Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 13. Dez. 2017 - B 4 K 16.152

bei uns veröffentlicht am13.12.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Der Gebührenbescheid vom 14.01.2015 in der Fassung des Widerspruchbescheids vom 04.02.2016 wird aufgehoben, soweit Schmutzwassergebühren von mehr als 121.669,45 Euro festgesetzt wurden. Der Gebührenbescheid vom 11.08.2015 in der Fassung des Widerspruchbescheids vom 04.02.2016 wird aufgehoben, soweit Schmutzwassergebühren von mehr als 94.583,75 Euro festgesetzt wurden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 43 Prozent, der Beklagte 57 Prozent. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

3. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erhebung von Kanalbenutzungsgebühren.

Die ehemals selbstständige Gemeinde S errichtete bereits vor 1978 eine öffentliche Entwässerungseinrichtung. Mit der Eingemeindung 1978 wurde S ein Gemeindeteil des Beklagten, der die bestehende Einrichtung übernahm und zusammen mit anderen Ortsteilen als eine öffentliche Entwässerungseinrichtung auf Grundlage gemeindlichen Satzungsrechts weiterbetrieb und in den Folgejahren ausbaute. Die Klägerin betrieb zwischen dem 30.04.2013 und dem 03.08.2015 auf dem Betriebsgelände S, M (Grundstücke Fl. Nrn. und , alle Gemarkung S b. K), welches nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen ist, eine F. Die Betriebsgebäude hatte sie von der Grundstückseigentümerin, der Firma GmbH & Co. KG, angemietet. Bis zum Jahr 2013 führte die Firma GmbH auf dem genannten Firmengelände ebenfalls einen betrieb. Seit August 2015 finden auf dem genannten Betriebsgelände keine gewerblichen Tätigkeiten mehr statt. Die Klägerin bezog ihr für die Produktion benötigtes Brauchwasser aus zwei Tiefbrunnen, die sich außerhalb des Firmengeländes befinden und im Eigentum des Beklagten stehen. Die Betriebsabwässer wurden über einen ca. 550 Meter langen Kanal (im Folgendem: kanal), der vom Betriebsgelände aus südlich über mehrere nicht im Eigentum der Firma GmbH & Co. KG stehende Grundstücke, unter dem sog. bach, durch die Bundesstraße und durch die Bahnlinie N – H teilweise parallel zum Mischwasserkanal des Beklagten verläuft, in ein Erdbecken eingeleitet, welches sich auf dem Grundstück Fl. Nr. , Gemarkung S b. K befindet und dem Beklagten gehört. Neben den betrieblichen Abwässern der Klägerin wurde auch das Schmutz- und Niederschlagswasser der Firma (nachfolgend: Firma ) über den kanal abgeleitet. Das Betriebsgelände der Firma befindet sich auf den Grundstücken Fl. Nrn. und , Gemarkung S b. K, nordwestlich des angemieteten Betriebsgeländes. Es gehört nach Auskunft des Grundbuchamtes K seit dem 07.07.2015 der Firma GmbH & Co. KG, die es der Firma zur Verfügung stellt. Vorher gehörten die Grundstücke der GmbH & Co. KG. Daher ist das Firmengelände der Firma ebenfalls an besagtem kanal angeschlossen. Das Erdbecken, in das das gesamte Abwasser vom angemieteten Firmengelände der Klägerin und vom Betriebsgelände der Firma eingeleitet wurde, diente zur Pufferung und zur Abkühlung des abwassers. Neben diesem befindet sich ein Regenüberlaufbecken des Beklagten. Zwischen dem genannten Erdbecken und dem Regenüberlaufbecken besteht eine Druckpumpstation, von wo aus das Schmutzwasser der Kläranlage in K zugeführt wurde. Die Menge des der Entwässerungseinrichtung des Beklagten zugeführten Abwassers aus dem Erdbecken wurde mittels eines Abwasserzählers festgestellt.

1. Mit Bescheid vom 14.02.2014 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin für die Verbrauchsstelle S im Zeitraum vom 30.04.2013 bis zum 31.12.2013 die Kanaleinleitungsgebühren auf insgesamt 133.379,87 Euro sowie die am 01.03., 01.06., 01.09. und 01.12.2014 fälligen Abschlagsbeträge auf jeweils 50.151,00 Euro fest. Die Kanaleinleitungsgebühren setzen sich aus einer Grundgebühr von 205,37 Euro und einer Verbrauchsgebühr von 133.174,50 Euro zusammen. Letztere wurde aufgrund einer beim Abwasserzähler erfassten Abwassermenge von 98.825 m³ und einer Verbrauchsgebühr von 1,41 Euro/m³ ermittelt. Von der erfassten Abwassermenge brachte der Beklagte 4.375 m³ in Abzug. Im Bescheid wurde angegeben, dass dieser Freimengenabzug der Niederschlagswassermenge auf den Grundstücken der Firma entspreche, die ebenfalls über den Abwasserzähler am Erdbecken erfasst werde. Gegen den Bescheid vom 14.02.2014 wurden keine Rechtsmittel erhoben.

Mit Schreiben vom 15.12.2014 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin bei dem Beklagten in Bezug auf den Gebührenbescheid vom 14.02.2014 das Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Art. 51 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG). Zur Begründung wird im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass bei der Abwasserberechnung auch Wassermengen berücksichtigt worden seien, die nicht vom Betriebsgelände der Klägerin, sondern von der Firma herrührten und daher der Klägerin nicht zugerechnet werden könnten. Zudem wurde die Erstellung eines Sachverständigengutachtens angekündigt.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 07.01.2015 lehnte der Beklagte den Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ab und verwies insbesondere darauf, dass bei der Gebührenfestsetzung das auf den Grundstücken Fl. Nrn. und (Betriebsgelände der Firma ) angefallene Niederschlagswasser bereits abgezogen worden sei. Zudem sei die Sach- und Rechtslage anlässlich eines Ortstermins am 09.05.2014 mit Vertretern der Klägerin, des Beklagten, des Landratsamtes K und des Wasserwirtschaftsamtes H eingehend besprochen worden, weshalb der Antrag auf Wiederaufgreifen auch verspätet gestellt worden sei.

Mit Schreiben vom 16.01.2015, das beim Beklagten am 21.01.2015 einging, erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Widerspruch „gegen den Bescheid des Marktes M vom 15.12.2014 (Az. )“. Mit Schriftsatz vom 16.11.2015 stellte er dann klar, dass sich der Widerspruch vom 16.01.2015 auf den Bescheid vom 07.01.2015 beziehe. Der Beklagte half diesem Widerspruch nicht ab und legte ihn der zuständigen Widerspruchsbehörde vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2016, Az. , wies das Landratsamt K den Widerspruch der Klägerin zurück. Auf die Begründung des Bescheids, der dem Bevollmächtigten der Klägerin am 08.02.2016 zugestellt wurde, wird Bezug genommen.

2. Mit weiterem streitgegenständlichen Bescheid vom 14.01.2015 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin für die Verbrauchsstelle S im Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2014 die Kanaleinleitungsgebühren auf insgesamt 183.772,92 Euro sowie die am 01.03., 01.06., 01.09. und 01.12.2015 fälligen Abschlagsbeträge auf jeweils 60.621,00 Euro fest. Die Kanaleinleitungsgebühren setzen sich aus einer Grundgebühr von 306,78 Euro und einer Verbrauchsgebühr von 183.466,14 Euro zusammen. Letztere wurde aufgrund einer beim Abwasserzähler erfassten Abwassermenge von 135.381 m³ und einer Verbrauchsgebühr von 1,43 Euro/m³ ermittelt. Von der erfassten Abwassermenge brachte der Beklagte 6.563 m³ in Abzug. Im Bescheid wurde angegeben, dass dieser Freimengenabzug der Niederschlagswassermenge auf den Grundstücken der Firma entspreche, die ebenfalls über den Abwasserzähler am Erdbecken erfasst werde. Überdies seien weitere 520 m³ Abwasser, die am 10.12.2014 gemessen worden seien, in Abzug zu bringen. Mit Schreiben des Beklagten vom 16.12.2014 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass am 10.12.2014 bei der Säuberung des baches der Entwässerungskanal durch einen Bagger beschädigt worden sei. Die an diesem Tag vom Abwasserzähler erfasste Abwassermenge von 520 m³ werde bei der Berechnung der Abwassergebühren nicht berücksichtigt.

Gegen den Bescheid vom 14.01.2015 erhob der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 03.02.2015, welches beim Beklagten am 05.02.2015 einging, Widerspruch und verwies auf ein von der Klägerin in Auftrag gegebenes Gutachten der GmbH, nach dem die von der Klägerin stammenden Abwassermengen erheblich unter den festgesetzten Werten lägen. Der Beklagte half diesem Widerspruch nicht ab und legte ihn der zuständigen Widerspruchsbehörde vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2016, Az. , wies das Landratsamt K den Widerspruch der Klägerin zurück und verwies dabei auch auf eine Besprechung mit Vertretern der Klägerin, des Beklagten, des Landratsamtes K und dem Wasserwirtschaftsamt H am 08.05.2015. Auf die Begründung des Bescheids, der dem Bevollmächtigten der Klägerin am 08.02.2016 zugestellt wurde, wird Bezug genommen.

3. Mit weiterem streitgegenständlichen Bescheid vom 11.08.2015 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin für die Verbrauchsstelle S im Zeitraum vom 01.01.2015 bis zum 03.08.2015 die Kanaleinleitungsgebühren auf insgesamt 137.643,27 Euro fest. Die Kanaleinleitungsgebühren setzen sich aus einer Grundgebühr von 181,43 Euro und einer Verbrauchsgebühr von 137.461,84 Euro zusammen. Letztere wurde aufgrund einer beim Abwasserzähler erfassten Abwassermenge von 76.984 m³ und einer Verbrauchsgebühr von 1,88 Euro/m³ ermittelt. Von der erfassten Abwassermenge brachte der Beklagte 3.866 m³ in Abzug. Im Bescheid wurde angegeben, dass dieser Freimengenabzug der Niederschlagswassermenge auf den Grundstücken der Firma entspreche, die ebenfalls über den Abwasserzähler am Erdbecken erfasst werde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 28.08.2015, welches beim Beklagten am 01.09.2015 einging, Widerspruch. Der Beklagte half diesem Widerspruch nicht ab und legte ihn der zuständigen Widerspruchsbehörde vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2016, Az. , wies das Landratsamt K den Widerspruch der Klägerin zurück. Auf die Begründung des Bescheids, der dem Bevollmächtigten der Klägerin am 08.02.2016 zugestellt wurde, wird Bezug genommen.

4. Mit Schriftsatz vom 01.03.2016, der beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 02.03.2016 einging, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Klage gegen die vorgenannten Bescheide zum Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und zuletzt beantragt,

  • 1.den Bescheid des Marktes M vom 07.01.2015 in Form des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes K vom 04.02.2016 (Az. ) aufzuheben und das Verfahren hinsichtlich des Bescheids über Kanaleinleitungsgebühren (Finanzadresse: ) vom 14.02.2014 bezüglich des Abrechnungszeitraums 30.04.2013 bis 31.12.2013 und die Vorauszahlung 2014 nach Art. 51 BayVwVfG wieder aufzugreifen und die Gebühren nach dem tatsächlichen Verbrauch festzusetzen,

  • 2.den Bescheid des Marktes M vom 14.01.2015 in Form des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes K vom 04.02.2016 (Az. ) mit der Festsetzung der Kanaleinleitungsgebühren und die Vorauszahlung 2015 soweit aufzuheben, als für den Abrechnungszeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2014 Kanaleinleitungsgebühren von mehr als 111.233,98 Euro festgesetzt wurden,

  • 3.den Bescheid des Marktes M vom 11.08.2015 in Form des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes K vom 04.02.2016 (Az. ) mit der Festsetzung der Kanaleinleitungsgebühren für den Abrechnungszeitraum 01.01.2015 bis 03.08.2015 soweit aufzuheben, als Kanaleinleitungsgebühren von mehr als 85.804,92 Euro festgesetzt wurden.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe im Hinblick auf die Wasserversorgung bzw. Abwasserentsorgung des Betriebsgeländes ein Gutachten in Auftrag gegeben. Zudem habe eine Kamerabefahrung des kanals – zumindest in Teilstrecken – stattgefunden. Das Gutachten komme zum Ergebnis, dass die Klägerin insgesamt eine Menge von ca. 87.500 m³ Abwasser pro Jahr in den kanal einleite. Die vom Beklagten angesetzten Mengen seien viel zu hoch. Die am Abwasserzähler festgestellten Werte seien deshalb überhöht, weil in den kanal aufgrund Undichtigkeiten Fremdwasser eindringe. Zudem sei ein erheblicher Fremdwassereintritt beim Kanalstück der Firma GmbH & Co. KG zwischen dem Betriebsgelände der Klägerin und der Firma festgestellt worden. Dieser Teil des Kanals falle jedoch definitiv nicht in den Verantwortungsbereich der Klägerin. Auch der übrige Fremdwassereintritt falle in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Beim kanal handle es sich nicht um einen Privatkanal. Nach Aussage des zum Zeitpunkt der Errichtung des streitgegenständlichen kanals zuständigen Verwaltungsjuristen beim Landratsamt K, Herrn P, die dem Gericht in schriftlicher Form vorliege, sei die damals selbstständige Gemeinde S durch das zuständige Wasserwirtschaftsamt angewiesen worden, ein neues Kanalnetz zu erstellen. In diesem Zusammenhang habe es auch eine Weisung an die Gemeinde gegeben, den kanal zu errichten. Von der damaligen F seien diesbezüglich Beiträge erhoben worden. Des Weiteren sei 1975 ein Einleitungsrecht für 120.000 DM im Anlagevermögen der Firma GmbH & Co. KG aktiviert worden. Diese Aktivierung sei jedoch nur dann erklärbar, wenn es sich beim streitgegenständlichen Kanal um einen Teil der öffentlichen Einrichtung handle. Sofern der kanal ein privater Kanal wäre, bestünde ohnehin ein Einleitungsrecht kraft Satzungsrechts infolge des Anschluss- und Benutzungszwangs. Dieses sich aus der Satzung ergebende Einleitungsrecht hätte keinen besonderen Vermögenswert. Schließlich verlaufe der kanal nicht ausschließlich über die Grundstücke der Firma GmbH & Co. KG. Der Kanal verlaufe überwiegend in Grundstücken Dritter, über öffentliche Straßen- und Eisenbahngrundstücke und unterhalb eines Gewässers ohne jedwede rechtliche Sicherung. Es erscheine fernab der allgemeinen Lebenserfahrung, dass einer Privatperson die Querung von Bundesstraßen bzw. Eisenbahnlinien ohne rechtliche Sicherung gestattet worden sei. Überdies seien sowohl der Beklagte als auch das Landratsamt K aufgrund mehrerer Schreiben aus dem Jahre 1981 davon ausgegangen, dass der kanal sowie das Erdbecken Teile der öffentlichen Einrichtung „Abwasserbeseitigungsanlage“ darstellten. Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass durch den Beklagten bzw. die vorher eigenständigen Gemeinde S genehmigt bzw. zumindest geduldet worden sei, dass sich Dritte an den kanal anschließen. Bei der Kamerabefahrung des Kanals habe man entsprechende Anschlüsse feststellen können. Der Beklagte habe in rechtswidriger Weise die Einleitung von Abwässern durch Dritte in den streitgegenständlichen Kanal geduldet und dies gegenüber der Klägerin nicht in Abzug gebracht.

Es sei daher davon auszugehen, dass es sich beim kanal um einen Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung des Beklagten handle. Der Beklagte sei deshalb verpflichtet gewesen, den Fremdwassereintritt oberhalb und unterhalb des durch die Klägerin genutzten Betriebsgeländes zu unterbinden. Dieser Fremdwassereintritt könne auf keinen Fall der Klägerin zugerechnet werden. Auch auf die Ermittlung der Abwassergebühren anhand des installierten Abwasserzählers könne sich der Beklagte nur berufen, wenn es sich bei der Einleitung an der Messstelle um einen Grundstücksanschluss im Sinne der EWS handeln würde. Dies sei aber nicht der Fall. Der Beklagte sei rechtlich gehalten, die tatsächlich eingeleitete Abwassermenge festzustellen. Diesbezüglich habe die Klägerin durch die Vorlage eines entsprechenden Fachgutachtens den tatsächlichen Wasserverbrauch gemäß § 2 Abs. 2 Satz 4 der Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Marktes M (GS-EWS) nachgewiesen.

Im Hinblick auf den streitgegenständlichen Bescheid vom 07.01.2015 lägen durch die Vorlage eines entsprechenden Gutachtens die Voraussetzungen nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG vor, weshalb die Klägerin einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens habe.

Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Festsetzung der Abwassergebühren ordnungsgemäß erfolgt sei. Im Hinblick auf das von der Klägerin vorgelegte Gutachten sei darauf hinzuweisen, dass die Anknüpfungstatsachen weder belegt noch sonst verifizierbar seien. Die dort zugrunde gelegten Wasserbedarfsmengen seien im Hinblick auf ihr Herkommen und ihre Messung nicht nachvollziehbar. Es sei darauf hinzuweisen, dass mögliche vorhandene Messeinrichtungen an dem Hochbehälter der Brunnenanlage uralt seien. Ähnliches gelte für den Abwasseranfall. Aus dem Gutachten ergebe sich nicht, wo und wie dieser im Betrieb erfasst worden sei. Der Abwasseranfall sei in zeitlicher Hinsicht kaum gleichbleibend und unabhängig von Art und Umfang des Verarbeitungsvorgangs. Offenbar sei auch der Zufluss aus dem Bereich des Lagergebäudes der Firma noch erfasst. Die Flächen für den Niederschlagswasserabfluss seien nicht zweifelsfrei nachvollziehbar, zumal die Grund-stückseigentümerin bei der Einführung der gesplittet Abwassergebühr durch den Beklagten im Jahre 2006 in den entsprechenden Erfassungsbögen angegeben habe, dass kein Niederschlagswasser in den Kanal eingeleitet werde.

Der Beklagte bestreite nicht, dass der kanal sanierungsbedürftig sei. Er verlaufe zum Beispiel unter dem bach, wo erhebliche Wassereinträge stattfänden. Es sei jedoch darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem kanal um einen Privatkanal handle. Der Einbau des Abwasserzählers und auch der Pumpeneinbau seien beim Beklagten nicht nachvollziehbar. Daher habe dies durch die Firma GmbH & Co. KG erfolgen müssen, was ebenfalls auf einem Privatkanal schließen lasse. Der kanal und das Erdbecken seien nach Aussage von Mitarbeitern des Beklagten stets von der Firma GmbH & Co. KG betreut und unterhalten worden. Diese Einrichtungen seien damit der F... zuzuordnen. Im Ergebnis sei daher die Abwassermenge maßgebend, die beim Abwasserzähler gemessen werde. Sofern die Klägerin einen Fremdwassereintrag in den kanal geltend mache, möge sie sich an ihren Vermieter halten, der ihr auch das Ableitungssystem zur Nutzung zur Verfügung gestellt habe.

Was den Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens betreffe, sei darauf hinzuweisen, dass für die Erhebung von Benutzungsgebühren die Vorschriften der §§ 118-133 Abgabenordnung (AO) gelten würden, so dass der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin geltend gemachte Art. 51 BayVwVfG nicht ohne weiteres anwendbar sei. Überdies lägen dessen Voraussetzungen auch nicht vor.

Mit Schriftsatz vom 05.12.2017 hat der Bevollmächtigte der Klägerin eine CD inkl. Haltungsberichte der TV-Befahrung eines Teilstücks des kanals vorgelegt. Darauf sind sechs Kanaleinlaufstutzen erkennbar. Nach Prüfung durch den Beklagten konnten drei der Einläufe den Betriebsgebäuden der Firma GmbH & Co. KG zugeordnet werden. Nach Einsatz von Färbetests durch den Beklagten konnte weiterhin ausgeschlossen werden, dass das Grundstück Fl. Nr. , Gemarkung S b. K () Niederschlags- oder Schmutzwasser in den kanal einleitet. Auch das danebenliegende Grundstück Fl. Nr. ist aufgrund der dem Beklagten vorliegenden Dokumentation nicht am kanal angeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und auf die auch in den Verfahren B 4 K 16.564 und B 4 S 16.563 vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung regten die Prozessbevollmächtigten der Parteien die Zulassung der Berufung an. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 14.01.2015 in Form des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes K vom 04.02.2016 (Az.) ist in Höhe von 62.103,47 Euro, der Gebührenbescheid des Beklagten vom 11.08.2015 in Form des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes K vom 04.02.2016 (Az. ) in Höhe von 43.059,52 Euro aufzuheben, weil sie in diesem Umfang rechtswidrig sind und die Klägerin in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO). Im Übrigen ist die Klage abzuweisen, weil die Festsetzung von Schmutzwassergebühren vom 01.01.2014 bis 31.12.2014 in Höhe von 121.669,45 Euro, vom 01.01.2015 bis 03.08.2015 in Höhe von 94.583,75 Euro und die Ablehnung des Antrags auf Wiederaufgreifen des Verfahrens vom 07.01.2015 rechtmäßig sind.

1. Nach Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entscheiden, wenn 1. sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat, 2. neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden, 3. Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung (ZPO) gegeben sind. Nach Art. 51 Abs. 2 BayVwVfG ist der Antrag nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Art. 51 Abs. 3 BayVwVfG bestimmt, dass der Antrag binnen drei Monaten gestellt werden muss, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

1.1 Das erkennende Gericht kann offenlassen, ob im Kommunalabgabenrecht Art. 51 BayVwVfG überhaupt anwendbar ist (bejahend: BayVGH, U.v. 21.11.2001 – 23 B 01.173 – juris Rn. 41; BayVGH, B.v. 03.09.2014 – 20 ZB 14.1531 – juris Rn. 3; VG München, U.v. 27.08.2009 – M 10 K 09.185 – juris Rn. 35; verneinend dagegen BayVGH, B.v. 15.09.2015 – 20 ZB 15.1573 – juris Rn. 5; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 25 Rn. 7). Jedenfalls sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen nicht gegeben.

1.2 Soweit die Klägerin vorträgt, die dem Gebührenbescheid vom 14.02.2014 zugrunde liegende Sachlage habe sich nachträglich zugunsten der Klägerin geändert (Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG), trifft dies nicht zu. Die Änderung der Sachlage muss nachträglich, d.h. nach Erlass des Verwaltungsaktes eingetreten sein. Nicht ausreichend ist demnach, wenn dem Betroffenen oder der Behörde eine bereits vor Erlass des Verwaltungsaktes gegebene Sachlage erst nach dessen Erlass bekannt wird oder die Behörde die Sachlage nachträglich anders beurteilt (Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 51 Rn. 90 f.). Die Klägerin hat keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich, dass sich die Einleitungssituation nach dem 14.02.2014 geändert hat. Vielmehr blieben die Einleitungsverhältnisse (Anschluss der Firma an den kanal, Eindringen von Fremdwasser, Fremdanschlüsse usw.) vor und nach dem Bescheidserlass dieselben. Außerdem wurde der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens verspätet gestellt. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten der GmbH vom April 2015 (dort S. 9) lässt sich entnehmen, dass die Klägerin bereits im Oktober 2013 eine TV-Befahrung des kanals über eine Strecke von 160 Meter hat durchführen lassen. Seither waren der Klägerin also die Sanierungsbedürftigkeit des Kanals, der Fremdwassereintritt sowie die Anschlüsse an den Kanal bekannt. Aus den Behördenakten ergibt sich überdies, dass am 09.05.2014 ein Ortstermin auf dem angemieteten Betriebsgelände der Klägerin stattfand, an dem neben Vertretern der Klägerin auch Vertreter des Beklagten, des Wasserwirtschaftsamtes H und des Landratsamtes K teilnahmen. Damals wurde ebenfalls über die TV-Befahrung des kanals sowie über das Eindringen von Fremdwasser in diesen berichtet. Die Teilnehmer diskutierten auch über die festgestellten Kanalfremdanschlüsse bzw. über deren Herkunft sowie über mögliche Maßnahmen zur Problembehebung. Ebenso wurde auch ein Verfüllen des Kanalteilstücks zwischen dem Betriebsgelände der Firma und dem angemieteten klägerischen Betrieb in Betracht gezogen. Mithin war den Vertretern der Klägerin spätestens am 09.05.2014 die Sachlage bewusst. Der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ging beim Beklagten allerdings erst am 17.12.2014 und damit nicht fristgemäß (Art. 51 Abs. 3 BayVwVfG) ein.

1.3 Auch liegt ein Wiederaufgreifensgrund nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG nicht vor. Insbesondere handelt es sich bei dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten der GmbH vom April 2015 nicht um ein neues Beweismittel. Sachverständigengutachten sind nur dann neue Beweismittel, wenn sie nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens erstellt und neue, seinerzeit nicht bekannte Tatsachen verwerten, wenn sie also selbst auf neuen Beweismitteln beruhen. Anderenfalls müsste jedes neue Sachverständigengutachten regelmäßig zum Wiederaufgreifen eines abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens führen, und es käme durch beliebig wiederholtes Vorlegen neuer Sachverständigengutachten zur „ständigen Neuauflage des Verwaltungsverfahrens“ (BVerwG, U.v. 27.01.1994 - 2 C 12/92 – NVwZ 1995, 388 f.; vgl. auch BVerwG, U.v. 28.07.1989 – 7 C 78/88 – NJW 1990, 199 [200]). Danach reicht die Vorlage des von der GmbH im April 2015 erstellten Gutachtens nicht aus, weil ihm zur Beurteilung derselbe Sachverhalt ohne Hinzutreten neuer, im Verwaltungsverfahren noch unbekannter Tatsachen zugrunde gelegen hat. Der Gebührenbescheid für den Zeitraum 30.04.2013 bis 31.12.2013 wurde am 14.02.2014 erlassen. Bereits vorher hatte sich die Klägerin an den Beklagten wegen der Erhebung der Kanalgebühren gewandt und einen Anschluss an die gemeindliche Abwasserbeseitigung beantragt (vgl. Telefax der Klägerin vom 29.04.2014, Schreiben des Landratsamtes Kulmbach an den Beklagten vom 14.04.2014). Daher ist davon auszugehen, dass dem Beklagten der Zustand des kanals zum Zeitpunkt des Erlasses des Gebührenbescheids bekannt war. Aus dem Bescheid selbst ergibt sich im Übrigen, dass der Beklagte auch von der Einleitung des Schmutz- und Niederschlagswassers vom Betriebsgelände der Firma Kenntnis hatte, da ansonsten kein Freimengenabzug für das Niederschlagswasser erfolgt wäre. Da die Klägerin bereits im Oktober 2013 die TV-Befahrung des Kanals durchführen ließ, jedoch ohne ersichtlichen Grund erst ein Jahr später, am 04.10.2014, die Beauftragung des Gutachtens durch die Firma GmbH vornahm (vgl. S. 3 des Gutachtens), wäre der Antrag nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG auch wegen Art. 51 Abs. 2 BayVwVfG unzulässig, da der Grund für das Wiederaufgreifen (Gutachten) in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, hätte geltend gemacht werden können.

2. Gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) können die Gemeinden für die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen Benutzungsgebühren erheben, wobei diese nach dem Ausmaß zu bemessen sind, in dem die Gebührenschuldner diese Einrichtung in Anspruch nehmen (Art. 8 Abs. 4 KAG). Nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KAG erfolgt die Heranziehung der Benutzer zu Benutzungsgebühren aufgrund einer besonderen Abgabesatzung. Von dieser Ermächtigung hat der Beklagte durch den Erlass seiner Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (GS-EWS) vom 12.08.2013 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 03.11.2014 Gebrauch gemacht. Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Satzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Nach § 1 GS-EWS erhebt der Beklagte für die Benutzung der Entwässerungseinrichtung hinsichtlich der Schmutzwasserbeseitigung Grundgebühren und Schmutzwassergebühren, hinsichtlich der Niederschlagswasserbeseitigung Niederschlagswassergebühren. Mit den streitgegenständlichen Gebührenbescheiden vom 14.01.2015 und 11.08.2015 wurden ausschließlich Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung festgesetzt.

2.1 Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GS-EWS wird die Schmutzwassergebühr nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 bis Abs. 5 GS-EWS nach der Menge der Abwässer berechnet, die der Entwässerungseinrichtung von den angeschlossenen Grundstücken zugeführt werden. Die Gebühr beträgt dabei gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BGS-EWS ab dem 01.01.2014 pro Kubikmeter Abwasser 1,43 Euro, ab dem 01.01.2015 pro Kubikmeter Abwasser 1,88 Euro.

Im Abrechnungszeitraum vom 01.01.2014 bis zum 03.08.2015 wurden der gemeindlichen Entwässerungseinrichtung die Abwassermengen zugeführt, die am Abwasserzähler auf dem Grundstück Fl. Nr. , Gemarkung S b. K gemessen wurden, da nach Auffassung des Gerichts der kanal sowie das Erdbecken keine Teile der gemeindlichen Entwässerungseinrichtung darstellen. Ob ein bestehender Kanal Teil einer öffentlichen Entwässerungseinrichtung i.S.v. Art. 21 Abs. 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) ist, beurteilt sich danach, ob er vom Einrichtungsbetreiber durch einen Widmungsakt der allgemeinen Benutzung zugänglich gemacht worden ist und im öffentlichen Interesse unterhalten wird. Da an die Form des Widmungsaktes bei kommunalen Entwässerungsanlagen keine besonderen gesetzlichen Anforderungen gestellt werden, ergibt sich eine Widmung häufig nur aus einer Betrachtung der Gesamtumstände (BayVGH, U.v. 21.03.2012 – 4 B 11.2358 – juris Rn. 22 m.w.N.). Auf die Eigentumsverhältnisse an den einzelnen Teilen der Anlage sowie deren Sonderrechtsfähigkeit nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts kommt es hiernach grundsätzlich nicht an (BVerwG, B.v. 13.01.2016 – 7 B 3/15 – juris Rn. 7).

2.1.1 Ausgehend davon war der streitgegenständliche Kanal jedenfalls zum Zeitpunkt seiner Errichtung kein Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung der damaligen Gemeinde S als Rechtsvorgängerin des Beklagten. Der kanal wurde nach Überzeugung des Gerichts in den Jahren 1973 bis 1975 errichtet. Dies ergibt sich zum einen aus den schriftlichen Angaben des Herrn , der im Jahr 1973 als juristischer Staatsbeamter ans Landratsamt Kulmbach gekommen ist und mit der Problematik der Abwasserbeseitigung in der damaligen Gemeinde S befasst war. Nach seiner Stellungnahme sei ihm von Mitarbeitern der Firma der bach gezeigt worden, der regelmäßig seine Farbe (rot, gelb, blau) gewechselt habe. Das Gericht geht daher davon aus, dass der kanal zu diesem Zeitpunkt noch nicht errichtet bzw. funktionsfähig war. Zum anderen hat der Prozessbevollmächtige der Klägerin vorgetragen, dass 1975 ein Einleitungsrecht für 120.000,00 DM im Anlagevermögen der Firma GmbH & Co. KG aktiviert worden sei. Dies kann nur im unmittelbaren Anschluss an die Errichtung des kanals erfolgt sein. Nach den Aufzeichnungen des Beklagten in seiner Vermögensbuchhaltung ist das Regenüberlaufbecken auf dem Grundstück Fl. Nr. , Gemarkung S b. K ab dem Jahr 1975 errichtet worden. Es spricht viel dafür, dass dies im zeitlichen Zusammenhang mit dem Bau des kanals entstanden ist. Schließlich hat im direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung des kanals die damalige Gemeinde S als Betreiberin der öffentlichen Entwässerungseinrichtung am 11.06.1974 eine Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung der Gemeinde S bei K erlassen und in § 3 (Kanäle) folgende Regelung getroffen:

„Die Kanäle sind Mischwasserkanäle, d. h., die in § 2 aufgeführten Abwässer werden in gemeinsamen Kanälen abgeleitet. Ausgenommen ist die , deren abwässer über einen eigenen Kanal zum Pumpwerk abgeleitet werden.“

Damit hat die frühere Gemeinde S den kanal vom Anwendungsbereich der Satzung ausgenommen und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, ihn nicht als Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung zu behandeln. Vielmehr sollten über den streitgegenständlichen Kanal nur die abwässer abgeleitet werden. Er wurde damit – was aber für eine öffentliche Einrichtung i.S.v. Art. 21 Abs. 1 GO notwendig wäre – gerade nicht im Wege einer Widmung der allgemeinen Benutzung zugänglich gemacht, sondern hatte ausschließlich die Funktion, das heiße und aggressive Abwasser aus der ordnungsgemäß zu beseitigen. Aufgrund dieser eindeutigen Satzungsregelung kann dahingestellt bleiben, ob der Teil des kanals vom Betriebsgelände bis zur Abwassermesseinrichtung nicht von der Firma GmbH & Co. KG, sondern von der Gemeinde S errichtet worden ist. Das Gericht schließt nicht aus, dass im Zuge der erstmaligen Herstellung der öffentlichen Entwässerungseinrichtung die Gemeinde S aus Kostengründen möglicherweise auch den kanal auf Kosten der Firma GmbH & Co. KG hat anlegen lassen. Herr gab in seiner schriftlichen Stellungnahme an, das Wasserwirtschaftsamt habe für die den Bau eines separaten Kanals gefordert, den die Firma GmbH & Co. KG auch alleine habe bezahlen müssen. Während der Kanalbauarbeiten habe ihn dann der damalige erste Bürgermeister der Gemeinde S angerufen und um Rat gefragt, da der damalige Geschäftsführer der Firma GmbH & Co. KG mehrere Hunderttausend DM bezahlen wollte, obwohl der Kanal zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig hergestellt gewesen sei. Nach diesen Angaben wären auch die Zahlungen der an die Gemeinde S , die diese als Argument für das Vorliegen einer öffentlichen Einrichtung anführt, erklärbar. Im Übrigen hätte die Firma GmbH & Co. KG damals unabhängig von der Rechtsstellung des kanals wohl auch Herstellungsbeiträge für die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Entwässerungseinrichtung bezahlen müssen. Weshalb die Firma GmbH & Co. KG, wie vorgebracht wurde, den Kanal nicht als Anlagevermögen in ihren Bilanzen ausgewiesen, sondern vielmehr ein Einleitungsrecht aktiviert hat, kann für die Beurteilung der Frage, ob der kanal einen Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung i.S.v. Art. 21 Abs. 1 GO darstellt, keine Rolle spielen. Schließlich bestimmt der Einrichtungsträger durch Widmungsakt die Bestandteile seiner öffentlichen Einrichtung, nicht die Eigentümer der angeschlossenen Grundstücke. Die Nichtberücksichtigung in der Bilanz der Firma GmbH & Co. KG könnte überdies auch darauf zurückzuführen sein, dass nicht die selbst, sondern die ehemalige Gemeinde S den Bau des kanals übernommen hat. Für den Bau des kanals durch die Gemeinde S sprechen überdies die meist parallel verlaufenden Kanalstränge der öffentlichen Entwässerungsanlage und des kanals sowie die Errichtung des Erdbeckens und des Regenrückhaltebeckens auf einem Grundstück des Beklagten. Auch wären dann die fehlende dingliche Sicherung entsprechender Leitungsrechte für die Firma GmbH & Co. KG sowie die fehlenden Genehmigungen für die Durchquerung von Bundesstraßen und Eisenbahnstrecken nachvollziehbar. Sofern als Bauträger die öffentliche Hand auftrat, wurde in den 1970iger Jahren beim Bau von leitungsgebundenen Einrichtungen nach Sachkenntnis des Gerichts häufig auf dingliche Sicherungsmaßnahmen verzichtet. All dies würde aber wegen der eindeutigen Satzungslage in § 3 der EWS 1974 nicht dazu führen, denkanal als Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung zu begreifen.

2.1.2 Der kanal wurde auch nicht später, nach der Gebietsreform, durch konkludente Widmung Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung des Beklagten, der diese von der Gemeinde S übernommen hat. Eine solche konkludente Widmung ergibt sich vor allem nicht daraus, dass der Beklagte – bis zum Tag der mündlichen Verhandlung – in seinem Satzungsrecht den kanal nicht wie die frühere Gemeinde S vom Anwendungsbereich der Satzung ausgenommen hat. In der derzeit geltenden Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung des Marktes M (EWS) vom 01.07.2013 wird in § 1 Abs. 2 lediglich geregelt, dass Art und Umfang der Entwässerungseinrichtung die Gemeinde bestimmt. Daraus folgt gerade nicht, dass damit auch der kanal in die öffentliche Entwässerungseinrichtung einbezogen wurde. Wenn sich der Beklagte die Bestimmung der Art und des Umfanges der Entwässerungsanlage in der Satzung vorbehalten hat und weiterhin vorbehält, so macht er damit lediglich deutlich, dass er außerhalb der Satzung bestimmen will, was Bestandteil seiner Entwässerungsanlage sein soll und was nicht (BayVGH, U.v. 21.12.2000 – 23 B 00.2132 – juris Rn. 38). Das Gesetz stellt keine besonderen Anforderungen an die Form des Widmungsaktes. Dass und wieweit eine Widmung vorliegt, muss sich aus den gesamten Umständen ergeben. Indizien für eine – konkludente – Widmung außerhalb des Satzungsrechts des Beklagten sind insbesondere die bisherige Benutzungspraxis, die Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses sowie die Art und Weise der haushaltsrechtlichen Behandlung. Bei der exakten Bestimmung des Umfangs eines zur Entwässerungsanlage gehörenden Kanalnetzes kommt den Kanalbestandsplänen der Gemeinde eine erhöhte Bedeutung zu. Nach diesen Plänen bestimmt sich, welche Grundstücke durch die öffentliche Entwässerungsanlage erschlossen sind, so dass die Eigentümer zu Beiträgen herangezogen und im Falle einer Bebauung zum Anschluss an die öffentliche Anlage verpflichtet werden können. Es kann daher angenommen werden, dass die Bestandspläne öffentlicher Entwässerungseinrichtungen in aller Regel mit besonderer Sorgfalt geführt werden (BayVGH, U.v. 21.03.2012 – 4 B 11.2358 – juris Rn. 22 mit Verweis auf BayVGH, U.v. 21.12.2000 – 23 B 00.2132 – juris Rn. 39 ff.). Aus der vom Beklagten vorgelegten Bestandserfassung der Kanäle im Bereich des Gemeindeteiles S ergibt sich, dass der kanal explizit farblich hervorgehoben und als sog. „Kanal“ ausgewiesen wurde. Damit hat der Beklagte zu erkennen gegeben, dass er diesen Teil des Kanalnetzes gerade nicht der öffentlichen Entwässerungseinrichtung zuschreibt. Soweit ersichtlich hat der Beklagte auch keine Unterhaltungsarbeiten an dem kanal vorgenommen. Nach Auskunft des Kämmerers des Beklagten, der bereits seit 1982 im Rathaus tätig ist, sei der kanal stets von der Firma GmbH & Co. KG betreut und unterhalten worden. Er sei haushaltsrechtlich oder in der Vermögensbuchführung des Beklagten nicht erfasst worden. Schon diese tatsächlichen Umstände sprechen dafür, dass der kanal nicht als Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung des Beklagten anzusehen ist. Auch aus den von der Firma GmbH & Co. KG vorgelegten Schreiben des Beklagten vom 14.10.1981 bzw. des Landratsamtes K vom 04.08.1981 ergeben sich keine Indizien für eine (nachträgliche) konkludente Widmung. In ersteren wird lediglich darauf hingewiesen, dass beim Bau der Kanalisation für S für die Firma ein gesondertes Abwassersammelbecken mit eigener Messvorrichtung gebaut worden sei, in welches lediglich das in diesem Betrieb anfallende Abwasser eingeleitet und gemessen werde. Dies könnte ein weiteres Indiz dafür darstellen, dass die ehemalige Gemeinde S den Bau des Färbereikanals sowie den Bau des Erdbeckens für die Firma GmbH & Co. KG übernommen hat, reicht aber für die Annahme eines Bestandsteils der öffentlichen Einrichtung – wie oben dargelegt – nicht aus. Aus dem Widerspruchsbescheid vom 04.08.1981 ergibt sich lediglich, dass die Firma GmbH & Co. KG an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossen ist und ihre Abwässer aus dem Betriebsgelände in diese einleitet. Daraus kann aber nicht entnommen werden, wo die öffentliche Entwässerungseinrichtung beginnt.

Der Beklagte hat auch nicht auf andere Weise zu erkennen gegeben, dass er den kanal und das Erdbecken als Teil seines öffentlichen Kanalnetzes betrachtet. Er hat zwar das Erdbecken auf dem Grundstück Fl. Nr. , Gemarkung S b. K im Jahr 2006 saniert, da es aufgrund von Undichtigkeiten zu möglichen Grundwasserbeeinträchtigungen durch die abwässer gekommen wäre. Nach Auffassung des Gerichts handelte es sich dabei um eine Maßnahme der Gefahrenabwehr, die für den eigentlichen Störer ausgeführt worden ist, der nicht gewillt oder in der Lage war, die Sanierung selbst durchzuführen. Nach Auskunft des Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung habe man auch versucht, sich die Kosten für die Instandsetzung von der erstatten zu lassen. Aufgrund der damals schwierigen finanziellen Situation der Firma GmbH & Co. KG bzw. der ... GmbH sei tatsächlich aber eine Erstattung nicht erfolgt.

Auch die nunmehr festgestellten Fremdanschlüsse rechtfertigen es nicht, den kanal als Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung zu begreifen. Von den bei einer teilweisen Kamerabefahrung im Jahr 2013 bzw. 2015 festgestellten sechs Anschlüssen konnten drei den Betriebsgrundstücken der zugeordnet werden. Bei den anderen drei Anschlüssen wurde zumindest keine Schmutzwassereinleitung durch die anliegenden Gebäude festgestellt. Selbst wenn im bisher nicht befahrenen Teil des Kanals weitere Fremdanschlüsse vorhanden wären, ließe sich daraus nicht auf eine konkludente Widmung des kanals schließen. Ob ein Kanalstück Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung ist, kann sich zwar auch danach richten, ob es dazu bestimmt ist, Abwasser nur eines Einzelnen oder einer unbestimmten Anzahl nicht näher bezeichneter Einleiter aufzunehmen (BVerwG, B.v. 13.01.2016 – 7 B 3/15 – juris Rn. 8). Hier liegt aber eine solche Bestimmung durch den Beklagten nicht vor. Dessen Mitarbeiter haben für das Gericht nachvollziehbar dargelegt, dass der Beklagte bisher keine Kenntnis von den Fremdanschlüssen hatte; vielmehr sei er davon ausgegangen, dass der kanal eine Privatangelegenheit der Firma GmbH & Co. KG sei und das Abwasser aller anderen Anwesen in S – mit Ausnahme des Abwassers der Firma – über die öffentliche Kanalisation entsorgt werde. Nach Prüfung in der Bauverwaltung des Beklagten bestünden weder Erinnerungen noch Aufzeichnungen, dass durch den Beklagten Kanalanschlüsse an den kanal hergestellt oder die Herstellung solcher Anschlüsse wissentlich geduldet worden wäre. Eine konkludente Widmung des kanals wäre aber nur dann als wirksam anzusehen, wenn von einer zumindest stillschweigenden Billigung der Einleitungssituation durch das nach der Kommunalverfassung zuständige Organ ausgegangen werden kann (BayVGH, B.v. 04.01.2012 – 4 CE 11.3002 – juris Rn. 9). Eine entsprechende Billigung oder Bestimmung durch den Marktgemeinderat des Beklagten ist hier nicht erfolgt. Aufgrund dessen brauchte das Gericht dem Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung von Dritteinleitern in den kanal nicht zu entsprechen.

Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass die Abwässer der Firma mit Billigung des Beklagten über den kanal abgeführt werden, ist darauf hinzuweisen, dass das Betriebsgelände der Firma vormals der Firma GmbH & Co. KG gehört hatte. Erst durch die Insolvenz der GmbH wurden die Grundstücke an die Firma GmbH & Co. KG veräußert, die am 07.07.2015 ins Grundbuch als neuer Eigentümer eingetragen wurde. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass seither eine Billigung dieser Einleitungssituation durch den Marktgemeinderat des Beklagten erfolgt ist. Auch wenn dem Grunde nach eine konkludente Widmung durch eine entsprechende Billigung möglich ist, muss aus Gründen der Rechtssicherheit eine eindeutige Zuordnung eines bestimmten Kanalnetzes zu einer öffentlichen Entwässerungseinrichtung erkennbar sein (vgl. BayVGH, B.v. 24.08.2004 – 4 CS 04.1120 – juris Rn. 21). Aus den Behördenakten ergibt sich, dass bereits bei Besprechungen zwischen Vertretern des Beklagten, der Klägerin, dem Landratsamt K und dem Wasserwirtschaftsamt H am 09.05.2014 und am 08.05.2015 die Einleitungssituation im Hinblick auf die Abführung des Abwassers vom Betriebsgelände der Firma diskutiert wurde. Bei den Besprechungen wurde auch ein Anschluss des Firmengeländes der Firma an die öffentliche Entwässerungseinrichtung thematisiert, da ein gemeindlicher Abwasserkanal in der am Firmengelände vorbeiführenden Kreisstraße vorhanden ist. Vertreter des Beklagten haben in den Besprechungen dem Verfüllen des von der Firma GmbH & Co. KG hergestellten Kanals zwischen dem Betriebsgelände der Firma und dem angemieteten Betriebsgelände der Klägerin zugestimmt und angeregt, die Grundstücke Fl. Nrn. und an die gemeindliche Entwässerungseinrichtung anzuschließen. Dieses Ziel wird seither seitens des Beklagten weiterverfolgt. Auch wenn eine Umsetzung dieses Ziels noch immer nicht erfolgt ist, kann nach Überzeugung des Gerichts nicht von einer nach der Rechtsprechung notwendigen eindeutigen Billigung der Einleitungssituation durch den Beklagten ausgegangen werden; er hat die Abwasserbeseitigung durch die Firma über den kanal vorübergehend geduldet, aber nicht gebilligt (vgl. OVG Münster, U.v. 16.09.1975 – III A 1279/75, NJW 1976, 820 [822]).

2.1.3 Nachdem gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GS-EWS die Schmutzwassergebühr nach der Menge der Abwässer berechnet wird, die der Entwässerungseinrichtung von den angeschlossenen Grundstücken zugeführt werden, ist im vorliegenden Fall die Abwassermenge relevant, die nach dem Abwasserzähler auf dem Grundstück Fl. Nr. , Gemarkung S b. K ankommt, da erst dort die öffentliche Entwässerungseinrichtung beginnt. Das in den kanal aufgrund von Schadstellen eindringende Fremdwasser wurde demzufolge rechtmäßig bei der Gebührenerhebung berücksichtigt. Die Berechnung der Wassermenge erfolgt dabei nach § 2 Abs. 2 bis 5 GS-EWS. Nach § 2 Abs. 2 GS-EWS gelten als Abwassermenge die dem Grundstück aus der Wasserversorgungseinrichtung und aus der Eigengewinnungsanlage zugeführten Wassermengen abzüglich der nachweislich auf dem Grundstück verbrauchten oder zurückgehaltenen Wassermengen, soweit der Abzug nicht nach Absatz 4 ausgeschlossen ist. Die Wassermengen werden durch geeichte Wasserzähler ermittelt. Sie sind von der Gemeinde zu schätzen, wenn 1. ein Wasserzähler nicht vorhanden ist, oder 2. der Zutritt zum Wasserzähler oder dessen Ablesung nicht möglich ist, oder 3. sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ein Wasserzähler den wirklichen Wasserverbrauch nicht angibt. Ausgehend von dieser Satzungslage kann das Gericht offenlassen, ob es sich bei den beiden Tiefbrunnen, die sich außerhalb des Betriebsgeländes der befinden und im Eigentum des Beklagten stehen, um eine Eigengewinnungsanlage der Firma GmbH & Co. KG handelt. Die von dort zugeflossenen Wassermengen werden nach übereinstimmenden Angaben der Parteien nicht durch geeichte Wasserzähler erfasst, weshalb der Beklagte berechtigt war, die der öffentlichen Entwässerungsanlage zugeführte Abwassermenge nach § 2 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 GS-EWS zu schätzen. Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) aa) KAG i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 2 AO sind bei einer Schätzung der Erhebungsgrundlagen alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Ziel einer Schätzung ist es, in einem Akt wertenden Schlussfolgerns aus Anhaltspunkten diejenigen Tatsachen zu ermitteln, die die größtmögliche erreichbare Wahrscheinlichkeit für sich haben. Das gewonnene Schätzungsergebnis muss schlüssig, wirtschaftlich möglich, vernünftig und plausibel sein (BayVGH, B.v. 21.5.2012 – 20 B 12.251 – juris Rn. 18; U.v. 14.07.2016 – 20 B 15.565 – juris Rn. 14 m.w.N). Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben ist es nicht zu beanstanden, die beim Abwasserzähler am Erdbecken gemessene Wassermenge als Abwassermenge heranzuziehen. Selbst wenn der genannte Abwasserzähler nicht geeicht sein sollte, liefert er brauchbare Anhaltspunkte für die der öffentlichen Entwässerungseinrichtung zugeführten Abwassermengen, die von der Firma GmbH & Co. KG auch jahrelang akzeptiert wurden.

Nach den streitgegenständlichen Bescheiden wurde am besagten Abwasserzähler für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2014 eine Abwassermenge von 135.381 m³, für den Zeitraum 01.01.2015 bis 03.08.2015 eine Abwassermenge von 76.984 m³ erfasst. Von dieser Menge ist jedoch der Anteil des Niederschlagswassers zu subtrahieren, da der Beklagte für die Benutzung der Entwässerungseinrichtung hinsichtlich der Niederschlagswasserbeseitigung Niederschlagswassergebühren erhebt (§ 1, § 2a GS-EWS). Mangels anderer Anhaltspunkte ist auch die Menge des in der vom Abwasserzähler erfassten Abwassermenge enthaltenen Niederschlagswassers gem. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) aa) KAG i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 2 AO zu schätzen. Dabei hat der Beklagte von der erfassten Abwassermenge für das Gericht in nachvollziehbarer und daher nicht zu beanstandender Weise für das Jahr 2014 6.563 m³ bzw. für das Jahr 2015 3.866 m³ für das am Betriebsgelände der Firma anfallende Niederschlagswasser in Abzug gebracht. Zugrunde gelegt wurden eine durch Wetterstatistiken belegte Niederschlagswassermenge von 839,9 Liter/m² und eine befestigte Fläche gem. § 2a Abs. 1, Abs. 2, Abs. 2a GS-EWS von 7.824 m². Daraus ergibt sich eine jährliche dem Färbereikanal zugeführte Niederschlagswassermenge von 6.563 m³, anteilig für den Zeitraum 01.01.2015 bis 03.08.2015 die genannten 3.866 m³. Nach Auffassung des Gerichts ist zusätzlich auch für das angemietete Betriebsgelände der Klägerin ein Niederschlagswasserabzug vorzunehmen. Nach dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten der GmbH wird Niederschlagswasser einer befestigten Fläche von 3.188 m² in den kanal eingeleitet, was einer Niederschlagsmenge von 2.674 m³ jährlich entspricht. Das Gericht hat keine Bedenken, diese Angaben heranzuziehen. Dagegen sprechen auch nicht die vom Beklagten vorgelegten Erfassungsbögen, die im Zuge der Einführung der gesplitteten Abwassergebühr verschickt und vom damaligen Geschäftsführer der Firma GmbH & Co. KG vorgelegt wurden. Dort wurde gerade nicht das Feld „Das Niederschlagswasser aller bebauten und befestigten Flächen des Grundstücks gelangt weder direkt noch indirekt in die Kanalisation“ angekreuzt. Dies wäre aber naheliegend gewesen, wenn sämtliches Niederschlagswasser in den bach abgeführt worden wäre. Aufgrund dieser Unsicherheiten hätte zumindest Anlass für eine weitere Sachaufklärung bestanden, die der Beklagte aber nicht durchgeführt hat. Damit ergibt sich ein weiterer Abzug von Niederschlagswasser im Jahr 2014 von 2.674 m³ und im Jahr 2015 von 1.560 m³ (2.674 m³/12 Monate * 7 Monate). Außerdem ist im Jahr 2014 noch eine Abwassermenge von 520 m³ wegen der Beschädigung des kanals durch den Beklagten abzuziehen. Die so berechnete Schmutzwassermenge beträgt damit im Jahr 2014 125.624 m³ (135.381 m³ - 6.563 m³ - 2.674 m³ - 520 m³). Bei einem Gebührensatz von 1,43 Euro pro m³ ergibt sich für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2014 eine Schmutzwassergebühr in Höhe von 179.642,32 Euro. Die Schmutzwassermenge im Jahr 2015 beträgt 71.558 m³ (76.984 m³ - 3.866 m³ - 1.560 m³). Bei einem Gebührensatz von 1,88 Euro pro m³ ergibt sich für den Zeitraum 01.01.2015 bis 03.08.2015 eine Schmutzwassergebühr in Höhe von 134.529,04 Euro.

2.2 Nach § 1a GS-EWS ist hierzu im Jahr 2014 noch eine Grundgebühr von 306,78 Euro, im Jahr 2015 von 181,43 Euro zu addieren, da diese auch anfällt, wenn keine Wasserzähler eingebaut sind. Daraus ergibt sich eine Schmutzwassergebühr für 2014 von 179.949,10 und für 2015 von 134.710,47 Euro.

2.3 Die genannten Schmutzwassergebühren können nach Auffassung des Gerichts allerdings nicht zur Gänze gegenüber der Klägerin festgesetzt werden. Gebührenschuldner ist nach § 5 Abs. 1 GS-EWS grundsätzlich, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld Eigentümer des Grundstücks oder ähnlich zur Nutzung des Grundstücks dinglich berechtigt ist. Nachdem die Klägerin das Betriebsgelände von der Firma GmbH & Co. KG lediglich angemietet hat, fällt sie nicht unter diesen Personenkreis. Nach § 5 Abs. 2 GS-EWS ist auch der Inhaber eines auf dem Grundstück befindlichen Betriebs als Gebührenschuldner anzusehen. Die Klägerin fällt mithin als Betriebsinhaberin unter § 5 Abs. 2 GS-EWS. Sie und die GmbH & Co. KG als Eigentümerin des Betriebsgeländes sind mithin Gesamtschuldner (§ 5 Abs. 3 GS-EWS). Die Entscheidung, welchen von mehreren Gesamtschuldnern der Beklagte heranzieht, fällt in seinen Ermessensspielraum, welcher gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 b) KAG i.V.m. § 5 AO entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben ist. Die gesetzlichen Grenzen des Ermessens sind einzuhalten. Das Gericht verkennt nicht, dass die Gesamtschuldnerschaft der Behörde grundsätzlich eine möglichst rasche und sichere Erhebung der Abgabe ermöglichen soll und die Annahme eines Ermessensfehlgebrauchs daher nur auf Ausnahmefälle beschränkt ist. Dem Beklagten stand bei der Auswahl eines gesamtschuldnerisch Haftenden ein lediglich durch das Willkürverbot und eine offenbare Unbilligkeit begrenztes Ermessen zu, wobei er seine Ermessensentscheidung über die Auswahl des Schuldners in der Regel nur beim Bestehen eines hinreichend schutzwürdigen Anlasses begründen muss (BVerwG, U.v. 22.01.1993 – 8 C 57/91 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 30.03.2006 – 23 ZB 06.394 – juris Rn. 6 ff.; BayVGH, B.v. 28.06.1985 – 23 CS 84 A.1051 – juris; VG München, U.v. 30.09.2004 – M 10 K 04.2800 – juris Rn. 24). Eine nach diesen Grundsätzen von dem Beklagten zu treffende Ermessensentscheidung kann gemäß § 114 Satz 1 VwGO vom Gericht nur darauf überprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten wurden und ob von ihm in einer dem Zweck der Befugnisnorm entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Nach Auffassung des Gerichts liegt im vorliegenden Fall aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls ein zu beanstandender Ermessensfehler vor. Aus den streitgegenständlichen Bescheiden ergibt sich nicht, warum die Klägerin zu den gesamten Schmutzwassergebühren herangezogen worden ist, obwohl der Beklagte zum Zeitpunkt des Erlasses der Gebührenbescheide wusste, dass aufgrund der Sanierungsbedürftigkeit des kanals ein Fremdwassereintritt stattfand und damit ein erheblicher Teil des am Abwasserzähler gemessenen Abwassers nicht vom Betrieb der Klägerin herrühren kann. Weder in den Ausgangs- noch in den Widerspruchsbescheiden ist jedoch eine – über die Wiederholung der satzungsrechtlichen Regelungen hinausgehende – Begründung für die Schuldnerauswahl zu finden. Es kann dahingestellt bleiben, ob im Hinblick auf die Auswahlentscheidung des Schuldners ein Begründungsmangel vorliegt (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i.V.m. § 121 Abs. 2 Nr. 3 AO), der zur formellen Rechtswidrigkeit des Bescheids führen würde. Jedenfalls erachtet das Gericht es für sachwidrig, im konkreten Fall für die Begleichung der Abwassergebühren ausschließlich die Klägerin heranzuziehen. Anders als die Firma GmbH & Co. KG hatte es die Klägerin als Mieterin des Betriebsgrundstücks nicht selbst in der Hand, durch Instandsetzung des Kanals das Eindringen von Fremdwasser zu vermeiden oder den kanal vollständig aufzulösen und die Grundstücke an die gemeindliche Wasserversorgungs- und Entwässerungseinrichtung anzuschließen. Auch konnte sie mangels Verfügungsgewalt nicht das Kanalstück zwischen dem Betriebsgelände der Firma und dem eigenen angemieteten Firmengelände verschließen, um das Abwasser, welches außerhalb ihres Betriebs anfällt und am Abwasserzähler gemessen wird, zu reduzieren. Wenn der Beklagte ausschließlich die Klägerin als Mieterin des Betriebsgrundstücks bei der Erhebung der Abwassergebühren heranzieht, hätte er – unabhängig von der Liquidität des Vermieters – zumindest eruieren müssen, ob auf Grundlage des wohl bestehenden Mietvertrags zwischen der Klägerin und der Firma GmbH & Co. KG zivilrechtlich eine Rückforderung möglicher Abwassergebühren dem Grunde nach in Betracht kommt. Sofern dies nicht der Fall ist, hätte die Klägerin keine Möglichkeit, von ihr entrichtete Abwassergebühren gegenüber dem Beklagten oder der Eigentümerin des Grundstücks zurückzuerhalten.

Gesamtschuldnerschaft bedeutet allerdings nicht nur, dass der Beklagte die gesamte Gebührensumme gegenüber einem Gesamtschuldner festsetzen muss. Der Beklagte hat gem. Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 b) KAG i.V.m. § 44 AO vielmehr ein Wahlrecht, ob er beide Gesamtschuldner anteilig in Anspruch nimmt oder ob er sich nur an einen Gesamtschuldner wegen der gesamten Forderung wendet (BayVGH, B.v. 14.09.2015 – 4 ZB 15.1029 – juris Rn. 8; Koenig, in: ders. [Hrsg.], AO, 3. Aufl. 2014, § 44 Rn. 1). Nach Auffassung des Gerichts ist zumindest eine anteilige Festsetzung der Abwassergebühren gegenüber der Klägerin rechtmäßig. In Betracht kommen die Abwassergebühren, die durch Abwasser, welches aufgrund der Betriebsabläufe auf dem angemieteten Firmengelände angefallen ist, entstanden sind. Mangels anderer Anhaltspunkte ist auch diese Menge gem. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) aa) KAG i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 2 AO zu schätzen. Die Mengen der klägerischen Betriebsabwässer können aus dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten der GmbH, welches für das Gericht nachvollziehbare und schlüssige Ergebnisse liefert, entnommen werden. Das Gutachten enthält auf S. 4 die aus den Tiefbrunnen des Beklagten geförderten Wassermengen. Diese wurden zwar durch nicht geeichte Wasserzähler ermittelt. Sie liefern aber – ähnlich wie der Abwasserzähler auf dem Grundstück Fl. Nr. , Gemarkung S b. K – brauchbare Anhaltspunkte für die tatsächliche Wasserentnahmemenge. Die Fördermenge für 2014 betrug demnach 89.336 m³. Abzüglich eines Abschlags von 5 Prozent für Verdampfungsverluste ergibt sich somit eine betrieblich angefallene Abwassermenge von 84.869 m³ (vgl. Gutachten, S. 8). Das Gericht musste den vom Bevollmächtigten des Beklagten gestellten Beweisantrag, mit dem er durch ein Sachverständigengutachten geklärt haben wollte, dass die ermittelte Abwassermenge zu niedrig bemessen sei, nicht nachgehen. Nach Darstellung des Geschäftsführers der Klägerin wurde der betrieb in S im Jahre 2015 aufgebeben und sämtliche Betriebseinrichtungen abgebaut. Ein Sachverständiger könnte mithin die Betriebsprozesse und den für den Betrieb notwendigen Wasserverbrauch nicht mehr nachvollziehen. Multipliziert man die im Gutachten ermittelte Abwassermenge mit einem Gebührensatz von 1,43 Euro/m³ und addiert die Grundgebühr von 306,78 Euro, ergibt sich für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2014 die aus dem Tenor ersichtliche Schmutzwassergebühr von 121.669,45 Euro. Für das Jahr 2015 liegen zwar keine Angaben über die tatsächlich an den Tiefbrunnen entnommene Wassermenge vor. Geht man für das Jahr 2015 aber von dem gleichen Abwasseranfall wie im Jahr 2014 aus, ergibt sich eine anteilige Abwassermenge von 50.214 m³ (84.869 m³ / 360 Tage * 213 Tage). Multipliziert man diese mit einem Gebührensatz von 1,88 Euro/m³ und addiert die anteilige Grundgebühr von 181,43 Euro, ergibt sich eine Schmutzwassergebühr für den Zeitraum 01.01.2015 bis 03.08.2015 von 94.583,75 Euro. Hinsichtlich der über diese Beträge hinausgehenden Schmutzwassergebühren hätte sich der Beklagte an die Grundstückseigentümerin halten müssen.

3. Die Kostenentscheidung entspricht dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen (§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig erklärt. Denn der Klägerin war es wegen der Schwierigkeit der Sache auf dem Gebiet des Kommunalabgabenrechts nicht zuzumuten, das Vorverfahren selbst zu führen (vgl. BayVGH, B.v. 29.04.2016 – 5 C 16.574 – juris Rn. 7). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, § 709 ZPO.

4. Die Berufung war trotz der Anregung der Parteien nicht zuzulassen, weil Gründe für die Zulassung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO nicht vorliegen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 13. Dez. 2017 - B 4 K 16.152

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 13. Dez. 2017 - B 4 K 16.152

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 13. Dez. 2017 - B 4 K 16.152 zitiert 15 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Abgabenordnung - AO 1977 | § 162 Schätzung von Besteuerungsgrundlagen


(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. (2) Zu schätzen ist insbesondere dann, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 580 Restitutionsklage


Die Restitutionsklage findet statt:1.wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;2.wenn eine Urkunde, auf die das Urteil

Abgabenordnung - AO 1977 | § 44 Gesamtschuldner


(1) Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind, sind Gesamtschuldner. Soweit nichts anderes bestimmt ist, schuldet jeder Gesamtschuldn

Abgabenordnung - AO 1977 | § 5 Ermessen


Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 121 Begründung des Verwaltungsakts


(1) Ein schriftlicher, elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen, soweit dies zu seinem Verständnis erforderlich ist. (2) Einer Begründung bedarf es nicht, 1. soweit die

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 13. Dez. 2017 - B 4 K 16.152 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 13. Dez. 2017 - B 4 K 16.152 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 29. Apr. 2016 - 5 C 16.574

bei uns veröffentlicht am 29.04.2016

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe I. Die Beteiligten streiten um die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2016 - 20 B 15.565

bei uns veröffentlicht am 26.02.2016

Tenor Zur Beilegung des Rechtsstreits schließen die Parteien folgenden Vergleich: I. Die Klägerin zahlt bis zum 8. April 2016 an die Beklagte 78,15 Euro für die Schmutzwasserbeseitigung ihres Anwesens O. D.straße ..., Sch. im Jah

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Sept. 2014 - 20 ZB 14.1531

bei uns veröffentlicht am 03.09.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.394,85 Euro festgesetzt. G

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Sept. 2015 - 20 ZB 15.1573

bei uns veröffentlicht am 15.09.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 1.160,10 Euro festgesetzt.

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 13. Dez. 2017 - B 4 K 16.564

bei uns veröffentlicht am 13.12.2017

Tenor 1. Der Gebührenbescheid vom 16.03.2016 in der Fassung des Widerspruchbescheids vom 22.07.2016 wird aufgehoben, soweit Schmutzwassergebühren von mehr als 13.525,99 Euro festgesetzt wurden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. Sept. 2015 - 4 ZB 15.1029

bei uns veröffentlicht am 14.09.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 828,14 Euro festgesetzt. Gründe

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 13. Jan. 2016 - 7 B 3/15

bei uns veröffentlicht am 13.01.2016

Gründe I 1 Die Beteiligten streiten darüber, ob die im Grundstück der Kläger verlaufende Schmut
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 13. Dez. 2017 - B 4 K 16.152.

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 13. Dez. 2017 - B 4 K 16.564

bei uns veröffentlicht am 13.12.2017

Tenor 1. Der Gebührenbescheid vom 16.03.2016 in der Fassung des Widerspruchbescheids vom 22.07.2016 wird aufgehoben, soweit Schmutzwassergebühren von mehr als 13.525,99 Euro festgesetzt wurden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Referenzen

Tenor

1. Der Gebührenbescheid vom 16.03.2016 in der Fassung des Widerspruchbescheids vom 22.07.2016 wird aufgehoben, soweit Schmutzwassergebühren von mehr als 13.525,99 Euro festgesetzt wurden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 87 Prozent, der Beklagte 13 Prozent. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

3. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erhebung von Kanalbenutzungsgebühren.

Die ehemals selbstständige Gemeinde S … betrieb bereits vor 1978 eine öffentliche Entwässerungseinrichtung. Mit der Eingemeindung 1978 wurde S … ein Gemeindeteil des Beklagten, der die bestehende öffentliche Entwässerungseinrichtung übernahm und zusammen mit anderen Ortsteilen als eine öffentliche Entwässerungseinrichtung auf Grundlage gemeindlichen Satzungsrechts weiterbetrieb und in den Folgejahren ausbaute. Die Klägerin ist Eigentümerin des Betriebsgeländes S …, M … (Grundstücke Fl. Nrn. … und …, alle Gemarkung S … b. K … ), welches nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen ist. Bis zum Jahre 2013 führte die … G … GmbH dort einen …betrieb. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen dieser GmbH verpachtete die Klägerin von April 2013 bis Juli 2015 das Betriebsgelände an die … O … N … GmbH, die dort ebenfalls eine … betrieb. Seither finden dort keine gewerblichen Tätigkeiten mehr statt. Die Klägerin bezieht das auf dem Anwesen S … noch benötigte Brauchwasser aus zwei Tiefbrunnen, die sich außerhalb des Betriebsgeländes befinden und im Eigentum des Beklagten stehen. Die auf der Verbrauchsstelle S … … anfallenden Abwässer werden über einen ca. 550 Meter langen Kanal (im Folgenden: …kanal), der vom Betriebsgelände aus südlich über mehrere nicht im Eigentum der Klägerin stehende Grundstücke, unter dem sog. …bach, durch die Bundesstraße … und durch die Bahnlinie … teilweise parallel zum Mischwasserkanal des Beklagten verläuft, in ein Erdbecken eingeleitet, welches sich auf dem Grundstück Fl. Nr. …, Gemarkung S … b. K … befindet und dem Beklagten gehört. Neben den Abwässern der Klägerin wird auch das Schmutz- und Niederschlagswasser der Firma … … GmbH (nachfolgend: Firma … ) über den …kanal abgeleitet. Das Betriebsgelände der Firma … befindet sich auf den Grundstücken Fl. Nrn. … und …, Gemarkung S … b. K …, nordwestlich des klägerischen Betriebsgeländes. Es gehört nach Auskunft des Grundbuchamtes Kulmbach seit dem 07.07.2015 der Firma … GmbH & Co. KG, die es der Firma … zur Verfügung stellt. Vorher gehörten die Grundstücke der Klägerin. Daher ist dieses Firmengelände ebenfalls an besagtem …kanal angeschlossen. Das Erdbecken, in das das gesamte Abwasser der Klägerin und des Betriebsgeländes der Firma … eingeleitet wird, dient zur Pufferung der Abwässer. Neben diesem befindet sich ein Regenüberlaufbecken des Beklagten. Zwischen dem genannten Erdbecken und dem Regenüberlaufbecken besteht eine Druckpumpstation, von wo aus das Schmutzwasser der Kläranlage in … zugeführt wird. Die Menge des der Entwässerungseinrichtung des Beklagten zugeführten Abwassers aus dem Erdbecken wird mittels eines Abwasserzählers festgestellt.

Mit Bescheid vom 16.03.2016 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin für die Verbrauchsstelle S … im Zeitraum vom 04.08.2015 bis zum 31.12.2015 die Kanaleinleitungsgebühren auf insgesamt 15.620,31 Euro sowie die am 22.04., 01.06., 01.09. und 01.12.2016 fälligen Abschlagsbeträge auf jeweils 14.804,00 Euro fest. Die Kanaleinleitungsgebühren setzen sich aus einer Grundgebühr von 125,35 Euro und einer Verbrauchsgebühr von 15.494,96 Euro zusammen. Letztere wurde aufgrund einer beim Abwasserzähler erfassten Abwassermenge von 10.939 m³ und einer Verbrauchsgebühr von 1,88 Euro/m³ ermittelt. Von der erfassten Abwassermenge brachte der Beklagte 2.697 m³ in Abzug. Im Bescheid wurde angegeben, dass dieser Freimengenabzug der Niederschlagswassermenge auf den Grundstücken der Firma … entspreche, die ebenfalls über den Abwasserzähler am Erdbecken erfasst werde.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin mit Schreiben vom 24.03.2016, welches beim Beklagten am 29.03.2016 einging, Widerspruch und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung. Begründet wurde der Widerspruch damit, dass die Betriebsgebäude im Abrechnungszeitraum leer gestanden hätten. Die Gebäude seien ausschließlich von Herrn … bewohnt worden. Die berechnete Abwassermenge von 11.000 m³ sei von einer … Person wohl nicht zu schaffen. Der Beklagte lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 10.05.2016 ab, half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn der zuständigen Widerspruchsbehörde vor. Mit Schreiben vom 20.06.2016 ergänzte die Klägerin ihre Widerspruchsbegründung und beantragte gegenüber dem Landratsamt … als zuständiger Widerspruchsbehörde erneut die Aussetzung der Vollziehung. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2016 wies das Landratsamt … den Widerspruch der Klägerin zurück und gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht statt. Auf die Begründung des Bescheids, der der Klägerin am 27.07.2016 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, wird Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 09.08.2016, der beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag einging, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und beantragt zuletzt,

den Bescheid des Marktes M … vom 16.03.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes … vom 22.07.2016 aufzuheben.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Das gesamte am Abwasserzähler ankommende Abwasser könne nicht der Klägerin zugerechnet werden. Die gemessenen Abwassermengen seien überhöht. Allein durch die Insolvenz der Firma … … GmbH und der endgültigen Einstellung des …betriebs im August 2015 stehe fest, dass die gemessenen Abwassermengen keinesfalls von den Grundstücken der Klägerin stammen könnten. Das Messergebnis spiegle nicht annähernd die gebührenpflichtige Inanspruchnahme der gemeindlichen Einrichtung wieder. Beim …kanal handele es sich um einen Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung des Beklagten, weshalb der Eintritt vom Fremdwasser in den Kanal nicht zulasten der Klägerin gehen könne. An den Kanal seien Grundstücke Dritter angeschlossen worden, die in keiner rechtlichen oder wirtschaftlichen Verbindung zur Klägerin stünden. Dies sei nicht nur die Firma …, sondern auch das ehemalige Labor der … GmbH, das Anwesend S … und das ehemalige Wohnhaus W … Überdies befinde sich das Erdbecken, in welches das Abwasser des …kanals eingeleitet werde, auf einem Grundstück des Beklagten und sei mit einem Regenrückhaltebecken des Beklagten zusammengebaut. Der Bescheid wäre überhaupt nur dann rechtmäßig, wenn es sich bei der Einleitung des Abwassers nach dem bestehenden Abwasserzähler um einen Grundstücksanschluss i.S.v. § 3 Nr. 7, § 8 der Entwässerungssatzung des Marktes M … (EWS) handeln würde. Dem sei jedoch nicht so, da der …kanal nicht vom Grundeigentümer, sondern von der damals zuständigen Gemeinde S … als Rechtsvorgängerin des Beklagten hergestellt worden sei. Diese habe auch das Erdbecken und die Messeinrichtungen errichtet. In den Bilanzen der Klägerin finde man nämlich keine Hinweise auf entsprechende Investitionen. Auch bei einer Totalabschreibung müsste der Kanal noch mit einem Erinnerungsposten von einem Euro vermerkt sein, was aber nicht der Fall sei. Der …kanal verlaufe überdies ohne dingliche Sicherung überwiegend über Grundstücke Dritter, die mit der Klägerin in keinerlei rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang stünden, sowie über öffentliche Straßen- und Eisenbahngrundstücke. Daher sei der …kanal kein „wirtschaftliches Eigentum“ der Klägerin, wie die Widerspruchsbehörde meine. Es sei äußerst unwahrscheinlich, dass es Privatpersonen gestattet gewesen sei, Bundesstraßen und Eisenbahnlinien zu untertunneln. Hierfür wären auch Sondernutzungserlaubnisse notwendig gewesen, die der Klägerin aber nie erteilt worden seien. Der Beklagte und das Landratsamt … gingen – wie sich aus Schreiben aus dem Jahre 1981 ergebe – selbst davon aus, dass es sich beim …kanal um einen Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung handle. Die Messergebnisse am Abwasserzähler könnten nicht der Klägerin zugeordnet werden. Diese leite ihr Abwasser nicht erst am Erdbecken jenseits der Bahnlinie, sondern bereits am Beginn des Kanals neben ihrem Grundstück in die öffentliche Entwässerungseinrichtung ein. Daher hätte auch dort ein Abwasserzähler angebracht oder nach dem Frischwassermaßstab abgerechnet werden müssen.

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass es sich beim …kanal um einen Privatkanal handle. Er habe bis zur Betriebseinstellung der … ausschließlich dazu gedient, das heiße und aggressive Abwasser der … separat zu puffern und abzukühlen, um es anschließend in die öffentliche Entwässerungseinrichtung einzuleiten. Es werde bestritten, dass die ehemals selbständige Gemeinde S … als Rechtsvorgängerin des Beklagten den …kanal errichtet habe. Die frühere Satzung der Gemeinde S … über die öffentliche Entwässerungseinrichtung vom 11.06.1974 nehme in § 3 Abs. 2 den …kanal vom Anwendungsbereich der Satzung aus. Der Einbau des Abwasserzählers und auch der Pumpeneinbau seien beim Beklagten nicht nachvollziehbar. Daher müsse dies durch die Klägerin erfolgt sein, was ebenfalls auf einem Privatkanal schließen lasse. Der …kanal und das Erdbecken seien nach Aussage von Mitarbeitern des Beklagten stets von der Klägerin betreut und unterhalten worden. Diese Einrichtungen seien damit der … zuzuordnen. Die von der Klägerin vorgelegten Schreiben des Beklagten und des Landratsamts … aus dem Jahre 1981 belegten nicht, dass der …kanal dem kommunalen System zuzurechnen sei. Es gehe dort vielmehr um die Inanspruchnahme der gemeindlichen Einrichtung durch die Abwassereinleitung. Die von der Klägerin behaupteten Fremdanschlüsse seien der Beklagten mit Ausnahme der Firma … und des Wohnhauses des früheren Firmeninhabers nicht bekannt. Auch sei es nicht unüblich, dass in den 1970iger Jahren leitungsgebundene Einrichtungen dinglich ungesichert errichtet worden seien. Oftmals seien auch erforderliche Erlaubnisse nicht eingeholt worden. Der Beklagte bestreite nicht, dass der …kanal sanierungsbedürftig sei. Er verlaufe zum Beispiel durch den …bach, wo erhebliche Wassereinträge stattfänden. Tatsächlich werde der kommunalen Entwässerungseinrichtung die Abwassermenge zugeführt, die am Abwasserzähler gemessen werde. Dafür müsse auch der Beklagte entsprechende Gebühren an die Stadt K … zahlen. Daher habe die Klägerin zweifelsfrei die kommunale Entwässerungseinrichtung in Anspruch genommen und sei deshalb auch zur Entrichtung der Einleitungsgebühren verpflichtet. Es komme auch nicht darauf an, ob der …kanal und das Erdbecken einen Grundstücksanschluss darstellten. Nicht nur die Zuleitung über einen Grundstücksanschluss ermögliche die Einleitung von Abwasser, sondern auch ein Direktanschluss, der hier vorliegen dürfte. Eine Abrechnung nach dem Frischwassermaßstab scheide aus, da es verschiedene Wasserzuflüsse auf dem Betriebsgelände der Klägerin gebe, die nur zum geringsten Teil aus der kommunalen Wasserversorgungseinrichtung stammten.

Mit Schriftsatz vom 05.12.2017 hat der Prozessbevollmächtigte im Verfahren B 4 K 16.152 eine CD inkl. Haltungsberichte der von der … O … N … GmbH in Auftrag gegebenen Befahrung eines Teilstücks des …kanals vorgelegt. Darauf sind sechs Kanaleinlaufstutzen erkennbar. Nach Prüfung durch den Beklagten konnten drei der Einläufe den Betriebsgebäuden der Klägerin zugeordnet werden. Nach Einsatz von …tests durch den Beklagten konnte weiterhin ausgeschlossen werden, dass das Grundstück Fl. Nr. …, Gemarkung S … b. K … (S … ) Niederschlags- oder Schmutzwasser in den …kanal einleitet. Auch das danebenliegende Grundstück Fl. Nr. … ist aufgrund der dem Beklagten vorliegenden Dokumentation nicht am …kanal angeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und auf die auch in den Verfahren B 4 K 16.152 und B 4 S 16.563 vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung regten die Prozessbevollmächtigten der Parteien die Zulassung der Berufung an. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 16.03.2016 in der Fassung des Widerspruchbescheids des Landratsamtes … vom 22.07.2016 ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Höhe von 2.094,32 Euro aufzuheben, weil er in diesem Umfang rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen ist die Klage abzuweisen, weil die Festsetzung von Schmutzwassergebühren in Höhe von 13.525,99 Euro rechtmäßig ist.

1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) können die Gemeinden für die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen Benutzungsgebühren erheben, wobei diese nach dem Ausmaß zu bemessen sind, in dem die Gebührenschuldner diese Einrichtung in Anspruch nehmen (Art. 8 Abs. 4 KAG). Nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KAG erfolgt die Heranziehung der Benutzer zu Benutzungsgebühren aufgrund einer besonderen Abgabesatzung. Von dieser Ermächtigung hat der Beklagte durch den Erlass seiner Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (GS-EWS) vom 12.08.2013 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 03.11.2014 Gebrauch gemacht. Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Satzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Nach § 1 GS-EWS erhebt der Beklagte für die Benutzung der Entwässerungseinrichtung hinsichtlich der Schmutzwasserbeseitigung Grundgebühren und Schmutzwassergebühren, hinsichtlich der Niederschlagswasserbeseitigung Niederschlagswassergebühren. Mit streitgegenständlichem Gebührenbescheid vom 16.03.2016 wurden ausschließlich Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung festgesetzt.

1.1 Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GS-EWS wird die Schmutzwassergebühr nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 bis Abs. 5 GS-EWS nach der Menge der Abwässer berechnet, die der Entwässerungseinrichtung von den angeschlossenen Grundstücken zugeführt werden. Die Gebühr beträgt dabei gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BGS-EWS ab dem 01.01.2015 pro Kubikmeter Abwasser 1,88 Euro.

Die Klägerin führte im streitgegenständlichen Abrechnungszeitraum vom 04.08.2015 bis zum 31.12.2015 der gemeindlichen Entwässerungseinrichtung die Abwassermengen zu, die am Abwasserzähler auf dem Grundstück Fl. Nr. …, Gemarkung S … b. K … gemessen wurden, da nach Auffassung des Gerichts der …kanal sowie das Erdbecken keine Teile der gemeindlichen Entwässerungseinrichtung darstellen. Ob ein bestehender Kanal Teil einer öffentlichen Entwässerungseinrichtung i.S.v. Art. 21 Abs. 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) ist, beurteilt sich danach, ob er vom Einrichtungsbetreiber durch einen Widmungsakt der allgemeinen Benutzung zugänglich gemacht worden ist und im öffentlichen Interesse unterhalten wird. Da an die Form des Widmungsaktes bei kommunalen Entwässerungsanlagen keine besonderen gesetzlichen Anforderungen gestellt werden, ergibt sich eine Widmung häufig nur aus einer Betrachtung der Gesamtumstände (BayVGH, U.v. 21.03.2012 – 4 B 11.2358 – juris Rn. 22 m.w.N.). Auf die Eigentumsverhältnisse an den einzelnen Teilen der Anlage sowie deren Sonderrechtsfähigkeit nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts kommt es hiernach grundsätzlich nicht an (BVerwG, B.v. 13.01.2016 – 7 B 3/15 – juris Rn. 7).

1.1.1 Ausgehend davon war der streitgegenständliche Kanal jedenfalls zum Zeitpunkt seiner Errichtung kein Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung der damaligen Gemeinde S … als Rechtsvorgängerin des Beklagten. Der …kanal wurde nach Überzeugung des Gerichts entgegen dem Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in den Jahren 1973 bis 1975 errichtet. Dies ergibt sich zum einen aus den schriftlichen Angaben des Herrn …, der im Jahr 1973 als juristischer Staatsbeamter ans Landratsamt Kulmbach gekommen ist und mit der Problematik der Abwasserbeseitigung in der damaligen Gemeinde S … befasst war. Nach seiner Stellungnahme sei ihm von Mitarbeitern der Firma … der …bach gezeigt worden, der regelmäßig seine Farbe (rot, gelb, blau) gewechselt habe. Das Gericht geht daher davon aus, dass der …kanal zu diesem Zeitpunkt noch nicht errichtet bzw. funktionsfähig war. Zum anderen hat der Prozessbevollmächtige der Klägerin im Verfahren B 4 K 16.152 vorgetragen, dass 1975 ein Einleitungsrecht für 120.000,00 DM im Anlagevermögen der Klägerin aktiviert worden sei. Dies kann nur im unmittelbaren Anschluss an die Errichtung des …kanals erfolgt sein. Nach den Aufzeichnungen des Beklagten in seiner Vermögensbuchhaltung ist das Regenüberlaufbecken auf dem Grundstück Fl. Nr. …, Gemarkung S … b. K … ab dem Jahr 1975 errichtet worden. Es spricht viel dafür, dass dies im zeitlichen Zusammenhang mit dem Bau des …kanals entstanden ist. Schließlich hat im direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung des …kanals die damalige Gemeinde S …als Betreiberin der öffentlichen Entwässerungseinrichtung am 11.06.1974 eine Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung der Gemeinde S … bei K … erlassen und in § 3 (Kanäle) folgende Regelung getroffen:

„Die Kanäle sind Mischwasserkanäle, d. h., die in § 2 aufgeführten Abwässer werden in gemeinsamen Kanälen abgeleitet. Ausgenommen ist die …, deren …abwässer über einen eigenen Kanal zum Pumpwerk abgeleitet werden.“

Damit hat die frühere Gemeinde S … den …kanal vom Anwendungsbereich der Satzung ausgenommen und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, ihn nicht als Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung zu behandeln. Vielmehr sollten über den streitgegenständlichen Kanal nur die …abwässer abgeleitet werden. Er wurde damit – was aber für eine öffentliche Einrichtung i.S.v. Art. 21 Abs. 1 GO notwendig wäre – gerade nicht im Wege einer Widmung der allgemeinen Benutzung zugänglich gemacht, sondern hatte ausschließlich die Funktion, das heiße und aggressive Abwasser aus der … ordnungsgemäß zu beseitigen. Aufgrund dieser eindeutigen Satzungsregelung kann dahingestellt bleiben, ob der Teil des …kanals vom Betriebsgelände bis zur Abwassermesseinrichtung – wie von der Klägerin vorgetragen – nicht von ihr, sondern von der Gemeinde S … errichtet worden ist. Das Gericht schließt nicht aus, dass im Zuge der erstmaligen Herstellung der öffentlichen Entwässerungseinrichtung die Gemeinde S … aus Kostengründen möglicherweise auch den …kanal auf Kosten der Klägerin hat anlegen lassen. Herr … gab in seiner schriftlichen Stellungnahme an, das Wasserwirtschaftsamt habe für die Klägerin den Bau eines separaten Kanals gefordert, den die Klägerin auch alleine habe bezahlen müssen. Während der Kanalbauarbeiten habe ihn dann der damalige erste Bürgermeister der Gemeinde S … angerufen und um Rat gefragt, da der damalige Geschäftsführer der Klägerin mehrere Hunderttausend DM bezahlen wollte, obwohl der Kanal zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig hergestellt gewesen wäre. Nach diesen Angaben wären auch die Zahlungen der Klägerin an die Gemeinde S …, die diese als Argument für das Vorliegen einer öffentlichen Einrichtung anführt, erklärbar. Im Übrigen hätte die Klägerin damals unabhängig von der Rechtsstellung des …kanals wohl auch Herstellungsbeiträge für die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Entwässerungseinrichtung bezahlen müssen. Weshalb die Klägerin, wie vorgebracht wurde, den Kanal nicht als Anlagevermögen in ihren Bilanzen ausgewiesen, sondern vielmehr ein Einleitungsrecht aktiviert hat, kann für die Beurteilung der Frage, ob der …kanal einen Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung i.S.v. Art. 21 Abs. 1 GO darstellt, keine Rolle spielen. Schließlich bestimmt der Einrichtungsträger durch Widmungsakt die Bestandteile seiner öffentlichen Einrichtung, nicht die Eigentümer der angeschlossenen Grundstücke. Die Nichtberücksichtigung in der Bilanz der Klägerin könnte überdies auch darauf zurückzuführen sein, dass nicht die Klägerin selbst, sondern die ehemalige Gemeinde S … den Bau des …kanals übernommen hat. Für den Bau des …kanals durch die Gemeinde S … sprechen überdies die meist parallel verlaufenden Kanalstränge der öffentlichen Entwässerungsanlage und des …kanals sowie die Errichtung des Erdbeckens und des Regenrückhaltebeckens auf einem Grundstück des Beklagten. Auch wären dann die fehlende dingliche Sicherung entsprechender Leitungsrechte für die Klägerin sowie die fehlenden Genehmigungen für die Durchquerung von Bundesstraßen und Eisenbahnstrecken nachvollziehbar. Sofern als Bauträger die öffentliche Hand auftrat, wurde in den 1970iger Jahren beim Bau von leitungsgebundenen Einrichtungen nach Sachkenntnis des Gerichts häufig auf dingliche Sicherungsmaßnahmen verzichtet. All dies würde aber wegen der eindeutigen Satzungslage in § 3 der EWS 1974 nicht dazu führen, den …kanal als Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung zu begreifen.

1.1.2 Der …kanal wurde auch nicht später, nach der Gebietsreform, durch konkludente Widmung Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung des Beklagten, der diese von der Gemeinde S … übernommen hat. Eine solche konkludente Widmung ergibt sich vor allem nicht daraus, dass der Beklagte – bis zum Tag der mündlichen Verhandlung – in seinem Satzungsrecht den …kanal nicht wie die frühere Gemeinde S … vom Anwendungsbereich der Satzung ausgenommen hat. In der derzeit geltenden Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung des Marktes M … (EWS) vom 01.07.2013 wird in § 1 Abs. 2 lediglich geregelt, dass Art und Umfang der Entwässerungseinrichtung die Gemeinde bestimmt. Daraus folgt gerade nicht, dass damit auch der …kanal in die öffentliche Entwässerungseinrichtung einbezogen wurde. Wenn sich der Beklagte die Bestimmung der Art und des Umfanges der Entwässerungsanlage in der Satzung vorbehalten hat und weiterhin vorbehält, so macht er damit lediglich deutlich, dass er außerhalb der Satzung bestimmen will, was Bestandteil seiner Entwässerungsanlage sein soll und was nicht (BayVGH, U.v. 21.12.2000 – 23 B 00.2132 – juris Rn. 38). Das Gesetz stellt keine besonderen Anforderungen an die Form des Widmungsaktes. Dass und wieweit eine Widmung vorliegt, muss sich aus den gesamten Umständen ergeben. Indizien für eine – konkludente – Widmung außerhalb des Satzungsrechts des Beklagten sind insbesondere die bisherige Benutzungspraxis, die Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses sowie die Art und Weise der haushaltsrechtlichen Behandlung. Bei der exakten Bestimmung des Umfangs eines zur Entwässerungsanlage gehörenden Kanalnetzes kommt den Kanalbestandsplänen der Gemeinde eine erhöhte Bedeutung zu. Nach diesen Plänen bestimmt sich, welche Grundstücke durch die öffentliche Entwässerungsanlage erschlossen sind, so dass die Eigentümer zu Beiträgen herangezogen und im Falle einer Bebauung zum Anschluss an die öffentliche Anlage verpflichtet werden können. Es kann daher angenommen werden, dass die Bestandspläne öffentlicher Entwässerungseinrichtungen in aller Regel mit besonderer Sorgfalt geführt werden (BayVGH, U.v. 21.03.2012 – 4 B 11.2358 – juris Rn. 22 mit Verweis auf BayVGH, U.v. 21.12.2000 – 23 B 00.2132 – juris Rn. 39 ff.). Aus der vom Beklagten vorgelegten Bestandserfassung der Kanäle im Bereich des Gemeindeteiles S … ergibt sich, dass der …kanal explizit farblich hervorgehoben und als sog. „…Kanal“ ausgewiesen wurde. Damit hat der Beklagte zu erkennen gegeben, dass er diesen Teil des Kanalnetzes gerade nicht der öffentlichen Entwässerungseinrichtung zuschreibt. Soweit ersichtlich hat der Beklagte auch keine Unterhaltungsarbeiten an dem …kanal vorgenommen. Nach Auskunft des Kämmerers des Beklagten, der bereits seit 1982 im Rathaus des Beklagten tätig ist, sei der …kanal stets von der Klägerin betreut und unterhalten worden. Er sei haushaltsrechtlich oder in der Vermögensbuchführung des Beklagten nicht erfasst worden. Schon diese tatsächlichen Umstände sprechen dafür, dass der …kanal nicht als Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung des Beklagten anzusehen ist.

Auch aus den von der Klägerin vorgelegten Schreiben des Beklagten vom 14.10.1981 bzw. des Landratsamtes … vom 04.08.1981 ergeben sich keine Indizien für eine (nachträgliche) konkludente Widmung. In ersteren wird lediglich darauf hingewiesen, dass beim Bau der Kanalisation für S … für die Firma … ein gesondertes Abwassersammelbecken mit eigener Messvorrichtung gebaut worden sei, in das lediglich das in diesem Betrieb anfallende Abwasser eingeleitet und gemessen werde. Dies könnte ein weiteres Indiz dafür darstellen, dass die ehemalige Gemeinde S … den Bau des …kanals sowie den Bau des Erdbeckens für die Klägerin übernommen hat, reicht aber für die Annahme eines Bestandsteils der öffentlichen Einrichtung – wie oben dargelegt – nicht aus. Aus dem Widerspruchsbescheid vom 04.08.1981 ergibt sich lediglich, dass die Firma … an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossen ist und ihre Abwässer aus dem Betriebsgelände in diese einleitet. Daraus kann aber nicht entnommen werden, wo die öffentliche Entwässerungseinrichtung beginnt.

Der Beklagte hat auch nicht auf andere Weise zu erkennen gegeben, dass er den …kanal und das Erdbecken als Teil seines öffentlichen Kanalnetzes betrachtet. Er hat zwar das Erdbecken auf dem Grundstück Fl. Nr. …, Gemarkung S … b. K … im Jahr 2006 saniert, da es aufgrund von Undichtigkeiten zu möglichen Grundwasserbeeinträchtigungen durch die …abwässer gekommen wäre. Nach Auffassung des Gerichts handelte es sich dabei um eine Maßnahme der Gefahrenabwehr, die für den eigentlichen Störer ausgeführt worden ist, der nicht gewillt oder in der Lage war, die Sanierung selbst durchzuführen. Nach Auskunft des Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung habe man auch versucht, sich die Kosten für die Instandsetzung von der Klägerin erstatten zu lassen. Aufgrund der damals schwierigen finanziellen Situation der Klägerin bzw. der … GmbH sei tatsächlich aber eine Erstattung nicht erfolgt.

Auch die nunmehr festgestellten Fremdanschlüsse rechtfertigen es nicht, den …kanal als Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung zu begreifen. Von den bei einer teilweisen Kamerabefahrung im Jahr 2013 bzw. 2015 festgestellten sechs Anschlüssen konnten drei den Betriebsgrundstücken der Klägerin zugeordnet werden. Bei den anderen drei Anschlüssen wurde zumindest keine Schmutzwassereinleitung durch die anliegenden Gebäude festgestellt. Selbst wenn im bisher nicht befahrenen Teil des Kanals weitere Fremdanschlüsse vorhanden wären, ließe sich daraus nicht auf eine konkludente Widmung des …kanals schließen. Ob ein Kanalstück Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung ist, kann sich zwar auch danach richten, ob es dazu bestimmt ist, Abwasser nur eines Einzelnen oder einer unbestimmten Anzahl nicht näher bezeichneter Einleiter aufzunehmen (BVerwG, B.v. 13.01.2016 – 7 B 3/15 – juris Rn. 8). Hier liegt aber eine solche Bestimmung durch den Beklagten nicht vor. Dessen Mitarbeiter haben für das Gericht nachvollziehbar dargelegt, dass der Beklagte bisher keine Kenntnis von den Fremdanschlüssen hatte; vielmehr ist er davon ausgegangen, dass der …kanal eine Privatangelegenheit der Klägerin ist und das Abwasser aller anderen Anwesen in S … – mit Ausnahme des Abwassers der Firma … – über die öffentliche Kanalisation entsorgt wird. Nach Prüfung in der Bauverwaltung des Beklagten bestehen weder Erinnerungen noch Aufzeichnungen, dass durch den Beklagten Kanalanschlüsse an den …kanal hergestellt oder die Herstellung solcher Anschlüsse wissentlich geduldet worden wäre. Eine konkludente Widmung des …kanals wäre aber nur dann als wirksam anzusehen, wenn von einer zumindest stillschweigenden Billigung der Einleitungssituation durch das nach der Kommunalverfassung zuständige Organ ausgegangen werden kann (BayVGH, B.v. 04.01.2012 – 4 CE 11.3002 – juris Rn. 9). Eine entsprechende Billigung oder Bestimmung durch den Marktgemeinderat des Beklagten ist hier nicht erfolgt. Aufgrund dessen brauchte das Gericht dem Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung von Dritteinleitern in den …kanal nicht zu entsprechen.

Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass die Abwässer der Firma … mit Billigung des Beklagten über den …kanal abgeführt werden, ist darauf hinzuweisen, dass das Betriebsgelände der Firma … vormals ebenfalls der Klägerin gehört hatte. Erst durch die Insolvenz der … GmbH wurden die Grundstücke an die Firma … GmbH & Co. KG veräußert, die am 07.07.2015 ins Grundbuch als neuer Eigentümer eingetragen wurde. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass seither eine Billigung dieser Einleitungssituation durch den Marktgemeinderat des Beklagten erfolgt ist. Auch wenn dem Grunde nach eine konkludente Widmung durch eine entsprechende Billigung möglich ist, muss aus Gründen der Rechtssicherheit eine eindeutige Zuordnung eines bestimmten Kanalnetzes zu einer öffentlichen Entwässerungseinrichtung erkennbar sein (vgl. BayVGH, B.v. 24.08.2004 – 4 CS 04.1120 – juris Rn. 21). Aus den Behördenakten ergibt sich, dass bereits bei Besprechungen zwischen dem Beklagten, der … O … N … GmbH, dem Landratsamt … und dem Wasserwirtschaftsamt … am 09.05.2014 und am 08.05.2015 die Einleitungssituation im Hinblick auf die Abführung des Abwassers vom Betriebsgelände der Firma … diskutiert wurde. Bei den Besprechungen wurde auch ein Anschluss des Firmengeländes der Firma … an die öffentliche Entwässerungseinrichtung diskutiert, da ein gemeindlicher Abwasserkanal in der am Firmengelände vorbeiführenden Kreisstraße vorhanden ist. Vertreter des Beklagten haben in den Besprechungen dem Verfüllen des von der Klägerin hergestellten Kanals zwischen dem Betriebsgelände der Firma … und dem Betriebsgelände der Klägerin zugestimmt und angeregt, die Grundstücke Fl. Nrn. … und … an die gemeindliche Entwässerungseinrichtung anzuschließen. Dieses Ziel wird seither seitens des Beklagten weiterverfolgt. Auch wenn eine Umsetzung dieses Ziels noch immer nicht erfolgt ist, kann nach Überzeugung des Gerichts nicht von einer nach der Rechtsprechung notwendigen eindeutigen Billigung der Einleitungssituation durch den Beklagten ausgegangen werden; er hat die Abwasserbeseitigung durch die Firma … über den …kanal vorübergehend geduldet, aber nicht gebilligt (vgl. OVG Münster, U.v. 16.09.1975 – III A 1279/75, NJW 1976, 820 [822]).

1.1.3 Nachdem gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GS-EWS die Schmutzwassergebühr nach der Menge der Abwässer berechnet wird, die der Entwässerungseinrichtung von den angeschlossenen Grundstücken zugeführt werden, ist im vorliegenden Fall die Abwassermenge relevant, die nach dem Abwasserzähler auf dem Grundstück Fl. Nr. …, Gemarkung S … b. K … ankommt, da erst dort die öffentliche Entwässerungseinrichtung beginnt. Das in den …kanal aufgrund von Schadstellen eindringende Fremdwasser wurde demzufolge rechtmäßig bei der Gebührenerhebung berücksichtigt. Die Klägerin hat es selbst in der Hand, durch Instandsetzung des Kanals das Eindringen von Fremdwasser zu vermeiden oder den …kanal vollständig aufzulösen und ihr Grundstücke an die gemeindliche Wasserversorgungs- und Entwässerungseinrichtung anzuschließen. Die Berechnung der Wassermenge erfolgt dabei nach § 2 Abs. 2 bis 5 GS-EWS. Nach § 2 Abs. 2 GS-EWS gelten als Abwassermenge die dem Grundstück aus der Wasserversorgungseinrichtung und aus der Eigengewinnungsanlage zugeführten Wassermengen abzüglich der nachweislich auf dem Grundstück verbrauchten oder zurückgehaltenen Wassermengen, soweit der Abzug nicht nach Absatz 4 ausgeschlossen ist. Die Wassermengen werden durch geeichte Wasserzähler ermittelt. Sie sind von der Gemeinde zu schätzen, wenn 1. ein Wasserzähler nicht vorhanden ist, oder 2. der Zutritt zum Wasserzähler oder dessen Ablesung nicht möglich ist, oder 3. sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ein Wasserzähler den wirklichen Wasserverbrauch nicht angibt. Ausgehend von dieser Satzungslage kann das Gericht offenlassen, ob es sich bei den beiden Tiefbrunnen, die sich außerhalb des klägerischen Anwesens befinden und im Eigentum des Beklagten stehen, um eine Eigengewinnungsanlage der Klägerin handelt. Die von dort zugeflossenen Wassermengen werden nach übereinstimmenden Angaben der Parteien nicht durch geeichte Wasserzähler erfasst, weshalb der Beklagte berechtigt war, die der öffentlichen Entwässerungsanlage zugeführte Abwassermenge nach § 2 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 GS-EWS zu schätzen. Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) aa) KAG i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 2 AO sind bei einer Schätzung der Erhebungsgrundlagen alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Ziel einer Schätzung ist es, in einem Akt wertenden Schlussfolgerns aus Anhaltspunkten diejenigen Tatsachen zu ermitteln, die die größtmögliche erreichbare Wahrscheinlichkeit für sich haben. Das gewonnene Schätzungsergebnis muss schlüssig, wirtschaftlich möglich, vernünftig und plausibel sein (BayVGH, B.v. 21.5.2012 – 20 B 12.251 – juris Rn. 18; U.v. 14.07.2016 – 20 B 15.565 – juris Rn. 14 m.w.N). Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben ist es nicht zu beanstanden, die beim Abwasserzähler am Erdbecken gemessene Wassermenge als Abwassermenge heranzuziehen. Selbst wenn der genannte Abwasserzähler nicht geeicht sein sollte, liefert er brauchbare Anhaltspunkte für die der öffentlichen Entwässerungseinrichtung zugeführten Abwassermengen, die von den Beteiligten auch jahrelang akzeptiert wurden.

Nach dem streitgegenständlichen Bescheid wurde am besagten Abwasserzähler für den Zeitraum 04.08.2015 bis 31.12.2015 eine Abwassermenge von 10.939 m³ erfasst. Von dieser Menge ist jedoch der Anteil des Niederschlagswassers zu subtrahieren, da der Beklagte für die Benutzung der Entwässerungseinrichtung hinsichtlich der Niederschlagswasserbeseitigung Niederschlagswassergebühren erhebt (§ 1, § 2a GS-EWS). Mangels anderer Anhaltspunkte ist auch die Menge des in der vom Abwasserzähler erfassten Abwassermenge enthaltenen Niederschlagswassers gem. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) aa) KAG i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 2 AO zu schätzen. Dabei hat der Beklagte von der erfassten Abwassermenge für das Gericht in nachvollziehbarer und daher nicht zu beanstandender Weise 2.967 m³ für das am Betriebsgelände der Firma … anfallende Niederschlagswasser in Abzug gebracht. Zugrunde gelegt wurde eine durch Wetterstatistiken belegte Niederschlagswassermenge von 839,9 Liter/m² und eine befestigte Fläche gem. § 2a Abs. 1, Abs. 2, Abs. 2a GS-EWS von 7.824 m². Daraus ergibt sich eine jährliche dem …kanal zugeführte Niederschlagswassermenge von 6.563 m³, anteilig für den Zeitraum 04.08.2015 bis 31.12.2015 die genannten 2.967 m³. Nach Auffassung des Gerichts ist zusätzlich auch für das Betriebsgelände der Klägerin ein Niederschlagswasserabzug vorzunehmen. Nach dem von der …O … N … GmbH im Verfahren B 4 K 16.152 vorgelegten Gutachten der I … GmbH wird Niederschlagswasser einer befestigten Fläche von 3.188 m² in den …kanal eingeleitet, was einer Niederschlagsmenge von 2.674 m³ jährlich entspricht. Das Gericht hat keine Bedenken, diese Angaben heranzuziehen. Dagegen sprechen auch nicht die vom Beklagten vorgelegten Erfassungsbögen, die im Zuge der Einführung der gesplitteten Abwassergebühr verschickt und vom damaligen Geschäftsführer der Klägerin vorgelegt wurden. Dort wurde gerade nicht das Feld „Das Niederschlagswasser aller bebauten und befestigten Flächen des Grundstücks gelangt weder direkt noch indirekt in die Kanalisation“ angekreuzt. Dies wäre aber naheliegend gewesen, wenn sämtliches Niederschlagswasser in den …bach abgeführt worden wäre. Aufgrund dieser Unsicherheiten hätte zumindest Anlass für eine weitere Sachaufklärung bestanden, die der Beklagte aber nicht durchgeführt hat. Damit ergibt sich ein weiterer Abzug von Niederschlagswasser von 1.114 m³ (2.674 m³/12 Monate 7 Monate). Die so berechnete Schmutzwassermenge beträgt damit 7.128 m³ (10.939 m³ - 2.697 m³ - 1.114 m³). Bei einem Gebührensatz von 1,88 Euro pro m³ ergibt sich für den Zeitraum 04.08.2015 bis 31.12.2015 eine Schmutzwassergebühr in Höhe von 13.400,64 Euro.

1.2 Nach § 1a GS-EWS ist hierzu noch eine anteilige Grundgebühr von 125,35 Euro (jährlich 306,78 Euro) zu addieren, da diese auch anfällt, wenn keine Wasserzähler eingebaut sind. Daraus ergibt sich der im Tenor ausgesprochene Zahlbetrag von 13.525,99 Euro.

1.3 Als Eigentümerin des Betriebsgeländes war die Klägerin auch der richtige Gebührenschuldner (§ 5 Abs. 1 GS-EWS).

2. Die Kostenentscheidung entspricht dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen (§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig erklärt. Denn der Klägerin war es wegen der Schwierigkeit der Sache auf dem Gebiet des Kommunalabgabenrechts nicht zuzumuten, das Vorverfahren selbst zu führen (vgl. BayVGH, B.v. 29.04.2016 – 5 C 16.574 – juris Rn. 7). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, § 709 ZPO.

3. Die Berufung war trotz der Anregung der Parteien nicht zuzulassen, weil Gründe für die Zulassung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO nicht vorliegen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.394,85 Euro festgesetzt.

Gründe

Der gemäß § 124a Abs. 4 Sätze 1 - 5 VwGO zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanziellen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht dargetan.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG abgelehnt, weil durch die Einfügung von § 6 Abs. 2 in die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Gemeinde M. vom 21. November 2011 (BGS/EWS 2011) keine neue Rechtslage zugunsten des Klägers eingetreten ist. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BGS/EWS 2011 darf für Grundstücke, von denen kein Niederschlagswasser in die Entwässerungseinrichtung der Beklagten eingeleitet werden kann, der Grundstücksflächenbeitrag nicht erhoben werden. Dieses Gebot der Vorteilsabstufung folgt unmittelbar aus Art. 5 Abs. 2 Satz 1 KAG, weil Grundstücke, von denen kein Oberflächenwasser abgeleitet werden darf, von einer entsprechenden Entwässerungseinrichtung der Gemeinde keinen Vorteil haben. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat das in seiner Rechtsprechung seit geraumer Zeit und wiederholt zum Ausdruck gebracht (z. B. U. v. 21.10.2003 - 23 B 03.824). Abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmefällen sind derartige Abstufungen in der Beitragssatzung vorzunehmen, was die Beklagte auch getan hat. Denn in der dem Bescheid vom 20. März 2003 zugrundeliegenden Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Gemeinde M. vom 21. Juli 1993 in der Fassung der 5. Änderungssatzung vom 29. Oktober 2001 (BGS/EWS 2001) war für die Geschossfläche ein Beitragssatz von 16,54 Euro pro m² und für die Grundstücksfläche von 3,47 Euro pro m² festgelegt. Auch letzteren Beitrag konnte die Beklagte von Kläger erheben, weil diese mit ihrer Entwässerungseinrichtung die Beseitigung des auf den befestigten Flächen des klägerischen Grundstücks anfallenden Niederschlagswassers ermöglicht. Das ist im Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Dingolfing-Landau vom 6. April 2006 festgehalten und durch das rechtskräftige Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 20. September 2006 - RN 3 K 06.953 - bestätigt (vgl. hierzu auch Beschluss des BayVGH vom 22.1.2007 - 23 B 06.2899). § 6 Abs. 2 BGS/EWS 2011 hat an dieser Rechtslage nichts geändert, war insbesondere nicht die dem Art. 5 Abs. 2 Satz 1 KAG Rechnung tragende Klarstellung, dass der in der Abgabesatzung ausdrücklich ausgewiesene Beitrag für die Oberflächenentwässerung nicht für ein Grundstück zu entrichten ist, von dem aus Niederschlagswasser nicht in das Entwässerungssystem der Beklagten eingeleitet werden darf. Vielmehr wurde der Kläger zum Oberflächenentwässerungsbeitrag herangezogen, weil die Widerspruchsbehörde und die Gerichte davon ausgingen, dass das streitgegenständliche Grundstücke (auch) an die Oberflächenentwässerung angeschlossen werden kann. Gegen diese Feststellungen richten sich die umfangreichen Ausführungen des Klägers, der die satzungsrechtliche Klarstellung des § 6 Abs. 2 BGS/EWS 2011 zum Anlass nehmen möchte, im Wesentlichen seinen bereits in den früheren Verfahren vorgetragenen, aber bestands- bzw. rechtskräftig verneinten Standpunkt erneut einer Prüfung zu unterziehen und ihm damit letztlich Geltung zu verschaffen. Die Klarstellung in § 6 Abs. 2 BGS/EWS 2011 schafft aber keine neue Rechtslage, die dafür die Grundlage bilden könnte.

Über Art. 51 Abs. 5 BayVwVfG und die dieser Bestimmung zugeordneten Gesichtspunkte kommt der Kläger bereits deshalb nicht zum Erfolg, weil der dort in Bezug genommene, die Möglichkeit der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes regelnde Art. 48 BayVwVfG im vorliegenden Fall nicht einschlägig ist. Denn der gemäß Art. 10 Nr. 1 KAG für Beiträge zur Entwässerungseinrichtung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG geltende Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG verweist bezüglich der Rücknahme eines Abgabenbescheides auf § 130 AO und trifft damit eine landesrechtliche Regelung, die gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG die Anwendung des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes ausschließt (Giehl, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Kommentar zum BayVwVfG und BayVwZVG, Rn. 1 zu Art. 2 II BayVwVfG).

Der Kläger legt nicht hinreichend dar, inwiefern es für die Beklagte geboten sein sollte, den nach gerichtlicher Überprüfung bestandskräftig gewordenen Beitragsbescheid gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG, § 130 AO (teilweise) zurückzunehmen. Sein Vortrag macht bereits nicht deutlich, dass der Bescheid rechtswidrig ist. Zwar verneint er nachhaltig eine Anschlussmöglichkeit seines Grundstücks an die Oberflächenentwässerung, was einen Beitrag für diese nicht zuließe, aber es besteht kein Zweifel, dass die Beklagte eine solche für ihn bereithält. Seine umfangreichen Darlegungen zur Unzulänglichkeit und Fehlerhaftigkeit der Niederschlagswasserbeseitigung stehen dem nicht entgegen, denn allein die Anschlussmöglichkeit bildet den die Beitragsforderung rechtfertigenden Grund. Sie wird durch nach Meinung des Klägers vorliegende Verstöße gegen generelle Regelungen der Abwasserbeseitigung und gegen Grundsätze des Umwelt- und Wasserrechts nicht in Frage gestellt. Unabhängig davon ist nicht nachvollziehbar dargelegt, worin ein die Rücknahme gebietender Vertrauensschutz des Klägers bestehen könnte. Die Beklagte vertrat stets und offenkundig die Ansicht, dass der Kläger auch hinsichtlich der Oberflächenentwässerung beitragspflichtig ist und sie hat diesen Standpunkt auch im gerichtlichen Verfahren vertreten und schließlich durchgesetzt. Inwiefern die Geltendmachung des erstrittenen Urteils rechtsmissbräuchlich, gegen die guten Sitten sowie Treu und Glauben verstoßend sein sollte, ist nicht ersichtlich.

Die vom Kläger aufgeworfene Frage der Anrechnung bereits aufgrund nichtigen Satzungsrechts erbrachter Leistungen, stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht.

Nicht nachvollziehbar ist, worauf der Kläger mit der Geltendmachung eines Billigkeitserlasses abzielt, den er auf § 131 AO gegründet sieht. Diese im Kommunalen Abgabenrecht über Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG anwendbare Vorschrift beinhaltet nämlich den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes und der Kläger macht in seinem auch insoweit umfangreichen Vortrag keine Angaben, die irgendeinen Bezug zu dieser Vorschrift aufweisen. Der im über Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a KAG anwendbaren § 227 AO geregelte Billigkeitserlass, den der Kläger mit behaupteten generellen Fehlern der Oberflächenentwässerung zu begründen sucht, kommt nach seinem eigenen Vorbringen nicht in Betracht. Außerdem können bestandskräftige Abgabenfestsetzungen im Billigkeitswege nur ausnahmsweise überprüft werden und zwar allenfalls dann, wenn die Abgabepflicht offensichtlich und eindeutig falsch ist und es dem Pflichtigen schlechterdings weder möglich noch zumutbar war, sich gegen die Fehlerhaftigkeit rechtzeitig zu wehren (Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Stand Juni 2014, Rn. 4 zu § 227 AO).

Die vom Kläger formulierten Fragen rechtfertigen ebenfalls nicht die Berufungszulassung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, wobei schon nicht erkennbar ist, ob der Kläger damit rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten des Falles geltend machen möchte, die durch das Berufungsgericht zu klären wären.

Frage Nr. 1 geht unzutreffend davon aus, dass der Kläger das Niederschlagswasser auf seinem Grundstück versickern muss. Die Fragen Nrn. 2 - 5 betreffen den Billigkeitserlass, der aus den oben dargestellten Gründen nicht in Betracht kommt. Unzutreffend geht darüber hinaus Frage Nr. 5 davon aus, dass der Kläger das Oberflächenwasser in das Entwässerungssystem der Beklagten nicht einleiten darf. Frage Nr. 6 stellt sich bereits deshalb nicht, weil nicht ersichtlich ist, inwiefern der Grundstücksflächenbeitrag dem Art. 9 der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie RL (EG) 2000/60 widerspricht.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Mit diesem Beschluss wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 1.160,10 Euro festgesetzt.

Gründe

Der gemäß § 124a Abs. 4 Sätze 1 bis 5 VwGO zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger legt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Gerichtsbescheides im Sinne des § 124 Abs. 2 Satz 1 VwGO dar. Das Verwaltungsgericht hat mit einer ausführlichen und durchwegs zutreffenden Begründung erkannt, dass der Kläger keinen auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 37 Abs. 2 Satz 1 AO gegründeten Anspruch auf Rückzahlung des Beitrags in Höhe von 1.160,10 Euro hat. Der Rechtsgrund für die von ihm geleistete Zahlung besteht in dem bestandskräftigen Bescheid des Beklagten vom 15. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2013. Dieser Bescheid ist nicht nichtig. Der Senat nimmt dabei analog § 130b Satz 2 VwGO auf den Gerichtsbescheid Bezug, der das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i. V. m. § 125 Abs. 1 AO verneint hat. Der Beitragsbescheid leidet insbesondere nicht deshalb an einem bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundigen Fehler, weil er auch maßgeblich auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b cc Spiegelstrich 2 KAG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBl S. 775) gestützt ist, der nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - mit Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG unvereinbar war.

Die Regelung, wonach § 170 Abs. 1 AO mit der Maßgabe anzuwenden war, dass im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen begann, in der die gültige Satzung bekannt gemacht worden war, geht auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs unter anderem im Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A. 1967 BayVBl 1985, 656 - zurück, die der Gesetzgeber zur Klarstellung übernommen hat (vgl. LT-Drs. 12/8082 S. 13). Auch in der Folgezeit hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Regelung (z. B. B.v. 28.11.2005 - 23 CS 05.2512; B.v. 15.8.2005 - 23 ZB 05.670), vielmehr hat er sie bei einschlägigen Fallgestaltungen angewandt. Bereits daraus ergibt sich ohne weiteres, dass von einem offenkundigen, zur Nichtigkeit führenden Mangel des Bescheides vom 15. Dezember 2011 nicht die Rede sein kann. Hierfür spricht schließlich auch, dass dem früheren Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b cc Spiegelstrich 2 KAG entsprechende Regelungen auch in anderen Bundesländern bestanden und auch angewandt wurden (vgl. ThürOVG, B.v. 28.8.2000 - 4 EO 405/08 zu dem seinerzeit insoweit gleichlautenden § 15 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b cc Spiegelstrich 2 ThürKAG; § 3 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c BaWüKAG i. d. F. d. Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 12. Februar 1996 (GBl S. 104)).

Einen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG, § 130 Abs. 1 AO hat das Verwaltungsgericht tragend auch deshalb verneint, weil eine darauf gerichtete Ermessensreduktion nicht vorliegt und das nur dann der Fall wäre, wenn die Aufrechterhaltung des Bescheides schlechterdings unerträglich wäre oder ein Beharren auf der Bestandskraft des Bescheides als ein Verstoß gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben erschiene. Hierfür trägt der Kläger nichts vor.

Ein Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG kommt nicht in Betracht, weil diese Vorschrift auf Dauerverwaltungsakte bezogen ist. Eine Änderung der Sach- oder Rechtslage, für die ein Verwaltungsakt ohnehin keine Geltung beansprucht, weil er nur im Hinblick auf eine im Zeitpunkt seines Erlasses gegebene Situation oder nur angesichts einer bestehenden Rechtslage eine Regelung trifft, fällt nicht unter Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, Rn. 27 zur inhalts- und wortgleichen Regelung des § 51 VwVfG).

Eine für den Kläger günstigere Sicht ergibt sich auch nicht aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, der bezüglich nicht bestandskräftig abgeschlossener Verfahren offenkundig nicht einschlägig ist. Es fehlt daher insoweit auch an (vergleichbaren) Beitragsschuldnern, so dass sich ein grundsätzlicher Klärungsbedarf bezüglich eines Anspruchs auf Gleichbehandlung nicht stellt (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.

Mit diesem Beschluss wird der Gerichtsbescheid rechtskräftig (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 4, § 84 Abs. 3 VwGO).

Gründe

I

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die im Grundstück der Kläger verlaufende Schmutzwasserleitung Teil der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage des beklagten Zweckverbands ist. Das Reihenhaus der Kläger wurde als Teil einer 18 Einheiten in drei Häuserzeilen umfassenden Anlage in den Jahren 1969/70 auf volkseigenem Grund und Boden, der sich in der Rechtsträgerschaft des Rates der Gemeinde befand, errichtet. Die erforderlichen Schmutzwasserleitungen wurden über die Baugrundstücke in eine Kleinkläranlage geführt; von dort wurde das Wasser über einen Abwasserkanal in einen Vorfluter geleitet. Die Kläger erwarben das Hausgrundstück im Jahre 1995 von einer Wohnungsgenossenschaft, auf die die Grundstücke im Jahre 1993 übertragen worden waren. Bereits im Jahr 1991 hatte die Gemeinde beschlossen, den Beklagten mit den Aufgaben der Abwasserbeseitigung und Wasserversorgung zu betrauen. Im Jahre 1995 wurden die Kleinkläranlage und die dazu gehörenden Schmutzwasserleitungen durch eine Vereinbarung von der Gemeinde auf den Beklagten übertragen. Die Kleinkläranlage wurde 2003 stillgelegt und ein neuer Abwasserkanal in der öffentlichen Straße verlegt, durch die die Reihenhausanlage wegemäßig erschlossen wird; an diesen Abwasserkanal sollen die Grundstücke angeschlossen werden.

2

Das Verwaltungsgericht gab der Klage auf Feststellung, dass die Schmutzwasserleitung der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage zugehört, statt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen: Nach den einschlägigen Bestimmungen der DDR habe die Schmutzwasserleitung nach ihrer Errichtung zur öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage gehört. Daran habe sich durch den Einigungsvertrag nichts geändert. Mit dem Inkrafttreten des Landeswassergesetzes seien die Abwasserentsorgungsanlagen auf die Gemeinden übertragen worden. Eine Änderung in den zivilrechtlichen Verhältnissen sei insoweit ohne Bedeutung. Auch aus der Übertragung der Anlage durch die Vereinbarung aus dem Jahre 1995 ergebe sich nichts anderes. Die Schmutzwasserleitung sei vom Beklagten nicht entwidmet worden. Auf seine Schmutzwassersatzung, nach der Leitungen auf dem angeschlossenen Grundstück als nicht der öffentlichen Abwasseranlage zuzuordnende Grundstücksentwässerungsanlage eingeordnet würden, könne er sich nicht berufen. Denn durch eine solche Änderung wäre die bauordnungsrechtliche Erschließung des Grundstücks nicht mehr gesichert. Schließlich habe die Schaffung der neuen Anschlussmöglichkeit in der öffentlichen Straße die rechtliche Situation nicht geändert.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen; hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten.

II

4

Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

5

1. Die Grundsatzrüge greift nicht durch. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine über den Einzelfall hinausgehende klärungsfähige und klärungsbedürftige abstrakte Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die in einem künftigen Revisionsverfahren zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortentwicklung des Rechts beantwortet werden kann. Diese Voraussetzungen werden von keiner der vom Beklagten als rechtsgrundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Fragen erfüllt.

6

a) Die Frage

"I. Wie ist die öffentliche Abwasseranlage einer entsorgungspflichtigen Körperschaft in rechtlicher Hinsicht und in Abgrenzung zum Eigentum zu definieren bzw. wie/woraus ergibt sich, ob Leitungen, die in einem im Eigentum eines Dritten befindlichen Grundstück liegen, zur öffentlichen Abwasseranlage gehören?"

bedarf, soweit sie hinreichend konkretisiert ist, nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Ihre Beantwortung ergibt sich ohne weiteres vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu vergleichbaren Fragen aus einer sachgerechten Auslegung der einschlägigen Vorschriften.

7

Der Umfang einer öffentlichen Abwasseranlage im Sinne von § 58 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) bemisst sich danach, ob eine Einrichtung für die Aufgabe der Abwasserbeseitigung (§ 54 Abs. 2 WHG) technisch geeignet und ob sie durch Widmung hierzu bestimmt ist (vgl. zur öffentlichen Einrichtung BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - 3 C 2.06 - BVerwGE 127, 243 Rn. 10). Auf die Eigentumsverhältnisse an den einzelnen Teilen der Anlage sowie deren Sonderrechtsfähigkeit nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts kommt es hiernach grundsätzlich nicht an (vgl. Papier, in: Erichsen/Ehlers , Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 38 Rn. 5 sowie BVerwG, Urteil vom 23. November 2000 - 3 C 27.00 - BVerwGE 112, 237 <241 f.>). Welche Folgen das Fehlen der Zustimmung des vom widmenden Verwaltungsträger verschiedenen Eigentümers bei Sachen im so genannten Anstaltsgebrauch (BVerwG, Urteile vom 30. November 1995 - 7 C 55.94 - BVerwGE 100, 70 <74 f.> und vom 27. Februar 2002 - 8 C 1.01 - BVerwGE 116, 67 <68>; Papier, a.a.O. § 39 Rn. 27 ff., 30) hat, kann hier mangels Entscheidungserheblichkeit offenbleiben (siehe zur Widmungsverfügung Papier, a.a.O. § 40 Rn. 25). Denn die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die Kläger, auch wenn die in ihrem Grundstück verlegte Abwasserleitung mangels Sonderrechtsfähigkeit in ihrem Eigentum stehen sollte, mit deren Nutzung durch den Beklagten einverstanden sind.

8

Ob eine Entwässerungsleitung, mit der das Abwasser aus den Anfallstellen erfasst und der weiteren Beseitigung zugeführt und somit im Sinne von § 54 Abs. 2 WHG gesammelt und fortgeleitet wird, Teil der öffentlichen Abwasseranlage ist, kann sich danach richten, ob sie dazu bestimmt ist, Abwasser einer unbestimmten Anzahl nicht näher bezeichneter Einleiter aufzunehmen (vgl. hierzu etwa Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 58 Rn. 7; Ganske, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2015, § 58 WHG Rn. 12). Eine auch in dieser Hinsicht verlässliche Abgrenzung leistet jeweils die Widmung als Willensbekundung der zuständigen Stelle, die grundsätzlich an keine bestimmte Form gebunden ist und auch konkludent ergehen kann (BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2002 - 8 C 1.01 - BVerwGE 116, 67 <69> und Beschluss vom 24. Juni 2015 - 3 B 28.15 - juris Rn. 5). Was die Zuordnung der Entwässerungsleitungen zur öffentlichen Abwasseranlage und folglich die Abgrenzung der Verantwortungssphären des Einleiters einerseits, der abwasserbeseitigungspflichtigen juristischen Person des öffentlichen Rechts (§ 56 Satz 1 WHG) andererseits angeht, findet sich die Widmung, falls die Abwasserbeseitigungspflicht aufgrund landesrechtlicher Bestimmungen den Gemeinden als Selbstverwaltungsaufgabe obliegt, in der Abwassersatzung der Gemeinde bzw. - bei zulässiger Übertragung dieser Aufgabe - der dann beseitigungspflichtigen Körperschaft (Czychowski/Reinhardt, a.a.O. § 56 Rn. 11; Lichtenfeld, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Teil III, Stand September 2008, § 4 Rn. 46a). Das ist etwa in Mecklenburg-Vorpommern nach § 40 Abs. 1 Satz 1 des Wassergesetzes des Landes (LWaG) vom 30. November 1992 (GVOBl. M-V S. 669) nunmehr i.d.F. vom 23. Februar 2010 (GVOBl. M-V S. 101) der Fall. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 16. Juli 2008 - 3 L 336/05 - NordÖR 2009, 371 = juris Rn. 37), auf die das angefochtene Urteil ausdrücklich Bezug nimmt, enthält § 40 Abs. 2 Satz 2 LWaG eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für entsprechende satzungsrechtliche Vorschriften.

9

Mit der anschließenden Frage

"I. a) Gibt es diesbezüglich Besonderheiten für das Beitrittsgebiet?"

bezeichnet die Beschwerde keine konkreten, fallübergreifenden und bislang ungeklärten Gesichtspunkte des revisiblen Rechts.

10

Die Frage

"I. b) Welche rechtliche Relevanz hat es, wenn dort Anlagen zu DDR-Zeiten in sog. 'Rechtsträgerschaft' überführt wurden? Macht dies einen gesonderten Widmungsakt entbehrlich?"

soll ersichtlich die in der Frage I. a) allgemein angesprochenen Besonderheiten im Beitrittsgebiet spezifizieren. Sie ist demnach auch in ihrem ersten Teil nicht auf die nicht revisiblen Fragen des ausgelaufenen Rechts der DDR (BVerwG, Beschluss vom 28. August 2007 - 8 B 31.07 - juris Rn. 2) bezogen, sondern nur auf vermeintlich fortdauernde Wirkungen im geltenden Recht. Aber auch die Frage, ob bei öffentlichen Abwasseranlagen, die in der DDR in so genannte Rechtsträgerschaft (vgl. dazu etwa BVerwG, Beschluss vom 26. Juli 2007 - 8 B 19.07 - Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 50 Rn. 5; BGH, Urteil vom 3. Juni 2005 - V ZR 196/04 - ZOV 2005, 279 = juris Rn. 18) überführt worden waren, nach der Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen durch den Einigungsvertrag ein Widmungsakt durch die nunmehr beseitigungspflichtige Körperschaft entbehrlich ist, wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Denn die Überleitung von öffentlichen Abwasseranlagen, die bereits in der DDR bestanden, richtet sich nach Landesrecht. Die einschlägigen Vorschriften des Wassergesetzes der DDR galten nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 EV (i.V.m. Art. 70 Abs. 1 GG) als Landesrecht weiter und wurden durch landesrechtliche Vorschriften abgelöst.

11

b) Die Frage

"II. Unter welchen Umständen gehören insbesondere Leitungen im Beitrittsgebiet aus DDR-Zeiten, die der abwasserseitigen Entsorgung eines bzw. weniger Privatgrundstücke dienen bzw. jedenfalls ohne überörtliche Bedeutung sind und über ein oder mehrere Privatgrundstücke verlaufen, zur öffentlichen Abwasseranlage?"

zielt ebenso wenig auf die Klärung einer konkreten Rechtsfrage revisiblen Rechts, sondern dient letztlich einzelfallbezogen der Beantwortung des streitigen Feststellungsbegehrens.

12

c) Zur Zulassung der Revision führt auch nicht die Frage

"III. Gilt für Versorgungs- bzw. Entwässerungsleitungen § 94 BGB oder § 95 BGB?".

13

Der Beklagte zeigt nicht auf, inwieweit angesichts der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf in Bezug auf den hier entscheidungserheblichen Gehalt der Fragestellung bestehen könnte. Nach § 94 Abs. 1 BGB wird eine Versorgungsleitung durch die Verlegung in ein dem Versorgungsträger gehörendes Grundstück zu einem wesentlichen Bestandteil des Grundstücks; das Eigentum daran erstreckt sich nach § 946 BGB auf die ehemals selbstständige Sache. Die gesetzlichen Folgen aus der festen Verbindung einer beweglichen Sache mit dem eigenen Grundstück treten nur dann nicht ein, wenn einer der beiden in § 95 Abs. 1 BGB benannten Ausnahmetatbestände vorliegt. Dies trifft in der Regel jedoch nicht zu, wenn eine Gemeinde eine Abwasserleitung in einem ihr gehörenden Grundstück verlegt (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - V ZR 35/05 - BGHZ 165, 184 <186> = juris Rn. 10). Entsprechendes gilt, wenn das Grundstück im Volkseigentum steht.

14

d) Hinsichtlich der Fragen

"IV. Eine öffentliche Widmung bedarf nach Bundesrecht des ausdrücklichen Willens der pflichtigen Körperschaft, eine Anlage öffentlich zu nutzen, der zudem erkennbar nach außen manifestiert werden muss - hatten die entsprechenden Körperschaften nichtsdestoweniger keine Wahl/Möglichkeit der Willensausübung, bei der Vereinigung insbesondere auch Anlagen zu übernehmen, die 'wild' über Privatgrundstücke verliefen und nur einzelne Häuser entwässerten?,

IV. a) Zu Lasten der Gesamtheit ihrer Abgabepflichtigen?,

IV. b) Ist das verfassungsgemäß?,

IV. c) Gab/gibt es hier eine Grenze?",

die sich wiederum auf die Rechtsverhältnisse von nach dem Recht der DDR bestehenden öffentlichen Abwasseranlagen nach Inkrafttreten des Einigungsvertrages beziehen, ist zunächst auf die Ausführungen unter II 1. a) zur Frage I. b) zu verweisen. Die angesprochene Überleitung richtet sich nach nicht revisiblem Landesrecht. Auch die nur kursorisch erläuterten Fragen IV. b) und c) nach (bundes-)verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Ausgestaltung dieser Überleitung rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Denn die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht vermag eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur dann zu begründen, wenn die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Normen ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (siehe etwa BVerwG, Beschlüsse vom 15. Dezember 1989 - 7 B 177.89 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 277 und vom 27. Mai 2013 - 7 B 30.12 - ZUM-RD 2013, 560 Rn. 6). Das zeigt die Beschwerde nicht ansatzweise auf.

15

e) Schließlich führt auch die Frage

"V. Sind, wenn - bejahrte, auf Privatgrund belegene bzw. insbesondere über/durch Privatgrund verlaufende - Anlagenteile stillgelegt werden und betroffene Anschlussnehmer zum Umschluss auf neue, im öffentlichen Raum liegende öffentliche Leitungen veranlasst werden sollen, Besonderheiten bzw. allgemein formulierbare Parameter zur Frage der Grenze der Zumutbarkeit für die Betroffenen bzw. für die Allgemeinheit zu beachten? Welche?"

nicht auf Fragen des revisiblen Rechts. Die angesprochenen Fragen der Modalitäten des Anschluss- und Benutzungszwangs werden durch das Landesrecht geregelt. Klärungsbedürftige Fragen des Bundesrechts, an dem sich das Landesrecht messen müsste, zeigt die Beschwerde nicht auf.

16

2. Mit den geltend gemachten Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) dringt der Beklagte ebenso wenig durch. Ein Verfahrensmangel ist im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Dem wird das Vorbringen des Beklagten nicht gerecht.

17

a) Ohne Erfolg macht der Beklagte als Verfahrensmangel zunächst geltend, dass das Oberverwaltungsgericht die Klage zu Unrecht als zulässig erachtet habe, indem es das Feststellungsinteresse mit unzureichenden Erwägungen bejaht habe.

18

Verneint das Tatsachengericht fehlerhaft das Vorliegen von Sachurteilsvoraussetzungen und weist es die Klage folglich zu Unrecht durch Prozessurteil ab, kann dies grundsätzlich einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO begründen (stRspr, siehe etwa BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juli 1968 - 8 B 110.67 - BVerwGE 30, 111 <113>, vom 20. Januar 1993 - 7 B 158.92 - Buchholz 310 § 91 VwGO Nr. 24 S. 4 = juris Rn. 2 und vom 17. Dezember 2001 - 6 B 61.01 - NVwZ-RR 2002, 323 <325> = juris Rn. 14). Entsprechendes gilt, wenn eine Sachurteilsvoraussetzung unzutreffend bejaht wird und zu Unrecht ein Sachurteil ergeht (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. November 2011 - 3 B 54.11 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 96 Rn. 5). Ein rügefähiger Verfahrensfehler liegt aber nur dann vor, wenn die inkorrekte Entscheidung auf einer fehlerhaften Anwendung der prozessualen Vorschriften beruht (BVerwG, Beschlüsse vom 9. September 2013 - 7 B 2.13 u.a. - juris Rn. 19 und vom 26. Februar 2014 - 6 C 3.13 - BVerwGE 149, 94 Rn. 15, jeweils m.w.N.).

19

Hiernach führt das Beschwerdevorbringen nicht auf einen Verfahrensmangel. Das Oberverwaltungsgericht hat sich bei der Prüfung des nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderlichen Feststellungsinteresses auf den zutreffenden rechtlichen Maßstab bezogen, wonach jedes anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art in Betracht kommt, das hinreichend gewichtig ist, um die Position des Betroffenen zu verbessern (siehe BVerwG, Urteile vom 6. Februar 1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1 <4>, vom 26. Januar 1996 - 8 C 19.94 - BVerwGE 100, 262 <271> und vom 28. Januar 2010 - 8 C 38.09 - BVerwGE 136, 75 Rn. 54). Es ist des Weiteren nicht ersichtlich, dass das Oberverwaltungsgericht den Inhalt dieses Rechtssatzes verkannt hätte. Von Rechts wegen ist nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht mit Blick auf die Unterhaltungspflicht für die Leitungen von einem schutzwürdigen - auch wirtschaftlichen - Interesse der Kläger an der begehrten Feststellung ausgegangen ist. Auch wenn das Oberverwaltungsgericht - anders als das Verwaltungsgericht (UA S. 9) - mit einer vorsichtigen Formulierung ("könnte") nicht abschließend darüber befunden hat, ob die Zugehörigkeit der Leitungen zur öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage in jedem Fall die Unterhaltungspflicht des Beklagten nach sich zieht, so wird die Rechtsposition der Kläger mit der begehrten Feststellung gleichwohl verbessert. Denn dem Beklagten ist dann im Streitfall jedenfalls das Argument abgeschnitten, er sei bereits deswegen für die Unterhaltung der Leitungen nicht zuständig, weil diese nicht Teil der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage seien. Unbeachtlich ist, ob sich die Frage der Unterhaltungslast für die Leitungen bei deren Stilllegung infolge eines anderen Anschlusses nicht mehr stellt. Denn dies ist jedenfalls derzeit noch nicht der Fall (vgl. auch hierzu das Urteil des Verwaltungsgerichts, UA S. 9).

20

b) Was die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zur Begründetheit der Klage angeht, setzt sich der Beklagte über weite Strecken seines Vorbringens im Stile einer detaillierten Berufungsbegründung mit nahezu jedem Absatz des Urteils auseinander und rügt aufgrund vermeintlich unzureichender Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts in erster Linie einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz. Das Urteil sei des Weiteren mangelhaft begründet und beruhe auf einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht sowie des rechtlichen Gehörs.

21

aa) Soweit mit der Rüge einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes nach Ansicht des Beklagten unzulängliche und bisweilen die Denkgesetze verletzende Rechtsausführungen bemängelt werden, scheidet ein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO von vornherein aus. Die Auslegung und Anwendung des Gesetzes gehört revisionsrechtlich dem sachlichen Recht und nicht dem prozessualen Verfahren an. Mit dem Vorwurf, dem Richter seien bei der Feststellung des sachlichen Rechts Fehler unterlaufen, kann ein Verfahrensmangel demnach nicht begründet werden; Ausnahmen hiervon sind selbst bei einem Verstoß gegen Denkgesetze oder objektiver Willkür nicht zuzulassen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1990 - 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272>; Beschlüsse vom 11. Juli 1975 - 7 B 62.74 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 133 S. 9, vom 9. Oktober 1997 - 6 B 42.97 - juris Rn. 5 und vom 16. Februar 2012 - 9 B 71.11 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 42 Rn. 8).

22

bb) Auch soweit sich das Vorbringen auf die Sachverhaltswürdigung des Oberverwaltungsgerichts bezieht, ist eine als Verfahrensfehler rügefähige Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes nicht dargetan. (Angebliche) Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts, die dem Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO genügen muss, sind regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 10 B 7.10 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 66 Rn. 4 m.w.N.). Wie das Tatsachengericht seine Überzeugung bildet, wie es also die ihm vorliegenden Tatsachen und Beweise würdigt, unterliegt seiner "Freiheit". Die Beweiswürdigung darf vom Revisionsgericht hiernach nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Würdigung des Sachverhalts eingegangen sind und ob solche Einzelumstände ausreichen, die Würdigung zu tragen. Die Einhaltung der die Überzeugungsbildung leitenden verfahrensrechtlichen Verpflichtungen ist nicht schon dann infrage gestellt, wenn ein Beteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigt oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Die Grenzen der Freiheit der richterlichen Überzeugungsbildung sind mit der Folge des Vorliegens eines Verfahrensfehlers aber dann überschritten, wenn das Gericht seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, sondern nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt oder wenn die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen oder sonst von objektiver Willkür geprägt sind (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Mai 2011 - 8 B 98.10 - juris Rn. 8, vom 13. Februar 2012 - 9 B 77.11 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 73 Rn. 7 und vom 28. März 2012 - 8 B 76.11 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 76 Rn. 8, jeweils m.w.N.).

23

Eine solche Ausnahmesituation legt der Beklagte nicht dar. Weder zeigt er auf, dass das Oberverwaltungsgericht bei seiner Überzeugungsbildung den Prozessstoff nur unvollständig erfasst habe, noch ist für einen revisionsrechtlich beachtlichen Verstoß gegen die Denkgesetze etwas dargetan. Denn ein solcher kann nur dann bejaht werden, wenn eine Schlussfolgerung aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann. Das ist nicht bereits dann der Fall, wenn der Tatrichter andere Schlüsse gezogen hat, als sie nach Auffassung eines Beteiligten hätten gezogen werden müssen, selbst wenn ein anderer Schluss sogar näher liegt als der vom Gericht gezogene (BVerwG, Urteil vom 29. Februar 2012 - 7 C 8.11 - Buchholz 419.01 § 26 GenTG Nr. 1 Rn. 44 m.w.N.).

24

c) Die Revision ist auch nicht wegen des geltend gemachten Verstoßes gegen § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO zuzulassen. Nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO müssen in den Urteilsgründen die maßgeblichen tatsächlichen Umstände und rechtlichen Erwägungen wiedergegeben werden, die das Gericht bestimmt haben, die Voraussetzungen für seine Entscheidung als erfüllt anzusehen. Das Urteil muss erkennen lassen, dass das Gericht den ermittelten Tatsachenstoff wertend gesichtet und in welchen konkreten Bezug es ihn zu den angewandten Rechtsnormen gesetzt hat. Aus den Entscheidungsgründen muss sowohl für die Beteiligten als auch für das Rechtsmittelgericht nachvollziehbar sein, aus welchen Gründen des materiellen Rechts oder des Prozessrechts das Gericht dem Vortrag eines Beteiligten, soweit es sich um einen zentralen Punkt seiner Rechtsverfolgung handelt, nicht folgt (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 18. Oktober 2006 - 9 B 6.06 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 66 Rn. 24 und vom 30. Juni 2009 - 9 B 23.09 - juris Rn. 3). Ein rügefähiger Verfahrensmangel liegt danach nur vor, wenn das Gericht auf ein zentrales und entscheidungserhebliches Vorbringen in den Urteilsgründen nicht eingeht und sich auch sonst aus dem gesamten Begründungszusammenhang nicht erkennen lässt, dass und in welcher Weise es diesen Vortrag zur Kenntnis genommen und erwogen hat. Die Begründungspflicht ist ferner immer dann verletzt, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonst wie unbrauchbar sind und damit der in § 138 Nr. 6 VwGO vorausgesetzte grobe Verfahrensfehler vorliegt (BVerwG, Beschlüsse vom 5. Juni 1998 - 9 B 412.98 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32 und vom 25. September 2013 - 1 B 8.13 - juris Rn. 16, jeweils m.w.N.).

25

Ausgehend hiervon lässt das Beschwerdevorbringen eine Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht erkennen. Das Oberverwaltungsgericht hat den Prozessstoff und dabei auch das Vorbringen des Beklagten verarbeitet und das Ergebnis seiner rechtlichen Würdigung mit Erwägungen, die insbesondere die historische Entwicklung der Abwasserbeseitigung beleuchten, unterfüttert. Dass damit die prozessrechtlichen Anforderungen an eine ordnungsmäßige Urteilsbegründung verfehlt würden, ist nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich.

26

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

Tenor

Zur Beilegung des Rechtsstreits schließen die Parteien folgenden Vergleich:

I.

Die Klägerin zahlt bis zum 8. April 2016 an die Beklagte 78,15 Euro für die Schmutzwasserbeseitigung ihres Anwesens O. D.straße ..., Sch. im Jahre 2013.

Soweit aufgrund des Bescheides vom 20. Februar 2014 Gebühren bereits entrichtet sind, ist das im Wege der Nachzahlung bzw. der Rückerstattung bis zum 8. April 2016 auszugleichen.

II.

Von den Kosten beider Rechtszüge und des Widerspruchsverfahrens tragen die Klägerin 4/5 und die Beklagte 1/5.

III.

Den Parteien wird aufgegeben, sich zum Vergleichsvorschlag bis zum 25. März 2016 zu äußern.

Gründe

Gegen den Ansatz der Grundgebühr in Höhe von 60,- Euro für das Jahr 2013 gemäß § 9a der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Gemeinde Schmidgaden vom 9. Februar 2012 (BGS-EWS) ergeben sich keine Bedenken.

Der im angefochtenen Bescheid geschätzte Schmutzwasseranfall für das Jahr 2013 von 40 m³, der gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 BGS-EWS zu einer Gebühr von 40 m³ x 1,- Euro : m³ = 40,- Euro führt, ist aufgrund folgender Erwägungen auf 18,15 m³ und damit zu einer Gebührenschuld von 18,15 Euro korrigiert:

Der Zählerstand für den Frischwasserverbrauch stand nach Aktenlage am 1. Januar 2008 auf 458 m³ und am 29. August 2014 auf 579 m³, wies also für (geringfügig gerundet) 80 Monate einen Frischwasserverbrauch von 121 m³ aus, was gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 BGS-EWS einer Schmutzwasserfracht von 121 m³ entspricht. Auf dieser Grundlage kann für die 12 Monate des Jahres 2013 eine Schmutzwasserfracht von 121 m³ : 80 Monate x 12 Monate = 18,15 m³ und damit gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 BGS-EWS eine Gebühr von 78,15 Euro angenommen werden.

Der Senat weist darauf hin, dass neben der bislang nicht in Frage gestellten Grundgebühr von 60,- Euro nur der geringere Teil des Streitgegenstandes zu regeln ist und eine Fortsetzung des Verfahrens mit etwaigen Folgeverfahren insoweit für keine der beiden Parteien nach derzeitiger Aktenlage eine nennenswert günstigere Stellung erbringen dürfte.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Ein schriftlicher, elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen, soweit dies zu seinem Verständnis erforderlich ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Finanzbehörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift,
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Finanzbehörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3.
wenn die Finanzbehörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist,
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(1) Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind, sind Gesamtschuldner. Soweit nichts anderes bestimmt ist, schuldet jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung.

(2) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt für die Aufrechnung und für eine geleistete Sicherheit. Andere Tatsachen wirken nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Die Vorschriften der §§ 268 bis 280 über die Beschränkung der Vollstreckung in den Fällen der Zusammenveranlagung bleiben unberührt.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 828,14 Euro festgesetzt.

Gründe

Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung wurde fristgerecht eingelegt und ist auch im Übrigen zulässig. Er erweist sich jedoch als unbegründet; die vom Kläger behaupteten Zulassungsgründe sind nicht entsprechend § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend dargelegt worden bzw. liegen nicht vor.

1. Die vom Kläger geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind nicht erkennbar.

1.1 Soweit er rügt, er sei nicht Bestattungspflichtiger i. S.v. Art. 15 BestG i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BestV geworden, da der streitgegenständliche Bescheid vom 26. November 2009 eine solche Bestattungspflicht nicht feststelle, verkennt der Kläger, dass die Durchführung der Bestattung keine originär gemeindliche oder staatliche Aufgabe ist, sondern nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BestG i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 15 Satz 1 BestV den dort genannten Angehörigen obliegt. Diese bußgeldbewehrte (Art. 18 Abs. 1 Nr. 10 BestG) öffentlich-rechtliche Verpflichtung besteht unmittelbar kraft Gesetzes und bedarf zu ihrer Entstehung nicht erst einer behördlichen Anordnung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BestG. Das Gesetz bestimmt die nahen Angehörigen zu den Bestattungspflichtigen, ohne darauf abzustellen, ob und in welchem Umfang diese nach zivilrechtlichen Gesichtspunkten dem Verstorbenen gegenüber unterhaltspflichtig gewesen oder ob die Familienverhältnisse intakt gewesen sind (BayVGH, B.v. 9.6.2008 - 4 ZB 07.2815 - BayVBl 2009, 537 m. w. N.).

Aus der Pflicht, für die Durchführung der Bestattung zu sorgen, folgt zugleich die Verpflichtung, die für die notwendigen Amtshandlungen nach der jeweiligen Friedhofsgebührensatzung anfallenden Gebühren und Auslagen zu tragen, wie sie die Beklagte hier mit dem streitgegenständlichen Gebührenbescheid vom 26. November 2009 geltend gemacht hat (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2014 - 4 ZB 14.734 - juris Rn. 4). Nicht die „Bestimmung des Bestattungspflichtigen“ ist durch den streitgegenständlichen Bescheid erfolgt, sondern lediglich die Bestimmung desjenigen, von dem die Beklagte die Kostenerstattung verlangt (Auswahlentscheidung zwischen mehreren kraft Gesetzes Bestattungspflichtigen).

1.2 Der Kläger macht auch zu Unrecht geltend, die Voraussetzungen für eine Ersatzvornahme durch die Beklagte hätte nicht vorgelegen, da er schon mangels Kenntnis vom Ableben seines Vaters einer gegebenenfalls bestehenden Verpflichtung zur Bestattung nicht hätte nachkommen können. Dieser Vortrag trifft offensichtlich nicht zu. Laut voneinander unabhängigen Aktenvermerken von Frau U. (v. 5.11.2009) sowie der/dem Verwaltungsangestellten N. (v. 17.12.2013) hat die zeitweise als Betreuerin des Verstorbenen eingesetzte Frau P. dort mitgeteilt, dass sie den Kläger bereits am 4. November 2009, also am Tag nach dem Sterbefall, telefonisch vom Tod des Vaters unterrichtet hat. Obwohl der Kläger hierbei zunächst seine Bereitschaft geäußert hatte, sich um die Beerdigung des Vaters zu kümmern, erfuhr die Mitarbeiterin der Beklagten, Frau U., am Nachmittag des 4. November 2009 durch einen Anruf des Seniorenheims N., die Angehörigen des Toten würden sich um die Bestattung nicht kümmern, da ihrer Meinung nach hierfür der Bezirk zuständig sei (vgl. Aktennotizen v. 17.12.2013 und v. 5.11.2009 in der vorgelegten Behördenakte). Danach ist die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass nicht bzw. nicht rechtzeitig für die Bestattung des Vaters des Klägers gesorgt werden würde. Da weder der Kläger noch sein Bruder eine Bereitschaft zu erkennen gegeben haben, selbst für die Bestattung zu sorgen, konnte und musste die Beklagte die Bestattung des Herrn D. in Auftrag geben.

1.3 Die weitere Rüge des Klägers, § 1 Abs. 1 BestV enthielte eine Rangfolge, wobei schon das bloße Vorhandensein eines vorrangig Verpflichteten die Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen ausschließe, trifft so nicht zu. Vielmehr sind die in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BestV genannten Angehörigen gemäß § 15 Satz 1 BestV unbeschadet ihres Grades der Verwandtschaft oder Schwägerschaft gleichzeitig verpflichtet, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen. Diese Personen stehen dem Verstorbenen im Sinne einer Solidargemeinschaft ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander schon allein aufgrund der familiären Verbundenheit regelmäßig näher als die Allgemeinheit, so dass es ihnen obliegen muss, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Allerdings soll die Gemeinde - sollte sie den nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BestG verpflichteten Angehörigen bestimmen - den Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft berücksichtigen (§ 15 Satz 2 BestV). Das Gleiche gilt auch bei der Geltendmachung der im Rahmen der Ersatzvornahme angefallenen Kosten. Wie sich aber bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BestV ergibt, sind die dort genannten Personen zur Leichenschau (und damit auch zur Bestattung) nur verpflichtet, „wenn sie geschäftsfähig sind“. Die Ehefrau des Verstorbenen lag zum Todeszeitpunkt des Vaters des Klägers bereits im Koma und konnte daher Rechtsgeschäfte nicht mehr selbstständig vollwirksam vornehmen (vgl. § 104 Nr. 2, § 105 Abs. 2 BGB). Ist eine in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BestV genannte Person geschäftsunfähig, entfällt daher deren Bestattungsverpflichtung und damit auch die Möglichkeit, diese Person zum Kostenersatz heranzuziehen.

1.4 Soweit der Kläger des weiteren rügt, die Beklagte habe von ihrem Auswahlermessen keinen Gebrauch gemacht und willkürlich entschieden, verkennt er, dass es sich hier um einen Fall des intendierten Ermessens handelt, d. h. dass in der Regel nur die Entscheidung für die Inanspruchnahme eines Pflichtigen ermessensfehlerfrei ist (vgl. BayVGH, B.v. 9.6.2008 - 4 ZB 07.2815 - a. a. O.). Dies folgt aus der Zweckrichtung der Regelung in Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG, wonach es regelmäßig dem Interesse der Allgemeinheit an der rechtmäßigen, wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Steuergeldern entspricht, die durch die Gemeinde verauslagten Bestattungskosten vom Bestattungspflichtigen zurückzufordern. Bei der Bestattungspflicht und der daraus resultierenden Kostentragungspflicht geht es vor allem darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. In Fällen dieser Art bedarf es einer Darlegung der Ermessenserwägungen nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände (z. B. schwere Straftaten des Verstorbenen zulasten des an sich Bestattungspflichtigen), die ein Absehen von der Rückforderung rechtfertigen könnten (vgl. BVerwG, U.v. 16.6.1997 - 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55). Solche Umstände sind vorliegend nicht dargetan.

Der Kläger und sein Bruder sind im selben Grad mit dem Verstorbenen verwandt. Gleichrangig Pflichtige sind Gesamtschuldner i. S.v. § 421 BGB. Die Entscheidung, welchen von mehreren Gesamtschuldnern die Beklagte heranzieht, fällt in ihren weiten Ermessensspielraum. Grenzen ergeben sich lediglich durch das Willkürverbot und offenbare Unrichtigkeiten. Ausreichend ist deshalb, wenn die Wahl des Schuldners unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität geeignet und zweckmäßig erscheint (vgl. BVerwG, U.v. 22.1.1993 - 8 C 57.91 - NJW 1993, 1667). Gemessen an diesen Vorgaben ist die Schuldnerauswahl der Beklagten vorliegend rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hatte vielmehr ein Wahlrecht, ob sie beide Brüder als Gesamtschuldner anteilig in Anspruch nimmt oder ob sie sich nur an einen Gesamtschuldner wegen ihrer Forderung wendet (vgl. Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 421 Rn. 12). Als Gläubigerin kann die Beklagte die Leistung zwar insgesamt nur einmal beanspruchen; der Kläger und sein Bruder wären vor einem Rechtsmissbrauch durch die Beklagte jedoch rechtlich dadurch geschützt, dass die Zahlung der Bestattungskosten durch einen der Gesamtschuldner nach § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB auch für den anderen Gesamtschuldner wirkt und die Forderung gegenüber beiden Gesamtschuldnern zum Erlöschen bringt.

2. Den Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) benennt der Kläger nur, ohne in irgendeiner Weise darzutun, woraus diese sich ergeben sollen. Der Sachverhalt ist übersichtlich, die entscheidungserheblichen Rechtsfragen lassen sich ohne weiteres anhand der anzuwendenden Rechtsvorschriften und der dazu bereits ergangenen Rechtsprechung klären.

3. Dem Verwaltungsgericht ist auch kein beachtlicher Verfahrensmangel unterlaufen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Wenn der Kläger insoweit vorträgt, er sei dadurch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden, dass das Verwaltungsgericht einen Großteil seines Vortrags, zum Beispiel dass der streitgegenständliche Gebührenbescheid keine Ausführungen zu einer festlegenden Handlungspflicht enthalte, bei der Entscheidung nicht erwogen habe, ist dem entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht diesen Vortrag zu Recht nicht berücksichtigt hat, da er nicht zutreffend ist (s.o. unter 1.).

4. Soweit der Kläger meint, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), sind die Darlegungserfordernisse nicht erfüllt. Es wurde keine Rechtsfrage formuliert, die in einem Berufungsverfahren über den Einzelfall hinausgehend für eine Vielzahl von Fällen klärungsbedürftig und auch klärungsfähig wäre.

5. Nach alledem ist der Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Antragsverfahren folgt aus §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren in einer Streitigkeit um Erteilung von Auskünften nach dem IFG (Diensttelefonliste des beklagten Jobcenters).

Gleichlautende Anträge auf Aushändigung von Diensttelefonlisten hat der Kläger ab Oktober 2013 - basierend auf einem vom Bevollmächtigten des Klägers erstrittenen Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 10. Januar 2013 (Az. 5 K 981/11) - bei einer Vielzahl von Jobcentern im gesamten Bundesgebiet gestellt und - soweit diese abgelehnt worden sind - jeweils durch seinen Bevollmächtigten zunächst Widerspruch beim Jobcenter und dann Klage bei dem jeweils zuständigen Verwaltungsgericht erhoben.

Im vorliegenden Fall hatte die Klage Erfolg. Auf Antrag des Beklagten hat der Senat die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg zugelassen und aufgrund der übereinstimmenden Anträge der Beteiligten mit Beschluss vom 21.Oktober 2016 das Ruhen des Verfahrens angeordnet (Az. 5 B 15.1829). Unter dem 21. Juli 2015 stellte der Bevollmächtigte des Klägers beim Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Mit Beschluss vom 1. März 2016 lehnte das Verwaltungsgericht diesen Antrag ab. Aus Sicht eines prozessökonomisch handelnden und sein Kostenrisiko vernünftig abwägenden Bürgers habe vorliegend angesichts der in zahlreichen gleichgelagerten Widerspruchsverfahren gegen diverse Jobcenter im ganzen Bundesgebiet eingereichten, durchwegs gleichlautenden und sehr knapp gehaltenen Schriftsätze keine Notwendigkeit bestanden, jeweils einen bevollmächtigten Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Es habe dem Kläger vielmehr zugemutet werden können, zunächst ein Verfahren mit Hilfe eines Anwalts durchzuführen, ohne die identische Problematik bei zahlreichen weiteren Jobcentern unter Zuziehung eines Anwalts anhängig zu machen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers vom 16. März 2016. Er macht geltend, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im vorliegenden Verfahren sei notwendig gewesen, da die ihm zugrunde liegende konkrete rechtliche Frage zum Zeitpunkt der Hinzuziehung noch nicht höchstrichterlich geklärt gewesen sei. Im Übrigen habe vom Beschwerdeführer nicht erwartet werden können, dass er vor der Bevollmächtigung hätte wissen müssen, dass bereits ein Antrag auf Zulassung der Berufung vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht anhängig gewesen sei. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht ein mutwilliges Verhalten des Beschwerdeführers angenommen. Dies sei im Rahmen der Prüfung der Notwendigkeit der Zuziehung auch kein Abwägungskriterium. Der Bürger sei nur in Ausnahmefällen in der Lage, seine Rechte im Widerspruchsverfahren gegenüber der Verwaltung ausreichend zu wahren.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, zu Recht abgelehnt.

Die Maßstäbe für die Beurteilung der Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. etwa BVerwG, B. v. 1.10.2009 - 6 B 14.09 - juris Rn. 5; B. v. 1.6.2010 - 6 B 77.09 - juris Rn. 6). Danach ist die Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Bevollmächtigten im Vorverfahren - anders als diejenige von Anwaltskosten im gerichtlichen Verfahren - nicht automatisch, sondern je nach Lage des Einzelfalls und nur unter der Voraussetzung der konkreten Notwendigkeit anzuerkennen, wobei die Notwendigkeit einer Aufwendung gemäß § 162 Abs. 1 VwGO aus der Sicht einer verständigen Partei zu beurteilen ist, die bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten (vgl. BVerwG, B. v. 3.7.2000 - 11 A 1.99, 11 KSt 2.99 - juris Rn. 3 m. w. N.). Maßgebend ist daher, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten bedient hätte. Notwendig ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts danach nur dann, wenn es dem Beteiligten nach seinen persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen (vgl. BVerwG, B. v. 2.7.2014 - 6 B 21/14 - juris Rn. 7). Die Schwierigkeit der Sachlage ist allerdings nicht abstrakt, sondern unter Berücksichtigung der Sachkunde und der persönlichen Verhältnisse des Widerspruchsführers festzustellen. Darüber hinaus wird die Notwendigkeit der Zuziehung auch durch die Bedeutung der Streitsache für den Beschwerdeführer bestimmt (SächsOVG, B. v. 3.4.2013 - 3 D 100/12 - juris Rn. 7). Maßgeblicher Zeitpunkt ist die förmliche Vollmachterteilung zur Einlegung des Widerspruchs.

Von diesen Maßstäben ist das Verwaltungsgericht in seinem angefochtenen Beschluss ausgegangen. Dessen Feststellung, dass eine Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten nicht vorlag, da es dem Kläger vorliegend zuzumuten gewesen wäre, den Widerspruch gegen die Ablehnung seines Auskunftsbegehrens persönlich zu erheben, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Zu Recht weist das Verwaltungsgericht insbesondere darauf hin, dass ein vernünftiger, sein Kostenrisiko abwägender Dritter, der - wie vorliegend der Kläger - an der Durchsetzung seiner vermeintlichen Ansprüche offensichtlich kein nennenswertes persönliches Interesse hat, angesichts der zu erwartenden ober- bzw. höchstrichterlichen Klärung der inmitten stehenden Rechtsfragen weder zeitgleich gleichlautende Anträge bei zahlreichen Jobcentern im gesamten Bundesgebiet gestellt bzw. nach deren Ablehnung entsprechende Widersprüche erhoben hätte, noch hierzu gar einen Rechtsanwalt beauftragt hätte. Der Einwand, vom Kläger habe man nicht erwarten dürfen, dass er vor der Bevollmächtigung hätte wissen müssen, dass bereits ein Antrag auf Zulassung der Berufung vor dem Sächsischen OVG in einer dieselben Rechtsfragen betreffenden Sache anhängig gewesen sei, greift nicht. Immerhin gehört der Bevollmächtigte des Klägers der Kanzlei an, die im genannten Verfahren als Klägerin auftritt, so dass zumindest er hiervon Kenntnis aus erster Hand hatte; die Annahme, dass er dieses Wissen seinem Mandanten, der zudem noch sein Bruder ist, entgegen seinen anwaltlichen Pflichten nicht bereits in einem ersten Gespräch über ein mögliches weiteres Vorgehen offenbart haben sollte, widerspricht jeglicher Lebenserfahrung.

Im Übrigen wäre der Kläger auch dann in der Lage gewesen, seine vermeintlichen Rechte in einem Vorverfahren ohne Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zweckentsprechend zu verfolgen, wenn er von dem Verfahren vor dem Sächsischen OVG keine Kenntnis gehabt haben sollte, etwa wenn sein Bruder ihm dies pflichtwidrig verheimlicht haben sollte. Ziel des Widerspruchsverfahrens ist es u. a., eine Selbstkontrolle der Verwaltung zu ermöglichen. Die Behörde ist dabei an keine Rügepflicht des Klägers gebunden; vielmehr ist sie gehalten, auch anlässlich eines Widerspruchs ohne nähere Begründung in eine erneute Vollprüfung einzutreten. Hiervon ausgehend und mit Blick auf die nicht erkennbare Bedeutung der in Streit stehenden Verpflichtung des Beklagten zur Herausgabe seiner Diensttelefonlisten für den Kläger war es vorliegend nicht notwendig i. S. d. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, sich im Widerspruchsverfahren eines Rechtsanwalts zu bedienen.

Hinzu kommt, dass der Kläger aufgrund der zahlreichen, völlig gleichgelagerten parallel laufenden bzw. bereits durchgeführten Widerspruchsverfahren bereits eine besondere Sach- und Rechtskunde zu dem Gegenstand des Widerspruchsverfahrens erworben hatte. Er war mit der Sach- und Rechtslage bestens vertraut und auch befähigt, einen Widerspruch selbst ohne anwaltliche Hilfe zu formulieren. Von einem durchschnittlich gebildeten Bürger in der gleichen Situation wie der Kläger konnte dies auch ohne weiteres erwartet werden, zumal hieran keine gesteigerten Anforderungen gestellt werden.

Nach alledem war die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren nach Maßgabe der vorstehenden Kriterien im vorliegenden Fall nicht notwendig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es angesichts der in Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) genannten Festgebühr nicht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.