Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2017 - 12 B 17.1302

bei uns veröffentlicht am11.12.2017

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 10. November 2016 (Az. AN 2 K 15.02519), der Bescheid des Beklagten vom 4. Dezember 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2015 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für den Bewilligungszeitraum ab dem 1. Oktober 2014 bis einschließlich 30. September 2015 Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz in gesetzlicher Höhe ohne Berücksichtigung des Zeitwerts des PKW als Vermögen zu gewähren.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Bewilligung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).

Die am … geborene Klägerin studiert seit dem Wintersemester 2014/2015 Soziale Arbeit (Bachelor) an der … Hochschule … und beantragte am 24. September 2014 Leistungen nach dem Ausbildungsförderungsgesetz für den Bewilligungszeitraum 10/2014 bis 09/2015.

Dem Amt für Ausbildungsförderung lagen u.a. folgende Unterlagen vor:

– Ein Schreiben der Mutter der Klägerin, in dem diese ausführt, dass ihr PKW VW Golf im Februar 2012 auf die Klägerin zugelassen worden sei, da man dadurch einen Rabatt für Fahranfänger auf Empfehlung des Autohauses bekommen habe. Das Auto sei bei der VW-Kreditbank finanziert worden; die Kreditraten seien von ihr (der Mutter) bezahlt worden. Sie habe im August 2014 den Kredit bei der VW-Bank abgelöst und in diesem Zusammenhang den PKW auf ihren Namen zugelassen. Sie habe das Auto vollständig bezahlt und nie ihrer Tochter geschenkt, man habe es nur aufgrund des Rabattvorteiles auf die Klägerin zugelassen.

– Ein Schreiben der Sparkasse … vom 14. Oktober 2014, aus dem hervorgeht, dass in der Zeit vom 19. März 2012 bis einschließlich 19. August 2014 227,07 Euro monatlich vom Konto der Mutter der Klägerin zugunsten der VW-Kreditbank abgebucht worden seien. Vom gleichen Konto sei am 27. August 2014 die Summe in Höhe von 11.773,50 Euro an die VW-Bank überwiesen worden.

– Ein Darlehensvertrag zwischen der Volkswagenbank und der Mutter der Klägerin vom 8. Februar 2012 über das Fahrzeug Golf „Style“ Baujahr 2012 über eine Darlehenssumme von 18.731,07 Euro und eine monatliche Rate in Höhe von 227,07 Euro, abgebucht von einem Konto der Mutter der Klägerin.

– Die Zulassungsbescheinigung Teil 2 (Fahrzeugbrief), in der unter dem 6. Februar 2012 die Klägerin als Halterin des Fahrzeugs und ab dem 4. September 2014 die Mutter der Klägerin als Halterin eingetragen ist.

Mit Bescheid vom 4. Dezember 2015 setzte der Beklagte Ausbildungsförderung in Höhe von 0 Euro monatlich fest. Bei der Berechnung wurde wegen rechtsmissbräuchlich übertragenen Vermögens in Höhe von 10.500 Euro aus der Umschreibung des Autos auf die Mutter der Klägerin am 4. September 2014 ein anrechenbares Vermögen in Höhe von 9.515,38 Euro, monatlich 792,94 Euro, zugrunde gelegt.

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 11. Dezember 2014 hiergegen Widerspruch ein und gab zur Begründung an, dass das Fahrzeug im Februar 2012 von ihrer Mutter gekauft und auf Anraten des Autoverkäufers auf ihren (der Klägerin) Namen zugelassen worden sei. Dies sei deshalb erfolgt, weil VW für Fahranfänger eine Vergünstigung gewährt habe. Ihre Mutter habe nie die Absicht gehabt, ihr dieses Auto zu schenken und habe es bei der VW-Bank finanziert. Die VW-Bank habe dann den Betrag direkt an das Autohaus überwiesen. Die Raten und die Schlusszahlung seien jedenfalls von ihrer Mutter beglichen worden. Sie sei nie Eigentümerin des Fahrzeugs gewesen. Sie habe das Auto nach der Zahlung der Schlussrate durch ihre Mutter auf deren Namen umgeschrieben.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 15. Dezember 2015 erhob die Klägerin Untätigkeitsklage zum Verwaltungsgericht.

Der Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2015 den Widerspruch zurück. Die Klägerin habe kurz vor Stellung des ersten Antrages das Auto an die Mutter übertragen ohne eine Gegenleistung hierfür zu erhalten. Nach dem Fahrzeugbrief sei davon auszugehen, dass die Klägerin Eigentümerin des PKWs gewesen sei. Sie müsse sich die Indizwirkung des Fahrzeugbriefes, der auf ihren Namen laute, entgegenhalten lassen. Durch die Inanspruchnahme der VW-Prämie für junge Fahrer habe sie gegenüber VW nach außen kundgetan, selbst Eigentümerin sein zu wollen. Die Mutter hätte diese Prämie nicht erhalten dürfen. Das Vorschieben eines angeblichen Erwerbs sei als Betrug zu Lasten von VW zu beurteilen. In Übereinstimmung mit den Fahrzeugpapieren sowie dem Auftreten der Klägerin als „junger Fahrer“ und damit Erwerber gegenüber VW sei man davon ausgegangen, dass das Auto dem Vermögen der Klägerin zuzurechnen sei. Die gegenleistungslose Weggabe kurz vor Antragstellung, unter Leistung einer Ablösesumme an die VW-Bank zur vorzeitigen Kreditabwicklung bis 30. August 2014, damit die Umschreibung auf die Mutter überhaupt habe erfolgen können, sei als rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung zu werten.

Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2016 bezog die Klägerbevollmächtigte den Widerspruch in das Gerichtsverfahren ein. Gleichzeitig beantragte sie, unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 4. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2015 den Beklagten zu verpflichten, an die Klägerin Ausbildungsförderung in Höhe von 557,00 Euro monatlich ab dem 1. Oktober 2014 zu bezahlen. Zur Begründung legte sie ergänzend die verbindliche Bestellung durch die Mutter, die auf diese ausgestellte Rechnung des Autohauses sowie einen ebenfalls von der Mutter an die Volkswagenbank gerichteten Darlehensantrag vor, in dem als Darlehensbedingung ausdrücklich die Übertragung des Eigentums an dem PKW an die Bank zur Sicherung deren Ansprüche aus dem Darlehensvertrag festgehalten ist.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 10. November 2016 als unbegründet ab. Es liege eine rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung vor; insbesondere müsse sich die Klägerin als ursprüngliche Eigentümerin des PKW behandeln lassen. Sie sei in mehrfacher Form nach außen als Eigentümerin des PKW aufgetreten. Zwar müssten Halter und Eigentümer eines PKW nicht zwingend identisch sein, dem Fahrzeugbrief komme jedoch eine gewisse Indizwirkung zu. Auch habe die Klägerin durch die Inanspruchnahme des „Junge-Fahrer-Programms“ des Automobilherstellers nach außen deutlich zu erkennen gegeben, dass sie Eigentümerin des Fahrzeugs werden wollte. Dass die Mutter das Auto bestellen und bezahlen habe können, liege einzig an der Ausnahme für Führerscheinneulinge unter 18 Jahren. Die beim Autohersteller eingereichten Unterlagen ergäben an keiner Stelle einen Hinweis darauf, dass eigentlich die Mutter Eigentümerin werden wollte. Die Tatsache, dass die Mutter das Fahrzeug bestellt und bezahlt habe, führe nicht automatisch dazu, dass die Mutter Eigentümerin werde. Die Klägerin müsse sich somit die Zulassung des Fahrzeugs auf ihren Namen und die gegenüber dem Automobilhersteller dargetane Eigentümerstellung zurechnen lassen. Infolgedessen sei sie als ursprüngliche Eigentümerin des Fahrzeugs anzusehen.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung (vgl. Beschluss vom 5. Juli 2017 – 12 ZB 16.2571) verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt sie vor, lediglich Halterin des Fahrzeugs, nicht aber dessen Eigentümerin geworden zu sein, sodass ihr kein Vermögen angerechnet werden könne. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Eigentumserwerb ausschließlich durch ihre Mutter seien im vorliegenden Fall allesamt erfüllt. Das Verwaltungsgericht habe keine Prüfung der gesetzlichen Vorschriften vorgenommen, sondern als Grundlage seiner Entscheidung lediglich eine Werbemaßnahme von Volkswagen herangezogen. Die Änderung der Haltereigenschaft am 4. September 2014 sei ohne jede Bedeutung. Eine Übertragung des Fahrzeugs auf die Mutter sei nicht erfolgt, vielmehr habe lediglich eine Änderung des Halters in Fahrzeugbrief und Fahrzeugschein stattgefunden, nachdem ihre Mutter das Darlehen bei der Volkswagenbank in Höhe von 11.773,00 € am 30. August 2014 abgelöst habe. Die Haltereigenschaft sei von ihrer Mutter auch deshalb übernommen worden, weil das Fahrzeug auch ihrer Schwester habe zur Verfügung stehen sollen. Das Programm „Junge Fahrer“ könne die gesetzlichen Eigentumsübertragungsvoraussetzungen nicht ändern. Sie habe auch zu keinem Zeitpunkt ein wesensgleiches Anwartschaftsrecht erworben, weil sie keine Zahlungen auf den Darlehensvertrag geleistet habe und somit nie Eigentümerin des Fahrzeugs geworden sei oder habe werden können. Sie habe lediglich den Nutzen gehabt, indem sie über das Fahrzeug habe verfügen dürfen. Entgegen der Auffassung des Beklagten liege kein unwirksames Scheingeschäft zu Lasten von VW vor. Es handele sich auch nicht um einen Steuervorteil, sondern um eine ausgelobte Prämie. Ein Rechtsmissbrauch gegenüber VW liege nicht inmitten. Das vom Beklagten herangezogene Urteil des OLG Düsseldorf vom 16. Dezember 1992 (Az. 11 U 33/92) sei auf vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Ausführungen hinsichtlich einer eventuellen Schenkung lägen vollkommen neben der Sache.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 10. November 2016, Az. AN 2 K 15.02519, aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, an die Klägerin eine Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe ab dem 1. Oktober 2014 bis 30. September 2015 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung habe, da das anzurechnende Vermögen den Bedarf der Klägerin überschritten habe. Es sei eindeutig Intention des Herstellers gewesen, dem Führerscheinneuling zu seinem ersten eigenen und damit in seinem Eigentum stehenden Auto zu verhelfen, sodass der Händler nicht frei gewesen sei, das mit der Prämie vergünstigte Auto an einen nicht mehr jungen Fahrer zu übereignen. Aus der Sicherungsübereignung an die Volkswagenbank ergebe sich keine Änderung, da die Klägerin jedenfalls ein wesensgleiches Anwartschaftsrecht erworben habe (§ 929 BGB analog), welches mit der Zahlung der letzten Darlehensrate zum Vollrecht erstarkt sei, sodass es bezüglich des Eigentumserwerbs auf die fehlende Übergabe des Fahrzeugbriefs an die Klägerin gar nicht angekommen sei. Die mangelnde Eigentümerstellung der Mutter führe gegebenenfalls lediglich zu einem (nur) gutgläubigen Erwerb seitens der Bank. Als unmittelbare Besitzerin und Halterin habe die Klägerin jedenfalls die wirtschaftliche Eigentümerstellung innegehabt. Dies werde auch dadurch deutlich, dass sie als Halterin einem nicht unerheblichen Haftungsrisiko ausgesetzt gewesen sei (vgl. § 7 StVG). Die Abwägung aller Indizien spreche für eine (zumindest wirtschaftliche) Eigentümerstellung der Klägerin an dem Fahrzeug. Sie habe das Eigentum an ihrem „ersten eigenen Auto“ erworben, anderenfalls läge ein gegebenenfalls unwirksames Scheingeschäft zu Lasten von VW vor. Auf eine entsprechende Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 16. Dezember 1992 (Az. 11 U 33/92) werde verwiesen. Es sei auch nicht unüblich, dass Eltern ihren Kindern das erste eigene Auto schenken.

Mit Schreiben vom 13. November 2017 hat der Senat die Verfahrensbeteiligten nach § 130a VwGO zu seiner Absicht, über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden, angehört.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die Berufung der Klägerin hat in vollem Umfang Erfolg. Die Versagung von Ausbildungsförderung wegen Anrechnung rechtsmissbräuchlich übertragenen Vermögens in Höhe des Zeitwerts des PKW von 10.500,00 € erweist sich als rechtswidrig.

1. Der Senat entscheidet im Folgenden nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss. Er hält die Berufung einstimmig für zulässig und begründet und eine mündliche Verhandlung im Hinblick auf das schriftsätzliche Vorbringen nicht für erforderlich (§ 130a VwGO). Die Rechtssache weist nach den Umständen des Einzelfalls weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht außergewöhnliche Schwierigkeiten auf (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, U.v. 30.6.2004 – 6 C 28.02 – BVerwGE 121, 211 [212]; U.v. 9.12.2010 – 10 C 13.09 – BVerwGE 138, 289 [297 f.]). Vielmehr ist ein vereinfachtes Berufungsverfahren nach § 130a VwGO gerade dann möglich, wenn, wie im vorliegenden Fall, die aufgeworfenen Rechtsfragen durch die ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt sind bzw. sich durch Subsumtion unter die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen lösen lassen. Die Beteiligten hatten im Berufungsverfahren hinreichend Gelegenheit, sich zu den entscheidungserheblichen Rechtsfragen zu äußern. Tatsachenfragen, die eine Beweiserhebung erfordert hätten, haben sich vorliegend entscheidungserheblich nicht gestellt; ebenso wenig haben die Verfahrensbeteiligten Beweisanträge formuliert. Mithin konnte der Senat nach § 130a Satz 1 VwGO in der Sache durch Beschluss entscheiden.

2. Die Klägerin ist zu keinem Zeitpunkt Eigentümerin des Pkw gewesen.

2.1 Einziger Anhaltspunkt für die Vermutung einer Eigentümerstellung ist die Eintragung in der Kfz-Bescheinigung II als Halterin sowie das Erwecken eines vermeintlichen Rechtsscheins durch die Inanspruchnahme des „Junge-Fahrer-Programms“. Dem stehen jedoch die allgemeinen Grundsätze des Eigentumserwerbs an beweglichen Sachen i.V.m. der Begründung von Sicherungseigentum (§§ 929, 930 BGB) entgegen.

Das Verwaltungsgericht geht zunächst zutreffend davon aus, dass Halter und Eigentümer nicht zwingend identisch sein müssen und der Eintragung lediglich eine gewisse Indizwirkung zukommt. Die Eintragung in der Kfz-Zulassungsbescheinigung ist kein Beweis für das Eigentum am Kraftfahrzeug, sondern lediglich Rechtsschein der Verfügungsgewalt (BGH NJW 76, 239). Zu Recht weist die Klägerbevollmächtigte darauf hin, dass diese Indizwirkung bei Vorlage belegbarer rechtlicher Umstände widerlegt werden kann. Sie verweist dabei insbesondere auf die Anschaffungsrechnung, den Darlehensvertrag mit der Volkswagenbank in Verbindung mit der Sicherungsübereignung und die Tatsache der monatlichen Ratenzahlung durch die Mutter.

Soweit der Beklagte nunmehr auf die Eigentumsvermutung des Besitzers einer beweglichen Sache nach § 1006 Abs. 1 BGB verweist, handelt es sich auch hierbei, worauf die Klägerbevollmächtigte zu Recht hinweist, um eine widerlegbare Vermutung. Aufgrund der Unzuverlässigkeit des Schlusses vom Besitz auf das Eigentum dürfen an die Widerlegung keine hohen Anforderungen gestellt werden (vgl. hierzu Medicus in Münchner Kommentar, BGB, Sachenrecht, § 1006 Rn. 23). Bereits die Branchenüblichkeit eines Eigentumsvorbehalts kann deshalb die Vermutung widerlegen (vgl. Medicus in Münchner Kommentar, a.a.O., § 1006 Rn. 23 unter Hinweis auf BGHZ 42, 53 = NJW 1964, 1788). Der insoweit zutage getretene Rechtsschein ist lediglich der äußere Anschein des Bestehens eines Rechts und kein Recht selbst. Dieser Gedanke kann sonach erst dann zum Tragen kommen, wenn es um den Schutz von Rechten Gutgläubiger geht. Inwieweit dies im vorliegenden Verfahren für den Beklagten im Hinblick auf geltend gemachte BAföG-Leistungen gelten soll, erschließt sich dem Senat indes nicht.

2.2 Das Verwaltungsgericht übersieht, dass Eigentümer regelmäßig die Person ist, der das Fahrzeug übereignet wurde und vernachlässigt darüber hinaus völlig die Übereignung des Fahrzeugs zur Sicherung des Kredits bei der Volkswagenbank.

Das dingliche Rechtsgeschäft ist ein gegenüber dem zugrunde liegenden schuldrechtlichen Grundgeschäft, dessen Erfüllung es dient (z.B. Kauf, Sicherungsvertrag) gesondertes Rechtsgeschäft (Trennungsprinzip) und in seiner Wirkung von dessen Geltung unabhängig (Abstraktionsprinzip; vgl. hierzu Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Einleitung § 854 Rn. 13). Das Abstraktionsprinzip ist eines der wesentlichsten Grund- und Strukturprinzipien des deutschen Sachenrechts und besagt, dass dingliche Verfügungen wirksam sind, unabhängig davon, ob eine Verpflichtung zu dieser Verfügung überhaupt bestand oder ob ein eine solche Verpflichtung enthaltendes Rechtsgeschäft wirksam war oder geblieben ist (Quack in Münchner Kommentar, BGB, Sachenrecht, Einleitung Rn. 34).

Diesen Vorgaben entsprechend weist die Klägerbevollmächtigte unter Vorlage der entsprechenden Nachweise zunächst zu Recht darauf hin, dass die Mutter – und nicht etwa die Klägerin – den schuldrechtlichen Kaufvertrag abgeschlossen hat. Allein die Mutter hat das Fahrzeug bestellt, die Rechnung wurde ausschließlich auf ihren Namen ausgestellt und nur sie hat den Wagen auch bezahlt. Zur Finanzierung hat die Mutter mit der Volkswagenbank am 8. Februar 2012 außerdem einen Darlehensvertrag abgeschlossen, der als Darlehensbedingung u.a. die Sicherungsübereignung des Fahrzeugs an die Bank enthält. Es entspricht den Gepflogenheiten im Kfz-Handel, dass sich die finanzierende Bank Sicherheitseigentum übertragen lässt und dieses bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises durch den Vertragspartner in Anspruch nimmt (vgl. BGH, U.v. 8.11.2016 – 1 StR 325/16 –, juris).

Anhaltspunkte für das Vorliegen eines – nichtigen – Scheingeschäfts nach § 117 BGB sind nicht erkennbar, da ein solches die übereinstimmenden Willenserklärungen der Parteien voraussetzen würde, dass den simulierten Erklärungen kein Wille entsprechen soll (Staudinger/Singer – 2017 – BGB, § 117 Rn. 7). Auch die Grundsätze für das „Geschäft für den, den es angeht“ sind hier, wovon auch der Beklagte selbst ausgeht, nicht anwendbar, da es sich bei einem finanzierten Autokauf schon nicht um ein Bargeschäft des täglichen Lebens handelt.

2.3 Auch das vorliegend allein maßgebliche dingliche Rechtsgeschäft wurde zwischen dem Autohaus und der Mutter – und nicht etwa der Klägerin – geschlossen (§ 929 BGB). Schon allein der Umstand, dass das zwischen der Mutter und dem Autohaus begründete Schuldverhältnis nach § 362 Abs. 1 BGB nur dann erlischt, wenn die geschuldete Leistung (das Kraftfahrzeug) an den Gläubiger (die Mutter der Klägerin) bewirkt wird, führt bei natürlicher Betrachtungsweise dazu, dass der Verkäufer (das Autohaus), der durch den Kaufvertrag verpflichtet wird, dem Käufer (der Mutter) die Sache zu übergeben und das Eigentum daran zu verschaffen, regelmäßig daran interessiert ist, an denjenigen zu leisten, dem er als Vertragspartner verpflichtet ist, vorliegend also der Mutter der Klägerin. Zu Recht weist die Klägerbevollmächtigte weiter darauf hin, dass die Einschätzung des Gerichts, der Automobilhersteller (gemeint wohl: das Autohaus) habe nicht gewusst, dass die Mutter Eigentümerin des Fahrzeugs werden solle, jeder Grundlage entbehrt. Ganz im Gegenteil musste es gerade im wohlverstandenen Interesse des Autohauses liegen, der Mutter – und nicht etwa der Tochter und Klägerin – das Eigentum zu verschaffen, um den Erhalt der Gegenleistung, nämlich des Kaufpreises sicherzustellen. Der gerade erst volljährig gewordenen Klägerin wäre im Hinblick auf ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse ein Kredit nicht eingeräumt worden und Anhaltspunkte für eine fremdfinanzierte Schenkung verbunden mit einer antizipierten Übertragung des aus der Sicherungsübereignung an die Bank resultierenden Eigentums-Anwartschaftsrechts von der Mutter auf die Tochter sind vorliegend in keiner Weise ersichtlich. Die Klägerin wurde lediglich zum Zwecke der Erlangung des Rabatts als Halterin eingetragen. Zudem sollte das Fahrzeug später auch der Schwester zur Verfügung stehen.

Nur die Eigentümerstellung der Mutter ermöglichte sowohl den Abschluss des Sicherungsvertrages als auch die Eigentumsübertragung an die Bank durch Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses (§§ 929, 930, 870 BGB) und im Anschluss daran die Erlangung des Darlehenskapitals zum Zwecke der Befriedigung des Autohauses. Ungeachtet dessen erfordert die Übereignung nach §§ 929, 930 BGB neben der Einigung über den auflösend bedingten Übergang des Eigentums und die Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses stets zugleich auch die Verfügungsberechtigung des Sicherungsgebers über das betroffene Eigentumsrecht (Quack in Münchener Kommentar, a.a.O., § 930 Rn. 4). Das Autohaus hat deshalb – der geschilderten Interessenlage entsprechend – nicht der Klägerin, sondern ausschließlich deren Mutter das Eigentum am Fahrzeug übertragen. Die Klägerin wurde lediglich Halterin.

2.4 Die Mutter hat auch nicht etwa nur (Mit-) Eigentum an dem PKW erworben. Ebenso wenig erlangte die Klägerin ein wesensgleiches Anwartschaftsrecht als Vorstufe zum Vollrecht. Die Sicherungsübereignung führt zur Entstehung eines Anwartschaftsrechts nur dann, wenn sie auflösend bedingt gemäß § 158 Abs. 2 BGB vereinbart wurde. In diesem Fall erwirbt jedoch allein der Sicherungsgeber das Anwartschaftsrecht, da es ausschließlich von ihm abhängt, ob er durch Begleichung der gesicherten Schuld das Eigentum zurückerwirbt. Inhaberin des Anwartschaftsrechts war demnach entgegen der Auffassung des Beklagten nicht die Klägerin, sondern ebenfalls die Mutter, da für eine finanzierte Schenkung verbunden mit einer antizipierten Übertragung des aus der Sicherungsübereignung an die Bank herrührenden Eigentums-Anwartschaftsrechts der Mutter an die Tochter jeglicher Anhaltspunkt fehlt und diese lediglich zum Zwecke der Rabattgewährung als Halterin eingetragen wurde. Zudem sollte das Fahrzeug – wie bereits erwähnt – später auch der Schwester zur Verfügung stehen.

2.5 Daraus folgt, dass bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises aufgrund der Sicherungsübereignung die Volkswagenbank Eigentümerin des PKW war und mit Zahlung der Ablösesumme in Höhe von 11.773 Euro am 30. August 2014 durch die Mutter der Klägerin das Eigentum unmittelbar auf diese überging. Aus Ziff. 3c der Darlehensbedingungen des Vertrags vom 8. Februar 2012 geht unmissverständlich hervor, dass nach Tilgung der gesicherten Forderungen die abgetretenen Ansprüche auf den Darlehensnehmer übergehen. Darlehensnehmer war indes die Mutter, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages und der Sicherungsübereignung des PKW an die Bank eine Verfügung über den PKW in Form der sicherungsweisen Übertragung an die Bank nicht hätte treffen können, wenn dieser im Eigentum der mittlerweile volljährigen Klägerin gestanden hätte. Denn grundsätzlich ist kraft Innehabung des materiellen Rechts nur der Eigentümer verfügungsberechtigt (vgl. Palandt, a.a.O, Einf., Vorb. vor § 929 Rn. 1).

2.6 Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Maßstäbe ergibt sich zweifelsfrei, dass die Klägerin selbst niemals Eigentümerin des PKW gewesen ist und dass allein deshalb die im Wesentlichen auf Mutmaßungen beruhende Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht tragbar ist. Allein die Inanspruchnahme des „Junge-Fahrer-Programms“ und eines damit verbundenen Anscheins einer Eigentümerstellung kann den rechtlichen Eigentumserwerb der Mutter der Klägerin nicht infrage stellen. Im Übrigen verlangt das Programm „junge Fahrer“ nur, dass diese als Halter in die Kraftfahrzeugbescheinigung eingetragen werden, trifft aber keine Aussage zu den Eigentumsverhältnissen. Voraussetzung für die Inanspruchnahme war laut den Angaben des Herstellers lediglich, dass bei einem Fahrer unter 18 Jahren das Fahrzeug auf einen Erziehungsberechtigten bestellt werden konnte und dass auch die Rechnung auf diesen lautete, sowie die Verwendung eines bestimmten Formblatts. Diese Anforderungen sind durch die Klägerseite erfüllt worden, so dass bereits deshalb der Anspruch auf die Prämie bestand und der Erwerber in den Genuss des Rabatts kommen konnte. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, der Automobilhersteller gehe davon aus, dass der Führerscheinneuling Eigentümer des Autos werde, entbehrt jeglicher Grundlage. Bei der Rabattaktion handelte es sich ersichtlich um eine Werbeaktion mit dem alleinigen Ziel der Erhöhung der Verkaufszahlen von Neuwagen bzw. jungen Gebrauchtwagen. Außer den o.g. Anforderungen war dies an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft. In der Inanspruchnahme des Rabatts eine Betrugsabsicht zu vermuten, erscheint deshalb abwegig. Ungeachtet dessen unterliegt diese Einschätzung auch nicht der Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte.

2.7 Soweit der Beklagte auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 16. Dezember 1992 im Zusammenhang mit dem Erwerb eines PKW unter Ausnutzung eines Steuervorteils verweist, ist diese Entscheidung, wovon die Klägerbevollmächtigte zu Recht ausgeht, auf den hiesigen Fall nicht anwendbar. Im Gegensatz zu dem der dortigen Entscheidung zugrunde liegenden Steuervorteil handelt es sich vorliegend vielmehr um eine Rabattaktion, d.h. eine Gewährung eines Nachlasses wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe – hier: junge Fahrer – als Kaufanreiz. Mit der Eintragung als Halter und, worauf auch der Beklagte hinweist, der damit verbundenen Verpflichtungen, sowie der Möglichkeit der tatsächlichen Nutzung des Fahrzeugs, ist die von der Rabattaktion betroffene Personengruppe hinreichend abgegrenzt und das Ziel, jungen Fahrern zum ersten „eigenen Auto“ zu verhelfen, erreicht. Allein hieraus lassen sich jedoch keinerlei Rückschlüsse auf die Eigentümerstellung ziehen. Die verallgemeinernde Einschätzung des Beklagten, es sei nicht unüblich, dass Eltern ihren Kindern das erste eigene Auto schenken, beruht auf einer reiner Spekulation und ist, bezogen auf vorliegenden Fall, durch nichts belegt.

3. Da sich nach alledem der Bescheid des Beklagten vom 4. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2015 als rechtswidrig erweist, war er aufzuheben und der Beklagte zu verpflichten, der Klägerin für den Bewilligungszeitraum 10/2014 bis 09/2015 Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz in gesetzlicher Höhe ohne Berücksichtigung des Zeitwerts des PKWs als Vermögen zu gewähren.

4. Der Beklagte trägt nach § 152 Abs. 1 VwGO die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen. Gerichtskosten werden in Angelegenheiten der Ausbildungsförderung nach § 188 Satz 2, 1 VwGO nicht erhoben. Die Entscheidung ist nach § 167 Abs. 2 VwGO nur hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Gründe, nach § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2017 - 12 B 17.1302

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2017 - 12 B 17.1302

Referenzen - Gesetze

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2017 - 12 B 17.1302 zitiert 15 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 7 Haftung des Halters, Schwarzfahrt


(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (2) D

Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung


Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 188


Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in e

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 130a


Das Oberverwaltungsgericht kann über die Berufung durch Beschluß entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. § 125 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entspre

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 117 Scheingeschäft


(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig. (2) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdec

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 158 Aufschiebende und auflösende Bedingung


(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein. (2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1006 Eigentumsvermutung für Besitzer


(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 929 Einigung und Übergabe


Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigun

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 930 Besitzkonstitut


Ist der Eigentümer im Besitz der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass zwischen ihm und dem Erwerber ein Rechtsverhältnis vereinbart wird, vermöge dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 870 Übertragung des mittelbaren Besitzes


Der mittelbare Besitz kann dadurch auf einen anderen übertragen werden, dass diesem der Anspruch auf Herausgabe der Sache abgetreten wird.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2017 - 12 B 17.1302 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2017 - 12 B 17.1302 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 10. Nov. 2016 - AN 2 K 15.02519

bei uns veröffentlicht am 10.11.2016

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand Die Klägerin begehrt Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförd

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Nov. 2016 - 1 StR 325/16

bei uns veröffentlicht am 08.11.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 325/16 vom 8. November 2016 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ECLI:DE:BGH:2016:081116U1STR325.16.0 Der 1. Strafsenat des Bu

Referenzen

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) ab dem 1. Oktober 2014.

Die Klägerin, geboren am ...igg4, studiert seit dem Wintersemester 2014/2015 ... (Bachelor) an der ... Hochschule ... Sie beantragte am 24. September 2014 Ausbildungsförderung nach dem BAföG für den Bewilligungszeitraum 10/2014 bis 09/2015. Mit Bescheid vom 4. Dezember 2014 wurde Ausbildungsförderung in Höhe von 0 EUR unter Anrechnung von Vermögen i.H.v. 792,94 EUR monatlich festgesetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass rechtsmissbräuchlich übertragenes Vermögen in Höhe von 10.500,00 EUR anzurechnen sei. Dieser Betrag ergebe sich aus der Umschreibung des Autos der Klägerin auf ihre Mutter am 4. September 2014.

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2014, eingegangen beim Beklagten am 2. Februar 2015, legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, dass ihre Mutter das Auto gekauft habe und lediglich die Zulassung auf Anraten des Autoverkäufers auf ihren Namen erfolgt sei, da der Autohersteller für Fahranfänger eine Vergünstigung gewährt habe. Sie sei nie Eigentümerin des Autos geworden. Ihre Mutter habe ihr das Auto nicht geschenkt. Ihre Mutter habe das Auto bei der Bank des Autoherstellers finanziert. Die Raten und die Schlusszahlung seien von ihrer Mutter beglichen worden. Nachdem die Schlussraten von ihrer Mutter beglichen worden seien, hätte sie das Auto auf die Mutter umgeschrieben.

Nachdem die Klägerin mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2015, eingegangen bei Gericht per Fax am gleichen Tag, Untätigkeitsklage erhoben hatte, wies der Beklagte mit Bescheid vom 22. Dezember 2015, zugestellt am 24. Dezember 2015, den Widerspruch zurück. Vermögenswerte seien auch dann dem Auszubildenden zuzurechnen, wenn er diese rechtsmissbräuchlich übertragen habe. Die Klägerin habe kurz vor Antragstellung das Auto auf die Mutter übertragen, ohne hierfür eine Gegenleistung erhalten zu haben. Der Fahrzeugbrief, welcher ursprünglich auf den Namen der Klägerin lautete, habe Indizwirkung dafür, dass die Klägerin Eigentümerin gewesen sei. Durch die Inanspruchnahme der Prämie für Junge Fahrer habe die Klägerin zudem nach außen gegenüber dem Autohersteller kundgetan, Eigentümerin sein zu wollen. Hätte die Mutter Eigentümerin werden sollen, wäre dies ein Betrug gegenüber dem Autohersteller. Die Klägerin müsse sich auf Grund der rechtsmissbräuchlichen Übertragung, das Auto als Vermögen anrechnen lassen, auch wenn sie in den nachfolgenden Bewilligungszeiträumen zivilrechtlich nicht mehr Eigentümerin gewesen sei.

Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2016, eingegangen bei Gericht per Fax am selben Tag, teilte die Klägerin mit, dass das Gerichtsverfahren als Klage gegen den Ablehnungsbescheid fortgesetzt werden solle und beantragte,

Der Bescheid des Beklagten vom 4. Dezember 2014 in Form des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2015 wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, an die Klägerin eine Ausbildungsförderung in Höhe von 557,00 EUR ab dem 1. Oktober 2014 zu bezahlen.

Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass die Indizwirkung des Fahrzeugbriefs wiederlegt werden könne. Die Klägerin sei nie Eigentümerin des Autos gewesen. Die Mutter habe es bestellt und den Darlehensvertrag abgeschlossen. Die Rechnung sei auf den Namen der Mutter ausgestellt worden. In der Zulassungsbescheinigung selbst sei festgestellt, dass der Inhaber der Zulassungsbescheinigung nicht Eigentümer sein muss. Durch die Inanspruchnahme der Prämie habe die Klägerin nicht kundgetan, dass sie Eigentümerin werden wolle. Die Regelungen der Fördermaßnahmen sehen ausdrücklich vor, dass eine Bestellung und Bezahlung durch die Eltern erfolgen könne, wenn der junge Fahrer unter 18 Jahre alt sei. Dem Autohersteller sei bekannt, dass die Mutter das Fahrzeug bestellt und bezahlt habe. Dies bestätige auch das Schreiben des Autohauses vom 8. Januar 2016.

Der Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 22. Juni 2016 auf die Klage und beantragte, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde zunächst auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Weiter wurde vorgetragen, das Prämienprogramm des Autoherstellers lasse keinen Zweifel daran, dass eine Prämie nur für den Fall des Eigentumserwerbs durch den Jungen Fahrer erfolgen solle. Laut dem Flyer zu einer anderen Jungen Fahrer Prämienaktion werde die Prämie für den Erwerb eines Fahrzeugs durch den Jungen Fahrer gutgeschrieben und solle Führerscheinneulingen den Erwerb eines ersten eigenen Autos erleichtern. Sinn des Programms sei es nicht, den Eltern eines Jungen Fahrers zu einer Vergünstigung zu verhelfen. Die Klägerin könne nicht eine Prämie für den Kauf eines eigenen Autos beanspruchen und gleichzeitig vor staatlichen Stellen behaupten, ihre Mutter sei Eigentümerin gewesen. Die Erklärung des Autohändlers ..., dass die Mutter, ..., geb. ..., Eigentümerin geworden sei, ändere die Intention des Autoherstellers, jungen Fahrern zu einem ersten eigenen Auto zu verhelfen, nicht. Dass der Autohersteller wusste, dass ein Erziehungsberechtigter das Auto für die Klägerin bestellt und bezahlt habe, sei kein Nachweis dafür, dass der Autohersteller wusste, dass die Klägerin nie Eigentümerin werden wollte.

Mit Schriftsatz vom 7. Juli 2016, eingegangen bei Gericht am 8. Juli 2016, nahm die Klägerin Stellung zur Klageerwiderung. Woher der Beklagte die Erkenntnis nehme, dass die Prämie jungen Menschen den Erwerb eines eigenen Autos erleichtern solle, bliebe ihr rätselhaft. Dem Autohersteller hätten sämtliche Unterlagen vorgelegen und es müsse ihm bewusst sein, dass die wenigsten minderjährigen Schüler ein Neufahrzeug mit eigenen Mitteln finanzieren können. Die Prämienbedingungen sähen vor, dass ein Erziehungsberechtigter das Auto bestellen könne und die Fahrzeugrechnung auf ihn lauten könne. Daraus folge, dass der Erziehungsberechtigte Eigentümer des Fahrzeugs werden könne. Nach außen hin, auch gegenüber dem Autohersteller, sei stets kundgetan worden, dass die Mutter Eigentümerin werden sollte. Zu erwähnen sei auch, dass die Mutter der Klägerin das Fahrzeug nun nicht mehr der Klägerin zur Verfügung stelle, sondern einem weiteren jüngeren Geschwisterkind, das jetzt Fahranfänger sei. Das Ge richt habe in seinem Urteil vom 18. Dezember 2006, Az. AN 2 K 05.00975, ausgeführt, dass Eigentümer derjenige sei, der nachweislich Käufer des Fahrzeugs ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Es kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da beide Parteien einverstanden sind.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 4. Dezember 2014 in Form des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2015 ist rechtmäßig und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Der Klägerin kommt für den Bewilligungszeitraum 10/2014 bis 09/2014 kein Anspruch auf Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsge-setz zu, § 113 Abs. 5 VwGO.

Es besteht kein Anspruch der Klägerin auf Ausbildungsförderung, da das anzurechnende Vermögen den Bedarf der Klägerin überschreitet. Der Beklagte hat zu Recht den Zeitwert des Pkws als Vermögen angerechnet, da die Klägerin als ursprüngliche Eigentümerin den Pkw rechtsmissbräuchlich auf ihre Mutter am 4. September 2014 übertragen hat.

Nach § 11 Abs. 2 BAföG ist auf den Bedarf des Auszubildenden sein Einkommen und Vermögen anzurechnen. Ein Pkw ist gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 BAföG als bewegliche Sache, die grundsätzlich kein Haushaltsgegenstand im Sinne von § 27 Abs. 2 Nr. 4 BAföG ist (vgl. BVerwG, U.v. 30.6.2010 - 5 C 3/09 - juris Rn. 29 ff.), Vermögen im Sinne des BAföG. Vermögenswerte sind auch dann dem Vermögen des Auszubildenden zuzurechnen, wenn er sie rechtsmissbräuchlich übertragen hat (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2013 - 5 C 10/12- juris Rn. 18; BVerwG, U.v. 13.1.1983 - 5 C 103/80 - juris Rn. 22). Eine rechtsmissbräuchliche Übertragung liegt vor, wenn der Auszubildende im zeitlichen Zusammenhang mit der Ausbildung beziehungsweise mit der Stellung des Antrages auf Leistung von Ausbildungsförderung oder im Lau fe der förderungsfähigen Ausbildung Teile seines Vermögens unentgeltlich oder ohne gleichwertige Gegenleistung an Dritte, insbesondere an seine Eltern oder andere Verwandte, übertragen hat (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2013 - 5 C 10/12- juris Rn. 18 f.; BVerwG, U.v. 13.1.1983 -5 C 103/80 - juris Rn. 24; Tz. 27.1.3a BAföGVwV). Eine solche rechtsmissbräuchliche Übertragung von Vermögenswerten steht im Widerspruch zu Sinn und Zweck der Vorschriften über die Vermögensanrechnung. Diese sollen dem Grundsatz des Nachrangs der Ausbildungsförderung nach § 1 BAföG Geltung verschaffen. Der Auszubildende soll unter Anerkennung von Freibeträgen zunächst sein eigenes Vermögen für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung einsetzen. Hiermit verträgt es sich nicht, wenn der Auszubildende im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Antragstellung Vermögenswerte unentgeltlich auf Dritte überträgt (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2013 - 5 C 10/12- juris Rn. 19).

Eine solche rechtmissbräuchliche Vermögensübertragung liegt hier vor, insbesondere muss sich die Klägerin als ursprüngliche Eigentümerin des Pkws behandeln lassen. Die Klägerin ist in mehrfacher Form nach außen als Eigentümerin des Pkws aufgetreten (vgl. VG Ansbach, B.v. 18.12.2006 - AN 2 K 05.00975 - juris Rn. 33; VG Ansbach, U.v. 12.10.2006 - AN 2 K 05.03043 - juris Rn. 26).

Zunächst wurde das Auto laut Fahrzeugschein auf die Klägerin zugelassen. Es ist zwar richtig, dass Halter und Eigentümer eines Pkws nicht zwingend identisch sein müssen. Dem Fahrzeugbrief kommt jedoch zumindest eine gewisse Indizwirkung zu. Hinzu kommt, dass die Klägerin durch die Inanspruchnahme des „Junge-Fahrer-Programms“ des Automobilherstellers nach außen deutlich zu erkennen gegeben hat, dass sie Eigentümerin des Fahrzeugs werden wollte. Das Prämienangebot ist ersichtlich darauf gerichtet, Fahranfängern ihr erstes eigenes Auto zu ermöglichen und nicht den Eltern von Fahranfängern Rabatt auf ihren Autokauf zu geben. Die von der Klägerin vorgelegten Prämienbedingungen sehen als Prämienberechtigten ausdrücklich den Führerscheinneuling und nicht etwa die Eltern des Führerscheinneulings an. Zudem ist Voraussetzung, dass das Fahrzeug auf den Führerscheinneuling bestellt wird und auch die Rechnung auf ihn lautet. Dies zeigt, dass der Automobilhersteller davon ausgeht, dass der Führerscheinneuling Eigentümer des Autos wird.

Dass vorliegend die Mutter das Auto bestellen und bezahlen konnte, liegt einzig an der Ausnahme für Führerscheinneulinge unter 18 Jahren. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Au tomobilhersteller bei Führerscheinneulingen unter 18 Jahre den Eltern die Inanspruchnahme der Prämie für den Kauf eines Fahrzeugs ermöglichen wollte. Vielmehr ist diese Ausnahme vor dem Hintergrund zu sehen, dass die volle bürgerlich-rechtliche Geschäftsfähigkeit erst mit 18 Jahren erreicht wird. Der Werbeflyer eines identischen Prämienprogramms desselben Autoherstellers macht deutlich, dass die Prämie dem Führerscheinneuling sein erstes eigenes Auto ermöglichen soll. So heißt es dort u.a.: „Mit dem Junge Fahrer'-Programm zum eigenen Auto“ beziehungsweise „[...] wäre doch klasse, wenn ihr erstes eigenes Auto ein [...] ist.“

Der Klägerin ist nicht zuzustimmen, soweit sie vorträgt, der Automobilhersteller hätte gewusst, dass eigentlich ihre Mutter Eigentümerin des Fahrzeugs werden sollte. Dem Automobilhersteller wurde lediglich bekannt, dass die Bestellung und die Finanzierung durch die Mutter durchgeführt wurden. Dies besagt aber nichts darüber, wer Eigentümer des Autos werden soll. Das von der Klägerseite vorgelegte Schreiben des Automobilhändlers vom 8. Januar 2016 besagt ebenfalls nur, dass die erforderlichen Unterlagen beim Automobilhersteller eingereicht wurden und als aktionskonform abgewickelt wurden. Die beim Autohersteller eingereichten Unterlagen geben jedoch an keiner Stelle einen Hinweis darauf, dass eigentlich die Mutter Eigentümerin werden wollte. Die Tatsache, dass die Mutter das Fahrzeug bestellt und bezahlt hat, führt nicht automatisch dazu, dass die Mutter Eigentümerin wird. Wäre es für den Automobilhersteller tatsächlich nicht relevant, wer im Rahmen der Teilnahme des „Junge Fahrer“-Programms Eigentümer des Fahrzeugs wird, hätte er auch auf die Bedingung der Erstzulassung auf den Führerscheinneuling verzichten können.

Die Klägerin muss sich somit die Zulassung des Fahrzeugs auf ihren Namen und die gegenüber dem Automobilhersteller dargetane Eigentümerstellung zurechnen lassen und ist als ursprüngliche Eigentümerin des Fahrzeugs anzusehen. Dem Vortrag der Klägerin lässt sich zudem entnehmen, dass sie das Fahrzeug tatsächlich genutzt hat.

Am 4. September 2014, also in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Antragstellung am 24. September 2014, hat die Klägerin das Fahrzeug ohne Gegenleistung und damit rechtsmissbräuchlich auf die Mutter übertragen. Die Anrechnung des Zeitwertes des Fahrzeugs erfolgte daher rechtmäßig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

Das Oberverwaltungsgericht kann über die Berufung durch Beschluß entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. § 125 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

Ist der Eigentümer im Besitz der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass zwischen ihm und dem Erwerber ein Rechtsverhältnis vereinbart wird, vermöge dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt.

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 325/16
vom
8. November 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
ECLI:DE:BGH:2016:081116U1STR325.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. November 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, die Richterin am Bundesgerichtshof Cirener und die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Radtke, Dr. Bär,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte - in der Verhandlung -, Justizobersekretärin - bei der Verkündung - als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 12. Februar 2016 im gesamten Strafausspruch und soweit eine Einziehung angeordnet wurde, aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt und den bei der Tatbegehung verwendeten Pkw BMW 320d eingezogen. Die Revision des Angeklagten, welcher die Nichtanwendung des § 64 StGB von seinem Angriff ausgenommen hat, hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der in Deutschland nicht vorbestrafte Angeklagte für die anderweitig Verfolgten Z. , K. , B. und S. , welche sich im Raum D. zusammengeschlossen hatten, um mit erheblichen Mengen Betäubungsmitteln (Marihuana) Handel zu treiben, bei insgesamt 16 Gelegenheiten Marihuana in Einzelmengen von jeweils 1 kg bis 4,3 kg zu einem Grammpreis von vier Euro verschafft, indem er von ihnen jeweils zunächst das Geld für den Ankauf der Betäubungsmittel erhielt und sodann am darauffolgenden Tag mit dem Pkw BMW, amtliches Kennzeichen Tschechische Republik , nach Tschechien fuhr und sich dort mit dem anderweitig verfolgten Sa. traf, das erforderliche Rauschgift erhielt und zugleich als Lohn für seine Handlungen zusätzlich nicht näher bekannte Mengen an Marihuana zum eigenen Gebrauch ausgehändigt bekam.

II.


3
Die materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen täterschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
4
Der Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ist nach ständiger Rechtsprechung weit auszulegen. Er erfasst alle Tätigkeiten, die auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtet sind und schließt damit dem Grundsatz nach auch unterstützende Tätigkeiten als tatbestandliche Handlungen ein (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252). Die Abgrenzung zwischen täterschaftlichen Handlungen und Beihilfehandlungen hat nach allgemeinen Regeln zu erfolgen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 8. Januar 2013 - 5 StR 606/12, NStZ 2013, 549; Urteil vom 28. Februar 2007 - 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219). Dabei stellt der Bundesgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung vor allem darauf ab, welche Bedeutung dem konkre- ten Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt zukommt (BGH, Beschluss vom 30. August 2016 - 4 StR 297/16).
5
Ein Kurier ist danach als Gehilfe einzuordnen, wenn sich die Tathandlung auf den Transport von Betäubungsmitteln zwischen selbstständig handelnden Lieferanten und Abnehmern beschränkt und der Beteiligte nicht in der Lage ist, das Geschäft insgesamt maßgeblich mitzugestalten. Als mittäterschaftliches Handeltreiben kann eine Kuriertätigkeit demgegenüber einzuordnen sein, wenn der Beteiligte über den reinen Transport hinaus erhebliche Tätigkeiten entfaltet (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 - 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219). Solche Tätigkeiten können beispielsweise bei der Einbindung des Kuriers in den Anoder Verkauf der Betäubungsmittel (BGH, Beschluss vom 9. November 2011 - 1 StR 508/11), bei einer weiterreichenden Einflussmöglichkeit des Kuriers auf Art und Menge der transportierten Betäubungsmittel (BGH, Beschluss vom 30. März 2007 - 2 StR 81/07, NStZ-RR 2007, 246) oder wenn der Kurier die transportierten Drogen am Zielort aufzubewahren, zu portionieren, chemisch umzuwandeln oder zu verpacken hat (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Rn. 221 unter Verweis auf BGH, Beschluss vom 7. März 2001 - 2 StR 23/01), anzunehmen sein.
6
Nach diesen Maßgaben hat der Angeklagte in den vorliegenden Fällen als unmittelbarer Täter gehandelt und dabei in eigener Person alle Merkmale des Handeltreibens verwirklicht. Der Angeklagte nahm jeweils vor seinen Fahrten nach Tschechien in D. das Geld für die Beschaffung des Marihuanas entgegen, fuhr dann nach Tschechien und traf sich dort mit seinem Lieferanten , dem anderweitig verfolgten Sa. , brachte anschließend die Betäubungsmittel in die Nähe des Grenzübergangs zwischen Tschechien und Deutschland und händigte die bestellte Ware dort an die Käufer aus, welche sie sodann selbst nach Deutschland einführten. Der Angeklagte erhielt von den Käufern die Benzin- und Fahrtkosten nach Tschechien erstattet und von dem anderweitig verfolgten Sa. nicht näher bekannte Mengen an Marihuana zum Eigengebrauch als Lohn für seine Tätigkeit. Für den Angeklagten hatten die auf diese Weise „bezahlten“ Fahrten nach Tschechien den Vorteil, dass er so seine dort lebenden Kinder regelmäßig besuchen konnte und sich entsprechende eigene Aufwendungen ersparte.
7
Auch wenn der Angeklagte am An- und Verkauf der Betäubungsmittel nicht unmittelbar verdiente, hatte er die Stellung eines Zwischenhändlers, der sowohl den Ankauf wie auch die Weitergabe der Marihuanalieferungen umfassend organisierte und jeweils als Erlös die Besuchsfahrten zu seinen Kindern finanziert und Betäubungsmittel zum Eigengebrauch ausgehändigt erhielt. Sein Interesse an dem Betäubungsmittelhandel betraf somit nicht nur die Erlangung des Kurierlohns, sondern auch die Ermöglichung von Besuchsfahrten sowie die für seinen Konsum erforderlichen Mengen an Marihuana (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 9. November 2011 - 1 StR 508/11). Seine Tathandlung war damit nicht allein auf den Transport von Betäubungsmitteln zwischen selbstständig handelnden Lieferanten und Abnehmern beschränkt; vielmehr hat der Angeklagte aufgrund seiner eigenen Interessen die Geschäfte insgesamt maßgeblich mitgestaltet (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 - 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219).

III.


8
Dagegen hat der Strafausspruch keinen Bestand; dies führt auch zur Aufhebung der Entscheidung über die Einziehung.

9
1. Die Einziehung des zur Beschaffung der Betäubungsmittel in Tschechien genutzten Pkw´s des Angeklagten hat das Landgericht auf § 74 Abs. 1 StGB gestützt. Indes ist eine hierauf bezogene Einziehung nur zulässig, wenn der Gegenstand zur Zeit der Entscheidung dem Täter gehört oder zusteht (§ 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB), also der Angeklagte selbst oder ein Teilnehmer zum Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung Eigentümer des Fahrzeuges war (BGH, Beschluss vom 28. September 1971 - 1 StR 261/71, BGHSt 24, 222, [226 f.]; Urteil vom 27. August 1998 - 4 StR 307/98, NStZ-RR 1999, 11). Dazu verhält sich das angefochtene Urteil nur unzulänglich: Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte Schulden aus einem Autokauf in Höhe von 5.000 €, wobei er den zu diesem Zweck aufgenommenen Kredit in monatlichen Raten von 117 € zurückzahlt. Die - nicht näher begründete - Annahme des Landgerichts, es handele sich um das „Fahrzeug des Angekl.“ bzw. um „sein Fahrzeug“, wird durch diese Feststellungen nicht belegt. Vielmehr entspricht es den Gepflogenheiten im Kraftfahrzeughandel, dass sich die finanzierende Bank Sicherungseigentum übertragen lässt und dies bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises in Anspruch nimmt. Solange das Sicherungseigentum fortbesteht, kann der Rückübertragungsanspruch des Täters nach § 74 Abs. 1, 2 Nr. 1 StGB eingezogen werden (vgl. hierzu für den der Sache nach vergleichbaren Fall der Anwartschaft BGH, Urteil vom 24. August 1972 - 4 StR 308/72, BGHSt 25, 10).
10
2. Im Übrigen hätte das Landgericht berücksichtigen müssen, dass eine Einziehung gemäß § 74 Abs. 1 StGB den Charakter einer Nebenstrafe hat und damit eine Strafzumessungsentscheidung darstellt (BGH, Beschluss vom 17. August 2016 - 2 StR 123/16). Wird nämlich dem Täter auf diese Weise eine Sache von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies deshalb ein bestim- mender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter betreffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 12. März 2013 - 2 StR 43/13, StV 2013, 565). Dies hat das Landgericht nicht bedacht. Nachdem der Wert des Pkw´s nicht mitgeteilt wird, könnte der Senat nicht ausschließen , dass das Landgericht bei Beachtung der oben dargelegten Grundsätze eine andere Strafzumessungsentscheidung getroffen hätte.
11
3. Die dem Strafausspruch zu Grunde liegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können bestehen bleiben. Der neue Tatrichter wird ergänzende Feststellungen zum Wert des Kraftfahrzeugs zu treffen haben. Ebenfalls wird es auch das Vorliegen eines minder schweren Falles neu zu prüfen haben.
Raum Graf Cirener
Radtke Bär

(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig.

(2) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung.

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

Ist der Eigentümer im Besitz der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass zwischen ihm und dem Erwerber ein Rechtsverhältnis vereinbart wird, vermöge dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt.

Der mittelbare Besitz kann dadurch auf einen anderen übertragen werden, dass diesem der Anspruch auf Herausgabe der Sache abgetreten wird.

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

Ist der Eigentümer im Besitz der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass zwischen ihm und dem Erwerber ein Rechtsverhältnis vereinbart wird, vermöge dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt.

(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein.

(2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.