vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 6 K 17.5245, 07.12.2018

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten für das Berufungszulassungsverfahren.

III. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 20.000,- Euro festgesetzt.

IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten wird abgelehnt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen AM, A 79, A1 79, B, BE, C1, C1E, CE 79, L sowie seiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung.

Gemäß dem vom Kläger wegen verschiedener Erkrankungen vorgelegten ärztlichen Gutachten der BAD Gesundheitsvorsorge und S. GmbH vom 9. März/27. April 2017 bestand beim Kläger ein Verdacht auf Alkoholabhängigkeit, da er selbst angegeben hatte, im Jahr 2012 in N. zur Entwöhnungstherapie gewesen zu sein. Das Landratsamt P. a.d. Ilm (im Folgenden: Landratsamt) ordnete daraufhin mit Schreiben vom 16. März 2017 die Vorlage eines weiteren ärztlichen Gutachtens bis spätestens 30. Mai 2017 an. Dabei sollte geklärt werden, ob sich die aus aktenkundigen Tatsachen begründete Annahme einer Alkoholabhängigkeit bestätigen lasse, ggf. welche drei Kriterien nach ICD-10 erfüllt gewesen seien und ob eine erfolgreiche Entwöhnung stattgefunden habe sowie ein hinreichend langer Abstinenzzeitraum vorliege. Das Landratsamt verlängerte die Vorlagefrist mehrfach.

Mit Gutachten vom 9. August 2017 stellte die ias Aktiengesellschaft (im Folgenden: ias AG) fest, dass beim Kläger eine Alkoholabhängigkeit vorliege, keine erfolgreiche Entwöhnung stattgefunden habe und auch kein Abstinenzzeitraum von 12 Monaten nachgewiesen sei. Der Kläger habe angegeben, seit seinem 20. Lebensjahr regelmäßig Alkohol getrunken zu haben. 1986 sei es zu Entzugssymptomen wie Schwitzen, Zittern und innerlicher Unruhe gekommen. Er habe dann 1986 eine Entwöhnungsbehandlung durchgeführt. 2004/2005 sei eine weitere Entwöhnungsbehandlung erfolgt. 2010 habe er einen Rückfall erlitten. Am 13. November 2011 habe er einen weiteren Rückfall gehabt. 2012 habe er sich erneut einer Entwöhnungstherapie unterzogen. Gemäß dem bei der Begutachtung vorgelegten ärztlichen Entlassungsbericht der S-klinik vom 16. Juli 2012 habe er sich dort vom 2. Mai bis 11. Juli 2012 aufgehalten. Als Diagnosen seien dort angegeben: Abhängigkeit von Alkohol, alkoholtoxische Leberzirrhose, insulinpflichtiger Diabetes mellitus, TIA 11/2011, rezidivierende Hemiparese links sowie Hemihypästhesie links am ehesten im Rahmen rezidivierender transitorisch ischämischer Attacken seit fünf Jahren. 2014 sei er dann erneut rückfällig geworden und zwar alle drei bis vier Wochen. Im Oktober 2016 habe er erneut einen Rückfall erlitten und sei mit einem Blutalkoholgehalt von 2,9 Promille ins Krankenhaus eingeliefert worden. Es seien die ICD-Kriterien 2, 3, 4 und 6 erfüllt. Bei der aktuellen Untersuchung sei die Gamma-GT deutlich erhöht gewesen. Da die Leberwerte ausweislich des vorgelegten Entlassungsberichts sensitiv auf Alkoholkonsum reagierten, widerspreche die erhöhte Gamma-GT der behaupteten Alkoholabstinenz.

Mit Bescheid vom 14. September 2017 entzog das Landratsamt dem Kläger daraufhin die Fahrerlaubnis aller Klassen und ordnete unter Androhung eines Zwangsgelds die Ablieferung des Führerscheins und der Fahrerlaubnis zur Personenbeförderung binnen einer Woche an. Der Kläger sei ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, da er alkoholabhängig sei.

Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. September 2017 hat die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2017 zurückgewiesen. Am 25. Oktober 2017 gab der Kläger seinen Führerschein beim Landratsamt ab.

Die Klage gegen den Bescheid vom 14. September 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 2017 hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 7. Dezember 2018 abgewiesen. Zugleich bewilligte das Verwaltungsgericht Prozesskostenhilfe und ordnete den Prozessbevollmächtigten bei. Beim Kläger habe gemäß dem im Gutachten der ias AG wiedergegebenen Entlassungsbericht der S-klinik vom 16. Juli 2012 im Jahr 2012 eine Alkoholabhängigkeit vorgelegen, die zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen führe. Dieser Bericht sei auch verwertbar, obwohl offenbar keine Ausführungen dazu enthalten seien, welche Kriterien nach ICD-10 im Einzelnen erfüllt waren, denn der Kläger habe sich dort über zwei Monate aufgehalten und es handele sich um eine Fachklinik entsprechend einem Bezirksklinikum. Eine mindestens einjährige Abstinenz sei nicht nachgewiesen. Auch die verfahrensrechtliche Einjahresfrist sei nicht abgelaufen, denn es fehle schon an einer glaubhaften Abstinenzbehauptung. Im Oktober 2016 sei der Kläger mit einem Blutalkoholwert von 2,9 Promille angetroffen worden. Darüber hinaus ergäbe sich die Alkoholabhängigkeit auch selbsttragend aus dem Gutachten der ias AG vom 9. August 2017. Die Unstimmigkeiten in dem Gutachten hätten durch Einvernahme der Gutachterin als sachverständige Zeugin in der mündlichen Verhandlung aufgeklärt werden können. Die Gutachterin habe zutreffend angenommen, dass drei der sechs ICD-Kriterien erfüllt seien. Es komme mithin nicht darauf an, ob zusätzlich noch das Kriterium Nr. 3 „Vorliegen eines Entzugssyndroms“ erfüllt sei, das die Gutachterin selbst nicht als tragend angesehen habe, da es schon über 30 Jahre zurückliege, sondern nur zur Abrundung des Gesamtbilds der schon lange bestehenden erheblichen Alkoholproblematik angeführt habe.

Der Kläger wendet sich mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil vom 7. Dezember 2018 und begehrt zugleich Prozesskostenhilfe für das Berufungszulassungsverfahren. Der Beklagte tritt dem Antrag entgegen. Der Kläger macht geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die Diagnose der Alkoholabhängigkeit in dem Entlassungsbericht der S-klinik aus dem Jahr 2012 sei nicht nachvollziehbar. Es sei nicht ausgeführt worden, welche Kriterien nach ICD-10 im Einzelnen erfüllt gewesen seien. Der Kläger sei seit Oktober 2017 abstinent. Soweit im Urteil auf die Rückfälle abgestellt werde, zeige sich in diesen Schilderungen nur die Ehrlichkeit des Klägers hinsichtlich seiner Abstinenzbehauptung. Auch das Gutachten der ias AG sei zweifelhaft, da ebenfalls keine drei Kriterien nach ICD-10 während des letzten Jahres vorgelegen hätten. Das Kriterium Nr. 3 werde mit einem Entzugssyndrom im Jahr 1986 begründet. Eine verminderte Kontrollfähigkeit sei nur an einem Tag im Oktober 2016 gegeben gewesen. Der Zwischenfall aus dem Jahr 2011 sei schon zu lange her. Auch das Konsumverhalten 2002 bis 2005 könne keine Berücksichtigung mehr finden. Eine Toleranzentwicklung sei nicht gegeben. Der Kläger habe nur, menschlich nachvollziehbar, seinen Konsum abgemildert dargestellt. Daraus zu schließen, dass er eine höhere „Dosis“ benötige, um eine gewisse Wirkung zu erzielen, sei nicht möglich. Seine Hausärztin könne bestätigen, dass er bei den regelmäßigen Besuchen in keiner Abhängigkeit zum Alkohol gestanden habe und die Leberwerte sich immer weiter verbessern würden. Eine Desialotransferrin-Untersuchung könne er wegen fehlender finanzieller Mittel nicht durchführen lassen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus dem Vorbringen des Klägers, auf dessen Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO), ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Er hat weder einen tragenden Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (vgl. BVerfG, B.v. 21.12.2009 - 1 BvR 812/09 - NJW 2010, 1062/1063; B.v. 16.7.2013 - 1 BvR 3057/11 - BVerfGE 134, 106/118).

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. August 2017 (BGBl I S. 3202), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980), zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. August 2017 (BGBl I S. 3232), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt dies insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde.

Alkoholabhängigkeit führt nach Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV zum Ausschluss der Eignung oder bedingten Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Wer alkoholabhängig ist, hat grundsätzlich nicht die erforderliche Fähigkeit, den Konsum von Alkohol und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr zu trennen. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob der Betreffende bereits mit Alkohol im Straßenverkehr auffällig geworden ist (BVerwG, B.v. 21.10.2015 - 3 B 31.15 - DAR 2016, 216). Bei alkoholabhängigen Personen besteht krankheitsbedingt jederzeit die Gefahr eines Kontrollverlusts und der Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss. Eine hinreichend feststehende und nicht überwundene Alkoholabhängigkeit hat damit zwangsläufig die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge, ohne dass es hierfür weiterer Abklärung bedarf. Nach Nr. 8.4 der Anlage 4 zur FeV besteht nach einer Entwöhnungsbehandlung Kraftfahreignung dann wieder, wenn die Abhängigkeit nicht mehr besteht und in der Regel ein Jahr Abstinenz nachgewiesen ist. Zutreffend sind das Landratsamt und das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger seine Alkoholabhängigkeit noch nicht hinreichend überwunden hat.

Soweit der Kläger meint, aus dem Entlassungsbericht der S-klinik vom 16. Juli 2012 könne nicht auf Alkoholabhängigkeit geschlossen werden, da nicht ersichtlich sei, welche Kriterien zu der Diagnose geführt hätten, kann dem nicht gefolgt werden. Das Verwaltungsgericht hat umfangreich begründet, dass der Bericht ausreichend ist, da es sich bei der S-klinik um eine suchttherapeutische Einrichtung handelt, in der sich der Kläger auch längere Zeit stationär aufgehalten hat. Damit setzt sich die Zulassungsbegründung nicht auseinander. Darüber hinaus lassen sich der Zusammenfassung des Entlassungsberichts im ärztlichen Gutachten der ias AG vom 16. Juli 2017 auch Anhaltspunkte für die Kriterien Nr. 2 „Kontrollverlust“ (Krankenhauseinlieferung mit Alkoholintoxikation am 13. November 2011), Nr. 4 „Toleranzentwicklung“ (Dosissteigerung bis Ende 2011 auf bis zu fünf Liter Bier und 1,5 Liter Wein täglich), sowie Nr. 6 „Anhaltender Substanzkonsum trotz schädlicher Folgen“ (Diagnose eines Diabetes mellitus und einer alkoholtoxischen Leberzirrhose) entnehmen. Angesichts dieser konkreten Ausführungen hätte es am Kläger gelegen, den Entlassungsbericht vom 16. Juli 2012 vorzulegen und substantiiert darzulegen, dass die Zusammenfassung im Gutachten der ias AG nicht zutreffend ist und aus dem Bericht nicht mindestens drei der sechs Kriterien ableitbar sind. Die bloße Behauptung, die unstreitige Diagnose einer Alkoholabhängigkeit durch die S-klinik sei unzutreffend, genügt dafür nicht. Insbesondere hätte es auch Ausführungen dazu bedurft, aus welchen Gründen sich der Kläger über zwei Monate stationär in einer Rehabilitationsklinik für Alkoholabhängige aufgehalten hat, wenn keine Alkoholabhängigkeit bestanden hat. Um die Diagnose der Rehabilitationsklinik zu erschüttern, wäre es darüber hinaus auch erforderlich gewesen, mitzuteilen, welche Diagnose in dem zur Aufnahme in der S-klinik notwendigen ausführlichen Arztbericht getroffen wurde und der Kostenzusage des Leistungsträgers zugrunde lag (vgl. Nr. 5 „Aufnahmebedingungen“ im Therapiekonzept auf www.s…de).

Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass durch die Behandlung in der S-klinik im Jahr 2012 eine erfolgreiche Alkoholentwöhnung stattgefunden hat, und es sich bei den vom Kläger geschilderten Vorfällen nur um Rückfälle gehandelt hat, ist keine hinreichend stabile Abstinenz dargelegt. Denn dazu wäre zum einen erforderlich gewesen, ein Jahr Abstinenz mit entsprechenden Nachweisen zu belegen (vgl. Nr. 3.13.2 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung vom 27.1.2014, VkBl. S. 110; Stand: 24.5.2018, die nach § 11 Abs. 5 FeV i.V.m. Anlage 4a Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind), was bisher nicht geschehen ist. Dass wegen des Zeitablaufs seit der Therapie im Jahr 2012 ein solcher Nachweis nicht mehr erforderlich sein könnte, ist angesichts der jahrelangen Alkoholproblematik und der mehrfachen Rückfälle nicht ersichtlich. Zum anderen wäre es auch notwendig, einen stabilen und emotional gefestigten Einstellungswandel nachzuweisen, was ebenfalls nicht erfolgt ist. Aus der nach Ansicht des Klägers ehrlichen Schilderung der Rückfälle kann auch nicht darauf geschlossen werden, dass er seit 2017 alkoholabstinent lebt, und den CTU-Kriterien entsprechende Abstinenznachweise entbehrlich wären. Zum einen kann eine Behauptung von Abstinenz die Nachweise nicht ersetzen. Zum anderen hat der Kläger die Rückfälle gemäß der Anamnese im Gutachten der ias AG nur sehr zögerlich und lückenhaft geschildert. Erst durch den Entlassungsbericht aus dem Jahr 2012 wurde der Gutachterin bekannt, dass er sich auch von Dezember 2005 bis April 2006 schon einmal in einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der S-klinik befunden hat.

Darüber hinaus greifen auch die Bedenken des Klägers gegen das Gutachten der ias AG nicht durch. Dass die Gutachterin ggf. unzutreffend ein viertes Kriterium für die Diagnose von Alkoholabhängigkeit angenommen hat, führt nicht dazu, dass das Gutachten insgesamt unschlüssig und damit nicht verwertbar wäre, denn die anderen drei Kriterien sind nachvollziehbar begründet. Die Gutachterin hat in der mündlichen Verhandlung auch erläutert, dass sie das Kriterium Nr. 3 „körperliches Entzugssyndrom“ nur zur Abrundung erwähnt hat. Dies erscheint überzeugend, da sie stets ausgeführt hat, dass es sich dabei um ein Geschehen im Jahr 1986 gehandelt hat und damit nie den Eindruck erweckt hat, dass dieses Kriterium innerhalb des letzten Jahres vor der Begutachtung erfüllt war. Der Vorfall aus dem Jahr 2016 konnte auch zur Begründung der Kriterien Nr. 2 und Nr. 4 herangezogen werden, denn eine Blutalkoholkonzentration von 2,9 Promille spricht für eine erhebliche Alkoholgewöhnung und eine verminderte Kontrollfähigkeit. Hinweise auf eine Kontrollminderung können z.B. darin gesehen werden, dass eine vorübergehende Reduktion der Trinkmenge oder zwischenzeitliche Abstinenz nicht durchgehalten werden konnten (vgl. Haffner/Brenner-Hartmann/Musshof in Schubert/Huetten/Reimann/Graw/Schneider/Stephan, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, 3. Auflage 2018, S. 283). So lag der Fall hier, denn der Kläger selbst geht grundsätzlich davon aus, dass er seit 2012 abstinent lebte und es sich stets um Rückfälle handelte, wenn er Alkohol konsumiert hat. Damit ist ersichtlich, dass er bei diesen Vorfällen - also auch im Jahr 2016 - nicht in der Lage war, seinen Alkoholkonsum zu kontrollieren. Darüber hinaus sprechen Werte um oder über 1,5 Promille bei Kraftfahrern, die im Straßenverkehr angetroffen werden, nach Nr. 3.13.2 der Begutachtungsleitlinien für einen chronischen Alkoholkonsum mit besonderer Gewöhnung und Verlust der kritischen Einschätzung des Verkehrsrisikos. Ohne Verkehrsteilnahme wird jedenfalls ein Bereich um 2,0 Promille als Grenzbereich für die Unterstellung einer Toleranz vertreten (vgl. Haffner/Brenner-Hartmann/Musshof a.a.O. S. 284). Erreicht eine Person einen Blutalkoholgehalt von 2,9 Promille, ohne bewusstlos zu werden, erscheint die Annahme einer besonderen Alkoholtoleranz damit nachvollziehbar.

Soweit der Kläger vorträgt, er könne sich ein Alkoholabstinenzprogramm mit Messungen des Desialotransferrin(DST)-Werts (auch CDT-Wert genannt) nicht leisten, muss er sich darauf verweisen lassen, dass das Gesetz einem Kraftfahrer die Kosten für eine Begutachtung, und damit auch für die dafür erforderlichen Untersuchungen und Nachweise, grundsätzlich ebenso zumutet wie die notwendigen Kosten zum verkehrssicheren Führen des Fahrzeugs (vgl. BVerwG, U.v. 13.11.1997 - 3 C 1.97 - BayVBl 1998, 634 = juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 9.11.2017 - 11 CS 17.1821 - juris Rn. 17; B.v. 30.1.2019 - 11 C 18.1532 - juris Rn. 21). Sollte ein Betroffener zwingend auf eine Fahrerlaubnis angewiesen sein und die Kosten für das Fahreignungsgutachten nicht aufbringen können, so kann er ggf. unter strengen Voraussetzungen eine darlehensweise Vorfinanzierung durch das Landratsamt beantragen, ohne allerdings darauf einen Anspruch zu haben (vgl. zum Angebot der Vorfinanzierung durch eine Behörde BayVGH, B.v. 8.4.2016 - 11 C 16.319, 11 C 1611 C 16.320 - juris Rn. 14). Im Übrigen wird eine Abstinenz bei einem Abstinenzprogramm einer Begutachtungsstelle für Fahreignung oder einem anderen geeigneten Labor regelmäßig nicht durch Messungen des DST-Werts nachgewiesen, sondern es kommen Urin- und Haaranalysen zum Nachweis von Ethylglucuronid zum Einsatz.

2. Dem Kläger kann für das Berufungszulassungsverfahren auch keine Prozesskostenhilfe gewährt und sein Prozessbevollmächtigter nicht nach § 121 Abs. 1 ZPO beigeordnet werden, da die Rechtsverfolgung aus den unter Nr. 1 genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO bietet.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 46.3, 46.5 und 46.10 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, Anh. § 164 Rn. 14).

4. Dieser Beschluss, mit dem das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO) ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Gesetz über den Lastenausgleich


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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

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Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 46 Entziehung, Beschränkung, Auflagen


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 121 Beiordnung eines Rechtsanwalts


(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung

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Tenor Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 - 13 LA 81/11 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Gru

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 - 13 LA 81/11 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde beanstanden die Beschwerdeführer insbesondere, dass das Oberverwaltungsgericht ihren Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil über ihre Klage gegen einen deichrechtlichen Planfeststellungsbeschluss abgelehnt hat.

A.

I.

2

1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der an der Alten Aller gelegenen Flurstücke X, Y und Z, von denen eines mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut ist.

3

2. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz stellte mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 auf Antrag eines Deichverbands einen Plan für die Verbesserung der Deichsicherheit auf einem Streckenabschnitt von ungefähr 4 km fest. Der festgestellte Plan übernimmt auch einen Änderungsantrag des Deichverbands vom 7. Juli 2008. In diesem wird ausgeführt, für den Bereich der Flurstücke X, Y und Z habe der Antrag bisher die Herstellung einer neuen Hochwasserschutzmauer sowie die Anlage eines Deichverteidigungswegs zwischen der neuen Hochwassermauer und dem Wohngebäude der Beschwerdeführer auf dem Flurstück X vorgesehen. Aufgrund der doch nicht unerheblichen Vorteile eines grünen Deiches gegenüber einer Hochwasserschutzwand im Hinblick auf Sicherheit und Unterhaltungskosten habe die ursprüngliche Planung aus heutiger Sicht, nicht zuletzt auch aufgrund neuerer Vorgaben zur Finanzierung, einer neuen Bewertung bedurft. Im Ergebnis sei danach, soweit möglich, auch hier der grüne Deich zu realisieren. Der Bau des Deiches solle auf dem Flurstück Y erfolgen. Der dauerhaft in Anspruch genommene Flächenanteil dieses Flurstücks betrage 3.100 qm.

4

3. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer gegen den Planfeststellungsbeschluss weitgehend ab.

5

Eine Verletzung des Abwägungsgebotes könnten die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg geltend machen. Der beklagte Landesbetrieb (im Folgenden: Beklagter) habe bei seiner Abwägungsentscheidung die Belange der Beschwerdeführer berücksichtigt. Das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Z werde im Umfang von 830 qm für den Neubau des Deichkörpers in Anspruch genommen. Eine Flächeninanspruchnahme sei bei der Entscheidung zugunsten des grünen Deiches in diesem Umfang geboten. Eine wesentliche Beeinträchtigung ihres verbleibenden Grundbesitzes ergebe sich daraus nicht, zumal auch bei einer Erhöhung der vorhandenen Flutschutzmauer, wie dies die Beschwerdeführer wünschten, Beeinträchtigungen ihres Grundbesitzes zu erwarten wären. Die Flächeninanspruchnahme sei dann allerdings geringer. Auch die Belange des Naturschutzes würden gewahrt. Denn der vorhandene Teich, der als Biotop einzustufen sei, werde an anderer Stelle neu hergestellt. Eine erhebliche Beeinträchtigung des vorhandenen Fauna-Flora-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiet) sei zudem durch die geplante Trassierung nicht zu erwarten. Dies wäre allenfalls bei einer Verlegung des Deiches in östlicher Richtung, also auf das Flurstück Y, der Fall. Dieses Flurstück werde aber durch die Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt, hiervon werde lediglich während der Bauzeit ein Arbeitsstreifen in Anspruch genommen.

6

4. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag der Beschwerdeführer auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab.

7

Der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sei nicht hinreichend dargetan und liege zudem nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend in Frage gestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss dem Abwägungsgebot entspreche.

8

Die Beschwerdeführer seien durch die Deicherneuerungsmaßnahme unmittelbar in ihrem Eigentumsrecht betroffen. Sie hätten deshalb einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle.

9

Das Abwägungsgebot habe in der Rechtsprechung zu der gerichtlichen Überprüfung von Planungsalternativen in Bezug auf abweichende Standorte beziehungsweise Trassen eine nähere Ausformung erfahren, die sich auch auf die Bestimmung einer Deichlinienführung für einen der Planfeststellung unterliegenden Deichbau übertragen ließe: Ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösungen müssten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die eigentliche planerische Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Alternativen unterliege nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Planfeststellungsbehörde handele nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls aus guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl seien erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen sei.

10

Einen derartigen Fehler hätten die Beschwerdeführer in ihrer Zulassungsbegründung nicht darzulegen vermocht.

11

So sei die dauerhafte Inanspruchnahme des im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Flurstücks Y durch die Erstellung eines grünen Deichs anstelle der Verstärkung und Erhöhung der alten Hochwasserschutzmauer Gegenstand der Abwägung des Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Der Änderungsantrag des Beigeladenen vom 7. Juli 2008 weise eindeutig darauf hin, dass alle beschriebenen Maßnahmen (Errichtung eines grünen Deiches anstelle einer Hochwasserschutzmauer) auf dem Flurstück Y zu realisieren seien. Der Änderungsantrag sei ebenso wie der zugehörige Lageplan Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses und damit Gegenstand der Abwägung geworden. Dass dieser Belang auch tatsächlich inhaltlich abgewogen worden sei, ergebe sich aus den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses. Danach seien die Eigentumsbelange der Beschwerdeführer, die aufgrund der Vorgabe, dass ein grüner Deich errichtet werden müsse, betroffen würden, in die Abwägung eingestellt worden, hätten aber hinter die Belange des Hochwasserschutzes zurücktreten müssen. Einzig denkbare Alternative zur Verwirklichung des Hochwasserschutzes im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer sei die Herstellung eines grünen Deiches auf der Trasse des jetzigen Deiches. Dies hätte aber den Abriss dieses Wohnhauses zur Folge, was ungleich schwerer wiege als die Inanspruchnahme von Weideland.

12

Allerdings sei das Verwaltungsgericht offensichtlich irrig davon ausgegangen, das Flurstück Y werde nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens in Anspruch genommen. Dies sei jedoch für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils ohne Bedeutung, da die dauerhafte teilweise Inanspruchnahme dieses Grundstücks - wie dargelegt - durch den Beklagten ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden sei, mithin kein Abwägungsfehler vorliege, der der Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht entgegenstünde.

13

Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auch die Errichtung eines grünen Deiches vor dem Wohnhaus der Beschwerdeführer anstelle der ursprünglich geplanten Verstärkung und Erhöhung der vorhandenen Hochwasserschutzmauer als abwägungsfehlerfrei angesehen. Insoweit habe es zutreffend auf die Schwachstellen im Übergangsbereich einer Hochwasserschutzmauer zu dem sich anschließenden grünen Deich hingewiesen. Zu Recht habe es dabei auch darauf abgestellt, dass eine notfallmäßige Erhöhung durch Sandsäcke bei einem grünen Deich einfacher und sicherer zu bewerkstelligen sei, als dies bei einer Hochwasserschutzmauer der Fall wäre. Dies ergebe sich schon aufgrund der breiteren zur Verfügung stehenden Grundfläche und bedürfe keiner weiteren Erläuterung.

II.

14

1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den Planfeststellungsbeschluss, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Nichtzulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht. Sie rügen eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 1 GG und machen unter anderem geltend, der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletze ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, weil er die Anforderungen an die Darlegung der verschiedenen Zulassungsgründe überspanne.

15

Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hätten sie aufgezeigt, dass sich eine erhebliche Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils schlüssig in Frage stellen lasse. Das Verwaltungsgericht gehe in seinem Urteil davon aus, dass das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Y nicht auf Dauer, sondern lediglich für die Bauzeit in geringem Umfang beeinträchtigt werde. Mit der Feststellung dieser Tatsache gehe das Verwaltungsgericht außerdem davon aus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des sich dort befindenden FFH-Gebiets nicht zu erwarten sei. Sie hätten dargelegt, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts 3.100 qm des Flurstücks Y dauerhaft in Anspruch genommen werden sollten. Insoweit stimmten die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht mit dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss überein.

16

Diese Fehleinschätzung sei für das Urteil des Verwaltungsgerichts auch erheblich, denn sie betreffe die Art und Weise sowie den Umfang der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums, darüber hinaus aber auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von ihnen rügefähige Frage der Vereinbarkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses mit (europäischem) Naturschutzrecht. Erheblich sei sie auch insofern, als das Verwaltungsgericht auf die Feststellung seine Überprüfung der dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Abwägung stütze und hiernach in dem Urteil zu dem Schluss komme, die Beklagte habe ihre Belange hinreichend berücksichtigt.

17

Die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts habe das Oberverwaltungsgericht im Grunde zwar auch erkannt, die "irrige" Annahme des Verwaltungsgerichts zu der Inanspruchnahme des Flurstücks Y jedoch als für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils unbedeutend angesehen. Die angebliche Ergebnisrichtigkeit des Urteils begründe das Oberverwaltungsgericht damit, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme des Flurstücks Y ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt habe. Mit dieser Würdigung greife das Oberverwaltungsgericht aber dem eigentlichen Berufungsverfahren vor. Unabhängig davon seien erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts dargetan, wenn sich aus dem Vorbringen ergebe, dass das Urteil auf der fehlerhaften Annahme von in Anspruch genommenen Flächen fuße, denn es sei Aufgabe des Verwaltungsgerichts zu prüfen, ob die Belange tatsächlich ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden seien.

18

2. Die Niedersächsische Landesregierung sowie der Beklagte und der im Ausgangsverfahren beigeladene Deichverband hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten der Ausgangsverfahren sind beigezogen.

B.

19

Die Verfassungsbeschwerde hat hinsichtlich des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Erfolg.

I.

20

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtet, ist sie zulässig (1.) und begründet (2.). Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Er ist aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

21

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts keine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO erhoben haben. Dies war weder zur Erschöpfung des Rechtswegs (a) noch wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (b) geboten.

22

a) aa) Wird mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, so gehört eine Anhörungsrüge an das Fachgericht zu dem Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG im Regelfall abhängig ist (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; 126, 1 <17>). Erheben Beschwerdeführer in einem solchen Fall keine Anhörungsrüge, obwohl sie statthaft und nicht offensichtlich aussichtslos wäre, hat das zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig ist, sofern die damit gerügten Grundrechtsverletzungen denselben Streitgegenstand betreffen wie der geltend gemachte Gehörsverstoß(vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10).

23

Wird die Rüge einer Gehörsverletzung hingegen weder ausdrücklich noch der Sache nach zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht oder wird die zunächst wirksam im Verfassungsbeschwerdeverfahren erhobene Rüge einer Gehörsverletzung wieder zurückgenommen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), hängt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rechtswegerschöpfung nicht von der vorherigen Durchführung eines fachgerichtlichen Anhörungsrügeverfahrens ab. Wurde ein Anhörungsrügeverfahren vor dem letztinstanzlichen Fachgericht durchgeführt, mit der Verfassungsbeschwerde aber kein Gehörsverstoß gerügt - etwa weil sich die Beschwerdeführer insoweit von den Gründen des die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschlusses haben überzeugen lassen -, zählt dieses Anhörungsrügeverfahren, wenn es nicht offensichtlich aussichtslos war, gleichwohl zum Rechtsweg und wirkt damit fristbestimmend für die Verfassungsbeschwerde.

24

bb) Die Beschwerdeführer machen mit ihrer Verfassungsbeschwerde weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend.

25

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde enthält allerdings Ausführungen, die - isoliert betrachtet - als Rügen einer Gehörsverletzung gedeutet werden könnten. So beanstanden die Beschwerdeführer unter anderem, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe. Dieses Vorbringen kann bei sachdienlicher Auslegung nicht als Rüge einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG verstanden werden. Es dient im Zusammenhang der Verfassungsbeschwerde eindeutig dem Ziel zu begründen, dass das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie den der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache verkannt habe. Dass die Beschwerdeführer ungeachtet dessen mit diesen Ausführungen gleichwohl der Sache nach einen Gehörsverstoß rügen wollen, kann nach dem Grundsatz wohlwollender Auslegung prozessualer Anträge im Sinne des erkennbaren Rechtsschutzanliegens auch deshalb nicht angenommen werden, weil ihrem Vorbringen ansonsten ein Verständnis unterlegt würde, das mangels Erhebung einer Anhörungsrüge zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde führen würde.

26

b) Die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO war hier auch nicht mit Rücksicht auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde geboten.

27

aa) Dieser in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>). Das kann auch bedeuten, dass Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten sind, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die sie sich beschwert fühlen, beseitigt werden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Denn die Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführer enthebt sie nicht ohne Weiteres der Beachtung des Subsidiaritätsgebotes; als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist dieses der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer entzogen.

28

Die Verweisung auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht allerdings unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit einer anderweitigen prozessualen Möglichkeit zur Abhilfe (stRspr, vgl. nur BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07,1 BvR 1569/08 -, NJW 2012, S. 3081 <3082 [Tz. 45]>). Zur Vermeidung der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der sie sich nicht auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG berufen, müssen Beschwerdeführer daher aus Gründen der Subsidiarität eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf nur dann ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden.

29

Das Subsidiaritätsgebot greift danach in den hier in Rede stehenden Fällen insbesondere dann, wenn auf der Hand liegt, dass mit dem Beschwerdevorbringen der Sache nach ein Gehörsverstoß gerügt wird, die Beschwerdeführer aber ersichtlich mit Rücksicht darauf, dass kein Anhörungsrügeverfahren durchgeführt wurde, ausschließlich die Verletzung eines anderen Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts geltend machen, das durch ein solches Vorgehen des Gerichts gleichfalls verletzt sein kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 2011 - 1 BvR 1468/11 -, juris).

30

Die Möglichkeit, über eine erfolgreiche Anhörungsrüge die Beseitigung anderweitiger Grundrechtsverletzungen zu erreichen, besteht im Übrigen von vornherein nur in dem Umfang, als diese denselben Streitgegenstand betreffen wie die geltend gemachte Gehörsverletzung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Nur insoweit kann aus dem Subsidiaritätsgrundsatz die Obliegenheit der Erhebung einer Anhörungsrüge auch für den Fall abgeleitet werden, dass mit der Verfassungsbeschwerde kein Gehörsverstoß gerügt wird.

31

bb) Gemessen hieran verletzt es nicht den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, dass die Beschwerdeführer es unterlassen haben, eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Ablehnung der Zulassung der Berufung zu erheben.

32

Soweit die Beschwerdeführer beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung des FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe, ist schon zweifelhaft, ob dieser Vortrag, selbst wenn er in der Sache zuträfe, überhaupt geeignet ist, eine Gehörsverletzung zu begründen. Wird bestimmter Vortrag in einer gerichtlichen Entscheidung nicht erwähnt, lässt dies nämlich nur unter besonderen Umständen den Rückschluss auf die Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens zu (vgl. BVerfGE 96, 205 <216 f.>). Das hier in Frage stehende, für die Geltendmachung einer Gehörsverletzung eher unspezifische Vorbringen der Beschwerdeführer ist zudem eindeutig und sinnvoll in die Rüge einer Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eingebunden, die sich gegen die Verneinung des Berufungszulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache richtet. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer damit lediglich eine Versäumung der Anhörungsrüge umgehen wollten. Sie müssen sich daher nicht entgegenhalten lassen, dass die Erhebung einer Anhörungsrüge nahe gelegen hätte und zu erwarten gewesen wäre, dass ein vernünftiger Verfahrensbeteiligter eine Anhörungsrüge erhoben hätte.

33

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

34

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grunde dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642).

35

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

36

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies ist den Beschwerdeführern gelungen. Sie haben aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht in einem für ihr Grundeigentum und damit für die Entscheidung wesentlichen Punkt von falschen Annahmen über die Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss ausgegangen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

37

Das Urteil des Verwaltungsgerichts geht von der Annahme aus, das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Flurstück Y werde durch die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt; vielmehr werde lediglich während der Bauzeit ein Streifen dieses Flurstücks in Anspruch genommen.

38

Die Beschwerdeführer haben in der Begründung ihres Zulassungsantrags geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass bereits im Änderungsantrag vom 7. Juli 2008 ausdrücklich von der Notwendigkeit der dauerhaften Inanspruchnahme von 3.100 qm des Flurstücks Y die Rede sei. Dementsprechend sei auch die Festsetzung im Planfeststellungsbeschluss erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine gerechte Abwägung ihrer Belange.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat erkannt, dass das Verwaltungsgericht "offensichtlich irrig" von einer nur vorübergehenden Inanspruchnahme des Flurstücks Y nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens ausgegangen ist. Dennoch hat es sich nicht dazu veranlasst gesehen, die Berufung aufgrund einer unzutreffenden Annahme der tatsächlichen Betroffenheit der Beschwerdeführer zuzulassen. Es hat vielmehr im Berufungszulassungsverfahren eine eigene Prüfung der fachplanerischen Abwägungsentscheidung vorgenommen und dabei das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis für richtig befunden. Damit hat es in verfassungswidriger Weise Teile der dem Berufungsverfahren vorbehaltenen Sachprüfung in das Berufungszulassungsverfahren vorverlagert.

40

Zwar begegnet es keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere entscheidungstragende Gründe abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

41

Das Oberverwaltungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Kontrolle der fachplanerischen Abwägungsentscheidung in einem für die Beschwerdeführer entscheidenden Punkt durch eine eigene Kontrolle ersetzt. Ob das Deichbauvorhaben die Eigentumsrechte der Beschwerdeführer gemessen an den damit verfolgten Zielen und den in Frage kommenden Vorhabenalternativen - hier insbesondere der von den Beschwerdeführern statt des Deichneubaus verlangten Ertüchtigung der Hochwasserschutzwand - unverhältnismäßig beeinträchtigt, hängt unter anderem maßgeblich von der mit den festgestellten Maßnahmen einhergehenden Eigentumsbelastung für die Beschwerdeführer ab. Dass es insofern für die Abwägungsentscheidung von erheblichem Gewicht ist, ob das Flurstück Y nur vorübergehend während der Bauzeit als Arbeitsstreifen oder dauerhaft in dem doch beträchtlichen Umfang von 3.100 qm in Anspruch genommen wird, liegt auf der Hand. Es war dem Oberverwaltungsgericht bei Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes verwehrt, im Berufungszulassungsverfahren, das insbesondere mangels eines förmlichen Beweisaufnahmeverfahrens den Beteiligten von vornherein weniger Einwirkungsmöglichkeiten auf die Tatsachenfeststellung einräumt als das Hauptsacheverfahren, diese Frage der Abgewogenheit des Planfeststellungsbeschlusses abweichend vom Verwaltungsgericht in der Sache zu entscheiden.

42

Da das Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ablehnen konnte, beruht die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf diesem Verfassungsverstoß. Ob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus auch Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, kann dahinstehen.

II.

43

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landesbetriebs wendet, bedarf es keiner Entscheidung. Durch die Aufhebung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist der Rechtsweg vor den Fachgerichten wieder eröffnet und dadurch eine erneute fachgerichtliche Aufarbeitung des Ausgangsfalls möglich (vgl. BVerfGE 129, 1 <37>).

C.

44

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

45

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.

(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.

(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.

(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.

(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der im Jahr 1999 geborene Antragsteller begehrt die Feststellung, dass ein Widerspruch oder eine Klage gegen die Anordnung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens aufschiebende Wirkung hat. Hilfsweise beantragt er, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ohne Anordnung der Beibringung eines Fahreignungsgutachtens vorläufig eine Fahrerlaubnis zu erteilen.

Am 17. Januar 2017 verurteilte ihn das Amtsgericht Obernburg a. Main wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zur Zahlung von 500,- Euro an eine gemeinnützige Einrichtung. Dem lag zu Grunde, dass der Antragsteller am 22. September 2016 mit einem Roller am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen hat, der eine Geschwindigkeit von 50 km/h erreichen konnte, er jedoch nur im Besitz einer Mofa-prüfbescheinigung war. Darüber hinaus stand der Antragsteller nach den Feststellungen des Amtsgerichts bei der Fahrt unter dem Einfluss von Cannabis (2,3 ng/ml THC, 27,1 ng/ml THC-COOH). Die diesbezügliche Ordnungswidrigkeit trat nach den Entscheidungsgründen des Strafurteils hinter den Straftatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Straßenverkehrsgesetzes zurück und wurde nicht gesondert geahndet.

Am 20. April 2017 beantragte der Antragsteller die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B, über die das Landratsamt Miltenberg (im Folgenden: Landratsamt) noch nicht entschieden hat.

Mit Schreiben vom 10. Mai 2017 ordnete das Landratsamt auf der Rechtsgrundlage des § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV die Vorlage eines Fahreignungsgutachtens bis 10. August 2017 an. Es sei u.a. zu klären, ob der Antragsteller zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis und dessen Nachwirkungen führen werde.

Der Antragsteller erklärte sich am 7. Juli 2017 mit einer Begutachtung durch die AVUS GmbH einverstanden, legte aber kein Gutachten vor, sondern stellte am 4. August 2017 einen Eilantrag, den das Verwaltungsgericht Würzburg mit Beschluss vom 22. August 2017 abgelehnt hat. Das Verwaltungsgericht führt aus, der Antrag sei insgesamt unzulässig, da der Hauptantrag nicht statthaft sei und dem Hilfsantrag das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Der Hilfsantrag sei im Übrigen auch unbegründet.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt. Der Antragsteller macht geltend, bei dem Hauptantrag handele es sich um einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO analog, der statthaft sei. In der Literatur werde vertreten, dass eine Gutachtensanordnung auch isoliert angefochten werden könne, da es sich um einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht handele und ein Unbemittelter ansonsten keine Rechtsschutzmöglichkeit habe. Es bestehe auch ein Rechtsschutzbedürfnis für den Hilfsantrag, da der Antragsteller einen Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis gestellt habe. Es lägen auch ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund vor. Der Antragsteller absolviere eine Lehre als Maurer und sei auf eine Fahrerlaubnis angewiesen. Er erhalte nur eine geringe Ausbildungsvergütung und könne sich ein Gutachten nicht leisten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Senat auf die vorgetragenen Gründe beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), hat keinen Erfolg.

1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht statthaft ist, da die Gutachtensanordnung nicht isoliert angegriffen werden kann.

Es ist höchstrichterlich geklärt und entspricht ständiger Rechtsprechung, dass es sich bei der Anordnung eines ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachtens nach der Fahrerlaubnis-Verordnung um eine Verfahrenshandlung nach § 44a VwGO und nicht um einen Verwaltungsakt nach Art. 35 BayVwVfG handelt und diese Aufforderung daher nicht selbstständig angegriffen werden kann (BVerwG B.v. 28.6.1996 – 11 B 36.96 – juris; B.v. 17.5.1994 – 11 B 157.93 – ZfSch 1994, 432; BayVGH, B.v. 6.8.2007 – 11 ZB 06.1818 – juris Rn. 3.; B.v. 22.5.2017 – 11 ZB 17.637 – juris Rn. 12; OVG SH, B.v. 11.4.2014 – 2 MB 11/14 – juris; OVG LSA, B.v. 14.9.2007 – 1 O 190/07 – juris; OVG Hamburg, B.v. 22.5.2002 – 3 Bs 71/02 – juris; vgl. auch Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 11 FeV Rn. 25). Dass in der Literatur vereinzelt eine andere Auffassung vertreten wird, führt zu keiner anderen Einschätzung.

Auch für eine Feststellungsklage besteht nach § 44a Satz 1 VwGO kein Raum. Mit dieser Vorschrift wird nicht nur eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO ausgeschlossen, sondern normiert, dass Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können. Eine Sachentscheidung ist im vorliegenden Verfahren bisher nicht ergangen.

2. Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO analog ist ebenfalls nicht zulässig. Ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO analog auf Feststellung, dass ein Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat, ist dann anzuerkennen, wenn ein Rechtsbehelf eingelegt worden ist, sich dieser gegen einen Verwaltungsakt richtet (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 65, 109) und streitig ist, ob der Rechtsbehelf aufgrund Gesetzes aufschiebende Wirkung hat. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, da es sich bei der Gutachtensanordnung nicht um einen Verwaltungsakt handelt (s.o. Nr. 1) und kein Rechtsbehelf dagegen erhoben worden ist.

3. Auch der Hilfsantrag kann keinen Erfolg haben. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um u.a. wesentliche Nachteile abzuwenden. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund als ein Anordnungsanspruch hinreichend glaubhaft gemacht werden. Eine Vorwegnahme der Hauptsache im Rahmen des § 123 VwGO kommt nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht. In diesem Rahmen ist das Gewicht des Anordnungsgrunds entscheidend für eine mögliche Vorwegnahme der Hauptsache (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 123 Rn. 66a). Voraussetzung dafür ist, dass eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 123 Rn. 14). Da das Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge im Straßenverkehr mit erheblichen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter Dritter – namentlich für das Leben und die Gesundheit einer Vielzahl von Menschen – einhergeht, wenn der Betroffene nicht fahrgeeignet oder zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht befähigt ist, bedarf dieser Grundsatz im Lichte der Schutzpflicht, die der öffentlichen Gewalt für diese Rechtsgüter obliegt (vgl. z.B. BVerfG, B.v. 4.4.2006 – 1 BvR 518/02 – BVerfGE 115, 320), im Fahrerlaubnisrecht einer Einschränkung dahingehend, dass zumindest eine deutlich überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des Anspruchs auf Erteilung einer Fahrerlaubnis sprechen muss. Ist diese Voraussetzung erfüllt, hat der Erlass einer einstweiligen Anordnung, durch die ein Anspruch temporär zuerkannt werden soll, gleichwohl dann mit Rücksicht auf den gebotenen Schutz von Leben und Gesundheit Dritter zu unterbleiben, wenn überwiegende, besonders gewichtige Gründe einer solchen Interimsregelung entgegenstehen (vgl. grundlegend BayVGH, B.v. 16.8.2010 – 11 CE 10.262 – juris Rn. 20).

Im vorliegenden Fall kann der Hilfsantrag schon deshalb keinen Erfolg haben, da dem Antragsteller unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Erteilung einer Fahrerlaubnis zusteht. Dafür wäre Voraussetzung, dass er die nach § 15 FeV erforderliche praktische und theoretische Prüfung erfolgreich abgelegt hat. Dies ist hier aber unstreitig nicht der Fall.

4. Selbst wenn man den Hilfsantrag dahingehend verstehen wollte, dass der Antragsteller im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Erteilung eines Prüfauftrags nach § 22 Abs. 4 Satz 1 FeV begehrt, kann der Antrag keinen Erfolg haben. Der Beschwerdebegründung kann nicht entnommen werden, dass der Antragsteller mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf Erteilung eines Prüfauftrags ohne vorherige Vorlage eines Fahreignungsgutachtens hat und darüber hinaus die vorläufige Zulassung des Antragstellers zur Teilnahme an der Fahrerlaubnisprüfung schlechterdings notwendig ist. Es ist dabei schon nicht dargelegt und auch aus den Akten nicht ersichtlich, dass der Antragsteller die erforderliche praktische und theoretische Ausbildung gemäß der Fahrschüler-Ausbildungsordnung absolviert hat, die er nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 StVG nachweisen muss.

Es bestehen darüber hinaus Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers, da er in ordnungswidriger Weise das Trennungsgebot der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV nicht beachtet und darüber hinaus eine Verkehrsstraftat nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG begangen hat. Dabei obliegt es nach § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 StVG ihm, seine Fahreignung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG nachzuweisen. Das Landratsamt muss deshalb im Ermessen darüber entscheiden, ob eine medizinisch-psychologische Begutachtung nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV oder in Abweichung vom Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Abs. 1 Satz 3 StVG i.V.m. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV erforderlich ist.

Soweit der Antragsteller vorträgt, es müsse ihm die Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr ohne Vorlage eines Fahreignungsgutachtens ermöglicht werden, da er als Auszubildender die Kosten dafür nicht aufbringen könne, kann dies seiner Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Fehlende finanzielle Mittel stellen bei berechtigten Fahreignungszweifeln aus Gründen der Verkehrssicherheit keinen ausreichenden Grund für das Absehen von notwendigen Aufklärungsmaßnahmen dar. Nach der Rechtsprechung (vgl. BVerwG, U.v. 13.11.1997 – 3 C 1/97 – BayVBl 1998, 634) mutet das Gesetz einem Kraftfahrer die Kosten für die Begutachtung ebenso zu wie es ihm die Kosten zumutet, die zum verkehrssicheren Führen des Fahrzeugs notwendig sind. Sollte ein Betroffener zwingend auf eine Fahrerlaubnis angewiesen sein und die Kosten für das Fahreignungsgutachten nicht aufbringen können, so kann er ggf. unter strengen Voraussetzungen eine darlehensweise Vorfinanzierung durch das Landratsamt beantragen, ohne allerdings darauf einen Anspruch zu haben (vgl. zum Angebot der Vorfinanzierung durch eine Behörde BayVGH, B.v. 8.4.2016 – 11 C 16.319/11 C 1611 C 16.320 – juris Rn. 14).

5. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, Anh. § 164 Rn. 14).

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Gegenstand der Beschwerde ist die Ablehnung eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen die Entziehung der der Klägerin am 10. November 1977 erteilten Fahrerlaubnis der Klasse 3 (alt).

Vom 8. bis 16. März 2017 war die Klägerin im Bezirkskrankenhaus untergebracht. Nach dem „Vorläufigen Entlassbericht“ vom 8. März 2017 ist sie seit 2009 voll erwerbsunfähig. Unter der Überschrift „Psychiatrische Anamnese“ wurde angegeben, es seien eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und eine Depression bekannt, unter der Überschrift „Vormedikation“ morgens und abends je 40 mg Ritalin und seit vier Monaten nachts das Medikament Novalox forte. Eine aktuelle Suizidalität sowie Selbst- und Fremdgefährdung seien nicht festgestellt worden. Krankheitsgefühl, Krankheitseinsicht und Behandlungsmotivation seien nicht gegeben. Die Klägerin sei wegen des Verdachts auf akute Suizidalität aufgenommen worden. Im Verhalten sei sie kooperativ und freundlich gewesen. Die Vormedikation sei belassen und bei Entlassung verordnet worden. Da keine Selbst- und Fremdaggressivität bestanden habe, sei die Klägerin auf die offene Station verlegt worden. Sie habe viele Gespräche gebraucht und sei dabei sehr detailliert, sprunghaft und etwas ungeordnet gewesen. Während der langen Gespräche seien die Referenten kaum zu Wort gekommen, was man der ADHS zuschreiben könne. Die Stimmung habe rasch von normal zu weinerlichem Ton wechseln können. Die Klägerin habe oft Bedarfsmedikation von Ritalin gemeldet. Nach Angabe des sie behandelnden Psychiaters sei sie möglicherweise medikamentenabhängig. Sie sei auf eigenen Wunsch nach Hause entlassen worden. Der Besuch einer Einrichtung wäre sinnvoll, um an der Strukturierung ihres Tagesablaufs zu arbeiten. Nach Angabe ihres Psychiaters komme sie mit der Organisation ihrer Hausarbeit nicht zurecht.

Nach einer Bescheinigung ihres behandelnden Facharztes vom 5. Juli 2017 wird die Klägerin wegen einer Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung ambulant behandelt. Unter 2 x 40 mg Ritalin Adult sei sie uneingeschränkt in der Lage, ein Kfz zu führen.

Mit Schreiben vom 25. Juli 2017 forderte das Landratsamt Schweinfurt die Klägerin unter Hinweis auf die medizinischen Feststellungen des Bezirkskrankenhauses und die daraus resultierenden Fahreignungszweifel auf, ein ärztliches Gutachten eines Arztes einer Begutachtungsstelle für Fahreignung beizubringen, um die Fragen zu klären, ob bei ihr die Erkrankung ADHS und/oder eine weitere Erkrankung vorliege, die nach Nr. 1 der Vorbemerkung der Anlage 4 zur FeV und/oder Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung in Frage stellten, wenn ja, ob sie in der Lage sei, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 vollständig gerecht zu werden, ob eine ausreichende Compliance (u.a. Krankheitseinsicht, kein Beigebrauch anderer psychoaktiver Substanzen inklusive Alkohol, regelmäßig überwachte Medikamenteneinnahme - Hinweis auf ggf. selbstinduzierte Unter- oder Überdosierung usw. - vorliege und auch umgesetzt werde (Adhärenz).

Hierauf reagierte die Klägerin nicht. Auf jeweilige Telefonate der Klägerin hin erklärte sich das Landratsamt zweimal bereit, die Frist zur Vorlage des Gutachtens zu verlängern, zuletzt unter der Voraussetzung, dass sie eine Erklärung über die Durchführung einer Begutachtung bis 26. September 2017 vorlege. Dem kam die Klägerin jedoch nicht nach. Einen weiteren, im Rahmen der Anhörung zur Entziehung der Fahrerlaubnis von der Bevollmächtigten der Klägerin gestellten Antrag auf Fristverlängerung lehnte das Landratsamt ab.

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2017 entzog das Landratsamt der Klägerin gestützt auf § 11 Abs. 8 FeV die Fahrerlaubnis und forderte sie auf, ihren Führerschein spätestens sieben Tage nach Zustellung des Bescheids abzuliefern. Des Weiteren ordnete es die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen an und drohte bezüglich der Ablieferungspflicht ein Zwangsgeld an.

Am 29. November 2017 ließ die Klägerin hiergegen Klage erheben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Bevollmächtigten beantragen. Zur Begründung wurden die Vorfälle am 7. März 2017 aus der Sicht der Klägerin geschildert und vorgetragen, das Bezirkskrankenhaus habe bestätigt, dass bei ihr keine Suizidalität und Fremd- oder Eigengefährdung bestanden habe. Sie stehe wegen der Erkrankung ADHS in ambulanter Behandlung. Der behandelnde Facharzt habe ihre Fahreignung uneingeschränkt bejaht, was eine Begutachtung entbehrlich mache. Im Übrigen sei die Klägerin, die lediglich Erwerbsunfähigkeitsrente beziehe, wirtschaftlich nicht in der Lage, die Kosten der Begutachtung zu tragen. Offenbar habe das Bezirkskrankenhaus aus der Äußerung, sie verstehe ihre Einweisung nicht, und aus ihrer Gereiztheit wegen der grundlosen Einweisung eine fehlende Krankheitseinsicht abgeleitet. Es sei aber tatsächlich kein Grund für eine Einweisung vorhanden gewesen. Die Mitteilungen ihrer Töchter hätten sich als haltlos erwiesen. Allein aus dem Vorliegen einer ADHS und der fehlenden Krankheitseinsicht könne keine fehlende Fahreignung abgeleitet werden. Der Klägerin sei ihre Erkrankung bekannt. Diese sei auch Grund ihrer Berentung. Sie werde regelmäßig ambulant behandelt. Eine Medikamentenabhängigkeit habe nicht bestanden und bestehe auch jetzt nicht. Sie sei nie mit einer nicht gegebenen oder eingeschränkten Fahruntauglichkeit in Erscheinung getreten. Sowohl der Entlassbericht als auch der Entziehungsbescheid beruhten letztendlich auf nicht überprüften Behauptungen der beiden Töchter der Klägerin, mit denen eine konfliktbelastete Situation bestanden habe. Die Behauptung fehlender Krankheitseinsicht sei nicht nachvollziehbar. Der Entlassbericht bestätige kooperatives Verhalten und verneine Selbst- und Fremdgefährdung.

Mit Beschluss vom 11. Juni 2018, der Klägerin zugestellt am 20. Juni 2018, lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten ab und führte zur Begründung aus, die Erfolgsaussichten der Klage stellten sich auch nicht als zumindest offen dar. Die Klägerin habe das vom Landratsamt zu Recht geforderte Gutachten nicht innerhalb der eingeräumten und später verlängerten Frist vorgelegt. Formelle oder materielle Mängel der Anordnung des Gutachtens seien nicht ersichtlich. Möge auch die in Abrede gestellte Suizidalität nicht vorgelegen haben, so habe der Entlassbericht des Bezirkskrankenhauses vom 8. März 2017 doch hinreichende Anhaltspunkte für eine die Fahreignung ausschließende bzw. beeinträchtigende akute gesundheitliche Störung im Sinne von Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV (Depression) sowie nach Nr. 1 der Vorbemerkung der Anlage 4 zur FeV (ADHS) in Zusammenhang mit Medikamentenmissbrauch mit psychoaktiv wirkenden Substanzen (Ritalin; erhöhte Bedarfsanforderung, evtl. Medikamentenabhängigkeit) ergeben. In der Gutachtensanordnung und im Entziehungsbescheid würden die möglichen krankheitsbedingten Auswirkungen der ADHS beschrieben. Eine vorherige Auffälligkeit der Klägerin im Straßenverkehr werde nicht vorausgesetzt. Es genüge, wenn ein tatsachengestützter Verdacht auf eine psychische Störung und auf einen damit in Zusammenhang stehenden Medikamentenmissbrauch bestehe. Ob sich daraus tatsächlich ergebe, dass die Fahreignung fehle, solle das angeforderte ärztliche Gutachten erst klären. Die vorgelegte Bescheinigung des behandelnden Arztes sei nicht geeignet, die vorhandenen Fahreignungszweifel zu beseitigen, da sie das Vorliegen der Erkrankung ADHS bestätige und eine uneingeschränkte Fahreignung nur „unter der Einnahme von 2 x 40 mg Ritalin Adult“ bejahe. Ungeachtet dessen, dass der behandelnde Arzt gemäß § 11 Abs. 2 Satz 5 FeV nicht mit einer Begutachtung beauftragt werden solle und dieser offensichtlich auch keine verkehrsmedizinische Qualifikation besitze, sei die Bescheinigung auch wegen des Verdachts auf Medikamentenmissbrauch nicht aussagekräftig. Fehlende finanzielle Mittel stellten regelmäßig keinen Grund zur Verweigerung der angeordneten Untersuchung dar.

Mit ihrer Beschwerde, der der Beklagte entgegentritt, macht die Klägerin geltend, die Erfolgsaussichten der Klage seien immer dann zu bejahen, wenn eine Beweisaufnahme in Betracht komme. Hier sei ein ärztliches Attest vorgelegt worden, wonach die Klägerin uneingeschränkt in der Lage sei, ein Kfz zu führen. Zudem habe das Bezirkskrankenhaus bestätigt, dass keine Eigen- und Fremdgefährdung bestanden habe. Der Beklagte hätte eine Begutachtung nicht anordnen dürfen. Anlass sei offensichtlich die zwangsweise Unterbringung der Klägerin gewesen, der ein familiärer Konflikt und Komplott zugrunde liege. Die Behauptungen der Töchter hätten jeder Grundlage entbehrt. Abgesehen davon, dass eine zweitägige Nichterreichbarkeit kein Anlass für die Einschaltung der Polizei sei, habe die polizeiliche Nachschau ergeben, dass keine Ordnungs- und Sicherheitsstörung vorliege und es der Klägerin gut gehe. Die ärztliche Feststellung in dem Entlassbericht des Bezirkskrankenhauses, dass weder ein Krankheitsgefühl noch eine Krankheitseinsicht und Behandlungsmotivation gegeben seien, beruhe schlicht darauf, dass ein krankheitswertiger Zustand nicht bestanden habe. Außerdem zeige die Inanspruchnahme der ambulanten psychiatrischen Behandlung, dass die Klägerin durchaus eine grundsätzliche Krankheitseinsicht habe. Darüber hinaus bestehe jedoch kein Behandlungsbedarf, insbesondere nicht stationärer Art. Dies könne dem Betroffenen also auch nicht vorgeworfen werden. Diesen Punkt habe das Gericht überhaupt nicht berücksichtigt. Ferner habe der behandelnde Arzt seine Bescheinigung, dass die Klägerin nur unter Einnahme von Medikamenten fahrtauglich sei, mit der Bescheinigung vom 14. August 2017 dahin korrigiert, dass sie bereits seit 1. April 2017 medikamentenfrei gewesen sei. Sie habe keine Medikamente eingenommen und nehme keine mehr ein, ohne dass es zu irgendwelchen Ausfallerscheinungen gekommen sei. Das Bezirkskrankenhaus habe keine Fremd- oder Eigengefährdung oder Suizidalität festgestellt. Unter diesen Umständen hätte von der Anordnung eines Gutachtens abgesehen werden müssen. Aus den PKH-Unterlagen ergebe sich, dass die Klägerin eine Erwerbsunfähigkeitsrente beziehe und wegen Insolvenzverschleppung eine eidesstattliche Versicherung habe leisten müssen. Sie versorge eine minderjährige Tochter, habe keine Chance auf ein Darlehen und sei nicht in der Lage zu Ratenzahlungen. Sie habe keine Einträge im Bundeszentralregister und fahre ohne Hinweise auf fehlende Fahreignung Auto. Die Erfolgsaussichten der Klage seien unter Berücksichtigung der gestellten Beweisanträge zu bejahen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde, mit der die Klägerin ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Anfechtungsklage weiterverfolgt, ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den in dem angegriffenen Beschluss zutreffend dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 2 ZPO). Daher kommt es auf die wirtschaftliche Bedürftigkeit der Klägerin nicht an.

Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe genügt es regelmäßig, dass die Erfolgsaussichten offen sind oder es entscheidungserheblich auf schwierige Rechtsfragen ankommt, die höchstrichterlich noch nicht geklärt sind (BVerfG, B.v. 13.3.1990 - 2 BvR 94/88 - BVerfGE 81, 347 = juris 2. Ls.). Hinreichende Erfolgsaussichten liegen allerdings dann nicht vor, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen ist, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist oder konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird (vgl. BVerfG, B.v. 20.2.2002 - 1 BvR 1450/00 - NJW-RR 2002, 1069 = juris Rn. 12).

Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind nicht gegeben. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt eine Beweisaufnahme nicht in Betracht. Denn der Beklagte hat die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht auf das Vorliegen einer die Fahreignung ausschließenden Erkrankung gestützt (§ 11 Abs. 7 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 [Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980], zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. August 2017 [BGBl I S. 3232]), über die ggf. Beweis zu erheben wäre, sondern darauf, dass die Klägerin ein rechtmäßig angeordnetes Fahreignungsgutachten nicht fristgerecht beigebracht hat (§ 11 Abs. 8 FeV). Die in diesem Zusammenhang maßgebliche Frage, ob der Schluss aus der Nichtvorlage des angeforderten Fahreignungsgutachtens auf die fehlende Fahreignung gerechtfertigt war, d.h. nach der Auslegung durch die Rechtsprechung, ob die Anordnung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 3 C 20.15 - NJW 2017, 1765 Rn. 19 m.w.N.), lässt sich aufgrund einer tatsächlich-rechtlichen Bewertung des vom Landratsamt im maßgeblichen Zeitpunkt der Gutachtensanordnung (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 3 C 20.15 - BVerwGE 156, 293 = juris Rn. 36; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 11 FeV Rn. 55) herangezogenen Sachverhalts ohne Beweisaufnahme beantworten.

Um die Anordnung eines Gutachtens zu rechtfertigen, müssen nach § 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 FeV Tatsachen bekannt geworden sein, die auf das Vorliegen von Erkrankungen oder Mängeln nach Anlage 4 und 5 FeV hinweisen, d.h. konkrete Tatsachen und nicht lediglich ein bloßer Verdacht „ins Blaue hinein“ bzw. Mutmaßungen, subjektive Werturteile, Behauptungen oder dergleichen (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 - NJW 2002, 78 = juris Rn. 26; BayVGH, B.v. 21.11.2018 - 11 CS 18.1237 - juris Rn. 14 m.w.N.; Siegmund in Freymann/Wellner jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 16.1.2019, § 11 FeV Rn. 36, § 2 StVG Rn. 78 ff.). Es genügt ein „Anfangsverdacht“ (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 - NJW 2002, 78 = juris Rn. 22; U.v. 14.11.2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 = juris Rn. 17), also - wie es in § 152 Abs. 2 StPO umschrieben wird - das Bestehen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte (BayVGH, B.v. 21.11.2018 - 11 CS 18.1237 - juris Rn. 15). Folglich hängen die Erfolgsaussichten der Klage nicht von einer Beweisaufnahme über die erst durch das angeordnete Gutachten zu klärende gesundheitliche Verfassung der Klägerin und ihren Medikamentengebrauch ab.

Zureichende Tatsachen, nämlich die ärztlichen Mitteilungen über bestehende fahreignungsrelevante psychische Erkrankungen sowie die Einnahme eines den Wirkstoff Methylphenidat enthaltenden Medikaments (Ritalin), welcher ein verschreibungspflichtiges Betäubungsmittel nach Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG ist, und über den Verdacht auf eine nicht ordnungsgemäße Einnahme bzw. einen Missbrauch dieses Medikaments, lagen vor.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat nicht ihre zwangsweise Unterbringung im Bezirkskrankenhaus Anlass zu der Gutachtensanordnung gegeben. Die Unterbringung hat das Landratsamt vielmehr - wie sich aus dessen Schreiben vom 6. April 2017, der Gutachtensanordnung vom 25. Juli 2017 und der Klageerwiderung vom 11. April 2018 eindeutig ergibt - lediglich veranlasst, eine Bescheinigung des behandelnden Arztes und den Entlassungsbericht des Bezirkskrankenhauses anzufordern. Auch wenn die Unterbringung die Ursache dafür sein mag, dass der Fahrerlaubnisbehörde die Erkrankungen der Klägerin bekannt geworden sind, war die Gutachtensanordnung (vgl. Zusammenfassung Seite 4 oben) nicht durch die Einweisung, sondern durch die Diagnose einer Depression und die Erkrankung ADHS in Zusammenhang mit der Einnahme eines psychoaktiv wirkenden Medikaments (Ritalin) und mit dem Verdacht auf nicht bestimmungsgemäße Einnahme desselben veranlasst.

Bei diesen Sachverhalten handelt es sich nicht um bloße Mutmaßungen. Der Einschätzung eines Bezirkskrankenhauses als psychiatrischer und neurologischer Fachklinik (vgl. Art. 48 Abs. 3 Nr. 1 BezO) ist regelmäßig ein hoher Grad an Verlässlichkeit beizumessen. Wie sich aus der Anamnese des Krankenhauses ergibt, hat die Klägerin dort selbst angegeben, an diesen Erkrankungen zu leiden und unter anderem zweimal täglich 40 mg Ritalin einzunehmen. Bestätigt wird dies durch die weitere Angabe in ihrer Klagebegründung, dass die Erkrankung an ADHS der Grund für ihre Erwerbsunfähigkeit sei. Ferner sind in dem Entlassbericht vom 8. März 2017 auch eigene Feststellungen des Bezirkskrankenhauses wiedergegeben, die diese Diagnosen und den Verdacht eines erhöhten Medikamentenbedarfs stützen. Auch fand offensichtlich eine Rücksprache des Krankenhausarztes mit dem behandelnden Facharzt statt, dessen ärztliche Bescheinigung vom 5. Juli 2017 ausdrücklich die Diagnose einer ADHS bestätigt. Anders als die Klägerin offenbar meint, wird die Annahme einer Depression nicht dadurch ausgeschlossen, dass sich der ursprüngliche Verdacht auf Suizidalität nicht erhärtet hat und eine Selbst- und Fremdgefährdung nicht festgestellt werden konnte. Damit ist lediglich der Grund für eine zwangsweise Unterbringung entfallen. Selbst eine schwere Depression, die gemäß Nr. 7.5.1 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung ausschließt, ist - wenn auch häufig - nicht zwangsläufig mit Suizidgedanken oder -handlungen verbunden (vgl. ICD 10 F32.2). Nachdem die Klägerin selbst angegeben hat, an dieser Erkrankung zu leiden, ohne jedoch deren Schweregrad oder Einzelheiten mitzuteilen, die eine Einschätzung des Schweregrads erlaubt hätten, und sich aus dem Entlassbericht ergibt, dass sie während ihres stationären Aufenthalts rasch in weinerliche Stimmungen geriet, war es dem Landratsamt nicht verwehrt, auch diesen Gesichtspunkt heranzuziehen und der Frage nachzugehen, ob eine die Fahreignung beeinträchtigende Depression vorliegen könnte. Darüber hinaus kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin berechtigter- oder unberechtigterweise ein Krankheitsgefühl, eine Krankheitseinsicht und eine Behandlungsmotivation gefehlt haben und ob ein stationärer Behandlungsbedarf bestanden hat.

Die ärztliche Bescheinigung vom 5. Juli 2017 war - zumal vor dem Hintergrund der nachträglichen Berichtigung vom 14. August 2017 - nicht dazu geeignet, die sich aus dem Entlassbericht ergebenden Gründe für die Gutachtensanordnung in Frage zu stellen. Denn diese Bescheinigung enthält lediglich die nicht ansatzweise nachvollziehbar erläuterte Wertung, dass die Klägerin unter Einnahme eines bestimmten Medikaments uneingeschränkt fahrgeeignet sei. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, handelt es sich zum einen um die Wertung eines behandelnden Arztes, der wegen des bei ihm anzunehmenden Interessenkonflikts (BayVGH, B.v. 5.7.2012 - 11 CS 12.1321 - juris Rn. 26) nicht mit einer Begutachtung beauftragt werden soll (§ 11 Abs. 2 Satz 5 FeV), und zum andern auch nicht um ein (nachvollziehbares) Gutachten eines Gutachters mit verkehrsmedizinischer Qualifikation. Die ärztlichen Angaben im Attest vom 5. Juli 2017 werfen zudem im Hinblick auf Nr. 9.3 und Nr. 9.4 der Anlage 4 zur FeV (Abhängigkeit bzw. missbräuchliche Einnahme von Betäubungsmitteln) ungeklärte fahreignungsrelevante Fragen auf.

Im Übrigen kann die ärztliche Bescheinigung vom 14. August 2017, dass die Klägerin glaubhaft seit 1. April 2017 kein Ritalin mehr eingenommen habe, der Gutachtensanordnung schon deshalb nicht die Grundlage entziehen, weil es für deren Rechtmäßigkeit auf den Zeitpunkt der Anordnung ankommt, also den 25. Juli 2017. Darüber hinaus weckt die erstmals im Beschwerdeverfahren vorgelegte ärztliche Bescheinigung ernsthafte Zweifel an ihrer inhaltlichen Richtigkeit, weil die Klägerin im Bezirkskrankenhaus selbst angegeben hat, Ritalin in bestimmter Dosierung einzunehmen, und nachfolgend einen für die dortigen Ärzte auffälligen Bedarf angemeldet hat. Den Verdacht auf eine Medikamentenabhängigkeit hatte zudem ihr behandelnder Arzt gegenüber den Klinikärzten geäußert.

Von der Anordnung des Gutachtens war auch nicht wegen fehlender finanzieller Mittel der Klägerin abzusehen. Als Folge der Beibringungslast mutet das Gesetz einem Kraftfahrer die Kosten für die Begutachtung grundsätzlich ebenso zu wie die notwendigen Kosten zum verkehrssicheren Führen des Fahrzeugs (vgl. BVerwG, U.v. 13.11.1997 - 3 C 1.97 - BayVBl 1998, 634 = juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 9.11.2017 - 11 CS 17.1821 - juris Rn. 17; SächsOVG, B.v. 4.9.2015 - 3 D 45/15 - juris Rn. 7; OVG NW, B.v. 7.3.2014 - 16 A 1386/13 - juris Rn. 7; OVG Berlin-Bbg., B.v. 28.2.2011 - 1 S 19.11, 1 M 6.11 M 6.11 - juris Rn. 8). Sollte ein Betroffener zwingend auf eine Fahrerlaubnis angewiesen sein und die Kosten für das Fahreignungsgutachten nicht aufbringen können, so kann er ggf. unter strengen Voraussetzungen eine darlehensweise Vorfinanzierung durch das Landratsamt beantragen, ohne allerdings darauf einen Anspruch zu haben (vgl. zum Angebot der Vorfinanzierung durch eine Behörde BayVGH, B.v. 8.4.2016 - 11 C 16.319, 11 C 1611 C 16.320 - juris Rn. 14). Diese Voraussetzungen hat die Klägerin aber schon nicht hinreichend dargetan.

Damit war die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Im Beschwerdeverfahren gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe fallen - anders als im Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz - Gerichtskosten an, wobei eine Kostenerstattung nicht stattfindet (§ 166 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO). Eine Streitwertfestsetzung ist im Hinblick auf die nach § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum GKG anfallende Festgebühr von 60,- EUR jedoch entbehrlich.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.