Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Sept. 2014 - 20 ZB 14.1531

published on 03/09/2014 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Sept. 2014 - 20 ZB 14.1531
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Previous court decisions
Verwaltungsgericht Regensburg, RN 3 K 13.1547, 04/06/2014

Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.394,85 Euro festgesetzt.

Gründe

Der gemäß § 124a Abs. 4 Sätze 1 - 5 VwGO zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanziellen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht dargetan.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG abgelehnt, weil durch die Einfügung von § 6 Abs. 2 in die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Gemeinde M. vom 21. November 2011 (BGS/EWS 2011) keine neue Rechtslage zugunsten des Klägers eingetreten ist. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BGS/EWS 2011 darf für Grundstücke, von denen kein Niederschlagswasser in die Entwässerungseinrichtung der Beklagten eingeleitet werden kann, der Grundstücksflächenbeitrag nicht erhoben werden. Dieses Gebot der Vorteilsabstufung folgt unmittelbar aus Art. 5 Abs. 2 Satz 1 KAG, weil Grundstücke, von denen kein Oberflächenwasser abgeleitet werden darf, von einer entsprechenden Entwässerungseinrichtung der Gemeinde keinen Vorteil haben. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat das in seiner Rechtsprechung seit geraumer Zeit und wiederholt zum Ausdruck gebracht (z. B. U. v. 21.10.2003 - 23 B 03.824). Abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmefällen sind derartige Abstufungen in der Beitragssatzung vorzunehmen, was die Beklagte auch getan hat. Denn in der dem Bescheid vom 20. März 2003 zugrundeliegenden Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Gemeinde M. vom 21. Juli 1993 in der Fassung der 5. Änderungssatzung vom 29. Oktober 2001 (BGS/EWS 2001) war für die Geschossfläche ein Beitragssatz von 16,54 Euro pro m² und für die Grundstücksfläche von 3,47 Euro pro m² festgelegt. Auch letzteren Beitrag konnte die Beklagte von Kläger erheben, weil diese mit ihrer Entwässerungseinrichtung die Beseitigung des auf den befestigten Flächen des klägerischen Grundstücks anfallenden Niederschlagswassers ermöglicht. Das ist im Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Dingolfing-Landau vom 6. April 2006 festgehalten und durch das rechtskräftige Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 20. September 2006 - RN 3 K 06.953 - bestätigt (vgl. hierzu auch Beschluss des BayVGH vom 22.1.2007 - 23 B 06.2899). § 6 Abs. 2 BGS/EWS 2011 hat an dieser Rechtslage nichts geändert, war insbesondere nicht die dem Art. 5 Abs. 2 Satz 1 KAG Rechnung tragende Klarstellung, dass der in der Abgabesatzung ausdrücklich ausgewiesene Beitrag für die Oberflächenentwässerung nicht für ein Grundstück zu entrichten ist, von dem aus Niederschlagswasser nicht in das Entwässerungssystem der Beklagten eingeleitet werden darf. Vielmehr wurde der Kläger zum Oberflächenentwässerungsbeitrag herangezogen, weil die Widerspruchsbehörde und die Gerichte davon ausgingen, dass das streitgegenständliche Grundstücke (auch) an die Oberflächenentwässerung angeschlossen werden kann. Gegen diese Feststellungen richten sich die umfangreichen Ausführungen des Klägers, der die satzungsrechtliche Klarstellung des § 6 Abs. 2 BGS/EWS 2011 zum Anlass nehmen möchte, im Wesentlichen seinen bereits in den früheren Verfahren vorgetragenen, aber bestands- bzw. rechtskräftig verneinten Standpunkt erneut einer Prüfung zu unterziehen und ihm damit letztlich Geltung zu verschaffen. Die Klarstellung in § 6 Abs. 2 BGS/EWS 2011 schafft aber keine neue Rechtslage, die dafür die Grundlage bilden könnte.

Über Art. 51 Abs. 5 BayVwVfG und die dieser Bestimmung zugeordneten Gesichtspunkte kommt der Kläger bereits deshalb nicht zum Erfolg, weil der dort in Bezug genommene, die Möglichkeit der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes regelnde Art. 48 BayVwVfG im vorliegenden Fall nicht einschlägig ist. Denn der gemäß Art. 10 Nr. 1 KAG für Beiträge zur Entwässerungseinrichtung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG geltende Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG verweist bezüglich der Rücknahme eines Abgabenbescheides auf § 130 AO und trifft damit eine landesrechtliche Regelung, die gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG die Anwendung des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes ausschließt (Giehl, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Kommentar zum BayVwVfG und BayVwZVG, Rn. 1 zu Art. 2 II BayVwVfG).

Der Kläger legt nicht hinreichend dar, inwiefern es für die Beklagte geboten sein sollte, den nach gerichtlicher Überprüfung bestandskräftig gewordenen Beitragsbescheid gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG, § 130 AO (teilweise) zurückzunehmen. Sein Vortrag macht bereits nicht deutlich, dass der Bescheid rechtswidrig ist. Zwar verneint er nachhaltig eine Anschlussmöglichkeit seines Grundstücks an die Oberflächenentwässerung, was einen Beitrag für diese nicht zuließe, aber es besteht kein Zweifel, dass die Beklagte eine solche für ihn bereithält. Seine umfangreichen Darlegungen zur Unzulänglichkeit und Fehlerhaftigkeit der Niederschlagswasserbeseitigung stehen dem nicht entgegen, denn allein die Anschlussmöglichkeit bildet den die Beitragsforderung rechtfertigenden Grund. Sie wird durch nach Meinung des Klägers vorliegende Verstöße gegen generelle Regelungen der Abwasserbeseitigung und gegen Grundsätze des Umwelt- und Wasserrechts nicht in Frage gestellt. Unabhängig davon ist nicht nachvollziehbar dargelegt, worin ein die Rücknahme gebietender Vertrauensschutz des Klägers bestehen könnte. Die Beklagte vertrat stets und offenkundig die Ansicht, dass der Kläger auch hinsichtlich der Oberflächenentwässerung beitragspflichtig ist und sie hat diesen Standpunkt auch im gerichtlichen Verfahren vertreten und schließlich durchgesetzt. Inwiefern die Geltendmachung des erstrittenen Urteils rechtsmissbräuchlich, gegen die guten Sitten sowie Treu und Glauben verstoßend sein sollte, ist nicht ersichtlich.

Die vom Kläger aufgeworfene Frage der Anrechnung bereits aufgrund nichtigen Satzungsrechts erbrachter Leistungen, stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht.

Nicht nachvollziehbar ist, worauf der Kläger mit der Geltendmachung eines Billigkeitserlasses abzielt, den er auf § 131 AO gegründet sieht. Diese im Kommunalen Abgabenrecht über Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG anwendbare Vorschrift beinhaltet nämlich den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes und der Kläger macht in seinem auch insoweit umfangreichen Vortrag keine Angaben, die irgendeinen Bezug zu dieser Vorschrift aufweisen. Der im über Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a KAG anwendbaren § 227 AO geregelte Billigkeitserlass, den der Kläger mit behaupteten generellen Fehlern der Oberflächenentwässerung zu begründen sucht, kommt nach seinem eigenen Vorbringen nicht in Betracht. Außerdem können bestandskräftige Abgabenfestsetzungen im Billigkeitswege nur ausnahmsweise überprüft werden und zwar allenfalls dann, wenn die Abgabepflicht offensichtlich und eindeutig falsch ist und es dem Pflichtigen schlechterdings weder möglich noch zumutbar war, sich gegen die Fehlerhaftigkeit rechtzeitig zu wehren (Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Stand Juni 2014, Rn. 4 zu § 227 AO).

Die vom Kläger formulierten Fragen rechtfertigen ebenfalls nicht die Berufungszulassung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, wobei schon nicht erkennbar ist, ob der Kläger damit rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten des Falles geltend machen möchte, die durch das Berufungsgericht zu klären wären.

Frage Nr. 1 geht unzutreffend davon aus, dass der Kläger das Niederschlagswasser auf seinem Grundstück versickern muss. Die Fragen Nrn. 2 - 5 betreffen den Billigkeitserlass, der aus den oben dargestellten Gründen nicht in Betracht kommt. Unzutreffend geht darüber hinaus Frage Nr. 5 davon aus, dass der Kläger das Oberflächenwasser in das Entwässerungssystem der Beklagten nicht einleiten darf. Frage Nr. 6 stellt sich bereits deshalb nicht, weil nicht ersichtlich ist, inwiefern der Grundstücksflächenbeitrag dem Art. 9 der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie RL (EG) 2000/60 widerspricht.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Mit diesem Beschluss wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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published on 13/12/2017 00:00

Tenor 1. Der Gebührenbescheid vom 14.01.2015 in der Fassung des Widerspruchbescheids vom 04.02.2016 wird aufgehoben, soweit Schmutzwassergebühren von mehr als 121.669,45 Euro festgesetzt wurden. Der Gebührenbescheid vom 11.08.2015 in
published on 16/05/2017 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibende
published on 07/03/2016 00:00

Tenor Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. Tatbestand 1 Die Kläger begehren nunmehr letztlich d
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Annotations

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur dann zurückgenommen werden, wenn

1.
er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
2.
er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
3.
ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren,
4.
seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.

(3) Erhält die Finanzbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Fall des Absatzes 2 Nr. 2.

(4) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist,
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat,
3.
wenn die Finanzbehörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.
§ 130 Abs. 3 gilt entsprechend.

(3) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Finanzbehörde keinen späteren Zeitpunkt bestimmt.

(4) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.