Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. März 2018 - 15 CE 17.2599

bei uns veröffentlicht am08.03.2018
vorgehend
Verwaltungsgericht Regensburg, RO 12 M 17.1976, 15.12.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. Dezember 2017 wird abgeändert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beigeladene wendet sich gegen eine Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Regensburg, mit der die Antragsgegnerin verpflichtet wurde, ihr gegenüber Bauarbeiten einzustellen und die Nutzung bestimmter Räume eines neu errichteten Anbaus zu untersagen.

Mit Bescheid vom 12. Juli 2011 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen eine Baugenehmigung für das Bauvorhaben „Erweiterung und Umbau des bestehenden Einfamilienwohnhauses“ auf dem Baugrundstück (FlNr. ...5 der Gemarkung P...). Nach den genehmigten Bauunterlagen soll ein in der Fläche ca. 15,5 m x 5,5 m großer Anbau westlich an das bestehende Wohnhaus angebunden werden, der an seiner Westseite an der gemeinsamen Grenze zum Grundstück der Antragsteller (FlNr. ...4) verläuft. Der kürzeste Abstand der Westwand des genehmigten Anbaus zur Ostwand des Wohnhauses der Antragsteller beträgt nach Maßgabe des mit Genehmigungstempel vom 12. Juli 2011 versehenen Lageplans etwa 3 m. Nach der im Genehmigungsverfahren zugrundeliegenden Baubeschreibung sollten die Außenwände als „Ziegelmauerwerk, verputzt“ hegestellt werden. Die Baugenehmigung wurde unter diversen Befreiungen vom einschlägigen Bebauungsplan Nr. ... erteilt, in dessen Geltungsbereich das Baugrundstück und das Grundstück der Antragsteller liegen. Zudem wurde im Baugenehmigungsbescheid vom 12. Juli 2011 eine Abweichung „von den Vorschriften des Art. 6 BayBO für die aufgrund der Grenzbebauung des Gebäudeanbaus im Westen nicht eingehaltene Abstandsfläche“ zugelassen. Die Geltungsdauer der Baugenehmigung wurde mit Bescheid vom 8. Juni 2015 bis zum 17. Juli 2017 verlängert. Baubeginn erfolgte laut Anzeige am 1. Juli 2015.

Mit Bescheid vom 7. Juni 2017 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen eine Änderungsgenehmigung. In der Baubeschreibung zum Änderungsbauantrag werden die Außenwände als „Holzständerkonstruktion mit Zwischendämmung, Beplankung aus GK-Platten und Holzwerkstoffplatten“ und deren Bekleidung als „Holzschalung außen“ umschrieben. Laut der mit Genehmigungsstempel versehenen Ansicht Nord – West ist eine Fassade mit „Vergrauungsglasur ‚schiefergrau‘ eingelassen“ beschrieben. In den Bauunterlagen zur Änderungsgenehmigung finden sich

– ein „Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis Nr. ...“ der M... GmbH vom 30. März 2015 (Geltungsdauer bis 29. März 2020) für verschiedene Wandkonstruktionen der Firma „G... GmbH& Co. KG“,

– eine „Übereinstimmungserklärung“ des bauausführenden Unternehmens (Firma H... GmbH) vom 7. März 2017, in der bestätigt wird, dass die tragende, raumabschließende Wandkonstruktion mit einer Feuerwiderstandsklasse REI 90 hinsichtlich aller Einzelheiten und unter Einhaltung aller Bestimmungen des vorgenannten Prüfzeugnisses hergestellt und aufgebaut worden sei, sowie

– eine „Bescheinigung Brandschutz III (Vorliegen der Voraussetzung für eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO)“ eines Prüfsachverständigen vom 15. März 2017, in der unter Bezugnahme auf einen anliegenden Prüfbericht Nr. ... vom 15. März 2017 desselben Prüfsachverständigen die Abweichungsfähigkeit gem. Art. 63 Abs. 1 BayBO vom grundsätzlichen bauordnungsrechtlichen Erfordernis nichtbrennbarer Oberflächen bestätigt wird. Mit Blick auf die Fassadenbekleidung heißt es im Prüfbericht vom 15. März 2017 wörtlich:

„Abweichung vom Bauordnungsrecht:

Die Brandwand des Anbaus befindet sich unmittelbar auf der Grundstücksgrenze. Da das Nachbargebäude bis ca. 3,00 m an die Wandaußenseite heranragt, handelt es sich bauordnungsrechtlich um eine ‚Gebäudeabschlusswand‘.

Für diese gilt nach Art. 28 BayBO, dass die Brandwand für ein Brandereignis von außen nach innen ‚feuerbeständig‘ zu sein hat und andersherum feuerhemmend. Außerdem müssen die Oberflächen ‚nicht brennbar‘ – A1 oder A2 – sein. Letztere Eigenschaft ist an der Außenseite nicht gegeben.

Stellungnahme dazu:

Im vorliegenden Fall schränkt die Abweichung keinerlei Forderung aus Art. 3 (1) BayBO ein. Gemäß Art. 63 (1) Satz 2 BayBO wird die Zulässigkeit der o.a. Abweichung bescheinigt, solange die u.a. Bedingungen eingehalten bleiben.

Begründung:

Gegen die hier vorgesehene Bekleidung mit einer Fassadenbekleidung aus Hartholz bestehen keine Bedenken, weil

1. die Gebäudeabschlusswand mit dem zugelassenen System Fa. H... GmbH & Co KG, Typ ‚ ...‘ EI90/1 nach DIN EN 135901, AbP ... vom 30.03.2015, gültig bis 29.03.2020 eine Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten von außen nach innen aufweist,

2. die Gebäudeabschlusswand durch Beplankung mit 2 x 18 mm mineralischen Brandschutzplatten an der Innenseite mindestens 30 Minuten Feuerwiderstand bietet (F-30-A),

3. diese Brandwandqualität einen Brandüberschlag auf das Nachbargrundstück ausreichend lang und absolut zuverlässig verhindert, solange keine Öffnungen in der Gebäudeabschlusswand vorhanden sind,

4. Hartholz bereits ab Bohlendicke von 26 mm als schwer entflammbar gilt (bei geringerer Materialstärke alternativ: zugelassener intumeszierender Anstrich für Außenbereich mit Schutzziel ‚schwer entflammbar‘),

5. Eine mögliche Entzündung allein vom Nachbargrundstück möglich ist (...) und

6. sich auf dem Nachbargrundstück das Gebäude an allen Stellen deutlich weiter entfernt als 2,50 m befindet.“

Über die von den Antragstellern gegen die Änderungsgenehmigung erhobene Nachbar-Anfechtungsklage (RO 2 K 17.1183) hat das Verwaltungsgericht Regensburg noch nicht entschieden.

Im Rahmen der Bauausführung wurde von dem im allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis vom 30. März 2015 vorgesehenen Wandaufbau für eine „Wandkonstruktion REI 90/1“ (vgl. Seite 9 sowie Anlage 3.1) abgewichen, indem an der Außenseite anstelle eines Außenputzes („mind. 6 mm ...“) eine 12,5 mm dicke „Gipskartonplatte ...“ verbaut wurde. Auf diese wurde eine Konter- und Querlattung als Unterkonstruktion für die als Holzfassade ausgeführte Außenwandbekleidung aufgebracht. Die Antragsteller widersprachen im Anschluss der Aussage im Prüfbericht des Prüfsachverständigen, wonach die auf dem Antragstellergrundstück gelegenen Gebäude mehr als 2.50 m entfernt von der Außenwand lägen, und wiesen darauf hin, dass ihre Kellertreppe nur 1,50 m und ihr Lager für Brennholz nur 2,05 m von der Gebäudeabschlusswand der Beigeladenen entfernt sei.

Der von der Beigeladenen beauftragte Prüfsachverständige führte gegenüber der Antragsgegnerin ergänzend per E-Mail vom 28. Juni 2017 aus, er habe die Abweichung, wonach statt einer „nichtbrennbaren“ Oberfläche eine „schwer entflammbare Oberfläche“ genüge, sorgsam begründet. Eine unzulässige Abweichung vom Bauordnungsrecht sei nicht ersichtlich. Auf dem Grundstück der Antragsteller befindliche Geländer oder Holzstapel seien keine nach bauordnungsrecht relevanten Gebäude. Im vorliegenden Fall könne aus dem Innern des betreffenden Gebäudes keine Brandweiterleitung auf die schwer entflammbare Fassade (außen) gelangen, weil sich dazwischen eine bauaufsichtlich zugelassene feuerbeständige Brandwand befinde. Allenfalls könne von den Holzstapeln der Antragsteller die Bekleidung des Anbaus der Beigeladenen in Brand geraten. Das sei dann aber „kein Fall für das Bauordnungsrecht“, sondern für das Zivilrecht. Die Gebäudeabschlusswand zur Nachbarseite müsse nicht unbedingt verputzt werden. Mit E-Mail vom 29. Juni 2017 bestätigte das bauausführende Unternehmen, dass die Fassadenverkleidung der Brandwand des Bauvorhabens an der Grenze zu den Antragstellern mit einem Brandschutzanstrich versehen werde, wodurch für diese die Klassifizierung „schwer entflammbar“ erreicht werde.

Unter dem 25. Juli 2017 legte das ausführende Bauunternehmen „ergänzende Unterlagen zur Übereinstimmungserklärung vom 19.06.2017“ vor und bestätigte unter Bezugnahme auf Schreiben von Herstellern einzelner Bauprodukte (Schreiben der K... KG vom 17. Juli 2017; E-Mail der Firma G... GmbH & Co. KG vom 21. Juli 2017) für die streitgegenständliche Außenwand an der Grundstücksgrenze „gemäß Musterbauordnung § 22 (...) die Übereinstimmung mit den technischen Regeln nach § 17 Abs. 2, den allgemein bauaufsichtlichen Zulassungen, den allgemein bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen oder Zustimmungen im Einzelfall“. Hinsichtlich der Verwendung der „... Gipskarton Feuerschutzplatte“ anstelle einer Putzschicht an der Wandaußenseite liege nur eine geringe Abweichung vom allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis vor. Die Befestigung der Gipskartonplatte mittels Konterlatte als Unterkonstruktion für die abschließende Fassade stelle keine Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik dar. Die Holzfassade könne – wie bereits beschrieben – brandschutztechnisch ertüchtigt werden. Alternativ könne die Holzfassadenverkleidung inkl. Unterkonstruktion und ...platte entfernt sowie ein Putz aufgetragen werden, sodass dann ein Aufbau erreicht werde, der nicht mehr vom allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis abweiche.

Am 6. November 2017 stellten die Antragsteller über ihre Bevollmächtigten, die bereits vorher von der Antragsgegnerin wiederholt ein bauordnungsrechtliches Einschreiten eingefordert hatten, beim Verwaltungsgericht Regensburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zuletzt beantragten sie, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Bauarbeiten der Beigeladenen auf dem Baugrundstück stillzulegen sowie dieser die Nutzung des Bauvorhabens zu untersagen (erstinstanzlicher Schriftsatz vom 13. Dezember 2017).

Mit Beschluss vom 15. Dezember 2017 verpflichtete das Verwaltungsgericht Regensburg – unter Antragsablehnung im Übrigen – die Antragsgegnerin im Verfahren gem. § 123 VwGO zum einen dazu, der Beigeladenen gegenüber die Einstellung der Arbeiten am und im Erweiterungsbau auf dem Baugrundstück anzuordnen, und zum anderen, die Nutzung bestimmter Räume des Erweiterungsanbaus (Wohnen 21,26 m², Essen 20,95 m², Kochen 5,94 m², Bad 10,55 m²) nach Maßgabe der mit dem Änderungsgenehmigungsantrag vom 29. Mai 2017 eingereichten Grundrisszeichnung vom 23. Mai 2017 auf dem Baugrundstück zu untersagen; hinsichtlich des Windfangs (9,25 m²) wurde ebenfalls grundsätzlich die Verpflichtung zur Nutzungsuntersagung ausgesprochen, die Nutzung zum Zweck des Betretens des Altbaus aber hiervon ausgenommen. Die Antragsteller hätten einen entsprechenden Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Im Zeitpunkt der Beschlussfassung seien entgegen der Mitteilung der Beigeladenen, dass keine Baumaßnahmen mehr stattfinden bräuchten, noch Handwerker vor Ort tätig gewesen. Die derzeitige Bauausführung der Gebäudeabschlusswand widerspreche den Brandschutzvorgaben aus Art. 24 Abs. 1 Satz 1, Art. 28 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 7 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) und sei deshalb materiell baurechtswidrig. Nach den genannten Brandschutzvorschriften sei die Gebäudeabschlusswand als Brandwand auszuführen und müsse eine nichtbrennbare Außenwandbekleidung (einschließlich der Dämmstoffe und der Unterkonstruktion) aufweisen. Die derzeitige Wandbekleidung bestehe nicht aus einem nichtbrennbaren Baustoff. Auf eine Legalisierungswirkung aufgrund der Änderungsgenehmigung vom 7. Juni 2017 oder aufgrund der „Bescheinigung Brandschutz III“ des Prüfsachverständigen vom 15. März 2017 könne sich die Beigeladene nicht berufen. Der Wandaufbau weiche von den Bauunterlagen zur Änderungsbaugenehmigung, wonach Brandwände bzw. Wände anstelle von Brandwänden „gemäß Prüfzeugnis“ erstellt worden seien, ab. Brandschutzvorschriften seien zudem vom Prüfumfang im vereinfachten Genehmigungsverfahren (Art. 59 BayBO) nicht umfasst. Die erteilte „Bescheinigung Brandschutz III“ bestätige nur für den in dem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis vom 30. März 2015 vorgesehenen Wandaufbau das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO. Inwieweit die statt des Putzes angebrachte „Gipskartonplatte ...“ die Brandwandeigenschaft beeinträchtige und dadurch die jeweilige Feuerwiderstandsdauer verringere, sei völlig offen. Aus den Schreiben der Hersteller einzelner Bauprodukte vom 17. Juli 2017 und vom 21. Juli 2017 ergebe sich gerade nicht, dass die Abweichung des Wandaufbaus in Bezug auf den Brandschutz unproblematisch sei. Für den tatsächlichen Wandaufbau existiere keine offizielle Bescheinigung. Die verletzten brandschutzrechtlichen Anforderungen dienten auch dem Schutz der Nachbarn. Es lägen sowohl die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Baueinstellung (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO) als auch für eine Nutzungsuntersagung (Art. 76 Satz 2 BayBO) vor. Weder die Baueinstellung noch die Nutzungsuntersagung sei unverhältnismäßig. Aufgrund der hohen Wertigkeit der betroffenen nachbarlichen Belange sei sowohl für die Baueinstellung als auch für die Nutzungsuntersagung von einer Ermessensreduzierung auf null auszugehen. Die Sicherstellung des Brandschutzes diene dem Schutz von Leib und Leben der potenziell von einem Brand betroffenen Personen. Hieraus resultiere ein entsprechender Anspruch der Antragsteller auf behördliches Einschreiten. Hinsichtlich der Nutzungsuntersagung sei auch ein präventives behördliches Handeln vor einer entsprechenden Nutzungsaufnahme geboten. Bei einer Nutzungsaufnahme sei von einer deutlichen Erhöhung der Brandgefahr auszugehen. Der glaubhaft gemachte Anordnungsgrund ergebe sich aus dem Umstand, dass sich durch die beabsichtigte und zu erwartende Nutzungsaufnahme des Anbaus jedenfalls die Brandgefahr erhöhe, zumal dort mit der Änderungsgenehmigung auch ein Holzofen eingebaut worden sei. Um die Beigeladene nicht obdachlos zu stellen und ihr das Betreten des Altbaus zu ermöglichen, sei die Nutzungsuntersagung auf den tenorierten Rahmen beschränkt worden.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beigeladene mit ihrer Beschwerde. Eine Feuerwiderstandsfähigkeit „F30“ von innen nach außen erreiche eine Gebäudeabschlusswand laut gutachterlicher Aussage schon bei einer Gipslatte (GKF) an der Wandinnenseite mit einer Stärke von nur 9,5 mm. Für die an der Innenseite der Wandkonstruktion befindlichen beiden Gipsplatten mit einer Stärke von jeweils 18 mm sei eine Feuerwiderstandsfähigkeit „REI 90“ bzw. „F90“ von innen gutachterlich bestätigt. Mit dieser Konstruktion sei das Erfordernis der Nichtbrennbarkeit für einen Teil der Hausabschlusswand auf jeden Fall gegeben. Aufgrund dessen sei für die Antragsteller eine Brandgefahr ausgeschlossen. Es liege zwar – bei einer Übereinstimmung mit dem Prüfzeugnis im Übrigen – eine Abweichung von der Änderungsgenehmigung vor, weil anstelle des vom Prüfzeugnis verlangten 6 mm starken Putzes tatsächlich eine 12,5 mm dicke Gipskartonplatte verbaut worden sei, sodass insoweit die Antragsgegnerin bei Ausübung ordnungsgemäßen Ermessens grundsätzlich gegen sie – die Beigeladene – vorgehen könnte. Eine Ermessensreduzierung sei aber nicht ersichtlich. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass ein Brandschutz für die Antragsteller nicht gewährleistet sei, sei nicht zwingend. Denn die Annahme einer Brandgefahr müsse sich an den tatsächlichen Gegebenheiten orientieren und sei keine automatische Folge bei einer Verletzung einer Bauvorschrift. Die außen angebrachte Gipskartonplatte anstelle des Putzes habe die Brandwiderstandsdauer zusätzlich sogar verbessert. Von daher sei auch von außen bei dem vorliegenden Wandaufbau ein hinreichender Feuerwiderstand gewährleistet. Die aus 2 x 30 mm Konterlatten und 22 mm Fassadenbrettern bestehende Wandverkleidung sei zwar nicht als nichtbrennbar zu bezeichnen. Konterlatte, Traglatte und Fassadenbretter müssten ertüchtigt werden. Laut Aussage des beauftragten Prüfingenieurs für Brandschutz seien die Fassadenbretter nur zu dünn, es müssten 26 mm starke Bretter angebracht werden. Ansonsten wären die Voraussetzungen für eine „Befreiung“ erfüllt. Es sei nunmehr der Antragsgegnerin überlassen zu prüfen, ob die aufgebrachte „12,5 mm ...platte“ entfernt werden müsse, denn möglicherweise könnten zusätzlich aufzubringende Materialien den gesetzlichen Brandschutzvorschriften entsprechen. Sie – die Beigeladene – könne ggf. diese Platte überall mit dem Zusatz „Typ A“ oder „GFK“ ergänzen, damit auch hier eine Klarstellung für die Nichtbrennbarkeit hergestellt werde. Sie arbeite derzeit mit einem beauftragten Fachunternehmen und stehe in ständigem Kontakt zur Antragsgegnerin bezüglich einer alternativen Bauweise. Die Antragsgegnerin habe zwischenzeitlich in Umsetzung des angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts eine Einstellungs- und Untersagungsverfügung erlassen. Das gesamte Bauvorhaben – bis auf die streitige Hausabschlusswand – sei auf der Grundlage der erteilten Baugenehmigung beanstandungsfrei errichtet worden. Die Beseitigung einer Brandgefahr durch Veränderung der Wandverkleidung könne nicht nur durch Nutzungsuntersagung der Räumlichkeiten, sondern auch durch andere Verfügungen erreicht werden. Die Nutzung der Räumlichkeiten an sich führe nicht zu einer Brandgefahr für die Antragsteller. Dem stehe auch nicht das Vorhandensein eines mit Holz zu betreibenden Ofens entgegen, da auch dessen Errichtung vorschriftsmäßig erfolgt sei. Im Übrigen werde der Erweiterungsbau nicht durch den Ofen beheizt, sondern durch eine installierte Heizungsanlage, die nicht mit Holz betrieben werde. Eine Nutzung der Räumlichkeiten verhindere oder erschwere nicht durchzuführende Änderungsmaßnahmen an der Wandbekleidung und der Außenwand. Entgegen den begründenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts müssten weitere Baumaßnahmen, durch die sich der bestehende Zustand verfestige und durch die eine Brandgefahr erhöht werde, tatsächlich nicht durchgeführt werden, zumal das Verwaltungsgericht auch offengelassen habe, welche brandgefahrerhöhenden Baumaßnahmen noch durchzuführen seien. Es werde eingeräumt, dass jedenfalls die Wandverkleidung nicht den Brandschutzvorschriften entspreche. Die Brandgefahr gehe vorliegend allerdings nicht von einer Nutzung der Räumlichkeiten aus, denn gegen einen Brand von innen sei ein Schutz wegen der nichtbrennbaren zweifach angebrachten 18 mm GFK-Platten gegeben. Eine Brandgefahr gehe möglicherweise von außen, von der Wandverkleidung aus, weil diese nicht aus nichtbrennbaren Bestandteilen bestehe. Inwieweit die Nutzungsuntersagung – und nicht etwa eine Entfernung der Wandverkleidung – diese Brandgefahr aufheben und verhindern könne, sei schwer verständlich.

Die Beigeladene beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. Dezember 2017 aufzuheben und den Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.

Die Antragsteller beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Aus ihrer Sicht habe das Verwaltungsgericht richtig entschieden. Zu ihrem Schutz von Leib und Leben seien sowohl die Baueinstellung als auch die vorläufige Nutzungsuntersagung aufrechtzuerhalten, bis die Beigeladene den Brandschutz der Gebäudeabschlusswand durch eine rechtskonforme und von der Antragsgegnerin geprüfte Änderung des Wandaufbaus herstellen lasse. Die Gebäudeabschlusswand sowie ihre Fassade erfüllten die brandschutzrechtlichen Anforderungen nicht. Insbesondere seien die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, Abs. 7 Satz 3 BayBO nicht erfüllt. Nach DIN 4102 falle Holz mit mehr als 2 mm in die Baustoffklasse B 2 (brennbar, normal entflammbar). Die Fassadenkonstruktion weise nicht die vom Prüfsachverständigen als „schwer entflammbar“ eingestufte Stärke von 26 mm, sondern nur eine solche von 22 mm auf. Auch die Wandbestandteile „Holzständer“ und „60 mm ...“ seien entflammbar. Die Beigeladene unterschlage zudem eine vorhandene „Dampfbremse“. Hinsichtlich der Bohlenstärke der Holzfassade und hinsichtlich der Anbringung einer „...gipskartonplatte“ anstelle einer 6 mm dicken Putzschicht weiche der tatsächliche Wandaufbau nicht nur vom Prüfzeugnis sondern auch von der Änderungsgenehmigung ab. Dass diese Bauausführung die Brandwiderstandsdauer zusätzlich verbessere und mindestens einen gleichwertigen Brandschutz gewährleiste, sei eine Behauptung der Beigeladenen ins Blaue. Die Herstellerfirmen hätten mit ihren Stellungnahmen vom 17. und 21. Juli 2017 dies gerade nicht bestätigt; insbesondere sei eine angeratene Eignungsprüfung nicht erfolgt. Zudem bescheinige sowohl das Prüfzeugnis vom 30. März 2015 als auch der Prüfbericht vom 15. März 2017 einen hinreichenden Brandschutz nur für den gesamten Wandaufbau, nicht aber für (Teil-) Ausschnitte hiervon. Jedenfalls hinsichtlich der Wandverkleidung räume die Beigeladene ein, dass der bisherige Zustand brandschutzrechtlich so nicht verbleiben könne. Aufgrund der von der Baubeschreibung und der Änderungsgenehmigung abweichenden Ausführung der Wandbekleidung bedürfe es (inklusive ggf. weiterer Änderungen bzw. Ertüchtigungen) einer neuen Änderungsgenehmigung. Allein eine Baueinstellung stelle sicher, dass die Beigeladene gehalten sei, eine Tekturgenehmigung zu beantragen und hierzu prüffähige Bauvorlagen und Nachweise vorzulegen, um zu gewährleisten, dass sowohl dem formellen als auch dem materiellen Baurecht Geltung verschafft werde. Zutreffend gehe das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss von einer Ermessensreduzierung auf null aus, da nachbarrechtliche Belange von hoher Wertigkeit betroffen seien. Ein milderes Mittel – wie die von der Antragsgegnerin vorgeschlagene vollständige Beseitigung der Wandbekleidung / Fassade – sei nicht ersichtlich, da auch der verbleibende Wandaufbau brandgefährdet sei. Die Anordnung der Nutzungsuntersagung der betroffenen Räume sei geeignet und verhältnismäßig, um angesichts der Gefahr für Leib und Leben der Antragsteller rechtskonforme Zustände herzustellen. Die Nutzung eines nicht den Brandschutzvorschriften entsprechenden Anbaus stelle eine erhebliche Brandgefahr dar. Eine erhöhte Brandgefahr infolge der Nutzungsaufnahme der betroffenen Räumlichkeiten gehe von einer Möblierung sowie dem dort befindlichen Holzofen aus. Durch das Überhitzen von elektrischen Geräten könne es zu Überspannungsschäden kommen. Die durch das Bewohnen ohnehin gegebene Brandgefahr werde vorliegend durch den beabsichtigten Einzug einer sehr alten, demenzkranken Frau erhöht. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe, habe auch die Lagerung von Gegenständen (z.B. Möbel, Kleider, Bücher) im Anbau zu unterbleiben. Gelagerte Gegenstände seien regelmäßig brennbar und könnten die Gefährlichkeit eines sich ausbreitenden Brandes intensivieren.

Die Antragsgegnerin hat im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt, geht aber davon aus, dass das Eingriffsermessen entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts und der Antragsteller vorliegend nicht auf null reduziert sei. Eine Gefahr für Leib und Leben der Antragsteller sei nicht gegeben. Trotz abweichender Bauausführung sei der Brandschutz gewährleistet. Bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3 lasse der Gesetzgeber eine Mischbauweise zu. Die Gebäudeanschlusswand an der gemeinsamen Grenze erfülle die Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit nach Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO sowohl von innen nach außen als auch umgekehrt. Für einen Wandaufbau nach dem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis vom 30. März 2017 sei von innen nach außen eine Gipsplatte Typ A mit einer Stärke von mindestens 9,5 mm gefordert. Laut Prüfbericht vom 15. März 2017 biete die Gebäudeabschlusswand durch die Beplankung mit 2 x 18 mm „... Brandschutzplatten“ und einer 15 mm „...-Platte“ an der Innenseite mindestens 30 Minuten Feuerwiderstand (F30). Ferner hätten gutachterliche Äußerungen der M... GmbH für ähnliche Wandaufbauten eine Feuerwiderstandsfähigkeit von 90 Minuten bei einer Brandbeanspruchung von der Wandinnenseite bestätigt. Die angebrachte „... Gipskartonplatte“ an der Außenseite der Gebäudeabschlusswand führe nicht zu einer Minderung des Brandschutzes, sondern verbessere sogar die Feuerwiderstandsdauer. Die Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten bei einem Brandfall von außen werde weiterhin gewährleistet, zumal ein Brand vom Grundstück der Antragsteller ausgehen müsste. Unabhängig davon, dass die Bauarbeiten tatsächlich abgeschlossen seien, sei vorliegend eine Anordnung zur Baueinstellung nicht zielführend und kein geeignetes Mittel, um rechtskonforme Zustände herzustellen. Diese könnten durch andere geeignete Maßnahmen, wie etwa durch Austausch der Fassadenbretter oder Ertüchtigung mit einem intumeszierenden Anstrich oder sogar durch vollständige Beseitigung der Wandbekleidung, erreicht werden. Die momentane Baueinstellung verhindere die Ertüchtigung der Wandbekleidung, für die im vereinfachten Verfahren gem. Art. 59 BayBO keine Änderungsgenehmigung erforderlich sei. Auch die Nutzungsuntersagung sei nicht geeignet, um rechtskonforme Zustände herzustellen. Sie sei auch nicht verhältnismäßig, da eine Gefahr für Leben und Gesundheit der Antragsteller nicht gegeben sei und rechtskonforme Zustände mit den oben geschilderten Maßnahmen erreicht werden könnten. Die Nutzung der Räume allein führe nicht zu einer Erhöhung der Brandgefahr. Der Erweiterungsbau sei ein erdgeschossiger Anbau, dessen Rettungswege im Brandfall ausreichend sichergestellt seien. Insbesondere sei ein Verbot der Lagerung von Gegenständen nicht gerechtfertigt.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

1. Auch wenn – wie aus der Beschwerdebegründung hervorgeht – die Antragsgegnerin zwischenzeitlich in Umsetzung des angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts eine Einstellungs- und Untersagungsverfügung erlassen hat, ist hierdurch nicht das Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde der Beigeladenen entfallen, weil die Beigeladene durch eine obsiegende Beschwerdeentscheidung weiterhin ihre Rechtsstellung verbessern kann. Denn es verbleibt die Möglichkeit, dass die Antragsgegnerin, die – wie ihre Stellungnahme im Beschwerdeverfahren zeigt – diese Anordnung nicht aus rechtlicher Überzeugung, sondern in Umsetzung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 15. Dezember 2017 getroffen hat, diese Verfügung unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats gem. Art. 48 oder Art. 49 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) wieder korrigiert.

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

Auf Basis der von der Beigeladenen innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht (teilweise) stattgegeben hat. Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts ist abzuändern und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen, weil die Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht haben (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V. mit § 920 Abs. 2 ZPO). Die Beigeladene hat zu Recht hinreichend eingewandt und dargelegt, dass mit der für den streitgegenständlichen Anbau an der gemeinsamen Grenze ausgeführten Wandkonstruktion in nachbarschutzrechtlicher Hinsicht – also speziell g e g e n ü b e r d e n A n t r a g s t e l l e r n – ein hinreichender Brandschutz gewährleistet ist.

a) Soweit die Eingriffsvoraussetzungen der Art. 75, 76 BayBO als bauordnungsrechtliche Befugnisnormen einschlägig sind, ist hierdurch nicht automatisch eine Anspruchsposition des Nachbarn – sei es auf bauordnungsrechtliches Einschreiten, sei es auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber – gegeben, sondern nur dann, wenn die geltend gemachte Rechtswidrigkeit der baulichen Anlage des Bauherrn gerade auf einem Verstoß gegen eine öffentlich-rechtliche Vorschrift beruht, die zugunsten des Nachbarn Drittschutz vermittelt. Ein subjektives Recht der Antragsteller auf bauordnungsrechtliches Einschreiten oder auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Antrag kommt mithin nur in Betracht, wenn die Beigeladene als Bauherrin mit dem streitgegenständlichen Vorhaben gegen eine auch Nachbarn schützende gesetzliche Anforderung verstößt (vgl. BayVGH, B.v. 30.6.2009 – 1 ZB 07.3058 – juris Rn. 22; Numberger, BayVBl. 2008, 741/744; Seidel, NVwZ 2004, 139/141; allg. zur sog. Schutznormtheorie vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m.w.N.).

b) Keiner Klärung bedarf, ob wegen abweichender Bauausführung im Vergleich zur Änderungsgenehmigung vom 7. Juni 2017 der von der Beigeladenen tatsächlich umgesetzte Anbau gemäß Art. 55 ff. BayBO einer weiteren Änderungs- oder Tekturgenehmigung bedarf, um einen ggf. vorliegenden (formellen) Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu beseitigen. Soweit die Bauaufsichtsbehörde befugt ist, schon bei sog. formeller Rechtswidrigkeit gegen den Bauherrn gem. Art. 75 Abs. 1 BayBO (Baueinstellung) oder Art. 76 Satz 2 BayBO (Nutzungsuntersagung) vorzugehen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 18.9.2017 – 15 CS 17.1675 – juris Rn. 13 m.w.N.), ist hiervon die Frage der subjektiven Rechtsbetroffenheit des Nachbarn zu trennen. Allein die formelle Rechtswidrigkeit einer baulichen Anlage – also das (möglicherweise) Fehlen einer erforderlichen Baugenehmigung bzw. eine von einer vorhandenen Genehmigung abweichende Bauausführung – genügt als solche nicht, um in diesem Sinn die Betroffenheit eines subjektiven Rechts des Nachbarn zu begründen. Die Vorschriften über die Baugenehmigungspflicht (Art. 55 ff. BayBO) dienen allein dem öffentlichen Interesse und sind daher nicht nachbarschützend (BayVGH, B.v. 19.5.2011 – 2 B 11.397 – NVwZ-RR 2011, 851 = juris Rn. 19; Molodovsky in Molodovsky u.a., BayBO, Art. 55 Rn. 4 m.w.N.). Entscheidend ist daher im vorliegenden Fall vielmehr, ob durch das Bauvorhaben eine die benachbarten Antragsteller materiell schützende Rechtsnorm verletzt wird.

c) Die – hier nicht näher aufzuklärende – Möglichkeit, dass die tatsächlich umgesetzte Gebäudeabschlusswand auf dem Baugrundstück an der Grenze zum Grundstück der Antragsteller als wohl nicht geregeltes Bauprodukt (Bauteil) bzw. als nicht geregelte Bauart ggf. den Anforderungen der Art. 15 ff. BayBO nicht genügt, mag zwar aus objektiv-rechtlicher Sicht die Bauaufsichtsbehörde zum Eingreifen ermächtigen (vgl. auch die ausdrückliche Regelung in Art. 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Nr. 4 BayBO). Auch dies kann aber den Antragstellern als Nachbarn weder einen Anspruch auf bauordnungsrechtliches Eingreifen aus Art. 75, Art. 76 Satz 2 BayBO noch einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber vermitteln. Auch wenn die Regelungen des III. Abschnitts des dritten Teils der Bayerischen Bauordnung über Bauprodukte und Bauarten (Art. 15 – 23 BayBO) der Abwehr von Gefahren dienen, die der Allgemeinheit durch mangelnde Sicherheit von baulichen Anlagen drohen, folgt hieraus kein Drittschutz zugunsten individualisierbarer Personen und insbesondere zugunsten von Nachbarn (BayVGH, B.v. 9.11.1998 – 1 CS 98.2821 – NVwZ 1999, 446 = juris Rn. 9; Molodovsky in Molodovsky/Famers/Waldmann, Bayerische Bauordnung, Stand: November 2017, Vorb. Art. 15 Rn. 6; Dirnberger in Simon/Bus-se, Bayerische Bauordnung, Stand: November 2017, Art. 66 Rn. 278). Die grundsätzliche Brauchbarkeit – wie etwa eine hinreichende Feuerwiderstandsfähigkeit – eines nicht geregelten Bauprodukts oder einer Bauart kann zwar über einen im dritten Teil, Abschnitt III der BayBO vorgesehenen Nachweis (etwa auch durch ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis, Art. 17, Art. 19 Abs. 1 Satz 2 BayBO) sowie eine nach Maßgabe von Art. 20, 21 BayBO erfolgte Übereinstimmungserklärung des Herstellers ggf. belegt werden (vgl. Nolte in Simon/Busse, BayBO, Art. 12 Rn. 27). Allein aus dem Umstand, dass ein verwendetes Bauprodukt / Bauteil oder eine verwendete Bauart nicht den Anforderungen der Art. 15 ff. BayBO entspricht, folgt aber nicht, dass ein Nachbar deshalb Abwehransprüche bzw. Ansprüche auf bauordnungsrechtliches Eingreifen geltend machen kann.

d) Ein Anordnungsanspruch auf bauordnungsrechtliches Eingreifen nach Maßgabe von Art. 75 Abs. 1, Art. 76 Satz 2 BayBO kommt auch nicht wegen einer Verletzung des Art. 28 Abs. 3 BayBO in Betracht. Die Gebäudeabschlusswand des neu errichteten Anbaus der Beigeladenen verletzt keine nachbarschützenden Brandschutzanforderungen aus 28 Abs. 3 BayBO. Im vorliegenden Fall muss die an der Grenze zum Antragstellergrundstück stehende Gebäudeabschlusswand des Anbaus der Beigeladenen in brandschutzrechtlicher Hinsicht nicht die strengen Voraussetzungen für eine Brandwand gem. Art. 28 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BayBO erfüllen. Es genügt vielmehr, wenn die verminderten Anforderungen an eine Gebäudeabschlusswand nach Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO eingehalten werden, vgl. im Folgenden aa). Die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass die Anforderungen dieser Norm, soweit sie nachbarschützend ist, nicht eingehalten sind, vgl. unten bb). Hiervon zu trennen ist die Frage, ob die Anforderungen an die Außenwandbekleidung einschließlich ihrer Unterkonstruktion gem. Art. 28 Abs. 11 i.V. mit Abs. 7 Satz 3 BayBO erfüllt sind und inwieweit die Antragsteller hieraus Nachbarschutz beanspruchen können, vgl. unten e).

aa) Als unmittelbar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Gebäudeabschlusswand, die zum Wohngebäude der Antragsteller einen geringeren Abstand als 5 m aufweist, wäre die Außenwand des Anbaus auf der gemeinsamen Grenze von Baugrundstück und Antragstellergrundstück gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO an sich als Brandwand auszuführen. Für diese bestimmt die BayBO, dass diese ausreichend lang die Brandausbreitung auf andere Gebäude oder Brandabschnitte verhindern (Art. 28 Abs. 1 BayBO) und hierfür auch unter zusätzlicher mechanischer Beanspruchung feuerbeständig sein sowie aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen müssen (Art. 28 Abs. 3 Satz 1 BayBO). Bei dem Gebäude der Beigeladenen handelt es sich nach den vorliegenden, der Änderungsgenehmigung vom 7. Juni 2017 zugrundeliegenden Planzeichnungen auch nach der Fertigstellung des neuen Anbaus allerdings entweder um ein Gebäude der Gebäudeklasse 1 oder um ein solches der Gebäudeklasse 2, sodass vorliegend die hierfür geltenden Brandschutzanforderungen der BayBO maßgebend sind, mithin die Einhaltung der für Gebäudeabschlusswände geltenden Anforderungen des Art. 28 Abs. 3 Satz 2 BayBO genügt.

Zur Gebäudeklasse 1 zählen freistehende Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 m². Nach der von keinem Beteiligten bestrittenen Darstellung des Bestands in den gestempelten Bauunterlagen zur Änderungsgenehmigung vom 7. Juni 2017 (vgl. „Schnitt AA“) beträgt das für die Bemessung der Gebäudehöhe gem. Art. 2 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BayBO relevante Maß der Fußbodenoberkante des Obergeschosses des Bestandsgebäudes als höchstgelegenes Geschoss des Gesamtgebäudes über der Geländeoberfläche weniger als 4 m. Bei Übernahme der von keinem Beteiligten bestrittenen Grundflächenberechnung aus den Bauunterlagen zur Änderungsgenehmigung vom 7. Juni 2017 (229,493 m², mit Außenflächen) unter Einbeziehung des Dachgeschosses im Bestandsteil [laut den vorgenannten Bauunterlagen 8,480 m x 7,356 = 62,38 m²) ergibt sich eine relevante Brutto-Grundfläche (vgl. Art. 2 Abs. 6 BayBO) von unter 300 m², die mithin unterhalb der in Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO vorgesehenen Grenze von 400 m² (ohne Einbeziehung der Kellergeschossflächen, Art. 2 Abs. 3 Satz 3 BayBO) liegt. Dasselbe ergibt sich, wenn man überschlagsmäßig auf die im gestempelten Grundrissplan dargestellten Außenmaße des Gesamtgebäudes abstellt [Altbestand ca. 2 x (8,5 m x 7,7 m) = 130,9 m²; neuer Anbau: ca. 15,50 m x 5,50 m = 85,25 m²; Übergangsbereich Altbestand – Anbau: ca. 4,20 m x 1 m = 4,20 m²]. Nach der Errichtung des Anbaus verfügt das Gesamtgebäude laut den vorliegenden Bauunterlagen zu den der Beigeladenen erteilten Genehmigungen für den Anbau über nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten (eine Wohnnutzungseinheit im Altbestand und eine neue Nutzungseinheit im Anbau). Der in der BayBO nicht näher definierte Begriff der Nutzungseinheit umfasst eine Summe von Räumen, die auf Grund der organisatorischen und räumlichen Struktur als Einheit betrachtet werden können. Es kommt nicht darauf an, wie die Nutzungseinheit ausgestaltet ist, also vor allem ob und in welcher Weise ein Raum bzw. eine Mehrheit von Räumen gegenüber einem anderen Raum oder einer anderen Mehrheit von Räumen baulich abgeschlossen ist. Entscheidend ist vielmehr die insbesondere von der der Entscheidung des Bauherrn abhängige Einheitlichkeit der Nutzung und des Nutzungskreises (vgl. Jäde in Jäde u.a., Die neue BayBO, Art. 2 Rn. 80 ff.; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 2 Rn. 293). Auch wenn aufgrund der räumlichen Trennung durch das Treppenhaus im Erd- und Dachgeschoss des Altbestands auf dem Baugrundstück jeweils selbständige kleine Wohneinheiten in einer Größenordnung von jeweils etwa 40 m² geschaffen werden könnten, ist mangels anderweitiger Hinweise aus den vorliegenden Unterlagen und den Erklärungen der Beteiligten davon auszugehen, dass derzeit dort nur von einer einzigen Wohneinheit auszugehen ist. Hierfür sprechen auch die vorliegenden Planzeichnungen zu den Genehmigungen vom 12. Juli 2011 und 17. Juni 2017, weil hiernach nur das Erdgeschoss, nicht aber das Dachgeschoss über eine Küche verfügt. Weil das Gebäude der Beigeladenen auch nach seiner Errichtung nicht mit einem anderen entsprechenden Gebäude zusammengebaut ist, dürfte es auch als freistehend i.S. von Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO anzusehen (vgl. Dirnberger in Simon/ Busse, BayBO, Art. 2 Rn. 286, 287; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 2 Rn. 25) und damit der Gebäudeklasse 1 zuzuordnen sein.

Soweit in der Literatur (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: Sept. 2017, Art. 2 Rn. 86b; Molodovsky in Molodovsky u.a., BayBO, Art. 2 Rn. 74c) und in Nr. 2.3.1.1.1 der Vollzugshinweise zur BayBO 2008 (IMS v. 13.12.2007 – Az. II B-4101-065/02, abgedruckt z.B. bei Molodovsky a.a.O. als Anhang 2.10) für das Merkmal „freistehend“ auch die jetzige und künftige Einhaltung von Abstandsflächen zwischen Gebäuden gefordert wird und der Abstand zwischen dem Wohngebäude der Antragsteller und dem auf dem Baugrundstück an der gemeinsamen Grenze errichteten Anbau der Beigeladenen von nur ca. 3 m hierfür als nicht hinreichend angesehen werden sollte, handelt es sich bei dem Wohngebäude der Beigeladenen (inklusive Anbau) jedenfalls höchstens um ein Gebäude der Gebäudeklasse 2, weil gem. Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayBO für diese Einordnung bei im Übrigen identischen Voraussetzungen wie bei Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO auf das Gebäudemerkmal freistehend verzichtet wird.

Weil es sich um ein Gebäude der Gebäudeklassen 1 oder 2 handelt, kommt es auf die Frage, ob die Gebäudeabschlusswand an der gemeinsamen Grundstücksgrenze die Qualitätsmerkmale einer Brandwand gem. Art. 28 Abs. 3 Satz 1 BayBO aufweist, nicht an. Denn eine Gebäudeabschlusswand für Gebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3 kann gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO statt als Brandwand zulässigerweise auch als Wand ausgestaltet werden, die jeweils

– von innen nach außen die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Teile des Gebäudes (vgl. hierzu Art. 25 BayBO), mindestens jedoch feuerhemmende Bauteile (vgl. Art. 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayBO) hat,

– während von außen nach innen die Feuerwiderstandsfähigkeit feuerbeständiger Bauteile (vgl. Art. 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 Nr. 2, Satz 3 Nr. 1 BayBO) gegeben sein muss.

Für solche Wände, die anstelle von Brandwänden zulässig sind, müssen zudem die Anforderungen entsprechend Art. 28 Abs. 4 bis 10 BayBO erfüllt sein, Art. 28 Abs. 11 BayBO. Damit müssen jedenfalls Außenwandbekleidungen (einschließlich der Dämmstoffe und Unterkonstruktionen) von Gebäudeabschlusswänden auch bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3 nach Maßgabe von Art. 28 Abs. 11 i.V. mit Abs. 7 Satz 3 BayBO nichtbrennbar sein.

bb) Für die Beurteilung der Feuerwiderstandsfähigkeit eines Baustoffs oder eines Bauteils kann die in ihren relevanten Teilen gem. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BayBO als Technische Baubestimmung eingeführte „DIN 4102 – Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen“ (teilw. abgedruckt bei Simon/Busse, BayBO, Teil D. Anhang Nr. 258) als sachverständige Grundlage für die Beurteilung der Feuersicherheit der baulichen Anlagen und der Feuerwiderstandsdauer ihrer Bauteile herangezogen werden (zur umstrittenen Einordnung als normkonkretisierende oder lediglich norminterpretierende Verwaltungsvorschrift vgl. Jäde in Jäde u.a., Die neue BayBO, Art. 3 Rn. 58 ff.). Der Senat geht davon aus, dass hiernach die Gebäudeabschlusswand an der Grenze zum Grundstück der Antragsteller die Anforderungen des Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO an die Feuerwiderstandsfähigkeit von innen nach außen erfüllt. Offen ist demgegenüber, ob die umgesetzte Wandkonstruktion von außen nach innen die Feuerwiderstandsdauer feuerbeständiger Bauteile hat, wie dies Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO fordert. Hierauf kommt es aber bei dem vorliegend geltend gemachten Anspruch auf bauordnungsrechtliches Einschreiten nicht an, weil die brandschutzrechtlichen Anforderungen der genannten Norm an die Feuerwiderstandsfähigkeit für die Wirkrichtung von außen nach innen nicht nachbarschützend sind, sodass insofern eine subjektive Anspruchsposition der Antragsteller ausscheidet.

Der Senat kann nach Aktenlage nicht beurteilen, ob die Gebäudeabschlusswand an der Grenze zum Grundstück der Antragsteller von a u ß e n n a c h i n n e n die gem. Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO erforderliche Feuerwiderstandsfähigkeit feuerbeständiger Bauteile (F 90-AB, vgl. Nrn. 5.4.1 und 5.4.2 sowie Tabelle 2 der DIN 4102 – Teil 2) einhält. Es ist ungeklärt, ob und wie bei einer Feuereinwirkung über die mit einer Konterlattung befestigte Holzfassade derart auf die statt des Außenputzes verbaute Gipskartonplatte mechanisch eingewirkt wird, dass der Wandkonstruktion nicht mehr die Feuerwiderstandsfähigkeit „feuerbeständig“ (F 90-AB, vgl. Nrn. 5.4.1 und 5.4.2 sowie Tabelle 2 der DIN 4102 – Teil 2) in der Wirkrichtung von außen nach innen attestiert werden kann (vgl. auch Art. 28 Abs. 11 i.V. mit Abs. 7 Satz 4 BayBO).

Die tatsächliche Umsetzung der Gebäudeabschlusswand weicht vom vorliegenden allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis Nr. ... vom 30. März 2015 für eine Wand mit der dort attestierten Feuerwiderstandsfähigkeit feuerbeständiger Bauteile (F 90-AB, vgl. Nrn. 5.4.1 und 5.4.2 sowie Tabelle 2 der DIN 4102 – Teil 2) ab, weil anstelle des dort vorgesehenen Klebe- und Spachtelputzes als „2. Lage außen“ tatsächlich eine 12,5 mm dicke „Gipskartonplatte ...“ eingebaut wurde. Aus diesem Grund ist die vom bauausführenden Unternehmen unter dem 7. März 2017 ausgestellte „Übereinstimmungserklärung“ (vgl. Art. 20 und 21 BayBO), in der bestätigt wird, dass die tragende, raumabschließende Wandkonstruktion mit einer Feuerwiderstandsklasse „REI 90“ hinsichtlich aller Einzelheiten unter Einhaltung der Bestimmungen des allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses vom 30. April 2015 hergestellt und aufgebaut worden sei, für den Nachweis der Feuerwiderstandsfähigkeit nicht aussagekräftig. Die Stichhaltigkeit der Behauptung im Ergänzungsschreiben des ausführenden Bauunternehmens vom 19. Juni 2017, die Verwendung der „...platte“ anstelle einer Putzschicht an der Wandaußenseite stelle nur eine geringe Abweichung vom allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis dar, steht infrage, weil die in Bezug genommenen Schreiben der Herstellerfirmen der Bauprodukte dies gerade nicht belegen. So heißt es im Schreiben der K... KG vom 17. Juli 2017 zur Aufbringung der hölzernen Außenfassade auf die „Gipskartonplatte ...“, dass brandschutzbezogen sowie mit Blick auf die Druckfestigkeit der Dämmstoffplatte und die Verteilung des Anpressdrucks durch geeignete Lattung über der Gipskartonplatte „die Befestigung der Beplankungs-Ebenen (Gipskartonplatte mit darüber liegendem Witterungsschutz) übereinander“ nicht bewertet werden könne. In der E-Mail der G... GmbH & Co. KG vom 21. Juli 2017 wird hierzu ausgeführt, dass auch von dort nicht beurteilt werden könne, wie sich die putzersetzende Gipskartonplatte „unter dem Anpressdruck der Konterlattung auf einer biegeweichen Holzweichfaserdämmplatte verhält“. Die Festigkeit müsse gegeben sein, damit die Platte die Konstruktion wie eine Armierungsschicht vor Hitze und Flammeneinwirkung schütze. Sollte durch den Anpressdruck der Konterlattung ein Brechen der Platte dafür sorgen, dass diese innerhalb kurzer Zeit die Schutzfunktion gegen Flammen und Hitze durch Herunterfallen verliere, sei keine geringfügige Abweichung ausstellbar und die Konstruktion müsste von einem Institut geprüft werden. Es werde geraten, die Anwendbarkeit explizit auf die realisierte Wandkonstruktion zu prüfen. Schließlich kann auch über den Prüfbericht des Prüfsachverständigen vom 15. März 2017, der Grundlage der Bescheinigung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayBO für eine Abweichung von den Anforderungen an die Außenwandbekleidung war – vgl. unten e) – das Vorliegen der Voraussetzungen der erforderlichen Feuerwiderstandsdauer von außen nach innen nicht hinreichend belegt werden. Denn in diesem Prüfbericht wird vorausgesetzt, dass eine Gebäudeabschlusswand laut Prüfungszeugnis vom 30. März 2015 mit einer Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten von außen nach innen vorliegt, was aber – s.o. – wegen Ersetzung des Außenputzes durch eine Gipsplatte gerade infrage steht.

Demgegenüber geht der Senat nach Aktenlage davon aus, dass die Gebäudeabschlusswand des streitgegenständlichen Anbaus an der Grenze zum Antragstellergrundstück die Anforderungen des Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO an die Feuerwiderstandsfähigkeit hinsichtlich der Wirkrichtung von i n n e n n a c h a u ß e n erfüllt. Da Art. 25 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 2 BayBO für tragende und aussteifende Wände in Gebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 keine strikteren Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit verlangt, ist im vorliegenden Fall für die Beurteilung einer gem. Art. 28 Abs. 3 Satz 2 BayBO hinreichenden Feuerwiderstandsdauer von innen nach außen entscheidend, ob die Gebäudeabschlusswand mindestens die Feuerwiderstandsfähigkeit feuerhemmender Bauteile (Art. 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayBO) aufweist. Hiervon kann ausgegangen werden, wenn sie nach Maßgabe eines Brandversuchs nach Nr. 5.2 (Nrn. 5.2.1 – 5.2.8) der DIN 4102 – Teil 2 die Feuerwiderstandsqualität F 30 füllt (= Feuerwiderstandsdauer von mehr als 30 Minuten, wobei während der Prüfzeit auch die hinreichende Standfestigkeit und Tragfähigkeit nicht verloren gehen dürfen; vgl. auch Tabelle 2 der DIN 4102 – Teil 2).

Die vorliegenden Unterlagen sprechen dafür, dass die Außenwand an der Grundstücksgrenze von innen nach außen mindestens über die Feuerwiderstandsfähigkeit feuerhemmender Bauteile verfügt und damit „in Richtung“ des Antragstellergrundstücks den gesetzlichen Anforderungen genügt. Der – zum Zweck der Beurteilung einer Ausnahme von der Nichtbrennbarkeit der Außenfassade erstellte [s.u. e) ] – Prüfbericht des Prüfsachverständigen vom 15. März 2017 bestätigt aus fachlicher Sicht, dass „die Gebäudeabschlusswand durch Beplankung mit 2 x 18 mm mineralischen Brandschutzplatten an der Innenseite mindestens 30 Minuten Feuerwiderstand bietet (F-30-A)“. Diesbezüglich wurde die sachverständige Bewertung im Prüfbericht vom 15. März 2017 von keinem der Beteiligten substanziiert in Frage gestellt oder sogar erschüttert (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2018 – 15 CS 17.2575 – Rn. 29, 32 m.w.N.). Dass tatsächlich sogar eine noch höhere Feuerwiderstandsfähigkeit vorliegt, ist aus den Ausführungen auf Seite 3 der in den Akten befindlichen „Ergänzung der gutachterlichen Stellungnahme Nr. ... der M... GmbH vom 21. Januar 2016 für eine ähnliche, von der Innenseite her zunächst entsprechende Wandkonstruktion (2 x 18 mm GKFbzw. GF-Platten und im Anschluss 15 mm dicke ...-Platte) abzuleiten:

„Bei einer Brandbeanspruchung von den Wandinnenseiten wird die tragende Holzkonstruktion mindestens durch 2 x 18 mm dicke GFKbzw. GF-Platten und eine 15 mm dicke ...-Platte geschützt. Nach DIN EN 1995-1-2: 2010-12 [2] werden nach 75 Brandminuten die für Sperrholz kritische Temperatur von 270 °C hinter den GFKbzw. GF-Platten erreicht. Zu diesem Zeitpunkt beginnt frühestens der Abbrand der darunter liegenden ...-Platte. Die ...-Platte hat gemäß DIN EN 1995-1-2: 2010-12 [2] eine Abbrandrate von 1,0 mm/Min. Es wird frühestens in der 90. Brandminute die für Holz kritische Temperatur von 300 °C an den Ständern erreicht. Es ist aus brandschutztechnischer Sicht ausreichend sichergestellt, dass bei einer 90-minütigen Brandbeanspruchung von der Wandinnenseite die Tragfähigkeit, die Wärmedämmung und der Raumabschluss der Wandkonstruktion erhalten bleibt.“

Zu einem entsprechenden Ergebnis kommt die ebenfalls in den Akten befindliche „Gutachterliche Stellungnahme Nr. ... der M ... GmbH vom 25. Mai 2017 (dort Seite 7 i.V. mit Anlage 1, Tabelle 3).

Vor diesem Hintergrund ist die Abweichung vom allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis Nr. ... vom 30. März 2015, soweit es brandschutzrechtlich um die Beurteilung der Feuerwiderstandsdauer der Außenwand in der Wirkrichtung von innen nach außen geht, nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage aus Sicht des Senats als nicht wesentlich anzusehen (vgl. Art. 20 Abs. 1 Halbs. 2 BayBO), sodass – im Gegensatz zur Beurteilung der Feuerwiderstandsdauer in der Wirkrichtung von außen nach innen (s.o.) – die Übereinstimmungserklärung des Herstellers (bauausführendes Unternehmen) jedenfalls insofern im Verfahren gem. § 123 Abs. 1 VwGO als hinreichender Nachweis der Verwendbarkeit als Gebäudeabschlusswand i.S. von Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO angesehen werden kann. Die Bedenken der Bauprodukthersteller in den Stellungnahmen vom 17. Juli 2017 (K... KG) und vom 21. Juli 2017 (E-Mail der G... GmbH & Co. KG) beziehen sich zudem der Sache nach nur auf die unmittelbare Hitze- und Flammeneinwirkung auf die putzersetzende Gipskartonplatte mit aufgesetzter Konterlattung mit Holzfassade – also von außen. Da Art. 24 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 BayBO keine besonderen Anforderungen an die Baustoffe feuerhemmender Bauteile stellt, können diese Bauteile uneingeschränkt aus brennbaren Baustoffen bestehen (Bauer in Jäde u.a., Die neue BayBO, Art. 24 Rn. 17; vgl. auch Rn. 18 mit Tabelle 1). Damit kommt es für die Frage, ob die an der Grenze zum Antragstellergrundstück stehende Gebäudeabschlusswand von innen nach außen die Feuerwiderstandsfähigkeit feuerhemmender Bauteile aufweist, nicht darauf an, ob und inwiefern diese aus nichtbrennbaren Baustoffen besteht [zu Besonderheiten bezüglich der Außenbekleidung vgl. unten e) ].

Durch die Einhaltung der erforderlichen Feuerwiderstandsfähigkeit von innen nach außen wird bei der hier vorliegenden Gebäudeabschlusswand eines Gebäudes der Gebäudeklasse 1 bzw. 2 den n a c h b a r s c h ü t z e n d e n Anforderungen gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO Genüge getan. Die Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO für die Wirkrichtung von außen nach innen sind nicht nachbarschützend und vermögen daher den Antragstellern keine subjektiven Anspruchspositionen auf bauordnungsrechtliches Einschreiten zu vermitteln.

Brandschutzvorschriften entfalten nicht per se nachbarschützende Wirkung, sondern nur dann, wenn sie „nach außen“ zielen (Bauer in Jäde u.a., Die neue BayBO, Art. 12 Rn. 12), also nicht auf den Schutz des von der Anforderung betroffenen Gebäudes und seiner Bewohner bzw. Benutzer begrenzt sind, sondern mit Blick auf die Verhinderung der Ausbreitung von Feuer und Rauch in der Umgebung jedenfalls auch auf den Schutz des Nachbargrundstücks und der sich dort befindlichen Personen und / oder (unbeweglichen und beweglichen) Sachen ausgerichtet sind (BayVGH, B.v. 10.7.2014 – 9 CS 14.998 – BayVBl. 2014, 727 = juris Rn. 13; B.v. 30.1.2018 – 15 ZB 17.1459 – juris Rn. 16, unter Rekurs auf: OVG LSA, B.v. 19.10.2012 – 2 L 149/11 – NVwZ-RR 2013, 87 = juris Rn. 21; OVG NRW, B.v. 29.7.2002 – 7 B 583/02 – juris Rn. 15; OVG Berlin-Bbg, U.v. 14.5.2007 – OVG 11 S 83.06 – juris Rn. 70; OVG Saarl, U.v. 26.1.2006 – 2 R 9/05 – juris Rn. 58; VG Augsburg, U.v. 21.1.2009 – Au 4 K 08.718 – juris Rn. 32; VG Karlsruhe, U.v. 16.10.2014 – 9 K 3426/13 – juris Rn. 37; Seidel, Öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Nachbarschutz, 2000, Rn. 472 ff.). Bei Regelungen über Brandwände ist grundsätzlich zu unterscheiden: Während Regelungen über innere Brandwände zur Bildung bzw. Begrenzung von Brandabschnitten innerhalb eines Gebäudes von ihrem Schutzzweck her gesehen ausschließlich „nach innen“ bezogen sind und daher keine nachbarschützende Wirkung entfalten, sind Regelungen für Brandwände als Gebäudeabschlusswände (Art. 28 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 BayBO), weil ihnen auch der normative Schutzzweck zukommt, einen Brandübergriff auf Nachbargebäude zu verhindern, zugunsten von unmittelbar angrenzenden Nachbarn grundsätzlich drittschützend (BayVGH, B.v. 30.1.2018 – 15 ZB 17.1459 – juris Rn. 15, 17; Famers in Molodovsky u.a., BayBO, Art. 12 Rn. 3; Art. 28 Rn. 14; Bauer in Jäde u.a., Die neue BayBO, Art. 12 Rn. 12, Art. 28 Rn. 7, 8; Jäde in ebenda, Art. 66 Rn. 480; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 279; vgl. auch BayVGH, U.v. 21.12.1977 – 273 II 75 – BayVBl 1978, 669 = juris Rn. 22; B.v. 3.9.2015 – 15 ZB 12.2142 – NVwZ-RR 2016, 27 = juris Rn. 18; OVG LSA, B.v. 19.10.2012 – 2 L 149/11 – NVwZ-RR 2013, 87 = juris Rn. 34; OVG Rh-Pf, U.v. 28.3.1974 – 1 A 116/73 – BRS 28 Nr. 142; VGH BW, U.v. 16.3.1976 – VIIl 289/75 – BRS 30 Nr. 135; U.v. 24.7.1984 – 8 S 2047/83 – VBlBW 1985, 102/103; U.v. 26.2.1992 – 3 S 2947/91 – juris Rn. 22; OVG NRW, U.v. 11.1.1973 – X A 419/71 – ZMR 1974, 126; U.v. 25.4.1973 – VII A 345/72 – BRS 27 Nr. 103; VG München, U.v. 22.10.2015 – M 11 K 14.4211 – juris Rn. 31).

Hieraus folgt für den Nachbarschutz aus Art. 28 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 BayBO folgende Differenzierung: Ebenso wie Regelungen über die Feuerwiderstandsfähigkeit tragender und aussteifender Wände und Stützen (Art. 25 BayBO), über Außenwände (Art. 26 BayBO) sowie über Trennwände (Art. 27 BayBO) ausschließlich vor Brandgefahren innerhalb des betroffenen Gebäudes schützen und deshalb nicht nachbarschützend sind (vgl. Famers in Molodovsky u.a., BayBO, Art. 25 Rn. 16; Art. 26 Rn. 14; Art. 27 Rn. 15; Bauer in Jäde u.a., Die neue BayBO, Art. 25 Rn. 5, Art. 26 Rn. 5, 7, Art. 27 Rn. 4), haben die Anforderungen des Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO keinen Schutznormcharakter zugunsten der Nachbarschaft, soweit diese sich auf den Schutz des Bestands der der Gebäudeabschlusswand zuzuordnenden baulichen Anlage und deren Nutzer begrenzen. Das ist aber gerade der Fall, soweit es um Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit von außen nach innen geht. Die Reichweite des Nachbarschutzes aus Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO hängt damit von der Wirkrichtung der von der Rechtsnorm geforderten Feuerwiderstandsfähigkeit ab: Drittschutz ist aus der Regelung nur abzuleiten, soweit die Gebäudeabschlusswand hiernach von innen nach außen die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Teile des Gebäudes, mindestens jedoch feuerhemmende Bauteile haben muss; hingegen kommt der gesetzlichen Anforderung einer Feuerwiderstandsfähigkeit feuerbeständiger Bauteile in der Wirkrichtung von außen nach innen kein Nachbarschutz zu.

Eine Verletzung eines subjektiven Rechts aus Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO BayBO als Voraussetzung eines (Anordnungs-) Anspruchs auf bauordnungsrechtliches Eingreifen oder auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber haben die Antragsteller daher nicht glaubhaft machen können. Da einerseits die drittschützenden Anforderungen des Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO an die Feuerwiderstandsfähigkeit der Gebäudeabschlusswand von innen nach außen (in Richtung Nachbargrundstück) nach Aktenlage eingehalten sind, und andererseits die Anforderungen des Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO an die Feuerwiderstandsfähigkeit der Gebäudeabschlusswand von außen nach innen nicht nachbarschützend sind, scheidet insofern ein Anordnungsanspruch der Antragsteller auf bauordnungsrechtliches Einschreiten gem. § 123 Abs. 1 VwGO i.V. mit Art. 75 Abs. 1, Art. 76 Satz 2 BayBO aus. Es kommt insofern mithin nicht auf die Fragen an, ob die brandschutzrechtlichen Anforderungen in der Wirkrichtung von außen nach innen tatsächlich erfüllt sind.

e) Soweit die Anforderungen an die Nichtbrennbarkeit der Außenwandbekleidung gem. Art. 28 Abs. 11, Abs. 7 Satz 3 BayBO nicht erfüllt sind und eine Abweichungsfähigkeit gem. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO sowie eine ordnungsgemäße Abweichungsbescheinigung gem. Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayBO in Frage stehen, kommt es hierauf im Ergebnis nicht an, weil die von den Antragstellern im gerichtlichen Eilverfahren allein verfolgten Maßnahmen einer Baueinstellung sowie einer Nutzungsuntersagung keine geeigneten Reaktionen zur Unterbindung einer diesbezüglichen nachbarlichen Rechtsverletzung darstellen.

Es spricht Vieles dafür, dass die über Art. 28 Abs. 11 BayBO auch bei einer Gebäudeabschlusswand für ein Gebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3 geltende Anforderung des Art. 28 Abs. 7 Satz 3 BayBO, wonach die Außenwandbekleidung einschließlich ihrer Unterkonstruktionen und Dämmstoffe (die zusätzlich außen angebracht werden, vgl. Famers in Molodovsky u.a., BayBO, Art. 28 Rn. 116) nichtbrennbar sein müssen, nachbarschützend ist. Denn diese Vorschrift dürfte darauf zielen, auch im Fall eines Brandherds von außen einen Brandübergriff über die Wandfassade auf benachbarte Gebäude zu verhindern (vgl. OVG NRW, U.v. 24.5.2017 – 10 A 1997/15 – juris Rn. 34). Dennoch haben die Antragsteller auch insofern hinsichtlich der von ihnen im Verfahren gem. § 123 Abs. 1 VwGO begehrten Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Erlass einer Baueinstellung (Art. 75 BayBO) sowie einer Nutzungsuntersagung (Art. 76 Satz 2 BayBO) keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Auch wenn unstreitig sein dürfte, dass die tatsächlich umgesetzte Fassadenkonstruktion grundsätzlich brennbar ist und damit die gesetzlichen Anforderungen gemäß Art. 28 Abs. 11 i.V. mit Abs. 7 Satz 3 BayBO nicht erfüllt sind, steht damit nicht automatisch und ohne Weiteres fest, dass damit auch die Eingriffsvoraussetzungen der Art. 75 BayBO, Art. 76 Satz 2 BayBO wegen Widerspruchs der streitgegenständlichen baulichen Anlage zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfüllt sind. Denn nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von den Anforderungen der BayBO zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 BayBO vereinbar sind. Auf eine solche behördliche Abweichungszulassung kann sogar gem. Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayBO verzichtet werden, wenn entsprechende bautechnische Nachweise durch einen Prüfsachverständigen bescheinigt werden. Im vorliegenden Fall wurde eine bautechnische Bescheinigung eines Prüfsachverständigen („Bescheinigung Brandschutz III“) vom 15. März 2017 vorgelegt. Diese nimmt hinsichtlich der Angaben zur Abweichung von brandschutzrechtlichen Vorschriften auf den Prüfbericht desselben Prüfsachverständigen vom 15. März 2017 Bezug, in dem ausgeführt wird, dass die „Oberflächen“ der Gebäudeabschlusswand (wohl gemeint: die Außenwandbekleidung mit der Unterkonstruktion i.S. von Art. 28 Abs. 7 Satz 3 BayBO) zum Nachbargrundstück hin nicht „nichtbrennbar“ („A1“ oder „A2“) seien. Unter dort weiter zugrunde gelegten Prämissen (vgl. Nr. 1 bis Nr. 6 der Begründung) bleibe dies aber nicht hinter den Grundsatzanforderungen aus Art. 3 Abs. 1 BayBO zurück, sodass die Zulässigkeit der Abweichung gem. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO sachverständig bescheinigt werden könne. Ob und mit welcher Reichweite einer solchen Bescheinigung Legalisierungswirkung zukommt und damit auch eine bauaufsichtliche Durchgriffsmöglichkeit der Bauaufsichtsbehörde aufgrund gesetzlich zugewiesener Verantwortlichkeiten ausgeschlossen oder eingeschränkt ist, ist im Einzelnen umstritten (zu den divergierenden Ansichten in der Kommentarliteratur vgl. Jäde in Jäde u.a., Die neue BayBO, Art. 63 Rn. 72 i.V. mit Art. 62 Rn. 61 ff.; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 62 Rn. 31; Molodovsky in Molodovsky u.a., BayBO, Art. 63 Rn. 11 i.V. mit Art. 62 Rn. 108). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass bestimmte, vom Prüfsachverständigen zugrunde gelegte Prämissen entweder tatsächlich nicht gegeben sind (so die Annahme, die Gebäudeabschlusswand entspreche in allen Einzelheiten dem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis Nr. ... vom 30. März 2015) oder in tatsächlicher Hinsicht bzw. in der rechtlichen Bewertung unter den Beteiligten umstritten sind (so etwa mit Blick auf die Relevanz der wohl weniger als 2 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze entfernten Kellertreppe der Antragsteller).

Die diesbezüglichen Einzelfragen bedürfen vorliegend keiner Klärung. Auch wenn Fragen einer Abweichung bzw. Abweichungsmöglichkeit ausgeklammert werden und eine subjektive Rechtsverletzung der Antragsteller als Nachbarn hinsichtlich Art. 28 Abs. 11 i.V. mit Abs. 7 Satz 3 BayBO unterstellt wird, würde dies den Antragstellern für die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs nichts nutzen. Denn weder eine Baueinstellung noch eine Nutzungsuntersagung stellten eine geeignete Reaktion dar, um einen Rechtsverstoß wegen rechtswidriger Fassadenbekleidung zum Schutz der Nachbarn zu unterbinden. Die Holzfassade ist bereits an der Außenseite der Gebäudeabschlusswand in Richtung des Antragstellergrundstücks angebracht, sodass eine schlichte Baueinstellung das Ziel, die Antragsteller vor einem Brandübergriff aufgrund der Brennbarkeit der Außenwandbekleidung mit Unterkonstruktion zu schützen, nicht mehr fördern kann. Auch eine Nutzungsuntersagung vermag dem Nachbarschutz der Antragsteller nicht zu dienen, weil die Gebäudeabschlusswand gerade von innen nach außen über eine hinreichende Feuerwiderstandsfähigkeit gem. Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO verfügt (s.o.) und damit eine relevante Gefahrerhöhung für eine Brandausbreitung von innen nach außen und folglich auch für einen Brand der Außenwandbekleidung aufgrund einer Brandursache im Innern des Anbaus der Beigeladenen kraft gesetzlicher Wertung ausgeschlossen ist. Selbst wenn die Bauordnungsbehörde aufgrund eines eventuellen Widerspruchs zum objektiven Recht eine Baueinstellung und / oder eine Nutzungsuntersagung in Ausübung ordnungsgemäßen Ermessens nach Art. 75 Abs. 1, Art. 76 Satz 2 BayBO erlassen dürfte bzw. könnte, ist nicht ersichtlich, dass hierfür gerade von Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO geschützte Belange der Antragsteller als Nachbarn eine Direktive für die Ausübung des behördlichen Ermessens sein könnten. Vor diesem Hintergrund kann in dieser Situation eine subjektive Anspruchsposition der Antragsteller – und sei es nur auf ermessensfehlerfreie Entscheidung – gerade in Bezug auf eine Baueinstellung und / oder eine Nutzungsuntersagung wegen der Außenfassade und ihrer Befestigungskonstruktion nicht begründet sein. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass Belange der Antragsteller als Nachbarn diesbezüglich eine Ermessensreduzierung auf null zu ihren Gunsten begründen könnten (vgl. z.B. VG München, B.v. 11.11.2014 – M 8 E1 14.4665 – Rn. 42 ff.; B.v. 8.6.2017 – M 8 E 17.2327 – juris Rn. 49 ff.).

Es verbliebe zum Schutz der Antragsteller als Nachbarn allenfalls ein auf Art. 54 Abs. 2 Satz 2 und / oder Abs. 4 BayBO (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – NVwZ-RR 2018, 14 = juris Rn. 14) zu stützender nachbarlicher Anspruch auf bauordnungsrechtliches Eingreifen bzw. auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein solches mit dem Ziel der Beseitigung oder der brandschutzrechtlichen Ertüchtigung der brennbaren Außenbekleidung und ihrer Unterkonstruktion. Unabhängig von den oben aufgeworfenen Fragen, ob die Abweichung der Außenbekleidung mit Unterkonstruktion von den Vorgaben des Art. 28 Abs. 11, Abs. 7 Satz 3 BayBO am Maßstab von Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO zulassungsfähig wäre (zu den Anforderungen bei Brandwänden vgl. BayVGH, B.v. 19.7.2016 – 9 CS 15.336 – NVwZ-RR 2017, 87 ff.) und ob die vorliegende „Bescheinigung Brandschutz III“ vom 15. März 2017 die Rechtmäßigkeit der Abweichung fingiert, ist es dem Senat gem. § 88 VwGO und dem hierin zum Ausdruck kommenden Grundsatz „ne ultra petita“ verwehrt, die Antragsgegnerin in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung des Verwaltungsgericht zum Erlass derartiger Maßnahmen zu verpflichten. Nach § 88 VwGO, der über § 122 Abs. 1 VwGO auch im Verfahren gem. § 123 VwGO anwendbar ist, darf das Gericht über das Antragsbegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Wesentlich ist der geäußerte Parteiwille, wie er sich aus der prozessualen Erklärung und sonstigen Umständen ergibt. Zwar steht es gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V. mit § 938 Abs. 1 ZPO grundsätzlich im freien Ermessen des Gerichts, welche Anordnungen zur Erreichung des Zwecks, d.h. zur Sicherung des Rechts oder zur vorläufigen Regelung, i.S. von § 123 Abs. 1 VwGO getroffen werden. Trotz dieser gewissen „Lockerung“ von der Antragsbindung (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14 Aufl. 2014, § 123 Rn. 64) dürfen die Verwaltungsgerichte auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO nichts aussprechen, was vom ersichtlichen Willen des Antragstellers nicht getragen ist (vgl. Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 123 Rn. 134). Insbesondere legitimiert § 88 VwGO das Gericht nicht dazu, an die Stelle dessen, was eine Partei erklärtermaßen will, das zu setzen, was sie – nach Meinung des Gerichts – zur Verwirklichung ihres Bestrebens wollen sollte (vgl. BVerwG, B.v. 14.4.2003 – 3 B 141.02 – juris Rn. 2; speziell zu § 123 VwGO vgl. OVG NRW, B.v. 19.1.2017 – 13 B 1163/16 – juris Rn. 12 ff.). Nach dem anwaltlich eindeutig formulierten Antrag schon im erstinstanzlichen Verfahren ist das Rechtsschutzbegehren der Antragsteller hier ausschließlich auf die (vorläufige) Baueinstellung und Nutzungsuntersagung – also auf Maßnahmen nach den speziellen Eingriffsnormen gem. Art. 75 Abs. 1, Art. 76 Satz 2 BayBO – gerichtet. Alternative Maßnahmen nach Art. 54 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BayBO, wie etwa eine Ertüchtigung der Außenfassade mit Unterkonstruktion bis hin zu deren Beseitigung, gegen die sowohl die Beigeladene (vgl. Seite 5 der Beschwerdebegründung vom 19. Januar 2018) als auch die Antragsgegnerin (vgl. Seite 3 des Schriftsatzes vom 14. Februar 2018; im erstinstanzlichen Verfahren vgl. bereits Schriftsätze vom 24. November 2017, 14. Dezember 2017) offenbar nichts Grundsätzliches einzuwenden hätten, entsprechen demgegenüber offensichtlich nicht dem Rechtsschutzziel der Antragsteller im vorläufigen Rechtsschutzverfahren. Denn sie haben schriftsätzlich ausdrücklich klargestellt, dass eine Ertüchtigung der Brandwand nicht Gegenstand des einstweiligen Anordnungsverfahrens ist (vgl. Seite 4 des erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 1. Dezember 2017). Zudem wurden derartige Ersatzmaßnahmen von ihnen wiederholt als unzureichend beurteilt. Zuletzt haben die Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren ausgeführt, selbst an einer auch vollständigen Beseitigung der Wandbekleidung (Fassade) kein Interesse zu haben, da aus ihrer Sicht auch der verbleibende Wandaufbau den Brandschutzanforderungen nicht entspreche. Angesichts dieser Umstände würde sogar eine gerichtlich ausgesprochene Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Erlass einer Anordnung zur Beseitigung der Holzfassade mit Unterkonstruktion die Grenzen einer zulässigen Auslegung des Eilantrags gem. § 88 VwGO überschreiten.

f) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass eine subjektive Rechtsverletzung der Antragsteller auch nicht wegen der Verletzung des Abstandsflächenrechts (Art. 6 BayBO) in Betracht kommt. Die in der Baugenehmigung vom 12. Juli 2011 unter Textziffer IV, 2. Tiret erteilte Abweichung von der nach Westen nicht eingehaltenen Abstandsfläche, die laut der Änderungsgenehmigung vom 7. Juni 2017 fortwirken soll, dürfte ins Leere gehen, weil nach dem Bebauungsplans Nr. ... – dessen Wirksamkeit im Eilverfahren zu unterstellen ist – die streitgegenständliche Grenzbebauung gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO zulässig war. Der Bebauungsplan sieht an entsprechender Stelle auf der Grenze zwischen dem Baugrundstück und dem Antragstellergrundstück eine Baulinie vor, auf der gem. § 23 Abs. 2 Satz 1 BauNVO gebaut werden muss. Korrespondierend hierzu wird gemäß § 5 Abs. 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans u.a. für das hier betroffene Wohngebiet „WA 110“ eine abweichende Bauweise gem. § 22 Abs. 4 BauNVO festgesetzt, wonach „in Abweichung von der offenen Bauweise (...) eingeschossige Erweiterungsbauten mit einseitigem Grenzanbau an den vorgeschlagenen Grundstücksgrenzen zulässig“ sind (vgl. auch Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 6 Rn. 23 m.w.N.). Selbst wenn der Bebauungsplan unwirksam wäre, dürfte aufgrund der durch auch durch Anbauten an den Grundstückswestgrenzen geprägten Umgebungsbebauung (vgl. die über den BayernAtlasPlus recherchierbaren Luftbilder und Lagepläne) das streitgegenständliche Vorhaben der Beigeladenen wohl auch in Anwendung von § 34 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich an die Grenze gebaut werden (vgl. BayVGH, B.v. 8.10.2013 – 9 CS 13.1636 – juris Rn. 10 f.; VGH BW, U.v. 2.6.2015 – 8 S 1914/14 – NVwZ-RR 2016, 19 = juris Rn. 42 ff.; VG Würzburg, U.v. 27.7.2017 – W 5 K 16.938 – juris Rn. 20 ff.).

g) Auf die weitere Frage, ob es zudem mangels Eilbedürftigkeit an einem Anordnungsgrund mangelt, weil keine erheblichen konkreten Beeinträchtigungen oder Gefahren für die Antragsteller bestehen, die sofort beseitigt werden müssten (vgl. BayVGH, B.v. 19.11.2013 – 2 CE 13.2253 – juris Rn. 2 f.), bzw. (unterstellte) verbleibende Gefahren aufgrund der umgesetzten Holzfassade ggf. jederzeit durch eine brandschutztechnische Ertüchtigung der Gebäudeabschlusswand an der gemeinsamen Grenze (bis hin zur ggf. möglichen Auswechslung der Außenwandbekleidung mit Unterkonstruktion unter gleichzeitiger Ersetzung der Gipskartonplatte durch den ursprünglich vorgesehenen Putz) beseitigt werden könnten, kommt es nicht mehr an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Antragsteller tragen billigerweise auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, weil sich diese in beiden Rechtszügen durch die Stellung von Sachanträgen einem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO) und ihre Beschwerde erfolgreich ist. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Senat orientiert sich neben Nr. 1.5 an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt als Anhang in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014), weil die Bedeutung der Sache für einen Kläger bei einem Nachbaranspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten ähnlich zu bewerten ist wie bei einer Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung (BayVGH, B.v. 14.3.2016 – 15 ZB 16.168 – juris Rn. 10 m.w.N.).

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 18. Sept. 2017 - 15 CS 17.1675

bei uns veröffentlicht am 18.09.2017

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt. Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 10. Juli 2014 - 9 CS 14.998

bei uns veröffentlicht am 10.07.2014

Tenor I. In Abänderung der Nrn. I und II des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 11. April 2014 wird die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 21. Februar 2014 gegen die Baugenehmigung des Ant

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2018 - 15 ZB 17.1459

bei uns veröffentlicht am 30.01.2018

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. III. Der Streitwert für das Zulassungsver

Verwaltungsgericht München Beschluss, 08. Juni 2017 - M 8 E 17.2327

bei uns veröffentlicht am 08.06.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 3.750,- €

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Sept. 2015 - 15 ZB 12.2142

bei uns veröffentlicht am 03.09.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert für das

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 02. Juni 2015 - 8 S 1914/14

bei uns veröffentlicht am 02.06.2015

Tenor Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beigeladene auf den Bauvorbescheid verzichtet und die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26. März 2014 - 4 K 43

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 16. Okt. 2014 - 9 K 3426/13

bei uns veröffentlicht am 16.10.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Tatbestand  1 Die Klägerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.2 Die Beigeladene

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 19. Okt. 2012 - 2 L 149/11

bei uns veröffentlicht am 19.10.2012

Gründe A. 1 Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. 2 Die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Solche Zweifel lie
10 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. März 2018 - 15 CE 17.2599.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 18. Sept. 2018 - 15 CS 18.1563

bei uns veröffentlicht am 18.09.2018

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt. Gründe

Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Aug. 2018 - M 8 SN 18.3912

bei uns veröffentlicht am 27.08.2018

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 3.750,00 Euro festgesetzt.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Aug. 2018 - M 8 SN 18.2521

bei uns veröffentlicht am 27.08.2018

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 3.750,00 Euro festgesetzt.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Aug. 2018 - M 8 SN 18.3539

bei uns veröffentlicht am 27.08.2018

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 3.750,00 Euro festgesetzt.

Referenzen

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen eine bauordnungsrechtliche Nutzungsuntersagung.

Die Antragsgegnerin erteilte dem Grundstückseigentümer E … … unter dem 16. März 2015 eine Baugenehmigung für die Errichtung einer landwirtschaftlichen Lagerhalle mit mehr als 1.000 m² Grundfläche auf dem Grundstück Fl. Nr. … der Gemarkung H … (Baugrundstück). Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des am 5. Januar 2015 bekannt gemachten Bebauungsplans Nr. … „A … H … …“, der dort eine „Fläche für die Landwirtschaft“ festsetzt.

Nachdem die Antragsgegnerin im Anschluss an die Errichtung der genehmigten Lagerhalle festgestellt hatte, dass der Antragsteller einen Teil dieses Gebäudes (als Nichteigentümer) als Lager für seinen Malerbetrieb nutzte, erließ sie nach vorheriger Anhörung einen auf Art. 76 Satz 2 BayBO gestützten Bescheid vom 12. Juni 2017, mit dem sie dem Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzugs sowie unter Androhung eines Zwangsgelds i.H. von 5.000 Euro die Nutzung des o.g. Grundstücks einschließlich der landwirtschaftlichen Lagerhalle für gewerbliche Zwecke – insbesondere als Lager bzw. Abstellraum für Fahrzeuge, Anhänger, Gerüste und andere Gegenstände des Malerbetriebs – ab dem 28. Juli 2017 untersagte und ferner anordnete, alle eingelagerten Fahrzeuge und Gegenstände des Malerbetriebs bis zum genannten Zeitpunkt aus der Halle und vom Grundstück zu entfernen. In den Bescheidgründen wird u.a. ausgeführt, die Lagernutzung für den Malerbetrieb sei genehmigungspflichtig und mangels bestehender Baugenehmigung formell rechtswidrig. Als landwirtschaftsfremde Nutzung sei diese bauplanungsrechtlich unzulässig und daher nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Eine Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB scheide aus.

Der Antragsteller ließ gegen den Bescheid vom 12. Juni 2017 am 6. Juli 2017 Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Regensburg erheben (dortiges Az. RN 2 K 17.1107), über die – soweit ersichtlich – bislang nicht entschieden wurde. Mit Beschluss vom 1. August 2017 lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den im Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO gestellten Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Nutzungsuntersagung wiederherzustellen sowie hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung anzuordnen, ab. Nach summarischer Prüfung sei die Nutzungsuntersagungsverfügung von Art. 76 Satz 2 BayBO gedeckt. Es liege eine nach Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor. Verfahrensfreiheit gem. Art. 57 Abs. 4 BayBO sei nicht anzunehmen. Eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit bestehe nicht. Vielmehr scheitere die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der landwirtschaftsfremden Nutzung an den Festsetzungen des Bebauungsplans. Auch die Verpflichtung zur Lagerräumung sei von Art. 76 Satz 2 BayBO gedeckt. Die Inanspruchnahme des Antragstellers als Handlungsstörer sei ermessensgerecht. Die Zwangsgeldandrohung sei ebenfalls nach summarischer Prüfung rechtmäßig.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er hält die Anordnung des Sofortvollzugs für formell rechtswidrig. Sowohl die Nutzungsuntersagungsverfügung als auch die Zwangsgeldandrohung seien im Übrigen rechtswidrig. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts bestehe ein Vollstreckungshindernis, da gegen den Eigentümer des Baugrundstücks keine Duldungsverfügung ergangen sei. Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 1. August 2017 aufzuheben bzw. hilfsweise abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 6. Juli 2017 gegen den Bescheid vom 12. Juni 2017 wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin und der Vertreter des öffentlichen Interesses haben sich im Beschwerdeverfahren in der Sache nicht mehr geäußert. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt. Eine Beiladung des Eigentümers des Baugrundstücks war nicht geboten (vgl. BayVGH, B.v. 14.2.2007 – 1 C 07.23 – juris Rn. 8 ff.).

1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der Sofortvollzug ist bei einer auf Art. 76 Satz 2 BayBO gestützten Maßnahme regelmäßig schon dann gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen einer Nutzungsuntersagung aller Voraussicht nach vorliegen. Es besteht ein öffentliches Interesse daran, dass die Genehmigungspflicht beachtet wird. Im Fall der baurechtlichen Nutzungsuntersagung einer – wie hier (s.u.) – formell illegalen und nicht offensichtlich genehmigungsfähigen Nutzungsänderung sind mit Blick auf die negative Vorbildwirkung formell rechtswidriger Nutzungen sowie auf die Kontrollfunktion des Bauordnungsrechts nur geringe Anforderungen an die Begründung der Vollziehungsanordnung zu stellen (ebenso BayVGH, B.v. 17.10.2012 – 2 CS 12.1835 – juris Rn. 2). Die sofortige Vollziehung einer rechtmäßigen Nutzungsuntersagung liegt vielmehr regelmäßig im besonderen öffentlichen Interesse, weil sie die Vorbildwirkungen einer formell illegalen Nutzung bekämpft, dem „Schwarzbauer“ sowie dem „Schwarznutzer“ ungerechtfertigte Vorteile gegenüber dem erst nach Erteilung einer Genehmigung Nutzenden entzieht und ein Unterlaufen der präventiven Kontrolle der Bauaufsicht verhindert (OVG MV, B.v. 6.1.2016 – 3 M 340/15 – juris Rn. 6). Die Antragsgegnerin hat im streitgegenständlichen Bescheid vom 12. Juni 2017 hinreichend auf die Gefahr von Bezugsfällen verwiesen, die es gebiete, unzulässige bzw. ungenehmigte Nutzungen möglichst bald zu unterbinden. Sie hat ergänzend u.a. hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass auch im vorliegenden Fall ein zeitnahes Handeln geboten gewesen sei, um im sensiblen Bereich der Umnutzung landwirtschaftlicher Gebäude im Außenbereich bzw. innerhalb der hier festgesetzten Flächen für die Landwirtschaft klare Zeichen zu setzen und der Nachahmung durch Dritte entgegenzuwirken. Damit ist ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug hinreichend einzelfallbezogen dargelegt. Eine darüber hinausgehende Begründung des Sofortvollzugs wäre allenfalls dann erforderlich gewesen, wenn die Behörde den illegalen Zustand mit Wissen und Wollen über einen längeren Zeitraum geduldet hätte (vgl. BayVGH, B.v. 17.10.2012 – 2 CS 12.1835 – juris Rn. 2 m.w.N.). Letzteres ist hier nicht der Fall. Der vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung vorgebrachte Umstand, dass es um die Nutzung eines Raumes im Inneren der Halle und nicht um Außenflächen gehe, ist für die den Sofortvollzug rechtfertigende Bezugsfallwirkung irrelevant. Auch von einer ungenehmigten und deshalb formell rechtwidrigen Nutzung von Gebäudeinnenräumen kann die vom Erstgericht zu Recht angeprangerte negative Vorbildwirkung sowie eine Untergrabung der Rechtstreue der Bevölkerung ausgehen. Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen der Erwägungen zur Ermessensausübung darauf verwiesen, dass nach den in den Akten befindlichen Lichtbildern sowie von außen erkennbar die Nutzung durch einen Malerbetrieb stattfinde; zudem seien für die Ein- und Auslagervorgänge durch den Antragsteller An- und Abfahrten erforderlich, die ebenfalls nicht unbemerkt bleiben könnten. Dem hat die Beschwerde nichts Substanzielles entgegengesetzt.

2. Das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Nutzungsuntersagung überwiegt auch in der Sache das gegenläufige Suspensivinteresse des Antragstellers.

Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, aber nicht das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Eilantrags. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.

Im vorliegenden Fall müssen die Interessen des Antragstellers zurückstehen, weil die Anfechtungsklage gegen die Nutzungsuntersagung voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Letztere ist nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO als Befugnisnorm sind mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt; Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Das gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu berücksichtigende Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ grundsätzlich schon bei sog. formeller Rechtswidrigkeit vorliegt, wenn also die untersagte Nutzung ein gem. Art. 55 Abs. 1 BauGB genehmigungspflichtiges Vorhaben betrifft, dem die erforderliche Baugenehmigung fehlt. Eine lediglich formell rechtswidrige Nutzung darf mit Blick auf das im Rahmen des behördlichen Ermessens zu berücksichtigenden Übermaßverbot nur dann nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH, B.v. 19.5.2016 – 15 CS 16.300 – juris Rn. 21; B.v. 27.2.2017 – 15 CS 16.2253 – juris Rn. 33).

a) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Wechsel von der (bislang genehmigten) ausschließlichen Nutzung als landwirtschaftliche Lagerhalle in die vorliegende Nutzung als Lagerhalle auch für den Malerbetrieb des Antragstellers einer Baugenehmigung gem. Art. 55 Abs. 1 BayBO bedurft hätte und deshalb formell illegal vorgenommen worden ist. Die Verfahrensfreiheit der Nutzungsänderung ergibt sich insbesondere nicht aus Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO. Hiernach ist eine Änderung der Nutzung von Anlagen verfahrensfrei, wenn für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen nach Art. 60 Satz 1 und Art. 62 BayBO als für die bisherige Nutzung in Betracht kommen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil für die neue Nutzung andere bauplanungsrechtliche Anforderungen bestehen als für die bisherige bzw. genehmigte Nutzung und weil die untersagte Nutzung als gewerbliche Lagerstätte für den Malerbetrieb die „Variationsbreite“ der bestehenden Baugenehmigung vom 16. März 2015 verlässt (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.2011 – 2 B 11.353 – BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 31; B.v. 19.5.2016 – 15 CS 16.300 – juris Rn. 32; B.v. 28.6.2016 – 15 CS 15.44 – juris Rn. 18; Molodovsky in Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand: Mai 2017, Art. 57 Rn. 224 m.w.N.).

aa) Die Verfahrensfreiheit gem. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO kann nicht daraus abgeleitet werden, dass der Nutzung für den Malerbetrieb unter zeitlichem Blickwinkel die bodenrechtliche Relevanz i.S. von § 29 BauGB fehlt. Das Verwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung (vgl. Seiten 9 f.) darauf abgestellt, dass der Antragsteller nach Aktenlage im Zusammenhang mit einer Ortseinsicht am 20. Dezember 2016 erklärt habe, er wolle die Halle anmieten und dort sein Lager errichten, und dass er seit dieser Ortseinsicht bis zur verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (1. August 2017) die Nutzung über ein halbes Jahr aufrecht erhalten habe. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist seit dieser von der Antragstellerseite nicht infrage gestellten Ortseinsicht und Erklärung mittlerweile ein dreiviertel Jahr vergangen. Vor diesem Hintergrund ist es – wie bereits vom Verwaltungsgericht ausgeführt wurde – nicht ersichtlich, dass es sich nur um eine planungsrechtlich irrelevante kurzfristige Nutzung handelt, zumal der Antragsteller nicht verbindlich erklärt hat, wann er die Nutzung beenden werde. Er hat sich im Beschwerdeverfahren vielmehr darauf beschränkt, unsubstanziiert und eher beiläufig auf den vorübergehenden Charakter hinzuweisen, ohne den zeitlichen Umfang näher einzuschränken (vgl. Seite 5 der Beschwerdebegründung vom 25. August 2017). Insofern ist auch der Hinweis des Antragstellers, sein Malerbetrieb sei nach wie vor in B. (D.-weg ...) verortet, nicht geeignet, die bauplanungsrechtliche Relevanz der von ihm als Zwischenlagerung bezeichneten Nutzung auf dem Baugrundstück und damit auch die Genehmigungspflicht der Nutzungsänderung nach Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 BayBO in Frage zu stellen. Zudem macht die vorliegende Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzinteresses nur Sinn, wenn die untersagte Nutzung aus Sicht des Antragstellers weiter aufrechterhalten werden soll.

bb) Die Baugenehmigung vom 16. März 2015 begrenzt sich inhaltlich von vornherein auf eine landwirtschaftliche Nutzung. Hiervon ist die untersagte gewerbliche Nutzung durch den Antragsteller nicht umfasst. Aus diesem Grund sind für die untersagte Nutzung durch den Antragsteller andere bauplanungsrechtliche Anforderungen einschlägig als für die bisherige bzw. genehmigte Nutzung

§ 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a BauGB ermächtigt die Gemeinde dazu, im Bebauungsplan „Flächen für die Landwirtschaft“ festzusetzen. Eine solche Festsetzung dient dazu, die so ausgewiesenen Bereiche für eine landwirtschaftliche Nutzung zu sichern und damit zugleich landwirtschaftsfremde Nutzungen auszuschließen. Zur landwirtschaftlichen Nutzung können zwar auch bauliche Nutzungen, die der Landwirtschaft dienen, zählen. Im Bereich einer Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a BauGB können deshalb auch im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte bauliche Anlagen zulässig sein, ohne dass es hier einer Klärung bedarf, ob diese allein auf der Grundlage der Festsetzung gemäß § 30 Abs. 1 und / oder Abs. 3 BauGB zulässig sind oder ob ergänzend auf § 35 BauGB, etwa auf das Fehlen entgegenstehender öffentlicher Belange gemäß Absatz 1 der Vorschrift, abzustellen ist (vgl. BVerwG, B.v. 17.12.1998 – 4 NB 4.97 – NVwZ 1999, 984 = juris Rn. 8). Im Umkehrschluss bedeutet dies aber, dass eine nicht landwirtschaftsbezogene gewerbliche Nutzung einer baulichen Anlage in Bereichen einer Festsetzung i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a BauGB – wie hier auf dem Baugrundstück – bauplanungsrechtlich unzulässig ist.

Ganz in diesem Sinne wurde mit dem Bescheid vom 16. März 2015 ausdrücklich und ausschließlich ein „Neubau einer landwirtschaftlichen Lagerhalle“ genehmigt, zumal das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten R. gegenüber der Antragsgegnerin unter dem 18. August 2014 bestätigte, die geplante Halle sei aus arbeitswirtschaftlicher Sicht, zur funktionsgerechten Unterbringung von Maschinen und Geräten sowie zur Lagerung (Düngemittel, Getreide) für den landwirtschaftlichen Markfruchtbaubetrieb des Grundstückseigentümers aus fachlicher Sicht notwendig. Zudem wird in der Baugenehmigung der Umstand, dass das genehmigte Vorhaben den im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO), u.a. wie folgt begründet:

„Das Vorhaben beurteilt sich in bauplanungsrechtlicher Hinsicht nach § 30 Baugesetzbuch (BauGB). Im Bebauungsplan (…) ist die betreffende Fläche als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen. Entsprechend der Stellungnahme des Amtes für Ernährung und Landwirtschaft vom 18.08.2014 ist der Bauherr privilegiert.“

Die von der streitgegenständlichen Verfügung betroffene Nutzung für sonstige gewerbliche – d.h. nicht-landwirtschaftliche – Zwecke, worunter auch die im Bescheid ausdrücklich aufgeführte Nutzung als Lager bzw. Abstellraum für Fahrzeuge, Anhänger, Gerüste und andere Gegenstände des Malerbetriebs fällt, steht demgegenüber im Widerspruch zu der für das Baugrundstück einschlägigen Festsetzung „Fläche für die Landwirtschaft“ des Bebauungsplans Nr. … „A … H … …“. Sie kann auch im weitesten Sinn nicht mehr als landwirtschaftlich angesehen werden.

Der Begriff der Landwirtschaft bestimmt sich nach § 201 BauGB (speziell für eine Festsetzung „Fläche für die Landwirtschaft“ vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Stand: Februar 2017, § 9 Rn. 146, 147, 149a). Landwirtschaft ist hiernach insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei. Mit einer planmäßigen und eigenverantwortlichen Bewirtschaftung des Bodens sowie einer unmittelbaren Bodenertragsnutzung als Grundmerkmale des Begriffs der Landwirtschaft (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Februar 2017, § 35 Rn. 23 m.w.N.) hat die mit dem streitgegenständlichen Bescheid erfasste Nutzung nichts zu tun.

Die Lagerung von Material für den Malerbetrieb des Antragstellers betrifft auch dann keine landwirtschaftliche Nutzung, wenn man die von der Rechtsprechung zu § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB herausgearbeiteten Grundsätze der Zulässigkeit einer sog. „mitgezogenen Nutzung“ auf die hier vorliegende Fallgestaltung eines Bebauungsplans mit der Festsetzung „Fläche für Landwirtschaft“ überträgt. Der Antragsteller verweist insofern auf den zu berücksichtigenden Strukturwandel in der Landwirtschaft. Die Lagernutzung der Halle für den Malerbetrieb sei gegenüber der originär landwirtschaftlichen Nutzung untergeordnet, umfasse weniger als 10% des Gebäudes, erfordere keine Umbaumaßnahmen und vollziehe sich „hinter verschlossenen Türen“, sodass das Erscheinungsbild des landwirtschaftlichen Betriebs als solchem durch eine vorübergehende Einlagerung von Malerutensilien nicht tangiert werde. Auch die Vermietung von Fremdenzimmern und Ferienwohnungen sei innerhalb bestimmter Grenzen als von der Landwirtschaft mitgezogene Betätigung anzusehen. Dies werde in der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Bau und Verkehr und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten „Bauen im Rahmen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe“ vom 20. Dezember 2016 (Az. I1B5-4606-001/13 und A2/Z6-7241-1/7; AllMBl. Nr. 1/2017 S. 5 ff.) ebenso bestätigt wie für Bauvorhaben im Zusammenhang mit der Lagerung landwirtschaftlicher, nicht im eigenen Betrieb erzeugter Produkte bzw. verwendeter Betriebsmittel. Nach dieser Bekanntmachung (a.a.O unter Nr. 3.4.3) solle sogar für die Lagerung sonstiger Gegenstände eine Umnutzung leerstehender vorhandener Gebäude in Betracht kommen.

Der Antragsteller vermag mit diesen Einwendungen nicht durchzudringen. Um eine sog. „mitgezogene“ Nutzung geht es vorliegend nicht. Unabhängig von der grundsätzlich mangelnden Bindungswirkung normauslegender Verwaltungsvorschriften für die Verwaltungsgerichte ergibt sich aus der Bekanntmachung „Bauen im Rahmen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe“ nichts anderes. Unter Nr. 3.4.3 Satz 6 geht die Bekanntmachung einschränkend unter Ausschluss von Neubauten davon aus, dass bezüglich der Lagerung „sonstiger Gegenstände“ (ohne jeglichen Bezug zur Landwirtschaft) „allenfalls eine Umnutzung leerstehender Gebäude in Betracht“ komme. Im zu entscheidenden Fall dürfte es sich bei der Lagerhalle, deren Nutzung laut Anzeige des Eigentümers erst am 1. Oktober 2015 aufgenommen wurde, ohnehin um einen Neubau im Sinne der Bekanntmachung und nicht um ein leerstehendes Altgebäude handeln. Darüber hinaus sind die Formulierungen in Nr. 3.4.3 der Bekanntmachung zu vage, um hieraus ableiten zu können, wann die betroffenen Staatsministerien tatsächlich bei einem leerstehenden Gebäude von der Möglichkeit einer „mitgezogenen“ allgemeinen Lagernutzung ausgehen. Die Bekanntmachung macht den nachgeordneten Behörden zwar keine strikte Vorgaben gegen eine entsprechende Annahme, überlässt das Ergebnis allerdings in der Sache einer Einzelfallprüfung.

Für die vorzunehmende Einzelfallprüfung kommt es nach dem insofern für den Senat allein maßgeblichen gesetzlichen Begriff der Landwirtschaft (§ 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201 BauGB) darauf an, ob ein enger Zusammenhang mit der eigentlichen landwirtschaftlichen Betätigung einschließlich ihrer vielfältigen Formen besteht und das Erscheinungsbild des landwirtschaftlichen Betriebs insgesamt gewahrt bleibt, was ggf. etwa bei der Vermarktung und Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Produkte, bei der Obstvermarktung oder bei Ferienwohnungen und -räume angenommen werden kann (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Februar 2017, § 201 Rn. 10 m.w.N.). Landwirtschaftsfremde Nutzungen müssen, um noch als betriebswirtschaftlich zugeordneter („mitgezogener“) Teil eines landwirtschaftlichen Betriebes im vorgenannten Sinn aufgefasst werden zu können, unabhängig von der betrieblichen Unterordnung („Nebensache“, vgl. BayVGH, B.v. 15.5.2017 – 15 ZB 16.1673 – juris Rn. 24 m.w.N.) von den Ergebnissen einer eigenen Bodenertragsnutzung des Betriebs geprägt sein (BVerwG, U.v. 30.11.1984 – 4 C 27.81 – NVwZ 1986, 293 = juris Rn. 14; B.v. 4.10.2006 – 4 B 64.06 – NVwZ 2007, 224 = juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 24.5.2016 – 9 ZB 13.2539 – NVwZ-RR 2016, 861 = juris Rn. 11; B.v. 15.5.2017 – 15 ZB 16.1673 – juris Rn. 27). Eine solche Prägung ist hier nicht ersichtlich. Die Nutzung eines zu rein landwirtschaftlichen Zwecken genehmigten Gebäudes als Lagerstätte für eine allgemein gewerbliche (nicht-landwirtschaftliche) Betätigung – wie hier als Lagerstätte für ein Malergeschäft – hat mit der landwirtschaftlichen Urproduktion nichts zu tun. Für die Anerkennung als „mitgezogene Nutzung“ kann insbesondere allein die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit einer auch nicht-landwirtschaftlichen Nutzung nicht maßgebend sein (vgl. BayVGH, B.v. 15.5.2017 a.a.O. juris Rn. 24 m.w.N).

cc) Aus dem genehmigten Gegenstand einer landwirtschaftlichen Lagerhalle sowie aufgrund der Zielrichtung, nur ein solches Vorhaben zu genehmigen, das sich im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Festsetzung „Fläche für die Landwirtschaft“ hält (s.o.), folgt gleichzeitig, dass mit der nicht-landwirtschaftlichen Nutzung als Lagerplatz für den Malerbetrieb des Antragstellers die Variationsbreite der Baugenehmigung vom 16. März 2015 verlassen wird.

Der Antragsteller kann aus der von ihm angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Juli 2005 (26 ZB 05.1519) nichts Gegenteiliges ableiten. Die aufgrund der damaligen Einzelumstände getroffene Entscheidung des Gerichts, ein beabsichtigter Verkaufsplatz für 32 Pkw im Rahmen eines Kraftfahrzeughandels halte sich innerhalb der Variationsbreite für eine Baugenehmigung für einen „Mietpark“ für ca. 30 Baugeräte (wie Minibagger, Minilader, Rüttelgeräte und Kompressoren), hatte – anders als vorliegend – mit der Abgrenzung von landwirtschaftlicher und nicht-landwirtschaftlicher Nutzung nichts zu tun und gibt daher für die vorliegende Fallgestaltung nichts her. Für die Reichweite der Variationsbreite der Baugenehmigung und damit für die (zu bejahende) Frage der Genehmigungspflicht der Nutzungsänderung am Maßstab von Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO spielt es auch keine Rolle, ob und inwiefern für die streitgegenständliche (nicht-landwirtschaftliche) gewerbliche Nutzung bauliche Veränderungen vorgenommen worden sind. Auch das Verwaltungsgericht geht in der vom Antragsteller in Bezug genommenen Passage auf Seite 10 des Beschlusses vom 1. August 2017 davon aus, dass die Frage, ob der Antragsteller oder der Grundstückseigentümer für die untersagte Nutzung bauliche Veränderungen vorgenommen hat, nicht entscheidungstragend sei. Inwiefern das Verwaltungsgericht mit seiner Mutmaßung, dass bauliche Änderungen zum Zwecke der Ermöglichung der untersagten Nutzung stattgefunden hätten, richtig liegt, ist daher bedeutungslos.

b) Die genehmigungspflichtige Nutzungsänderung ist aufgrund der vorstehenden Erwägungen auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Da die Nutzung der Halle als Lagerstätte für den Malerbetrieb des Antragstellers keine landwirtschaftliche Nutzung darstellt, ist nicht ersichtlich, wie das Vorhaben am Maßstab von § 30 Abs. 1, Abs. 3 BauGB ohne Widerspruch zu der im Beschwerdeverfahren gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO als wirksam zu unterstellenden Festsetzung bauplanungsrechtlich zulässig sein könnte. Selbst wenn nach der Ermessensvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB eine Befreiung in Betracht käme – was mit Blick auf die tatbestandliche Voraussetzung, dass keine Grundzüge der Planung berührt sein dürfen, fraglich erscheint (zu den Anforderungen vgl. z.B. BayVGH, B.v. 8.5.2017 – 15 ZB 14.1227 – juris Rn. 23 m.w.N.) –, könnte jedenfalls von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit keine Rede sein. Selbst wenn die bauplanungsrechtliche Festsetzung „Fläche für Landwirtschaft“ unwirksam sein sollte, liegt nicht auf der Hand, dass eine allgemein gewerbliche Lagernutzung genehmigungsfähig wäre. In diesem Fall läge das Baugrundstück im bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB), wobei mangels landwirtschaftsbezogener Nutzung (s.o.) eine Privilegierung gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ausschiede. Auch ein sonstiger Privilegierungstatbestand gem. § 35 Abs. 1 BauGB wäre nicht ersichtlich. Als sonstiges (Außenbereichs-) Vorhaben (§ 35 Abs. 2 BauGB) dürfte die Umnutzung der Halle als Lagerstelle für einen Malerbetrieb diverse öffentliche Belange beeinträchtigen, jedenfalls wäre die Frage einer entsprechenden Beeinträchtigung von Belangen (vgl. z.B. § 35 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 5 BauGB) in einem Genehmigungsverfahren eingehend zu prüfen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 28.12.2016 – 15 CS 15.1774 – juris Rn. 46 ff.), sodass auch unter diesem Blickwinkel eine offensichtlich Genehmigungsfähigkeit nicht in Betracht käme.

c) Auch im Übrigen sind keine Ermessensfehler (Art. 40 BayVwVfG) ersichtlich.

aa) Insbesondere begründet der Vortrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass die untersagte Nutzung unter Vermeidung einer weiteren Versiegelung und Zersiedelung vorhandene Kapazitäten ausnutze, keinen Ermessensfehler. Es ist nicht Sache der Bauaufsichtsbehörde, praktisch im Regelfall vor dem Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung zu ermitteln und im Rahmen des Ermessens zu bewerten, ob und in welchem Umfang die betroffene – rechtswidrige – Nutzung an anderer Stelle eine Flächenversiegelung zur Folge hätte. Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall daher nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (sog. intendiertes Ermessen, vgl. BayVGH, B.v. 28.12.2016 – 15 CS 15.1774 – juris Rn. 35 m.w.N.). Im Beschwerdeverfahren sind keine Besonderheiten vorgetragen worden, die ausnahmsweise ein Absehen von der Untersagung erfordern könnten. Es liegt in der Verantwortung des Eigentümers oder Nutzers, für ordnungsgemäße Zustände zu sorgen. Wird eine auch langjährig genutzte landwirtschaftliche Halle für landwirtschaftliche Zwecke nicht mehr benötigt, muss diese in der Regel entweder einer rechtmäßigen Nutzung zugeführt oder aufgegeben und beseitigt werden. Ein Anspruch gegenüber der Behördung auf Duldung illegaler Zustände besteht nicht. Verbleiben einer – insbesondere neuen – landwirtschaftlichen Halle ungenutzte Kapazitäten hinsichtlich des genehmigten landwirtschaftlichen Nutzungszwecks, mag es zudem unter dem Gesichtspunkt der Verhinderung einer Versiegelung und Zersiedelung für die Behörde geboten erscheinen, im Nachhinein die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung mit Blick auf eine ggf. mögliche Rücknahme (Art. 48 BayVwVfG) zu überprüfen.

bb) Unter dem in der Beschwerdebegründung unsubstanziiert angedeuteten Gesichtspunkt einer zeitlich vorübergehenden Nutzung (s.o.) bestehen nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung sowie mit Blick auf die Prüfbeschränkung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auch keine Anhaltspunkte für einen Ermessensfehler.

3. Nach Auslegung des Beschwerdevorbringens (§ 88 VwGO) ist davon auszugehen, dass sich die Beschwerde aufgrund ihres Sachvortrags zur Frage des Bestehens eines Vollstreckungshindernisses auch gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts richtet, soweit diese die gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V. mit Art. 21a Satz 1 VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbare Zwangsgeldandrohung betrifft. Der vom Antragsteller innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist geltend gemachte Beschwerdegrund, es bestehe entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ein Vollstreckungshindernis, weil gegen den Grundstückseigentümer keine Duldungsverfügung ergangen sei, rechtfertigt keine Änderung der angefochtenen Entscheidung.

Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Zwangsgeldandrohung ist es u.a. auch, dass der durch den zugrundeliegende Verwaltungsakt als Störer Verpflichtete in der Lage ist, die ihm auferlegten Pflichten innerhalb der ihm gesetzten Frist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG zu erfüllen. Muss der Pflichtige zur Erfüllung seiner Verpflichtungen in die Rechte Dritter eingreifen und ist der Dritte nicht bereit, den Eingriff in seine Rechte zu dulden, so besteht ein Vollzugshindernis. Es bedarf dann einer Duldungsanordnung gegenüber dem Dritten zur Durchsetzung des bauordnungsrecht-lichen Vollzugs einer Nutzungsuntersagung (vgl. BayVGH, U.v. 16.2.2015 – 1 B 13.649 – juris Rn. 17; vgl. auch BayVGH, B.v. 11.7.2001 – 1 ZB 01.1255 – BayVBl 2002, 275 = juris Rn. 14). Als Rechtsgrundlage ist die Befugnisnorm für die bauaufsichtliche Maßnahme‚ um deren Durchsetzung es geht, heranzuziehen (hier Art. 76 Satz 2 BayBO; zum Streitstand vgl. BayVGH, U.v. 16.2.2015 a.a.O. juris Rn. 16).

Eine derartige Situation ist im vorliegenden Fall von vornherein nicht ersichtlich, soweit es um das schlichte Nichtbenutzen (= tatsächliche Aufgabe einer vertraglich eingeräumten Nutzungsmöglichkeit) geht. Insoweit ist die Untersagung der Nutzung eines Gebäudes grundsätzlich nicht geeignet‚ die Rechtsstellung des Grundeigentümers nachteilig zu berühren. Insoweit besteht ein grundsätzlicher Unterschied zur Anordnung der Beseitigung eines Gebäudes, bei der das Grundeigentum unmittelbar dadurch betroffen wird‚ dass eine zum Grundstücksbestandteil gewordene bauliche Anlage vom Mieter zu entfernen ist. Soweit eine Nutzuntersagung dagegen auf ein schlichtes Unterlassen zielt‚ neben der die Anordnung einer Duldung weder erforderlich noch möglich ist‚ kann der Grundeigentümer den Mieter ohnehin nicht daran hindern‚ die Anordnung zu befolgen (BayVGH, B.v. 9.6.1986 – 2 CS 85 A.1564 – BayVBl. 1986, 563/564; BayVGH, U.v. 16.2.2015 a.a.O. juris Rn. 18 ff.; OVG NW‚ B.v. 24.11.1988 – 7 B 2677/88 – juris Rn. 18; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 76 Rn. 36; Decker in Simon/Busse‚ BayBO‚ Stand: Mai 2017‚ Art. 76 Rn. 430; Molodovsky/Waldmann in Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand: Mai 2017‚ Art. 76 Rn. 173; a.A. Manssen in Spannowsky/Manssen, Beck'scher Online-Kommentar Bauordnungsrecht Bayern, 4. Edition, Art. 76 Rn. 82). Eine Duldungsanordnung gegenüber dem Eigentümer zur Durchsetzung der Nutzungsuntersagung ist insofern entgegen der Ansicht des Antragstellers grundsätzlich nicht erforderlich; das gilt jedenfalls, soweit weder mit einem tatsächlichen Widerstand des Vermieters / Eigentümers gegen die Vollstreckung der Nutzungsuntersagung noch damit zu rechnen ist, dass das Grundstück im Rahmen des Vollzugs der Nutzungsuntersagung im Wege des unmittelbaren Zwangs von Vertretern der Bauaufsichtsbehörde zwangsweise betreten werden muss (BayVGH, U.v. 16.2.2015 a.a.O. juris Rn. 18, 20, 21 m.w.N.). Anhaltspunkt für Letzteres vermag der Senat im vorliegenden Fall nicht zu erkennen; insbesondere sind solche Besonderheiten vom Antragsteller im Rahmen der Beschwerdebegründung nicht substanziiert vorgebracht worden. Sein Einwand, die Nutzungsuntersagungsverfügung führe im Übrigen zu einer „Unmöglichkeit der Erfüllung der schuldrechtlichen zivilrechtlichen Verpflichtung durch den Adressaten nach § 275 BGB“, geht nicht auf das konkrete schuldrechtliche Verhältnis zwischen ihm und dem Grundstückseigentümer ein und erklärt nicht, warum er gegenüber dem Eigentümer zur Einlagerung der Sachen verpflichtet sein soll.

Es spricht allerdings Einiges dafür, dass die Rechtsstellung des vermietenden Grundeigentümers durch den Erlass einer Nutzungsuntersagung nachteilig berührt sein k a n n, wenn neben der schlichten Nutzungsuntersagung dem Mieter aufgegeben wird, zur Umsetzung der Nutzungsuntersagung bestimmte Gegenstände aus dem Mietobjekt zu entfernen. In diesem Fall dürfte eine Duldungsverfügung gegenüber dem Vermieter / Eigentümer zur Verhinderung eines Vollstreckungshindernisses geboten erscheinen, wenn dieser an den zu entfernenden Gegenständen ein Vermieter- / Verpächterpfandrecht gem. § 562 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) hat oder wenn der von der Behörde zur Räumung verpflichtete Mieter / Pächter im Verhältnis zum Grundstückseigentümer vertraglich verpflichtet ist, die beanstandete Nutzung auszuüben (vgl. BayVGH, B.v. 9.6.1986 – 2 CS 85 A.1564 – BayVBl. 1986, 563/564; Decker in Simon/Busse‚ BayBO‚ Stand: Mai 2017‚ Art. 76 Rn. 430 m.w.N.). Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens sind die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage gegen die Zwangsgeldandrohung insoweit als offen einzuschätzen. Die demnach vorzunehmende Abwägung der gegenseitigen Interessen fällt zu Lasten des Antragstellers und zu Gunsten der Antragsgegnerin aus.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht herausgestellt, dass ein Vermieterpfandrecht gem. § 562 BGB das Bestehen eines (wirksamen) Mietverhältnisses sowie das Bestehen von Forderungen des Vermieters aus diesem Mietverhältnis gegenüber dem Mieter voraussetzt (vgl. Artz im Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 562 Rn. 6 f.; Teichmann in Jauernig, Kommentar zum BGB, 16. Aufl. 2015, § 562 Rn. 2; Ehlert in BeckOK BGB, Bamberger/Roth/Hau/Poseck, 43. Edition, Stand: 1.8.2012,§ 562 Rn. 9, 18). Bereits in der angefochtenen erstinstanzlichen Eilentscheidung wurde aus der – im Beschwerdeverfahren nicht bestrittenen und nach Aktenlage dokumentierten – Erklärung des Antragstellers vom 20. Dezember 2016, er werde die Halle anmieten und dort sein Lager einrichten, geschlossen, dass zu diesem Zeitpunkt noch kein Mietverhältnis bestanden hatte. Das Verwaltungsgericht hat ferner darauf verwiesen, dass auch in der Folgezeit weder seitens des (über ein Schreiben des Landratsamts vom 28. Dezember 2016 informierten) Grundstückseigentümers noch seitens des Antragstellers selbst ein Sachverhalt geschildert wurde, der der Bauaufsichtsbehörde eine Veranlassung zu einer Duldungsverfügung gegeben hätte. Vielmehr hat der Antragsteller laut dem behördlichen Aktenvermerk vom 27. Februar 2017 nochmals angegeben, dass bisher kein Mietvertrag existiere, der Grundstückseigentümer ihm aber auch nicht mitgeteilt habe, dass er die Halle für den angestrebten Zweck nicht nutzen dürfe.

Soweit der Antragsteller im Beschwerdeverfahren vorbringt, es sei Sache der Behörde gewesen, das Vorliegen eines Mietvertrages näher nachzuprüfen, hat er es auch im Beschwerdeverfahren unterlassen, insofern hinreichend konkrete Informationen zu geben. In der Beschwerdebegründung beschränkt er sich diesbezüglich auf den Sachvortrag, es sei nicht logisch, aus seiner Erklärung im Dezember 2016, er werde die Halle anmieten, auf das Fehlen eines Mietvertrages noch zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung im Juni 2017 zu schließen. Es liege nicht fern, dass seine Ankündigung, die Halle anmieten zu wollen, ein halbes Jahr später in die Tat umgesetzt worden sei. Dies aufzuklären – so der Antragsteller –, sei Aufgabe der Antragsgegnerin im behördlichen Verfahren gewesen, bevor sie unvermittelt und ohne Rückantwort auf ein Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 15. Mai 2017 die Nutzungsuntersagung verfügt habe.

Der Antragsteller hat damit auch im Beschwerdeverfahren nicht substanziiert dargelegt, dass ein wirksames Mietverhältnis zwischen ihm und dem Eigentümer des Baugrundstücks besteht, wie dieses zustande gekommen ist und welchen konkreten Inhalt es hat. Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht unterstellen, dass ein (wirksamer) Mietvertrag mit dem Eigentümer besteht. Aufgrund der insoweit völlig unklaren Sachlage ist derzeit ungewiss, ob und in welchem Umfang nach Maßgabe der §§ 562 ff. BGB dem Grundstückseigentümer ein Vermieterpfandrecht zustehen könnte. Diese Unsicherheit geht im Rahmen der im Verfahren gem. § 146 i.V. mit § 80 Abs. 5 VwGO vom Senat durchzuführenden allgemeinen Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers. Aus § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO folgt eine Obliegenheit des Beschwerdeführers zur hinreichenden und zeitnahen Begründung innerhalb einer Monatsfrist nach Bekanntgabe der erstinstanzlichen Entscheidung (vgl. auch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Da bereits das Verwaltungsgericht dem Antragsteller in der erstinstanzlichen Entscheidung vorgeworfen hat, er habe nicht substanziiert dargelegt, woraus sich ein Vollstreckungshindernis ergebe, wäre es Sache des seine eigenen rechtlichen Interessen wahrnehmenden Antragstellers gewesen, nunmehr spätestens im Beschwerdeverfahren innerhalb der vorgenannten Begründungsfrist gegenüber dem Senat für entsprechende Aufklärung durch konkreten Vortrag und ggf. Vorlage entsprechender (z.B. Vertrags-) Unterlagen zu sorgen. Auf Basis der unkonkreten Äußerungen zur schuldrechtlichen Beziehung zwischen ihm und dem Eigentümer des Baugrundstücks hat der Antragsteller dem Senat nicht die Möglichkeit einer entsprechenden Prüfung eröffnet. Weil dem Antragsteller als nutzender Akteur eine entsprechende präzise Darstellung des schuldrechtlichen Verhältnisses zum Eigentümer ohne Weiteres möglich gewesen wäre, er aber statt dessen durch vage Umschreibungen und den Hinweis auf eine entsprechende Ermittlungspflicht des Gerichts eher für eine Verdunkelung als zur Erhellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts gesorgt hat, fällt die Interessenabwägung auch insoweit zugunsten des öffentlichen Vollzugsinteresses und zu Lasten des Suspensivinteresses des Antragstellers aus.

4. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil er mit seiner Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.4, Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tenor

I.

In Abänderung der Nrn. I und II des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 11. April 2014 wird die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 21. Februar 2014 gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners vom 20. Januar 2014 angeordnet.

II.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich als Grundstücksnachbarin gegen den Bescheid des Landratsamts W. (im Folgenden: Landratsamt) vom 20. Januar 2014, der den Beigeladenen - unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens - den Umbau und die Nutzungsänderung des bestehenden Wohn- und Geschäftshauses auf dem Grundstück Fl.Nr. 281 der Gemarkung W. (im Folgenden: Baugrundstück) in eine dezentrale Asylbewerberunterkunft baurechtlich genehmigt. Wegen der näheren Einzelheiten der Baugenehmigung wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des nördlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücks Fl.Nr. 280. Sie hat gegen die Baugenehmigung Klage erhoben und zudem beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage anzuordnen. Zur Begründung hat sie jeweils im Wesentlichen geltend gemacht, die Baugenehmigung verletze in mehrfacher Hinsicht die bauaufsichtlichen Brandschutzanforderungen.

Mit Beschluss vom 11. April 2014 hat das Verwaltungsgericht den gemäß § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO gestellten Antrag abgelehnt. Vorliegend lasse sich bereits aufgrund einer summarischen Prüfung feststellen, dass die Klage der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben werde. Das Bauvorhaben verstoße insbesondere nicht gegen die nachbarschützenden Vorschriften über Brandwände (Art. 28 BayBO). Die zum Grundstück der Antragstellerin gelegene nördliche Außenwand des Bauvorhabens müsse nicht nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO als Brandwand ausgestaltet werden, weil im Sinne dieser Vorschrift gesichert sei, dass zwischen dieser Gebäudeabschlusswand und auf dem Grundstück der Antragstellerin bestehenden oder nach baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden ein Abstand von mindestens 5 m eingehalten werde. Diese Sicherung ergebe sich im vorliegenden Fall aus der zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Baugrundstücks bestehenden Dienstbarkeit und einer inhaltsgleichen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten des Freistaats Bayern. Diese Dienstbarkeiten hätten nicht nur den Zweck verfolgt, die fehlenden Abstandsflächen zu übernehmen, sondern auch die Einhaltung des Mindestgebäudeabstands nach dem seinerzeit geltenden Art. 31 Abs. 2 BayBO 1969 zu gewährleisten.

Im Beschwerdeverfahren wendet die Antragstellerin im Wesentlichen ein, das Vorhaben verletze entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts drittschützende Brandschutzvorschriften der Bayer. Bauordnung und verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Bei den im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten handle es sich ausweislich des Wortlauts des Grundbucheintrags ebenso wie nach dem Wortlaut des Dienstbarkeitsvertrags ausschließlich um eine Abstandsflächenübernahme. An keiner Stelle des Dienstbarkeitsvertrags finde sich ein Hinweis darauf, dass die dingliche Sicherung auch die Brandschutzabstände betreffen sollte. Gerade aufgrund der unterschiedlichen Zielrichtungen und des unterschiedlichen Inhalts von Bebauungsbeschränkungen aus dem Abstandsflächenrecht und solchen aus Brandschutzvorschriften hätte in der Dienstbarkeitsbestellung ausdrücklich auf die Zielrichtung Brandschutz und die sich hieraus ergebenden weiteren Beschränkungen hingewiesen werden müssen.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11. April 2014 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid des Landratsamts vom 20. Januar 2014 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für zutreffend.

Die anwaltlich nicht vertretenen Beigeladenen haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts spricht bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage viel dafür, dass die Anfechtungsklage der Antragstellerin unter den derzeitigen Gegebenheiten erfolgreich sein wird. Die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verletzt die Antragstellerin voraussichtlich in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil sie gegen dem Nachbarschutz dienende brandschutzrechtliche Vorschriften verstößt.

1. Das Verwaltungsgericht verweist zutreffend darauf, dass es sich im vorliegenden Fall um einen Sonderbau im Sinn des Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 BayBO handelt, so dass im Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO das gesamte Bauordnungsrecht und mithin auch die von der Antragstellerin angeführten Brandschutzvorschriften zu prüfen sind. Bauaufsichtliche Brandschutzvorschriften (vgl. Art. 12 BayBO) haben zwar nicht generell, aber jedenfalls dann nachbarschützende Wirkung, wenn sie dem Schutz der Nachbarn vor einer Ausbreitung von Feuer und Rauch dienen. Einen solchen Schutzzweck haben die Bestimmungen über Brandwände. Nach allgemeiner Meinung ist daher die Vorschrift des Art. 28 BayBO über die Notwendigkeit von Brandwänden und die Anforderungen an ihre Beschaffenheit nachbarschützend (vgl. Koch/Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 28 Erl. 14 m. w. N.; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 279; BayVGH, U.v. 14.8.1973 BayVBl 1974, 193 zu Art. 31 Abs. 2 Nr. 1 BayBO 1969).

2. Von diesen Grundsätzen geht auch das Verwaltungsgericht aus. Es meint jedoch, die zum Grundstück der Antragstellerin gelegene nördliche Außenwand des Bauvorhabens müsse nicht als Brandwand ausgestaltet werden, weil nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO gesichert sei, dass zwischen dieser Gebäudeabschlusswand und auf dem Grundstück der Antragstellerin bestehenden oder nach baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden ein Abstand von mindestens 5 m eingehalten wird.

Diese Rechtsauffassung teilt der Senat nicht. Entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts sichern die aufgrund des Dienstbarkeitsvertrags vom 23. November 1973 im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten nicht den Brandschutzabstand von 5,00 m im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO, sondern sie sollen nach ihrem klaren Wortlaut lediglich die Einhaltung der bauaufsichtlichen Abstandsflächen im Sinne des Art. 6 BayBO gewährleisten. Eine bloße Abstandsflächendienstbarkeit reicht aber - wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat (a. a. O., juris Rn. 26) - für eine Sicherung im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO nicht aus, da z. B. durch in Abstandsflächen zulässige Gebäude (vgl. Art. 6 Abs. 9 BayBO) oder Vorbauten eine Unterschreitung des Brandschutzabstands von 5 m nicht ausgeschlossen ist (vgl. Koch/Molodovsky/Famers, a. a. O., Art. 28 Erl. 45; Simon/Busse, a. a. O., Art. 6 Rn. 94; BayVGH, U.v.14.8.1973 BayVBl 1974, 193).

Zur Ermittlung des Inhalts einer Dienstbarkeit ist nach allgemeiner Ansicht vorrangig auf Wortlaut und Sinn der Grundbucheintragung und der in Bezug genommenen (§ 874 BGB) Eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt. Umstände außerhalb dieser Urkunden dürfen jedoch insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. BGH, U.v. 8.2.2002 - V ZR 252/00 - juris Rn. 10 unter Verweis auf die ständige BGH-Rechtsprechung; BayObLGZ, U.v. 29.4.1991 - RReg 1 Z 477/90 BayVBl 1992, 219; OLG München, B.v. 21.12.2012 - 34 Wx 281/12 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 5.3.2007 - 2 CS 07.81 - juris Rn. 5). Unter Beachtung dieser Auslegungsregeln handelt es sich bei den seinerzeit für die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshausneubaus auf dem Baugrundstück bestellten Dienstbarkeiten um eine reine Abstandsflächendienstbarkeit.

a) Der am 7. Januar 1974 erfolgte Grundbucheintrag lautet ohne nähere Konkretisierung lediglich auf „Bebauungsbeschränkung“ und verweist allein auf den Dienstbarkeitsvertrag vom 23. November 1973 URNr. 2847/1973. Zur Auslegung des Inhalts der Dienstbarkeiten ist daher vorrangig auf diesen Dienstbarkeitsvertrag mit der entsprechenden Eintragungsbewilligung (vgl. Nr. II der notariellen Urkunde v. 23.11.1973 URNr. 2847/1973) abzustellen.

Nr. II des Dienstbarkeitsvertrags nennt ausdrücklich „die nach Art. 6 BayBO für dieses Bauvorhaben vorgeschriebene Abstandsfläche…“ und verweist darauf, dass diese in der Planskizze gelb eingezeichnete Abstandsfläche gemäß Art. 7 BayBO vom Eigentümer des dienenden Grundstücks, also der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin, übernommen wird. Auch der Wortlaut der Nr. IV der Urkunde macht nur bei einer Abstandsflächendienstbarkeit Sinn. Demnach wurden die Beteiligten nämlich vom Notar „über die Artikel 6 und 7 BayBO belehrt und insbesondere darauf hingewiesen, dass die Abstandsfläche abhängig ist von der Wandhöhe des Gebäudes…“. Zur Sicherung des Brandschutzabstands im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO (oder des seinerzeitigen Art. 31 Abs. 2 Nr. 1 BayBO 1969) ist die Wandhöhe aber ohne jeglichen Belang, weil der Brandschutzabstand von 5 m nicht an die Höhe des Gebäudes oder der betreffenden Gebäudeabschlusswand anknüpft.

Hinweise, aus denen sich für den unbefangenen Betrachter ergeben könnte, dass die Dienstbarkeiten einen Gebäudeabstand von insgesamt 5 m sichern und damit (möglicherweise) dem Brandschutz dienen sollten, finden sich weder im Urkundentext noch in der zur Urkunde gehörenden Planskizze. Die im Text der Urkunde genannten Maßangaben (von 3,82 m Tiefe und 11,0 m Länge, vgl. Nr. II der Urkunde) betreffen lediglich den auf dem Grundstück der Antragstellerin (Fl.Nr. 280) gelegenen Bereich zwischen der gemeinsamen Grundstücksgrenze und dem auf ihrem Grundstück bereits bestehenden Gebäude. Maßangaben zum Abstand des seinerzeitigen Bauvorhabens zu dieser Grundstücksgrenze fehlen hingegen völlig. In der der Urkunde beigefügten Planskizze ist zwar die übernommene Abstandsfläche gelb eingezeichnet, dieser Lageplan enthält aber keinerlei Maßangaben. So lässt sich aus ihm auch nicht entnehmen, dass nach den seinerzeitigen Eingabeplänen das auf dem Grundstück der Beigeladenen geplante Wohn- und Geschäftshaus einen Grenzabstand von 1,18 m aufweisen sollte (vgl. Grundrisse EG und 1. OG der Bauvorlagen BV 330/73).

Auch aus der vom Verwaltungsgericht für seine anderslautende Rechtsauffassung herangezogenen Formulierung des Dienstbarkeitsvertrags „Sie [d. h. die gelb gekennzeichnete Fläche auf dem Grundstück der Antragstellerin] ist somit unbebaut liegen zu lassen.“, lässt sich für die Annahme einer dem Brandschutz im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO (Art. 31 Abs. 2 Nr. 1 BayBO 1969) dienenden Dienstbarkeit nichts ableiten. Denn eine derartige Formulierung gab im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut des seinerzeitigen Art. 7 Abs. 7 BayBO 1969 gerade bei einer Abstandsflächendienstbarkeit einen Sinn. Danach konnten sich (u. a.) die Abstandsflächen nach Art. 6 Abs. 3 BayBO ganz oder teilweise auf das Nachbargrundstück erstrecken, wenn rechtlich gesichert war, dass sie nicht überbaut werden (Art. 7 Abs. 7 Satz 1 BayBO). Sie mussten zusätzlich zu den für die Bebauung des Nachbargrundstücks vorgeschriebenen Abstandsflächen von der Bebauung freigehalten werden (Art. 7 Abs. 7 Satz 2 BayBO).

b) Sprechen nach all dem der Wortlaut des Grundbucheintrags und des dort in Bezug genommenen Dienstbarkeitsvertrags mit der darin enthaltenen Eintragungsbewilligung für das Vorliegen einer bloßen Abstandsflächendienstbarkeit, so können die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Unterlagen aus dem seinerzeitigen Baugenehmigungsverfahren (vgl. Vermerke des Kreisbaumeisters v. 12.11.1973 und 15.1.1974; Lageplan Ansichten, Grundrisse, Schnitt v. 3.1.1974; Schlussabnahmeschein v. 24.6.1975, Bauakt BV 330/73) nicht die Annahme rechtfertigen, die bestellten Dienstbarkeiten hätten einen anderen rechtlichen Inhalt, nämlich die Sicherung eines Brandschutzabstands von 5 m, bezweckt. Dem Verwaltungsgericht ist zwar darin Recht zu geben, dass die Bauaufsichtsbehörde mit der Bestellung der geforderten Dienstbarkeiten die Sicherung des Brandschutzabstands im Sinne hatte. Dies zeigen zum einen schon die vom Verwaltungsgericht angeführten Vermerke und Unterlagen, ergibt sich aber in aller Deutlichkeit auch daraus, dass die für das Bauvorhaben seinerzeit erteilte Baugenehmigung vom 7. Februar 1974 ausdrücklich auch eine entsprechende Ausnahme von der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 Abs. 3 Ziff. 2 BayBO 1969 i. V. m. Abs. 5 BayBO in nördlicher Richtung enthält. Allerdings entsprechen die bestellten Dienstbarkeiten nicht dem, was die Bauaufsichtsbehörde vom Bauherrn seinerzeit als Voraussetzung für die Erteilung der beantragten Baugenehmigung gefordert hat. Dies mag maßgeblich darauf zurückzuführen sein, dass schon das Anschreiben des Landratsamts an das Notariat vom 14. November 1973 insoweit den Sicherungszweck irreführend bezeichnet (z. B. mit dem Betreff „Rechtliche Sicherung von Abstandsflächen“) und die Bauaufsichtsbehörde den Inhalt des Dienstbarkeitsvertrags offensichtlich ungeprüft gelassen hat. Liegt aber nach Wortlaut und Sinn des Grundbucheintrags und des darin in Bezug genommenen Dienstbarkeitsvertrags eine Abstandsflächendienstbarkeit im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. Abs. 1 BayBO vor, so kann diese Dienstbarkeit nicht unter Heranziehung ergänzender Unterlagen dahingehend ausgelegt oder umgedeutet werden, dass sie (auch) eine Dienstbarkeit zur Sicherung des Brandschutzabstands im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO darstellt. Wer als unbefangener Betrachter die Grundbucheintragung und den darin in Bezug genommenen Dienstbarkeitsvertrag vom 23. November 1973 liest, hat nämlich keinen Anlass, in ergänzenden Unterlagen nachzuforschen, ob den bestellten Dienstbarkeiten ein anderer oder ein über eine Abstandsflächendienstbarkeit hinausgehender Inhalt beizumessen ist.

Die vom Antragsgegner im Beschwerdeverfahren vertretene Auffassung, die Anforderungen an Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO würden in einer vom Gesetz nicht geforderten Weise überspannt, wollte man dieser Vorschrift entnehmen, dass die „Zielrichtung“ einer Bebauungsbeschränkung explizit aus der Sicherung hervorgehen müsse, ist schon mit dem Gesetzeswortlaut schwerlich in Einklang zu bringen. Denn Art. 6 Abs. 2 BayBO unterscheidet - wie sich aus dem Wortlaut von Satz 1 und 3 dieser Vorschrift ergibt - ausdrücklich zwischen Abstandsflächen (im Sinne des Art. 6 Abs. 1 BayBO) und Abständen nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 und Art. 30 Abs. 2 BayBO. Diese Unterscheidung kommt im Übrigen jetzt auch im Baugenehmigungsverfahren zum Ausdruck, wenn in den verbindlich eingeführten Bauantragsformularen beim Vordruck „Zustimmung zur Abstandsflächenübernahme/Abstandsübernahme mit Erläuterungen (vgl. Anlage 5 der IMBek v. 31.10.2012 zum Vollzug der Bauvorlagenverordnung) ausdrücklich zwischen einer „Abstandsflächenübernahme“ und einer „Abstandsübernahme“ unterschieden wird (vgl. Nrn. 5 und 6 dieses Vordrucks).

3. Reichen nach all dem die bestellten Dienstbarkeiten nicht aus, um von einer Sicherung des Brandschutzabstands im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO ausgehen zu können, so überwiegen bei dieser Sach- und Rechtslage die Interessen der Antragstellerin, dass von der Baugenehmigung nicht vor der Entscheidung über ihre Klage Gebrauch gemacht wird, die Interessen des Antragsgegners und der Beigeladenen, von der streitigen Baugenehmigung schon vorher Gebrauch zu machen. Auf die weiteren von der Antragstellerin vorgetragenen Beschwerdegründe kommt es insoweit nicht mehr entscheidungserheblich an.

Ob der aufgezeigte rechtliche Mangel durch Erteilung einer Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO aus der Welt geschafft werden kann, ist hier ebenfalls nicht zu entscheiden. Denn eine solche Abweichung bedarf einer Ermessensentscheidung, wobei die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen vorliegen müssen. Im vorliegenden Fall kommt es deshalb insbesondere darauf an, ob das Vorhaben unter den gegebenen konkreten Verhältnissen die sich aus Art. 28 BayBO ergebenden Anforderungen wahrt. Dass eine solche Abweichung hier lediglich „reine Formsache“ wäre, lässt sich jedenfalls nicht sagen. In Betracht zu ziehen ist z. B. insbesondere, ob nicht auch die dauernde Freihaltung des 1,18 m tiefen Streifens vor der nördlichen Außenwand des Bauvorhabens noch zu sichern ist oder zusätzliche Anforderungen an die Ausgestaltung der in dieser Außenwand vorhandenen Öffnungen zu stellen sind.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung 2013, Homepage des BVerwG, Nrn. 1.5 und 9.7.1).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen einen Baugenehmigungsbescheid der Beklagten für die bauliche Erweiterung der Psychosomatik der Kinderklinik St. Marien vom 5. August 2016 (Az.: B-2016-79). Der dreigeschossige, in einem Teilbereich bis zu rund 13,50 m hohe, im Grundriss circa 40 m x 17 m messende Neubau hält in seinem nördlichen Drittel auf einer Länge von rund 12 m einen Abstand von 11,50 m zum Grundstück des Klägers ein (vgl. den genehmigten Lageplan M 1:500).

Das Verwaltungsgericht hat die Nachbarklage mit Urteil vom 30. Mai 2017 abgewiesen. Gemäß § 34 Abs. 1 BauGB füge sich das Bauvorhaben als Teil des Klinikums in den vorhandenen Ortsteil ein; es sei auch nicht rücksichtslos. Von dem Gebäude, das insoweit die vollen Abstandsflächen einhalte, gingen keine erdrückenden Wirkungen zulasten des Grundstücks des Klägers aus. Unzumutbare Lärmimmissionen seien nicht zu erwarten. Auch im Fall eines großen Brandes in der Klinik müsse nach fachlicher Stellungnahme nicht mit einer Gefährdung der Nachbarn gerechnet werden.

Mit seinem Zulassungsantrag verfolgt der Kläger sein auf Aufhebung der Baugenehmigung gerichtetes Ziel weiter. Neben der Beklagten hat auch die Beigeladene über ihre Prozessbevollmächtigten zu sämtlichen aufgeworfenen Fragen umfangreich Stellung genommen und die Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung beantragt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die beigezogenen Bauakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Gründe – ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) – liegen nicht vor.

1. Die an der Richtigkeit des Ersturteils geäußerten ernstlichen Zweifel teilt der Senat nicht. Das Vorhaben ist gegenüber dem Nachbarn sowohl unter planungs- als auch unter bauordnungsrechtlichen Gesichtspunkten zulässig, die Genehmigung verletzt keine subjektiv-öffentlichen Rechte des Klägers.

1.1 Das in einem – insoweit von keinem Beteiligten in Frage gestellten – im Zusammenhang bebauten Ortsteil ohne verbindliche Bauleitplanung befindliche Vorhaben ist der Art nach unabhängig davon zulässig, ob, wie das Verwaltungsgericht in seiner Begründung wohl annimmt, von einer Gemengelage nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB auszugehen wäre oder dieser Beurteilung ein einheitlich nach § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 4 BauNVO zu beurteilendes faktisches allgemeines Wohngebiet zugrunde zu legen ist.

Im ersten Fall fügt sich die hinzutretende Nutzung zwanglos in die in ihrer unmittelbaren Umgebung vor Ort seit Jahrzehnten vorhandenen und deren Charakter maßgeblich prägenden, umfangreichen Klinikanlagen ein. Ein Abwehrrecht des Klägers nach den Grundsätzen des Gebietserhaltungsanspruchs scheidet in dieser gedanklichen Variante von vorneherein aus.

Zum gleichen Ergebnis führt allerdings auch die Einstufung der gesamten näheren Umgebung als faktisches allgemeines Wohngebiet. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO sind dort Anlagen für gesundheitliche Zwecke der Art nach regelhaft und unabhängig von ihrer Größe zulässig. Ein insgesamt als Einheit zu beurteilendes Baugebiet kann in Teilbereichen voneinander abweichende Nutzungsstrukturen aufweisen (vgl. HessVGH, B.v. 13.8.2013 – 4 B 1458/13 – BauR 2014, 2068 = juris Ls und Rn. 2 bis 5 unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 28.8.2003 – 4 B 74/03 – juris Rn. 2/3). Auch wenn für die Errichtung des streitgegenständlichen Vorhabens ein vormals auf dem im Verhältnis zu den sonstigen Baugrundstücken des Klinikareals kleinen Grundstück FlNr. 290/3 (Gemarkung Berg ob Landshut; Größe ca. 1.200 m²) stehendes Wohnhaus beseitigt werden muss, kann angesichts der konkreten Größen- und Lageverhältnisse keine Rede davon sein, dass nun eine „gebietsfremde Nutzung“ zu einer „Änderung des Gebietscharakters“ an dieser Stelle führen würde und so einen abstrakten Abwehranspruch des Klägers für sein daneben liegendes Wohngrundstück (Größe: 896 m²) sollte auslösen können. Bereits die verhältnismäßig geringe Größe der ursprünglich zwei nebeneinander liegenden und mit Wohnhäusern bebauten Grundstücke (Gesamtgröße etwa 2.100 m²) in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem rund 18.000 m² großen Klinikgelände spricht gegen die Annahme eines den strukturellen Charakter der näheren Umgebung prägenden Gewichts dieses zu Wohnzwecken genutzten Teilbereichs. Angesichts der Zahl und vor allem auch des Volumens der auf dem Klinikgelände vorhandenen Baukörper – der straßenseitige, unmittelbar neben dem verfahrensgegenständlichen Vorhaben stehende Teil des Klinik-Hauptgebäudes beispielsweise ist rund 56 m lang und verfügt über sechs Geschosse – bestimmen vielmehr alleine diese Anlagen in jeder Hinsicht die für die Beurteilung des streitigen Vorhabens maßgebliche bauplanungsrechtliche Prägung der näheren Umgebung.

Da sich das Vorhaben bis hierher in jeder rechtlich denkbaren Alternative innerhalb des durch die Umgebung planungsrechtlich vorgegebenen Rahmens hält, erübrigt sich die nur im gegenteiligen Fall eventuell nötige Erörterung der Frage, ob seine Zulassung prognostisch dennoch keine bodenrechtlichen Spannungen auslösen würde und trotz einer Überschreitung des Rahmens zulassungsfähig wäre.

1.2 Das Vorhaben ist nicht rücksichtslos, § 34 Abs. 1 BauGB bzw. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Die zur Beurteilung insoweit anzulegenden Maßstäbe sind in der gegebenen Situation angesichts der in beiden Varianten aufseiten der Beteiligten identischen Interessenlagen ebenfalls jeweils dieselben.

Ausreichend plausible und substantiierte Anhaltspunkte dafür, dass die Verwirklichung des Vorhabens gemäß der erteilten Genehmigung zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Erschließungssituation des Grundstücks des Klägers führen könnte (vorhabenbedingte Überlastung der Erschließungs Straße, vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2016 – 15 CS 16.244 – juris m.w.N.) benennt die Zulassungsbegründung nicht. Der Kläger macht nicht geltend, dass sein Grundstück nicht mehr oder nur unter unzumutbar erschwerten Bedingungen über die G. Straße angefahren werden könnte. Die allgemeine Klage über „die Belastung mit ruhendem Verkehr“ reicht insoweit nicht.

Entsprechendes gilt, soweit sinngemäß besondere weitere Gefährdungen der Erschließungssituation im Brandfall auf dem Klinikgelände vorgetragen werden. Hier wird – allenfalls – eine unspezifische Besorgnis ausgedrückt, ohne dass darin ein konkreter Bezug zum Grundstück des Klägers deutlich gemacht würde.

Schließlich erweist sich das Neubauvorhaben nicht zuletzt infolge der auch vom Kläger nicht in Abrede gestellten Einhaltung der vollen Abstandsflächen mit seiner östlichen Außenwand, die lediglich in einem Teilbereich mit 12 m Länge seinem Grundstück gegenüberliegt, wegen seiner Lage und Größe nicht als rücksichtlos.

1.3 Die unter Hinweis auf Art. 12 BayBO als nicht ausreichend kritisierte Löschwasserversorgung ist im vorliegenden Zusammenhang kein bauordnungsrechtlicher Gesichtspunkt (Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO), der der Nachbarklage gegen die Baugenehmigung zum Erfolg verhelfen könnte.

Brandschutzvorschriften dienen mittelbar auch dem Schutz der Umgebung, damit auch den Interessen der Nachbarn. Die Vorschriften, die das Übergreifen von Feuer auf Nachbargebäude verhindern sollen, werden als nachbarschützend anzusehen sein. Das gilt insbesondere für die Vorschriften über Brandwände als Gebäudeabschlusswände und Öffnungen in diesen Brandwänden (Famers in Molodovsky/ Famers/Waldmann, BayBO, Stand September 2017, Art. 12 Rn. 3; ähnlich Bauer in Jäde u.a., Die neue BayBO, Stand September 2017, Art. 12 Rn. 12: nachbarschützende Wirkung einzelner Vorschriften wie über Brandwände gegenüber Grundstücksgrenzen oder das Einhalten einer Feuerwiderstandsfähigkeit von Bedachungen und eines Abstands von Öffnungen zur Brandwand bei traufseitig aneinander gebauten Gebäuden; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand Oktober 2017, Art. 66 Rn. 279, nennt in diesem Zusammenhang nur die Vorschriften über äußere Brandwände; undifferenziert und zu weit: König in Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 12 Rn. 5; ähnlich pauschal: BayVGH, B.v. 29.10.2004 – 15 ZB 04.1265 – juris Rn. 8).

Nicht nachbarschützend sind die allgemeinen Anforderungen an den Brandschutz in Art. 12 BayBO und alle diejenigen Brandschutzanforderungen, die nur dem Schutz der Bewohner und Benutzer des Gebäudes dienen, wie solche über Rettungswege, notwendige Treppenräume und Umwehrungen (Jäde a.a.O. Art. 66 Rn. 479 m.zahlr.w.N.). Das entspricht der auch in der jüngeren Rechtsprechung einhellig vertretenen Meinung: BayVGH, B.v. 3.9.2015 – 15 ZB 12.2142 – NVwZ-RR 2016, 27 = juris Rn. 18: Kein Nachbarschutz der Anforderungen an innere Brandwände; VG Karlsruhe, U.v. 16.10.2014 – 9 K 3426/13 – juris Rn. 37: Die Vorhaltung einer Feuerwehrfunkanlage oder Vorgaben zur höchstzulässigen Länge des Rettungsweges dienen primär der Abwehr einer erhöhten Brandausdehungsgefahr innerhalb des Bauvorhabens und damit dem Schutz von Leben und Gesundheit der sich dort aufhaltenden Menschen, nicht aber dem Nachbarschutz; OVG LSA, B.v. 19.10.2012 – 2 L 149/11 – NVwZ-RR 2013, 87 = juris Ls 2 und Rn. 21: Nachbarschützender Charakter kommt nur den brandschutzbezogenen Regelungen zu, die auch das Übergreifen von Bränden über das Baugrundstück hinaus auf die Nachbarschaft verhindern sollen; VG Augsburg, U.v. 21.1.2009 – Au 4 K 08.718 – juris Rn. 32: … Demgegenüber kann der Kläger mit Erfolg keine Brandgefahren geltend machen, deren Auswirkungen sich auf das Anlagengelände und die dort Beschäftigten beschränken; OVG Berlin-Bbg, U.v. 14.5.2007 – OVG 11 S. 83.06 – juris Rn. 70: … Demgegenüber kann die Antragstellerin keine Brandgefahren geltend machen, die sich auf das Anlagengelände und die dort Beschäftigten beschränken; OVG Saarl, U.v. 26.1.2006 – 2 R 9/05 – juris Ls 6 und Rn. 59 bis 66: Die Brandschutzanforderungen der LBO sind insoweit nachbarschützend, als sie die Ausbreitung von Feuer über die Grundstücksgrenzen hinaus auf die Nachbargrundstücke verhindern sollen; VGH BW, U.v. 26.2.1992 – 3 S 2947/91 – ZfBR 1992, 247 = juris Ls 1 und Rn. 22: Die Vorschriften über die Errichtung von Brandwänden innerhalb ausgedehnter Gebäude dienen nicht dem Nachbarschutz.

Die Anforderungen an die Vorhaltung von Löschwasser sollen schnelle und wirksame Brandbekämpfungsmaßnahmen vor Ort ermöglichen, sie bezwecken damit den Schutz der auf dem Baugrundstück vorhandenen Anlagen sowie deren Benutzer. Sie dienen grundsätzlich nicht dem Schutz von Nachbargrundstücken und der darauf befindlichen baulichen Anlagen (ebenso: Seidel, Öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Nachbarschutz, Verlag C.H. Beck München, 2000, Rn. 476). Wenn Gebäude mit Aufenthaltsräumen und Feuerstätten – wie hier – mit weit über die Erforderlichkeit äußerer Brandwände (vgl. Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO: 2,50 m gegenüber der Grenze, alternativ mindestens 5 m zu bestehenden oder baurechtlich zulässigen künftigen Gebäuden) hinausgehenden Grenzabständen errichtet werden, hat es mit dem baulichen Brandschutz im Hinblick auf die Nachbargrundstücke sein Bewenden. Vor dem Übergreifen eines Gebäudebrands vonseiten des Baugrundstücks ist der Kläger angesichts der Lage des streitigen Neubauvorhabens ausreichend geschützt; dieses ist auch in seinem grenznächsten Bereich mindestens 11,50 m vom Grundstück des Klägers entfernt.

2. Angesichts des Vorstehenden sind besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache nicht erkennbar.

3. Eine Divergenz wird nicht nach § 124a Abs. 4 Satz 5 VwGO dargelegt. Die allgemeine Kritik an der Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht genügt nicht.

4. Gleiches gilt für die vom Kläger erwähnte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Hier wird keine Frage von grundsätzlicher, über den vorliegenden Einzelfall hinausgehender Bedeutung formuliert, auf deren abstrakte und grundsätzliche höchstrichterliche Klärung es in diesem Rechtstreit ankommen sollte.

5. Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Durch ihre umfassende Stellungnahme im Zulassungsverfahren hat die Beigeladene den Rechtsstreit wesentlich gefördert. Ihre außergerichtlichen Kosten waren daher ausnahmsweise aus Billigkeit der unterliegenden Partei aufzuerlegen.

Streitwert: § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 2 GKG unter Berücksichtigung der Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57).

6. Mit diesem unanfechtbaren (§ 152 Abs. 1 VwGO) Beschluss wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Gründe

A.

1

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

2

Die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 –, NVwZ-RR 2011, 546, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

I.

3

Das Verwaltungsgericht hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass das Gericht auf die Klage oder den Widerspruch des Nachbarn gegen eine Baugenehmigung nicht deren objektive Rechtmäßigkeit, sondern nur zu prüfen hat, ob der Nachbar durch die Baugenehmigung in seinen subjektiven Rechten verletzt ist. Dies setzt voraus, dass die Baugenehmigung gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Eine solche Verletzung nachbarschützender Vorschriften hat das Verwaltungsgericht verneint.

4

Es hat angenommen, das Vorhaben der Beigeladenen, der Umbau einer ehemaligen Fabrikanlage zu einem Wohngebäude, füge sich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein, die durch eine Gemengelage geprägt sei. Zu Gunsten der Kläger greife auch kein Gebietserhaltungsanspruch ein, da ein einheitlich gewerblicher Gebietscharakter schon durch die westlich gelegene Hinterliegerbebauung mit Mehrfamilienhäusern ausgeschlossen sei.

5

Die Kläger könnten sich auch nicht auf bauordnungsrechtliche Belange, insbesondere die Unterschreitung von Abstandsflächen berufen. Letzteres sei schon deshalb fraglich, weil die Änderung eines Gebäude, das den Mindestabstand nicht oder nur knapp einhalte, möglicherweise kein neues Abwehrrecht des Nachbarn begründe.

6

Selbst wenn dies anders zu beurteilen sein sollte, sei das Vorhaben jedenfalls aufgrund der erteilten Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften zulässig. Die für eine solche Abweichung erforderliche atypische Situation ergebe sich hier aus der Entstehungsgeschichte der Grundstücke, ihrer Lage zueinander in einem bebauten Gebiet, aus dem Interesse der Beigeladenen an einer sinnvollen Nutzung der Immobilie und dem Interesse des Denkmalschutzes am Erhalt derselben.

7

Zu berücksichtigen sei, dass die Abstandsflächenproblematik im Kern bereits bei Teilung des ursprünglichen, die Flurstücke der Kläger und der Beigeladenen umfassenden unvermessenen Geländes entstanden sei. Dabei hätten die Kläger bzw. ihre Rechtsvorgänger zu ihren Gunsten im Hinblick auf die Bebauung mit vergleichsweise flachen Lagerhallen recht großzügige Grundstücke und mithin Abstandsflächen erworben. Für das verbleibende Restgrundstück, das mit einer mehrgeschossigen, insgesamt gut 17 m hohen Fabrikanlage bebaut gewesen sei, sei nur noch ein Grundstücksstreifen rund um die Fabrik in einer Breite von 3 m belassen worden. Dies habe zwar unter der – schon damals zweifelhaften – Annahme eines Gewerbegebiets dem notwendigen Mindestmaß einer Abstandsfläche entsprochen. Gleichzeitig sei damals aber schon der Kern gelegt worden für Probleme bei jeder denkbaren Änderung des Gebäudes oder seiner Nutzung.

8

Auch wenn die Einhaltung der Abstandsflächen des umgenutzten Gebäudes im Rahmen des Genehmigungsverfahrens neu zu prüfen seien, sei zu beachten, dass es sich gleichwohl der Kubatur nach um ein Bestandsgebäude handele und keine erheblichen abstandsflächenrelevanten baulichen Veränderungen an der Außenhülle vorgenommen worden seien. Insbesondere die Balkonanlagen fielen unter das Abstandsflächenprivileg des § 6 Abs. 6 BauO LSA. Die nachbarschützenden Aspekte hätten sich hinsichtlich Belichtung, Belüftung und Besonnung durch die bloße Umnutzung nicht verändert. Lediglich ein Abriss hätte eine Verbesserung des Zustands für die Kläger bewirkt. Dies hätten sie aber nicht erwarten können, weil es sich bei dem ehemaligen Fabrikgebäude um ein Baudenkmal handele, dessen Erhalt auch im öffentlichen Interesse liege, das sich nicht notwendig auf dessen Funktion erstrecke.

9

Die Kläger könnten sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass eine mögliche spätere Nutzung ihrer derzeit noch mit Lagerhallen bebauten Grundstücke unzulässig verkürzt werde, weil nunmehr die Abstandsflächen des Gebäudes der Beigeladenen auf ihrem Grundstück zu liegen kämen. Die von der Beklagten zugelassenen Abweichungen hinderten die Kläger nicht an einer baurechtskonformen Ausnutzung ihrer eigenen Grundstücke unter Ausnutzung auch der Flächen, die mit den Abstandsflächen des Vorhabens der Beigeladenen „belastet“ seien.

10

Auch die Befreiung von der Vorschrift des § 29 BauO LSA hinsichtlich des Brandschutzes sei nicht zu beanstanden. Eine Brandwand sei schon deshalb nicht zu fordern, weil der Abstand zwischen der Gebäudeabschlusswand des Gebäudes der Beigeladenen und dem Bestandsgebäude des Klägers zu 1 mehr als die nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 BauO LSA erforderlichen 5 m betrage und eine zukünftige bauliche Veränderung auf dem Flurstück der Kläger zu 1 nicht konkret absehbar sei, jedenfalls aber ein Wegerecht zu beachten hätte, so dass ein Abstand zum Gebäude von 6,50 m gesichert sei.

II.

11

Die vom Kläger hiergegen vorgebrachten Einwände sind nicht geeignet, diese tragenden Erwägungen in Frage zu stellen.

12

1. Dies gilt insbesondere für den Vortrag der Kläger, die nachbarschaftliche Vereinbarung vom 21.12.2006 über die wohnbauliche Nutzung des alten Fabrikgebäudes sei bis zum 30.06.2007 befristet gewesen. Sie legen nicht dar, inwieweit diese Vereinbarung für die Frage, ob die angefochtene Baugenehmigung oder die Abweichungsbescheide dem Schutz der Kläger dienende öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzen, von rechtlicher Bedeutung sein könnte. Dies erhellt sich auch nicht aus dem weiteren Vorbringen der Kläger, die Beigeladene habe nach Ablauf der Geltungsdauer „wider besseres Wissen“ den Bauantrag mit der Vereinbarung eingereicht und sich nicht um eine einvernehmliche Lösung bemüht, sondern Druck ausgeübt, u. a durch Erhebung einer Klage mit dem Ziel, die Errichtung eines Zauns zwischen beiden Grundstücken zu verhindern. Der Vortrag der Kläger, sie hätten in einem Gespräch im Bauordnungsamt der Beklagten Bedenken hinsichtlich der aus ihrer Sicht oberflächlichen Sanierung des ehemaligen Fabrikgebäudes geäußert, lässt ebenfalls nicht erkennen, inwieweit dies für eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften durch die Baugenehmigung von Belang sein könnte.

13

2. Die von den Klägern beanstandeten Baumängel (Nässeschäden, fehlende Rauchabzugsanlagen in den Treppenhäusern, Aufbringen von Kies und Erdreich, keine vertikale Sperrung der Wände) betreffen die tatsächliche Bauausführung und nicht die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung. Zudem ist nicht dargelegt, inwieweit dadurch Nachbarrechte der Kläger verletzt werden. Auch der Einwand der Kläger, beim Bau der Stellplatzanlage sei die Oberkante des Geländes um bis zu 30 cm angehoben worden, so dass es zu nachteiligen Veränderungen beim Abfließen des Regenwassers komme, betrifft die tatsächliche Bauausführung. Die Anordnung der Stellplätze war im Übrigen bereits Gegenstand der Teilbaugenehmigung vom 23.10.2007, die die Kläger nicht angefochten haben.

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3. Die Kläger machen geltend, die Balkonanlagen an der westlichen Gebäudeseite verstießen gegen § 6 BauO LSA, insbesondere fielen sie nicht unter das Abstandsflächenprivileg des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA. Die dafür gegebene Begründung, die Balkonanlagen hielten den Mindestabstand zur Grenze zum Grundstück des Klägers zu 2 von 2 m nicht ein und träten bis zu ca. 1,70 m vor die Gebäudewand, trifft indes nicht zu.

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Gemäß § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA bleiben bei der Berechnung der Abstandsflächen Vorbauten außer Betracht, wenn sie insgesamt nicht mehr als ein Drittel der Breite der jeweiligen Außenwand in Anspruch nehmen, nicht mehr als 1,50 m vor diese Außenwand vortreten und mindestens 2 m von der gegenüberliegenden Nachbargrenze entfernt bleiben. Diesen Vorgaben entsprechen die Balkone an der westlichen Außenwand im betroffenen südlichen Gebäudeteil gegenüber dem Grundstück des Klägers zu 2 (Flurstück 10364). Nach den genehmigten Bauvorlagen, insbesondere den Grundrisszeichnungen (Bl. 107 ff des Verwaltungsvorgangs) und den Ansichtszeichnungen (Bl. 111 des Verwaltungsvorgangs), die nach den darauf befindlichen Zugehörigkeitsvermerken Bestandteile der Baugenehmigung sind, sollen an dieser Außenwand im Erdgeschoss und in den beiden Obergeschossen jeweils zwei Balkone angebracht werden, die eine Breite von 3,10 m haben. Ihre Gesamtbreite von 6,20 m macht weniger als ein Drittel der Gesamtlänge dieser Außenwand von 18,75 m aus. Im Dachgeschoss sollen ein Balkon dieser Breite sowie ein 2,72 m breiter Rettungsbalkon angebracht werden. Entgegen der Annahme der Kläger treten diese Balkone nicht bis zu 1,70 m, sondern jeweils nur 1 m vor die Außenwand und halten, da der Abstand der Außenwand zur westlichen Grundstücksgrenze 3 m beträgt, einen Abstand von 2 m zu dieser Grenze ein.

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Auch der Vortag, die Kubatur des Bauwerks sei u. a. durch die Balkone verändert worden, genügt nicht, um die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat seiner Ansicht, dass es sich um einen Bestandsbau ohne abstandsflächenrelevante bauliche Veränderungen handele, die Annahme zugrunde gelegt, dass die Balkone dem Abstandsflächenprivileg des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA unterfielen. Diese Annahme haben die Kläger allein mit der Begründung angegriffen, die in dieser Vorschrift vorgegebenen Maße seien nicht eingehalten. Dies trifft aber, wie oben bereits ausgeführt, nicht zu.

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4. Die Kläger wenden weiter ein, am Gebäude der Beigeladenen seien – neben der Errichtung von Balkonen – weitere Veränderungen vorgenommen worden. So sei die Klinkerfassade an der westlichen Gebäudeseite mit einem ca. 4 cm dicken Putz versehen worden. Zudem seien Fensteröffnungen zugemauert, verändert oder – wie im Dachgeschoss des südlichen Treppenhauses – neu geschaffen worden. Dies verstoße gegen § 6 BauO LSA. Sie tragen weiter vor, im Dachgeschoss seien die Stahlkonstruktion, vorhandene Rundbögen und Gewölbedecken (teilweise) entfernt bzw. zugebaut worden. Auch sei der Treppenlauf im südlichen Treppenhaus verändert worden. Schließlich sei die Kubatur des Bauwerks auch durch den Abriss der Hallen im Hofbereich sowie der Laderampe erheblich verändert worden. Auch damit ist nicht dargetan, weshalb das Vorhaben unter Berücksichtigung des entsprechenden Abweichungsbescheides vom 06.02.2008 die Kläger in ihren Rechten verletzt.

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Die westliche und die südliche Außenwand des südlichen Gebäudeteils halten die nach § 6 BauO LSA erforderlichen Abstandsflächen unstreitig nicht ein, und zwar unabhängig davon, ob auf diese Wand Putz aufgebracht wurde und die Fensteröffnungen in der dargestellten Form verändert wurden. Deshalb ließ die Beklagte mit den Bescheiden vom 06.02.2008 auf der Grundlage des § 66 Abs. 1 Satz 1 BauO LSA Abweichungen von diesen Vorschriften zu. Die für eine Abweichung erforderliche atypische Situation hat das Verwaltungsgericht u. a. aus der Lage des Baugrundstücks zu den Grundstücken der Kläger, dem Interesse der Beigeladenen an einer sinnvollen Nutzung des früheren Fabrikgebäudes sowie dem öffentlichen Interesse an dessen Erhalt abgeleitet. Dass in einer solchen Konstellation Abweichungen zulässig sein können, haben die Kläger nicht in Frage gestellt. Die Vorinstanz hat ferner wesentlich darauf abgestellt, dass es sich um ein Bestandsgebäude handele, an dem keine erheblichen abstandsflächenrelevanten baulichen Veränderungen an der Außenhülle vorgenommen worden seien. Der Umstand, dass eine Putzschicht aufgebracht wurde und Fensteröffnungen verändert wurden, stellt dies nicht in Frage. Bei der Zulassung der Abweichungen hat sich die Beklagte von der Erwägung leiten lassen, dass sich bezüglich der Funktionen der Abstandsflächen, eine ausreichende Belichtung und Besonnung der sich gegenüberliegenden Gebäude zu gewährleisten, keine nachteiligen Auswirkungen ergeben und auch keine negativen Auswirkungen hinsichtlich des präventiven Brandschutzes zu befürchten seien, weil die Abstände zwischen den vorhandenen Gebäuden mit mehr als 5 m bzw. 11,60 m groß genug seien. Diese Einschätzung greifen die Kläger nicht substantiiert an. Insbesondere ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass das Aufbringen einer ca. 4 cm dicken Putzschicht und die geänderte Anordnung der Fensteröffnungen bauliche Änderungen solcher Art darstellen, dass dadurch spürbare Beeinträchtigungen der nachbarlichen Interessen der Kläger entstehen, die über die vom vorhandenen Fabrikgebäude ausgehenden Beeinträchtigungen hinausgehen. Insbesondere ist damit eine Einbuße an Belichtung, Besonnung und Belüftung ihrer Grundstücke nicht verbunden. Noch weniger ist ersichtlich, dass die Kläger durch Veränderungen im Inneren des Gebäudes oder den Abriss von Gebäuden oder Gebäudeteilen im nördlichen Grundstücksteil und der Laderampe zusätzlichen Beeinträchtigungen ausgesetzt sind. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob diese Änderungen denkmalschutzrechtlich notwendig sind oder nicht.

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5. Die Kläger dringen auch nicht mit dem Einwand durch, das Vorhaben der Beigeladenen stehe in Widerspruch zu § 5 BauO LSA

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5.1. Sie rügen zunächst einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA, weil am Südteil des Gebäudes keine den Anforderungen des § 5 Abs. 2 BauO LSA genügende Zu- oder Durchfahrt für die Feuerwehr vorhanden sei.

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Zweifelhaft ist bereits, ob dieser Vorschrift nachbarschützende Funktion zukommt. Hierzu tragen die Kläger nichts vor. Gegen eine nachbarschützende Wirkung des § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA spricht, dass die darin vorgeschriebene Schaffung einer Zu- oder Durchfahrt für Feuerwehrfahrzeuge zu Gebäuden, bei denen die Oberkante der Brüstung der zur Rettung über Geräte der Feuerwehr bestimmten Fenster oder Stellen mehr als 8 m über Gelände liegt, möglicherweise nur dem Schutz der im Gebäude sich aufhaltenden Menschen dient und nicht – wie bei einer Reihe anderer Vorschriften des vorbeugenden Brandschutzes – auch dazu, die Gefahr der Ausbreitung eines Feuers auf Nachbargrundstücke zu vermindern. Ein nachbarschützender Charakter scheidet bei solchen Vorschriften – insbesondere auch des Brandschutzes – aus, die ersichtlich nur die Bewohner bzw. Benutzer des jeweiligen Gebäudes schützen sollen; nachbarschützender Charakter kommt vielmehr nur den brandschutzbezogenen Regelungen zu, die auch das Übergreifen von Bränden über das Baugrundstück hinaus auf die Nachbarschaft verhindern sollen (vgl. OVG NW, Beschl. v. 29.07.2002 – 7 B 583/02 –, Juris). Andererseits könnte sich ein nachbarschützender Charakter der Vorschrift daraus ergeben, dass bei einer den Brandschutzanforderungen nicht genügenden Zugänglichkeit des Vorhabengrundstücks im Brandfall das Grundstück des Nachbarn in Anspruch genommen werden kann (vgl. SaarlOVG, Urt. v. 26.01.2006 – 2 R 9/05 –, AS RP-SL 33, 227). So sind nach § 26 Abs. 3 des Brandschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (BrSchG LSA) Eigentümer, sonstige Nutzungsberechtigte und Besitzer von Grundstücken verpflichtet, bei Bränden, Unglücksfällen und Notsituationen den Feuerwehren das Betreten und die Benutzung ihrer Grundstücke und Gebäude zur Brandbekämpfung oder Hilfeleistung zu gestatten und die vom Einsatzleiter der Feuerwehr im Zusammenhang mit diesen Arbeiten oder zur Verhütung einer Gefahrenausbreitung angeordneten Maßnahmen zu dulden, soweit dies zur wirkungsvollen Gefahrenabwehr erforderlich ist. Die Frage, ob § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA nachbarschützende Wirkung hat, bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung.

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Jedenfalls lässt sich ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA nicht mit dem Vortrag der Kläger begründen, den darin genannten Anforderungen könne das Vorhaben der Beigeladenen schon deshalb nicht entsprechen, weil die Kläger über ein im Grundbuch eingetragenes unbeschränktes Wegerecht über das Grundstück der Beigeladenen in einer Breite von 3,50 m verfügten. Dieses Wegerecht zugunsten des jeweiligen Eigentümers des mit Kaufvertrag vom 16.10.2003 erworbenen Grundstücks wurde als Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB im Grundbuch eingetragen. Bei Bestellung einer Grunddienstbarkeit bleibt der Eigentümer neben dem Dienstbarkeitsberechtigten grundsätzlich nutzungsberechtigt; er darf nur das Recht des Dienstbarkeitsberechtigten nicht beeinträchtigen. Nur soweit dem Dienstbarkeitsberechtigten im zulässigen Umfang ein ausschließliches Nutzungsrecht ausdrücklich eingeräumt wurde, ist der Eigentümer von der Mitbenutzung ausgeschlossen (vgl. hierzu Grziwotz, in: Erman, BGB, 13. Aufl. § 1018 RdNr. 15). Letzteres ist hier nicht der Fall. Vielmehr ist in § 6 Nr. 3 des Grundstückskaufvertrags vom 16.10.2003 bestimmt, dass der Eigentümer des dienenden Grundstücks berechtigt ist, die Wegefläche mitzunutzen. Besteht aber ein solches Mitbenutzungsrecht, kann die Zufahrt im Brandfall durch Feuerwehrfahrzeuge ohne zusätzliche Beeinträchtigung der Rechte der Kläger genutzt werden.

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5.2. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand, „direkt vor dem Tor“ zum Grundstück des Klägers zu 2 sei eine Aufstellfläche für Feuerwehrfahrzeuge vorgesehen, so dass im Brandfall ein Verlassen des Grundstücks unmöglich sei.

24

Die Kläger legen auch insoweit nicht dar, welche nachbarschützende Vorschrift durch die genehmigte Anordnung von Aufstell- und Bewegungsflächen für Hubrettungsfahrzeuge verletzt sein soll. Die insoweit maßgebliche Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA bestimmt lediglich, dass Aufstell- und Bewegungsflächen für Hubrettungsfahrzeuge vorzusehen sind, wenn deren Einsatz für die Personenrettung erforderlich ist. Vorgaben, wo auf dem Baugrundstück oder gar in welchem Abstand zum Nachbargrundstück diese Flächen anzuordnen sind, enthält § 5 BauO LSA nicht. Unabhängig davon ist nicht ersichtlich, weshalb ein Verlassen des Grundstücks des Klägers zu 2 (Flurstück 10364) über das Flurstück 10367 nicht möglich sein soll.

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5.3. Nicht stichhaltig ist auch der Einwand der Kläger, bei einer Feuerwehrübung habe sich gezeigt, dass sich die „Bewegungsflächen“ der Drehleiter in unzulässiger Weise auf dem Luftraum über seinem Grundstück befinden. Ungeachtet der Frage, ob § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA nachbarschützende Wirkung hat, ist nicht erkennbar, dass diese Vorschrift dadurch verletzt sein kann, dass bei der nach den genehmigten Bauvorlagen vorgesehenen Anordnung der Aufstell- und Bewegungsflächen im Brandfall oder bei Feuerwehrübungen die ausgefahrene Drehleiter eines Hubrettungsfahrzeugs die in § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA vorgeschriebene Bewegungsfläche § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA im Luftraum überschreitet. Mit „Bewegungsfläche“ in § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA ist nicht die (kreisförmige) Fläche gemeint, über der sich die ausgefahrene Drehleiter eines Hubrettungsfahrzeugs bewegen kann. Vielmehr ist dies die Fläche, die benötigt wird, damit das Fahrzeug im Brandfall zum Einsatz gebracht werden kann. Mit der Verpflichtung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA, für Hubrettungsfahrzeuge Aufstell- und Bewegungsflächen vorzusehen, wenn deren Einsatz für die Personenrettung erforderlich ist, soll gesichert werden, dass an dem Gebäude ausreichend Platz vorhanden ist, damit das Hubrettungsfahrzeug zum Einsatz gebracht werden kann (vgl. Jäde, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 5 RdNr. 24). Dies ergibt sich auch aus der lfd. Nr. 7.4 der Liste der technischen Baubestimmungen (Fassung März 2006), Anhang C (MBl LSA 2010 S. 213 [256]), wonach Bewegungsflächen für jedes Fahrzeug mindestens 7 m x 12 m groß sein müssen.

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6. Die Kläger bemängeln weiter, der Umstand, dass auf die an der Grundstücksgrenze liegende Gebäudewand des Treppenhauses am südlichen Gebäudeteil neuer Putz aufgebracht worden sei, habe eine unzulässige Überbauung auf das Grundstück des Klägers zu 1 zur Folge. Dies könne auch nicht durch die Gewährung einer Abweichung genehmigt werden. Auch damit können die Kläger nicht durchdringen. Nach den genehmigten Bauvorlagen liegt schon kein Überbau vor; vielmehr befindet sich die südliche Außenwand des Treppenhauses auf der Grenze zum Grundstück des Klägers zu 1 (Flurstück 10367). Soweit mit der Aufbringung eines Putzes die Grenze um wenige Zentimeter überbaut werden sollte, betrifft dies nur die tatsächliche Bauausführung und nicht die Rechtsmäßigkeit der Baugenehmigung. Im Übrigen wäre zweifelhaft, ob mit einem Überbau die Verletzung eigener Rechte durch die Baugenehmigung schlüssig begründet werden kann. Die Zulässigkeit eines Überbaus richtet sich nach zivilrechtlichen Vorschriften (§ 912 BGB). Gemäß § 71 Abs. 1 BauO LSA wird in einem Baugenehmigungsverfahren aber nur die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften geprüft, und gemäß § 71 Abs. 4 BauO LSA wird die Baugenehmigung unbeschadet der Rechte Dritter erteilt. Dies bedeutet, dass die Baugenehmigung Privatrechtliches überhaupt nicht im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG „regelt" mit der Folge, dass selbst eine Baugenehmigung, deren Bauzeichnungen einen Überbau auf fremdes Privateigentum aufweisen, über die Zulässigkeit dieses Überbaus überhaupt keine Regelung im Rechtssinn treffen dürfte (VGH BW, Urt. v. 04.03.1996 – 5 S 1798/95 –, NJW 1996, 3429; BayVGH, Beschl. v. 16.08.2010 – 2 ZB 10.134 – Juris; vgl. auch Beschl. d. Senats v. 23.04.2010 – 2 L 148/09 –, Juris, RdNr. 5).

27

7. Zu Unrecht rügen die Kläger, die Änderung der Nutzungsart führe zu einer verminderten Bebaubarkeit ihrer Grundstücke, weil sich mit ihr die für Industriegebiete geltende Tiefe der Abstandsfläche von 0,2 H auf 0,4 H erhöht habe. Die Frage, ob das Gebäude der Beigeladenen gewerblich oder nicht gewerblich genutzt wird, war und ist für die Tiefe der Abstandsflächen unerheblich. Anderes folgt auch nicht aus § 6 Abs. 5 Satz 2 BauO LSA, der bestimmt, dass in Gewerbe- und Industriegebieten – abweichend von der Grundregel des § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO LSA – eine Tiefe der Abstandsflächen von 0,2 H, mindestens, 3 m genügt. Bei Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 2 BauO LSA kommt es allein auf den jeweiligen Charakter des Baugebiets und nicht auf die Nutzung einzelner Gebäude an (Beschl. d. Senats v. 19.10.2011 – 2 M 129/11 –, NVwZ-RR 2012, 137, m.w.N.). Ergibt die planungsrechtliche Analyse für den unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB, dass der betrachtete Bereich keinem der in der BauNVO beschriebenen Baugebiete entspricht, also § 34 Abs. 1 BauGB zugrunde zu legen ist, bleibt es bei der Grundregel des § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO LSA; die konkrete Nutzung der Gebäude kann auch in sog. Gemengelagen nicht herangezogen werden (vgl. Dirnberger, in Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 6 RdNr. 146, m.w.N.). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die die Kläger nicht angegriffen haben, ist die Umgebung des Baugrundstücks als sog. Gemengelage zu charakterisieren (vgl. hierzu Urt. d. Senats v. 14.11.2006 – 2 L 504/02 –, Juris), die im nördlichen Teil des Gebiets einen eindeutigen Schwerpunkt in der Wohnbebauung aufweise.

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8. Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, dass entgegen § 8 BauO LSA kein ausreichend großer Spielplatz angelegt werde oder in der näheren Umgebung vorhanden sei; denn diese Regelung ist nicht nachbarschützend. Wird einem Bauherrn abweichend von dieser Vorschrift die Errichtung eines Kinderspielplatzes nicht abverlangt, werden die Nachbarn nicht in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt. Dies folgt bereits daraus, dass ein Kinderspielplatz nur den Kindern zugute kommen soll, die auf dem Baugrundstück wohnen (Dirnberger, in Jäde/Dirnberger, a.a.O., § 8 RdNr. 10).

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9. Ohne Erfolg wenden die Kläger ein, das Treppenhaus an der Südseite des Gebäudes sei ein eigenständiger Gebäudeteil, der nachträglich an das Hauptgebäude angebaut worden sei, so dass dessen Erhaltung denkmalrechtlich nicht geboten sei. Unabhängig davon, dass die Kläger keine konkreten Anhaltspunkte für eine nachträgliche Errichtung des Treppenhauses dargelegt haben, hat das Verwaltungsgericht das Interesse am Erhalt des Denkmals lediglich als einen von mehreren Gesichtspunkten angeführt, die die Gewährung einer Abweichung rechtfertigen. Es hat insbesondere auch das Interesse der Beigeladenen an einer sinnvollen Nutzung des Gesamtgebäudes als weiteren Grund angeführt. Der Umstand, dass das Treppenhaus nach den genehmigten Bauvorlagen Teil des ersten Rettungsweges für einen Teil der Nutzungseinheiten im 1. und 2. Obergeschoss ist, spricht dafür, dass es für eine sinnvolle Nutzung des bestehenden Gebäudes erforderlich ist.

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10. Der Vortrag der Kläger, das Vorhaben der Beigeladenen entspreche nicht den Anforderungen des § 12 Abs. 1 BauO LSA an die Standsicherheit baulicher Anlagen, weil es zwischen dem Hauptgebäude und dem Treppenhaus bereits Risse gegeben habe und die beiden Gebäude(-teile) nur mit Zugankern verbunden seien, bleibt unsubstantiiert. Insbesondere ist nicht dargelegt, weshalb eine ausreichende Standsicherheit zulässigerweise nur ohne Zuganker hergestellt werden darf.

31

11. Die Kläger bemängeln auch ohne Erfolg eine Verletzung der brandschutzrechtlichen Vorschriften der §§ 14, 29 BauO LSA.

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11.1. Soweit sie vortragen, eine effektive Rettung von Menschen und Tieren im südlichen Gebäudeteil sei nicht möglich, ist nicht ersichtlich, inwieweit sie dadurch in ihren Nachbarrechten verletzt sein können.

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11.2. Der Vortrag der Kläger, durch die Fenster im Treppenhaus an der Südseite werde der vorbeugende Brandschutz verletzt, weil der Kläger zu 1 in diesem Bereich zukünftig Gebäude errichten könne, die sich auch auf der Grundstücksgrenze befinden könnten, ist unsubstantiiert. Gleiches gilt für den Einwand, es dürfte zu erheblichen nachbarlichen Spannungen kommen, weil den Klägern das Recht zustehen dürfte, ebenfalls ohne Einhaltung der Abstandsflächen zu bauen. Die Kläger legen schon nicht dar, woraus sich ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung neuer Gebäude oder den Anbau an bestehende Gebäude ohne Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen ergeben soll. Allein der Umstand, dass die Beigeladene das vorhandene Gebäude gemäß der erteilten Baugenehmigung verändern darf, dürfte hierfür nicht genügen. Richtig ist zwar, dass ein Grundstücksnachbar Abwehrrechte gegen die Verletzung abstandsflächenrechtlicher Vorschriften durch ein Bauvorhaben grundsätzlich insoweit nicht geltend machen kann, als die Bebauung auf seinem Grundstück gegenüber dem Nachbargrundstück in vergleichbarem Umfang die nach dem geltenden Recht erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält (vgl. Beschl. d. Senats v. 24.01.2012 – 2 M 157/11 –, Juris, m.w.N). Dies kann jedoch anders zu beurteilen sein, wenn der Bau des Nachbarn früherem (Abstandsflächen-)Recht entsprach und genehmigt wurde; in einem solchen Fall kann er sich u. U. auch dann auf die Einhaltung des nach neuem Recht gültigen Grenzabstands berufen, wenn er diesen jetzt im Verhältnis zum Nachbargrundstück nicht (mehr) einhält (vgl. Beschl. d. Senats v. 30.11.2000 – 2 M 319/00 –, Juris; Urt. v. 16.03.2000 – A 2 S 62/98 –, Juris). Im vorliegenden Fall spricht Überwiegendes jedenfalls dafür, dass die vorhandenen Gebäude auf den Grundstücken der Beigeladenen im Zeitpunkt ihrer Genehmigung und Errichtung früherem Abstandsflächenrecht entsprachen. Dies sehen offenbar auch die Kläger so (vgl. Nr. 22 der Zulassungsbegründung). Die im Hinblick auf die Abstandsflächen problematische Situation entstand hier erst durch die insoweit „verunglückte“ Grundstücksteilung, die ohne Rücksicht auf die Abstandsflächen durchgeführt wurde, die von den vorhandenen Gebäuden erzeugt werden. Im Übrigen hat der Umstand, dass ein Nachbar eine Verletzung von nachbarschützenden Vorschriften nach Treu und Glauben gegenüber dem Bauherrn nicht mehr geltend machen kann, nicht ohne weiteres zur Folge, dass die Baugenehmigungsbehörde ein Vorhaben, das dem geltenden Abstandsflächenrecht widerspricht, genehmigen muss. Nach alldem kann auch offen bleiben, ob – wie die Kläger weiter vortragen – das ihnen eingeräumte Wegerecht einer zukünftigen Bebauung ihrer Grundstücke nicht entgegensteht.

34

11.3. Zu Unrecht monieren die Kläger, die Luftbilder von „google“ ließen erkennen, dass die Brandwände entgegen § 29 Abs. 5 BauO LSA nicht 0,3 m über die Bedachung geführt oder in Höhe der Dachhaut mit einer beiderseits 0,5 m auskragenden feuerbeständigen Platte aus nicht brennbaren Stoffen abgeschlossen würden. Nach Nr. 8 des Brandschutzkonzepts vom 28.05.2007, das nach dem entsprechenden Zugehörigkeitsvermerk Bestandteil der Baugenehmigung ist, werden Gebäudeabschluss- oder Trennwände, die als Brandwände einzustufen sind, mindesten 30 cm über die Bedachung geführt oder nach den weiteren Festsetzungen des § 29 Abs. 5 BauO LSA ausgeführt. Nach den ebenfalls Bestandteil der Baugenehmigung bildenden Ansichtszeichnungen (Bl. 66 und 119 des Verwaltungsvorgangs) werden die Gebäudeabschlusswände des Hauptgebäudes, die gemäß § 29 Abs. 2 Nr. 1 BauO LSA als Brandwände auszuführen sind, ca. 0,4 m über die Dachhaut geführt. Zudem enthalten sowohl die Teilbaugenehmigung vom 23.10.2007 als auch die angefochtene Baugenehmigung vom 11.02.2008 jeweils die Auflage (Nr. 2.1.4 bzw. Nr. 1.1), dass das Brandschutzkonzept vom 28.05.2007 einschließlich der Maßnahmen zur brandschutztechnischen Ertüchtigung einzuhalten und umzusetzen ist. Hinsichtlich des an die südliche Grundstücksgrenze gebauten Treppenturms erteilte die Beklagte mit dem Bescheid vom 06.02.2008 (Az: …) auch eine Abweichung von der Vorschrift des § 29 Abs. 2 Nr. 1 BauO LSA mit der Begründung, hinsichtlich des präventiven Brandschutzes seien wegen der fehlenden Ausbildung der Außenwand des Turms keine negativen Auswirkungen zu befürchten, weil der Abstand zwischen dem Turm und dem Lagerhaus auf dem Grundstück des Klägers zu 1 mindestens 11,60 m betrage, so dass kein Brandüberschlag möglich sei. Die Vorschriften über die Ausbildung einer inneren Brandwand bei ausgedehnten Gebäuden (§ 29 Abs. 2 Nr. 2 BauO LSA) dienen nicht dem Nachbarschutz; denn sie bezwecken die Abwehr einer erhöhten Brandausdehnungsgefahr innerhalb des Gebäudes und damit dem Schutz von Leben und Gesundheit der sich dort aufhaltenden Menschen, nicht aber auch den Schutz der Nachbarn (vgl. VGH BW, Urt. v. 26.02.1992 – 3 S 2947/91 –, Juris). Im Übrigen enthält die Teilbaugenehmigung vom 23.10.2007 die Auflage Nr. 2.1.5, nach der (auch) die Brandwand zwischen Gebäudeteil 1 und 2 entsprechend § 29 BauO LSA auszubilden ist. Unerheblich ist ob, die vorgeschriebene Bauausführung in – möglicherweise nicht mehr aktuellen – Luftbildern von „google-earth“ zu erkennen ist.

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12. Die Kläger können eine mögliche Verletzung der Bestimmungen über den zweiten Rettungsweg (§ 32 Abs. 3 BauO LSA), notwendige Treppenhäuser (§ 34 Abs. 8 BauO LSA), Umwehrungen (§ 37 BauO LSA), Aufzüge (§ 38 BauO LSA) sowie barrierefreies Bauen (§ 49 BauO LSA) nicht mit Erfolg rügen. Diese Vorschriften dienen ersichtlich nur dem Schutz der Bewohner bzw. Benutzer des jeweiligen Gebäudes und nicht auch des Nachbarn (vgl. zu den Anforderungen an die Rettungswege: OVG NW, Beschl. v. 29.07.2002, a.a.O.). Im Übrigen ist nicht dargelegt, dass eine diesen Vorschriften möglicherweise widersprechende Bauausführung in der angefochtenen Baugenehmigung zugelassen wurde.

36

13. Auch der Einwand der Kläger, bei der Grundstücksteilung sei man entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts von einer weiteren gewerblichen Nutzung ausgegangen, so dass die Abstandsflächenproblematik nicht zur Diskussion gestanden habe, erweist sich als nicht stichhaltig. Soweit ersichtlich, wollen die Kläger mit diesem Einwand die Annahme des Verwaltungsgerichts in Zweifel ziehen, die für eine Abweichung erforderliche atypische Grundstückssituation ergebe sich hier u. a. aus der im Jahr 2003 vorgenommenen Grundstücksteilung, die in der zweifelhaften Annahme erfolgt sei, dass das Restgrundstück in einem Gewerbegebiet liege, die aber wegen des geringen Abstands der ehemaligen Fabrikgebäude zur neu gebildeten Grundstücksgrenze § 7 BauO LSA nicht entsprochen habe. Die Frage, ob das Gebäude der Beigeladenen gewerblich oder nicht gewerblich genutzt wird, war und ist jedoch für die Tiefe der Abstandsflächen unerheblich (siehe oben 7.). Die möglicherweise irrige Annahme des Rechtsvorgängers der Beigeladenen in Bezug auf die Einschätzung des Gebietscharakters und die daraus folgende Tiefe der Abstandsfläche vermag an der vom Verwaltungsgericht beschriebenen atypischen Situation nichts zu ändern.

37

14. Schließlich können die Kläger auch nicht mit dem Einwand durchdringen, durch die Änderung der Nutzung komme es zu einer wesentlichen Erhöhung des Fahrzeugverkehrs auf dem Grundstück der Beigeladenen und somit zu einer Beeinträchtigung des ihnen eingeräumten Wegerechts. Unabhängig davon, dass in einem Baugenehmigungsverfahren nur die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften geprüft und gemäß § 71 Abs. 4 BauO LSA die Baugenehmigung unbeschadet der Rechte Dritter erteilt wird, ist nichts Konkretes für eine solche Beeinträchtigung vorgetragen. Insbesondere ist nicht dargetan, dass den Klägern durch die Nutzung der Zufahrt zu den Stellplätzen im Hofbereich die Nutzung der Zufahrt zu ihrem Grundstück erschwert wird.

B.

38

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat stellt bei der von ihm nach § 162 Abs. 3 VwGO zu treffenden Billigkeitsentscheidung in ständiger Rechtsprechung in erster Linie auf die Stellung des Beigeladenen in dem zur Entscheidung anstehenden Interessenskonflikt ab (vgl. Beschl. v. 07.10.1996 – A 2 S 397/96; auch BVerwG, Urt. v. 23.05.1962 – BVerwG V C 62.61 –, BVerwGE 14, 171). Er hält daher die Kosten des notwendig beigeladenen Bauherrn, unabhängig davon, ob er einen Antrag gestellt hat, in der Regel für erstattungsfähig, weil er ohne sein Zutun mit einem solchen Verfahren überzogen wird (vgl. Beschl. v. 07.10.1996, a. a. O.).

C.

39

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327, 1329).


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
Die Beigeladene ist Eigentümerin der zwischen der N...- und der N... Straße liegenden Grundstücke FIst.-Nr. 18270, 18271, 18277, 18283 und 18284 sowie des südlich der N... Straße gelegenen Grundstücks FIst.-Nr. 18288, Gemarkung D..., in ... K... Die Baugrundstücke liegen im Geltungsbereich des seit dem 15.02.2008 rechtsverbindlichen Bebauungsplanes „D... / R..." der Gemeinde K..., der den Bereich des Bauvorhabens als Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO ausweist. Die Klägerin ist Eigentümerin des im Plangebiet liegenden gewerblich genutzten Grundstücks FIst.-Nr. 18268.
Die Beigeladene beantragte unter dem 03.08.2012 eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Produktionsgebäudes für „leichte Fertigung“ nebst Stellplätzen, einem Versorgungsgebäude für Wohnmobile sowie einer Hausmeisterwohnung. Von der Realisierung zunächst geplanter weiterer Wohneinheiten und Schulungsräume nahm die Beigeladene in der Folgezeit Abstand. Sie teilte im Genehmigungsverfahren mit, bei der Firma ... GmbH, für die und mit der das zur Genehmigung gestellte Vorhaben entwickelt werde, handle es sich um ein Unternehmen, welches unter anderem im Bereich Entwicklung, Produktion und Vertrieb vollautomatischer Satelliten- und Solaranlagen tätig sei. Die Stellplätze mit Sanitärgebäude würden für die Kunden der Firma geplant, die aus dem ganzen Bundesgebiet und dem europäischen Ausland anreisten. Für die Dauer des Aufenthalts wolle man einen Parkplatz zur Verfügung stellen, um ein Parken auf öffentlichen Flächen zu vermeiden. Das Sanitärgebäude werde zur ordentlichen Ver- und Entsorgung benötigt. Der Platz werde vollständig eingezäunt und der Zutritt über die ... GmbH geregelt. Auch die Firma ... GmbH verfüge über mehrere Wohnmobile bzw. Wohnwagen, die mit den Produkten des Unternehmens ausgestattet seien und auf Messen zu Demonstrationszwecken eingesetzt würden. Die geplante Wohnung sei für den Hausmeister vorgesehen.
Gegen das Bauvorhaben wandte die Klägerin mit Schreiben vom 18.09.2012 ein, es sei untragbar, dass gegenüber ihrem Grundstück auf dem Flst.-Nr. 18288 ein Campingplatz mit sanitären Einrichtungen entstehen solle. Vergnügungseinrichtungen seien im Gewerbegebiet nicht zulässig und sie fühle sich durch an- und abfahrende Campingmobile, in denen auch gewohnt werde, stark beeinträchtigt.
Unter dem 17.01.2013 teilte die Beigeladene dem Landratsamt Enzkreis (im Folgenden: Landratsamt) mit, die Firma ... GmbH werde auf dem Kundenparkplatz eine freistehende, nicht eingehauste Strom- und Wasserversorgung für die Campingfahrzeuge der Kunden installieren. Der Parkplatz auf dem Grundstück Flst.-Nr. 18288 werde ausschließlich Kunden der Firma für die Dauer der Servicearbeiten an den Wohnmobilen zur Verfügung gestellt. Nach längstens zwei Übernachtungen - so lange dauerten die Servicearbeiten maximal - müsse der Kunde den Parkplatz verlassen. Die Benutzung des Platzes werde durch eine Platzordnung geregelt.
Die Klägerin führte unter dem 05.10.2012 sowie unter dem 24.01.2013 aus, das Bauvorhaben sei wegen der Nichtigkeit des Bebauungsplanes nicht genehmigungsfähig, da die Regelung im Bebauungsplan unter Ziffer 1.1 der planungsrechtlichen Festsetzungen zu unbestimmt sei, wonach Einzelhandel mit innenstadtrelevanten Sortimenten nicht zulässig sei. Auch die Regelungen zum Emissions- und Immissionsverhalten unter Ziffer 1.1 der planungsrechtlichen Festsetzungen seien nichtig. Demnach befinde sich das Bauvorhaben im Außenbereich und sei damit unzulässig, da es weder ein privilegiertes Vorhaben noch ein sonstiges Vorhaben darstelle. Abgesehen davon könne das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen, da offen sei, ob und inwieweit durch Lärm Einwirkungen auf Nachbarn zu erwarten seien. Auch nach § 34 Abs. 2 BauGB sei das Vorhaben nicht genehmigungsfähig. Die allgemeine Wohnnutzung im Obergeschoss der Fahrzeughalle sei weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig und mit dem Gebietsartgewährleistungsanspruch nicht zu vereinbaren. Bei der Campingnutzung handle es sich weder um eine ausnahmsweise noch allgemein zulässige Nutzung, insbesondere nicht um eine Nebeneinrichtung zu einem Gewerbebetrieb. Die Campingnutzung sei des Weiteren unzulässig, da sie als ruhebedürftige Nutzung unzumutbaren Belästigungen oder Störungen durch die Gewerbebetriebe im Gewerbegebiet ausgesetzt sei. Das zur Genehmigung gestellte Vorhaben sei zu unbestimmt, da offen sei, was „leichte Fertigung“ bedeute. Es sei nicht ersichtlich, wieso gerade ein Hausmeister auf den Baugrundstücken wohnen müsse oder nach der Organisation der Betriebsabläufe aus betrieblichen Gründen sein dortiges Wohnen objektiv sinnvoll sei. Der Brandschutz, der auch ihrem Schutz diene, sei unzureichend. So könne unter anderem keine Abweichung von der höchstzulässigen Länge des Rettungsweges von 35 m zugelassen werden. Ebenso wenig sei gewährleistet, dass ein ausreichender Löschwasserbedarf über einen Zeitraum von zwei Stunden von mindestens 96 m³/h gemäß Ziffer 5.1 der Industriebaurichtlinie sichergestellt sei.
Das Landratsamt erteilte der Beigeladenen mit Bescheid vom 10.04.2013 eine Baugenehmigung für den Neubau eines Produktionsgebäudes für leichte Fertigung und für einen Parkplatz für Wohnmobile. Des Weiteren erteilte sie nach § 31 Abs. 2 BauGB eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans wegen Überschreitung der Baugrenze mit dem Nebengebäude und eine Ausnahme nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO für die Betriebswohnung.
Mit Schreiben gleichen Datums wies das Landratsamt die Einwendungen der Klägerin mit der Begründung zurück, die im Obergeschoss des Nebengebäudes genehmigte Wohnung für den Hausmeister sei zulässig. Es handle sich um eine Wohnung für eine Aufsichts- bzw. Bereitschaftsperson, die dem genehmigten Betrieb zugeordnet sei. Die Wohnung sei in Grundfläche und Bauvolumen dem Betrieb untergeordnet. Die Art des Baugebiets bleibe somit erhalten. Die Nutzung des Grundstücks FIst.-Nr. 18288 erfolge nicht als Campingplatz, sondern sei als Kundenparkplatz bestimmt und genehmigt, auf dem nur Kunden des Gewerbebetriebes ihre Wohnmobile für die Dauer der Servicearbeiten abstellen könnten. Eine Übernachtungsmöglichkeit auf dem Platz bestehe nur für die Dauer der Servicearbeiten, längstens für zwei Nächte. Der Platz sei eingezäunt; der Zutritt werde von der Firma ... geregelt. Es sei eine nicht eingehauste Strom- und Wasserversorgung für die Wohnmobile vorhanden. Die geplante Sanitäranlage sei für einen längeren Aufenthalt auf dem Platz weder vorgesehen noch geeignet. Der Aufenthalt der Kunden auf dem Parkplatz diene nicht der freizeitlichen Erholung, sondern sei ausschließlich erforderlich, weil die Montage der in Rede stehenden Satellitenanlagen nicht an einem Tag bewerkstelligt werden könne.
Auf den Widerspruch der Klägerin bezeichnete das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2013 den Gegenstand der Baugenehmigung zur Klarstellung wie folgt: „Neubau eines Betriebsgebäudes für die Entwicklung, Produktion, Vertrieb und Montage vollautomatischer bzw. elektromechanischer mobiler Satellitensysteme für die Reisemobilbranche und Solaranlagen, sowie Errichtung einer betriebsbezogenen Wohnung (Hausmeisterwohnung) im Obergeschoss des Nebengebäudes und Herstellung eines Kundenparkplatzes für Wohnmobile“. Den Widerspruch wies es als unbegründet zurück. Nach den Festsetzungen des Bebauungsplans seien der Parkplatz für Wohnmobile und die für den Hausmeister bestimmte Wohnung zulässig. Insbesondere liege ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht vor. Unter dem Begriff „Camping“ werde eine mittlerweile komfortable Freizeitwohnform verstanden, die der Erholung im Freien diene. Der genehmigte Parkplatz für Wohnmobile sei hingegen nicht dafür bestimmt, den Besuchern ein zum Zweck der Erholung im Freien geführtes Leben auf diesem Platz zu ermöglichen. Der Parkplatz entspreche nicht den Anforderungen der Campingplatzverordnung. Dazu gehörten unter anderem Waschanlagen, Abortanlagen, Einrichtungen zum Geschirr- und Wäschesäubern, Trinkwasserzapfstellen sowie Abwasser- und Abfallbeseitigungseinrichtungen in bestimmter Zahl, Größe und Ausstattung. Die betriebsbezogene Wohnung des Hausmeisters sei dem Gewerbebetrieb in Grundfläche und Bauvolumen untergeordnet. Die Art der baulichen Nutzung als Gewerbegebiet werde durch die genehmigte Hausmeisterwohnung nicht berührt, insbesondere widerspreche sie nicht der Eigenart des Gewerbegebiets. Zur Klarstellung sei der Gegenstand der Baugenehmigung durch den Widerspruchsbescheid näher beschrieben und dem Bestimmtheitsgebot Rechnung getragen worden. Weitere Auflagen im Hinblick auf den vorbeugenden Brandschutz seien zurzeit nicht erforderlich. Dies gelte auch im Hinblick auf den Nachbarschutz, zumal das Grundstück der Klägerin nicht unmittelbar an die Baugrundstücke angrenze. Selbst wenn man den Bebauungsplan für unwirksam erachte, bleibe der Widerspruch ohne Erfolg, da vor dem Hintergrund der dann einschlägigen §§ 34 bzw. 35 BauGB das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt werde.
10 
Die Klägerin hat am 25.11.2013 Klage erhoben.
11 
Auf den Änderungsbauantrag der Beigeladenen, mit dem unter anderem der ersatzlose Wegfall der sog. Hausmeisterwohnung und eine Verschiebung der baulichen Anlagen in östlicher Richtung um 6,05 m einhergeht, hat das Landratsamt der Beigeladenen mit Bescheid vom 05.08.2014 eine „Nachtragsgenehmigung“ erteilt.
12 
Im Klageverfahren macht die Klägerin in Ergänzung zu ihrem bisherigen Vortrag geltend, die für das Flst.-Nr. 18288 mit den Stellplätzen und dem Technikgebäude zur Genehmigung gestellte Nutzung entspreche einer Campingplatznutzung, die in einem Gewerbegebiet unzulässig sei. Sowohl die vorgesehene Wohnnutzung als auch die „Campingplatznutzung“ seien übermäßigen gewerblichen Immissionen aus der Umgebungsbebauung und der möglichen intensiveren gewerblichen Nutzung ihres Grundstücks ausgesetzt. Durch die Geräuschemissionen des Bauvorhabens wirkten unzulässige, übermäßige Geräuschimmissionen auf ihr Grundstück ein; durch den mit der Tiefgarage verbundenen Zu- und Ausfahrtsverkehr (Bremsenquietschen, Motoraufheulen beim Beschleunigen, Reifenquietschen), den Besucher- und Kundenparkplatz mit acht Stellplätzen, den 48 Stellplätze umfassenden Mitarbeiterparkplatz, den Camperparkplatz, Fahrbewegungen auf dem Betriebsgrundstück, den Lieferverkehr, die Klimaanlage und die Handhubwagenfahrten würden Emissionen erzeugt, die zur Überschreitung der einschlägigen Immissionsrichtwerte auf ihrem Grundstück führen würden. Dem stehe auch die Geräuschimmissionsprognose vom Februar 2013 nicht entgegen, da sie nicht auf den Genehmigungsunterlagen beruhe. Des Weiteren beleuchte die Geräuschimmissionsprognose nicht die besonders emissions- und immissionsträchtigen Maschinen wie beispielsweise die Druckluftanlage und den Schraubenkompressor, die insbesondere auch tagsüber bei geöffnetem Fenster erhebliche Immissionen verursachten. Darüber hinaus verstoße das Bauvorhaben auch gegen die Anforderungen des § 18 Abs. 2 LBO 2010 i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 LBOAVO 2010. Denn die Flure 1 und 2 im Erdgeschoss zwischen den Treppenräumen und den Ausgängen ins Freie seien Räume zwischen den Treppenräumen und dem Ausgang ins Freie und wiesen Türöffnungen zu anderen Räumen auf. Dieser Verstoß sei auch nicht durch die erteilte Abweichung „geheilt“. Abgesehen davon sei die vom Brandschutzsachverständigen angedeutete Anordnung einer Feuerwehrfunkanlage unerlässlich. Ein bestehender Abstand des Bauvorhabens zur ihrer Bebauung könne ihr nicht entgegengehalten werden, da in dem Industriebau erhebliche Brandlasten vorhanden seien, die auch ihre Bebauung gefährden könnten.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
den Bescheid des Landratsamts Enzkreis vom 10.04.2013 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 18.10.2013 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Zur Begründung trägt er vor, in einem Gewerbegebiet seien Stellplätze, Liefer- und Kundenverkehr allgemein üblich. Dass dadurch die für ein Gewerbegebiet geltenden Lärmrichtwerte im vorliegenden Fall überschritten würden, habe die Klägerin nicht belegt. Warum die vorliegende Immissionsprognose nicht auf den Genehmigungsunterlagen basieren solle, sei nicht nachvollziehbar. Vom Grundstück der Klägerin gingen nachts keine erheblichen Emissionen aus, da sie - entsprechend ihrer Baugenehmigung - lediglich über eine Betriebszeit zwischen 6 Uhr und 22 Uhr verfüge. Hinsichtlich des geltend gemachten Verstoßes gegen Brandschutzbestimmungen sei anzumerken, dass die Rettungsweglänge und interne Öffnungen zwischen Räumen nicht auf nachbarschützenden Vorschriften beruhten. Im Übrigen handle es sich bei dem Kundenstellplatz für Wohnmobile nicht um einen Campingplatz, der nach seiner Art der Nutzung nur in einem Sondergebiet zulässig sei. Der Platz sei nur in Zusammenhang mit firmenbezogenen Servicearbeiten nutzbar. Sehenswürdigkeiten oder Erholungsmöglichkeiten biete das interkommunale Gewerbegebiet von D.../B... nicht.
18 
Die Beigeladene beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Sie führt aus, die genehmigte „Hausmeisterwohnung“ ordne sich ausweislich des Bauantrags und der erteilten Baugenehmigung sowohl nach Grundfläche als auch dem Erscheinungsbild nach dem Gewerbebetrieb unter. Die Wohnung im 1. OG diene als „Hausmeisterwohnung“ der Sicherung und Überwachung des Gewerbebetriebs. Auf dem Gelände sollten hochwertige, marktführende Produkte hergestellt werden. Des Weiteren besitze das Unternehmen einen Fuhrpark, zu dem auch Ausstellungsfahrzeuge der Premiumklasse gehörten. Daher solle der Betriebsleiter oder eine von ihm bestimmte Person zur Sicherung und Überwachung aus praktischen Gründen dauerhaft auf dem Gelände erreichbar sein. Eine Nutzung der Parkplätze sei nur den Kunden der Firma ... GmbH und nur für die Dauer der Servicearbeiten inklusive An- oder Abreisetag gestattet. So sei es Kunden mit einem frühen Servicetermin möglich, bereits am Vorabend anzureisen und den Parkplatz über Nacht zu nutzen. Kunden, die Termine am Nachmittag hätten, könnten bei Servicearbeiten, die sich in den nächsten Tag erstreckten, über Nacht den Parkplatz nutzen. Nach längstens zwei Übernachtungen müssten die Kunden den Parkplatz verlassen. Woher die Klägerin die Maximalzeit der Serviceleistungen nehme, könne nicht nachvollzogen werden und werde ausdrücklich bestritten. Eine Campingplatznutzung könne auch unter Einbeziehung der zur Verfügung gestellten Strom- und Wasserversorgung nicht angenommen werden. Es liege in ihrem Interesse, die unentgeltlichen Versorgungsleistungen für die Kunden so gering wie möglich zu halten. Das Gewerbegebiet biete den Kunden keine Sehenswürdigkeiten oder Erholungsmöglichkeiten. Allein das Vorhandensein von Sehenswürdigkeiten im näheren Umkreis verleihe den Stellplätzen und deren Nutzung kein Campingplatzgepräge. Campingplätze seien dadurch gekennzeichnet, dass sie sich inmitten einer landschaftlich reizvollen Umgebung befänden, aufwändige sanitäre Anlagen vorhielten, zusätzliche Einrichtungen wie Läden, Gastronomie, Freizeiteinrichtungen oder Anlagen für sportliche Betätigung, jedenfalls aber Kinderspielplätze und gegebenenfalls Animation (Sportwettbewerbe, Kinderbetreuung etc.) anböten und Camper durch typischerweise an einer Rezeption erhältliche Informationen zu touristischen Highlights und sonstigen Aktivitäten in ihrer Freizeitgestaltung unterstützten. Dies alles geschehe auf einer erwerbswirtschaftlichen Basis. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien könne im vorliegenden Fall von einem Campingplatz keine Rede sein. Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit des Bebauungsplans gebe es nicht. Jedenfalls stelle sich die nähere Umgebung der Baugrundstücke als faktisches Gewerbegebiet dar, mit der Folge, dass die gleichen bauplanungsrechtlichen Vorgaben maßgeblich seien. Das Bauvorhaben erfülle auch die brandschutzrechtlichen Vorgaben der LBO. Die Rettungsweglänge von maximal 35 m werde lediglich um einen Meter überschritten. Hinsichtlich der internen Öffnungen seien Kompensationsmaßnahmen vorgenommen worden. Der Klägerin werde - ebenso in Bezug auf die Feuerwehrfunkanlage - diesbezüglich kein eigenständiges subjektiv-öffentliches Recht gewährt.
21 
Der Kammer liegen die Verwaltungsakten des Landratsamts Enzkreis (drei Bände) sowie die Verwaltungsakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Landratsamts Enzkreis vom 10.04.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23 
Die Klage eines Nachbarn gegen eine den Bauherrn begünstigende Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung rechtswidrig ist und der Nachbar dadurch in eigenen Rechten verletzt wird. Es ist nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, die objektive Rechtmäßigkeit des behördlichen Handelns festzustellen, sondern nur, individuellen Rechtsschutz zu gewähren, also Abwehrrechte der rechtsschutzsuchenden Nachbarn zu schützen. Danach bleibt der Klage der Erfolg versagt. Denn die hier angefochtene Baugenehmigung verletzt keine subjektiven Rechte der Klägerin, da das Bauvorhaben der Beigeladenen mit nachbarschützenden Bestimmungen des Bauplanungsrechts wie auch des Bauordnungsrechts vereinbar ist. Demnach verfügt die Klägerin über keine wehrfähigen Rechtspositionen, die es ihr im Anfechtungsprozess ermöglichen, das Bauvorhaben zu verhindern.
24 
Dabei kann zunächst dahinstehen, ob und in welchem Umfang sich die in den textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan fehlende Sortimentsliste im Hinblick auf den Ausschluss von Einzelhandel mit innenstadtrelevanten Sortimenten in rechtlich erheblicher Weise auf die Wirksamkeit des Bebauungsplans auswirkt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.03.2013 - 1 C 10544/12 -, BauR 2013, 1230; Urteil vom 01.06.2011 - 8 A 10399/11 -, DVBl. 2011, 1032); entsprechendes gilt insoweit für die Festsetzung von Emissionskontingenten (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.09.2012 - 2 D 38/11.NE -, BauR 2013, 1408 = juris Rn. 122 f.) in Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen. Denn auf der Grundlage der in dem gerichtlichen Augenscheinstermin getroffenen Feststellungen ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass die - im Fall der Ungültigkeit des Bebauungsplans - bauplanungsrechtlich maßgebliche nähere Umgebung des Baugrundstückes jedenfalls als Gewerbegebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 8 BauNVO einzustufen wäre.
25 
Nach § 8 Abs. 1 BauNVO dienen Gewerbegebiete vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Zulässig sind unter anderem Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Hingegen können Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind, nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO nur ausnahmsweise zugelassen werden. Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets der Baunutzungsverordnung richtet sich dabei nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine bestimmte Nutzungs- oder Anlagenart, sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Hinsichtlich des Gebietstypus des Gewerbegebiets gilt, dass Bauvorhaben, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohn- oder wohnähnlichen Nutzung zu dienen bestimmt sind, mit dem Charakter eines Gewerbegebietes - abgesehen von gebietsakzessorischen Wohnnutzungen sonstiger Art - unvereinbar sind. Denn in Gewerbegebieten soll nicht gewohnt werden. Wohnähnliche Nutzungsformen sind daher regelmäßig abstrakt gebietsunverträglich (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 -, DVBl. 2013, 795 = juris Rn. 18).
26 
Ausgehend hiervon lässt sich das Betriebs- und das dazugehörige Nebengebäude - soweit dieses die sog. Hausmeisterwohnung nicht umfasst - ohne weiteres den Gewerbebetrieben aller Art im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zuordnen. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
27 
Entgegen der Auffassung der Klägerin stehen die 17 als Kundenparkplätze für Wohnmobile genehmigten Stellplätze nach dem insoweit maßgeblichen Betriebskonzept der Firma ... aber auch nach allgemeiner Verkehrsanschauung in einer funktionalen Beziehung zum Gewerbebetrieb, nehmen folglich an der allgemeinen Zulässigkeit des Vorhabens jedenfalls nach § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO teil (vgl. Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, 01/2013, § 8 BauNVO Rn. 23; Stock, in: König / Roeser / Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2014, § 8 Rn. 17a) und verletzen die Klägerin nicht in ihrem Gebietserhaltungsanspruch (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28/91 -, BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 11 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.03.2012 - 5 S 3239/11 -, VBlBW 2012, 345 = juris Rn. 3).
28 
Dabei bedarf keiner Klärung, ob ein (gewerblich betriebener) Campingplatz ein Gewerbebetrieb im Sinne bauplanungsrechtlicher Vorschriften sein kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.01.2014 - 4 B 48/13 -, juris Rn. 7), denn die 17 Kundenparkplätze für Wohnmobile sind weder nach dem Betriebskonzept der Firma ... noch rechtlich als grundsätzlich nur im Sondergebiet nach § 10 Abs. 1, 5 BauNVO zulässiger Campingplatz zu qualifizieren.
29 
Der Begriff des Campingplatzes ist bundesrechtlich nicht definiert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.01.2014 - 4 B 48/13 -, juris Rn. 3). Er lässt sich in Anlehnung an die Campingplatzverordnungen der Länder jedoch umschreiben als ein auf Dauer angelegter Platz, der ständig oder regelmäßig während bestimmter Zeiten im Jahr betrieben wird und dazu bestimmt ist, dem Aufstellen und vorübergehenden Bewohnen von wenigstens drei Wohnwagen oder Zelten zu dienen (vgl. NdsOVG, Urteil vom 24.07.2013 - 1 LB 245/10 -, BauR 2014, 229 = juris Rn. 26; NdsOVG, Urteil vom 15.04.1993 - 7 K 3383/92 -, VkBl 1996, 543 = juris Rn. 32; Stock, in: König / Roeser / Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2014, § 10 Rn. 34 m.w.N.). Die Zweckbestimmung des Campingplatzgebietes ist somit zusammenfassend dadurch bestimmt, dass diese Gebiete auf Dauer dem vorübergehenden Wohnen zu Erholungszwecken dienen (vgl. OVG Saarland, Urteil vom 30.08.2001 - 2 N 1/00 -, BRS 64 Nr 39 = juris Rn. 61; Urteil vom 29.01.2002 - 2 N 6/00 -, BRS 65 Nr 42 = juris 40; VG Mainz, Urteil vom 23.11.2002 - 7 K 213/99.MZ -, juris Rn. 33), und zwar in mobilen Unterkünften zum Zweck der Erholung vor allem unmittelbar im Freien. Da die Campingplätze den modernen Formen des mobilen Freizeitwohnens entsprechen sollen, bedarf es in der Regel der Festsetzung von Versorgungseinrichtungen nach § 10 Abs. 2 Satz 2 BauNVO. Beispiele hierfür sind die üblichen sanitären Einrichtungen, Läden, Schank- und Speisewirtschaften, Kleinsportanlagen, Anlagen der Platzverwaltung. Solche Festsetzungen sind Voraussetzung für die Zulässigkeit dieser Vorhaben (vgl. Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, 01/2013, § 10 BauNVO Rn. 32 f.).
30 
An diesem Prüfungsmaßstab orientiert erfüllen die 17 Kundenparkplätze für Wohnmobile nicht die an das Vorhandensein eines Campingplatzes zu stellenden Anforderungen. Die geplante Strom- und Wasserversorgung der Wohnmobile kann zwar auch auf einem Campingplatz angetroffen werden, die damit verbundenen Annehmlichkeiten gehen jedoch über eine kunden- bzw. serviceorientierte Betriebsausrichtung nicht hinaus. Gleiches gilt in Bezug auf die für die Kunden der Firma ... vorgesehene Möglichkeit, für die Dauer der Montagearbeiten (und damit für maximal zwei Nächte) auf dem Betriebsgelände zu übernachten, wobei aufgrund der lediglich vorübergehenden Nutzung hiermit eine mit dem Charakter eines Gewerbegebiets unvereinbare wohnähnliche Nutzungsform nicht verbunden ist. Abgesehen davon, dass es an den für Campingplätze typischen (weiteren) Versorgungseinrichtungen fehlt, kommt auch dem bei Campingplätzen im Vordergrund stehenden Erholungszweck keine Bedeutung zu. Eine aus dem Warten auf die Durchführung der Montagearbeiten resultierende „Erholung“ der Kunden stellt allenfalls ein zufälliges, in seiner Wertigkeit völlig untergeordnetes „Nebenprodukt“ der Inanspruchnahme der Stellplätze dar.
31 
Eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften unter dem Gesichtspunkt des Gebietserhaltungsanspruchs geht auch nicht mit der auf der Grundlage des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO erfolgten Zulassung der sog. Hausmeisterwohnung einher. Denn eine betriebsbezogene Wohnung muss bei personeller Beziehung des Nutzers der Wohnung zum Betrieb lediglich einen funktionalen Zusammenhang mit den betrieblichen Anlagen aufweisen, aus betrieblichen Gründen objektiv sinnvoll und dem Gewerbebetrieb gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.06.1999 - 4 B 46/99 -, GewArch 1999, 391 = juris Rn. 6; vgl. Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, 01/2013, § 8 BauNVO Rn. 36 f.).
32 
So liegt der Fall aber hier, da die sog. Hausmeisterwohnung mit einer Fläche von 200 m² bei einer Nutzfläche der Betriebsgebäude von fast 7.000 m² dem Gewerbebetrieb deutlich untergeordnet ist und ein funktionaler Zusammenhang zu den betrieblichen Anlagen - wie von der Beigeladenen dargelegt - besteht. Auch erweist sich die betriebsbezogene Wohnung zum Zwecke der Sicherung und Überwachung des Gewerbebetriebs, auf dessen Gelände hochwertige Produkte hergestellt und gelagert werden sollen, aus betrieblichen Gründen als sinnvoll.
33 
Das Vorhaben ist auch nicht nach § 15 Abs. 1 BauNVO unzulässig. § 15 Abs. 1 BauNVO ist eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots; die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO; das gilt nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden. Die Eigenart eines einzelnen Baugebiets im Sinne von § 15 Abs. 1 BauNVO ergibt sich nicht allein aus den typisierenden Regelungen der BauNVO; nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich die Eigenart eines in einem Bebauungsplan festgesetzten Gebietes abschließend erst bestimmen, wenn zusätzlich auch die jeweilige örtliche Situation, in die ein Gebiet „hineingeplant“ worden ist, und der jeweilige Planungswille der Gemeinde, soweit dieser in den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans unter Berücksichtigung der hierfür gegebenen Begründung zum Ausdruck gekommen ist, berücksichtigt werden; bei unbeplanten Gebieten im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB ist dementsprechend auf den sich aus den örtlichen Verhältnissen ergebenden besonderen Gebietscharakter des konkreten Baugebiets abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68/08 -, ZfBR 2009, 376 = juris Rn. 4).
34 
Stellt man im vorliegenden Fall auf den Bebauungsplan selbst ab, ist zu konstatierten, dass die Satzungsgeberin die mit der Festsetzung eines Gewerbegebiets grundsätzlich verbundene sehr offene Gebietsstruktur mit den in § 8 Abs. 2 und Abs. 3 BauNVO aufgeführten allgemein und ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten nicht nennenswert eingeschränkt hat. Neben dem Ausschluss von Einzelhandel mit innenstadt-relevanten Sortimenten sind lediglich Vergnügungsstätten nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO nicht Bestandteil des Bebauungsplans, sodass in Anbetracht der danach verbleibenden Vielfalt möglicher Nutzungen eine von den Plangebern beabsichtigte Prägung des Gewerbegebiets durch bestimmte Arten von Betrieben nicht erkennbar ist. Auch aus der Begründung des Bebauungsplan ergibt sich, dass für die Plangeber die Schaffung neuer und die Sicherung vorhandener Arbeitsplätze in einem abstrakten Sinne maßgeblich waren. Zur Überzeugung der Kammer ergibt sich - sofern man hinsichtlich der Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit auf § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 8 BauNVO abstellt - auch aus den örtlichen Verhältnissen des noch im Entstehen begriffenen (faktischen) Gewerbegebiets kein besonderer Gebietscharakter, der eine Unzulässigkeit des Vorhabens nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nach sich ziehen könnte.
35 
Darüber hinaus ist nicht davon auszugehen, dass die Kunden der Firma ... GmbH, die die vorgesehene Übernachtungsmöglichkeit während der Dauer der Servicearbeiten in Anspruch nehmen, unzumutbaren Belästigungen oder Störungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO durch nächtliche Produktionsabläufe ausgesetzt werden. Entsprechendes hat die Klägerin, die gemäß der ihr erteilten Baugenehmigung lediglich über eine Betriebszeit zwischen 6 Uhr und 22 Uhr verfügt, nicht hinreichend dargetan. Im Übrigen sind von den Kunden der Firma ... GmbH die im Gewerbegebiet zugelassenen Immissionswerte hinzunehmen.
36 
Ebenso wenig dringt die Klägerin mit ihrem Ansinnen, eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften aufgrund zu erwartender Lärmimmissionen herzuleiten, nicht durch. Denn nach dem Gutachten zur Einhaltung der Schallimmissionsrichtwerte und der Schallemissionskontingente des Ingenieurbüros Dr. R... vom Februar 2013 kommt es durch das Bauvorhaben der Beigeladenen weder tagsüber noch nachts zur Überschreitung der für ein Gewerbegebiet einschlägigen zulässigen Beurteilungspegel (vgl. Bl. 25, 27 des Gutachtens). Das Ergebnis des Gutachtens, das insbesondere auch den Kundenparkplatz für Wohnmobile als Schallquelle berücksichtigt hat, hat die Klägerin nicht mit substantiierten Einwendungen in Frage gestellt.
37 
Soweit die Klägerin unter Berufung auf brandschutzrechtliche Bestimmungen versucht, die Verletzung nachbarschützender Vorschriften in bauordnungsrechtlicher Hinsicht zu konstruieren, bleibt ihre Klage ebenfalls ohne Erfolg. Zwar sind Brandschutzvorschriften grundsätzlich nachbarschützend (vgl. Sauter, LBO, 12/2001, § 15 Rn. 9), eine Gefährdung des klägerischen Grundstücks durch das Bauvorhaben der Beigeladenen im Sinne einer möglichen Ausbreitung von Feuer und Rauch lässt sich dem umfassenden und inhaltlich schlüssigen Brandschutzkonzept I der ... mbH vom 18.01.2013, das Bestandteil der Baugenehmigung vom 10.04.2013 ist, aber nicht entnehmen. Im Übrigen sind die Vorhaltung einer Feuerwehrfunkanlage oder etwa Vorgaben zur höchstzulässigen Länge des Rettungsweges primär im Zusammenhang mit der Abwehr einer erhöhten Brandausdehnungsgefahr innerhalb des Bauvorhabens zu sehen und dienen damit dem Schutz von Leben und Gesundheit der sich dort aufhaltenden Menschen, nicht aber dem Schutz der Klägerin (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.02.1992 - 3 S 2947/91 -, juris Rn. 22; OVG Saarland, Urteil vom 26.01.2006 - 2 R 9/05 -, juris Rn. 58; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.10.2012 - 2 L 149/11 -, NVwZ-RR 2013, 87 = juris Rn. 21).
38 
Den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellten bedingten Beweisanträgen ist nicht zu entsprechen. So war der auf die Begutachtung der Fahrtüchtigkeit der Fahrer der Wohnmobile gerichtete Hilfsbeweisantrag jedenfalls wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit abzulehnen, da eine subjektive Rechtsverletzung der Klägerin diesbezüglich nicht hinreichend dargetan worden ist. Der weitere Hilfsbeweisantrag zur Überschreitung der Immissionsrichtwerte in einem Gewerbegebiet durch das Vorhaben der Klägerin - gemeint dürfte die Beigeladene sein - ist bereits wegen fehlender Substantiiertheit abzulehnen, da nicht hinreichend aufgezeigt wird, unter welchen Gesichtspunkten vor dem Hintergrund des bereits vorliegenden Gutachtens zur Einhaltung der Schallimmissionsrichtwerte und der Schallemissionskontingente des Ingenieurbüros Dr. R... vom Februar 2013 weiterer Bedarf an Sachverhaltsaufklärung besteht. Der lediglich pauschal gehaltene Hinweis auf Nichtberücksichtigung von Genehmigungsunterlagen und die fehlende Einbeziehung von Maschinen wie Druckluftanlage oder Schraubenkompressor ist hierfür nicht ausreichend. Der im Zusammenhang mit der Dachbegrünung des Nebengebäudes stehende bedingte Beweisantrag geht ins Leere, nachdem die Beigeladene erklärt hat, sowohl das Haupt- als auch das Nebengebäude zu begrünen.
39 
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da letztere einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
41 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124a Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.
42 
Beschluss
43 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
44 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
22 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Landratsamts Enzkreis vom 10.04.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23 
Die Klage eines Nachbarn gegen eine den Bauherrn begünstigende Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung rechtswidrig ist und der Nachbar dadurch in eigenen Rechten verletzt wird. Es ist nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, die objektive Rechtmäßigkeit des behördlichen Handelns festzustellen, sondern nur, individuellen Rechtsschutz zu gewähren, also Abwehrrechte der rechtsschutzsuchenden Nachbarn zu schützen. Danach bleibt der Klage der Erfolg versagt. Denn die hier angefochtene Baugenehmigung verletzt keine subjektiven Rechte der Klägerin, da das Bauvorhaben der Beigeladenen mit nachbarschützenden Bestimmungen des Bauplanungsrechts wie auch des Bauordnungsrechts vereinbar ist. Demnach verfügt die Klägerin über keine wehrfähigen Rechtspositionen, die es ihr im Anfechtungsprozess ermöglichen, das Bauvorhaben zu verhindern.
24 
Dabei kann zunächst dahinstehen, ob und in welchem Umfang sich die in den textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan fehlende Sortimentsliste im Hinblick auf den Ausschluss von Einzelhandel mit innenstadtrelevanten Sortimenten in rechtlich erheblicher Weise auf die Wirksamkeit des Bebauungsplans auswirkt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.03.2013 - 1 C 10544/12 -, BauR 2013, 1230; Urteil vom 01.06.2011 - 8 A 10399/11 -, DVBl. 2011, 1032); entsprechendes gilt insoweit für die Festsetzung von Emissionskontingenten (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.09.2012 - 2 D 38/11.NE -, BauR 2013, 1408 = juris Rn. 122 f.) in Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen. Denn auf der Grundlage der in dem gerichtlichen Augenscheinstermin getroffenen Feststellungen ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass die - im Fall der Ungültigkeit des Bebauungsplans - bauplanungsrechtlich maßgebliche nähere Umgebung des Baugrundstückes jedenfalls als Gewerbegebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 8 BauNVO einzustufen wäre.
25 
Nach § 8 Abs. 1 BauNVO dienen Gewerbegebiete vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Zulässig sind unter anderem Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Hingegen können Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind, nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO nur ausnahmsweise zugelassen werden. Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets der Baunutzungsverordnung richtet sich dabei nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine bestimmte Nutzungs- oder Anlagenart, sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Hinsichtlich des Gebietstypus des Gewerbegebiets gilt, dass Bauvorhaben, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohn- oder wohnähnlichen Nutzung zu dienen bestimmt sind, mit dem Charakter eines Gewerbegebietes - abgesehen von gebietsakzessorischen Wohnnutzungen sonstiger Art - unvereinbar sind. Denn in Gewerbegebieten soll nicht gewohnt werden. Wohnähnliche Nutzungsformen sind daher regelmäßig abstrakt gebietsunverträglich (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 -, DVBl. 2013, 795 = juris Rn. 18).
26 
Ausgehend hiervon lässt sich das Betriebs- und das dazugehörige Nebengebäude - soweit dieses die sog. Hausmeisterwohnung nicht umfasst - ohne weiteres den Gewerbebetrieben aller Art im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zuordnen. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
27 
Entgegen der Auffassung der Klägerin stehen die 17 als Kundenparkplätze für Wohnmobile genehmigten Stellplätze nach dem insoweit maßgeblichen Betriebskonzept der Firma ... aber auch nach allgemeiner Verkehrsanschauung in einer funktionalen Beziehung zum Gewerbebetrieb, nehmen folglich an der allgemeinen Zulässigkeit des Vorhabens jedenfalls nach § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO teil (vgl. Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, 01/2013, § 8 BauNVO Rn. 23; Stock, in: König / Roeser / Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2014, § 8 Rn. 17a) und verletzen die Klägerin nicht in ihrem Gebietserhaltungsanspruch (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28/91 -, BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 11 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.03.2012 - 5 S 3239/11 -, VBlBW 2012, 345 = juris Rn. 3).
28 
Dabei bedarf keiner Klärung, ob ein (gewerblich betriebener) Campingplatz ein Gewerbebetrieb im Sinne bauplanungsrechtlicher Vorschriften sein kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.01.2014 - 4 B 48/13 -, juris Rn. 7), denn die 17 Kundenparkplätze für Wohnmobile sind weder nach dem Betriebskonzept der Firma ... noch rechtlich als grundsätzlich nur im Sondergebiet nach § 10 Abs. 1, 5 BauNVO zulässiger Campingplatz zu qualifizieren.
29 
Der Begriff des Campingplatzes ist bundesrechtlich nicht definiert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.01.2014 - 4 B 48/13 -, juris Rn. 3). Er lässt sich in Anlehnung an die Campingplatzverordnungen der Länder jedoch umschreiben als ein auf Dauer angelegter Platz, der ständig oder regelmäßig während bestimmter Zeiten im Jahr betrieben wird und dazu bestimmt ist, dem Aufstellen und vorübergehenden Bewohnen von wenigstens drei Wohnwagen oder Zelten zu dienen (vgl. NdsOVG, Urteil vom 24.07.2013 - 1 LB 245/10 -, BauR 2014, 229 = juris Rn. 26; NdsOVG, Urteil vom 15.04.1993 - 7 K 3383/92 -, VkBl 1996, 543 = juris Rn. 32; Stock, in: König / Roeser / Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2014, § 10 Rn. 34 m.w.N.). Die Zweckbestimmung des Campingplatzgebietes ist somit zusammenfassend dadurch bestimmt, dass diese Gebiete auf Dauer dem vorübergehenden Wohnen zu Erholungszwecken dienen (vgl. OVG Saarland, Urteil vom 30.08.2001 - 2 N 1/00 -, BRS 64 Nr 39 = juris Rn. 61; Urteil vom 29.01.2002 - 2 N 6/00 -, BRS 65 Nr 42 = juris 40; VG Mainz, Urteil vom 23.11.2002 - 7 K 213/99.MZ -, juris Rn. 33), und zwar in mobilen Unterkünften zum Zweck der Erholung vor allem unmittelbar im Freien. Da die Campingplätze den modernen Formen des mobilen Freizeitwohnens entsprechen sollen, bedarf es in der Regel der Festsetzung von Versorgungseinrichtungen nach § 10 Abs. 2 Satz 2 BauNVO. Beispiele hierfür sind die üblichen sanitären Einrichtungen, Läden, Schank- und Speisewirtschaften, Kleinsportanlagen, Anlagen der Platzverwaltung. Solche Festsetzungen sind Voraussetzung für die Zulässigkeit dieser Vorhaben (vgl. Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, 01/2013, § 10 BauNVO Rn. 32 f.).
30 
An diesem Prüfungsmaßstab orientiert erfüllen die 17 Kundenparkplätze für Wohnmobile nicht die an das Vorhandensein eines Campingplatzes zu stellenden Anforderungen. Die geplante Strom- und Wasserversorgung der Wohnmobile kann zwar auch auf einem Campingplatz angetroffen werden, die damit verbundenen Annehmlichkeiten gehen jedoch über eine kunden- bzw. serviceorientierte Betriebsausrichtung nicht hinaus. Gleiches gilt in Bezug auf die für die Kunden der Firma ... vorgesehene Möglichkeit, für die Dauer der Montagearbeiten (und damit für maximal zwei Nächte) auf dem Betriebsgelände zu übernachten, wobei aufgrund der lediglich vorübergehenden Nutzung hiermit eine mit dem Charakter eines Gewerbegebiets unvereinbare wohnähnliche Nutzungsform nicht verbunden ist. Abgesehen davon, dass es an den für Campingplätze typischen (weiteren) Versorgungseinrichtungen fehlt, kommt auch dem bei Campingplätzen im Vordergrund stehenden Erholungszweck keine Bedeutung zu. Eine aus dem Warten auf die Durchführung der Montagearbeiten resultierende „Erholung“ der Kunden stellt allenfalls ein zufälliges, in seiner Wertigkeit völlig untergeordnetes „Nebenprodukt“ der Inanspruchnahme der Stellplätze dar.
31 
Eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften unter dem Gesichtspunkt des Gebietserhaltungsanspruchs geht auch nicht mit der auf der Grundlage des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO erfolgten Zulassung der sog. Hausmeisterwohnung einher. Denn eine betriebsbezogene Wohnung muss bei personeller Beziehung des Nutzers der Wohnung zum Betrieb lediglich einen funktionalen Zusammenhang mit den betrieblichen Anlagen aufweisen, aus betrieblichen Gründen objektiv sinnvoll und dem Gewerbebetrieb gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.06.1999 - 4 B 46/99 -, GewArch 1999, 391 = juris Rn. 6; vgl. Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, 01/2013, § 8 BauNVO Rn. 36 f.).
32 
So liegt der Fall aber hier, da die sog. Hausmeisterwohnung mit einer Fläche von 200 m² bei einer Nutzfläche der Betriebsgebäude von fast 7.000 m² dem Gewerbebetrieb deutlich untergeordnet ist und ein funktionaler Zusammenhang zu den betrieblichen Anlagen - wie von der Beigeladenen dargelegt - besteht. Auch erweist sich die betriebsbezogene Wohnung zum Zwecke der Sicherung und Überwachung des Gewerbebetriebs, auf dessen Gelände hochwertige Produkte hergestellt und gelagert werden sollen, aus betrieblichen Gründen als sinnvoll.
33 
Das Vorhaben ist auch nicht nach § 15 Abs. 1 BauNVO unzulässig. § 15 Abs. 1 BauNVO ist eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots; die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO; das gilt nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden. Die Eigenart eines einzelnen Baugebiets im Sinne von § 15 Abs. 1 BauNVO ergibt sich nicht allein aus den typisierenden Regelungen der BauNVO; nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich die Eigenart eines in einem Bebauungsplan festgesetzten Gebietes abschließend erst bestimmen, wenn zusätzlich auch die jeweilige örtliche Situation, in die ein Gebiet „hineingeplant“ worden ist, und der jeweilige Planungswille der Gemeinde, soweit dieser in den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans unter Berücksichtigung der hierfür gegebenen Begründung zum Ausdruck gekommen ist, berücksichtigt werden; bei unbeplanten Gebieten im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB ist dementsprechend auf den sich aus den örtlichen Verhältnissen ergebenden besonderen Gebietscharakter des konkreten Baugebiets abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68/08 -, ZfBR 2009, 376 = juris Rn. 4).
34 
Stellt man im vorliegenden Fall auf den Bebauungsplan selbst ab, ist zu konstatierten, dass die Satzungsgeberin die mit der Festsetzung eines Gewerbegebiets grundsätzlich verbundene sehr offene Gebietsstruktur mit den in § 8 Abs. 2 und Abs. 3 BauNVO aufgeführten allgemein und ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten nicht nennenswert eingeschränkt hat. Neben dem Ausschluss von Einzelhandel mit innenstadt-relevanten Sortimenten sind lediglich Vergnügungsstätten nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO nicht Bestandteil des Bebauungsplans, sodass in Anbetracht der danach verbleibenden Vielfalt möglicher Nutzungen eine von den Plangebern beabsichtigte Prägung des Gewerbegebiets durch bestimmte Arten von Betrieben nicht erkennbar ist. Auch aus der Begründung des Bebauungsplan ergibt sich, dass für die Plangeber die Schaffung neuer und die Sicherung vorhandener Arbeitsplätze in einem abstrakten Sinne maßgeblich waren. Zur Überzeugung der Kammer ergibt sich - sofern man hinsichtlich der Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit auf § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 8 BauNVO abstellt - auch aus den örtlichen Verhältnissen des noch im Entstehen begriffenen (faktischen) Gewerbegebiets kein besonderer Gebietscharakter, der eine Unzulässigkeit des Vorhabens nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nach sich ziehen könnte.
35 
Darüber hinaus ist nicht davon auszugehen, dass die Kunden der Firma ... GmbH, die die vorgesehene Übernachtungsmöglichkeit während der Dauer der Servicearbeiten in Anspruch nehmen, unzumutbaren Belästigungen oder Störungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO durch nächtliche Produktionsabläufe ausgesetzt werden. Entsprechendes hat die Klägerin, die gemäß der ihr erteilten Baugenehmigung lediglich über eine Betriebszeit zwischen 6 Uhr und 22 Uhr verfügt, nicht hinreichend dargetan. Im Übrigen sind von den Kunden der Firma ... GmbH die im Gewerbegebiet zugelassenen Immissionswerte hinzunehmen.
36 
Ebenso wenig dringt die Klägerin mit ihrem Ansinnen, eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften aufgrund zu erwartender Lärmimmissionen herzuleiten, nicht durch. Denn nach dem Gutachten zur Einhaltung der Schallimmissionsrichtwerte und der Schallemissionskontingente des Ingenieurbüros Dr. R... vom Februar 2013 kommt es durch das Bauvorhaben der Beigeladenen weder tagsüber noch nachts zur Überschreitung der für ein Gewerbegebiet einschlägigen zulässigen Beurteilungspegel (vgl. Bl. 25, 27 des Gutachtens). Das Ergebnis des Gutachtens, das insbesondere auch den Kundenparkplatz für Wohnmobile als Schallquelle berücksichtigt hat, hat die Klägerin nicht mit substantiierten Einwendungen in Frage gestellt.
37 
Soweit die Klägerin unter Berufung auf brandschutzrechtliche Bestimmungen versucht, die Verletzung nachbarschützender Vorschriften in bauordnungsrechtlicher Hinsicht zu konstruieren, bleibt ihre Klage ebenfalls ohne Erfolg. Zwar sind Brandschutzvorschriften grundsätzlich nachbarschützend (vgl. Sauter, LBO, 12/2001, § 15 Rn. 9), eine Gefährdung des klägerischen Grundstücks durch das Bauvorhaben der Beigeladenen im Sinne einer möglichen Ausbreitung von Feuer und Rauch lässt sich dem umfassenden und inhaltlich schlüssigen Brandschutzkonzept I der ... mbH vom 18.01.2013, das Bestandteil der Baugenehmigung vom 10.04.2013 ist, aber nicht entnehmen. Im Übrigen sind die Vorhaltung einer Feuerwehrfunkanlage oder etwa Vorgaben zur höchstzulässigen Länge des Rettungsweges primär im Zusammenhang mit der Abwehr einer erhöhten Brandausdehnungsgefahr innerhalb des Bauvorhabens zu sehen und dienen damit dem Schutz von Leben und Gesundheit der sich dort aufhaltenden Menschen, nicht aber dem Schutz der Klägerin (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.02.1992 - 3 S 2947/91 -, juris Rn. 22; OVG Saarland, Urteil vom 26.01.2006 - 2 R 9/05 -, juris Rn. 58; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.10.2012 - 2 L 149/11 -, NVwZ-RR 2013, 87 = juris Rn. 21).
38 
Den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellten bedingten Beweisanträgen ist nicht zu entsprechen. So war der auf die Begutachtung der Fahrtüchtigkeit der Fahrer der Wohnmobile gerichtete Hilfsbeweisantrag jedenfalls wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit abzulehnen, da eine subjektive Rechtsverletzung der Klägerin diesbezüglich nicht hinreichend dargetan worden ist. Der weitere Hilfsbeweisantrag zur Überschreitung der Immissionsrichtwerte in einem Gewerbegebiet durch das Vorhaben der Klägerin - gemeint dürfte die Beigeladene sein - ist bereits wegen fehlender Substantiiertheit abzulehnen, da nicht hinreichend aufgezeigt wird, unter welchen Gesichtspunkten vor dem Hintergrund des bereits vorliegenden Gutachtens zur Einhaltung der Schallimmissionsrichtwerte und der Schallemissionskontingente des Ingenieurbüros Dr. R... vom Februar 2013 weiterer Bedarf an Sachverhaltsaufklärung besteht. Der lediglich pauschal gehaltene Hinweis auf Nichtberücksichtigung von Genehmigungsunterlagen und die fehlende Einbeziehung von Maschinen wie Druckluftanlage oder Schraubenkompressor ist hierfür nicht ausreichend. Der im Zusammenhang mit der Dachbegrünung des Nebengebäudes stehende bedingte Beweisantrag geht ins Leere, nachdem die Beigeladene erklärt hat, sowohl das Haupt- als auch das Nebengebäude zu begrünen.
39 
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da letztere einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
41 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124a Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.
42 
Beschluss
43 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
44 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen einen Baugenehmigungsbescheid der Beklagten für die bauliche Erweiterung der Psychosomatik der Kinderklinik St. Marien vom 5. August 2016 (Az.: B-2016-79). Der dreigeschossige, in einem Teilbereich bis zu rund 13,50 m hohe, im Grundriss circa 40 m x 17 m messende Neubau hält in seinem nördlichen Drittel auf einer Länge von rund 12 m einen Abstand von 11,50 m zum Grundstück des Klägers ein (vgl. den genehmigten Lageplan M 1:500).

Das Verwaltungsgericht hat die Nachbarklage mit Urteil vom 30. Mai 2017 abgewiesen. Gemäß § 34 Abs. 1 BauGB füge sich das Bauvorhaben als Teil des Klinikums in den vorhandenen Ortsteil ein; es sei auch nicht rücksichtslos. Von dem Gebäude, das insoweit die vollen Abstandsflächen einhalte, gingen keine erdrückenden Wirkungen zulasten des Grundstücks des Klägers aus. Unzumutbare Lärmimmissionen seien nicht zu erwarten. Auch im Fall eines großen Brandes in der Klinik müsse nach fachlicher Stellungnahme nicht mit einer Gefährdung der Nachbarn gerechnet werden.

Mit seinem Zulassungsantrag verfolgt der Kläger sein auf Aufhebung der Baugenehmigung gerichtetes Ziel weiter. Neben der Beklagten hat auch die Beigeladene über ihre Prozessbevollmächtigten zu sämtlichen aufgeworfenen Fragen umfangreich Stellung genommen und die Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung beantragt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die beigezogenen Bauakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Gründe – ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) – liegen nicht vor.

1. Die an der Richtigkeit des Ersturteils geäußerten ernstlichen Zweifel teilt der Senat nicht. Das Vorhaben ist gegenüber dem Nachbarn sowohl unter planungs- als auch unter bauordnungsrechtlichen Gesichtspunkten zulässig, die Genehmigung verletzt keine subjektiv-öffentlichen Rechte des Klägers.

1.1 Das in einem – insoweit von keinem Beteiligten in Frage gestellten – im Zusammenhang bebauten Ortsteil ohne verbindliche Bauleitplanung befindliche Vorhaben ist der Art nach unabhängig davon zulässig, ob, wie das Verwaltungsgericht in seiner Begründung wohl annimmt, von einer Gemengelage nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB auszugehen wäre oder dieser Beurteilung ein einheitlich nach § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 4 BauNVO zu beurteilendes faktisches allgemeines Wohngebiet zugrunde zu legen ist.

Im ersten Fall fügt sich die hinzutretende Nutzung zwanglos in die in ihrer unmittelbaren Umgebung vor Ort seit Jahrzehnten vorhandenen und deren Charakter maßgeblich prägenden, umfangreichen Klinikanlagen ein. Ein Abwehrrecht des Klägers nach den Grundsätzen des Gebietserhaltungsanspruchs scheidet in dieser gedanklichen Variante von vorneherein aus.

Zum gleichen Ergebnis führt allerdings auch die Einstufung der gesamten näheren Umgebung als faktisches allgemeines Wohngebiet. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO sind dort Anlagen für gesundheitliche Zwecke der Art nach regelhaft und unabhängig von ihrer Größe zulässig. Ein insgesamt als Einheit zu beurteilendes Baugebiet kann in Teilbereichen voneinander abweichende Nutzungsstrukturen aufweisen (vgl. HessVGH, B.v. 13.8.2013 – 4 B 1458/13 – BauR 2014, 2068 = juris Ls und Rn. 2 bis 5 unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 28.8.2003 – 4 B 74/03 – juris Rn. 2/3). Auch wenn für die Errichtung des streitgegenständlichen Vorhabens ein vormals auf dem im Verhältnis zu den sonstigen Baugrundstücken des Klinikareals kleinen Grundstück FlNr. 290/3 (Gemarkung Berg ob Landshut; Größe ca. 1.200 m²) stehendes Wohnhaus beseitigt werden muss, kann angesichts der konkreten Größen- und Lageverhältnisse keine Rede davon sein, dass nun eine „gebietsfremde Nutzung“ zu einer „Änderung des Gebietscharakters“ an dieser Stelle führen würde und so einen abstrakten Abwehranspruch des Klägers für sein daneben liegendes Wohngrundstück (Größe: 896 m²) sollte auslösen können. Bereits die verhältnismäßig geringe Größe der ursprünglich zwei nebeneinander liegenden und mit Wohnhäusern bebauten Grundstücke (Gesamtgröße etwa 2.100 m²) in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem rund 18.000 m² großen Klinikgelände spricht gegen die Annahme eines den strukturellen Charakter der näheren Umgebung prägenden Gewichts dieses zu Wohnzwecken genutzten Teilbereichs. Angesichts der Zahl und vor allem auch des Volumens der auf dem Klinikgelände vorhandenen Baukörper – der straßenseitige, unmittelbar neben dem verfahrensgegenständlichen Vorhaben stehende Teil des Klinik-Hauptgebäudes beispielsweise ist rund 56 m lang und verfügt über sechs Geschosse – bestimmen vielmehr alleine diese Anlagen in jeder Hinsicht die für die Beurteilung des streitigen Vorhabens maßgebliche bauplanungsrechtliche Prägung der näheren Umgebung.

Da sich das Vorhaben bis hierher in jeder rechtlich denkbaren Alternative innerhalb des durch die Umgebung planungsrechtlich vorgegebenen Rahmens hält, erübrigt sich die nur im gegenteiligen Fall eventuell nötige Erörterung der Frage, ob seine Zulassung prognostisch dennoch keine bodenrechtlichen Spannungen auslösen würde und trotz einer Überschreitung des Rahmens zulassungsfähig wäre.

1.2 Das Vorhaben ist nicht rücksichtslos, § 34 Abs. 1 BauGB bzw. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Die zur Beurteilung insoweit anzulegenden Maßstäbe sind in der gegebenen Situation angesichts der in beiden Varianten aufseiten der Beteiligten identischen Interessenlagen ebenfalls jeweils dieselben.

Ausreichend plausible und substantiierte Anhaltspunkte dafür, dass die Verwirklichung des Vorhabens gemäß der erteilten Genehmigung zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Erschließungssituation des Grundstücks des Klägers führen könnte (vorhabenbedingte Überlastung der Erschließungs Straße, vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2016 – 15 CS 16.244 – juris m.w.N.) benennt die Zulassungsbegründung nicht. Der Kläger macht nicht geltend, dass sein Grundstück nicht mehr oder nur unter unzumutbar erschwerten Bedingungen über die G. Straße angefahren werden könnte. Die allgemeine Klage über „die Belastung mit ruhendem Verkehr“ reicht insoweit nicht.

Entsprechendes gilt, soweit sinngemäß besondere weitere Gefährdungen der Erschließungssituation im Brandfall auf dem Klinikgelände vorgetragen werden. Hier wird – allenfalls – eine unspezifische Besorgnis ausgedrückt, ohne dass darin ein konkreter Bezug zum Grundstück des Klägers deutlich gemacht würde.

Schließlich erweist sich das Neubauvorhaben nicht zuletzt infolge der auch vom Kläger nicht in Abrede gestellten Einhaltung der vollen Abstandsflächen mit seiner östlichen Außenwand, die lediglich in einem Teilbereich mit 12 m Länge seinem Grundstück gegenüberliegt, wegen seiner Lage und Größe nicht als rücksichtlos.

1.3 Die unter Hinweis auf Art. 12 BayBO als nicht ausreichend kritisierte Löschwasserversorgung ist im vorliegenden Zusammenhang kein bauordnungsrechtlicher Gesichtspunkt (Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO), der der Nachbarklage gegen die Baugenehmigung zum Erfolg verhelfen könnte.

Brandschutzvorschriften dienen mittelbar auch dem Schutz der Umgebung, damit auch den Interessen der Nachbarn. Die Vorschriften, die das Übergreifen von Feuer auf Nachbargebäude verhindern sollen, werden als nachbarschützend anzusehen sein. Das gilt insbesondere für die Vorschriften über Brandwände als Gebäudeabschlusswände und Öffnungen in diesen Brandwänden (Famers in Molodovsky/ Famers/Waldmann, BayBO, Stand September 2017, Art. 12 Rn. 3; ähnlich Bauer in Jäde u.a., Die neue BayBO, Stand September 2017, Art. 12 Rn. 12: nachbarschützende Wirkung einzelner Vorschriften wie über Brandwände gegenüber Grundstücksgrenzen oder das Einhalten einer Feuerwiderstandsfähigkeit von Bedachungen und eines Abstands von Öffnungen zur Brandwand bei traufseitig aneinander gebauten Gebäuden; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand Oktober 2017, Art. 66 Rn. 279, nennt in diesem Zusammenhang nur die Vorschriften über äußere Brandwände; undifferenziert und zu weit: König in Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 12 Rn. 5; ähnlich pauschal: BayVGH, B.v. 29.10.2004 – 15 ZB 04.1265 – juris Rn. 8).

Nicht nachbarschützend sind die allgemeinen Anforderungen an den Brandschutz in Art. 12 BayBO und alle diejenigen Brandschutzanforderungen, die nur dem Schutz der Bewohner und Benutzer des Gebäudes dienen, wie solche über Rettungswege, notwendige Treppenräume und Umwehrungen (Jäde a.a.O. Art. 66 Rn. 479 m.zahlr.w.N.). Das entspricht der auch in der jüngeren Rechtsprechung einhellig vertretenen Meinung: BayVGH, B.v. 3.9.2015 – 15 ZB 12.2142 – NVwZ-RR 2016, 27 = juris Rn. 18: Kein Nachbarschutz der Anforderungen an innere Brandwände; VG Karlsruhe, U.v. 16.10.2014 – 9 K 3426/13 – juris Rn. 37: Die Vorhaltung einer Feuerwehrfunkanlage oder Vorgaben zur höchstzulässigen Länge des Rettungsweges dienen primär der Abwehr einer erhöhten Brandausdehungsgefahr innerhalb des Bauvorhabens und damit dem Schutz von Leben und Gesundheit der sich dort aufhaltenden Menschen, nicht aber dem Nachbarschutz; OVG LSA, B.v. 19.10.2012 – 2 L 149/11 – NVwZ-RR 2013, 87 = juris Ls 2 und Rn. 21: Nachbarschützender Charakter kommt nur den brandschutzbezogenen Regelungen zu, die auch das Übergreifen von Bränden über das Baugrundstück hinaus auf die Nachbarschaft verhindern sollen; VG Augsburg, U.v. 21.1.2009 – Au 4 K 08.718 – juris Rn. 32: … Demgegenüber kann der Kläger mit Erfolg keine Brandgefahren geltend machen, deren Auswirkungen sich auf das Anlagengelände und die dort Beschäftigten beschränken; OVG Berlin-Bbg, U.v. 14.5.2007 – OVG 11 S. 83.06 – juris Rn. 70: … Demgegenüber kann die Antragstellerin keine Brandgefahren geltend machen, die sich auf das Anlagengelände und die dort Beschäftigten beschränken; OVG Saarl, U.v. 26.1.2006 – 2 R 9/05 – juris Ls 6 und Rn. 59 bis 66: Die Brandschutzanforderungen der LBO sind insoweit nachbarschützend, als sie die Ausbreitung von Feuer über die Grundstücksgrenzen hinaus auf die Nachbargrundstücke verhindern sollen; VGH BW, U.v. 26.2.1992 – 3 S 2947/91 – ZfBR 1992, 247 = juris Ls 1 und Rn. 22: Die Vorschriften über die Errichtung von Brandwänden innerhalb ausgedehnter Gebäude dienen nicht dem Nachbarschutz.

Die Anforderungen an die Vorhaltung von Löschwasser sollen schnelle und wirksame Brandbekämpfungsmaßnahmen vor Ort ermöglichen, sie bezwecken damit den Schutz der auf dem Baugrundstück vorhandenen Anlagen sowie deren Benutzer. Sie dienen grundsätzlich nicht dem Schutz von Nachbargrundstücken und der darauf befindlichen baulichen Anlagen (ebenso: Seidel, Öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Nachbarschutz, Verlag C.H. Beck München, 2000, Rn. 476). Wenn Gebäude mit Aufenthaltsräumen und Feuerstätten – wie hier – mit weit über die Erforderlichkeit äußerer Brandwände (vgl. Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO: 2,50 m gegenüber der Grenze, alternativ mindestens 5 m zu bestehenden oder baurechtlich zulässigen künftigen Gebäuden) hinausgehenden Grenzabständen errichtet werden, hat es mit dem baulichen Brandschutz im Hinblick auf die Nachbargrundstücke sein Bewenden. Vor dem Übergreifen eines Gebäudebrands vonseiten des Baugrundstücks ist der Kläger angesichts der Lage des streitigen Neubauvorhabens ausreichend geschützt; dieses ist auch in seinem grenznächsten Bereich mindestens 11,50 m vom Grundstück des Klägers entfernt.

2. Angesichts des Vorstehenden sind besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache nicht erkennbar.

3. Eine Divergenz wird nicht nach § 124a Abs. 4 Satz 5 VwGO dargelegt. Die allgemeine Kritik an der Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht genügt nicht.

4. Gleiches gilt für die vom Kläger erwähnte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Hier wird keine Frage von grundsätzlicher, über den vorliegenden Einzelfall hinausgehender Bedeutung formuliert, auf deren abstrakte und grundsätzliche höchstrichterliche Klärung es in diesem Rechtstreit ankommen sollte.

5. Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Durch ihre umfassende Stellungnahme im Zulassungsverfahren hat die Beigeladene den Rechtsstreit wesentlich gefördert. Ihre außergerichtlichen Kosten waren daher ausnahmsweise aus Billigkeit der unterliegenden Partei aufzuerlegen.

Streitwert: § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 2 GKG unter Berücksichtigung der Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57).

6. Mit diesem unanfechtbaren (§ 152 Abs. 1 VwGO) Beschluss wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung einer Fertigungs- und Lagerhalle mit Verbindungsbau zum bestehenden Betriebsgebäude einer Leichtmetallgießerei mit einer maximalen Abgießmenge von 96t/Tag.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines im unbeplanten Innenbereich nordwestlich an die F. Straße (Staatsstraße St 2154) in F. grenzenden, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. ... sowie des daran grenzenden unbebauten Grundstücks FlNr. ... Gemarkung F. Auf der gegenüberliegenden Seite der F. Straße befindet sich auf den Grundstücken FlNr. ..., ... und ... eine seit 1976 betriebene Gießerei, in der Gussteile aus Aluminiumlegierungen für die Automobil-, Elektro- und Haushaltsgeräteindustrie herstellt werden.

Mit Bescheid vom 23. August 2010 erteilte das Landratsamt Neustadt a.d. Waldnaab der Beigeladenen die Baugenehmigung für den Neubau einer Fertigungs- und Lagerhalle mit Verbindungsbau zum bestehenden Gebäude auf dem rückwärtigen Teil des Grundstücks FlNr. ... Die Genehmigung beinhaltet die Verlagerung von zwei Druckgießmaschinen aus dem bestehenden Betriebsgebäude in die neue Halle.

Die gegen den Bescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 26. Juli 2012 mit der Begründung abgewiesen, durch das genehmigte Bauvorhaben würden Nachbarrechte der Klägerin nicht verletzt. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. Sie macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten sowie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (§ 124 Abs. 2 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

A. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass das Verwaltungsgericht die Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung zu Recht abgewiesen hat, weil die Klägerin durch die im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 Satz 1 BayBO erteilte Baugenehmigung nicht in ihren (Nachbar-)Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Klägerin stehen Abwehrrechte weder wegen der behaupteten fehlenden Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen des nach ihrer Auffassung gebotenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens nach § 10 Abs. 2 ff. BImSchG noch wegen eines Verstoßes gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme oder gegen die bauordnungsrechtliche Brandschutzvorschrift des Art. 28 BayBO zu. Das insoweit maßgebliche Vorbringen im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) gibt keinen Anlass für eine andere Beurteilung.

1. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass formelle Fehler des Genehmigungsverfahrens, derentwegen die Klägerin die Aufhebung der angegriffenen Baugenehmigung verlangen könnte, nicht gegeben sind.

Der Einwand der Klägerin, die Genehmigung sei aus formellen Gründen aufzuheben, weil die Behörde anstatt des Baugenehmigungsverfahrens ein immissionsschutzrechtliches Änderungsgenehmigungsverfahren nach § 16 Abs. 1 BImSchG hätte durchführen müssen und deshalb die gebotene Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 Abs. 2 ff. BImSchG, § 8 ff. der 9. BImSchV unterblieben sei, greift - selbst wenn man die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG hier bejahen würde - nicht durch.

Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu den Folgen des Unterbleibens einer Nachbarbeteiligung nach Art. 66 BayBO nicht ohne Weiteres auf das Unterbleiben einer erforderlichen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 Abs. 2 bis 4 BImSchG übertragbar sind. Anders als Art. 66 BayBO, der als solcher nicht nachbarschützend ist (vgl. BayVGH, B.v. 12.7.2010 - 14 CS 10.327 - juris Rn. 27; B.v. 29.11.2010 - 9 CS 10.2197 - BayVBl 2011, 698 = juris Rn. 11), dürften die Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 Abs. 2 bis 4 BauGB infolge ihrer Funktion als vorgezogenes behördliches Rechtschutzverfahren nachbarschützend sein (vgl. so ausdrücklich BVerwG, U.v. 22.7.1982 - 7 C 50/78 - NJW 1983, 1507 = juris Rn. 15 zu § 10 Abs. 2 Satz 2 BImSchG; vgl. auch NdsOVG, U.v. 1.6.2010 - 12 LB 31/07 - DVBl 2010, 1039 = juris Rn. 35; VGH BW, B.v. 11.12.2014 - 10 S 473/14 - juris Rn. 12; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 10 Rn. 136). Daraus folgt aber nicht, dass die Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung - wie absolute Verfahrensrechte - ohne Rücksicht auf das Entscheidungsergebnis in der Sache eine selbstständig durchsetzbare verfahrensrechtliche Rechtsposition gewähren (vgl. dazu BVerwG, U.v. 4.4.2012 - 9 B 95/11 - juris Rn. 7 m. w. N.). Vielmehr greift auch hier die allgemeine Bestimmung über die Folgen von Verfahrens- und Formfehlern nach Art. 46 BayVwVfG (vgl. BVerwG, U.v. 22.7.1982 - 7 C 50/78 - NJW 1983, 1507 = juris Rn. 16 zu § 10 Abs. 2 Satz 2 BImSchG; B.v. 23.11.2010 - 4 B 37/10 - ZfBR 2011, 166 = juris Rn. 7; OVG NRW, U.v. 1.6.2015 - 8 A 1577/14 - juris Rn. 48; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 10 Rn. 136), wonach die Aufhebung eines Verwaltungsakts nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

Das ist hier der Fall, weil die Behörde unter Beachtung der ihr obliegenden Amtsermittlungspflicht alle maßgeblichen Gesichtspunkte - auch in Bezug auf die Rechte der Nachbarn - in ihre gebundene Entscheidung hat einfließen lassen. Zudem hat die Klägerin - im Rahmen der Beteiligung der Nachbarn im Baugenehmigungsverfahren nach Art. 66 Abs. 1 BayBO - durch die Vorlage der Bauunterlagen tatsächlich bereits vor Erlass des Baugenehmigungsbescheids rechtzeitig von dem Vorhaben der Beigeladenen umfassend Kenntnis erhalten und - anders als in einem früheren immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren (vgl. Stellungnahme des Landratsamts vom 23.11.2012, Blatt 54 ff. der Gerichtakte) - keinerlei Bedenken dagegen erhoben. Bei dieser Sachlage kann nicht angenommen werden, dass sie bei einer förmlichen Auslegung und öffentlichen Bekanntmachung nach § 10 Abs. 2 ff. BImSchG Einwendungen vorgebracht hätte, die in der Sache zu einer anderen Entscheidung geführt haben könnten.

2. Keinen ernstlichen Zweifeln begegnet auch die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das Vorhaben der Beigeladenen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot wegen unzumutbarer Belastungen durch Luftschadstoffe zulasten der Klägerin nicht verletzt.

Die Klägerin trägt insoweit vor, das Verwaltungsgericht habe sich bei seiner Annahme, dass das Vorhaben der Beigeladenen zu keinen unzumutbaren Belastungen durch Luftschadstoffe auf den Grundstücken der Klägerin führe, auf ein Gutachten der ... ... vom 23. November 2008 gestützt und fehlerhaft angenommen, dass nach Nr. 4.1 der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft) vom 24. Juli 2002 (GMBl. S. 511) - TA Luft - eine Ermittlung von Emissionskenngrößen sowie eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft nicht erforderlich gewesen seien, weil die beim Betrieb der Druckgießmaschinen (durch Besprühen mit Trennmittel sowie durch Besprühen der Kolben und Stempel mit Kolbenschmiermittel vernebelten bzw. verdampften Trennmittel bzw. Trennmittelaerosole inkl. deren Zersetzungsprodukten) entstehenden Emissionen überwiegend von den Absaugsystemen erfasst, gereinigt und wieder der Halle zugeführt würden. Weiterhin wendet die Klägerin ein, das Verwaltungsgericht habe zur Beurteilung der Staubemissionen zu Unrecht die Heranziehung des Gutachtens vom 23. November 2008 im Wege eines „Erst-Recht-Schlusses“ für geeignet gehalten, obwohl es nicht zu dem streitgegenständlichen Vorhaben erstellt worden sei. Damit erhebt sie in der Sache Einwände gegen die Tatsachen- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Diese führen indes nicht zur Zulassung der Berufung.

Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d. h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO folglich nur dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B.v. 21.1.2013 - 8 ZB 11.2030 - juris Rn. 17 m.w.N; B.v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 - juris Rn. 11).

Dass solche Fehler der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung hier vorliegen, hat die Klägerin nicht aufgezeigt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Sie stützt ihre Einwände lediglich auf die nicht näher begründete Behauptung, dass anstatt des Baugenehmigungsverfahrens ein immissionsschutzrechtliches Änderungsgenehmigungsverfahren nach § 16 Abs. 1 BImSchG hätte durchgeführt werden müssen und infolge dessen nicht allein das mit dem angegriffenen Bescheid genehmigte Vorhaben (Neubau der Fertigungs- und Lagerhalle mit Verlegung von zwei Druckgießmaschinen aus der bestehenden in die neue Halle), sondern die Gesamtanlage des Beigeladenen einschließlich des immissionsschutzrechtlichen Bestands hätte beurteilt werden müssen. Das reicht zur Darlegung eines Mangels der gerichtlichen Überzeugungsbildung nicht aus, zumal die Frage des richtigen behördlichen Verfahrens unter den Beteiligten gerade strittig war und das Vorliegen der Voraussetzungen für ein immissionsschutzrechtliches Verfahrens nach § 16 BImSchG von der Behörde aufgrund einer immissionsschutzfachlichen Stellungnahme des Sachgebiets 41 vom 8. Juni 2010 infolge der „offensichtlich geringen Auswirkungen“ des Vorhabens der Beigeladenen ausdrücklich verneint wurde (vgl. Blatt 14 ff. der Behördenakte). Auch der Hinweis auf die Tatsache, dass es sich bei dem Bestandsbetrieb der Beigeladenen um eine Anlage nach Nr. 3.8.1 der 4. BImSchV handelt, reicht zur Darlegung eines Mangels der richterlichen Überzeugungsbildung nicht aus.

3. Nicht ernstlich zweifelhaft ist auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass Rechte der Klägerin durch die in der Baugenehmigung zugelassene Abweichung von dem Erfordernis der Errichtung einer inneren Brandwand für die neue Fertigungs- und Lagerhalle nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayBO nicht verletzt sind, weil diese Vorschrift keine nachbarschützende Wirkung zugunsten der Klägerin entfaltet.

Bauaufsichtliche Brandschutzvorschriften (vgl. Art. 12 BayBO) haben nicht generell, sondern nur dann nachbarschützende Wirkung, wenn sie dem Schutz der Nachbarn vor einer Ausbreitung von Feuer und Rauch dienen (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2014 - 9 CS 14.998 - BayVBl 2014, 727 = juris Rn. 13). Eine solche Schutzfunktion kommt den Bestimmungen über die Anforderungen an innere Brandwände nicht zu. Brandwände innerhalb von Gebäuden (innere Brandwände) bezwecken ersichtlich nur die Verhinderung der Ausbreitung eines Brandes auf andere Teile ein und desselben Gebäudes und damit den Schutz von Leben und Gesundheit der sich dort aufhaltenden Menschen bzw. von dort befindlichen Sachwerten (vgl. VGH BW, Urt. v. 26.2.1992 - 3 S 2947/91 - juris Rn. 22; OVG NW, B.v. 29.7.2002 - 7 B 583/02 - juris Rn. 15 f.; OVG SA, B.v. 19.10.2012 - 2 L 149/11 - NVwZ-RR 2013, 87 = juris Rn. 21 und 34; Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 28 Rn. 1; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand Feb. 2015, Art. 66 Rn. 279). Sie dienen aber nicht (auch) - wie nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO als Brandwände auszubildende „äußere“ Gebäudeabschlusswände - der Verhinderung der Ausbreitung eines Brandes auf benachbarte Gebäude und damit dem Schutz der Nachbarn (vgl. dazu BayVGH, U.v. 21.12.1977 - 273 II 75 - BayVBl 1978, 669 = juris Rn. 22; VGH BW, U.v. 24.7.1984 - 8 S 2047/83 - VBlBW 1985, 102; Koch/Molodovsky/Famers, BayBO, Stand April 2015, Art. 28 Rn. 14 m. w. N.). Dies gilt auch für die Vorschrift des Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayBO, wonach Brandwände als innere Brandwand zur Unterteilung ausgedehnter Gebäude in Abständen von nicht mehr als 40 m erforderlich sind. Eine drittschützende Zweckrichtung zugunsten benachbarter Grundstückseigentümer lässt sich weder dem Wortlaut dieser Bestimmung noch ihrem Sinn und Zweck oder sonstigen Umständen entnehmen. Dass mit der Eindämmung von Brandschutzgefahren innerhalb von Gebäuden faktisch auch die Gefahr des Übergreifens von Bränden auf Nachbargebäude verringert werden kann, genügt für die Annahme einer nachbarschützenden Wirkung der Vorschrift nicht (vgl. allgemein zu den Voraussetzungen für das Vorliegen einer nachbarschützenden Vorschrift Geiger in Praxishandbuch des Bauplanungs- und Immissionsschutzrechtes, Stand März 2015, Teil E Rn. 40 ff.).

Da bei dieser Sach- und Rechtslage eine Rechtsverletzung der Klägerin durch die erteilte Abweichung von vornherein ausscheidet, kommt es auf die Frage, ob das Wohngebäude der Klägerin durch das bestehende Betriebsgebäude der Beigeladenen und die F. Straße im Fall eines Brandereignisses tatsächlich „abgeschirmt“ werden kann, nicht an. Ebenso wenig ist in diesem Zusammenhang entscheidungserheblich, ob die neue Fertigungs- und Lagerhalle in den genehmigten Bauunterlagen fälschlich als Gebäude der Gebäudeklasse 3 nach Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BayBO anstatt als solches der Gebäudeklasse nach Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BayBO eingestuft wurde. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb in entsprechenden Fällen nicht auch bei Gebäuden der Klasse 5 vom Erfordernis einer inneren Brandwand gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayBO abgewichen werden könnte.

Soweit die Klägerin in der Zulassungsbegründung - ohne hinreichende Klarstellung - insoweit freilich ihr erstinstanzliches Vorbringen zum Fehlen ausreichender äußerer Brandwände des Vorhabens wiederholen möchte, hat es bei einem Hinweis auf die Gründe auf Seite 23 unten des Urteils des Verwaltungsgerichts sein Bewenden.

B. Der Rechtsstreit weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), die die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern. Die Klägerin sieht die besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache im Wesentlichen in denselben Fragen, die sie auch zu dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts angeführt hat. Diese Fragen sind jedoch - wie sich aus vorstehenden Darlegungen ergibt - weder komplex noch fehleranfällig (vgl. zu diesem Maßstab BayVGH, B.v. 3.11.2011 - 8 ZB 10.2931 - BayVBl 2012, 147/149 m. w. N.). Sie können ohne Weiteres anhand der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung bereits im Zulassungsverfahren geklärt werden.

C. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) scheidet ebenfalls aus.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerwG, B.v. 16.11.2010 - 6 B 58/10 - juris Rn. 3; vom 17.12.2010 - 8 B 38/10 - ZOV 2011, 45 Rn. 7 f.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage,

„Kann von Rechts wegen der Grundsatz, dass ein Verstoß gegen die Nachbarbeteiligung im vereinfachten bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren (Art. 59 S. 1 Nrn. 1 bis 3 BayBO) gemäß Art. 66 BayBO die materiell-rechtliche Fehlerhaftigkeit einer solchen Baugenehmigung nicht zu begründen geeignet ist, auf die Konstellation übertragen werden, die sich dadurch auszeichnet, dass anstelle des vereinfachten bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens ein immissionsschutzrechtliches Änderungsgenehmigungsverfahren gemäß § 16 Abs. 1 BImSchG durchzuführen gewesen wäre mit der Konsequenz, dass das im immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungsverfahren gebotene Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 10 Abs. 2 bis 8 BImSchG i. V. m. §§ 8 ff. der 9. BImSchV unterblieb?“,

ist nicht klärungsbedürftig, weil sie anhand des Gesetzes und der Rechtsprechung ohne Weiteres geklärt werden kann. Sie ist - wie oben (vgl. II. A.1.) aufgezeigt - unbeschadet der Anwendung des Art. 46 BayVwVfG zu verneinen.

D. Die Entscheidung über die Kosten des Zulassungsverfahrens ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene trotz ihres erfolgreichen Gegenantrags ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Denn sie setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung (§ 154 Abs. 3 VwGO) typischerweise keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 - 8 ZB 01.1789 - BayVBl 2002, 378). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Gründe

A.

1

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

2

Die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 –, NVwZ-RR 2011, 546, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

I.

3

Das Verwaltungsgericht hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass das Gericht auf die Klage oder den Widerspruch des Nachbarn gegen eine Baugenehmigung nicht deren objektive Rechtmäßigkeit, sondern nur zu prüfen hat, ob der Nachbar durch die Baugenehmigung in seinen subjektiven Rechten verletzt ist. Dies setzt voraus, dass die Baugenehmigung gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Eine solche Verletzung nachbarschützender Vorschriften hat das Verwaltungsgericht verneint.

4

Es hat angenommen, das Vorhaben der Beigeladenen, der Umbau einer ehemaligen Fabrikanlage zu einem Wohngebäude, füge sich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein, die durch eine Gemengelage geprägt sei. Zu Gunsten der Kläger greife auch kein Gebietserhaltungsanspruch ein, da ein einheitlich gewerblicher Gebietscharakter schon durch die westlich gelegene Hinterliegerbebauung mit Mehrfamilienhäusern ausgeschlossen sei.

5

Die Kläger könnten sich auch nicht auf bauordnungsrechtliche Belange, insbesondere die Unterschreitung von Abstandsflächen berufen. Letzteres sei schon deshalb fraglich, weil die Änderung eines Gebäude, das den Mindestabstand nicht oder nur knapp einhalte, möglicherweise kein neues Abwehrrecht des Nachbarn begründe.

6

Selbst wenn dies anders zu beurteilen sein sollte, sei das Vorhaben jedenfalls aufgrund der erteilten Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften zulässig. Die für eine solche Abweichung erforderliche atypische Situation ergebe sich hier aus der Entstehungsgeschichte der Grundstücke, ihrer Lage zueinander in einem bebauten Gebiet, aus dem Interesse der Beigeladenen an einer sinnvollen Nutzung der Immobilie und dem Interesse des Denkmalschutzes am Erhalt derselben.

7

Zu berücksichtigen sei, dass die Abstandsflächenproblematik im Kern bereits bei Teilung des ursprünglichen, die Flurstücke der Kläger und der Beigeladenen umfassenden unvermessenen Geländes entstanden sei. Dabei hätten die Kläger bzw. ihre Rechtsvorgänger zu ihren Gunsten im Hinblick auf die Bebauung mit vergleichsweise flachen Lagerhallen recht großzügige Grundstücke und mithin Abstandsflächen erworben. Für das verbleibende Restgrundstück, das mit einer mehrgeschossigen, insgesamt gut 17 m hohen Fabrikanlage bebaut gewesen sei, sei nur noch ein Grundstücksstreifen rund um die Fabrik in einer Breite von 3 m belassen worden. Dies habe zwar unter der – schon damals zweifelhaften – Annahme eines Gewerbegebiets dem notwendigen Mindestmaß einer Abstandsfläche entsprochen. Gleichzeitig sei damals aber schon der Kern gelegt worden für Probleme bei jeder denkbaren Änderung des Gebäudes oder seiner Nutzung.

8

Auch wenn die Einhaltung der Abstandsflächen des umgenutzten Gebäudes im Rahmen des Genehmigungsverfahrens neu zu prüfen seien, sei zu beachten, dass es sich gleichwohl der Kubatur nach um ein Bestandsgebäude handele und keine erheblichen abstandsflächenrelevanten baulichen Veränderungen an der Außenhülle vorgenommen worden seien. Insbesondere die Balkonanlagen fielen unter das Abstandsflächenprivileg des § 6 Abs. 6 BauO LSA. Die nachbarschützenden Aspekte hätten sich hinsichtlich Belichtung, Belüftung und Besonnung durch die bloße Umnutzung nicht verändert. Lediglich ein Abriss hätte eine Verbesserung des Zustands für die Kläger bewirkt. Dies hätten sie aber nicht erwarten können, weil es sich bei dem ehemaligen Fabrikgebäude um ein Baudenkmal handele, dessen Erhalt auch im öffentlichen Interesse liege, das sich nicht notwendig auf dessen Funktion erstrecke.

9

Die Kläger könnten sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass eine mögliche spätere Nutzung ihrer derzeit noch mit Lagerhallen bebauten Grundstücke unzulässig verkürzt werde, weil nunmehr die Abstandsflächen des Gebäudes der Beigeladenen auf ihrem Grundstück zu liegen kämen. Die von der Beklagten zugelassenen Abweichungen hinderten die Kläger nicht an einer baurechtskonformen Ausnutzung ihrer eigenen Grundstücke unter Ausnutzung auch der Flächen, die mit den Abstandsflächen des Vorhabens der Beigeladenen „belastet“ seien.

10

Auch die Befreiung von der Vorschrift des § 29 BauO LSA hinsichtlich des Brandschutzes sei nicht zu beanstanden. Eine Brandwand sei schon deshalb nicht zu fordern, weil der Abstand zwischen der Gebäudeabschlusswand des Gebäudes der Beigeladenen und dem Bestandsgebäude des Klägers zu 1 mehr als die nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 BauO LSA erforderlichen 5 m betrage und eine zukünftige bauliche Veränderung auf dem Flurstück der Kläger zu 1 nicht konkret absehbar sei, jedenfalls aber ein Wegerecht zu beachten hätte, so dass ein Abstand zum Gebäude von 6,50 m gesichert sei.

II.

11

Die vom Kläger hiergegen vorgebrachten Einwände sind nicht geeignet, diese tragenden Erwägungen in Frage zu stellen.

12

1. Dies gilt insbesondere für den Vortrag der Kläger, die nachbarschaftliche Vereinbarung vom 21.12.2006 über die wohnbauliche Nutzung des alten Fabrikgebäudes sei bis zum 30.06.2007 befristet gewesen. Sie legen nicht dar, inwieweit diese Vereinbarung für die Frage, ob die angefochtene Baugenehmigung oder die Abweichungsbescheide dem Schutz der Kläger dienende öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzen, von rechtlicher Bedeutung sein könnte. Dies erhellt sich auch nicht aus dem weiteren Vorbringen der Kläger, die Beigeladene habe nach Ablauf der Geltungsdauer „wider besseres Wissen“ den Bauantrag mit der Vereinbarung eingereicht und sich nicht um eine einvernehmliche Lösung bemüht, sondern Druck ausgeübt, u. a durch Erhebung einer Klage mit dem Ziel, die Errichtung eines Zauns zwischen beiden Grundstücken zu verhindern. Der Vortrag der Kläger, sie hätten in einem Gespräch im Bauordnungsamt der Beklagten Bedenken hinsichtlich der aus ihrer Sicht oberflächlichen Sanierung des ehemaligen Fabrikgebäudes geäußert, lässt ebenfalls nicht erkennen, inwieweit dies für eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften durch die Baugenehmigung von Belang sein könnte.

13

2. Die von den Klägern beanstandeten Baumängel (Nässeschäden, fehlende Rauchabzugsanlagen in den Treppenhäusern, Aufbringen von Kies und Erdreich, keine vertikale Sperrung der Wände) betreffen die tatsächliche Bauausführung und nicht die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung. Zudem ist nicht dargelegt, inwieweit dadurch Nachbarrechte der Kläger verletzt werden. Auch der Einwand der Kläger, beim Bau der Stellplatzanlage sei die Oberkante des Geländes um bis zu 30 cm angehoben worden, so dass es zu nachteiligen Veränderungen beim Abfließen des Regenwassers komme, betrifft die tatsächliche Bauausführung. Die Anordnung der Stellplätze war im Übrigen bereits Gegenstand der Teilbaugenehmigung vom 23.10.2007, die die Kläger nicht angefochten haben.

14

3. Die Kläger machen geltend, die Balkonanlagen an der westlichen Gebäudeseite verstießen gegen § 6 BauO LSA, insbesondere fielen sie nicht unter das Abstandsflächenprivileg des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA. Die dafür gegebene Begründung, die Balkonanlagen hielten den Mindestabstand zur Grenze zum Grundstück des Klägers zu 2 von 2 m nicht ein und träten bis zu ca. 1,70 m vor die Gebäudewand, trifft indes nicht zu.

15

Gemäß § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA bleiben bei der Berechnung der Abstandsflächen Vorbauten außer Betracht, wenn sie insgesamt nicht mehr als ein Drittel der Breite der jeweiligen Außenwand in Anspruch nehmen, nicht mehr als 1,50 m vor diese Außenwand vortreten und mindestens 2 m von der gegenüberliegenden Nachbargrenze entfernt bleiben. Diesen Vorgaben entsprechen die Balkone an der westlichen Außenwand im betroffenen südlichen Gebäudeteil gegenüber dem Grundstück des Klägers zu 2 (Flurstück 10364). Nach den genehmigten Bauvorlagen, insbesondere den Grundrisszeichnungen (Bl. 107 ff des Verwaltungsvorgangs) und den Ansichtszeichnungen (Bl. 111 des Verwaltungsvorgangs), die nach den darauf befindlichen Zugehörigkeitsvermerken Bestandteile der Baugenehmigung sind, sollen an dieser Außenwand im Erdgeschoss und in den beiden Obergeschossen jeweils zwei Balkone angebracht werden, die eine Breite von 3,10 m haben. Ihre Gesamtbreite von 6,20 m macht weniger als ein Drittel der Gesamtlänge dieser Außenwand von 18,75 m aus. Im Dachgeschoss sollen ein Balkon dieser Breite sowie ein 2,72 m breiter Rettungsbalkon angebracht werden. Entgegen der Annahme der Kläger treten diese Balkone nicht bis zu 1,70 m, sondern jeweils nur 1 m vor die Außenwand und halten, da der Abstand der Außenwand zur westlichen Grundstücksgrenze 3 m beträgt, einen Abstand von 2 m zu dieser Grenze ein.

16

Auch der Vortag, die Kubatur des Bauwerks sei u. a. durch die Balkone verändert worden, genügt nicht, um die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat seiner Ansicht, dass es sich um einen Bestandsbau ohne abstandsflächenrelevante bauliche Veränderungen handele, die Annahme zugrunde gelegt, dass die Balkone dem Abstandsflächenprivileg des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA unterfielen. Diese Annahme haben die Kläger allein mit der Begründung angegriffen, die in dieser Vorschrift vorgegebenen Maße seien nicht eingehalten. Dies trifft aber, wie oben bereits ausgeführt, nicht zu.

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4. Die Kläger wenden weiter ein, am Gebäude der Beigeladenen seien – neben der Errichtung von Balkonen – weitere Veränderungen vorgenommen worden. So sei die Klinkerfassade an der westlichen Gebäudeseite mit einem ca. 4 cm dicken Putz versehen worden. Zudem seien Fensteröffnungen zugemauert, verändert oder – wie im Dachgeschoss des südlichen Treppenhauses – neu geschaffen worden. Dies verstoße gegen § 6 BauO LSA. Sie tragen weiter vor, im Dachgeschoss seien die Stahlkonstruktion, vorhandene Rundbögen und Gewölbedecken (teilweise) entfernt bzw. zugebaut worden. Auch sei der Treppenlauf im südlichen Treppenhaus verändert worden. Schließlich sei die Kubatur des Bauwerks auch durch den Abriss der Hallen im Hofbereich sowie der Laderampe erheblich verändert worden. Auch damit ist nicht dargetan, weshalb das Vorhaben unter Berücksichtigung des entsprechenden Abweichungsbescheides vom 06.02.2008 die Kläger in ihren Rechten verletzt.

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Die westliche und die südliche Außenwand des südlichen Gebäudeteils halten die nach § 6 BauO LSA erforderlichen Abstandsflächen unstreitig nicht ein, und zwar unabhängig davon, ob auf diese Wand Putz aufgebracht wurde und die Fensteröffnungen in der dargestellten Form verändert wurden. Deshalb ließ die Beklagte mit den Bescheiden vom 06.02.2008 auf der Grundlage des § 66 Abs. 1 Satz 1 BauO LSA Abweichungen von diesen Vorschriften zu. Die für eine Abweichung erforderliche atypische Situation hat das Verwaltungsgericht u. a. aus der Lage des Baugrundstücks zu den Grundstücken der Kläger, dem Interesse der Beigeladenen an einer sinnvollen Nutzung des früheren Fabrikgebäudes sowie dem öffentlichen Interesse an dessen Erhalt abgeleitet. Dass in einer solchen Konstellation Abweichungen zulässig sein können, haben die Kläger nicht in Frage gestellt. Die Vorinstanz hat ferner wesentlich darauf abgestellt, dass es sich um ein Bestandsgebäude handele, an dem keine erheblichen abstandsflächenrelevanten baulichen Veränderungen an der Außenhülle vorgenommen worden seien. Der Umstand, dass eine Putzschicht aufgebracht wurde und Fensteröffnungen verändert wurden, stellt dies nicht in Frage. Bei der Zulassung der Abweichungen hat sich die Beklagte von der Erwägung leiten lassen, dass sich bezüglich der Funktionen der Abstandsflächen, eine ausreichende Belichtung und Besonnung der sich gegenüberliegenden Gebäude zu gewährleisten, keine nachteiligen Auswirkungen ergeben und auch keine negativen Auswirkungen hinsichtlich des präventiven Brandschutzes zu befürchten seien, weil die Abstände zwischen den vorhandenen Gebäuden mit mehr als 5 m bzw. 11,60 m groß genug seien. Diese Einschätzung greifen die Kläger nicht substantiiert an. Insbesondere ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass das Aufbringen einer ca. 4 cm dicken Putzschicht und die geänderte Anordnung der Fensteröffnungen bauliche Änderungen solcher Art darstellen, dass dadurch spürbare Beeinträchtigungen der nachbarlichen Interessen der Kläger entstehen, die über die vom vorhandenen Fabrikgebäude ausgehenden Beeinträchtigungen hinausgehen. Insbesondere ist damit eine Einbuße an Belichtung, Besonnung und Belüftung ihrer Grundstücke nicht verbunden. Noch weniger ist ersichtlich, dass die Kläger durch Veränderungen im Inneren des Gebäudes oder den Abriss von Gebäuden oder Gebäudeteilen im nördlichen Grundstücksteil und der Laderampe zusätzlichen Beeinträchtigungen ausgesetzt sind. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob diese Änderungen denkmalschutzrechtlich notwendig sind oder nicht.

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5. Die Kläger dringen auch nicht mit dem Einwand durch, das Vorhaben der Beigeladenen stehe in Widerspruch zu § 5 BauO LSA

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5.1. Sie rügen zunächst einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA, weil am Südteil des Gebäudes keine den Anforderungen des § 5 Abs. 2 BauO LSA genügende Zu- oder Durchfahrt für die Feuerwehr vorhanden sei.

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Zweifelhaft ist bereits, ob dieser Vorschrift nachbarschützende Funktion zukommt. Hierzu tragen die Kläger nichts vor. Gegen eine nachbarschützende Wirkung des § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA spricht, dass die darin vorgeschriebene Schaffung einer Zu- oder Durchfahrt für Feuerwehrfahrzeuge zu Gebäuden, bei denen die Oberkante der Brüstung der zur Rettung über Geräte der Feuerwehr bestimmten Fenster oder Stellen mehr als 8 m über Gelände liegt, möglicherweise nur dem Schutz der im Gebäude sich aufhaltenden Menschen dient und nicht – wie bei einer Reihe anderer Vorschriften des vorbeugenden Brandschutzes – auch dazu, die Gefahr der Ausbreitung eines Feuers auf Nachbargrundstücke zu vermindern. Ein nachbarschützender Charakter scheidet bei solchen Vorschriften – insbesondere auch des Brandschutzes – aus, die ersichtlich nur die Bewohner bzw. Benutzer des jeweiligen Gebäudes schützen sollen; nachbarschützender Charakter kommt vielmehr nur den brandschutzbezogenen Regelungen zu, die auch das Übergreifen von Bränden über das Baugrundstück hinaus auf die Nachbarschaft verhindern sollen (vgl. OVG NW, Beschl. v. 29.07.2002 – 7 B 583/02 –, Juris). Andererseits könnte sich ein nachbarschützender Charakter der Vorschrift daraus ergeben, dass bei einer den Brandschutzanforderungen nicht genügenden Zugänglichkeit des Vorhabengrundstücks im Brandfall das Grundstück des Nachbarn in Anspruch genommen werden kann (vgl. SaarlOVG, Urt. v. 26.01.2006 – 2 R 9/05 –, AS RP-SL 33, 227). So sind nach § 26 Abs. 3 des Brandschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (BrSchG LSA) Eigentümer, sonstige Nutzungsberechtigte und Besitzer von Grundstücken verpflichtet, bei Bränden, Unglücksfällen und Notsituationen den Feuerwehren das Betreten und die Benutzung ihrer Grundstücke und Gebäude zur Brandbekämpfung oder Hilfeleistung zu gestatten und die vom Einsatzleiter der Feuerwehr im Zusammenhang mit diesen Arbeiten oder zur Verhütung einer Gefahrenausbreitung angeordneten Maßnahmen zu dulden, soweit dies zur wirkungsvollen Gefahrenabwehr erforderlich ist. Die Frage, ob § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA nachbarschützende Wirkung hat, bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung.

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Jedenfalls lässt sich ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA nicht mit dem Vortrag der Kläger begründen, den darin genannten Anforderungen könne das Vorhaben der Beigeladenen schon deshalb nicht entsprechen, weil die Kläger über ein im Grundbuch eingetragenes unbeschränktes Wegerecht über das Grundstück der Beigeladenen in einer Breite von 3,50 m verfügten. Dieses Wegerecht zugunsten des jeweiligen Eigentümers des mit Kaufvertrag vom 16.10.2003 erworbenen Grundstücks wurde als Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB im Grundbuch eingetragen. Bei Bestellung einer Grunddienstbarkeit bleibt der Eigentümer neben dem Dienstbarkeitsberechtigten grundsätzlich nutzungsberechtigt; er darf nur das Recht des Dienstbarkeitsberechtigten nicht beeinträchtigen. Nur soweit dem Dienstbarkeitsberechtigten im zulässigen Umfang ein ausschließliches Nutzungsrecht ausdrücklich eingeräumt wurde, ist der Eigentümer von der Mitbenutzung ausgeschlossen (vgl. hierzu Grziwotz, in: Erman, BGB, 13. Aufl. § 1018 RdNr. 15). Letzteres ist hier nicht der Fall. Vielmehr ist in § 6 Nr. 3 des Grundstückskaufvertrags vom 16.10.2003 bestimmt, dass der Eigentümer des dienenden Grundstücks berechtigt ist, die Wegefläche mitzunutzen. Besteht aber ein solches Mitbenutzungsrecht, kann die Zufahrt im Brandfall durch Feuerwehrfahrzeuge ohne zusätzliche Beeinträchtigung der Rechte der Kläger genutzt werden.

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5.2. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand, „direkt vor dem Tor“ zum Grundstück des Klägers zu 2 sei eine Aufstellfläche für Feuerwehrfahrzeuge vorgesehen, so dass im Brandfall ein Verlassen des Grundstücks unmöglich sei.

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Die Kläger legen auch insoweit nicht dar, welche nachbarschützende Vorschrift durch die genehmigte Anordnung von Aufstell- und Bewegungsflächen für Hubrettungsfahrzeuge verletzt sein soll. Die insoweit maßgebliche Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA bestimmt lediglich, dass Aufstell- und Bewegungsflächen für Hubrettungsfahrzeuge vorzusehen sind, wenn deren Einsatz für die Personenrettung erforderlich ist. Vorgaben, wo auf dem Baugrundstück oder gar in welchem Abstand zum Nachbargrundstück diese Flächen anzuordnen sind, enthält § 5 BauO LSA nicht. Unabhängig davon ist nicht ersichtlich, weshalb ein Verlassen des Grundstücks des Klägers zu 2 (Flurstück 10364) über das Flurstück 10367 nicht möglich sein soll.

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5.3. Nicht stichhaltig ist auch der Einwand der Kläger, bei einer Feuerwehrübung habe sich gezeigt, dass sich die „Bewegungsflächen“ der Drehleiter in unzulässiger Weise auf dem Luftraum über seinem Grundstück befinden. Ungeachtet der Frage, ob § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA nachbarschützende Wirkung hat, ist nicht erkennbar, dass diese Vorschrift dadurch verletzt sein kann, dass bei der nach den genehmigten Bauvorlagen vorgesehenen Anordnung der Aufstell- und Bewegungsflächen im Brandfall oder bei Feuerwehrübungen die ausgefahrene Drehleiter eines Hubrettungsfahrzeugs die in § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA vorgeschriebene Bewegungsfläche § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA im Luftraum überschreitet. Mit „Bewegungsfläche“ in § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA ist nicht die (kreisförmige) Fläche gemeint, über der sich die ausgefahrene Drehleiter eines Hubrettungsfahrzeugs bewegen kann. Vielmehr ist dies die Fläche, die benötigt wird, damit das Fahrzeug im Brandfall zum Einsatz gebracht werden kann. Mit der Verpflichtung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA, für Hubrettungsfahrzeuge Aufstell- und Bewegungsflächen vorzusehen, wenn deren Einsatz für die Personenrettung erforderlich ist, soll gesichert werden, dass an dem Gebäude ausreichend Platz vorhanden ist, damit das Hubrettungsfahrzeug zum Einsatz gebracht werden kann (vgl. Jäde, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 5 RdNr. 24). Dies ergibt sich auch aus der lfd. Nr. 7.4 der Liste der technischen Baubestimmungen (Fassung März 2006), Anhang C (MBl LSA 2010 S. 213 [256]), wonach Bewegungsflächen für jedes Fahrzeug mindestens 7 m x 12 m groß sein müssen.

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6. Die Kläger bemängeln weiter, der Umstand, dass auf die an der Grundstücksgrenze liegende Gebäudewand des Treppenhauses am südlichen Gebäudeteil neuer Putz aufgebracht worden sei, habe eine unzulässige Überbauung auf das Grundstück des Klägers zu 1 zur Folge. Dies könne auch nicht durch die Gewährung einer Abweichung genehmigt werden. Auch damit können die Kläger nicht durchdringen. Nach den genehmigten Bauvorlagen liegt schon kein Überbau vor; vielmehr befindet sich die südliche Außenwand des Treppenhauses auf der Grenze zum Grundstück des Klägers zu 1 (Flurstück 10367). Soweit mit der Aufbringung eines Putzes die Grenze um wenige Zentimeter überbaut werden sollte, betrifft dies nur die tatsächliche Bauausführung und nicht die Rechtsmäßigkeit der Baugenehmigung. Im Übrigen wäre zweifelhaft, ob mit einem Überbau die Verletzung eigener Rechte durch die Baugenehmigung schlüssig begründet werden kann. Die Zulässigkeit eines Überbaus richtet sich nach zivilrechtlichen Vorschriften (§ 912 BGB). Gemäß § 71 Abs. 1 BauO LSA wird in einem Baugenehmigungsverfahren aber nur die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften geprüft, und gemäß § 71 Abs. 4 BauO LSA wird die Baugenehmigung unbeschadet der Rechte Dritter erteilt. Dies bedeutet, dass die Baugenehmigung Privatrechtliches überhaupt nicht im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG „regelt" mit der Folge, dass selbst eine Baugenehmigung, deren Bauzeichnungen einen Überbau auf fremdes Privateigentum aufweisen, über die Zulässigkeit dieses Überbaus überhaupt keine Regelung im Rechtssinn treffen dürfte (VGH BW, Urt. v. 04.03.1996 – 5 S 1798/95 –, NJW 1996, 3429; BayVGH, Beschl. v. 16.08.2010 – 2 ZB 10.134 – Juris; vgl. auch Beschl. d. Senats v. 23.04.2010 – 2 L 148/09 –, Juris, RdNr. 5).

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7. Zu Unrecht rügen die Kläger, die Änderung der Nutzungsart führe zu einer verminderten Bebaubarkeit ihrer Grundstücke, weil sich mit ihr die für Industriegebiete geltende Tiefe der Abstandsfläche von 0,2 H auf 0,4 H erhöht habe. Die Frage, ob das Gebäude der Beigeladenen gewerblich oder nicht gewerblich genutzt wird, war und ist für die Tiefe der Abstandsflächen unerheblich. Anderes folgt auch nicht aus § 6 Abs. 5 Satz 2 BauO LSA, der bestimmt, dass in Gewerbe- und Industriegebieten – abweichend von der Grundregel des § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO LSA – eine Tiefe der Abstandsflächen von 0,2 H, mindestens, 3 m genügt. Bei Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 2 BauO LSA kommt es allein auf den jeweiligen Charakter des Baugebiets und nicht auf die Nutzung einzelner Gebäude an (Beschl. d. Senats v. 19.10.2011 – 2 M 129/11 –, NVwZ-RR 2012, 137, m.w.N.). Ergibt die planungsrechtliche Analyse für den unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB, dass der betrachtete Bereich keinem der in der BauNVO beschriebenen Baugebiete entspricht, also § 34 Abs. 1 BauGB zugrunde zu legen ist, bleibt es bei der Grundregel des § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO LSA; die konkrete Nutzung der Gebäude kann auch in sog. Gemengelagen nicht herangezogen werden (vgl. Dirnberger, in Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 6 RdNr. 146, m.w.N.). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die die Kläger nicht angegriffen haben, ist die Umgebung des Baugrundstücks als sog. Gemengelage zu charakterisieren (vgl. hierzu Urt. d. Senats v. 14.11.2006 – 2 L 504/02 –, Juris), die im nördlichen Teil des Gebiets einen eindeutigen Schwerpunkt in der Wohnbebauung aufweise.

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8. Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, dass entgegen § 8 BauO LSA kein ausreichend großer Spielplatz angelegt werde oder in der näheren Umgebung vorhanden sei; denn diese Regelung ist nicht nachbarschützend. Wird einem Bauherrn abweichend von dieser Vorschrift die Errichtung eines Kinderspielplatzes nicht abverlangt, werden die Nachbarn nicht in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt. Dies folgt bereits daraus, dass ein Kinderspielplatz nur den Kindern zugute kommen soll, die auf dem Baugrundstück wohnen (Dirnberger, in Jäde/Dirnberger, a.a.O., § 8 RdNr. 10).

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9. Ohne Erfolg wenden die Kläger ein, das Treppenhaus an der Südseite des Gebäudes sei ein eigenständiger Gebäudeteil, der nachträglich an das Hauptgebäude angebaut worden sei, so dass dessen Erhaltung denkmalrechtlich nicht geboten sei. Unabhängig davon, dass die Kläger keine konkreten Anhaltspunkte für eine nachträgliche Errichtung des Treppenhauses dargelegt haben, hat das Verwaltungsgericht das Interesse am Erhalt des Denkmals lediglich als einen von mehreren Gesichtspunkten angeführt, die die Gewährung einer Abweichung rechtfertigen. Es hat insbesondere auch das Interesse der Beigeladenen an einer sinnvollen Nutzung des Gesamtgebäudes als weiteren Grund angeführt. Der Umstand, dass das Treppenhaus nach den genehmigten Bauvorlagen Teil des ersten Rettungsweges für einen Teil der Nutzungseinheiten im 1. und 2. Obergeschoss ist, spricht dafür, dass es für eine sinnvolle Nutzung des bestehenden Gebäudes erforderlich ist.

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10. Der Vortrag der Kläger, das Vorhaben der Beigeladenen entspreche nicht den Anforderungen des § 12 Abs. 1 BauO LSA an die Standsicherheit baulicher Anlagen, weil es zwischen dem Hauptgebäude und dem Treppenhaus bereits Risse gegeben habe und die beiden Gebäude(-teile) nur mit Zugankern verbunden seien, bleibt unsubstantiiert. Insbesondere ist nicht dargelegt, weshalb eine ausreichende Standsicherheit zulässigerweise nur ohne Zuganker hergestellt werden darf.

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11. Die Kläger bemängeln auch ohne Erfolg eine Verletzung der brandschutzrechtlichen Vorschriften der §§ 14, 29 BauO LSA.

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11.1. Soweit sie vortragen, eine effektive Rettung von Menschen und Tieren im südlichen Gebäudeteil sei nicht möglich, ist nicht ersichtlich, inwieweit sie dadurch in ihren Nachbarrechten verletzt sein können.

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11.2. Der Vortrag der Kläger, durch die Fenster im Treppenhaus an der Südseite werde der vorbeugende Brandschutz verletzt, weil der Kläger zu 1 in diesem Bereich zukünftig Gebäude errichten könne, die sich auch auf der Grundstücksgrenze befinden könnten, ist unsubstantiiert. Gleiches gilt für den Einwand, es dürfte zu erheblichen nachbarlichen Spannungen kommen, weil den Klägern das Recht zustehen dürfte, ebenfalls ohne Einhaltung der Abstandsflächen zu bauen. Die Kläger legen schon nicht dar, woraus sich ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung neuer Gebäude oder den Anbau an bestehende Gebäude ohne Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen ergeben soll. Allein der Umstand, dass die Beigeladene das vorhandene Gebäude gemäß der erteilten Baugenehmigung verändern darf, dürfte hierfür nicht genügen. Richtig ist zwar, dass ein Grundstücksnachbar Abwehrrechte gegen die Verletzung abstandsflächenrechtlicher Vorschriften durch ein Bauvorhaben grundsätzlich insoweit nicht geltend machen kann, als die Bebauung auf seinem Grundstück gegenüber dem Nachbargrundstück in vergleichbarem Umfang die nach dem geltenden Recht erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält (vgl. Beschl. d. Senats v. 24.01.2012 – 2 M 157/11 –, Juris, m.w.N). Dies kann jedoch anders zu beurteilen sein, wenn der Bau des Nachbarn früherem (Abstandsflächen-)Recht entsprach und genehmigt wurde; in einem solchen Fall kann er sich u. U. auch dann auf die Einhaltung des nach neuem Recht gültigen Grenzabstands berufen, wenn er diesen jetzt im Verhältnis zum Nachbargrundstück nicht (mehr) einhält (vgl. Beschl. d. Senats v. 30.11.2000 – 2 M 319/00 –, Juris; Urt. v. 16.03.2000 – A 2 S 62/98 –, Juris). Im vorliegenden Fall spricht Überwiegendes jedenfalls dafür, dass die vorhandenen Gebäude auf den Grundstücken der Beigeladenen im Zeitpunkt ihrer Genehmigung und Errichtung früherem Abstandsflächenrecht entsprachen. Dies sehen offenbar auch die Kläger so (vgl. Nr. 22 der Zulassungsbegründung). Die im Hinblick auf die Abstandsflächen problematische Situation entstand hier erst durch die insoweit „verunglückte“ Grundstücksteilung, die ohne Rücksicht auf die Abstandsflächen durchgeführt wurde, die von den vorhandenen Gebäuden erzeugt werden. Im Übrigen hat der Umstand, dass ein Nachbar eine Verletzung von nachbarschützenden Vorschriften nach Treu und Glauben gegenüber dem Bauherrn nicht mehr geltend machen kann, nicht ohne weiteres zur Folge, dass die Baugenehmigungsbehörde ein Vorhaben, das dem geltenden Abstandsflächenrecht widerspricht, genehmigen muss. Nach alldem kann auch offen bleiben, ob – wie die Kläger weiter vortragen – das ihnen eingeräumte Wegerecht einer zukünftigen Bebauung ihrer Grundstücke nicht entgegensteht.

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11.3. Zu Unrecht monieren die Kläger, die Luftbilder von „google“ ließen erkennen, dass die Brandwände entgegen § 29 Abs. 5 BauO LSA nicht 0,3 m über die Bedachung geführt oder in Höhe der Dachhaut mit einer beiderseits 0,5 m auskragenden feuerbeständigen Platte aus nicht brennbaren Stoffen abgeschlossen würden. Nach Nr. 8 des Brandschutzkonzepts vom 28.05.2007, das nach dem entsprechenden Zugehörigkeitsvermerk Bestandteil der Baugenehmigung ist, werden Gebäudeabschluss- oder Trennwände, die als Brandwände einzustufen sind, mindesten 30 cm über die Bedachung geführt oder nach den weiteren Festsetzungen des § 29 Abs. 5 BauO LSA ausgeführt. Nach den ebenfalls Bestandteil der Baugenehmigung bildenden Ansichtszeichnungen (Bl. 66 und 119 des Verwaltungsvorgangs) werden die Gebäudeabschlusswände des Hauptgebäudes, die gemäß § 29 Abs. 2 Nr. 1 BauO LSA als Brandwände auszuführen sind, ca. 0,4 m über die Dachhaut geführt. Zudem enthalten sowohl die Teilbaugenehmigung vom 23.10.2007 als auch die angefochtene Baugenehmigung vom 11.02.2008 jeweils die Auflage (Nr. 2.1.4 bzw. Nr. 1.1), dass das Brandschutzkonzept vom 28.05.2007 einschließlich der Maßnahmen zur brandschutztechnischen Ertüchtigung einzuhalten und umzusetzen ist. Hinsichtlich des an die südliche Grundstücksgrenze gebauten Treppenturms erteilte die Beklagte mit dem Bescheid vom 06.02.2008 (Az: …) auch eine Abweichung von der Vorschrift des § 29 Abs. 2 Nr. 1 BauO LSA mit der Begründung, hinsichtlich des präventiven Brandschutzes seien wegen der fehlenden Ausbildung der Außenwand des Turms keine negativen Auswirkungen zu befürchten, weil der Abstand zwischen dem Turm und dem Lagerhaus auf dem Grundstück des Klägers zu 1 mindestens 11,60 m betrage, so dass kein Brandüberschlag möglich sei. Die Vorschriften über die Ausbildung einer inneren Brandwand bei ausgedehnten Gebäuden (§ 29 Abs. 2 Nr. 2 BauO LSA) dienen nicht dem Nachbarschutz; denn sie bezwecken die Abwehr einer erhöhten Brandausdehnungsgefahr innerhalb des Gebäudes und damit dem Schutz von Leben und Gesundheit der sich dort aufhaltenden Menschen, nicht aber auch den Schutz der Nachbarn (vgl. VGH BW, Urt. v. 26.02.1992 – 3 S 2947/91 –, Juris). Im Übrigen enthält die Teilbaugenehmigung vom 23.10.2007 die Auflage Nr. 2.1.5, nach der (auch) die Brandwand zwischen Gebäudeteil 1 und 2 entsprechend § 29 BauO LSA auszubilden ist. Unerheblich ist ob, die vorgeschriebene Bauausführung in – möglicherweise nicht mehr aktuellen – Luftbildern von „google-earth“ zu erkennen ist.

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12. Die Kläger können eine mögliche Verletzung der Bestimmungen über den zweiten Rettungsweg (§ 32 Abs. 3 BauO LSA), notwendige Treppenhäuser (§ 34 Abs. 8 BauO LSA), Umwehrungen (§ 37 BauO LSA), Aufzüge (§ 38 BauO LSA) sowie barrierefreies Bauen (§ 49 BauO LSA) nicht mit Erfolg rügen. Diese Vorschriften dienen ersichtlich nur dem Schutz der Bewohner bzw. Benutzer des jeweiligen Gebäudes und nicht auch des Nachbarn (vgl. zu den Anforderungen an die Rettungswege: OVG NW, Beschl. v. 29.07.2002, a.a.O.). Im Übrigen ist nicht dargelegt, dass eine diesen Vorschriften möglicherweise widersprechende Bauausführung in der angefochtenen Baugenehmigung zugelassen wurde.

36

13. Auch der Einwand der Kläger, bei der Grundstücksteilung sei man entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts von einer weiteren gewerblichen Nutzung ausgegangen, so dass die Abstandsflächenproblematik nicht zur Diskussion gestanden habe, erweist sich als nicht stichhaltig. Soweit ersichtlich, wollen die Kläger mit diesem Einwand die Annahme des Verwaltungsgerichts in Zweifel ziehen, die für eine Abweichung erforderliche atypische Grundstückssituation ergebe sich hier u. a. aus der im Jahr 2003 vorgenommenen Grundstücksteilung, die in der zweifelhaften Annahme erfolgt sei, dass das Restgrundstück in einem Gewerbegebiet liege, die aber wegen des geringen Abstands der ehemaligen Fabrikgebäude zur neu gebildeten Grundstücksgrenze § 7 BauO LSA nicht entsprochen habe. Die Frage, ob das Gebäude der Beigeladenen gewerblich oder nicht gewerblich genutzt wird, war und ist jedoch für die Tiefe der Abstandsflächen unerheblich (siehe oben 7.). Die möglicherweise irrige Annahme des Rechtsvorgängers der Beigeladenen in Bezug auf die Einschätzung des Gebietscharakters und die daraus folgende Tiefe der Abstandsfläche vermag an der vom Verwaltungsgericht beschriebenen atypischen Situation nichts zu ändern.

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14. Schließlich können die Kläger auch nicht mit dem Einwand durchdringen, durch die Änderung der Nutzung komme es zu einer wesentlichen Erhöhung des Fahrzeugverkehrs auf dem Grundstück der Beigeladenen und somit zu einer Beeinträchtigung des ihnen eingeräumten Wegerechts. Unabhängig davon, dass in einem Baugenehmigungsverfahren nur die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften geprüft und gemäß § 71 Abs. 4 BauO LSA die Baugenehmigung unbeschadet der Rechte Dritter erteilt wird, ist nichts Konkretes für eine solche Beeinträchtigung vorgetragen. Insbesondere ist nicht dargetan, dass den Klägern durch die Nutzung der Zufahrt zu den Stellplätzen im Hofbereich die Nutzung der Zufahrt zu ihrem Grundstück erschwert wird.

B.

38

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat stellt bei der von ihm nach § 162 Abs. 3 VwGO zu treffenden Billigkeitsentscheidung in ständiger Rechtsprechung in erster Linie auf die Stellung des Beigeladenen in dem zur Entscheidung anstehenden Interessenskonflikt ab (vgl. Beschl. v. 07.10.1996 – A 2 S 397/96; auch BVerwG, Urt. v. 23.05.1962 – BVerwG V C 62.61 –, BVerwGE 14, 171). Er hält daher die Kosten des notwendig beigeladenen Bauherrn, unabhängig davon, ob er einen Antrag gestellt hat, in der Regel für erstattungsfähig, weil er ohne sein Zutun mit einem solchen Verfahren überzogen wird (vgl. Beschl. v. 07.10.1996, a. a. O.).

C.

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Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327, 1329).


Tenor

I.

Der Bescheid vom ... August 2014 wird aufgehoben.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung eines der Beigeladenen erteilten Bescheides vom ... August 2014 zum Neubau einer Gewerbeimmobilie mit Wohnnutzung auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ...

Der Kläger ist Eigentümer der direkt benachbarten Grundstücke FlNr. ... und ... Gemarkung ..., die mit Wohnhäusern bebaut sind und nur über das ...gässchen (FlNr. ...) erschlossen sind.

Unter dem 02. Mai 2014 beantragte die Beigeladene den Neubau einer Gewerbeimmobilie mit Wohnnutzung im Dachgeschoss zur Vermietung an die Bundesagentur für Arbeit. Unter dem 06. Mai 2014 wurde ein Brandschutznachweis vorgelegt. Es wurde eine Abweichung von Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 Bayerische Bauordnung - BayBO - (Fensterelemente G30 in äußerer Brandwand) beantragt. Das geplante Gebäude grenze südseitig an eine Gasse. Der Mindestabstand von 5 m zu den gegenüberliegenden Gebäuden könne nicht über die gesamte Gebäudelänge eingehalten werden. Die südliche Außenwand müsse in den Bereichen, die den 5-Meter-Abstand unterschreiten, als äußere Brandwand hochfeuerhemmend ausgebildet werden. In den betroffenen Abschnitten der südlichen Außenwand seien im Erd- und Obergeschoss Fenster geplant, die zur Belichtung und Belüftung der dahinter liegenden Räume erforderlich seien. Der Abstand zur gegenüberliegenden Bebauung betrage an der schmälsten Stelle 3,05 m. Die Fassaden der gegenüberliegenden Häuser seien ebenfalls im Erd- und Obergeschoss mit Fenstern versehen, die augenscheinlich nicht über eine definierte Feuerwiderstandsdauer verfügten. Die Gasse sei für keines der anliegenden Häuser ein zwingender Bestandteil des Flucht- und Rettungsweges, d. h., sie müsse im Brandfall nicht durchlaufen werden. Es werde als ausreichend betrachtet, die Fenster im Brandwandverlauf in Qualität G30 auszuführen. Es müsse sichergestellt sein, dass die Fenster im Brandfall geschlossen seien, d. h., sie müssten entweder mit einem Selbstschließer mit Motor plus Rauchwarnmelderauslösung gekoppelt sein oder fest verglast ausgeführt werden. Es wurde eine weitere Abweichung von Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO (Gauben in Brandwand) beantragt. Auf der Südseite seien zwei Gauben geplant, die sich innerhalb des 5-Meter-Bereiches befänden. Der Abstand zwischen Gaubenfenster und Fenster des gegenüberliegenden Gebäudes betrage ca. 4,30 m. Die Gauben lägen ca. 2,40 m höher als die Nachbarfenster. Die Gauben würden verblecht ausgeführt, so dass ein Brandüberschlag als hinreichend unwahrscheinlich betrachtet werde. Es sei vertretbar, die Gauben mit Fenstern ohne besondere brandschutztechnische Eigenschaften auszuführen.

Nach Erteilung des Einvernehmens wurde mit Genehmigungsbescheid des Beklagten (Landratsamt ...) vom ... August 2014 der Beigeladenen die bauaufsichtliche Genehmigung für den Neubau einer Gewerbeimmobilie mit Wohnnutzung im Dachgeschoss erteilt. Von Art. 28 Abs. 2 Ziff. 1 BayBO wurde eine Abweichung hinsichtlich der Unterschreitung des Mindestabstandes von 5 m zu den gegenüberliegenden Gebäuden der FlNrn. ... und ... zugelassen, wenn Brandschutzfenster mit einer Feuerwiderstandskraft G30 eingebaut würden. Von Art. 28 Absatz 2 Ziff. 1 BayBO wurde weiterhin eine Abweichung hinsichtlich der Errichtung von zwei Gauben, die sich innerhalb des 5-Meter-Bereiches zu den Nachbargebäuden befinden, erteilt, wenn diese als Brandschutzfenster mit einer Feuerwiderstandskraft G30 eingebaut würden. Begründet wurde die Abweichung vom Brandschutz damit, dass die notwendige Atypik für die Erteilung der Abweichungen durch die Situierungen der Gebäude in der Altstadt vorgegeben sei. Gerade im eng umbauten historischen Altstadtbereich könnten aufgrund der vorgegebenen bzw. bereits bestehenden Gebäude die Anforderungen hinsichtlich des passiven Brandschutzes nur mit hohem Aufwand erreicht werden. Die Normziele könnten in der Regel nur mit angemessenen Kompensationsmaßnahmen erreicht werden, so auch hier. Die genannten Abweichungen seien unter Würdigung der Schutzzwecke der Vorschriften, von denen abgewichen werde, mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Die Abweichungen hinsichtlich des Brandschutzes hätten erteilt werden können, da die genannten Kompensationsmaßnahmen, die im Brandschutzkonzept vom 06. Mai 2014 dargelegt seien, in der Bauausführung erbracht werden müssten. Die Seiten 27 und 29 des Brandschutzkonzeptes seien Bestandteil des Bescheides. Die beantragte Abweichung Nr. 1 werde erteilt, wenn im Brandwandverlauf (hochfeuerhemmend), wo die 5 m zum Nachbargebäude unterschritten würden, die Fenster, wie in den Grundrissen dargestellt, mit bauaufsichtlich zugelassenen Brandschutzdrehfenstern in der Feuerwiderstandsklasse G30 eingebaut würden. Die beantragte Abweichung Nr. 2 werde erteilt, wenn die Fenster der beiden Gauben mit den bauaufsichtlich zugelassenen Brandschutzfenstern in der Feuerwiderstandsklasse G30 eingebaut würden. Zur Abstandsflächensituation wurde begründet, das Grundstück FlNr. ... liege innerhalb des historischen Altstadtkerns und sei dem Bauquartier zwischen (...straße, ...straße bzw. ..., ...straße und ...straße) zuzuordnen. Die ...straße mit dem sog. ...gässchen bilde die Grenze zum südlich angrenzenden rechtsverbindlichen Bebauungsplan „...-Mitte“. Dieser Bebauungsplan sei für die Beurteilung der vorhandenen Bebauung nach § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) mitprägend. Das geplante Gebäude solle nach Abbruch von zwei vorhandenen Gebäuden bis auf einen kleinen Teilbereich im südwestlichen Bereich unmittelbar an der südlichen Grundstücksgrenze errichtet werden. Es handle sich um eine zweigeschossige Bebauung, wobei der mittlere Teil dreigeschossig, um 4 m zurückgesetzt, ausgeführt werde. Die vorhandene Bebauung im o.g. Bauquartier weise wiederkehrend auch an den seitlichen Grundstücksgrenzen zwei- bis teilweise dreigeschossige Hauptgebäude auf, die ohne Abstandsflächen errichtet worden seien. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO räume dem Städtebaurecht den Vorrang ein, soweit es die Errichtung von Gebäuden ohne Grenzabstand regele. Dieser Vorrang des Städtebaurechtes gelte nicht nur für Festsetzungen in Bebauungsplänen, sondern auch für eine tatsächlich vorhandene Bauweise im nicht überplanten Innenbereich. Die Errichtung des geplanten Gebäudes an der südlichen Grundstücksgrenze sei nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO ohne Abstandsflächen bauplanungsrechtlich zulässig, weil es sich an dem vorgesehenen Standort nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Das für die Entscheidung ausgewählte Bauquartier entspreche dem Bereich, auf dem sich das geplante Bauvorhaben auswirken werde und von dem aus die vorhandene Bebauung des Grundstückes präge. Der südlich an das Bauvorhaben angrenzende Nachbar habe sein östlich vorhandenes Wohnhaus unmittelbar an der nördlichen Grundstücksgrenze errichtet. Dieses Grundstück liege innerhalb des rechtsgültigen Bebauungsplanes „...-Mitte“, der für dieses Grundstück auf der Nord-, Süd- und Ostseite zwingend eine Grenzbebauung (Baulinie) festsetze. Gleiches gelte für das auf den beiden genannten Grundstücken im Westen vorhandene Hauptgebäude, ...straße 22. Das Vorhaben verletze auch nicht das Gebot der Rücksichtnahme. Das Vorhaben habe auf das südliche Nachbaranwesen keine unzumutbaren Auswirkungen. Durch die geplante Traufhöhe von 7,10 m sowie das angrenzende ...gässchen sei eine ausreichende Belichtung und Belüftung für das Nachbaranwesen gewährleistet. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass sich das Bauvorhaben im dicht besiedelten innerstädtischen Bereich befinde.

Im genehmigten Grundrissplan, Erdgeschoss mit Außenanlagen, ist gegenüber der klägerischen Garage eingezeichnet „keine Brandwandanforderung, Gebäudeabstand größer 5 m.“

Am 17. September 2014 ließ der Kläger Klage erheben und mit weiterem Schriftsatz vom 12. Februar 2015 beantragen,

den Bescheid vom ... August 2014 aufzuheben.

Zur Begründung wurde ausgeführt, im Bereich gegenüber des auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ... befindlichen Garagengebäudes gehe die Baugenehmigung ausweislich des Planbeschriebes „keine Brandwandanforderung, Gebäudeabstand größer als 5 m“ offenbar davon aus, dass in dem durch gestrichelte Linie gekennzeichneten Bereich der südlichen Außenwand keine Ausbildung der Außenwand als Brandwand und damit auch keine Abweichung von Art. 28 BayBO erforderlich sei. Damit könne in diesem Bereich auf der Grundlage der streitgegenständlichen Baugenehmigung eine von den Anforderungen des Art. 28 BayBO abweichende Bauausführung erfolgen, insbesondere hinsichtlich der Qualität der dort vorgesehenen Fenster. Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO stelle hinsichtlich des festgelegten Mindestabstandes von 5 m nicht nur auf bestehende Gebäude, sondern gerade auch auf nach den baurechtlichen Vorschriften zulässige künftige Gebäude ab. Betrachte man die Festsetzung des hier für das Grundstück FlNr. ... maßgeblichen Bebauungsplanes, stelle man fest, dass die im Bereich des vorhandenen Garagengebäudes festgesetzte Baulinie deutlich weiter nördlich als das Garagengebäude und damit näher zur südlichen Außenwand des geplanten Baukörpers verlaufe. Entgegen der streitgegenständlichen Baugenehmigung sei damit eine Brandwand auch in demjenigen Bereich der südlichen Außenwand des geplanten Bauvorhabens erforderlich, die dem derzeitigen Garagengebäude gegenüber liege. Damit verstoße die Baugenehmigung gegen Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO, worauf sich der Kläger als betroffener Nachbar auch berufen könne. Auch die erteilten Abweichungen stellten sich als rechtsfehlerhaft dar. Da die Abweichungen die drittschützende Vorgabe des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO beträfen, könne sich der Kläger auch darauf berufen. Eine notwendige Atypik möge danach hinsichtlich der brandschutzrechtlichen Vorgaben durchaus vorliegen für Maßnahmen an einem in geringer Entfernung zu Nachbargebäuden situierten Bestandsgebäude, bei dem sich die Herstellung eines den Vorgaben der BayBO entsprechenden Bestandschutzes tatsächlich mitunter als schwierig darstellen könne. Vorliegend handele es sich aber gerade um einen Neubau, bei dem keinerlei Probleme ersichtlich seien, durch eine geeignete Situierung und eine entsprechende bauliche Ausgestaltung des Baukörpers einen adäquaten Brandschutz zu gewährleisten. Es sei nicht ersichtlich, weshalb in Ansehung der Nähe zu den antragstellerseitigen Gebäuden keine Ausgestaltung der südlichen Außenwand des geplanten Baukörpers als Brandwand im Sinne von Art. 28 BayBO verlangt werden könnte. Die Abweichung sei ermessensfehlerhaft erteilt. Die Vorgaben des Art. 28 BayBO dienten dem Schutz des jeweils betroffenen Nachbarn vor Ausbreitung von Feuer und Rauch. Die angeordnete Feuerwiderstandsklasse der Fenster in G30 biete keinerlei Schutz gegen Hitze, so dass in Ansehung der Ausbreitung von Feuer wegen der geringen Gebäudeabstände ein adäquater Schutz für die klägerseitigen Gebäude nicht gewährleistet sei. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die Fluchtwegesituation der klägerischen Gebäude ausschließlich über das ...gässchen erfolge, so dass auch dem Hitzeschutz gesteigerte Bedeutung beizumessen sei. In Ermangelung entsprechender Auflagen sei auch nicht gewährleistet, dass die Fenster im Brandfall geschlossen seien. Der Brandschutznachweis führe aus, dass das ...gässchen im Hinblick auf die Fluchtwegesituation für die klägerseitigen Gebäude keinerlei Bedeutung habe. Dies sei unrichtig. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO sei nicht anwendbar. Eine Abweichung von den Abstandsflächenvorgaben sei nicht erteilt worden. Eine Abweichung sei auch nicht erteilbar, insoweit sei zu berücksichtigen, dass der hier 33 m lange und mit einer enormen Höhenentwicklung ausgestattete Baukörper für die klägerseitigen Grundstücke eine riegelartige Wirkung entfalte. Der abstandsflächenrechtlich geschützte Belang des Sozialfriedens werde durch die zahlreichen in Richtung des klägerischen Grundstückes gerichteten Fenster sowie die im Dachgeschossbereich vorgesehene Dachterrasse in einer für den Kläger unzumutbaren Weise berührt. Jedenfalls verstoße das streitgegenständliche Vorhaben gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Wegen der eröffneten Einblicksmöglichkeiten auf die klägerseitigen Gebäude sei der Baukörper unzumutbar.

Mit Schriftsatz vom 13. April 2015 beantragte der Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Die Bebauung bis an die öffentlichen Verkehrsflächen hin sei im Altstadtbereich von ... stadtbildprägend. Darin sei die für die Erteilung der Abweichungen erforderliche Atypik zu erkennen. Der behauptete Ermessensfehler hinsichtlich des Brandschutzkonzeptes bestehe nicht, da der Hitzeschutz nicht erforderlich sei, um funktionierende Rettungswege zu erhalten. Die funktionierenden zweiten Rettungswege hinaus zur ...straße und ...straße würden nicht beeinträchtigt. Die Baugenehmigung lasse sich bezüglich der Abstandsflächen auch auf Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO stützen, welcher zulasse, dass sich abweichende Abstandsflächentiefen aus der umgebenden Bebauung ergeben könnten. Im Altstadtbereich der Stadt ... werde fast kein Gebäude zu finden sein, das die Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO einhalte.

Mit weiterem Schriftsatz vom 20. Oktober 2015 legte der Bevollmächtigte des Klägers eine Stellungnahme eines geprüften Sachverständigen und Fachplaners für vorbeugenden Brandschutz zum Brandschutznachweis der Beigeladenen vor. Die Abweichungen widersprächen Art. 28 Abs. 8 BayBO, wonach Öffnungen in Brandwänden unzulässig seien. Erleichterungen seien nur bei inneren Brandwänden vorgesehen und die auch nur im begrenzten Umfang. Das neue geplante grenzständige Gebäude liege incl. Dachanteil näher als 5 m zum bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäude der Nachbarbebauung und sei daher mit einer Gebäudeabschlusswand im Sinne von Art. 28 Abs. 3 BayBO auszuführen. Darüber hinaus dürften brennbare Teile des Daches nicht hinweggeführt werden. Dies gelte auch für das Dachtragwerk in diesem Bereich. Dachöffnungen in diesem Dachbereich (Dachgauben) seien nicht zulässig, da die abknickende Gebäudeabschlusswand öffnungslos sein müsse. Die Gebäudeabschlusswand sei auch schon deshalb uneingeschränkt erforderlich, da die ersten Rettungswege der nachbarlichen Bebauung sowie der zweite Rettungsweg des neuen Gebäudes über die ...gasse führten. Zudem stellten die Abweichungen nicht klar, ob es sich um geforderte Festverglasung oder öffenbare Dreh-Kipp-Fenster handele. Ebenso fehle ein Hinweis, dass diese Fenster im Brandfall selbstschließend sein müssten. Darüber hinaus widerspräche die geforderte Feuerwiderstandsklasse G30 den Anforderungen von Art. 28 Abs. 3 BayBO.

Das Gericht erhob am 22. Oktober 2015 Beweis über die baulichen und örtlichen Verhältnisse auf dem Vorhabensgrundstück sowie in dessen Umgebung durch Einnahme eines Augenscheins. Hinsichtlich der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift Bezug genommen.

In der anschließenden mündlichen Verhandlung stellte der Bevollmächtigte des Klägers den Klageantrag aus dem Schriftsatz vom 12. Februar 2015.

Der Beklagtenvertreter beantragte Klageabweisung.

Die Beigeladene stellte keinen Antrag.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger wird durch den vom Beklagten gegenüber der Beigeladenen erteilten Bescheid vom ... August 2014 in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

Erforderlich für den Erfolg der Klage ist nicht nur, dass der Bescheid vom ... August 2014 rechtswidrig ist, sondern dass darüber hinaus der Kläger durch die Rechtswidrigkeit auch in seinen, d. h. in nachbarschützenden Rechten verletzt ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 113, Rn. 26).

Ein Verstoß gegen Vorschriften des Brandschutzes zulasten des Klägers liegt hier vor.

Die Vorschriften des Brandschutzes sind nach Art. 12 BayBO zu beachten. Eine Verletzung dieses Gebotes würde den Kläger aber nur insoweit in seinen Rechten verletzen, als etwaige Brandgefahren die in seinem Eigentum stehenden namentlich dem Baugrundstück benachbarte Grundstücke betreffen. Öffentlich-rechtliche Vorschriften über den Brandschutz sind damit nur insoweit nachbarschützend als sie darauf abzielen, das Übergreifen von Bränden auf Nachbargrundstücke oder deren sonstige brandbedingte Beeinträchtigung zu verhindern (VG Augsburg, U. v. 03.07.2013, Az.: Au 4 K 13.193).

Hier wurde im Bescheid vom ... August 2014 von Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO eine Abweichung nach Art. 63 BayBO hinsichtlich der Unterschreitung des Mindestabstandes von 5 m zu gegenüberliegenden Gebäuden der FlNr. ... und ..., Gemarkung ..., zugelassen, wenn Brandschutzfenster der Feuerwiderstandsklasse G30 eingebaut werden. Zudem wurde eine Abweichung von Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO zugelassen hinsichtlich der Errichtung von zwei Gauben, die sich innerhalb des 5-Meter-Bereiches zu den Nachbargebäuden befinden, wenn in diese Brandschutzfenster der Feuerwiderstandsklasse G30 eingebaut werden.

Begründet wurde die Abweichung damit, dass wegen der Situierung der Gebäude in der Altstadt die Brandschutzanforderungen nur mit hohem Aufwand erreicht werden könnten. Die Normziele könnten in der Regel nur mit angemessenen Kompensationsmaßnahmen erreicht werden. Die Abweichungen könnten wegen der im Brandschutzkonzept genannten Kompensationsmaßnahmen erteilt werden. Dies sei dann der Fall, wenn Fenster mit G30 eingebaut würden.

Unabhängig davon, dass entgegen den Ausführungen des Brandschutzkonzepts auf S. 27 keine selbstschließenden Fenster bzw. Festverglasung gefordert wurde, stützt sich der Bescheid auf die falsche Rechtsgrundlage.

Der vom Beklagten angewandte Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO regelt lediglich, wann Brandwände erforderlich sind.

Hier sind - wie der Vertreter des Klägers zu Recht vorträgt - nicht nur in dem Bereich, wo tatsächlich auf dem klägerischen Grundstück Gebäude mit einem geringeren Abstand als 5 m zum Vorhaben stehen, Brandwände erforderlich. Vielmehr gilt dies auch für den Teil des klägerischen Grundstückes, wo der Kläger aufgrund der Baulinie des Bebauungsplanes „...-Mitte“ an die Grundstücksgrenze bauen dürfte oder müsste, da Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 letzter Halbsatz BayBO auch Brandwände in dem Bereich vorschreibt, in dem das Vorhaben keinen Abstand von 5 m zu nach baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden einhält.

Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO hingegen wurde vom Beklagten übersehen, danach sind Öffnungen in Brandwänden unzulässig. Lediglich für innere Brandwände sind nach Art. 28 Abs. 8 Satz 2 und Abs. 9 BayBO Ausnahmen vorgesehen.

Art. 28 BayBO ist drittschützend, weil durch Brandwände die Brandausbreitung auf andere Gebäude verhindert wird und damit auch die Nachbarn geschützt werden sollen (vgl. Simon/Busse, Kommentar zur BayBO, Art. 28, Rn. 21 und Rd. 57).

Der Beklagte hätte sich daher innerhalb seiner Ermessensentscheidung damit auseinander setzen müssen, weswegen er eine Abweichung von Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO erteilen kann. Dies ist nicht erfolgt.

Zudem dürfte eine Abweichung, die lediglich Fenster der Feuerwiderstandsklasse G30 vorschreibt, keinesfalls zulässig sein, da schon Verglasungen der Feuerwiderstandsklasse G90 in Brandwänden nicht ausreichend sein dürften, weil ein sog. „Durchzünden“ des Brandes nicht ausgeschlossen werden kann (so auch: Simon/Busse, Kommentar zur BayBO, Art. 28, Rn. 127 und 144).

Auch die genehmigte Abweichung von Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO hinsichtlich der Dachgauben stützt sich auf die falsche Rechtsgrundlage.

Anzuwenden wäre hier vielmehr Art. 30 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BayBO, wonach Dachgauben von Brandwänden mindestens 1,25 m entfernt sein müssten, was hier - wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung eingestanden hat - nicht der Fall sein dürfte.

Nach Art. 30 Abs. 5 Satz 1 BayBO dient diese Regelung auch dem Nachbarschutz, nämlich dazu, dass Feuer nicht auf Nachbargrundstücke übertragen werden kann.

Im Rahmen seiner Ermessensentscheidung hat der Beklagte auch nicht berücksichtigt, dass die klägerischen Hauseingänge nur über das ...gässchen erschlossen werden, die Fensteröffnungen des klägerischen Anwesens wohl keinen speziellen Brandschutz aufweisen und die westliche Giebelseite des Gebäudes, ...straße 23 a, eine Holzverkleidung aufweist.

Die erteilten Abweichungen verletzen den Kläger in seinen Rechten.

Es kommt hier nur die Gesamtaufhebung der Baugenehmigung in Betracht, da der Kläger nicht nur durch einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Vorhabens verletzt wird (so auch VG München, B. v. 05.07.2007, Az.: M 1 SN 07.2163).

Ergänzend wird angemerkt, dass das Gericht Zweifel hat, ob die im Obergeschoss vorgesehenen Dachgauben und die Dachterrasse zulässig sind, da sie im Obergeschoss erstmalig dauerhaft Einblicksmöglichkeiten in den Gartenbereich und die Fenster des Klägers ermöglichen (vgl. VGH, U. v. 03.12.2014, Az.: 1 B 14.819).

Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3 Halbsatz 1, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 7.500,00 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. dem Streitwertkatalog).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks …str. 25, FlNr. …, Gemarkung … Die Beigeladene ist Eigentümerin des streitgegenständlichen, unmittelbar nördlich benachbarten Grundstücks …str. 27, FlNr. …, Gemarkung …

Mit ihrem Antrag nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) begehrt die Antragstellerin vornehmlich die sofortige Einstellung der Bauarbeiten und die Stilllegung der Baustelle auf dem Grundstück der Beigeladenen.

Die Grundstücke sind Teil einer insgesamt ca. 145 m langen, geschlossenen Bebauung mit viergeschossigen Wohnhäusern entlang der westlichen Seite der …straße, im Norden durch die …straße, im Süden durch die …straße begrenzt. Für die Bebauung ist durch einen Baulinienplan im Osten eine Baulinie, im Westen eine rückwärtige Baugrenze, im Norden eine seitliche Baugrenze und im Süden eine Baulinie festgesetzt.

Die Beigeladene beantragte am 11. Mai 2016 (Eingangsstempel) die Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung eines Balkons im 2. Obergeschoss samt neuer Überdachung, die Erweiterung der Terrasse im Erdgeschoss verbunden mit einem Neubau einer Treppe in den Garten sowie den Neubau eines Balkons im 1. Obergeschoss.

Die Antragsgegnerin genehmigte im vereinfachten Genehmigungsverfahren mit Bescheid vom 18. Juli 2016 (Az.: …*) den Bauantrag vom 11. Mai 2016 nach Plan Nr. … mit Handeintragungen vom 5. Juli 2016. Mit den Handeintragungen wurde insbesondere an der Grundstücksgrenze zur Antragstellerin eine Brandwand mit einer Länge entlang der südlichen Grundstücksgrenze von 2 m (vermasst) und einer Breite von 20 cm (vermasst) ergänzt; die Balkone erstrecken sich nun in südlicher Richtung bis zu dieser Brandwand. Die Antragsgegnerin erteilte im Bescheid vom 18. Juli 2016 eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) wegen Überschreitung der Baulinie durch Balkone und einen untergeordneten Treppenabgang in den Garten.

Der Antragstellerin wurde die Baugenehmigung als Nachbarin laut Zustellungsurkunde am 21. Juli 2016 zugestellt.

Die Antragstellerin ließ durch ihre Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 9. August 2016, beim Verwaltungsgericht München am 11. August 2016 eingegangen, Klage erheben mit dem Antrag die Baugenehmigung vom 18. Juli 2016 aufzuheben. Die Klage, über die noch nicht entschieden ist, wird unter dem Aktenzeichen M 8 K 16.3599 geführt.

Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2017 erklärten die Bevollmächtigten der Antragstellerin die Erweiterung der Klage um einen Hilfsantrag, der darauf gerichtet ist, die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Beigeladenen aufzugeben die Bauarbeiten sofort einzustellen und die Baustelle stillzulegen.

Mit demselben Schriftsatz vom 23. Mai 2017 ließ die Antragstellerin durch ihre Bevollmächtigen beantragen,

– die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, umgehend gegen die Verwirklichung des streitgegenständlichen Bauvorhabens der Beigeladenen bauaufsichtlich einzuschreiten und hierbei der Beigeladenen aufzugeben, die mit der Baugenehmigung vom 18. Juli 2016 genehmigten Bauarbeiten sofort einzustellen und die Baustelle stillzulegen;

– bis zur Entscheidung der Kammer über diesen Antrag eine Vorsitzenden-Entscheidung nach § 123 Abs. 2 Satz 3, § 80 Abs. 8, § 80a Abs. 3 VwGO zu treffen.

Zur Begründung des Antrags führen die Bevollmächtigten der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 23. Mai 2017 aus, dass die Antragstellerin die Antragsgegnerin mehrfach, zuletzt mit Telefax vom 17. Mai 2017, aufgefordert habe, die Vollziehung der Baugenehmigung vom 18. Juli 2016 auszusetzen bzw. bauaufsichtlich gegen das Vorhaben einzuschreiten. Die Antragsgegnerin habe dies jedoch stets abgelehnt. Am 22. Mai 2017 habe die Beigeladene der Antragstellerin mitgeteilt, dass sie am 23. Mai 2017 mit den Bauarbeiten fortfahren wolle. Am 26. Mai 2017 sei direkt an der Grundstücksgrenze zur Antragstellerin Boden an der Stelle ausgehoben worden, an der die Bodenplatte für die „Brandmauer“ zu errichten wäre.

Die Antragstellerpartei meint, dass sich ein Anordnungsanspruch aus der Verletzung ihrer öffentlich-rechtlichen Nachbarrechte ergebe, da die erteilte Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB rechtswidrig sei und daher Art. 6 Abs. 1 Satz 3 Bayerische Bauordnung (BayBO) nicht gelte. Folglich seien die Abstandsflächen nicht eingehalten.

Mit Schriftsatz vom 1. Juni 2016 hat die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 1. Juni 2016 im Wesentlichen aus, dass der Antrag nach § 123 VwGO unbegründet sei, denn die Antragstellerin habe weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch ausreichend glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin könne sich nicht auf die Verletzung abstandsflächenrechtlicher Vorschriften berufen, da Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO hinsichtlich der Grundstücksgrenze der Antragstellerin und der Beigeladenen gelte. Hier sei zwar eine rückwärtige Baulinie vorhanden, welche überschritten werde, eine Befreiung sei aber zu erteilen gewesen, da derartige Überschreitungen im Geviert bereits vorhanden seien (u.a. …str. 31 und 41).

Mit Beschluss vom 30. Mai 2017 wurde die Beigeladene zum Verfahren beigeladen.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 6. Juni 2017 hat die Beigeladene beantragen lassen, den Antrag abzulehnen.

Die Bevollmächtigten tragen vor, dass der Antrag unzulässig sei. Im Übrigen verweisen sie auf ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 25. August 2016 im Verfahren M 8 K 16.3599.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie auf das schriftsätzliche Vorbringen und die vorgelegten Lichtbilder in diesem Verfahren und im Hauptsacheverfahren (M 8 K 16.3599) verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet und hat daher keinen Erfolg. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, da das Ermessen der Antragsgegnerin auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO jedenfalls nicht auf Null reduziert ist (III. 2.). Es kann daher offen bleiben, ob überhaupt ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO vorliegt (III.1.).

I.

Das Gericht ist als Gericht der Hauptsache und des ersten Rechtszugs nach § 123 Abs. 2 VwGO zuständig und entscheidet durch Beschluss (§ 123 Abs. 4 VwGO) als Kammer in der Besetzung von drei Richtern ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter (§ 5 Abs. 3 VwGO). Eine Dringlichkeit nach §§ 123 Abs. 2 Satz 3, 80 Abs. 8 VwGO ist nicht gegeben.

§ 80 Abs. 8 VwGO setzt - unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Gebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetzt - GG) - voraus, dass der Spruchkörper wegen einer bis zum notwendigen Entscheidungszeitpunkt bestehenden Verhinderung nicht mehr in der erforderlichen Zahl von drei ihm zugewiesenen Berufsrichtern zusammentreten und entscheiden kann (Geiger, BayVBl 2007, 225/227; VG Würzburg, B.v. 13.12.2013 - W 4 S. 13.1090 - juris Rn. 29).

Eine solche Dringlichkeit ist vorliegend nicht gegeben und wurde von der Antragstellerin auch nicht substantiiert dargelegt. Allein die Tatsache, dass die Beigeladene mit der Baumaßnahme begonnen hat, begründet jedenfalls nicht die Annahme eines dringenden Falles im Sinne der Vorschrift, da die Baumaßnahme insoweit jederzeit wieder rückgängig gemacht werden kann und die Entscheidung durch die Kammer ebenso schnell erfolgen konnte wie eine Entscheidung durch die Vorsitzende.

II.

Der Antrag ist zulässig.

Eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht in Bezug auf den Streitgegenstand auch schon vor Klageerhebung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach Satz 2 der genannten Vorschrift auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei muss der Antragsteller eine Gefährdung eines eigenen Individualinteresses (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines Rechtes oder rechtlich geschützten Interesses (Anordnungsanspruch) geltend und die zur Begründung notwendigen Tatsachen glaubhaft machen (§ 123 Abs. 2 VwGO, § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO).

Vorliegend ist zur Geltendmachung des Abstandsflächenverstoßes und des daraus abgeleiteten Anspruchs auf bauaufsichtliches Einschreiten im Eilverfahren ein solcher Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft.

1. Da die streitgegenständliche Baugenehmigung im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO erteilt worden ist und auch Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften weder beantragt noch erteilt worden sind, war das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht des Art. 6 BayBO nicht im Prüfungsumfang des Baugenehmigungsverfahrens enthalten. Da die Baugenehmigung somit keine Feststellungswirkung zu den bauordnungsrechtlichen Vorschriften des Abstandsflächenrechts enthält, konnte und kann die Antragstellerin ihre diesbezüglichen Bedenken nicht mittels einer Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung geltend machen. Ein Nachbar kann eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg anfechten, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und hat der Nachbar Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2132 - juris Rn. 3; B.v. 18.7.2016 - 15 ZB 15.12 - juris Rn. 22). Dieser Rechtsschutz hat in der Hauptsache über eine Verpflichtungsklage zu verfolgen, so dass dementsprechend als einstweiliger Rechtsschutz eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft ist und damit auch nicht der in § 123 Abs. 5 VwGO angeordnete Vorrang eines Verfahrens nach §§ 80, 80a VwGO eingreift.

2. Dagegen kann der Nachbar seinen Antrag nach § 123 VwGO, gerichtet auf Baueinstellung nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO, nicht in zulässiger Weise auf die Verletzung von öffentlich-rechtlichen Vorschriften stützen, die von der Feststellungswirkung der Baugenehmigung erfasst werden, mithin die Normen, die vom Prüfungsumfang des Art. 59 BayBO umfasst sind. Insoweit muss der Nachbar die Baugenehmigung nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO anfechten und - will er den Vollzug der Baugenehmigung verhindern - die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gem. § 80a Abs. 3 VwGO beantragen. Dies ergibt sich bereits aus dem Vorrang der Verfahren nach §§ 80, 80a VwGO123 Abs. 5 VwGO). Rechtsgrundlage für eine Baueinstellung wäre sodann § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 80a Abs. 3 VwGO, wobei dem Rechtsschutzinteresse des Dritten regelmäßig bereits durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen die Baugenehmigung Genüge getan ist, es mithin der Verpflichtung der Bauaufsichtsbehörde zur Einstellung der Bauarbeiten durch das Gericht nicht bedarf, weil - ohne besondere konkrete Anhaltspunkte - nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Bauherr trotz Anordnung der aufschiebenden Wirkung - illegal - weiterbaut und die Bauaufsichtsbehörde bei illegalem Weiterbau nicht - ohne gerichtlichen Druck - die Bauarbeiten von sich aus einstellen wird (vgl. Decker in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand Januar 2017, Art. 75 Rn. 145 m.w.N.; VG München, B.v. 3.8.2016 - M 1 SN 16.3090 - juris Rn. 43).

III.

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, da das Ermessen der Antragsgegnerin auf Erlass einer Baueinstellung nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO jedenfalls nicht auf Null reduziert ist (2.). Es kann daher offen bleiben, ob überhaupt ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO vorliegt (1.).

1. Offen bleiben kann, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen von Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO, die Errichtung einer Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, vorliegen.

1.1. Im Rahmen des vorliegenden Antrags nach § 123 VwGO kann die Antragstellerin nur den Widerspruch des Vorhabens zu solchen öffentlich-rechtlichen Vorschriften geltend machen, die im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht geprüft wurden, hier also insbesondere das Abstandsflächenrecht nach Art. 6 BayBO; Bauplanungsrecht ist demgegenüber vorliegend nicht zu prüfen (vgl. bereits oben unter Nr. II.2.). Eine subjektive Rechtsverletzung der Antragstellerin kommt nur durch die an der südlichen Grundstücksgrenze des streitgegenständlichen Grundstücks geplante Brandwand in Betracht.

1.2. Nach § 34 Abs. 1 BauGB darf aber an diese seitliche Grundstücksgrenze gebaut werden, sodass gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen vor der Brandwand nach Süden hin einzuhalten sind.

1.2.1. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor Außenwänden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften das Gebäude an die Grenze gebaut werden darf oder gebaut werden muss. Das ist bei einem seitlichen Grenzanbau vor allem dann der Fall, wenn die geschlossene Bauweise (vgl. § 22 Abs. 3 Baunutzungsverordnung - BauNVO) vorliegt.

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich nach § 30 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB. Das streitgegenständliche Grundstück und das Grundstück der Antragstellerin liegen im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans. Für die Grundstücke …str. 19 - 41 ist im Osten eine Baulinie, im Westen eine rückwärtige Baugrenze, im Norden eine seitliche Baugrenze und im Süden eine Baulinie festgesetzt. Somit richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens im Übrigen, also insbesondere hinsichtlich der Bauweise, nach § 34 BauGB30 Abs. 3 BauGB).

1.2.2. Das Vorhaben fügt sich nach der Bauweise in die Eigenart der näheren Umgebung ein, § 34 Abs. 1 BauGB.

Als „nähere Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. aktuell BVerwG, U.v. 8.12.2016 - 4 C 7.15 - juris Rn. 3). Allerdings lassen sich die Grenzen der näheren Umgebung im Sinne des § 34 BauGB nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Struktur zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist. Diese kann auch so beschaffen sein, dass die Grenze zwischen näherer und fernerer Umgebung dort zu ziehen ist, wo zwei jeweils einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedener Bau- und Nutzungsstruktur aneinander stoßen (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 30.1.2013 - 2 ZB 12.198 - juris Rn. 3).

Nach diesen Maßstäben gehören jedenfalls die Grundstücke der …str. 19 - 41 zur näheren Umgebung, da diese Gebäude Teil eines klar begrenzten Bauliniengefüges sind, laut amtlichem Lageplan allesamt über drei Vollgeschosse verfügen und eine einheitliche Bau- und Nutzungsstruktur als Wohnhäuser bilden.

In diese nähere Umgebung fügt sich das Vorhaben mit seiner geschlossenen Bauweise nach der dort vorhandenen geschlossenen Bauweise (vgl. § 22 Abs. 3 BauNVO) ein.

Dabei ist hinsichtlich der geschlossenen Bauweise im Rahmen von Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO lediglich zu fordern, dass eine entsprechende Bauweise in der Umgebung (gehäuft) vorzufinden ist; nicht erforderlich ist hingegen die Regelmäßigkeit einer solchen Bauweise (BayVGH, B.v. 29.4.2003 - 20 B 02.1904 - juris Rn. 14; VG München, U.v. 30.7.2012 - M 8 K 11.3775 - juris Rn. 38).

Sonach liegt in der hier maßgeblichen Umgebung gehäuft eine geschlossene Bauweise vor. Denn die Gebäude auf den Grundstücken …str. 21 - 39 - zehn Gebäude inklusive der Grundstücke der Antragstellerin und der Beigeladenen - wurden ohne seitlichen Grenzabstand errichtet. Lediglich die Gebäude auf den beiden Grundstücken …str. 19 und 41 wurden in halboffener Bauweise errichtet, da sie jeweils den Abschluss der Hausgruppe nach Süden und nach Norden hin bilden. Eine offene Bauweise nach § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO liegt nicht vor, da die westliche Bebauung entlang der …straße mit einer Länge von ca. 145 m deutlich den Grenzwert von 50 m überschreitet.

Da somit nach § 34 Abs. 1 BauGB an die seitliche Grundstücksgrenze im Süden gebaut werden darf, gilt Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO mit der Folge, dass keine Abstandsfläche von der Brandwand nach Süden hin erforderlich ist.

1.3. Umstritten ist zwar, ob es für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit im Sinn von Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO genügt, wenn sich der Grenzanbau hinsichtlich des für die betroffene Grundstücksgrenze maßgeblichen Kriteriums - hier der Bauweise - im Rahmen der vorhandenen Bebauung hält, oder ob es (zusätzlich) erforderlich ist, dass das Gebäude an dem geplanten Standort in jeder Hinsicht § 34 Abs. 1 BauGB entspricht (vgl. BayVGH vom 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 - juris Rn. 33 m.w.N.; VG München, U.v. 30.7.2012 - M 8 K 11.3775 - juris Rn. 39).Dies kann hier offenbleiben (vgl. nachfolgend unter 2.).

Während ein Einfügen nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung vorliegen dürfte (Wohnen; vergleichbare Grundflächen, Gebäudehöhen und Geschosse jedenfalls hinsichtlich der Grundstücke …str. 21 - 39), bestehen hier hinsichtlich des Einfügens nach der überbaubaren Grundstücksfläche ernsthafte Zweifel, ob die in der Baugenehmigung vom 18. Juli 2016 erteilte Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von der Festsetzung der rückwärtigen Baugrenze auch die Brandwand umfasst. Dies könnte somit einer Anwendung des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO entgegenstehen.

Eine ausdrückliche Befreiung von der Baugrenze wurde für die Brandwand von der Antragsgegnerin nicht erteilt, obwohl die Brandwand die Baugrenze bauplanungsrechtlich nicht einhält. Die Antragsgegnerin hat in der streitgegenständlichen Baugenehmigung der Beigeladenen lediglich eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB wegen Überschreitung der Baulinie - gemeint ist wohl die rückwärtige Baugrenze - durch Balkone und einen untergeordneten Treppenabgang in den Garten erteilt. Weder in der Begründung der Befreiung noch im Befreiungsantrag der Beigeladenen (Schreiben vom 4. Juli 2017) wird die Brandwand erwähnt. Sie dient zudem einem eigenständigen Zweck (Brandschutz), was für ein Bedürfnis nach ausdrücklicher Befreiung sprechen könnte.

Die Baugenehmigung vom 18. Juli 2016 würde sich demnach derzeit als rechtswidrig darstellen.

2. Die Frage nach dem Umfang der Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen gemäß § 34 BauGB im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO muss jedoch nicht abschließend beantwortet werden, da die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch hinsichtlich der Rechtsfolgenseite jedenfalls nicht glaubhaft gemacht hat, da das der Antragsgegnerin nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO zustehende Ermessen nicht auf Null reduziert ist.

2.1. Ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten der Antragsgegnerin, genauer auf vorläufige Einstellung der Baumaßnahmen auf dem Grundstück der Beigeladenen und Stilllegung der Baustelle, kann sich grundsätzlich aus Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO ergeben. Ein Anordnungsanspruch eines Nachbarn auf bauaufsichtliches Einschreiten setzt jedoch voraus, dass das Vorhaben gegen nachbarschützende Vorschriften verstößt und das behördliche Ermessen ausnahmsweise auf Null reduziert ist. Denn grundsätzlich würde ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften, als Rechtsfolge des Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO der Bauaufsichtsbehörde ein Ermessen eröffnen, ob und wie sie einschreitet. Entsprechend hat der betroffene Nachbar bei Vorliegen eines Verstoßes gegen nachbarschützende Vorschriften gegenüber der Bauaufsichtsbehörde zunächst nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten (Schwarzer/König, 4. Aufl. 2012, BayBO, Art. 54 Rn. 20). Einen Anspruch auf Einschreiten hat der Nachbar grundsätzlich nur, wenn jede andere Entscheidung angesichts der Schwere der Rechtsverletzung auch unter Berücksichtigung der Belange des Bauherrn ermessensfehlerhaft wäre, wenn also das Ermessen zu Gunsten des Nachbarn „auf Null“ reduziert ist (vgl. BayVGH, B.v. 21.1.2002 - 2 ZB 00.780 - juris Rn. 2; BayVerfGH, E.v. 3.12.1993 - Vf. 108-VI-92 - juris Rn. 26 m.w.N.; BVerwG, U.v. 4.6.1996 - 4 C 15/95 - juris Rn. 17).

2.2 Zwar sprechen gewichtige Gründe dafür, eine Ermessensreduzierung dann anzunehmen, wenn ein Vorhaben gegen nicht im Prüfprogramm enthaltene drittschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts, namentlich gegen Abstandsflächenvorschriften, verstößt, da ansonsten die Gefahr besteht, den Nachbarn insoweit schutzlos zu stellen. Als Kompensation für den Wegfall der präventiven Prüfung des Abstandsflächenrechts durch die Herausnahme aus dem bauaufsichtlichen Prüfprogramm ist dem Nachbarn bei einer mehr als nur geringfügigen Verletzung des nachbarschützenden Abstandsflächenrechts ein Anspruch auf ein repressives bauaufsichtliches Einschreiten zuzuerkennen, sofern der Verstoß nicht anderweitig ausgeräumt werden kann (vgl. VG München, B.v. 11.11.2014 - M 8 E1 14.4665 - juris Rn. 43 m.w.N.).

2.3. Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass die objektiven Befreiungsvoraussetzungen nach § 31 Abs. 2 BauGB hinsichtlich der Überschreitung der Baugrenze durch die Brandwand offensichtlich vorliegen und die Antragsgegnerin den planungsrechtlichen Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht durch Erteilung einer solchen Befreiung jederzeit im Rahmen einer Tektur-/Änderungsgenehmigung oder auch eines Nachgangsbescheides ausräumen kann, mit der Folge, dass Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO zur Anwendung kommt.

Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, die Befreiung erfordern oder

2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder

3. die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

2.3.1. Durch die Erteilung der Befreiung hinsichtlich der Brandwand werden die Grundzüge der Planung (§ 31 Abs. 2 BauGB) nicht berührt.

Mit dem Begriff der Grundzüge der Planung bezeichnet das Gesetz die durch die Hauptziele der Planung bestimmte Grundkonzeption eines Bauleitplans. Was zum planerischen Grundkonzept zählt, beurteilt sich jeweils nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Planungswillen der Kommune. Unter welchen Voraussetzungen die Grundzüge der Planung berührt werden, lässt sich nicht allgemeingültig formulieren; maßgeblich ist die jeweilige Planungssituation. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in den mit der Planung gefundenen Interessenausgleich eingreift, desto eher liegt es nahe, dass das Planungskonzept in einem Maße berührt wird, das eine (Um-)Planung erforderlich macht. Von Bedeutung für die Beurteilung, ob die Zulassung eines Vorhabens im Wege der Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, können auch Auswirkungen des Vorhabens im Hinblick auf mögliche Vorbild- und Folgewirkungen für die Umgebung sein (vgl. zusammenfassend BayVGH, B.v. 17.11.2016 - 15 ZB 15.468 - juris Rn. 9 m.w.N. und aktuell BayVGH, B.v. 8.5.2017 - 15 ZB 14.122 - juris Rn. 23).

Unter Zugrundlegung dessen sind die Grundzüge der Planung durch die Errichtung der Brandwand außerhalb der Baugrenzen nicht berührt, da die Überschreitung von ca. 1 m nicht erheblich ist. Ein tiefer Eingriff in das Planungskonzept ist damit nicht verbunden. Dass derartige Überschreitungen die Planung unberührt lassen, zeigt sich auch an der Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Zudem wird kein Bedürfnis einer (Um-)Planung ausgelöst, wenn im Rahmen einer Gesamtbebauung entlang der …straße von ca. 145 m eine 20 cm breite Brandwand 1 m über die Baugrenze hinausragt. Dies muss umso mehr gelten, als dem Vorhaben keine Vorbildwirkung zukommt; vielmehr existieren bereits Vorbilder für ein Überschreiten der Baugrenze, allen voran auf dem streitgegenständlichen Grundstück selbst und zudem jedenfalls auf dem Grundstück …str. 41, FlNr. …

2.3.2. Außerdem ist die Abweichung städtebaulich vertretbar (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB).

Befreiungen können unter dem Gesichtspunkt der städtebaulichen Vertretbarkeit dann in Betracht kommen, wenn die Befreiung für sich oder im Hinblick auf ihre Auswirkungen nach den materiell-rechtlichen Anforderungen der Bauleitplanung (§§ 1, 1a BauGB) städtebaulich vertretbar ist. Das bedeutet, dass jede Abweichung möglich wäre, die nach den materiell-rechtlichen Anforderungen an die Bauleitplanung auch Gegenstand von Festsetzungen des Bebauungsplans sein könnte (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand Februar 2017, § 31 Rn. 47).

Hier wäre die Festsetzung einer anderen, tieferen Baugrenze nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB ohne weiteres bauplanungsrechtlich möglich.

2.3.3. Die Abweichung ist schließlich auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.

2.3.3.1. Hinsichtlich des Nachbarschutzes im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB ist danach zu unterscheiden, ob von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit wird oder von nicht drittschützenden Festsetzungen. Weicht ein Bauvorhaben von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans ab, so hat der Dritte einen Rechtsanspruch auf Einhaltung der jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB (vgl. grundlegend BVerwG, B.v. 8.7.1998 - 4 B 64/98 - NVwZ-RR 1999, 8; BayVGH, B.v. 26.2.2014 - 2 ZB 14.101 - juris Rn. 3). Bei einer Befreiung von nicht drittschützenden Festsetzungen kann der Nachbar lediglich eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme geltend machen. Alle übrigen denkbaren Fehler einer Befreiung machen diese und die auf ihr beruhende Baugenehmigung dann zwar objektiv rechtswidrig, vermitteln dem Nachbarn aber keinen Abwehranspruch, weil seine eigenen Rechte nicht berührt werden (vgl. BVerwG, B.v. 8.7.1998 - 4 B 64/98 - NVwZ-RR 1999, 8; BayVGH, B.v. 26.2.2014 - 2 ZB 14.101 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - juris Rn. 22).

2.3.3.2. Die Baumraumfestsetzungen sind hier nicht drittschützend.

Ob eine Festsetzung (zumindest auch) dem Schutz der Nachbarn dienen soll, ist durch Auslegung des Schutzzwecks der jeweiligen Festsetzung im konkreten Einzelfall zu ermitteln (BVerwG, B.v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - NVwZ 1996, 888 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - juris Rn. 25), wobei sich ein entsprechender Wille aus dem Bebauungsplan selbst, aus seiner Begründung oder auch aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung ergeben kann (BayVGH, B.v. 29.7.2014 - 9 CS 14.1171 - juris Rn. 15; Söfker in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 23 BauNVO Rn. 55 ff.). Letztlich ausschlaggebend ist eine wertende Beurteilung des Festsetzungszusammenhangs (BayVGH, B.v. 29.7.2014 - 9 CS 14.1171 - juris Rn. 15 m.w.N.).

Dabei entspricht es ständiger Rechtsprechung (BVerwG, B.v. 8.7.1998 - 4 B 64/98 - juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 21.11.2008 - 15 CS 08.2683 - juris Rn. 8), dass auch den Festsetzungen eines Bebauungsplans zur überbaubaren Grundstücksfläche grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion zukommt, sondern vielmehr im Einzelfall zu ermitteln ist, ob sie nach dem Willen des Plangebers ausschließlich aus städtebaulichen Gründen oder ausnahmsweise (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinn eines Austauschverhältnisses dienen sollen.

Im vorliegenden Fall sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Bauraumfestsetzungen nachbarschützenden Charakter haben sollen.

2.3.3.3. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots liegt ebenfalls nicht vor.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U .v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zum 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus; U. v. 23.5.1986 - 4 C 34/85 - juris Rn. 15: Drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen; BayVGH, B. v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 - juris Rn. 23; B .v. 5.7.2011 - 14 CS 11.814 - juris Rn. 21; BayVGH, B. v. 9.02.2015 - 2 CS 15.17 n.v.). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung sind unter anderem die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung (vgl. BayVGH, B. v. 19.03.2015 - 9 CS 14.2441 - juris Rn. 31; BayVGH, B. v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 12 m.w.N.).

Vorliegend haben weder die vortretende Brandwand noch die Balkone eine abriegelnde oder einmauernde Wirkung gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin.

Denn die geplante Brandwand dient zum einen gerade auch den eigenen Interessen der Antragstellerin. Sie verbessert den Brandschutz im Vergleich zur ursprünglich geplanten Bauvorhaben und verhindert Einsichtnahmemöglichkeiten vom Grundstück der Beigeladenen auf das Grundstück der Antragstellerin. Letztgenannter Aspekt ist ein wesentliches Kriterium im Abstandsflächenrechts, mit dem (auch) der nachbarliche „Wohnfrieden“ gesichert werden soll (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2015 - 15 ZB 13.2384 - juris Rn. 11 m.w.N.). Zum anderen ist bereits jetzt eine geschlossene Bebauung im Geviert vorhanden, die durch Anbauten, Erker, massive Balkone im rückwärtigen Bereich gekennzeichnet ist. Hierdurch existieren unterschiedliche Bebauungstiefen. In einem solchen innerstädtischen Bereich muss eine hohe Bebauungsdichte hingenommen werden. Dies gilt umso mehr als das streitgegenständlichen Grundstück im südlichen Bereich die zulässige Grenze der Bebauung derzeit noch nicht erreicht hat und mit dem Vorhaben um nur ca. 1 m überschreitet - wie auch bisher schon im nördlichen Bereich des streitgegenständlichen Grundstücks.

Das Vorhaben ist bei Erteilung einer Befreiung für die Überschreitung der Baugrenze somit ohne weiteres genehmigungsfähig, ohne dass drittschützende Rechte der Antragstellerin verletzt werden. Auch im Übrigen stellt sich das Vorhaben nach § 30 Abs. 3 i.V.m. § 34 BauGB nach Aktenlage als genehmigungsfähig dar. Bei dieser Fallkonstellation - einer objektiven Befreiungslage nach § 31 Abs. 2 BauGB - kann von einer Ermessensreduzierung auf Null im Sinne der von Antragstellerseite begehrten Baueinstellung und Baustellenstilllegung nicht mehr ausgegangen werden (vgl. VG München, B.v. 17.8.2010 - M 8 SN 10.3509 - juris Rn. 55 ff.).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es billigem Ermessen, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

V.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. in Verbindung mit Nr. 1.5 und 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regenburg vom 17. Mai 2017 wird in Nr.

I. abgeändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2016 wird wiederhergestellt, soweit der Antragstellerin aufgegeben wurde, im zentralen Treppenraum (zurzeit Hotelhalle) das höchstgelegene Fenster (über dem Garagen-Flachdachniveau) zu einem Rauchabzug umzurüsten (Teil II Nr. 5). Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen die Untersagung der Nutzung der Beherbergungsräume im 1. und 2. Obergeschoss des Hotels (Teil I Nr. 1 Satz 1 des Bescheids) wird unter der Maßgabe abgelehnt, dass der Antragsgegner die Anordnung des Sofortvollzugs gemäß Teil I Nr. 3 des Bescheids aufhebt, wenn und sobald die unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 11 des Bescheids angeordneten Maßnahmen vor der rechtskräftigen Entscheidung über die Hauptsache erfüllt sind. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich als Eigentümerin des mit einem Hotel („S.-hotel …“, 55 Gästebetten) bebauten Grundstücks FlNr. … der Gemarkung B. gegen bauaufsichtliche Maßnahmen zum Brandschutz. Für dieses Objekt ist im gerichtlichen Verfahren eine Baugenehmigung des Landratsamts Regen vom 23. August 1982 für das Vorhaben „Aufbau eines 2. Stockwerkes u. Erweiterung der Vorhalle“ (Az. 723/82) vorgelegt worden. Ältere Baugenehmigungen wurden von den Beteiligten nicht übermittelt.

Das Landratsamt erließ im Anschluss an eine Ortseinsicht am 8. November 2016 und auf Basis eines hierzu erstellten Baukontrollberichts vom 30. November 2016 am 2. Dezember 2016 eine „Anordnung gemäß Art. 54 Abs. 4 Bayer. Bauordnung“, mit der unter „Teil I Nr. 1“ unter Anordnung des Sofortvollzugs (Teil I Nr. 3) die Nutzung der Beherbergungsräume im 1. und 2. Obergeschoss unter der auflösenden Bedingung, dass „alle Punkte in Teil II Ziffern 1 bis 11 (Mängelbeseitigung) erfüllt werden“, untersagt wurde. Unter Teil I Nr. 2 ist verfügt, dass die Nutzungsuntersagung während einer Übergangszeit von drei 3 Monaten nach Bescheidzustellung für den Fall ausgesetzt wird, dass gewisse Sofortmaßnahmen (Sicherheitswache) umgesetzt werden. Unter „Teil II Mängel“ werden der Antragstellerin diverse Einzelmaßnahmen zur Beseitigung brandschutzrechtlicher Mängel aufgegeben. Auch insofern wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Teil II Nr. 12). Unter Teil II Nr. 13 bis 26 werden Zwangsgelder angedroht für den Fall, dass die Verpflichtungen gem. Nr. 1 bis Nr. 11 nicht binnen bestimmter Fristen erfüllt werden. Mit Teil III des Bescheides wurde der Pächter unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verpflichtet, die gegenüber der Antragstellerin verfügte Nutzungsuntersagung und Mängelbeseitigung zu dulden. In der Begründung des Bescheids wird ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Ortsbegehung weder der erste noch der zweite Rettungsweg gesichert sei. Die Anordnung der Mängelbeseitigung diene dazu, das Hotel so nachzurüsten, dass der Betrieb wieder ohne erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit von Personen möglich sei. Aufgrund der besonderen Gefahrenlage sei das Entschließungsermessen zum bauordnungsrechtlichen Eingreifen weitgehend auf Null reduziert. Wegen der abzuwehrenden erheblichen Gefahren seien die angeordneten Maßnahmen trotz der Beeinträchtigungen verhältnismäßig; eine andere Entscheidung als die Untersagung der Nutzung sowie darauf aufbauend die Anordnung einer Mängelbeseitigung mit ausreichend bemessener Fristenregelung sei nicht ersichtlich. Wirtschaftliche Gesichtspunkte müssten hinter den zu schützenden Rechtsgütern Leben und Gesundheit zurücktreten. Auch wenn das Landratsamt über einen längeren Zeitraum hinweg nicht bauaufsichtlich tätig geworden sei, habe nicht darauf vertraut werden dürfen, dass Brandschutzmängel dauerhaft geduldet würden. In der Bescheidbegründung wird der Antragstellerin alternativ zu der angeordneten Mängelbeseitigung die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von drei Monaten nach Zustellung unter Beibehaltung der in Teil I aufgeführten Sofortmaßnahmen ein abweichendes Brandschutzkonzept vorzulegen, prüfen zu lassen und umzusetzen. Die Anordnung des Sofortvollzugs wurde mit erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit begründet, die den Gästen eines Beherbergungsbetriebs ohne gesicherten ersten und zweiten Rettungsweg drohten. Ein weiteres Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit hätte ein nicht hinnehmbares Fortbestehen dieser Gefahrenlage zur Folge gehabt.

Mit Beschluss vom 17. Mai 2017 lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den von der Antragstellerin am 13. März 2017 gestellten Eilantrag, die aufschiebende Wirkung ihrer am 21. Dezember 2016 gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2016 erhobenen Anfechtungsklage wiederherzustellen, ab.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Sie trägt unter Bezugnahme auf Aktennotizen vom 21. Mai 1982, 16. September 1982 und 25. Oktober 1982 (vgl. Bl. 43 ff. der VGH-Akte sowie Bl. 8 f. 83 f., 88 der Bauakte des Landratsamts 723/82) sowie auf ein Ergebnisprotokoll einer „außerordentlichen Feuerbeschau“ vom 4. Juli 1968 (Bl. 53 ff. der VGH-Akte) vor, der Entscheidung des Verwaltungsgerichts stehe der Bestandsschutz des Gebäudes entgegen. Weder die Behörde noch das Verwaltungsgericht hätten den Vertrauensschutz, der ihr als Adressatin einer Baugenehmigung zukomme, hinreichend gewürdigt. Das Gebäude sei und bleibe formell legal, sodass es nicht an eine wie auch immer geänderte Rechtslage angepasst werden müsse. Die Umsetzung des Bescheids – insbesondere in Bezug auf die angeordnete Beseitigung brennbarer Wand- und Deckenverkleidungen bzw. deren Ersetzung durch nichtbrennbare Verkleidungen in ausreichender Dicke in näher bestimmten Treppenhausbereichen (Teil II Nr. 6 des Bescheids) – bedeutete den faktischen Rückbau des Gebäudes in den Rohzustand. Dies führe im Ergebnis zur Beseitigung eines baurechtlich genehmigten Zustandes und bewirke damit in der Sache einen Widerruf bzw. die Aufhebung der erteilten Baugenehmigung. Die Gestaltung der Treppenhäuser und diesbezügliche Brandschutzfragen seien im Genehmigungsverfahren 1982 zwischen dem damaligen Bauherr, dem Landratsamt und dem Brandversicherer abgestimmt worden. Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Anordnung gemäß dem Rundschreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern „Vollzug der Bayerischen Bauordnung; Brandschutz in bestehenden Gebäuden“ vom 25. Juli 2011 seien nicht gegeben. Jedes Geschoss des Hotelgebäudes besitze tatsächlich mehrere Rettungswege. Geringe, den heutigen Anforderungen ggf. nicht mehr bis ins Detail gerecht werdende Mängel könnten jedenfalls nicht dazu führen, diesen die Qualität und die Funktion als Rettungsweg vollständig abzusprechen. Weder aus dem Bescheid des Landratsamts noch aus dem angegriffenen erstinstanzlichen Beschluss ergebe sich, dass die gerügten Mängel der Rettungswege im Brandfall dazu führten, dass die dortigen Fluchtmöglichkeiten nicht gegeben seien. Tatsächlich sei bei einer würdigenden Gesamtbetrachtung von einem ausreichenden Gefahrenschutz im Gebäudebestand auszugehen. Ein wesentlicher Mangel des Rettungswegs über den mittleren und zentralen Treppenraum könne aus dem Umstand, dass der Treppenverlauf im Bereich des 1. Obergeschosses um etwa 6 bis 7 m versetzt sei, nicht begründet werden. Der mittlere Treppenraum sei von jeder Lage im 1. und 2 Obergeschoss innerhalb der bauordnungsrechtlichen 35 m-Vorgabe erreichbar. An beiden Seiten des Bauwerks (gemeint: im südwestlichen und östlichen Gebäudetrakt) seien das 1. und das 2. Obergeschoss über ein Treppenhaus verbunden, wobei von jedem dieser im 35 m-Bereich erreichbaren Treppenhäuser auf Ebene des 1. Obergeschosses ein Ausgang auf das Flachdach über dem Restaurantbereich führe. Insgesamt sei kein Raum weiter als 10 m von der nächsten Treppe entfernt. Darüber hinaus stehe im 1. Obergeschoss der Ausstieg über das jeweilige Fenster auf die Dachterrasse zur Verfügung. Die Dachterrasse sei weniger als 8 m hoch und daher für die Feuerwehr ohne Weiteres anleiterbar. Auch die Fenster hielten eine entsprechende Brüstungshöhe ein. Das unverhältnismäßige Vorgehen werde ferner dadurch belegt, dass die Baubehörde auch nach zwischenzeitlichen Baukontrollen – so z.B. im Jahr 1995 – den bestehenden baulichen Zustand des Gebäudes akzeptiert habe. Schließlich habe das Verwaltungsgericht die wirtschaftlichen Folgen des streitgegenständlichen Bescheids für die Antragstellerin nicht hinreichend berücksichtigt. Bei Fortbestand der Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei der wirtschaftliche Zusammenbruch des genehmigten und über viele Jahrzehnte unbeanstandeten Betriebs unvermeidbar. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners sei es nicht Sache der Antragstellerin, alternative bautechnische Vorschläge zur Veränderung des bestandsgeschützten Zustands ihres Anwesens zu unterbreiten. Wegen der bestehenden Verkleidung der Außenfassade mit grundsätzlich brennbaren Holzschindeln dürfe der Rettungsweg über die Außenflächen der Dachterrassen und die Abstiegsleitern nicht als untauglich angesehen werden. Die Bayerische Bauordnung fordere für Außenwände lediglich eine ausreichend lange Widerstandsfähigkeit gegen eine Brandausbreitung. Diese Eigenschaft („schwer entflammbar“) erfüllten die Holzschindeln. Gleiches gelte für die in massivem Holz bzw. teilweise in Metall mit Gitterglas ausgeführten Fenster und Türen im Bereich der Rettungswege. Die an den Außenflächen vorhandenen Abstiegsleitern könnten „als zusätzliche Außentreppe bzw. Außenabstieg bezeichnet und genutzt“ werden. Insofern sei vom vormaligen Pächter in einem Bescheid vom 6. Mai 2015 – und insbesondere dort unter 5. und 6. – lediglich gefordert worden, den Außenfluchtbereich zu sichern. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Antragsgegner auf diese Möglichkeiten, die umgesetzt worden seien, nicht mehr abheben wolle. Es bestehe grundsätzlich die Bereitschaft, im Bereich des Zumutbaren liegende ergänzende Maßnahmen der Ausgestaltung der Außenrettungswege durchzuführen, die sich allerdings nur in marginalem Bereich bewegen könnten, da die Grundvorrichtungen dieser Anlagen schon vorhanden und seit Jahren unbeanstandet seien.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 17. Mai 2017 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2016 erhobenen Klage wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe richtig entschieden. Aus dem Baukontrollbericht zur Ortseinsicht vom 8. November 2016 hätten sich erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit ergeben. Aus dem Bericht folge auch, dass die angeordneten Maßnahmen eine unabweisbare Minimallösung darstellten, da jeder vorhandene Rettungsweg mit schwerwiegenden Mängeln behaftet sei. Es gehe nicht nur um die Anpassung an die im Laufe der Zeit geänderten gesetzlichen Vorschriften. Angesichts der erheblichen Gefahrenlage sei es unerheblich, dass das Landratsamt den baulichen Missstand ggf. früher hätte feststellen und einschreiten können. Unabhängig davon, dass die Antragstellerin eine wirtschaftliche Existenzgefährdung im Falle der Umsetzung des Bescheids nicht belegt habe, sei ein Eigentümer für den ordnungsgemäßen Zustand eines Gebäudes grundsätzlich ohne Rücksicht auf seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verantwortlich. Dies gelte umso mehr, wenn es – wie hier – um den Schutz höchstwertiger Rechtsgüter vor erheblichen konkreten Gefahren gehe. Der näher begründeten Annahme im angegriffenen Beschluss, dass solche Gefahren vorliegen, sei die Antragstellerin nicht substantiiert entgegen getreten. Die vorgelegten Unterlagen aus den Jahren 1968 und 1982 gäben hierzu nichts her. Es sei nicht Aufgabe der Behörde, alle vorstellbaren Möglichkeiten zur Umsetzung eines ausreichenden Bestandsschutzes in Erwägung zu ziehen, wenn sich der Verantwortliche – wie hier die Antragstellerin – zu Unrecht auf den Standpunkt stelle, dass keine Gefahrensituation gegeben sei und der bestehende Zustand hinsichtlich des Brandschutzes ausreiche. Es sei auch mit Blick auf finanzielle und betriebliche Belastungswirkungen Sache der Antragstellerin gewesen, Alternativen zu den von der Behörde für erforderlich und angemessen gehaltenen Maßnahmen zur Ausräumung oder Kompensation von Brandschutzmängeln zu entwickeln. Eindeutig vorzugswürdige Alternativen seien für die Behörde nicht ersichtlich.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, hat aber nur zu einem geringen Teil Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung weitgehend zu Recht abgelehnt.

Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen.

1. Für den Erfolg der Beschwerde kommt es hiernach maßgeblich darauf an, inwiefern das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid vom 2. Dezember 2016 nach der im Eilverfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Recht von Art. 54 Abs. 4 BayBO als Befugnisnorm gedeckt angesehen hat, wobei der Senat sich nur mit den innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf die § 146 Abs. 4 Satz 3 und Satz 6 VwGO die Prüfung beschränkt, auseinanderzusetzen hat.

Die Bauaufsichtsbehörden können gem. Art. 54 Abs. 4 BayBO auch bei bestandsgeschützten baulichen Anlagen Anforderungen stellen, wenn das zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig ist. Eine erhebliche Gefahr in diesem Sinne kann darin begründet sein, dass diese erst nachträglich auftritt oder erst nachträglich erkannt bzw. ihre Schwere nunmehr – etwa unter Berücksichtigung der fortschreitenden technischen Entwicklung oder neuer Erkenntnisse der Brandabwehr – anders beurteilt wird (Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Mai 2017, Art. 54 Rn. 167). Art. 54 Abs. 4 BayBO vermittelt der Bauaufsichtsbehörde über Art. 54 Abs. 2 und 3 BayBO sowie Art. 76 BayBO hinausgehend auch Eingriffsbefugnisse bei Anlagen, die aufgrund einer geltenden Baugenehmigung formell bestandsgeschützt sind. Anordnungen können auf Art. 54 Abs. 4 BayBO gestützt werden, ohne dass die Baugenehmigung gem. Art. 48 oder Art. 49 BayVwVfG aufgehoben werden muss bzw. ohne dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme oder einen Widerruf der Baugenehmigung vorliegen müssen (BayVGH, B.v. 29.8.2012 – 2 CS 12.1256; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 158, 160 m.w.N.; i.E. ebenso: Bell, KommP BY 2011, 334; Glaser/Wei-ßenberger, BayVBl. 2008, 460/465; nach früherem Recht bereits BayVGH, U.v. 1.2.1980 – 53 II 77; B.v. 16.3.1982 – 2 AS 82 A.217; U.v. 21.8.1991 – 2 B 91.156; U.v. 10.1.1992 – 2 B 89.740; B.v. 30.7.1992 – 15 CS 92.1935; B.v. 19.6.1997 – 14 ZB 97.1268; B.v. 19.12.2001 – 14 ZB 00.1421 – juris Rn.3; a.A. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: Februar 2017, Art. 54 Rn. 212, 213). Insofern ist die Legalisierungswirkung einer Baugenehmigung verfassungsgemäß eingeschränkt. Von den von Art. 54 Abs. 4 BayBO erfassten Sicherheitsrisiken sind nicht nur die Eigentümer selbst, sondern eine von vornherein nicht bestimmbare Zahl von Bewohnern, Besuchern (Gästen) und unter Umständen auch Passanten betroffen. Diese Einbindung rechtfertigt auch am Maßstab von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG eine detaillierte und weitgehende Bestimmung des Inhalts und der Schranken der Eigentümerbefugnisse (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 156 m.w.N.).

Der Senat konnte im summarischen Verfahren gem. § 146 i.V. mit § 80 Abs. 5 VwGO auf die detaillierte Ermittlung und Beurteilung der bestehenden Baugenehmigungslage verzichten. Insbesondere bedurfte es keiner Ermittlungen, inwiefern ggf. doch noch weitere Baugenehmigungen vor der Umbaugenehmigung aus dem Jahr 1982 existent sein könnten. Entbehrlich war im gerichtlichen Verfahren auch eine detaillierte Abklärung und Prüfung, inwiefern (zum Teil) Mängelbeseitigungsmaßnahmen auch auf Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO hätten gestützt werden können, etwa weil der bestehende bauliche Zustand, der in Umsetzung der Anordnungen in Teil II des angefochtenen Bescheids geändert werden soll, ggf. nicht mit der Baugenehmigung vom 23. Juni 1982 übereinstimmt. Denn bei der Anwendung des Art. 54 Abs. 4 BayBO muss die Frage der genauen Reichweite des Bestandschutzes nicht vertieft werden. Eine Anordnung, die nach dieser Vorschrift gegen eine in ihrem Bestand geschützte Anlage gerichtet werden kann, darf jedenfalls in analoger Anwendung des Art. 54 Abs. 4 BayBO auch und erst recht gegen eine nicht in ihrem Bestand geschützte Anlage ergehen (vgl. Gröpl, BayVBl. 1995, 292/296 f., 299; Schwarzer/König Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 54 Rn. 48; Jäde in Jäde/Dirn-berger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Art. 54 Rn. 214). Sollte im Übrigen die Ausgestaltung der betroffenen Räumlichkeiten bzw. der Betrieb des Hotels im Ganzen nicht von bestehenden Baugenehmigungen abgedeckt sein, wären bei (alternativer) Heranziehung des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO (für bauliche Nachrüstungen) bzw. Art. 76 Satz 2 BayBO (für die Nutzungsuntersagung) die behördlichen Ermessenserwägungen weitgehend identisch (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2011 – 2 CS 11.229 – juris Rn. 9; zur Möglichkeit eines Austausches der Rechtsgrundlage, wenn hierdurch der Bescheid nicht in seinem Wesen verändert wird vgl. auch BVerwG, U.v. 31.3.2010 – 8 C 12.09 – NVwZ-RR 2010, 636 = juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 18.7.2012 – 22 ZB 11.2060 – juris Rn. 13).

Gemessen hieran überwiegt in Bezug auf die unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 11 des Bescheides vom 2. Dezember 2016 angeordneten Maßnahmen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das gegenläufige Interesse der Antragstellerin, weil aller Voraussicht nach die Anfechtungsklage gegen den Bescheid insofern gemessen an Art. 54 Abs. 4 BayBO keinen Erfolg haben wird (im Folgenden unter 2.). Demgegenüber überwiegt das Suspensivinteresse der Antragstellerin das Vollzugsinteresse, soweit unter Teil II Nr. 5 des Bescheids angeordnet wurde, dass im zentralen Treppenraum das höchstgelegene Fenster (über dem Garagen-Flachdachniveau) zu einem Rauchabzug umzurüsten ist; denn diese Anordnung kann nicht auf die von dem Antragsgegner herangezogene Befugnisnorm und das hierauf aufbauende behördliche Ermessen gestützt werden (hierzu unter 3.). Da die unter Teil I Nr. 1 Satz 1 verfügte Nutzungsuntersagung nach Aktenlage ebenfalls als grundsätzlich zulässig anzusehen ist, hat das Verwaltungsgericht auch insofern wegen überwiegenden Vollzugsinteresses den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt. Da die fortbestehende Wirksamkeit der verfügten Nutzungsuntersagung über die unter Teil I Nr. 1 Satz 2 des streitgegenständlichen Bescheids reglementierte auflösende Bedingung unter Berücksichtigung des Anordnungszwecks (Sicherung einer gefahrfreien Nutzbarkeit der Rettungswege im Brandfall) auf Basis einer einheitlichen Ermessensentscheidung an die Erfüllung der unter Teil II verfügten Maßnahmen geknüpft ist, allerdings hinsichtlich Teil II Nr. 5 des Bescheids die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen war, sieht es der Senat in analoger Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO als geboten an, die Ablehnung des Eilantrags an die im Tenor dieses Beschlusses ausgesprochene Auflage (Maßnahme) zu knüpfen (vgl. im Einzelnen unten 4.).

2. Es spricht eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 11 des Bescheides vom 2. Dezember 2016 angeordneten Maßnahmen rechtmäßig sind und die Antragstellerin daher nicht in subjektiven Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Der Senat sieht von vornherein keine Veranlassung, den streitgegenständlichen Bescheid vom 2. Dezember 2016 im Beschwerdeverfahren einer rechtlichen Überprüfung in Bezug auf die unter Teil II Nr. 8 bis Nr. 11 angeordneten Maßnahmen (Begrenzung der Lagerung von brennbaren Stoffen in der Garage; Beseitigung entzündlicher und brennbarer Gegenstände in bestimmten Flur- und Treppenhausbereichen sowie Abstellräumen unter den Treppenläufen; Freihaltung erforderlicher Rettungswegbreiten; Entfernung von Keilen, mit denen Türen mit Brandschutzanforderungen und Selbstschließung offen gehalten werden; Vorlage eines Prüfungsergebnisses über die Funktionsfähigkeit und Betriebssicherheit der Sicherheitsbeleuchtung mit Sicherheitsstromversorgung) zu unterziehen.

Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO obliegt es dem Beschwerdeführer – hier der Antragstellerin –, sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung inhaltlich auseinanderzusetzen und im Einzelnen aufzuzeigen, weshalb diese keinen Bestand haben kann. Die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren nichts Substanziiertes vorgetragen, warum der Bescheid vom 2. Dezember 2016 in Bezug auf Teil II Nr. 8 bis Nr. 11 entgegen der Beurteilung des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Beschluss vom 17. Mai 2017 rechtswidrig sein könnte. Im Beschwerdeverfahren sind vom Verwaltungsgerichtshof nur die dargelegten Gründe zu prüfen, § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO (vgl. z.B. OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 1.10.2014 – 3 M 406/14 – juris Rn. 6). Zudem hat die Antragstellerin hinsichtlich eines Teils der hiervon betroffenen Maßnahmen vorgetragen, dass bereits „alle mobilen Einrichtungen aus Treppenhäusern und Fluren entfernt“ worden seien, „die auch nur im Geringsten brandschutztechnisch problematisch sein könnten“ (Schriftsatz vom 22. Juni 2017; zu Brandlasten und Hindernissen in Form von Einrichtungsgegenständen in Rettungswegbereichen vgl. Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, Art. 33 Rn. 77). Soweit sich die Anfechtungsklage der Antragstellerin mit Blick auf § 88 VwGO überhaupt auf die Maßnahmen gem. Teil II Nr. 8 – 11 erstrecken sollte, könnte im Hauptsacheverfahren ggf. zu klären sein, inwiefern diese mangels Auswirkungen auf den genehmigten Bestand anstelle von Art. 54 Abs. 4 BayBO womöglich eher auf Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO zu stützen sind.

b) Auch hinsichtlich der im angefochtenen Bescheid unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 und Nr. 7 angeordneten Maßnahmen (Nr. 1 – Nr. 4: Einbau von Türen bzw. Fenstern mit bestimmten brandschutzrechtlichen Anforderungen in näher bestimmten Treppenraum- und Flurbereichen; Nr. 6: Beseitigung brennbarer Wand- und Deckenverkleidungen bzw. deren Ersetzung durch nichtbrennbare Verkleidungen in ausreichender Dicke in näher bestimmten Bereichen; Nr. 7: Anforderung einer leichten Öffnung der westlichen Notausgangstür von der Garage ins Freie) bleibt die Beschwerde ohne Erfolg. Denn insofern geht der Senat nach der im Verfahren gem. § 146, § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass die Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO als Befugnisnorm erfüllt und dem Antragsgegner keine Ermessensfehler (Art. 40 BayVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO) vorzuwerfen sind.

aa) Bei der nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilenden Frage, ob die Eingriffsschwelle des Art. 54 Abs. 4 BayBO (erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit) erreicht ist, ist einekonkrete Gefahr in dem Sinne zu fordern, dass bei einer Betrachtungsweise ex ante bei ungehindertem Geschehensablauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden droht (vgl. BayVGH, U.v. 1.2.1980 – 53 II 77; B.v. 21.6.2011 – 14 CS 11.790 – juris Rn. 23; B.v. 29.8.2012 – 2 CS 12.1256; Decker, BayVBl. 2011, 517/524; Hirschfelder, BauR 2015, 921/924 f.; vgl. auch zum Landesrecht außerhalb Bayerns VGH BW, B.v. 29.3.2011 – 8 S 2910/10 – BauR 2012, 473 = juris Rn. 24; HessVGH, B.v. 18.10.1999 – 4 TG 3007/97 – NVwZ-RR 2000, 581 = juris Rn. 18; OVG Rh-Pf, U.v. 12.12.2012 – 8 A 10875/12 – NVwZ-RR 2013, 496 = juris Rn. 30; HambOVG, B.v. 4.1.1996 – Bs II 61/95 – NVwZ-RR 1997, 466 = juris Rn. 13; NdsOVG, B.v. 17.1.1986 – 6 B 1/86 – BauR 1986, 684/686; OVG NRW, U.v. 28.8.2002 – 10 A 3051/99 – BauR 2002, 763 = juris Rn. 19, 20; nach a.A. soll das Vorliegen einer abstrakten Gefahr genügen, vgl. Gröpl, BayVBl. 1995, 292/296; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 169). Dabei ist der allgemeine sicherheitsrechtliche Grundsatz anzuwenden, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. BayVGH, U.v. 16.1.1997 – 22 B 96.3491 – BayVBl. 1997, 280 = juris Rn. 20; B.v. 21.6.2011 – 14 CS 11.790 – juris Rn. 23). Angesichts des hohen Stellenwerts der Rechtsgüter Leben und Gesundheit sind daher im Anwendungsbereich des Art. 54 Abs. 4 BayBO an die Feststellungen der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sowie an den Maßstab der Erheblichkeit der Gefahr keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen (BVerwG, U.v. 26.6.1970 – IV C 99.67 – NJW 1970, 1890 = juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 27.1.2003 – 2 CS 02.2438 – juris Rn. 9; B.v. 21.6.2011 – 14 CS 11.790 – juris Rn. 24; B.v. 29.8.2012 – 2 CS 12.1256; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bau-er/Weiß, Die neue BayBO, Art. 54 Rn. 220). Es genügt grundsätzlich, wenn ein Schadenseintritt zu Lasten der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unter dem besonderen Schutz der Rechtsordnung stehenden Schutzgüter aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls nicht ganz unwahrscheinlich ist (Molodovsky in Molodovsky/Fa-mers, Bayerische Bauordnung, Stand: Mai 2017, Art. 54 Rn. 141, 141a; Schwarzer/König Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 54 Rn. 48; vgl. auch VGH BW, B.v. 29.3.2011 – 8 S 2910/10 – BauR 2012, 473 = juris Rn. 24; HessVGH, B.v. 18.10.1999 – 4 TG 3007/97 – NVwZ-RR 2000, 581 = juris Rn. 18; OVG Rh-Pf, U.v. 12.12.2012 – 8 A 10875/12 – NVwZ-RR 2013, 496 = juris Rn. 30; OVG NRW, U.v. 28.8.2001 – 10 A 3051/99 – BauR 2002, 763 = juris Rn. 24).

bb) Der Antragsgegner hat im Bescheid vom 2. Dezember 2016 ebenso wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss vom 17. Mai 2017 eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit i.S. von Art. 54 Abs. 4 BayBO damit begründet, dass für das 1. und 2. Obergeschoss des Hotels weder der erste noch der zweite Rettungsweg ausreichend gesichert sei. Der Senat teilt nach Aktenlage diese Einschätzung.

Eine erhebliche – konkrete – Gefahr i.S. von Art. 54 Abs. 4 BayBO entsteht zwar nicht bereits allein dadurch, dass sich gesetzliche Vorschriften im Laufe der Zeit ändern und eine bestehende Anlage in der Folge nicht mehr in allen Details mit neueren (etwa bauordnungs-) rechtlichen Vorgaben übereinstimmt (VGH BW, B.v. 29.3.2011 – 8 S 2910/10 – BauR 2012, 473 = juris Rn. 24; HessVGH, B.v. 18.10.1999 – 4 TG 3007/97 – NVwZ-RR 2000, 581 = juris Rn. 18; Nr. 1.2 des IMS vom 25. Juli 2011 „Vollzug der Bayerischen Bauordnung; Brandschutz in bestehenden Gebäuden“ – Az. II B 7-4112.420-013/11; Bell, KommP BY 2011, 334; Hirschfelder, BauR 2015, 921/925). Besonderheiten gelten jedoch bei der Gefahr- und Wahrscheinlichkeitsbeurteilung im Zusammenhang mit brandschutzrechtlichen Anforderungen, weil mit der Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 27.1.2003 – 2 CS 02.2438 – juris Rn. 10; B.v. 29.8.2012 – 2 CS 12.1256; VGH BW, B.v. 29.3.2011 – 8 S 2910/10 – BauR 2012, 473 = juris Rn. 24; OVG NRW, U.v. 28.8.2001 – 10 A 3051/99 – BauR 2002, 763 = juris Rn. 19 ff.; B.v. 20.2.2013 – 2 A 239/12 – BauR 2013, 1261 = juris Rn. 34; Hirschfelder, BauR 2015, 921/925) und ein Gebäudebrand regelmäßig mit erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit von Personen einhergeht. Personen, die sich in dem Gebäude aufhalten, müssen sich darauf verlassen können, dass die vorgesehenen Rettungswege im Brandfall hinreichend gefahrfrei und sicher benutzbar sind. Mängel innerhalb der Rettungswege indizieren daher eine erhebliche Gefahr i.S. von Art. 54 Abs. 4 BayBO (Kühnel/Goll-witzer in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 33 Rn. 8; zur Möglichkeit nachträglicher Anordnungen auch gegenüber bestandsgeschützten Gebäude im Falle ungesicherter Rettungswege vgl. auch Bauer in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Art. 12 Rn. 10; Molodovsky in Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 54 Rn. 141a; BayVGH, U.v. 17.2.1997 – 14 B 93.1180 – juris Rn. 17 ff.: ungesicherter erster Rettungsweg wegen fehlender feuerbeständiger Ausgestaltung eines Treppenraums; VGH BW, U.v. 28.6.1989 – 5 S 1542/88 – juris Rn. 13 ff.: Anordnung zum Einbau von rauchdichten und selbstschließenden Türen; für den Fall der mangelnden Sicherung des zweiten Rettungswegs vgl. auch BayVGH, U.v. 10.1.1992 – 2 B 89.740; B.v. 29.8.2012 – 2 CS 12.1256; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 176, 177; vgl. auch OVG NRW, U.v. 28.8.2001 – 10 A 3051/99 – BauR 2002, 763 = juris Rn. 19 ff.; B.v. 22.7.2002 – 7 B 508/01 – BauR 2002, 1841 = juris Rn. 19 ff.). Ganz in diesem Sinne ist nach dem Rundschreiben des Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 25. Juli 2011 „Vollzug der Bayerischen Bauordnung; Brandschutz in bestehenden Gebäuden“ (Az. II B 7-4112.420-013/11, dort unter Nr. 1.2) für die Anwendung des Art. 54 Abs. 4 BayBO „beispielhaft (…) von einer erheblichen Gefahr in Bezug auf den Brandschutz unter anderem dann auszugehen, wenn die nach Art. 31 Abs. 1 BayBO für Nutzungseinheiten mit Aufenthaltsräumen regelmäßig geforderten zwei unabhängigen Rettungswege überhaupt nicht vorhanden sind oder wenn nur ein Rettungsweg vorhanden und mit Mängeln behaftet ist, die im Brandfall mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit zur vorzeitigen Unbenutzbarkeit führen“ (zustimmend Bell, KommP BY 2011, 334; Famers in Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 31 Rn. 58; in Anwendung von Art. 60 Abs. 5 BayBO 1998 vgl. bereits BayVGH, B.v. 27.1.2003 – 2 CS 02.2438 – juris Rn. 7 ff.).

Die unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 und Nr. 7 angeordneten Maßnahmen stützen sich auf die Nichteinhaltung der (aktuell geltenden) Anforderungen gem. Art. 33 Abs. 6 BayBO (Teil II Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3), Abs. 4 (Teil II Nr. 4), Abs. 5 (Teil II Nr. 6) sowie hinsichtlich Teil II Nr. 7 auf eine im Sinne der Funktionsfähigkeit eines Rettungswegs am Maßstab von Art. 31 Abs. 1 BayBO bzw. § 12 Abs. 1 GaStellV geboten hinreichende Leichtigkeit der Öffnung der ins Freie führenden westlichen Notausgangstür. Auch wenn Art. 54 Abs. 4 BayBO die Anordnung einer (fortwährenden) Nachrüstung auf den Stand der aktuell geltenden bauordnungsrechtlichen Vorschriften als solche grundsätzlich nicht rechtfertigt (s.o.), greift die Befugnisnorm als spezieller Gefahrenabwehrtatbestand auch gegenüber bestandsgeschützten Gebäude aufgrund der hohen Wertigkeit der geschützten Rechtsgüter (Leben und Gesundheit) jedenfalls dann ein, wenn die Nichteinhaltung aktueller gesetzlicher Standards gleichzeitig eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit bedingt und ohne eine Anordnung der Bauaufsichtsbehörde und deren Umsetzung die gefahrfreie und sichere Benutzbarkeit eines Rettungswegs nicht hinreichend gewährleistet ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die aktuellen normativen Anforderungen an die Ausgestaltung notwendiger Treppenräume in Art. 33 Abs. 4 und Abs. 6 BayBO den Schutzzweck verfolgt, im Brandfall den Brandübergriff auf den Rettungsweg sowie eine Verrauchung in diesem zu verhindern und damit in Umsetzung der allgemeinen Vorgaben in Art. 12 letzte Alt. BayBO für eine sichere und gefahrfreie Benutzbarkeit des Rettungswegs für die Fliehenden sowie für Rettungshelfer zu gewährleisten (Bauer in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Art. 33 Rn. 7, 35, 84, 98; Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, Art. 33 Rn. 3, 4, 6, 69, 75, 78, 96). Die Anforderungen gem. Art. 33 Abs. 5 BayBO an die Ausgestaltung des Treppenraumes mit nicht brennbaren Baustoffen gründen zudem auf dem Gedanken, dass notwendige Treppenräume in ihrer besonderen Bedeutung als vertikale Fluchtwege selbst nicht Ursache einer Brandentstehung sein dürfen und daher, sofern kein Rauch und Feuer von außen (d.h. von anderen Gebäudeteilen) in den Treppenraum eindringen, als Fluchtweg uneingeschränkt benutzbar bleiben (Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, Art. 33 Rn. 75). Da angesichts des hohen Werts, den das menschliche Leben und die Gesundheit darstellen (vgl. auch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), an die Wahrscheinlichkeit einer Verrauchung des Rettungswegs sowie eines Brandübergriffs auf diesen keine hohen Anforderungen zu stellen sind (s.o. sowie VGH BW, U.v. 28.6.1989 – 5 S 1542/88 – juris Rn. 14), ist nach Ansicht des Senats grundsätzlich von einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit i.S. von Art. 54 Abs. 4 BayBO auszugehen, wenn die Rettungswege der im Einzelfall betroffenen baulichen Anlage nicht den (aktuellen) bauordnungsrechtlichen Anforderungen zur Vermeidung der Verrauchung und des Brandübergriffs sowie der Brandentstehung gem. Art. 33 Abs. 4 – 6 BayBO genügen oder im Übrigen der Funktion eines hinreichend sicheren Fluchtwegs i.S. von Art. 31 Abs. 1 BayBO (bei Mittel- und Großgaragen vgl. auch § 12 Abs. 1 GaStellV) nicht entsprechen. Der (Landes-) Gesetzgeber hat durch die Schaffung und nachträgliche Anpassung von Regelungen im Bauordnungsrecht, die die Rauch- und Brandfreiheit eines als Rettungsweg fungierenden Treppenraums gewährleisten sollen (Art. 33 Abs. 4 – 6 BayBO), den spezifischen Gefahrbegriff des Art. 54 Abs. 4 BayBO hinsichtlich der Sicherung der gefahrfreien Benutzbarkeit eines Rettungswegs konkretisiert.

Diesen Anforderungen genügt die Hotelanlage – soweit nach Aktenlage und unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragstellerin ersichtlich – nicht. Es ist vielmehr mit dem streitgegenständlichen Bescheid davon auszugehen, dass die vorhandenen Rettungswege einerseits über den südwestlichen sowie andererseits über den zentralen Treppenraum an diversen Mängeln am Maßstab der Art. 33 Abs. 4, Abs. 5 und Abs. 6 BayBO leiden, die im Dienste der Behebung einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit (sichere Benutzbarkeit im Brandfall) durch Umsetzung der unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 und Nr. 7 angeordneten Maßnahmen beseitigt werden sollen. Das Verwaltungsgericht hat auf Seiten 12 bis 15 des angefochtenen Beschlusses vom 17. Mai 2017 unter Berücksichtigung des Baukontrollberichts vom 30. November 2016 detailliert ausgeführt, dass die bestehenden vertikalen Rettungswege über den zentralen sowie den südwestlichen Treppenraum sowie die hierauf bezogenen horizontalen Rettungswege in bestimmten Flurbereichen des Erdgeschosses und des Obergeschosses den derzeitigen Anforderungen an eine gefahrfreie Benutzbarkeit im Brand-/Evakuierungsfall am Maßstab von Art. 31 Abs. 1 i.V. mit Art. 33 Abs. 4, 5 und 6 BayBO nicht genügen. Hierauf wird im Einzelnen Bezug genommen. Für diese Rettungswege ist mithin eine sichere, gefahrfreie Benutzbarkeit im Brandfall nicht gewährleistet. Die Antragstellerin hat gegen diese Befunde und Wertungen des Verwaltungsgerichts keine substanziellen Einwendungen erhoben, sodass der Senat sowohl aufgrund des summarischen Charakters des Eilverfahrens als auch aufgrund der Prüfbegrenzung gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Beschwerdeverfahren von der Richtigkeit der diesbezüglichen Feststellungen und rechtlichen Schlüsse des Landratsamts und des Verwaltungsgerichts ausgeht.

Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass es alternative mängelfreie Rettungswege gibt, die im Brandfall eine gem. Art. 54 Abs. 4 BayBO hinreichend sichere, gefahrfreie und zeitnahe Gebäudeevakuierung ermöglichen. Dies gilt insbesondere – und unabhängig von der Frage, inwiefern der horizontale Fluchtweg in den Flurbereichen ohnehin baulich ertüchtigt werden müsste (vgl. Teil II Nr. 1 – 4 des streitgegenständlichen Bescheids) – für eine Rettung über Notabstiege/Leitern im Außenbereich des 1. Obergeschosses (vgl. Lichtbilder Nrn. 11, 29, 30, 35, 41 – 44 im Baukontrollbericht vom 30. November 2016), die über das mittlere Treppenhaus (Ausgang auf das Garagendach im nördlichen Gebäudetrakt) sowie über das südwestliche und das östliche Treppenhaus (Verbindung zu den Terrassen- und Balkonbereichen) aufgesucht werden müssten. Die sichere Benutzbarkeit dieser Fluchtwege steht nicht nur wegen fehlender Sicherheitsbeleuchtung, fehlender Absturzsicherung und fehlendem Witterungsschutz infrage. Wie aus dem Baukontrollbericht folgt, sind im Freibereich keine Außentreppen vorhanden, deren Nutzung ausreichend sicher ist und im Brandfall nicht gefährdet werden kann (vgl. Art. 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BayBO). Die vorhandenen Notabstiege (Leitern) bieten schon deshalb keine gefahrfreie und sichere Benutzbarkeit im Brandfall, weil der Fliehende für den (selbstrettenden) Abstieg ein Mindestmaß an körperlicher Konstitution aufweisen muss, was insbesondere bei wegen Alters gebrechlichen oder bei körperlich behinderten Menschen von vornherein ein unüberwindbares Hindernis darstellen dürfte. Das Landratsamt hatte in dem von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zitierten Schreiben vom 6. Mai 2015 (dort unter Nr. 6) nicht nur gefordert, den Fluchtweg auf dem südlichen Balkon durch Entfernung der Balkonabtrennungen im 1. Obergeschoss bzw. den Einbau von Türen nachzurüsten, sondern auch, auf dem über das mittige Treppenhaus erreichbare Garagendach „einen verkehrssicheren Notabstieg/Fluchttreppe“ anzubringen. Soweit die Antragstellerin im Schreiben vom 2. Oktober 2017 behauptet, dass die im Schreiben vom 6. Mai 2015 unter 5. und Nr. 6 geforderten Maßnahmen für eine sichere Benutzbarkeit des Rettungswegs über die Außenbereiche des 1. Obergeschosses umgesetzt worden seien und deshalb zwischenzeitlich für einen gefahrfreien Zustand gesorgt worden sei, bleibt dieser Vortrag vage und mangels vorgelegter Nachweise für den Senat nicht überprüfbar. Zudem schlägt die Antragstellerin im Schriftsatz vom 2. Oktober 2017 (Seite 3) vor, die an den Außenflächen vorhandenen Abstiegsleitern könnten „als zusätzliche Außentreppe bzw. Außenabstieg bezeichnet und genutzt“ werden. Damit geht aus dem Vortrag der Antragstellerin hervor, dass die Installierung einer verkehrssicheren Fluchttreppe weder tatsächlich umgesetzt wurde noch von ihr in Erwägung gezogen wird. Die an der Außenfassade befindlichen Notabstiegsleitern stellen keine Treppe im bauordnungsrechtlichen Sinne dar (zu „Steigeisen“ als Auf- und Abstiegshilfe mit einer Steigung von 90˚, „Leitern“ als Auf-/Abstiege mit einer Steigung von mehr als 75˚ sowie „Leitertreppen“ mit einer Steigung von mehr als 45˚, die allesamt aufgrund des hohen Steigungswinkels keine Treppen i.S. von Art. 32 BayBO darstellen vgl. Bauer in Jäde/Dirnberger/Bau-er/Weiß, Die neue BayBO, Art. 32 Rn. 52, 53; in Anknüpfung an die DIN 18065 vgl. auch Famers in Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 32 Rn. 18 ff.; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 32 Rn. 2).

Hinzu kommt, dass der gefahrfreien Benutzung eines Außenabstiegs vom ersten Obergeschoss in das Erdgeschoss – sei es über Leitern, sei es über eine (neue) Treppe – die Brennbarkeit der an der Außenfassade befindlichen Holzschindeln entgegensteht. Soweit die Antragstellerin darauf verweist, die Holzschindeln erfüllten die Anforderungen an Art. 26 BayBO, mag dies für die Gestaltung als Außenfassade genügen. Dies genügt aber nicht den Anforderungen an eine sichere und gefahrfreie Benutzung eines Rettungswegs, um erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit im Brandfall auszuräumen. Es wird durch den Schutzzweck von Regelungen wie Art. 33 Abs. 4 bis 6 BayBO bestätigt und liegt im Übrigen auf der Hand, dass ein Fluchtweg nur dann seinen Zweck erfüllen und den Anforderungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO an eine gefahrfreie Benutzbarkeit entsprechen kann, wenn im Brandfall weitestgehend ausgeschlossen wird, dass der Fluchtweg selbst in Brand gerät bzw. wegen übergreifenden Feuers durch die Flüchtenden nicht benutzt werden kann.

Die von der Antragstellerin angesprochene Möglichkeit der Rettung über das Flachdach (Dachterrasse) über dem Restaurantbereich, das – ebenso wie die Fenster in den Obergeschossen – aufgrund passender Höhe (weniger als 8 m) durch die Feuerwehr anleiterbar sei, stellt keine gefahrfreie Rettungswegalternative i.S. des Art. 54 Abs. 4 BayBO dar. Da die Feuerwehr nicht nur aufgrund des Anfahrtswegs sondern auch etwa aufgrund eines Paralleleinsatzes an einem zeitnahen Eintreffen verhindert sein kann, muss sich eine Person, die sich in einem Gebäude aufhält, grundsätzlich darauf verlassen können, im Brandfall das Gebäude selbst über einen Rettungsweg verlassen zu können. Wie sich aus der gesetzlichen Wertung aus Art. 31 Abs. 2 und Abs. 3 BayBO ergibt, kann ein Rettungsweg über eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit allenfalls eine Behelfslösung für den zweiten Rettungsweg sein. Soweit allerdings – wie vorliegend – der erste (durch Fliehende bzw. Rettungshelfer selbst begehbare) Rettungsweg Mängel aufweist, aufgrund derer eine für Leben und Gesundheit gefahrfreie Benutzung im Brandfall nicht gewährleistet ist, kann schon grundsätzlich die Möglichkeit der Rettung mit Hilfe der Feuerwehr keine Kompensation zur Gewährleistung einer am Maßstab von Art. 54 Abs. 4 BayBO hinreichend sicheren und gefahrfreien Evakuierung schaffen. Insofern spielt der Einwand der Antragstellerin, die Regelung gem. Nr. 1.2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministerium des Innern über den Vollzug des Bayerischen Feuerwehrgesetzes vom 28. Mai 2013 (VollzBekBayFwG) betreffend Anfahrt und Rettungszeiten von Feuerwehr und Rettungsdienst (zehnminütige Hilfsfrist) besäßen keine baurechtliche Relevanz, sondern stellten ausschließlich Organisationsvorgaben für die staatlicherseits vorzuhaltende Infrastruktur des Rettungswesens dar, für die Entscheidung des vorliegenden Falles keine Rolle. Zudem ist im vorliegenden Fall nach Aktenlage nicht ersichtlich, dass die Frei-/Außenbereiche im 1. Obergeschoss eine derartige Sicherheit bieten, dass sie bei jedem Brandfall ein längerfristiges Verbleiben ohne Gefahr für Leib und Leben (mit Blick auf toxische Rauchgase, Hitzeentwicklung und Gebäudeeinsturzgefahr) gewährleisten. Eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle weist im Übrigen eine hinreichende Zuverlässigkeit auch als (bloßer) zweiter Rettungsweg nur dann auf, wenn dort nach den konkreten Umständen des Einzelfalls tatsächlich auch eine effiziente und zeitnahe Rettung mit entsprechendem Rettungsgerät zu erwarten ist (OVG NRW, U.v. 22.2.2010 – 7 A 1235/08 – BauR 2010, 1568 – juris Rn. 33). Laut Mitteilung des Kreisbrandmeisters des Landkreis Regen (E-Mail vom 14. Juni 2016) beträgt die Dauer ab Alarmierung bis zum Eintreffen der nächst gelegenen Feuerwehr (B.*) am Gebäude der Antragstellerin (ohne Einbeziehung des Zeitraums bis zur Durchführung der Rettungsmaßnahme selbst) mindestens 13 Minuten. Unter diesen Voraussetzungen dürfte daher sogar ein zweiter Rettungsweg über die Dachterrasse bzw. das Flachdach im 1. Obergeschoss als eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle des Sonderbaus (Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO) den gesetzlichen Anforderungen gem. Art. 31 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BayBO nicht genügen. Es steht dann nämlich infrage, ob sich die Rettung der auf der Dachterrasse befindlichen Personen auf diesem Weg innerhalb eines angemessenen Zeitraums durchführen lässt (vgl. BayVGH, B.v. 27.1.2003 – 2 CS 02.2438 – juris Rn. 11; OVG NRW, U.v. 22.2.2010 a.a.O. juris Rn. 33 ff.; Schwarzer/König, 4. Aufl. 2012, Art. 32 Rn. 4, Rn. 7). Zudem weist der Antragsgegner in den Gründen des streitgegenständlichen Bescheids nachvollziehbar darauf hin, dass die Möglichkeit der zeitgleichen Rettung einer größeren Anzahl von Menschen durch die Feuerwehr zweifelhaft erscheine und dass währenddessen möglicherweise keine Löschungsmaßnahmen durchgeführt werden können.

cc) Die im Bescheid ausgesprochenen Rechtsfolgen sind hinsichtlich der unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 11 des Bescheides vom 2. Dezember 2016 angeordneten Maßnahmen von Art. 54 Abs. 4 BayBO gedeckt, weil es insofern um die Wiederherstellung einer sicheren und gefahrfreien Benutzung der beiden Rettungswege über den zentralen und den südwestlichen Treppenraum geht. Die Anordnungen halten sich aller Voraussicht nach im Rahmen des Notwendigen und Verhältnismäßigen. Auch im Übrigen sind keine Ermessensfehler ersichtlich.

Die Anordnung nach Art. 54 Abs. 4 BayBO steht zwar im pflichtgemäßen Ermessen der Bauaufsichtbehörde, das Handlungs-/Entschließungsermessen (hinsichtlich des „Ob“) wird aber regelmäßig auf Null reduziert sein, d.h. die Behörde muss in der Regel tätig werden, soweit Anordnungen zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit notwendig sind (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 180; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Art. 54 Rn. 226).

Hinsichtlich des Auswahlermessens sind in Bezug auf die unter Teil II Nr. 1 – 4, Nr. 6 und 7 des Bescheids vom 2. Dezember 2016 reglementierten Maßnahmen zur Mängelbeseitigung keine Ermessensfehler erkennbar. Insbesondere halten sich diese Anordnungen im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Entgegen den Einwendungen der Antragstellerin wird mit diesen Regelungen des Bescheides auch unter Berücksichtigung des Bestandsschutzes nicht über die Grenze des nach Art. 54 Abs. 4 BayBO Erforderlichen hinausgegangen.

Die Regelungen in Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 zielen darauf ab, die Verrauchungs- und Brandübergriffsgefahr innerhalb der Fluchtwege zu verringern. Die bestehenden beiden vertikalen Rettungswege (für den westlichen Gebäudebereich über den südwestlichen Treppenraum: Verbindung EG – 2. OG; für den mittigen und östlichen Gebäudebereich über die nicht durchgängig miteinander verbundenen Treppenräume im mittleren Gebäudebereich) sowie die bestehenden horizontalen Flucht- (= Flur-) Bereiche im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss sollen ertüchtigt werden, um deren gefahrfreie Benutzung im Brandfall durch Flüchtende und Rettungshelfer durch Anpassung an die Anforderungen des Art. 33 Abs. 4, Abs. 5 und Abs. 6 BayBO zu gewährleisten. Zusätzlich soll der vertikale südwestliche Fluchtweg zu einem durchgehenden Treppenraum (vgl. Art. 33 Abs. 1 Satz 1 BayBO) ausgestaltet werden, vgl. Teil II Nr. 2 B) des Bescheids. Die normative Forderung nach einem durchgängigen Treppenraum als vertikaler Fluchtweg dient der sicheren Benutzbarkeit im Brand- und Evakuierungsfall, da hierüber die Möglichkeit eines Raucheintrages in den Treppenraum minimiert und die Orientierung im Treppenraum maximiert werden soll (Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, Art. 33 Rn. 11; Famers in Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 32 Rn. 51, 52, Art. 33 Rn. 38). Teil II Nr. 7 zielt auf eine hinreichende Leichtigkeit der Öffnung der ins Freie führenden westlichen Notausgangstür, um die dortigen Rettungswegausgänge am Maßstab von Art. 31 Abs. 1 BayBO bzw. § 12 Abs. 1 GaStellV funktionsfähig zu machen. Die Geeignetheit der Maßnahmen zu dem Zweck, für eine hinsichtlich der Schutzgüter Leben und Gesundheit gefahrfreie Benutzung der zur Verfügung stehenden Rettungswege zu sorgen, steht für den Senat außer Zweifel.

Auch Zweifel hinsichtlich der Erforderlichkeit der diesbezüglichen Maßnahmen haben sich für den Senat im Beschwerdeverfahren nicht ergeben. Alternative, weniger einschneidende Maßnahmen zur Gewährleistung effektiver, gefahrfrei benutzbarer Rettungswege sind nach Aktenlage nicht ersichtlich und wurden auch von der Antragstellerin weder im Verwaltungsnoch im gerichtlichen Eil-/Beschwerdeverfahren aufgezeigt.

Die Regelung in Art. 33 Abs. 2 Satz 1 BayBO, wonach von jeder Stelle eines Aufenthaltsraums mindestens ein Ausgang in einen notwendigen Treppenraum oder ins Freie in höchstens 35 m Entfernung erreichbar sein muss (ebenso z.B. Art. 36 Abs. 2 BayBO 1998), soll sicherstellen, dass sich die Nutzer eines Gebäudes in einem Evakuierungsfall besser orientieren können und die Zeit, die zur Bewältigung des Rettungsweges benötigt wird, kalkulierbar und durch die Länge des zurückzulegenden Weges begrenzt ist (Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, Art. 33 Rn. 39). Weil weder der südwestliche Treppenraum noch der vertikale Fluchtweg über den zentralen Treppenraum von jedem Zimmer innerhalb dieser Wegstrecke erreichbar ist (so beträgt nach den vorliegenden Plänen zum Baugenehmigungsverfahren des Jahres 1982 die Wegstrecke im ersten Obergeschoss von den beiden östlichsten Zimmern zum Eingang des südwestlichen Treppenraums ca. 54 m sowie von den beiden südwestlichsten Zimmern bis zur nach unten führenden Treppe des zentralen Treppenhauses 42 m), ist es schon unter dem Blickwinkel der Notwendigkeit funktionsfähiger erster Rettungswege erforderlich, beide o.g. Rettungswege für eine gefahrfreie Benutzbarkeit im Brandfall zu ertüchtigen (wobei der jeweils weiter entfernte Rettungsweg als zweiter Rettungsweg angerechnet werden kann, vgl. Famers in Molodovsky/ Famers, BayBO, Art. 33 Rn. 71).

Der Antragsgegner hat in den Gründen des Bescheids vom 2. Dezember 2016 der Antragstellerin die Möglichkeit offen gelassen, ein geprüftes alternatives Brandschutzkonzept vorzulegen. Hiervon hat die Antragstellerin bis heute keinen Gebrauch gemacht. Auf Nachfrage des Gerichts im Beschwerdeverfahren hat der Antragsgegner unter Ergänzung der Ermessenserwägungen (§ 114 Satz 2 VwGO) weiter ausgeführt, dass ein Neubau des mittleren und/oder des östlichen Treppenraums mit dem Ziel der Herstellung einer durchgängigen Führung vom 2. OG bis ins Erdgeschoss aufgrund der weitreichenden baulichen Eingriffe in die Grundrissstruktur nicht als mildere Maßnahme angesehen werden könne. Auch eine Ausgestaltung zumindest eines Rettungswegs gem. Art. 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BayBO über Außentreppen dränge sich nicht als weniger belastend und damit vorzugswürdig auf, weil aufgrund des brennbaren Materials an der gesamten Außenfassade und der fehlenden Feuerwiderstandsdauer von Türen und Fenstern im Bereich jeder Außentreppe ein kompletter Umbau der Fassade und der Öffnungen erfolgen müsste. Es liege auch nicht auf der Hand, dass der mit der erstmaligen Erstellung von Außentreppen verbundene finanzielle Aufwand ebenso wie die betrieblichen Belastungswirkungen wesentlich geringer sein könnten als derjenige für die Ertüchtigung vorhandener Treppenhäuser. In der Sache könne nur von der Antragstellerin beantwortet werden, ob sie als Alternative dauerhafte bauliche Eingriffe in Aussichts- und Restauranttrassen und sowie in Balkone als verträglicher für ihr Betriebskonzept ansehe als die brandschutzgerechte Ertüchtigung bestehender Treppenhäuser.

Auch dem hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nichts Substanzielles entgegengehalten. Ihr Vortrag, dass Maßnahmen mit geringerer Eingriffstiefe ausreichten, um der Gefahrenabwehr hinreichend Rechnung zu tragen, bleibt vage, zumal sie sich auf den Standpunkt zurückzieht, es könne von ihr nicht gefordert werden, von sich aus Vorschläge zur Verbesserung des Brandschutzes des Gebäudes zu unterbreiten. Die im Schriftsatz vom 2. Oktober erklärte Bereitschaft der Antragstellerin, mit Blick auf das vormalige Schreiben des Landratsamts vom 6. Mai 2015 „im Bereich des Zumutbaren liegende ergänzende Maßnahmen der Ausgestaltung“ im Bereich der Außenflächen/Dachterrasse „in einem marginalen Bereich“ – d.h. ohne Umgestaltung der Grundvorrichtungen der baulichen Anlage, die „ja schon vorhanden und seit Jahren unbeanstandet“ seien – durchzuführen, können zur Herstellung eines gefahrfreien, den Anforderungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO genügenden Zustands nicht ausreichen. Denn über lediglich ergänzende Maßnahmen in Bezug auf die „Gestaltung der Abstiege von der Dachterrasse“ (vgl. Seite 4 des Schriftsatzes vom 2. Oktober 2017) und damit z.B. ohne hinreichende Sicherung des horizontalen Fluchtwegs bis zum Treppenhaus, ohne Ersetzung der Abstiegsleitern durch hinreichend sichere Treppen i.S. von Art. 32 BayBO (s.o.) sowie ohne Ersetzung der brennbaren Schindelverkleidung durch nichtbrennbare Verkleidungen im Bereich der „Außenfluchtwege“ einschließlich der Außenabstiege würde sich an der oben unter bb) festgestellten Gefahrenlage nichts Wesentliches ändern. Es ist daher für den Senat nach Aktenlage und nach Auswertung des Vortrags der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nicht ersichtlich, dass tatsächlich weniger einschneidende Maßnahmen in Form der Ertüchtigung oder Herstellung alternativer gefahrfreier Rettungswege bestehen könnten.

Im Übrigen dürfte zwar unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit auch auf der Rechtsfolgenseite des Art. 54 Abs. 4 BayBO zu fordern sein, dass sich die Bauaufsichtsbehörde auf Maßnahmen zur Beseitigung der erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit beschränkt, also den Bestandsschutz eines Gebäudes nicht dadurch aushebelt, dass sie darüber hinausgehend auf eine Nachrüstung auf den Stand der aktuell geltenden Vorschriften besteht (s.o.). Es ist aber nicht erkennbar, dass der Antragsgegner über dieses Ziel hinausgegangen wäre. Bereits aus dem Baukontrollbericht vom 30. November 2016 (vgl. Seite 14; zu weiteren Einzelfragen vgl. auch Seite 22) als Basis des Bescheids vom 2. Dezember 2016 geht hervor, dass seitens des Antragsgegners keine „blinde“, den Bestandsschutz des Gebäudes missachtende Anpassung des baulichen Zustands an die aktuell geltenden Regelungen der BayBO verfolgt wird. Das gilt insbesondere, soweit es um die bauliche Ausgestaltung des vertikalen Fluchtwegs über den mittleren und den zentralen Treppenraum geht. Auf Seite 6 des Bescheids wird im Rahmen der Bescheidbegründung zwar zu Recht auf den Umstand verwiesen wird, dass der vertikale Rettungsweg im mittleren Gebäudebereich nicht den aktuell geltenden brandschutzrechtlichen Vorschriften (Art. 32 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 1 Satz 1 BayBO) entspricht, weil die Treppen vom 2. Obergeschoss ins Erdgeschoss nicht über einen durchgehenden Treppenraum und nicht in einem Zug verlaufen (Unterbrechung auf der Flurebene des 1. Obergeschosses; Versetzung der Treppenhausbereiche hier um einige Meter). Trotz des auf die Abwehr von Gefahren für Leib und Leben im Evakuierungsfall abzielenden Schutzzwecks der Art. 32 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 1 Satz 1 BayBO (s.o.), soll über die Anordnung Teil II Nr. 2 Buchst. B) nur der südwestliche vertikale Fluchtweg mit überschaubaren Mitteln zu einem durchgängigen Treppenraum umgestaltet werden. Hinsichtlich des mittleren/östlicheren vertikalen Fluchtwegs verzichtet der Bescheid hingegen darauf, der Antragstellerin als Maßnahme der Mängelbeseitigung einen Umbau zur Herstellung einer Direktverbindung vom 2. Obergeschoss ins Erdgeschoss vorzugeben, um diesen Fluchtwegbereich den heutigen Anforderungen gem. Art. 32 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 1 Satz 1 BayBO anzupassen.

Die unter Teil II, Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 7 verfügten Anordnungen dürften sich trotz ihrer nicht unerheblichen finanziellen und betrieblichen Belastungen ferner im Rahmen des für die Antragstellerin Zumutbaren (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) halten. Art. 54 Abs. 4 BayBO stellt nicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Pflichtigen ab; der Eigentümer ist insbesondere ohne Rücksicht auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit für den ordnungsgemäßen Zustand seines Gebäudes verantwortlich (BVerwG, U.v. 11.4.1989, NJW 1989; Molodovsky in Molodovsky/ Famers, BayBO, Art. 54 Rn. 136; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 164). Es ist mit Blick auf die Wertigkeit und des verfassungsrechtlichen Schutzes der betroffenen Güter Leben und Gesundheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG auch nicht ersichtlich, dass die im Rahmen der Zwangsgeldandrohungen verfügten Fristen von zwei bzw. drei Monaten zur Mängelbehebung unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu kurz bemessen waren (vgl. insoweit BVerwG, U.v. 11.4.1989 – 4 B 65.89 – NJW 1989, 2638 = juris Rn. 3; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 182). Soweit die Antragstellerin gegen die Beurteilung durch das Verwaltungsgericht und den Antragsgegner vorträgt, der bestehende Zustand sei der Bauaufsichtsbehörde seit Jahren bekannt, wäre hieraus allenfalls der Schluss zu ziehen, dass der Antragsgegner gegenüber dem Objekt in der Vergangenheit zu großzügig oder gar nachlässig vorgegangen ist. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, es hätten aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (Unzumutbarkeit) auch Anordnungen gem. Art. 54 Abs. 4 BayBO zur Wiederherstellung eines für Leben und Gesundheit gefahrfreien baulichen Zustands zu unterbleiben.

Da es letztlich im Maßnahmenpaket unter „Teil II Mängel“ ausschließlich um die Ertüchtigung eines – nämlich (s.o.) des ersten – Rettungswegs zur sicheren und gefahrfreien Benutzbarkeit im Brandfall geht und Fluchtwege über die Außenbereiche des 1. Obergeschosses keine sichere und gefahrfreie Rettung im Brandfall gewährleisten, hält sich die Anordnung hinsichtlich Teil II Nr. 1 – Nr. 7 im Rahmen des IMS vom 25. Juli 2011 (s.o.), sodass insofern auch unter dem Aspekt der Selbstbindung der Verwaltung i.V. mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) kein Ermessensfehler gegeben ist.

3. Die Anordnung, dass im zentralen Treppenraum das höchstgelegene Fenster zu einem Rauchabzug umzurüsten ist (Teil II Nr. 5 des Bescheids vom 2. Dezember 2017) dürfte jedoch entgegen der Bescheidbegründung und der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht von Art. 54 Abs. 4 BayBO gedeckt sein. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Maßnahme nach der im Bescheid angegebenen Begründung (Gewährleitung sicherer Rettungswege im Brandfall) der Behebung einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit dient. Die Regelung soll laut Bescheid einen mit Art. 33 Abs. 8 BayBO konformen Zustand herbeiführen. Die Anforderungen in Art. 33 Abs. 8 BayBO sollen zwar der Entrauchung im Brandfall dienen, allerdings stellt Art. 33 Abs. 8 Satz 1 letzter HS BayBO klar, dass dies zum Zweck der Unterstützung wirksamer Löscharbeiten erfolgt (vgl. auch Nr. 33.8 der „Vollzugshinweise zur BayBO 2013“ des Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 1. Juli 2013). Art. 33 Abs. 8 BayBO verfolgt damit den Zweck, dass in den Treppenraum eingedrungener Rauch durch die Feuerwehrnach Evakuierung des Gebäudes abgeführt werden kann, indem sie die Fenster oder Rauchableitungsöffnungen öffnet und die erforderliche Zuluftöffnung, in der Regel durch Offenhalten der Hauseingangstür, herstellt. Diese Vorkehrungen und Maßnahmen sind nicht geeignet, den Treppenraum so rauchfrei zu halten, dass er von den Nutzern des Gebäudes weiterhin gefahrlos als Rettungsweg genutzt werden kann. Ist Rauch in den Treppenraum eingedrungen, müssen die Personen vielmehr über den zweiten Rettungsweg das Gebäude verlassen (vgl. Famers in in Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 33 Rn. 165; Bauer in Jäde/ Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Art. 33 Rn. 114). Mit Blick auf den Schutzzweck des Art. 33 Abs. 8 BayBO ist nicht ersichtlich, dass die Herstellung eines baulichen Zustandes, der dieser Regelung entspricht, der sicheren und gefahrfreien Nutzung der Rettungswege im Brandfall entspricht. Insofern dient die Regelung primär dem Eigeninteresse des Gebäudeeigentümers an einer möglichst optimalen Rettung des Gebäudes im Brandfall. Daher passt hierfür auch nicht die ebenfalls auf die bestehende Gefährdungslage wegen nicht gesicherter Rettungswege abstellende Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs (vgl. Seite 8 des Bescheids). Im Rahmen der gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Interessenabwägung war daher für die Regelung in Teil II Nr. 5 des Bescheids vom 2. Dezember 2016 die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wiederherzustellen. Sollte – was der Senat nach Aktenlage nicht beurteilen kann – im Einzelfall die fehlende Existenz eines Rauchabzugs i.S. von § 33 Abs. 8 BayBO Leben und Gesundheit von Löscharbeiten durchführenden Feuerwehrleuten gefährden, wäre dies im Anordnungsbescheid ermessensgerecht zu begründen und auszuführen gewesen.

4. Gestützt auf Art. 54 Abs. 4 BayBO kann auch gegenüber einem bestandsgeschützten Gebäude eine Nutzungsuntersagung verfügt werden, wenn dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig ist (BayVGH, B.v. 14.3.2011 – 2 CS 11.229 – juris Rn. 9; B.v. 21.6.2011 – 14 CS 11.790 – juris Rn. 24). Da die Nutzung eines Hotels ohne im Brandfall hinreichend sicher benutzbare Rettungswege mit erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit für die Hotelgäste, das Hotelpersonal und sonstige sich im Gebäude aufhaltenden Personen verbunden ist, teilt der Senat die Ansicht des Antragsgegners, dass das Ermessen der Behörde, eine Nutzungsuntersagung anzuordnen, grundsätzlich auf null reduziert ist, solange die diesbezüglichen Mängel nicht beseitigt sind. Trotz der betrieblichen Einbußen und nicht unerheblichen Aufwendungen für die Antragstellerin stellt sich für den Senat die Nutzungsuntersagung als verhältnismäßig dar, zumal der Antragsgegner einerseits unzumutbare Härten dadurch abgefedert hat, indem er über die Übergangsregelung unter Teil I Nr. 2 des Bescheids (Sicherheitswache als Sofortmaßnahme) die Möglichkeit der Aussetzung der Nutzungsuntersagung unter Aufrechterhaltung des Hotelbetriebs eröffnet hat, und andererseits unter Teil I Nr. 1 Satz 2 eine auflösende Bedingung (Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG) reglementiert hat, wonach die Nutzungsuntersagung außer Kraft tritt, wenn alle Anordnungen zur Mängelbeseitigung gem. Teil II des Bescheids erfüllt sind. Insofern sieht der Senat die Nutzungsuntersagung als grundsätzlich von Art. 54 Abs. 4 BayBO gedeckt und insbesondere hiernach als verhältnismäßig und ermessensgerecht an.

Allerdings ist zu bedenken, dass Teil II Nr. 5 des Bescheids wohl nicht von Art. 54 Abs. 4 BayBO gedeckt ist und deshalb insofern die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen ist (s.o. 3.). Der Fortbestand der Nutzungsuntersagung ist daher am Maßstab des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit überzogen und rechtlich bedenklich, soweit – wie in der auflösenden Bedingung unter Teil 1 Nr. 1 Satz 2 vorgesehen – auch die Erfüllung der Maßnahme Teil II Nr. 5 verlangt wird. Da dieser Punkt insgesamt aber nur einen untergeordneten Aspekt im Regelungssystem des im Übrigen voraussichtlich rechtmäßigen Bescheids vom 2. Dezember 2016 darstellt, macht der Senat insofern von der analog § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO eröffneten Möglichkeit Gebrauch, die den Eilantrag der Antragstellerin insoweit ablehnende Entscheidung von einer Auflage/Maßnahme zulasten des Antragsgegners abhängig zu machen (vgl. BayVGH, B.v. 16.12.2015 – 22 AS 15.40042 – juris Rn. 29; U.v. 6.9.1990 – 22 B 90.500 – BayVBl. 1991, 87/88; NdsOVG, B.v. 30.1.1978 – IV OVG B 196/77 – NJW 1978, 2523/2524; VGH Mannheim, B.v. 21.5.1987 – Z 10 S 1/87 – NJW 1987, 1717/1719; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 90; Finkelnburg/ Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 1004). Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen die Untersagung der Nutzung war daher unter der Maßgabe abzulehnen, dass der Antragsgegner den Sofortvollzug hinsichtlich der Nutzungsuntersagung aufhebt, wenn und sobald die unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 11 des Bescheids angeordneten Maßnahmen vor der rechtskräftigen Entscheidung über die Hauptsache erfüllt sind.

5. Gegen die Zwangsgeldandrohungen sind im Beschwerdeverfahren keine substanziierten Einwendungen erhoben worden. Aufgrund der Prüfungsbeschränkung im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bedarf es insofern keiner weiteren Ausführungen des Senats.

6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, weil die Beschwerde nur zu einem geringen Teil Erfolg gehabt hat. Insofern ist es auch gerechtfertigt, dass es hinsichtlich der Kostentragung des erstinstanzlichen Verfahrens bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bleibt. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

7. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gericht bestimmt nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind.

(2) Die einstweilige Verfügung kann auch in einer Sequestration sowie darin bestehen, dass dem Gegner eine Handlung geboten oder verboten, insbesondere die Veräußerung, Belastung oder Verpfändung eines Grundstücks oder eines eingetragenen Schiffes oder Schiffsbauwerks untersagt wird.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beigeladene auf den Bauvorbescheid verzichtet und die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26. März 2014 - 4 K 4392/12 - ist insoweit unwirksam.

Im Übrigen wird auf die Berufung der Klägerinnen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26. März 2014 - 4 K 4392/12 - geändert.

Der Bauvorbescheid der Beklagten vom 1. August 2012 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26. November 2012 werden aufgehoben, soweit diese durch den Teilverzicht nicht unwirksam geworden sind.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Beklagte und die Beigeladene tragen jeweils die Hälfte der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen in beiden Rechtszügen; im Übrigen tragen sie ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerinnen wenden sich gegen einen der Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid über die bauplanungs- und abstandsflächenrechtliche Zulässigkeit der Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses mit Tiefgarage.
Die Klägerin zu 1 ist Eigentümerin der in der historischen Altstadt von Isny gelegenen Grundstücke Flst.Nrn. 30 und 30/2, ... Straße 11 und 11a, an denen die Klägerin zu 2 das Nießbrauchsrecht hat. Die ... Straße ist als Fußgängerzone ausgebildet, die zum Marktplatz führt. Entlang der quartierbildenden Straßen der Altstadt - zu denen auch die ... Straße gehört - sind die Gebäude mit ihren Giebel- oder Traufseiten jeweils direkt an den Straßen in geschlossener Bauweise errichtet. Das Grundstück Flst.Nr. 30, ... Straße 11, ist mit einem viergeschossigen Wohn- und Geschäftshaus bebaut. Mit den Giebelseiten ist es im Nordosten an das Wohn- und Geschäftsgebäude auf dem Grundstück Flst.Nr. 29/1, ...-Straße 13, und im Südwesten an das Gebäude auf dem Grundstück Flst.Nr. 27/2, ... Straße 9, in dem sich eine Gaststätte befindet, jeweils grenzständig errichtet. Im rückwärtigen Hofbereich des Flst.Nr. 30 schließt sich nordwestlich das Grundstück Flst.Nr. 30/2, ... Straße 11a, an. Dieses Grundstück ist mit einem dreigeschossigen Wohngebäude mit einer Firsthöhe von ca. 11 m bebaut. Im zweiten Obergeschoss wurde ein nach Westen und Süden ausgerichteter Freisitz eingebaut. Das Gebäude, hält zu den Grenzen der nordöstlich anschließenden Grundstücke Flst.Nr. 28, das mit einer Garage bebaut ist, und Flst.Nr. 29, das unbebaut ist, sowie zur Grenze des mit einer Garage und einem Schuppengebäude bebauten südwestlich anschließenden Grundstücks Flst.Nr. 33/1 keine Abstände ein. Der Zugang zu dem Wohngebäude ... Straße 11a erfolgt über eine private Verkehrsfläche von der Straße „...“. Der Schuppen auf dem Flst.Nr. 33/1, der als Garage genutzt wird, ist in einer Länge von ca. 13,75 m auf der Grenze zum Grundstück Flst.Nr. 30/2 an das Wohngebäude ...-... Straße 11a angebaut.
Die Beigeladenen sind Eigentümer der Grundstücke Flst.Nrn. 27/2 und 33, ... Straße 9 und 7. Das Grundstück Flst.Nr. 33 ist mit einem ca. 50 m tiefen und 10 - 15 m breiten Wohn- und Geschäftshaus bebaut. Im hinteren Grundstücksbereich sind 15 Stellplätze angelegt. Der vordere Gebäudeteil ist an der ... Straße an den Grenzen zu den Grundstücken Flst.Nr. 27/2, ... Straße 9, und Flst.Nr. 20, ... Straße 5, errichtet. Im rückwärtigen Bereich des Grundstücks Flst.Nr. 33 wurden aufgrund einer Baugenehmigung der Beklagten vom 27.03.1974 ein ca. 31 m langer und ca. 13 m breiter Anbau mit einem Großraumladen und drei Wohnungen sowie 15 Stellplätze errichtet. Der Anbau ist an den Grenzen zu den nordöstlich anschließenden Grundstücke Flst.Nrn. 33/1 und 27/2 errichtet.
Die genannten Grundstücke liegen in den Geltungsbereichen des nicht qualifizierten Bebauungsplans „Altstadt Isny im Allgäu“ vom 10.10.1990 der Beklagten, der für die Grundstücke ein Mischgebiet festsetzt, der vom Regierungspräsidium Tübingen als höhere Denkmalschutzbehörde erlassenen Verordnung über die Gesamtanlage „Altstadt Isny i.A.“ vom 15.12.1983 und der Satzung der Beklagten zur „Erhaltung baulicher Anlagen sowie über örtliche Bauvorschriften in der Stadt Isny im Allgäu“ vom 04.11.1981 (Altstadtsatzung). Das Gebäude ... Straße 11 und der vordere Teil des Gebäudes ... Straße 7 sind darüber hinaus als Kulturdenkmale von besonderer Bedeutung in das Denkmalbuch eingetragen.
Am 06.03.2012 beantragte die Beigeladene die Erteilung eines Bauvorbescheids über die bauplanungsrechtliche und abstandsflächenrechtliche Zulässigkeit der Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses mit Tiefgarage auf den Grundstücken Flst.Nrn. 27/2, 33 und 33/1, ... Straße 7 und 9. Nach den eingereichten Bauvorlagen ist auf den Grundstücken die Errichtung eines ca. 70 m langen und zwischen 9 und 27 m breiten Neubaus vorgesehen. Das Gebäude soll mit seiner gesamten Länge an den Grenzen zu den Grundstücken Flst.Nr. 30 und 30/2 der Klägerin zu 1 errichtet werden. Der Baukörper gliedert sich im vorderen Teil an der ... Straße in einen ca. 8,66 m breiten und ca. 23 m langen zunächst zweigeschossigen, dann dreigeschossigen Flachdachbau. An diesen schließt sich im mittleren Bereich ein ca. 22 m langer und ca. 13 m breiter weiterer Flachdachbau an, der ca. auf Höhe des Gebäudes ... Straße 11a in einen viergeschossigen Querbau mit Satteldach (Firsthöhe 17 m bis 18 m) übergeht. Daran folgt ein weiterer eingeschossiger, ca. 6,20 m langer Flachdachanbau. Der 22 m lange Neubau im mittleren Bereich soll nach den Bauvorlagen in einer Höhe zwischen 4,60 m und 5,10 m eingeschossig an der Grenze zu den Grundstücken der Klägerin zu 1 errichtet werden. Die Außenwand seines ersten Obergeschosses springt gegenüber den Grenzen der Grundstücke der Klägerin zu 1 zwischen 2,75 m und 2,97 m zurück, die Außenwand des zweiten Obergeschosses zwischen 9 und 10 m. Auf diesem Rücksprung ist die Anlegung einer 157,85 qm großen Terrasse vorgesehen. Im dritten Obergeschoss soll auf dem Flachdach eine weitere, 267,05 qm große Terrasse angelegt werden Nach den Bauvorlagen sollen im Untergeschoß 51 Stellplätze sowie ein Lager eingerichtet werden. Für das Erdgeschoss findet sich der Eintrag „Gewerbe“, für das erste Obergeschoss der Eintrag „Gewerbe, Arztpraxen/Büro/Wohnungen“ und für das zweite Obergeschoss der Eintrag „ Arztpraxen, Büro, Wohnungen“.
Die Klägerinnen erhoben mit Schreiben vom 10.04.2012 Einwendungen gegen das geplante Bauvorhaben. Sie wandten sich im Wesentlichen gegen die geplante Grenzbebauung und befürchteten die Gefahr von Schäden an ihren Gebäuden. Der geplante Baukörper widerspreche auch der Eigenart der näheren Umgebung. Insbesondere seine Höhe führe zu einer unzumutbaren Beschattung vor allem des Wohnhauses ... Straße 11a. Die Nutzung der vorgesehenen Freiflächen führe ebenso wie der durch das Vorhaben entstehende Verkehr zu einer unzumutbaren Lärmbelastung für ihre Grundstücke.
Die Beklagte erteilte am 01.08.2012 unter Zurückweisung der von den Klägerinnen und anderer Angrenzer erhobenen Einwendungen den folgenden Bauvorbescheid:
„1. Die bebauungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (§§ 29 Abs. 1, 34 BauGB) wird festgestellt (Bebauungsgenehmigung).
2. Der Standort des Vorhabens befindet sich im unbeplanten Innenbereich und ist als Innenbereichsvorhaben gem. § 34 BauGB grundsätzlich zulässig.
10 
3. Mit dem Vorhaben werden die Abstandsflächenvorschriften gem. §§ 5 und 6 LBO eingehalten.
11 
4. Zu den weiteren Fragen des Vorhabens wie beispielsweise vorbeugender Brandschutz, Nutzung und daraus resultierende Zahl der erforderlichen Stellplätze samt deren Nachweis, denkmalschutzrechtliche Belange sowie Nachweise über die Feuerwehrzufahrt und notwendigen Feuerwehraufstellflächen etc. wird mit diesem Bauvorbescheid keine Aussage getroffen.“
12 
Bestandteil des Bauvorbescheids seien die von der Beigeladenen eingereichten Bauvorlagen vom 29.02.2012 (Lageplan, Abstandsflächenplan, Grundrisspläne und Schnitte).
13 
Die Klägerinnen erhoben am 29.08.2012 Widerspruch. Der Bauvorbescheid sei zu ihren Lasten rechtswidrig. Das Vorhaben füge sich hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Weder hinsichtlich seiner Größe, der Gesamtlänge, der Breite und der Höhe sei es mit der vorhandenen Häuserstruktur in Einklang zu bringen. Gebäude in der Größe des geplanten Komplexes seien in der näheren Umgebung nicht vorhanden. Das geplante Vorhaben entfalte eine erdrückende Wirkung auf die Gebäude ... Straße 11 und 11a. Es stelle sich als Fremdkörper dar und führe im Hinterhof der Grundstücke der Klägerin zu 1 zu einer „Gefängnishofatmosphäre“. Das Wohngebäude ... Straße 11a würde über die gesamte Grundstückslänge hinweg vollständig eingemauert werden.
14 
Das Regierungspräsidium Tübingen wies die Widersprüche der Klägerinnen mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2012 zurück.
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Am 20.12.2012 haben die Klägerinnen Klagen beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben mit dem Antrag, den Bauvorbescheid der Beklagten vom 01.08.2012 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26.11.2012 aufzuheben.
16 
In der mündlichen Verhandlung vom 26.03.2014 hat die Beigeladene zu Protokoll des Verwaltungsgerichts erklärt, auf die Nutzungsangabe „Gewerbe“ für das erste Obergeschoss und für das Erdgeschoss auf Nutzungen nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO, mit Ausnahme von „Einzelhandelsbetriebe“, und nach § 6 Abs. 2 Nr. 6, 7, 8 und § 6 Abs. 3 BauNVO zu verzichten.
17 
Nach Einnahme eines Augenscheins hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 26.03.2014 die Klagen abgewiesen und die Berufung zugelassen. In den Entscheidungsgründen hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Bauvorbescheid sei rechtmäßig. Zwar seien die Bauvorlagen, die Bestandteil des Bauvorbescheids seien, fehlerhaft. Die Regelungen zu den Bauvorlagen seien jedoch lediglich formelle Ordnungsvorschriften ohne nachbarschützende Wirkung. Etwas anderes gelte nur, wenn wegen der Unvollständigkeit der Bauvorlagen andere nachbarschützende Vorschriften nicht geprüft oder deren Verletzung nicht zuverlässig ausgeschlossen werden könnten. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Eine Verletzung von Nachbarrechten ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte die zum Bestandteil des Bauvorbescheids gemachten Bauvorlagen mit dem Stempel „Genehmigt im Baugenehmigungsverfahren nach § 58 LBO, 1. Aug. 2012, Stadt Isny im Allgäu“ und mit dem Siegel der Stadt versehen habe. Die Klägerinnen könnten sich auch nicht auf einen möglichen Verstoß gegen die Vorschriften der Altstadtsatzung der Beklagten berufen. Deren Gestaltungsvorschriften seien nicht Gegenstand der Bauvoranfrage. Gleiches gelte für die geltend gemachte Beeinträchtigung der Denkmaleigenschaft des Gebäudes ... Straße 11.
18 
Das Bauvorhaben verstoße nicht gegen die von der Beklagten zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften, soweit diese zumindest auch dem Schutz der Klägerinnen dienten. Das Vorhaben verletze nicht einen sich aus dem Bebauungsplan „Altstadt Isny im Allgäu“ vom 10.10.1990 ergebenden Gebietserhaltungsanspruch der Klägerinnen. Der Bebauungsplan weise für die Grundstücke ein Mischgebiet nach § 6 BauNVO aus, mit dem die für das Bauvorhaben unter Berücksichtigung der Protokollerklärungen vorgesehen Nutzungen im Einklang stünden. Gleiches gelte bei einer Unwirksamkeit des Bebauungsplans, da das maßgebliche Quartier einem Mischgebiet entspreche. Im Übrigen sei das Vorhaben an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen, da es insoweit an bauplanerischen Festsetzungen fehle. Maßstabsbildend für das Einfügen sei das Quartier zwischen ... Straße, ... Gasse, der Straße ..., ... Straße und ... Straße. Das sich aus § 34 Abs. 1 BauGB ergebende Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt. Das Vorhaben füge sich nach der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Hinsichtlich der überbauten Grundstücksfläche werde der im Quartier vorgegebene Rahmen durch die vollständig überbauten Grundstücke ... Straße 15, ... Straße 10 und ... Gasse 22 bestimmt. Gleiches gelte bezüglich der Bauweise. Während sich entlang der quartierbildenden Straßen durchgehend geschlossene Bebauung finde, gelte dies nicht für die rückwärtigen Grundstücksbereiche, auf denen zum Teil geschlossene und zum Teil offene Bauweise anzutreffen sei. Eine durch faktische Baugrenzen vorgegebene Bebauungstiefe sei nicht feststellbar. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung füge sich das Vorhaben zwar nur hinsichtlich der vorgesehenen Gebäudehöhen in die Eigenart der näheren Umgebung ein, nicht dagegen bezüglich seiner Länge, Breite und Kubatur. Hieraus ergebe sich jedoch kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu Lasten der Klägerinnen. Das Vorhaben entfalte keine erdrückende Wirkung. Hierbei sei einzustellen, dass die von den Klägerinnen als belastend angeführte Gesamtlänge der Grenzwand des Vorhabens von 70 m nur auf ca. 32 m als zusätzliche Grenzbebauung in Erscheinung treten, weil die Beigeladene auf einer Länge von 38 m an die bereits vorhandene umfangreiche Grenzbebauung auf den Grundstücken der Klägerin zu 1 anbaue. Die Situation auf den bislang unbebauten Grundstücksbereichen würde gegenüber dem derzeitigen Zustand nicht unzumutbar verschlechtert. Dies gelte insbesondere unter Berücksichtigung der auf den Grundstücken der Klägerin zu 1 derzeit vorhandenen zusätzlichen Grenzmauern und dem Zustand im rückwärtigen Hofbereich des Grundstücks Flst.Nr. 27/2. Eine erdrückende Wirkung und der Eindruck des Eingemauertseins seien auch nicht deshalb festzustellen, weil die Grundstücke der Klägerin zu 1 im Nordosten und Nordwesten frei von Bebauung seien und die geplante Grenzwand im mittleren Bereich des Vorhabens eine Höhe von 4,6 bis 5,1 m und im rückwärtigen Bereich von 4,6 m nicht überschreite. Den Umstand, dass der geplante Neubau das Gebäude ... Straße 11a erheblich überrage und damit unter anderem die Vorteile der Nutzung des Freisitzes im Dachgeschoss und den Lichteinfall mindere, müssten die Klägerinnen hinnehmen. Sie würden dadurch nicht unzumutbar benachteiligt, weil der Beigeladenen im Austauschverhältnis nicht versagt werden könne, was die Klägerinnen mit ihrer Grenzbebauung für sich beansprucht hätten. Auch die planungsrechtliche Untätigkeit der Beklagten verletze keine Nachbarrechte der Klägerinnen und begründe insbesondere nicht die Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens. Ein Anspruch der Klägerinnen auf eine ihre Nutzungen schützende Überplanung des Innenbereichs des Quartiers bestehe nach dem Baugesetzbuch nicht. Der befürchtete Tiefgaragenlärm sei nicht rücksichtslos. Der Grundstücksnachbar habe die mit dem Betrieb der notwendigen Stellplätze üblicherweise verbundenen Immissionen grundsätzlich hinzunehmen. Zudem werde zwischen der geplanten Ein- und Ausfahrt der umfangreiche Neubau errichtet und die Entfernung zum Gebäude ... Straße 11a betrage ca. 30 m.
19 
Die Klägerinnen könnten sich auch nicht auf eine Verletzung des abstandsflächenrechtlichen Nachbarschutzes berufen, da mit dem Vorhaben gegenüber den Grundstücken der Klägerin zu 1 keine Abstandsflächen einzuhalten seien. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO lägen vor. Denn nach § 34 Abs. 1 BauGB dürften in dem maßgeblichen Bereich Gebäude ohne Grenzabstände errichtet werden. Es sei auch öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut werde. Hierfür genüge der Umstand, dass auf den Grundstücken der Klägerin zu 1 mit den bereits errichteten Gebäuden ... Straße 11 und 11a jeweils ein Grenzbau vorhanden sei. Brandschutzrechtliche Bestimmungen seien nicht Gegenstand des Bauvorbescheides. Im Übrigen übersähen die Klägerinnen, dass wegen ihrer Grenzbauten bereits jetzt Rettungs- und Feuerwehreinsätze zwischen ihren Gebäuden nur über fremde Grundstücke oder durch die Gebäude erfolgen könnten. Das Urteil des Verwaltungsgerichts wurde den Klägerinnen am 14.08.2014 zugestellt.
20 
Am 11.09.2014 haben die Klägerinnen Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ergänzend vorbringen: Der Bauvorbescheid sei bereits wegen der unvollständigen Bauvorlagen formell fehlerhaft. Hierdurch seien sie in nachbarschützenden Rechten verletzt, weil es ihnen nicht möglich gewesen sei, die Verletzung nachbarschützender Vorschriften konkret zu prüfen. Das Verwaltungsgericht habe auch zu Unrecht angenommen, dass der unrichtige Genehmigungsvermerk auf den Bauvorlagen nicht zur Unbestimmtheit des Bauvorbescheids führe.
21 
Der Bauvorbescheid sei jedenfalls zu ihren Lasten materiell baurechtswidrig. Er verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass das Vorhaben hinsichtlich seiner Länge, Breite und Höhe und Kubatur den durch die vorhandene Bebauung vergebenen Rahmen in erheblichem Maße sprenge. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts führe gerade die Grenzbebauung zu einer unzumutbaren Verschlechterung für die Grundstücke der Klägerin zu 1. Die vorhandene Grenzmauer sei mit dem geplanten Bauvorhaben nicht vergleichbar. Es werde nicht ausreichend berücksichtigt, dass sich das geplante Vorhaben wie ein Riegel durch das gesamte Quartier ziehen werde. Aufgrund des vorgesehenen Flachbaus im mittleren und vorderen Bereich wirke das Vorhaben umso erschlagender. Wegen seiner Höhe würden die bislang unbebauten Flächen an den Grundstücksgrenzen einen Sonneneinfall auf die Grundstücke der Klägerin zu 1 bzw. auf die dortigen Gebäude nahezu ausschließen. Die Luftzufuhr bzw. Luftzirkulation werde erheblich eingeschränkt. Darüber hinaus ergäbe sich eine massive Verengung des bislang weitestgehend offenen Hofbereichs, was die erdrückende Wirkung erheblich verstärke. Die bisherige Möglichkeit des Rundumblicks im Hofraum werde ausgeschlossen. Besonders einschneidend stellten sich die negativen Auswirkungen im Bereich der Dachterrasse des Gebäudes ... Straße 11a dar. Deren Nutzungsmöglichkeiten würden aufgrund des unmittelbaren Anbaus unzumutbar eingeschränkt. Die Begründung des Verwaltungsgerichts, wonach der Beigeladenen im Austauschverhältnis nicht versagt werden könne, was die Klägerinnen mit ihrer Grenzbebauung für sich beansprucht hätten, verfange insoweit nicht, als die vorhandene Grenzbebauung 38 m lang und maximal 3 m hoch sei. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts füge sich das Vorhaben auch hinsichtlich seiner Bauweise nicht in die Umgebungsbebauung ein. In den hofseitigen Bereichen des maßgeblichen Quartiers sei die offene Bauweise klar vorherrschend und gebe dem Quartier sein Gepräge. Sinn und Zweck der offenen Bauweise innerhalb der Hofbereiche sei es gerade, die hofseitigen Grundstücke und Gebäude ausreichend mit Licht und Frischluft zu versorgen.
22 
Das Vorhaben sei auch mit dem Vorschriften über Abstandsflächen nicht vereinbar. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO lägen bereits deshalb nicht vor, da in den Hofbereichen des Quartiers keine geschlossene Bauweise zulässig sei. Selbst wenn dem nicht gefolgt werde, seien Abstandsflächen einzuhalten, da die Vorschrift eine deckungsgleiche Bebauung erfordere. Im Rahmen der Bestimmung dessen, was als Grenzbebauung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO zulässig sei, müssten auch die Wertungen des Einfügungsgebots nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einfließen. Anderenfalls wäre es möglich, dass der Landesgesetzgeber durch das Bauordnungsrecht die Vorschriften des Bauplanungsrechts umgehe. Berücksichtige man das Einfügungsgebot müsse sich das Vorhaben insbesondere nach dem Maß der baulichen Nutzung an die schon bestehenden Grenzbauten anpassen, um sich in die Eigenart der näheren Umgebung einzufügen. Diese Auslegung widerspreche nicht dem Willen des Landesgesetzgebers, was durch die Begründung zur Novellierung der LBO vom 08.08.1995 verdeutlicht werde. Der Gesetzgeber habe die Konstellation eines überplanten Bereichs nach § 30 Abs. 1 BauGB vor Augen gehabt. Im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB sei gerade kein gemeindlicher Planungswille vorhanden. Insofern werde der Wille des Plangebers durch die Verhältnisse ersetzt, welche den maßgeblichen Bereich prägten. Der Einwand, dass der „Erstbauende“ durch seine Bautätigkeit gegebenenfalls die Bebauungsmöglichkeiten des später Bauenden einschränke, müsse für den Innenbereich insoweit hingenommen werden.
23 
Die Klägerinnen beantragen,
24 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26.03.2014 - 4 K 4392/14 - zu ändern und den Bauvorbescheid der Beklagten vom 01.08.2012 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26.11.2012 aufzuheben, soweit diese nicht durch den von der Beigeladenen erklärten Teilverzicht unwirksam geworden sind;
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die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären
26 
Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
28 
Sie verteidigt im Einzelnen die Ausführungen im angefochten Urteil.
29 
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
30 
die Berufung zurückzuweisen.
31 
Die Klägerinnen könnten sich nicht auf die Unvollständigkeit der Bauvorlagen berufen. Wie der Verlauf des Verwaltungsverfahrens sowie des gerichtlichen Verfahrens gezeigt habe, seien die Klägerinnen sehr wohl in der Lage gewesen, aufgrund der aktenkundigen Bauvorlagen, die bei diesem Bauvorhaben in Frage kommenden nachbarschützenden Aspekte vorzutragen und geltend zu machen. Aus dem eigenen Vorbringen ergebe sich danach, dass die Bauvorlagen jedenfalls im Hinblick auf die Prüfung etwaiger Verletzungen nachbarschützender Vorschriften insoweit ausreichend gewesen seien. Das Bauvorhaben füge sich sowohl nach Art der baulichen Nutzung, seiner Bauweise, der überbaubaren Grundstücksfläche und der Höhe der Bebauung in den Rahmen des Vorhandenen ein. Schon aus diesem Grunde könne daher von einer erdrückenden Wirkung nicht ausgegangen werden. Eine Abstandsfläche sei nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO nicht einzuhalten. Die Vorschrift verlange keine deckungsgleiche bzw. nahezu deckungsgleiche Anbausicherung. Es befinde sich auf den Grundstücken der Klägerinnen bereits eine Grenzbebauung von 38 m Länge, also über die Hälfte der nunmehr beabsichtigten Bebauung. Aufgrund des Zuschnittes der Grundstücke der Klägerin zu 1 sei dort jede weitere Bebauung mit Abstandsflächen ausgeschlossen, so dass jede neue Bebauung zwingend ebenfalls in geschlossener Bauweise auszuführen sei. Die Klägerinnen könnten dann die vorhandene Bebauung auf dem Grundstück der Beigeladenen aufnehmen.
32 
Die Beigeladene hat in der Berufungsverhandlung klargestellt, dass ihre Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen über den Verzicht auf bestimmte im Bauvorbescheid genannte Nutzungen als Teilverzicht auf den Bauvorbescheid zu verstehen ist. Die Beteiligten haben daraufhin übereinstimmend den Rechtsstreit insoweit für in der Hauptsache erledigt erklärt.
33 
Der Senat hat in der Berufungsverhandlung das Baugrundstück und seine nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage zur Niederschrift verwiesen.
34 
Dem Senat liegen die Bauakten der Beklagten, die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Tübingen, die Bebauungspläne „Altstadt Isny im Allgäu“, „Quartier IV/23 Wassertorstraße/Hofweg“ sowie „Wassertorstraße/Strauss“, und insgesamt 14 Bauakten zu früheren Bauvorhaben auf den Grundstücken der Klägerinnen und der Nachbargrundstücke sowie die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor. Hierauf und auf die beim Senat angefallenen Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
35 
Soweit die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von §§ 125 Abs. 1 i.V.m. 92 Abs. 3 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26.03.2014 insoweit für unwirksam zu erklären (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog).
II.
36 
Im Übrigen ist die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung auch sonst zulässig.
III.
37 
Die Berufung ist im Übrigen auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Denn der angefochtene Bauvorbescheid der Beklagten vom 01.08.2012 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26.11.2012 sind auch in der Gestalt, die sie durch die Teilverzichtserklärung der Beigeladenen gefunden haben, rechtswidrig und verletzen die Klägerinnen in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bauvorbescheid verstößt gegen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Klägerinnen zu dienen bestimmt sind. Das Bauvorhaben hält die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO erforderlichen Abstandsflächen gegenüber den Grundstücken der Klägerin zu 1 nicht ein (1.) und verstößt gegen das Gebot der Rücksichtnahme nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (2.). Ob der Bauvorbescheid auch im Übrigen Rechte der Klägerinnen verletzt, kann folglich dahinstehen.
38 
1. Der Bauvorbescheid in der Gestalt, die er durch den Teilverzicht der Beigeladenen gefunden hat, verstößt, soweit er die Vereinbarkeit des Vorhabens mit §§ 5, 6 LBO feststellt (Nr. 3), zu Lasten der Klägerinnen gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO. Danach müssen vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen liegen, die von oberirdischen Anlagen freizuhalten sind und die nach § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO auf dem Baugrundstück selbst liegen müssen. Dieser Bestimmung widerspricht der angefochtene Bauvorbescheid insoweit, als das Gebäude unmittelbar an den gemeinsamen Grundstücksgrenzen zu den Grundstücken der Klägerin zu 1, d.h. ohne Einhaltung von Abstandsflächen, errichtet werden soll.
39 
a) Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts Sigmaringen sind die Voraussetzungen für eine Grenzbebauung ohne Abstandsflächen nach § 5 Abs. 2 Satz 2 LBO nicht gegeben.
40 
Nach dieser Vorschrift ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor Außenwänden an Grundstücksgrenzen, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss (Nr. 1) oder an die Grenze gebaut werden darf und öffentlich-rechtlich gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird (Nr. 2.). Beides trifft hier nicht zu.
41 
aa) Nach planungsrechtlichen Vorschriften ist die geplante Grenzbebauung nicht zwingend geboten, aber i. S. des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO zulässig.
42 
Da für das Baugrundstück und seine nähere Umgebung keine die Bauweise betreffenden Festsetzungen eines Bebauungsplans bestehen - der Bebauungsplan „Altstadt Isny im Allgäu“ vom 10.10.1990 enthält lediglich Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung - und das Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles geplant ist, richtet sich die planungsrechtliche Zulässigkeit einer Grenzbebauung nach § 30 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
43 
Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB muss ein Gebäude dann an die Grundstücksgrenze gebaut werden, wenn die Eigenart der näheren Umgebung durch eine geschlossene Bauweise entsprechend § 22 Abs. 3 BauNVO oder eine abweichende, d.h. halboffene Bauweise entsprechend § 22 Abs. 4 BauNVO geprägt wird, die zu einer Grenzbebauung zwingt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.02.1998 - 5 S 3202/96 - BRS 60 Nr. 86, juris Rn. 24). Ist in einem unbeplanten Gebiet teils offene bzw. halboffene und teils geschlossene Bauweise vorzufinden, besteht kein Zwang zu einer Grenzbebauung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.03.1994 - 4 B 53.94 - ZfBR 1994, 192, juris Rn. 4).
44 
Danach verlangt die in der näheren Umgebung des Baugrundstücks vorhandene Bebauung nicht zwingend die Errichtung der geplanten Grenzbebauung, sie lässt eine solche jedoch zu.
45 
Maßstabsbildend für das Einfügen im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als sie ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (stRspr BVerwG, u.a. Urteile vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369, 380, und vom 05.12.2013 - 4 C 5.12 - NVwZ 2014, 370).
46 
Nach den Darstellungen des im verwaltungsgerichtlichen Urteil abgebildeten Lageplanausschnitts, deren Richtigkeit sich nach dem vom Senat eingenommen Augenschein bestätigt hat, wird die hinsichtlich der Bauweise nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgebliche nähere Umgebung durch das Straßengeviert... Straße, ... Gasse, ..., ... Straße und ... Straße gebildet. Die Hauptgebäude sind hier fast durchgängig entlang der jeweiligen Straßenbegrenzungslinien und in geschlossener Bauweise im Sinne einer Blockrandbebauung errichtet. Dagegen befinden sich hinter den jeweiligen Hauptgebäuden im Innern des Straßengevierts auf den Grundstücken teilweise unbebaute Freiflächen, wie etwa auf den Grundstücken Flst.Nrn. 27/2, 30, 29/1 und 28, als auch Gebäude, die zu den Nachbargrundstücken in geschlossener Bauweise, wie das Grundstück Flst.Nr. 30/2, oder auch in halboffener Bauweise errichtet sind. Das Gebäude auf dem Grundstück Flst.Nr. 33/1 ist nur einseitig grenzständig an das Gebäude ...-Straße 11a der Klägerin zu 1 angebaut. Auch das der Beigeladenen gehörende Gebäude ... Straße 7 ist selbst lediglich im vorderen Grundstücksbereich zur ... Straße hin in geschlossener Bauweise errichtet. Im hinteren Bereich, d.h. dort, wo der 1973 genehmigte Anbau errichtet wurde, setzt sich die Grenzbebauung nur zum Grundstück Flst.Nr. 27/2 fort, dagegen werden gegenüber dem westlich anschließenden Grundstück Flst.Nr. 20 teilweise Abstandsflächen eingehalten. Im Inneren des Straßengevierts ist danach weder eine einheitliche geschlossene noch eine einheitliche halboffene Bauweise vorzufinden. Da das Bauvorhaben der Beigeladenen auch auf Grundstücken bzw. Grundstücksbereichen im Inneren des Straßengevierts errichtet werden soll, sind die beschriebenen unterschiedlichen Bauweisen insgesamt Maßstab für eine Grenzbebauung. Folglich besteht für das streitige Vorhaben kein Zwang zur Errichtung an der Grenze. Vielmehr darf i. S. des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grundstücksgrenze gebaut werden. Hiervon ist auch das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil zutreffend ausgegangen.
47 
bb) Der Zulässigkeit des Vorhabens ohne Abstandsflächen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO steht jedoch entgegen, dass nicht i. S. dieser Vorschrift öffentlich-rechtlich gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird.
48 
aaa) Nachbargrundstück i. S. des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO sind hier die beiden Grundstücke Flst.Nrn. 30 und 30/2 der Klägerin zu 1. Die Landesbauordnung verwendet zwar den Begriff des Grundstücks regelmäßig im Sinne von Buchgrundstück (vgl. § 4 Abs. 1 LBO), so dass danach die Grenzbebauung jeweils zu den Grundstücken Flst.Nrn. 30 und 30/2 isoliert zu betrachten wäre. Die Regelung des § 4 Abs. 2 LBO zeigt jedoch, dass der Buchgrundstücksbegriff nicht ausnahmslos gilt. Vielmehr kann ein Nachbargrundstück im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO auch ein aus mehreren Buchgrundstücken bestehendes benachbartes Baugrundstück sein (vgl. Beschluss des Senats vom 06.06.2008 - 8 S 18/07 - VBlBW 2008, 483, juris Rn. 37). Danach sind die beiden Buchgrundstücke der Klägerin zu 1 als ein Nachbargrundstück anzusehen. Denn beide Grundstücke sind vor wenigen Jahren durch Teilung aus dem Buchgrundstück Flst.Nr. 30 hervorgegangen und die Freifläche zwischen den Gebäuden auf beiden Grundstücken wird als ein gemeinsamer Garten genutzt.
49 
bbb) Es ist nicht i. S. des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf den Grundstücken Flst.Nrn. 30 und 30/2 der Klägerin zu 1 ebenfalls an die Grenze gebaut wird.
50 
(1) Das Tatbestandsmerkmal der öffentlich-rechtlichen Sicherung im Sinne dieser Vorschrift ist in der Regel nur erfüllt, wenn zulasten der von der Grenzbebauung betroffenen Grundstücke eine entsprechende Baulast nach § 71 LBO übernommen wird.
51 
Eine solche Baulast hat die Klägerin zu 1 unstreitig nicht übernommen.
52 
(2) Die öffentlich-rechtliche Sicherung ist darüber hinaus ausnahmsweise auch dann gewährleistet, wenn auf dem Nachbargrundstück bereits ein Gebäude, von dessen Fortbestand ausgegangen werden kann, an der Grenze vorhanden ist, an das angebaut werden soll, und der geplante Grenzbau noch in einer hinreichenden Beziehung zu dem vorhandenen Gebäude steht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.01.1996 - 5 S 2766/95 - juris; Beschlüsse vom 12.09.1996 - 5 S 2232/96 - VBlBW 1997, 221, vom 10.03.1999 - 3 S 332/99 - juris und vom 03.11.2014 - 3 S 1368/14 - juris; Busch in: Das Neue Baurecht in Baden-Württemberg, Stand November 2014, § 5 Rn. 39). Denn in einem solchem Fall würde es sich bei der Forderung nach Eintragung einer Baulast um eine bloße Förmelei handeln. Die Wirkungen eines bereits vorhandenen Gebäudes auf dem Nachbargrundstück auf dessen Schutzwürdigkeit nach § 5 LBO können jedoch nicht weiter reichen, als die einer entsprechenden Baulast. Eine auf dem Nachbargrundstück vorhandene Grenzbebauung kann die von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO geforderte öffentlich-rechtliche Sicherung daher nur in ihrem Umfeld ersetzen. Das an der Grenze geplante Bauvorhaben und das auf dem Nachbargrundstück bereits errichtete Grenzgebäude müssen zueinander in einer gewissen Beziehung stehen und beide Gebäude müssen sich in einem Maße überdecken, dass als Ergebnis einer beiderseitigen Grenzbebauung noch der Eindruck einer geschlossenen Bauweise vermittelt wird; nicht ausreichend ist, dass irgendwo an der gemeinsamen Grundstücksgrenze ein Grenzbau errichtet ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.11.2014 - 3 S 1368/14 - NVwZ-RR 2015, 288). Eine andere Auslegung ist mit dem Zweck des § 5 Abs. 1 Satz 2 LBO nicht vereinbar, auch wenn die Entstehungsgeschichte der Norm dies nahelegen mag.
53 
Zweck dieser Vorschrift ist es, den Regelungen des Bauplanungsrechts, die gegebenenfalls eine Bebauung ohne Abstand der Gebäude voneinander vorsehen, auch im Bauordnungsrecht Geltung zu verschaffen (vgl. Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Stand: März 2010, Band 1, § 5 Rn. 9 und 35 ). Durch diese Regelung soll eine nur einseitige Grenzbebauung verhindert werden, die sich ergeben könnte, wenn das Bauplanungsrecht ein Bauvorhaben an der Grenze gestattet, ohne zugleich zwingend für das Nachbargrundstück eine entsprechende Bebauung vorzuschreiben (vgl. VG Freiburg, Beschluss vom 06.07.2010 - 4 K 952/10 - juris Rn. 3).
54 
Die genannten Voraussetzungen für die ausnahmsweise anzunehmende öffentlich-rechtliche Sicherung durch einen vorhandenen Grenzbau galten nach der Rechtsprechung der mit Bausachen befassten Senate bereits zu der Vorgängerregelung des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO a.F. (vgl. z.B. Beschluss vom 15.09.1993 - 3 S 1670/93 - juris Rn. 5). Allein die Ersetzung des Wortes „angebaut“ durch „an die Grenze gebaut“ in der seit dem 01.01.1996 geltenden Neuregelung führt entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und der Beigeladenen nicht dazu, dass nunmehr auf die Notwendigkeit einer hinreichenden Beziehung zwischen dem vorhandenen und dem geplanten Grenzbau verzichtet werden kann. Nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 11/5337 S. 80) war mit der Neuregelung zwar die Vorstellung verbunden, es müsse nunmehr dem „Zweitbauenden“ grundsätzlich möglich sein, ohne Anknüpfung an die bestehende Bebauung die planungsrechtlich zulässige Bebauungstiefe auszuschöpfen. Diese Vorstellung hat jedoch in Wortlaut und Systematik des Gesetzes keinen hinreichenden Niederschlag gefunden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.11.2014 - 3 S 1368/14 - juris Rn. 23; VG Freiburg, Beschluss vom 06.07.2010 - 4 K 952/10 - juris Rn. 8). Zudem dient die Einhaltung von Abstandsflächen gerade der Sicherstellung der ausreichenden Belüftung und Beleuchtung der Gebäude und der unbebauten Grundstücksteile (vgl. Sauter a.a.O., § 5 Rn. 3). Hierauf wird in den Fällen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO verzichtet, weil der Landesgesetzgeber auch hier dem Planungsrecht den Vorrang einräumt, obwohl er dazu in Gebieten, in denen planungsrechtliche Vorschriften nicht zwingend eine geschlossene Bauweise verlangen, nicht verpflichtet wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.03.1994 - 4 B 53.94 - juris Rn. 4). Ein solcher Verzicht begründet indes - wegen der ähnlichen Interessenlage wie bei einer Doppelhausbebauung (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355, 359) -ein gegenseitiges nachbarschaftliches Austauschverhältnis, das eine Grenzbebauung verlangt, aufgrund derer die Gebäude noch in einer gewissen Beziehung zueinander stehen und sich in relevanter Weise überdecken.
55 
Danach vermag die bereits vorhandene Grenzbebauung auf den Nachbargrundstücken der Klägerin zu 1 die von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO geforderte öffentlich-rechtliche Sicherung für die Errichtung des Bauvorhabens der Beigeladenen entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze nicht ersetzen. Das geplante Bauvorhaben steht zu der vorhandenen Grenzbebauung nicht mehr in einer gewissen Beziehung und die Gebäude überdecken sich nicht in einem Maße, dass noch der Eindruck der geschlossenen Bauweise vermittelt wird. Dafür ist zwar nicht erforderlich, dass die geplante Grenzbebauung und die vorhandene Grenzbebauung in Höhe und Tiefe der Baukörper weitestgehend deckungsgleich sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.02.2007 - 5 S 2826/06 - juris Rn. 11). Ab welcher Abweichung der Eindruck der geschlossenen Bauweise nicht mehr besteht, ist jedoch eine Frage des Einzelfalls. So hat der 5. Senat des erkennenden Gerichtshof im Beschluss vom 12.09.1996 - 5 S 2232/96 - juris Rn. 5, auf den spätere Entscheidungen (vgl. Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 - juris Rn. 6) Bezug nehmen, eine Abweichung von zwei Metern in der Tiefe und zwei bis drei Metern in der Höhe für zulässig erachtet. Entgegen der Ansicht der Beigeladenen verlangt danach auch der 5. Senat gerade eine weitgehende Deckungsgleichheit. Die genannten Maße überschreitet der vorgesehene Grenzbau deutlich. Die Grenzbebauung auf dem Flst.Nr. 30 ist ca. 25 m lang, die Grenzbebauung auf dem Flst.Nr. 30/2 beträgt ca. 13,5 m. Demgegenüber soll das Bauvorhaben entlang der gesamten Grundstücksgrenze beider Buchgrundstücke über eine Länge von ca. 70 m an der Grenze errichtet werden. Der Eindruck einer geschlossenen Bauweise wird so nicht mehr vermittelt. Auf den Einwand der Beigeladenen, wonach auch die Klägerin zu 1 bei einer künftigen Bebauung der Grundstücke von der geplanten Grenzbebauung profitieren könnte, kommt es in dem Zusammenhang nicht an. Gleiches gilt für den Hinweis der Beigeladenen, wonach die Klägerin zu 1 ihre Grundstücke überhaupt nur mit Grenzbauten bebauen könne, da wegen der Größe der Grundstücke Abstandsflächen nicht eingehalten werden könnten. Im Übrigen ist die Klägerin zu 1 etwa nach einem Untergang eines Gebäudes nicht gezwungen, überhaupt wieder ein Gebäude zu errichten. Weiter ist denkbar, dass sie bislang unbebaute Nachbargrundstücke erwirbt und so Abstandsflächen bei einer künftigen Bebauung eingehalten werden können.
56 
b) Auch die Zulassung einer geringeren Tiefe der Abstandsfläche in einem Sonderfall nach § 6 Abs. 3 Satz 1 LBO scheidet aus.
57 
Der Anspruch des Bauherrn auf Zulassung einer geringeren Tiefe der Abstandsfläche ist vom Gericht im Rahmen der Nachbarklage zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen, auch wenn eine Entscheidung der Baurechtsbehörde hierüber nicht vorliegt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.01.1996 - 5 S 2766/95 - juris Rn. 24). Die gesetzlichen Voraussetzungen dafür sind jedoch nicht erfüllt. Ein Sonderfall nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 oder 3 LBO scheidet offensichtlich aus und ein Sonderfall nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO liegt ebenfalls nicht vor.
58 
Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 LBO ist eine geringere Tiefe der Abstandsfläche zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs liegt eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange regelmäßig vor, wenn die nachbarschützende Abstandsflächentiefe (vgl. § 5 Abs. 7 LBO) unterschritten wird, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig ist. Nachbarliche Belange sind in einem solchen Fall nur dann nicht erheblich beeinträchtigt, wenn die vorhandene Situation auf dem Nachbargrundstück durch bauordnungsrechtlich relevante, tatsächliche oder rechtliche Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandstiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. Senatsbeschluss vom 27.11.2013 - 8 S 1813/13 - BauR 2014, 533 m.w.N.). Solche Besonderheiten sind vorliegend in Bezug auf die Grundstücke der Klägerin zu 1 nicht gegeben. Diese Grundstücke sind insbesondere auch nicht aufgrund der an der Grenze zum Flst.Nr. 33/1 errichten Grenzmauer weniger schutzwürdig. Dies ergibt sich bereits aus den völlig untergeordneten Ausmaßen der Mauer, die mit ca. 1,50 m Höhe deutlich hinter der vorgesehen Grenzbebauung zurücktritt und auch nur wenige Meter lang ist.
59 
2. Der Bauvorbescheid in der Gestalt, die er durch den Teilverzicht der Beigeladenen gefunden hat, verstößt ferner, soweit er die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens feststellt (Nr. 1 und 2), gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn das Vorhaben fügt sich nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in Eigenart der näheren Umgebung ein und beeinträchtigt dadurch die Nutzung der Nachbargrundstücke der Klägerin zu 1 und demzufolge auch das an diesen Grundstücken bestehende Nießbrauchsrecht der Klägerin zu 2 rücksichtslos.
60 
a) § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verleiht dem Nachbarn einen Abwehranspruch, wenn die angefochtene Baugenehmigung oder ein planungsrechtlicher Vorbescheid das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verletzt (st. Rspr. BVerwG, u.a. Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 - BRS 38 Nr. 186). Nachbar im Sinne des Bodenrechts ist dabei nicht nur der jeweilige zivilrechtliche Eigentümer eines Grundstücks sondern auch - wie die Klägerin zu 2 - ein sonst in eigentumsähnlicher Weise an einem Grundstück dinglich Berechtigter, zu denen auch der Nießbraucher zählt. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme setzt dabei einen Verstoß gegen das objektive Recht voraus, der vorliegen kann, wenn ein Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil das Vorhaben es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <385 f.>). Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann auch vorliegen, wenn sich ein Vorhaben objektiv-rechtlich nach seinem Maß der baulichen Nutzung, seiner Bauweise oder seiner überbauten Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (BVerwG, Beschluss vom 11.01.1999 - 4 B 128.98 - NVwZ 1999, 879). Drittschutz wird gewährt, wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (BVerwG, Urteil vom 13.03.1981, a.a.O). Es kommt darauf an, dass sich aus den individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (BVerwG, Urteil vom 05.12.2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 m.w.N.). Das Gebot der Rücksichtnahme hebt insoweit auf die gegenseitige Verflechtung der baulichen Situation unmittelbar benachbarter Grundstücke ab und nimmt das nachbarliche Austauschverhältnis in den Blick (BVerwG, Urteile vom 16.09.2010 - 4 C 7/10 - NVwZ 2011, 436, und vom 05.12.2013 - 4 C 5/12 - BVerwGE 148, 290, 295).
61 
Nach diesen Grundsätzen ist das Bauvorhaben der Beigeladenen hinsichtlich seines Maßes der baulichen Nutzung gegenüber den Grundstücken der Klägerin zu 1 rücksichtslos. Da der Bebauungsplan „Alstadt Isny im Allgäu“ vom 10.10.1990 nur Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung enthält, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens im Übrigen, d.h. auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, gemäß § 30 Abs. 3 BauGB nach § 34 Abs. 1 BauGB. Maßgebend für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach dem Maß der baulichen Nutzung ist die von außen wahrnehmbare Erscheinung des Gebäudes im Verhältnis zu seiner Umgebungsbebauung. Vorrangig ist auf diejenigen Maßkriterien abzustellen, in denen die prägende Wirkung besonders zum Ausdruck kommt, wie die flächenmäßige Ausdehnung, die Geschosszahl und Höhe der den Rahmen bildenden Gebäude (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.03.1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277, 279, 282; Beschluss vom 03.04.2014 - 4 B 12.14 -juris Rn. 3). In der maßgeblichen Umgebungsbebauung, die wiederum durch das bereits beschriebene Straßengeviert gekennzeichnet wird, ist kein Baukörper vorhanden, der hinsichtlich seiner flächenmäßigen Ausdehnung mit dem Bauvorhaben vergleichbar ist. Das bislang größte Einzelgebäude in der maßgeblichen Umgebung ist das Gebäude ... Straße 7. Dessen Grundfläche wird durch das Bauvorhaben hinsichtlich Bebauungstiefe, Breite und Kubatur deutlich überschritten.
62 
Auf die von der Beigeladenen bei der Einnahme des Augenscheins verwiesenen Gebäude ... Straße 6 und ... Straße 43, die in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung mit dem Bauvorhaben vergleichbar seien, kommt es dagegen nicht an. Diese Grundstücke liegen außerhalb der für die Beurteilung des Einfügens maßgeblichen Umgebungsbebauung. Der Rahmen für die maßgebliche Umgebungsbebauung wird durch das bereits an anderer Stelle beschriebene Straßengeviert begrenzt, in dem die genannten Grundstücke nicht liegen. Auf diese Bereiche wirkt sich die Ausführung des Bauvorhabens der Beigeladenen weder aus, noch prägen oder beeinflussen diese Grundstücke ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung.
63 
Die danach vorliegende Rahmenüberschreitung hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung lässt die gebotene Rücksichtnahme gerade in Bezug auf die unmittelbar benachbarte Bebauung auf den Grundstücken der Klägerin zu 1 vermissen. Das Gesamtvolumen und die Gliederung des Baukörpers führen zu einer rücksichtslosen optisch erdrückenden Wirkung des Bauvorhabens insbesondere auf das Wohnhaus ... Straße 11a.
64 
Eine rücksichtslose erdrückende Wirkung nimmt die Rechtsprechung an, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich "die Luft nimmt", wenn für den Nachbarn das Gefühl des "Eingemauertseins" entsteht oder wenn die Größe des "erdrückenden" Gebäudes auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls - und gegebenenfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandflächen - derartig übermächtig ist, dass das "erdrückte" Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem "herrschenden" Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 13.08.1981 - 4 C 1.78 - BauR 1981, 354 und vom 23.05.1986 - 4 C 34.85 - BauR 1986, 542; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.08.2005 - 10 A 3138/02 -, juris Rn. 50, Beschlüsse vom 13.01.2006 - 10 B 971/05 -, juris Rn 5, und vom 18.02.2014 - 7 B 1416/13 - juris Rn. 5; Bay. VGH, Beschluss vom 29.07.2014 - 9 CS 14.709 - juris Rn. 19). Eine erdrückende Wirkung liegt danach nicht schon dann vor, wenn die bisherigen Verhältnisse durch eine bauliche Verdichtung geändert werden. Vielmehr muss von dem Vorhaben aufgrund der Massivität und Lage eine qualifizierte handgreifliche Störung auf das Nachbargrundstück ausgehen (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 19.03.2015 - 1 B 19/15 - juris Rn. 26).
65 
Gemessen hieran erweist sich das Bauvorhaben der Beigeladenen gegenüber den benachbarten Anwesen der Klägerin zu 1 als rücksichtslos. Der Augenschein des Senats hat gezeigt, dass sich zwischen den Gebäuden ...-Straße 11 und 11a eine als Garten genutzte Freifläche der beiden Wohnhausgrundstücke befindet. In dem Bereich befindet sich auch auf den Nachbargrundstücken keine Bebauung. Bei einer Verwirklichung des Vorhabens entstünde gerade hier eine Grenzbebauung, die, trotz der Gliederung des Baukörpers mit zurückspringenden Obergeschossen, insgesamt den Eindruck einer geschlossenen massiven Riegelbebauung vermittelt, die den Grundstücken der Klägerin zu 1 gleichsam „die Luft zum Atmen nimmt“. War die bisherige Bebauung von einer fast deckungsgleichen Grenzbebauung auf den Grundstücken Flst.Nrn. 27/2 und 30/2 geprägt, wird nunmehr entlang der gesamten Grundstückslängen ein in seinen Ausmaßen enorm kompakter Baukörper errichtet. Die Grenzbebauung zwischen den Gebäuden ... Straße 11 und 11a beträgt 22 m, die Höhe der Bebauung an der Grenze beträgt 4,6 bis 5,1 Meter. Gegenüber dieser Grenzbebauung tritt die vorhandene Grenzmauer in ihren Ausmaßen von nur 1,5 m deutlich zurück. Hinzu kommt die Höhendisparität zwischen dem rückwärtigen Querbau und dem Wohnhaus ... Straße 11a. Schließlich führt die Grenzbebauung auch zu einer massiven Verschattung des bisher als Garten genutzten Freiraumes zwischen den Gebäuden ... Straße 11 und 11a, die den Klägerinnen nicht zumutbar ist, zumal da die Grenzbebauung nicht nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO zulässig ist.
66 
Die Klägerinnen sind hinsichtlich der grenzständigen Bebauung an den gemeinsamen Grundstücksgrenzen auch schutzbedürftig, da sie angesichts der in dem maßgeblichen Grundstücksbereich bislang prägend vorgegebenen Bauweise auch nicht damit rechnen mussten, dass entlang der gesamten Grundstücksgrenzen ein durchgängiges grenzständiges Gebäude errichtet wird.
67 
Zudem ermöglichen sowohl die vorgesehene 157,86 qm große Terrasse im zweiten Obergeschoss als auch die geplante 267,05 qm große Terrasse im dritten Obergeschoss im mittleren Bereich des Gebäudes Einblicke auf die Grundstücke der Klägerin zu 1, die das Maß dessen deutlich übersteigen, was Grundstückseigentümern auch im bebauten innerörtlichen Bereich regelmäßig zugemutet werden kann (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.09.2014 - 7 B 1037/14 - juris Rn. 10 m.w.N.).
IV.
68 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3 VwGO, 162 Abs. 3, 161 Abs. 2 VwGO. Die Hinzuziehung der Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Klägerinnen war notwendig (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO).
69 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
70 
Beschluss
71 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf15.000,- EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung im ersten Rechtszug).
72 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
35 
Soweit die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von §§ 125 Abs. 1 i.V.m. 92 Abs. 3 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26.03.2014 insoweit für unwirksam zu erklären (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog).
II.
36 
Im Übrigen ist die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung auch sonst zulässig.
III.
37 
Die Berufung ist im Übrigen auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Denn der angefochtene Bauvorbescheid der Beklagten vom 01.08.2012 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26.11.2012 sind auch in der Gestalt, die sie durch die Teilverzichtserklärung der Beigeladenen gefunden haben, rechtswidrig und verletzen die Klägerinnen in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bauvorbescheid verstößt gegen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Klägerinnen zu dienen bestimmt sind. Das Bauvorhaben hält die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO erforderlichen Abstandsflächen gegenüber den Grundstücken der Klägerin zu 1 nicht ein (1.) und verstößt gegen das Gebot der Rücksichtnahme nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (2.). Ob der Bauvorbescheid auch im Übrigen Rechte der Klägerinnen verletzt, kann folglich dahinstehen.
38 
1. Der Bauvorbescheid in der Gestalt, die er durch den Teilverzicht der Beigeladenen gefunden hat, verstößt, soweit er die Vereinbarkeit des Vorhabens mit §§ 5, 6 LBO feststellt (Nr. 3), zu Lasten der Klägerinnen gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO. Danach müssen vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen liegen, die von oberirdischen Anlagen freizuhalten sind und die nach § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO auf dem Baugrundstück selbst liegen müssen. Dieser Bestimmung widerspricht der angefochtene Bauvorbescheid insoweit, als das Gebäude unmittelbar an den gemeinsamen Grundstücksgrenzen zu den Grundstücken der Klägerin zu 1, d.h. ohne Einhaltung von Abstandsflächen, errichtet werden soll.
39 
a) Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts Sigmaringen sind die Voraussetzungen für eine Grenzbebauung ohne Abstandsflächen nach § 5 Abs. 2 Satz 2 LBO nicht gegeben.
40 
Nach dieser Vorschrift ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor Außenwänden an Grundstücksgrenzen, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss (Nr. 1) oder an die Grenze gebaut werden darf und öffentlich-rechtlich gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird (Nr. 2.). Beides trifft hier nicht zu.
41 
aa) Nach planungsrechtlichen Vorschriften ist die geplante Grenzbebauung nicht zwingend geboten, aber i. S. des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO zulässig.
42 
Da für das Baugrundstück und seine nähere Umgebung keine die Bauweise betreffenden Festsetzungen eines Bebauungsplans bestehen - der Bebauungsplan „Altstadt Isny im Allgäu“ vom 10.10.1990 enthält lediglich Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung - und das Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles geplant ist, richtet sich die planungsrechtliche Zulässigkeit einer Grenzbebauung nach § 30 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
43 
Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB muss ein Gebäude dann an die Grundstücksgrenze gebaut werden, wenn die Eigenart der näheren Umgebung durch eine geschlossene Bauweise entsprechend § 22 Abs. 3 BauNVO oder eine abweichende, d.h. halboffene Bauweise entsprechend § 22 Abs. 4 BauNVO geprägt wird, die zu einer Grenzbebauung zwingt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.02.1998 - 5 S 3202/96 - BRS 60 Nr. 86, juris Rn. 24). Ist in einem unbeplanten Gebiet teils offene bzw. halboffene und teils geschlossene Bauweise vorzufinden, besteht kein Zwang zu einer Grenzbebauung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.03.1994 - 4 B 53.94 - ZfBR 1994, 192, juris Rn. 4).
44 
Danach verlangt die in der näheren Umgebung des Baugrundstücks vorhandene Bebauung nicht zwingend die Errichtung der geplanten Grenzbebauung, sie lässt eine solche jedoch zu.
45 
Maßstabsbildend für das Einfügen im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als sie ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (stRspr BVerwG, u.a. Urteile vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369, 380, und vom 05.12.2013 - 4 C 5.12 - NVwZ 2014, 370).
46 
Nach den Darstellungen des im verwaltungsgerichtlichen Urteil abgebildeten Lageplanausschnitts, deren Richtigkeit sich nach dem vom Senat eingenommen Augenschein bestätigt hat, wird die hinsichtlich der Bauweise nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgebliche nähere Umgebung durch das Straßengeviert... Straße, ... Gasse, ..., ... Straße und ... Straße gebildet. Die Hauptgebäude sind hier fast durchgängig entlang der jeweiligen Straßenbegrenzungslinien und in geschlossener Bauweise im Sinne einer Blockrandbebauung errichtet. Dagegen befinden sich hinter den jeweiligen Hauptgebäuden im Innern des Straßengevierts auf den Grundstücken teilweise unbebaute Freiflächen, wie etwa auf den Grundstücken Flst.Nrn. 27/2, 30, 29/1 und 28, als auch Gebäude, die zu den Nachbargrundstücken in geschlossener Bauweise, wie das Grundstück Flst.Nr. 30/2, oder auch in halboffener Bauweise errichtet sind. Das Gebäude auf dem Grundstück Flst.Nr. 33/1 ist nur einseitig grenzständig an das Gebäude ...-Straße 11a der Klägerin zu 1 angebaut. Auch das der Beigeladenen gehörende Gebäude ... Straße 7 ist selbst lediglich im vorderen Grundstücksbereich zur ... Straße hin in geschlossener Bauweise errichtet. Im hinteren Bereich, d.h. dort, wo der 1973 genehmigte Anbau errichtet wurde, setzt sich die Grenzbebauung nur zum Grundstück Flst.Nr. 27/2 fort, dagegen werden gegenüber dem westlich anschließenden Grundstück Flst.Nr. 20 teilweise Abstandsflächen eingehalten. Im Inneren des Straßengevierts ist danach weder eine einheitliche geschlossene noch eine einheitliche halboffene Bauweise vorzufinden. Da das Bauvorhaben der Beigeladenen auch auf Grundstücken bzw. Grundstücksbereichen im Inneren des Straßengevierts errichtet werden soll, sind die beschriebenen unterschiedlichen Bauweisen insgesamt Maßstab für eine Grenzbebauung. Folglich besteht für das streitige Vorhaben kein Zwang zur Errichtung an der Grenze. Vielmehr darf i. S. des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grundstücksgrenze gebaut werden. Hiervon ist auch das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil zutreffend ausgegangen.
47 
bb) Der Zulässigkeit des Vorhabens ohne Abstandsflächen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO steht jedoch entgegen, dass nicht i. S. dieser Vorschrift öffentlich-rechtlich gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird.
48 
aaa) Nachbargrundstück i. S. des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO sind hier die beiden Grundstücke Flst.Nrn. 30 und 30/2 der Klägerin zu 1. Die Landesbauordnung verwendet zwar den Begriff des Grundstücks regelmäßig im Sinne von Buchgrundstück (vgl. § 4 Abs. 1 LBO), so dass danach die Grenzbebauung jeweils zu den Grundstücken Flst.Nrn. 30 und 30/2 isoliert zu betrachten wäre. Die Regelung des § 4 Abs. 2 LBO zeigt jedoch, dass der Buchgrundstücksbegriff nicht ausnahmslos gilt. Vielmehr kann ein Nachbargrundstück im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO auch ein aus mehreren Buchgrundstücken bestehendes benachbartes Baugrundstück sein (vgl. Beschluss des Senats vom 06.06.2008 - 8 S 18/07 - VBlBW 2008, 483, juris Rn. 37). Danach sind die beiden Buchgrundstücke der Klägerin zu 1 als ein Nachbargrundstück anzusehen. Denn beide Grundstücke sind vor wenigen Jahren durch Teilung aus dem Buchgrundstück Flst.Nr. 30 hervorgegangen und die Freifläche zwischen den Gebäuden auf beiden Grundstücken wird als ein gemeinsamer Garten genutzt.
49 
bbb) Es ist nicht i. S. des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf den Grundstücken Flst.Nrn. 30 und 30/2 der Klägerin zu 1 ebenfalls an die Grenze gebaut wird.
50 
(1) Das Tatbestandsmerkmal der öffentlich-rechtlichen Sicherung im Sinne dieser Vorschrift ist in der Regel nur erfüllt, wenn zulasten der von der Grenzbebauung betroffenen Grundstücke eine entsprechende Baulast nach § 71 LBO übernommen wird.
51 
Eine solche Baulast hat die Klägerin zu 1 unstreitig nicht übernommen.
52 
(2) Die öffentlich-rechtliche Sicherung ist darüber hinaus ausnahmsweise auch dann gewährleistet, wenn auf dem Nachbargrundstück bereits ein Gebäude, von dessen Fortbestand ausgegangen werden kann, an der Grenze vorhanden ist, an das angebaut werden soll, und der geplante Grenzbau noch in einer hinreichenden Beziehung zu dem vorhandenen Gebäude steht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.01.1996 - 5 S 2766/95 - juris; Beschlüsse vom 12.09.1996 - 5 S 2232/96 - VBlBW 1997, 221, vom 10.03.1999 - 3 S 332/99 - juris und vom 03.11.2014 - 3 S 1368/14 - juris; Busch in: Das Neue Baurecht in Baden-Württemberg, Stand November 2014, § 5 Rn. 39). Denn in einem solchem Fall würde es sich bei der Forderung nach Eintragung einer Baulast um eine bloße Förmelei handeln. Die Wirkungen eines bereits vorhandenen Gebäudes auf dem Nachbargrundstück auf dessen Schutzwürdigkeit nach § 5 LBO können jedoch nicht weiter reichen, als die einer entsprechenden Baulast. Eine auf dem Nachbargrundstück vorhandene Grenzbebauung kann die von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO geforderte öffentlich-rechtliche Sicherung daher nur in ihrem Umfeld ersetzen. Das an der Grenze geplante Bauvorhaben und das auf dem Nachbargrundstück bereits errichtete Grenzgebäude müssen zueinander in einer gewissen Beziehung stehen und beide Gebäude müssen sich in einem Maße überdecken, dass als Ergebnis einer beiderseitigen Grenzbebauung noch der Eindruck einer geschlossenen Bauweise vermittelt wird; nicht ausreichend ist, dass irgendwo an der gemeinsamen Grundstücksgrenze ein Grenzbau errichtet ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.11.2014 - 3 S 1368/14 - NVwZ-RR 2015, 288). Eine andere Auslegung ist mit dem Zweck des § 5 Abs. 1 Satz 2 LBO nicht vereinbar, auch wenn die Entstehungsgeschichte der Norm dies nahelegen mag.
53 
Zweck dieser Vorschrift ist es, den Regelungen des Bauplanungsrechts, die gegebenenfalls eine Bebauung ohne Abstand der Gebäude voneinander vorsehen, auch im Bauordnungsrecht Geltung zu verschaffen (vgl. Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Stand: März 2010, Band 1, § 5 Rn. 9 und 35 ). Durch diese Regelung soll eine nur einseitige Grenzbebauung verhindert werden, die sich ergeben könnte, wenn das Bauplanungsrecht ein Bauvorhaben an der Grenze gestattet, ohne zugleich zwingend für das Nachbargrundstück eine entsprechende Bebauung vorzuschreiben (vgl. VG Freiburg, Beschluss vom 06.07.2010 - 4 K 952/10 - juris Rn. 3).
54 
Die genannten Voraussetzungen für die ausnahmsweise anzunehmende öffentlich-rechtliche Sicherung durch einen vorhandenen Grenzbau galten nach der Rechtsprechung der mit Bausachen befassten Senate bereits zu der Vorgängerregelung des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO a.F. (vgl. z.B. Beschluss vom 15.09.1993 - 3 S 1670/93 - juris Rn. 5). Allein die Ersetzung des Wortes „angebaut“ durch „an die Grenze gebaut“ in der seit dem 01.01.1996 geltenden Neuregelung führt entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und der Beigeladenen nicht dazu, dass nunmehr auf die Notwendigkeit einer hinreichenden Beziehung zwischen dem vorhandenen und dem geplanten Grenzbau verzichtet werden kann. Nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 11/5337 S. 80) war mit der Neuregelung zwar die Vorstellung verbunden, es müsse nunmehr dem „Zweitbauenden“ grundsätzlich möglich sein, ohne Anknüpfung an die bestehende Bebauung die planungsrechtlich zulässige Bebauungstiefe auszuschöpfen. Diese Vorstellung hat jedoch in Wortlaut und Systematik des Gesetzes keinen hinreichenden Niederschlag gefunden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.11.2014 - 3 S 1368/14 - juris Rn. 23; VG Freiburg, Beschluss vom 06.07.2010 - 4 K 952/10 - juris Rn. 8). Zudem dient die Einhaltung von Abstandsflächen gerade der Sicherstellung der ausreichenden Belüftung und Beleuchtung der Gebäude und der unbebauten Grundstücksteile (vgl. Sauter a.a.O., § 5 Rn. 3). Hierauf wird in den Fällen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO verzichtet, weil der Landesgesetzgeber auch hier dem Planungsrecht den Vorrang einräumt, obwohl er dazu in Gebieten, in denen planungsrechtliche Vorschriften nicht zwingend eine geschlossene Bauweise verlangen, nicht verpflichtet wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.03.1994 - 4 B 53.94 - juris Rn. 4). Ein solcher Verzicht begründet indes - wegen der ähnlichen Interessenlage wie bei einer Doppelhausbebauung (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355, 359) -ein gegenseitiges nachbarschaftliches Austauschverhältnis, das eine Grenzbebauung verlangt, aufgrund derer die Gebäude noch in einer gewissen Beziehung zueinander stehen und sich in relevanter Weise überdecken.
55 
Danach vermag die bereits vorhandene Grenzbebauung auf den Nachbargrundstücken der Klägerin zu 1 die von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO geforderte öffentlich-rechtliche Sicherung für die Errichtung des Bauvorhabens der Beigeladenen entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze nicht ersetzen. Das geplante Bauvorhaben steht zu der vorhandenen Grenzbebauung nicht mehr in einer gewissen Beziehung und die Gebäude überdecken sich nicht in einem Maße, dass noch der Eindruck der geschlossenen Bauweise vermittelt wird. Dafür ist zwar nicht erforderlich, dass die geplante Grenzbebauung und die vorhandene Grenzbebauung in Höhe und Tiefe der Baukörper weitestgehend deckungsgleich sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.02.2007 - 5 S 2826/06 - juris Rn. 11). Ab welcher Abweichung der Eindruck der geschlossenen Bauweise nicht mehr besteht, ist jedoch eine Frage des Einzelfalls. So hat der 5. Senat des erkennenden Gerichtshof im Beschluss vom 12.09.1996 - 5 S 2232/96 - juris Rn. 5, auf den spätere Entscheidungen (vgl. Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 - juris Rn. 6) Bezug nehmen, eine Abweichung von zwei Metern in der Tiefe und zwei bis drei Metern in der Höhe für zulässig erachtet. Entgegen der Ansicht der Beigeladenen verlangt danach auch der 5. Senat gerade eine weitgehende Deckungsgleichheit. Die genannten Maße überschreitet der vorgesehene Grenzbau deutlich. Die Grenzbebauung auf dem Flst.Nr. 30 ist ca. 25 m lang, die Grenzbebauung auf dem Flst.Nr. 30/2 beträgt ca. 13,5 m. Demgegenüber soll das Bauvorhaben entlang der gesamten Grundstücksgrenze beider Buchgrundstücke über eine Länge von ca. 70 m an der Grenze errichtet werden. Der Eindruck einer geschlossenen Bauweise wird so nicht mehr vermittelt. Auf den Einwand der Beigeladenen, wonach auch die Klägerin zu 1 bei einer künftigen Bebauung der Grundstücke von der geplanten Grenzbebauung profitieren könnte, kommt es in dem Zusammenhang nicht an. Gleiches gilt für den Hinweis der Beigeladenen, wonach die Klägerin zu 1 ihre Grundstücke überhaupt nur mit Grenzbauten bebauen könne, da wegen der Größe der Grundstücke Abstandsflächen nicht eingehalten werden könnten. Im Übrigen ist die Klägerin zu 1 etwa nach einem Untergang eines Gebäudes nicht gezwungen, überhaupt wieder ein Gebäude zu errichten. Weiter ist denkbar, dass sie bislang unbebaute Nachbargrundstücke erwirbt und so Abstandsflächen bei einer künftigen Bebauung eingehalten werden können.
56 
b) Auch die Zulassung einer geringeren Tiefe der Abstandsfläche in einem Sonderfall nach § 6 Abs. 3 Satz 1 LBO scheidet aus.
57 
Der Anspruch des Bauherrn auf Zulassung einer geringeren Tiefe der Abstandsfläche ist vom Gericht im Rahmen der Nachbarklage zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen, auch wenn eine Entscheidung der Baurechtsbehörde hierüber nicht vorliegt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.01.1996 - 5 S 2766/95 - juris Rn. 24). Die gesetzlichen Voraussetzungen dafür sind jedoch nicht erfüllt. Ein Sonderfall nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 oder 3 LBO scheidet offensichtlich aus und ein Sonderfall nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO liegt ebenfalls nicht vor.
58 
Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 LBO ist eine geringere Tiefe der Abstandsfläche zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs liegt eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange regelmäßig vor, wenn die nachbarschützende Abstandsflächentiefe (vgl. § 5 Abs. 7 LBO) unterschritten wird, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig ist. Nachbarliche Belange sind in einem solchen Fall nur dann nicht erheblich beeinträchtigt, wenn die vorhandene Situation auf dem Nachbargrundstück durch bauordnungsrechtlich relevante, tatsächliche oder rechtliche Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandstiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. Senatsbeschluss vom 27.11.2013 - 8 S 1813/13 - BauR 2014, 533 m.w.N.). Solche Besonderheiten sind vorliegend in Bezug auf die Grundstücke der Klägerin zu 1 nicht gegeben. Diese Grundstücke sind insbesondere auch nicht aufgrund der an der Grenze zum Flst.Nr. 33/1 errichten Grenzmauer weniger schutzwürdig. Dies ergibt sich bereits aus den völlig untergeordneten Ausmaßen der Mauer, die mit ca. 1,50 m Höhe deutlich hinter der vorgesehen Grenzbebauung zurücktritt und auch nur wenige Meter lang ist.
59 
2. Der Bauvorbescheid in der Gestalt, die er durch den Teilverzicht der Beigeladenen gefunden hat, verstößt ferner, soweit er die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens feststellt (Nr. 1 und 2), gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn das Vorhaben fügt sich nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in Eigenart der näheren Umgebung ein und beeinträchtigt dadurch die Nutzung der Nachbargrundstücke der Klägerin zu 1 und demzufolge auch das an diesen Grundstücken bestehende Nießbrauchsrecht der Klägerin zu 2 rücksichtslos.
60 
a) § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verleiht dem Nachbarn einen Abwehranspruch, wenn die angefochtene Baugenehmigung oder ein planungsrechtlicher Vorbescheid das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verletzt (st. Rspr. BVerwG, u.a. Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 - BRS 38 Nr. 186). Nachbar im Sinne des Bodenrechts ist dabei nicht nur der jeweilige zivilrechtliche Eigentümer eines Grundstücks sondern auch - wie die Klägerin zu 2 - ein sonst in eigentumsähnlicher Weise an einem Grundstück dinglich Berechtigter, zu denen auch der Nießbraucher zählt. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme setzt dabei einen Verstoß gegen das objektive Recht voraus, der vorliegen kann, wenn ein Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil das Vorhaben es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <385 f.>). Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann auch vorliegen, wenn sich ein Vorhaben objektiv-rechtlich nach seinem Maß der baulichen Nutzung, seiner Bauweise oder seiner überbauten Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (BVerwG, Beschluss vom 11.01.1999 - 4 B 128.98 - NVwZ 1999, 879). Drittschutz wird gewährt, wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (BVerwG, Urteil vom 13.03.1981, a.a.O). Es kommt darauf an, dass sich aus den individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (BVerwG, Urteil vom 05.12.2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 m.w.N.). Das Gebot der Rücksichtnahme hebt insoweit auf die gegenseitige Verflechtung der baulichen Situation unmittelbar benachbarter Grundstücke ab und nimmt das nachbarliche Austauschverhältnis in den Blick (BVerwG, Urteile vom 16.09.2010 - 4 C 7/10 - NVwZ 2011, 436, und vom 05.12.2013 - 4 C 5/12 - BVerwGE 148, 290, 295).
61 
Nach diesen Grundsätzen ist das Bauvorhaben der Beigeladenen hinsichtlich seines Maßes der baulichen Nutzung gegenüber den Grundstücken der Klägerin zu 1 rücksichtslos. Da der Bebauungsplan „Alstadt Isny im Allgäu“ vom 10.10.1990 nur Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung enthält, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens im Übrigen, d.h. auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, gemäß § 30 Abs. 3 BauGB nach § 34 Abs. 1 BauGB. Maßgebend für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach dem Maß der baulichen Nutzung ist die von außen wahrnehmbare Erscheinung des Gebäudes im Verhältnis zu seiner Umgebungsbebauung. Vorrangig ist auf diejenigen Maßkriterien abzustellen, in denen die prägende Wirkung besonders zum Ausdruck kommt, wie die flächenmäßige Ausdehnung, die Geschosszahl und Höhe der den Rahmen bildenden Gebäude (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.03.1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277, 279, 282; Beschluss vom 03.04.2014 - 4 B 12.14 -juris Rn. 3). In der maßgeblichen Umgebungsbebauung, die wiederum durch das bereits beschriebene Straßengeviert gekennzeichnet wird, ist kein Baukörper vorhanden, der hinsichtlich seiner flächenmäßigen Ausdehnung mit dem Bauvorhaben vergleichbar ist. Das bislang größte Einzelgebäude in der maßgeblichen Umgebung ist das Gebäude ... Straße 7. Dessen Grundfläche wird durch das Bauvorhaben hinsichtlich Bebauungstiefe, Breite und Kubatur deutlich überschritten.
62 
Auf die von der Beigeladenen bei der Einnahme des Augenscheins verwiesenen Gebäude ... Straße 6 und ... Straße 43, die in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung mit dem Bauvorhaben vergleichbar seien, kommt es dagegen nicht an. Diese Grundstücke liegen außerhalb der für die Beurteilung des Einfügens maßgeblichen Umgebungsbebauung. Der Rahmen für die maßgebliche Umgebungsbebauung wird durch das bereits an anderer Stelle beschriebene Straßengeviert begrenzt, in dem die genannten Grundstücke nicht liegen. Auf diese Bereiche wirkt sich die Ausführung des Bauvorhabens der Beigeladenen weder aus, noch prägen oder beeinflussen diese Grundstücke ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung.
63 
Die danach vorliegende Rahmenüberschreitung hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung lässt die gebotene Rücksichtnahme gerade in Bezug auf die unmittelbar benachbarte Bebauung auf den Grundstücken der Klägerin zu 1 vermissen. Das Gesamtvolumen und die Gliederung des Baukörpers führen zu einer rücksichtslosen optisch erdrückenden Wirkung des Bauvorhabens insbesondere auf das Wohnhaus ... Straße 11a.
64 
Eine rücksichtslose erdrückende Wirkung nimmt die Rechtsprechung an, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich "die Luft nimmt", wenn für den Nachbarn das Gefühl des "Eingemauertseins" entsteht oder wenn die Größe des "erdrückenden" Gebäudes auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls - und gegebenenfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandflächen - derartig übermächtig ist, dass das "erdrückte" Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem "herrschenden" Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 13.08.1981 - 4 C 1.78 - BauR 1981, 354 und vom 23.05.1986 - 4 C 34.85 - BauR 1986, 542; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.08.2005 - 10 A 3138/02 -, juris Rn. 50, Beschlüsse vom 13.01.2006 - 10 B 971/05 -, juris Rn 5, und vom 18.02.2014 - 7 B 1416/13 - juris Rn. 5; Bay. VGH, Beschluss vom 29.07.2014 - 9 CS 14.709 - juris Rn. 19). Eine erdrückende Wirkung liegt danach nicht schon dann vor, wenn die bisherigen Verhältnisse durch eine bauliche Verdichtung geändert werden. Vielmehr muss von dem Vorhaben aufgrund der Massivität und Lage eine qualifizierte handgreifliche Störung auf das Nachbargrundstück ausgehen (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 19.03.2015 - 1 B 19/15 - juris Rn. 26).
65 
Gemessen hieran erweist sich das Bauvorhaben der Beigeladenen gegenüber den benachbarten Anwesen der Klägerin zu 1 als rücksichtslos. Der Augenschein des Senats hat gezeigt, dass sich zwischen den Gebäuden ...-Straße 11 und 11a eine als Garten genutzte Freifläche der beiden Wohnhausgrundstücke befindet. In dem Bereich befindet sich auch auf den Nachbargrundstücken keine Bebauung. Bei einer Verwirklichung des Vorhabens entstünde gerade hier eine Grenzbebauung, die, trotz der Gliederung des Baukörpers mit zurückspringenden Obergeschossen, insgesamt den Eindruck einer geschlossenen massiven Riegelbebauung vermittelt, die den Grundstücken der Klägerin zu 1 gleichsam „die Luft zum Atmen nimmt“. War die bisherige Bebauung von einer fast deckungsgleichen Grenzbebauung auf den Grundstücken Flst.Nrn. 27/2 und 30/2 geprägt, wird nunmehr entlang der gesamten Grundstückslängen ein in seinen Ausmaßen enorm kompakter Baukörper errichtet. Die Grenzbebauung zwischen den Gebäuden ... Straße 11 und 11a beträgt 22 m, die Höhe der Bebauung an der Grenze beträgt 4,6 bis 5,1 Meter. Gegenüber dieser Grenzbebauung tritt die vorhandene Grenzmauer in ihren Ausmaßen von nur 1,5 m deutlich zurück. Hinzu kommt die Höhendisparität zwischen dem rückwärtigen Querbau und dem Wohnhaus ... Straße 11a. Schließlich führt die Grenzbebauung auch zu einer massiven Verschattung des bisher als Garten genutzten Freiraumes zwischen den Gebäuden ... Straße 11 und 11a, die den Klägerinnen nicht zumutbar ist, zumal da die Grenzbebauung nicht nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO zulässig ist.
66 
Die Klägerinnen sind hinsichtlich der grenzständigen Bebauung an den gemeinsamen Grundstücksgrenzen auch schutzbedürftig, da sie angesichts der in dem maßgeblichen Grundstücksbereich bislang prägend vorgegebenen Bauweise auch nicht damit rechnen mussten, dass entlang der gesamten Grundstücksgrenzen ein durchgängiges grenzständiges Gebäude errichtet wird.
67 
Zudem ermöglichen sowohl die vorgesehene 157,86 qm große Terrasse im zweiten Obergeschoss als auch die geplante 267,05 qm große Terrasse im dritten Obergeschoss im mittleren Bereich des Gebäudes Einblicke auf die Grundstücke der Klägerin zu 1, die das Maß dessen deutlich übersteigen, was Grundstückseigentümern auch im bebauten innerörtlichen Bereich regelmäßig zugemutet werden kann (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.09.2014 - 7 B 1037/14 - juris Rn. 10 m.w.N.).
IV.
68 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3 VwGO, 162 Abs. 3, 161 Abs. 2 VwGO. Die Hinzuziehung der Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Klägerinnen war notwendig (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO).
69 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
70 
Beschluss
71 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf15.000,- EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung im ersten Rechtszug).
72 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich als Eigentümer des mit einem Wohnhaus und mehreren weiteren Gebäuden bebauten Grundstücks Fl.Nr.  3 der Gemarkung K …, B … Straße 6 in K …, gegen die dem Beigeladenen mit Bescheid vom 16. August 2016 erteilte Baugenehmigung zum Teilabbruch des Wohnhauses und Errichtung einer Garage auf dem Grundstück Fl.Nr.  5 der Gemarkung K …, B … Straße 4 in K … (Baugrundstück).

1. Das Baugrundstück befindet sich im unbeplanten Altort von K … Das (nur) ca. 100 m² große Grundstück des Beigeladenen grenzt im Nordwesten an die B … Straße und auf seinen anderen drei Seiten an das Grundstück des Klägers an. Es war bisher mit einem zweigeschossigen Wohnhaus mit Satteldach bebaut, das auf drei Seiten grenzständig bzw. grenznah errichtet war, wobei es in nordöstlicher und südöstlicher Richtung an grenzständige Bebauung auf dem Grundstück des Klägers anschließt. Zur vorderen Grundstücksgrenze hielt das Gebäude einen Abstand von ca. 2 m ein.

2. Mit Bauantrag vom 7. Juli 2016 beantragte der Beigeladene den Teilabbruch des bestehenden Wohnhauses und die Errichtung einer Garage und stellte unter dem 8. August 2016 einen Antrag auf Abweichung von den Abstandsflächen der Bayerischen Bauordnung. Das vorhandene Wohngebäude solle teilweise bis auf Oberkante Erdgeschoss abgebrochen werden, wobei die Außenwand an der Südostseite auf der gesamten Länge von 10,43 m erhalten bleiben solle und die Außenwände auf der Nordost- und der Südwestseite bis auf eine verbleibende Länge von 7,00 m zurückgebaut werden sollten. Die bestehenden Außenwände seien auf der Grundstücksgrenze errichtet bzw. an die Nachbargebäude angebaut und Abstandsflächen nicht möglich. Nach den Planzeichnungen weist das geplante - und mit einem Satteldach versehene - Garagengebäude ein Grundmaß von 10,43 m auf 7,85 m auf, bei einer Höhe von 3,24 bis 4,18 m, wobei (Fenster-)Öffnungen auf den drei dem klägerischen Grundstück zugewandten Seiten nicht vorgesehen sind.

Mit Bescheid vom 16. August 2016 erteilte das Landratsamt H. dem Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung und die beantragte Abweichung.

3. Gegen den Bescheid vom 16. August 2016 erhob der Kläger am 11. September 2016 Klage, ohne einen Antrag zu stellen.

Zur Begründung der Klage wie auch des am gleichen Tag gestellten Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (W 5 S. 16.939) wurde vorgetragen: Die (Bau-)Genehmigung sei aufgrund Genehmigung vorsätzlicher Überbauung von Grenzen auf der Nord-, Süd- und Ostseite rechtswidrig. Die Grenzlängen des Grundstücks seien deutlich kürzer als die genehmigten Gebäudelängen. Die vorhandenen amtlichen Grenzpunkte seien vorsätzlich entfernt und vom Landratsamt nicht geprüft worden. Die Bebauung sei unzulässig, weil Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO nicht eingehalten würden, die wegen einer Erhöhung der Brandgefahr durch Errichtung von Garagen einzuhalten seien. Der Abriss sei nicht fachgerecht durchgeführt worden, somit stelle die derzeitige Bebauung eine erhöhte Gefährdung von Leib und Leben dar. Die Standfestigkeit der Garage sei äußerst bedenklich. Fensteröffnungen auf der Grenze seien bei Garagenanlagen nicht genehmigungsfähig. Die Nutzungsänderung führe zu einer nicht ertragbaren Emissionserhöhung. Die Zufahrtssituation bei nicht ausreichendem Stauraum vor der Garagenanlage sei nicht berücksichtigt worden. Die Genehmigung nach Art. 59 BayBO sei nach Art. 63 BayBO nicht zulässig, da öffentlich-rechtlich geschützte nachbarliche Belange nicht berücksichtigt worden seien. Aus diesen Gründen werde eine Baueinstellung bzw. Rückziehung der Baugenehmigung bis zur rechtlichen Klärung in allen Punkten beantragt.

4. Das Landratsamt H. beantragte für den Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde vorgetragen: Die Klage sei nicht begründet. Der Bescheid vom 16. August 2016 sei nicht rechtswidrig und verletze den Kläger auch nicht in seinen Rechten. Nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts würden nicht verletzt. Hier könne weder im Hinblick auf die Art und das Maß der baulichen Nutzung noch auf die Bauweise oder die überbaute Grundstücksfläche davon die Rede sein, dass sich das Vorhaben nicht in die nähere Umgebung einfüge. Der Umgriff um das Baugrundstück sei als Mischgebiet zu werten, in dem gemäß § 12 Abs. 1 BauNVO Stellplätze und Garagen zulässig seien. Auch eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots liege nicht vor. Die Baugenehmigung verstoße auch nicht gegen andere öffentlich-rechtliche Vorschriften mit drittschützender Wirkung, insbesondere nicht gegen das Abstandsflächenrecht. Der Kläger selbst halte die erforderlichen Abstände zum Nachbargrundstück nicht ein. An der nordöstlichen Seite des Baugrundstücks befinde sich auf dem klägerischen Grundstück ein Gebäude, dessen Außenwandhöhe die der entstehenden Garage bei weitem übertreffe. An der südöstlichen Seite würden sich auf dem Nachbargrundstück ebenfalls höhere Gebäude anschließen sowie eine Überdachung, die vom Kläger widerrechtlich errichtet worden sei. Wer selbst auf seinem Grundstück ein Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze gebaut habe, könne billigerweise nicht die Einhaltung der ihn schützenden Abstandsflächenvorschriften erreichen. Es wäre unbillig, den Nachbarn den von den grenznahen baulichen Anlagen ausgehenden Nachteilen auszusetzen, diesem aber eine Ausnutzung seines Grundstücks im Grenzbereich zu verwehren. Bei dem Gebäude des Beigeladenen handele es sich zudem um ein bestandsgeschütztes Gebäude. Durch den Rückbau des Wohnhauses sei für den Kläger eine deutliche Verbesserung hinsichtlich Belüftung, Belichtung und Besonnung gegeben. Da mithin der Kläger durch den Rückbau hinsichtlich des Schutzzwecks des Art. 6 BayBO besser gestellt werde und keine weitergehende Beeinträchtigung zu erwarten sei, habe der Zulassung einer Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften für die südwestliche Seite nichts entgegengestanden. Entgegen der Behauptung des Klägers werde die entstehende Garage keine Fensteröffnungen aufweisen. Der nach § 2 Abs. 1 GaStellV erforderliche Stauraum zwischen Garage und öffentlicher Verkehrsfläche sei eingehalten, im Übrigen beinhalte diese Vorschrift keinen Drittschutz.

5. Der Beigeladene ließ in der mündlichen Verhandlung durch seinen Bevollmächtigten den Antrag stellen,

die Klage abzuweisen.

6. Mit Beschluss vom 21. September 2016 lehnte das Bayer. Verwaltungsgericht Würzburg den Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (W 5 S. 16.939) ab. Wegen der Begründung wird auf den vg. Beschluss Bezug genommen. Hiergegen ließ der Kläger Beschwerde einlegen (9 CS 16.2114). Nach Rücknahme der Beschwerde mit Schriftsatz der damaligen Bevollmächtigten des Klägers vom 19. Oktober 2016 wurde das Beschwerdeverfahren mit Beschluss des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs München vom 28. Oktober 2016 eingestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Der Klage, über die auch in Abwesenheit des ordnungsgemäß geladenen Klägers (vgl. Postzustellungsurkunde vom 24.5.2017, Bl. 29 der Gerichtsakte) entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig aber nicht begründet.

Nach sachgerechter Auslegung, die sich am Rechtsschutzziel zu orientieren hat (§ 88 VwGO), ist der Antrag des anwaltlich nicht vertretenen Klägers, der sich explizit gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 16. August 2016 wendet und eine „Baueinstellung bzw. Rückziehung der Baugenehmigung bis zur rechtlichen Klärung in allen Punkten“ beantragt, jedenfalls dahingehend zu verstehen, dass er die Aufhebung dieses Bescheids begehrt.

Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg, da die angefochtene Baugenehmigung des Landratsamts H. vom 16. August 2016 nicht rechtswidrig ist und damit den Kläger nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.

Einem Nachbarn des Bauherrn steht ein Anspruch auf Versagung der Baugenehmigung grundsätzlich nicht zu. Er kann eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt.

Nach Art. 59 BayBO ist im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren der Prüfungsrahmen beschränkt. Die Übereinstimmung des Vorhabens mit den Vorschriften der Bayerischen Bauordnung wird grundsätzlich nicht mehr geprüft. Nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO hat die Bauaufsichtsbehörde aber die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die baulichen Anlagen nach § 29 bis 38 BauGB zu prüfen und nach Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO beantragte Abweichungen i.S.d. Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO.

2. Soweit vom Kläger im Rahmen seiner Klageschrift vom 11. September 2016 wie auch in der Begründung des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz vorgebracht wird, dass die Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO nicht eingehalten seien und eine Grenzbebauung in der genehmigten Länge ohne seine Unterschrift nicht zulässig sei, kann dies nicht zum Erfolg der Klage führen.

Denn es liegt keine Verletzung abstandsflächenrechtlicher Vorschriften zu Lasten des Klägers vor. Hierzu hat die Kammer im Beschluss vom 21. September 2016 im Verfahren W 5 S. 16.939 bereits Folgendes ausgeführt:

„Hier hat das Landratsamt H. auf den Antrag vom 8. August 2016 im streitgegenständlichen Baugenehmigungsbescheid eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den Abstandsflächen auf der Südost- und Nordostseite erteilt. Es spricht einiges dafür, dass die Baugenehmigungsbehörde wohl zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass das Vorhaben des Beigeladenen insoweit einer Abweichung von den Regelungen über Abstandsflächen bedarf, so dass sie ins Leere geht. Im Einzelnen:

Zwar sind nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Eine Abstandsfläche ist nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO aber gerade nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf.

Diese Regelung räumt dem Städtebaurecht den Vorrang ein, soweit es die Errichtung von Gebäuden ohne Grenzabstand regelt. Dazu gehören die Vorschriften über die geschlossene (§ 22 Abs. 3 BauNVO) und abweichende Bauweise (§ 22 Abs. 4 BauNVO). Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO werden in der offenen Bauweise die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand (Bauwich) als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder als Hausgruppen mit einer Länge von höchstens 50 m errichtet. Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 BauNVO werden in der geschlossenen Bauweise die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

Dieser Vorrang des Planungsrechts gilt nicht nur für Festsetzungen in Bebauungsplänen, vielmehr kommt auch der tatsächlich vorhandenen Bauweise im nicht überplanten Innenbereich grundsätzlich der Vorrang vor dem Abstandsflächenrecht zu (vgl. Dhom/Franz/Rauscher in Simon/Busse, BayBO, 122. EL 2016, Art. 6 Rn. 33 f. m.w.N. zur Rspr.). Eine solche geschlossene Bauweise (Bebauung der seitlichen Grundstücksgrenzen) bzw. abweichende Bauweise kann also nicht nur in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, sondern sie kann sich in den Fällen, in denen nach § 34 BauGB der planungsrechtliche Beurteilungsmaßstab für die Zulässigkeit eines Bauvorhabens die vorhandene Bebauung ist, auch aus dieser ergeben, mit der Folge, dass sie dann die verbindliche Bauweise ist.

Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO kommt nach zutreffender Auffassung auch dann zur Anwendung, wenn die vorhandene Mischung von Gebäuden in der Umgebung des Baugrundstücks mit und ohne seitlichen Grenzabstand „regellos“ erscheint, wie dies hier der Fall ist (BayVGH, B.v. 8.10.2013 – 9 CS 13.1636; U.v. 23.3.2010 - 1 BV 07.2363; U.v. 20.10.2010 - 14 B 09.1616; alle juris). Nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO ist für eine einschränkende Auslegung, dass diese Vorschrift bei „regelloser“ Bauweise nicht zur Anwendung komme, kein Raum. Außerdem ist in historisch gewachsenen, nicht von einer Bauleitplanung gelenkten Strukturen kaum jemals eine völlige Regelmäßigkeit anzutreffen. Das Anliegen, eine Grenzbebauung bei einer vorhandenen Mischung aus unterschiedlichen Bauweisen, wie im vorliegenden Fall, aufgrund städtebaulich zu missbilligender Zustände zu verhindern, ist vielmehr über das Bauplanungsrecht wegen eines Verstoßes gegen das objektive Gebot der Rücksichtnahme zu lösen (vgl. BayVGH, U.v. 20.10.2010 - 14 B 09.1616- juris).

Der aus dem in der Behördenakte enthaltenen Katasterplan und Luftbild ersichtliche Bebauungsbereich zwischen der B … Straße (im Nordwesten und Nordosten), der …rstraße (im Südwesten) und dem S … (im Südosten) wird weder allein durch die geschlossene, noch die offene noch die halboffene Bauweise geprägt. Gleiches gilt für den weiteren Bereich jenseits der B … Straße, der …rstraße und dem S … Das Baugrundstück selbst zeigt eine geschlossene Bauweise, denn das bisher vorhandene Wohnhaus steht (nach dem Auszug aus dem Liegenschaftskataster und dem Luftbild) mit seinen beiden seitlichen Außenwänden auf (oder jedenfalls in unmittelbarer Nähe) der Grundstücksgrenze. Die rückwärtige Gebäudewand befindet sich ebenfalls auf der hinteren Grundstücksgrenze. Auch auf dem Grundstück des Antragstellers findet sich Bebauung auf beiden seitlichen Grundstücksgrenzen bzw. in deren unmittelbarer Nähe sowie an der rückwärtigen Grenze (zum Anwesen des Beigeladenen). Auf dem südwestlich des Grundstücks des Antragstellers gelegenen Grundstück Fl.Nr. 6 ist eine Grenzbebauung an beiden Grundstücksseiten gegeben, allerdings ist die hintere Grundstücksgrenze von einer solchen freigehalten. Anders verhält es sich bei dem hieran in südwestlicher Richtung anschließenden Grundstück Fl.Nr. …0. Dieses ist an seiner hinteren und an einer seitlichen Grenze bebaut. Durch eine halboffene Bauweise zeichnen sich (ebenfalls) die südlich bzw. südöstlich des Grundstücks des Antragstellers gelegenen Grundstücke Fl.Nr. 0, 2, …2 und 9 aus. Das in östlicher Richtung gelegene und an den S … anschließende Grundstück Fl.Nr. 4 ist sowohl an seinen seitlichen Grenzen wie auch an seiner rückwärtigen Grenze bebaut. Jenseits der B … Straße findet sich unmittelbar gegenüber dem Grundstück des Beigeladenen beidseitige seitlich Grenzbebauung auf Fl.Nr. …2 und Fl.Nr. …5. Es findet sich aber auch Bebauung auf einer Seite, so auf Fl.Nr. …8, wie auch Bebauung der rückwärtigen Grundstücksgrenze, bspw. auf Fl.Nr. 115. Offene Bauweise ist im Umgriff des Baugrundstücks zwar ebenfalls gegeben, wenn auch selten. Nach allem existiert jedenfalls im fraglichen Bereich um das Baugrundstück eine Regel, den Bereich an den seitlichen und rückwärtigen Grundstücksgrenzen von einer Bebauung freizuhalten, offensichtlich nicht.

Kommt in einem unbeplanten Gebiet, wie im vorliegenden Fall, teilweise offene, teilweise geschlossene, aber auch abweichende Bauweise vor, dann sind regelmäßig die offene und die geschlossene Bauweise planungsrechtlich in dem Sinn zulässig, dass nicht an die Grundstücksgrenze gebaut werden muss, aber an die Grenze gebaut werden darf (BayVGH, B.v. 16.1.2014 – 9 CS 13.1808; U.v. 20.10.2010 - 14 B 09.1616; beide juris). Daraus folgt, dass sich die Errichtung des (Garagen-)Gebäudes des Beigeladenen an der Grundstücksgrenze zum Grundstück des Antragstellers planungsrechtlich innerhalb des aus der Umgebung hervorgehenden Rahmens hält.

Abgesehen davon begegnet auch die Erteilung einer Abweichung durch das Landratsamt nach Art. 63 Abs. 1 BayBO keinen Bedenken. Die Baugenehmigungsbehörde hat dem Beigeladenen hinsichtlich der nordöstlichen und südöstlichen Seite ohne Rechtsverstoß eine Abweichung von den Abstandsflächen gewährt; hinsichtlich der südwestlichen Seite liegen jedenfalls die Voraussetzungen für die Erteilung vor.

Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen u.a. von Anforderungen dieses Gesetzes zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Das Baugrundstück weist insoweit einen atypischen Zuschnitt auf, als es mit seiner geringen Größe von ca. 100 m² vom wesentlich größeren Grundstück des Antragstellers auf drei Seiten umfasst wird und den Eindruck erweckt, aus diesem „herausgeschnitten“ worden zu sein. Das Baugrundstück war und ist unter Einhaltung der Abstandsflächen (sinnvoll) nicht zu bebauen. Eine vernünftige Bebauung war und ist nur möglich unter Nichteinhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen. Eine Beeinträchtigung geschützter Nachbarbelange wie Belichtung, Belüftung, Besonnung und Erhaltung des Wohnfriedens wurde von Seiten des Antragstellers schon nicht geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich. Hierbei ist von wesentlicher Bedeutung, dass sich die Kubatur des bisher bestehenden Gebäudes wie auch dessen auf das Grundstück des Antragstellers einwirkenden Außenwände durch die streitgegenständlichen baulichen Maßnahmen nicht erhöht, sondern (und zwar) deutlich reduziert werden. Somit tritt aufgrund der Baumaßnahme sogar eine Verbesserung hinsichtlich Besonnung, Belichtung und Belüftung des Grundstücks des Antragstellers ein. Des Weiteren ist hier von wesentlicher Bedeutung, dass die Gebäude auf dem Grundstück des Antragstellers zum Grundstück des Beigeladenen selbst keine Abstandsflächen einhalten. So kann aber derjenige, der mit einem Grenzanbau sein Grundstück intensiv baulich nutzt und nicht unter Wahrung gesetzlich vorgeschriebener Grenzabstände selbst für ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung seines Bauwerks sorgt, kann im Regelfall aus Billigkeitsgründen nicht auch noch die Einhaltung von Grenzabständen durch ein Gebäude des Nachbarn verlangen. Diese Billigkeitserwägung ist bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Einbeziehung der Umstände des einzelnen Falles mit zu beachten (BayVGH, B.v. 19.4.1994 – 2 CS 94.755 – BayVBl 1995, 22).“

Im Rahmen des (weiteren) Klageverfahrens hat der Kläger insoweit nichts Neues vorgebracht, so dass sich weitere Ausführungen erübrigen.

3. Dem Vorhaben des Beigeladenen stehen auch keine – nach Art. 59 Abs. 1 Nr. 1 BayBO zu prüfenden – bauplanungsrechtlichen Gründe entgegen.

Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Vorhaben des Beigeladenen seiner Art nach nach § 34 Abs. 2 BauGB – wobei offenbleiben kann, ob i.V.m. § 5 oder § 6 BauNVO – und im Übrigen nach § 34 Abs. 1 BauGB. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ist das Vorhaben des Beigeladenen gemäß § 34 Abs. 2 Halbs. 1 BauGB i.V.m. § 12 Abs. 1 BauNVO bzw. i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO oder § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO zulässig. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Das Vorhaben der Beigeladenen fügt sich im vg. Sinne in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Im Übrigen werden Nachbarrechte durch einen Verstoß gegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nur dann verletzt, wenn die angefochtene Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ enthaltene (drittschützende) Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Insoweit hat die Kammer im Beschluss vom 21. September 2016 im Verfahren W 5 S. 16.939 bereits Folgendes ausgeführt:

„Das Gebot der Rücksichtnahme (grundlegend BVerwG, U.v. 25.2.1977 – IV C 22/75 – BVerwGE 52, 122) soll einen angemessenen Interessenausgleich gewährleisten. Die an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellenden Anforderungen hängen im Wesentlichen von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Die vorzunehmende Interessenabwägung hat sich daran zu orientieren, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und dem Rücksichtnahmeverpflichteten jeweils nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Dies beurteilt sich nach der jeweiligen Situation der benachbarten Grundstücke. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Rücksichtnahmeberechtigten ist, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die Interessen des Bauherrn sind, die er mit dem Vorhaben verfolgt, desto weniger muss er Rücksicht nehmen (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1/78 – juris). Das Gebot der Rücksichtnahme ist demnach nur dann verletzt, wenn die dem Kläger aus der Verwirklichung des geplanten Vorhabens resultierenden Nachteile das Maß dessen übersteigen, was ihm als Nachbarn billigerweise noch zumutbar ist (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB 2016, § 35 Rn. 78). In der Rechtsprechung ist zudem anerkannt, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots auch dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft z.B. befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1/78; B.v. 20.9.1984 – 4 B 181/84; U.v. 23.5.1986 – 4 C 34/85 – alle juris). Ob dies der Fall ist, hängt ganz wesentlich von der konkreten Situation im Einzelfall ab.

Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich das Bauvorhaben des Beigeladenen in seinen Auswirkungen auf das Anwesen des Antragstellers im Ergebnis nicht als rücksichtslos. Von einer unzumutbaren Beeinträchtigung kann nicht gesprochen werden.

Dass das Bauvorhaben des Beigeladenen dem Antragsteller gegenüber erdrückende Wirkung entfalten würde, hat von vornherein auszuscheiden. Es ist nicht erkennbar, dass die erneute Zulassung eines Gebäudes an der Grundstücksgrenze – an dieser Stelle stand bereits bisher ein deutlich größeres Gebäude – die Zumutbarkeitsschwelle zu Lasten des Antragstellers überschreiten würde. Eine erdrückende Wirkung des Vorhabens auf das Anwesen des Antragstellers scheidet sowohl von den Ausmaßen als auch der baulichen Gestaltung aus. Für die Annahme einer erdrückenden Wirkung eines Nachbargebäudes ist kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als das betroffene Gebäude (vgl. BayVGH, B.v. 11.5.2010 – 2 CS 10.454 – juris). Vielmehr überragen die auf der Grundstücksgrenze errichteten baulichen Anlagen auf dem Grundstück des Antragstellers das geplante Garagengebäude in der Höhe um ein Mehrfaches und auch die Kubatur der jeweiligen Gebäude fällt hier einseitig zu Lasten des Beigeladenen aus.

Soweit der Antragsteller behauptet, dass die Nutzungsänderung zu einer nicht ertragbaren Emissionserhöhung führen würde, kann dies dem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen. Zum einen bleibt der Antragsteller hierfür jegliche Begründung schuldig. Zum anderen ist auch sonst nicht das Geringste dafür ersichtlich, dass durch das vom Beigeladenen geplante Garagengebäude mit voraussichtlich maximal vier Pkw-Einstellplätzen unzumutbare Emissionsbelastungen auf dem Anwesen des Antragstellers drohen würden. Insoweit kann auch nicht außer Ansatz bleiben, dass sich der Wohnbereich auf dem weitläufigen Grundstück des Anwesens des Antragstellers in den dem Bauvorhaben abgewandten Bereich befindet und der Antragsteller unmittelbar angrenzend an das Baugrundstück ebenfalls eine Nutzung als Garage bzw. zu gewerblichen Zwecken betreibt (es sind Garagentore in den in der Behördenakte enthaltenen Lichtbildern erkennbar).“

Da auch insoweit im Rahmen des (weiteren) Klageverfahrens der Kläger nichts Neues vorgebracht hat, erübrigen sich (ebenfalls) weitere Ausführungen.

4. Soweit der Kläger eine Erhöhung der Brandgefahr durch die Errichtung der Garage bzw. einen Verstoß gegen Grundsätze der Standsicherheit oder der Zufahrt rügt, kann er hiermit ebenfalls nicht durchdringen.

Zum einen ist weder von Klägerseite vorgetragen noch sonst wie ersichtlich, worin hier eine Verletzung derartiger Vorschriften gegeben sein soll. Wenn der Kläger geltend macht, dass Fensteröffnungen auf der Grenze bei Garagenanlagen nicht genehmigungsfähig seien, so bleibt darauf zu verweisen, dass ausweislich der in der Behördenakte enthaltenen Eingabepläne bzw. des angebrachten Genehmigungsvermerks (vgl. Bl. 45 f. der Bauakte) Fensteröffnungen nicht vorgesehen sind bzw. eine Brandwand zu errichten ist. Insoweit ist ein Verstoß gegen Art. 28 BayBO i.V.m. § 9 der Garagen- und Stellplatzverordnung (GaStellV) nicht ersichtlich. Die vom Kläger gerügte Verletzung der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 GaStellV (Zu- und Abfahrt zwischen Garage und öffentlichem Verkaufsraum von mindestens 2 m Länge) kann schon deshalb nicht zum Erfolg der Klage führen, weil ein derartiger Stauraum allein aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs erforderlich ist. Der Nachbar kann aus der sich aus der Verkehrssituation gegebenenfalls ergebenden Forderung, einen Stauraum einzuhalten, keine Rechte herleiten (Würfel in Simon/Busse, BayBO, Art. 47 Rn. 191 m.w.N zur Rspr.).

Zum anderen scheidet eine Verletzung von Nachbarrechten durch die Baugenehmigung aus, da die Regelungen der Bayerischen Bauordnung zum Brandschutz, zur Standsicherheit und zur Zufahrt nicht zum Prüfungsgegenstand des vereinfachten Genehmigungsverfahrens i.S.v. Art. 59 Satz 1 BayBO gehören und somit nicht Gegenstand der vom Kläger angegriffenen Baugenehmigung sind.

5. Soweit der Kläger die „vorsätzliche Überbauung von Grenzen“ rügt und damit die Verletzung privater Rechte durch den Beigeladenen, ist dies unbehelflich. Gemäß Art. 68 Abs. 4 BayBO wird die Baugenehmigung unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt.

Eine von der Behörde erteilte Baugenehmigung kann private Rechte mithin nicht verletzen, dies ist erst durch die Ausführung des Vorhabens möglich, so dass die Rechtsverletzung eines Dritten nicht durch die Baugenehmigungsbehörde, sondern nur durch den Bauherrn erfolgen kann (vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, Art. 68 Rn. 76). Das bedeutet aber auch, dass grundsätzlich weder bei Erteilung der Baugenehmigung das private Recht zu prüfen ist noch eine erteilte Baugenehmigung sich darauf auswirkt. Die Baugenehmigung ist vielmehr inhaltlich auf das öffentliche Recht beschränkt. Private Rechte können nicht vor den Bauaufsichtsbehörden und Verwaltungsgerichten, sondern nur vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden. Es ist nicht Aufgabe der Verwaltungsbehörden und -gerichte, private Rechtsverhältnisse zu regeln und über sie zu entscheiden (vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, Art. 68 Rn. 76, 255). Eine ausschließlich privatrechtliche Frage ist auch der zivilrechtlich nicht zulässige Grenzüberbau, wobei im Übrigen eine bestandskräftige Baugenehmigung den Nachbarn nicht dazu verpflichtet, einen Grenzüberbau zu dulden und die Baugenehmigung den Bauherrn öffentlich-rechtlich auch nicht berechtigt (vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, Art. 68 Rn. 81, 258 m.w.N.). Dem Nachbarn stehen vielmehr die privaten Abwehrrechte zu (vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, Art. 68 Rn. 257).

6. Selbst wenn der Antrag des Klägers („Baueinstellung bzw. Rückziehung der Baugenehmigung bis zur rechtlichen Klärung in allen Punkten“) im Sinne eines möglichst umfassenden Rechtsschutzes nicht nur als solcher auf Aufhebung des Baugenehmigungsbescheids vom 16. August 2016, sondern auch auf bauaufsichtliches Einschreiten zu verstehen sein sollte, könnte dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Denn für einen solchen Anspruch ist nichts ersichtlich. Das streitgegenständliche Bauvorhaben erweist sich als formell und materiell-rechtlich zulässig, insbesondere scheidet eine Verletzung der abstandsflächenrechtlichen Vorschriften des Art. 6 BayBO aus (s.o. unter 2.). Im Übrigen kommt der Erlass einer Baueinstellung nach Abschluss der Bauarbeiten nicht mehr in Betracht. Darüber hinaus wäre ein Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten zunächst bei der Bauaufsichtsbehörde zu stellen gewesen, so dass der bei Gericht gestellte Antrag schon unzulässig wäre.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da sich der Beigeladene durch eigene Antragstellung am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), entsprach es der Billigkeit, seine außergerichtlichen Aufwendungen dem Kläger aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. Dezember 2015 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt als Eigentümerin eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in der Innenstadt von B. (B.-str. ...) ein mit Bescheid des Beklagten vom 7. Oktober 2014 abgelehntes bauaufsichtliches Einschreiten gegen den Beigeladenen wegen der Nutzung eines Kamins auf dem unmittelbar nördlich angrenzenden Nachbargrundstück (B.-str. ...). Ihre Verpflichtungsklage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 9. Dezember 2015, das ihr am 17. Dezember 2015 zugestellt wurde, ab.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Mit einem am 17. Februar 2016 per Telefax beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Schriftsatz beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin, die Begründungsfrist für den Zulassungsantrag wegen angekündigter Beibringung weiterer Unterlagen bis zum 16. März 2016 zu verlängern. Bereits jetzt könne aber mitgeteilt werden, dass die Berufung deswegen zuzulassen sei, weil feststehe, dass der Beigeladene kontaminiertes Holz verbrenne und dass dadurch sowohl eine erhebliche Umweltbelastung als auch eine Gefährdung der Nachbarschaft eingetreten sei. Hierzu würden noch Bilder vorgelegt werden. Die Einlassung des Beigeladenen hierzu sei unschlüssig (wird weiter ausgeführt).

Auf den richterlichen Hinweis, dass die Begründungsfrist für die Zulassung der Berufung nicht verlängerbar sei, verwies der Bevollmächtigte unter dem 1. März 2016 darauf, dass die Begründung für die Zulassung der Berufung gemäß richtiger Würdigung bereits dem Schriftsatz vom 17. Februar 2016 zu entnehmen sei.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist bereits unzulässig‚ weil die Klägerin innerhalb der Begründungsfrist des 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO - also innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des angegriffenen Urteils - dem Verwaltungsgerichtshof keine Zulassungsgründe dargelegt hat, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

Das mit einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2015 wurde der Klägerin ausweislich der Postzustellungsurkunde am 17. Dezember 2015 zugestellt. Zwar ging der Antrag auf Zulassung der Berufung am 18. Januar 2016 (Montag) rechtzeitig beim Verwaltungsgericht ein (§ 124a Abs. 4 Satz 1 und 2 VwGO). Die zweimonatige Frist zur Darlegung der Zulassungsgründe endete aber nach § 57 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB am 17. Februar 2016, 24.00 Uhr.

Im Schriftsatz vom 17. Februar 2016 sind Zulassungsgründe im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO jedenfalls nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 i. V. mit Abs. 5 Satz 2 VwGO entsprechenden Weise dargelegt worden.

Das klägerische Vorbringen setzt sich im Schriftsatz vom 17. Februar 2016 zum einen schon nicht substantiiert mit der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts auseinander und vermag deshalb eine Überprüfung des angefochtenen Urteils durch das Berufungsgericht mangels konkreter Einwände gegen die Richtigkeit des Urteils nicht zu ermöglichen. „Darlegen“ erfordert mehr als einen nicht spezifizierten Hinweis auf das behauptete Vorliegen eines Zulassungsgrundes, es bedeutet vielmehr „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist deshalb unter ausdrücklicher oder konkludenter Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird (BayVGH, B. v. 16.6.2014 - 20 ZB 14.974 - juris; B. v. 3.3.2015 - 1 ZB 15.2615 - juris; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 59 und 63 m. w. N.). Dies ist im Schriftsatz vom 17. Februar 2016 nicht geschehen.

Sollte in großzügiger Betrachtung die allgemeine Äußerung, dass der Beigeladene kontaminiertes Holz verbrenne oder verbrannt habe, dahin zu deuten sein, dass sich die Klägerin in der Sache wegen falscher Bewertung des Sachverhalts auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) beruft, entspricht auch dies nicht den Darlegungserfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 i. V. mit Abs. 5 Satz 2 VwGO. Der schlichte - hier zudem allenfalls angedeutete, sinngemäße - Vortrag, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt falsch gewürdigt, genügt den Darlegungserfordernissen mit Blick auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO inhaltlich nicht. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d. h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt daher (nur) vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet (vgl. BVerwG, B. v. 14.1.2010 - 6 B 74/09 - juris Rn. 2; B. v. 8.2.2011 - 10 B 1/11 u. a. - juris Rn. 3). Soweit eine fehlerhafte Beweis- bzw. Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO folglich nur dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind (vgl. jeweils m. w. N. BayVGH, B. v. 6.9.2011 - 14 ZB 11.409 - juris Rn. 5; B. v. 21.1.2013 - 8 ZB 11.2030 - juris Rn. 17 m.w.N; B. v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 - juris Rn. 11; B. v. 7.10.2015 - 15 ZB 12.2042 - juris Rn. 19). Dass solche schwerwiegenden Fehler der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung hier vorliegen, zeigt die Klägerin im Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 17. Februar 2016 nicht im Ansatz auf. Allein die Möglichkeit einer anderen Sachverhaltsbeurteilung rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Beigeladene im Zulassungserfahren keinen eigenen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung zum Streitwert beruht auf § 52 Abs. 1 i. V. mit § 47 Abs. 3, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Der Verwaltungsgerichtshof orientiert sich bei der Streitwertfestsetzung an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.), weil die Bedeutung der Sache für einen Kläger bei einem Nachbaranspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten ähnlich zu bewerten ist wie bei einer Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung (BayVGH, B. v. 3.4.2008 - 1 ZB 07.3115 - juris Rn. 18 m. w. N.; B. v. 30.4.2015 - 9 C 15.489 - juris Rn. 3). Angesichts der Bedeutung der Streitsache war dabei vom unteren Bereich des diesbezüglichen Rahmens auszugehen. Der vom Verwaltungsgericht auf 5.000,- € festgesetzte Streitwert war daher auf 7.500,- € anzuheben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.