Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2017 - 15 CS 16.2253

bei uns veröffentlicht am27.02.2017

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, die im Erdgeschoss des Gebäudes auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung R… (Baugrundstück) das „E…“ betreibt, wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen die mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. Juli 2016 verfügte und für sofort vollziehbar erklärte Anordnung der vollständigen Beseitigung von fünf Stehterminals und sechs Kabinen, die mit sog. „Glory Holes“ (Öffnungen zum Nachbarbereich) ausgestattet sind.

Eine von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung vom 3. Januar 1994 gestattete für den Laden der Antragstellerin eine „Nutzungsänderung von Lager in Videothek“. In der mit Genehmigungsstempel versehenen Planzeichnung sind fünf nebeneinanderliegende Einzelkabinen verzeichnet; im zugehörigen Bauantrag wird das Vorhaben als „Einzelhandel und Aufstellung von fünf Videokabinen“ bezeichnet. Im Rahmen einer den Umbau des Wohn- und Geschäftshauses betreffenden Baugenehmigung vom 16. August 1999 wurde eine Änderung / Erweiterung der Verkaufsflächen für die Videothek genehmigt. Kabinen werden weder im textlichen Teil Genehmigung aus dem Jahr 1999 thematisiert noch werden solche auf der zugehörigen Planzeichnung dargestellt.

Im Anschluss an eine Ortseinsicht vom 21. Februar 2014 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin erstmals mit Schreiben vom 9. April 2014 auf, den Betrieb wieder auf den genehmigten Zustand zurückzuführen. Die Zahl der Kabinen sei deutlich erhöht worden; des Weiteren gebe es Anhaltspunkte dafür, dass in den Räumen sexuelle Handlungen vorgenommen würden („Glory Hole-Kabinen“, „Darkroom“). Eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte sei im Geltungsbereich des geltenden Bebauungsplans Nr. …, der ein Mischgebiet festsetze, nicht zulässig. Anlässlich einer weiteren behördlichen Ortseinsicht wurden anhand eines Grundrissplans des „E…“ zwei Kinos (4,2 m² bzw. 5,99 m²), 13 Kabinen (zwischen 1,08 m² und 3,13 m²) und fünf Stehterminals (im baulichen Verbund) erfasst. Sechs Kabinen wiesen ebenso wie die fünf Stehterminals Verbindungen zum Nachbarraum durch Öffnungen auf, die die Vornahme (insbesondere homo-) sexueller Handlungen zwischen den Nutzern nebeneinanderliegender Bereiche ermöglichen. Mit Bescheid vom 4. April 2016 lehnte die Antragsgegnerin den im Juli 2014 zum Zweck der nachträglichen Legalisierung gestellten Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Umbau bzw. die Nutzungsänderung der im Gebäude befindlichen Einheit „E…“ ab. Hiergegen erhob die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Regensburg Verpflichtungsklage (Az. RO 2 K 16.1164), über die - soweit nach Aktenlage ersichtlich - bislang nicht entschieden wurde.

Die im vorliegenden Beschwerdeverfahren streitgegenständliche, unter Nr. 1 des Bescheids vom 6. Juli 2016 verfügte Beseitigungsverfügung stützte die Antragsgegnerin auf Art. 76 Satz 1 der Bayerischen Bauordnung (BayBO). Die Einheit „E…“ sei im Vergleich zu den bisher erteilten Baugenehmigungen erheblich umgebaut und die Art der Nutzung geändert worden. Für diese genehmigungspflichtige Nutzungsänderung könne nachträglich keine Baugenehmigung erteilt werden. Augenscheinlich dienten die Einrichtungen mit den Öffnungen vorrangig der Ermöglichung von sexuellen Handlungen; eine andere Nutzung sei nicht glaubwürdig. Ein solcher Betrieb störe das Wohnen wesentlich, weshalb er im Mischgebiet gebietsunverträglich und daher nicht zulässig sei. Darüber hinaus sei ein „Trading-Down-Effekt“ festzustellen, der im Rahmen von § 15 BauNVO zu berücksichtigen sei. So sei festgestellt worden, dass in einer in der Nähe befindlichen öffentlichen WC-Anlage regelmäßig sexuelle Handlungen unter Männern stattfänden und dort auch der Prostitution nachgegangen werde. Einige Männer suchten sowohl den Erotikshop als auch die WC-Anlage auf. Nur durch die vollständige Beseitigung der betroffenen Stehterminals und Kabinen könne die Durchführung von sexuellen Kontakten in der Einheit „E…“ und damit die unzulässige Nutzung unterbunden werden. Eine Schließung der „Glory Holes“ könne jederzeit wieder rückgängig gemacht werden. Eine behördliche Überwachung zur Gewährleistung dauerhaft geschlossener Löcher könne nicht erfolgen. Die Beseitigungsanordnung stelle das mildere Mittel im Vergleich zu einer Nutzungsuntersagung des kompletten Betriebes dar. Des Weiteren sei die Vielzahl der Stehterminals und Kabinen im Vergleich zu dem mit lediglich fünf Videokabinen genehmigten Zustand nicht zulässig. Die Reduzierung der Kabinen diene der Rückführung auf die genehmigte Nutzungsart. Für die Beseitigung spreche das öffentliche Interesse der Allgemeinheit an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei im öffentlichen Interesse erfolgt. Es seien wiederholt Beschwerden hinsichtlich des Betriebs des „E…“ in der derzeitigen Form eingegangen. Es bestehe eine erhebliche Störung der Bewohner. Eine Belassung des derzeitigen Zustandes, der vorrangig durch die „Glory Holes“ ausgelöst werde, könne nicht erfolgen. Im Falle einer zeitnahen Beseitigung der rechtswidrigen baulichen Anlagen könne die Durchführung von sexuellen Handlungen in der Einheit unterbunden werden. Insofern würde eine Rückführung auf den genehmigten Zustand bzw. in eine Videothek erfolgen, die für das Wohnen nicht störend sei.

Die Antragstellerin hat gegen Nr. 1 der Beseitigungsanordnung vom 6. Juli 2016 beim Verwaltungsgericht Regensburg Anfechtungsklage erhoben (Az. RO 2 K 16.1165), über die - soweit nach Aktenlage ersichtlich - bislang nicht entschieden wurde.

Mit Beschluss vom 18. Oktober 2016 hat das Verwaltungsgericht auf den Antrag der Antragstellerin die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 1 des Bescheids vom 6. Juli 2016 wiederhergestellt und den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in Bezug auf die Zwangsgeldandrohung gem. Nr. 4 des Bescheids abgelehnt. Hinsichtlich der Beseitigungsverfügung sei zugunsten der Antragstellerin zu entscheiden. Der Erotikladen in der derzeit betriebenen Form, d.h. mit „Glory Holes“ in den betroffenen fünf Stehterminals und sechs Videokabinen, die einzig und allein darauf abzielten, gegen Entgelt (anonyme) sexuelle Kontakte zu ermöglichen, stelle eine Vergnügungsstätte dar, die nach dem einschlägigen § 6 BauNVO 1968 generell mischgebietsunverträglich sei. Aufgrund der unzulässigen Nutzungsart könne für den konkreten Betrieb keine Baugenehmigung erteilt werden; u.a. wegen Betroffenheit der Grundkonzeption des Bebauungsplanes (Widerspruch zum Gebietscharakter) komme auch keine Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB in Betracht. Die angeordnete vollständige Beseitigung der mit „Glory Holes“ versehenen Stehterminals und Videokabinen sei aber nach summarischer Prüfung nicht erforderlich, um das verfolgte Ziel - nämlich die Unterbindung von sexuellen Kontakten zwischen Kunden in benachbarten Kabinen - zu erreichen. Von der Verfügung der Verschließung der „Glory Holes“ als milderes Mittel habe die Antragsgegnerin nur abgesehen, da nicht gewährleistet sei, dass die Öffnungen dauerhaft verschlossen blieben. Aus Sicht des Verwaltungsgerichts sei es aber im Vergleich zur vollständigen Entfernung der Terminals bzw. Kabinen als weniger einschneidende Maßnahme ohne weiteres möglich, die vorhandenen „Glory Holes“ dauerhaft und sabotagesicher zu verschließen bzw. die mit „Glory Holes“ versehenen Kabinenwände auszutauschen. Die vollständige Beseitigung der betroffenen Terminals und Kabinen sei daher unverhältnismäßig. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass die Nutzung auch aufgrund der Quantität der Kabinen (heute 18 statt der vormals genehmigten fünf Kabinen) in eine das Wohnen störende und damit in eine mischgebietsunverträgliche Nutzung i.S. von § 6 BauNVO 1968 umschlage. Nachdem es der Antragsgegnerin jedoch in erster Linie darauf angekommen sei, sexuelle Kontakte zwischen den Kunden zu unterbinden, falle die im Rahmen des Eilrechtschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin aus. Selbst wenn aufgrund der Anzahl der vorhandenen Kabinen ein mischgebietsunverträglicher Betrieb vorliegen sollte, sei eine besondere Dringlichkeit für deren sofortige Beseitigung nicht ersichtlich. Zudem sei die angeordnete Beseitigung der mit Glory Holes versehenen Kabinen und Terminals nicht uneingeschränkt geeignet, das von der Antragsgegnerin verfolgte Ziel vollständig zu erreichen, weil auch innerhalb der Videokabinen sexuelle Kontakte möglich blieben.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin. Sie beantragt (sinngemäß),

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 18. Oktober 2016 abzuändern und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage auch in Bezug auf Nr. 1 des Bescheids vom 6. Juli 2016 abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 1 des Bescheids vom 6. Juli 2016 im Ergebnis zu Recht wiederhergestellt.

Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, aber nicht das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrags auf Wiederherstellung des Suspensiveffekts. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.

Die von der Antragsgegnerin innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist geltend gemachten Beschwerdegründe‚ auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Zugrundelegung des für die Beschwerdeentscheidung in erster Linie maßgebenden Beschwerdevorbringens sind die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage als offen einzuschätzen (1.). Die demnach vorzunehmende Abwägung der gegenseitigen Interessen fällt zu Gunsten der Antragstellerin aus (2.).

1. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann nicht sicher prognostiziert werden, dass die Beseitigungsverfügung vom 6. Juli 2016 rechtmäßig ist. Die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage des Antragstellers stellen sich mithin am Maßstab von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO als offen dar.

Gemäß Art. 76 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn Anlagen (Art. 2 Abs. 1 BayBO) im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

Das „E…“ wird gegenwärtig formell rechtswidrig betrieben, weil es jedenfalls hinsichtlich des konkreten Umfangs des Betriebs an der erforderlichen Baugenehmigung fehlt. Unabhängig von der Frage, ob und in welchem Umfang die Nutzung von fünf Kabinen in dem als Videothek genehmigten Laden von der Bestandskraft der beiden Baugenehmigungen aus den Jahren 1994 und 1999 gedeckt ist (vgl. am Maßstab der Bestimmtheit der Baugenehmigung OVG Münster, B.v. 23.9.1988 - 11 B 1739/88 - NVwZ-RR 1989, 344 ff.), wird mit der heutigen Form der Nutzungsintensivierung durch 13 Kabinen, fünf Stehterminals und zwei Kinos sowie durch die Ermöglichung sexueller Kundenkontakte untereinander (insbesondere durch Kabinen mit „Glory Holes“) die vormals genehmigte Variationsbreite verlassen.

Mithin liegt eine Nutzungsänderung im bauordnungsrechtlichen Sinne vor, die mangels Einschlägigkeit der Voraussetzungen des Art. 57 Abs. 4 BayBO gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO grundsätzlich genehmigungspflichtig ist. Es muss an dieser Stelle nicht entschieden werden, ob die tatsächlich ohne Baugenehmigung erfolgte Nutzungsänderung mit Blick auf die Frage der Vereinbarkeit mit dem Bebauungsplan (vgl. Art. 58 Abs. 2 Nr. 2 BayBO) oder aufgrund einer örtlichen Bauvorschrift (Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayBO) grundsätzlich dem Freistellungsverfahren gem. Art. 58 Abs. 1, Abs. 2 BayBO unterfällt oder nicht. Die streitgegenständliche Beseitigungsverfügung sowie die mit Bescheid vom 4. April 2016 ausgesprochene Ablehnung der nachträglichen Baugenehmigung zeigen, dass die Antragsgegnerin die Nutzungsänderung als materiell baurechtswidrig bewertet und deshalb im Falle der Vorlage der Bauvorlagen im Freistellungsverfahren wohl auf die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens bestanden hätte (Art. 58 Abs. 2 Nr. 4 BayBO). Unabhängig hiervon genügt jedenfalls die bloße formelle Rechtswidrigkeit grundsätzlich nicht für eine Beseitigungsanordnung gem. Art. 76 Satz 1 BayBO. Die Beseitigung darf in der Regel (jedenfalls zunächst) nicht angeordnet werden, wenn auf andere Weise - nämlich durch nachträgliche Genehmigung (vgl. Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 76 Rn. 5, 8, 16) - ein rechtmäßiger Zustand geschaffen werden kann. Insofern kommt es darauf an, ob die laut des Bescheids vom 6. Juli 2016 zu beseitigenden Kabinen und Stehterminals genehmigungsfähig sind bzw. über Genehmigungshindernisse ausräumende Auflagen gem. Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG genehmigungsfähig gemacht werden können.

Die Antragsgegnerin macht mit der Beschwerde geltend, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht unterstellt, dass mit der Beseitigungsanordnung ausschließlich das Ziel verfolgt worden sei, sexuelle Kontakte zwischen Kunden in benachbarten Kabinen bzw. Stehterminals zu unterbinden. Hauptziel der Verfügung sei es vielmehr auch gewesen, einen den öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widersprechenden, insbesondere die vorhandene Wohnnutzung nicht störenden baulichen Zustand wiederherzustellen. Schon aufgrund der deutlich höheren Anzahl an Kabinen liege eine andere - die Wohnnutzung wesentlich störende - Qualität der Nutzung vor. Die nicht genehmigte Erhöhung der Zahl der Videokabinen / Stehterminals führe jedenfalls zu einer Erhöhung des Störgrades der Einrichtung in mischgebietsunverträglicher Weise. Im Übrigen sei im bloßen Verschließen der Öffnungen keine genauso geeignete und gleichermaßen effektive Handlungsalternative zur Gesamtbeseitigung zu sehen, weil auf Druck der Kunden die zwischenzeitlich (freiwillig) verschlossenen „Glory Holes“ wieder geöffnet worden seien. Die durch das Verwaltungsgericht angedeuteten Alternativen stellten das Ziel der Herstellung der Mischgebietsverträglichkeit der baulichen Anlage und damit baurechtmäßiger Zustände nicht hinreichend sicher.

Unabhängig von den Fragen, ob diese Zielrichtung - wie die Antragsgegnerin meint - tatsächlich in der Begründung resp. in den Ermessenserwägungen der Beseitigungsverfügung zum Ausdruck kommt bzw. ob die Antragsgegnerin mit der Beschwerdebegründung Ermessenerwägungen i.S. von § 114 Satz 2 VwGO nachgeschoben hat, kann auch bei Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht ohne Weiteres abschließend beurteilt werden, ob auf andere Weise, nämlich durch nachträgliche Genehmigung (ggf. mit einer konkretisierten Betriebsbeschreibung bzw. mit einschränkenden Auflagen, s.u.), rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

Der Senat, dem die Bebauungspläne Nr. … und Nr. … der Antragsgegnerin, von denen im Tatbestand des Beschlusses des Verwaltungsgerichts die Rede ist, sowie die diesbezüglichen Planungsakten nicht vorgelegt worden sind, legt im Rahmen der im Eilverfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage die - von den Beteiligten im Beschwerdeverfahren nicht in Zweifel gezogene - Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts zu Grunde, wonach das Baugrundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplans mit einer Mischgebietsausweisung liegt und aufgrund des Alters des Bebauungsplans hinsichtlich der zulässigen Nutzungsart § 1 Abs. 3 Satz 2 i.V. mit § 6 BauNVO in der Fassung von 1968, und mithin nicht § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO in der aktuellen Fassung Anwendung findet (vgl. König in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, Einl. Rn. 27). Entscheidend ist daher, ob die von der Beseitigungsverfügung erfassten Kabinen und Stehterminals das „E…“ zu einer sog. kerngebietstypischen Vergnügungsstätte machen, die in ihrer konkreten Form nach § 6 BauNVO 1968 gebietsunverträglich und damit bauplanungsrechtlich unzulässig ist.

Da im „E…“ nicht lediglich Waren (Videos) verliehen oder verkauft werden, sondern jeweils gegen Entgelt

– Kino- bzw. Videofilme mit sexuellem / erotischen Inhalt angeschaut werden können,

– über die Bereitstellung von Kabinen jedenfalls die Möglichkeit der Vornahme von Selbstbefriedigungshandlungen eröffnet wird und

– mit sog. „Glory Holes“ ausgestattete Kabinen und Stehterminals zur Verfügung gestellt werden, die offensichtlich den Zweck haben, (insbesondere homo-) sexuelle Kontakte der Nutzer benachbarter Kabinen zu ermöglichen,

handelt es sich im derzeitigen tatsächlichen Betrieb im bauplanungsrechtlichen Sinn um eine Vergnügungsstätte, nämlich um eine gewerbliche Einrichtung, die den erotisch / sexuellen Interessen der Kunden dient und durch kommerzielle Unterhaltung der Besucher über entsprechende Dienstleistungen geprägt ist (vgl. u.a. am Beispiel von Sexkinos, Lokalen mit Video-Kabinen bzw. Video-Peep-Shows: OVG Berlin, B.v. 9.4.1997 - 2 S. 5.97 - BauR 1997, 1006/1007; OVG Bremen, B.v. 4.4.1991 - 1 B 74/90 - BauR 1991, 434; OVG NRW, B.v. 27.2.1987 - 11 B 2903/85 - BRS 47 Nr. 202; VG Gelsenkirchen, U.v. 24.3.2004 - 10 K 2432/02 - NWVBl. 2004, 323/ 324 f.; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 22.21; Wahlhäuser in Bönker/Bischopnik, BauNVO, 1. Aufl. 2014, § 4a Rn. 76; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2016, § 4a Rn. 69; Söfker in ebenda § 6 Rn. 42; Stange, BauNVO, 3. Aufl. 2015, § 4a Rn. 46).

§ 6 BauNVO 1968 enthält - anders als § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO in der aktuellen Fassung - keine ausdrückliche Regelung über die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten in einem Mischgebiet. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO 1968 sind Vergnügungsstätten als „sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe“ in einem Mischgebiet nur dann zulässig, wenn sie nicht kerngebietstypisch sind und keine wesentlichen Störungen für die Wohnruhe mit sich bringen (BVerwG, U.v. 25.11.1983 - 4 C 64.79 - BVerwGE 68, 207 = juris Rn. 8 ff., insbes. Rn. 12). Als typisch für Kerngebiete und daher als unzulässig in einem Mischgebiet gem. § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO 1968 anzusehen sind Vergnügungsstätten, die als zentrale Dienstleistungsbetriebe auf dem Unterhaltungssektor einen größeren Einzugsbereich haben und für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar sein sollen (BVerwG, U.v. 25.11.1983 a.a.O.; Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 7 Rn. 17). Umgekehrt sind nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätten solche, die diese Eigenschaften nicht aufweisen, etwa weil sie nur der Entspannung und Freizeitbetätigung in einem begrenzten Stadtteil dienen. Maßgeblich für die Zuordnung zu den Kategorien „kerngebietstypisch“ / „nicht kerngebietstypisch“ sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalles, die ermittelt und aufgearbeitet werden müssen. Erforderlich ist eine auf der Einschätzung der tatsächlichen örtlichen Situation beruhende städtebauliche Gesamtbeurteilung. Wenn das Leistungsangebot darauf zugeschnitten ist, eine überregionale Kundschaft anzulocken spricht dies für eine kerngebietstypische, im Mischgebiet unzulässige Vergnügungsstätte. Allein ein übergemeindlicher Kundenstamm macht eine Einrichtung aber noch nicht zu einer zentralen kerngebietstypischen Einrichtung. Denn maßgebend für die Unverträglichkeit einer Vergnügungsstätte mit einer Wohnnutzung ist insbesondere der Störungsgrad der Einrichtung. Dieser hängt entscheidend z.B. von der Größe des Betriebes ab (zum Ganzen: BVerwG, U.v. 21.2.1986 - 4 C 31.83 - NVwZ 1986, 643 = juris Rn. 10; OVG NRW, U.v. 15.6.2012 - 2 A 2992/11 - ZfBR 2012, 682 = juris Rn. 9 ff.; Wahlhäuser in Bönker/Bischopnik, BauNVO, 1. Aufl. 2014, § 4a Rn. 82; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2016, § 6 Rn. 43 m.w.N.; zur Einzelfallbetrachtung im Fall eines „Swingerclubs“ - dort Kerngebietstypik verneint: VG Darmstadt, U.v. 26.6.2012 - 7 K 1187/11.DA - juris Rn. 36 ff.). Bei einem kleineren Laden wie dem vorliegenden kann auch die Frequenz der Kundenbesuche, ggf. (ähnlich wie bei Bordellen vgl. BVerwG, U.v. 25.11.1983 - 4 C 21.83 - BVerwGE 68‚ 213 = juris Rn. 11; B.v. 2.11.2015 - 4 B 32.15 - NVwZ 2016, 151 = juris Rn. 4; HambOVG, U.v. 6.5.2015 - 2 Bf 2/12 - juris Rn. 55; OVG M-V, B.v. 22.1.2016 - 1 M 416/15 - NVwZ-RR 2016, 663 = juris Rn. 16) auch das Maß der milieubedingten Unruhe maßgebend sein, falls (was ggf. von der Antragsgegnerin bzw. im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zu ermitteln wäre) solche Auswirkungen typische Begleiterscheinungen von Nutzungen dieser Art sind. Ergänzend kann sich die Frage stellen, ob § 15 BauNVO weitere bauplanungsrechtliche Zulässigkeitshürden im konkreten Einzelfall aufstellt (vgl. NdsOVG, B.v. 8.5.1987 - 6 B 10/87 - BRS 47 Nr. 199; Schl.Holst. OLG, U.v. 15.5.1997 - 11 U 121/94 - NVwZ-RR 1998, 6 = juris Rn. 16 f.).

Im Bescheid vom 4. April 2016, mit dem der Antrag auf nachträgliche Baugenehmigung abgelehnt wurde, wird ausschließlich mit der Prämisse argumentiert, dass in der Betriebseinheit auch weiterhin u.a. über „Glory Holes“ die Durchführung sexueller Handlungen der Kunden untereinander ermöglicht werde und dass das Betriebskonzept der Antragstellerin auch künftig genau darauf abziele. Dies stelle eine wesentliche Störung der Wohnnutzung dar. In ähnlicher Weise wird in der Begründung der Beseitigungsverfügung jedenfalls im Schwerpunkt argumentiert.

In Anwendung der o.g. Abgrenzungskriterien spricht Einiges dafür, dass ein Erotikladen als Begegnungsort, an dem Kunden sexuelle Kontakte anbahnen und gegenseitig durchführen können, auch mit Blick auf die in den Behördenakten enthaltenen Kundenkommunikationen via Internet die Schwelle zu einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte erreicht und deshalb am Maßstab von § 6 BauNVO 1968 als gebietsunverträglich einzustufen ist. Allerdings erscheint es selbst bei Annahme einer grundsätzlichen planungsrechtlichen Unzulässigkeit der gegenwärtigen Betriebsform nicht von vornherein und unter jedem Gesichtspunkt ausgeschlossen, dass die von der Beseitigungsanordnung betroffenen Kabinen und Stehterminals über eine Baugenehmigung mit einschränkenden Regelungen nachträglich legalisiert werden. So könnte etwa über eine Betriebsbeschreibung gem. § 3 Nr. 3, § 9 BauVorlV, die zum Gegenstand einer Baugenehmigung gemacht wird, sowie durch Auflagen nach Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG (mit dem Inhalt, dass zwischen den Trennwänden dauerhaft keine Kontaktöffnung bestehen dürfen und dass sexuelle Kontakte der Kunden zu unterbinden sind) dafür gesorgt werden, dass die betroffene Örtlichkeit nicht als Treffpunkt für sexuelle Handlungen mit anderen genutzt wird.

Die Antragsgegnerin unterstellt demgegenüber, dass sich die Antragstellerin nicht an solche Maßgaben halten würde. Die Antragstellerin hat aber im Baugenehmigungsverfahren eine Betriebsbeschreibung vom 22. August 2014 vorgelegt, wonach jedenfalls hinsichtlich der Nutzung der Kinoabteile sexuelle Handlungen der Kunden untereinander unterbunden würden. Ebenso hat die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 18. und 19. Juli 2016 angeboten, die Stehterminals freiwillig zu beseitigen und sämtliche „Glory Holes“ in sabotagesicherer Weise zu verschließen. Eine Haltung der Behörde, die sich der Last der Überwachung gegenübersieht und von vornherein davon ausgeht, die Antragstellerin werde sich nicht an einschränkende Vorgaben halten sowie am Betrieb des „E…“ in der Sache nichts ändern, überzeugt zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Denn bis zum Erlass der Beseitigungsverfügung sind gegenüber der Antragstellerin keinerlei anderweitigen verpflichtenden Maßnahmen verfügt worden (etwa mit dem Inhalt, „Glory Holes“ dauerhaft zu verschließen und sicherzustellen, dass Kunden keine sexuellen Handlungen untereinander vornehmen). Rückschlüsse auf ein künftiges anordnungswidriges Verhalten können mithin derzeit nicht ohne Weiteres gezogen werden.

Ob insbesondere bei einem Betrieb ohne sexuelle Kontakte der Kunden untereinander allein wegen der Anzahl der nunmehr vorhanden 18 Kabinen eine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit als nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätte am Maßstab von § 6 BauNVO 1968 gegeben wäre, hängt von diversen Einzelfragen ab, die von der Antragsgegnerin bislang nicht aufgearbeitet worden sind. Soweit sie mit der Beschwerde vorträgt, dass es ihr nicht nur um die Unterbindung sexueller Kontakte zwischen Kunden in benachbarten Kabinen / Stehterminals, sondern auch darum gehe, allgemein einen die Wohnnutzung im Mischgebiet nicht störenden baulichen Zustand wiederherzustellen, bleiben ihre Ausführungen vage. Zwar dürfte mit zunehmender Anzahl von (Einzel-) Kabinen in einer Videothek mit erotischem Filmangebot auch ohne Möglichkeit der Kontaktaufnahme zum Kabinennachbarn die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte steigen (vgl. VG Dresden, U.v. 18.5.2011 - 4 K 1229/08 - juris Rn. 29; zurückhaltender VG Minden, U.v. 23.10.2012 - 1 K 2109/11 - juris Rn. 48). Eine konkrete Abgrenzung zwischen mischgebietsverträglichen (resp. nicht kerngebietstypischen) und nicht mischgebietsverträglichen Vergnügungsstätten mit Blick auf das Ob und die Anzahl der Kabinennutzung (ohne sexuelle Kontakte der Kunden untereinander) hat die Antragsgegnerin aber bislang nicht vorgenommen. Insbesondere wurde von ihr nicht plausibilisiert, inwiefern und unter welchen Voraussetzungen eine nicht auf sexuelle Kontakte ausgerichtete Nutzung der Kabinen in kerngebietstypischer Weise auf einen größeren Einzugsbereich und für ein größeres und allgemeines Publikum ausgerichtet wäre. Der allgemeine Hinweis, dass die höhere Anzahl an Kabinen eine die Wohnnutzung wesentlich störende Qualität bedinge und dass es hierdurch zu einer Erhöhung des Störgrades der Einrichtung in mischgebietsunverträglicher Weise gekommen sei, wird von ihr nicht näher begründet. Diesbezügliche Ermittlungen sowie einzelfallbezogene Feinabgrenzungen zwischen einerseits kerngebietstypischer und andererseits nicht kerngebietstypischer, d.h. noch mischgebietsverträglicher Nutzung eines Erotik-Videoverleihbetriebs mit Kabinennutzung sind nicht im vorläufigen Rechtsschutzverfahren vorzunehmen, sondern müssen dem Hauptsacheverfahren über die Beseitigungsanordnung bzw. über die Versagung der Baugenehmigung vorbehalten bleiben. Ebenso gehört die abschließende Beurteilung, ob § 15 BauNVO der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit entgegensteht (auch wenn auf eine Nutzung verzichtet wird, bei der sexuelle Kontakte der Kunden untereinander ermöglicht werden), mit Blick auf die hierfür erforderliche Ermittlung und Bewertung der Einzelfallumstände nicht ins Eilverfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO (ebenso NdsOVG, B.v. 8.5.1987 - 6 B 10/87 - BRS 47 Nr. 199).

2. Sind die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage gegen die Beseitigungsverfügung derzeit offen, ist über den Antrag aufgrund einer (reinen) Interessenabwägung zu entscheiden. Je gewichtiger die auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme Unabänderliches bewirkt, desto stärker ist der Rechtsschutzanspruch des Betroffenen und umso weniger müssen seine Interessen zurückstehen. Umgekehrt ist den öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug umso eher der Vorrang einzuräumen, je weniger belastend die Maßnahme für den Betroffenen wirkt und je weniger vollendete Tatsachen dadurch geschaffen werden (BayVGH, B.v. 17.11.2014 - 7 CS 14.275 - juris Rn. 34; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 77 m.w.N.). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe fällt die Interessenabwägung zu Gunsten der Antragstellerin und zu Lasten der Antragsgegnerin aus.

Die Antragsgegnerin hat mit Blick auf die Nutzungsänderungsgenehmigung vom 3. Januar 1994 und die im Anschluss erfolgte jahrelange Nutzung durch die Betreiber des Ladens offensichtlich den Betrieb der Videothek mit fünf Einzelkabinen (ohne „Glory Holes“) als im Mischgebiet gebietsverträglich und damit nicht von vornherein als bauplanungsrechtlich unzulässig angesehen. Der Senat verkennt im Rahmen der Interessenabwägung auch nicht, dass etwa die Eigentümer der sonstigen Grundstücke im Plangebiet ein nicht unerhebliches Interesse an der bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzung im gesamten Plangebiet haben (zum sog. Gebietserhaltungsanspruch vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 12 ff.; BayVGH, B.v. 1.6.2016 - 15 CS 16.789 - juris Rn. 23). Allerdings steht der Antragsgegnerin zur Sicherung der bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzungsart im Plangebiet die Möglichkeit zur Verfügung, eine (Teil-) Nutzungsuntersagung zu erlassen, soweit die gegenwärtige Nutzung des Erotikladens nicht von den bestandskräftigen Baugenehmigungen aus den Jahren 1994 und 1999 gedeckt ist (s.o.). In der Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier (s.o.) - ohne die erforderliche Baugenehmigung ausgeführt wird (speziell zu sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagungen im Falle formell rechtswidriger Videokabinen bzw. „Video-Peep-Show-Filmkabinen“ vgl. OVG Berlin, B.v. 9.4.1997 - 2 S. 5.97 - BauR 1997, 1006 ff.; NdsOVG, B.v. 8.5.1987 - 6 B 10/87 - BRS 47 Nr. 199; OVG NRW, B.v. 27.2.1987 - 11 B 2903/85 - BRS 47 Nr. 202). Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung aufgrund des Übermaßverbots dann nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (BayVGH, B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 21 m.w.N.). Eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit erscheint aber mit Blick auf die von diversen Einzelfaktoren abhängige, ggf. Nebenbestimmungen (Auflagen) einbeziehende sowie weitere Ermittlungen, Prognosen und Bewertungen abverlangende Beantwortung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgeschlossen.

Aus dem Grundrissplan, der zur genauen Erfassung der zu beseitigenden Stehterminals und Kabinen zum Inhalt der Beseitigungsverfügung gemacht wurde, ergibt sich zudem, dass ein nicht unerheblicher Teil des gegenwärtigen Inventars des „E…“ betroffen ist. Im Rahmen der Interessenabwägung kann dabei nicht zugunsten des Vollzugsinteresses in die Waagschale geworfen werden, dass die Beseitigungsverfügung in ihren Folgen resp. Belastungswirkungen einer bloßen (Teil-) Nutzungsuntersagung sehr nahe käme, weil der Auf- und Abbau der betroffenen fünf Stehterminals und sechs Kabinen mit einem völlig unerheblichen finanziellen Aufwand und ohne nennenswerten Substanzverlust einherginge (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2015 - 15 CS 14.943 - juris Rn. 25 ff. - formell illegal errichteter und genutzter Imbisswagen; vgl. auch die Erwägungen bei BayVGH, B.v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 23; B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 38, 39; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 76 Rn. 6 m.w.N.).

Die Antragstellerin hat auf Nachfrage des Gerichts im Beschwerdeverfahren unter Vorlage einer Fotodokumentation der betroffenen Kabinen bzw. Terminals vorgebracht, dass der zeitliche Aufwand für deren vollständigen Abbau bei Einsatz von zwei Arbeitern zwei Tage betrage, sodass sich die Kosten hierfür auf ca. 960,- Euro (2 Arbeiter x 16 Arbeitsstunden x 30,- Euro/Arbeitsstunde) zzgl. Material und Wegekosten beliefen. Der zeitliche Aufwand für den Wiederaufbau betrage acht Tage, sodass die Wiederaufbaukosten ohne Material- und Fahrtkosten mit 3.840,- Euro zu veranschlagen seien (128 Arbeitsstunden x 30,- Euro/Arbeitsstunde). Neben den 4.800,- Euro Gesamtkosten für den Abbau und den Wiederaufbau zzgl. Nebenkosten sei auch mit einem Substanzverlust in Höhe von 1.000,- Euro zu rechnen (Spanplatten, Verschraubungen, Verkabelungen).

Die Antragsgegnerin hat hierzu ausgeführt, dass die Kabinen am Fliesenboden mit U-Profilen / Leisten befestigt und nach oben offen, d.h. nicht mit der Decke verbunden seien. Von der Decke führten lediglich Kabelschächte für die Leitungen der Fernsehgeräte und Bedienelemente. Die Wände seien jeweils mit Aluleisten miteinander verbunden. Der vollständige Ab- und Wiederaufbau der von der Beseitigungsverfügung erfassten Stehterminals und Kabinen dürfte zeitlich als auch finanziell maximal mit dem von der Antragstellerin angegebenen Aufwand möglich sein. Aus Sicht der Antragsgegnerin scheine der zeitliche und finanzielle Aufwand für den Wiederaufbau jedoch eher hoch angesetzt. Mit dem vollständigen Ab- und Wiederaufbau dürfte auch kein Substanzverlust in der von der Antragstellerin genannten Höhe einhergehen.

Damit ist - unabhängig von der nach Aktenlage nicht abschließend zu klärenden Frage hinsichtlich der konkreten Höhe der anzusetzenden Beträge - auf Basis des Vortrags beider Parteien jedenfalls von einem nicht völlig unerheblichen Aufwand für den Abbau und Wiederaufbau der Kabinen auszugehen. Ebenso dürfte nicht grundsätzlich streitig sein, dass mit einem Abbau und anschließendem Wiederaufbau ein gewisser, nicht gänzlich zu vernachlässigender Substanzschaden verbunden wäre. Die Beseitigungsverfügung geht nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage in ihren fühlbaren Auswirkungen damit nicht lediglich marginal über eine entsprechende (Teil-) Nutzungsuntersagung hinaus. Unter Berücksichtigung der Wertung des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, wonach im Eilverfahren zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes irreparable Folgen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme eintreten können, soweit als möglich vermieden werden sollen (vgl. BVerfG, B.v. 14.9.2016 - 1 BvR 1335/13 - EuGRZ 2016, 698 = juris Rn. 19), erscheint daher die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zur Verhinderung der Schaffung vollendeter Tatsachen geboten.

3. Angesicht des Ergebnisses der allgemeinen Interessenabwägung kann dahinstehen, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO entsprach (zu den Anforderungen vgl. BayVGH, B.v. 28.3.2007 - 1 CS 06.3006 - BayVBl. 2008, 541 = juris Rn. 27 m.w.N.; Molodovsky in Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand: November 2016, Art. 76 Rn. 123 ff.; Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: August 2016, Art. 76 Rn. 332 ff.; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 76 Rn. 24).

4. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sie mit ihrer Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 6 Mischgebiete


(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Geschäfts- und Bürogebäude,3. Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie B

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2017 - 15 CS 16.2253 zitiert oder wird zitiert von 18 Urteil(en).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Mai 2015 - 15 CS 15.9

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Tenor I. Nr. I. und Nr. II. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 werden geändert. Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 01. Juni 2016 - 15 CS 16.789

bei uns veröffentlicht am 01.06.2016

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller hat die Kosten Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahre

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2016 - 15 CS 16.300

bei uns veröffentlicht am 19.05.2016

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Dez. 2015 - 15 CS 14.943

bei uns veröffentlicht am 09.12.2015

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt. Gründe

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 14. Sept. 2016 - 1 BvR 1335/13

bei uns veröffentlicht am 14.09.2016

Tenor 1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. März 2013 - OVG 11 S 12.13 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 GG. Der

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 22. Jan. 2016 - 1 M 416/15

bei uns veröffentlicht am 22.01.2016

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 28. September 2015 – 7 B 3350/15 SN – wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Streitwert w

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 06. Mai 2015 - 2 Bf 2/12

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Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2011 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass auch der in 2. Instanz gestellte Feststellungsantrag abgewi
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Verwaltungsgericht München Beschluss, 25. März 2019 - M 8 S 19.731

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Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage (M 8 K 19.732) gegen den Bescheid vom 10. Januar 2019 wird hinsichtlich Ziffer 1 wiederhergestellt und hinsichtlich Ziffer 3 angeordnet. II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Ve

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. März 2019 - 8 CS 18.2398

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Tenor I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 31. Oktober 2018 (Az.: Au 1 S 18.1797) geändert. II. Die aufschiebende Wirkung der bei dem Verwaltungsgericht Augsburg erhoben

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 05. Sept. 2018 - AN 9 K 17.01239

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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ordnungsverfügung der Beklagten vom 19. Juni 2

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Nov. 2017 - 15 ZB 16.1885

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt. Gründe

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(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2011 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass auch der in 2. Instanz gestellte Feststellungsantrag abgewiesen wird.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der auf Grund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, falls nicht die vollstreckungsberechtigten Beteiligten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe der zu vollstreckenden Kosten leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen die Beigeladene begünstigenden Bauvorbescheid sowie gegen eine diese begünstigende Baugenehmigung zur Nutzung des Obergeschosses eines Bürogebäudes als Bordell.

2

Das streitgegenständliche Grundstück in der ...- Straße ... in Hamburg, für das die Nutzungsänderung genehmigt worden ist, ist mit einem im Jahr 1972 genehmigten Lager- und Geschäftshaus bebaut. Das Erdgeschoss dieses Gebäudes wurde zuletzt durch einen Elektronikfachhandel genutzt und steht gegenwärtig leer.

3

Das Grundstück ...- Straße ... liegt im Geltungsbereich der Verordnung über den Bebauungsplan Wandsbek 69/Tonndorf 29 vom 11. August 1999 (HmbGVBl. S. 213) und ist als Gewerbegebiet ausgewiesen. Zuvor wiesen die - abseits der Art der zulässigen Nutzung fortgeltenden - Baustufenpläne Wandsbek-Marienthal und Tonndorf-Jenfeld das Plangebiet insgesamt als Industriegebiet aus. Nach § 2 Nr. 5 Satz 1 des Bebauungsplans Wandsbek 69/Tonndorf 29 (PlanVO) sind im Gewerbegebiet Büro- und Verwaltungsgebäude nur ausnahmsweise zulässig. § 2 Nr. 5 Satz 2 PlanVO schließt Ausnahmen für Vergnügungsstätten im Gewerbegebiet aus. Außerdem sind gemäß § 2 Nr. 6 PlanVO im Industrie- und Gewerbegebiet gewerbliche Freizeiteinrichtungen (wie Squash- und Tennishallen, Bowlingbahnen etc.) mit einzelnen Ausnahmemöglichkeiten unzulässig.

4

Ausweislich Ziffer 2. der Planbegründung sollte mit dem Erlass des Bebauungsplans Wandsbek 69/Tonndorf 29 die Ansiedlung zentrengefährdender Einzelhandelsbetriebe unterbunden, die Zulässigkeit von Betrieben mit flächenbeanspruchenden Waren geregelt und das Plangebiet für produzierendes Gewerbe gesichert werden. Reine Büronutzungen sollten im Gewerbegebiet nur unter Duldung von Emissionen zugelassen werden. Zum Ausschluss der Vergnügungsstätten heißt es in der Begründung unter Ziffer 4.4 „Gliederung der Baugebiete“:

5

„Im Gewerbegebiet werden Ausnahmen für Vergnügungsstätten ausgeschlossen (vgl. § 2 Nr. 5 Satz 2). Damit soll in Verbindung mit den differenzierten Regelungen zur beschränkten Zulässigkeit von Einzelhandel und gewerblichen Freizeiteinrichtungen die planerische Zielsetzung verfolgt werden, die im Bereich des F... Damms vorhandene „Automeile“ zu sichern und zu entwickeln. Die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten aller Art (z.B. Nachtlokale, Diskotheken, Spiel- und Automatenhallen) kann sich negativ auf das gewerbliche Umfeld auswirken und damit zu einem weiteren Verlust an Attraktivität der hier ansässigen Betriebe führen. Weiterhin sind Betreiber von Spielhallen und ähnlichen Unternehmen in der Lage, höhere Mieten bzw. Pachten zu zahlen als andere Betriebe, so daß sich eine erhöhte Gefahr der Verdrängung bestehender gewerblicher Einrichtungen ergibt.“

6

Am 4. Juli 2008 beantragte ein Rechtsvorgänger der Beigeladenen, Herr H..., als Bauherr bezogen auf das Grundstück ...- Straße ... einen Vorbescheid für eine geplante Nutzungsänderung des vorhandenen Bürogebäudes zu der bauplanungsrechtlichen Fragestellung:

7

Ist ein Bordellbetrieb aus Sicht der BauNVO 1990 ein „Gewerbebetrieb aller Art“ oder eine „Vergnügungsstätte“?

8

Die Beklagte beantwortete diese Frage mit Vorbescheid vom 12. September 2008 dahingehend, dass es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei einem Bordell, in dem Prostituierte nicht wohnten, um eine gewerbliche Nutzung „sui generis“ handele, die in die planungsrechtliche Kategorie „Gewerbebetriebe aller Art“ falle. Es sei keine Vergnügungsstätte im Sinne des § 2 Nr. 5 Satz 2 der Verordnung über den Bebauungsplan Wandsbek 69/Tonndorf 29.

9

Am 8. November 2008 beantragte H... im konzentrierten Baugenehmigungsverfahren eine Genehmigung für die Nutzungsänderung des ersten Obergeschosses des Geschäftshauses in der ...- Straße ... als Bordellbetrieb mit 19 Einzelzimmern und Gemeinschaftseinrichtungen. In der Betriebsbeschreibung wurde die Zahl der beschäftigten Prostituierten mit 20 angegeben, wobei voraussichtlich in der stärksten Schicht 10 Prostituierte zeitgleich arbeiten würden.

10

Mit Bescheid vom 5. März 2009 genehmigte die Beklagte die Nutzungsänderung, beschränkte die Zahl der gleichzeitig tätigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entsprechend der Betriebsbeschreibung auf 10 (Anlage 1 zum Bescheid, Nr. 5), untersagte die Wohnnutzung (Anlage 1, Nr. 6), stellte Werbeanlagen unter Genehmigungsvorbehalt (Anlage 1, Nr. 7) und untersagte das Ansprechen von Personen außerhalb des Gebäudes durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (Anlage 1, Nr. 8).

11

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks ...- Straße XY, das gegenüber dem Grundstück ...- Straße ... ebenfalls in dem im Bebauungsplan Wandsbek 69/Tonndorf 29 ausgewiesenen Gewerbegebiet liegt. Das Grundstück ist gegenwärtig an eine Behindertenwerkstätte vermietet, in der Karton, Papier und Holz bearbeitet werden.

12

Die Klägerin legte am 6. Januar 2009 Widerspruch gegen den ihr nicht bekannt gegebenen Vorbescheid vom 12. September 2008 sowie am 24. März 2009 gegen die Baugenehmigung vom 5. März 2009 ein und vertrat die Auffassung, eine Bordellnutzung sei im Gewerbegebiet allgemein und angesichts der konkreten Verhältnisse nicht zulässig.

13

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin ab und führte aus, diese werde durch die erteilten Bescheide nicht in subjektiven Rechten verletzt. Die Ansiedelung eines Bordells sei als „Gewerbebetrieb aller Art“ zulässig; es handele sich auch nicht um eine nach der Bebauungsplanverordnung ausgeschlossene Vergnügungsstätte oder Freizeiteinrichtung. Eine unzumutbare Belastung der Klägerin sei nicht zu befürchten; angrenzende schutzwürdige Wohnbebauung sei nicht vorhanden.

14

Die Klägerin hat am 15. Mai 2009 Klage gegen beide Bescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheids erhoben (11 K 1237/09).

15

Die Klägerin hat zudem vor dem Verwaltungsgericht einstweiligen Rechtsschutz gegen die Genehmigung des Bordellbetriebs begehrt. Mit Beschluss vom 4. Juni 2009 (11 E 929/09) hat das Verwaltungsgericht Hamburg die aufschiebende Wirkung ihrer Klage angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt, es handele sich um einen „Gewerbebetrieb aller Art“ und nicht um eine „Vergnügungsstätte“, die nach § 2 Nr. 5 Satz 2 PlanVO im Gewerbegebiet ausgeschlossen sei. Es dürfte jedoch ein Abwehrrecht der Klägerin nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO bestehen, da der genehmigte Betrieb der Eigenart des Baugebiets widerspreche. Nach der Planbegründung sei das Gebiet vorrangig für produzierende Gewerbebetriebe mit höherem Störungsgrad vorgesehen. Auf die Beschwerde des Rechtsvorgängers der Beigeladenen hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. August 2009 (2 Bs 102/09, NordÖR 2009, 453) den Beschluss des Verwaltungsgerichts in der Sache abgeändert und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt. Maßgeblich für die typische Prägung eines Baugebiets im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO seien die im geltenden Planungsrecht getroffenen Festsetzungen, hier die Festsetzung des Gewerbegebiets nach § 8 BauNVO, das grundsätzlich ein breites Spektrum zulässiger Nutzungen beinhalte. Die Begründung zum Bebauungsplan habe demgegenüber nur die Funktion einer Auslegungshilfe und könne einem Planungswillen, der in den Festsetzungen nicht zum Ausdruck komme, nicht zum Durchbruch verhelfen. Im Übrigen gebe die Begründung auch nicht den Willen des Plangebers wider, die Grundstücke im Gewerbegebiet in erster Linie Betrieben mit einem hohen Störungsgrad vorzubehalten. Die dem Beschwerdegericht eröffnete weitergehende Prüfung habe nicht ergeben, dass sich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch das Verwaltungsgericht aus anderen Gründen als richtig erweise. Es spreche einiges dafür, dass der streitige Bordellbetrieb unter die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO im Gewerbegebiet allgemein zulässigen „Gewerbebetriebe aller Art“ falle. Es sei nicht zwingend, Bordellbetriebe auch nach der Neuregelung der Zulässigkeit von Vergnügungsstätten in der Baunutzungsverordnung 1990 als solche zu qualifizieren, da es sich nicht um eine „typische“, von der Baunutzungsverordnung gemeinte Vergnügungsstätte handele.

16

Der Bordellbetrieb ist zum 13. November 2009 aufgenommen worden.

17

Der Rechtsvorgänger der Beigeladenen, Herr H..., hat gegen verschiedene Auflagen im Bescheid vom 5. März 2009 ebenfalls nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage beim Verwaltungsgericht Hamburg erhoben (11 K 3091/09). Zum 1. Januar 2010 hat seine Ehefrau H... den Mietvertrag für diese Fläche sowie die Rechte und Pflichten aus den ergangenen Bescheiden übernommen. Sie hat gegen Rücknahme der Klage und zusätzlich gestellter Tekturanträge sowie unter Verzicht auf weitergehende Rechte aus dem Vorbescheid vom 12. September 2008 mit der Beklagten am 23./29. September 2010 eine Vereinbarung über die Abänderung der Baugenehmigung getroffen, wonach nicht nur 10, sondern maximal 19 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zeitgleich in den 19 Zimmern sexuelle Dienstleistungen ausüben dürfen. Im August 2011 hat Frau H... den Betrieb auf die Beigeladene übertragen.

18

Nachdem die Genehmigung des streitgegenständlichen Bordellbetriebs in der Presse diskutiert worden war und sich im Bezirk Wandsbek ein weiteres, größeres Bordellprojekt anbahnte, fasste die Beklagte am 13. Januar 2009 einen Aufstellungsbeschluss für die Änderung des Bebauungsplans Wandsbek 69/Tonndorf 29 mit dem Ziel, Bordelle im Gewerbegebiet auszuschließen. Mit der Änderung des Bebauungsplans vom 11. Januar 2010 (HmbGVBl. S. 22) fügte die Beklagte dem Verordnungstext in § 2 eine Nr. 8 hinzu, wonach Bordelle, bordellartige Betriebe sowie Verkaufsräume und Verkaufsflächen, Vorführ- und Geschäftsräume, deren Zweck auf den Verkauf von Artikeln, auf Darstellungen oder Handlungen mit sexuellem Charakter ausgerichtet sind, im Plangebiet ausgeschlossen sind.

19

Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Klageverfahren 11 K 1237/09 geltend gemacht, Bordelle seien als „Vergnügungsstätten“ im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO anzusehen. Am Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. November 1983 (BVerwGE 68, 213 ff. zur BauNVO 1977) sei aufgrund der Änderung der Baunutzungsverordnung im Jahr 1990 nicht mehr festzuhalten. Aus stadtplanerischer Sicht sei es stimmig, Bordelle ebenso wie andere Vergnügungsstätten nur im Kerngebiet allgemein zuzulassen. Die nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO ausnahmsweise mögliche Zulassung von Vergnügungsstätten im Gewerbegebiet sei hier durch den Bebauungsplan ausgeschlossen. Der Plangeber habe einen „Trading down“-Effekt ausschließen wollen, der durch Nachtlokale und Bordelle gleichermaßen eintrete. Der Bordellbetrieb verletze zudem das Gebot der Rücksichtnahme, da der Grundstückswert durch die benachbarte Bordellnutzung erheblich gemindert werde und ihre Ein- und Ausfahrt auf den Eingang des Bordells ausgerichtet sei. Zudem widerspreche das Bordell der Eigenart des Baugebiets hinsichtlich Lage und Zweckbestimmung, da dieses vorrangig dem produzierenden Gewerbe dienen solle. Die Klägerin hat unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich getroffenen Vereinbarung vom 23. bzw. 29. September 2010 in erster Instanz beantragt,

20

den Vorbescheid vom 12. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2009 sowie den Baugenehmigungsbescheid vom 5. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. April 2009 und der Vereinbarung zwischen Herrn H..., Frau H... und der Beklagten vom 23. bzw. 29. September 2010 aufzuheben.

21

Die Beklagte und die Beigeladene haben beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. November 2011 die Klage abgewiesen. Die – im Hinblick auf die Vereinbarung vom 23./29. September 2010 geänderte – Klage sei zulässig, aber unbegründet:

24

Die Klägerin besitze keinen Anspruch auf Gebietserhaltung, denn das Vorhaben der Beigeladenen widerspreche nicht den Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung im Bebauungsplan Wandsbek 69/Tonndorf 29 in seiner maßgeblichen, ursprünglichen Fassung vom 11. August 1999. Das Vorhaben sei als „Gewerbebetrieb aller Art“ im Gewerbegebiet zulässig. Es handele sich nicht um eine Vergnügungsstätte im Sinne des § 2 Nr. 5 Satz 2 PlanVO, wobei diese Begriffe in einem Exklusivitätsverhältnis stünden. Der Begriff der Vergnügungsstätte nach der Baunutzungsverordnung 1990 beziehe sich, sofern es sich um größere Einrichtungen handele, auf die kerngebietstypischen, urbanen Nutzungen eines größeren Einzugsbereichs, die in Ortszentren anzusiedeln seien. Dies treffe auf Bordelle nicht zu, für die sich aufgrund der allgemeinen sozialethischen Bewertung und der milieutypischen Begleiterscheinungen eher ein Standort außerhalb oder allenfalls am Rande des Blickfeldes der Öffentlichkeit eigne. Die negative sozialethische Bewertung der Prostitution habe sich auch durch das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse von Prostituierten vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I 3983) nicht geändert. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Plangeber bei der Festsetzung des § 2 Nr. 5 S. 2 PlanVO den Begriff der Vergnügungsstätte in einer von der Baunutzungsverordnung abweichenden Weise verstanden wissen wollte.

25

Das Vorhaben entspreche auch nicht einer Freizeiteinrichtung im Sinne des § 2 Nr. 6 PlanVO und sei auch nicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nach seiner Art unzulässig. Insoweit sei der im Beschluss vom 13. August 2009 geäußerten Rechtsauffassung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts zu folgen. Ferner liege kein Verstoß gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme vor. Die Klägerin habe nicht dargelegt, inwiefern das Bordell zu rücksichtslosen Störungen und Beeinträchtigungen führe. Die Beigeladene habe verschiedene Schreiben von Anwohnern vorgelegt, aus denen hervorgehe, dass sie sich durch den Betrieb des Bordells nicht gestört fühlten. Eine etwaige Wertminderung des Grundstücks könne nicht zur Begründung der Rücksichtslosigkeit herangezogen werden. Abwehransprüche bestünden nur gegenüber einer für den Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit seines Grundstücks oder der Verletzung anderer nachbarschützender Normen.

26

Mit Beschluss vom 26. März 2013, der Klägerin zugestellt am 5. April 2013, hat der Senat auf Antrag der Klägerin die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

27

Mit der am 3. Mai 2013 eingegangenen Berufungsbegründung führt die Klägerin aus, das Verwaltungsgericht habe ihre Klage zu Unrecht abgewiesen:

28

Sie besitze einen Gebietserhaltungsanspruch, denn Bordelle seien als Vergnügungsstätten im Gewerbegebiet des Bebauungsplans Wandsbek 69/Tonndorf 29 nicht regelhaft zulässig und seien nach § 2 Nr. 5 Satz 2 PlanVO ausgeschlossen worden. Vergnügungsstätten seien Gewerbebetriebe, bei denen die kommerzielle Unterhaltung der Besucher und Kunden im Vordergrund stehe. Sie seien durch gewinnbringende Freizeitgestaltung und Amüsierbetrieb gekennzeichnet, auch unter Ansprache oder Ausnutzung des Sexualtriebs. Bereits das allgemeine Sprachverständnis spreche für die Einordnung von Bordellen als Vergnügungsstätten. Auch Peep-Shows, Swinger-Clubs, Stripteaselokale und Sex-Kinos würden nach Rechtsprechung und Literatur als Vergnügungsstätten eingeordnet. Obwohl auch hier der Sexualtrieb der Besucher ausgenutzt werde, würden diese Nutzungen nicht in Gebiete außerhalb der Treffpunkte der größeren und allgemeinen Öffentlichkeit verlagert. Im Übrigen seien allgemeine sozialethische Bewertungen nicht geeignet, taugliche Kriterien zur Auslegung des bodenrechtlichen Begriffs der Vergnügungsstätte zu liefern. Jedenfalls habe der Plangeber mit dem Ausschluss der Vergnügungsstätten auch Bordelle erfassen wollen, denn er habe bezweckt, die „Automeile“ zu sichern und zu entwickeln, einen „Trading-Down-Effekt“ zu verhindern und die Verdrängung der weniger zahlungskräftigen Gewerbebetriebe zu verhindern. Die Zulassung eines Bordells konterkariere diese Zwecke evident. Aus der späteren Änderung des Bebauungsplans könnten keine Rückschlüsse auf die Auslegung des ursprünglichen Bebauungsplans gezogen werden. Aus der Begründung der Planänderung ergebe sich vielmehr, dass die Beklagte bereits bei der ursprünglichen Fassung des Bebauungsplans Wandsbek 69/Tonndorf 29 davon ausgegangen sei, Bordelle seien als Vergnügungsstätten vom Ausschluss erfasst. Auch sei der Anspruch der Klägerin auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung des Baugebiets gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO verletzt. Der Plangeber habe im Jahr 1999 nicht nur im Industriegebiet Flächen für das produzierende Gewerbe sichern wollen, wie sich aus der Planbegründung zum Anlass der Planung und zur Gliederung der Baugebiete ergebe, sondern auch im Gewerbegebiet.

29

Die Klägerin beantragt,

30

das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. November 2011 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg zu ändern und den Vorbescheid vom 12. September 2008 sowie den Baugenehmigungsbescheid vom 5. März 2009 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2009 aufzuheben

31

sowie festzustellen, dass § 1 der Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen vom 23./29. September 2010 unwirksam ist.

32

Die Beklagte beantragt,

33

die Berufung zurückzuweisen.

34

Sie beruft sich zur Begründung auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts und der Beigeladenen und betont, das Bundesverwaltungsgericht sei insbesondere in seinem jüngsten Beschluss vom 5. Juni 2014 (ZfBR 2014, 574) nicht von seiner Argumentation abgerückt, dass Bordelle keine Vergnügungsstätten im Sinne der Baunutzungsverordnung, sondern gewerbliche Betriebe im Sinne des § 8 BauNVO seien. Es gebe auch keine Unsicherheiten bei der Auslegung des Bebauungsplans Wandsbek 69/Tonndorf 29 vom 11. August 1999. Dem Plangeber sei im Jahr 1999 die Problematik der Bordelle als Nutzungsart in Gewerbegebieten nicht bewusst gewesen, daher habe er damals noch keinen Ausschluss verfügt. Als Vergnügungsstätten habe er Bordelle nicht angesehen. Vielmehr entspreche es der Verwaltungspraxis aller sieben Bezirke der Beklagten, Bordellbetriebe in Anlehnung an die höchstgerichtliche Rechtsprechung als Gewerbebetriebe eigener Art zu behandeln. Sofern sie in Bebauungsplänen ausgeschlossen werden sollten, würden Bordelle gesondert neben Vergnügungsstätten genannt. Der Bordellbetrieb widerspreche vorliegend auch nicht der Eigenart des Baugebietes, da es an Festsetzungen zugunsten einer Automeile oder des produzierenden Gewerbes fehle. Vielmehr sei nach den planerischen Festsetzungen eine große Vielzahl unterschiedlicher Nutzungen im Gewerbegebiet generell oder ausnahmsweise zulässig, so dass nicht ersichtlich sei, dass ein Bordell den Gebietscharakter verändere.

35

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

36

die Berufung zurückzuweisen.

37

Sie verweist auf die ihrer Auffassung nach unverändert maßgebliche Argumentation im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. November 1983 (a.a.O.), die in der jüngsten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juni 2014 (a.a.O.) bestätigt worden sei. Danach werde anhand der Zuweisung der Vergnügungsstätten in die Kerngebiete nach § 7 BauNVO deutlich, dass damit Betriebe gemeint seien, die regelhaft in zentralen Gebieten angesiedelt werden könnten. Dies treffe auf Bordelle nicht zu, denn die allgemeine sozialethische Bewertung und die sich aus dem „Milieu“ ergebenden Begleiterscheinungen sprächen eher für einen Standort außerhalb oder am Rande der allgemeinen Treffpunkte der Öffentlichkeit. Zweckbestimmung der Gewerbegebiete sei es gerade, solchen Betrieben einen Standort zu bieten, die im Hinblick auf ihre spezifischen Standortanforderungen und ihre Auswirkungen zu Unzuträglichkeiten in Gebieten führen würden, in denen auch oder sogar vorwiegend gewohnt werde. Die mit der Baunutzungsverordnung 1990 eingetretene erweiternde Einführung der Vergnügungsstätten im Ausnahmewege in andere Baugebiete führe nicht dazu, dass sich der Begriff der Vergnügungsstätte geändert habe. Nach wie vor seien vom Begriff der Vergnügungsstätte nach der Baunutzungsverordnung die typischen, nicht dagegen die atypischen Vergnügungsstätten erfasst. Denn die Unterlagen des Rechtssetzungsverfahrens zur Baunutzungsverordnung 1990 gäben nichts anderes her. Der Gesetzgeber habe vielmehr als Begründung zur Ergänzung des § 8 Abs. 3 BauNVO ausdrücklich ausgeführt, diese ziele darauf ab, dass in Gewerbegebieten „kerngebietstypische Vergnügungsstätten“ ausnahmsweise zulassungsfähig sein sollten. Dadurch solle Erfordernissen der Praxis Rechnung getragen werden, sogenannte Großdiskotheken wegen ihres Störungsgrades in Gewerbegebieten unterzubringen. Es entspreche der Verwaltungspraxis aller sieben Hamburger Bezirke, Bordellbetriebe als „Gewerbebetriebe eigener Art“ und nicht als Vergnügungsstätten zu behandeln. Gewerbebetriebe, die wegen der Anbietung sexueller Dienstleistungen in schutzwürdigen Gebieten unerwünscht seien, könnten nach § 1 Abs. 9 BauNVO gegebenenfalls neben den Vergnügungsstätten ausgeschlossen werden. Die bodenrechtliche Einordnung der Bordelle sei nicht davon abhängig, wie andere Gerichte über sonstige Betriebe des Sex-Animiergewerbes bzw. zu Swinger-Clubs entschieden hätten, da diese Abgrenzungsprobleme nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens seien. Soweit Sex-Animierbetriebe als Vergnügungsstätten angesehen würden, beruhe dies im Übrigen im Unterschied zum Bordell auf der passiven Rolle des Vergnügungssuchenden. Swinger-Clubs seien ebenso wenig wie Bordelle als kerngebietsverträgliche Vergnügungsstätten anzusehen.

38

Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Plangeber bei der Aufstellung des Bebauungsplans Wandsbek 69/Tonndorf 29 dem Begriff der Vergnügungsstätte ein Verständnis zugrunde gelegt habe, das von dem der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur abgewichen sei. Wenn dies der Fall gewesen sein sollte, sei dies wegen des numerus clausus im Städtebaurecht unzulässig. Der Bordellbetrieb widerspreche auch nicht der Eigenart des Baugebietes nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO. Ein Ausschluss bestimmter Nutzungsarten müsse sich aus den Festsetzungen ergeben, nicht allein aus der Begründung des Plangebers. Die Festsetzungen ließen nicht erkennen, dass ausschließlich Nutzungen mit hohem Störungsgrad im Gewerbegebiet zulässig sein sollten. Der Tatbestand des § 15 Abs. 1 BauNVO sei kein zulässiges Mittel, um eine vom Plangeber möglicherweise gewollte, tatsächlich aber nicht vorgenommene Differenzierung des Baugebietes im Sinne des § 1 Abs. 4 BauNVO nachzuholen.

39

Die Beklagte und die Beigeladene haben in der mündlichen Verhandlung der Umstellung des Klagantrags von dem erstinstanzlich gestellten erweiterten Anfechtungsantrag auf einen Feststellungsantrag in Bezug auf die in der Vereinbarung vom 23./29. September 2010 geregelte Nutzungserweiterung zugestimmt.

40

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Sachakten der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

I.

41

Die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ist zurückzuweisen (1.). Auch der in zweiter Instanz gestellte Feststellungsantrag bleibt ohne Erfolg (2.).

42

1. Die Berufung ist zurückzuweisen, da sie unbegründet ist. Die gegen den Bauvorbescheid vom 12. September 2008 sowie den Baugenehmigungsbescheid vom 5. März 2009 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2009 gerichtete Anfechtungsklage ist zulässig (a.), aber nicht begründet (b.).

43

a. Die Klage gegen den der Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid vom 12. September 2008 ist nicht wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Insbesondere steht der Klage nicht der Umstand entgegen, dass während des laufenden Widerspruchsverfahrens am 5. März 2009 die Baugenehmigung erlassen wurde. Denn der Regelungsgehalt des Bauvorbescheides, der die Frage einer zulässigen Nutzungsart betrifft, hat sich durch den Erlass der Baugenehmigung weder aufgrund einer landesrechtlichen Bestimmung des Bauordnungsrechts noch gemäß § 43 Abs. 2 HmbVwVfG auf andere Weise erledigt. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Inhalt des angegriffenen und noch nicht bestandskräftigen Bauvorbescheids mangels vollziehbarer Bindungswirkung - § 212 a Abs. 1 BauGB findet insoweit keine Anwendung - in der Baugenehmigung neu geregelt werden musste. Denn der Bauvorbescheid kann im Fall der Aufhebung der Baugenehmigung weiterhin planungsrechtliche Grundlage einer neuen, geänderten Baugenehmigung sein (ebenso BVerwG, Urt. v. 9.2.1995, Buchholz 310, § 42 VwGO Nr. 213; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.8.1999, 2 Bf 2/97; VGH München, Beschl. v. 11.3.2013, 14 ZB 12.2073, juris Rn. 2). Eine Erledigung gemäß § 43 Abs. 2 HmbVwVfG ist auch nicht dadurch eingetreten, dass die Rechtsvorgänger der Klägerin in der Vereinbarung vom 23./29. September 2010 auf „weitergehende Rechte“ aus dem Vorbescheid verzichtet haben. Denn damit haben sie gerade zum Ausdruck gebracht, dass sich der Bauvorbescheid hinsichtlich seines Kerngehalts, der auch Gegenstand der nachfolgend erteilten Baugenehmigung wurde, nicht erledigt hat.

44

b. Die Anfechtungsklage ist insgesamt unbegründet, weil die Genehmigung der Nutzung der genannten Räumlichkeiten in der ...- Straße ... als Bordell im Gewerbegebiet durch den Baugenehmigungsbescheid vom 5. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. April 2009 rechtmäßig ist und die Klägerin als Dritte nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie besitzt keinen Abwehranspruch gegen die genehmigte Nutzungsänderung. Da der nach § 63 HBauO ergangene Bauvorbescheid allein die einzelne Frage behandelt, ob ein Bordell seiner Art nach auf der Basis der bestehenden planungsrechtlichen Festsetzung zulässig ist, und diese Frage auch Gegenstand der nach § 62 HBauO erteilten Baugenehmigung ist, entspricht seine rechtliche Bewertung der der Baugenehmigung.

45

Die genehmigte Nutzungsänderung widerspricht weder den auch im Vorbescheidsverfahren streitigen nachbarschützenden Vorschriften des Bauplanungsrechts noch den darüber hinaus im Baugenehmigungsverfahren entscheidungserheblichen weiteren nachbarschützenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Die Klägerin kann sich weder auf einen Gebietserhaltungsanspruch (aa.) noch auf den Ausschluss von Vergnügungsstätten nach § 2 Nr. 5 Satz 2 PlanVO berufen (bb.). Auch ein Anspruch auf Aufrechterhaltung der Gebietsprägung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO (cc.) oder ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (dd.) scheiden aus.

46

aa. Der Klägerin steht kein Gebietserhaltungsanspruch aufgrund einer Störung des nachbarlichen Austauschverhältnisses wegen der Art der zugelassenen Nutzung (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.2.2000, BauR 2000, 1306 f.; Urt. v. 23.8.1996, BVerwGE 101, 364, 374; OVG Hamburg, Beschl. v. 25.3.2014, BauR 2014, 1438) zu. Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Erteilung des Bauvorbescheids vom 12. September 2008, d.h. sind gemäß § 29 BauGB die Festsetzungen des – ungeänderten – Bebauungsplans Wandsbek 69/Tonndorf 29 vom 11. August 1999 in Verbindung mit der Baunutzungsverordnung 1990. Denn mit dem die Beigeladene begünstigenden Bauvorbescheid trat im Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Beigeladenen eine Bindungswirkung für die spätere Baugenehmigung ein. Rechtsänderungen wären allenfalls relevant, wenn sie den Bauherrn begünstigen würden. Dies ist bei dem am 11. Januar 2010 erfolgten Ausschluss der Bordelle und der bordellähnlichen Betriebe etc. im Gewerbegebiet gerade nicht der Fall.

47

Ein Verstoß gegen den Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin liegt nicht vor, da es sich bei einem Bordell um einen regelhaft zulässigen „Gewerbebetrieb aller Art“ im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO 1990 handelt und nicht um eine nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO 1990 nur ausnahmsweise zulässige - und im vorliegenden Fall durch § 2 Nr. 5 Satz 2 PlanVO ausgeschlossene - Nutzung als Vergnügungsstätte. Seit der Neufassung der Baunutzungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 1990 wird die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten abschließend im Sinne einer besonderen Nutzungsart geregelt; ihre Zulassung als „sonstiger Gewerbebetrieb“ kommt daneben im Unterschied zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Baunutzungsverordnung 1990 nicht mehr in Betracht (BVerwG, Beschl. v. 9.10.1990, Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 4; Regierungsentwurf zur BauNVO 1990, BR-Drs. 354/89 v. 30.6.1989 S. 32 f.; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, vor §§ 2 – 9, 12 – 14 Rn. 4.8; Stühler, BauR 2010, 1013, 1021).

48

Der Betrieb eines Bordells unterfällt dem Begriff des Gewerbes im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO 1990. Denn es handelt sich um eine selbständige, auf Dauer angelegte Tätigkeit, die der Gewinnerzielung dient und eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wobei die Tätigkeit weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft, als Ausübung eines freien Berufs oder als eine andere selbständige Tätigkeit im Sinne des Einkommenssteuerrechts anzusehen ist (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: 1.7.2014, § 8 BauNVO Rn. 22). Der Betrieb eines Bordells ist wie die Prostitution – unabhängig von gebietsbezogenen oder anderen Beschränkungen (z.B. Sperrgebietsverordnungen nach Art. 297 EGStGB) – ohne persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit der Prostituierten auch generell erlaubt (vgl. §§ 180a, 181 StGB; BVerwG, Beschl. v. 23.3.2009, Buchholz 541.41 § 4 GastG Nr. 26; Urt. v. 25.11.1983, BVerwGE 68, 213, 218).

49

Ein Bordell stellt dagegen keine Vergnügungsstätte im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO 1990 dar. Das Berufungsgericht sieht keine Veranlassung, von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 5.6.2014, ZfBR 2014, 574; Urt. v. 25.11.1983, a.a.O.) und seiner eigenen Rechtsprechung (Beschl. v. 13.8.2009, NordÖR 2009, 453) abzuweichen.

50

Maßgeblich ist nicht darauf abzustellen, wie der Begriff der „Vergnügungsstätte“ umgangssprachlich oder in anderen Rechtsgebieten verwendet wird. Entscheidend für seine Auslegung ist vielmehr die in der Baunutzungsverordnung verwendete bodenrechtliche Begrifflichkeit (Fickert/Fieseler, a.a.O., § 4a Rn. 22.12). Im Bauplanungsrecht ist der Begriff der Vergnügungsstätte zwar gesetzlich nicht definiert. Anhand der Gesetzessystematik wird aber deutlich, dass der städtebauliche Begriff der Vergnügungsstätte nach der vom Verordnungsgeber verwendeten Systematik nicht alle Stätten umfasst, in denen sich Menschen nach einer am reinen Wortlaut orientierten Auslegung „vergnügen“, d.h. wo sie einen angenehmen Zeitvertreib erleben. So nennt § 7 Abs. 2 BauNVO 1990 als zulässige Nutzungen im Kerngebiet neben Vergnügungsstätten (Nummer 2) in Nummer 4 z.B. Anlagen für kulturelle und sportliche Zwecke, obwohl diese ebenfalls dazu dienen, Vergnügen im weiten Sinn zu bereiten. Üblicherweise werden im Städtebaurecht unter Vergnügungsstätten gewerbliche Nutzungen verstanden, die sich in unterschiedlicher Ausprägung (wie Amüsierbetriebe, Diskotheken, Spielhallen, Multiplex-Kinos) unter Ansprache (oder Ausnutzung) des Geselligkeits-, Spiel- und/oder Sexualtriebes einer bestimmten gewinnbringenden „Freizeit“-Unterhaltung widmen (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O. § 4a Rn. 22.2; ähnlich Ziegler in: Brügelmann, BauGB, Stand: Oktober 2013, § 4a BauNVO Rn. 56; Stühler a.a.O., S. 1020). Es handelt sich um einen städtebaulichen Sammelbegriff. Im Vordergrund steht nicht die Frage nach der Art der kommerziellen Unterhaltung, sondern in welcher Weise sich die unter diesem Begriff zusammengefassten Nutzungsarten innerhalb der einzelnen Baugebiete auswirken können (Fickert/Fieseler a.a.O. § 4a Rn. 22.1; vgl. auch VGH Mannheim, Beschl. v. 5.3.2012, BRS 79 Nr. 87 S. 445 m.w.N.). Daher kann eine Vergnügungsstätte nur eine solche Einrichtung sein, die nach der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise (BVerwG, Beschl. v. 31.7.2013, BauR 2013, 1996 f.; Urt. v. 2.2.2012, BVerwGE 142, 1, 5) insbesondere mit der Baugebietsart, in der Vergnügungsstätten uneingeschränkt zulässig sind, d.h. gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 1990 vornehmlich im Kerngebiet, regelhaft kompatibel ist. Anderenfalls unterfällt die Einrichtung nicht dem Begriff der Vergnügungsstätte i.S.d. Baunutzungsverordnung. Bordelle und bordellartige Betriebe sind nicht als Einrichtungen anzusehen, die regelhaft im Kerngebiet anzusiedeln sind (OVG Hamburg, Beschl. v. 13.8.2009, NordÖR 2009, 453 f.; VGH Mannheim, Beschl. v. 5.3.2012, a.a.O.).

51

Nicht zuletzt weil auch Kerngebiete in gewissem Umfang dem Wohnen dienen (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 6 und 7, Abs. 3 Nr. 2 und Abs. 4 BauNVO 1977), hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 25. November 1983 (a.a.O.) ausgeführt, dass Bordellbetriebe nicht dem typischen Erscheinungsbild einer Vergnügungsstätte im Sinne der Baunutzungsverordnung entsprechen. Für Bordelle, in denen die Prostituierten nicht wohnten, eigne sich im Hinblick auf die allgemeine sozialethische Bewertung und die sich aus dem „Milieu“ ergebenden Begleiterscheinungen eher ein Standort, der außerhalb oder allenfalls am Rande des „Blickfeldes“ und der Treffpunkte einer größeren und allgemeinen Öffentlichkeit liege. Daher dürften sie nicht ausschließlich im Kerngebiet (und ausnahmsweise im besonderen Wohngebiet) zugelassen werden, sondern auch grundsätzlich im Gewerbegebiet. Denn die Zweckbestimmung des Gewerbegebietes sei es gerade, solchen Betrieben einen Standort zu bieten, die im Hinblick auf ihre spezifischen Standortanforderungen und ihre Auswirkungen zu Unzuträglichkeiten in Gebieten führen würden, in denen auch oder sogar vorwiegend gewohnt werde (BVerwG, Urt. v. 25.11.1983, a.a.O.).

52

Die mit der Baunutzungsverordnung 1990 erfolgten Änderungen, insbesondere die systematische Ausgliederung der Vergnügungsstätten aus der Begrifflichkeit der „Gewerbebetriebe aller Art“ und ihre Einstufung als eigenständige Nutzungsart, führen nicht dazu, dass Bordelle oder bordellähnliche Betriebe nicht mehr als Gewerbebetriebe aller Art im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO 1990, sondern nunmehr (nur) als Vergnügungsstätten anzusehen sind (ebenso BVerwG, Beschl. v. 5.6.2014, a.a.O.). Eine ausdrückliche Zuordnung des Nutzungstyps der Bordelle bzw. der bordellähnlichen Betriebe ist mit der Neufassung zur Baunutzungsverordnung 1990 nicht erfolgt. Für ein insoweit geändertes Verständnis des Begriffs „Vergnügungsstätten“ bietet auch die Begründung zur Neufassung (BR-Drs. 354/89 S. 32 f.) keine Anhaltspunkte. Sie erwähnt die Bordelle als zugehörigen Nutzungstyp nicht; die für die Einführung der „Vergnügungsstätten“ als eigenständige Nutzungsart angeführten Erwägungen erfassen die Eigentümlichkeiten dieses Nutzungstyps nicht. Solches ist auch aufgrund der systematischen Zuordnung von Vergnügungsstätten zu den Baugebietsarten der Baunutzungsordnung 1990 nicht ersichtlich. Zwar sind diese – insbesondere sog. kerngebietstypische Vergnügungsstätten – weiterhin nur im Kerngebiet (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 1990) sowie – ohne kerngebietstypischen Charakter – nunmehr in „überwiegend von gewerblichen Nutzungen geprägten Teilen von Mischgebieten“ (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO 1990) allgemein zulässig. Nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätten sind jedoch zusätzlich im Wege der Ausnahme neben besonderen Wohngebieten (§ 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1990), auch in Dorfgebieten (§ 5 Abs. 3 BauNVO 1990), in allen Bereichen von Mischgebieten (§ 6 Abs. 3 BauNVO 1990) sowie in Gewerbegebieten (§ 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO) zulässig. Damit sind – vornehmlich ihrer Größe nach - nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätten verstärkt in Baugebieten zulassungsfähig, die regelhaft auch dem Wohnen dienen. Im Kerngebiet wurde mit der Novelle der Baunutzungsverordnung im Jahr 1990 die Zulässigkeit der Wohnnutzung erweitert, wie sich aus den neu eingeführten Festsetzungsmöglichkeiten für reine Wohngebäude gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO 1990 ergibt. Aufgrund der grundsätzlichen Unvereinbarkeit von Bordellen und bordellartigen Betrieben mit Baugebieten, in denen gewohnt wird (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 12.9.2013, BVerwGE 147, 379, 382; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29.1.2015, a.a.O.; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 6 Rn. 2.1), liegt danach auch nach dem Regelungszusammenhang der Baunutzungsverordnung 1990 fern, Bordelle und bordellartige Betriebe nunmehr der Nutzungsart der Vergnügungsstätten zuzuordnen.

53

Im Hinblick hierauf kommt eine planungsrechtliche Einordnung von Bordellen und bordellartigen Betrieben als Vergnügungsstätten auch im Übrigen nicht in Betracht.

54

Dabei kann mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen, ob die fehlende Kerngebietsverträglichkeit von Bordellen und bordellartigen Betrieben weiterhin aus ihrer sozialethischen Ablehnung durch die Mehrzahl der Kerngebietsnutzer gefolgert werden kann (so BVerwG, Urt. v. 25.11.1983, a.a.O.; VGH Mannheim, Beschl. v. 5.3.2012, a.a.O. S. 446). Zwar hängt die Gebietsverträglichkeit einer Nutzung nicht nur von den nutzungstypischen Störungen anderer Grundstückseigentümer und dauerhafter Nutzer wie Mieter oder Pächter ab; abzustellen ist auch auf die Störungsempfindlichkeit jener Personen, die aus verschiedenen Gründen vorübergehend das jeweilige Baugebiet aufsuchen. Jedoch dürfte das Bodenrecht regelmäßig keine Handhabe zur Abwehr unerwünschter Vorhaben und Anblicke bieten, solange diese nach baurechtlichen Kriterien keine Nachteile mit sich bringen (vgl. zum Kleintierkrematorium OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.11.2010, NVwZ-RR 2011, 139, 140; zur Spielhalle VGH München, Beschl. v. 20.6.2013, 15 ZB 12.1415, juris Rn. 11; Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, a.a.O., § 4a BauNVO Rn. 60). Genauso kommt es nicht darauf an, ob sich die sozialethischen Vorstellungen der Allgemeinheit gewandelt haben und ob eine (nicht jugendgefährdende) Bordellnutzung für freiwillig dort arbeitende volljährige Prostituierte inzwischen durch die Rechtsordnung gebilligt wird (vgl. Prostitutionsgesetz vom 20. Dezember 2001, BGBl I S. 3983).

55

Denn die fehlende regelhafte Vereinbarkeit von Bordellen und bordellähnlichen Betrieben in einem Baugebiet, in dem in nennenswertem Umfang gewohnt werden darf, folgt weiterhin aus dem milieubedingten Störpotential, das ein Bordell bei der gebotenen typisierenden Betrachtung (vgl. zuletzt BVerwG, Beschl. v. 31.7.2013, 4 B 8/13, juris Rn. 14) mit sich bringt. Zwar dient die Festsetzung von Baugebieten grundsätzlich nicht dem Milieuschutz, d.h. dem Schutz der ansässigen Grundstückseigentümer vor einer Veränderung der sozialen Struktur der Nutzer des Gebiets (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.8.1996, 4 C 13.94, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.11.2010, a.a.O.). Anders verhält es sich aber dann, wenn mit einem bestimmten Milieu typischerweise Begleiterscheinungen auftreten, die sich unmittelbar auf die Grundstückseigentümer und Grundstücksnutzer im Baugebiet auswirken können. So ist bei gewerblicher Prostitution bei der gebotenen typisierenden Betrachtung mit milieutypischen Begleiterscheinungen wie Belästigungen durch alkoholisierte oder unzufriedene Kunden, organisierter Kriminalität, Menschen- und Drogenhandel, ausbeutender Zuhälterei, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Verstößen gegen das Waffenrecht, Gewaltkriminalität bis hin zu Tötungsdelikten zu rechnen (OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29.1.2015, OVG 2 B 1.14, juris Rn. 32; OVG Bautzen, Beschl. v. 28.6.2010, 1 A 659/08, juris; VGH München, Beschl. v. 10.6.2010, 1 ZB 09.1971, juris; OVG Koblenz, Urt. v. 11.5.2005, BRS 69 Nr. 35; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 14.11.2005, OVG 10 S 3.05, juris Rn. 10 m.w.N.; OVG Berlin, Beschl. v. 9.4.2003, 2 S 5.03, juris; zu Milieustraftaten: BGH, Beschl. v. 4.7.2013, NStZ 2013, 580; Beschl. v. 23.2.2010, NStZ 2010, 391; OLG Celle, Beschl. v. 24.1.2013, StV 2014, 420 ff.; aus der Presse: www.sueddeutsche.de v. 13.1.2014 „In der Hölle von Schweinfurt“; www.ntv.de v. 24.11.2010, „Zwangsprostituierte immer jünger“; www.der-westen.de v. 20.3.2015, „Bordell-Schlägerei in Duisburg“; www.morgenpost.de v. 18.8.2012, „Schießerei im Bordell A... …“; www.ndr.de v. 14.11.1996 „Kiez-Krieg in Hamburg…“ und v. 16.3.2015 „Schüsse in Bordell…“; www.abendblatt.de v. 3.3.2015 „Stinkbombe in Bordell G... geworfen“). Diese typischen milieubedingten bodenrechtlichen Spannungen können bei der Einordnung eines Bordells als Vergnügungsstätte im Übrigen nicht nur im Hinblick auf Wohnnutzungen auftreten. Die genannten milieubedingten Störungen sind auch geeignet, kerngebietstypische Nutzungen zu stören. Vor diesem Hintergrund sind ein Bordell oder ein bordellähnlicher Betrieb nicht nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 1990 als Vergnügungsstätte generell im Kerngebiet zulassungsfähig, sondern gegebenenfalls – abhängig von der Art des Kerngebiets – nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO 1990 als „sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe“.

56

Dem steht nicht entgegen, dass verschiedene andere Einrichtungen mit sexuellem Bezug (Sex-Kinos, Stripteasebars, Peep-Shows o.ä.) als Betriebe, in denen der Sexualtrieb angesprochen wird, in denen es aber nicht zu sexuellen Handlungen am Besucher oder durch den Besucher kommt, als Vergnügungsstätten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 1990 angesehen werden (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 3.9.2012, NVwZ-RR 2012, 919; VGH München, Beschl. v. 4.1.2011, 22 ZB 10.2880, juris). Gleichermaßen bedarf es keiner Erwägung, ob Swinger-Clubs als Vergnügungsstätten anzusehen sind (vgl. dazu VGH Mannheim, Beschl. v. 28.11.2006, BauR 2007, 669; VGH München, Urt. v. 29.12.2003, NVwZ-RR 2005, 15; VGH Kassel, Beschl. v. 27.3.2001, 4 TZ 742/01, juris). Hieraus lässt sich nicht der Schluss rechtfertigen, dass deshalb Bordelle und bordellartige Betriebe planungsrechtlich in gleicher Weise zuzuordnen sind. Jedenfalls mit Einrichtungen, die gegen Entgelt sexuelle Dienstleistungen anbieten, sind typischerweise in einem solchen Umfang die beschriebenen milieubedingten Begleiterscheinungen verbunden, die einer etwaigen Gleichsetzung entgegenstehen.

57

bb. Die Klägerin kann auch keinen Abwehranspruch daraus ableiten, dass die Beklagte in § 2 Nr. 5 Satz 2 des Bebauungsplans Wandsbek 69/Tonndorf 29 vom 11. August 1999 Ausnahmen für Vergnügungsstätten ausgeschlossen hat. Der Klägerin ist insoweit bereits nicht in ihrer Auffassung zu folgen, dass der Plangeber im Jahr 1999 Bordelle als Vergnügungsstätten angesehen hat und diese mit dem Ausschluss erfassen wollte. Abzustellen ist auf die bei Planerlass vom Plangeber verstandene und für den Adressaten erkennbar verwendete Begrifflichkeit (§ 173 VwGO i.V.m. §§ 133, 157 BGB) der Vergnügungsstätte im Sinne der Baunutzungsverordnung 1990. Insbesondere die Berücksichtigung des objektivierten Empfängerhorizonts führt dazu, dass sich die Verwendung der vom Plangeber verwendeten Rechtsbegriffe aus der Baunutzungsverordnung regelmäßig an der bundesweit üblichen Auslegung und insbesondere an der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu orientieren hat. Anderes kann allenfalls gelten, wenn das abweichende Verständnis des Plangebers klar erkennbar zum Ausdruck gekommen ist.

58

Zum Zeitpunkt des Planerlasses im Jahr 1999 wurde - der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Urteil vom 25. November 1983 (a.a.O.) folgend – ein Bordell nach herrschender Auffassung nicht als Vergnügungsstätte, sondern als Gewerbebetrieb aller Art im Sinne der Baunutzungsverordnung angesehen (VGH München, Beschl. v. 13.2.1996, 14 CS 95.3591, juris); lediglich in der Literatur finden sich vor 1999 einzelne Stimmen, die die Auffassung vertraten, mit dem Inkrafttreten der Baunutzungsverordnung 1990 seien Bordelle den Vergnügungsstätten zuordnen (vgl. z. B. Stühler, NVwZ 1997, 861; Knaup/Stange, BauNVO, 8. Aufl. 1997, § 4a Rn 51; a.A. Wettling, VBlBW 1983, 18, 19). Dass sich der Plangeber bei der Verwendung des Begriffs der Vergnügungsstätte von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abwenden und den Begriff im Sinne der teilweise vertretenen Literaturauffassung verstanden wissen wollte, ergibt sich weder aus der in den Bezirken der Beklagten geübten Verwaltungspraxis (vgl. Antwort des Senats v. 13.1.2009, Bü.-Drs. 19/1865 auf eine Kl. Anfrage v. 5.1.2009) noch aus der Planbegründung. Letztere liefert schon keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Plangeber die Problematik von Bordellnutzungen im Gewerbegebiet zu diesem Zeitpunkt als regelungsbedürftig angesehen hat. Anlass der Planung war ausweislich Ziffer 2 der Planbegründung der verstärkte Ansiedlungsdruck durch großflächigen Einzelhandel. Auch wenn der Plangeber in Ziffer 2 der Begründung sein generelles Ziel beschreibt, das Plangebiet für produzierendes Gewerbe zu schützen und den Ausschluss der Vergnügungsstätten im Gewerbegebiet in Ziffer 5 damit begründet, es sollten die Automeile gesichert und die Gewerbebetriebe vor einer Verdrängung durch finanzstarke Vergnügungsstätten geschützt werden, und sich diese Argumentation auf Bordelle übertragen ließe, führt dies nicht zu einem Begriffsverständnis, das entgegen dem in der Rechtsprechung üblichen Verständnis für den Adressaten erkennbar Bordelle als Vergnügungsstätten erfassen sollte. Auch die Begründung zur Änderung des Bebauungsplans Wandsbek 69/Tonndorf 29, die zum 11. Januar 2010 in Kraft getreten ist, betont unter Ziffer 5.1, dass erst „neueste Entwicklungen“ die Gefahr der Ansiedlung teilweise flächenbeanspruchender Bordellnutzungen aufgezeigt hätten, woraufhin der Ausschluss von Bordellen und bordellähnlichen Betrieben etc. in § 2 Nr. 8 der Verordnung über den Bebauungsplan Wandsbek 69/Tonndorf 29 ergänzt worden ist. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob ein gegebenenfalls von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichendes Verständnis des Hamburgischen Plangebers vom bundesrechtlichen Begriff der Vergnügungsstätte im Sinne der Baunutzungsverordnung gegen den Typenzwang der Baunutzungsverordnung verstoßen hätte (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 27.10.2011, Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 105).

59

cc. Die Genehmigung des Bordells und die im Bauvorbescheid enthaltene Feststellung der Beklagten zur Einordnung von Bordellen als Gewerbebetriebe aller Art, die sich auf das konkrete Vorhaben auf dem Grundstück ...- Straße ... bezieht, stellen keinen Verstoß gegen die Eigenart des Baugebiets nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO 1990 dar.

60

Die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO 1990 vermittelt innerhalb des betroffenen Baugebiets Nachbarn einen Anspruch auf Aufrechterhaltung einer typischen Prägung desselben, wenn ein im Baugebiet seiner Art nach allgemein zulässiges Vorhaben genehmigt wird, obwohl es im Einzelfall nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widerspricht. Die Eigenart des Baugebiets ergibt sich aus seiner allgemeinen Zweckbestimmung, den sonstigen Festsetzungen des Bebauungsplans und dem Planungswillen (soweit dieser in den Festsetzungen des Bebauungsplans unter Berücksichtigung der hierfür gegebenen Begründung zum Ausdruck gekommen ist), sowie der örtlichen Situation, in die ein Gebiet "hineingeplant" worden ist. Die Begründung eines Bebauungsplans, die in dessen planerischen Festsetzungen keinen Ausdruck gefunden hat, ist dagegen für sich betrachtet nicht geeignet, die Eigenart eines Baugebiets i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO 1990 zu prägen (OVG Hamburg, Beschl. v. 2.9.2010, NordÖR 2011, 84 f.; Beschl. v. 13.8.2009, a.a.O.). Auch auf die tatsächlich vorhandene Bebauung kommt es grundsätzlich nicht an (OVG Hamburg, Beschl. v. 8.10.2009, 2 Bs 176/09, juris). Ein Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets liegt vor, wenn die Unangemessenheit des Vorhabens gegenüber den von dem Plangeber gezogenen Rahmen bei objektiver Betrachtungsweise augenscheinlich ist (so bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 4.5.2009, NordÖR 2009, 308, 309 f.; Beschl. v. 5.6.2009, NordÖR 2009, 310, 312).

61

Das Berufungsgericht hat einen solchen Widerspruch bereits in seinem Beschluss vom 13. August 2009 (a.a.O.) verneint. Die Ausführungen der Klägerin im Hauptsacheverfahren geben keinen Anlass zu einer veränderten Beurteilung.

62

dd. Ein Verstoß gegen das planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1990 liegt nicht vor.

63

Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1990 sind bauliche Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden. Das Gebot beinhaltet nicht, jede Beeinträchtigung eines Nachbarn zu vermeiden. Ein Nachbar kann lediglich solche Nutzungsstörungen abwehren, die als rücksichtslos zu werten sind. Davon kann erst die Rede sein, wenn die mit dem genehmigten Bauvorhaben verbundenen Beeinträchtigungen bei der Nutzung des eigenen Grundstückes bei einer Abwägung, in der die Schutzwürdigkeit der Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung und die Interessen des Bauherrn zu berücksichtigen sind, für den Nachbarn billigerweise unzumutbar erscheinen (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 5.8.1983, BVerwGE 67, 334, 339; OVG Hamburg, Urt. v. 2.2.2011, NordÖR 2011, 399, 403; Beschl. v. 26.9.2007, NordÖR 2008, 73 f.; Urt. v. 17.1.2002, NordÖR 2002, 454, 457).

64

Wie bereits im Eilverfahren festgestellt, sind unzumutbare Nutzungsbeeinträchtigungen für das Grundstück der Klägerin, die vom Betrieb des Bordells herrühren, nicht ersichtlich (OVG Hamburg, Beschl. v. 13.8.2009, a.a.O.). Die Klägerin hat auch im Berufungsverfahren keine konkreten Nutzungsbeeinträchtigungen ihres Grundstücks geltend gemacht. Insoweit ist zudem in Rechnung zu stellen, dass die Klägerin als Eigentümerin eines im Gewerbegebiet gelegenen Grundstücks gegenüber Störungen der hier in Rede stehenden Art nicht dasselbe Maß an Schutz beanspruchen kann, wie es in einem Wohngebiet der Fall ist (OVG Hamburg, Beschl. v. 13.8.2009, a.a.O.; ebenso VGH Mannheim, Beschl. v. 5.3.2012, a.a.O.). Schließlich ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin auf ihrem Grundstück eine besonders störempfindliche Nutzung betreibt.

65

Soweit sich die Klägerin wegen des befürchteten „Trading-down-Effekts“ auf eine unzumutbare Wertminderung ihres Grundstücks beruft, dringt sie damit nicht durch. Denn der Abwehranspruch aufgrund von Rücksichtslosigkeit bezieht sich maßgeblich auf Nutzungsstörungen. Dagegen bilden Wertminderungen als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung für sich genommen keinen Maßstab dafür, ob Beeinträchtigungen im Sinn des Rücksichtnahmegebots zumutbar sind oder nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.1.1999, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 159; Beschl. v. 13.11.1997, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 189; OVG Hamburg, Beschl. v. 13.8.2009, a.a.O.; Beschl. v. 4.2.2009, 2 Bs 242/08, juris; Beschl. v. 21.5.2001, 2 Bs 178/01, juris).

66

2. Der in der Berufungsinstanz gestellte Antrag, festzustellen, dass § 1 der Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen vom 23./29. September 2010, wonach nicht nur 10, sondern 19 Prostituierte gleichzeitig tätig sein dürfen, unwirksam ist, ist zulässig, aber unbegründet. Offen bleiben kann, ob dieser Antrag als Klageänderung anzusehen ist, der nur unter den Voraussetzungen des § 91 Abs. 1 VwGO zulässig ist. Denn der Umstellung des Klagantrags haben alle Beteiligten zugestimmt.

67

a. Der Antrag ist als sogenannte Drittfeststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse an der Feststellung des Rechtsverhältnisses ist gegeben, denn die Klägerin möchte gerichtlich geklärt wissen, ob § 1 der genannten Vereinbarung wegen Verletzung ihrer eigenen subjektiven Rechte als betroffene Dritte gemäß § 58 Abs. 1 HmbVwVfG schwebend unwirksam ist. Der Feststellungsantrag scheidet nicht wegen Subsidiarität gegenüber dem Anfechtungsantrag nach § 43 Abs. 2 VwGO aus. Denn bei der geschlossenen Vereinbarung handelt es sich nicht um eine einseitige Rechtsfolgenanordnung in Gestalt eines Verwaltungsakts gemäß § 35 Satz 1 HmbVwVfG, der allein nach § 42 Abs. 1 VwGO anfechtbar ist. Vielmehr ist die Erklärung auf die gemeinsame Herbeiführung eines Rechtserfolgs kraft Einigung gerichtet (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 54 Rn. 21). Abzustellen ist darauf, welches Instrument die Behörde gewählt hat, nicht, welches Instrument sie hätte wählen müssen oder wählen können (Sodan in: Sodan/Ziekow, 4. Aufl. 2014, § 42 Rn. 18; v. Albedyll in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 6. Aufl. 2014, § 42 Rn. 8). Gegenüber einer eventuellen Verpflichtungsklage auf Einschreiten der Beklagten nach § 76 Abs. 1 Satz 2 HBauO wegen möglicherweise formell illegaler Ausweitung der Nutzung besteht keine Subsidiarität. Denn der Erfolg eines solchen Antrags hängt nicht nur von der möglichen schwebenden Unwirksamkeit der geschlossenen Vereinbarung ab, sondern auch von einer Ermessensreduzierung auf Null. Auch bei der Wahl des Verwaltungsakts als Rechtsform hätte die Klägerin ausschließlich die Rechtswidrigkeit der Änderung der Genehmigung überprüfen lassen können, ohne darüber hinaus den Anspruch auf Einschreiten bei möglicherweise formell und materiell rechtswidrigem Tun geltend machen zu müssen.

68

b. Der Feststellungsantrag ist jedoch unbegründet, da § 1 der zwischen den Rechtsvorgängern der Beigeladenen und der Beklagten geschlossenen Vereinbarung nicht gemäß § 58 Abs. 1 HmbVwVfG schwebend unwirksam ist. Gemäß § 58 Abs. 1 HmbVwVfG ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, der in die Rechte eines Dritten eingreift, erst wirksam, wenn der Dritte schriftlich zustimmt.

69

Für den in § 58 Abs. 1 HmbVwVfG genannten Eingriff in die Rechte des Dritten genügt es nicht bereits, dass der Drittbetroffene klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO wäre (so aber: Bonk/Neumann in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., 2014; Ziekow, VwVfG. 3. Aufl. 2013, § 58 Rn. 6; Kugele, VwVfG 2014, § 58 Rn. 3; Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl. 2014, § 58 Rn. 5a, 6). Vielmehr muss ein Eingriff – entsprechend dem Wortlaut der Norm, der nicht auf die Möglichkeit des Eingriffs abstellt - tatsächlich vorliegen (Mann in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG 2014, § 58 Rn. 20; Fehling in: Fehling/Kastner /Stormer, Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2012, § 58 Rn. 16). Anderenfalls wäre die Beklagte in der Freiheit der Formenwahl entgegen den Vorgaben des Verwaltungsverfahrensgesetzes erheblich eingeschränkt und der Handlungsform durch Verwaltungsakt würde mittelbar ein Vorrang gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Vertrag eingeräumt, den das Verwaltungsverfahrensgesetz ihm nicht gewährt. Dem Rechtsschutzbedürfnis des Drittbetroffenen wird durch die Ermöglichung der Feststellungsklage effektiver Rechtsschutz im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG gewährt, da er wie bei der Anfechtungsklage ohne weitere Anforderungen überprüfen lassen kann, ob ein zwischen Dritten geschlossener Vertrag in seine Rechte eingreift.

70

Zwar ist der geschlossene Verfügungsvertrag grundsätzlich geeignet, eine Rechtsbeeinträchtigung unmittelbar zu bewirken, da der Inhalt der angegriffenen Baugenehmigung geändert worden ist. Allerdings führt der Umstand, dass nicht nur 10, sondern 19 Prostituierte gleichzeitig tätig sein dürfen, nicht zu einer anderen Bewertung der oben unter 1. b. aa. – dd. genannten möglichen Abwehransprüche mit der Folge, dass mit dieser Vereinbarung in die Rechte der Klägerin eingegriffen würde. Denn auch der zu erwartende Kundenverkehr von bis zu 19 zeitgleich arbeitenden Prostituierten stellt keine unzumutbare Belastung eines Grundstücksnachbarn im Gewerbegebiet dar. Im Übrigen wird auf die vorangegangenen Ausführungen verwiesen.

III.

71

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

72

Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Revisionsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere besitzt die Frage, ob Bordelle als Vergnügungsstätten oder als Gewerbebetriebe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO anzusehen sind, keine grundsätzliche Bedeutung mehr im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, da es seit dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juni 2014 (ZfBR 2014, 574) an einer höchstrichterlich klärungsbedürftigen Rechtsfrage fehlt. In diesem Beschluss hat der zuständige 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts – nach divergierenden obergerichtlichen und eigenen, diese Frage offen lassenden Entscheidungen - klargestellt, dass er an seiner Rechtsprechung aus dem Jahr 1983 (Urt. v. 25.11.1983, BVerwGE 68, 213 ff.) festhält und Bordelle als Unterart eines Gewerbebetriebes im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO ansieht. Die Tatsache, dass das Bundesverwaltungsgericht diese Rechtsauffassung im Beschluss vom 5. Juni 2014 (a.a.O.) nicht begründet hat, führt nicht zur weiteren Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 28. September 2015 – 7 B 3350/15 SN – wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht auf 3.755,86 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens gegen eine Ordnungsverfügung, mit der ihm die Untervermietung zum Zwecke der Prostitution untersagt wurde, sowie gegen eine daraus folgende Festsetzung eines Zwangsgeldes.

2

Der Antragsteller ist Mieter einer Wohnung in der C. Straße in C., die er zum Zwecke der Prostitution untervermietete. Mit Ordnungsverfügung vom 28. Mai 2015 untersagte der Antragsgegner ihm unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Untervermietung oder Zurverfügungstellung dieser Wohnung zum Zwecke der Ausführung der Prostitution und drohte ihm ein Zwangsgeld an. Dabei stützte sich der Antragsgegner auf § 1 der Landesverordnung über das Verbot der Prostitution. Danach sei die Prostitution in Gemeinden bis 15.000 Einwohnern verboten, die Stadt C. habe zum Stichtag 08. Oktober 2014 6021 Einwohner. Mit Leistungsbescheid vom 23. Juli 2015 setzte der Antragsgegner das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 5.000 € fest. Gegen beide Bescheide legte der Antragsteller Widerspruch ein.

3

Am 02. September 2015 suchte der Antragsteller um einstweiligen Rechtschutz nach mit dem Antrag, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung wiederherzustellen und die seines Widerspruchs gegen die Zwangsmittelfestsetzung anzuordnen.

4

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 28. September 2015 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt.

5

Die nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 01. Oktober 2015 mit am 05. Oktober 2015 eingegangenem Schriftsatz fristgemäß eingelegte und gleichermaßen fristgemäß begründete Beschwerde des Antragstellers gegen den verwaltungsgerichtlichen Beschluss hat keinen Erfolg.

6

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Falle des Abs. 2 Nr. 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Die gerichtliche Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ergeht auf der Grundlage einer Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das private Interesse des Antragstellers, vorläufig vom Vollzug des Verwaltungsaktes verschont zu bleiben (Aussetzungsinteresse), und das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes (Vollziehungsinteresse). Im Rahmen der Interessenabwägung ist der Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bzw. der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. In der Regel überwiegt das öffentliche Vollziehungsinteresse, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt nach dem Prüfungsmaßstab des – summarischen – vorläufigen Rechtsschutzverfahrens als rechtmäßig erweist und der Rechtsbehelf in der Hauptsache ohne Aussicht auf Erfolg sein dürfte. Demgegenüber überwiegt grundsätzlich das private Aussetzungsinteresse, wenn sich der Verwaltungsakt nach diesem Maßstab als rechtswidrig erweist; an der Vollziehung eines rechtswidrigen Bescheides besteht regelmäßig kein schutzwürdiges öffentliches Interesse. Lässt sich die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht in diesem Sinne klären bzw. ist der Ausgang der Hauptsache offen, bedarf es einer Abwägung der (sonstigen) wechselseitigen Interessen.

7

Dabei ist in Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt.

8

Die Ablehnung der Anträge durch das Verwaltungsgericht ist nach diesen Maßstäben und der im Eilverfahren nur summarisch vorzunehmenden Prüfung nicht zu beanstanden.

9

Das Verwaltungsgericht hat mit zutreffender Begründung, auf die der Senat verweist (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO), seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass die auf die Landesverordnung über das Verbot der Prostitution (ProstVerbV M-V, GVOBl. M-V 1992, 384) gestützte Ordnungsverfügung rechtmäßig ist und insbesondere gegen die Landesverordnung selbst und Art. 297 EGStGB – als deren Ermächtigungsgrundlage – im Rahmen der summarischen Prüfung keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

10

Soweit der Antragsteller vorträgt, es bestünden verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Verordnungsermächtigung im Hinblick auf den aus dem Rechtsstaatsprinzip und Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Bestimmtheitsgrundsatz in Bezug auf den Begriff des „öffentlichen Anstands“, räumt er selbst ein, dass diese Ansicht im Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 28.04.2009 – 1 BvR 224/07 –, NVwZ 2009, 905; juris Rn. 15 ff.) steht, der sich der Senat anschließt.

11

Auch daraus, dass die Rechtsprechung den Begriff des „öffentlichen Anstands“ dahingehend konkretisiert hat, dass der Erlass einer Sperrgebietsverordnung zum Schutze des öffentlichen Anstandes gerechtfertigt sein kann, wenn die Eigenart des betroffenen Gebietes durch eine besondere Schutzbedürftigkeit und Sensibilität, z.B. als Gebiet mit hohem Wohnanteil sowie Schulen, Kindergärten, Kirchen und sozialen Einrichtungen gekennzeichnet ist und wenn eine nach außen in Erscheinung tretende Ausübung der Prostitution typischerweise damit verbundene Belästigungen Unbeteiligter und "milieubedingte Unruhe", wie zum Beispiel das Werben von Freiern und anstößiges Verhalten gegenüber Passantinnen und Anwohnerinnen, befürchten lässt (BVerfG, Beschl. v. 28.04.2009 – 1 BvR 224/07 –, NVwZ 2009, 905; juris Rn. 16; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 11.08.2015 – 5 A 1188/13 –, juris), kann nicht geschlussfolgert werden – so aber der Antragsteller –, dass ein gänzliches Verbot jeglicher Prostitution in Gemeinden mit bis zu 15.000 Einwohnern, wie es § 1 der ProstVerbV M-V vorsieht, verfassungswidrig sei.

12

Zunächst ist darauf zu verweisen, dass der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts der Fall einer Sperrgebietsverordnung auf der Grundlage von Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB zugrunde lag und nicht wie im vorliegenden Fall eine nach Nr. 1 der Vorschrift. Gemäß Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 kann für Teile des Gebietes einer Gemeinde über zwanzigtausend Einwohner oder eines gemeindefreien Gebiets durch Rechtsverordnung verboten werden, der Prostitution nachzugehen. Das Bundesverfassungsgericht hatte deshalb nur über eine Fallkonstellation zu entscheiden, in der ohnehin nur ein Teilgebiet der Gemeinde betroffen war.

13

Damit ist jedoch nicht zugleich gesagt, dass die Vorschrift des Art. 297 Abs. 1 Nr. 1 EGStGB – weil von ihr das gesamte Gemeindegebiet betroffen ist – verfassungsrechtlich zu unbestimmt wäre. Vielmehr spricht nach summarischer Prüfung viel dafür, dass in kleineren Gemeinden typischerweise die Prostitution stärker nach außen in Erscheinung tritt, jedenfalls von Unbeteiligten, die davon nicht behelligt werden wollen, stärker wahrgenommen wird, als in größeren anonymeren Städten. Die Festsetzung von Sperrgebieten auf der Grundlage von Art. 297 EGStGB dient der lokalen Steuerung der Prostitutionsausübung aus ordnungsrechtlichen Gründen (BVerfG, Beschl. v. 28.04.2009 – 1 BvR 224/07 –, NVwZ 2009, 905; juris Rn. 16; BVerwG, Urt. v. 17.12.2014 – 6 C 28/13 –, juris Rn. 15). Mithin durfte der Verordnungsgeber auch von der in der Ermächtigungsgrundlage ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen, orientiert an der Einwohnerzahl, die Prostitution im gesamten Gemeindegebiet zu verbieten. Dabei hat er die Grenze nicht voll ausgeschöpft, sondern mit 15.000 Einwohnern (entspricht 30% von 50.000 Einwohnern) auf kleine Gemeinden und Städte festgelegt, die raumordnerisch lediglich Unterzentren – wie im vorliegenden Fall – oder auch kleinere Mittelzentren sind, und damit auch berücksichtigt, dass das ländlich geprägte Mecklenburg-Vorpommern nur wenige Städte aufweist, deren Einwohnerzahl über 50.000 liegt.

14

Zudem hat das Bundesverfassungsgericht in einem Fall aus Baden-Württemberg eine auf Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB gestützte Sperrgebietsverordnung für das ganze Gebiet einer Gemeinde bis zu 35.000 Einwohnern nicht beanstandet (BVerfG, Beschl. v. 07.10.2008 – 2 BvR 1101/08 –, NVwZ 2009, 239, juris Rn. 9). Auch das Bundesverwaltungsgericht hält Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB für eine tragfähige Ermächtigungsgrundlage und hat ausgeführt, dass Bedenken gegen die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht nicht ersichtlich seien. Die durch Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB gegebene Möglichkeit, in Gemeinden mit bis zu 50.000 Einwohnern die Prostitution gänzlich zu verbieten, ist auch durch das Prostitutionsgesetz vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3983) nicht beseitigt worden; vielmehr ist der Vorschlag, Art. 297 EGStGB ersatzlos zu streichen (BT-Drs. 14/4456 S. 3), nicht Gesetz geworden (BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 – 4 C 6/02 –, NVwZ 2004, 743, juris Rn. 9).

15

Für die Verfassungsmäßigkeit des Erlasses der Landesverordnung kommt es auch nicht darauf an, ob es im konkreten Einzelfall zu einer Beeinträchtigung der zu schützenden Belange gekommen ist. Vielmehr genügt für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung die Prognose, dass das betroffene Verhalten (hier die Ausübung der Prostitution) in hinreichender Weise die abstrakte Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Schutzgüter begründet (BVerwG, Beschl. v. 17.12.2014 – 6 C 28/13 –, juris Rn. 12).

16

Weiter kann der Antragsteller auch nicht damit durchdringen, dass der Verordnungsgeber nicht zwischen der Wohnungsprostitution mit geringerer öffentlicher Sichtbarkeit und anderen, wie er vorträgt „typischerweise kriminogeneren“ Formen der Prostitution, wie z. B. dem Straßenstrich differenziert habe. Zwar dürfte eine Verlagerung der Prostitution „von der Straße in die Häuser“ (vgl. Wohlfarth, LKRZ 2014, 393), wie sie auch wohl von dem geplanten Prostitutionsstättengesetz bzw. Prostitutionsschutzgesetz angestrebt wird (siehe hierzu Entschließung des Bundesrates „Maßnahmen zur Regulierung der Prostitution und der Prostitutionsstätten“ BR-Drs. 71/14), vor allem aus sozialen Gründen sinnvoll sein, der Antragsteller unterstellt jedoch bei seiner Argumentation, dass es bei der Wohnungsprostitution keine unerwünschte Begleitkriminalität gebe, also keine „milieubedingte Unruhe“ zu befürchten sei. Das trifft nicht zu. Die Wohnungsprostitution wird zwar häufig deutlich weniger wahrnehmbar sein als die Straßen- und Bordellprostitution. Jedoch können Belästigungen der Anwohner, milieubedingte Unruhe, das Ansprechen Unbeteiligter sowie das Anfahren und Abfahren der Freier als sichtbare Begleiterscheinungen der Prostitution nicht von vornherein für den Bereich der Wohnungsprostitution als ausgeschlossen betrachtet werden (BVerfG, Beschl. v. 28.04.2009 – 1 BvR 224/07 -, NVwZ 2009, 905, juris Rn. 25 mit Hinw. auf BT-Drs. 16/4146, S. 40). Vielmehr ist allgemein bekannt, dass auch bei Wohnungsprostitution enge Verknüpfungen zur organisierten Kriminalität, zum sog. „Rotlicht“milieu bestehen. Allein die gewerbsmäßige Vermietung und das Zurverfügungstellen von Wohnungen für wechselnde Prostituierte – wie auch im vorliegenden Fall – bedürfen eines erheblichen Organisationsaufwandes und legen eine Vernetzung in die Szene nahe. Da mit Wohnungsprostitution hohe Bargeldumsätze geschafft werden können, ist dieses Geschäft, nicht weniger als andere Prostitutionsformen, für die organisierte Kriminalität lukrativ. Es wäre lebensfremd anzunehmen, dass solche Organisationen auf diese Einnahmen zu Gunsten anderer verzichten würden. Schon dass die Mietzahlungen – wie die Prostituierten bei ihren Befragungen angegeben haben – in bar erfolgten, ist nicht nur für „normale“ Mietverhältnisse untypisch, sondern vielmehr szenetypisch. Da hier nur die Prognose des Verordnungsgebers beim Erlass der Verordnung in Frage steht, bedarf es keiner Vertiefung dahingehend, ob ein solcher „Milieu“-Hintergrund auch im Fall des Antragstellers vorliegt.

17

Letztlich mag der Antragsteller aufgrund der gewerblichen Untervermietung in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG betroffen sein, er ist jedenfalls nicht darin durch die angefochtene Ordnungsverfügung verletzt. Denn diese Berufsausübung darf gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetz geregelt werden. Eine solche Berufsausübungsregelung ist gesetzlich mit Art. 297 Abs. 1 Nr. 1 EGStGB und der darauf beruhenden Landesverordnung über das Verbot der Prostitution Mecklenburg-Vorpommern getroffen worden. Solche Regelungen dürfen getroffen werden, wenn sie durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt sind, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sind und die durch sie bewirkten Beschränkungen den Betroffenen zumutbar sind. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass die beiden Schutzzwecke des Art. 297 EGStGB, der Schutz der Jugend und der Schutz des öffentlichen Anstands, diese Voraussetzungen erfüllen und die Ermächtigung auch verhältnismäßig ist (BVerfG, Beschl. v. 28.04.2009 – 1 BvR 224/07 -, NVwZ 2009, 905, juris Rn. 22 ff.). Ebenso verletzt die Vorschrift nicht das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG, zu dem verfassungsrechtlich auch das Wohnungsmietrecht zählt, sondern stellt eine rechtmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerfG, a. a. O., Rn. 28 ff.)

18

Die Beschwerde hat auch keinen Erfolg, soweit sie sich auf den weiteren Antrag des Antragstellers bezieht, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Zwangsgeldfestsetzung anzuordnen. Da sich nach summarischer Prüfung die Ordnungsverfügung als rechtmäßig erweist, konnte auf sie auch die Festsetzung des Zwangsgeldes – nach bereits erfolgter Androhung – gestützt werden. Weitere Angriffe gegen die Festsetzung, die über diejenigen gegen die Ordnungsverfügung hinausgehen, hat der Antragsteller nicht dargelegt.

19

Ob die Landesregierung im Zuge der oben genannten beabsichtigten bundesrechtlichen Gesetzesänderungen auch die streitgegenständliche Prostitutionsverordnung einer Überarbeitung unterziehen wird (siehe allgemein die Kleinen Anfragen zum Thema „Prostitution“ vom 21.11.2014, LT-Drs. 6/3448, vom 06.01.2015, LT-Drs. 6/3597 und vom 13.04.2015, LT-Drs. 6/3846), mag gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren Berücksichtigung finden.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

21

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 2 und 53 Abs. 2 GKG.

22

Hinweis:

23

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,- € festgesetzt.

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich gegen eine genehmigte Wohnbebauung auf einem benachbarten Grundstück.

Mit Bescheid vom 17. September 2015 erteilte das Landratsamt F. dem Beigeladenen eine Baugenehmigung zum Neubau eines Einfamilienhauses mit Doppelgarage und Carport auf dem Grundstück FlNr. 299 (alt) der Gemarkung H. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2015 erließ das Landratsamt sodann eine als solche bezeichnete „bauaufsichtliche (Tektur-) Genehmigung“ betreffend die vormaligen FlNr. 299 und 298 (nunmehr FlNr. 299/1 und 298/1), mit der die Errichtung des Vorhabens des Beigeladenen mit gewissen Änderungen gestattet wurde. Das Baugrundstück ist durch einen südlich angrenzenden schmalen Weg (FlNr. 302) von dem u. a. mit einem Wohnhaus bebauten Anwesen des Antragstellers (FlNr. 303 und 304) getrennt. Der Antragsteller, dem die o.g. Bescheide nicht zugestellte wurden, sieht sich beeinträchtigt, weil er künftig das Baugrundstück des Beigeladenen nicht mehr mit Kraftfahrzeugen überfahren könne, um auf die Stellplätze auf seinem Anwesen zu gelangen.

Mit Beschluss vom 24. März 2016 lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den vom Antragsteller gestellten Eilantrag, die aufschiebende Wirkung seiner am 29. Februar 2016 gegen die Baugenehmigung vom 17. September 2015 in der Fassung der Tekturgenehmigung vom 16. Dezember 2015 erhobenen Klage anzuordnen, ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die Anfechtungsklage habe bei summarischer Prüfung keine Erfolgsaussichten. Der Antragsteller könne sich nicht darauf berufen, dass aufgrund der Genehmigung des streitgegenständlichen Vorhabens die Erschließung seines eigenen Grundstücks nicht mehr gesichert wäre. Ein Grundstücksnachbar habe mit Blick auf § 903 BGB grundsätzlich kein Recht, das Vorhabengrundstück zum Zweck der Zufahrt zu seinem eigenen Grundstück in Anspruch zu nehmen, wenn ihm keine entsprechende Dienstbarkeit bzw. kein Notwegerecht i. S. von § 917 BGB zustehe. Letzteres habe der Antragsteller nicht geltend gemacht. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 917 BGB sei auch nicht ersichtlich, weil das im Eigentum des Antragstellers stehende Grundstück FlNr. 303 (östlicher Teil seines Anwesens) jedenfalls über den zum Grundstück des Beigeladenen führenden schmalen Weg (FlNr. 302) auch von Osten her erschlossen werden könne. Auch hinsichtlich FlNr. 304 sei kein Notwegerecht anzunehmen, weil es keinen Anspruch gebe, einen bestimmten Stellplatz auf einem Grundstück anfahren zu können. Im Übrigen würde nach Maßgabe der von der Tekturgenehmigung umfassten Pläne das genehmigte Wohnhaus und die genehmigte Garage aufgrund ihrer hinreichend vom Weg (FlNr. 302) abgerückten Lage ein dennoch bestehendes Notwegerecht des Antragstellers tatsächlich nicht vereiteln; eine Beeinträchtigung könne sich allenfalls aus einer künftigen Einfriedung des Baugrundstücks ergeben, die aber nicht von der angefochtenen Genehmigung umfasst sei. Auf eine sonstige Verletzung des § 35 BauGB könne sich der Antragsteller mangels nachbarschützender Wirkung nicht berufen.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter.

Er beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 24. März 2016 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 17. September 2015 in der Fassung der Tekturgenehmigung vom 16. Dezember 2015 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag des Antragstellers im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Der Senat lässt dabei offen, ob der Antragsteller gehalten gewesen wäre, auch den unter dem Datum des 15. April 2015 ergangenen - hinsichtlich seiner Bestimmtheit allerdings fraglichen - Bauvorbescheid anzufechten, um eine ggf. auch gegenüber dem geltend gemachten Genehmigungsabwehranspruch fortgeltende Bindungswirkung (Art. 71 Satz 2 BayBO) zu eliminieren (vgl. einerseits: BVerwG, U. v. 17.3.1989 - 4 C 14.85 - DVBl. 1989, 673; andererseits: BVerwG, U. v. 9.2.1995 - 4 C 23/94 - NVwZ 1995, 894 = juris Rn. 15). Der Eilantrag ist unabhängig hiervon unbegründet. Dem gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein maßgebenden Beschwerdevorbringen ist nach der im Verfahren gem. Art. 80a Abs. 3, Art. 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht zu entnehmen, dass die Genehmigungsbescheide vom 17. September 2015 und 16. Dezember 2015 gegen Vorschriften verstoßen, die im einschlägigen vereinfachten Verfahren nach Art. 59 Satz 1 BayBO zu prüfen sind und die nicht nur dem Schutz der Interessen der Allgemeinheit, sondern auch dem Schutz der Interessen des Antragstellers als Grundstücksnachbarn dienen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Der Vortrag, dass eine Ausnutzung der streitgegenständlichen Baugenehmigung in der Fassung des Änderungsbescheids vom 16. Dezember 2015 durch den Beigeladenen die vorgegebene Situation der Grundstücke des Antragstellers nachhaltig verändere und ihn dadurch mit praktisch enteignender Wirkung schwer und unerträglich treffe, vermag keine Verletzung eines im Genehmigungsverfahren zu prüfenden Nachbarrechts zu begründen.

Der Antragsteller führt hierzu in der Beschwerdebegründung aus, seine Grundstücke FlNr. 303 und FlNr. 304 seien für ihn kaum mehr nutzbar, weil durch die Umsetzung der angefochtenen Baugenehmigung künftig die Erschließung dieser Grundstücke vereitelt werde. Das Baugrundstück sei über mehrere Jahre hinweg genutzt worden, um auf die Stellplätze im nord-westlichen Bereich der FlNr. 304 zu gelangen. Diese Inanspruchnahme des jetzigen Baugrundstücks sei aufgrund langzeitlicher Duldung nunmehr zum Gewohnheitsrecht erstarkt. Auf seinem Anwesen gebe es keine anderen Stellplatzmöglichkeiten als die vorhandenen; dieser Bereich könne mit Fahrzeugen nur durch teilweises Überfahren des Baugrundstücks erreicht werden. Aufgrund der gegebenen Bedingungen auf seinen beiden Grundstücken (bauliche Situation, wirtschaftlich genutzte Obstbäume im Innenhofbereich) sowie aufgrund denkmalschutzrechtlicher Hindernisse sei die Schaffung einer veränderten Zufahrt nicht möglich. Zudem sei nicht einsehbar, warum er seinen gewohnheitsrechtlich entstandenen Anspruch wegen eines rechtswidrigen Baus eines Wohnhauses im Außenbereich verlieren solle. Der Beigeladene habe im betroffenen Bereich zwischenzeitlich Findlinge auf die Grundstücksgrenze setzen lassen. Nach der Umsetzung der streitgegenständlichen Baugenehmigung liege das Bauvorhaben im unbeplanten Innenbereich, so dass es dann möglich werde, eine die Zufahrt versperrende Einfriedung gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 7a BayBO verfahrensfrei zu errichten. Damit werde ihm - dem Antragsteller - der Verwaltungsrechtsweg abgeschnitten, weil ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten nur unter engen Voraussetzungen von der Rechtsprechung anerkannt werde.

Dritte - wie hier der Antragsteller als Nachbar - können sich gegen eine Baugenehmigung allerdings nur dann mit Aussicht auf Erfolg gegen eine Baugenehmigung zur Wehr setzen, wenn diese rechtswidrig ist sowie die Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (sog. Schutznormtheorie, vgl. z. B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m. w. N.).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt ein unmittelbarer Rückgriff auf Art. 14 GG zur Begründung des Nachbarrechtsschutzes wegen eines schweren und unerträglichen Eigentumseingriffs grundsätzlich nicht mehr in Betracht, weil der Gesetzgeber in Ausfüllung seines legislatorischen Gestaltungsspielraums aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nachbarliche Abwehrrechte im Baurecht verfassungskonform ausgestaltet hat und insofern unter Einschluss der Grundsätze des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots ein geschlossenes System des nachbarlichen Drittschutzes bereitstellt (vgl. BVerwG, U. v. 26.9.1991 - 4 C 5.87 - BVerwGE 89, 69 = juris Rn. 40 unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren Rechtsprechung; ebenso: BVerwG, U. v. 23.8.1996 - 4 C 13.94 - BVerwGE 101, 364 = juris Rn. 40 ff.; U. v. 7.11.1997 - 4 C 7.97 - NVwZ 1998, 735 = juris Rn. 20 f.; ebenso BayVGH, B. v. 23.2.2012 - 14 CS 11.2837 - juris Rn. 42; B. v. 1.3.2016 - 15 CS 16.244 - juris Rn. 24).

Allenfalls in Fällen, in denen das genehmigte Bauvorhaben eine unmittelbar gegenständliche Inanspruchnahme des Nachbargrundstückes zur Folge hat, kann Art. 14 GG beim Nachbarrechtsschutz im öffentlichen Baurecht noch von Bedeutung sein. So kann einem Nachbarn ein Abwehrrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG dann zustehen, wenn die Umsetzung der Baugenehmigung in Folge des Fehlens der wegemäßigen Erschließung des Baugrundstücks zur Begründung oder Ausweitung eines Notwegerechts nach § 917 Abs. 1 BGB an seinem Grundstück führt und damit gleichsam im Wege einer „Automatik“ eine unmittelbare Verschlechterung seiner Eigentumsrechte bewirkt, ohne dass ihm im Übrigen hiergegen ein sonstiger effektiver Rechtsschutz zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, U. v. 26.3.1976 - IV C 7.74 - BVerwGE 50, 282 = juris Rn. 20; U. v. 4.6.1996 - 4 C 15.95 - BauR 1996, 841 = juris Rn. 22; B. v. 11.5.1998 - 4 B 45.98 - NJW-RR 1999, 165 = juris Rn. 8; BayVGH, B. v. 19.2.2007 - 1 ZB 06.92 - juris Rn. 15; U. v. 7.12.2010 - 14 B 09.2292 - juris Rn. 17 ff., B. v. 25.11.2013 - 2 CS 13.2267 - juris Rn. 6; B. v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - juris Rn. 18; B. v. 1.3.2016 - 15 CS 16.244 - juris Rn. 25).

Eine solche oder vergleichbare Situation ist hier aber nicht gegeben. Vielmehr soll nach dem Vortrag der Beschwerde der umgekehrte Fall vorliegen, dass durch die Umsetzung der angefochtenen Baugenehmigung die wegemäßige Erschließung des Grundstücks des Antragstellers künftig dadurch beeinträchtigt werde, dass ein (angeblich) bereits bestehendes - auf Gewohnheitsrecht bzw. auf § 917 BGB beruhendes - Überfahrtrecht auf dem Baugrundstück vereitelt werde. In diesem Fall wird das Nachbargrundstück - hier das Anwesen des Antragstellers auf FlNr. 303 und 304 - durch die Baugenehmigung nicht selbst und unmittelbar in Anspruch genommen. Die vom Antragsteller vorgetragene Belastung betrifft vielmehr nur eine allenfalls mittelbare Folge hinsichtlich der künftigen Benutzbarkeit seiner Grundstücke. In dieser Konstellation kann eine Rechtsverletzung nicht wegen schwerer und unzumutbarer Betroffenheit des Eigentumsrechts über Art. 14 Abs. 1 GG begründet werden.

2. Ebenfalls scheidet aufgrund der in der Beschwerdebegründung vorgetragenen Folgewirkungen eine Rechtsverletzung des Antragstellers über das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot aus.

Soweit sich der Antragsteller beeinträchtigt sieht, weil ein von ihm behauptetes Überfahrtrecht auf dem Baugrundstück vereitelt werde, muss er sich auf den Zivilrechtsweg verweisen lassen. Die Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit einem solchen Recht ist nicht Gegenstand der bauaufsichtlichen Prüfung. Dies ergibt sich aus Art. 68 Abs. 4 BayBO, wonach die Baugenehmigung unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt wird. Das bedeutet, dass über die Vereinbarkeit privater Rechte Dritter - wie vorliegend eines (behaupteten) kraft Gewohnheitsrechts entstandenen oder wegen § 917 BGB bestehenden Überfahrtsrechts auf dem Baugrundstück - mit dem Bauvorhaben im Baugenehmigungsverfahren nicht entschieden wird. Die Baugenehmigung sagt über solche Rechte nichts aus und wirkt sich demnach auf sie nicht aus. Daher begründet ein privates Recht grundsätzlich auch kein Abwehrrecht des Nachbarn gegen die Baugenehmigung, sondern muss vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden (Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBO, Stand Dezember 2015, Art. 68 Rn. 63; speziell zum Fall eines dinglich gesicherten Geh- und Fahrtrechts: BayGH, B. v. 25.11.2013 - 2 CS 13.2267 - juris Rn. 3 ff.; B. v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - juris Rn. 18; Molodovsky a. a. O. Rn. 67).

3. Abgesehen davon ginge die Beeinträchtigung eines - etwa gewohnheitsrechtlich begründeten - Überfahrtrechts des Antragstellers nicht unmittelbar von den genehmigten baulichen Anlagen aus, sondern erst von einer noch zu errichtenden Einfriedung oder von sonstigen Absperrungen (wie z. B. von Steinen /Findlingen, die der Beigeladene nach dem Vortrag des Antragstellers bereits an der Grundstücksgrenze positioniert habe). Die mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen enthalten keine zeichnerische Darstellung einer Einfriedung oder sonstiger Grenzeinrichtungen auf dem Baugrundstück. Daraus folgt, dass eine Einfriedung bzw. eine Überfahrtblockierung mit Steinen /Findlingen nicht in der angegriffenen Baugenehmigung geregelt worden ist. Infolgedessen geht die Argumentation des Antragstellers, von der Baugenehmigung gingen Einschränkungen für die Nutzbarkeit seiner Grundstücke aus, weil er aufgrund der bereits vom Beigeladenen an der Grundstücksgrenze abgelegten Findlinge bzw. aufgrund einer zu erwartenden künftigen Einfriedung an der Grundstücksgrenze seine Stellplätze mangels Überfahrtmöglichkeit des Baugrundstücks nicht mehr erreichen könne, von vorneherein ins Leere. Auch die Anwendung der zum bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot entwickelten Grundsätze wird - unabhängig von Art. 68 Abs. 4 BayBO (s.o.) - durch den Regelungsumfang der jeweils erteilten Baugenehmigung begrenzt (vgl. BayVGH, B. v. 24.7.2014 - 15 CS 14.949 - ZMR 2015, 499 = juris Rn. 15 m. w. N.). Enthält aber - wie im vorliegenden Fall - die Baugenehmigung als öffentlich-rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung zu der eigentlichen baulichen Ursache der (behaupteten) Belastungswirkung keine Aussage und ist auch die Geltendmachung eines öffentlich-rechtlichen Einschreitensanspruchs nicht als erfolgsversprechend anzusehen (weil aufgrund der vorherigen Erwägungen zu 1. und 2. die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 BayBO in Frage stehen und auf Rechtsfolgenseite der Bauaufsichtsbehörde selbst bei Vorliegen der Eingriffsvoraussetzungen grundsätzlich ein Ermessen zustünde), bleibt dem Nachbarn nur die Möglichkeit der zivilrechtlichen Geltendmachung seines (behaupteten) Anspruchs auf Duldung eines durch Gewohnheitsrecht entstandenen bzw. wegen § 917 BGB bestehenden Überfahrtrechts und auf Beseitigung entsprechender Hindernisse.

4. Eine Verletzung subjektiver Rechte des Nachbarn ist ferner ausgeschlossen, soweit sich dieser darauf beruft, das Vorhaben des Beigeladenen zerstöre die natürliche Eigenart der Landschaft. Die in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB aufgeführten Belange des Natur-, Arten- und Landschaftsschutzes schützen nicht auch die Nachbarn eines Außenbereichsvorhabens, sondern „nur“ das Interesse der Allgemeinheit an der grundsätzlichen Freihaltung des Außenbereichs von Bebauung (z. B. BayVGH, B. v. 16.10.2007 - 1 CS 07.1848 - juris Rn. 36; OVG Berlin-Bbg., B. v. 2.6.2015 - OVG 2 S 3.15 - juris Rn. 8).

5. Nichts anderes ergibt sich aus dem weiteren Vortrag des Antragstellers, wonach im vorliegenden Fall durch die Genehmigung an den Beigeladenen eine Entwicklung in Gang gesetzt werden würde, die sich rechtmäßigerweise nur über eine Bauleitplanung umsetzen lasse, bei deren Unterlassen ihm aber die Möglichkeit genommen werde, Einwendungen zu erheben. Insofern ist selbst der in § 35 Abs. 3 BauGB nicht ausdrücklich genannte öffentliche Belang des Planungsbedürfnisses, der ohnehin im Regelfall nur bei Großvorhaben als beeinträchtigt in Betracht zu ziehen wäre, nicht nachbarschützend (BayVGH, B. v. 2.12.2010 - 14 ZB 10.2084 - juris Rn. 6; B. v. 5.4.2016 - 15 ZB 14.2792 - juris Rn. 11; OVG Nds., B. v. 24.3.2011 - 1 LA 2/09 - juris Rn. 20, 21). Dem Nachbarn steht über § 35 Abs. 3 BauGB gerade kein allgemeiner Schutzanspruch auf Nichtausführung objektiv nicht genehmigungsfähiger Vorhaben im Außenbereich zu, auch nicht unter Berufung auf § 1 Abs. 7 BauGB (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand November 2015, § 35 Rn. 186 m.w.N).

6. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang ergänzend darauf abstellt, dass sich durch die Genehmigung des Bauvorhabens des Beigeladenen „möglicherweise auch der Gebietscharakter der angrenzenden Grundstücke“ ändere, ergibt sich nichts anderes. In der Sache dürfte sich der Antragsteller insofern auf den von der Rechtsprechung entwickelten sog. Gebietserhaltungsanspruch berufen. Dieser gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Der Anspruch ist eine Folge davon, dass Baugebietsfestsetzungen kraft Gesetzes dem Schutz aller Eigentümer der in dem Gebiet gelegenen Grundstücke dienen. Die weit reichende nachbarschützende Wirkung beruht auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer durch die Lage ihrer Anwesen in demselben Baugebiet zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist. Im Hinblick auf diese wechselseitig wirkende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) hat jeder Eigentümer - unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung - das Recht, sich gegen eine schleichende Umwandlung des Gebiets durch Zulassung einer gebietsfremden Nutzung zur Wehr zu setzen (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91 - BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 12 ff.; BVerwG, U. v. 23.8.1996 - 4 C 13/94 - BVerwGE 101, 364 = juris Rn. 35 ff.). Aus der Gleichstellung geplanter und faktischer Baugebiete im Sinne der Baunutzungsverordnung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung durch § 34 Abs. 2 BauGB ergibt sich, dass in diesem Umfang auch ein identischer Nachbarschutz schon vom Bundesgesetzgeber festgelegt worden ist (BVerwG, U. v. 16.9.1993 a. a. O. juris Rn. 13; BayVGH, B. v. 9.12.2015 - 15 CS 15.1935 - juris Rn. 17).

Im vorliegenden Fall legt der Antragsteller mit seiner Beschwerdebegründung schon nicht dar, dass sein Anwesen in einem beplanten Gebiet i. S. von § 30 BauGB bzw. in einem faktischen Baugebiet i. S. von § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit §§ 2 ff. BauNVO liegt und inwiefern das streitgegenständliche Vorhaben des Beigeladenen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. BauGB) nicht mit diesem (faktischen) Baugebiet übereinstimmt. Der Gebietserhaltungsanspruch setzt im Übrigen jedenfalls grundsätzlich voraus, dass sich sowohl das Grundstück des Nachbarn als auch das Grundstück des Bauherrn in demselben (beplanten oder faktischen) Baugebiet befinden, weil nur dann ein entsprechendes wechselseitiges Austauschverhältnis besteht (vgl. neben der vorher zitierten Rspr. des BVerwG z. B. auch: BayVGH, B. v. 13.1.2014 - 2 ZB 12.2242 - juris Rn. 12; OVG Berlin-Bbg., B. v. 2.6.2015 - OVG 2 S 3.15 - juris Rn. 3). Wird hier eine Lage des Anwesens des Antragstellers in einem faktischen Plangebiet (z. B. in einem Dorfgebiet i. S. von § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 5 BauNVO) unterstellt, dürfte aber - wovon alle Beteiligten bislang ausgehen - jedenfalls das Baugrundstück im Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen. Zudem besteht unter dem Gesichtspunkt des Gebietserhaltungsanspruchs kein rechtlich schützenswertes Individualinteresse auf Bewahrung des Außenbereichscharakters eines Grundstücks (BVerwG, B. v. 3.4.1995 - 4 B 47.95 - juris Rn. 3; B. v. 28.7.1999 - 4 B 38.99 - NVwZ 2000, 552 = juris Rn. 5; BayVGH, B. v. 29.11.2010 - 9 CS 10.2197 - BayVBl 2011, 698 = juris Rn. 12; VGH BW, B. v. 24.1.2012 - 3 S 20/11 - juris Rn. 5).

7. Auch der noch im zeitlichen Rahmen des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO durch Schriftsatz vom 27. April 2016 ergänzte Vortrag des Antragstellers, der Beigeladene dürfe den Weg FlNr. 302 nicht zur wegemäßigen Erschließung des Baugrundstücks benutzen, weil ein am 3. April 1975 zwischen der (vormaligen) Gemeinde H. und den Eltern des Beigeladenen geschlossener notarieller Kaufvertrag über ein (damaliges) Teilstück der FlNr. 302 (vgl. Bl. 49 ff. der VGH-Gerichtsakte) in Vertragsziffer XII die - auch für und gegen den Beigeladenen als Rechtsnachfolger wirkende - Verpflichtung begründet habe, den verbleibenden Gemeindeweg auf FlNr. 302 weder zu befahren noch zum Viehtrieb zu nutzen, begründet kein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gegen die Baugenehmigung. Sollte der Vertrag aus dem Jahr 1975 der gesicherten Erschließung des Baugrundstücks tatsächlich entgegenstehen - was hier offen bleiben kann -, ergäbe sich hieraus keine Verletzung eines subjektiven Rechts des Antragstellers i. S. von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Eine Rechtsverletzung des Antragstellers wegen einer am Maßstab von § 35 Abs. 2 BauGB unzureichenden Erschließung des Baugrundstücks scheidet aus, weil auch das Erfordernis der gesicherten planungsrechtlichen Erschließung grundsätzlich nur den öffentlichen Interessen dient und keine nachbarschützende Funktion hat (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - juris Rn. 17; B. v. 1.3.2016 - 1 ZB 15.1560 - juris Rn. 9). Gründe, die hier ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar. Insbesondere ist weder ersichtlich noch vom Antragsteller geltend gemacht worden, dass für den Fall, dass das Grundstück des Beigeladenen nicht über den Weg FlNr. 302 angefahren werden könnte /dürfte, automatisch ein Notwegerecht nach § 917 BGB auf seinen eigenen Grundstücken (FlNr. 303 und FlNr. 304) entstehen würde (s.o.); insofern käme im Übrigen auch die Inanspruchnahme weiter östlich gelegener Grundstücke in Betracht. Der Antragsteller hat auch nicht substanziiert vorgetragen, dass durch die Benutzung der FlNr. 302 als Erschließungsweg des Baugrundstücks für ihn als Eigentümer der Nachbargrundstücke eine am Maßstab des Rücksichtnahmegebots (vgl. § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB) unzumutbare Immissionsbelastung durch Lärm o.ä. entstehe. Entsprechendes ist auch nicht ersichtlich. Soweit der Antragsteller der Ansicht ist, dass die von ihm zitierte vertragliche Regelung aus dem Jahr 1975 aufgrund einer auf Verhinderung von Schmutz und Lärm für die Anwohner gerichteten Zweckbestimmung ihm zivilrechtliche Abwehransprüche gegen den Beigeladenen und /oder die Gemeinde z. B. aufgrund § 328 BGB (Vertrag zugunsten Dritter) vermittele, müsste er auch diese auf dem Zivilrechtsweg geltend machen.

8. Nach allem kann dahinstehen, ob der Beschwerde auch deshalb der Erfolg zu versagen wäre, weil für eine Entscheidung gemäß § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO das notwendige Rechtsschutzbedürfnis auf Seiten des Antragstellers wegen der vom Antragsgegner im Schriftsatz vom 17. Mai 2016 vorgetragenen zwischenzeitlich erfolgten fortgeschrittenen Errichtung des Vorhabens entfallen ist, weil die Schaffung „vollendeter Tatsachen“ insoweit nicht mehr zu verhindern wäre (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 29.9.2014 - 2 CS 14.1786 - juris Rn. 2; B. v. 4.3.2015 - 15 CS 15.361 - juris Rn. 3; in einer ähnlichen Konstellation ebenfalls offenlassend BayVGH, B. v. 16.10.2006 - 15 CS 06.2184 - juris Rn. 23).

9. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil er mit seiner Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Da der Beigeladene im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat‚ entspricht es der Billigkeit‚ dass dieser seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3‚ § 154 Abs. 3 VwGO) Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

10. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich gegen eine zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauordnungsrechtliche Verfügung zur Unterbindung der Nutzung einer Räumlichkeit als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte.

Im Erdgeschoss des nach dem zweiten Weltkrieg wieder in Stand gesetzten Anwesens FlNr. ... Gemarkung A. (= W.) befinden sich Räumlichkeiten, die in der Vergangenheit als Ladengeschäft genutzt worden sind (vgl. u. a. den auf Umbaumaßnahmen eines Schuhgeschäfts bezogenen Baugenehmigungsbescheid vom 3. Juni 1982).

Mit Bescheid vom 10. September 2012 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des vormaligen Betreibers /Pächters auf baurechtliche Genehmigung der Nutzungsänderung des im Erdgeschoss des vorgenannten Anwesen befindlichen Ladens in ein - schon damals tatsächlich bereits betriebenes - Büro für Sportwetten unter Hinweis auf eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre ab. Mit Urteil vom 26. September 2013 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die gegen die Ver-sagung der Nutzungsänderungsgenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage ab (Au 5 K 12.1307). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2377).

Unter dem 29. Januar 2013 untersagte die Antragsgegnerin dem vormaligen Betreiber /Pächter, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des Anwesens als Wettlokal für Sportwetten zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Mit Urteil vom 26. September 2013 hob das Verwaltungsgericht Augsburg die in Nr. 2 des Tenors des Bescheids vom 29. Januar 2013 verfügte Zwangsgeldandrohung auf und wies die Anfechtungsklage gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung im Übrigen ab (Au 5 K 13.225). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den (gegen die Klageabweisung im Übrigen gerichteten) Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2378).

Laut einer in den Behördenakten befindlichen Gewerbeanmeldung vom 1. September 2014 nahm die Antragstellerin unter der Adresse W., ... folgende gewerbliche Tätigkeit auf:

„Weitergabe von Sportinformationen, Annahme von Kundenaufträgen zur Abgabe und Vermittlung von Sport- und Oddsetwetten an staatliche Konzessionslotterien auch mittels Online-Kurierdienste, Vermietung von Internetanschlüssen, Getränkeausschank (…).“

Die Antragsgegnerin führte ab Juni 2015 mehrere Baukontrollen durch. In einem Aktenvermerk vom 19. November 2015 über eine Ortsbesichtigung desselben Tages im Wettbüro „T...“ in der W. - als Betreiber wird im Aktenvermerk die Antragstellerin aufgeführt - hielt der Bauaufseher der Antragsgegnerin fest:

„Das Wettbüro war in Betrieb. In der Spielhalle befanden sich 5 Wettautomaten (Wett-Terminals), alle waren in Betrieb, auf insgesamt 6 Bildschirmen wurden die aktuellen Wettquoten angezeigt. Den Besuchern steht ein WC zur Verfügung. Die Gäste haben Zugriff auf einen Getränkeautomat. Ein Briefkasten für das Wettbüro ist nicht vorhanden.

Nach Inspektion und Stellungnahme von Herrn B... und Herrn R... vor Ort können auch die 5 Wett-Terminals als Bildschirm verwendet werden, um sich - ähnlich wie auf den 6 zusätzlich vorhandenen Bildschirmen - die Live-Wetten anzeigen zu lassen. (…)“

Mit dem streitgegenständlichen, am 2. Dezember 2015 zur Post gegebenen Bescheid vom 30. November 2015 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin - unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 2), unter Androhung eines Zwangsgeldes i.H. von 2.000,- € (Nr. 3) sowie unter gleichzeitiger (ebenfalls sofort vollziehbarer) Duldungsanordnung gegenüber den Grundstückseigentümern (Nr. 4, mit Zwangsgeldandrohung unter Nr. 5) - mit Nr. 1 Satz 1, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des betroffenen Anwesens als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Zu diesem Zweck seien sämtliche (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals zu beseitigen (Nr. 1 Satz 2). Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Nutzungsänderung nicht genehmigungsfähig sei. Mit der den Besuchern über die Wett-Terminals eingeräumten Möglichkeit, das Spiel- bzw. Wettgeschehen live zu verfolgen und an Sportwetten teilzunehmen, sowie aufgrund des Vorhandenseins eines Getränkeautomaten und von drei Stehtischen bestehe zu einem Verweilen ausreichend Gelegenheit, so dass das Wettlokal mit einer Gesamtnutzfläche von 127 m² als kerngebietstypische Vergnügungsstätte einzuordnen sei. Dies sei im hier gegebenen faktischen Mischgebiet gem. § 34 Abs. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) i.V. mit § 6 der Baunutzungs-verordnung (BauNVO) bauplanungsrechtlich unzulässig, zumal zur Sicherung der Planung eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre erlassen worden sei. Ein vormals gestellter Antrag auf Nutzungsänderung in ein Büro für Sportwetten sei mit Bescheid vom 10. September 2012 abgelehnt worden. In Ausübung ihrer Planungshoheit lehne die Antragsgegnerin eine Ausnahme von der Veränderungssperre ab. Infolge des festgestellten Sachverhalts könne die Nutzungsuntersagung, zu deren Umsetzung die Bildschirme und Wett-Terminals zu beseitigen seien, gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens ausgesprochen werden. Hierfür genüge bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung. Die Nutzungsuntersagung stehe im öffentlichen Interesse und sei auch verhältnismäßig. Aufgrund einer negativen Vorbildwirkung liege die angeordnete sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse.

Am 8. Dezember 2015 erhob die Antragstellerin Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Antrag, den Bescheid vom 30. November 2015 aufzuheben. Über die Klage ist - soweit nach Aktenlage ersichtlich ist - bislang nicht entschieden. Ebenfalls am 8. Dezember 2015 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Die Antragstellerin wies im erstinstanzlichen Verfahren u. a. darauf hin, dass die Sitzgelegenheiten und der vormalige Getränkeautomat entfernt worden seien. Außerdem betrage die Nutzfläche des Ladens nur noch ca. 40 m².

Mit Beschluss vom 15. Januar 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die unter Nr. 1 Satz 1 des Bescheides ausgesprochene Nutzungsuntersagung sei gemäß Art. 76 Satz 2 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) voraussichtlich rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Die hier vorliegende genehmigungspflichtige Nutzungsänderung, die die Vermittlung von Live-Wetten umfasse, überschreite die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Da sich die Nutzung der Betriebsstätte nicht mehr im Rahmen der Variationsbreite der genehmigten gewerblichen Nutzung als Ladengeschäft bewege, sei die untersagte Nutzung formell rechtswidrig. Die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte sei - mit Blick auf die erst im Hauptsacheverfahren zu klärenden genauen Verhältnisse im betroffenen unbeplanten Ortsteil - auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Die Ermessensausübung der Antragsgegnerin sei nicht zu beanstanden. Nr. 1 Satz 2 des Bescheides sei ebenfalls von Art. 76 Satz 2 BayBO gedeckt, weil sich vorliegend die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein der zu beseitigenden Gegenstände manifestiere. Die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3) sei hinreichend bestimmt und halte sich hinsichtlich Fristsetzung und Höhe im Rahmen des Angemessenen.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

Sie beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Januar 2016 abzuändern und die aufschiebende Wirkung gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 wiederherzustellen sowie gegen Nr. 3 des Bescheides anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat sich im laufenden Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin nach der im Verfahren gem. Art. 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung zu Recht abgelehnt. Die Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 sowie gegen Nr. 3 dieses Bescheides wird voraussichtlich keinen Erfolg haben. Der Bescheid vom 30. November 2015 ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO als Befugnisnorm sind mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt; Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Das Vorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Nach der im Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung ist von den tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO für eine Nutzungsuntersagung auszugehen.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher in der Regel nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 30 ff.; U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 22; B. v. 23.04.2015 - 15 ZB 13.2378 - juris Rn. 5 f.; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.).

Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben für genehmigungsfähig hält, sondern darauf, ob das Vorhaben o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist. Der Betrieb der Antragstellerin ist derzeit weder als Wettannahmestelle noch als Wettvermittlungsstelle, Wettbüro oder als Vergnügungsstätte genehmigt. Es liegt nach summarischer Prüfung auch nicht auf der Hand, dass das Vorhaben genehmigungsfähig ist. Vielmehr muss die Genehmigungsfähigkeit im laufenden Baugenehmigungsverfahren noch geklärt werden.

a) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht seiner Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S. v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5 f.; B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - OVG 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, 143 = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69; Mitschang, ZfBR 2012, 419 ff. - jeweils m. w. N.).

Nach der im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung stellt die tatsächlich betriebene Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin eine Vergnügungsstätte in Form eines Wettbüros dar. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen nach der Rechtsprechung des Senats - die entgegen den Darlegungen der Beschwerdebegrünung nicht singulär geblieben ist - Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mit zu verfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; vgl. auch OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.). Mit der Installation von Monitoren und dem Bereithalten von Wett-Terminals, auf denen die Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann, sowie die Wettarten und Wettquoten aufgelistet sind, hat die Antragstellerin eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen. Allein die Vermittlung von Live-Wetten in einer - wie vorliegend - Wettvermittlungsstelle mit Monitoren, die ein Verfolgen aktueller Spielstände o.ä., auf die gewettet werden kann, ermöglicht, überschreitet nach der Rechtsprechung des Senats schon die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen der Antragstellerin an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es keine Unterhaltungsspiele gebe, hindert grundsätzlich nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind lediglich (weitere) Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15, 20; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; VGH BW, B. v. 1.2.2007 - 8 S 2606/06 - BauR 2007, 1217 = juris Rn. 4; VG München, U. v. 17.2.2014 - M 8 K 13.1878 - juris Rn. 31 f.; VG Minden, B. v. 10.2.2006 - 1 L 69/06 - juris Rn. 17), aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Diese ist ein Kriterium zur Unter-scheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungs-stätten (exemplarisch VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor. Der „Verweilcharakter“, den die Antragstellerin dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach vorliegend nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten (zum Ganzen: BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 12 ff.; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 8; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff., 55; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 28; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 49; abweichend: VG München, U. v. 24.6.2013 - M 8 K 12.4195 - juris Rn. 28 f.; VG Neustadt/Weinstr., B. v. 9.2.2011 - 3 L 59/11.NW - juris Rn. 11 ff., 24 ff.; VG Schleswig, B. v. 9.5.2014 - 8 B 10/14 - juris Rn. 14 ff.; enger als hier wohl auch OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11).

Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in eine Nutzung als Wettbüro /Vergnügungsstätte ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig. Eine verfahrensfreie Nutzungsänderung i. S. von § 57 Abs. 4 Nr. 1 BauNVO kommt nicht in Betracht, weil eine Vergnügungsstätte in bauplanungsrechtlicher Hinsicht anders zu beurteilen ist als eine bislang genehmigte schlicht gewerbliche Nutzung als Ladenlokal. Bei diesem Nutzungswechsel ist zudem von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit, die der Einschlägigkeit der Befugnisnorm des Art. 76 Satz 2 BayBO entgegenstünde (s.o.), nicht auszugehen.

Dem Verwaltungsgerichtshof sind im Beschwerdeverfahren die aktuellen Genehmigungsunterlagen, aus denen sich die Begrenzung der Nutzfläche ergeben soll, nicht vorgelegt worden. Auch kann ohne Inaugenscheinnahme der Räumlichkeiten nicht beurteilt werden, inwiefern der gegenwärtige Betrieb des Wettbüros tatsächlich auf einer begrenzten Nutzfläche stattfindet. Nach Aktenlage kann der Senat mithin nicht einschätzen, ob die Wettvermittlungsstätte aufgrund ihrer Größe oder ihrer besonderen - einen größeren Einzugsbereich ansprechenden - Attraktivität bereits die Schwelle zu einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte erreicht (vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8; B. v. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - NVwZ-RR 1993, 287 = juris Rn. 4; BayVGH, U. v. 24.3.2011 - 2 B 11.59 - BauR 2011, 1785 = juris Rn. 27, 28; VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 33; VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - juris Rn. 28 ff.; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 58 ff.; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 52; Stock in König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2014, § 4a Rn. 36; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43). Insofern ist dem Senat im Eilverfahren keine abschließende Bewertung möglich, ob es sich vorliegend um eine Vergnügungsstätte handelt, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder wegen ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig wäre (vgl. § 4a Abs. 3 Nr. 2, § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Hierauf kommt es aber letztlich nicht an.

Die genehmigungspflichtige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte (s.o.) ist auch dann nicht offensichtlich genehmigungsfähig,

- wenn nach Maßgabe der im Baugenehmigungsverfahren eingereichten und zu prüfenden Bauvorlagen, insbesondere nach Maßgabe der Planzeichnung und der gemäß § 3 Nr. 3, § 9 der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Bauvorlagenverordnung - BauVorlV) mit einzureichenden Betriebsbeschreibung (vgl. für eine Wettvermittlungsstelle BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 17) von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen sein sollte,

- wenn der baurechtlichen Zulassung der Nutzungsänderung die vormals erlassene Veränderungssperre wegen Zeitablaufs nicht mehr entgegenstehen sollte und die Antragsgegnerin immer noch keinen Bebauungsplan, dessen Festsetzungen dem Vorhaben entgegenstünden, erlassen hat sowie

- wenn - wovon offenbar beide Parteien ausgehen (vgl. Seite 3 des streitgegenständlichen Bescheides vom 30. November 2015; Seite 2 der erstinstanzlichen Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2015, Bl. 191 der Gerichtsakte Au 5 S 15.1788) - das Vorhaben in einem faktischen Mischgebiet i. S. von § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 BauNVO liegen sollte.

Innerhalb eines (faktischen) Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens ohne Weiteres gegeben wäre, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich und wird auch von der Antragstellerin nicht substanziiert dargelegt (zur wertenden Gesamtbetrachtung bei der Anwendung des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO: VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 45; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 64 ff. m. w. N.). Sollte das Vorhaben aber alternativ nur ausnahmsweise zulassungsfähig sein (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 61). Welche Alternative hier einschlägig ist, lässt sich - ebenso wie die Frage, ob von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen ist - für den Senat nicht ohne weiteres anhand der Akten klären. Dies würde - zumal die Antragsgegnerin eine Situierung in einem durch Wohnnutzung geprägten Bereich vorgetragen hat (vgl. Seite 4 der Antragserwiderung vom 21. Dezember 2015) - entsprechende Ermittlungen abverlangen. Diese müssen zunächst im laufenden Baugenehmigungsverfahren erfolgen. Von einer Offensichtlichkeit der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Nutzung des (bisherigen) Ladenlokals als Wettannahmestelle kann mithin nicht die Rede sein.

b) Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in die vorliegende Nutzung als Wettvermittlungsstelle ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO im Übrigen auch dann baugenehmigungspflichtig, wenn sich im Baugenehmigungsverfahren herausstellen sollte, dass - entgegen der vorher unter a) erfolgten (summarischen) Einordnung als Vergnügungsstätte - die Nutzungsänderung lediglich eine Wettannahmestelle im Sinne eines bloßen sonstigen Gewerbebetriebs zum Gegenstand hat. Aus Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ergibt sich, dass eine Nutzungsänderung genehmigungspflichtig ist, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer jeden Art von Nutzung eigene „Variationsbreite“ verlassen wird - nur dann handelt es sich um eine Nutzungsänderung im baurechtlichen Sinn - und wenn für die neue Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung (BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 31; B. v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris Rn. 15). Von einer genehmigungsfreien Nutzungsänderung gem. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ist bereits dann schon nicht mehr auszugehen, wenn die Zulässigkeit des geänderten Vorhabens i. S. von Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO anders beurteilt werden kann; ob das tatsächlich der Fall ist, ist im Genehmigungsverfahren erst zu prüfen (Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: Dez. 2015, Art. 57 Rn. 224 m. w. N.; nach nordrhein-westfälischem Landesrecht vgl. VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 13 f. m. w. N.). Entscheidend für die Genehmigungspflicht ist im vorliegenden Fall allein schon der Umstand, dass den vormals als Ladengeschäft genehmigten Räumlichkeiten eine völlig neue Zweckbestimmung gegeben wurde, deren Zuordnung je nach Einordnung als schlichte Wettannahmestelle oder als Wettbüro sowie je nach dem Ergebnis der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren als schlichter Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht kommt, die jeweils anderen planungsrechtlichen Anforderungen unterliegen (im faktischen Mischgebiet vgl. etwa § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO einerseits, § 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3 BauNVO andererseits).

Allein schon die unter a) aufgezeigte rechtliche Kontroverse, wann eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zu einer Vergnügungsstätte überschreitet (vgl. die oben zitierten Gegenansichten zur Haltung des Senats; zusammenfassend zum Streitstand: VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff.) zeigt, dass schon in rechtlicher Hinsicht jedenfalls nicht von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit auszugehen ist. Dasselbe gilt hinsichtlich des Einwands der Antragstellerin, dass jedenfalls im vorliegenden Fall gegen den „Verweilcharakter“ und damit gegen die Vergnügungsstättenqualität ihrer Wettvermittlungsstelle spreche, dass - wie die Erhebungen des Personals in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 zeigten - sich die Kunden grundsätzlich nicht länger als wenige Minuten in ihrem Laden aufhielten. Unabhängig von der Frage, ob bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise allein aus tatsächlich erhobenen Daten überhaupt die Zweckbestimmung als Vergnügungsstätte in Frage gestellt werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 20), unabhängig davon, dass die Erhebung von Dienstag bis Freitag (und damit nicht an den für Sportevents womöglich interessanteren Wochenendtagen) stattfand, und unabhängig von der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Erhebung über einen Zeitraum von lediglich vier Tagen bereits repräsentativ sein kann, zeigt auch die von der Antragstellerin erstellte Auflistung, dass es auch Kundenbesuche von 30 Minuten und länger gab (so etwa am Abend des 8. Dezember 2015: 18:00 Uhr bis 18:45 Uhr; 18:02 Uhr bis 18:40 Uhr; 18:07 Uhr bis 18:37 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:25 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:50 Uhr; 19:56 Uhr bis 20:30 Uhr; 20:09 Uhr bis 20:45 Uhr; 2 x 20:50 Uhr bis 21:40 Uhr; 2 x 21:25 Uhr bis 21:50 Uhr). Zudem wäre es auch insofern zunächst Sache der Baugenehmigungsbehörde, dem im Baugenehmigungsverfahren im Einzelnen nachzugehen, so dass jedenfalls allein die Behauptung, die Kundenbesuche bei der Antragstellerin dauerten grundsätzlich nur wenige Augenblicke oder Minuten, nicht genügt, um die Offensichtlichkeit der Genehmigungsfähigkeit zu begründen.

Soweit die Antragstellerin in ihrer Antragsbegründung weiter ausführt, dass auch Monitore und Terminals mit Anzeigen von Quoten und Liveergebnissen mittlerweile zur Standardausstattung von Lotto-Annahmestellen gehörten, ist dies für die Beurteilung des vorliegenden Falles irrelevant. Bei jeder - bundesweit betroffenen - Wettvermittlungsstelle hinge die Zulässigkeit von den jeweiligen baurechtlichen Genehmigungen ab. Soweit als solche genehmigte bloße Wettannahmestellen ihren Betrieb wesentlich ändern und nunmehr über Monitore und Terminals mit aktueller Spielstandanzeige und aktuellen Wettquoten Live-Wetten anbieten, handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Das folgt allein schon aus einer - möglichen - Einordnung des Wettbüros als Vergnügungsstätte (s.o.; ebenso: VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 33).

c) Im Übrigen können sich im Fall der Umnutzung eines bisherigen Ladenlokals in ein Wettbüro bzw. in eine Wettannahmestelle - ggf. neben der Stellplatzfrage - auch mit Blick auf das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot modifizierte, im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende Anforderungen ergeben (vgl. BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 9). Laut den von der Antragstellerin vorgelegten Erhebungen des Personals über Kundenbesuche in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 hatte die Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin - anders als eine herkömmliches Ladengeschäft - jedenfalls auch bis weit nach 22:00 Uhr geöffnet. Auch insofern kann sich die Zulässigkeit des Vorhabens mit Blick auf die Lärmbelastung der Nachbarschaft nach geänderten Maßstäben i. S. von Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO richten, so dass auch in dieser Hinsicht nach Aktenlage bzw. nach summarischer Prüfung von einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung - unabhängig von der Einordnung als Wettannahmestelle oder als Wettbüro bzw. als herkömmlicher Gewerbebetrieb oder Vergnügungsstätte - auszugehen ist. Selbst wenn mithin lediglich eine Wettannahmestelle als sonstiger Gewerbebetrieb (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) ohne Vergnügungsstättenqualität vorläge, wäre das Vorhaben aus den genannten Gründen nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Aufgrund der sich durch die neue Nutzung und die neuen Öffnungszeiten ändernden Emissionsverhältnisse und der damit ggf. einhergehenden neuen und erhöhten Belastungen für die Nachbarschaft kann die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen werden, so dass auch aus diesem Grund von einer genehmigungspflichtigen und jedenfalls nicht ohne Weiteres - d. h. nicht offensichtlich - genehmigungsfähigen Nutzungsänderung auszugehen ist (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; ebenso OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 12 ff.; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 34).

2. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (sog. intendiertes Ermessen; vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 20; BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 35 m. w. N.; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Die Antragsgegnerin hat jedenfalls ihr Ermessen erkannt, indem sie im Bescheid vom 30. November 2015 (Seite 4) darauf abgestellt hat, dass eine Nutzungsuntersagung bei dem festgestellten Sachverhalt gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens habe ausgesprochen werden dürfen und dass insofern bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung, genüge. Insofern spielt es auch keine Rolle, dass - selbst wenn die Veränderungssperre ausgelaufen und nicht erneuert worden sein sollte - die Antragstellerin im Rahmen ihrer Erwägungen im Bescheid ergänzend darauf verwiesen hat, eine Ausnahme von der Veränderungssperre abzulehnen.

Es hält sich ferner im Rahmen des von Art. 76 Satz 2 BayBO eröffneten Ermessens, dass die Antragsgegnerin neben der (inhaltlich beschränkten) Betriebsuntersagung in Nr. 1 Satz 2 des Bescheides vom 30. November 2015 auch die Beseitigung sämtlicher (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals angeordnet hat. Gegen die auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Bezug nehmenden begründenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. Rn. 32 ff. der Ausfertigung des Beschlusses vom 15. Januar 2016), wonach eine Nutzungsuntersagung die Verpflichtung zum Entfernen von Gegenständen beinhalte, wenn sich die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein bestimmter Gegenstände - wie vorliegend die Monitore und die Wett-Terminals - manifestiere (vgl. BayVGH, U. v. 19.11.2007 - 25 B 05.12 - BayVBl. 2008, 629 = juris Rn. 24; ebenso z. B.: VG Regensburg, U. v. 24.7.2012 - RO 6 K 12.428 - juris Rn. 60; VG Aachen, B. v. 1.2.2012 - 3 L 280/11 - juris Rn. 72 f.), hat die Antragstellerin keine substanziierten Einwände i. S. von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO erhoben.

3. Gegen die Beseitigung der Wett-Terminals und Monitore bestehen auch mit Blick auf das Übermaßverbot keine Bedenken. Insbesondere steht die Geeignetheit der Beseitigungsverpflichtung nicht in Frage. Die schlichte Untersagung, Live-Wetten anzubieten, wäre schon kein gleich effektives Mittel. Es gelten - auch hinsichtlich der sonstigen Elemente der Verhältnismäßigkeit - insofern vergleichbare Erwägungen, die der Senat bereits in seinem Beschluss vom 21. Mai 2015 zugrunde gelegt hat (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 23). Soweit nach Aktenlage ersichtlich ist, können die Monitore und Wett-Terminals aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore und Wett-Terminals ist die Beseitigungsanordnung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist nicht schutzwürdig.

Das gilt auch und gerade im vorliegenden Fall, zumal - anders als im Sachverhalt, der dem Beschluss des Senats vom 21. Mai 2015 (15 CS 15.9) zugrunde lag - die Antragstellerin hier noch nicht einmal über eine Baugenehmigung zur Nutzung der Räumlichkeiten als Wettannahmestelle verfügt und damit derzeit jede Form der Wettvermittlung - sei es unter rechtlicher Einordnung als Vergnügungsstätte, sei es als sonstiger Gewerbebetrieb - mangels erforderlicher Baugenehmigung formell illegal ist. Es lag in der Verantwortung der Antragstellerin, rechtzeitig vor Aufnahme der geänderten Nutzung einen vollständigen Änderungsbauantrag zu stellen, um sich über eine entsprechende Betriebsbeschreibung als Bestandteil der Bauvorlagen eine Wettannahmestelle bzw. ein Wettbüro mit einem aus ihrer Sicht erforderlichen Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten legalisieren zu lassen.

4. Gegen die Zwangsgeldandrohung sind im Beschwerdeverfahren keine substanziierten Einwendungen erhoben worden. Aufgrund der Prüfungsbeschränkung im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bedarf es insofern keiner weiteren Ausführungen des Senats.

5. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sie mit ihrer Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen die mit Bescheid vom 18. März 2014 verfügte zwangsgeldbewehrte Anordnung der Beseitigung eines Stehimbissverkaufswagens auf dem Grundstück FlNr. ... Gemarkung Regensburg (Baugrundstück).

Das Grundstück liegt am südlichen Donauufer von Regensburg jenseits der T-straße und ist mit einen Wohnhaus bebaut. Die Fläche befindet sich am nördlichen Rand des denkmalschutzrechtlichen „Ensembles Altstadt von Regensburg mit Stadtamhof“ sowie im Geltungsbereich des am 26. Juni 1995 in Kraft getretenen einfachen Bebauungsplans Nr. 240 „T-straße“ der Antragsgegnerin. Im Bereich des Grundstücks FlNr. ... weist der Bebauungsplan ein besonderes Wohngebiet („WB 2“) aus. In Nr. 3 der textlichen Festsetzungen sowie in § 3 Abs. 3 des Satzungstextes ist hierzu Folgendes bestimmt:

„In dem Gebiet WB 2 und im Mischgebiet MI sind Schank- und Speisewirtschaften ausnahmsweise zulässig, jedoch nur im Erdgeschoss.“

Bei einer Kontrolle am 3. April 2014 stellte das Amt für öffentliche Ordnung und Straßenverkehr der Antragsgegnerin fest, dass die Antragstellerin vor dem Wohnhaus auf dem Grundstück FlNr. ... (erneut) einen Imbisswagen „Don’t worry Eat Curry“ aufgestellt hatte, an dem Speisen und Getränke verkauft und verzehrt wurden.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 18. März 2014 gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin auf, den aufgestellten Imbissverkaufswagen bis spätestens 28. März 2014 und im Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage innerhalb von zwei Wochen nach Bestandskraft des Bescheids zu beseitigen.

Die Antragstellerin hat gegen den Bescheid beim Verwaltungsgericht Regensburg Klage erhoben und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragt.

Mit Beschluss vom 16. April 2014 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie macht geltend, der Imbisswagen könne nach Nr. 3 der Satzung im WB 2 ausnahmsweise zugelassen werden. Ermessenserwägungen dazu, weshalb eine Ausnahme nicht in Betracht käme, habe die Antragsgegnerin nicht angestellt. Davon abgesehen sei der Bebauungsplan unwirksam. Die vom Verwaltungsgericht angenommene materielle Denkmalrechtswidrigkeit wegen des grellen Farbtons des Imbisswagens überzeuge nicht. Die Antragstellerin habe den ursprünglichen Zustand nachhaltig verbessert und dem mittelalterlichen Stadtbild geradezu vorbildlich angeglichen. Außerdem wäre die Antragstellerin zu weitergehenden Maßnahmen bereit gewesen. Als geringer eingreifendes Mittel habe die Beseitigung zur Nachtzeit und die Entfernung des Werbeschilds nahe gelegen. Ein Standverbot sei unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht nachzuvollziehen. Aus denselben Gründen überzeuge auch der Verweis auf die Altstadtschutzsatzung nicht. Die Antragsgegnerin habe das ihr zustehende Ermessen unzutreffend ausgeübt. Das Baugrundstück trete, nachdem die Antragstellerin den Imbisswagen vorläufig entfernt habe, in seiner ganzen störenden Kraft zu Tage.

Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. April 2014 zu ändern und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. März 2014 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Verkaufsstand der Antragstellerin stehe im Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplans, weil die Ausnahmeregelung nicht herangezogen werden könne. Die Zweckbestimmung des gegenständlichen Baugebiets, das nach § 1 Abs. 5 BauNVO gewahrt bleiben solle, ergebe sich aus seiner Festsetzung als besonderes Wohngebiet gemäß § 4a BauNVO. Eine unzulässige Verhinderungsplanung liege nicht vor. Die „Neugestaltung“ des Verkaufswagens habe die Antragstellerin beim Erlass der Beseitigungsanordnung berücksichtigt. Der Verkaufsstand sei in Ansehung des Ensembles nach wie vor nicht denkmalschutzverträglich. Darüber hinaus beeinträchtige der Imbissverkaufswagen das Ortsbild i. S.v. § 34 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BauGB und sei auch deshalb unzulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu treffende Interessenabwägung führt zu dem Ergebnis, dass der Antrag auf Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes abzuweisen ist. Die Erfolgsaussichten der Klage sind offen (nachfolgend 1.). Im Rahmen der dann erforderlichen reinen Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse an der angeordneten sofortigen Vollziehung, insbesondere zur Vermeidung von Bezugsfällen, das Aufschiebungsinteresse der Antragstellerin (dazu 2.).

1. Die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache sind offen.

a) Das Vorhaben ist formell illegal, weil seine Ausführung einer Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplans bedarf, an der es fehlt. Tragfähige Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit des Bebauungsplans sind nicht ersichtlich. Der Ausschluss von Vergnügungsstätten sowie Schank- und Speisewirtschaften in den angrenzenden Baugebieten WB 1 und WB 3 ist ausweislich der Planbegründung ebenso gerechtfertigt wie die nur ausnahmsweise Zulassung von Schank- und Speisewirtschaften im gegenständlichen Baugebiet WB 2 (vgl. Nr. 3, Nr. 4.2.1, Nr. 4.2.2 und Nr. 4.2.3 der Planbegründung). Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Differenzierung nach „ortsfesten oder nicht ortsfesten Gebäuden“ findet im Bebauungsplan keinen Niederschlag (s. nachfolgend Buchst. b) und kann deshalb nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führen. Die Erhaltung und Fortentwicklung der Wohnnutzung wird in den Baugebieten WB 1 und WB 3 durch den Ausschluss von Vergnügungsstätten, von Schank- und Speisewirtschaften sowie durch die nur ausnahmsweise Zulassungsfähigkeit von Beherbergungsbetrieben und im Baugebiet WB 2 durch den Ausschluss von Vergnügungsstätten und die nur ausnahmsweise Zulassungsfähigkeit von Schank- und Speisewirtschaften in den Erdgeschossen sowie von Beherbergungsbetrieben gefördert. Hiergegen ist nichts zu erinnern; eine Negativplanung liegt nicht vor. Die Behauptung, der Plangeber habe die Belange und Grundrechte der Gewerbetreibenden nicht hinreichend in den Blick genommen, ist - soweit dies für die Wirksamkeit des Bebauungsplans überhaupt noch von Belang sein kann - bloße Spekulation. Das (städtebauliche) Argument für die ausnahmsweise Zulassungsfähigkeit von Schank- und Speisewirtschaften im WB 2 im Unterschied zu den Baugebieten WB 1 und WB 3 gründet sich nicht auf die unzureichende Belichtung der Erdgeschosse, sondern auf die Lagegunst des Baugebiets WB 2 an der aufgewerteten Donauuferzone als Uferpromenade (vgl. Nr. 4.2.3 der Planbegründung).

b) Der Auffassung von Antragsgegnerin und Verwaltungsgericht, für das Vorhaben komme schon tatbestandlich keine Ausnahme von der textlichen Festsetzung Nr. 3 des Bebauungsplans in Betracht, kann nicht gefolgt werden.

Nach Nr. 3 der textlichen Festsetzung sind im gegenständlichen besonderen Wohngebiet WB 2 Schank- und Speisewirtschaften ausnahmsweise zulässig, jedoch nur im Erdgeschoss. Die bestimmungsgemäße Nutzung eines Imbisswagens erfüllt den Begriff der Schank- und Speisewirtschaft in diesem Sinn (vgl. § 1 Abs. 1 GastG; Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Auflage 2014, § 4 Rn. 28 m. w. N.; vgl. auch Nr. 4.1 Spiegelstrich 1 der Planbegründung).

Aus der Beschränkung der Zulassungsfähigkeit von Schank- und Speisewirtschaften auf das Erdgeschoss folgt nicht, dass Schank- und Speisewirtschaften nur in „ortsfest errichteten Gebäuden“ ausgeführt werden dürften (im Übrigen wird eine für die Unterstellung unter den Begriff bauliche Anlage genügende Ortsfestigkeit auch dann zu bejahen sein, wenn der Wagen zwar nur durch die natürliche Schwerkraft mit dem Grundstück verbunden ist, aber die ihm vom Verfügungsberechtigten zugewiesene Funktion deutlich macht, dass er an Stelle eines anderen, üblicherweise mit dem Boden ortsfest verbundenen Vorhabens, etwa eines Wochenendhauses, treten soll, vgl. BVerwG, U.v. 26.6.1970 - 4 C 116/68 - BRS 23 Nr. 129 = juris Rn. 11). Nachdem „das künftige Plangebiet bereits vollständig bebaut“ sei, hat die Antragsgegnerin im Bebauungsplan lediglich Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung getroffen (vgl. Nr. 3 Abs. 3 der Planbegründung). Festsetzungen über die äußere Gestaltung baulicher Anlagen, aus denen gefolgert werden könnte, nur originär „ortsfeste“ Anlagen dürften errichtet oder nur solche dürften für Schank- und Speisewirtschaften genutzt werden, enthält der Bebauungsplan nicht. Ziel der Bebauungsplanung war vielmehr die städtebauliche Überlegung, einer weiteren Verdichtung u. a. von Gast- und Vergnügungsstätten zum Schutz der Wohnnutzung entgegenzuwirken und den gebietstypischen Charakter durch Stärkung der Wohnfunktion zu erhalten (Nr. 3 Abs. 2 der Planbegründung). In dem Gebiet WB 2 sollten im Hinblick auf die Nutzung und Lagegunst der aufgewerteten Donauuferzone als Uferpromenade Schank- und Speisewirtschaften aber ausnahmsweise im Erdgeschoss zugelassen werden, weil diese Bereiche für eine Wohnnutzung wegen mangelnder Belichtung meist ungeeignet seien (Nr. 4.2.3 der Planbegründung). Diese Ausführungen lassen erkennen, dass die Antragsgegnerin die ausnahmsweise Zulassung von Schank- und Speisewirtschaften im Baugebiet WB 2 an ihre Situierung im „Erdgeschoss“ geknüpft hat, weil diese Bereiche auch in Ansehung des Ziels der Erhaltung und Fortentwicklung der Wohnnutzung für eine Wohnnutzung eher entbehrlich sind als die besser belichteten Obergeschosse. Eine irgendwie geartete Gestaltungsanforderung an bauliche Anlagen als mehr oder weniger „ortsfest“ hatte die Antragsgegnerin mit ihrer Bauleitplanung ebenso wenig verfolgt wie eine Beschränkung der baulichen Nutzung auf mehrgeschossige Gebäude. Nachdem sich ein Imbisswagen ohnehin nicht zum Wohnen eignet, entspricht dessen - naturgemäß - ebenerdige Aufstellung einer erdgeschossigen Nutzung im Sinn des Bebauungsplans.

Ist demnach der Anwendungsbereich des § 31 Abs. 1 BauGB eröffnet, so hätte es beim Erlass der Beseitigungsanordnung zumindest einer nachvollziehbaren prognostischen Entscheidung dahin bedurft, ob im Fall eines entsprechenden Antrags eine Ausnahme erteilt würde (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Mai 2015, Art. 76 Rn. 143 ff. m. w. N.), bevor die bauplanungsrechtliche Zulassungsfähigkeit des Vorhabens - wie hier - kategorisch ausgeschlossen wird. Die Überlegung der Antragsgegnerin, „zwingende Gründe“ für die Erteilung einer Ausnahme lägen nicht vor, genügt diesen Anforderungen schon deshalb nicht, weil es für die Erteilung einer Ausnahme i. S. d. § 31 Abs. 1 BauGB keiner zwingenden Gründe bedarf; im Gegenteil, es bedarf eines hinreichenden städtebaulichen Grunds, der eine Versagung der Ausnahme im Einzelfall rechtfertigen kann.

b) Die auch im Zulassungsverfahren vertretene Auffassung der Antragsgegnerin, das Vorhaben beeinträchtige das Ortsbild i. S. d. § 34 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BauGB, findet keine Stütze im Gesetz. Die das Ortsbild schützende Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BauGB stellt auf einen größeren maßstabbildenden Bereich als auf die für das Einfügensgebot maßgebliche nähere Umgebung ab; es kommt auf das „Orts“-Bild, also auf das Erscheinungsbild zumindest eines größeren Bereichs der Gemeinde an (vgl. BVerwG, U.v. 11.5.2000 - 4 C 14/98 NVwZ 2000, 1169 = juris Rn. 15, 17). Eine derart weitreichende Kraft, als dass das Ortsbild von Regensburg oder eines größeren Teils der Stadt beeinträchtigt sein könnte, geht von dem Imbisswagen am gegenständlichen Standort nicht aus. Davon abgesehen ist jedenfalls nicht auf Anhieb erkennbar, mit welchen bauplanerischen Festsetzungen auf Grundlage des § 9 Abs. 1 BauGB und der ergänzenden Vorschriften der Baunutzungsverordnung die hier im Beseitigungsverlangen genannten Gestaltungsanforderungen umgesetzt werden könnten (vgl. BVerwG, ebd., juris Rn. 20 ff.).

c) Einiges spricht aber für die Auffassung der Antragsgegnerin, dass der auffallend gestaltete Imbisswagen - auch mit verändertem, antikisierendem „Layout“ - wegen seiner Lage im ortsgestalterisch (vgl. auch § 2 der Satzung über örtliche Bauvorschriften zum Schutz der Altstadt von Regensburg vom 4.12.2007) und denkmalpflegerisch sensiblen, mit Einzelbaudenkmälern durchsetzten Ensemblebereich der Altstadt aus Gründen des Ortsrechts und des landesrechtlichen Denkmalschutzrechts bedenklich ist, wenngleich der unmittelbare Nahbereich zum Standort des Imbisswagens in dieser Beziehung nur bedingt schutzwürdig erscheint. Daraus folgt zwar nicht, dass ein Imbisswagen auf dem Baugrundstück aus baugestalterischen und denkmalpflegerischen Gründen von vornherein unzulässig ist. An einen im Ensemblebereich dauerhaft aufgestellten Verkaufswagen, der in Maßstab und Erscheinung naturgemäß vom prägenden baulichen Ensemblebestand abweicht, dürfen aber besondere gestalterische Anforderungen gestellt werden, wenn andernfalls eine gewichtige Beeinträchtigung des Orts-, Platz- oder Straßenbilds zu besorgen ist. Im Rahmen einer Beseitigungsanordnung für einen leicht zu entfernenden Imbisswagen fordert allerdings auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht, dass die Bauaufsichtsbehörde von sich aus in allen Einzelheiten Gestaltungsanforderungen ausarbeitet, um die gestalterische Verträglichkeit des Verkaufsstands im Altstadtbereich sicherzustellen. Dies ist, jedenfalls dann, wenn das Vorhaben - wie hier - einer formellen Zulassungsentscheidung bedarf, Sache des Bauherrn (vgl. Art. 50 Abs. 1 Satz 2 BayBO).

Die von der Antragsgegnerin aufgeführten Gründe und die sich in den Akten befindlichen Fotografien lassen indes keine abschließende Beurteilung zu, ob es zutrifft, dass der Imbisswagen der Antragstellerin in seiner konkreten Gestalt eine „nicht hinnehmbare Belastung für das Ensemble“ ist. Allein die Belegenheit in einem denkmalgeschützten Ensemble oder die Nachbarschaft zu Einzelbaudenkmälern vermag eine solche Bewertung noch nicht zu rechtfertigen. Im Hauptsacheverfahren wird deshalb, u. a. durch Einnahme eines Augenscheins, zu klären sein, ob sich der Imbisswagen in seiner konkreten Gestalt auf das Erscheinungsbild des Ensembles (Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG) und/oder ggf. auf Einzelbaudenkmäler (Art. 6 Abs. 1 Satz 2 DSchG) auswirken kann. Ist das zu bejahen, wird anhand der konkreten Schutzwürdigkeit der Umgebung weiter zu prüfen sein, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis für die Aufstellung des Imbisswagens erteilt werden kann (Art. 6 Abs. 2 DSchG). Spricht Überwiegendes für die Versagung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis, wird auch zu prüfen sein, ob die in der Beseitigungsanordnung gegebene Begründung im Sinn einer nachvollziehbaren prognostischen (Ermessens-) Entscheidung eine Versagung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes rechtfertigt.

2. Sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs mithin offen, so sind die gegenläufigen Interessen der Verfahrensbeteiligten am Vollzug der Beseitigungsanordnung auf der einen Seite und das Aufschiebungsinteresse auf der anderen Seite gegeneinander abzuwägen.

Das Interesse der Antragstellerin beschränkt sich auf das Belassen bzw. das Wiederaufstellen des inzwischen vom Baugrundstück entfernten Imbisswagens. Ein schützenswertes Interesse an der Aufnahme der bestimmungsgemäßen Nutzung des Imbisswagens steht der Antragstellerin nicht zu Seite, weil sie für ihr Vorhaben derzeit nicht über die erforderliche Ausnahme nach Nr. 3 des Textteils des Bebauungsplans i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB verfügt. Das Interesse am Aufstellen des Imbisswagens am bisherigen Standort ist überdies voraussichtlich geschmälert, weil die Belange des Denkmalschutzes einem dauerhaften Verbleib des Imbisswagens - auch ohne dessen Nutzung - entgegenstehen können und insoweit eine vorherige denkmalschutzrechtliche Erlaubnis ernstlich in Betracht kommt.

Das schutzwürdige öffentliche Interesse am Vollzug der Beseitigungsanordnung besteht zumindest daran, eine vom Vorhaben ausgehende negative Bezugsfallwirkung abzuwehren. Würden der formell illegal errichtete und genutzte Imbisswagen im schützenswerten Altstadtbereich bis zur einer rechtskräftigen Entscheidung über dessen Zulassungsfähigkeit geduldet, könnten auch andere Gewerbetreibende versucht sein, vor Zulassung eines derartigen Vorhabens faktische Verhältnisse zu schaffen, indem sie - wie die Antragstellerin - ihre Verkaufswagen aufstellen und nutzen.

Angesichts des geringen Gewichts des Interesses der Antragstellerin am bloßen Abstellen ihres Imbisswagens auf dem Baugrundstück und des geringen Aufwands, den Imbisswagen ohne Substanzverlust vom Baugrundstück zu entfernen, um ihn ggf. an anderer Stelle zulässigerweise zu nutzen oder lediglich abzustellen, überwiegt das öffentliche Interesse an der Vermeidung einer vom Vorhaben ausgehenden Bezugsfallwirkung das Aufschiebungsinteresse der Antragstellerin.

3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Nr. I. und Nr. II. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 werden geändert.

Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauaufsichtliche Verfügung der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014, mit der der Antragstellerin untersagt wird, die ihr als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen; zu diesem Zweck seien acht installierte Monitore zu entfernen.

Ausweislich der Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012, die der Baugenehmigung vom 18. Juli 2012 über die Errichtung der Wettannahmestelle zugrunde liegt, werden „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“. Nachdem die Antragsgegnerin festgestellt hatte, dass in der Wettannahmestelle acht TV-Monitore installiert wurden, untersagte sie der Antragstellerin mit Bescheid vom 21. Oktober 2014, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors). Zu diesem Zweck seien die installierten acht Monitore bis spätestens 15. November 2014 zu entfernen (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). In Nr. 2 des Bescheidstenors ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheids an. In Nr. 3 des Bescheidstenors wurde für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der auferlegten Pflicht ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro angedroht.

Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin am 4. November 2014 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden wurde (Az. Au 5 K 14.1605). Gleichzeitig beantragte sie, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 in Bezug auf dessen Nr. 1 und Nr. 2 wieder her und ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf dessen Nr. 3 an. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts führten die Installation von acht Monitoren sowie deren tatsächliche Nutzung voraussichtlich nicht zum Vorliegen einer Vergnügungsstätte. Die Variationsbreite der genehmigten Nutzung als Wettannahmestelle werde hierdurch nicht verlassen. Hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende rechtswidrige Nutzung, die eine vorbeugende Nutzungsuntersagung rechtfertigen könnten, seien nach Aktenlage nicht gegeben. Auch die Verfügung, die acht Monitore zu entfernen, sei voraussichtlich rechtswidrig. Die Zwangsgeldandrohung lasse nicht erkennen, auf welche der beiden Verpflichtung sie sich beziehe.

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat die Antragsgegnerin am 23. Dezember 2014 Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, mit der Anbringung der Monitore sei die Antragstellerin von der Baugenehmigung abgewichen, weil der Zusatz in der Betriebsbeschreibung, „zur Übertragung von Live-Wetten“, nicht dahin einschränkend auszulegen sei, dass lediglich keine Übertragung von Live-Sportveranstaltungen erfolgen solle. Die Nutzung sei deshalb bereits formell illegal und auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Sollte sich der Inhalt der Betriebsbeschreibung nicht klar bestimmen lassen, wäre die formelle Illegalität wegen eines Mangels der hinreichenden Bestimmtheit zu bejahen. Die ausgeübte Nutzung sei auch materiell illegal, weil allein die Nutzung der Monitore, welche die bewettbaren und quotenmäßig ständig aktualisierten Sportereignisse teletextähnlich listen würden, wegen der damit verbundenen kommerziellen Unterhaltung zur Qualifikation der Einrichtung als Vergnügungsstätte führe. Die ständigen Aktualisierungen sollten den Kunden im Laden halten und zum Nachsteuern seiner laufenden Wetten animieren. Das Verwaltungsgericht habe weiter verkannt, dass Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors keinen über Nr. 1 Satz 1 hinausgehenden Regelungsgehalt aufweise. Deshalb erweise sich - anders als das Verwaltungsgericht meine - auch die Zwangsgeldandrohung als rechtmäßig.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Da für den Betrieb der Wettannahmestelle eine Baugenehmigung vorliege, liege keine formelle Illegalität vor. Sollte die Baugenehmigung nicht hinreichend bestimmt sein, so änderte dies an deren Bestandskraft nichts. Im Unterschied zum Wettbüro finde in der Wettannahmestelle der Antragstellerin keine Live-Übertragung von Sportereignissen über TV-Geräte statt. Es würden lediglich die Ergebnislisten elektronisch angezeigt. Ein kommerzieller Unterhaltungswert sei in der bloßen Kenntnisnahmemöglichkeit elektronisch vermittelter Informationen über Wettmöglichkeiten und Wettverläufe nicht zu sehen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zwar zulässig, aber unbegründet. Eine Prüfung des nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO für die Beschwerdeentscheidung in erster Linie maßgeblichen Beschwerdevorbringens ergibt, dass die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

1. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Antragstellerin mit der Installation von acht Monitoren zur Auflistung der Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann sowie zur Darstellung der Wettarten und Wettquoten eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen hat.

a) Der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Veranstaltung, die Durchführung und die Vermittlung u. a. von Sportwetten zulässig sind, wird durch den Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV i. d. F. v. 30.6.2012, GVBl 2012, 318) aufgezeigt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV sind Sportwetten Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Wetten während des laufenden Sportereignisses sind unzulässig, können aber als „Endergebniswetten“ zugelassen werden, nicht jedoch als „Ereigniswetten“ (§ 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV). Sportwetten dürfen vorbehaltlich der Regelung in § 10a Abs. 4 GlüStV nur in „Wettvermittlungsstellen“ (konzessionierter Veranstalter oder ggf. Vermittler) vermittelt werden (Art. 7 Abs. 4 des Gesetzes zur Ausführung des GlüStV vom 20.12.2007, GVBl 2007, 922, zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.7.2014, GVBl 2014, 286 - AGGlüStV).

b) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht ihrer Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S.v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - noch nicht veröffentlicht; VGH BW, B. v. 15.10.2013 a. a. O.; BayVGH, B. v. 25.4.2013, a. a. O.; OVG RhPf, B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2014, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Erl. 23.69; Mitschang, „Der Vergnügungsstättenbebauungsplan nach § 9 Abs. 2b BauGB-neu“, ZfBR 2012, 419 jeweils m. w. N.). Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.).

c) So liegt es offenkundig hier. Ausweislich der zur Baukontrolle vom 23. und 24. Juni 2014 gefertigten Fotografien werden über die installierten Monitore Angaben zu sog. Live-Wetten dargestellt. Neben dem jeweiligen Sportereignis, dem aktuellen Spielstand und den festen Gewinnquoten („Tipp“) finden sich etwa bei den Fußballwetten noch die Spalten „Restzeit“, „nächstes Tor“ und „Tore ab jetzt“ jeweils mit den an den Spielstand angepassten Gewinnquoten. Dies wird durch die Ausführungen der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren bestätigt. Danach sei die Antragstellerin an das Wettangebot der Muttergesellschaft gebunden, wobei es laufend zu Aktualisierungen bei den möglichen Wetten komme, was von den Wettkunden vor Ort verfolgt werden könne. Die Vermittlung von Live-Wetten in einer Wettvermittlungsstelle überschreitet die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann (vgl. Fickert/Fieseler, a. a. O.). Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als die zugelassene Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung in den Räumen der Antragstellerin. Dass es an Sitzgelegenheiten fehlt, hindert nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen ist ebenso wie das Bereitstellen von Getränken ein weiteres Indiz für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte, aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Die Größe eines Betriebs ist ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten (§ 7 Abs. 2 Nr. 1, § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO; vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8 m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor.

2. Davon abgesehen ist die Untersagung, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen, gerechtfertigt, weil die Antragstellerin vom Inhalt der ihr erteilten Baugenehmigung abweicht.

Um den Inhalt einer Baugenehmigung zu bestimmen, kann grundsätzlich auf den Tenor und die Gründe des Genehmigungsbescheids sowie auf die in dem Bescheid in Bezug genommenen Bauvorlagen und sonstigen Unterlagen zurückgegriffen werden (vgl. König, in Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 68 Rn. 34 m. w. N.). Zu den im Tenor des Genehmigungsbescheids genannten „geprüften Bauvorlagen“ zählt auch die Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012 (vgl. § 3 Nr. 3, § 9 BauVorlV), der zufolge ausdrücklich „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“ werden sollen. Hieran ist die Reichweite der Baugenehmigung zu messen, weil diese im Bauantrag angegebene Beschränkung planungsrechtlich relevant ist. Ob die Monitore dem Fernsehempfang dienen, was die Antragstellerin bestreitet, ist danach ohne Belang, weil die Übertragung von „Live-Wetten“ ausgeschlossen sein soll. Gerade diese erfolgt aber über die installierten Monitore. Der Vortrag der Antragstellerin, gemeint sei, dass keine TV-Geräte installiert würden, um Sportveranstaltungen live zu übertragen, findet keine Stützte in der gewählten Formulierung „Live-Wetten“. Ein etwaiger Irrtum der Antragstellerin beim Verfassen ihrer Betriebsbeschreibung ginge deshalb zu ihren Lasten, führte aber nicht zur Unbestimmtheit der Baugenehmigung. Es bedurfte auch keiner den Wortlaut der Betriebsbeschreibung wiederholenden Auflage, weil die Antragstellerin ihren Bauantrag durch Beifügung der von ihr abgegebenen Betriebsbeschreibung selbst hinreichend konkretisiert hat (vgl. § 9 Satz 1 BauVorlV).

3. Die mithin voraussichtlich genehmigungswidrige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Ihrer Zulassung steht derzeit eine Veränderungssperre der Antragsgegnerin entgegen. Darüber hinaus wäre im Genehmigungsverfahren zu klären, ob eine und ggf. welche Gebietsart vorliegt und sich die Nutzung einer Vergnügungsstätte der Art nach in die nähere Umgebung einfügt oder in dem faktischen Baugebiet allgemein zulässig ist oder ausnahmsweise zugelassen werden kann. Angesichts der nach den Bauvorlagen zugelassenen Größe der Wettannahmestelle von unter 50 m² käme - vorbehaltlich der planerischen Konzeption der Antragsgegnerin und der Prägung der näheren Umgebung - die Zulassung eines Wettbüros nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 oder Abs. 3 BauNVO in Betracht.

4. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (vgl. BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 35 m. w. N.; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ BayBO, Stand November 2014, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Davon abgesehen sind die zur Begründung der Ermessensentscheidung angestellten Erwägungen der Antragsgegnerin nicht von der Hand zu weisen. Danach bestehe kein schutzwürdiges Interesse der Antragstellerin, weil bereits in der Betriebsbeschreibung der Verzicht auf die Installation von TV-Geräten zur Übertragung von Live-Wetten bekräftigt worden sei. Außerdem werde ein Nachahmungseffekt in der Branche befürchtet.

5. Auch die Zwangsgeldandrohung ist nicht zu beanstanden.

Die Zwangsgeldandrohung ist nicht deswegen unbestimmt, weil sie sich auf zwei Verpflichtungen beziehen würde. Anders als die Antragstellerin und das Verwaltungsgericht annehmen, enthält die Verfügung in Nr. 1 des Bescheidstenors keine „zwei selbstständig nebeneinander stehenden Pflichten“, sondern nur die Verpflichtung, die (derzeit ausgeübte) Nutzung der Räumlichkeiten als Vergnügungsstätte zu unterlassen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors); „zu diesem Zweck sind die Monitore zu entfernen“ (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). Satz 2 erläutert lediglich konkretisierend, unter welcher von der Antragstellerin zu erfüllenden Bedingung die Nutzungsuntersagung als erledigt gilt (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) und der Betrieb der Wettannahmestelle genehmigungskonform fortgeführt werden darf. Es wird mithin nur das bezeichnet, was von der Antragstellerin zu tun ist, damit die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgegeben und auch nicht weiter fortgeführt wird (vgl. Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 271, 273 m. w. N.). Insoweit kann dahinstehen, ob Monitore Anlagen i. S. d. Art. 76 Satz 1 BayBO sind, deren Beseitigung angeordnet werden könnte.

Gegen das Anknüpfen der Nutzungsuntersagung an die Entfernung der Monitore ist auch sonst nichts zu erinnern, weil die Monitore aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden können, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Nicht zu fordern ist im konkreten Fall, dass die Antragsgegnerin lediglich den Betrieb der Monitore oder gar nur bestimmte Inhalte des Dargestellten untersagt. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden, solange die Antragstellerin nicht von sich aus erklärt, auf die Vermittlung von Live-Wetten bis zur etwaigen Genehmigung eines Änderungsantrags zu verzichten und nachvollziehbar darlegt, welches Informationsangebot zum Betrieb der zugelassenen Wettannahmestelle sie zur Verfügung stellen will. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore ist die Bedingung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist, jedenfalls soweit es um die Vermittlung um Live-Wetten geht, nicht schutzwürdig. Wie bereits ausgeführt wurde, hatte die Antragstellerin ihren Bauantrag selbst dahin beschränkt, dass keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert werden. Erweist sich der Betrieb einer derart beschränkten Wettannahmestelle als unwirtschaftlich, obliegt es der Antragstellerin, das ihrer Ansicht nach erforderliche Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten über einen Änderungsbauantrag legalisieren zu lassen.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich gegen eine zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauordnungsrechtliche Verfügung zur Unterbindung der Nutzung einer Räumlichkeit als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte.

Im Erdgeschoss des nach dem zweiten Weltkrieg wieder in Stand gesetzten Anwesens FlNr. ... Gemarkung A. (= W.) befinden sich Räumlichkeiten, die in der Vergangenheit als Ladengeschäft genutzt worden sind (vgl. u. a. den auf Umbaumaßnahmen eines Schuhgeschäfts bezogenen Baugenehmigungsbescheid vom 3. Juni 1982).

Mit Bescheid vom 10. September 2012 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des vormaligen Betreibers /Pächters auf baurechtliche Genehmigung der Nutzungsänderung des im Erdgeschoss des vorgenannten Anwesen befindlichen Ladens in ein - schon damals tatsächlich bereits betriebenes - Büro für Sportwetten unter Hinweis auf eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre ab. Mit Urteil vom 26. September 2013 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die gegen die Ver-sagung der Nutzungsänderungsgenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage ab (Au 5 K 12.1307). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2377).

Unter dem 29. Januar 2013 untersagte die Antragsgegnerin dem vormaligen Betreiber /Pächter, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des Anwesens als Wettlokal für Sportwetten zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Mit Urteil vom 26. September 2013 hob das Verwaltungsgericht Augsburg die in Nr. 2 des Tenors des Bescheids vom 29. Januar 2013 verfügte Zwangsgeldandrohung auf und wies die Anfechtungsklage gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung im Übrigen ab (Au 5 K 13.225). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den (gegen die Klageabweisung im Übrigen gerichteten) Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2378).

Laut einer in den Behördenakten befindlichen Gewerbeanmeldung vom 1. September 2014 nahm die Antragstellerin unter der Adresse W., ... folgende gewerbliche Tätigkeit auf:

„Weitergabe von Sportinformationen, Annahme von Kundenaufträgen zur Abgabe und Vermittlung von Sport- und Oddsetwetten an staatliche Konzessionslotterien auch mittels Online-Kurierdienste, Vermietung von Internetanschlüssen, Getränkeausschank (…).“

Die Antragsgegnerin führte ab Juni 2015 mehrere Baukontrollen durch. In einem Aktenvermerk vom 19. November 2015 über eine Ortsbesichtigung desselben Tages im Wettbüro „T...“ in der W. - als Betreiber wird im Aktenvermerk die Antragstellerin aufgeführt - hielt der Bauaufseher der Antragsgegnerin fest:

„Das Wettbüro war in Betrieb. In der Spielhalle befanden sich 5 Wettautomaten (Wett-Terminals), alle waren in Betrieb, auf insgesamt 6 Bildschirmen wurden die aktuellen Wettquoten angezeigt. Den Besuchern steht ein WC zur Verfügung. Die Gäste haben Zugriff auf einen Getränkeautomat. Ein Briefkasten für das Wettbüro ist nicht vorhanden.

Nach Inspektion und Stellungnahme von Herrn B... und Herrn R... vor Ort können auch die 5 Wett-Terminals als Bildschirm verwendet werden, um sich - ähnlich wie auf den 6 zusätzlich vorhandenen Bildschirmen - die Live-Wetten anzeigen zu lassen. (…)“

Mit dem streitgegenständlichen, am 2. Dezember 2015 zur Post gegebenen Bescheid vom 30. November 2015 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin - unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 2), unter Androhung eines Zwangsgeldes i.H. von 2.000,- € (Nr. 3) sowie unter gleichzeitiger (ebenfalls sofort vollziehbarer) Duldungsanordnung gegenüber den Grundstückseigentümern (Nr. 4, mit Zwangsgeldandrohung unter Nr. 5) - mit Nr. 1 Satz 1, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des betroffenen Anwesens als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Zu diesem Zweck seien sämtliche (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals zu beseitigen (Nr. 1 Satz 2). Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Nutzungsänderung nicht genehmigungsfähig sei. Mit der den Besuchern über die Wett-Terminals eingeräumten Möglichkeit, das Spiel- bzw. Wettgeschehen live zu verfolgen und an Sportwetten teilzunehmen, sowie aufgrund des Vorhandenseins eines Getränkeautomaten und von drei Stehtischen bestehe zu einem Verweilen ausreichend Gelegenheit, so dass das Wettlokal mit einer Gesamtnutzfläche von 127 m² als kerngebietstypische Vergnügungsstätte einzuordnen sei. Dies sei im hier gegebenen faktischen Mischgebiet gem. § 34 Abs. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) i.V. mit § 6 der Baunutzungs-verordnung (BauNVO) bauplanungsrechtlich unzulässig, zumal zur Sicherung der Planung eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre erlassen worden sei. Ein vormals gestellter Antrag auf Nutzungsänderung in ein Büro für Sportwetten sei mit Bescheid vom 10. September 2012 abgelehnt worden. In Ausübung ihrer Planungshoheit lehne die Antragsgegnerin eine Ausnahme von der Veränderungssperre ab. Infolge des festgestellten Sachverhalts könne die Nutzungsuntersagung, zu deren Umsetzung die Bildschirme und Wett-Terminals zu beseitigen seien, gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens ausgesprochen werden. Hierfür genüge bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung. Die Nutzungsuntersagung stehe im öffentlichen Interesse und sei auch verhältnismäßig. Aufgrund einer negativen Vorbildwirkung liege die angeordnete sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse.

Am 8. Dezember 2015 erhob die Antragstellerin Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Antrag, den Bescheid vom 30. November 2015 aufzuheben. Über die Klage ist - soweit nach Aktenlage ersichtlich ist - bislang nicht entschieden. Ebenfalls am 8. Dezember 2015 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Die Antragstellerin wies im erstinstanzlichen Verfahren u. a. darauf hin, dass die Sitzgelegenheiten und der vormalige Getränkeautomat entfernt worden seien. Außerdem betrage die Nutzfläche des Ladens nur noch ca. 40 m².

Mit Beschluss vom 15. Januar 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die unter Nr. 1 Satz 1 des Bescheides ausgesprochene Nutzungsuntersagung sei gemäß Art. 76 Satz 2 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) voraussichtlich rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Die hier vorliegende genehmigungspflichtige Nutzungsänderung, die die Vermittlung von Live-Wetten umfasse, überschreite die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Da sich die Nutzung der Betriebsstätte nicht mehr im Rahmen der Variationsbreite der genehmigten gewerblichen Nutzung als Ladengeschäft bewege, sei die untersagte Nutzung formell rechtswidrig. Die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte sei - mit Blick auf die erst im Hauptsacheverfahren zu klärenden genauen Verhältnisse im betroffenen unbeplanten Ortsteil - auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Die Ermessensausübung der Antragsgegnerin sei nicht zu beanstanden. Nr. 1 Satz 2 des Bescheides sei ebenfalls von Art. 76 Satz 2 BayBO gedeckt, weil sich vorliegend die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein der zu beseitigenden Gegenstände manifestiere. Die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3) sei hinreichend bestimmt und halte sich hinsichtlich Fristsetzung und Höhe im Rahmen des Angemessenen.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

Sie beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Januar 2016 abzuändern und die aufschiebende Wirkung gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 wiederherzustellen sowie gegen Nr. 3 des Bescheides anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat sich im laufenden Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin nach der im Verfahren gem. Art. 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung zu Recht abgelehnt. Die Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 sowie gegen Nr. 3 dieses Bescheides wird voraussichtlich keinen Erfolg haben. Der Bescheid vom 30. November 2015 ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO als Befugnisnorm sind mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt; Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Das Vorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Nach der im Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung ist von den tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO für eine Nutzungsuntersagung auszugehen.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher in der Regel nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 30 ff.; U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 22; B. v. 23.04.2015 - 15 ZB 13.2378 - juris Rn. 5 f.; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.).

Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben für genehmigungsfähig hält, sondern darauf, ob das Vorhaben o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist. Der Betrieb der Antragstellerin ist derzeit weder als Wettannahmestelle noch als Wettvermittlungsstelle, Wettbüro oder als Vergnügungsstätte genehmigt. Es liegt nach summarischer Prüfung auch nicht auf der Hand, dass das Vorhaben genehmigungsfähig ist. Vielmehr muss die Genehmigungsfähigkeit im laufenden Baugenehmigungsverfahren noch geklärt werden.

a) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht seiner Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S. v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5 f.; B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - OVG 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, 143 = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69; Mitschang, ZfBR 2012, 419 ff. - jeweils m. w. N.).

Nach der im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung stellt die tatsächlich betriebene Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin eine Vergnügungsstätte in Form eines Wettbüros dar. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen nach der Rechtsprechung des Senats - die entgegen den Darlegungen der Beschwerdebegrünung nicht singulär geblieben ist - Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mit zu verfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; vgl. auch OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.). Mit der Installation von Monitoren und dem Bereithalten von Wett-Terminals, auf denen die Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann, sowie die Wettarten und Wettquoten aufgelistet sind, hat die Antragstellerin eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen. Allein die Vermittlung von Live-Wetten in einer - wie vorliegend - Wettvermittlungsstelle mit Monitoren, die ein Verfolgen aktueller Spielstände o.ä., auf die gewettet werden kann, ermöglicht, überschreitet nach der Rechtsprechung des Senats schon die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen der Antragstellerin an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es keine Unterhaltungsspiele gebe, hindert grundsätzlich nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind lediglich (weitere) Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15, 20; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; VGH BW, B. v. 1.2.2007 - 8 S 2606/06 - BauR 2007, 1217 = juris Rn. 4; VG München, U. v. 17.2.2014 - M 8 K 13.1878 - juris Rn. 31 f.; VG Minden, B. v. 10.2.2006 - 1 L 69/06 - juris Rn. 17), aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Diese ist ein Kriterium zur Unter-scheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungs-stätten (exemplarisch VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor. Der „Verweilcharakter“, den die Antragstellerin dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach vorliegend nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten (zum Ganzen: BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 12 ff.; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 8; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff., 55; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 28; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 49; abweichend: VG München, U. v. 24.6.2013 - M 8 K 12.4195 - juris Rn. 28 f.; VG Neustadt/Weinstr., B. v. 9.2.2011 - 3 L 59/11.NW - juris Rn. 11 ff., 24 ff.; VG Schleswig, B. v. 9.5.2014 - 8 B 10/14 - juris Rn. 14 ff.; enger als hier wohl auch OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11).

Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in eine Nutzung als Wettbüro /Vergnügungsstätte ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig. Eine verfahrensfreie Nutzungsänderung i. S. von § 57 Abs. 4 Nr. 1 BauNVO kommt nicht in Betracht, weil eine Vergnügungsstätte in bauplanungsrechtlicher Hinsicht anders zu beurteilen ist als eine bislang genehmigte schlicht gewerbliche Nutzung als Ladenlokal. Bei diesem Nutzungswechsel ist zudem von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit, die der Einschlägigkeit der Befugnisnorm des Art. 76 Satz 2 BayBO entgegenstünde (s.o.), nicht auszugehen.

Dem Verwaltungsgerichtshof sind im Beschwerdeverfahren die aktuellen Genehmigungsunterlagen, aus denen sich die Begrenzung der Nutzfläche ergeben soll, nicht vorgelegt worden. Auch kann ohne Inaugenscheinnahme der Räumlichkeiten nicht beurteilt werden, inwiefern der gegenwärtige Betrieb des Wettbüros tatsächlich auf einer begrenzten Nutzfläche stattfindet. Nach Aktenlage kann der Senat mithin nicht einschätzen, ob die Wettvermittlungsstätte aufgrund ihrer Größe oder ihrer besonderen - einen größeren Einzugsbereich ansprechenden - Attraktivität bereits die Schwelle zu einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte erreicht (vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8; B. v. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - NVwZ-RR 1993, 287 = juris Rn. 4; BayVGH, U. v. 24.3.2011 - 2 B 11.59 - BauR 2011, 1785 = juris Rn. 27, 28; VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 33; VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - juris Rn. 28 ff.; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 58 ff.; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 52; Stock in König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2014, § 4a Rn. 36; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43). Insofern ist dem Senat im Eilverfahren keine abschließende Bewertung möglich, ob es sich vorliegend um eine Vergnügungsstätte handelt, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder wegen ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig wäre (vgl. § 4a Abs. 3 Nr. 2, § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Hierauf kommt es aber letztlich nicht an.

Die genehmigungspflichtige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte (s.o.) ist auch dann nicht offensichtlich genehmigungsfähig,

- wenn nach Maßgabe der im Baugenehmigungsverfahren eingereichten und zu prüfenden Bauvorlagen, insbesondere nach Maßgabe der Planzeichnung und der gemäß § 3 Nr. 3, § 9 der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Bauvorlagenverordnung - BauVorlV) mit einzureichenden Betriebsbeschreibung (vgl. für eine Wettvermittlungsstelle BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 17) von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen sein sollte,

- wenn der baurechtlichen Zulassung der Nutzungsänderung die vormals erlassene Veränderungssperre wegen Zeitablaufs nicht mehr entgegenstehen sollte und die Antragsgegnerin immer noch keinen Bebauungsplan, dessen Festsetzungen dem Vorhaben entgegenstünden, erlassen hat sowie

- wenn - wovon offenbar beide Parteien ausgehen (vgl. Seite 3 des streitgegenständlichen Bescheides vom 30. November 2015; Seite 2 der erstinstanzlichen Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2015, Bl. 191 der Gerichtsakte Au 5 S 15.1788) - das Vorhaben in einem faktischen Mischgebiet i. S. von § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 BauNVO liegen sollte.

Innerhalb eines (faktischen) Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens ohne Weiteres gegeben wäre, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich und wird auch von der Antragstellerin nicht substanziiert dargelegt (zur wertenden Gesamtbetrachtung bei der Anwendung des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO: VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 45; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 64 ff. m. w. N.). Sollte das Vorhaben aber alternativ nur ausnahmsweise zulassungsfähig sein (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 61). Welche Alternative hier einschlägig ist, lässt sich - ebenso wie die Frage, ob von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen ist - für den Senat nicht ohne weiteres anhand der Akten klären. Dies würde - zumal die Antragsgegnerin eine Situierung in einem durch Wohnnutzung geprägten Bereich vorgetragen hat (vgl. Seite 4 der Antragserwiderung vom 21. Dezember 2015) - entsprechende Ermittlungen abverlangen. Diese müssen zunächst im laufenden Baugenehmigungsverfahren erfolgen. Von einer Offensichtlichkeit der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Nutzung des (bisherigen) Ladenlokals als Wettannahmestelle kann mithin nicht die Rede sein.

b) Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in die vorliegende Nutzung als Wettvermittlungsstelle ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO im Übrigen auch dann baugenehmigungspflichtig, wenn sich im Baugenehmigungsverfahren herausstellen sollte, dass - entgegen der vorher unter a) erfolgten (summarischen) Einordnung als Vergnügungsstätte - die Nutzungsänderung lediglich eine Wettannahmestelle im Sinne eines bloßen sonstigen Gewerbebetriebs zum Gegenstand hat. Aus Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ergibt sich, dass eine Nutzungsänderung genehmigungspflichtig ist, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer jeden Art von Nutzung eigene „Variationsbreite“ verlassen wird - nur dann handelt es sich um eine Nutzungsänderung im baurechtlichen Sinn - und wenn für die neue Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung (BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 31; B. v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris Rn. 15). Von einer genehmigungsfreien Nutzungsänderung gem. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ist bereits dann schon nicht mehr auszugehen, wenn die Zulässigkeit des geänderten Vorhabens i. S. von Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO anders beurteilt werden kann; ob das tatsächlich der Fall ist, ist im Genehmigungsverfahren erst zu prüfen (Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: Dez. 2015, Art. 57 Rn. 224 m. w. N.; nach nordrhein-westfälischem Landesrecht vgl. VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 13 f. m. w. N.). Entscheidend für die Genehmigungspflicht ist im vorliegenden Fall allein schon der Umstand, dass den vormals als Ladengeschäft genehmigten Räumlichkeiten eine völlig neue Zweckbestimmung gegeben wurde, deren Zuordnung je nach Einordnung als schlichte Wettannahmestelle oder als Wettbüro sowie je nach dem Ergebnis der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren als schlichter Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht kommt, die jeweils anderen planungsrechtlichen Anforderungen unterliegen (im faktischen Mischgebiet vgl. etwa § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO einerseits, § 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3 BauNVO andererseits).

Allein schon die unter a) aufgezeigte rechtliche Kontroverse, wann eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zu einer Vergnügungsstätte überschreitet (vgl. die oben zitierten Gegenansichten zur Haltung des Senats; zusammenfassend zum Streitstand: VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff.) zeigt, dass schon in rechtlicher Hinsicht jedenfalls nicht von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit auszugehen ist. Dasselbe gilt hinsichtlich des Einwands der Antragstellerin, dass jedenfalls im vorliegenden Fall gegen den „Verweilcharakter“ und damit gegen die Vergnügungsstättenqualität ihrer Wettvermittlungsstelle spreche, dass - wie die Erhebungen des Personals in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 zeigten - sich die Kunden grundsätzlich nicht länger als wenige Minuten in ihrem Laden aufhielten. Unabhängig von der Frage, ob bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise allein aus tatsächlich erhobenen Daten überhaupt die Zweckbestimmung als Vergnügungsstätte in Frage gestellt werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 20), unabhängig davon, dass die Erhebung von Dienstag bis Freitag (und damit nicht an den für Sportevents womöglich interessanteren Wochenendtagen) stattfand, und unabhängig von der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Erhebung über einen Zeitraum von lediglich vier Tagen bereits repräsentativ sein kann, zeigt auch die von der Antragstellerin erstellte Auflistung, dass es auch Kundenbesuche von 30 Minuten und länger gab (so etwa am Abend des 8. Dezember 2015: 18:00 Uhr bis 18:45 Uhr; 18:02 Uhr bis 18:40 Uhr; 18:07 Uhr bis 18:37 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:25 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:50 Uhr; 19:56 Uhr bis 20:30 Uhr; 20:09 Uhr bis 20:45 Uhr; 2 x 20:50 Uhr bis 21:40 Uhr; 2 x 21:25 Uhr bis 21:50 Uhr). Zudem wäre es auch insofern zunächst Sache der Baugenehmigungsbehörde, dem im Baugenehmigungsverfahren im Einzelnen nachzugehen, so dass jedenfalls allein die Behauptung, die Kundenbesuche bei der Antragstellerin dauerten grundsätzlich nur wenige Augenblicke oder Minuten, nicht genügt, um die Offensichtlichkeit der Genehmigungsfähigkeit zu begründen.

Soweit die Antragstellerin in ihrer Antragsbegründung weiter ausführt, dass auch Monitore und Terminals mit Anzeigen von Quoten und Liveergebnissen mittlerweile zur Standardausstattung von Lotto-Annahmestellen gehörten, ist dies für die Beurteilung des vorliegenden Falles irrelevant. Bei jeder - bundesweit betroffenen - Wettvermittlungsstelle hinge die Zulässigkeit von den jeweiligen baurechtlichen Genehmigungen ab. Soweit als solche genehmigte bloße Wettannahmestellen ihren Betrieb wesentlich ändern und nunmehr über Monitore und Terminals mit aktueller Spielstandanzeige und aktuellen Wettquoten Live-Wetten anbieten, handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Das folgt allein schon aus einer - möglichen - Einordnung des Wettbüros als Vergnügungsstätte (s.o.; ebenso: VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 33).

c) Im Übrigen können sich im Fall der Umnutzung eines bisherigen Ladenlokals in ein Wettbüro bzw. in eine Wettannahmestelle - ggf. neben der Stellplatzfrage - auch mit Blick auf das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot modifizierte, im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende Anforderungen ergeben (vgl. BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 9). Laut den von der Antragstellerin vorgelegten Erhebungen des Personals über Kundenbesuche in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 hatte die Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin - anders als eine herkömmliches Ladengeschäft - jedenfalls auch bis weit nach 22:00 Uhr geöffnet. Auch insofern kann sich die Zulässigkeit des Vorhabens mit Blick auf die Lärmbelastung der Nachbarschaft nach geänderten Maßstäben i. S. von Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO richten, so dass auch in dieser Hinsicht nach Aktenlage bzw. nach summarischer Prüfung von einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung - unabhängig von der Einordnung als Wettannahmestelle oder als Wettbüro bzw. als herkömmlicher Gewerbebetrieb oder Vergnügungsstätte - auszugehen ist. Selbst wenn mithin lediglich eine Wettannahmestelle als sonstiger Gewerbebetrieb (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) ohne Vergnügungsstättenqualität vorläge, wäre das Vorhaben aus den genannten Gründen nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Aufgrund der sich durch die neue Nutzung und die neuen Öffnungszeiten ändernden Emissionsverhältnisse und der damit ggf. einhergehenden neuen und erhöhten Belastungen für die Nachbarschaft kann die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen werden, so dass auch aus diesem Grund von einer genehmigungspflichtigen und jedenfalls nicht ohne Weiteres - d. h. nicht offensichtlich - genehmigungsfähigen Nutzungsänderung auszugehen ist (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; ebenso OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 12 ff.; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 34).

2. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (sog. intendiertes Ermessen; vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 20; BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 35 m. w. N.; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Die Antragsgegnerin hat jedenfalls ihr Ermessen erkannt, indem sie im Bescheid vom 30. November 2015 (Seite 4) darauf abgestellt hat, dass eine Nutzungsuntersagung bei dem festgestellten Sachverhalt gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens habe ausgesprochen werden dürfen und dass insofern bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung, genüge. Insofern spielt es auch keine Rolle, dass - selbst wenn die Veränderungssperre ausgelaufen und nicht erneuert worden sein sollte - die Antragstellerin im Rahmen ihrer Erwägungen im Bescheid ergänzend darauf verwiesen hat, eine Ausnahme von der Veränderungssperre abzulehnen.

Es hält sich ferner im Rahmen des von Art. 76 Satz 2 BayBO eröffneten Ermessens, dass die Antragsgegnerin neben der (inhaltlich beschränkten) Betriebsuntersagung in Nr. 1 Satz 2 des Bescheides vom 30. November 2015 auch die Beseitigung sämtlicher (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals angeordnet hat. Gegen die auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Bezug nehmenden begründenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. Rn. 32 ff. der Ausfertigung des Beschlusses vom 15. Januar 2016), wonach eine Nutzungsuntersagung die Verpflichtung zum Entfernen von Gegenständen beinhalte, wenn sich die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein bestimmter Gegenstände - wie vorliegend die Monitore und die Wett-Terminals - manifestiere (vgl. BayVGH, U. v. 19.11.2007 - 25 B 05.12 - BayVBl. 2008, 629 = juris Rn. 24; ebenso z. B.: VG Regensburg, U. v. 24.7.2012 - RO 6 K 12.428 - juris Rn. 60; VG Aachen, B. v. 1.2.2012 - 3 L 280/11 - juris Rn. 72 f.), hat die Antragstellerin keine substanziierten Einwände i. S. von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO erhoben.

3. Gegen die Beseitigung der Wett-Terminals und Monitore bestehen auch mit Blick auf das Übermaßverbot keine Bedenken. Insbesondere steht die Geeignetheit der Beseitigungsverpflichtung nicht in Frage. Die schlichte Untersagung, Live-Wetten anzubieten, wäre schon kein gleich effektives Mittel. Es gelten - auch hinsichtlich der sonstigen Elemente der Verhältnismäßigkeit - insofern vergleichbare Erwägungen, die der Senat bereits in seinem Beschluss vom 21. Mai 2015 zugrunde gelegt hat (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 23). Soweit nach Aktenlage ersichtlich ist, können die Monitore und Wett-Terminals aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore und Wett-Terminals ist die Beseitigungsanordnung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist nicht schutzwürdig.

Das gilt auch und gerade im vorliegenden Fall, zumal - anders als im Sachverhalt, der dem Beschluss des Senats vom 21. Mai 2015 (15 CS 15.9) zugrunde lag - die Antragstellerin hier noch nicht einmal über eine Baugenehmigung zur Nutzung der Räumlichkeiten als Wettannahmestelle verfügt und damit derzeit jede Form der Wettvermittlung - sei es unter rechtlicher Einordnung als Vergnügungsstätte, sei es als sonstiger Gewerbebetrieb - mangels erforderlicher Baugenehmigung formell illegal ist. Es lag in der Verantwortung der Antragstellerin, rechtzeitig vor Aufnahme der geänderten Nutzung einen vollständigen Änderungsbauantrag zu stellen, um sich über eine entsprechende Betriebsbeschreibung als Bestandteil der Bauvorlagen eine Wettannahmestelle bzw. ein Wettbüro mit einem aus ihrer Sicht erforderlichen Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten legalisieren zu lassen.

4. Gegen die Zwangsgeldandrohung sind im Beschwerdeverfahren keine substanziierten Einwendungen erhoben worden. Aufgrund der Prüfungsbeschränkung im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bedarf es insofern keiner weiteren Ausführungen des Senats.

5. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sie mit ihrer Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. März 2013 - OVG 11 S 12.13 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 GG. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

3. Das Land Brandenburg hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 35.000 € (in Worten: fünfunddreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, mit dem sich die Beschwerdeführerin gegen die sofortige Vollziehung einer vorzeitigen Besitzeinweisung wendet.

I.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines unbebauten, bewaldeten Grundstücks, das zwischenzeitlich für den Braunkohletagebau Cottbus-Nord in Anspruch genommen worden ist. Das Grundstück ist Teil des Flora-Fauna-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiets) "Lakoma Teiche". Der aktuelle Hauptbetriebsplan für den Tagebau wurde im Jahr 2011 zugelassen. Für die Sümpfung des Tagebaus liegt eine wasserrechtliche Erlaubnis für das Entnehmen und Zutagefördern sowie Einleiten von Grundwasser vor; der für den Tagebau erforderlichen Beseitigung von Gewässern liegt ein inzwischen bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2006 zugrunde.

3

2. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2012 entzog der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens der Beschwerdeführerin das Eigentum an ihrem Grundstück und übertrug es zur bergbaulichen Nutzung auf die Beigeladene des Ausgangsverfahrens. Über die Klage der Beschwerdeführerin gegen diesen Grundabtretungsbeschluss wurde bislang noch nicht entschieden.

4

3. Mit Beschluss vom 11. Dezember 2012 wies der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Beigeladene des Ausgangsverfahrens ab dem 1. März 2013 vorzeitig in den Besitz des Grundstücks der Beschwerdeführerin ein. Auch hiergegen erhob die Beschwerdeführerin Klage, über die bislang noch nicht entschieden wurde.

5

4. Den Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die sofortige Vollziehung der vorzeitigen Besitzeinweisung lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. Februar 2013 ab. Das Verwaltungsgericht gelangte zu der Auffassung, dass an der Rechtmäßigkeit der vorzeitigen Besitzeinweisung keine ernstlichen Zweifel bestünden und aus den sie tragenden Gründen zugleich ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben sei.

6

5. Mit Beschluss vom 28. März 2013 wies das Oberverwaltungsgericht die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den verwaltungsgerichtlichen Beschluss zurück. Die Rügen der Beschwerde griffen zwar teilweise durch mit der Folge, dass die Erfolgsaussichten der Klage bei summarischer Prüfung als offen angesehen werden müssten. Gleichwohl gehe die vor diesem Hintergrund vorzunehmende Interessenabwägung im Ergebnis zu Lasten der Beschwerdeführerin aus.

7

a) Die Beschwerdeführerin wende sich mit ihrer Beschwerde zu Recht gegen die erstinstanzlich auch ihr gegenüber angenommene Bindungswirkung des wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses des Antragsgegners vom 18. Dezember 2006. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgegangen sei, dass die Beschwerdeführerin mit ihren naturschutzrechtlichen Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss präkludiert sei und sich deshalb auf dessen Rechtswidrigkeit nicht mehr mit Erfolg berufen könne, übersehe es das Fehlen einer enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses.

8

Offen erscheine bei summarischer Prüfung allerdings die Frage, ob das umfassende Prüfprogramm hier - wie das Verwaltungsgericht meine - mit Blick auf die faktische Beseitigung des FFH-Gebiets modifiziert werden müsse. Der wasserrechtliche Planfeststellungsbeschluss regle im Wesentlichen die Gewässerbeseitigung als (faktisch) notwendige Vorbereitungsmaßnahme für die Fortsetzung des Tagebaus. Diese Maßnahme sei, soweit ersichtlich, zwischenzeitlich vollständig vollzogen worden. Zwar hätte der Tagebau seinen gegenwärtigen Stand ohne die Gewässerbeseitigung nicht erreicht. Für dessen weitere Fortsetzung bedürfe es der wasserrechtlichen Maßnahme aber nicht mehr. Da sich bei summarischer Prüfung auch nicht aufdränge, welche naturschutzrechtlichen Belange ausgehend vom gegenwärtigen tatsächlichen Stand des Tagebaus schutzwürdig verblieben seien, die der Fortsetzung des Tagebaus zwingend entgegenstehen könnten, sei der notwendige Prüfungsumfang in Bezug auf zurückliegende Behördenentscheidungen, namentlich den wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss, im Hauptsacheverfahren zu klären.

9

Dies gelte gleichermaßen für die bereits in dem angegriffenen Beschluss zu Recht als offen bezeichneten Fragen im Zusammenhang mit der Annahme eines faktischen Vogelschutzgebietes und der Umsetzbarkeit des im Planfeststellungsbeschluss geregelten Kompensationskonzepts. Zwar spreche Einiges dafür, dass für die Überprüfung der Gewährleistung des Kohärenzausgleichs keine ex post-Betrachtung anzustellen, sondern der Prognosehorizont bei Erlass des wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses heranzuziehen sein dürfe. Ebenso wenig dürfte die Rechtmäßigkeit der Grundabtretung davon abhängig sein, dass die Kompensationsmaßnahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffe bereits vollständig umgesetzt seien, da dies für die Rechtmäßigkeit der wasserrechtlichen Planfeststellung ebenfalls nicht erforderlich gewesen sei. Ob der wasserrechtliche Planfeststellungsbeschluss ein hinreichendes Kompensationskonzept vorgesehen habe, vermöge der Senat allerdings trotz der auch zweitinstanzlich erfolgten Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses im vorläufigen Rechtsschutzverfahren vorliegend nicht mit hinreichender Verlässlichkeit zu beurteilen. Gerade mit Blick auf die besondere Eilbedürftigkeit des Verfahrens sowie den erheblichen Umfang des Prozessstoffes sei das vorläufige Rechtsschutzverfahren nicht der Ort für die Klärung der von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen schwierigen Rechts- und Tatsachenfragen.

10

b) Angesichts der letztlich offenen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs der Beschwerdeführerin in der Hauptsache verbleibe dem Senat im Rahmen der nach § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3 VwGO zu treffenden Entscheidung nur die Möglichkeit, die gegenläufigen Interessen der Beteiligten im Übrigen gegeneinander abzuwägen. Der dabei auf die Folgen des jeweiligen Unterliegens zu richtende Blick führe zunächst zu der Erkenntnis, dass jedwede Entscheidung der Sache nach auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinauslaufe.

11

Das gelte zum einen für das Interesse der Beschwerdeführerin am Bestandserhalt ihres Grundeigentums. Denn die planmäßige Fortsetzung des Tagebaus führe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch vor Ergehen einer Hauptsacheentscheidung zur vollständigen Beseitigung des Grundstücks der Beschwerdeführerin in seiner derzeitigen Substanz. Auf der anderen Seite würde die vorläufige Suspendierung der vorzeitigen Besitzeinweisung auch für die Beigeladene zu unwiederbringlichen Verlusten führen. Die Beigeladene habe nicht nur im Beschwerdeverfahren, sondern bereits in ihrem Antrag auf vorzeitige Besitzeinweisung vorgetragen, dass der Tagebau etwa am 1. April 2013 den zum Grundstück der Beschwerdeführerin einzuhaltenden Sicherheitsabstand erreicht haben und sodann zum Stillstand kommen würde. Könnte das Grundstück nicht vorzeitig in Anspruch genommen werden, würde dies nach dem Vortrag der Beigeladenen für jeden Tag des Zuwartens zu Fixkosten von 125.000 Euro führen, die nicht durch eine Kohleförderung im täglichen Umfang von 19.000 Tonnen kompensiert werden könnten. Für einen Zeitraum von acht Monaten Stillstand, innerhalb dessen eine rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache der Erfahrung nach nicht zu erwarten wäre, habe die Beigeladene die ihr entstehenden Kosten auf ca. 30 Millionen Euro beziffert. Es sei weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihres Unterliegens in der Hauptsache in der Lage wäre, auch nur einen nennenswerten Teil dieses Schadens auszugleichen. Damit sei es auch nicht ernstlich in Betracht zu ziehen, die aufschiebende Wirkung der gegen die vorzeitige Besitzeinweisung gerichteten Klage der Beschwerdeführerin gegen Sicherheitsleistung wiederherzustellen (§ 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO).

12

6. Mit Beschluss vom 29. März 2013 - 1 BvQ 11/13 - lehnte das Bundesverfassungsgericht einen Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ab.

II.

13

1. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Grundrechts auf Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes.

14

Das Oberverwaltungsgericht weiche vorschnell auf eine Interessenabwägung bei offener Erfolgsaussicht aus. Es habe die Reichweite der Aussagen des Bundesverfassungsgerichts insbesondere zu Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG im Zusammenhang mit einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen irreversible Grundrechtseingriffe verkannt. Das Oberverwaltungsgericht habe jegliche Bemühung um eine weitere Aufklärung der Sach- und Rechtslage bereits am Tag nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eingestellt und damit die Entscheidung zum prozessual frühestmöglichen Zeitpunkt getroffen. Ein Gesichtspunkt, welcher den Senat dazu getrieben habe, sich mit ihrem Verfahren nicht länger als den Mindestzeitraum zu beschäftigen, habe offenkundig in der bereits erfolgten Terminierung der mündlichen Verhandlungen von Klagen gegen die Festlegung von Flugrouten für den Flughafen Berlin-Brandenburg-International gelegen. Zudem hätte das Oberverwaltungsgericht berücksichtigen müssen, dass es allein im Verantwortungsbereich der Beigeladenen des Ausgangsverfahrens gelegen hätte, wenn es wegen der Gewährleistung vorläufigen Rechtsschutzes zu einem Stillstand der Abraumförderbrücke gekommen wäre. Denn der zeitliche Druck, unter welchem die Gerichte über die Rechtmäßigkeit von finalen Eingriffen in eine verfassungsrechtlich geschützte Grundrechtsposition zu entscheiden gehabt hätten, sei maßgeblich der verspäteten Antragstellung der Beigeladenen geschuldet.

15

2. Das Land Brandenburg, der Beklagte sowie die Beigeladene des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie halten die Verfassungsbeschwerde jeweils für unbegründet. Die Akten des Ausgangsverfahrens wurden beigezogen.

III.

16

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung eines in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechts angezeigt (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits geklärt, die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

17

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Zwar ist das Grundstück der Beschwerdeführerin inzwischen für den Tagebergbau in Anspruch genommen worden und eine Wiederholungsgefahr nicht erkennbar. Das Grundstück ist durch den Abbau der Braunkohle jedoch nicht untergegangen. Der Eigentumseingriff durch die vorzeitige Besitzeinweisung dauert an (vgl. BVerfGE 134, 242 <288 Rn. 157>).

18

2. Das Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantiert jedem den Rechtsweg, der geltend macht, durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten verletzt zu sein. Damit wird sowohl der Zugang zu den Gerichten als auch die Wirksamkeit des Rechtsschutzes gewährleistet. Der Bürger hat einen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle in allen ihm von der Prozessordnung zur Verfügung gestellten Instanzen (vgl. BVerfGE 129, 1 <20>).

19

Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG kommt auch die Aufgabe zu, irreparable Entscheidungen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme eintreten können, soweit als möglich auszuschließen (vgl. BVerfGE 35, 263 <274>). Hieraus ergibt sich die verfassungsrechtliche Bedeutung des Suspensiveffekts. Ohne die aufschiebende Wirkung der Klage würde der Verwaltungsgerichtsschutz im Hinblick auf die notwendige Dauer der Verfahren häufig hinfällig, weil bei sofortiger Vollziehung des Verwaltungsakts regelmäßig vollendete Tatsachen geschaffen würden. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet allerdings nicht die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen im Verwaltungsprozess schlechthin. Überwiegende öffentliche Belange können es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten (vgl. BVerfGE 35, 382 <402>).

20

Grundsätzlich ist bei der Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes eine summarische Prüfung verfassungsrechtlich unbedenklich; die notwendige Prüfungsintensität steigt jedoch mit der drohenden Rechtsverletzung, die bis dahin reichen kann, dass die Gerichte unter besonderen Umständen - wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen - dazu verpflichtet sein können, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfGE 79, 69 <74 f.>). Droht einem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist - erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten An-spruchs - einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (vgl. BVerfGE 79, 69 <75>; 94, 166 <216>). Denn in diesen Fällen kann das Fachgericht nur im einstweiligen Rechtsschutz eine endgültige Grundrechtsverletzung verhindern. Ausschließlich auf eine sorgfältige und hinreichend substantiierte Folgenabwägung kommt es nur an, soweit eine - nach vorstehenden Maßstäben durchzuführende - Rechtmäßigkeitsprüfung nicht möglich ist (so BVerfGE 110, 77, <87 f.> für das Versammlungsrecht).

21

Speziell für Enteignungen hat das Bundesverfassungsgericht, gestützt auf Art. 14 Abs. 1 GG, für den Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren das Gebot effektiven Rechtsschutzes betont und dabei vor allem rechtzeitigen Rechtsschutz eingefordert, der jedenfalls auch eine Gesamtabwägung der für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange erfasst (BVerfGE 134, 242<299 ff. Rn. 190 ff.> und <310 ff. Rn. 220 ff.>).

22

3. Diese aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden besonderen Anforderungen an die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im fachgerichtlichen Verfahren in Fällen der drohenden Schaffung vollendeter Tatsachen hat das Oberverwaltungsgericht nicht beachtet. Das Gericht hat sich auf eine Folgenabwägung zurückgezogen, ohne zuvor zu versuchen, dem verfassungsrechtlichen Gebot der tatsächlichen und rechtlichen Durchdringung des Falles angesichts der drohenden Schaffung vollendeter Tatsachen nach Möglichkeit gerecht zu werden, weil nur durch sein Eingreifen im einstweiligen Rechtsschutz die Grundrechtsverletzung hätte vermieden werden können.

23

a) Das Oberverwaltungsgericht hat keinen Versuch unternommen, die Rechtmäßigkeit der vorzeitigen Besitzeinweisung zu überprüfen, obwohl es erkannt hat, dass durch den Vollzug der vorzeitigen Besitzeinweisung ein Zustand geschaffen wird, der zulasten der Beschwerdeführerin die Hauptsache vorwegnimmt. Es hat sich darauf beschränkt, zunächst die Fehlerhaftigkeit des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses insoweit aufzuzeigen, als dieser die Bindung der Beschwerdeführerin an den wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss vom 18. Dezember 2006 angenommen hat. Es benennt sodann die im Hauptsacheverfahren zu klärenden Rechtsfragen. Eine inhaltliche Annäherung an die Lösung der aufgeworfenen offenen Fragen und deren Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der vorzeitigen Besitzeinweisung erfolgt indes nicht.

24

Dass eine eingehendere Prüfung der Sach- und Rechtslage für das Oberverwaltungsgericht letztlich unmöglich war, ist nicht erkennbar. Die Sach- und Rechtslage erweist sich im vorliegenden Fall zwar im Hinblick auf die faktische Beseitigung des FFH-Gebiets, die Annahme eines faktischen Vogelschutzgebiets, die Umsetzbarkeit des Kompensationskonzepts des Planfeststellungsbeschlusses und die Frage nach dem maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt als komplex; ein weitgehendes Durchdringen dieser Problemkreise in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erscheint jedoch nicht ausgeschlossen, zumal das Verfahren nicht innerhalb weniger Tage hätte entschieden werden müssen. Offensichtlich war das Oberverwaltungsgericht bestrebt, über die Beschwerde innerhalb des sehr früh von ihm selbst aufgrund der Terminierung von Verfahren im Zusammenhang mit dem sogenannten Hauptstadtflughafen festgelegten Zeitrahmens zu entscheiden. Die Notwendigkeit der gleichzeitigen oder späteren Bearbeitung anderer Verfahren ist indes kein verfassungsrechtlich hinzunehmender Grund für eine Reduzierung der Prüfungsintensität. Dies gilt umso mehr, weil die Beigeladene des Ausgangsverfahrens das Grundabtretungs- und das Besitzeinweisungsverfahren erst sehr spät eingeleitet hat, obwohl ihr die grundsätzlich ablehnende Haltung der Beschwerdeführerin seit langem bekannt war. Je mehr ein Vorhabenträger durch ihm zurechenbares Verhalten die besondere Eilbedürftigkeit einer Entscheidung selbst zu verantworten hat, desto eher sind ihm auch wirtschaftliche Belastungen zuzumuten, die dadurch hervorgerufen werden, dass die Fachgerichte angemessene Zeit für eine Eilentscheidung benötigen, um den verfassungsgebotenen Eilrechtsschutz auf der Grundlage einer hinreichenden Fallprüfung gewähren zu können.

25

b) Im Übrigen ist auch die Folgenabwägung des Oberverwaltungsgerichts Bedenken ausgesetzt, die verfassungsrechtlich nicht ohne Belang sein könnten; hierauf kommt es aber nicht mehr an. Das Oberverwaltungsgericht scheint für den Fall des Unterliegens der Beschwerdeführerin im Hauptsacheverfahren, wenn es dem Gesuch um einstweiligen Rechtsschutz entsprochen hätte, von einer Schadensersatzpflicht der Beschwerdeführerin gegenüber der Beigeladenen des Ausgangsverfahrens auszugehen. Eine entsprechende Rechtsgrundlage existiert allerdings nicht. § 945 ZPO ist nicht einschlägig, weil eine dem § 123 Abs. 3 VwGO vergleichbare Bestimmung bezüglich des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO fehlt.

26

c) Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts beruht auf der unzureichenden Beachtung der sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergebenden Anforderungen. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das Oberverwaltungsgericht bei einer verfassungsrechtlich gebotenen Befassung mit dem Begehren von Eilrechtsschutz zu einem für die Beschwerdeführerin günstigeren Ergebnis gelangt wäre.

27

4. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts richtet, wird sie nicht zur Entscheidung angenommen. Im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde hat die Beschwerdeführerin nunmehr erneut die Möglichkeit, vor dem Oberverwaltungsgericht die Beseitigung ihrer Beschwer zu erstreiten. Dies kann zur Folge haben, dass im Ergebnis sämtliche geltend gemachten Verfassungsrechtsverletzungen beseitigt werden (vgl. BVerfGK 11, 13 <20>).

IV.

28

1. Der in der Beschwerdeinstanz ergangene Beschluss ist aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2, § 95 Abs. 2 BVerfGG).

29

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung ergibt sich aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.