Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2019 - 11 ZB 19.32471

bei uns veröffentlicht am05.07.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht Bayreuth, B 9 K 17.32494, 18.04.2019

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Berufung wird zugelassen.

II. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens bleibt der Entscheidung im Berufungsverfahren vorbehalten.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat Erfolg.

Die Berufung ist zuzulassen, weil die Verhandlung und Entscheidung über die Klage in Abwesenheit der durch eine Erkrankung verhinderten Prozessbevollmächtigten den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt hat (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO).

Die Kläger tragen vor, ihre Prozessbevollmächtigte habe sich am Vortag der mündlichen Verhandlung den linken Fuß verletzt. Im Laufe des Tages hätten sich sehr starke Schmerzen eingestellt, so dass sie sich am Abend in eine Notfallambulanz begeben habe. Trotz ärztlicher Behandlung habe sie nicht auftreten können. Auf ihre Frage nach Krücken sei ihr erklärt worden, diese würden bei ihrer Diagnose nicht zur Verfügung gestellt. Ein Freund habe sie zuhause die Treppe hinaufgetragen. Auch am nächsten Tag sei keine Besserung eingetreten. Die Prozessbevollmächtigte habe ihre Wohnung nicht verlassen können und deshalb beim Verwaltungsgericht einen Verlegungsantrag gestellt. Dabei habe sie auch telefonisch erklärt, dass sie in ihrem aktuellen Zustand die Wohnung nicht verlassen könne bzw. die Stufen der Treppe sitzend herunterrutschen müsste. Trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit und des zur Glaubhaftmachung vorgelegten Behandlungsbericht sei die mündliche Verhandlung nicht verlegt worden. Der Behandlungsbericht vom 17. April 2019 enthält die Diagnose „Distorsion des oberen Sprunggelenks S 93.40 links“ und den körperlichen Befund „Pat. links hinkendes Gangbild, Fußabrollen und Belastung schmerzbedingt eingeschränkt. Schwellung über dem Außenknöchel, keine Rötung, Hämatomverfärbung, keine offene Wunde erkennbar, druckempfindlich. Supination und Pronation schmerzhaft, geringer DS über der Syndesmose anterior. Kein DS über Mittelfuß oder prox. US. Keine Talusschublade erkennbar. Distale pDMS intakt.“ In dem am 17. April 2019 bei Gericht gestellten Terminverlegungsantrag gab die Prozessbevollmächtigte an, dass sie immer noch nicht auf ihrem linken Fuß auftreten könne und starke Schmerzen habe.

Nach § 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt werden. Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „erheblichen Gründe“ ist einerseits dem im Verwaltungsprozess geltenden Gebot der Beschleunigung des Verfahrens und der Intention des Gesetzes, die gerichtliche Entscheidung möglichst aufgrund einer einzigen mündlichen Verhandlung herbeizuführen, andererseits dem verfassungsrechtlichen Erfordernis des rechtlichen Gehörs Rechnung zu tragen (BVerwG, B.v. 25.9.2013 - 1 B 8.13 - juris Rn. 13; B.v. 28.4.2008 - 4 B 47.07 - juris Rn. 22 jeweils m.w.N.). Der Anspruch auf rechtliches Gehör schließt das Recht eines Beteiligten ein, sich durch einen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen (BVerwG, B.v. 21.12.2009 - 6 B 32.09 - juris Rn. 3; Jaspersen in BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, Stand 1.3.2019, § 227 Rn. 7). Das Fehlen einer ordnungsgemäßen Vertretung in der mündlichen Verhandlung infolge einer kurzfristigen, überraschenden Erkrankung eines als Einzelanwalt tätigen Prozessbevollmächtigten mit daraus folgender Unzumutbarkeit des Erscheinens oder des Verhandelns ist daher in der Regel ein erheblicher Grund für eine Terminsänderung (BVerwG, B.v. 20.4.2017 - 2 B 69.16 - juris Rn. 9; B.v. 21.12.2009 a.a.O. Rn. 3; BVerfG, B.v. 8.2.2001 - 2 BvR 266/99 - juris Rn. 2), wenn die Erkrankung so schwer ist, dass ein Erscheinen zum Termin nicht erwartet werden kann (vgl. BFH, B.v. 1.4.2009 - X B 78/08 - juris Rn. 5). Liegt ein solcher Grund vor, verdichtet sich angesichts des hohen Ranges des Anspruchs auf rechtliches Gehör das durch § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingeräumte Ermessen regelmäßig zu einer entsprechenden Verpflichtung des Gerichts (BVerwG, B.v. 21.12.2009 a.a.O. Rn. 3; B.v. 22.5.2001 - 8 B 69.01 - Buchholz 303 § 227 ZPO Nr. 30 S. 6 = juris Rn. 5).

Dem verhinderten Beteiligten obliegt es, die Hinderungsgründe, auf die er sich berufen will, möglichst noch vor dem Termin schlüssig und substantiiert darzulegen, so dass das Gericht in die Lage versetzt wird, das Vorliegen eines erheblichen Grundes zu beurteilen und ggf. eine Ergänzung des Vortrags und (weitere) Glaubhaftmachung gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 2 ZPO zu verlangen (BVerwG, B.v. 26.4.1999 - 5 B 49.99 - juris Rn. 3, 6; B.v. 20.6.2000 - 5 B 27.00 - juris Rn. 10; B.v. 22.5.2001 a.a.O. Rn. 5; B.v. 29.4.2004 - 1 B 203.03 - juris Rn. 4; BFH, B.v. 27.1.2010 - VIII B 221/09 - juris Rn. 6). Letztere sieht das Gesetz vor, wenn dem Gericht zweifelhaft erscheint, ob der von dem Beteiligten schlüssig behauptete Sachverhalt zutrifft (BVerwG, B.v. 20.6.2000 a.a.O.). Dabei dürfen vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Ranges der prozessualen Gewährleistung des rechtlichen Gehörs keine überzogenen Anforderungen gestellt werden (BVerwG, B.v. 20.6.2000 a.a.O.; B.v. 21.12.2009 a.a.O. Rn. 4). Im Einzelfall kann der bloße Vortrag genügen (Wendl in Beermann/Gosch, AO/FGO, Stand April 2019, § 91 FGO Rn. 86; BFH, U.v. 26.5.1992 - VII R 26/91 - BFH/NV 1993, 177 = juris Rn. 17 f.). Die Glaubhaftmachung muss zeitlich möglich und zumutbar sein (BFH, B.v. 27.1.2010 a.a.O. Rn. 8 f. m.w.N.).

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hat mit ihrem Verlegungsantrag vom 17. April 2019 vorgetragen, sie könne nicht mit ihrem linken Fuß auftreten und habe starke Schmerzen. Zur Untermauerung dieses Vortrags hat sie den Behandlungsbericht der Unfallambulanz vorgelegt, aus dem sich neben der Diagnose Sprunggelenksdistorsion ergibt, dass eine medikamentöse Schmerzbehandlung erfolgt und ihr empfohlen worden ist, den Fuß hochzulagern und zu kühlen. Ferner hat sie in einem Telefonat mit dem Gericht, über das kein Aktenvermerk gefertigt worden ist, mitgeteilt, sie könne ihre Wohnung nicht verlassen. Auch wenn die Diagnose keine Aussage zum Schweregrad der Distorsion enthält, ergibt sich hieraus und dem Vortrag der Bevollmächtigten schlüssig und hinreichend substantiiert, dass sie schmerzbedingt nicht laufen konnte und ihr damit eine Anreise von Nürnberg zum Gerichtssitz nach Bayreuth und eine längere Asylverhandlung nicht zumutbar waren (vgl. BVerwG, B.v. 21.12.2009 - 6 B 32.09 - juris Rn. 5 zu einem akuten Arthritisanfall in den Händen).

Die Prozessbevollmächtigte war nicht verpflichtet, bereits mit ihrem Terminänderungsantrag ein ärztliches Attest oder eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Denn nach § 227 Abs. 2 ZPO sind die erheblichen Gründe erst auf Verlangen des Vorsitzenden bzw. des Gerichts glaubhaft zu machen. Eine entsprechende richterliche Aufforderung lässt sich den Akten jedoch ebenso wenig entnehmen wie die Aufforderung, den Vortrag zur Reise- und Verhandlungsunfähigkeit zu ergänzen. Auch aus der Ladung zur mündlichen Verhandlung ging nicht hervor, dass ein eventueller Hinderungsgrund sofort glaubhaft zu machen sei.

Von Gesetzes wegen ist zunächst ein schlüssiger Vortrag gefordert (BVerwG, B.v. 20.6.2000 a.a.O. Rn 10; vgl. auch BFH, B.v. 27.1.2010 a.a.O. juris Rn. 4; OVG LSA, B.v. 31.1.2017 - 2 L 34/16 - juris Rn. 6 ff.), wobei bei kurzfristigen Erkrankungen ggf. strenge(re) Anforderungen an den Vortrag gestellt werden können (vgl. BFH, B.v. 10.3.2005 - IX B 171/03 - juris Rn. 4; BSG, B.v. 13.8.2015 - B 9 V 13/15 B - juris Rn. 15; LSG Nds.-Bremen, U.v. 15.6.2016 - L 2 R 287/14 - juris Rn. 23). Da es keine Anzeichen dafür gab, dass der Gerichtstermin hinausgezögert werden sollte oder dass eine Erkrankung in Wahrheit nicht vorlag (vgl. BVerwG, B.v. 26.1.2016 - 2 B 34.14 u.a. - juris Rn. 21), hätte jedenfalls ein hinreichender tatsächlicher Anlass bestanden, ggf. durch einen Rückruf bei der Prozessbevollmächtigten von Amts wegen weitere für erforderlich gehaltene Ermittlungen zur Schwere der Krankheitssymptome anzustellen bzw. sie zur Ergänzung ihres Vortrags aufzufordern (vgl. BVerwG, B.v. 21.12.2009 a.a.O. Rn. 6; BFH, B.v. 27.1.2010 a.a.O. Rn. 5 m.w.N. und B.v. 1.4.2009 - X B 78/08 - juris Rn. 5).

Der Gehörsverstoß ist auch ohne Darlegung dessen, was die Kläger bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätten, hinreichend dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG), da sie sich in der mündlichen Verhandlung zu dem gesamten Verfahrensstoff nicht äußern konnten, so dass sich nachträglich nicht feststellen lässt, wie die mündliche Verhandlung im Fall der Anwesenheit der Prozessbevollmächtigten verlaufen wäre (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 223; BVerwG, B.v. 21.12.2009 a.a.O. Rn. 2; OVG NW, B.v. 13.7.2018 - 9 A 1980/17.A - juris Rn. 2 jeweils m.w.N.). Damit sind sie objektiv nicht in der Lage, Ausführungen darüber zu machen, was sie noch vorgetragen hätten (BVerwG, a.a.O.).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2019 - 11 ZB 19.32471

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2019 - 11 ZB 19.32471

Referenzen - Gesetze

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2019 - 11 ZB 19.32471 zitiert 8 §§.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 78 Rechtsmittel


(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 138


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn1.das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2.bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes aus

Zivilprozessordnung - ZPO | § 227 Terminsänderung


(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht1.das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 91


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, beim Bundesfinanzhof von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkü

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2019 - 11 ZB 19.32471 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2019 - 11 ZB 19.32471 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 31. Jan. 2017 - 2 L 34/16

bei uns veröffentlicht am 31.01.2017

Gründe 1 Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat Erfolg. 2 Der Senat lässt die Berufung auf der Grundlage des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO zu. Die Kläger rügen zu Recht, das Verwaltungsgericht habe ihren Anspruch auf Gewäh

Bundessozialgericht Beschluss, 13. Aug. 2015 - B 9 V 13/15 B

bei uns veröffentlicht am 13.08.2015

Tenor Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. September 2014 Prozesskostenhilf

Bundesfinanzhof Beschluss, 27. Jan. 2010 - VIII B 221/09

bei uns veröffentlicht am 27.01.2010

Gründe 1 Die Beschwerde ist begründet. 2 Das angefochtene U

Referenzen

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Gründe

1

Die Beschwerde ist begründet.

2

Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger); die Sache wird deshalb unter Aufhebung des Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen (§ 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

3

1. Die Entscheidung des FG ohne die von den Klägern beantragte Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung verletzt deren Anspruch auf rechtliches Gehör.

4

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist ein Gericht verpflichtet, anberaumte Verhandlungstermine zu verlegen, wenn hierfür erhebliche Gründe i.S. des § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO vorliegen (BFH-Beschlüsse vom 23. November 2001 V B 224/00, BFH/NV 2002, 520; vom 1. Februar 2002 II B 38/01, BFH/NV 2002, 938; vom 18. März 2003 I B 122/02, BFH/NV 2003, 1584). Zu den erheblichen Gründen gehören schon vor der Terminbekanntgabe geplante Urlaubsreisen (BFH-Beschluss vom 24. September 2008 VIII B 190/07, juris), anderweitig wahrzunehmende Gerichtstermine (BFH-Beschluss vom 12. Januar 2004 VII B 122/03, BFH/NV 2004, 654, m.w.N.) oder Erkrankungen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. August 2005 II B 47/04, BFH/NV 2005, 2041, und vom 10. Juni 2008 I B 211/07, BFH/NV 2008, 1697), wenn eine Vertretung nicht in Betracht kommt oder als nicht zumutbar erscheint (vgl. BFH-Beschluss vom 24. September 2008 VIII B 190/07, juris; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 91 Rz 4, m.w.N.).

5

b) Ob im Einzelfall solche Gründe für eine Terminsverlegung gegeben sind, muss das FG anhand der ihm bekannten Umstände beurteilen. Die Voraussetzungen durch Vortrag entsprechender Tatsachen zu schaffen, ist Aufgabe desjenigen, der die Verlegung beantragt (BFH-Beschluss vom 28. August 2002 V B 71/01, BFH/NV 2003, 178, m.w.N.). Das gilt insbesondere dann, wenn der Antrag --wie hier-- erst kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellt wird (BFH-Beschluss vom 24. September 2008 VIII B 190/07, juris).

6

c) Hält das FG die Begründung für die Terminsverlegung nicht für ausreichend, muss es den Beteiligten aber regelmäßig zur Ergänzung seines Vortrags auffordern. Auch kann es verlangen, dass der Vortrag glaubhaft gemacht wird (§ 227 Abs. 2 ZPO; vgl. auch BFH-Beschlüsse vom 29. Juni 1992 V B 9/91, BFH/NV 1993, 180, und vom 16. November 2006 IX B 83/06, BFH/NV 2007, 476).

7

aa) Dies gilt nicht nur, wenn der Antrag auf Terminsänderung mehrere Tage vor dem anberaumten Termin beim FG gestellt wird, sondern auch --wenngleich mit Einschränkungen-- für Anträge "in letzter Minute" vor dem Termin, wie hier am Tag vor der anberaumten Verhandlung (BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1697). In diesen Fällen ist ein --mit eingetretener Erkrankung begründeter-- Verlegungsantrag nach der ständigen BFH-Rechtsprechung nur beachtlich, wenn der Beteiligte die Gründe für die Verhinderung so darlegt und untermauert, dass das Gericht die Frage, ob die betreffende Person verhandlungs- und reiseunfähig ist oder nicht, selbst ohne Rückfrage beurteilen kann (BFH-Beschluss vom 1. April 2009 X B 78/08, Zeitschrift für Steuern und Recht --ZSteu-- 2009, R 674, m.w.N.).

8

Ist indessen der vorgetragene Verhinderungsgrund --wie im Streitfall eine bereits terminierte Fortbildungsveranstaltung-- seiner Art nach den Gründen i.S. des § 227 ZPO zuzurechnen, muss das FG Zweifel, ob der angegebene Grund tatsächlich gegeben ist, durch die in Abs. 2 der Vorschrift vorgesehene Aufforderung ausräumen, den Vortrag glaubhaft zu machen, soweit dies zeitlich möglich und zumutbar ist.

9

bb) Diese zeitliche Zumutbarkeit ist unabhängig von der Tatsache, dass ein Beteiligter vor Bekanntgabe einer positiven Bescheidung seines Verlegungsantrags grundsätzlich von einer Durchführung des anberaumten Termins auszugehen hat (vgl. BFH- Beschlüsse vom 12. November 1998 V B 30/98, V B 41/98, V B 99/98, BFH/NV 1999, 647; in ZSteu 2009, R 674), allein danach zu beurteilen, ob das Gericht in der Zeit zwischen Eingang des Antrags und Eröffnung der mündlichen Verhandlung die tatsächliche Möglichkeit einer solchen Aufforderung zur Glaubhaftmachung hat.

10

2. Nach diesen Grundsätzen kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben.

11

a) Mit dem am Vortag der mündlichen Verhandlung um 15:16 Uhr eingegangenen Fax haben die Prozessbevollmächtigten der Kläger Terminverlegung unter Hinweis auf eine zuvor "übersehene" Überschneidung "mit einer nicht verschiebbaren Fortbildungsveranstaltung" begründet. Auf dieser Grundlage musste aus der Sicht des FG von einer bereits vorher terminierten Fortbildungsveranstaltung ausgegangen werden, die ihrer Art nach umso mehr als erheblicher Grund i.S. des § 227 Abs. 1 ZPO anzusehen ist, als bereits terminierte Urlaubsreisen zu diesen Gründen gezählt werden.

12

b) Denkbare Zweifel daran, ob diese Veranstaltung tatsächlich für den gesamten Verhandlungstag ein zeitliches Hindernis darstellte, ggf. aufgrund kurzfristiger Planung unbeachtlich gewesen sein könnte (BFH-Beschluss vom 27. September 1988 VII B 95/88, BFH/NV 1989, 379) oder der Verhandlungstermin auch durch ein anderes Mitglied der prozessvertretenden Sozietät hätte wahrgenommen werden können (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Dezember 1997 X B 23/96, BFH/NV 1998, 726), betreffen nicht die von den Beteiligten unmittelbar und ohne Aufforderung zu leistende substantiierte Darlegung eines Vertagungsgrundes, sondern dessen Glaubhaftmachung.

13

Das Fehlen dieser Glaubhaftmachung kann nach der Regelung in § 227 Abs. 2 FGO den Beteiligten regelmäßig nur nach entsprechender erfolgloser Aufforderung durch das Gericht bzw. dessen Vorsitzenden entgegengehalten werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 23. August 2006 V B 171/04, juris; vom 5. März 2008 I B 109, 111-113/07, juris). Der Ausnahmefall, dass dies wegen der Kurzfristigkeit des Verlegungsantrags zeitlich nicht möglich ist, liegt im Streitfall ersichtlich nicht vor, weil der Antrag bereits am frühen Nachmittag des Vortages zur mündlichen Verhandlung einging und weder zu diesem Zeitpunkt noch vor dem Beginn der mündlichen Verhandlung ein erkennbares Hindernis für eine Aufforderung per Fax (über die gerichtsbekannte Fax-Nummer der Bevollmächtigten) oder Telefon bestanden hätte.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, beim Bundesfinanzhof von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Gründe

1

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat Erfolg.

2

Der Senat lässt die Berufung auf der Grundlage des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO zu. Die Kläger rügen zu Recht, das Verwaltungsgericht habe ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil es nach § 102 Abs. 2 VwGO in Abwesenheit ihres Prozessbevollmächtigten die mündliche Verhandlung am 25.02.2016 durchgeführt und auf dieser Grundlage entschieden hat, obwohl ihr Prozessbevollmächtigter an diesem Tag einen Terminsverlegungsantrag wegen einer plötzlichen Erkrankung gestellt hat.

3

Gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt werden. Dadurch soll den Beteiligten die sachgerechte Wahrnehmung ihrer Rechte im Prozess ermöglicht werden. Dies schließt das Recht eines Beteiligten ein, sich durch einen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen. Das Fehlen einer ordnungsgemäßen Vertretung in der mündlichen Verhandlung infolge einer kurzfristigen, überraschenden Erkrankung des Prozessbevollmächtigten ist daher in der Regel ein erheblicher Grund für eine Terminsänderung (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 21.12.2009 – BVerwG 6 B 32.09 –, juris, RdNr. 3, m.w.N.).

4

Allerdings obliegt es dem Prozessbevollmächtigten, die Hinderungsgründe, auf die er sich berufen will, möglichst noch vor dem Termin schlüssig und substantiiert darzulegen, so dass das Gericht in die Lage versetzt wird, das Vorliegen eines erheblichen Grundes zu beurteilen und gegebenenfalls eine (weitere) Glaubhaftmachung gemäß § 227 Abs. 2 ZPO zu verlangen; bei alledem dürfen vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Ranges der prozessualen Gewährleistung des rechtlichen Gehörs keine überzogenen Anforderungen gestellt werden (BVerwG, Urt. v. 21.12.2009, a.a.O., RdNr. 4, m.w.N.). Wird der Antrag auf Terminsverlegung mit einer plötzlichen Erkrankung des Prozessbevollmächtigten begründet, müssen gegenüber dem Gericht regelmäßig nähere Angaben zu Art und Schwere der Krankheit gemacht und diese ggf. durch Vorlage eines ärztlichen Attestes glaubhaft gemacht werden (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 20.04.2011 – 11 LA 57/11 –, juris, RdNr. 7, m.w.N).

5

Der Obliegenheit, den Hinderungsgrund schlüssig darzulegen, ist der Prozessbevollmächtigte der Kläger nachgekommen. In seinem Antrag vom 25.02.2016 auf Verlegung des für diesen Tag um 12.30 Uhr anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung mit dem Vermerk "Eilt sehr! Bitte sofort vorlegen" hat er anwaltlich versichert, dass er am Vorabend überraschend – mutmaßlich an einer akuten Grippe – erkrankt sei und sich die Erkrankung durch Hustenanfälle, Erbrechen, Durchfall, Schwindelgefühle und Mattigkeit bemerkbar gemacht habe. Möglicherweise habe er sich bei seiner Mitarbeiterin angesteckt, die wegen einer schweren Grippe ihres kleinen Sohnes bereits seit ein paar Tagen arbeitsunfähig geschrieben sei. Angesichts seines Gesundheitszustandes sei er nicht in der Lage, sicher Auto zu fahren und die Kläger wie abgesprochen mitzunehmen sowie sinnvoll an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Er werde sich noch am selben Tag zum Arzt begeben.

6

Den Terminsverlegungsantrag durfte das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung nicht mit der Begründung ablehnen, ein erheblicher Grund im Sinne von § 227 ZPO i.V.m. § 173 VwGO sei nicht glaubhaft gemacht worden, weil dem Verlegungsantrag kein ärztliches Attest beigefügt gewesen sei. Hinderungsgründe nach § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind dann glaubhaft zu machen, wenn dem Gericht zweifelhaft erscheint, ob der von dem Beteiligten schlüssig behauptete Sachverhalt zutrifft (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.06.2000 – BVerwG 5 B 27.00 –, juris, RdNr. 10). Es ist allgemein anerkannt, dass auch eine anwaltliche Versicherung über selbst erlebte Vorgänge ein zulässiges Beweismittel zur Glaubhaftmachung einer Behauptung im Sinne des § 294 Abs. 1 ZPO (i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO) darstellt, das allerdings vom Gericht frei zu würdigen ist (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 20.04.2011, a.a.O., RdNr. 7, m.w.N.). Wenn auch das Gericht bei einer wenige Stunden vor dem Verhandlungstermin geltend gemachten Erkrankung den Termin nicht ohne Weiteres verlegen muss, besteht jedenfalls ein hinreichender tatsächlicher Anlass, durch einen Rückruf in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten von Amts wegen weitere für erforderlich gehaltene Ermittlungen wegen der geltend gemachten Erkrankung anzustellen und gegebenenfalls – wie von § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 2 ZPO vorgesehen – eine (weitere) Glaubhaftmachung der Verhinderung durch Vorlage eines ärztlichen Attestes zu verlangen, wenn bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung noch eine auskömmliche Zeitspanne zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.12.2009, a.a.O., RdNr. 6). Nach § 227 Abs. 2 ZPO sind die erheblichen Gründe nur "auf Verlangen des Vorsitzenden" glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung ist also keine förmliche Voraussetzung des Vortrags eines erheblichen Grundes im Sinne des § 227 ZPO, sondern (erst) auf Verlangen hin erforderlich (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.06.2000, a.a.O.).

7

An einem solchen Verlangen des Einzelrichters nach einer Glaubhaftmachung der anwaltlich versicherten kurzfristigen Erkrankung fehlt es hier, obwohl zwischen dem Eingang des Verlegungsantrages beim Verwaltungsgericht um 9.47 Uhr und dem Beginn der mündlichen Verhandlung um 12.30 Uhr eine auskömmliche Zeitspanne zur Verfügung stand. Vielmehr ergibt sich – wie die Kläger mit Recht rügen –, dass der Prozessbevollmächtigte sogar versucht hat, den Einzelrichter telefonisch zu erreichen, um zu erfahren, ob er dem Antrag auf Terminsverlegung entspricht. Aus diesen Vermerken ergibt sich ferner, dass die Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts den Einzelrichter über die Bitte des Prozessbevollmächtigten um Rückruf in Kenntnis gesetzt und (ausnahmsweise) seine Durchwahl herausgegeben hat. Ein entsprechender Rückruf erfolgte jedoch nicht.

8

Der Einzelrichter durfte den Terminsverlegungsantrag auch nicht mit der Begründung ablehnen, ein erkrankter Einzelanwalt müsse im Ergebnis in einem zumutbaren Umfang für einen Vertreter sorgen. Bei einer Erkrankung eines Prozessbevollmächtigten ist in der Regel davon auszugehen, dass die Verhinderung unverschuldet und damit ein "erheblicher Grund" im Sinne von § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist. Eine andere Beurteilung ist zwar dann geboten, wenn es sich nicht um eine plötzliche, nicht vorhersehbare, sondern um eine chronische, wiederholt in gleicher Weise auftretende Erkrankung handelt, die den Anwalt außerstande setzt, seinen Berufspflichten ordnungsgemäß nachzukommen; ihn trifft eine Vorsorgepflicht dann, wenn sein eigener Gesundheitszustand hierzu Anlass gibt, also für ihn erkennbar eine geordnete Erfüllung seiner prozessualen Mitwirkungspflichten wesentlich behindert (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 22.05.2001 – BVerwG 8 B 69.01 –, NJW 2001, 2735, RdNr. 8 in juris, m.w.N.). Dafür ist hier nichts ersichtlich. Die vom Einzelrichter in diesem Zusammenhang zitierte Kommentarstelle (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl., RdNr. 23), nach der "auch derjenige Anwalt, der ohne einen Sozius arbeitet, leider grundsätzlich für einen Vertreter sorgen muss", betrifft ersichtlich nicht die hier in Rede stehende Fallgestaltung einer plötzlichen, nicht vorhersehbaren Erkrankung.


Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. September 2014 Prozesskostenhilfe zu gewähren und Rechtsanwalt T. D., M., beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im genannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt Versorgungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

2

Die 1978 geborene Klägerin ist serbisch-montenegrinischen Staatsangehörige. Sie reiste im August 1995 in die Bundesrepublik Deutschland ein und lebt dort bis Dezember 1997 ohne Duldung oder sonstigen Aufenthaltstitel. Seit dem 18.3.2006 besitzt sie aufgrund der Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen eine Aufenthaltserlaubnis.

3

Im August 2005 beantragte die Klägerin die Gewährung von Beschädigtenversorgung. Sie sei erblindet, nachdem ihr damaliger Verlobter sie im März 1996 in einem Asylbewerberwohnheim körperlich misshandelt habe. Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin ab (Bescheid vom 19.6.2008, Widerspruchsbescheid vom 11.7.2008), weil sich aus den beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft kein Nachweis des von der Klägerin vorgetragenen Sachverhalts ergebe. Unbeteiligte Zeugen hätten ausgesagt, dass die Klägerin bereits vor der vermeintlichen Tat erheblich sehbehindert gewesen sei. Wie die beigezogenen ärztlichen Unterlagen zeigten, sei Ursache der Erblindung der Klägerin eine angeborene Augenerkrankung.

4

Das von der Klägerin angerufene SG Osnabrück hat ihre Klage zurückgewiesen (Urteil vom 11.4.2012). Die in größerer Zahl mit beachtlicher Aussagekraft vorliegenden Beweismittel bestätigten die Angaben der Klägerin nicht, zumal ihr gesamtes Verhalten auf Entschädigung ausgerichtet sei. Das vom Gericht eingeholte augenärztliche Sachverständigengutachten habe zudem bestätigt, dass die Erblindung der Klägerin auf ein beidseitiges Glaukom und nicht auf eine Gewalteinwirkung zurückzuführen sei.

5

Mit Urteil vom 25.9.2014 hat das LSG ebenfalls einen Anspruch der Klägerin auf Entschädigungsleistungen nach dem OEG iVm dem BVG verneint, weil der Vollbeweis eines gegen die Klägerin gerichteten Angriffs iS von § 1 OEG nicht erbracht sei. Dagegen sprächen ua ihre im Verlauf der Zeit wechselnden und widersprüchlichen Angaben.

6

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt, für die sie die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt hat. Sie macht geltend, das LSG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör sowie seine Pflicht zur Amtsermittlung verletzt.

7

II. 1. Der PKH-Antrag der Klägerin ist unbegründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO). Daran fehlt es hier (2.).

8

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil weder die behauptete Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (a) noch des Anspruchs auf rechtliches Gehör (b) ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

9

a) Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde wie im Fall der Klägerin darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§ 103 SGG), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist.

10

Die Klägerin hat nicht dargelegt, einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt zu haben. Dafür hätte sie nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufzeigen müssen, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte mit welchem voraussichtlichen Ergebnis Beweis erhoben werden sollte. Denn wesentliche Merkmale eines hinreichend substantiierten Beweisantrags sind eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN). Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst eindeutig und präzise zu bezeichnen und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben hätte. Nur dies versetzt die Vorinstanz in die Lage, die Entscheidungserheblichkeit des Beweisantrags zu prüfen und gegebenenfalls ihre Ablehnung hinreichend iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zu begründen(Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl 2014, § 160a RdNr 96 mwN). Unbestimmte bzw unsubstantiierte Beweisanträge brauchen dem Gericht dagegen keine Beweisaufnahme nahezulegen (vgl BSG Urteil vom 19.10.201 - B 13 R 303/11 R - NZS 2012, 230; BSG Beschluss vom 19.11.2009 - B 13 R 303/09 B - BeckRS 2010, 65789 RdNr 12). Beweisantragstellern obliegt es daher, die behauptete Tatsache zu individualisieren, dh insbesondere in örtlicher und zeitlicher Hinsicht fassbar zu machen. Für Tatsachen aus dem persönlichen Lebensbereich sind die Anforderungen dabei strenger als bei Tatsachen, die typischerweise nicht in ihren Einzelheiten gekannt werden (Dawin in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 27. Ergänzungslieferung Oktober 2014, § 86 RdNr 92 ).

11

Diese Substantiierungsanforderungen verfehlt der in der mündlichen Verhandlung beim LSG gestellte Antrag,

        

den damals (1995/1996) in dem Asylbewerberheim als Hausmeister tätigen F. M. als Zeugen dazu zu vernehmen, dass die Klägerin damals durch Angehörige des H.-Clan und insbesondere durch den G. H. körperlich misshandelt worden ist,

weil der Antrag unvollständig und zu ungenau ist. Das unter Beweis gestellte Geschehen lag beinahe 20 Jahre zurück und das LSG hatte dazu bereits umfangreich ermittelt. Es genügte daher zur hinreichenden Konkretisierung der Beweistatsache nicht, lediglich einen Tatzeitraum von ungefähr zwei Jahren zu umreißen ("1995/1996") und eine nicht näher beschriebene "körperliche Misshandlung" anzuführen, ohne diese zeitlich oder örtlich genauer einzugrenzen und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme anzugeben. Mit diesen angesichts der konkreten Fallumstände viel zu vagen Angaben konnte der Beweisantrag seine Warnfunktion nicht erfüllen und das LSG nicht zu weiteren Ermittlungen drängen. Soweit den Ausführungen der Klägerin in diesem Zusammenhang zu entnehmen ist, dass sie sich auch gegen die Verwertung der schriftlich fixierten Aussage des Zeugen im polizeilichen Vernehmungsprotokoll vom 23.11.2007 im Wege des Urkundenbeweises wendet, rügt sie hinreichend deutlich zugleich einen Verstoß gegen das Gebot der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 117 SGG). Die Verwertung von Zeugenaussagen aus beigezogenen Akten - wie hier den staatsanwaltlichen Ermittlungsakten - ist indes nicht unzulässig. Ausnahmen gelten, wenn die inhaltliche Richtigkeit der Aussage substantiiert bestritten wird (BFH Beschluss vom 24.9.2013 - XI B 75/12) oder Glaubwürdigkeitsaspekte von Bedeutung sind (vgl BSG SozR 3-1500 § 117 Nr 1). Die Beschwerdebegründung weist zwar auf Einzelaspekte hin, die darauf abzielen, die Aussage des Zeugen im Rahmen der polizeilichen Vernehmung in Zweifel zu ziehen. Sie versäumt aber jedenfalls darzulegen, dass und inwieweit das Berufungsurteil hierauf beruht.

12

Soweit die Klägerin beantragt hat,

        

die Humangenetikerin Dr. G. ergänzend dazu zu befragen, dass das bei ihr bestehende Glaukom nicht wesentliche Ursache für ihre Erblindung ist,

hat sie schon nicht wie erforderlich angegeben, welche Art Beweismittel - Sachverständigengutachten, sachverständige Zeugenaussage usw - das LSG damit nach ihrem Willen nutzen sollte. Vor allem aber fehlte die Angabe, welches Ergebnis die beantragte Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben würde (vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13). Vielmehr benennt die Beschwerde selber verschiedene, sich gegenseitig ausschließende mögliche Beweisergebnisse. Schließlich legt sie auch nicht dar, warum nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des LSG die begehrte Beweisaufnahme entscheidungserheblich sein sollte, obwohl das LSG jedenfalls einen rechtswidrigen tätlichen Angriff auf die Klägerin verneint hatte und deswegen die Ursache ihrer Erblindung für die Entscheidungen des Gerichts ansonsten keine tragende Rolle spielte.

13

Mit dem Verweis auf ihren beim LSG gestellten Antrag, sie persönlich zu hören, hat die Klägerin bereits kein zulässiges Beweismittel und damit ebenfalls keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag bezeichnet. Denn im sozialgerichtlichen Verfahren kommt eine Parteivernehmung zulässigerweise weder auf Antrag noch von Amts wegen in Betracht (stRspr vgl BSG vom 27.5.2011 - B 12 KR 79/10 B - Juris RdNr 8; vom 18.2.2003 - B 11 AL 273/02 B - Juris RdNr 3; vom 24.11.1990 - 1 BA 45/90 - SozR 3-1500 § 160a Nr 2 S 2; vom 20.1.1988 - 1 BA 51/87 - Juris), da § 118 Abs 1 S 1 SGG nicht auf die §§ 445 ff ZPO verweist. Aber selbst wenn in eng begrenzten Ausnahmefällen eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht iS des § 103 SGG durch Verzicht auf eine solche Anhörung angenommen werden könnte, hätte unter Beachtung der Darlegungserfordernisse einer ordnungsgemäßen Sachaufklärungsrüge(vgl BSG vom 22.9.2008 - B 5 R 104/08 B) vorgetragen werden müssen, dass hier ein derartiger Sachverhalt vorliegt. Insbesondere hätte es der Darlegung bedurft, aus welchen Gründen im Einzelnen das LSG trotz der vielfachen Äußerungen der Klägerin in den vorangegangenen Ermittlungs-, Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren sich hätte gedrängt fühlen müssen, die Klägerin persönlich zu hören. Das LSG hat die Berufung unter anderem wegen des widersprüchlichen und wechselnden Vortrags der Klägerin zu verschiedenen Zeitpunkten und bei unterschiedlichen Anlässen zurückgewiesen. Die Beschwerde legt nicht dar, wie und warum gerade eine persönliche Anhörung der Klägerin diese sachlichen Widersprüche hätte ausräumen können, obwohl die Klägerin in diesem und in anderen Verfahren ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, die sie auch genutzt hat.

14

Unabhängig davon fehlen in dem beim LSG gestellten Antrag auf persönliche Anhörung jegliche Angaben dazu, zu welchem Beweisthema die Klägerin noch hätte welche Aussage machen können, die das LSG noch nicht berücksichtigt hatte. Soweit sich die Beschwerde um den Beweisantrag zu untermauern im Einzelnen mit der Beweiswürdigung des LSG auseinandersetzt, übersieht sie, dass § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG diese der Beurteilung durch das Revisionsgericht vollständig entzieht. Kraft der darin enthaltenen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl 2014, § 160 RdNr 58 mwN).

15

b) Die behauptete Verletzung ihres rechtlichen Gehörs hat die Klägerin ebenfalls nicht hinreichend substantiiert dargetan. Die Ablehnung eines Antrags auf Terminverlegung verletzt den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, wenn der Beteiligte aus erheblichen Gründen am Erscheinen verhindert ist (§ 202 S 1 SGG iVm § 227 ZPO) und die Ablehnung der Verlegung den Beteiligten in der sachgemäßen Wahrnehmung seiner Rechte beeinträchtigt (Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 66 RdNr 6d mwN). Ein erheblicher Grund ist auf Verlangen glaubhaft zu machen (vgl § 202 S 1 SGG iVm § 227 Abs 2 ZPO). Bei kurzfristig gestellten Anträgen auf Terminverlegung dürfen die Gerichte wegen der damit verbundenen Missbrauchsgefahr an die Glaubhaftmachung der Verhandlungsunfähigkeit hohe Anforderungen stellen (s auch BFH vom 9.11.2009, BFH/NV 2010, 230, 231 = Juris RdNr 7; BFH vom 26.11.2009, BFH/NV 2010, 907, 908 = Juris RdNr 6). Wird eine Terminverlegung daher erst einen Tag vor der anberaumten mündlichen Verhandlung beantragt und mit einer Erkrankung begründet, so muss dieser Verhinderungsgrund so dargelegt und untermauert sein, dass das Gericht ihn ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 110 Nr 1 mwN; BSG Beschluss vom 3.7.2013 - B 12 R 38/12 B - Juris RdNr 12). Insoweit hat das LSG der Klägerin zu Recht entgegengehalten, dass sie ihren einen Tag vor der anberaumten Verhandlung gestellten Verlegungsantrag zwar mit einer Erkrankung begründet, diese jedoch lediglich behauptet, aber durch nichts belegt hat, insbesondere nicht durch Vorlage eines ärztlichen Attestes. Die von ihren Prozessbevollmächtigten nunmehr im NZB-Verfahren vorgelegte Bescheinigung ist erst ein halbes Jahr nach dem behaupteten Krankenhausaufenthalt ausgestellt worden; sie kann die rechtzeitige Vorlage an das LSG nicht ersetzen.

16

Darüber hinaus fehlt es an der Darlegung, warum eine persönliche Anwesenheit der Klägerin beim Termin zur mündlichen Verhandlung zwingend notwendig gewesen wäre, um ihr rechtliches Gehör zu wahren, obwohl sie im Termin von ihrem Prozessbevollmächtigten vertreten wurde und sich vorher mehrfach zum Sachverhalt geäußert hat.

17

3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

18

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

19

4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.