiner Funktionsstörung nicht gleichermaßen leistungsfähig sein könne, benachteiligt worden sei. Aus fachärztlicher Sicht habe er in allen Fächern zusätzlich 25 % der üblichen Bearbeitungszeit benötigt, um die gleichen Chancen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben zu haben. Ein reiner Nachteilsausgleich führe, auch wenn er den Verzicht auf die Benotung der Rechtschreibung beinhalte, keineswegs zu einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit nichtbehinderter Mitschüler. Dadurch, dass es das Oberverwaltungsgericht versäumt habe, seine willkürliche Entscheidung aus dem Eilverfahren im Berufungszulassungsverfahren zu korrigieren, nehme es ihm die Möglichkeit der Rehabilitation und verschärfe damit die bereits erfolgte Diskriminierung. Damit werde zudem eine Amtshaftungsklage bewusst ausgeschlossen und würden legasthene Schüler in Niedersachsen im Ergebnis rechtlos gestellt.

11

3. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der vormaligen Schule des Beschwerdeführers, zugestellt worden. Diese haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

II.

12

1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

13

2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

14

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>).

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

16

aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht seinen Verpflichtungsantrag rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt hat und die angenommene Unzulässigkeit der Feststellungsanträge betreffend den Notenschutz und den Umfang des ihm zustehenden Nachteilsausgleichs aus Subsidiaritätsgründen zumindest ernstlichen - vom Oberverwaltungsgericht selbst näher aufgezeigten - Zweifeln begegnet. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

17

bb) Es begegnet zwar keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere Gründe entscheidungstragend abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. BVerfGE 134, 106 <119 f. Rn. 40>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

18

Dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die neue Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre, lässt sich den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens nicht entnehmen. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für einen Austausch der Begründung hiernach auch nicht vor.

19

(1) Hinsichtlich der auf den Notenschutz bezogenen Klageanträge ergibt sich dies schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die angenommene inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf Gründe stützt, denen ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Denn die Heranziehung von Erwägungen mit Grundsatzbedeutung zur Ablehnung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel verkürzt den vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehenen Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f. m.w.N.>).

20

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in der revisionszulassungsrechtlichen Bestimmung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfGK 10, 208 <214>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642 <3643>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, S. 963 <964>).

21

Nach diesen Maßstäben kam der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Legasthenie so genannten Notenschutz in Form der Nichtbewertung der Rechtschreibung verlangen konnte, grundsätzliche Bedeutung zu. Denn ihre Beantwortung hat Bedeutung weit über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus und betrifft den Umfang des verfassungsrechtlich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (BVerfGE 52, 380 <388>) als auch des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfGE 96, 288<301 ff.>) bestehenden Anspruchs auf behinderungsbezogenen Nachteilsausgleich (zu der namentlich aus den verfassungsrechtlichen Bezügen abgeleiteten Grundsatzbedeutung der Rechtmäßigkeit der Bemerkung der Nichtberücksichtigung von Rechtschreibleistungen im Abiturzeugnis vgl. BayVGH, Urteile vom 28. Mai 2014 - 7 B 14.22 u.a. -, juris, Rn. 27). Die umstrittene Frage des Umfangs des Nachteilsausgleichs, der an Legasthenie leidenden Schülern zusteht, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht höchstrichterlich geklärt. Erst im Jahr 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aus dem Gebot der Chancengleichheit nur Ansprüche auf Änderung der Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber solche auf Änderung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz) abgeleitet werden könnten (BVerwGE 152, 330). Hiergegen sind beim Bundesverfassungsgericht mittlerweile Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. 1 BvR 2577/15, 1 BvR 2578/15 und 1 BvR 2579/15), über die noch nicht entschieden ist.

22

Das Oberverwaltungsgericht konnte die Nichtzulassung der Berufung wegen inhaltlicher Richtigkeit daher hierauf nicht stützen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der flankierenden Erwägungen, im Fach Deutsch gehörten Rechtschreibung und Zeichensetzung gerade zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen und der Schutz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG beschränke sich auf seine Funktion als Abwehrrecht. Gleiches gilt für den Hinweis auf den nach den einschlägigen schulrechtlichen Ausführungsbestimmungen bestehenden pädagogischen Spielraum. Ob die erfolgten Abwertungen unter Berücksichtigung des Spielraums der Behinderung des Beschwerdeführers hinreichend Rechnung trugen, wäre gegebenenfalls erst in einem Berufungsverfahren zu klären gewesen.

23

(2) Auch mit Blick auf das (verneinte) Feststellungsinteresse verkürzt das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlich garantierten Zugangsmöglichkeiten zum Berufungsverfahren. Soweit es ausführt, es fehle an dem (vom Verwaltungsgericht insoweit nicht geprüften) Feststellungsinteresse, weil die Ausweisung der Deutschnoten in der Jahrgangsstufe 12 mit Blick auf deren Auswirkungen auf das Abiturergebnis keinen diskriminierenden Charakter hätten und der Beschwerdeführer hinsichtlich der anderen Einzelnoten schon nicht näher dargelegt habe, welche Punktzahl er für erforderlich halte, lagen diese Erwägungen nicht ohne Weiteres auf der Hand und überschritten den statthaften Prüfungsumfang im Berufungszulassungsverfahren. Inhaltlich liegen sie auch eher fern, weil der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass die Feststellung, welche Noten er mit der von ihm für notwendig gehaltenen längeren Schreibzeitverlängerung in allen Fächern erreicht hätte, im Nachhinein nicht möglich ist. Gerade deswegen blieb ihm aber nur die Möglichkeit eines Feststellungsantrags, um eine in den erreichten Noten gegebenenfalls fortwirkende Benachteiligung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch zu beseitigen. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen geklärt, dass sich das notwendige Feststellungsinteresse in einer solchen Situation bereits aus der Geltendmachung einer fortdauernden faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -, juris, Rn. 20; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 146 m.w.N.), die hier insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gerügt wird.

24

3. Auf die Beantwortung der weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen kommt es nicht an, da der angegriffene Beschluss die Berufungszulassung behandelt und keine Entscheidung zur Sache enthält.

III.

25

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Er ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

26

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. November 2008 - 1 K 2311/06 - geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2004 in Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2006 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin, die im Gebiet der Beklagten eine Fachklinik für psychosomatische Medizin mit ca. 70 Betten betreibt, wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Fremdenverkehrsbeitrag durch die Beklagte für das Jahr 2000.
Die Beklagte ist ein anerkannter Kur- und Heilort. Sie erhebt auf der Grundlage ihrer Satzung über die Erhebung eines Beitrags zur Förderung des Kurbetriebs und des Fremdenverkehrs (Fremdenverkehrsbeitragssatzung - FVBS -) vom 29.03.2001 von allen natürlichen und juristischen Personen, denen in der Stadt Bad Mergentheim aus dem Kurbetrieb oder Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen, einen Fremdenverkehrsbeitrag. Die Satzung trat rückwirkend zum 01.01.2000 in Kraft (§ 10 FVBS) und ersetzte die früher geltende Satzung vom 25.06.1998. Die wesentlichen Bestimmungen der Satzung lauten:
§ 4
Maßstab des Beitrags
(1) Der Beitrag bemisst sich nach den besonderen wirtschaftlichen Vorteilen, die dem Beitragspflichtigen aus dem Kurbetrieb oder Fremdenverkehr in Bad Mergentheim erwachsen. Als besonderer wirtschaftlicher Vorteil gelten die aus dem Kurbetrieb oder Fremdenverkehr stammenden Einkünfte (Messbetrag). Maßgebend sind die Einkünfte des Kalenderjahrs, für das der Beitrag erhoben wird.
(2) ...
(3) Von diesen Einkünften ausgehend, ist - soweit erforderlich - durch Schätzung zu ermitteln, welcher Teil aus Kurbetrieb und Fremdenverkehr in Bad Mergentheim herrührt. Der sich hierbei ergebende Kuranteil wird in Prozenten ausgedrückt. Aus der Anwendung des Kuranteils auf die in Bad Mergentheim erzielten Gesamteinkünfte ergibt sich der Messbetrag.
(4) Bei der Schätzung des Kuranteils sind insbesondere Art und Umfang der Tätigkeit, Lage und Größe der Geschäfts- oder Beherbergungsräume, die Betriebsweise und die Zusammensetzung des Kundenkreises zu berücksichtigen.
§ 5
Höhe des Beitrags
(1) Der Beitrag beläuft sich auf 10 v.H. des Messbetrags nach § 4 Abs. 1 und 3. ...
Mit Bescheid vom 23.07.2002 zog die Beklagte die Klägerin für das Jahr 2000 unter Zugrundelegung eines Kuranteils von 70 % zu einem Fremdenverkehrsbeitrag in Höhe von 15.375,-- EUR heran. Den dagegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2003 zurück. Auf die Klage der Klägerin hob das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 18.10.2004 (11 K 3343/03) den Fremdenverkehrsbeitragsbescheid der Beklagten vom 23.07.2002 und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid unter anderem mit der Begründung auf, die Beklagte habe den Kuranteil von 70 % fehlerhaft ermittelt und zu hoch angesetzt.
Mit Bescheid vom 16.12.2004 zog die Beklagte die Klägerin erneut - diesmal unter Zugrundelegung eines Kuranteils von 50 % - zu einem Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 2000 in Höhe von 10.942,40 EUR heran. Auf den dagegen von der Klägerin erhobenen Widerspruch hob die Beklagte den Bescheid vom 16.12.2004 mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2006 insoweit auf, als die Festsetzung auf einem Kuranteil von mehr als 30 % beruhte und setzte den Fremdenverkehrsbeitrag auf 6.589,-- EUR fest; im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück.
Am 13.06.2006 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, den Fremdenverkehrsbeitragsbescheid der Beklagten vom 16.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.05.2006 aufzuheben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Ihr erwüchsen im Hinblick auf die Kur- und Freizeiteinrichtungen der Beklagten keine Vorteile. Maßgebliche Entscheidungsgrundlage für die Einweisung der Patienten in ihre Klinik sei die ausgewiesene fachliche Kapazität des Ärztlichen Direktors sowie das therapeutische Umfeld aus medizinischer und nichtmedizinischer Betreuung innerhalb der Klinik. Nach dem therapeutischen Konzept der Klinik stehe eine intensive stationäre Behandlung im Vordergrund. Die zu behandelnden Krankheitsbilder - Essstörungen, Borderline-Störungen oder Traumata - erforderten umfangreiche und intensive Therapien und Betreuung. Dies beinhalte in der Regel mehrere Therapieeinheiten und Behandlungsformen pro Tag. Das Therapiekonzept orientiere sich daher nicht an einer nennenswerten oder gar umfangreichen Freizeitgestaltung. Mehr als die Hälfte der Patienten sei minderjährig; bei dieser Patientengruppe sprächen schon die äußeren Umstände und die Lebenserfahrung gegen die Annahme, dass das Kurangebot der Beklagten für die Einweisung ausschlaggebend sei.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat sich darauf berufen, die einweisenden Ärzte und die betroffenen Patienten orientierten sich bei ihrer Entscheidung für einen Aufenthalt in der Klinik der Klägerin neben fachlichen Erwägungen auch an der Eigenschaft der Beklagten als Kur- und Heilort und den vorgehaltenen Freizeiteinrichtungen. Die allgemeine Lebenserfahrung spreche dafür, dass die Einweisungsentscheidung bei der Wahl unter fachlich gleich gut geeigneten Einrichtungen auch von einer Gesamtbetrachtung der Klinikumgebung beeinflusst werde. Insbesondere im Zusammenhang mit psychosomatischen Störungen sowie bei körperorientierten Therapieformen liege auf der Hand, dass eine Umgebung bevorzugt werde, die durch Parkanlagen sowie durch für jede Altersklasse attraktive, körperorientierte Erholungsangebote geprägt sei und allgemein eine Sphäre der Ruhe und Entspannung schaffe, die den Gesundungsprozess unterstützen könne. Es entspreche ebenfalls der allgemeinen Lebenserfahrung, dass sich die Patienten bei der Wahl der Klinik beteiligten, insbesondere wenn eine stationäre Behandlung eine oft wochen- oder monatelange Abwesenheit vom Wohnort bedeute. So spreche auch die Klägerin selbst auf ihrer Internetseite Patienten direkt an. Noch im Jahre 2003 habe die Klägerin auf ihrer Internetseite ferner ausdrücklich auf das Freizeitbad Solymar, den Minigolf- und den Golfplatz, den Bootsverleih und die schöne, idyllische Umgebung hingewiesen. Vor diesem Hintergrund rechtfertige sich ein Kuranteil in Höhe von 30 % für das Kalenderjahr 2000.
Durch Urteil vom 20.11.2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen heißt es: Es könne davon ausgegangen werden, dass zwischen der Auswahlentscheidung zu Gunsten der Klinik der Klägerin und den Einrichtungen und Veranstaltungen, die die Beklagte zur Förderung ihres Kurbetriebs und des Fremdenverkehrs unterhalte, jedenfalls bei einem Teil der Patienten eine (mit-)kausale Verknüpfung bestehe. Im Jahr 2000, dessen Verhältnisse allein für die Entscheidung maßgeblich seien, habe sich die von der Klägerin betriebene Fachklinik für psychosomatische Medizin noch nicht in der von ihr nunmehr für die Folgejahre in Anspruch genommenen und von der Beklagten danach auch berücksichtigten Weise entwickelt gehabt. Wie sie selbst vorgetragen habe, habe sich das Netzwerk aus niedergelassenen Ärzten, auf deren Einweisung der Zustrom der Patienten - nach Meinung der Klägerin ausschließlich - zurückzuführen sei, noch im Aufbau befunden. Selbst wenn man also der - zweifelhaften - Annahme der Klägerin folgen würde, dass nach dem vollständigen Ausbau des Netzwerks kein nennenswerter Anteil an Patienten mehr aufgrund eines eigenen Entschlusses ihre Klinik in Anspruch nehme, könne dies nach der eigenen Prämisse der Klägerin jedenfalls nicht für das Jahr 2000 gelten. Da die Klägerin für das Jahr 2000 keine aussagekräftigen Unterlagen vorgelegt habe, begegne es keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Beklagte bei lebensnaher Annahme davon ausgegangen sei, dass sich ein namhafter Teil der Patienten auch deshalb für die Klinik der Klägerin entschieden habe, weil sie sich in einem attraktiven Fremdenverkehrsort befinde. Zwar dürfte tendenziell bei Privatpatienten eine höhere Einflussmöglichkeit auf die Wahl der Klinik anzunehmen sein als bei Kassenpatienten; gleichwohl halte es die Kammer auch bei Kassenpatienten nicht für fernliegend, dass sie - ungeachtet der Bindungen des SGB V - bei der Auswahl zwischen verschiedenen Kliniken mitursächlich auch auf ein solches Kriterium abstellten. Es gebe neben der Klinik der Klägerin im Bundesgebiet noch andere Kliniken mit einem ähnlichen Leistungsprofil, so dass auch eine Auswahlmöglichkeit gegeben sei. Ebenso gehe die Klägerin nach ihrem Internetauftritt wohl auch selbst davon aus, dass potenzielle Patienten Einfluss auf die Klinikwahl nähmen.
10 
Die Beklagte habe den Kuranteil zu Recht auch mit 30 % angesetzt. Dieser bewege sich noch innerhalb des der Gemeinde zukommenden Schätzungsspielraums. Gestützt werde diese Schätzung auch dadurch, dass der zahlenmäßige Anteil an Privatpatienten noch im Jahre 2005 bei 20 bis 30 % gelegen habe. Es erscheine daher auch bei lebensnaher Betrachtung nicht verfehlt, wenn die Beklagte davon ausgehe, dass ca. ein Drittel der erzielten Einnahmen auf Patienten zurückzuführen sei, für deren Entscheidung die Lage der Klinik in einem attraktiven Fremdenverkehrsort zumindest mitursächlich gewesen sei.
11 
Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 30.09.2009 zugelassenen Berufung macht die Klägerin geltend: Es fehle an tragfähigen Feststellungen dazu, inwieweit ihr aus der Eigenschaft der Beklagten als Kur- und Heilort erhöhte Verdienstmöglichkeiten erwüchsen. Solche Feststellungen seien auch nicht im Hinblick auf die von der Beklagten und vom Verwaltungsgericht in Anspruch genommene allgemeine Lebenserfahrung entbehrlich. Die bei ihr behandelten Patienten stellten keinen Querschnitt der allgemeinen Bevölkerungsstruktur dar. Es handele sich vielmehr zum größten Teil um junge, noch nicht volljährige Patienten, die sich allesamt in einer psychischen Ausnahmesituation befänden. Auswahl und Zuweisung eines Therapieplatzes folgten eigenen, speziellen Regeln und Abläufen, die deshalb nicht mit der allgemeinen Lebenserfahrung Nichtbetroffener nachzuzeichnen seien.
12 
Aufgrund der fachlichen Ausrichtung der Spezialklinik komme eine Behandlung von „Gelegenheitspatienten“ begrifflich nicht infrage. Eine Spontanbehandlung finde nicht statt, sondern lediglich eine aufwändige stationäre Therapie nach üblicherweise langen Warte- und Vorlaufzeiten. Auch aus der Behandlung von im Bereich des Fremdenverkehrs tätigen Personen könnten ihr keine nennenswerten wirtschaftlichen Vorteile erwachsen, da ihre Patienten zum größten Teil nicht einmal volljährig, geschweige denn erwerbstätig seien. Damit bleibe als einzig relevante Kategorie die Behandlung von ortsfremden Patienten. Hier müsse positiv festzustellen sein, dass für einen dem angenommenen Kuranteil entsprechenden Anteil an Patienten zum einen die Möglichkeit der Wahl eines Therapieplatzes autonom bestehe und zum anderen diese Wahl zugunsten der Klinik jedenfalls auch mit Blick auf die Nutzung der Fremdenverkehrseinrichtungen getroffen werde. Beides sei schwerlich festzustellen, da sie eine ganzheitliche Intensivtherapie anbiete, die im Gegensatz zu Kur- oder Rehabilitationsaufenthalten weder ausgeprägte Freizeitaktivitäten der Patienten außerhalb ärztlicher Kontrolle ermögliche noch auf die Kureinrichtungen der Beklagten ausgerichtet sei.
13 
87 % der bei ihr behandelten Patienten seien im Jahr 2000 in der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen. Bei einer Auswertung der Patientenkartei habe sie festgestellt, dass von den insgesamt 252 behandelten Patienten lediglich 34 privat krankenversichert gewesen seien. Vor diesem Hintergrund käme eine eigene Auswahlentscheidung überhaupt nur bei den privat Krankenversicherten in Betracht. Allerdings fehle es auch hier an der Feststellung des konkreten Zusammenhangs der möglichen Auswahlentscheidung gerade aufgrund vorhandener Fremdenverkehrseinrichtungen der Beklagten. Denn auch hier stünden ärztlicher Ruf und Therapiekonzept der Einrichtung entscheidend im Vordergrund. Die Einweisung und Aufnahme erfolge unabhängig davon, ob ein Patient gesetzlich oder privat krankenversichert sei, immer in enger Abstimmung mit dem betreuenden niedergelassenen Arzt im Heimatort. Aus der vom Verwaltungsgericht angeführten Ansprache potenzieller Patienten auf der Internetseite der Klinik folge nichts anderes. Es handele sich hier bereits um den ersten Schritt eines erfolgreichen Therapiekonzepts, indem der zukünftige Patient animiert werde, eigenverantwortlich den Schritt vom Erkennen der eigenen Therapiebedürftigkeit zum Anstoß einer Klinikbehandlung zu gehen.
14 
Der Behauptung der Beklagten, einweisende Ärzte würden - sofern sie sich zwischen mehreren fachlich gleich geeigneten Kliniken entscheiden müssten - auch außerfachliche Faktoren berücksichtigen, werde entgegengetreten. Der Klinikort stelle keinerlei medizinische Indikation dar. Damit habe er auch keinen Einfluss auf die Einweisungsentscheidung. Maßgeblich sei vielmehr die Dauer der jeweiligen Wartezeit. Im Übrigen sei die Überzeugung des einweisenden Arztes von dem genauen Therapiekonzept der jeweiligen Klinik für das vorgefundene Krankheitsbild ausschlaggebend. Insofern möge es zwar abstrakt Kliniken geben, die fachlich geeignet seien, weil sie jeweils eine Therapie für ein Krankheitsbild böten. Allerdings gebe es keine Klinik mit einem tatsächlich inhaltsgleichen Konzept.
15 
Die Klägerin beantragt,
16 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20.11.2008 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 16.12.2004 in Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 18.05.2006 aufzuheben.
17 
Die Beklagte beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Sie trägt vor: Die Eigenschaft der Klinik der Klägerin als Fachklinik für psychosomatische Erkrankungen stehe der Fremdenverkehrsbeitragspflicht nicht von vornherein entgegen. Auch bei einem Fachkrankenhaus gebiete der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit, im Einzelfall zu prüfen, ob besondere wirtschaftliche Vorteile aus dem Fremdenverkehr herrührten. Da die Krankenkassen ihre Kostenübernahme grundsätzlich an die Feststellung eines Arztes knüpften, dass die stationäre Behandlung medizinisch notwendig sei, hingen die Einkünfte der Klägerin maßgeblich von der (haus-)ärztlichen Einweisungsentscheidung ab. Zwar dürfte die Einweisungspraxis der behandelnden Ärzte überwiegend durch fachliche Erwägungen geleitet werden. Gleichwohl sei festzustellen, dass das bisher von der Klägerin zur Begründung ihrer fehlenden Beitragspflicht herangezogene ärztliche und therapeutische Netzwerk von einweisenden Ärzten für das hier maßgebliche Kalenderjahr 2000 eine deutlich untergeordnete Rolle gespielt habe, da das Netzwerk in diesem Jahr erst im Aufbau begriffen gewesen sei. Zudem sei nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass sich die einweisenden Ärzte bei ihrer Entscheidung auch von der Lage der Klinik in dem Kur- und Heilort mit seinen verschiedenen Fremdenverkehrseinrichtungen und der durch diese geprägten erholsamen Atmosphäre beeinflussen ließen. Der einweisende Arzt werde, da er sich zwischen mehreren fachlich gleich geeigneten Kliniken entscheiden müsse, auch die außerfachlichen Faktoren berücksichtigen, die den Gesundungsprozess des Patienten unterstützten. Zusätzlich zu den eigentlichen Beweggründen für die Einweisungsentscheidung des Arztes sei nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die Entscheidung des Arztes auch von den Wünschen des Patienten beeinflusst werde. Das von der Klägerin angeführte Argument, die Ansprache der Patienten auf ihrer Internetseite sei Teil des Therapiekonzeptes und deute angeblich nicht darauf hin, dass die Patienten Einfluss auf die Einweisungsentscheidung der Ärzte nähmen, spreche eher für eine Beitragspflicht der Klägerin.
20 
Die Wahl der Klinik - insbesondere bei minderjährigen Patienten - werde schließlich auch durch die Attraktivität des Behandlungsortes für die dem Patienten nahestehenden Personen beeinflusst. Gerade bei minderjährigen Patienten und einem mehrere Wochen und Monate dauernden stationären Aufenthalt sei es für Besuche des Patienten  durch Eltern oder andere dem Patienten nahestehende Personen von Vorteil, die Informations- und Beratungsangebote im Hinblick auf Unterkünfte und Verkehrsanbindungen sowie - während des Aufenthalts - die sonstigen Fremdenverkehrseinrichtungen der Beklagten nutzen zu können. Wenngleich der einweisende Arzt nur das Wohl des Patienten zu berücksichtigen habe, entspreche es allgemeiner Lebenserfahrung, dass die Interessen der Angehörigen und Freunde des Patienten eine Entscheidung zwischen gleich geeigneten Fachkliniken ebenfalls - wenn auch nur zweitrangig - mit beeinflussten.
21 
Die Fremdenverkehrseinrichtungen der Beklagten zielten durchaus auch auf die Patienten und Besucher der Klinik der Klägerin. Auch wenn die Klinik der Klägerin eine ganzheitliche Intensivtherapie anbiete, die nicht auf ausgeprägte Freizeitaktivitäten oder die Fremdenverkehrseinrichtungen der Beklagten ausgerichtet sei, hätten die Patienten Zeit zur freien Verfügung und könnten das Klinikgelände - zum Beispiel für Spaziergänge usw. - verlassen. Die Klägerin biete selbst - als Teil der Therapie - körperorientierte Therapieformen wie Reittherapie, Therapie im Schwimmbad, Physiotherapie und Krankengymnastik an, die zum Teil gerade nicht in den Räumen der Klinik durchgeführt würden. Nach einigen auf den einschlägigen Internetplattformen zum Erfahrungsaustausch zu findenden Äußerungen von Patienten würden Spaziergänge im Rahmen dieser körperorientierten Therapien unter anderem auch außerhalb des Klinikgeländes und damit jedenfalls teilweise auch auf Flächen stattfinden, für deren Pflege auch Mittel aus Fremdenverkehrsbeiträgen aufgewendet würden. Nach den von der Klägerin auf ihrer Internetseite angebotenen und in Broschüren erhältlichen Informationen liege es nahe, dass Patienten die freien Zeiten zwischen den Therapiemaßnahmen unter anderem auch zu Spaziergängen in den von der Beklagten unterhaltenen Parkanlagen, der Innenstadt von Bad Mergentheim sowie in einer der Fremdenverkehrseinrichtungen nutzten. Hinzu komme, dass die Klägerin grundsätzlich auch Begleitpersonen von Patienten im Kindesalter aufnehme, die in besonderem Maße durch die außerhalb des Klinikgeländes gelegenen Fremdenverkehrseinrichtungen angesprochen würden.
22 
Auch der Vorteilssatz von 30 % sei nicht  zu beanstanden. Die Beklagte habe diesen Vorteilssatz anhand einer sich aus der Lebenserfahrung ergebenden pauschalierten Wahrscheinlichkeit geschätzt. Sie erkenne an, dass die Einkünfte der Klägerin überwiegend auf die fachliche Qualität der Klinik zurückzuführen seien. Es sei aber davon auszugehen, dass auch die Fremdenverkehrseinrichtungen der Beklagten für die Einweisungsentscheidung mitursächlich seien. Sie habe bei der Bemessung des Vorteilssatzes insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin nach ihren eigenen Angaben 15 bis 20 Betten der vorhandenen 70 Betten für Privatpatienten vorhalte. Privatpatienten könnten schon wegen der engeren Rechnungsbeziehung zu dem behandelnden Klinikum einen größeren Einfluss  als gesetzlich Versicherte auf die Auswahl der Fachklinik nehmen. Lege man zugrunde, dass die Beschäftigung des Patienten mit den Klinikangeboten im Vorfeld der Einweisung auch nach Auffassung der Klägerin Teil der Therapie sei und die Fremdenverkehrseinrichtungen gerade den Gesundungsprozess der von der Klägerin behandelten Erkrankungen unterstützen könne, halte sie für das Kalenderjahr 2000 einen Kuranteil von 30 % für angemessen.
23 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor. Auf diese Unterlagen und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage der Klägerin zu Unrecht abgewiesen; denn der angefochtene Fremdenverkehrsbeitragsbescheid der Beklagten vom 16.12.2004 in Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 18.05.2006 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25 
Der festgesetzte Fremdenverkehrsbeitrag hat seine Rechtsgrundlage in der Satzung der Beklagten über die Erhebung eines Beitrags zur Förderung des Kurbetriebs und des Fremdenverkehrs - Fremdenverkehrsbeitragssatzung - (im Folgenden: FVBS) vom 29.03.2001, die rückwirkend zum 01.01.2000 in Kraft getreten ist. Danach wird der Fremdenverkehrsbeitrag von allen natürlichen und juristischen Personen erhoben, die eine selbständige Tätigkeit ausüben und denen in der Stadt Bad Mergentheim aus dem Kurbetrieb oder Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen (§ 1 FVBS). Der Beitrag bemisst sich nach den besonderen wirtschaftlichen Vorteilen, die dem Beitragspflichtigen aus dem Kurbetrieb oder Fremdenverkehr in der Stadt erwachsen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 FVBS). Diese Vorteile werden ermittelt, indem ausgehend von den in Bad Mergentheim nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes ermittelten Einkünften des Beitragspflichtigen durch Schätzung festgesetzt wird, welcher Teil dieser Einkünfte aus Kurbetrieb und Fremdenverkehr herrührt (§ 4 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 FVBS). Der sich hierbei ergebende Kuranteil wird in Prozenten ausgedrückt (§ 4 Abs. 3 Satz 2 FVBS). Bei der Schätzung dieses Kuranteils sind insbesondere Art und Umfang der Tätigkeit, Lage und Größe der Geschäfts- oder Beherbergungsräume, die Betriebsweise und die Zusammensetzung des Kundenkreises zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 4 FVBS). In Anwendung dieser satzungsrechtlichen Vorgaben unterliegt die Klägerin zwar der Beitragspflicht (1.), der für sie für das Jahr 2000 geschätzte Kuranteil von 30 % hält allerdings einer rechtlichen Überprüfung nicht stand (2.).
26 
1. Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 KAG ist der Fremdenverkehrsbeitrag nach den besonderen wirtschaftlichen Vorteilen zu bemessen, die dem Beitragspflichtigen aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb erwachsen. Diese Vorteile bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in den Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten, die dem Beitragspflichtigen aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb erwachsen (vgl. zuletzt VGH Baden-Württemberg, Normenkontrollurteil vom 06.11.2008 - 2 S 669/07 - ZKF 2009, 141). Der besondere wirtschaftliche Vorteil im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts kann unmittelbar oder mittelbar sein (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.08.2003 - 2 S 2192/03 - VBlBW 2004, 103). Allerdings muss zwischen den erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten einerseits und dem Fremdenverkehr und dem Kurbetrieb der Standortgemeinde andererseits ein konkreter Zusammenhang bestehen. Denn der Fremdenverkehrsbeitrag ist keine Steuer, sondern eine Gegenleistung des Beitragspflichtigen für spezielle Leistungen der Gemeinde, nämlich für die Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der systematischen Förderung des Fremdenverkehrs oder des Kurbetriebs entstehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.11.2000 - 2 S 2061/98 - KStZ 2001, 78). Folglich müssen bei der Vorteilsbemessung diejenigen Umsätze der Beitragspflichtigen ausscheiden, die entweder durch Geschäfte mit nicht vom Fremdenverkehr unmittelbar bevorteilten Ortsansässigen oder mit Ortsfremden ohne dem Fremdenverkehr unterfallende Aufenthaltsgründe erwirtschaftet werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.01.2009 - 2 S 952/08 - ZKF 2009, 260; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 13.12.2006 - 9 KN 180/04 - Juris -).
27 
In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze erwachsen der Klägerin durch die Behandlung von ortsfremden Patienten besondere wirtschaftliche Vorteile aus dem Fremdenverkehr, so dass sie grundsätzlich beitragspflichtig ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist Ortsfremder im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts jeder, der von auswärts, d.h. von außerhalb des Gemeindegebiets kommt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.01.2009, a.a.O.).
28 
Der Umstand, dass sich die Patienten der von der Klägerin betriebenen Fachklinik für psychosomatische Medizin in erster Linie wegen der fachlichen Kompetenz einmal des ärztlichen Personals und zum anderen des therapeutischen Umfelds zur Behandlung in die Klinik begeben, stellt die Beitragspflicht dem Grunde nach nicht in Frage. Diesem Gesichtspunkt muss - so zu Recht die Beklagte - bei der Bestimmung der Höhe des Vorteilssatzes Rechnung getragen werden, indem ein deutlich niedrigerer Vorteilssatz festgesetzt wird  als etwa bei Kliniken, bei denen ein enger Zusammenhang mit dem Kurbetrieb besteht. Der Entscheidung für eine stationäre Behandlung in der psychosomatischen Klinik der Klägerin und damit der Auswahlentscheidung zwischen den verschiedenen stationären Einrichtungen, die zur Behandlung der entsprechenden Krankheitsbilder - wie etwa Essstörungen, Borderline-Störungen  oder Traumata - ebenfalls geeignet sind, liegt sowohl seitens des Patienten als auch seitens des einweisenden Arztes ein schwer auflösbares „Motivbündel“ zugrunde. Notwendig, aber auch ausreichend für den konkreten Zusammenhang zwischen den erhöhten Gewinn- und Verdienstmöglichkeiten der Klinik und dem Kur- oder Fremdenverkehrsbetrieb der Beklagten ist in diesem Zusammenhang, dass die Auswahlentscheidung zugunsten der Einrichtung der Klägerin in einem gewissen Maße (auch) mit Blick auf die Nutzung der Fremdenverkehrseinrichtungen getroffen wird (so bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.01.2009, aaO). Es kann mit anderen Worten nicht gefordert werden, dass die Auswahlentscheidung des Patienten neben der fachlichen Qualifikation der Klinik gleichwertig oder gar überwiegend auf dem Kurbetrieb bzw. den Möglichkeiten, die Fremdverkehrseinrichtungen der Beklagten zu nutzen, beruht.
29 
Danach ist nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass bei einem gewissen Prozentsatz der Patienten der Klägerin - neben der im Vordergrund stehenden fachlichen Kompetenz - die Klinikumgebung und die Fremdenverkehrseinrichtungen der Beklagten ein Kriterium für die Auswahlentscheidung darstellen und damit ein Teil der Umsätze der Klägerin fremdenverkehrsbedingt erwirtschaftet wird. Dies gilt zunächst für Privatpatienten, die - das räumt auch die Klägerin ein - im Vergleich zu Kassenpatienten eine größere Einflussmöglichkeit auf die Wahl der Klinik haben und bei ihrer Entscheidung bei lebensnaher Betrachtung in gewissem Umfang auch von dem Freizeitangebot der Beklagten beeinflusst werden. Aber auch bei Kassenpatienten erscheint eine Einflussmöglichkeit der Patienten bzw. - bei den minderjährigen Patienten,  auf deren Behandlung die Klägerin spezialisiert ist - ihrer Eltern auf den einweisenden Arzt nicht ausgeschlossen, zumal insbesondere bei der Behandlung psychischer Erkrankungen das Engagement des Patienten und damit auch seine Wünsche wesentlich für den Behandlungserfolg sind. Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass die Notwendigkeit einer stationären Behandlung in der klägerischen Klinik eine ärztliche Verordnung voraussetzt und diese Einweisungsentscheidung „formal“ durch das Krankheitsbild des Patienten und die fachlich medizinische Ausstattung der Klinik sowie weitere fachliche Kriterien wie etwa die Frage nach den Wartezeiten bestimmt wird. Diesen Erwägungen kann aber - wie dargelegt - bei der Schätzung des Kuranteils ausreichend Rechnung getragen werden. Von einem maßgeblichen Einfluss der Patienten auf die Auswahl der Klinik geht im Übrigen auch die Klägerin aus; in ihrem Internetauftritt heißt es nämlich insoweit: „Wie bekomme ich einen Therapieplatz?“ „Sie rufen selbst das Aufnahmesekretariat  an“. Der in diesem Zusammenhang erfolgte Einwand  der Klägerin, die Ansprache der Patienten auf ihrer Internetseite sei Teil des Therapiekonzeptes und sage nichts darüber aus, dass die Patienten Einfluss auf die Einweisungsentscheidung der Ärzte nähmen, überzeugt nicht. Wenn Patienten die stationäre Therapiebedürftigkeit ihrer Krankheit selbst erkennen und diesen ersten Schritt durch konkrete Ansprache des niedergelassenen Arztes oder durch Kontaktaufnahme mit der Einrichtung der Klägerin selbst machen, wird sich der einweisende Arzt auch aus fachlich-medizinischen Gründen schwertun, diesem ersten und auch nach Ansicht der Klägerin so wichtigen Schritt und den damit zusammenhängenden Einweisungswünschen des Patienten entgegenzutreten, wenn die Einrichtung der Klägerin zur Behandlung der Krankheit grundsätzlich fachlich geeignet ist. Eine Einweisung in eine andere, gleichgeeignete Fachklinik würde - so zu Recht die Beklagte - den Therapieerfolg sicherlich nicht fördern.
30 
Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die den Patienten nahestehenden Personen eine durch besondere Ruhe sowie Erholungs- und Bewegungsmöglichkeiten gekennzeichnete Umgebung für den stationären Aufenthalt des Patienten befürworten und diese angenehmen Umstände hervorheben werden. Dies gilt insbesondere für die Eltern der minderjährigen Patienten, die - sollten sie ihre Kinder beim stationären Aufenthalt begleiten oder sollten sie sie etwa am Wochenende besuchen - sicherlich die Kureinrichtungen der Beklagten in den Blick nehmen. Dass auch die Klägerin die besondere Atmosphäre in Bad Mergentheim sowie die dort gebotenen Erholungs- und Bewegungsmöglichkeiten als ein nicht unerhebliches Motiv  für die Entscheidung des Patienten und seines nahen Umfelds zum Aufenthalt in ihrer Einrichtung ansieht, ergibt sich schließlich aus ihren eigenen Internetseiten, in denen sie - jedenfalls in der Vergangenheit - mit der schönen Umgebung und der idyllisch gelegenen Stadt geworben hat.
31 
Die Nutzung der dem Kurbetrieb und dem Fremdenverkehr dienenden Infrastruktureinrichtungen der Beklagten ist für die Patienten auch nicht aufgrund des therapeutischen Konzepts der Klägerin ausgeschlossen. Zwar beinhaltet das Therapiekonzept in der Regel mehrere Therapieeinheiten und Behandlungsformen pro Tag und orientiert sich daher nicht an einer umfangreichen Freizeitgestaltung. Die Patienten der Klägerin haben jedoch in gewissem Umfang auch freie Zeiten, die sie außerhalb der Klinik verbringen können. In diesem Zusammenhang weist die Beklagte zu Recht auf ihre Parkanlagen, die Spazierwege und insbesondere die Bäder hin. Es kann auch keine Rede davon sein, dass die minderjährigen Patienten, die nach Angaben der Klägerin weit über die Hälfte der Behandelnden ausmachen, von dem Freizeitangebot der Beklagten nicht erreicht werden. Auch jüngere Menschen halten sich gern im Wald und in Parks auf und besuchen das Thermalbad bzw. das Freizeitbad Solymar. Nach unwidersprochenem Vortrag der Beklagten hat die Klägerin noch im Jahre 2003 auf ihrer Internetseite ausdrücklich auf das Freizeitbad Solymar, den Minigolf- und den Golfplatz, den Bootsverleih sowie die schöne, idyllische Umgebung hingewiesen. Dass die Kureinrichtungen nach Ansicht der Klägerin auch heute noch eine gewisse Relevanz für ihre potenziellen Patienten haben, zeigt im Übrigen ihr Internetauftritt, der ein Link auf die Homepage der Klägerin enthält.
32 
Ohne Erfolg stellt die Klägerin schließlich in Abrede, dass die Einweisungsentscheidung des Arztes neben fachlichen Kriterien noch durch weitere Motivationslagen beeinflusst werden kann. Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand „es gebe keine Klinik mit einem tatsächlich inhaltsgleichen Konzept und deshalb habe der einweisende Arzt grundsätzlich nicht die Auswahlentscheidung zwischen fachlich gleich geeigneten Kliniken“, liegt  neben der Sache. Für Patienten mit den von der Klägerin insbesondere behandelte Krankheitsbildern - Essstörungen, Borderline-Störungen oder Traumata - stehen im Bundesgebiet zahlreiche fachlich geeignete Kliniken zur Auswahl, zumal die Einrichtung der Klägerin mit lediglich 70 Betten den entsprechenden Bedarf im Bundesgebiet nicht zu decken vermag.
33 
2. Allerdings hält die Bemessung der fremdenverkehrsbedingten Vorteile und damit die Festsetzung eines Vorteilssatzes von 30 % einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
34 
Die dem Kurbetrieb bzw. Fremdenverkehr zuzurechnenden besonderen wirtschaftlichen Vorteile müssen im Rahmen der Beitragsbemessung dadurch festgelegt werden, dass die fremdenverkehrsbedingten Betriebsumsätze von den sonstigen allgemeinen Betriebsumsätzen abgegrenzt werden. Dazu wird ein bestimmter Prozentsatz (sogenannter Vorteilssatz) der Gesamteinnahmen dem Fremdenverkehr zugeordnet. Da der Vorteil für die verschiedenen Abgabepflichtigen unterschiedlich ist, gebietet es der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit, die Abgabepflichtigen auch unterschiedlich zu belasten. Dabei ist zu fordern, dass diejenigen, die in etwa den gleichen Vorteil haben, auch nach Maßstab und Abgabensatz gleichgestellt werden und dass diejenigen, die vom Fremdenverkehr größere Vorteile haben, aufgrund des Maßstabes des Abgabensatzes auch höhere Abgaben zahlen müssen als die Pflichtigen mit wahrscheinlich geringeren Vorteilen. Da die durch den Fremdenverkehr ermöglichte Steigerung des Umsatzes bzw. Gewinns nicht genau anhand eines Wirklichkeitsmaßstabes festgestellt werden kann, kann die Bemessung der die Beitragserhebung rechtfertigenden Vorteile nur nach einem an der Wahrscheinlichkeit orientierten Maßstab vorgenommen werden. Nach der Rechtsprechung des Senats besteht für die Gemeinden die Möglichkeit, dass der Ortsgesetzgeber in der Satzung selbst regelt, welche Beitragspflichtigen bzw. welche Gruppen der Beitragspflichtigen mit welchen Vorteilssätzen  zu veranlagen sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.01.2009 - 2 S 875/08 - ZKF 2009, 118; Normenkontrollurteil vom 06.11.2008, aaO). Zulässig ist aber auch, dass der Gemeinderat oder auch die Verwaltung auf der Grundlage einer ausreichend bestimmten Satzungsregelung den Vorteilssatz des jeweiligen Beitragspflichtigen individuell bestimmt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.02.1987 - 14 S 2497/85 -; Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, Stand September 2009, § 44 Rdnr. 3.4.1).
35 
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat sich die Beklagte in nicht zu beanstandener Weise für die letztgenannte Alternative und damit für eine individuelle Vorteilsbestimmung durch den Gemeinderat bzw. den „Einschätzungsausschuss für den Fremdenverkehrsbeitrag“ auf der Grundlage von § 4 Abs. 4 FVBS entschieden. Danach sind bei der Schätzung des Kuranteils insbesondere Art und Umfang der Tätigkeit, Lage und Größe der Geschäfts- oder Beherbergungsräume, die Betriebsweise und die Zusammensetzung des Kundenkreises zu berücksichtigen. Die Satzung legt damit die wesentlichen Kriterien der Schätzung hinreichend bestimmt fest. Im Fall der Klägerin hat die Beklagte allerdings die Grenzen ihres Schätzungsspielraumes überschritten. Im Einzelnen:
36 
a) Die Bestimmung des Vorteilssatzes im Bereich des Fremdenverkehrsbeitrags kann nur im Wege einer Schätzung erfolgen, weil die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für den Fremdenverkehrsbeitrag immer mit gewissen Unwägbarkeiten verbunden sind. Die Schätzung ist im Gegensatz zur Ermessensausübung eine besondere Art der Tatsachenfeststellung, ohne die gerade im Abgabenrecht nicht auszukommen ist. Schätzungen unterliegen als Tatsachenfeststellung nur eingeschränkt grundsätzlich der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung. Aus dem Wesen der Schätzung folgt, dass der Behörde ein Schätzungsspielraum zugebilligt werden muss, innerhalb dessen sie die Schätzung zwar mehr oder weniger genau, aber noch nicht fehlerhaft vornimmt. Fehlerhaft ist nur die Überschreitung der Grenzen dieses Schätzungsspielraums und rechtswidrig ist daher auch nur ein Verwaltungsakt, der auf einer Überschreitung dieser Grenzen beruht (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.04.1986 - 14 S 2681/85 - ZKF 1986, 255). Fehlerhaft ist eine Schätzung insbesondere dann, wenn sie auf falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht, wenn wesentliche Tatsachen nicht ermittelt oder außer Acht gelassen oder wenn der Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt werden.
37 
b) Bei ihrer Schätzung ist die Beklagte zunächst davon ausgegangen, dass der überwiegende Teil der Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten der klägerischen Klinik auf fachlichen Gesichtspunkten und nicht auf dem Kurbetrieb der Beklagten beruht. Nicht zu beanstanden ist ferner die Erwägung, Privatpatienten hätten - im Vergleich zu Kassenpatienten - eine größere Einflussmöglichkeit auf die Wahl der sie behandelnden Klinik und dementsprechend werde bei dieser „Patientengruppe“ die Auswahlentscheidung zugunsten der Einrichtung der Klägerin in größerem Maße durch den Kurbetrieb auf der Gemarkung der Beklagten beeinflusst. Auf der Grundlage dieser Überlegungen hat die Beklagte konsequenterweise auch erkannt, dass der Klägerin im Rahmen der Behandlung von Kassenpatienten in (weitaus) geringerem Umfang Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten eröffnet sind, die sich mittelbar auf der Kurbetrieb und damit die Möglichkeiten der Patienten, die Fremdenverkehrseinrichtungen der Beklagten zu nutzen, zurückführen lassen.
38 
Ausgehend von diesen Maßstäben hätte die Beklagte aber in einem weiteren Schritt den Sachverhalt weiter aufklären müssen, um die Höhe des Vorteilssatzes nachvollziehbar und plausibel festlegen zu können. Dazu gehört die Frage, in welchem Umfang die Klägerin Privatpatienten und in welchem Umfang sie Kassenpatienten behandelt hat. Für das streitgegenständliche Jahr 2000 ist das nicht geschehen. Auch Feststellungen dazu, wie sich die Einkünfte der Klägerin im Sinne von § 4 Abs. 3 FVBS auf diese beiden „Patientengruppen“ verteilen, hat die Beklagte nicht getroffen. Allein die Annahme der Beklagten, die Klägerin halte von den insgesamt vorhandenen 70 Betten für Privatpatienten 15 bis 20 Betten vor, vermag eine gesicherte Schätzung nicht zu tragen. Da sich die Festsetzung des Fremdenverkehrsbeitrags auf bereits vergangene Zeiträume bezieht und der Klägerin naturgemäß für diese Zeiträume auch valide Zahlen über den Anteil der Privatpatienten und über die Höhe der mit dieser Patientengruppe erzielten Einkünfte vorliegen, hätte diese gesicherte Datenbasis auch der Schätzung zugrunde gelegt werden müssen. Eine entsprechende Aufforderung an die Klägerin, diese Auskünfte zu erteilen und damit ihre Einkünfte für das Jahr 2000 aufzuschlüsseln und zu belegen, ist bislang nicht erfolgt.
39 
Nach Aufschlüsselung der klägerischen Einkünfte hätte die Beklagte im Hinblick auf den von ihr zugrunde gelegten Maßstab und damit auf die von ihr selbst vorgenommene Differenzierung zwischen Privatpatienten und Kassenpatienten in einem dritten Schritt eine konkrete Vorteilsschätzung für jede der beiden „Patientengruppen“ vornehmen müssen. Erst auf einer solchen Grundlage wär dann eine plausible und nachvollziehbare „Gesamtschätzung“ möglich, die den Anteil der Einkünfte festlegt, der entsprechend § 4 Abs. 4 FVBS aus Kurbetrieb und Fremdenverkehr in Bad Mergentheim herrührt. Da die Beklagte nach alledem weder die Herkunft der Einkünfte der klägerischen Klinik im Jahr 2000 ausreichend ermittelt hat noch die erforderliche separate Vorteilsschätzung für einerseits Privatpatienten und andererseits Kassenpatienten vorgenommen hat, hängt ihre Schätzung und damit die Bestimmung eines Vorteilssatzes von 30 % mangels greifbarer Anhaltspunkte „in der Luft“.
40 
c) Die der Beklagten angesonnene Aufklärung des Sachverhalts - etwa in Form der Aufschlüsselung der klägerischen Einkünfte nach Privat- und Kassenpatienten - ist auch nicht mit einem unzumutbaren Verwaltungsaufwand verbunden. Die Gemeinde ist zwar bei der Schätzung des Kuranteils in besonderer Weise auf die Mitwirkung des Abgabepflichtigen angewiesen. Dementsprechend hat der Abgabepflichtige aber bei der Feststellung des Sachverhalts, der für die Abgabenbemessung erheblich sein kann, mitzuwirken. Er hat insbesondere Auskünfte zu erteilen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen und die zum Verständnis der Aufzeichnung erforderlichen Erläuterungen zu geben (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 a) KAG i.V.m. §§ 90 und 97 der Abgabenordnung).
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
43 
Beschluss
44 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.589,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
45 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
24 
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage der Klägerin zu Unrecht abgewiesen; denn der angefochtene Fremdenverkehrsbeitragsbescheid der Beklagten vom 16.12.2004 in Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 18.05.2006 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25 
Der festgesetzte Fremdenverkehrsbeitrag hat seine Rechtsgrundlage in der Satzung der Beklagten über die Erhebung eines Beitrags zur Förderung des Kurbetriebs und des Fremdenverkehrs - Fremdenverkehrsbeitragssatzung - (im Folgenden: FVBS) vom 29.03.2001, die rückwirkend zum 01.01.2000 in Kraft getreten ist. Danach wird der Fremdenverkehrsbeitrag von allen natürlichen und juristischen Personen erhoben, die eine selbständige Tätigkeit ausüben und denen in der Stadt Bad Mergentheim aus dem Kurbetrieb oder Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen (§ 1 FVBS). Der Beitrag bemisst sich nach den besonderen wirtschaftlichen Vorteilen, die dem Beitragspflichtigen aus dem Kurbetrieb oder Fremdenverkehr in der Stadt erwachsen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 FVBS). Diese Vorteile werden ermittelt, indem ausgehend von den in Bad Mergentheim nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes ermittelten Einkünften des Beitragspflichtigen durch Schätzung festgesetzt wird, welcher Teil dieser Einkünfte aus Kurbetrieb und Fremdenverkehr herrührt (§ 4 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 FVBS). Der sich hierbei ergebende Kuranteil wird in Prozenten ausgedrückt (§ 4 Abs. 3 Satz 2 FVBS). Bei der Schätzung dieses Kuranteils sind insbesondere Art und Umfang der Tätigkeit, Lage und Größe der Geschäfts- oder Beherbergungsräume, die Betriebsweise und die Zusammensetzung des Kundenkreises zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 4 FVBS). In Anwendung dieser satzungsrechtlichen Vorgaben unterliegt die Klägerin zwar der Beitragspflicht (1.), der für sie für das Jahr 2000 geschätzte Kuranteil von 30 % hält allerdings einer rechtlichen Überprüfung nicht stand (2.).
26 
1. Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 KAG ist der Fremdenverkehrsbeitrag nach den besonderen wirtschaftlichen Vorteilen zu bemessen, die dem Beitragspflichtigen aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb erwachsen. Diese Vorteile bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in den Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten, die dem Beitragspflichtigen aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb erwachsen (vgl. zuletzt VGH Baden-Württemberg, Normenkontrollurteil vom 06.11.2008 - 2 S 669/07 - ZKF 2009, 141). Der besondere wirtschaftliche Vorteil im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts kann unmittelbar oder mittelbar sein (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.08.2003 - 2 S 2192/03 - VBlBW 2004, 103). Allerdings muss zwischen den erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten einerseits und dem Fremdenverkehr und dem Kurbetrieb der Standortgemeinde andererseits ein konkreter Zusammenhang bestehen. Denn der Fremdenverkehrsbeitrag ist keine Steuer, sondern eine Gegenleistung des Beitragspflichtigen für spezielle Leistungen der Gemeinde, nämlich für die Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der systematischen Förderung des Fremdenverkehrs oder des Kurbetriebs entstehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.11.2000 - 2 S 2061/98 - KStZ 2001, 78). Folglich müssen bei der Vorteilsbemessung diejenigen Umsätze der Beitragspflichtigen ausscheiden, die entweder durch Geschäfte mit nicht vom Fremdenverkehr unmittelbar bevorteilten Ortsansässigen oder mit Ortsfremden ohne dem Fremdenverkehr unterfallende Aufenthaltsgründe erwirtschaftet werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.01.2009 - 2 S 952/08 - ZKF 2009, 260; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 13.12.2006 - 9 KN 180/04 - Juris -).
27 
In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze erwachsen der Klägerin durch die Behandlung von ortsfremden Patienten besondere wirtschaftliche Vorteile aus dem Fremdenverkehr, so dass sie grundsätzlich beitragspflichtig ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist Ortsfremder im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts jeder, der von auswärts, d.h. von außerhalb des Gemeindegebiets kommt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.01.2009, a.a.O.).
28 
Der Umstand, dass sich die Patienten der von der Klägerin betriebenen Fachklinik für psychosomatische Medizin in erster Linie wegen der fachlichen Kompetenz einmal des ärztlichen Personals und zum anderen des therapeutischen Umfelds zur Behandlung in die Klinik begeben, stellt die Beitragspflicht dem Grunde nach nicht in Frage. Diesem Gesichtspunkt muss - so zu Recht die Beklagte - bei der Bestimmung der Höhe des Vorteilssatzes Rechnung getragen werden, indem ein deutlich niedrigerer Vorteilssatz festgesetzt wird  als etwa bei Kliniken, bei denen ein enger Zusammenhang mit dem Kurbetrieb besteht. Der Entscheidung für eine stationäre Behandlung in der psychosomatischen Klinik der Klägerin und damit der Auswahlentscheidung zwischen den verschiedenen stationären Einrichtungen, die zur Behandlung der entsprechenden Krankheitsbilder - wie etwa Essstörungen, Borderline-Störungen  oder Traumata - ebenfalls geeignet sind, liegt sowohl seitens des Patienten als auch seitens des einweisenden Arztes ein schwer auflösbares „Motivbündel“ zugrunde. Notwendig, aber auch ausreichend für den konkreten Zusammenhang zwischen den erhöhten Gewinn- und Verdienstmöglichkeiten der Klinik und dem Kur- oder Fremdenverkehrsbetrieb der Beklagten ist in diesem Zusammenhang, dass die Auswahlentscheidung zugunsten der Einrichtung der Klägerin in einem gewissen Maße (auch) mit Blick auf die Nutzung der Fremdenverkehrseinrichtungen getroffen wird (so bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.01.2009, aaO). Es kann mit anderen Worten nicht gefordert werden, dass die Auswahlentscheidung des Patienten neben der fachlichen Qualifikation der Klinik gleichwertig oder gar überwiegend auf dem Kurbetrieb bzw. den Möglichkeiten, die Fremdverkehrseinrichtungen der Beklagten zu nutzen, beruht.
29 
Danach ist nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass bei einem gewissen Prozentsatz der Patienten der Klägerin - neben der im Vordergrund stehenden fachlichen Kompetenz - die Klinikumgebung und die Fremdenverkehrseinrichtungen der Beklagten ein Kriterium für die Auswahlentscheidung darstellen und damit ein Teil der Umsätze der Klägerin fremdenverkehrsbedingt erwirtschaftet wird. Dies gilt zunächst für Privatpatienten, die - das räumt auch die Klägerin ein - im Vergleich zu Kassenpatienten eine größere Einflussmöglichkeit auf die Wahl der Klinik haben und bei ihrer Entscheidung bei lebensnaher Betrachtung in gewissem Umfang auch von dem Freizeitangebot der Beklagten beeinflusst werden. Aber auch bei Kassenpatienten erscheint eine Einflussmöglichkeit der Patienten bzw. - bei den minderjährigen Patienten,  auf deren Behandlung die Klägerin spezialisiert ist - ihrer Eltern auf den einweisenden Arzt nicht ausgeschlossen, zumal insbesondere bei der Behandlung psychischer Erkrankungen das Engagement des Patienten und damit auch seine Wünsche wesentlich für den Behandlungserfolg sind. Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass die Notwendigkeit einer stationären Behandlung in der klägerischen Klinik eine ärztliche Verordnung voraussetzt und diese Einweisungsentscheidung „formal“ durch das Krankheitsbild des Patienten und die fachlich medizinische Ausstattung der Klinik sowie weitere fachliche Kriterien wie etwa die Frage nach den Wartezeiten bestimmt wird. Diesen Erwägungen kann aber - wie dargelegt - bei der Schätzung des Kuranteils ausreichend Rechnung getragen werden. Von einem maßgeblichen Einfluss der Patienten auf die Auswahl der Klinik geht im Übrigen auch die Klägerin aus; in ihrem Internetauftritt heißt es nämlich insoweit: „Wie bekomme ich einen Therapieplatz?“ „Sie rufen selbst das Aufnahmesekretariat  an“. Der in diesem Zusammenhang erfolgte Einwand  der Klägerin, die Ansprache der Patienten auf ihrer Internetseite sei Teil des Therapiekonzeptes und sage nichts darüber aus, dass die Patienten Einfluss auf die Einweisungsentscheidung der Ärzte nähmen, überzeugt nicht. Wenn Patienten die stationäre Therapiebedürftigkeit ihrer Krankheit selbst erkennen und diesen ersten Schritt durch konkrete Ansprache des niedergelassenen Arztes oder durch Kontaktaufnahme mit der Einrichtung der Klägerin selbst machen, wird sich der einweisende Arzt auch aus fachlich-medizinischen Gründen schwertun, diesem ersten und auch nach Ansicht der Klägerin so wichtigen Schritt und den damit zusammenhängenden Einweisungswünschen des Patienten entgegenzutreten, wenn die Einrichtung der Klägerin zur Behandlung der Krankheit grundsätzlich fachlich geeignet ist. Eine Einweisung in eine andere, gleichgeeignete Fachklinik würde - so zu Recht die Beklagte - den Therapieerfolg sicherlich nicht fördern.
30 
Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die den Patienten nahestehenden Personen eine durch besondere Ruhe sowie Erholungs- und Bewegungsmöglichkeiten gekennzeichnete Umgebung für den stationären Aufenthalt des Patienten befürworten und diese angenehmen Umstände hervorheben werden. Dies gilt insbesondere für die Eltern der minderjährigen Patienten, die - sollten sie ihre Kinder beim stationären Aufenthalt begleiten oder sollten sie sie etwa am Wochenende besuchen - sicherlich die Kureinrichtungen der Beklagten in den Blick nehmen. Dass auch die Klägerin die besondere Atmosphäre in Bad Mergentheim sowie die dort gebotenen Erholungs- und Bewegungsmöglichkeiten als ein nicht unerhebliches Motiv  für die Entscheidung des Patienten und seines nahen Umfelds zum Aufenthalt in ihrer Einrichtung ansieht, ergibt sich schließlich aus ihren eigenen Internetseiten, in denen sie - jedenfalls in der Vergangenheit - mit der schönen Umgebung und der idyllisch gelegenen Stadt geworben hat.
31 
Die Nutzung der dem Kurbetrieb und dem Fremdenverkehr dienenden Infrastruktureinrichtungen der Beklagten ist für die Patienten auch nicht aufgrund des therapeutischen Konzepts der Klägerin ausgeschlossen. Zwar beinhaltet das Therapiekonzept in der Regel mehrere Therapieeinheiten und Behandlungsformen pro Tag und orientiert sich daher nicht an einer umfangreichen Freizeitgestaltung. Die Patienten der Klägerin haben jedoch in gewissem Umfang auch freie Zeiten, die sie außerhalb der Klinik verbringen können. In diesem Zusammenhang weist die Beklagte zu Recht auf ihre Parkanlagen, die Spazierwege und insbesondere die Bäder hin. Es kann auch keine Rede davon sein, dass die minderjährigen Patienten, die nach Angaben der Klägerin weit über die Hälfte der Behandelnden ausmachen, von dem Freizeitangebot der Beklagten nicht erreicht werden. Auch jüngere Menschen halten sich gern im Wald und in Parks auf und besuchen das Thermalbad bzw. das Freizeitbad Solymar. Nach unwidersprochenem Vortrag der Beklagten hat die Klägerin noch im Jahre 2003 auf ihrer Internetseite ausdrücklich auf das Freizeitbad Solymar, den Minigolf- und den Golfplatz, den Bootsverleih sowie die schöne, idyllische Umgebung hingewiesen. Dass die Kureinrichtungen nach Ansicht der Klägerin auch heute noch eine gewisse Relevanz für ihre potenziellen Patienten haben, zeigt im Übrigen ihr Internetauftritt, der ein Link auf die Homepage der Klägerin enthält.
32 
Ohne Erfolg stellt die Klägerin schließlich in Abrede, dass die Einweisungsentscheidung des Arztes neben fachlichen Kriterien noch durch weitere Motivationslagen beeinflusst werden kann. Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand „es gebe keine Klinik mit einem tatsächlich inhaltsgleichen Konzept und deshalb habe der einweisende Arzt grundsätzlich nicht die Auswahlentscheidung zwischen fachlich gleich geeigneten Kliniken“, liegt  neben der Sache. Für Patienten mit den von der Klägerin insbesondere behandelte Krankheitsbildern - Essstörungen, Borderline-Störungen oder Traumata - stehen im Bundesgebiet zahlreiche fachlich geeignete Kliniken zur Auswahl, zumal die Einrichtung der Klägerin mit lediglich 70 Betten den entsprechenden Bedarf im Bundesgebiet nicht zu decken vermag.
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2. Allerdings hält die Bemessung der fremdenverkehrsbedingten Vorteile und damit die Festsetzung eines Vorteilssatzes von 30 % einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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Die dem Kurbetrieb bzw. Fremdenverkehr zuzurechnenden besonderen wirtschaftlichen Vorteile müssen im Rahmen der Beitragsbemessung dadurch festgelegt werden, dass die fremdenverkehrsbedingten Betriebsumsätze von den sonstigen allgemeinen Betriebsumsätzen abgegrenzt werden. Dazu wird ein bestimmter Prozentsatz (sogenannter Vorteilssatz) der Gesamteinnahmen dem Fremdenverkehr zugeordnet. Da der Vorteil für die verschiedenen Abgabepflichtigen unterschiedlich ist, gebietet es der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit, die Abgabepflichtigen auch unterschiedlich zu belasten. Dabei ist zu fordern, dass diejenigen, die in etwa den gleichen Vorteil haben, auch nach Maßstab und Abgabensatz gleichgestellt werden und dass diejenigen, die vom Fremdenverkehr größere Vorteile haben, aufgrund des Maßstabes des Abgabensatzes auch höhere Abgaben zahlen müssen als die Pflichtigen mit wahrscheinlich geringeren Vorteilen. Da die durch den Fremdenverkehr ermöglichte Steigerung des Umsatzes bzw. Gewinns nicht genau anhand eines Wirklichkeitsmaßstabes festgestellt werden kann, kann die Bemessung der die Beitragserhebung rechtfertigenden Vorteile nur nach einem an der Wahrscheinlichkeit orientierten Maßstab vorgenommen werden. Nach der Rechtsprechung des Senats besteht für die Gemeinden die Möglichkeit, dass der Ortsgesetzgeber in der Satzung selbst regelt, welche Beitragspflichtigen bzw. welche Gruppen der Beitragspflichtigen mit welchen Vorteilssätzen  zu veranlagen sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.01.2009 - 2 S 875/08 - ZKF 2009, 118; Normenkontrollurteil vom 06.11.2008, aaO). Zulässig ist aber auch, dass der Gemeinderat oder auch die Verwaltung auf der Grundlage einer ausreichend bestimmten Satzungsregelung den Vorteilssatz des jeweiligen Beitragspflichtigen individuell bestimmt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.02.1987 - 14 S 2497/85 -; Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, Stand September 2009, § 44 Rdnr. 3.4.1).
35 
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat sich die Beklagte in nicht zu beanstandener Weise für die letztgenannte Alternative und damit für eine individuelle Vorteilsbestimmung durch den Gemeinderat bzw. den „Einschätzungsausschuss für den Fremdenverkehrsbeitrag“ auf der Grundlage von § 4 Abs. 4 FVBS entschieden. Danach sind bei der Schätzung des Kuranteils insbesondere Art und Umfang der Tätigkeit, Lage und Größe der Geschäfts- oder Beherbergungsräume, die Betriebsweise und die Zusammensetzung des Kundenkreises zu berücksichtigen. Die Satzung legt damit die wesentlichen Kriterien der Schätzung hinreichend bestimmt fest. Im Fall der Klägerin hat die Beklagte allerdings die Grenzen ihres Schätzungsspielraumes überschritten. Im Einzelnen:
36 
a) Die Bestimmung des Vorteilssatzes im Bereich des Fremdenverkehrsbeitrags kann nur im Wege einer Schätzung erfolgen, weil die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für den Fremdenverkehrsbeitrag immer mit gewissen Unwägbarkeiten verbunden sind. Die Schätzung ist im Gegensatz zur Ermessensausübung eine besondere Art der Tatsachenfeststellung, ohne die gerade im Abgabenrecht nicht auszukommen ist. Schätzungen unterliegen als Tatsachenfeststellung nur eingeschränkt grundsätzlich der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung. Aus dem Wesen der Schätzung folgt, dass der Behörde ein Schätzungsspielraum zugebilligt werden muss, innerhalb dessen sie die Schätzung zwar mehr oder weniger genau, aber noch nicht fehlerhaft vornimmt. Fehlerhaft ist nur die Überschreitung der Grenzen dieses Schätzungsspielraums und rechtswidrig ist daher auch nur ein Verwaltungsakt, der auf einer Überschreitung dieser Grenzen beruht (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.04.1986 - 14 S 2681/85 - ZKF 1986, 255). Fehlerhaft ist eine Schätzung insbesondere dann, wenn sie auf falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht, wenn wesentliche Tatsachen nicht ermittelt oder außer Acht gelassen oder wenn der Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt werden.
37 
b) Bei ihrer Schätzung ist die Beklagte zunächst davon ausgegangen, dass der überwiegende Teil der Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten der klägerischen Klinik auf fachlichen Gesichtspunkten und nicht auf dem Kurbetrieb der Beklagten beruht. Nicht zu beanstanden ist ferner die Erwägung, Privatpatienten hätten - im Vergleich zu Kassenpatienten - eine größere Einflussmöglichkeit auf die Wahl der sie behandelnden Klinik und dementsprechend werde bei dieser „Patientengruppe“ die Auswahlentscheidung zugunsten der Einrichtung der Klägerin in größerem Maße durch den Kurbetrieb auf der Gemarkung der Beklagten beeinflusst. Auf der Grundlage dieser Überlegungen hat die Beklagte konsequenterweise auch erkannt, dass der Klägerin im Rahmen der Behandlung von Kassenpatienten in (weitaus) geringerem Umfang Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten eröffnet sind, die sich mittelbar auf der Kurbetrieb und damit die Möglichkeiten der Patienten, die Fremdenverkehrseinrichtungen der Beklagten zu nutzen, zurückführen lassen.
38 
Ausgehend von diesen Maßstäben hätte die Beklagte aber in einem weiteren Schritt den Sachverhalt weiter aufklären müssen, um die Höhe des Vorteilssatzes nachvollziehbar und plausibel festlegen zu können. Dazu gehört die Frage, in welchem Umfang die Klägerin Privatpatienten und in welchem Umfang sie Kassenpatienten behandelt hat. Für das streitgegenständliche Jahr 2000 ist das nicht geschehen. Auch Feststellungen dazu, wie sich die Einkünfte der Klägerin im Sinne von § 4 Abs. 3 FVBS auf diese beiden „Patientengruppen“ verteilen, hat die Beklagte nicht getroffen. Allein die Annahme der Beklagten, die Klägerin halte von den insgesamt vorhandenen 70 Betten für Privatpatienten 15 bis 20 Betten vor, vermag eine gesicherte Schätzung nicht zu tragen. Da sich die Festsetzung des Fremdenverkehrsbeitrags auf bereits vergangene Zeiträume bezieht und der Klägerin naturgemäß für diese Zeiträume auch valide Zahlen über den Anteil der Privatpatienten und über die Höhe der mit dieser Patientengruppe erzielten Einkünfte vorliegen, hätte diese gesicherte Datenbasis auch der Schätzung zugrunde gelegt werden müssen. Eine entsprechende Aufforderung an die Klägerin, diese Auskünfte zu erteilen und damit ihre Einkünfte für das Jahr 2000 aufzuschlüsseln und zu belegen, ist bislang nicht erfolgt.
39 
Nach Aufschlüsselung der klägerischen Einkünfte hätte die Beklagte im Hinblick auf den von ihr zugrunde gelegten Maßstab und damit auf die von ihr selbst vorgenommene Differenzierung zwischen Privatpatienten und Kassenpatienten in einem dritten Schritt eine konkrete Vorteilsschätzung für jede der beiden „Patientengruppen“ vornehmen müssen. Erst auf einer solchen Grundlage wär dann eine plausible und nachvollziehbare „Gesamtschätzung“ möglich, die den Anteil der Einkünfte festlegt, der entsprechend § 4 Abs. 4 FVBS aus Kurbetrieb und Fremdenverkehr in Bad Mergentheim herrührt. Da die Beklagte nach alledem weder die Herkunft der Einkünfte der klägerischen Klinik im Jahr 2000 ausreichend ermittelt hat noch die erforderliche separate Vorteilsschätzung für einerseits Privatpatienten und andererseits Kassenpatienten vorgenommen hat, hängt ihre Schätzung und damit die Bestimmung eines Vorteilssatzes von 30 % mangels greifbarer Anhaltspunkte „in der Luft“.
40 
c) Die der Beklagten angesonnene Aufklärung des Sachverhalts - etwa in Form der Aufschlüsselung der klägerischen Einkünfte nach Privat- und Kassenpatienten - ist auch nicht mit einem unzumutbaren Verwaltungsaufwand verbunden. Die Gemeinde ist zwar bei der Schätzung des Kuranteils in besonderer Weise auf die Mitwirkung des Abgabepflichtigen angewiesen. Dementsprechend hat der Abgabepflichtige aber bei der Feststellung des Sachverhalts, der für die Abgabenbemessung erheblich sein kann, mitzuwirken. Er hat insbesondere Auskünfte zu erteilen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen und die zum Verständnis der Aufzeichnung erforderlichen Erläuterungen zu geben (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 a) KAG i.V.m. §§ 90 und 97 der Abgabenordnung).
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
43 
Beschluss
44 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.589,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
45 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.948,56 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil die angeführten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO nicht vorliegen.

Zum geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ist erforderlich, dass der Rechtsmittelführer aufzeigt, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. Der Rechtsmittelführer muss sich mit dem angefochtenen Urteil und dessen entscheidungstragenden Annahmen substanziell auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 124 a Rn. 63 m. w. N.). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind auch begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt werden (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2011 - 20 ZB 11.1146 - juris).

„Darlegen“ im Sinne des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert mehr als einen nicht näher spezifizierten Hinweis auf das behauptete Vorliegen eines Zulassungsgrundes. Es bedeutet vielmehr „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist deshalb unter ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124 a Rn. 38, 49; Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 a Rn. 59 und 63). Mit Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens und der hier im Stil einer Berufungsbegründung vorgebrachten Kritik an dem angefochtenen Urteil wird dem Gebot der Darlegung im Sinn von § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO ebenso wenig genügt wie mit der Darstellung der eigenen Rechtsauffassung.

Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass die angefochtenen Vorauszahlungsbescheide als Herstellungsbescheide aufrechterhalten werden können und ihre Rechtsgrundlage in der (aktuellen) Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung (BGS/WAS) der Beklagten vom 24. August 2011 finden. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats:

Da die Beklagte, wie vom Verwaltungsgericht dargelegt, bis zum Erlass der BGS/WAS 2011 über wirksames Satzungsrecht nicht verfügt hatte, hat dies, weil auch eine Übergangsregelung durch den Gemeinderat nicht beschlossen wurde, zur Folge, dass die Altanschließer wie hier der Kläger ohne Unterschied nach neuem Satzungsrecht nochmals zu veranlagen und früher geleistete Beiträge lediglich anzurechnen sind (vgl. BayVGH, U.v. 29.4.2010, Az. 20 BV 09.2010 = BayVBl 2011, 240). Somit konnten die Beiträge für die streitgegenständlichen Grundstücke nur in Anrechnung erbrachter Vorleistungen erhoben werden.

Durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Herstellungsbeitragssatzung und den darin bestimmten Beitragssätzen hat der Kläger nicht dargelegt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs genügt es nicht, wenn ein Kläger ohne jegliche substantiierte Belegung lediglich behauptet, die bestimmten Beitragssätze seien nicht ordnungsgemäß ermittelt worden. Zwar verlangt der Grundsatz der Amtsermittlung des § 86 Abs. 1 VwGO, dass das Gericht alle vernünftigerweise zu Gebote stehenden Möglichkeiten zur Aufklärung des für seine Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts ausschöpft, die geeignet erscheinen, die dafür erforderliche Überzeugung zu gewinnen. Diese Pflicht findet aber in der Mitwirkungspflicht der Beteiligten eine Grenze. Sie besteht nicht nur darin, dass das Gericht die Beteiligten zur Erforschung des Sachverhalts mit heranziehen kann, sondern auch und gerade darin, dass die Kläger die zur Begründung ihrer Rechtsbehelfe oder ihrer Einwendungen dienenden Tatsachen und Beweismittel nach § 82 Abs. 1 Satz 3 VwGO angeben sollen. Solange sie dieser Pflicht nicht nachkommen, überprüfbare und einem Beweis zugängliche Tatsachen vorzutragen, braucht das Gericht der bloßen Möglichkeit fehlerhaft bestimmter Beitragssätze nicht nachzugehen (vgl. BVerwG, U.v. 17.4.2002 - 9 CN 1.01 - BVerwGE 116, 188; BayVGH, B.v. 2.8.2006 - 23 ZB 06.643 - juris). Dass es für den Kläger nicht ganz einfach ist, die vom Beklagten ermittelten Beitragssätze auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, entbindet ihn nicht davon, sich im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht selbst durch Akteneinsicht sachkundig zu machen, notfalls mit Hilfe eines von ihm beauftragten Sachverständigen. Um dieser Mitwirkungspflicht nachkommen zu können, ist dem Kläger ein umfangreiches Akteneinsichtsrecht in die Kalkulationsunterlagen eingeräumt (vgl. BayVGH vom 10.8.2005 - 23 ZB 05.1236 - juris). Schließlich kann und muss der Kläger auch mittels förmlichen Beweisantrags z. B. in der mündlichen Verhandlung auf die Klärung der Frage einer Überdeckung hinwirken. Dies hat der Kläger aber nicht getan, obwohl das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung verdeutlicht hatte, dass die BGS/WAS 2011 als erstmals wirksames Satzungsrecht maßgebend sein dürfte.

Darauf, dass dem Vertrag vom 20. Januar 1967 im Hinblick auf die angerechneten Vorleistungen kein immerwährender Beitragsverzicht entnommen werden kann, hat bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen und weiter darauf, dass ein solcher auch unzulässig gewesen wäre (vgl. BayVGH, B.v. 25.5.2000, Az. 6 ZB 00.25; B.v. 7.5.1987, Az. 23 CS 86.2452). Die offenkundige Unzufriedenheit des Klägers mit der Höhe des seinerzeit von seinen Rechtsvorgängern vereinbarten Entschädigungsbetrages kann kein tragender Einwand gegen die streitgegenständliche Beitragserhebung sein; immerhin wurde seinen Rechtsvorgängern als weitere Gegenleistung die der seinerzeitigen Vorteilslage entsprechende „Anschlussgebühr“ (der Vertrag wurde vor in Kraft treten des Kommunalabgabengesetzes geschlossen) für Wasser und Kanal erlassen.

Vor diesem Hintergrund sind besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache nicht ersichtlich.

Daher ist der Antrag auf Zulassung der Berufung mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Der Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags, die gemäß § 124 a Abs. 5 Satz 3 VwGO keiner weiteren Begründung bedarf, wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin, die am 21. Dezember 2001 an der Universität Würzburg zum Doktor der Zahnmedizin promoviert wurde, wendet sich gegen den Entzug des ihr verliehenen akademischen Grades „Dr. med. dent.“. Mit Bescheid vom 15. November 2012, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2013, hatte die Beklagte der Klägerin ihren Titel sinngemäß mit der Begründung aberkannt, ihre Doktorarbeit sei in weiten Teilen ein Plagiat.

Ihre dagegen gerichtete Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg abgewiesen: Das Entziehungsverfahren leide nicht an den geltend gemachten Mängeln und die - durch ein entsprechendes Gutachten bestätigte - Auffassung der Beklagten, dass die eingereichte Arbeit keine selbstständige wissenschaftliche Leistung darstelle, sei zutreffend.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzziel weiter.

II.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des streitgegenständlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Insoweit nimmt der Senat zunächst Bezug auf die zutreffenden Gründe des verwaltungsgerichtlichen Urteils und sieht von einer weiteren Begründung ab. Lediglich ergänzend ist im Hinblick auf das Antragsvorbringen zu bemerken:

a) Der Entzug der Promotion ist keine - gemessen an Art. 28 Abs. 5 BayHSchG - fehlerhafte Eilentscheidung des Dekans, denn eine „Entscheidung in einer unaufschiebbaren Angelegenheit“ im Sinne dieser Vorschrift hat es nicht gegeben. Gemäß Art. 28 Abs. 5 BayHSchG kann der Dekan oder die Dekanin im Benehmen mit der Hochschulleitung in unaufschiebbaren Angelegenheiten Entscheidungen und Maßnahmen an Stelle des Fakultätsrats, der unverzüglich zu unterrichten ist, treffen. Die Klägerin selbst räumt ein, dass eine derartige Entscheidung des Dekans in den Akten nicht dokumentiert ist. Lediglich in dem Protokollauszug der Sitzung des Fakultätsrats vom 24. Oktober 2011 (Bl. 158, 159 VA) ist die Rede von „Eilentscheiden“ bzw. einem „Eilentscheid“ des Dekans. Dieser in der Niederschrift ersichtlich untechnisch verwendete Ausdruck (der sich im Gesetz nicht findet) meint indes, wie das Verwaltungsgericht bereits ausführlich dargelegt hat und wie sich aus dem Gesamtkontext der Verwaltungsakten ergibt, allein das Vorgehen des Dekans nach Eingang des anonymen Schreibens mit den u. a. gegen die Klägerin erhobenen Plagiatsvorwürfen im März 2011. Der Dekan (und der Präsident) hatten zur Klärung des Sachverhalts und der erhobenen Anschuldigungen zunächst ein externes Gutachten einholen lassen, sodann die Klägerin angehört (Schreiben vom 13. Oktober 2011) und die Promotionskommission mit der Angelegenheit befasst. Mit diesem Vorgehen zeigten sich die Mitglieder der - für den Entzug einer Promotion zuständigen - Promotionskommission am 24. Oktober 2011 nicht nur einverstanden („Bestätigung der Eilentscheide“), sondern sprachen sich überdies für die Durchführung eines Entziehungsverfahrens („Entzug des Doktorgrades“) aus.

Dagegen ist aus rechtlicher Sicht nichts einzuwenden.

b) Das Entziehungsverfahren begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Möglichkeit der Akteneinsichtnahme durch die Mitglieder des Promotionsausschusses. Ausweislich des Protokolls der Sitzung des Promotionsausschusses der Medizinischen Fakultät der Universität Würzburg vom 5. November 2012 lagen die relevanten Unterlagen nicht nur zur Einsichtnahme im Dekanat aus und standen im Rahmen der Sitzung zur Verfügung, sondern es wurden überdies im Rahmen der Sitzung die Stellungnahme des Bevollmächtigten der Klägerin und das externe Gutachten verlesen. Die Mitglieder des Promotionsausschusses waren damit ausreichend informiert. Soweit die Klägerin hier im Übrigen den - zusätzlichen - Verweis des Verwaltungsgerichts auf den Rechtsgedanken des Art. 69 BayVwVfG (Grundsatz der eingeschränkten Unmittelbarkeit) für rechtsfehlerhaft hält, weil er nicht für Entscheidungen von Kollegialorganen gelte, übersieht sie, dass es sich bei der Sitzung des Promotionsausschusses nicht um eine mündliche Verhandlung im Sinne von Art. 67 BayVwVfG in einem förmlichen Verfahren gehandelt hat (vgl. zum Ganzen: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 69, 5; § 71, 5).

c) Die Eröffnung des Entziehungsverfahrens erfolgte auch fristgerecht, da die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG gemäß Art. 48 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BayVwVfG hier nicht gilt. Mit dem Verwaltungsgericht ist auch der erkennende Senat der Auffassung, dass die Klägerin ihre Promotionsschrift, anders als sie am 26. Juli 2001 ehrenwörtlich und schriftlich erklärt hat, nicht selbstständig angefertigt und deshalb den Doktorgrad aufgrund arglistiger Täuschung erlangt hat. Ihr Vertrauen auf die Verleihung des Doktorgrades ist deshalb gemäß Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BayVwVfG nicht schutzwürdig. Die Behauptung der Klägerin, es habe zumindest die Möglichkeit bestanden, dass nicht sie bei einem früheren Promovenden ihres Doktorvaters abgeschrieben habe, sondern dieser bei ihr, ist nicht nur unsubstantiiert, sondern angesichts des Umstands, dass dieser Promovend bereits im Jahr 1999 promoviert wurde, sie selbst jedoch erst im Dezember 2001, auch unglaubwürdig.

d) Im Übrigen ist die „angebliche Unrechtshandlung“ der Klägerin auch nicht, wie sie meint, „in Anlehnung an straf- oder zivilrechtliche Vorschriften“ verjährt. Art. 48 BayVwVfG stellt insoweit eine - rechtsstaatlich unbedenkliche (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 48, 5) - spezielle Regelung für die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts dar.

2. Auch der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt nicht vor. Dem Verwaltungsgericht ist kein Verfahrensfehler unterlaufen. Wer die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht erhebt, obwohl er - wie die Klägerin - anwaltlich vertreten war und in der Vorinstanz keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat, muss insbesondere darlegen, warum sich dem Tatsachengericht aus seiner für den Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung maßgeblichen materiell-rechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der aufgezeigten Richtung hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B.v. 5.3.2010 - 5 B 7.10 - juris Rn. 9 m. w. N.). Die Rüge unzureichender Sachaufklärung stellt kein Mittel dar, um insbesondere das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen in einer mündlichen Verhandlung zu kompensieren. Sind - wie hier - keine förmlichen Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung gestellt worden, so bestimmt das Gericht den Umfang seiner Aufklärung nach seinem pflichtgemäßen Ermessen. Die Grenzen dieses Ermessens überschreitet das Gericht nur, wenn es eine Ermittlung unterlässt, die sich nach den Umständen des Falles von seinem Rechtsstandpunkt aus aufdrängen musste, d. h. wenn die bisherigen Tatsachenfeststellungen seine Entscheidung noch nicht sicher tragen (BayVGH, B.v. 14.10.2015 - 5 ZB 15.804 - juris m. w. N.). Nach diesen Maßstäben musste es sich dem Verwaltungsgericht nicht aufdrängen, weitere Beweise zu erheben. Denn für das Gericht reichten die festgestellten tatsächlichen Anhaltspunkte (Zitate der Klägerin in ihrer Promotionsschrift, aus den Akten ersichtlicher zeitlicher Ablauf der Promotionsverfahren) zur Rechtfertigung der Annahme aus, die Klägerin habe bei dem früheren Promovenden ihres Doktorvaters abgeschrieben und nicht umgekehrt. Damit setzt sich der Zulassungsantrag in keiner Weise auseinander.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 18.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014).

Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.