Verwaltungsgericht München Beschluss, 25. März 2019 - M 8 S 19.731

bei uns veröffentlicht am25.03.2019

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage (M 8 K 19.732) gegen den Bescheid vom 10. Januar 2019 wird hinsichtlich Ziffer 1 wiederhergestellt und hinsichtlich Ziffer 3 angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 5000.- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung der an ihn vermieteten Einheit im 1. Obergeschoss des Rückgebäudes der …str. 29 als Büro auf dem Grundstück …-str. 29, Fl.Nr. …, Gemarkung … Für das Anwesen …-str. 29 erteilte die Antragsgegnerin am 21. Dezember 2011 eine Baugenehmigung betreffend die Nutzungsänderung des Rückgebäudes und des Vordergebäudes. Die Nutzungsänderung des Rückgebäudes betraf alle Geschosse vom Untergeschoss bis zum Dachgeschoss (Warenlager zu Büros), einen Dachgeschossumbau (Lagerspeicher zu Wohnung mit Zwerchgiebel, Dachterrasse und Gauben), die Erneuerung der Dächer über dem Erdgeschoss in F 90, den Teilabbruch von Nebenräumen im Erdgeschoss-/ Hofbereich. Im Vordergebäude war ein Dachgeschossumbau vorgesehen (2 neue Wohnungen mit Dachterrassen, Gauben und Notleiter) und eine Nutzungsänderung im Kellergeschoss (Keller zu Requisitenlager).

In der Baugenehmigung vom 21. Dezember 2011 wurde darauf hingewiesen, dass der Brandschutznachweis gemäß dem Bauantrag durch einen beauftragen Prüfsachverständigen geprüft werde. Dementsprechend müssten bis Baubeginn eine Bescheinigung über die Vollständigkeit und Richtigkeit des Brandschutznachweises (Art. 68 Abs. 5 Nr. 2 BayBO) und bei Fertigstellung mit der Anzeige der beabsichtigten Nutzungsaufnahme eine Bescheinigung über die ordnungsgemäße Bauausführung hinsichtlich des Brandschutzes (Art. 78 Abs. 2 Nr. 2 BayBO) vorgelegt werden.

Unter dem 17. Februar 2012 - bei der Antragsgegnerin am 21. Februar 2012 eingegangen - legte die damalige Bauherrin die Baubeginnsanzeige für das Vordergebäude vor.

Am 26. Juli 2012 wurde die Bescheinigung „Brandschutz I“ und der Prüfsachbericht des Prüfsachverständigen für das Vordergebäude vorgelegt.

Mit Schreiben vom 7. November 2012 wies die Antragsgegnerin die damalige Bauherrin und Eigentümerin des streitgegenständlichen Anwesens unter anderem auf Folgendes hin: Sollte bereits mit Umbaumaßnahmen beim Rückgebäude begonnen worden sein, seien hierfür die entsprechende Baubeginnsanzeige und die Bescheinigungen „Brandschutz I“ und „Standsicherheit I“ vorzulegen.

Unter dem 13. Februar 2013 erließ die Antragsgegnerin gegenüber der damaligen Bauherrin und Eigentümerin des streitgegenständlichen Grundstücks eine Verfügung, wonach für das Rückgebäude a) das gültige Formblatt „Baubeginnsanzeige“ vollständig ausgefüllt und von allen Verantwortlichen unterschrieben vorzulegen ist (Art. 68 Abs. 5 Nr. 3 BayBO),

1b) die Bescheinigung „Standsicherheit I“ (Vollständigkeit und Richtigkeit des Standsicherheitsnachweises nach Art. 68 Abs. 5 Nr. 2 BayBO i.V.m. Art. 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayBO i.V.m. Art. 62 Abs. 4 BayBO i.V.m. § 13 PrüfVBau) vorzulegen ist,

1c) die Bescheinigung „Standsicherheit II“ (ordnungsgemäße Bauausführung nach Art. 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BayBO i.V.m. Art. 77 Abs. 2 BayBO i.V.m. § 13 Abs. 4 PrüfVBau) vorzulegen ist,

1d) die Bescheinigung „Brandschutz I“ (Vollständigkeit und Richtigkeit des Brandschutznachweises nach Art. 68 Abs. 5 Nr. 2 BayBO i.V.m. Art. 62 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 BayBO i.V.m. Art. 62 Abs. 4 BayBO i.V.m. § 19 PrüfVBau) und e) die Bescheinigung „Brandschutz II“ (ordnungsgemäße Bauausführung nach Art. 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BayBO i.V.m. Art. 77 Abs. 2 BayBO i.V.m. § 19 PrüfVBau) vorzulegen ist.

Für den Fall, dass die aufgeführten Mängel nicht spätestens innerhalb von 1 Monat nach Unanfechtbarkeit der Verfügung beseitigt werden, wurden hinsichtlich der Ziffer 1a) ein Zwangsgeld von 50.- €, hinsichtlich Ziffern 1b) und 1d) jeweils 125,- EUR und hinsichtlich der Ziffern 1c) und 1e) jeweils 150,- EUR angedroht.

Die Verfügung vom 13. Februar 2013 wurde der Bauherrin/Eigentümerin am 15. Februar 2013 zugestellt.

Mit Schreiben/Bescheid vom 14. November 2016 erklärte die Antragsgegnerin die in der Verfügung vom 13. Februar 2013 und 18.November 2015 (betraf Verpflichtungen bezüglich des Vordergebäudes) angedrohten Zwangsgelder für fällig.

Weiterhin wurde für den Fall, dass den Verfügungen des Bescheides vom 13. Februar 2013 hinsichtlich Auflage 1a), 1b) und 1d) (Rückgebäude) nicht innerhalb von einer Frist von 2 Monaten nachgekommen werde, ein Zwangsgeld von 65.-€ hinsichtlich Auflage 1a) und je 555,- EUR hinsichtlich Auflage 1b und 1d) angedroht.

Mit Schreiben/Bescheid vom 2. Mai 2017 wurden wegen der Nichterfüllung der Verpflichtungen der Verfügungen vom 13. Februar 2013 und 14. November 2016 hinsichtlich Auflage 1c) und 1e) je 150.-€ für fällig erklärt und für den Fall der Nichterfüllung innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Zustellung des Bescheides erneut Zwangsgelder von je 500.-€ hinsichtlich Auflage 1c und 1e) angedroht.

Mit Schreiben/Bescheid vom 26. Oktober 2017 wurden wegen der Nichterfüllung der Verpflichtungen der Verfügungen vom 13. Februar 2013, 18.November 2015 und 14. November 2016 (Vorlage Bescheinigungen Standsicherheit I und Brandschutz I für das Rückgebäude) hinsichtlich Auflage 1a) 70.-€ und hinsichtlich Auflage 1b) und 1d) je 800.-€ für fällig erklärt und für den Fall der Nichterfüllung innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Zustellung des Bescheides erneut ein Zwangsgeld von 75.-€ hinsichtlich Auflage 1a) und je 1.100.- EUR hinsichtlich Auflage 1b und 1d) angedroht.

Mit Schreiben/Bescheid vom 29. Dezember 2017 wurden wegen der Nichterfüllung der Verpflichtungen der Verfügungen vom 13. Februar 2013, 2. Mai 2017 und 26. Oktober 2017 (Vorlage Bescheinigungen Standsicherheit II und Brandschutz II für den Teilbereich des Rückgebäudes, für den die Baugenehmigung vom 21.Dezember 2011 eine Nachlegalisierung war) je 850.- € hinsichtlich Auflage 1c) und 1e) für fällig erklärt und für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtungen aus diesen Bescheiden innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Zustellung des Bescheides erneut ein Zwangsgeld von je 1350.-€ hinsichtlich Auflage 1c) und 1e) angedroht.

Ebenfalls mit Schreiben/Bescheid vom 29. Dezember 2017 wurden wegen der Nichterfüllung der Verpflichtungen der Verfügungen vom 13. Februar 2013, 18. November 2015 und 14. November 2016 (Vorlage Bescheinigungen Standsicherheit I und Brandschutz I für den Teilbereich des Rückgebäudes, für den die Baugenehmigung vom 21.Dezember 2011 eine Nachlegalisierung war) 75.-€ hinsichtlich Auflage 1a) und je 1.100.- € hinsichtlich Auflage 1b) und 1d) für fällig erklärt und für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtungen aus diesen Bescheiden innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Zustellung des Bescheides erneut Zwangsgelder von 80.-€ hinsichtlich Auflage 1a und von je 1.500.-€ hinsichtlich Auflage 1b) und 1d) angedroht.

Mit Schreiben/Bescheid vom 8. März 2018 wurden wegen der Nichterfüllung der Verpflichtungen der Verfügungen vom 13. Februar 2013, 18. November 2015 und 14. November 2016 (u.a. Vorlage: Bescheinigungen Standsicherheit I und Brandschutz I für das Rückgebäude) hinsichtlich Auflage 1a) 80.-€ und hinsichtlich Auflage 1b) und 1d) je 1.500.-€ für fällig erklärt und für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtungen aus diesen Bescheiden innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Zustellung des Bescheides erneut ein Zwangsgeld von 85.-€ hinsichtlich Auflage 1a) und je 2.000.- EUR hinsichtlich Auflage 1b und 1d) angedroht.

Mit Schreiben/Bescheid vom 8. März 2018 wurden wegen der Nichterfüllung der Verpflichtungen der Verfügungen vom 13. Februar 2013, 2. Mai 2017 und 26. Oktober 2017 (Vorlage Bescheinigungen Standsicherheit II und Brandschutz II für den Teilbereich des Rückgebäudes, für den die Baugenehmigung vom 21.Dezember 2011 eine Nachlegalisierung war) je 1.350.- € hinsichtlich Auflage 1c) und 1e) für fällig erklärt und für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtungen aus diesen Bescheiden innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Zustellung des Bescheides erneut ein Zwangsgeld von je 1900.-€ hinsichtlich Auflage 1c) und 1e) angedroht.

Mit Schreiben/Bescheid vom 14. Mai 2018 wurden wegen der Nichterfüllung der Verpflichtungen der Verfügungen vom 13. Februar 2013, 18. November 2015 und 14. November 2016 (u.a. Vorlage: Bescheinigungen Standsicherheit I und Brandschutz I für das Rückgebäude) hinsichtlich Auflage 1a) 85.-€ und hinsichtlich Auflage 1b) und 1d) je 2.000.-€ für fällig erklärt und für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtungen aus diesen Bescheiden innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Zustellung des Bescheides erneut ein Zwangsgeld von 90.-€ hinsichtlich Auflage 1a) und je 2.550.- EUR hinsichtlich Auflage 1b und 1d) angedroht.

Mit Schreiben/Bescheid vom 14. Mai 2018 wurde wegen der Nichterfüllung der Verpflichtungen der Verfügungen vom 13. Februar 2013, 2. Mai 2017 und 26. Oktober 2017 (Vorlage. Bescheinigungen Standsicherheit II und Brandschutz II für den Teilbereich des Rückgebäudes, für den die Baugenehmigung vom 21.12.2011 eine Nachlegalisierung war) je 1.900.- € hinsichtlich Auflage 1c) und 1e) für fällig erklärt und für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtungen aus diesen Bescheiden innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Zustellung des Bescheides erneut ein Zwangsgeld von je 2500.-€ hinsichtlich Auflage 1c) und 1e) angedroht.

Mit Schreiben vom 14. Mai 2018 wies die Antragsgegnerin die Bauherrin und Eigentümerin des streitgegenständlichen Grundstücks auf Folgendes hin: Aufgrund des Umstandes, dass eine Auflagenvollstreckung durch mehrere Zwangsgeldbescheide nicht zum Erfolg führe, sollte nach Auffassung der Verwaltungsgerichtsbarkeit andere Vollstreckungsarten durchgeführt werden. Sofern es sich um die Vorlage von Prüfsachverständigenbescheinigungen handele, sei in der Regel eine Ersatzvornahme nicht möglich, weshalb in solchen Fällen primär die Nutzungsuntersagung des betroffenen Gebäudes in Frage käme. Es müsse daher mit einer Untersagung der Nutzungen der einzelnen Einheiten des Rückgebäudes gerechnet werden.

In diesem Zusammenhang wurde die Bauherrin und Eigentümerin der …-str. 29 aufgefordert, die Namen und Adressen der im Rückgebäude verbliebenen Mieter mitzuteilen, damit auch diese verständigt werden könnten. Soweit in den nächsten 2 Monaten keine Fortschritte bei der Ausstellung der Bescheinigungen „Standsicherheit I und II“ und „Brandschutz I und II“ erkennbar seien, sei beabsichtigt, eine Nutzungsuntersagung mit Sofortvollzugsanordnung gegen die Bauherrin/Eigentümerin und die Mieter des Rückgebäudes auszusprechen.

Unter dem 19. Juli 2018 erging erneut ein Schreiben/Bescheid an die Bauherrin/Eigentümerin, in dem wegen der Nichterfüllung der Verpflichtungen die Auflagen 1a), 1b) und 1d) in den Verfügungen vom 13. Februar 2013, 18.November 2015, 14. November 2016, 2. Mai 2017, 26. Oktober 2017, 29. Dezember 2017, 8. März 2018 und 14. Mai 2018 (u.a. Vorlage: Bescheinigungen Standsicherheit I und Brandschutz I für das Rückgebäude) hinsichtlich Auflage 1a) 90.-€ und hinsichtlich Auflage 1b) und 1d) je 2.550.-€ für fällig erklärt und für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtungen aus diesen Bescheiden innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Zustellung des Bescheides erneut Zwangsgelder von 100.-€ hinsichtlich Auflage 1a) und je 3.200.- EUR hinsichtlich Auflage 1b und 1d) angedroht wurden.

Ebenfalls mit Schreiben/Bescheid vom 19. Juli 2018 wurden wegen der Nichterfüllung der Verpflichtungen der Verfügungen vom 13. Februar 2013, 2. Mai 2017 und 26. Oktober 2017, 29. Dezember 2017, 8. März 2018 und 14. Mai 2018 (Vorlage: Bescheinigungen Standsicherheit II und Brandschutz II für den Teilbereich des Rückgebäudes, für den die Baugenehmigung vom 21.Dezember 2011 eine Nachlegalisierung war) je 2.500.- € hinsichtlich Auflage 1c) und 1e) für fällig erklärt und für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtungen aus diesen Bescheiden innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Zustellung des Bescheides erneut ein Zwangsgeld von je 3000.-€ hinsichtlich Auflage 1c) und 1e) angedroht.

Mit Schreiben/Bescheid vom 27. September 2018 wurden wegen der Nichterfüllung der Verpflichtungen der Verfügungen vom 13. Februar 2013, 2.Mai 2017 und 26. Oktober 2017, 29. Dezember 2017, 8. März 2018, 14. Mai 2018 und 19. Juli 2018 (Vorlage: Bescheinigungen Standsicherheit II und Brandschutz II für den Teilbereich des Rückgebäudes, für den die Baugenehmigung vom 21.Dezember 2011 eine Nachlegalisierung war) je 3.000.- € hinsichtlich Auflage 1c) und 1e) für fällig erklärt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klage hinsichtlich der angefochtenen Verfügung vom 13. Februar 2013 für erledigt erklärt worden sei. Die in diesem Zusammenhang am 5. April 2014 abgegebene Erklärung, dass im Juni 2014 mit den Umbauarbeiten begonnen werden würde und nach Abschluss der Baumaßnahmen unverzüglich die Bescheinigungen Standsicherheit II und Brandschutz II vorgelegt würden, sei nicht eingehalten worden.

Weiterhin wurde in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass nunmehr auch die Nutzer von den beabsichtigten Nutzungsuntersagungen verständigt worden seien. Soweit die ausstehenden Unterlagen bis Ende Oktober 2018 nicht eingehen würden, müsste mit einer Nutzungsuntersagung auch gegenüber den Nutzern/Mietern gerechnet werden.

Unter dem 27. September 2018 schrieb die Antragsgegnerin dementsprechend den Antragsteller an und unterrichtete ihn von dem oben dargestellten Sachverhalt. Der Antragsteller wurde darauf hingewiesen, dass deshalb beabsichtigt sei, die Nutzung des Rückgebäudes mittels eines gebührenpflichtigen, zwangsgeldbewährten Bescheides unter Sofortvollzugsanordnung zu untersagen.

Der Antragsteller erhielt Gelegenheit, sich bis zum 28. Oktober 2018 hierzu zu äußern.

Gleichlautende Schreiben erließ die Antragsgegnerin an zwei weitere Nutzer.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2018 äußerte sich der Antragsteller wie folgt: Die geänderte Nutzung sei sicherheitsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Vor Einzug der Kanzlei des Antragstellers seien diverse Sanierungsmaßnahmen unter Beachtung der Brandschutzanforderungen durchgeführt worden. Der Dachgeschossausbau sei bisher nicht begonnen worden. Die bisher beantragte Baugenehmigung dürfte insbesondere mangels Antrag auf Verlängerung bereits Ende 2015 gegenstandslos geworden sein, sodass sich die Auflagen und Nachweise betreffend - insbesondere Statik und Brandschutz - inzwischen erübrigt haben dürften. Der bisher unterbliebene Dachgeschossausbau, der im Falle seiner Verwirklichung eines erneuten Bauantrages bedürfe, habe keinerlei Auswirkungen auf das von dem Antragsteller genutzte halbe 1. Obergeschoss im Rückgebäude. Ähnliches gelte für die Erneuerung der Dächer über dem Erdgeschoss auf „F 90“. In Anbetracht dieser Sachlage sei eine Nutzungsuntersagung für das halbe 1. Obergeschoss mit Zugang zum Treppenhaus unverhältnismäßig.

Unter dem 10. Januar 2019 erließ die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller folgende Verfügung:

1. Die Nutzung der an Sie vermieteten Einheit im 1. Obergeschoss des Rückgebäudes der …-str. 29 als Büro ist unverzüglich, spätestens innerhalb von 3 Monaten nach Zustellung dieser Verfügung zu unterlassen.

2. Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wird angeordnet.

3. Für den Fall der nichtfristgerechten Erfüllung der Verpflichtung unter Ziff. 1 dieser Verfügung wird ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,- EUR angedroht.

4. … Gebühren und Auslage gemäß beiliegender Kostenrechnung.

Zur Begründung wurde unter Darlegung der Vorgeschichte ausgeführt:

Die Antragsgegnerin habe bisher vergeblich versucht, die notwendigen Prüfungen und Bescheinigungen auf dem Wege der Zwangsgeldvollstreckung durchzusetzen. Nach erfolglosem Erlass von insgesamt 16 Zwangsgeldbescheiden erscheine eine weitere Vollstreckung durch Zwangsgeldbescheide nicht erfolgversprechend; eine Ersatzvornahme sei im vorliegenden Fall äußerst kompliziert. Somit sei eine Nutzungsuntersagung das einzig realistische Vorgehen, um der seit mittlerweile mehr als 7 Jahren (seit Genehmigungserteilung) bzw. mehr als 16 Jahren (seit erstmaliger Feststellung der damals ungenehmigten Nutzung) vorherrschenden Nutzung ohne Statik- und Brandschutzprüfung entgegenzuwirken. Die Antragsgegnerin handele auch in pflichtgemäßem Ermessen, da sie nicht nur im rein formalen Interesse, sondern aus sicherheitsrechtlichen Erwägungen handele, da durch die fehlenden Bescheinigungen der Brandschutz und die Statik weder fachlich überprüft noch gesichert seien. Aufgrund der Vorgeschichte erscheine eine Nutzungsuntersagung als letztes Mittel als unabdingbar. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei notwendig, da andernfalls die Durchsetzung der Nutzungsuntersagung um weitere 3 - 4 Jahre verzögert werden könnte, weshalb die Sofortvollzugsanordnung dringend geboten sei, um den Gefahren durch die fehlenden Statik- und Brandschutzprüfungen zeitnah entgegenzuwirken.

Dem stehe auch nicht entgegen, dass der bisherige Betrieb der Büroräume zu keinen wesentlichen Unfällen geführt habe, da sich die Gefahr, die aus dem Fehlen der Statik und Brandschutzprüfung resultieren könne, an jedem Tag der weiteren Nutzung neu konkretisieren könne.

Zudem diene die Sofortvollzugsanordnung auch dazu, das Gleichbehandlungsgebot mit rechtstreuen Bauherren/Betreibern ähnlicher Nutzungen zu wahren, die zeitnah die notwendigen Statik- und Brandschutzprüfungen durchführten.

Der Bescheid vom 10. Januar 2019 wurde dem Antragsteller am 14. Januar 2019 zugestellt.

Nach Aktenlage wurde eine weitere gleichlautende Nutzungsuntersagung für Nutzung der vermieteten Einheiten im EG, 1. OG, 2.OG und 3.OG des Rückgebäudes gegenüber einem weiteren Mieter erlassen.

Mit einem am gleichen Tag beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 14. Februar 2019 erhob der Antragsteller Klage (M 8 K 19.732) gegen den Bescheid vom 10. Januar 2019 mit dem Antrag, den Bescheid vom 10. Januar 2019 einschließlich seiner Verfügungen mit den Ziff. 1 - 4 aufzuheben.

Gleichzeitig wurde beantragt,

a) die Ziff. 2:

„Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wird angeordnet.“

b) die Ziff. 4:

„Für diesen Bescheid werden Gebühren und Auslagen gemäß beiliegender Kostenrechnung vom 10. Januar 2019 erhoben. Die beiliegende Kostenrechnung ist Bestandteil dieses Bescheides.“

wird ausgesetzt, bis über den Rechtsstreit rechtskräftig entschieden ist.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Von Seiten des Antragstellers sei alles unternommen worden, um für seinen angemieteten Gebäudeanteil den Anforderungen des Brandschutzes und den übrigen Anforderungen der öffentlichen Sicherheit gerecht zu werden. Die Antragsgegnerin habe ein Angebot des Antragstellers, einen Lokaltermin in den Kanzleiräumen des Antragstellers durchzuführen, nicht beachtet. Die Antragsgegnerin habe jegliche Möglichkeit einer Ersatzvornahme - einschließlich Kontaktierung der amtsbekannten Mieter - um den Zustand einer formell ordnungsgemäßen Nutzung wiederherzustellen, unterlassen.

Es sei auch zu beachten, dass das Rückgebäude bereits aufgrund seiner ursprünglich vorgesehenen Nutzung als Lagergebäude mehr als hinreichend stabil errichtet worden sei und deshalb die wesentlich weniger statisch belastende Nutzung als Bürogebäude statisch zu vertreten sei.

Auch sei zu beachten, dass seit der Nutzungsänderung von einem mehrstöckigen Lagerhaus in ein Bürogebäude keinerlei statische und auch keinerlei andere sicherheitsrelevanten Zwischenfälle aufgetreten seien. Der Antragsteller habe hinsichtlich seiner Mietsache alle bekannten sicherheitsrechtlichen Kriterien - insbesondere betreffend den Brandschutz - beachtet. Die Maßnahme betreffe die weitere Berufsausübung und somit auch die wirtschaftliche Existenz des Antragstellers aufs Tiefste und bedeute den wirtschaftlichen Ruin.

Mit Schreiben vom 28. Februar 2019 beantragte die Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurden im Wesentlichen die Ausführungen des streitgegenständlichen Bescheides vertieft und nochmals auf Folgendes hingewiesen:

Aufgrund der Vorgeschichte sei ein gleich geeignetes Mittel, um rechtmäßige Zustände zu schaffen, nicht gegeben. Existenzgefährdende Folgen einer Nutzungsuntersagung führten nicht zu einer Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, wenn erhebliche Belange - wie hier - betroffen seien. Um der Verhältnismäßigkeit Genüge zu tun, sei dem Antragsteller eine Frist von 3 Monaten eingeräumt worden, um etwaige organisatorische Zwischenlösungen zu erreichen. Unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten sei die Nutzungsuntersagung auch auf eine bestimmte Zeit beschränkt, bis durch die Vorlage der fehlenden Bescheinigungen rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

Vorliegend sei eine solche zeitliche Beschränkung lediglich deshalb nicht konkret angegeben worden, weil nicht absehbar sei, wann rechtmäßige Zustände hergestellt werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts-, die vorgelegte Behördenakte, das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen und das Klageverfahren verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids vom 10. Januar 2019 hat auch in der Sache Erfolg.

Zwar erfolgte die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell zu Recht und die Interessenabwägung fällt grundsätzlich zu Lasten der Antragsgegnerin aus, da die angedrohte Nutzungsuntersagung nach summarischer Prüfung zwar rechtmäßig sein dürfte, die in Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheides gesetzte Frist von 3 Monaten für die Aufgabe der Nutzung allerdings unangemessen kurz ist und den Antragsteller daher in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat eine Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese entfällt kraft Gesetzes bei den in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 - 3 VwGO aufgeführten Maßnahmen und des Weiteren nach Nr. 4 der Bestimmung, wenn die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde besonders angeordnet wird. Das besondere Vollziehungsinteresse ist im letzteren Falle schriftlich zu begründen (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO).

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet wurde, wiederherstellen. Das Gericht prüft, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell rechtmäßig ist. Im Übrigen trifft es eine eigene Abwägungsentscheidung. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Wenn sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dagegen weder die offensichtliche Rechtswidrigkeit noch die offensichtliche Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung feststellen lässt, hängt der Ausgang des Verfahrens vom Ergebnis einer vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung ab (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2015 - 10 CS 14.2244 - juris; OVG SH, B.v. 13.9.1991 - 4 M 125/91 - juris Rn. 9 ff.).

2. Der vorliegende Antrag ist als Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage in der Hauptsache (M 8 K 19.732) in Bezug auf die unter Ziff. 1 verfügten Nutzungsuntersagung im streitgegenständlichen Bescheid auszulegen.

Aus dem Antrag des Antragstellers wird das Antragsbegehren (§ 122 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 86 Abs. 3, 88 VwGO) hinreichend deutlich. Er begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid, die diese wegen der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheides gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO nicht hat.

2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell rechtmäßig.

Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen der Sofortvollzugsanordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Es müssen die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben werden, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2010 - 10 CS 99.3290 - juris Rn. 17).

Diesen Vorgaben wird die streitgegenständliche Begründung des Sofortvollzugs gerecht. Die Antragsgegnerin hat insoweit ausgeführt, dass wegen der fehlenden Statik- und Brandschutzprüfungen die derzeitigen Nutzungen Gefahren für Nutzer der streitgegenständlichen Räumlichkeiten bergen könnten und diese Gefahr nach erfolglosen Versuchen, die fehlenden Prüfungen durch Zwangsgeldvollstreckungen durchzusetzen, nur noch durch eine Nutzungsuntersagung mit Sofortvollzug ausgeräumt werden könnten. Die Antragsgegnerin hat damit hinreichend deutlich gemacht, dass die Sofortvollzugsanordnung aufgrund des konkreten Einzelfalls der genehmigten, aber auflagenwidrig betriebenen Nutzung erforderlich ist.

Ob die Begründung rechtlich zutreffend ist, ist keine Frage der formellen Rechtmäßigkeit (vgl. Gersdorf in BeckOK VwGO, 48. Edition, Stand: 1.7.2018, § 80 Rn. 95). Im Übrigen ist anerkannt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Nutzungsuntersagung in der Regel gerechtfertigt ist, wenn die Voraussetzungen für den Erlass einer solchen Verfügung vorliegen (vgl. BayVGH, B.v. 2.11.2011 - 2 CS 11.1558 - juris Rn. 3; siehe dazu sogleich).

Im Übrigen ist Ziff. 2 inhaltlich hinreichend bestimmt im Sinne des Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG). Durch das Pronomen „dieser“ sowie die systematische Stellung der Anordnung der sofortigen Vollziehung unmittelbar nach den Nutzungsuntersagungsverfügungen ist in ausreichender Weise ein Bezug zu Ziff. 1 - mithin zur sofort zu vollziehenden Verfügung - hergestellt.

3. Die Nutzungsuntersagung ist materiell rechtmäßig.

Gemäß Art. 76 Satz 2 Bayerische Bauordnung (BayBO) kann die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung von Anlagen untersagen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfolgt.

Ein Rechtsverstoß im Sinne dieser Bestimmung, der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt, liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben schon dann vor, wenn dieses ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Da die Nutzungsuntersagung - insofern der Baueinstellung (Art. 75 Abs. 1 BayBO) vergleichbar - in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, kommt es insoweit nicht darauf an, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften über die Genehmigungspflicht formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2017 - 15 CS 16.2253 - juris Rn. 33; B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 21 m.w.N.).

3.1 Die derzeit vorhandene Nutzung ist formell illegal, weil die Nutzung mit Baugenehmigung vom 21. Dezember 2011 nur unter aufschiebender Bedingung genehmigt wurde und diese Bedingung (derzeit) noch nicht eingetreten ist.

Gemäß Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht (wie auf eine Baugenehmigung gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO), mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.

Die aufschiebende Bedingung in der Baugenehmigung vom 21. Dezember 2011 erfüllt diese Voraussetzungen. Denn sie sieht u.a. vor, dass bei Baubeginn eine Bescheinigung über die Vollständigkeit und Richtigkeit des Brandschutznachweises vorliegen muss (Art. 68 Abs. 5 Nr. 2 BayBO in der bis zum 1.8.2018 gültigen Fassung der BayBO, bzw. Art. 68 Abs. 5 Nr. 2 BayBO i.V.m. Art. 62a Abs. 2 BayBO, in der ab dem 1.9.2018 gültigen Fassung).

Im Übrigen ist die aufschiebende Bedingung samt der Baugenehmigung bestandskräftig geworden. Eine Nichtigkeit der Bedingung gemäß Art. 44 BayVwVfG ist nicht ersichtlich.

Die Bedingung ist (derzeit) noch nicht eingetreten.

Obwohl das streitgegenständliche Gebäude mit seinen in der Baugenehmigung vom 21. Dezember 2011 genehmigten Nutzungen - jedenfalls soweit es die streitgegenständliche Nutzungseinheit sowie eine weitere im Rückgebäude betrifft - in Betrieb ist, wurden weder die mit Bescheid vom 13. Februar 2013 geforderten Standsicherheitsnachweise I und II (1b und 1c) noch die Bescheinigungen Brandschutz I und II (1d und 1e) erbracht.

Dies hat zur Folge, dass es sich mangels Eintritts der Bedingung und der Vorlage der erforderlichen Nachweise bei der ausgeübten Nutzung im streitgegenständlichen Anwesen um eine ungenehmigte bzw. im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Anforderungen stehende Nutzung handelt. Auch die Legalisierungswirkung der Baugenehmigung hat daher noch nicht begonnen (vgl. zur aufschiebenden Bedingung Tiedemann in BeckOK VwVfG, 42. Edition, Stand 1.1.2019, § 36 Rn. 41 m.w.N.).

3.2 Das genehmigungspflichtige Vorhaben ist jedenfalls aber auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig bzw. widerspricht in materieller Hinsicht öffentlich-rechtlichen Vorschriften, da der Brandschutz nicht entsprechend den gesetzlichen Vorgaben nachgewiesen ist.

3.2.1 Die Nutzung widerspricht Art. 68 Abs. 5 Nr. 2 BayBO.

Hiernach darf mit der Bauausführung oder mit der Ausführung des jeweiligen Bauabschnitts erst begonnen werden, wenn die Bescheinigungen nach Art. 62a Abs. 2 und Art. 62b Abs. 2 BayBO der Bauaufsichtsbehörde vorliegen.

Zunächst ist festzustellen, dass die Bauherrin/Eigentümerin das Bauvorhaben bereits ohne Vorliegen einer Baugenehmigung umgesetzt hat. Bei der Baugenehmigung vom 21. Dezember 2011 handelt es sich um eine nachträgliche Legalisierung.

Aber auch bis zum Zeitpunkt des Erlasses der Baugenehmigung sowie dieser Entscheidung des Gerichts wurden die oben genannten Bescheinigungen nicht vorgelegt, obwohl diese erforderlich sind.

3.2.1.1 Nach Art. 62a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BayBO muss der Standsicherheitsnachweis bei Gebäuden der Gebäudeklasse 5 durch einen Prüfsachverständigen bescheinigt sein. Diese Verpflichtung gilt auch bei der Durchführung einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung (vgl. BayVGH, U.v. 10.6.2016 - 2 B 16.733 - juris Rn. 26).

Bei dem streitgegenständlichen Gebäude handelt es sich um ein Gebäude der Gebäudeklasse 5 gemäß Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BayBO, weil keine andere Gebäudeklasse einschlägig ist. Das Gebäude verfügt insbesondere über eine Höhe im Sinne des Art. 2 Abs. 3 Satz 2 BayBO von mehr als 13 m (13,50 m auf die Fußbodenunterkante des Dachgeschosses, wobei das Gebäude auch noch über eine Galerie verfügt).

Den somit erforderlichen Standsicherheitsnachweis, welcher durch einen Prüfsachverständigen bescheinigt sein muss, hat die Bauherrin/Eigentümerin nicht vorgelegt.

3.2.1.2 Gemäß Art. 62b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayBO muss bei Gebäuden der Gebäudeklasse 5 der Brandschutznachweis durch einen Prüfsachverständigen bescheinigt sein oder bauaufsichtlich geprüft werden.

Bei dem streitgegenständlichen Gebäude handelt es sich um ein Gebäude der Gebäudeklasse 5 (s.o.). Die Bauherrin/Eigentümerin hat ihr Wahlrecht (vgl. Weinmann in BeckOK BauordnungsR Bayern, 9. Edition, Stand: 30.11.2018, Art. 62b Rn. 18) in ihrem Bauantrag ausgeübt und angegeben, dass der Brandschutznachweis durch Prüfsachverständige bescheinigt wird - und damit nicht bauaufsichtlich geprüft wird.

Die in der Behördenakte vorhandenen Brandschutznachweise vom 20. Juli 2012 betreffen aber ausschließlich das Vordergebäude.

3.2.2 Die im streitgegenständlichen Anwesen stattfindende Nutzung steht auch im Widerspruch zu Art. 78 Abs. 2 Satz 1 BayBO.

Danach hat der Bauherr die beabsichtigte Aufnahme der Nutzung einer nicht verfahrensfreien baulichen Anlage mindestens zwei Wochen vorher der Bauaufsichtsbehörde anzuzeigen (Art. 78 Abs. 2 Satz 1 BayBO), was die Bauherrin/Eigentümerin bisher ebenfalls nicht getan hat.

3.2.2 In Folge der fehlenden Vorlage der Nachweise nach Art. 62a Abs. 2, Art. 62 b Abs. 2 BayBO steht die Nutzung auch in Widerspruch zu Art. 77 Abs. 2 Satz 1 BayBO bzw. Art. 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BayBO.

Auch diesbezügliche Verstöße können zur Nutzungsuntersagung führen und sind bußgeldbewehrt (Art. 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 BayBO, vgl. BayVGH, B.v. 30.6.2016 - 15 CS 15.1615 - juris Rn. 26 m.w.N.).

3.2.2.1 Gemäß Art. 77 Abs. 2 Satz 1 BayBO überwachen die Bauaufsichtsbehörde sowie nach Maßgabe der Rechtsverordnung gemäß Art. 80 Abs. 2 BayBO der Prüfingenieur, das Prüfamt oder der Prüfsachverständige die Bauausführung bei baulichen Anlagen nach Art. 62a Abs. 2 BayBO hinsichtlich des von ihr oder ihm geprüften oder bescheinigten Standsicherheitsnachweises. Nach § 13 Abs. 5 Satz 1 PrüfVBau überwachen die Prüfingenieure und Prüfsachverständige für Standsicherheit die ordnungsgemäße Bauausführung hinsichtlich der von ihnen geprüften oder bescheinigten Standsicherheitsnachweise. Hierzu haben die entsprechenden Stellen einzelfallbezogen auf Eingriffsbefugnisse zurückzugreifen (vgl. Grünewald in BeckOK BauordnungsR Bayern, 9. Edition, Stand: 30.11.2018, Art. 77 Rn. 46).

Die aufgrund der Einschlägigkeit von Art. 62a Abs. 2 Satz 1 BayBO erforderliche Überprüfung, vorliegend durch den Prüfsachverständigen, ist jedoch ohne eine (vorherige) Vorlage bzw. Prüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit des Standsicherheitsnachweises (§ 13 Abs. 4 Satz 1 PrüfVBau) nicht möglich.

3.2.2.2 Gemäß Art. 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BayBO ist mit der Anzeige nach Art. 78 Abs. 2 Satz 1 BayBO bei Bauvorhaben nach Art. 62b Abs. 2 Satz 1 BayBO eine Bescheinigung des Prüfsachverständigen über die ordnungsgemäße Bauausführung hinsichtlich des Brandschutzes (Art. 77 Abs. 2 Satz 1 BayBO), soweit kein Fall des Art. 62b Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BayBO vorliegt, vorzulegen.

Der Bauherrin/Eigentümerin hat auch diesen Nachweis, welcher infolge der gewählten Bescheinigung der Brandschutznachweises durch einen Prüfsachverständigen (Art. 62b Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BayBO) und des Vorliegens eines Vorhabens nach Art. 62b Abs. 2 Satz 1 BayBO erforderlich ist, nicht vorgelegt.

Damit widerspricht die tatsächliche Nutzungsaufnahme auch Art. 78 Abs. 2 Satz 3 BayBO.

3.3 Entgegen der Ansicht der Antragspartei sind die geforderten Nachweise auch nicht entbehrlich.

Zwar folgt aus dem Rechtsgedanken des Art. 57 Abs. 4 BayBO, der eine Nutzungsänderung der Verfahrensfreiheit unterstellt, wenn für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften in Betracht kommen, dass auch die Vorlage der Standsicherheitsnachweise nur dann in Frage kommt, wenn an die nutzungsgeänderte Anlage andere bautechnische Anforderungen zu stellen sind als zuvor (vgl. Schirvani, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand 120. EL Mai 2015, Art. 62 Rn. 28). Wenn die Vorgänge bei der Nutzungsänderung das statisch-konstruktive Gefüge der Anlage unberührt lassen, insbesondere, wenn die neue Nutzung zu geringeren Lasten als die ursprüngliche Nutzung führt, ist die Vorlage der bautechnischen Nachweise nicht erforderlich. Dies wird auch durch die Regelung des § 1 Abs. 5 BauVorlV bestätigt. Nach dieser Vorschrift soll die Bauaufsichtsbehörde auf die bautechnischen Nachweise einschließlich deren Prüfung und deren Bescheinigung durch Prüfsachverständigen verzichten, soweit diese zur Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens nicht erforderlich sind. Da die Vorschrift des § 1 Abs. 5 BauVorlV als eine „Soll-Vorschrift“ formuliert ist, stellt der Verzicht auf die Vorlage der bautechnischen Nachweise beim Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen den Regelfall dar. Der Antragsgegnerin bleibt es unbenommen, in besonderen, von dem Regelfall abweichenden Fällen, die Vorlage dieser Unterlagen ausnahmsweise dennoch zu verlangen.

Ein Fall, bei dem auf die Vorlage eines Standsicherheitsnachweises verzichtet werden soll, liegt insbesondere dann vor, wenn die durch die Nutzungsänderung entstandene Lastenverteilung gegenüber den ursprünglichen Lasten nicht nur unverändert geblieben ist, sondern sich sogar verringert. In einem solchen Fall verändern sich durch die Nutzungsänderung offensichtlich nicht die bautechnischen Anforderungen an die bauliche Anlage, sodass die Pflicht zur Vorlage der Standsicherheitsnachweise nicht gerechtfertigt erscheint.

Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben.

Auch wenn die streitgegenständlichen Räumlichkeiten zuvor als Lagerräume genutzt worden sind, ist nicht offensichtlich, dass sich die durch die neue Nutzung ausgelösten Lasten gegenüber den Lasten der ursprünglichen Nutzung verringert haben oder auch gleich geblieben sind. Gerade in Kanzleiräumen werden durch voll belegte Aktenschränke hohe Lasten verteilt. Die Annahme, dass sich die Lastenverteilung durch die Nutzungsänderung nicht nachteilig geändert hat, ist vorliegend Spekulation. Die erforderliche Eindeutigkeit hierfür ist nicht gegeben. Im Zweifelsfall muss es daher aus Sicherheitsgründen bei der Vorlage des erforderlichen Nachweises bleiben. Abgesehen davon änderte auch ein Nachweis einer gleichbleibenden bzw. sich verringernden Lastenverteilung nichts daran, dass der erforderliche Brandschutznachweis nicht erbracht worden ist. Die Behauptung der Antragspartei, sie habe Sanierungsmaßnahmen durchgeführt, um den Brandschutzanforderungen zu entsprechen, reicht hierfür nicht aus. Der Brandschutznachweis durch einen Prüfsachverständigen bzw. die Prüfung durch die Bauaufsichtsbehörde hat die Funktion der Sicherstellung, dass die erforderlichen Brandschutzanforderungen erfüllt sind. Die bloße Behauptung, es wären entsprechende Sanierungsmaßnahmen durchgeführt worden - noch dazu ohne entsprechenden Nachweis - kann keinen gleichwertigen Ersatz für die Prüfung durch entsprechende Fachleute darstellen.

4. Die Antragsgegnerin hat auch das ihr durch Art. 76 Satz 2 BayBO eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor, muss im Regelfall nicht näher begründet werden, weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (s.g. „intendiertes Ermessen“; vgl. BayVGH, B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 37 m.w.N.; Decker in: Simon/Busse, BayBO, 113. EL, Stand: 10/2018, Art. 76 Rn. 301 m.w.N.).

Zwar besteht im vorliegenden Fall die Besonderheit, dass die Nutzungsuntersagung gegenüber einem Adressaten ausgesprochen worden ist, der nicht die Verantwortung für das Fehlen der erforderlichen Nachweise trägt. Die Antragsgegnerin hat aber den vorliegenden Sonderfall angemessen berücksichtigt und ihre Ermessenserwägungen - die nicht zu beanstanden sind - hierauf abgestimmt. Ausführlich wurde ausgeführt, dass die zahllosen vergeblichen Versuche die erforderlichen Nachweise mittels Zwangsgeldandrohungen und Fälligkeitserklärungen zu erlangen, erfolglos geblieben sind; dazu kommt, dass der rechtswidrige Zustand durch die Verweigerung der Vorlage der Nachweise durch die Bauherrin/ Eigentümerin nicht erst seit der Baugenehmigung besteht, sondern dass dieser weit vorher einsetzte, da es sich bei der Baugenehmigung vom 21. Dezember 2011 um eine nachträgliche Legalisierung handelte. Nach 13 erfolglosen Zwangsgeldandrohungen und entsprechenden Fälligkeitserklärungen hinsichtlich der angedrohten Zwangsgelder ist nicht ersichtlich, wie die Antragsgegnerin den rechtswidrigen Zustand anders unterbinden könnte. Es ist ihr weder möglich noch zumutbar, selbst die erforderlichen Nachweise zu beschaffen, ganz abgesehen davon, dass - würde eine solche Möglichkeit bestehen - eine solche Ersatzbeschaffung durch die Antragsgegnerin - die zweifellos nicht zu ihrem Aufgabenbereich gehört - eine äußerst negative Bezugsfallwirkung hätte. Zwar stehen diesen öffentlichen Interessen durchaus gewichtige Interessen des Antragstellers, seine Kanzlei in den bisher genutzten Räumen weiterführen zu können, gegenüber; andererseits besteht - wie oben ausgeführt - kein milderes, aber gleich geeignetes Mittel zur Zweckerreichung - der Einhaltung von öffentlich-rechtlichen Nachweispflichten des Bauherren (vgl. nur Art. 50 Abs. 1 Satz 2 BayBO), vor allem zur Sicherstellung der Statik und des Brandschutzes, mithin der Prävention von Gefahren für Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Ein solches ist angesichts der erfolglosen - bezogen auf die einzelnen Verpflichtungen - mindestens 13-fachen Androhung von Zwangsgeldern und deren Verwirkung über einen Zeitraum von 5 Jahren nach Erteilung der Baugenehmigung nicht ersichtlich.

Weder die Beauflagung, noch die Bedingung der Baugenehmigung, noch der Versuch der zwangsweisen Durchsetzung jener Maßnahmen mittels der Verwaltungsvollstreckung haben zur Beachtung der öffentlich-rechtlichen Anforderungen durch die Bauherrin/Eigentümerin geführt.

Die Nutzungsuntersagung ist auch angemessen, auch wenn der Antragsteller nicht der Verantwortliche für die kumulativen Verstöße gegen die Nachweispflichten ist. Vor dem Hintergrund der bedrohten Schutzgüter sind diese kumulativen Verstöße - sowohl aus dem Bereich der Standsicherheit als auch dem des Brandschutzes und hierbei sowohl in Bezug auf die bautechnischen Nachweise als auch hinsichtlich der Überprüfung der Einhaltung jener Nachweise - so erheblich, dass bei einer Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen das gewichtige öffentliche Interesse am Schutz von Leib und Leben überwiegt.

So ist insbesondere ohne entsprechende bautechnische Nachweise nicht ausgeschlossen, dass jederzeit im Anwesen ein Brand entstehen kann bzw. dass im Falle eines Brandes bestehende Mängel im Brandschutz zu einer relevanten Gefahrerhöhung führen können, die sich auf der Grundlage einer an den Schutzgütern (Leben und Gesundheit) orientierten und damit die Erheblichkeitsschwelle niedrig anzusetzenden Risikobewertung als nicht mehr hinnehmbar darstellen (vgl. VG München, B.v. 26.1.2016 - M 8 S 15.5326 - juris Rn. 69). Die Nutzungsuntersagung steht daher auch im Hinblick darauf, dass der Adressat nicht der Verantwortliche der Versäumnisse ist, nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Zweck.

Abgesehen davon kann der Antragsteller für den ihm hieraus entstehenden Schaden, die Bauherrin/Eigentümerin des Anwesens privat-rechtlich in Anspruch nehmen.

4.1. Auch besteht grundsätzlich ein öffentliches Interesse daran, dass die Nutzungsuntersagung sofort und nicht erst nach rechtskräftigem Abschluss von Rechtsbehelfsverfahren vollziehbar ist. Liegen die Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO vor, ist in der Regel auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) gerechtfertigt. Das öffentliche Interesse, dass die Genehmigungspflicht beachtet wird, überwiegt im Allgemeinen das private Interesse, die rechtswidrige Nutzung vorläufig fortsetzen zu dürfen (vgl. BayVGH, B.v. 18.2.2003 - 1 CS 02.2750 - juris Rn. 16).

Auch die besonderen Umstände, die vorliegend gegeben sind, können nicht zur Folge haben, dass die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse den rechtswidrigen Zustand nicht noch weitere Jahre hinzunehmen und dem privaten Interesse vorliegend anders ausfallen muss.

5. Allerdings erscheint die eingeräumte Frist von 3 Monaten - auch angesichts der Vorgeschichte und einer zweifellos bestehenden Gefahrenlage - nicht angemessen.

Zwar verlangt die Antragsgegnerin von dem Antragsteller formal kein aktives Handeln, sondern nur ein Unterlassen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass dieses Unterlassen in einem erheblichen Maß in die Berufsausübung des Antragstellers eingreift und dieser die Möglichkeit haben muss, aufgrund der Nutzungsuntersagung seine Kanzleiräume zu verlegen und auch seine Mandanten rechtzeitig hiervon in Kenntnis zu setzen. Eine solche Verlegung mit allen Konsequenzen erscheint in einem Zeitraum von 3 Monaten nach Zustellung des Bescheides praktisch nicht durchführbar.

Die Antragspartei muss neue Räumlichkeiten suchen, einen Umzug organisieren und letztendlich auch die Mandantschaft noch zeitnah hiervon informieren.

Das Gericht ist der Auffassung, dass diese Maßnahmen mindestens einen Zeitraum von 6 Monaten beanspruchen.

Auch im Hinblick auf die Gefahrenlage erscheint es nicht angemessen, die berufliche Existenz der Antragspartei durch eine derart kurz bemessene Frist erheblich zu gefährden.

6. Aufgrund der deutlich zu kurz gesetzten Erfüllungsfrist überwiegt das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes, weshalb dem Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO stattzugeben war.

7. Soweit der Antragsteller beantragt hat, „die Ziffer 4 des Bescheides“ - Kostenrechnung auszusetzen, erübrigt sich eine ausdrückliche Entscheidung, da mit der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Nutzungsuntersagung auch keine Vollstreckbarkeit der Kosten gegeben ist, da diese der Hauptsache folgt. Soweit die Nutzungsuntersagung nicht vollstreckbar ist, ist es auch nicht die als Annex anzusehende Gebührenfestsetzung.

8. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 9.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 25. März 2019 - M 8 S 19.731 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 122


(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 26. Jan. 2016 - M 8 S 15.5326

bei uns veröffentlicht am 26.01.2016

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt. Gründe I. Nach Beschwerden anderer M

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2016 - 15 CS 16.300

bei uns veröffentlicht am 19.05.2016

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2017 - 15 CS 16.2253

bei uns veröffentlicht am 27.02.2017

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt. Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2016 - 15 CS 15.1615

bei uns veröffentlicht am 30.06.2016

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 Euro festgesetzt. Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. März 2015 - 10 CS 14.2244

bei uns veröffentlicht am 05.03.2015

Tenor I. Vom Verfahren 10 C 14.2245 wird das Verfahren abgetrennt, soweit es die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren (M 12 K 14.3772) betrifft, und unter dem Aktenzeich

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I. Vom Verfahren 10 C 14.2245 wird das Verfahren abgetrennt, soweit es die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren (M 12 K 14.3772) betrifft, und unter dem Aktenzeichen 10 C 15.524 fortgeführt.

II. Die Verfahren 10 CS 14.2244 und 10 C 14.2245 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

III. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

IV. Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren.

V. Unter Abänderung der Nr. III des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. September 2014 wird der Streitwert für das Verfahren M 12 S 14.3778 und das Beschwerdeverfahren 10 CS 14.2244 auf jeweils 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller verfolgt mit seinen Beschwerden seine in erster Instanz erfolglosen Anträge auf Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin sowie auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das diesen Bescheid betreffende Eil- und Klageverfahren weiter. Der Bescheid untersagt dem Antragsteller die Ausreise für ein Jahr und verpflichtet ihn für die Dauer des Ausreiseverbots, der Ausländerbehörde alle in seinem Besitz befindlichen Pässe und Passersatzdokumente sowie seinen elektronischen Aufenthaltstitel zu überlassen und sich dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden.

Der am … 1991 im Bundesgebiet geborene Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Er erhielt am 23. Juni 1997 eine befristete Aufenthaltserlaubnis und am 30. Juni 2008 eine Niederlassungserlaubnis.

Am 22. Oktober 2013 flog der Antragsteller mit einem Freund nach Adana in der Türkei. Auf Veranlassung seines Vaters, der befürchtete, sein Sohn könne sich nach Syrien begeben, um dort am Jihad teilzunehmen, wurde er bei der Ankunft am Flughafen in Adana festgenommen. In Begleitung seiner Schwester und seines Schwagers kehrte er am 25. Oktober 2013 in die Bundesrepublik zurück. Bei der Einreise wurden eine gefütterte Flecktarnweste und Bargeld in Höhe von 1.600,- Euro sichergestellt. Bei seiner polizeilichen Vernehmung am selben Tag gab der Antragsteller an, er und sein Freund seien auf dem Weg nach Syrien gewesen. Grund dafür seien Youtube-Videos gewesen, die das Leid der Frauen und Kinder dort gezeigt hätten. Das Geld für den Flug hätten sie von einem Bekannten erhalten, der ihr Emir sei und seinem Freund außerdem 4.000,- Euro ausgehändigt habe, von denen er und sein Freund jeweils 2.000,- Euro an sich genommen hätten. 400,- Euro davon habe er für den Rückflug nach Deutschland verwendet. In Adana hätten sie vom Flughafen abgeholt werden sollen. Die 4.000,- Euro hätten sie zu den Mujahedin nach Syrien bringen und sich ihnen anschließen wollen. Um welche Gruppierung es sich dabei hätte handeln sollen, sei nicht besprochen worden. Eine Rückkehr nach Deutschland sei nicht geplant gewesen.

Mit Bescheid vom 24. Juli 2014 untersagte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland für die Dauer von zwölf Monaten ab Zustellung des Bescheids (Nr. 1 des Bescheids) und verpflichtete ihn, alle in seinem Besitz befindlichen Pässe und Passersatzdokumente (einschließlich der ihm während der Dauer der Ausreiseuntersagung ausgehändigten) sowie seinen elektronischen Aufenthaltstitel unverzüglich, jedoch spätestens am Tag nach der Zustellung des Bescheids an die Ausländerbehörde auszuhändigen und dieser für die Dauer der Ausreiseuntersagung vorübergehend zu überlassen (Nr. 2 des Bescheids), unverzüglich einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweisersatzes zu stellen (Nr. 3 des Bescheids) und sich ab dem auf die Zustellung des Bescheids folgenden Tag dreimal wöchentlich jeweils am Montag, Mittwoch und Freitag zwischen 8.00 Uhr und 21.00 Uhr bei der zuständigen Polizeiinspektion unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers zu melden (Nr. 4 des Bescheids). Die sofortige Vollziehung von Nr. 2 und 4 des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 7 des Bescheids).

Gegen den am 26. Juli 2014 zugestellten Bescheid vom 24. Juli 2014 erhob der Antragsteller am 26. August 2014 Klage. Gleichzeitig beantragte er sinngemäß, die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf Nr. 1 des Bescheids anzuordnen und hinsichtlich Nr. 2 und 4 des Bescheids wiederherzustellen. Schließlich beantragte er, ihm für die erste Instanz Prozesskostenhilfe zu bewilligen und seinen Rechtsanwalt beizuordnen.

Mit Beschluss vom 12. September 2014 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sowie den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren und das Hauptsacheverfahren ab.

Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Der Bescheid vom 24. Juli 2014 sei voraussichtlich formell und materiell rechtmäßig. Von einer Anhörung des Antragstellers vor Erlass des Bescheids habe nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG abgesehen werden können. Rechtsgrundlage für die Ausreiseuntersagung sei § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG. Die Ausreise des Antragstellers aus der Bundesrepublik zur Teilnahme am bewaffneten Jihad sei vor dem Hintergrund einer auf Grund der engen Bindungen an Deutschland wahrscheinlichen Rückkehr eine Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Gerade Personen, die in Syrien ein terroristisches Ausbildungslager absolviert oder aktiv an Kampfhandlungen teilgenommen hätten, stellten nach einer Wiedereinreise ein besonderes Sicherheitsrisiko dar. Aktivitäten kampferprobter Rückkehrer seien geeignet, die Sicherheit von Einrichtungen des Bundes und der Länder oder von lebenswichtigen Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen in einem über eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit hinausgehenden Maß zu gefährden. Darüber hinaus liege auch eine Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik vor. Die Teilnahme eines im Bundesgebiet wohnhaften Ausländers am bewaffneten Jihad sei geeignet, in erheblichem Maße die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik zu beeinträchtigen. Durch eine vom Bundesgebiet als Vorbereitungs- und Rückzugsort ausgehende Beteiligung an terroristischen Handlungen würden zentrale staatenübergreifende Sicherheitsinteressen berührt, zu deren Wahrung die Bundesrepublik völkervertragsrechtlich, gemeinschaftsrechtlich und grundgesetzlich verpflichtet sei. Die Annahme einer solchen Gefährdungslage gründe sich auch auf bestimmte Tatsachen. Der Antragsteller sei der salafistischen Szene zuzurechnen und habe bereits einen vergeblichen Versuch unternommen, nach Syrien auszureisen. Dass er seine jihadistisch-salafistische Grundhaltung weiter verinnerlicht habe, belegten die von ihm ins Internet gestellten und kommentierten Videos, die durch die Unterstützung des Kampfes gegen die Ungläubigen und die Sehnsucht nach dem Märtyrertod gekennzeichnet seien. Die Ausreiseuntersagung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Es sei insbesondere nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin angesichts der Gefährdung der inneren Sicherheit das öffentliche Interesse an der Ausreiseuntersagung über das Interesse des Antragstellers an einer ungehinderten Ausreise gestellt habe.

Die Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung der im Besitz des Antragstellers befindlichen Pässe und Passersatzdokumente sowie des elektronischen Aufenthaltstitels beruhe auf § 48 Abs. 1 AufenthG und sei zur Sicherung des rechtmäßigen Ausreiseverbots erforderlich und damit bei summarischer Prüfung rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Meldepflicht sei Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG. Die Anwendung dieser Regelung sei nicht durch die Regelungen des Passgesetzes ausgeschlossen. Ziel der Meldeauflage sei es zu verhindern, dass der Antragsteller an gewalttätigen Auseinandersetzungen in Syrien teilnehme, dabei schwerwiegende Gewaltdelikte und sonstige Straftaten begehe und nach seiner Rückkehr das friedliche Zusammenleben gefährde. Außerdem ermögliche sie die Kontrolle des Ausreiseverbots und diene der Abwehr einer Gefahr, die nicht von der Regelung des Passgesetzes erfasst werde. Es sei zu befürchten, dass der Antragsteller ohne die Meldeauflage an gewalttätigen Auseinandersetzungen in Syrien teilnehme. Die Meldeverpflichtung sei schließlich erforderlich. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe habe sowohl für das Eilverfahren als auch für das Hauptsacheverfahren keinen Erfolg.

Seine gegen den Beschluss vom 12. September 2014 erhobene Beschwerde begründet der Antragsteller im Wesentlichen damit, dass die tatsächlichen Verhältnisse nicht richtig erfasst worden seien. Das Strafverfahren wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a StGB sei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Auch sei der Antragsteller bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Die Annahme, er wolle sich dem bewaffneten Jihad anschließen, sei nicht durch hinreichende Tatsachen belegt. Der Antragsteller sei im Oktober 2013 nicht auf Grund einer Zwangslage, sondern aus freien Stücken nach Deutschland zurückgekehrt, ohne in Syrien gewesen zu sein. Es gehe um die typische Verfehlung eines Heranwachsenden. Die Aussage, er habe sich den Mujahedin anschließen wollen, habe der Antragsteller aus Trotz und Verwirrung gemacht. Sein Motiv für die Ausreise sei tatsächlich das Leid der Frauen in Syrien gewesen. Er habe insoweit schlicht mit Geld helfen wollen. Hingegen habe zu keinem Zeitpunkt festgestanden, dass er sich in Syrien den Jihadisten habe anschließen wollen. Auch sei nicht klar gewesen, wie er und sein Freund über die Grenze nach Syrien hätten gelangen sollen. Auch habe der Antragsteller von November 2013 bis Juli 2014 keinen Ausreiseversuch unternommen, obwohl er, hätte er dies gewollt, längst hätte ausreisen können. Die Flecktarnweste, die der Antragsteller bei seiner Ausreise im Oktober 2013 dabei gehabt habe, könne auch als reiner Modegegenstand angesehen werden. Nehme man den Antragsteller persönlich wahr, handele es sich um einen zurückhaltenden jungen Mann, der sich offenbar selbst finden müsse. Eine Gewaltbereitschaft sei nicht erkennbar. Gegenwärtig suche der Antragsteller auch weder die Moschee auf noch beteilige er sich an Aktionen der Gruppe, die er dort kennengelernt habe, oder veröffentliche bei Facebook missverständliche Nachrichten. Es sei unzutreffend, dass er seine salafistisch-jihadistische Grundhaltung weiter verinnerlicht habe. Insbesondere sei der Märtyrertod nicht mit Jihad im Sinne einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Ungläubigen gleichzusetzen.

Da die Voraussetzungen der Ausreiseuntersagung nicht vorlägen, sei auch die Anordnung, sämtliche Ausweisdokumente einschließlich des elektronischen Aufenthaltstitels auszuhändigen, rechtswidrig. Sie sei außerdem unverhältnismäßig, weil nicht ersichtlich sei, wie der Antragsteller mit Hilfe seines elektronischen Aufenthaltstitels ausreisen solle. Es stelle zudem eine Diskriminierung dar, dass der Antragsteller einem neuen Arbeitgeber nur seinen Ausweisersatz vorlegen könne, dadurch in Erklärungsnot gerate und wegen des Anscheins, dass etwas nicht in Ordnung sei, möglicherweise eine Stelle nicht erhalte. Auch die Meldepflicht sei unverhältnismäßig. Eine wöchentliche Meldeverpflichtung sei ausreichend. Der Antragsteller sei an einen bestimmten Meldeort gebunden, so dass es ihm unmöglich sei, eine Arbeitsstelle außerhalb seines Wohnorts anzunehmen und sich frei im Bundesgebiet zu bewegen. Es sei nicht ersichtlich, warum über die Einziehung der Ausweispapiere hinaus eine Meldeverpflichtung erforderlich sein solle.

Einen ausdrücklichen Antrag hat der Antragsteller nicht gestellt. Sinngemäß beantragt er aber,

unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. September 2014 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. Juli 2014 hinsichtlich Nr. 1 dieses Bescheids anzuordnen und bezüglich Nr. 2 und 4 des Bescheids wiederherzustellen sowie dem Antragsteller für das Eil- und das Klageverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm den von ihm benannten Rechtsanwalt beizuordnen.

Die Antragsgegnerin hat sich im Verfahren 10 C 14.2245 nicht geäußert. Im Verfahren 10 CS 14.2244 beantragt sie,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie macht im Wesentlichen geltend, dass das Strafverfahren wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei, ändere nichts daran, dass der Antragsteller sich intensiv mit dem Thema Jihad auseinandergesetzt habe, dass er bereits einen Ausreiseversuch unternommen habe und dass er nach einer tatsächlichen Teilnahme am Jihad bei einer Rückkehr nach Deutschland eine konkrete Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik darstelle. Die Rückkehr des Antragstellers sei nicht freiwillig erfolgt, sondern aufgrund des schnellen Eingreifens der Familie und der Ingewahrsamnahme durch die türkischen Behörden. Aufgrund der Gesamtumstände dränge es sich insbesondere im Hinblick auf gelöschte Dokumente auf dem vom Antragsteller verwendeten Laptop, die sich mit der Teilnahme am Jihad ohne Zustimmung der Eltern, einer kommenden Armee des Kalifats und der Bildung einer Islamischen Armee in Syrien befasst hätten, geradezu auf, dass der Antragsteller sich am Jihad habe beteiligen wollen. Auch nach seiner Rückkehr aus der Türkei habe sich der Antragsteller weiter mit dem Thema Jihad beschäftigt.

Die Einbeziehung des elektronischen Aufenthaltstitels in die Verpflichtung zur Überlassung von Pässen und Passersatzdokumenten sei verhältnismäßig. Sie solle einem Missbrauch des Aufenthaltstitels als faktisches Legitimationsdokument entgegenwirken. Aufenthaltsrechtlich könne der Antragsteller sich mittels des auf dem Ausweisersatz befindlichen Etiketts legitimieren. Schließlich sei auch die Meldeverpflichtung, die neben der Ausreiseuntersagung möglich sei, verhältnismäßig. Eine Abänderung des Meldeortes sei nach Absprache mit den Behörden denkbar. Erforderlich sei die Meldeverpflichtung deshalb, weil dem Antragsteller die Ausreise zumindest bis zur Grenze der Türkei auf dem Landweg ohne Ausweisdokumente gelingen könne. Bei entsprechender Motivation scheine ein Übertritt über die grüne Grenze in die Türkei und nach Syrien ebenfalls möglich. Die Meldeauflage diene auch der faktischen Überwachung der Ausreiseuntersagung. Einem Versuch des illegalen Grenzübertritts oder des Untertauchens könne durch möglichst rasch eingeleitete Fahndungsmaßnahmen begegnet werden.

Die Landesanwaltschaft beteiligt sich als Vertreter des öffentlichen Interesses an den Verfahren. Sie hat sich im Übrigen aber weder zu den Beschwerden geäußert noch einen Antrag gestellt.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

1. Die Abtrennung des Verfahrens, soweit es die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren (M 12 K 14.3772) betrifft, von dem Verfahren 10 C 14.2245 beruht auf § 93 Satz 2 VwGO.

2. Die Verbindung des nach der Abtrennung verbleibenden, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO betreffenden Verfahrens 10 C 14.2245 mit dem Verfahren 10 CS 14.2244 hat ihre Grundlage in § 93 Satz 1 VwGO.

3. Die zulässigen Beschwerden des Antragstellers gegen die Ablehnung seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Rechtsanwalts für seinen auf die Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 24. Juli 2014 gerichteten Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (10 C 14.2245; a) und gegen die Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (10 CS 14.2244; b) sind unbegründet.

a) Dem Antragsteller kann weder nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO Prozesskostenhilfe bewilligt (aa) noch nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet werden (bb).

aa) Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen nicht vor. Nach dieser Regelung erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Danach kann dem Antragsteller Prozesskostenhilfe jedoch nicht gewährt werden. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet zum für die Beurteilung der Erfolgsaussichten maßgeblichen Zeitpunkt (aaa) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die zulässigen Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Ausreiseuntersagung in Nr. 1 des Bescheids vom 24. Juli 2015 (bbb) und auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung von Pass, Passersatzdokumenten und elektronischem Aufenthaltstitel in Nr. 2 des Bescheids (ccc) und der Meldeverpflichtung in Nr. 4 des Bescheids (ddd) unbegründet sind.

aaa) Maßgeblich für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten ist dabei hier die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs. Dies folgt daraus, dass der Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, der regelmäßig für die Beurteilung der Frage maßgeblich ist, ob die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2013 – 10 C 12.1757 – juris Rn. 25; B.v. 19.3.2013 – 10 C 13.334, 10 C 1310 C 13.371 – juris Rn. 26 m.w.N.), noch nicht eingetreten ist (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2013 – 10 C 13.1235 – juris Rn. 3). Denn die vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse lässt ohne weitere Erhebungen des Verwaltungsgerichtshofs (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 118 Abs. 2 Satz 2 und 4 ZPO), wie sie nunmehr im nach § 93 Satz 2 VwGO abgetrennten Verfahren 10 C 15.524 zu erfolgen haben, keine Beurteilung der Frage zu, ob der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann.

bbb) Die Voraussetzungen von § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die auf § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG gestützte Ausreiseuntersagung, die nach § 84 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG keine aufschiebende Wirkung hat, sind nicht erfüllt. Die Ausreiseuntersagung erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischer Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig noch als offensichtlich rechtmäßig. Die in solchen Fällen offener Erfolgsaussichten erforderliche Interessenabwägung führt aber zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet werden kann, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Ausreiseverbots das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung überwiegt.

(1) Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG kann einem Ausländer die Ausreise untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG vorliegen, also bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass er die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Ob diese Voraussetzungen im Falle des Antragstellers vorliegen, ist allerdings offen.

(a) Obergerichtlich nicht geklärt und damit offen ist, soweit ersichtlich, zunächst, ob maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts ist (vgl. in diesem Sinne auch VG Aachen, B.v. 26.8.2009 – 8 K 637.09 – juris Rn. 31), wie das Verwaltungsgericht im Hinblick darauf annimmt, dass es sich bei der Ausreiseuntersagung um einen Dauerverwaltungsakt handelt. Denn nicht bei allen Dauerverwaltungsakten ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ohne weiteres der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts (vgl. etwa für die Gewerbeuntersagung BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 146.80 – juris Rn. 14; U.v. 14.7.2003 – 6 C 10.03 – juris Rn. 17: Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung). Vielmehr ergibt sich letztlich aus dem materiellen Recht, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, weil dem materiellen Recht nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts zu entnehmen sind, sondern sich aus ihm auch die Antwort auf die Frage ergibt, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (vgl. BVerwG, U.v.15.11.2007 – 1 C 45.06 – juris Rn. 13 m.w.N.). Da bisher, soweit ersichtlich, nicht obergerichtlich entschieden ist, ob nach dem einschlägigen materiellen Recht einschließlich der gegebenenfalls einschlägigen Grund- und Menschenrechte (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 15 ff.) hier der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung oder der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts maßgeblich ist, bedarf es aber der weiteren Klärung dieser Frage im Hauptsacheverfahren.

(b) Offen ist auch, ob der Antragsteller, wie die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht annehmen, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt gefährdet.

(aa) Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland im Sinne von § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG ist enger zu verstehen als die öffentliche Sicherheit nach allgemeinem Polizeirecht (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1980 – 1 C 23.75 – juris Rn. 24; U.v. 31.5.1994 – 1 C 5.93 – juris Rn. 22; U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 17). Mit der inneren Sicherheit, auf deren Gefährdung die Antragsgegnerin die Ausreiseuntersagung allein gestützt hat, werden Bestand und Funktionstüchtigkeit des Staates geschützt. Das schließt den Schutz vor Einwirkungen durch Gewalt oder Drohungen mit Gewalt auf die Wahrnehmung staatlicher Funktionen ein (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 17). Die innere Sicherheit wird dabei durch die Fähigkeit des Staates bestimmt, sich nach innen gegen Angriffe und Störungen zur Wehr zu setzen (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1980 – 1 C 23.75 – juris Rn. 24). Bereits die Anwesenheit möglicher ausländischer Helfer terroristischer Gewalttäter beeinträchtigt aber die Fähigkeit des Staates, sich gegen solche Angriffe zur Wehr zu setzen (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1980 – 1 C 23.75 – juris Rn. 24; U.v. 31.5.1994 – 1 C 5.93 – juris Rn. 22; U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 17).

Legt man dies zugrunde, so erscheint es vorbehaltlich einer genaueren Prüfung im Hauptsacheverfahren nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller, wie die Antragsgegnerin annimmt, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wenn er nach einer Ausreise nach Syrien und einer Teilnahme am bewaffneten Jihad, insbesondere wenn sie auf Seiten einer Terrororganisation wie dem Islamischen Staat (IS) erfolgt, in die Bundesrepublik zurückkehrt, obwohl die Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik in solchen Fällen unmittelbar nicht bereits durch die Ausreise, sondern erst durch die Wiedereinreise des Ausländers und seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet verursacht wird.

(bb) Geht man danach bei einer derartigen Konstellation von der Möglichkeit einer Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland aus, so ist allerdings offen, ob im hier vorliegenden Einzelfall hinreichend bestimmte Tatsachen im Sinne von § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller erneut nach Syrien reisen, dort am Jihad teilnehmen, nach Deutschland zurückkehren und hier durch seine Anwesenheit die innere Sicherheit der Bundesrepublik gefährden wird. Die Tatsachen, die eine solche Annahme rechtfertigen sollen, müssen nach Zeit, Ort und Inhalt so konkret gefasst sein, dass sie einer Überprüfung im gerichtlichen Verfahren zugänglich sind. Eine bloße Möglichkeit, eine reine Vermutung oder ein durch konkrete Tatsachen nicht belegbarer Verdacht genügen hingegen nicht (vgl. OVG NW, B.v. 16.4.2014 – 19 B 59.14 – juris Rn. 5; VG Aachen, B.v. 14.4.2009 – 8 L 164/09 – juris Rn. 20; U.v. 26.8.2009 – 8 K 637/09 – juris Rn. 46 f.; VG Braunschweig, B.v. 27.10.2011 – 5 B 164/11 - juris Rn. 22).

(aaa) Bestimmte Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass der Antragsteller sich nach Syrien begeben und am Jihad teilnehmen könnte, ergeben sich zunächst daraus, dass der Antragsteller gemeinsam mit einem Freund am 22. Oktober 2013 nach Adana geflogen ist, sich in seinem Gepäck eine Flecktarnweste und 1.600,- Euro befunden haben und er nach seiner durch seine Familie veranlassten Rückkehr nach Deutschland gegenüber der Polizei am 25. Oktober 2013 angegeben hat, dass er und sein Begleiter nach Syrien hätten reisen wollen, dass sie in Adana am Flughafen hätten abgeholt werden sollen, dass sie das mitgeführte Geld zu den Mujahedin nach Syrien hätten bringen wollen, dass sie sich diesen hätten anschließen wollen und dass eine Rückkehr nach Deutschland nicht geplant gewesen sei. Außerdem sprechen für die Absicht, am Jihad teilzunehmen, die Videos, die der Antragsteller über Facebook ins Internet gestellt oder kommentiert hat und die sich mit dem Jihad und entgegen den Ausführungen des Antragstellers in der Beschwerdebegründung nicht mit dem Märtyrertod im Allgemeinen, sondern dem Märtyrertod im Jihad befassen, sowie zwei auf dem Laptop des Antragstellers gelöschte Dokumente, von denen das eine den Titel „Fatwa zu der Frage, ob Muslime ohne Zustimmung ihrer Eltern am Kampf gegen die syrische Regierung teilnehmen dürfen“ trägt und das andere 43 Brigaden und Bataillone der kommenden Armee des Kalifats und der Islamischen Armee in Syrien aufzählt. Jedoch ist vor einer weiteren Klärung im Hauptsacheverfahren offen, ob diese Tatsachen nach wie vor die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller beabsichtigt, in Syrien am Jihad teilzunehmen, wie es erforderlich wäre, wenn man den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts als für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ansieht.

Der Antragsteller stellt seine Absicht, in Syrien am Jihad teilzunehmen, in der Beschwerdebegründung in Abrede und behauptet, dass er die Aussage, er habe sich den Mujahedin anschließen wollen, lediglich aus Trotz und Verwirrung gemacht habe und dass tatsächliches Motiv für seine Reise vielmehr gewesen sei, dass ihn das Leid der Frauen und Kinder in Syrien sehr traurig gemacht habe und er schlichtweg mit Geld habe helfen wollen. Hat der Antragsteller damit aber seine Aussage, er habe sich den Mujahedin anschließen wollen, die für die Prognose der Gefahr einer Teilnahme des Antragstellers am bewaffneten Jihad in Syrien von erheblicher Bedeutung ist, relativiert, so bedarf es im Hauptsacheverfahren der weiteren Klärung, welchem Zweck die Reise des Antragstellers im Oktober 2013 tatsächlich dienen sollte.

Soweit man wie das Verwaltungsgericht davon ausgeht, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausreiseuntersagung der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts ist, stellt sich außerdem die nur im Hauptsacheverfahren zu klärende Frage, ob sich der Antragsteller womöglich inzwischen so weit von seiner bisherigen jihadistisch-salafistischen Haltung distanziert hat, dass eine Teilnahme am bewaffneten Jihad nicht mehr zu erwarten ist. Denn der Antragsteller führt insoweit in seiner Beschwerdebegründung ins Feld, dass er weder in der Zeit bis zum Erlass des Bescheids vom 24. Juli 2014 einen weiteren Ausreiseversuch unternommen habe noch gegenwärtig die im Bescheid genannte Moschee aufsuche, an Aktionen salafistischer Gruppierungen teilnehme oder missverständliche Nachrichten in Facebook veröffentliche. Darüber hinaus hat der Vater des Antragstellers im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung am 25. Juli 2014 angegeben, der Antragsteller stehe weniger stark mit der salafistischen Gruppe in Kontakt, weil deren Mitglieder ihm wegen durch die Familie geschickt gestreuter Gerüchte nicht mehr vertrauten. Der Antragsteller wisse gegenwärtig nicht, was er wolle. Die Situation in Syrien, wo sich Jabat und ISIS bekämpften, verwirre ihn. Der Vater habe seinem Sohn im Koran gezeigt, dass es sich dabei nicht um einen Jihad, sondern um einen Bruderkrieg handele, der vom Koran abgelehnt werde.

(bbb) Offen ist schließlich, ob darüber hinaus hinreichend bestimmte Tatsachen für die Annahme vorliegen, dass der Antragsteller im Falle einer Teilnahme am bewaffneten Jihad in Syrien nach seiner Rückkehr nach Deutschland eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik darstellen würde.

Die Antragsgegnerin geht ebenso wie das Verwaltungsgericht insoweit maßgeblich davon aus, dass nach dem Verfassungsschutzbericht 2013 des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz Personen, die ein terroristisches Ausbildungslager absolviert oder aktiv an paramilitärischen Kampfhandlungen teilgenommen haben, nach ihrer Wiedereinreise nach Deutschland ein besonderes Sicherheitsrisiko darstellen. Zwar sprechen angesichts der Verwurzelung des Antragstellers, der in Deutschland geboren wurde, hier aufgewachsen ist und die Schule besucht hat und dessen Eltern und Geschwister weiterhin in der Bundesrepublik leben, bestimmte Tatsachen dafür, dass der Antragsteller nach einer Teilnahme am Jihad ins Bundesgebiet zurückkehren wird.

Es stellt sich aber die Frage, ob das nach dem von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Verfassungsschutzbericht bestehende besondere Sicherheitsrisiko, das Personen, die im Ausland eine terroristische Ausbildung erhalten oder an Kampfhandlungen teilgenommen haben, allgemein nach ihrer Rückkehr darstellen, für die weitere Annahme ausreicht, der Antragsteller werde nach seiner Rückkehr die innere Sicherheit der Bundesrepublik gefährden, oder ob es neben der etwaigen späteren Zugehörigkeit des Antragstellers zur Gruppe der Rückkehrer für diese Annahme weiterer konkreter Tatsachen bedarf, die den Schluss rechtfertigen, dass auch der abgesehen von dem nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellten Ermittlungsverfahren wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat bisher offenbar nicht strafrechtlich in Erscheinung getretene Antragsteller persönlich nach seiner Rückkehr eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen wird (vgl. für eine Ausweisung wegen Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nach § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG und § 54 Nr. 5a AufenthG BVerwG, U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 17; BayVGH, U.v. 25.3.2010 – 10 BV 09.1784 – juris Rn. 38). Die Klärung dieser Frage ist aber weder im Prozesskostenhilfeverfahren noch im Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO möglich und muss deshalb dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

(c) Offen ist schließlich, ob das Ausreiseverbot deshalb seine Rechtsgrundlage in § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG findet, weil der Antragsteller sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat. Abgesehen davon, dass die Antragsgegnerin das Ausreiseverbot nicht auf die Gefährdung sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG gestützt hat, bedürfte es insoweit weiterer Klärung im Hauptsacheverfahren.

(aa) Sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland sind solche Belange der Bundesrepublik Deutschland oder eines deutschen Landes, die in ihrer Erheblichkeit der inneren und äußeren Sicherheit wenn nicht gleichstehen, so doch nahekommen. Es muss sich um Belange handeln, die so erheblich sind, dass sie der freiheitlichen Entwicklung in der Bundesrepublik aus zwingenden staatspolitischen Gründen vorangestellt werden müssen (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.1956 – I C 41.55 – juris Rn. 17; BVerfG, U.v. 16.1.1957 – 1 BvR 253/56 – juris Rn. 38). Danach werden sonstige erhebliche Belange etwa dann als gefährdet angesehen, wenn ein Deutscher oder, was im Hauptsacheverfahren noch zu klären wäre, ein in Deutschland lebender Ausländer sich im Ausland an Gewalttätigkeiten beteiligt, die geeignet sind, die auswärtigen Beziehungen und unter besonderen Umständen auch das internationale Ansehen der Bundesrepublik Deutschland zu schädigen (vgl. für Deutsche, die im Ausland Gewalttätigkeiten begehen OVG NW, B.v. 16.4.2014 – 19 B 49/14 – juris Rn. 3). Dementsprechend wird die Teilnahme eines im Bundesgebiet wohnhaften Ausländers am bewaffneten Jihad im Ausland für geeignet gehalten, die auswärtigen Beziehungen und damit erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, weil durch eine vom Bundesgebiet als Vorbereitungs- und Rückzugsgebiet ausgehende Beteiligung an terroristischen Handlungen, durch die allgemein anerkannte Schutzgüter wie Leib und Leben sowie die öffentliche Sicherheit bedroht sind, zentrale staatenübergreifende Sicherheitsinteressen berührt werden, zu deren Wahrung die Bundesrepublik verpflichtet ist (vgl. VG Aachen, B.v. 14.4.2009 – 8 L 164/09 – juris Rn. 19; U.v. 26.8.2009 – 8 K 637/09 – juris Rn. 45, vgl. für Deutsche, die im Ausland am Jihad teilnehmen OVG NW, B.v. 16.4.2014 – 19 B 59/14 – juris Rn. 12; VG Braunschweig, B.v. 27.10.2011 – 5 B 164/11 – juris Rn. 21; VG Hamburg, B.v. 23.11.2012 – 2 E 2951/12 – juris Rn. 14).

Auch wenn man dem folgt, ist aber ohne weitere Klärung im Hauptsacheverfahren offen, ob von einer Ausreise des Antragstellers eine Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland ausgeht. Denn es bedarf, wie dargelegt, weiterer Prüfung im Hauptsacheverfahren, ob nach wie vor bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass sich der Antragsteller nach Syrien begeben und dort am bewaffneten Jihad teilnehmen will.

(bb) Außerdem wäre gegebenenfalls zu klären, ob der Antragsteller, der türkischer Staatsangehöriger ist und in Deutschland bei seinen türkischen Eltern aufgewachsen ist, ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 ARB 1/80 besitzt und deshalb, wie in der Literatur vertreten wird (vgl. Möller in Hofmann/Hof-mann, HK-AuslR, 1. Aufl. 2008, § 46 Rn. 2), im Hinblick auf die Stillhalteklausel in Art. 13 ARB 1/80 auf ihn § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG nicht anwendbar ist, soweit danach die Ausreise wegen einer Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland untersagt werden kann. Denn nach dieser Ansicht kommt insoweit nur eine Anwendung von § 19 AuslG 1965 in Betracht, der eine Ausreiseuntersagung wegen einer Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland nicht vorsah (vgl. Möller a.a.O.).

(d) Offensichtlich rechtswidrig mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung anzuordnen wäre, ist die Ausreiseuntersagung bei summarischer Prüfung auch nicht bereits deshalb, weil sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde.

(aa) Geht man davon aus, dass der Antragsteller die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet und deshalb die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ausreiseuntersagung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 PassG und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG erfüllt sind, so wäre das Ausreiseverbot in Nr. 1 des Bescheids vielmehr ohne weiteres geeignet und erforderlich. Denn zum einen fördert es das Ziel, die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten. Zum anderen ist ein gleichermaßen geeignetes Mittel, das den Antragsteller weniger stark belasten würde, nicht ersichtlich.

(bb) Schließlich wäre die Ausreiseuntersagung auch selbst dann verhältnismäßig, wenn man sie nicht lediglich als Beeinträchtigung der von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Freiheit, die Bundesrepublik zu verlassen, sondern auch als Beschränkung der Glaubens- und Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ansähe (vgl. zum Schutzbereich dieses als umfassend zu verstehenden einheitlichen Grundrechts BVerfG, U.v. 24.3.2003 – 2 BvR 1436/02 – juris Rn. 37; B.v. 27.1.2015 – 1 BvR 471/10, 1 BvR 11 BvR 1181/10 – juris Rn. 85 f.). Denn der mit dem zeitlich begrenzten Ausreiseverbot möglicherweise verbundenen Beeinträchtigung nicht nur der allgemeinen Handlungs-, sondern auch der Glaubens- und Religionsfreiheit, die als vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht, das nur Einschränkungen unterliegt, die auf einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage beruhen und sich aus der Verfassung selbst, insbesondere den Grundrechten Dritter oder Gemeinschaftswerten von Verfassungsrang ergeben (vgl. BVerfG, U.v. 24.3.2003 – 2 BvR 1436/02 – juris Rn. 38; B.v. 27.1.2015 – 1 BvR 471/10, 1 BvR 11 BvR 1181/10 – juris Rn. 98), käme deutlich weniger Gewicht zu als dem Ziel, eine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik durch Terroranschläge zu verhindern, die Leben und Gesundheit und damit hochrangige, durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Rechtsgüter einer Vielzahl von Menschen schädigen können.

(2) Ist die Ausreiseuntersagung in Nr. 1 des Bescheids vom 24. Juli 2014 danach weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig, so führt die aus diesem Grund erforderliche Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Ausreiseverbots das private Interesses des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der dagegen gerichteten Klage überwiegt und deshalb die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung unterbleiben muss.

Erwiese sich die Ausreiseuntersagung nach Anordnung der aufschiebenden Wirkung als rechtmäßig und nähme der Antragsteller auf Grund der fehlenden Vollziehbarkeit des Ausreiseverbots in Syrien am bewaffneten Jihad teil, so könnte dies bei seiner Rückkehr die von der Antragsgegnerin befürchteten Gefahren für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere in Form von terroristischen Anschlägen zur Folge haben und wäre daher mit deutlich gravierenderen Konsequenzen verbunden, als wenn der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt würde und der Antragsteller für den begrenzten Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache oder bis zum Ablauf der auf ein Jahr befristeten Ausreiseuntersagung nicht ausreisen dürfte, die Ausreiseuntersagung sich aber im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig herausstellen würde. Denn die zeitlich begrenzte Beschränkung der Freiheit des Antragstellers, das Bundesgebiet zu verlassen, und möglicherweise seiner Glaubens- und Religionsfreiheit wiegt weniger schwer als eine mögliche Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik durch Terroranschläge, die Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen schädigen können.

ccc) Unbegründet ist auch der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung aller im Besitz des Antragstellers befindlichen Pässe und Passersatzdokumente sowie des elektronischen Aufenthaltstitels in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO wiederherzustellen. Denn auch diese Verpflichtung erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischer Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig noch als offensichtlich rechtmäßig. Die damit erforderliche Interessenabwägung führt aber zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung der Klage nicht wiederhergestellt werden kann, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Aushändigungs- und Überlassungsverpflichtung das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung überwiegt.

(1) Nach § 48 Abs. 1 AufenthG ist ein Ausländer verpflichtet, seinen Pass oder Passersatz (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) und seinen Aufenthaltstitel (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) auf Verlangen den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, soweit dies zur Durchführung oder Sicherung von Maßnahmen nach dem Aufenthaltsgesetz erforderlich ist. Ob danach die Voraussetzungen für die Anordnung der Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 erfüllt sind, alle im Besitz des Antragstellers befindlichen Pässe und Passersatzdokumente sowie seinen elektronischen Aufenthaltstitel der Ausländerbehörde auszuhändigen und ihr vorübergehend für die Dauer der Ausreiseuntersagung zu überlassen, ist aber offen.

(a) Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Frage, ob die Aushändigung und vorübergehende Überlassung der in der Anordnung genannten Dokumente zur Sicherung des Ausreiseverbots erforderlich war. Denn daran fehlte es, wenn dem Antragsteller die Ausreise nicht hätte untersagt werden dürfen. Die Rechtmäßigkeit der Ausreiseuntersagung bedarf aber, wie ausgeführt, gerade der weiteren Klärung im Hauptsacheverfahren.

(b) Offensichtlich rechtswidrig ist die Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung von Pässen, Passersatzdokumenten und elektronischem Aufenthaltstitel bei summarischer Prüfung auch nicht wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

(aa) Insbesondere ist entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht nur die vorübergehende Einbehaltung des Passes oder etwaiger Passersatzdokumente, sondern auch die des elektronischen Aufenthaltstitels zur Sicherung des Ausreiseverbots geeignet. Zwar ist es rechtlich ebenso wenig wie ohne Pass möglich, an Stelle des erforderlichen Passes mit einem elektronischen Aufenthaltstitel auszureisen. Jedoch ist die Verpflichtung, der Ausländerbehörde Pass, etwaige Passersatzdokumente und elektronischen Aufenthaltstitel zu überlassen, zur Sicherung des Ausreiseverbots bereits dann geeignet, wenn sie das mit ihr verfolgte Ziel, die Ausreise des Antragstellers zu verhindern, in irgendeiner Weise fördert. Dies ist aber nicht nur hinsichtlich der Einbehaltung des Passes und etwaiger Passersatzpapiere, sondern auch hinsichtlich der Einbehaltung des elektronischen Aufenthaltstitels der Fall. Denn die Überlassung des elektronischen Aufenthaltstitels an die Ausländerbehörde verhindert etwaige Versuche des Antragstellers, mit Hilfe des elektronischen Aufenthaltstitels, auf dem die Seriennummer seines Passes und dessen Gültigkeitsdauer sichtbar aufgebracht sind (§ 78 Abs. 1 Satz 3 Nr. 10 und 11 AufenthG), auch ohne den zugehörigen Pass auszureisen und sich dabei mit dem elektronischen Aufenthaltstitel zu legitimieren. Sie vermindert so wie die Einbehaltung des Passes und eventuell vorhandener Passersatzdokumente die Gefahr einer Ausreise des Antragstellers trotz der Ausreiseuntersagung.

(bb) Dementsprechend ist die Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 nicht nur hinsichtlich der Pässe und Passersatzpapiere, sondern auch insoweit erforderlich, als sie sich auf den elektronischen Aufenthaltstitel des Antragstellers erstreckt. Denn wenn auch die Einbehaltung dieses Aufenthaltstitels das Ziel der Sicherung des Ausreiseverbots fördert, ist eine Verpflichtung, lediglich den Pass und etwaige Passersatzdokumente der Ausländerbehörde auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, kein in gleichem Maße geeignetes Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels.

(cc) Schließlich ist die Verpflichtung, der Ausländerbehörde Pass, Passersatzdokumente und elektronischen Aufenthaltstitel auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, angesichts der großen Bedeutung der inneren Sicherheit, deren Schutz sie ebenso wie das Ausreiseverbot dienen soll, entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht deshalb unangemessen, weil sie ihm wegen der Einbehaltung des elektronischen Aufenthaltstitels die Suche nach einem Arbeitsplatz erschweren würde. Denn der Antragsteller hat an Stelle des elektronischen Aufenthaltstitel einen Ausweisersatz erhalten, aus dem sowohl seine Niederlassungserlaubnis als auch die Zulässigkeit einer Erwerbstätigkeit ohne weiteres hervorgeht, so dass der Antragsteller seinen Aufenthaltstitel und die Berechtigung, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, einem Arbeitgeber gegenüber jederzeit durch Vorlage des Ausweisersatzes nachweisen kann.

(2) Ist damit die Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 aber weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig, so führt die aus diesem Grund erforderliche Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung dieser Verpflichtung das private Interesses des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt und deshalb die begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung unterbleiben muss.

Erwiese sich die Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung aller Pässe und Passersatzdokumente sowie des elektronischen Aufenthaltstitels nach Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung als rechtmäßig und gelänge es dem Antragsteller auf Grund der fehlenden Vollziehbarkeit dieser Verpflichtung, mit Hilfe der betreffenden Dokumente nach Syrien zu reisen und dort am bewaffneten Jihad mit der Folge teilzunehmen, dass bei seiner Rückkehr die von der Antragsgegnerin befürchteten Gefahren für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere in Form von terroristischen Anschlägen eintreten könnten, so wäre dies mit deutlich gravierenderen Nachteilen verbunden, als wenn der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt würde und der Antragsteller sich für den begrenzten Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache oder bis zum Ablauf der auf ein Jahr befristeten Ausreiseuntersagung nicht im Besitz der auszuhändigenden Dokumente befände, die Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 sich aber im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig herausstellen würde. Denn die zeitlich begrenzte Beschränkung der Möglichkeit des Antragstellers, sich durch die betreffenden Papiere zu legitimieren, wiegt weit weniger schwer als eine mögliche Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik durch Terroranschläge, die Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen schädigen können.

ddd) Unbegründet ist auch der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verpflichtung, sich während der Dauer des Ausreiseverbots dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden, in Nr. 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO wiederherzustellen. Denn auch diese Verpflichtung erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischer Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig noch als offensichtlich rechtmäßig. Die damit erforderliche Interessenabwägung führt aber zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung der Klage nicht wiederhergestellt werden kann, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Meldeverpflichtung das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung überwiegt.

(1) Nach Art. 7 Abs. 1 LStVG dürfen Anordnungen und Maßnahmen, die in Rechte anderer eingreifen, nur getroffen werden, wenn die Sicherheitsbehörden durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes dazu besonders ermächtigt sind. Soweit eine solche gesetzliche Ermächtigung nicht in den Vorschriften des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes oder in anderen Rechtsvorschriften enthalten ist, können die Sicherheitsbehörden nach Art. 7 Abs. 2 LStVG zur Erfüllung ihrer Aufgaben Anordnungen für den Einzelfall unter anderem nur treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, oder verfassungsfeindliche Handlungen zu verhüten oder zu unterbinden (Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG) oder um Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen (Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG).

(a) Offen ist zunächst, ob Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG, auf den die Antragsgegnerin als Sicherheitsbehörde die Meldeverpflichtung in Nr. 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 gestützt hat, neben den Befugnisnormen zugunsten der Ausländerbehörde nach § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 PassG und § 48 Abs. 1 AufenthG anwendbar ist.

Zwar ist höchstrichterlich bereits entschieden, dass die Ermächtigung zur Untersagung der Ausreise eines Deutschen in § 10 Abs. 1 PassG die Heranziehung der sicherheits- und polizeirechtlichen Generalklauseln der Länder als Rechtsgrundlage für Meldeauflagen wegen der unterschiedlichen Zielrichtungen dieser Regelungen nicht ausschließen (vgl. BVerwG, U.v. 25.7.2007 – 6 C 39.06 – juris Rn. 25 ff.; vgl. auch VGH BW, B.v. 14.6.2000 – 1 S 1271/00 – juris Rn. 14 für das Verhältnis der polizeilichen Generalklausel zur Passversagung und -beschränkung nach § 7 PassG). Auch spricht viel dafür, dass für das Verhältnis von § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG und § 48 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG nichts anderes gilt. Denn auch diese Regelungen verfolgen jeweils unterschiedliche Zielrichtungen. Insbesondere erfasst § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG nur Gefährdungen für die Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland, während Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG mit der Ermächtigung zur Verhinderung und Unterbindung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten und zur Abwehr von Gefahren für Leben, Gesundheit und Freiheit von Menschen oder für im öffentlichen Interesse zu erhaltende Sachwerte auch auf die Abwehr und Beseitigung von Gefahren für andere Schutzgüter zielt. Jedoch fehlt es, soweit ersichtlich, insoweit bisher an einer obergerichtlichen Entscheidung.

(b) Ebenso ist offen, ob maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. in diesem Sinne zu einer auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG gestützten Anordnung zur Durchsetzung der Schulbesuchspflicht BayVGH, B.v. 12.2.2008 – 7 CS 08.187 – juris Rn. 15) oder im Hinblick darauf, dass es sich bei der für die gesamte Dauer des Ausreiseverbots geltenden Meldeverpflichtung um einen Dauerverwaltungsakt handelt, der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts ist (vgl. BayVGH, B.v. 13.1.2012 – 10 CS 11.2379 – juris Rn. 29 m.w.N., wo dies für Anordnungen zur Hundehaltung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG offen gelassen wird). Die Frage, ob nach dem, wie bereits ausgeführt, insoweit maßgeblichen materiellen Recht hier der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung oder der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts zugrunde zu legen ist, ist aber, soweit ersichtlich, bisher nicht obergerichtlich geklärt und bedarf daher der weiteren Prüfung im Hauptsacheverfahren.

(c) Offen ist vor diesem Hintergrund darüber hinaus, ob eine konkrete Gefahr besteht, dass der Antragsteller Straftaten begehen wird oder durch sein Verhalten das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen bedrohen wird, wie Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG dies voraussetzt. Zwar wäre dies der Fall, wenn der Antragsteller sich nach Syrien begeben und dort am bewaffneten Jihad teilnehmen würde. Allerdings bedarf eine entsprechende Gefahrenprognose jedenfalls, wenn man von der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Gerichts ausgeht, einer Überprüfung im Hauptsacheverfahren. Denn wie dargelegt, kann nur im Hauptsacheverfahren geklärt werden, ob der Antragsteller sich im Oktober 2013 tatsächlich nach Syrien begeben wollte, um am bewaffneten Jihad teilzunehmen, und ob er dies auch heute noch beabsichtigt.

(d) Offensichtlich rechtswidrig ist die Verpflichtung des Antragstellers, sich während der Dauer des Ausreiseverbots dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden, auch nicht wegen einer Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

(aa) Die Meldeverpflichtung ist vielmehr zunächst geeignet, das Ziel zu fördern, eine Ausreise des Antragstellers zum Jihad nach Syrien zu verhindern und damit der Gefahr entgegenzuwirken, dass er dort Straftaten begeht und das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen bedroht. Denn soweit der Antragsteller diese Verpflichtung einhält, hindert sie ihn daran, nach Syrien zu reisen. Falls er hingegen gegen die Meldeverpflichtung verstößt, ermöglicht sie es, zeitnah zu reagieren und den Antragsteller etwa durch die Einleitung von Fahndungsmaßnahmen rechtzeitig an der Ausreise zu hindern.

(bb) Die Meldeverpflichtung ist dazu auch erforderlich. Denn die vom Antragsteller für ausreichend erachtete Verpflichtung, sich einmal wöchentlich bei der Polizei zu melden, ist ein weit weniger wirksames Mittel, seine Ausreise und Teilnahme am Jihad in Syrien zu vereiteln, weil ihm dadurch ein längerer Zeitraum für eine unbemerkte Ausreise zur Verfügung stünde.

(cc) Schließlich erscheint die Meldeverpflichtung angesichts der hochrangigen Rechtsgüter Leben, Gesundheit und Freiheit, deren Schutz sie dient, auch nicht unangemessen. Denn die Beeinträchtigung der Lebensführung des Antragstellers, die von dieser Verpflichtung ausgeht, wird dadurch abgemildert, dass dem Antragsteller für die Vorsprache bei der Polizei jeweils ein Zeitraum von 8.00 Uhr bis 21.00 Uhr zur Verfügung steht und dass, wie sich aus den Gründen des Bescheids vom 24. Juli 2014 und der Beschwerdeerwiderung ergibt, eine Anpassung der Meldeverpflichtung vorgenommen werden kann, wenn eine Wahrnehmung des Meldetermins etwa wegen der Aufnahme einer Beschäftigung an einem anderen Ort bei der vorgesehen Polizeidienststelle nicht mehr möglich ist.

(2) Ist damit die Verpflichtung in Nr. 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 aber weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig, so führt die aus diesem Grund erforderliche Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung dieser Verpflichtung das private Interesses des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt und deshalb die begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung unterbleiben muss.

Erwiese sich die Verpflichtung, sich für die Dauer des Ausreiseverbots dreimal wöchentlich bei der zuständigen Polizeidienststelle zu melden, nach Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung als rechtmäßig und gelänge es dem Antragsteller auf Grund der fehlenden Vollziehbarkeit dieser Verpflichtung, nach Syrien zu reisen und dort am bewaffneten Jihad teilzunehmen, so hätte dies deutlich gravierendere Nachteile zur Folge, als wenn der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt würde und der Antragsteller sich für den begrenzten Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache oder bis zum Ablauf der auf ein Jahr befristeten Ausreiseuntersagung dreimal in der Woche jeweils zwischen 8.00 Uhr und 21.00 Uhr bei der zuständigen Polizeidienststelle melden müsste, die Verpflichtung in Nr. 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 sich aber im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig herausstellen würde. Denn die zeitlich begrenzte Beeinträchtigung seiner Lebensführung, insbesondere der Möglichkeit, seinen Wohnort für längere Zeit zu verlassen, als es der Abstand zwischen den Meldeterminen erlaubt, wiegt weit weniger schwer als die Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Menschen, die im Falle einer Teilnahme des Antragstellers am Jihad in Syrien droht.

bb) Liegen damit die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vor, weil der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, so kann dem Antragsteller auch nicht nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO der von ihm benannte und zur Vertretung bereite Rechtsanwalt beigeordnet werden.

b) Schließlich ist auch die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid vom 24. Juli 2014 in Bezug auf Nr. 1 des Bescheids anzuordnen und bezüglich Nr. 2 und 4 des Bescheids wiederherzustellen, unbegründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, die der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, rechtfertigen nicht die Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Beschlusses vom 12. September 2014. Denn wie oben unter Berücksichtigung der in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe ausgeführt, hat die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Abwägungsentscheidung zum Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung von Nr. 1, 2 und 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der gegen diese Maßnahmen gerichteten Klage überwiegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1, § 39 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.

Der Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren 10 C 14.2245, das die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren M 12 S 14.3778 betrifft, bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, die im Erdgeschoss des Gebäudes auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung R… (Baugrundstück) das „E…“ betreibt, wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen die mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. Juli 2016 verfügte und für sofort vollziehbar erklärte Anordnung der vollständigen Beseitigung von fünf Stehterminals und sechs Kabinen, die mit sog. „Glory Holes“ (Öffnungen zum Nachbarbereich) ausgestattet sind.

Eine von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung vom 3. Januar 1994 gestattete für den Laden der Antragstellerin eine „Nutzungsänderung von Lager in Videothek“. In der mit Genehmigungsstempel versehenen Planzeichnung sind fünf nebeneinanderliegende Einzelkabinen verzeichnet; im zugehörigen Bauantrag wird das Vorhaben als „Einzelhandel und Aufstellung von fünf Videokabinen“ bezeichnet. Im Rahmen einer den Umbau des Wohn- und Geschäftshauses betreffenden Baugenehmigung vom 16. August 1999 wurde eine Änderung / Erweiterung der Verkaufsflächen für die Videothek genehmigt. Kabinen werden weder im textlichen Teil Genehmigung aus dem Jahr 1999 thematisiert noch werden solche auf der zugehörigen Planzeichnung dargestellt.

Im Anschluss an eine Ortseinsicht vom 21. Februar 2014 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin erstmals mit Schreiben vom 9. April 2014 auf, den Betrieb wieder auf den genehmigten Zustand zurückzuführen. Die Zahl der Kabinen sei deutlich erhöht worden; des Weiteren gebe es Anhaltspunkte dafür, dass in den Räumen sexuelle Handlungen vorgenommen würden („Glory Hole-Kabinen“, „Darkroom“). Eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte sei im Geltungsbereich des geltenden Bebauungsplans Nr. …, der ein Mischgebiet festsetze, nicht zulässig. Anlässlich einer weiteren behördlichen Ortseinsicht wurden anhand eines Grundrissplans des „E…“ zwei Kinos (4,2 m² bzw. 5,99 m²), 13 Kabinen (zwischen 1,08 m² und 3,13 m²) und fünf Stehterminals (im baulichen Verbund) erfasst. Sechs Kabinen wiesen ebenso wie die fünf Stehterminals Verbindungen zum Nachbarraum durch Öffnungen auf, die die Vornahme (insbesondere homo-) sexueller Handlungen zwischen den Nutzern nebeneinanderliegender Bereiche ermöglichen. Mit Bescheid vom 4. April 2016 lehnte die Antragsgegnerin den im Juli 2014 zum Zweck der nachträglichen Legalisierung gestellten Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Umbau bzw. die Nutzungsänderung der im Gebäude befindlichen Einheit „E…“ ab. Hiergegen erhob die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Regensburg Verpflichtungsklage (Az. RO 2 K 16.1164), über die - soweit nach Aktenlage ersichtlich - bislang nicht entschieden wurde.

Die im vorliegenden Beschwerdeverfahren streitgegenständliche, unter Nr. 1 des Bescheids vom 6. Juli 2016 verfügte Beseitigungsverfügung stützte die Antragsgegnerin auf Art. 76 Satz 1 der Bayerischen Bauordnung (BayBO). Die Einheit „E…“ sei im Vergleich zu den bisher erteilten Baugenehmigungen erheblich umgebaut und die Art der Nutzung geändert worden. Für diese genehmigungspflichtige Nutzungsänderung könne nachträglich keine Baugenehmigung erteilt werden. Augenscheinlich dienten die Einrichtungen mit den Öffnungen vorrangig der Ermöglichung von sexuellen Handlungen; eine andere Nutzung sei nicht glaubwürdig. Ein solcher Betrieb störe das Wohnen wesentlich, weshalb er im Mischgebiet gebietsunverträglich und daher nicht zulässig sei. Darüber hinaus sei ein „Trading-Down-Effekt“ festzustellen, der im Rahmen von § 15 BauNVO zu berücksichtigen sei. So sei festgestellt worden, dass in einer in der Nähe befindlichen öffentlichen WC-Anlage regelmäßig sexuelle Handlungen unter Männern stattfänden und dort auch der Prostitution nachgegangen werde. Einige Männer suchten sowohl den Erotikshop als auch die WC-Anlage auf. Nur durch die vollständige Beseitigung der betroffenen Stehterminals und Kabinen könne die Durchführung von sexuellen Kontakten in der Einheit „E…“ und damit die unzulässige Nutzung unterbunden werden. Eine Schließung der „Glory Holes“ könne jederzeit wieder rückgängig gemacht werden. Eine behördliche Überwachung zur Gewährleistung dauerhaft geschlossener Löcher könne nicht erfolgen. Die Beseitigungsanordnung stelle das mildere Mittel im Vergleich zu einer Nutzungsuntersagung des kompletten Betriebes dar. Des Weiteren sei die Vielzahl der Stehterminals und Kabinen im Vergleich zu dem mit lediglich fünf Videokabinen genehmigten Zustand nicht zulässig. Die Reduzierung der Kabinen diene der Rückführung auf die genehmigte Nutzungsart. Für die Beseitigung spreche das öffentliche Interesse der Allgemeinheit an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei im öffentlichen Interesse erfolgt. Es seien wiederholt Beschwerden hinsichtlich des Betriebs des „E…“ in der derzeitigen Form eingegangen. Es bestehe eine erhebliche Störung der Bewohner. Eine Belassung des derzeitigen Zustandes, der vorrangig durch die „Glory Holes“ ausgelöst werde, könne nicht erfolgen. Im Falle einer zeitnahen Beseitigung der rechtswidrigen baulichen Anlagen könne die Durchführung von sexuellen Handlungen in der Einheit unterbunden werden. Insofern würde eine Rückführung auf den genehmigten Zustand bzw. in eine Videothek erfolgen, die für das Wohnen nicht störend sei.

Die Antragstellerin hat gegen Nr. 1 der Beseitigungsanordnung vom 6. Juli 2016 beim Verwaltungsgericht Regensburg Anfechtungsklage erhoben (Az. RO 2 K 16.1165), über die - soweit nach Aktenlage ersichtlich - bislang nicht entschieden wurde.

Mit Beschluss vom 18. Oktober 2016 hat das Verwaltungsgericht auf den Antrag der Antragstellerin die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 1 des Bescheids vom 6. Juli 2016 wiederhergestellt und den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in Bezug auf die Zwangsgeldandrohung gem. Nr. 4 des Bescheids abgelehnt. Hinsichtlich der Beseitigungsverfügung sei zugunsten der Antragstellerin zu entscheiden. Der Erotikladen in der derzeit betriebenen Form, d.h. mit „Glory Holes“ in den betroffenen fünf Stehterminals und sechs Videokabinen, die einzig und allein darauf abzielten, gegen Entgelt (anonyme) sexuelle Kontakte zu ermöglichen, stelle eine Vergnügungsstätte dar, die nach dem einschlägigen § 6 BauNVO 1968 generell mischgebietsunverträglich sei. Aufgrund der unzulässigen Nutzungsart könne für den konkreten Betrieb keine Baugenehmigung erteilt werden; u.a. wegen Betroffenheit der Grundkonzeption des Bebauungsplanes (Widerspruch zum Gebietscharakter) komme auch keine Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB in Betracht. Die angeordnete vollständige Beseitigung der mit „Glory Holes“ versehenen Stehterminals und Videokabinen sei aber nach summarischer Prüfung nicht erforderlich, um das verfolgte Ziel - nämlich die Unterbindung von sexuellen Kontakten zwischen Kunden in benachbarten Kabinen - zu erreichen. Von der Verfügung der Verschließung der „Glory Holes“ als milderes Mittel habe die Antragsgegnerin nur abgesehen, da nicht gewährleistet sei, dass die Öffnungen dauerhaft verschlossen blieben. Aus Sicht des Verwaltungsgerichts sei es aber im Vergleich zur vollständigen Entfernung der Terminals bzw. Kabinen als weniger einschneidende Maßnahme ohne weiteres möglich, die vorhandenen „Glory Holes“ dauerhaft und sabotagesicher zu verschließen bzw. die mit „Glory Holes“ versehenen Kabinenwände auszutauschen. Die vollständige Beseitigung der betroffenen Terminals und Kabinen sei daher unverhältnismäßig. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass die Nutzung auch aufgrund der Quantität der Kabinen (heute 18 statt der vormals genehmigten fünf Kabinen) in eine das Wohnen störende und damit in eine mischgebietsunverträgliche Nutzung i.S. von § 6 BauNVO 1968 umschlage. Nachdem es der Antragsgegnerin jedoch in erster Linie darauf angekommen sei, sexuelle Kontakte zwischen den Kunden zu unterbinden, falle die im Rahmen des Eilrechtschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin aus. Selbst wenn aufgrund der Anzahl der vorhandenen Kabinen ein mischgebietsunverträglicher Betrieb vorliegen sollte, sei eine besondere Dringlichkeit für deren sofortige Beseitigung nicht ersichtlich. Zudem sei die angeordnete Beseitigung der mit Glory Holes versehenen Kabinen und Terminals nicht uneingeschränkt geeignet, das von der Antragsgegnerin verfolgte Ziel vollständig zu erreichen, weil auch innerhalb der Videokabinen sexuelle Kontakte möglich blieben.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin. Sie beantragt (sinngemäß),

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 18. Oktober 2016 abzuändern und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage auch in Bezug auf Nr. 1 des Bescheids vom 6. Juli 2016 abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 1 des Bescheids vom 6. Juli 2016 im Ergebnis zu Recht wiederhergestellt.

Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, aber nicht das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrags auf Wiederherstellung des Suspensiveffekts. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.

Die von der Antragsgegnerin innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist geltend gemachten Beschwerdegründe‚ auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Zugrundelegung des für die Beschwerdeentscheidung in erster Linie maßgebenden Beschwerdevorbringens sind die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage als offen einzuschätzen (1.). Die demnach vorzunehmende Abwägung der gegenseitigen Interessen fällt zu Gunsten der Antragstellerin aus (2.).

1. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann nicht sicher prognostiziert werden, dass die Beseitigungsverfügung vom 6. Juli 2016 rechtmäßig ist. Die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage des Antragstellers stellen sich mithin am Maßstab von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO als offen dar.

Gemäß Art. 76 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn Anlagen (Art. 2 Abs. 1 BayBO) im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

Das „E…“ wird gegenwärtig formell rechtswidrig betrieben, weil es jedenfalls hinsichtlich des konkreten Umfangs des Betriebs an der erforderlichen Baugenehmigung fehlt. Unabhängig von der Frage, ob und in welchem Umfang die Nutzung von fünf Kabinen in dem als Videothek genehmigten Laden von der Bestandskraft der beiden Baugenehmigungen aus den Jahren 1994 und 1999 gedeckt ist (vgl. am Maßstab der Bestimmtheit der Baugenehmigung OVG Münster, B.v. 23.9.1988 - 11 B 1739/88 - NVwZ-RR 1989, 344 ff.), wird mit der heutigen Form der Nutzungsintensivierung durch 13 Kabinen, fünf Stehterminals und zwei Kinos sowie durch die Ermöglichung sexueller Kundenkontakte untereinander (insbesondere durch Kabinen mit „Glory Holes“) die vormals genehmigte Variationsbreite verlassen.

Mithin liegt eine Nutzungsänderung im bauordnungsrechtlichen Sinne vor, die mangels Einschlägigkeit der Voraussetzungen des Art. 57 Abs. 4 BayBO gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO grundsätzlich genehmigungspflichtig ist. Es muss an dieser Stelle nicht entschieden werden, ob die tatsächlich ohne Baugenehmigung erfolgte Nutzungsänderung mit Blick auf die Frage der Vereinbarkeit mit dem Bebauungsplan (vgl. Art. 58 Abs. 2 Nr. 2 BayBO) oder aufgrund einer örtlichen Bauvorschrift (Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayBO) grundsätzlich dem Freistellungsverfahren gem. Art. 58 Abs. 1, Abs. 2 BayBO unterfällt oder nicht. Die streitgegenständliche Beseitigungsverfügung sowie die mit Bescheid vom 4. April 2016 ausgesprochene Ablehnung der nachträglichen Baugenehmigung zeigen, dass die Antragsgegnerin die Nutzungsänderung als materiell baurechtswidrig bewertet und deshalb im Falle der Vorlage der Bauvorlagen im Freistellungsverfahren wohl auf die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens bestanden hätte (Art. 58 Abs. 2 Nr. 4 BayBO). Unabhängig hiervon genügt jedenfalls die bloße formelle Rechtswidrigkeit grundsätzlich nicht für eine Beseitigungsanordnung gem. Art. 76 Satz 1 BayBO. Die Beseitigung darf in der Regel (jedenfalls zunächst) nicht angeordnet werden, wenn auf andere Weise - nämlich durch nachträgliche Genehmigung (vgl. Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 76 Rn. 5, 8, 16) - ein rechtmäßiger Zustand geschaffen werden kann. Insofern kommt es darauf an, ob die laut des Bescheids vom 6. Juli 2016 zu beseitigenden Kabinen und Stehterminals genehmigungsfähig sind bzw. über Genehmigungshindernisse ausräumende Auflagen gem. Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG genehmigungsfähig gemacht werden können.

Die Antragsgegnerin macht mit der Beschwerde geltend, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht unterstellt, dass mit der Beseitigungsanordnung ausschließlich das Ziel verfolgt worden sei, sexuelle Kontakte zwischen Kunden in benachbarten Kabinen bzw. Stehterminals zu unterbinden. Hauptziel der Verfügung sei es vielmehr auch gewesen, einen den öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widersprechenden, insbesondere die vorhandene Wohnnutzung nicht störenden baulichen Zustand wiederherzustellen. Schon aufgrund der deutlich höheren Anzahl an Kabinen liege eine andere - die Wohnnutzung wesentlich störende - Qualität der Nutzung vor. Die nicht genehmigte Erhöhung der Zahl der Videokabinen / Stehterminals führe jedenfalls zu einer Erhöhung des Störgrades der Einrichtung in mischgebietsunverträglicher Weise. Im Übrigen sei im bloßen Verschließen der Öffnungen keine genauso geeignete und gleichermaßen effektive Handlungsalternative zur Gesamtbeseitigung zu sehen, weil auf Druck der Kunden die zwischenzeitlich (freiwillig) verschlossenen „Glory Holes“ wieder geöffnet worden seien. Die durch das Verwaltungsgericht angedeuteten Alternativen stellten das Ziel der Herstellung der Mischgebietsverträglichkeit der baulichen Anlage und damit baurechtmäßiger Zustände nicht hinreichend sicher.

Unabhängig von den Fragen, ob diese Zielrichtung - wie die Antragsgegnerin meint - tatsächlich in der Begründung resp. in den Ermessenserwägungen der Beseitigungsverfügung zum Ausdruck kommt bzw. ob die Antragsgegnerin mit der Beschwerdebegründung Ermessenerwägungen i.S. von § 114 Satz 2 VwGO nachgeschoben hat, kann auch bei Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht ohne Weiteres abschließend beurteilt werden, ob auf andere Weise, nämlich durch nachträgliche Genehmigung (ggf. mit einer konkretisierten Betriebsbeschreibung bzw. mit einschränkenden Auflagen, s.u.), rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

Der Senat, dem die Bebauungspläne Nr. … und Nr. … der Antragsgegnerin, von denen im Tatbestand des Beschlusses des Verwaltungsgerichts die Rede ist, sowie die diesbezüglichen Planungsakten nicht vorgelegt worden sind, legt im Rahmen der im Eilverfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage die - von den Beteiligten im Beschwerdeverfahren nicht in Zweifel gezogene - Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts zu Grunde, wonach das Baugrundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplans mit einer Mischgebietsausweisung liegt und aufgrund des Alters des Bebauungsplans hinsichtlich der zulässigen Nutzungsart § 1 Abs. 3 Satz 2 i.V. mit § 6 BauNVO in der Fassung von 1968, und mithin nicht § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO in der aktuellen Fassung Anwendung findet (vgl. König in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, Einl. Rn. 27). Entscheidend ist daher, ob die von der Beseitigungsverfügung erfassten Kabinen und Stehterminals das „E…“ zu einer sog. kerngebietstypischen Vergnügungsstätte machen, die in ihrer konkreten Form nach § 6 BauNVO 1968 gebietsunverträglich und damit bauplanungsrechtlich unzulässig ist.

Da im „E…“ nicht lediglich Waren (Videos) verliehen oder verkauft werden, sondern jeweils gegen Entgelt

– Kino- bzw. Videofilme mit sexuellem / erotischen Inhalt angeschaut werden können,

– über die Bereitstellung von Kabinen jedenfalls die Möglichkeit der Vornahme von Selbstbefriedigungshandlungen eröffnet wird und

– mit sog. „Glory Holes“ ausgestattete Kabinen und Stehterminals zur Verfügung gestellt werden, die offensichtlich den Zweck haben, (insbesondere homo-) sexuelle Kontakte der Nutzer benachbarter Kabinen zu ermöglichen,

handelt es sich im derzeitigen tatsächlichen Betrieb im bauplanungsrechtlichen Sinn um eine Vergnügungsstätte, nämlich um eine gewerbliche Einrichtung, die den erotisch / sexuellen Interessen der Kunden dient und durch kommerzielle Unterhaltung der Besucher über entsprechende Dienstleistungen geprägt ist (vgl. u.a. am Beispiel von Sexkinos, Lokalen mit Video-Kabinen bzw. Video-Peep-Shows: OVG Berlin, B.v. 9.4.1997 - 2 S. 5.97 - BauR 1997, 1006/1007; OVG Bremen, B.v. 4.4.1991 - 1 B 74/90 - BauR 1991, 434; OVG NRW, B.v. 27.2.1987 - 11 B 2903/85 - BRS 47 Nr. 202; VG Gelsenkirchen, U.v. 24.3.2004 - 10 K 2432/02 - NWVBl. 2004, 323/ 324 f.; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 22.21; Wahlhäuser in Bönker/Bischopnik, BauNVO, 1. Aufl. 2014, § 4a Rn. 76; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2016, § 4a Rn. 69; Söfker in ebenda § 6 Rn. 42; Stange, BauNVO, 3. Aufl. 2015, § 4a Rn. 46).

§ 6 BauNVO 1968 enthält - anders als § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO in der aktuellen Fassung - keine ausdrückliche Regelung über die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten in einem Mischgebiet. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO 1968 sind Vergnügungsstätten als „sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe“ in einem Mischgebiet nur dann zulässig, wenn sie nicht kerngebietstypisch sind und keine wesentlichen Störungen für die Wohnruhe mit sich bringen (BVerwG, U.v. 25.11.1983 - 4 C 64.79 - BVerwGE 68, 207 = juris Rn. 8 ff., insbes. Rn. 12). Als typisch für Kerngebiete und daher als unzulässig in einem Mischgebiet gem. § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO 1968 anzusehen sind Vergnügungsstätten, die als zentrale Dienstleistungsbetriebe auf dem Unterhaltungssektor einen größeren Einzugsbereich haben und für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar sein sollen (BVerwG, U.v. 25.11.1983 a.a.O.; Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 7 Rn. 17). Umgekehrt sind nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätten solche, die diese Eigenschaften nicht aufweisen, etwa weil sie nur der Entspannung und Freizeitbetätigung in einem begrenzten Stadtteil dienen. Maßgeblich für die Zuordnung zu den Kategorien „kerngebietstypisch“ / „nicht kerngebietstypisch“ sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalles, die ermittelt und aufgearbeitet werden müssen. Erforderlich ist eine auf der Einschätzung der tatsächlichen örtlichen Situation beruhende städtebauliche Gesamtbeurteilung. Wenn das Leistungsangebot darauf zugeschnitten ist, eine überregionale Kundschaft anzulocken spricht dies für eine kerngebietstypische, im Mischgebiet unzulässige Vergnügungsstätte. Allein ein übergemeindlicher Kundenstamm macht eine Einrichtung aber noch nicht zu einer zentralen kerngebietstypischen Einrichtung. Denn maßgebend für die Unverträglichkeit einer Vergnügungsstätte mit einer Wohnnutzung ist insbesondere der Störungsgrad der Einrichtung. Dieser hängt entscheidend z.B. von der Größe des Betriebes ab (zum Ganzen: BVerwG, U.v. 21.2.1986 - 4 C 31.83 - NVwZ 1986, 643 = juris Rn. 10; OVG NRW, U.v. 15.6.2012 - 2 A 2992/11 - ZfBR 2012, 682 = juris Rn. 9 ff.; Wahlhäuser in Bönker/Bischopnik, BauNVO, 1. Aufl. 2014, § 4a Rn. 82; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2016, § 6 Rn. 43 m.w.N.; zur Einzelfallbetrachtung im Fall eines „Swingerclubs“ - dort Kerngebietstypik verneint: VG Darmstadt, U.v. 26.6.2012 - 7 K 1187/11.DA - juris Rn. 36 ff.). Bei einem kleineren Laden wie dem vorliegenden kann auch die Frequenz der Kundenbesuche, ggf. (ähnlich wie bei Bordellen vgl. BVerwG, U.v. 25.11.1983 - 4 C 21.83 - BVerwGE 68‚ 213 = juris Rn. 11; B.v. 2.11.2015 - 4 B 32.15 - NVwZ 2016, 151 = juris Rn. 4; HambOVG, U.v. 6.5.2015 - 2 Bf 2/12 - juris Rn. 55; OVG M-V, B.v. 22.1.2016 - 1 M 416/15 - NVwZ-RR 2016, 663 = juris Rn. 16) auch das Maß der milieubedingten Unruhe maßgebend sein, falls (was ggf. von der Antragsgegnerin bzw. im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zu ermitteln wäre) solche Auswirkungen typische Begleiterscheinungen von Nutzungen dieser Art sind. Ergänzend kann sich die Frage stellen, ob § 15 BauNVO weitere bauplanungsrechtliche Zulässigkeitshürden im konkreten Einzelfall aufstellt (vgl. NdsOVG, B.v. 8.5.1987 - 6 B 10/87 - BRS 47 Nr. 199; Schl.Holst. OLG, U.v. 15.5.1997 - 11 U 121/94 - NVwZ-RR 1998, 6 = juris Rn. 16 f.).

Im Bescheid vom 4. April 2016, mit dem der Antrag auf nachträgliche Baugenehmigung abgelehnt wurde, wird ausschließlich mit der Prämisse argumentiert, dass in der Betriebseinheit auch weiterhin u.a. über „Glory Holes“ die Durchführung sexueller Handlungen der Kunden untereinander ermöglicht werde und dass das Betriebskonzept der Antragstellerin auch künftig genau darauf abziele. Dies stelle eine wesentliche Störung der Wohnnutzung dar. In ähnlicher Weise wird in der Begründung der Beseitigungsverfügung jedenfalls im Schwerpunkt argumentiert.

In Anwendung der o.g. Abgrenzungskriterien spricht Einiges dafür, dass ein Erotikladen als Begegnungsort, an dem Kunden sexuelle Kontakte anbahnen und gegenseitig durchführen können, auch mit Blick auf die in den Behördenakten enthaltenen Kundenkommunikationen via Internet die Schwelle zu einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte erreicht und deshalb am Maßstab von § 6 BauNVO 1968 als gebietsunverträglich einzustufen ist. Allerdings erscheint es selbst bei Annahme einer grundsätzlichen planungsrechtlichen Unzulässigkeit der gegenwärtigen Betriebsform nicht von vornherein und unter jedem Gesichtspunkt ausgeschlossen, dass die von der Beseitigungsanordnung betroffenen Kabinen und Stehterminals über eine Baugenehmigung mit einschränkenden Regelungen nachträglich legalisiert werden. So könnte etwa über eine Betriebsbeschreibung gem. § 3 Nr. 3, § 9 BauVorlV, die zum Gegenstand einer Baugenehmigung gemacht wird, sowie durch Auflagen nach Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG (mit dem Inhalt, dass zwischen den Trennwänden dauerhaft keine Kontaktöffnung bestehen dürfen und dass sexuelle Kontakte der Kunden zu unterbinden sind) dafür gesorgt werden, dass die betroffene Örtlichkeit nicht als Treffpunkt für sexuelle Handlungen mit anderen genutzt wird.

Die Antragsgegnerin unterstellt demgegenüber, dass sich die Antragstellerin nicht an solche Maßgaben halten würde. Die Antragstellerin hat aber im Baugenehmigungsverfahren eine Betriebsbeschreibung vom 22. August 2014 vorgelegt, wonach jedenfalls hinsichtlich der Nutzung der Kinoabteile sexuelle Handlungen der Kunden untereinander unterbunden würden. Ebenso hat die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 18. und 19. Juli 2016 angeboten, die Stehterminals freiwillig zu beseitigen und sämtliche „Glory Holes“ in sabotagesicherer Weise zu verschließen. Eine Haltung der Behörde, die sich der Last der Überwachung gegenübersieht und von vornherein davon ausgeht, die Antragstellerin werde sich nicht an einschränkende Vorgaben halten sowie am Betrieb des „E…“ in der Sache nichts ändern, überzeugt zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Denn bis zum Erlass der Beseitigungsverfügung sind gegenüber der Antragstellerin keinerlei anderweitigen verpflichtenden Maßnahmen verfügt worden (etwa mit dem Inhalt, „Glory Holes“ dauerhaft zu verschließen und sicherzustellen, dass Kunden keine sexuellen Handlungen untereinander vornehmen). Rückschlüsse auf ein künftiges anordnungswidriges Verhalten können mithin derzeit nicht ohne Weiteres gezogen werden.

Ob insbesondere bei einem Betrieb ohne sexuelle Kontakte der Kunden untereinander allein wegen der Anzahl der nunmehr vorhanden 18 Kabinen eine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit als nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätte am Maßstab von § 6 BauNVO 1968 gegeben wäre, hängt von diversen Einzelfragen ab, die von der Antragsgegnerin bislang nicht aufgearbeitet worden sind. Soweit sie mit der Beschwerde vorträgt, dass es ihr nicht nur um die Unterbindung sexueller Kontakte zwischen Kunden in benachbarten Kabinen / Stehterminals, sondern auch darum gehe, allgemein einen die Wohnnutzung im Mischgebiet nicht störenden baulichen Zustand wiederherzustellen, bleiben ihre Ausführungen vage. Zwar dürfte mit zunehmender Anzahl von (Einzel-) Kabinen in einer Videothek mit erotischem Filmangebot auch ohne Möglichkeit der Kontaktaufnahme zum Kabinennachbarn die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte steigen (vgl. VG Dresden, U.v. 18.5.2011 - 4 K 1229/08 - juris Rn. 29; zurückhaltender VG Minden, U.v. 23.10.2012 - 1 K 2109/11 - juris Rn. 48). Eine konkrete Abgrenzung zwischen mischgebietsverträglichen (resp. nicht kerngebietstypischen) und nicht mischgebietsverträglichen Vergnügungsstätten mit Blick auf das Ob und die Anzahl der Kabinennutzung (ohne sexuelle Kontakte der Kunden untereinander) hat die Antragsgegnerin aber bislang nicht vorgenommen. Insbesondere wurde von ihr nicht plausibilisiert, inwiefern und unter welchen Voraussetzungen eine nicht auf sexuelle Kontakte ausgerichtete Nutzung der Kabinen in kerngebietstypischer Weise auf einen größeren Einzugsbereich und für ein größeres und allgemeines Publikum ausgerichtet wäre. Der allgemeine Hinweis, dass die höhere Anzahl an Kabinen eine die Wohnnutzung wesentlich störende Qualität bedinge und dass es hierdurch zu einer Erhöhung des Störgrades der Einrichtung in mischgebietsunverträglicher Weise gekommen sei, wird von ihr nicht näher begründet. Diesbezügliche Ermittlungen sowie einzelfallbezogene Feinabgrenzungen zwischen einerseits kerngebietstypischer und andererseits nicht kerngebietstypischer, d.h. noch mischgebietsverträglicher Nutzung eines Erotik-Videoverleihbetriebs mit Kabinennutzung sind nicht im vorläufigen Rechtsschutzverfahren vorzunehmen, sondern müssen dem Hauptsacheverfahren über die Beseitigungsanordnung bzw. über die Versagung der Baugenehmigung vorbehalten bleiben. Ebenso gehört die abschließende Beurteilung, ob § 15 BauNVO der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit entgegensteht (auch wenn auf eine Nutzung verzichtet wird, bei der sexuelle Kontakte der Kunden untereinander ermöglicht werden), mit Blick auf die hierfür erforderliche Ermittlung und Bewertung der Einzelfallumstände nicht ins Eilverfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO (ebenso NdsOVG, B.v. 8.5.1987 - 6 B 10/87 - BRS 47 Nr. 199).

2. Sind die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage gegen die Beseitigungsverfügung derzeit offen, ist über den Antrag aufgrund einer (reinen) Interessenabwägung zu entscheiden. Je gewichtiger die auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme Unabänderliches bewirkt, desto stärker ist der Rechtsschutzanspruch des Betroffenen und umso weniger müssen seine Interessen zurückstehen. Umgekehrt ist den öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug umso eher der Vorrang einzuräumen, je weniger belastend die Maßnahme für den Betroffenen wirkt und je weniger vollendete Tatsachen dadurch geschaffen werden (BayVGH, B.v. 17.11.2014 - 7 CS 14.275 - juris Rn. 34; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 77 m.w.N.). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe fällt die Interessenabwägung zu Gunsten der Antragstellerin und zu Lasten der Antragsgegnerin aus.

Die Antragsgegnerin hat mit Blick auf die Nutzungsänderungsgenehmigung vom 3. Januar 1994 und die im Anschluss erfolgte jahrelange Nutzung durch die Betreiber des Ladens offensichtlich den Betrieb der Videothek mit fünf Einzelkabinen (ohne „Glory Holes“) als im Mischgebiet gebietsverträglich und damit nicht von vornherein als bauplanungsrechtlich unzulässig angesehen. Der Senat verkennt im Rahmen der Interessenabwägung auch nicht, dass etwa die Eigentümer der sonstigen Grundstücke im Plangebiet ein nicht unerhebliches Interesse an der bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzung im gesamten Plangebiet haben (zum sog. Gebietserhaltungsanspruch vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 12 ff.; BayVGH, B.v. 1.6.2016 - 15 CS 16.789 - juris Rn. 23). Allerdings steht der Antragsgegnerin zur Sicherung der bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzungsart im Plangebiet die Möglichkeit zur Verfügung, eine (Teil-) Nutzungsuntersagung zu erlassen, soweit die gegenwärtige Nutzung des Erotikladens nicht von den bestandskräftigen Baugenehmigungen aus den Jahren 1994 und 1999 gedeckt ist (s.o.). In der Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier (s.o.) - ohne die erforderliche Baugenehmigung ausgeführt wird (speziell zu sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagungen im Falle formell rechtswidriger Videokabinen bzw. „Video-Peep-Show-Filmkabinen“ vgl. OVG Berlin, B.v. 9.4.1997 - 2 S. 5.97 - BauR 1997, 1006 ff.; NdsOVG, B.v. 8.5.1987 - 6 B 10/87 - BRS 47 Nr. 199; OVG NRW, B.v. 27.2.1987 - 11 B 2903/85 - BRS 47 Nr. 202). Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung aufgrund des Übermaßverbots dann nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (BayVGH, B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 21 m.w.N.). Eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit erscheint aber mit Blick auf die von diversen Einzelfaktoren abhängige, ggf. Nebenbestimmungen (Auflagen) einbeziehende sowie weitere Ermittlungen, Prognosen und Bewertungen abverlangende Beantwortung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgeschlossen.

Aus dem Grundrissplan, der zur genauen Erfassung der zu beseitigenden Stehterminals und Kabinen zum Inhalt der Beseitigungsverfügung gemacht wurde, ergibt sich zudem, dass ein nicht unerheblicher Teil des gegenwärtigen Inventars des „E…“ betroffen ist. Im Rahmen der Interessenabwägung kann dabei nicht zugunsten des Vollzugsinteresses in die Waagschale geworfen werden, dass die Beseitigungsverfügung in ihren Folgen resp. Belastungswirkungen einer bloßen (Teil-) Nutzungsuntersagung sehr nahe käme, weil der Auf- und Abbau der betroffenen fünf Stehterminals und sechs Kabinen mit einem völlig unerheblichen finanziellen Aufwand und ohne nennenswerten Substanzverlust einherginge (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2015 - 15 CS 14.943 - juris Rn. 25 ff. - formell illegal errichteter und genutzter Imbisswagen; vgl. auch die Erwägungen bei BayVGH, B.v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 23; B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 38, 39; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 76 Rn. 6 m.w.N.).

Die Antragstellerin hat auf Nachfrage des Gerichts im Beschwerdeverfahren unter Vorlage einer Fotodokumentation der betroffenen Kabinen bzw. Terminals vorgebracht, dass der zeitliche Aufwand für deren vollständigen Abbau bei Einsatz von zwei Arbeitern zwei Tage betrage, sodass sich die Kosten hierfür auf ca. 960,- Euro (2 Arbeiter x 16 Arbeitsstunden x 30,- Euro/Arbeitsstunde) zzgl. Material und Wegekosten beliefen. Der zeitliche Aufwand für den Wiederaufbau betrage acht Tage, sodass die Wiederaufbaukosten ohne Material- und Fahrtkosten mit 3.840,- Euro zu veranschlagen seien (128 Arbeitsstunden x 30,- Euro/Arbeitsstunde). Neben den 4.800,- Euro Gesamtkosten für den Abbau und den Wiederaufbau zzgl. Nebenkosten sei auch mit einem Substanzverlust in Höhe von 1.000,- Euro zu rechnen (Spanplatten, Verschraubungen, Verkabelungen).

Die Antragsgegnerin hat hierzu ausgeführt, dass die Kabinen am Fliesenboden mit U-Profilen / Leisten befestigt und nach oben offen, d.h. nicht mit der Decke verbunden seien. Von der Decke führten lediglich Kabelschächte für die Leitungen der Fernsehgeräte und Bedienelemente. Die Wände seien jeweils mit Aluleisten miteinander verbunden. Der vollständige Ab- und Wiederaufbau der von der Beseitigungsverfügung erfassten Stehterminals und Kabinen dürfte zeitlich als auch finanziell maximal mit dem von der Antragstellerin angegebenen Aufwand möglich sein. Aus Sicht der Antragsgegnerin scheine der zeitliche und finanzielle Aufwand für den Wiederaufbau jedoch eher hoch angesetzt. Mit dem vollständigen Ab- und Wiederaufbau dürfte auch kein Substanzverlust in der von der Antragstellerin genannten Höhe einhergehen.

Damit ist - unabhängig von der nach Aktenlage nicht abschließend zu klärenden Frage hinsichtlich der konkreten Höhe der anzusetzenden Beträge - auf Basis des Vortrags beider Parteien jedenfalls von einem nicht völlig unerheblichen Aufwand für den Abbau und Wiederaufbau der Kabinen auszugehen. Ebenso dürfte nicht grundsätzlich streitig sein, dass mit einem Abbau und anschließendem Wiederaufbau ein gewisser, nicht gänzlich zu vernachlässigender Substanzschaden verbunden wäre. Die Beseitigungsverfügung geht nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage in ihren fühlbaren Auswirkungen damit nicht lediglich marginal über eine entsprechende (Teil-) Nutzungsuntersagung hinaus. Unter Berücksichtigung der Wertung des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, wonach im Eilverfahren zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes irreparable Folgen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme eintreten können, soweit als möglich vermieden werden sollen (vgl. BVerfG, B.v. 14.9.2016 - 1 BvR 1335/13 - EuGRZ 2016, 698 = juris Rn. 19), erscheint daher die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zur Verhinderung der Schaffung vollendeter Tatsachen geboten.

3. Angesicht des Ergebnisses der allgemeinen Interessenabwägung kann dahinstehen, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO entsprach (zu den Anforderungen vgl. BayVGH, B.v. 28.3.2007 - 1 CS 06.3006 - BayVBl. 2008, 541 = juris Rn. 27 m.w.N.; Molodovsky in Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand: November 2016, Art. 76 Rn. 123 ff.; Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: August 2016, Art. 76 Rn. 332 ff.; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 76 Rn. 24).

4. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sie mit ihrer Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich gegen eine zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauordnungsrechtliche Verfügung zur Unterbindung der Nutzung einer Räumlichkeit als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte.

Im Erdgeschoss des nach dem zweiten Weltkrieg wieder in Stand gesetzten Anwesens FlNr. ... Gemarkung A. (= W.) befinden sich Räumlichkeiten, die in der Vergangenheit als Ladengeschäft genutzt worden sind (vgl. u. a. den auf Umbaumaßnahmen eines Schuhgeschäfts bezogenen Baugenehmigungsbescheid vom 3. Juni 1982).

Mit Bescheid vom 10. September 2012 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des vormaligen Betreibers /Pächters auf baurechtliche Genehmigung der Nutzungsänderung des im Erdgeschoss des vorgenannten Anwesen befindlichen Ladens in ein - schon damals tatsächlich bereits betriebenes - Büro für Sportwetten unter Hinweis auf eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre ab. Mit Urteil vom 26. September 2013 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die gegen die Ver-sagung der Nutzungsänderungsgenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage ab (Au 5 K 12.1307). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2377).

Unter dem 29. Januar 2013 untersagte die Antragsgegnerin dem vormaligen Betreiber /Pächter, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des Anwesens als Wettlokal für Sportwetten zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Mit Urteil vom 26. September 2013 hob das Verwaltungsgericht Augsburg die in Nr. 2 des Tenors des Bescheids vom 29. Januar 2013 verfügte Zwangsgeldandrohung auf und wies die Anfechtungsklage gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung im Übrigen ab (Au 5 K 13.225). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den (gegen die Klageabweisung im Übrigen gerichteten) Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2378).

Laut einer in den Behördenakten befindlichen Gewerbeanmeldung vom 1. September 2014 nahm die Antragstellerin unter der Adresse W., ... folgende gewerbliche Tätigkeit auf:

„Weitergabe von Sportinformationen, Annahme von Kundenaufträgen zur Abgabe und Vermittlung von Sport- und Oddsetwetten an staatliche Konzessionslotterien auch mittels Online-Kurierdienste, Vermietung von Internetanschlüssen, Getränkeausschank (…).“

Die Antragsgegnerin führte ab Juni 2015 mehrere Baukontrollen durch. In einem Aktenvermerk vom 19. November 2015 über eine Ortsbesichtigung desselben Tages im Wettbüro „T...“ in der W. - als Betreiber wird im Aktenvermerk die Antragstellerin aufgeführt - hielt der Bauaufseher der Antragsgegnerin fest:

„Das Wettbüro war in Betrieb. In der Spielhalle befanden sich 5 Wettautomaten (Wett-Terminals), alle waren in Betrieb, auf insgesamt 6 Bildschirmen wurden die aktuellen Wettquoten angezeigt. Den Besuchern steht ein WC zur Verfügung. Die Gäste haben Zugriff auf einen Getränkeautomat. Ein Briefkasten für das Wettbüro ist nicht vorhanden.

Nach Inspektion und Stellungnahme von Herrn B... und Herrn R... vor Ort können auch die 5 Wett-Terminals als Bildschirm verwendet werden, um sich - ähnlich wie auf den 6 zusätzlich vorhandenen Bildschirmen - die Live-Wetten anzeigen zu lassen. (…)“

Mit dem streitgegenständlichen, am 2. Dezember 2015 zur Post gegebenen Bescheid vom 30. November 2015 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin - unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 2), unter Androhung eines Zwangsgeldes i.H. von 2.000,- € (Nr. 3) sowie unter gleichzeitiger (ebenfalls sofort vollziehbarer) Duldungsanordnung gegenüber den Grundstückseigentümern (Nr. 4, mit Zwangsgeldandrohung unter Nr. 5) - mit Nr. 1 Satz 1, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des betroffenen Anwesens als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Zu diesem Zweck seien sämtliche (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals zu beseitigen (Nr. 1 Satz 2). Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Nutzungsänderung nicht genehmigungsfähig sei. Mit der den Besuchern über die Wett-Terminals eingeräumten Möglichkeit, das Spiel- bzw. Wettgeschehen live zu verfolgen und an Sportwetten teilzunehmen, sowie aufgrund des Vorhandenseins eines Getränkeautomaten und von drei Stehtischen bestehe zu einem Verweilen ausreichend Gelegenheit, so dass das Wettlokal mit einer Gesamtnutzfläche von 127 m² als kerngebietstypische Vergnügungsstätte einzuordnen sei. Dies sei im hier gegebenen faktischen Mischgebiet gem. § 34 Abs. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) i.V. mit § 6 der Baunutzungs-verordnung (BauNVO) bauplanungsrechtlich unzulässig, zumal zur Sicherung der Planung eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre erlassen worden sei. Ein vormals gestellter Antrag auf Nutzungsänderung in ein Büro für Sportwetten sei mit Bescheid vom 10. September 2012 abgelehnt worden. In Ausübung ihrer Planungshoheit lehne die Antragsgegnerin eine Ausnahme von der Veränderungssperre ab. Infolge des festgestellten Sachverhalts könne die Nutzungsuntersagung, zu deren Umsetzung die Bildschirme und Wett-Terminals zu beseitigen seien, gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens ausgesprochen werden. Hierfür genüge bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung. Die Nutzungsuntersagung stehe im öffentlichen Interesse und sei auch verhältnismäßig. Aufgrund einer negativen Vorbildwirkung liege die angeordnete sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse.

Am 8. Dezember 2015 erhob die Antragstellerin Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Antrag, den Bescheid vom 30. November 2015 aufzuheben. Über die Klage ist - soweit nach Aktenlage ersichtlich ist - bislang nicht entschieden. Ebenfalls am 8. Dezember 2015 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Die Antragstellerin wies im erstinstanzlichen Verfahren u. a. darauf hin, dass die Sitzgelegenheiten und der vormalige Getränkeautomat entfernt worden seien. Außerdem betrage die Nutzfläche des Ladens nur noch ca. 40 m².

Mit Beschluss vom 15. Januar 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die unter Nr. 1 Satz 1 des Bescheides ausgesprochene Nutzungsuntersagung sei gemäß Art. 76 Satz 2 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) voraussichtlich rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Die hier vorliegende genehmigungspflichtige Nutzungsänderung, die die Vermittlung von Live-Wetten umfasse, überschreite die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Da sich die Nutzung der Betriebsstätte nicht mehr im Rahmen der Variationsbreite der genehmigten gewerblichen Nutzung als Ladengeschäft bewege, sei die untersagte Nutzung formell rechtswidrig. Die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte sei - mit Blick auf die erst im Hauptsacheverfahren zu klärenden genauen Verhältnisse im betroffenen unbeplanten Ortsteil - auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Die Ermessensausübung der Antragsgegnerin sei nicht zu beanstanden. Nr. 1 Satz 2 des Bescheides sei ebenfalls von Art. 76 Satz 2 BayBO gedeckt, weil sich vorliegend die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein der zu beseitigenden Gegenstände manifestiere. Die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3) sei hinreichend bestimmt und halte sich hinsichtlich Fristsetzung und Höhe im Rahmen des Angemessenen.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

Sie beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Januar 2016 abzuändern und die aufschiebende Wirkung gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 wiederherzustellen sowie gegen Nr. 3 des Bescheides anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat sich im laufenden Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin nach der im Verfahren gem. Art. 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung zu Recht abgelehnt. Die Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 sowie gegen Nr. 3 dieses Bescheides wird voraussichtlich keinen Erfolg haben. Der Bescheid vom 30. November 2015 ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO als Befugnisnorm sind mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt; Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Das Vorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Nach der im Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung ist von den tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO für eine Nutzungsuntersagung auszugehen.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher in der Regel nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 30 ff.; U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 22; B. v. 23.04.2015 - 15 ZB 13.2378 - juris Rn. 5 f.; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.).

Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben für genehmigungsfähig hält, sondern darauf, ob das Vorhaben o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist. Der Betrieb der Antragstellerin ist derzeit weder als Wettannahmestelle noch als Wettvermittlungsstelle, Wettbüro oder als Vergnügungsstätte genehmigt. Es liegt nach summarischer Prüfung auch nicht auf der Hand, dass das Vorhaben genehmigungsfähig ist. Vielmehr muss die Genehmigungsfähigkeit im laufenden Baugenehmigungsverfahren noch geklärt werden.

a) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht seiner Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S. v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5 f.; B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - OVG 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, 143 = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69; Mitschang, ZfBR 2012, 419 ff. - jeweils m. w. N.).

Nach der im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung stellt die tatsächlich betriebene Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin eine Vergnügungsstätte in Form eines Wettbüros dar. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen nach der Rechtsprechung des Senats - die entgegen den Darlegungen der Beschwerdebegrünung nicht singulär geblieben ist - Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mit zu verfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; vgl. auch OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.). Mit der Installation von Monitoren und dem Bereithalten von Wett-Terminals, auf denen die Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann, sowie die Wettarten und Wettquoten aufgelistet sind, hat die Antragstellerin eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen. Allein die Vermittlung von Live-Wetten in einer - wie vorliegend - Wettvermittlungsstelle mit Monitoren, die ein Verfolgen aktueller Spielstände o.ä., auf die gewettet werden kann, ermöglicht, überschreitet nach der Rechtsprechung des Senats schon die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen der Antragstellerin an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es keine Unterhaltungsspiele gebe, hindert grundsätzlich nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind lediglich (weitere) Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15, 20; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; VGH BW, B. v. 1.2.2007 - 8 S 2606/06 - BauR 2007, 1217 = juris Rn. 4; VG München, U. v. 17.2.2014 - M 8 K 13.1878 - juris Rn. 31 f.; VG Minden, B. v. 10.2.2006 - 1 L 69/06 - juris Rn. 17), aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Diese ist ein Kriterium zur Unter-scheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungs-stätten (exemplarisch VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor. Der „Verweilcharakter“, den die Antragstellerin dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach vorliegend nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten (zum Ganzen: BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 12 ff.; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 8; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff., 55; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 28; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 49; abweichend: VG München, U. v. 24.6.2013 - M 8 K 12.4195 - juris Rn. 28 f.; VG Neustadt/Weinstr., B. v. 9.2.2011 - 3 L 59/11.NW - juris Rn. 11 ff., 24 ff.; VG Schleswig, B. v. 9.5.2014 - 8 B 10/14 - juris Rn. 14 ff.; enger als hier wohl auch OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11).

Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in eine Nutzung als Wettbüro /Vergnügungsstätte ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig. Eine verfahrensfreie Nutzungsänderung i. S. von § 57 Abs. 4 Nr. 1 BauNVO kommt nicht in Betracht, weil eine Vergnügungsstätte in bauplanungsrechtlicher Hinsicht anders zu beurteilen ist als eine bislang genehmigte schlicht gewerbliche Nutzung als Ladenlokal. Bei diesem Nutzungswechsel ist zudem von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit, die der Einschlägigkeit der Befugnisnorm des Art. 76 Satz 2 BayBO entgegenstünde (s.o.), nicht auszugehen.

Dem Verwaltungsgerichtshof sind im Beschwerdeverfahren die aktuellen Genehmigungsunterlagen, aus denen sich die Begrenzung der Nutzfläche ergeben soll, nicht vorgelegt worden. Auch kann ohne Inaugenscheinnahme der Räumlichkeiten nicht beurteilt werden, inwiefern der gegenwärtige Betrieb des Wettbüros tatsächlich auf einer begrenzten Nutzfläche stattfindet. Nach Aktenlage kann der Senat mithin nicht einschätzen, ob die Wettvermittlungsstätte aufgrund ihrer Größe oder ihrer besonderen - einen größeren Einzugsbereich ansprechenden - Attraktivität bereits die Schwelle zu einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte erreicht (vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8; B. v. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - NVwZ-RR 1993, 287 = juris Rn. 4; BayVGH, U. v. 24.3.2011 - 2 B 11.59 - BauR 2011, 1785 = juris Rn. 27, 28; VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 33; VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - juris Rn. 28 ff.; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 58 ff.; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 52; Stock in König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2014, § 4a Rn. 36; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43). Insofern ist dem Senat im Eilverfahren keine abschließende Bewertung möglich, ob es sich vorliegend um eine Vergnügungsstätte handelt, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder wegen ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig wäre (vgl. § 4a Abs. 3 Nr. 2, § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Hierauf kommt es aber letztlich nicht an.

Die genehmigungspflichtige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte (s.o.) ist auch dann nicht offensichtlich genehmigungsfähig,

- wenn nach Maßgabe der im Baugenehmigungsverfahren eingereichten und zu prüfenden Bauvorlagen, insbesondere nach Maßgabe der Planzeichnung und der gemäß § 3 Nr. 3, § 9 der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Bauvorlagenverordnung - BauVorlV) mit einzureichenden Betriebsbeschreibung (vgl. für eine Wettvermittlungsstelle BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 17) von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen sein sollte,

- wenn der baurechtlichen Zulassung der Nutzungsänderung die vormals erlassene Veränderungssperre wegen Zeitablaufs nicht mehr entgegenstehen sollte und die Antragsgegnerin immer noch keinen Bebauungsplan, dessen Festsetzungen dem Vorhaben entgegenstünden, erlassen hat sowie

- wenn - wovon offenbar beide Parteien ausgehen (vgl. Seite 3 des streitgegenständlichen Bescheides vom 30. November 2015; Seite 2 der erstinstanzlichen Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2015, Bl. 191 der Gerichtsakte Au 5 S 15.1788) - das Vorhaben in einem faktischen Mischgebiet i. S. von § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 BauNVO liegen sollte.

Innerhalb eines (faktischen) Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens ohne Weiteres gegeben wäre, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich und wird auch von der Antragstellerin nicht substanziiert dargelegt (zur wertenden Gesamtbetrachtung bei der Anwendung des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO: VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 45; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 64 ff. m. w. N.). Sollte das Vorhaben aber alternativ nur ausnahmsweise zulassungsfähig sein (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 61). Welche Alternative hier einschlägig ist, lässt sich - ebenso wie die Frage, ob von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen ist - für den Senat nicht ohne weiteres anhand der Akten klären. Dies würde - zumal die Antragsgegnerin eine Situierung in einem durch Wohnnutzung geprägten Bereich vorgetragen hat (vgl. Seite 4 der Antragserwiderung vom 21. Dezember 2015) - entsprechende Ermittlungen abverlangen. Diese müssen zunächst im laufenden Baugenehmigungsverfahren erfolgen. Von einer Offensichtlichkeit der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Nutzung des (bisherigen) Ladenlokals als Wettannahmestelle kann mithin nicht die Rede sein.

b) Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in die vorliegende Nutzung als Wettvermittlungsstelle ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO im Übrigen auch dann baugenehmigungspflichtig, wenn sich im Baugenehmigungsverfahren herausstellen sollte, dass - entgegen der vorher unter a) erfolgten (summarischen) Einordnung als Vergnügungsstätte - die Nutzungsänderung lediglich eine Wettannahmestelle im Sinne eines bloßen sonstigen Gewerbebetriebs zum Gegenstand hat. Aus Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ergibt sich, dass eine Nutzungsänderung genehmigungspflichtig ist, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer jeden Art von Nutzung eigene „Variationsbreite“ verlassen wird - nur dann handelt es sich um eine Nutzungsänderung im baurechtlichen Sinn - und wenn für die neue Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung (BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 31; B. v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris Rn. 15). Von einer genehmigungsfreien Nutzungsänderung gem. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ist bereits dann schon nicht mehr auszugehen, wenn die Zulässigkeit des geänderten Vorhabens i. S. von Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO anders beurteilt werden kann; ob das tatsächlich der Fall ist, ist im Genehmigungsverfahren erst zu prüfen (Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: Dez. 2015, Art. 57 Rn. 224 m. w. N.; nach nordrhein-westfälischem Landesrecht vgl. VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 13 f. m. w. N.). Entscheidend für die Genehmigungspflicht ist im vorliegenden Fall allein schon der Umstand, dass den vormals als Ladengeschäft genehmigten Räumlichkeiten eine völlig neue Zweckbestimmung gegeben wurde, deren Zuordnung je nach Einordnung als schlichte Wettannahmestelle oder als Wettbüro sowie je nach dem Ergebnis der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren als schlichter Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht kommt, die jeweils anderen planungsrechtlichen Anforderungen unterliegen (im faktischen Mischgebiet vgl. etwa § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO einerseits, § 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3 BauNVO andererseits).

Allein schon die unter a) aufgezeigte rechtliche Kontroverse, wann eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zu einer Vergnügungsstätte überschreitet (vgl. die oben zitierten Gegenansichten zur Haltung des Senats; zusammenfassend zum Streitstand: VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff.) zeigt, dass schon in rechtlicher Hinsicht jedenfalls nicht von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit auszugehen ist. Dasselbe gilt hinsichtlich des Einwands der Antragstellerin, dass jedenfalls im vorliegenden Fall gegen den „Verweilcharakter“ und damit gegen die Vergnügungsstättenqualität ihrer Wettvermittlungsstelle spreche, dass - wie die Erhebungen des Personals in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 zeigten - sich die Kunden grundsätzlich nicht länger als wenige Minuten in ihrem Laden aufhielten. Unabhängig von der Frage, ob bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise allein aus tatsächlich erhobenen Daten überhaupt die Zweckbestimmung als Vergnügungsstätte in Frage gestellt werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 20), unabhängig davon, dass die Erhebung von Dienstag bis Freitag (und damit nicht an den für Sportevents womöglich interessanteren Wochenendtagen) stattfand, und unabhängig von der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Erhebung über einen Zeitraum von lediglich vier Tagen bereits repräsentativ sein kann, zeigt auch die von der Antragstellerin erstellte Auflistung, dass es auch Kundenbesuche von 30 Minuten und länger gab (so etwa am Abend des 8. Dezember 2015: 18:00 Uhr bis 18:45 Uhr; 18:02 Uhr bis 18:40 Uhr; 18:07 Uhr bis 18:37 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:25 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:50 Uhr; 19:56 Uhr bis 20:30 Uhr; 20:09 Uhr bis 20:45 Uhr; 2 x 20:50 Uhr bis 21:40 Uhr; 2 x 21:25 Uhr bis 21:50 Uhr). Zudem wäre es auch insofern zunächst Sache der Baugenehmigungsbehörde, dem im Baugenehmigungsverfahren im Einzelnen nachzugehen, so dass jedenfalls allein die Behauptung, die Kundenbesuche bei der Antragstellerin dauerten grundsätzlich nur wenige Augenblicke oder Minuten, nicht genügt, um die Offensichtlichkeit der Genehmigungsfähigkeit zu begründen.

Soweit die Antragstellerin in ihrer Antragsbegründung weiter ausführt, dass auch Monitore und Terminals mit Anzeigen von Quoten und Liveergebnissen mittlerweile zur Standardausstattung von Lotto-Annahmestellen gehörten, ist dies für die Beurteilung des vorliegenden Falles irrelevant. Bei jeder - bundesweit betroffenen - Wettvermittlungsstelle hinge die Zulässigkeit von den jeweiligen baurechtlichen Genehmigungen ab. Soweit als solche genehmigte bloße Wettannahmestellen ihren Betrieb wesentlich ändern und nunmehr über Monitore und Terminals mit aktueller Spielstandanzeige und aktuellen Wettquoten Live-Wetten anbieten, handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Das folgt allein schon aus einer - möglichen - Einordnung des Wettbüros als Vergnügungsstätte (s.o.; ebenso: VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 33).

c) Im Übrigen können sich im Fall der Umnutzung eines bisherigen Ladenlokals in ein Wettbüro bzw. in eine Wettannahmestelle - ggf. neben der Stellplatzfrage - auch mit Blick auf das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot modifizierte, im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende Anforderungen ergeben (vgl. BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 9). Laut den von der Antragstellerin vorgelegten Erhebungen des Personals über Kundenbesuche in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 hatte die Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin - anders als eine herkömmliches Ladengeschäft - jedenfalls auch bis weit nach 22:00 Uhr geöffnet. Auch insofern kann sich die Zulässigkeit des Vorhabens mit Blick auf die Lärmbelastung der Nachbarschaft nach geänderten Maßstäben i. S. von Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO richten, so dass auch in dieser Hinsicht nach Aktenlage bzw. nach summarischer Prüfung von einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung - unabhängig von der Einordnung als Wettannahmestelle oder als Wettbüro bzw. als herkömmlicher Gewerbebetrieb oder Vergnügungsstätte - auszugehen ist. Selbst wenn mithin lediglich eine Wettannahmestelle als sonstiger Gewerbebetrieb (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) ohne Vergnügungsstättenqualität vorläge, wäre das Vorhaben aus den genannten Gründen nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Aufgrund der sich durch die neue Nutzung und die neuen Öffnungszeiten ändernden Emissionsverhältnisse und der damit ggf. einhergehenden neuen und erhöhten Belastungen für die Nachbarschaft kann die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen werden, so dass auch aus diesem Grund von einer genehmigungspflichtigen und jedenfalls nicht ohne Weiteres - d. h. nicht offensichtlich - genehmigungsfähigen Nutzungsänderung auszugehen ist (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; ebenso OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 12 ff.; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 34).

2. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (sog. intendiertes Ermessen; vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 20; BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 35 m. w. N.; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Die Antragsgegnerin hat jedenfalls ihr Ermessen erkannt, indem sie im Bescheid vom 30. November 2015 (Seite 4) darauf abgestellt hat, dass eine Nutzungsuntersagung bei dem festgestellten Sachverhalt gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens habe ausgesprochen werden dürfen und dass insofern bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung, genüge. Insofern spielt es auch keine Rolle, dass - selbst wenn die Veränderungssperre ausgelaufen und nicht erneuert worden sein sollte - die Antragstellerin im Rahmen ihrer Erwägungen im Bescheid ergänzend darauf verwiesen hat, eine Ausnahme von der Veränderungssperre abzulehnen.

Es hält sich ferner im Rahmen des von Art. 76 Satz 2 BayBO eröffneten Ermessens, dass die Antragsgegnerin neben der (inhaltlich beschränkten) Betriebsuntersagung in Nr. 1 Satz 2 des Bescheides vom 30. November 2015 auch die Beseitigung sämtlicher (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals angeordnet hat. Gegen die auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Bezug nehmenden begründenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. Rn. 32 ff. der Ausfertigung des Beschlusses vom 15. Januar 2016), wonach eine Nutzungsuntersagung die Verpflichtung zum Entfernen von Gegenständen beinhalte, wenn sich die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein bestimmter Gegenstände - wie vorliegend die Monitore und die Wett-Terminals - manifestiere (vgl. BayVGH, U. v. 19.11.2007 - 25 B 05.12 - BayVBl. 2008, 629 = juris Rn. 24; ebenso z. B.: VG Regensburg, U. v. 24.7.2012 - RO 6 K 12.428 - juris Rn. 60; VG Aachen, B. v. 1.2.2012 - 3 L 280/11 - juris Rn. 72 f.), hat die Antragstellerin keine substanziierten Einwände i. S. von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO erhoben.

3. Gegen die Beseitigung der Wett-Terminals und Monitore bestehen auch mit Blick auf das Übermaßverbot keine Bedenken. Insbesondere steht die Geeignetheit der Beseitigungsverpflichtung nicht in Frage. Die schlichte Untersagung, Live-Wetten anzubieten, wäre schon kein gleich effektives Mittel. Es gelten - auch hinsichtlich der sonstigen Elemente der Verhältnismäßigkeit - insofern vergleichbare Erwägungen, die der Senat bereits in seinem Beschluss vom 21. Mai 2015 zugrunde gelegt hat (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 23). Soweit nach Aktenlage ersichtlich ist, können die Monitore und Wett-Terminals aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore und Wett-Terminals ist die Beseitigungsanordnung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist nicht schutzwürdig.

Das gilt auch und gerade im vorliegenden Fall, zumal - anders als im Sachverhalt, der dem Beschluss des Senats vom 21. Mai 2015 (15 CS 15.9) zugrunde lag - die Antragstellerin hier noch nicht einmal über eine Baugenehmigung zur Nutzung der Räumlichkeiten als Wettannahmestelle verfügt und damit derzeit jede Form der Wettvermittlung - sei es unter rechtlicher Einordnung als Vergnügungsstätte, sei es als sonstiger Gewerbebetrieb - mangels erforderlicher Baugenehmigung formell illegal ist. Es lag in der Verantwortung der Antragstellerin, rechtzeitig vor Aufnahme der geänderten Nutzung einen vollständigen Änderungsbauantrag zu stellen, um sich über eine entsprechende Betriebsbeschreibung als Bestandteil der Bauvorlagen eine Wettannahmestelle bzw. ein Wettbüro mit einem aus ihrer Sicht erforderlichen Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten legalisieren zu lassen.

4. Gegen die Zwangsgeldandrohung sind im Beschwerdeverfahren keine substanziierten Einwendungen erhoben worden. Aufgrund der Prüfungsbeschränkung im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bedarf es insofern keiner weiteren Ausführungen des Senats.

5. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sie mit ihrer Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.Die Antragstellerin wendet sich gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Nutzungsuntersagung von drei Hallen (1 C mit Überdachung, 2 und 2 A) auf den Grundstücken FlNr. ... und .../27 der Gemarkung A., in denen sie Kunststoffabfälle verarbeitet (PET-Recycling). Für die Hallen 1 C (Parkdeck), 2, 2 A, 3 und 4 ist seit dem 14. Oktober 2011 beim Landratsamt Passau ein Bauantragsverfahren anhängig (Az.: 20112416; Bauvorhaben: „Produktionshallen für Kunststoffgranulate ...-Group A. - Neubau/Umbau Halle“). Bauherr ist das J. Besitzunternehmen. Das Verfahren konnte vor allem auch deshalb noch nicht abgeschlossen werden, weil dem Landratsamt die Bescheinigungen zum Brandschutz nicht vorgelegt wurden.

Mit Bescheid vom 1. Juni 2015 untersagte das Landratsamt die Nutzung der Hallen 1 C (mit Überdachung), 2 und 2 A ab dem 29. Juni 2015 solange, bis eine Baugenehmigung erteilt und die Bauausführung auflagen- und plangemäß erfolgt ist (Nr. 2. A des Bescheids) und die mängelfreien Bescheinigungen Brandschutz I und II eines zugelassenen Prüfsachverständigen für Brandschutz vorliegen (Nr. 2. b des Bescheids) sowie die Prüfung der Standsicherheitsnachweise für die Hallen 1 C und 2 durch den Prüfingenieur Prof. Dr.-Ing. H. abgeschlossen ist und dieser erklärt hat, dass gegen die Nutzungsaufnahme keine Bedenken bestehen (Nr. 2. c des Bescheids). Unter Nr. 3. des Bescheids wurde insoweit die sofortige Vollziehung angeordnet und in Nr. 8 der Antragstellerin im Fall der unterbleibenden, nicht fristgerechten oder nicht vollständigen Befolgung der Anordnung ein Zwangsgeld in Höhe von 15.000 Euro angedroht.

Die Antragstellerin hat am 9. Juni 2015 gegen den Bescheid Klage erhoben (RN 6 K 15.884). Ihren am 26. Juni 2015 gestellten Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 1. Juli 2015 abgelehnt.

Am 9. Juli 2015 legte die Antragstellerin dagegen Beschwerde ein. Sie beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts die aufschiebende Wirkung der Klage vom 9. Juni 2015 gegen die Nr. 2 des Bescheids vom 1. Juni 2015 wiederherzustellen sowie gegen Nr. 8 dieses Bescheids anzuordnen,

hilfsweise, den Beschluss nach § 80 Abs. 7 VwGO abzuändern.

Für die Forderung in Nr. 2. c) des Bescheids, dass der Prüfingenieur nach der Prüfung des Standsicherheitsnachweises erklären solle, dass gegen die Nutzungsaufnahme keine Bedenken bestehen, gebe es keine Rechtsgrundlage. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass das Vorhaben offensichtlich genehmigungsfähig sei. Jedenfalls nach der unter dem 21. Juli 2015 vom Prüfsachverständigen für Brandschutz, Dipl.-Ing. (FH) A., abgegebenen Unbedenklichkeitsbestätigung zum Gesamtobjekt bestehe kein Grund mehr, den Sofortvollzug der Nutzungsuntersagung weiter aufrecht zu erhalten. Im Oktober 2015 legte die Antragstellerin eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der K. Ingenieure GmbH & Co. KG vor, an deren Ende sich ein unterschriebener Rundstempel des Prüfsachverständigen für Brandschutz Dipl.-Ing. Dr. R. befindet. In einem weiteren Schreiben vom 1. Oktober 2015 kündigt dieser Prüfsachverständige an, dass er nach der Umsetzung der Maßnahmen zum Brandschutz, die bis zum 7. August 2016 erfolgen solle, eine Prüfung vor Ort vornehmen und dies durch eine mangelfreie Bescheinigung Brandschutz II bestätigen werde. Im Februar 2016 legte die Antragstellerin eine weitere Stellungnahme der K. Ingenieure GmbH & Co. KG vor, wonach in Anbetracht der inzwischen verwirklichten Sofortmaßnahmen auch schon zum jetzigen Zeitpunkt keine konkrete Gefahr für Leib und Leben bestehe. Auf jeder dieser vier Seiten umfassenden Bestätigung befindet sich unterhalb des Textes ein „geprüft“- Stempel des Prüfsachverständigen Dr. J. und an dessen Ende eine am 8. Februar 2016 angebrachte und unterschriebene Bemerkung „Auf Plausibilität geprüft und einverstanden!“. Zuletzt legte die Antragstellerin eine an sie adressierte, drei Seiten umfassende Erklärung des Prüfsachverständigen Dr. J. vom 14. März 2016 vor. Danach sollen - da die bisher in den Hallen 8-16 stattfindende Kunststoff-Produktion nach Osterhofen verlegt werde - jetzt nur noch die Hallen 2 bis 7 incl. der Vordächer bis zum 30. September 2016 mit im Einzelnen näher beschriebenen Sprinkleranlagen ausgestattet werden, weshalb die bisherigen Brandschutzkonzepte fortzuschreiben und ihm zur Prüfung vorzulegen seien. Diese unter nochmaliger Einschaltung des Kreisbrandrates erfolgende Prüfung werde mindestens sechs bis acht Wochen in Anspruch nehmen. In einem weiteren Schreiben vom 24. Juni 2016 bezweifelt die Antragstellerin die Zulässigkeit der Fortdauer des Sofortvollzugs unter Hinweis darauf, dass die Bedenken wegen des Brandschutzes aus ihrer Sicht ausgeräumt seien. Alle bisher festgelegten Bedingungen seien erfüllt worden, weshalb auch ein neuer Sachverhalt vorläge und der Sofortvollzug aufzuheben sei.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das streitgegenständliche Vorhaben - ein Sonderbau der Gebäudeklasse 3 (vgl. Art. 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 a BayBO) hinsichtlich der Prüfung des Standsicherheitsnachweises, Art. 62 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 BayBO in Bezug auf die Prüfung des Brandschutznachweises) - werde für den Betrieb der Antragstellerin genutzt, obwohl dies schon wegen eines Verstoßes gegen das sich aus Art. 78 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 2, Satz 3 BayBO ergebende gesetzliche Nutzungsverbot illegal sei. Denn weder sei die nach dieser Vorschrift erforderliche Anzeige der beabsichtigten Aufnahme der Nutzung erfolgt noch sei die mit dieser Anzeige vorzulegende Bescheinigung des Prüfsachverständigen über die ordnungsgemäße Bauausführung hinsichtlich des Brandschutzes bei der Bauaufsichtsbehörde eingegangen. Ohne Vorlage der genannten Bescheinigung könne die mindestens zwei Wochen betragende Frist des Art. 78 Abs. 2 Satz 1 BayBO, deren Sinn es sei, der Bauaufsichtsbehörde eine Kontrolle der Benutzbarkeitsvoraussetzungen zu ermöglichen, nicht zu laufen beginnen. Es spreche nichts dagegen, diese Vorschrift auch dann anzuwenden, wenn die Genehmigung noch nicht erteilt sei. Ob und wann das Vorhaben genehmigungsfähig werde, sei offen. Der Sofortvollzug der Nutzungsuntersagung könne nicht aufgehoben werden, weil die erforderlichen vollständigen Brandschutzbescheinigungen nicht vorlägen. Unbedenklichkeitsbescheinigungen könnten die fehlenden Brandschutzbescheinigungen nicht ersetzen. Die zuletzt vorgelegte Unbedenklichkeitsbescheinigung berücksichtige eine teilweise Verlagerung des Betriebs, die nicht Gegenstand des noch anhängigen Genehmigungsverfahrens sei, und enthalte Bedingungen, deren Einhaltung aufgrund der bisherigen Erfahrungen nicht sicher gewährleistet sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen. Gegenüber einem weiteren Unternehmen der ...-Group, der ... Maschinen- und Anlagenbau GmbH, wurde in dem hier angegriffenen Bescheid ebenfalls eine sofort vollziehbare Nutzungsuntersagung ausgesprochen, siehe dazu den Beschluss vom heutigen Tag im Verfahren 15 CS 15.1616.

Mit Bescheiden vom 9. Juli 2015 und 6. August 2015 erklärte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin die zuvor jeweils angedrohten Zwangsgelder in Höhe von 15.000 bzw. 50.000 Euro für fällig und drohte unter dem 6. August ein weiteres Zwangsgeld von 100.000 Euro an, da bei Ortsbesichtigungen am 8. Juli und 28. Juli 2015 alle im Bescheid vom 1. Juni 2015 bezeichneten Hallen in Betrieb gewesen seien (vgl. dazu die Eilverfahren 15 CS 16.778 und 779).

II.Der auf § 80 Abs. 7 VwGO gestützte Hilfsantrag ist unzulässig, da das Verwaltungsgericht nach wie vor das Gericht der Hauptsache ist; dort ist die Klage gegen den Bescheid vom 1. Juni 2015 anhängig.

Die form- und fristgerecht (§ 147 Abs. 1, § 67 Abs. 4 VwGO) eingelegte Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt. Weder die Nutzungsuntersagung noch die Erklärung der sofortigen Vollziehbarkeit dieser Entscheidung durch den Antragsgegner lassen Rechtsfehler erkennen. Im Beschwerdeverfahren wurde nichts vorgetragen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), was eine andere Entscheidung rechtfertigen könnte.

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Dauerverwaltungsakts Nutzungsuntersagung ist im Hauptsacheverfahren die letzte mündliche Verhandlung (BayVGH, U.v. 13.2.2015 - 1 B 13.646 - juris Rn. 27 m. w. N.), im Beschlussverfahren dementsprechend der Tag, an dem der Beschluss gefällt wird (vgl. BayVGH, B.v. 29.6.2016 - 15 CS 15.44). Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren kommt eine ihren Anträgen entsprechende Entscheidung jedoch nicht in Betracht.

2. Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Nutzung von Anlagen untersagt werden, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften stattfindet. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht zutreffend bejaht.

2.1 Grundsätzlich genügt es für die Feststellung eines Widerspruchs zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, dass ein genehmigungspflichtiges Vorhaben ohne Baugenehmigung, d. h. formell illegal genutzt wird. Die Genehmigungspflicht der von der Antragstellerin genutzten Hallen ergibt sich aus Art. 55 Abs. 1 BayBO. Die Antragstellerin hat für die von der streitigen Untersagung betroffenen Hallen keine Baugenehmigung. Ohne diese widerspricht die Nutzung auch Art. 68 Abs. 5 BayBO, wonach schon mit der Bauausführung - und damit erst recht der nachfolgenden Nutzung - erst begonnen werden darf, wenn die Baugenehmigung dem Bauherrn zugegangen ist sowie die Bescheinigungen nach Art. 62 Abs. 3 BayBO und die Baubeginnsanzeige (Art. 68 Abs. 7 BayBO) der Bauaufsichtsbehörde vorliegen.

Wegen der mit der Nutzungsuntersagung verbundenen Eingriffsfolgen ist zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit vor dem Erlass der Anordnung allein wegen formeller Illegalität zu prüfen, ob das Vorhaben nicht ohne weiteres genehmigungsfähig ist (König in Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 76 Rn. 28 m. w. N.). Auch diese Frage hat das Verwaltungsgericht erörtert und zu Recht verneint.

Der Einwand, das Verwaltungsgericht habe den Begriff der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit unzulässig mit einer zeitlichen Bedeutung verknüpft, greift nicht durch. Das Gericht hat darauf abgestellt, dass es keinesfalls feststehe, dass die formell illegal errichteten und genutzten Anlagen entsprechend dem Vortrag der Antragstellerin tatsächlich bis Ende Oktober 2015 genehmigungsfähig sein werden, weil bis dahin die erforderlichen Nachweise erbracht würden. Daran hat sich im Grunde genommen bis heute nichts geändert. Die Antragstellerin konnte auch während des Beschwerdeverfahrens keine mängelfreie Bescheinigung Brandschutz II eines zugelassenen Prüfsachverständigen für Brandschutz für das den Gegenstand ihres Bauantrags bildende Vorhaben vorlegen. Der Antragsgegner weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass auch die übermittelte „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ vom 14. März 2016 - die ohnedies mit zahlreichen Bedingungen verbunden ist, die teilweise erst bis zum 30. September 2016 erfüllt werden sollen - keinen Ersatz dafür darstellen kann. Weil die Antragstellerin mittlerweile u. a. Änderungen in der Nutzung der vorhandenen Gebäude vorgenommen hat oder dies in Kürze tun will und daneben die Auslagerung bestimmter Betriebsteile beabsichtigt, stimmt die sich auch darauf beziehende jüngste Bescheinigung ferner inhaltlich nicht mit den eingereichten Planunterlagen bzw. dem derzeitigen Bestand überein.

Auch die Frage, ob der Betrieb in den fraglichen Hallen die aus Gründen des Immissionsschutzes der Nachbarschaft zu stellenden Anforderungen erfüllen kann bzw. wird, ist nicht geklärt. Das Ende des Jahres 2015 von der Antragstellerin vorgelegte Gutachten entspricht nach Darstellung des Antragsgegners nicht den Anforderungen der TA Lärm. Dieser Aussage hat die Antragstellerin weder widersprochen noch behauptet, dass sie insoweit nachgebessert hätte; sie hat infolgedessen auch nicht schlüssig dargelegt, dass von ihrem Betrieb keine schädlichen Umweltauswirkungen ausgingen.

Von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit der illegal ausgeübten Nutzung kann deshalb nach wie vor nicht die Rede sein.

Soweit die Antragstellerin für die unter 2. c) des Bescheids gewählte Formulierung „… und dieser erklärt hat, dass gegen die Nutzungsaufnahme keine Bedenken bestehen“ eine Rechtsgrundlage vermisst hat, wurde dieser Einwand ausgeräumt. Denn der Antragsgegner hat dazu klargestellt, dass hier nur eine in abschließenden Prüfberichten übliche Wendung wiedergegeben wurde und insoweit jedenfalls keine über die Vorlage des entsprechenden Prüfberichts hinausgehende, eigenständige Forderung aufgestellt werden sollte.

2.2 Hinsichtlich der von der Antragstellerin im Zusammenhang mit der Ermessensausübung infrage gestellten Verhältnismäßigkeit ist zum einen darauf hinzuweisen, dass es regelmäßig ermessensgerecht ist, eine formell illegale Nutzung schon deswegen zu untersagen („intendiertes Ermessen“, vgl. König in Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 76 Rn. 33). Zum anderen ist gerade auch angesichts der weiteren Entwicklung des Falles seit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nichts zu Tage getreten, was die Nutzungsuntersagung als ermessensfehlerhaft erscheinen lassen könnte (vgl. ergänzend oben 2.1). Der gesamte Ablauf des Verfahrens begründet durchaus Zweifel daran, ob die Antragstellerin überhaupt gewillt ist, in Bezug auf die Unternehmenssparte PET-Recycling baurechtlich ordnungsgemäße Verhältnisse herzustellen.

3. Weshalb eine Rechtfertigung für die Anordnung des Sofortvollzugs nicht vorgelegen haben soll (Schriftsatz vom 2.10.2015 auf Seite 5 unten), erschließt sich aus dem übrigen Vortrag der Antragstellerin nicht. Dieser beschränkt sich auf mehrere Hinweise über verschiedene Sofortmaßnahmen, die bereits umgesetzt seien oder in Kürze verwirklicht werden sollte sowie Unbedenklichkeitsbescheinigungen, die auch von einem früher mit dem Vorhaben befassten Sachverständigen für den Brandschutz erstellt wurden.

Der Antragsgegner hat die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO in Nr. 5. der Gründe des Bescheids eingehend unter anderem mit der zu verhindernden Vorbildwirkung der illegalen Nutzung und vor allem mit den erheblichen brandschutztechnischen Sicherheitsmängeln begründet, die bei einer Ortseinsicht am 11. Mai 2015 festgestellt worden seien. Das Verwaltungsgericht hat diese Begründung zu Recht als ausreichend angesehen. Die mehrfach vorgelegten Unbedenklichkeitsbescheinigungen können - wie bereits erwähnt - die nach dem Gesetz erforderlichen Brandschutznachweise nicht ersetzen.

4. Der Antragsgegner hat schließlich zu Recht darauf hingewiesen, dass die in den streitigen Hallen stattfindende Nutzung im Widerspruch zu Art. 78 Abs. 2 BayBO steht. Danach hat der Bauherr die beabsichtigte Aufnahme der Nutzung einer nicht verfahrensfreien baulichen Anlage mindestens zwei Wochen vorher der Bauaufsichtsbehörde anzuzeigen (Art. 78 Abs. 2 Satz 1 BayBO) und mit der Anzeige bei Bauvorhaben nach Art. 62 Abs. 3 Satz 1 BayBO eine Bescheinigung des Prüfsachverständigen über die ordnungsgemäße Bauausführung hinsichtlich der Standsicherheit (Art. 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBO; Anlage 10 der IMBek. vom 31.10.2012 - IIB4-4102.2-002/99 - Vollzug der BauVorlV, AllMBl. S. 898, „Standsicherheitsnachweis II“) und bei Bauvorhaben nach Art. 62 Abs. 3 Satz 3 BayBO eine Bescheinigung des Prüfsachverständigen über die ordnungsgemäße Bauausführung hinsichtlich des Brandschutzes (Art. 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayBO; Anlage 12 der IMBek. vom 31.10.2012 - IIB4-4102.2-002/99 - a. a. O., „Brandschutznachweis II“) vorzulegen (Art. 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 BayBO). Art. 78 Abs. 2 Satz 3 BayBO bestimmt, dass die bauliche Anlage vor dem Ablauf der Zweiwochenfrist für die - vollständige - Anzeige nicht benutzt werden darf. Die Vorschrift legt den frühestmöglichen Zeitpunkt der Benutzbarkeit von baulichen Anlagen fest (König in Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 78 Rn. 7). Verstöße können zur Nutzungsuntersagung führen und sind bußgeldbewehrt (Art. 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 BayBO, vgl. Molodovsky in Molodovsky/Famers, BayBO Stand 1.3.2016, Art. 78 Rn. 19).

Die Antragstellerin hat sich dazu nicht geäußert.

Die Voraussetzungen dieses gesetzlichen Nutzungsverbots liegen vor. Das genehmigungspflichtige Vorhaben wurde vor der Nutzungsaufnahme weder angezeigt noch wurden der Bauaufsichtsbehörde zugleich der nach Art. 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) BayBO bei Sonderbauten der Gebäudeklasse 3 durch einen Prüfingenieur zu prüfende Standsicherheitsnachweis und der bei Sonderbauten durch einen Prüfsachverständigen zu bescheinigende Brandschutznachweis, Art. 62 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 BayBO, vorgelegt. Nach Art. 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 BayBO überwachen die jeweiligen Prüfsachverständigen die Bauausführung nach Art. 62 Abs. 3 Satz 1 BayBO hinsichtlich des von ihnen geprüften oder bescheinigten Standsicherheitsnachweises bzw. hinsichtlich des von ihnen geprüften oder bescheinigten Brandschutznachweises und stellen darüber die entsprechenden Bescheinigungen aus. Die jeweiligen bauaufsichtlichen Anforderungen gelten dann nach Art. 77 Abs. 2 Satz 3 BayBO als eingehalten.

Art. 78 Abs. 2 BayBO beansprucht nach seinem Wortlaut und der Stellung im Abschnitt V - Bauüberwachung - des Gesetzes ohne weiteres auch dann Geltung, wenn eine Baugenehmigung nicht oder noch nicht erteilt worden ist. Die Verantwortlichkeit für die nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlichen Anträge, Anzeigen und Nachweise liegt gemäß Art. 49, Art. 50 Abs. 1 Satz 2 BayBO beim Bauherrn. Das in Art. 78 Abs. 2 Satz 3 BayBO ausdrücklich ausgesprochene Nutzungsverbot gilt unabhängig davon, ob der Bauherr seine Obliegenheiten erfüllt hat oder nicht. Die Anwendbarkeit von Art. 78 Abs. 2 BayBO unterliegt umso weniger Zweifeln, wenn ein Bauherr - wie hier - der Bauaufsichtsbehörde seit Jahren zu verstehen gibt, dass er die ordnungsgemäße Abwicklung eines Baugenehmigungsverfahrens für seine seit langem im Betrieb genommenen Vorhaben ohnehin für entbehrlich hält.

5. Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG, mangels entgegenstehender Anhaltspunkte wie die Vorinstanz.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich gegen eine zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauordnungsrechtliche Verfügung zur Unterbindung der Nutzung einer Räumlichkeit als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte.

Im Erdgeschoss des nach dem zweiten Weltkrieg wieder in Stand gesetzten Anwesens FlNr. ... Gemarkung A. (= W.) befinden sich Räumlichkeiten, die in der Vergangenheit als Ladengeschäft genutzt worden sind (vgl. u. a. den auf Umbaumaßnahmen eines Schuhgeschäfts bezogenen Baugenehmigungsbescheid vom 3. Juni 1982).

Mit Bescheid vom 10. September 2012 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des vormaligen Betreibers /Pächters auf baurechtliche Genehmigung der Nutzungsänderung des im Erdgeschoss des vorgenannten Anwesen befindlichen Ladens in ein - schon damals tatsächlich bereits betriebenes - Büro für Sportwetten unter Hinweis auf eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre ab. Mit Urteil vom 26. September 2013 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die gegen die Ver-sagung der Nutzungsänderungsgenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage ab (Au 5 K 12.1307). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2377).

Unter dem 29. Januar 2013 untersagte die Antragsgegnerin dem vormaligen Betreiber /Pächter, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des Anwesens als Wettlokal für Sportwetten zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Mit Urteil vom 26. September 2013 hob das Verwaltungsgericht Augsburg die in Nr. 2 des Tenors des Bescheids vom 29. Januar 2013 verfügte Zwangsgeldandrohung auf und wies die Anfechtungsklage gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung im Übrigen ab (Au 5 K 13.225). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den (gegen die Klageabweisung im Übrigen gerichteten) Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2378).

Laut einer in den Behördenakten befindlichen Gewerbeanmeldung vom 1. September 2014 nahm die Antragstellerin unter der Adresse W., ... folgende gewerbliche Tätigkeit auf:

„Weitergabe von Sportinformationen, Annahme von Kundenaufträgen zur Abgabe und Vermittlung von Sport- und Oddsetwetten an staatliche Konzessionslotterien auch mittels Online-Kurierdienste, Vermietung von Internetanschlüssen, Getränkeausschank (…).“

Die Antragsgegnerin führte ab Juni 2015 mehrere Baukontrollen durch. In einem Aktenvermerk vom 19. November 2015 über eine Ortsbesichtigung desselben Tages im Wettbüro „T...“ in der W. - als Betreiber wird im Aktenvermerk die Antragstellerin aufgeführt - hielt der Bauaufseher der Antragsgegnerin fest:

„Das Wettbüro war in Betrieb. In der Spielhalle befanden sich 5 Wettautomaten (Wett-Terminals), alle waren in Betrieb, auf insgesamt 6 Bildschirmen wurden die aktuellen Wettquoten angezeigt. Den Besuchern steht ein WC zur Verfügung. Die Gäste haben Zugriff auf einen Getränkeautomat. Ein Briefkasten für das Wettbüro ist nicht vorhanden.

Nach Inspektion und Stellungnahme von Herrn B... und Herrn R... vor Ort können auch die 5 Wett-Terminals als Bildschirm verwendet werden, um sich - ähnlich wie auf den 6 zusätzlich vorhandenen Bildschirmen - die Live-Wetten anzeigen zu lassen. (…)“

Mit dem streitgegenständlichen, am 2. Dezember 2015 zur Post gegebenen Bescheid vom 30. November 2015 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin - unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 2), unter Androhung eines Zwangsgeldes i.H. von 2.000,- € (Nr. 3) sowie unter gleichzeitiger (ebenfalls sofort vollziehbarer) Duldungsanordnung gegenüber den Grundstückseigentümern (Nr. 4, mit Zwangsgeldandrohung unter Nr. 5) - mit Nr. 1 Satz 1, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des betroffenen Anwesens als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Zu diesem Zweck seien sämtliche (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals zu beseitigen (Nr. 1 Satz 2). Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Nutzungsänderung nicht genehmigungsfähig sei. Mit der den Besuchern über die Wett-Terminals eingeräumten Möglichkeit, das Spiel- bzw. Wettgeschehen live zu verfolgen und an Sportwetten teilzunehmen, sowie aufgrund des Vorhandenseins eines Getränkeautomaten und von drei Stehtischen bestehe zu einem Verweilen ausreichend Gelegenheit, so dass das Wettlokal mit einer Gesamtnutzfläche von 127 m² als kerngebietstypische Vergnügungsstätte einzuordnen sei. Dies sei im hier gegebenen faktischen Mischgebiet gem. § 34 Abs. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) i.V. mit § 6 der Baunutzungs-verordnung (BauNVO) bauplanungsrechtlich unzulässig, zumal zur Sicherung der Planung eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre erlassen worden sei. Ein vormals gestellter Antrag auf Nutzungsänderung in ein Büro für Sportwetten sei mit Bescheid vom 10. September 2012 abgelehnt worden. In Ausübung ihrer Planungshoheit lehne die Antragsgegnerin eine Ausnahme von der Veränderungssperre ab. Infolge des festgestellten Sachverhalts könne die Nutzungsuntersagung, zu deren Umsetzung die Bildschirme und Wett-Terminals zu beseitigen seien, gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens ausgesprochen werden. Hierfür genüge bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung. Die Nutzungsuntersagung stehe im öffentlichen Interesse und sei auch verhältnismäßig. Aufgrund einer negativen Vorbildwirkung liege die angeordnete sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse.

Am 8. Dezember 2015 erhob die Antragstellerin Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Antrag, den Bescheid vom 30. November 2015 aufzuheben. Über die Klage ist - soweit nach Aktenlage ersichtlich ist - bislang nicht entschieden. Ebenfalls am 8. Dezember 2015 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Die Antragstellerin wies im erstinstanzlichen Verfahren u. a. darauf hin, dass die Sitzgelegenheiten und der vormalige Getränkeautomat entfernt worden seien. Außerdem betrage die Nutzfläche des Ladens nur noch ca. 40 m².

Mit Beschluss vom 15. Januar 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die unter Nr. 1 Satz 1 des Bescheides ausgesprochene Nutzungsuntersagung sei gemäß Art. 76 Satz 2 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) voraussichtlich rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Die hier vorliegende genehmigungspflichtige Nutzungsänderung, die die Vermittlung von Live-Wetten umfasse, überschreite die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Da sich die Nutzung der Betriebsstätte nicht mehr im Rahmen der Variationsbreite der genehmigten gewerblichen Nutzung als Ladengeschäft bewege, sei die untersagte Nutzung formell rechtswidrig. Die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte sei - mit Blick auf die erst im Hauptsacheverfahren zu klärenden genauen Verhältnisse im betroffenen unbeplanten Ortsteil - auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Die Ermessensausübung der Antragsgegnerin sei nicht zu beanstanden. Nr. 1 Satz 2 des Bescheides sei ebenfalls von Art. 76 Satz 2 BayBO gedeckt, weil sich vorliegend die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein der zu beseitigenden Gegenstände manifestiere. Die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3) sei hinreichend bestimmt und halte sich hinsichtlich Fristsetzung und Höhe im Rahmen des Angemessenen.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

Sie beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Januar 2016 abzuändern und die aufschiebende Wirkung gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 wiederherzustellen sowie gegen Nr. 3 des Bescheides anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat sich im laufenden Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin nach der im Verfahren gem. Art. 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung zu Recht abgelehnt. Die Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 sowie gegen Nr. 3 dieses Bescheides wird voraussichtlich keinen Erfolg haben. Der Bescheid vom 30. November 2015 ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO als Befugnisnorm sind mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt; Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Das Vorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Nach der im Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung ist von den tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO für eine Nutzungsuntersagung auszugehen.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher in der Regel nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 30 ff.; U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 22; B. v. 23.04.2015 - 15 ZB 13.2378 - juris Rn. 5 f.; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.).

Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben für genehmigungsfähig hält, sondern darauf, ob das Vorhaben o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist. Der Betrieb der Antragstellerin ist derzeit weder als Wettannahmestelle noch als Wettvermittlungsstelle, Wettbüro oder als Vergnügungsstätte genehmigt. Es liegt nach summarischer Prüfung auch nicht auf der Hand, dass das Vorhaben genehmigungsfähig ist. Vielmehr muss die Genehmigungsfähigkeit im laufenden Baugenehmigungsverfahren noch geklärt werden.

a) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht seiner Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S. v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5 f.; B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - OVG 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, 143 = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69; Mitschang, ZfBR 2012, 419 ff. - jeweils m. w. N.).

Nach der im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung stellt die tatsächlich betriebene Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin eine Vergnügungsstätte in Form eines Wettbüros dar. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen nach der Rechtsprechung des Senats - die entgegen den Darlegungen der Beschwerdebegrünung nicht singulär geblieben ist - Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mit zu verfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; vgl. auch OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.). Mit der Installation von Monitoren und dem Bereithalten von Wett-Terminals, auf denen die Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann, sowie die Wettarten und Wettquoten aufgelistet sind, hat die Antragstellerin eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen. Allein die Vermittlung von Live-Wetten in einer - wie vorliegend - Wettvermittlungsstelle mit Monitoren, die ein Verfolgen aktueller Spielstände o.ä., auf die gewettet werden kann, ermöglicht, überschreitet nach der Rechtsprechung des Senats schon die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen der Antragstellerin an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es keine Unterhaltungsspiele gebe, hindert grundsätzlich nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind lediglich (weitere) Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15, 20; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; VGH BW, B. v. 1.2.2007 - 8 S 2606/06 - BauR 2007, 1217 = juris Rn. 4; VG München, U. v. 17.2.2014 - M 8 K 13.1878 - juris Rn. 31 f.; VG Minden, B. v. 10.2.2006 - 1 L 69/06 - juris Rn. 17), aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Diese ist ein Kriterium zur Unter-scheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungs-stätten (exemplarisch VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor. Der „Verweilcharakter“, den die Antragstellerin dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach vorliegend nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten (zum Ganzen: BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 12 ff.; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 8; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff., 55; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 28; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 49; abweichend: VG München, U. v. 24.6.2013 - M 8 K 12.4195 - juris Rn. 28 f.; VG Neustadt/Weinstr., B. v. 9.2.2011 - 3 L 59/11.NW - juris Rn. 11 ff., 24 ff.; VG Schleswig, B. v. 9.5.2014 - 8 B 10/14 - juris Rn. 14 ff.; enger als hier wohl auch OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11).

Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in eine Nutzung als Wettbüro /Vergnügungsstätte ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig. Eine verfahrensfreie Nutzungsänderung i. S. von § 57 Abs. 4 Nr. 1 BauNVO kommt nicht in Betracht, weil eine Vergnügungsstätte in bauplanungsrechtlicher Hinsicht anders zu beurteilen ist als eine bislang genehmigte schlicht gewerbliche Nutzung als Ladenlokal. Bei diesem Nutzungswechsel ist zudem von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit, die der Einschlägigkeit der Befugnisnorm des Art. 76 Satz 2 BayBO entgegenstünde (s.o.), nicht auszugehen.

Dem Verwaltungsgerichtshof sind im Beschwerdeverfahren die aktuellen Genehmigungsunterlagen, aus denen sich die Begrenzung der Nutzfläche ergeben soll, nicht vorgelegt worden. Auch kann ohne Inaugenscheinnahme der Räumlichkeiten nicht beurteilt werden, inwiefern der gegenwärtige Betrieb des Wettbüros tatsächlich auf einer begrenzten Nutzfläche stattfindet. Nach Aktenlage kann der Senat mithin nicht einschätzen, ob die Wettvermittlungsstätte aufgrund ihrer Größe oder ihrer besonderen - einen größeren Einzugsbereich ansprechenden - Attraktivität bereits die Schwelle zu einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte erreicht (vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8; B. v. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - NVwZ-RR 1993, 287 = juris Rn. 4; BayVGH, U. v. 24.3.2011 - 2 B 11.59 - BauR 2011, 1785 = juris Rn. 27, 28; VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 33; VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - juris Rn. 28 ff.; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 58 ff.; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 52; Stock in König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2014, § 4a Rn. 36; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43). Insofern ist dem Senat im Eilverfahren keine abschließende Bewertung möglich, ob es sich vorliegend um eine Vergnügungsstätte handelt, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder wegen ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig wäre (vgl. § 4a Abs. 3 Nr. 2, § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Hierauf kommt es aber letztlich nicht an.

Die genehmigungspflichtige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte (s.o.) ist auch dann nicht offensichtlich genehmigungsfähig,

- wenn nach Maßgabe der im Baugenehmigungsverfahren eingereichten und zu prüfenden Bauvorlagen, insbesondere nach Maßgabe der Planzeichnung und der gemäß § 3 Nr. 3, § 9 der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Bauvorlagenverordnung - BauVorlV) mit einzureichenden Betriebsbeschreibung (vgl. für eine Wettvermittlungsstelle BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 17) von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen sein sollte,

- wenn der baurechtlichen Zulassung der Nutzungsänderung die vormals erlassene Veränderungssperre wegen Zeitablaufs nicht mehr entgegenstehen sollte und die Antragsgegnerin immer noch keinen Bebauungsplan, dessen Festsetzungen dem Vorhaben entgegenstünden, erlassen hat sowie

- wenn - wovon offenbar beide Parteien ausgehen (vgl. Seite 3 des streitgegenständlichen Bescheides vom 30. November 2015; Seite 2 der erstinstanzlichen Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2015, Bl. 191 der Gerichtsakte Au 5 S 15.1788) - das Vorhaben in einem faktischen Mischgebiet i. S. von § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 BauNVO liegen sollte.

Innerhalb eines (faktischen) Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens ohne Weiteres gegeben wäre, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich und wird auch von der Antragstellerin nicht substanziiert dargelegt (zur wertenden Gesamtbetrachtung bei der Anwendung des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO: VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 45; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 64 ff. m. w. N.). Sollte das Vorhaben aber alternativ nur ausnahmsweise zulassungsfähig sein (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 61). Welche Alternative hier einschlägig ist, lässt sich - ebenso wie die Frage, ob von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen ist - für den Senat nicht ohne weiteres anhand der Akten klären. Dies würde - zumal die Antragsgegnerin eine Situierung in einem durch Wohnnutzung geprägten Bereich vorgetragen hat (vgl. Seite 4 der Antragserwiderung vom 21. Dezember 2015) - entsprechende Ermittlungen abverlangen. Diese müssen zunächst im laufenden Baugenehmigungsverfahren erfolgen. Von einer Offensichtlichkeit der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Nutzung des (bisherigen) Ladenlokals als Wettannahmestelle kann mithin nicht die Rede sein.

b) Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in die vorliegende Nutzung als Wettvermittlungsstelle ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO im Übrigen auch dann baugenehmigungspflichtig, wenn sich im Baugenehmigungsverfahren herausstellen sollte, dass - entgegen der vorher unter a) erfolgten (summarischen) Einordnung als Vergnügungsstätte - die Nutzungsänderung lediglich eine Wettannahmestelle im Sinne eines bloßen sonstigen Gewerbebetriebs zum Gegenstand hat. Aus Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ergibt sich, dass eine Nutzungsänderung genehmigungspflichtig ist, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer jeden Art von Nutzung eigene „Variationsbreite“ verlassen wird - nur dann handelt es sich um eine Nutzungsänderung im baurechtlichen Sinn - und wenn für die neue Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung (BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 31; B. v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris Rn. 15). Von einer genehmigungsfreien Nutzungsänderung gem. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ist bereits dann schon nicht mehr auszugehen, wenn die Zulässigkeit des geänderten Vorhabens i. S. von Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO anders beurteilt werden kann; ob das tatsächlich der Fall ist, ist im Genehmigungsverfahren erst zu prüfen (Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: Dez. 2015, Art. 57 Rn. 224 m. w. N.; nach nordrhein-westfälischem Landesrecht vgl. VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 13 f. m. w. N.). Entscheidend für die Genehmigungspflicht ist im vorliegenden Fall allein schon der Umstand, dass den vormals als Ladengeschäft genehmigten Räumlichkeiten eine völlig neue Zweckbestimmung gegeben wurde, deren Zuordnung je nach Einordnung als schlichte Wettannahmestelle oder als Wettbüro sowie je nach dem Ergebnis der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren als schlichter Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht kommt, die jeweils anderen planungsrechtlichen Anforderungen unterliegen (im faktischen Mischgebiet vgl. etwa § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO einerseits, § 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3 BauNVO andererseits).

Allein schon die unter a) aufgezeigte rechtliche Kontroverse, wann eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zu einer Vergnügungsstätte überschreitet (vgl. die oben zitierten Gegenansichten zur Haltung des Senats; zusammenfassend zum Streitstand: VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff.) zeigt, dass schon in rechtlicher Hinsicht jedenfalls nicht von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit auszugehen ist. Dasselbe gilt hinsichtlich des Einwands der Antragstellerin, dass jedenfalls im vorliegenden Fall gegen den „Verweilcharakter“ und damit gegen die Vergnügungsstättenqualität ihrer Wettvermittlungsstelle spreche, dass - wie die Erhebungen des Personals in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 zeigten - sich die Kunden grundsätzlich nicht länger als wenige Minuten in ihrem Laden aufhielten. Unabhängig von der Frage, ob bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise allein aus tatsächlich erhobenen Daten überhaupt die Zweckbestimmung als Vergnügungsstätte in Frage gestellt werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 20), unabhängig davon, dass die Erhebung von Dienstag bis Freitag (und damit nicht an den für Sportevents womöglich interessanteren Wochenendtagen) stattfand, und unabhängig von der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Erhebung über einen Zeitraum von lediglich vier Tagen bereits repräsentativ sein kann, zeigt auch die von der Antragstellerin erstellte Auflistung, dass es auch Kundenbesuche von 30 Minuten und länger gab (so etwa am Abend des 8. Dezember 2015: 18:00 Uhr bis 18:45 Uhr; 18:02 Uhr bis 18:40 Uhr; 18:07 Uhr bis 18:37 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:25 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:50 Uhr; 19:56 Uhr bis 20:30 Uhr; 20:09 Uhr bis 20:45 Uhr; 2 x 20:50 Uhr bis 21:40 Uhr; 2 x 21:25 Uhr bis 21:50 Uhr). Zudem wäre es auch insofern zunächst Sache der Baugenehmigungsbehörde, dem im Baugenehmigungsverfahren im Einzelnen nachzugehen, so dass jedenfalls allein die Behauptung, die Kundenbesuche bei der Antragstellerin dauerten grundsätzlich nur wenige Augenblicke oder Minuten, nicht genügt, um die Offensichtlichkeit der Genehmigungsfähigkeit zu begründen.

Soweit die Antragstellerin in ihrer Antragsbegründung weiter ausführt, dass auch Monitore und Terminals mit Anzeigen von Quoten und Liveergebnissen mittlerweile zur Standardausstattung von Lotto-Annahmestellen gehörten, ist dies für die Beurteilung des vorliegenden Falles irrelevant. Bei jeder - bundesweit betroffenen - Wettvermittlungsstelle hinge die Zulässigkeit von den jeweiligen baurechtlichen Genehmigungen ab. Soweit als solche genehmigte bloße Wettannahmestellen ihren Betrieb wesentlich ändern und nunmehr über Monitore und Terminals mit aktueller Spielstandanzeige und aktuellen Wettquoten Live-Wetten anbieten, handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Das folgt allein schon aus einer - möglichen - Einordnung des Wettbüros als Vergnügungsstätte (s.o.; ebenso: VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 33).

c) Im Übrigen können sich im Fall der Umnutzung eines bisherigen Ladenlokals in ein Wettbüro bzw. in eine Wettannahmestelle - ggf. neben der Stellplatzfrage - auch mit Blick auf das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot modifizierte, im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende Anforderungen ergeben (vgl. BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 9). Laut den von der Antragstellerin vorgelegten Erhebungen des Personals über Kundenbesuche in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 hatte die Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin - anders als eine herkömmliches Ladengeschäft - jedenfalls auch bis weit nach 22:00 Uhr geöffnet. Auch insofern kann sich die Zulässigkeit des Vorhabens mit Blick auf die Lärmbelastung der Nachbarschaft nach geänderten Maßstäben i. S. von Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO richten, so dass auch in dieser Hinsicht nach Aktenlage bzw. nach summarischer Prüfung von einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung - unabhängig von der Einordnung als Wettannahmestelle oder als Wettbüro bzw. als herkömmlicher Gewerbebetrieb oder Vergnügungsstätte - auszugehen ist. Selbst wenn mithin lediglich eine Wettannahmestelle als sonstiger Gewerbebetrieb (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) ohne Vergnügungsstättenqualität vorläge, wäre das Vorhaben aus den genannten Gründen nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Aufgrund der sich durch die neue Nutzung und die neuen Öffnungszeiten ändernden Emissionsverhältnisse und der damit ggf. einhergehenden neuen und erhöhten Belastungen für die Nachbarschaft kann die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen werden, so dass auch aus diesem Grund von einer genehmigungspflichtigen und jedenfalls nicht ohne Weiteres - d. h. nicht offensichtlich - genehmigungsfähigen Nutzungsänderung auszugehen ist (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; ebenso OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 12 ff.; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 34).

2. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (sog. intendiertes Ermessen; vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 20; BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 35 m. w. N.; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Die Antragsgegnerin hat jedenfalls ihr Ermessen erkannt, indem sie im Bescheid vom 30. November 2015 (Seite 4) darauf abgestellt hat, dass eine Nutzungsuntersagung bei dem festgestellten Sachverhalt gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens habe ausgesprochen werden dürfen und dass insofern bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung, genüge. Insofern spielt es auch keine Rolle, dass - selbst wenn die Veränderungssperre ausgelaufen und nicht erneuert worden sein sollte - die Antragstellerin im Rahmen ihrer Erwägungen im Bescheid ergänzend darauf verwiesen hat, eine Ausnahme von der Veränderungssperre abzulehnen.

Es hält sich ferner im Rahmen des von Art. 76 Satz 2 BayBO eröffneten Ermessens, dass die Antragsgegnerin neben der (inhaltlich beschränkten) Betriebsuntersagung in Nr. 1 Satz 2 des Bescheides vom 30. November 2015 auch die Beseitigung sämtlicher (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals angeordnet hat. Gegen die auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Bezug nehmenden begründenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. Rn. 32 ff. der Ausfertigung des Beschlusses vom 15. Januar 2016), wonach eine Nutzungsuntersagung die Verpflichtung zum Entfernen von Gegenständen beinhalte, wenn sich die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein bestimmter Gegenstände - wie vorliegend die Monitore und die Wett-Terminals - manifestiere (vgl. BayVGH, U. v. 19.11.2007 - 25 B 05.12 - BayVBl. 2008, 629 = juris Rn. 24; ebenso z. B.: VG Regensburg, U. v. 24.7.2012 - RO 6 K 12.428 - juris Rn. 60; VG Aachen, B. v. 1.2.2012 - 3 L 280/11 - juris Rn. 72 f.), hat die Antragstellerin keine substanziierten Einwände i. S. von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO erhoben.

3. Gegen die Beseitigung der Wett-Terminals und Monitore bestehen auch mit Blick auf das Übermaßverbot keine Bedenken. Insbesondere steht die Geeignetheit der Beseitigungsverpflichtung nicht in Frage. Die schlichte Untersagung, Live-Wetten anzubieten, wäre schon kein gleich effektives Mittel. Es gelten - auch hinsichtlich der sonstigen Elemente der Verhältnismäßigkeit - insofern vergleichbare Erwägungen, die der Senat bereits in seinem Beschluss vom 21. Mai 2015 zugrunde gelegt hat (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 23). Soweit nach Aktenlage ersichtlich ist, können die Monitore und Wett-Terminals aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore und Wett-Terminals ist die Beseitigungsanordnung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist nicht schutzwürdig.

Das gilt auch und gerade im vorliegenden Fall, zumal - anders als im Sachverhalt, der dem Beschluss des Senats vom 21. Mai 2015 (15 CS 15.9) zugrunde lag - die Antragstellerin hier noch nicht einmal über eine Baugenehmigung zur Nutzung der Räumlichkeiten als Wettannahmestelle verfügt und damit derzeit jede Form der Wettvermittlung - sei es unter rechtlicher Einordnung als Vergnügungsstätte, sei es als sonstiger Gewerbebetrieb - mangels erforderlicher Baugenehmigung formell illegal ist. Es lag in der Verantwortung der Antragstellerin, rechtzeitig vor Aufnahme der geänderten Nutzung einen vollständigen Änderungsbauantrag zu stellen, um sich über eine entsprechende Betriebsbeschreibung als Bestandteil der Bauvorlagen eine Wettannahmestelle bzw. ein Wettbüro mit einem aus ihrer Sicht erforderlichen Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten legalisieren zu lassen.

4. Gegen die Zwangsgeldandrohung sind im Beschwerdeverfahren keine substanziierten Einwendungen erhoben worden. Aufgrund der Prüfungsbeschränkung im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bedarf es insofern keiner weiteren Ausführungen des Senats.

5. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sie mit ihrer Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Nach Beschwerden anderer Mieter des streitgegenständlichen Anwesens und entsprechender Nachforschungen hinsichtlich der Verfügungsberechtigung über die streitgegenständlichen Räumlichkeiten hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Schreiben vom 13. Mai 2015 zur ungenehmigten Nutzung einer Wohnung im zweiten Obergeschoss und von Lagerräumen im Keller als Ferienwohnungen an und wies darauf hin, dass mangels Genehmigung der insoweit genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung eine Nutzungsuntersagung nach dem derzeitigen Sach- und Ermittlungsstand im Raume stehe. In den Akten befinden sich hierzu Auszüge eines Angebots der streitgegenständlichen Räumlichkeiten durch den Internet-Vermieter ... sowie Auszüge von Mietverträgen zwischen der Fa. ... Immobilien GmbH als Vermieter und der Antragstellerin als Mieterin. Nach dem Gewerbemietvertrag vom 12. November 2014 sind im streitgegenständlichen Anwesen der Gewerberaum im Souterrain, fünf Räume und WC mit 77,93 m² (siehe Plan) ab dem 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2016 zu einem Mietzins von 833,- EUR an die Antragstellerin vermietet. Ausweislich des Auszuges aus dem Zeitmietvertrag wurden vom genannten Vermieter an die Antragstellerin im streitgegenständlichen Anwesen die im zweiten Obergeschoss gelegene „WG-Wohnung“ mit einer Größe von 140,96 m², bestehend aus vier Zimmern plus Abstellraum und Kellerabteil, zu einer Monatsmiete bis zum 30. November 2016 von Euro 1.795,- plus Nebenkosten vermietet. Ein Datum enthält der Auszug aus dem Zeitmietvertrag für die Wohnung im zweiten Obergeschoss nicht.

In der Folgezeit legte die ... Immobilien GmbH ein Kündigungsschreiben vom 13. Juni 2015 für den Gewerbemietvertrag vom 12. November 2014 vor, wonach wegen Zahlungsverzug das genannte Mietverhältnis fristlos gekündigt werde.

Mit einem am 5. August 2015 bei der Antragsgegnerin eingegangenen Schreiben vom 31. Juli 2015 zeigten die Bevollmächtigten der Antragstellerin deren Vertretung an.

Mit Bescheid vom ... Oktober 2015 untersagte die Antragsgegnerin die Nutzung des genehmigten Lagers bzw. Kellerabstellraumes im Untergeschoss des Anwesens ...str. 25 (unter Bezugnahme auf die beiliegende Grundrisskopie) als Ferienwohnung oder generell als Aufenthalts- und Übernachtungsräume unverzüglich, spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung (Ziff. 1).

Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 wurde angeordnet (Ziff. 2).

Für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der Verpflichtung unter Ziff. 1 wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,- EUR angedroht (Ziff. 3).

Zur Begründung wurde unter Darlegung der Vorgeschichte im Wesentlichen ausgeführt, dass die genannten Räumlichkeiten über Buchungsportale wie ... und ... als Ferienwohnung vermietet werden würden. Der Versuch, die Nachbarbeschwerden vor Ort zu verifizieren, sei zunächst gescheitert. Erst am 9. Oktober 2015 sei mit mehr als einer Woche Vorlaufzeit ein Ortstermin zu Stande gekommen. Während dieses Termins habe Herr ... von der Antragstellerin angegeben, dass die Räume nicht zum Übernachten, sondern nur als Lager genutzt würden und er keine Vermietung als Ferienwohnung betreibe. Die Besichtigung am 9. Oktober 2015 in Anwesenheit von Herrn ... habe ergeben, dass sich der Zustand der Räume im Untergeschoss wie in dem „...-Ausdruck“ vom April 2015 darstelle. Man gehe vom Garten über eine Treppe in den Keller; die Tür sei wie eine alte Luftschutztür mit Hebeln ausgestattet, die sie luftdicht ins Schloss zögen. Der Raum Nr. 1 habe eine offensichtlich erst kürzlich eingebaute verglaste Dusche, eine Waschmaschine und einen Trockner direkt neben der Tür, sowie ein Doppelbett. Im Raum Nr. 2 sei eine ebenfalls noch recht neu wirkende Küche mit Kochfeld, Spüle und einem Mikrowellenherd, der Funktionsfähigkeit signalisiert habe, vorhanden. Außerdem habe auf einem Tisch ein Flachbildfernseher, der mit einem Laken provisorisch abgedeckt gewesen sei, gestanden. In beiden Räumen stünden auch Tisch und Sessel. Sowohl die Küche als auch die Dusche vermittelten den Eindruck, erst vor kurzem benutzt und gesäubert worden zu sein. In den übrigen Räumen befänden sich vorwiegend Betten. Zum Zeitpunkt der Kontrolle seien die blanken Lattenroste zu sehen gewesen, die Auflagen hätten zusammengerollt in zwei Ecken gelegen. Gäste hätten sich zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht in den Räumlichkeiten befunden.

Eine Baugenehmigung für die genehmigten Lager- bzw. Kellerabstellräume als Ferienwohnung sei nicht vorhanden, weshalb schon aufgrund der formell rechtswidrigen Nutzung eine Nutzungsuntersagung gerechtfertigt sei. Die Nutzung sei voraussichtlich aber auch wegen Verstößen gegen materielles Recht rechtswidrig, da bei genehmigungspflichtigen Nutzungsänderungen bei einem Gebäude der Gebäudeklasse 5, um das es sich bei dem Anwesen ...str. 25 handele, ein Brandschutznachweis zu erstellen und dieser über die Bauaufsichtsbehörde oder einen Prüfsachverständigen zu prüfen sei (Art. 62 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 BayBO, § 11 BauVorlV). Auch der Standsicherheitsnachweis sei zu prüfen, Art. 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayBO, § 10 BauVorlV. Beide Bescheinigungen seien nicht vorgelegt worden. Der zweite Rettungsweg sei nicht gesichert; zumindest der Raum Nr. 5 (in dem nach der ausgedruckten ...-Anzeige, nach der die Räume für bis zu 13 Personen vermietet würden und nach den bei der Ortskontrolle vorgefundenen Bettgestellen 4 - 5 Personen schlafen) habe bei einem Feuer im Raum Nr. 4 keinerlei gesicherten Rettungsweg. Die Erfüllung von Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Art. 12 BayBO und Art. 31 Abs. 1 Satz 2 BayBO sei augenscheinlich nicht gegeben. Auch sei fraglich, ob sich die Aufenthaltsraumnutzung im Untergeschoss nach § 34 BauGB in die Umgebungsbebauung einfüge; Präzedenzfälle für Aufenthaltsraumnutzungen im Untergeschoss seien nicht vorgetragen worden. Art. 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BayBO seien ersichtlich nicht erfüllt, da die Räume Nrn. 3, 4 und 5 über keine ausreichende Belichtung mit Tageslicht verfügten. Auch der Raum Nr. 1 wäre nur bei offener Tür (die aber ihrerseits in einem Treppenschacht situiert sei) ausreichend belichtet. Der Vollständigkeit halber werde auch darauf hingewiesen, dass die Einhaltung des Stellplatznachweises Art. 47 BayBO zumindest offen sei und somit auch hinsichtlich dieses Aspektes keine offenkundige Genehmigungsfähigkeit bestehe.

Die Antragsgegnerin handele in pflichtgemäßem Ermessen, da sie unter Abwägung aller für und gegen eine Hinnahme des derzeitigen Zustandes sprechenden Gesichtspunkte zu dem Ergebnis gelangt sei, dass das öffentliche Interesse an der Herstellung ordnungsgemäßer baulicher Zustände und an der zeitnahen Unterbindung der ungenehmigten, bereits vorgenommenen Nutzung gegenüber den privaten Interessen des Adressaten an der Weiterführung der ungenehmigten Ferienwohnungsnutzung überwiege. Angesichts der Beweise für eine Ferienwohnungsnutzung (...-Ausdruck sowie die Zeugenaussagen der Beschwerdeführer) bestehe für die Antragsgegnerin kein vernünftiger Zweifel, dass die Räumlichkeiten als Ferienwohnung angeboten und auch vermietet werden würden. Selbst wenn die entsprechend ausgestatteten Räume nicht Teil einer Ferienwohnung wären, sondern Freunden und Bekannten unentgeltlich zur Übernachtung überlassen werden würden, würde dies Baurecht widersprechen, da eben auch keine Aufenthaltsraum- und Übernachtungsraumnutzung genehmigt sei.

Angesichts der Gefährdung der Gäste wegen des nicht erstellten, nicht eingereichten und nicht geprüften Brandschutznachweises (geschweige denn der Umsetzung jeglicher zusätzlicher Brandschutzmaßnahmen) sowie des gefangenen Raumes Nr. 5 sei die Nutzungsuntersagung nicht nur wegen der formellen Illegalität, sondern auch wegen der Unterbindung der Gefährdung auszusprechen. Auch fühlten sich die übrigen Mieter wegen der oft wechselnden Gäste in ihrer Sicherheit beeinträchtigt. Vor allem weibliche Mieter wagten sich nicht mehr in den Keller, nachdem es mehrmals zu Begegnungen mit fremden und teilweise auch alkoholisierten Gästen aus den Untergeschossräumlichkeiten gekommen sei. Die Aussage von Herrn ... anlässlich der Ortsbesichtigung, die Räumlichkeiten würden nur als Lager genutzt, sei angesichts des vorgefundenen Zustands und der Aussagen der Beschwerdeführer unglaubwürdig.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit sei notwendig, da sich der Betreiber durch die Nutzungsaufnahme ohne vorherige Genehmigung eine ihm nicht zustehende Rechtsposition anmaße und angesichts der dargestellten Gefährdung wegen Nichtvorlage geprüfter Brandschutzunterlagen und Nichtvornahme von Brandschutzmaßnahmen ein Zeitraum von schätzungsweise zwei bis vier Jahren bis zur Bestandskraft der Verfügung nicht verantwortet werden könne, zumal den Beteiligten die fehlende Genehmigung und auch die Genehmigungspflichtigkeit bekannt gewesen sein müsse. Ohne die Sofortvollzugsanordnung bestehe auch eine Beeinträchtigung des Sicherheitsgefühls der übrigen Mieter weiter. Auch sei bei formeller Illegalität verbunden mit voraussichtlich fehlender Genehmigungsfähigkeit regelmäßig durch Sofortvollzugsanordnung die Nutzung möglichst zeitnah zu unterbinden, um sowohl Präzedenzfallwirkungen zu minimieren als auch die angemaßte Rechtsposition möglichst zeitnah nach deren Aufdeckung zu unterbinden. Gründe, warum im vorliegenden Fall eine Sofortvollzugsanordnung unterbleiben sollte, seien weder vorgebracht noch ersichtlich. Da nach Aussage von Herrn ... nie eine Ferienwohnungsbuchung erfolgt sei, bedeute dies unabhängig von der Glaubwürdigkeit dieser Aussage, dass auch in Zukunft keine Buchungen zu erfüllen wären, weshalb auch keine zivilrechtlichen Bindungen dem Sofortvollzug entgegenstünden.

Der Bescheid vom ... Oktober 2015 wurde der Antragstellerin mit Postzustellungsurkunde vom 27. Oktober 2015 zugestellt.

Mit einem am gleichen Tage beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 26. November 2015 erhoben die Bevollmächtigten der Antragstellerin Klage (M 8 K 15.5327) mit dem Antrag, den Bescheid vom ... Oktober 2015 aufzuheben.

Gleichzeitig beantragten sie,

die aufschiebende Wirkung der am 26. November 2015 erhobenen Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom ... Oktober 2015 wiederherzustellen.

Weiterhin wurde ausgeführt, dass eine Begründung von Klage und Antrag nach Akteneinsicht erfolgen werde.

Jeweils mit Schreiben vom 3. Dezember 2015 beantragte die Antragsgegnerin,

die Klage abzuweisen und

den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen.

Zur Begründung wurde auf die angefochtene Verfügung verwiesen.

Ausweislich der Bestätigung erhielten die Bevollmächtigten der Antragstellerin ab dem 9. Dezember 2015 Akteneinsicht mit dem Hinweis, die Behördenakten spätestens bis 15. Dezember 2015 dem Verwaltungsgericht zurückzugeben.

Mit E-Mail vom 30. Dezember 2015 übermittelte die Antragsgegnerin zwei Aktenvermerke der Polizeiinspektion ... vom 29. Dezember 2015 sowie ein Protokoll der Polizeiinspektion ... vom 29. Dezember 2015 über polizeiliche Einsätze vom 28. Dezember 2015 in der ...str. 25.

Hiernach seien zwei Angehörige der Polizeiinspektion ... um 14.00 Uhr am 28. Dezember 2015 zum streitgegenständlichen Anwesen beordert worden, nachdem eine Frau mitgeteilt habe, geschlagen worden zu sein. Am Einsatzort seien im Untergeschoss der ...str. 25 eine Person aus Rumänien sowie ein brasilianischer Staatsangehöriger angetroffen worden. Der brasilianische Staatsangehörige habe im informatorischen Gespräch angegeben, dass er seit zwei Wochen im Untergeschoss der ...str. 25 übernachte und noch zwei Wochen bleiben wolle. Er habe mehrere Gepäckstücke und Kleidung in der Wohnung gehabt. Die rumänische Staatsangehörige habe angegeben, die Wohnung zu putzen, aber nicht dort zu schlafen. Tatsächlich hätten sich in der Wohnung entsprechende Reinigungsutensilien befunden; im Untergeschoss seien mehrere Zimmer mit mehreren Doppelbetten vorhanden. Ob diese zum Zeitpunkt des Einsatzes besetzt gewesen seien, habe von den eingesetzten Beamten nicht festgestellt werden können.

Ein weiterer Einsatz um 16.25 Uhr sei durch einen Notruf eines italienischen Staatsangehörigen veranlasst worden, der angegeben hätte, dass er und seine Bekannten Streit hätten. Vor Ort seien durch die eingesetzten Beamten zwei Gruppen zu je vier Personen festgestellt worden. Hierbei habe es sich bei der Gruppe 1 um zwei deutsche und zwei indische Staatsangehörige gehandelt. Die Gruppe 2 habe aus vier Italienern - alle Personen waren in dem Protokoll der Polizeieinsätze namentlich benannt, Anm. des Verfassers - sowie zwei weiteren Personen, welche zum Zeitpunkt des Polizeieinsatzes noch nicht eingetroffen gewesen seien, da sie sich mit der Bahn noch auf der Anreise befunden hätten, bestanden. Beide Gruppen hätten angegeben, dass sie über die Webseite www...de gebucht hätten. Die Gruppe 1 habe für eine Nacht Euro 190,- für alle Personen bezahlt; als Vermieter sei ein ... mit einer - entsprechend benannten - Mobilfunknummer auf der Webseite angegeben gewesen. Die Gruppe 1 habe eine Wohnung im zweiten Obergeschoss rechts bewohnt. Die Gruppe 2 hätte ebenfalls in diese Wohnung einziehen sollen, weshalb es dann Streit gegeben hätte. Die Gruppe 2 sei dann gezwungenermaßen im angebotenen Keller des Anwesens ...str. 25 geblieben und am 29. Dezember 2015 wieder abgereist. Die rumänische Staatsangehörige, die auch beim zweiten Einsatz angetroffen worden sei, habe angegeben, dass sie normalerweise in der ...str. 5 arbeite, dort sei ihr Chef ein Herr ...

Angemerkt wurde im Protokoll, dass es sich bei der von der rumänischen Staatsangehörigen angegebenen Telefonnummer des Herrn ... um dieselbe Nummer handele, die von der Gruppe 1 im Zusammenhang mit dem Vermieter „...“ angegeben worden sei.

Nach dem Aktenvermerk vom 29. Dezember 2015 wurde aufgrund der Erkenntnisse bei den beiden Einsätzen vom 28. Dezember 2015 sowohl ein Telefonat mit dem beim Einsatz um 14.00 Uhr angetroffenen italienischen Staatsangehörigen als auch mit einem der beiden deutschen Staatsangehörigen, die beim Einsatz um 16.25 Uhr angetroffen worden waren, geführt. Der italienische Staatsangehörige habe bei dem Telefonat angegeben, dass er über das Portal ... am 5. November 2015 ein Appartement für den Zeitraum vom 28. Dezember 2015 bis 1. Januar 2016 gebucht habe und für sich und weitere fünf Personen für diese Zeit Euro 1.594,18 bezahlt habe. Bei seiner Ankunft im streitgegenständlichen Anwesen sei allerdings die Wohnung bereits belegt gewesen. Daraufhin habe ihm die Frau, die die Tür geöffnet habe und von der er den Eindruck gehabt habe, sie sei als Putzfrau tätig, angeboten, im Keller zu schlafen. Dort habe es aber schlecht gerochen und die Unterkunft sei nicht angemessen gewesen. Die Frau habe dann einen Herrn ... angerufen und das Telefon an ihn weitergegeben. Bei diesem Gespräch habe Herr ... gesagt, dass er (Herr ...) nur den Keller gebucht habe. Dies sei allerdings falsch. Aus Verärgerung habe er die Polizei gerufen, die aber auch nichts habe machen können. Nach einem Lokalbesuch hätten er und seine Begleiter schließlich doch eine Nacht im Keller verbracht und seien am nächsten Tag wieder nach Hause gefahren.

Der deutsche Staatsangehörige gab bei dem Telefonat ausweislich des Aktenvermerks an, dass über das Portal ... zunächst eine andere Wohnung angemietet worden sei, wobei allerdings in der Folgezeit ein kostenloses upgrade in der ...str. 25 angeboten worden sei. Man sei am 28. Dezember 2015 in der ...str. 25 angekommen, dort habe eine Dame die Wohnung gezeigt; kurze Zeit später sei eine Gruppe von Italienern gekommen, die die Wohnung ebenfalls beansprucht hätte, weshalb sich ein Streit entwickelt habe und die Polizei gerufen worden sei. Die Wohnung gehöre ausweislich des Klingelschildes einem Herrn ...

Mit Schriftsatz vom 18. Januar 2016 trugen die Bevollmächtigten der Antragstellerin vor, dass sich die Rechtswidrigkeit des Bescheids schon aus der fehlenden Möglichkeit, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern, ergebe. Das beim Ortstermin am 9. Oktober 2015 geführte Gespräch sei nicht ausreichend.

Der Bescheid sei auch materiell rechtswidrig, da die Antragstellerin die streitgegenständlichen Lagerräume an die Firma „...“ mit Sitz in ..., v.d.d. Geschäftsführerin, Frau ..., Registergericht Salvador/Brasilien, vermietet habe.

Auch würden die Räumlichkeiten im Kellergeschoss des streitgegenständlichen Anwesens nicht zur Fremdenbeherbergung, sondern als Lagerräume genutzt.

Der brasilianische Staatsangehörige, von dem im polizeilichen Protokoll die Rede sei, wohne bei seinen Aufenthalten in ... bei seinem Lebenspartner in der ...straße und habe nur seine Habseligkeiten in den Kellerräumen der ...str. 25 abgestellt.

Die von der Antragsgegnerin behaupteten Mieterbeschwerden seien nicht schriftlich festgehalten worden. Die Zwangsgeldandrohung sei unbestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte und das schriftsätzliche Vorbringen im Einzelnen verwiesen.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

1. Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat eine Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese entfällt kraft Gesetzes bei den in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 VwGO aufgeführten Maßnahmen und des Weiteren nach Nr. 4 der Bestimmung, wenn die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde besonders angeordnet wird. Das besondere Vollziehungsinteresse ist in diesem Falle schriftlich zu begründen (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO).

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet wurde, wiederherstellen, wenn das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts überwiegt. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn der erlassene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, da dann an dessen sofortiger Vollziehung ein öffentliches Interesse nicht bestehen kann. Dagegen überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Interesse der Antragstellerin, von der Vollziehung vorläufig verschont zu bleiben, wenn sich der Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig erweist und ein besonderes Vollziehungsinteresse hinzutritt. Wenn sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dagegen weder die offensichtliche Rechtswidrigkeit noch die offensichtliche Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung feststellen lässt, hängt der Ausgang des Verfahrens vom Ergebnis einer vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung ab.

Vorliegend ist nach Auffassung des Gerichts davon auszugehen, dass die angefochtene Nutzungsuntersagungsverfügung rechtmäßig ist, ein besonderes Vollziehungsinteresse besteht und auch die Zwangsgeldandrohung nicht zu beanstanden ist.

2. Gemäß Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung von Anlagen untersagen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlichrechtlichen Vorschriften erfolgt.

Ein Rechtsverstoß im Sinne dieser Bestimmung, der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt, liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben schon dann vor, wenn dieses ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Da die Nutzungsuntersagung - insofern der Baueinstellung (Art. 75 Abs. 1 BayBO) vergleichbar - in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, kommt es insoweit nicht darauf an, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften über die Genehmigungspflicht formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH vom 30.8.2007 - 1 CS 07.1253 - juris, m. w. N.).

Nach diesem Maßstab durfte die Antragsgegnerin gegen die Nutzung zu Aufenthaltszwecken im Untergeschoss des Anwesens ...str. 25 einschreiten, ohne den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verletzen, weil die untersagte Nutzung formell illegal und in materieller Hinsicht jedenfalls nicht offensichtlich zulässig ist.

2.1 Es liegt hier eine gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor. Die Änderung der Nutzung des Kellers zu wohnähnlichen Zwecken bzw. zur vorübergehenden Unterbringung von - zahlenden - Gästen ist insbesondere nicht nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO verfahrensfrei zulässig, da für die neue Nutzung andere öffentlichrechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung. Dies gilt auf jeden Fall im Hinblick auf die bauordnungsrechtlichen Anforderungen. Eine Verfahrensfreiheit nach dieser Bestimmung scheidet bereits dann aus, wenn es möglich erscheint, dass an die neue Nutzung andere öffentlichrechtliche Anforderungen zu stellen sind als an die bisherige Nutzung. Dies ergibt sich eindeutig aus der Gesetzesformulierung, wonach es darauf ankommt, ob für die neue Nutzung andere Vorschriften „in Betracht kommen“. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen.

Bei der Nutzung der Räume zu wohnähnlichen Zwecken kommen insbesondere hinsichtlich der brandschutzrechtlichen Anforderungen andere öffentlichrechtliche Anforderungen als für die Nutzung der Räume als Keller und/oder Lager in Betracht. Art. 31 BayBO stellt spezielle brandschutzrechtliche Anforderungen an die Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum wie Wohnungen, Praxen und selbstständige Betriebstätten.

2.2 Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung hat ergeben, dass für die Nutzung des Untergeschosses des Anwesens...str. 25 keine bauaufsichtliche Genehmigung vorliegt.

Nach der Baugenehmigung vom ... April 1896 Plan-Nr. ... wurde das Untergeschoss des streitgegenständlichen Anwesens nur als Keller bzw. Waschküche mit Bügelzimmer genehmigt.

Ausweislich der Akten wurde der seinerzeitige Eigentümer des streitgegenständlichen Anwesens unter dem 13. Juli 1956 wegen nicht genehmigter und nicht genehmigungsfähiger Gewerbenutzung der Räume im Keller angeschrieben.

Auch der am ... März 2015 genehmigte Aufteilungsplan weist im Untergeschoss des streitgegenständlichen Anwesens nur den Sondereigentumseinheiten zugeordnete (zwölf) Kellerabteile und Technikräume aus.

Hieraus wird offensichtlich, dass eine Baugenehmigung für eine wohnähnliche bzw. Aufenthaltsnutzung der streitgegenständlichen Kellerräume nicht erteilt wurde und eine solche Nutzung damit formell illegal ist.

2.3 Zur Überzeugung des Gerichts steht eine solche Nutzung der streitgegenständlichen Kellerräume jedenfalls in maßgeblichen Zeiträumen vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids fest.

Die im Bescheid vom ... Oktober 2015 dargelegten Feststellungen der Antragsgegnerin beim Ortstermin vom 9. Oktober 2015 - deren Wahrheitsgehalt trotz des Nichtvorhandenseins eines entsprechenden Protokolls in den Akten für das Gericht nicht zweifelhaft ist - in Verbindung mit den vorgelegten Auszügen des Internetportals ... „4,5-Zimmer-Wohnung mit 3 Schlafzimmern, 1 Badezimmer mit einer Größe von 77 m² für eine Anzahl von 12 Gästen im Stockwerk 0“ und einer Bewertung, in der sich ebenfalls ein Hinweis auf ein Appartement im Keller findet, sowie die von der Antragsgegnerin vorgelegten Aktenvermerke vom 29. Dezember 2015 und das Einsatzprotokoll vom 28. Dezember 2015 der Polizeiinspektion ... lassen keinerlei Zweifel daran, dass die streitgegenständlichen Kellerräume zum vorübergehenden Aufenthalt von Personen vermietet werden.

Den Äußerungen des beim Ortstermin am 9. Oktober 2015 anwesenden Vertreters der Antragstellerin kann gegenüber der insoweit erdrückenden Beweislage keine Bedeutung zukommen.

Das Vorbringen der Bevollmächtigten der Antragstellerin im Schriftsatz vom 18. Januar 2016 führt zu keiner anderen Beurteilung. Soweit die Antragspartei hier geltend macht, dass die streitgegenständlichen Lagerräume an die Firma „...“ mit Sitz in ..., v.d.d. Geschäftsführerin, Frau ..., Registergericht Salvador/Brasilien, vermietet sind, ist festzustellen, dass der Mietvertrag mit dieser Firma vom 1. Dezember 2015 und somit nach Bescheidserlass datiert. Insoweit geht die Behauptung, der streitgegenständliche Bescheid richte sich an den falschen Adressaten in jedem Falle fehl, da selbst ein wirksamer Vertrag die bisher bestehende Verantwortung als Handlungsstörer nicht rückwirkend beseitigen kann.

Abgesehen davon ist der Vertrag, der dem Gericht in spanischer Sprache vorgelegt wurde, insoweit nicht beachtlich, da Gerichtssprache Deutsch ist (§ 55 VwGO i. V. m. § 184 Satz 1 ZPO).

Abgesehen davon ist der vorgelegte Vertrag auch ab dem 1. Dezember 2015 irrelevant, da der Antragspartei ausweislich des zwischen ihr und dem (Haupt-) Vermieter ... Immobilien GmbH vom 12. November 2014 geschlossenen Gewerbemietvertrags eine Untervermietung nicht gestattet ist (Ziffer 8 Satz 3 des Vertrags vom 12.11.2014). Diese Unzulässigkeit und die Tatsache, dass es sich bei dem sogenannten Untermieter um eine kaum greifbare Firma mit Sitz in Brasilien handelt, legen den Schluss nahe, dass es sich vorliegend um einen Scheinvertrag handelt, mit dem sich die Antragspartei ihrer öffentlichrechtlichen Verantwortung für die unzulässige Nutzung der Kellerräume im streitgegenständlichen Anwesen entziehen will.

Abgesehen davon verbleibt es bei der Verantwortlichkeit als Handlungsstörer, wenn die streitgegenständlichen Räume von der Antragspartei zu Wohnzwecken untervermietet werden.

Soweit die Antragspartei eine eidesstattliche Versicherung des Herrn ... vom 11. Januar 2016, ausgestellt in Rio de Janeiro, vorgelegt hat, in der der Unterzeichnete behauptet, er habe noch niemals in der ...str. 25 gewohnt, sondern lediglich seine Sachen im Untergeschoss eingelagert, ist festzustellen, dass er beim polizeilichen Einsatz am 28. Dezember 2015 gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten angegeben hat, dass er seit zwei Wochen im Untergeschoss der ...str. 25 übernachte und noch zwei weitere Wochen bleiben wolle. Das Gericht sieht keinen Anlass, an der Äußerung zweier Polizeibeamter zu zweifeln.

Abgesehen davon ist die Nutzung der streitgegenständlichen Kellerräume durch die Feststellungen beim Ortstermin vom 9. Oktober 2015 nach Auffassung des Gerichts ausreichend belegt. Ganz offensichtlich waren die Räume auch Ende Dezember 2015 entsprechend ausgestattet, andernfalls hätte die am 28. Dezember 2015 beim Einsatz um 16.25 Uhr angetroffene Gruppe 2 nicht wie festgestellt die Nacht vom 28. Dezember 2015 auf den 29. Dezember 2015 im angebotenen Keller des Anwesens ...str. 25 verbringen können. Auch die von der Antragsgegnerin festgestellten Annoncen im Internetportal „...“ belegen, dass die Antragspartei die streitgegenständlichen Kellerräume keineswegs nur, wie behauptet, als Lagerräume nutzt. Die Behauptung der Bevollmächtigten der Antragstellerin, dass von „einem Anbieten auf einer Webseite“ nicht automatisch auf eine tatsächliche Überlassung zu Wohnzwecken geschlossen werden dürfe, entbehrt, jedenfalls vorliegend, jeder Grundlage. Die insoweit getroffenen Feststellungen der Antragsgegnerin und auch der Polizeiinspektion ... belegen den Erfolg des Internetangebots ebenso wie eine entsprechende Internetbewertung, die sich auch auf das Kellerappartement bezieht.

2.4 Das genehmigungspflichtige Vorhaben ist auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig.

Nach summarischer Prüfung widerspricht die streitgegenständliche Nutzung der Kellerräume öffentlichrechtlichen Vorschriften der Bayerischen Bauordnung.

2.4.1 Es liegt zunächst ein Verstoß gegen Art. 12 und 31 BayBO vor. Gemäß Art. 12 BayBO sind die baulichen Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Nach Art. 31 Abs. 1 BayBO müssen für die Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum wie Wohnungen, Praxen, selbstständige Betriebsstätten in jedem Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein.

Hierzu wird zunächst auf die Darlegungen der Antragsgegnerin auf Seite 3 des Bescheids vom ... Oktober 2015 im dritten Absatz verwiesen. Nach dem als Anlage zum Bescheid beigefügten Grundrissplan befinden sich im nordöstlichen Bereich des Untergeschosses mehrere, jeweils einzeln abschließbare Räume, die keinen - direkten - Zugang zum Flur und zu dem in das Erdgeschoss führenden Treppenraum haben. Insbesondere der Raum in der Nordostecke (im Plan Raum 5) führt nur über einen weiteren Raum (Raum 4) und den - sicher nicht frei zugänglichen - Technikraum in das Treppenhaus.

Ähnliches gilt für die weiteren Räume im nördlichen Bereich des Kellers; diese sind nur mittelbar über andere Räume mit dem Treppenraum oder der in den Garten führenden Außentreppe verbunden. Damit liegt bereits ein Verstoß gegen Art. 31 Abs. 1 Satz 1 BayBO, wonach der erste Rettungsweg für Nutzungseinheiten, die - wie hier - nicht zu ebener Erde liegen, über eine notwendige Treppe im Sinne des Art. 32 BayBO führen muss, vor.

Die sichere Begehung des ersten Rettungsweges im Brandfall ist nicht gewährleistet, da kein unmittelbarer Zugang zur innen liegenden Treppe oder auch zur in den Garten führenden Außentreppe gegeben ist, da aufgrund des Zuschnitts der Räumlichkeiten und der Vermietung an eine Vielzahl von verschiedenen Personen nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein Erreichen der innen liegenden Treppe oder auch der in den Garten führenden Treppe durch mehrere Zimmer, die von Personen bewohnt werden, die zu verschiedenen Nutzerkreisen gehören, ohne weiteres möglich ist.

Darüber hinaus ist auch der zweite Rettungsweg vorliegend nicht gegeben. Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayBO kann der zweite Rettungsweg entweder eine weitere notwendige Treppe oder eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit sein. Eine weitere Treppe ist vorliegend jedenfalls nicht für alle im Untergeschoss vermieteten Zimmer vorhanden; wie aus der Straßen- und der Hofansicht des genehmigten Aufteilungsplans erkennbar, existieren im Kellergeschoss nur lukenartige, hoch in den Räumen situierte Fenster, die nicht als Rettungsweg benutzbar sind.

2.4.2 Zu Recht hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass bei einem Gebäude der Gebäudeklasse 5, zu dem das streitgegenständliche Anwesen gehört, ein Brandschutznachweis sowohl zu erstellen als auch zu prüfen ist (Art. 62 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 BayBO, § 11 BauVorlV), und der Standsicherheitsnachweis zu prüfen ist (Art. 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayBO, § 10 BauVorlV).

Aufgrund der unter Ziffer 2.4.1 festgestellten Mängel ist im Übrigen nicht zu erwarten, dass die Antragstellerin in der Lage ist, die genannten Nachweise zu erbringen.

2.4.3 Auch ist der Antragsgegnerin zuzustimmen, dass ersichtlich ein Verstoß gegen Art. 45 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayBO vorliegt. Wie sich aus der Straßenansicht des am ... März 2015 genehmigten Aufteilungsplans ergibt, werden die straßenseitig gelegenen Räume lediglich durch 80 cm lange und 30 cm hohe Fenster belichtet. Dem Schnitt A-A in Verbindung mit dem Grundrissplan des Untergeschosses ist zu entnehmen, dass sich im Übrigen zwar größere Fenster an der Ost- und Westseite des Untergeschosses befinden; eine ausreichende Belichtung wird aber auch hier nicht gewährleistet, da die davor befindliche Abgrabung lediglich eine Tiefe von 50 cm aufweist.

2.4.4 Ferner liegt hier ein Verstoß gegen Art. 47 Abs. 1 BayBO vor. Gemäß Art. 47 Abs. 1 BayBO sind bei Nutzungsänderungen von Anlagen Stellplätze in solcher Zahl und Größe herzustellen, dass die Stellplätze die durch die Änderung zusätzlich zu erwartenden Kraftfahrzeuge aufnehmen können. Die streitgegenständliche Nutzungsänderung löst gemäß Art. 47 Abs. 2 BayBO i. V. m. § 2 Abs. 1 der Stellplatzsatzung der... einen Stellplatzbedarf von drei Stellplätzen aus - Ziffer 6.2 der Anlage 1 zur Stellplatzsatzung vom 19. Dezember 2007 (MüAbl. 2008 Sondernummer 1) i. V. m. § 2 Abs. 2 StPlS, aus. Die erforderlichen Stellplätze wurden vorliegend weder hergestellt noch gemäß Art. 47 Abs. 3 Nr. 3 BayBO durch den Abschluss des entsprechenden Vrtrages abgelöst, so dass es auch aus diesem Grund an der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit der streitgegenständlichen Nutzung fehlt.

2.5 Die Antragsgegnerin hat auch das ihr durch Art. 76 Satz 2 BayBO eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Dass die Behörde einschreitet, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen, bedarf keiner besonderen Rechtfertigung.

Schon im Hinblick auf die mit den Verstößen gegen Art. 31 BayBO verbundenen Gefahren ist die Nutzungsuntersagungsverfügung der Antragsgegnerin ermessensfehlerfrei, denn mit der Entstehung eines Brandes muss praktisch jederzeit gerechnet werden. Der Umstand, dass in vielen Gebäuden jahrzehntelang kein Brand ausgebrochen ist, beweist nicht, dass insofern keine Gefahr besteht, sondern stellt für die Betroffenen lediglich einen Glücksfall dar, mit dessen Ende jederzeit gerechnet werden muss (vgl. OVG NRW, U. v. 25.08.2010 - 7 A 749/09 - juris). Für die Beurteilung der Frage, ob ein Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich und damit eine erhebliche Gefahr anzunehmen wäre, ist daher nicht primär darauf abzustellen, ob ein Brandereignis mehr oder weniger wahrscheinlich erscheint, sondern darauf, ob für den Fall, dass es dazu kommt, die bestehenden Mängel zu einer relevanten Gefahrerhöhung führen können, die sich auf der Grundlage einer an den Schutzgütern Leben und Gesundheit orientierten und damit die Erheblichkeitsschwelle niedrig anzusetzenden Risikobewertung als nicht mehr hinnehmbar darstellt (VG München, B. v. 21.08.2012 - M 8 S 12.3574 - juris). Dies ist vorliegend der Fall. Die Gefahr, dass es im Falle eines Brandes zu einer Gesundheitsschädigung kommen kann, wird durch die vorhandenen Mängel erheblich erhöht.

2.6 Entgegen der Ansicht der Antragspartei hatte die Antragstellerin ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Antragsgegnerin hat sich mit Schreiben vom 13. Mai 2015 an die Antragstellerin mit der Bitte um Stellungnahme hinsichtlich der nicht genehmigten Nutzung der Lagerräume im Untergeschoss als Ferienwohnung gewandt. Daraufhin zeigten die Bevollmächtigten der Antragstellerin deren Vertretung mit Schreiben vom 31. Juli 2015 - bei der Antragsgegnerin am 5. August 2015 eingegangen - an, mit der Bitte, die Korrespondenz nur noch ausschließlich über die Bevollmächtigten der Antragspartei zu führen. Beim Ortstermin am 9. Oktober 2015 war der Vertreter der Antragstellerin anwesend, nachdem zuvor auch die Bevollmächtigten der Antragspartei in die Terminsabsprache einbezogen worden waren.

Im Hinblick darauf, dass Art. 28 BayVwVfG keine bestimmte Form der Anhörung vorschreibt, insbesondere auch kein irgendwie geartetes förmliches Verfahren (vgl. Kopp/Ramsauer, Komm. zum VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 28 Rn. 39), ist festzustellen, dass die Antragspartei ausreichend Gelegenheit hatte, sich zu der Nutzung der streitgegenständlichen Räumlichkeiten zu äußern. Die Antragspartei ist aber weder beim Ortstermin am 9. Oktober 2015 noch zu einem anderen Termin vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids den Feststellungen der Antragsgegnerin mit einem substantiierten Vortrag entgegengetreten.

2.7 Es besteht auch ein öffentliches Interesse daran, dass die Nutzungsuntersagung sofort und nicht erst nach rechtskräftigem Abschluss von Rechtsbehelfsverfahren vollziehbar ist. Liegen die Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO vor, ist in der Regel auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) gerechtfertigt. Das öffentliche Interesse, dass die Genehmigungspflicht beachtet wird, überwiegt im Allgemeinen das private Interesse, die rechtswidrige Nutzung vorläufig fortsetzen zu dürfen (vgl. BayVGH vom 18.3.2001 Az: 1 CS 02.2750 - juris).

Besondere Umstände, die zur Folge hätten, dass die Abwägung zwischen dem öffentlichen und dem privaten Interesse vorliegend ausnahmsweise anders ausfallen müsste, liegen nicht vor. Die Tatsache, dass die Antragstellerin im Falle der Einstellung der Nutzung Gewinneinbußen wegen fehlender Mieteinnahmen hinzunehmen haben wird, ist kein Grund, ihm die rechtswidrige Nutzung weiterhin zu gestatten. Insbesondere fällt ins Gewicht, dass hier eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit im Raum steht, was ein sofortiges Handeln der Antragsgegnerin gebietet.

Die Anordnung des Sofortvollzugs ist auch ausführlich und sachlich zutreffend begründet worden.

3. Auch die Rechtmäßigkeit der nach Art. 21 a VwZVG trotz der Klageerhebung vollziehbaren Zwangsgeldandrohung erscheint nicht fraglich, so dass auch insoweit keine Veranlassung besteht, dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zu entsprechen.

Der Einwand der Unbestimmtheit der Zwangsgeldandrohung ist nicht nachvollziehbar. Ein Verstoß gegen die Verfügung ist nicht - wie die Antragspartei meint - nach Stunden, Tagen, Wochen oder Monaten zu differenzieren. Ein solcher liegt vor, wenn gegen das Verbot der Vermietung zu Aufenthaltszwecken verstoßen wird. Es liegt auf der Hand, dass dies auch bei relativ kurzen Aufenthalten der Fall sein kann, ohne dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin diese Zeiträume definieren müsste.

Insbesondere ist die der Antragstellerin gesetzte Vollziehungsfrist von zwei Wochen nicht zu beanstanden, da die streitgegenständliche Nutzung mit einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit der Bewohner und Besucher der Wohneinheiten verbunden ist und aus diesem Grund nicht länger zugewartet werden kann. Dieser Zeitraum ist ohne weiteres ausreichend, da Buchungen storniert und Aufenthalte von Gästen angemessen beendet werden können. Soweit die Antragstellerin sich hierbei zivilrechtlichen Ansprüchen aussetzt, können diese keine entsprechende Berücksichtigung finden, da die Antragstellerin aufgrund der fehlenden Genehmigung und Genehmigungsfähigkeit jederzeit mit einer derartigen Maßnahme rechnen musste. Im Hinblick auf die Geltung von bauaufsichtlichen Maßnahmen auch für und gegen Rechtsnachfolgern und insbesondere auch gegenüber Personen, die ein Besitzrecht nach Erlass einer bauaufsichtlichen Maßnahme erlangt haben, Art. 54 Abs. 2 Satz 3 BayBO, besteht auch kein Vollstreckungshindernis, da die Antragstellerin rechtlich und tatsächlich ohne Weiteres zur Befolgung der Nutzungsuntersagung in der Lage ist. Selbst wenn eine Rechtsnachfolge der vermeintlichen Untermieterin ab dem 1. Dezember 2015 eingetreten wäre, bedürfte es dieser gegenüber keiner sogenannten Duldungsanordnung. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes, das im innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens liegt (vgl. Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG), ist nicht zu beanstanden.

4. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs.1 VwGO abzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziff. 9.4 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.