Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2016 - 11 CS 16.690
vorgehend
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.
(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.
(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.
(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.
(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.
(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.
(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen
- 1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder - 2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.
(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.
(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.
(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.
(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.
(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.
(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.
(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem
- 1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation, - 2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung, - 3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“, - 4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder - 5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,
- 1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist, - 2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter, - 3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind, - 4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, - 5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, - 6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde, - 7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen, - 8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder - 9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn - a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder - b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,
- 1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder - 2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.
(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.
(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.
(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.
(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.
(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.
(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn
- 1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist, - 2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben, - 3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und - 4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
(11) Die Teilnahmebescheinigung muss
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass
- 1.
ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit begründen, oder - 2.
ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn - a)
nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen, - b)
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden, - c)
ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde,- d)
die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe entzogen war oder - e)
sonst zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht.
(1) Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass
- 1.
Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11. Mai 2011 (BGBl. I S. 821) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, - 2.
Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder - 3.
missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen
(2) Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn
- 1.
die Fahrerlaubnis aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe durch die Fahrerlaubnisbehörde oder ein Gericht entzogen war, - 2.
zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder – ohne abhängig zu sein – weiterhin die in Absatz 1 genannten Mittel oder Stoffe einnimmt, oder - 3.
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. § 13 Nummer 2 Buchstabe b bleibt unberührt.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Tatbestand
I.
Gründe
II.
(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.
(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.
(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.
(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.
(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.
Tenor
I.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.
(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem
- 1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation, - 2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung, - 3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“, - 4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder - 5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,
- 1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist, - 2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter, - 3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind, - 4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, - 5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, - 6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde, - 7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen, - 8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder - 9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn - a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder - b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,
- 1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder - 2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.
(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.
(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.
(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.
(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.
(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.
(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn
- 1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist, - 2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben, - 3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und - 4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
(11) Die Teilnahmebescheinigung muss
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.
(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.
(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.
(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.
(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der im Jahre 1980 geborene Kläger war Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen.
3Am 28. September 2014 wurde er um 1:20 Uhr von der Polizei im Rahmen einer Verkehrskontrolle mit seinem Pkw in F. angehalten. Nach dem Eindruck der Beamten, waren die Pupillen eng bzw. klein, reagierten unzureichend auf den freiwillig durchgeführten Lichtreflexionstest und war ein leichtes Flimmern der Augenlieder zu beobachten. Ein vor Ort freiwillig durchgeführter Drogenvortest (Urinprobe) verlief positiv auf THC. Nach dem polizeilichen Bericht gab der Kläger nach dem positiven Drogenvortest und zuvor erfolgter Belehrung als Betroffener einer Ordnungswidrigkeit an, vor zwei Tagen einen Joint geraucht zu haben und dies öfter zu tun, da er unter Schlafstörungen leide und so besser einschlafen könne. Der Kläger willigte in die Abnahme einer Blutprobe ein. Diese wurde durch das Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums E. untersucht. Das unter dem 28. Oktober 2014 erstattete Gutachten des Univ.-Prof. Dr. E1. ergab eine Tetrahydrocannabinol- (THC-) Konzentration von 1,1 ng/ml, einen 11-Hydroxy-Tetrahydrocannabinol- (11-OH-THC) Wert von ca. 0,4 ng/ml (Spuren) und einen Tretrahydrocannabinolcarbonsäure- (THC-COOH-) Wert von 25 ng/ml Blutserum.
4Die Beklagte gab dem Kläger mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Der Kläger teilte unter dem 18. Dezember 2014 durch seinen Prozessbevollmächtigten mit: Es habe sich um einen erst- und einmaligen Konsum von Cannabis gehandelt. Gegenüber den bei der Verkehrskontrolle anwesenden Polizeibeamten angegeben zu haben, öfter Cannabis zu rauchen, sei ihm nicht erinnerlich und entspräche auch nicht den Tatsachen. Eine Trennung zwischen Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs könne demjenigen Fahrzeugführer zwingend denklogisch überhaupt nicht abverlangt werden, der zum einen mangels medizinischer Sachkunde oder gar einer vorherigen gutachterlichen Analyse seines eigenen Blutes überhaupt nicht wisse, dass er eben das Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss führte, und zum anderen mangels tatsächlicher Beeinträchtigung seiner Fahr(er)eigenschaften durch das noch in seinem Blut befindliche Cannabis keine eigenen diesbezüglichen „Erkenntnistatsachen“ habe, also Fahrlässigkeitstäter sei. Dieses müsse jedenfalls in denjenigen Fällen gelten – und gelte nach ständiger einschlägiger Rechtsprechung auch tatsächlich – in denen der Einfluss, unter dem ein Kraftfahrzeug geführt worden sei, aus einem erst- und einmaligen Konsum des Fahrzeugführers resultiere.
5Mit Verfügung vom 15. Januar 2015 ordnete die Beklagte die Vorlage eines ärztlichen toxikologischen Gutachtens an.
6Das unter dem 11. Februar 2015 erstellte Gutachten des Universitätsklinikums E. kam zu dem Ergebnis, dass in der am 26. Januar 2015 abgenommenen Blutprobe des Klägers THC-COOH in Spuren (ca. 0,9 ng/ml) vorhanden waren. THC sowie das weitere Abbauprodukt 11-OH-THC wurden nicht nachgewiesen.
7Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 18. Februar 2015 erneut zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an.
8Der Kläger nahm unter dem 23. Februar 2015 durch seinen Prozessbevollmächtigten Stellung und gab an: Die Rückschlüsse der Behörde aus dem Gutachten vom 11. Februar 2015 – nämlich das Vorliegen von gelegentlichem Cannabiskonsum – seien schlichtweg falsch. Der gemessene THC-COOH-Wert von 0,9 ng/ml Blutserum belege, dass nach dem 28. September 2014 kein Cannabis mehr konsumiert worden sei. THC-COOH sei eines der Stoffwechselprodukte im menschlichen Körper, die nicht sofort wieder ausgeschieden, sondern erst langsam „körperintern“ abgebaut würden.
9Mit Ordnungsverfügung vom 3. März 2015 entzog die Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis und forderte ihn auf, seinen Führerschein sofort abzugeben. Für den Fall, dass der Kläger dieser Verpflichtung nicht binnen einer Woche nach Zustellung der Verfügung nachkomme, wurde ein Zwangsgeld i.H.v. 250,00 € angedroht. Für den Bescheid wurde eine Verwaltungsgebühr i.H.v. 100,00 € zuzüglich Kosten für die Meldung an das Zentrale Fahrerlaubnisregister i.H.v. 1,00 € und Zustellkosten i.H.v. 3,45 € erhoben. Zur Begründung führte die Beklagte aus: Die im Blut festgestellten Mengen von THC und THC-COOH sprächen dafür, dass der Kläger vermutlich gelegentlich Cannabis konsumiere und zum Zeitpunkt der Verkehrskontrolle unter der Wirkung von Cannabis gestanden habe. Durch die Untersuchung der am 26. Januar 2015 entnommenen Blutprobe sei die erneute Einnahme von Cannabis nachgewiesen. Daher sei der Kläger zumindest gelegentlicher Cannabiskonsument. Die Konzentration des THC-Metaboliten von etwa 0,9 ng/ml könne nicht mehr durch einen (einmaligen) Konsum am 28. September 2014 hervorgerufen worden sein. Der Kläger habe durch seine Fahrt unter Cannabiseinfluss am 28. September 2014 belegt, dass er nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen könne. Damit stehe die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen fest.
10Der Kläger hat am 12. März 2015 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er seine Ausführungen im Rahmen der Anhörung und trägt ergänzend vor: Die in der Blutprobe vom 28. September 2014 festgestellten THC-Werte würden insgesamt „mengen-/höhenmäßig“ (wohl) unstreitig keine solchen darstellen, die eine tatsächliche Beeinflussung der Fahrtüchtigkeit bedingten. Dann dürfe ebenfalls unstreitig sein, dass der tatsächliche Konsum nicht am 28. September 2014 stattgefunden habe.
11Der Kläger beantragt,
12den Bescheid der Beklagten vom 3. März 2015 aufzuheben.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie wiederholt und vertieft zur Begründung ihrer Rechtsauffassung ihre Ausführungen aus der Ordnungsverfügung.
16Das Gericht hat den Rechtsstreit zunächst mit Beschluss vom 7. April 2015 der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Unter dem 4. Januar 2016 hat die Einzelrichterin den Rechtsstreit aufgrund grundsätzlicher Bedeutung nach Anhörung der Beteiligten auf die Kammer zurückübertragen. Mit Beweisbeschluss vom 5. Januar 2016 wurde die Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens durch den Sachverständigen Professor Dr. U. E1. angeordnet. Wegen des Ergebnisses der Sachverständigenbefragung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2016 Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Klage hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
19Die Ordnungsverfügung vom 3. März 2015 findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes – StVG – in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnisverordnung – FeV –. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ungeeignet ist u.a. derjenige, der die notwendigen körperlichen oder geistigen Voraussetzungen nicht erfüllt (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG). Dies ist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere der Fall, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 FeV vorliegen, welche die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließen.
20Die fehlende Eignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt sich aus Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV. Danach ist derjenige als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, der gelegentlich Cannabis konsumiert und nicht zwischen Konsum und Fahren trennen kann.
21Der Kläger ist gelegentlicher Cannabiskonsument und kann nicht zwischen Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen.
22Ein gelegentlicher Konsum von Cannabis erfordert mehr als nur einen einmaligen Konsum, ist aber bereits bei zwei selbständigen Konsumvorgängen anzunehmen, sofern diese einen gewissen auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen.
23Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris Rn. 19 ff. m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 18. Februar 2014 – 16 B 116/14 –, juris Rn. 3.
24Der Kläger hat im zeitlichen Zusammenhang zur Verkehrskontrolle am 28. September 2014 und (zumindest) ein weiteres Mal zeitlich vor der Blutprobenentnahme am 26. Januar 2015 Cannabis konsumiert. Dies wird durch die in den Gutachten vom 28. Oktober 2014 und 11. Februar 2015 festgestellten Werte im Blutserum des Klägers belegt. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass es sich bei dem in der Blutprobe vom 26. Januar 2015 vorgefundenen THC-COOH-Wert um eine Konzentration handelt, die nur durch zwischenzeitlichen Konsum erklärlich ist.
25Der Kläger hat auch nicht im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt.
26In dieser fehlenden Trennung liegt ein die Fahreignung ausschließender charakterlich-sittlicher Mangel. Er ist darin zu sehen, dass der Fahrerlaubnisinhaber ungeachtet einer im Einzelfall anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden drogenkonsumbedingten Fahruntüchtigkeit nicht bereit ist, vom Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr abzusehen.
27BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2002 – 1 BvR 2062/96 –, juris Rn. 49; BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 – juris Rn. 29 f.
28Dabei ist für die Verwirklichung des Merkmals des unzureichenden Trennungsvermögens im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV nicht auf ein subjektives Element – wie die persönliche Wahrnehmung des Betroffenen von seiner eigenen Leistungsfähigkeit – abzustellen. Vielmehr ist entscheidend, ob der Betroffene objektiv unter dem Einfluss einer Cannabiskonzentration am Straßenverkehr teilgenommen hat, bei der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon ausgegangen werden muss, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen erhöht, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben.
29OVG NRW, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 23; Bayer. VGH, Beschluss vom 25. Januar 2006 – 11 CS 05.1711 -, juris Rn. 16.
30Daraus folgt zugleich, dass nicht jede bei einem Kraftfahrzeugführer festgestellte THC-Konzentration die Annahme fehlender Trennung im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV rechtfertigt.
31Festgestellt werden muss eine THC-Konzentration, die es entsprechend dem Charakter der Vorschrift als eines abstrakten Gefährdungsdelikts als möglich erscheinen lässt, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war.
32Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 – 1 BvR 2652/03 –, juris Rn. 29 (zu § 24a Abs. 2 StVG), OVG NRW, Urteile vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 -, juris Rn. 27 und vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, juris Rn. 32; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. November 2012 – 10 S 3174/11 –, juris Rn. 30, 43 ff.
33Das entspricht dem verfassungsrechtlichen Erfordernis, Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit – zu der auch der Genuss hoher individueller Mobilität zählt, wie sie das Führen von Kraftfahrzeugen vermittelt – nur als verfassungsrechtlich unbedenklich zu bewerten, wenn sie zum Schutz des Rechtsguts nicht nur geeignet und erforderlich sind, sondern auch zur Art und Intensität der Rechtsgütergefährdung in einem angemessenen Verhältnis stehen. Es muss daher eine hinreichende Gefahr vorliegen, die eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit des Fahrerlaubnisinhabers als nahe liegend erscheinen lässt.
34OVG NRW, Urteile vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 29 und vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, juris Rn. 30, jeweils unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2002 – 1 BvR 2652/03 –, juris Rn. 39 und 51.
35Dabei dürfen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts umso geringere Anforderungen gestellt werden, je gewichtiger die bedrohten Rechtsgüter sind. Bei der Teilnahme am Straßenverkehr stehen Gefahren für das Leben, die Gesundheit und das Eigentum und damit hochwertige Rechtsgüter anderer Bürger in Frage.
36Vgl. im Einzelnen bereits VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. Mai 2010 – 9 K 3406/09 –, juris Rn. 73 ff.
37In Bezug auf den zugrundezulegenden Gefährdungsmaßstab ist damit eine derartige Trennung zu fordern, bei der eine Beeinträchtigung der verkehrsrelevanten Eigenschaften durch die vorangegangene Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten kann. Bereits die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit muss ausgeschlossen sein; eine signifikante Erhöhung des Unfallrisikos ist nicht zu fordern.
38BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris Rn. 32 f.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. November 2012 – 10 S 3174/11 –, juris Rn. 43 ff.
39Hat der Betroffene in der Vergangenheit ein Kraftfahrzeug unter einem THC-Pegel geführt, bei dem eine Beeinträchtigung seiner Fahrsicherheit möglich war, rechtfertigt das nach der der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zu Grunde liegenden Wertung zugleich Zweifel daran, dass er künftig stets die gebotene Trennung von Cannabiskonsum und Fahren beachten wird; das wiederum führt zur Verneinung seiner Fahreignung.
40BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris Rn. 33.
41Das vom Normgeber zu Recht verfolgte Ziel, Risiken für die Sicherheit des Straßenverkehrs durch Cannabiskonsum unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes soweit wie möglich auszuschließen, ist auch für die Bestimmung des im Rahmen der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 maßgeblichen THC-Grenzwertes von Bedeutung. Abzustellen ist daher darauf, ab welchem THC-Wert eine cannabisbedingte Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit möglich ist oder – negativ formuliert – nicht mehr ausgeschlossen werden kann; insoweit handelt es sich um einen Risikogrenzwert.
42BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris Rn. 37.
43Die Rechtsprechung – einschließlich der der erkennenden Kammer – hat bislang den THC-Wert, bei welchem eine solche Beeinträchtigung nicht mehr sicher ausgeschlossen werden kann, in Auswertung der medizinisch-toxikologischen Studien überwiegend mit 1 ng/ml Blutserum festgelegt.
44Vgl. BVerfG, Urteil vom 21. Dezember 2004 – 1 BvR 2652/03 -, juris Rn. 29 (zu § 24a StVG); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. November 2012 – 10 S 3174/11 –, juris Rn. 47 ff., nicht beanstandet durch BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris Rn. 39; OVG NRW, Urteile vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 31 und vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, juris Rn. 34 ff., jeweils m.w.N., Beschlüsse vom 5. Februar 2015 – 16 B 8/15 –, juris Rn. 5 f., vom 4. Januar 2012 – 16 A 2075/11 –, juris Rn. 15 und vom 22. Mai 2012 – 16 B 536/12 –, juris Rn. 5 ff., jeweils m.w.N.; OVG Thüringen, Beschluss vom 6. September 2012 – 2 EO 37/11 –, juris Rn. 16 ff.; OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 – 2 B 341/11 –, juris Rn. 14 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 15. Dezember 2005 – 3 Bs 214/05 –, juris Rn. 20; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. März 2006 – 10 S 2519/05 –, juris Rn. 7; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17. Februar 2009 – 4 LB 61/08 –, juris Rn. 35 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juni 2009 – 1 S 17.09 –, juris Rn. 6; Nieders. OVG, Beschluss vom 11. Juli 2003 – 12 ME 287/03 –, juris Rn. 7; a.A. (erst ab 2 ng THC/ml Blutserum) Bayer. VGH, Beschlüsse vom 11. November 2004 – 11 CS 04.2348 –, juris Rn. 16 und vom 25. Januar 2006 – 11 CS 05.1711 –, juris Rn. 45, offengelassen bei OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19. Dezember 2006 – 1 M 142/06 –, juris Rn. 18.
45Grundlage dieser Rechtsprechung war insbesondere der Beschluss der sog. Grenzwertkommission vom 20. November 2002 – aktualisiert durch Beschluss vom 22. Mai 2007,
46veröffentlicht in Blutalkohol 44 (2007), 311 –
47zu § 24a Abs. 2 StVG, wonach der Grenzwert für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG für THC bei 1,0 ng/ml im Blutserum liegt.
48Vorliegend war eine erneute Überprüfung dieses Grenzwertes geboten, da die Grenzwertkommission – eine fachübergreifende mit Wissenschaftlern aus den Fachgesellschaften der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM), der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM) und der Gesellschaft für toxikologische und forensische Chemie (GTFCh) besetzte Arbeitsgruppe beim Bundesministerium für Verkehr – in ihrer Empfehlung aus September 2015,
49veröffentlicht in Blutalkohol 52 (2015), 322 f.,
50konkret in Bezug auf die Feststellung des Trennvermögens von Cannabiskonsum und Fahren i.S.d. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ausgeführt hat:
51„Die Grenzwertkommission empfiehlt (…) bei Feststellung einer THC-Konzentration von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zu verneinen.“
52Nach Einholung des vom Vorsitzenden der Grenzwertkommission in der mündlichen Verhandlung erstatteten Gutachtens geht das Gericht weiterhin vom Risikogrenzwert von 1 ng THC/ml Blutserum aus.
53Im Hinblick auf den oben dargelegten rechtlichen Maßstab, ist eine Erhöhung des Risikogrenzwertes nicht erforderlich. Der Empfehlung der Grenzwertkommission ist nicht die wissenschaftlich gesicherte Aussage zu entnehmen, dass es unterhalb des Grenzwertes von 3 ng THC/ml Blutserum nicht zu einer cannabisbedingten Beeinträchtigung verkehrssicherheitsrelevanter Fähigkeiten kommen kann.
54Bezüglich der neuen Empfehlung der Grenzwertkommission hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung ausgeführt: Sie beruhe nicht auf grundlegenden neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Ihr lägen aber neue wissenschaftliche Auswertungen zugrunde.
55Anlass für die Empfehlung sei vielmehr das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 – gewesen. Man habe sich aus wissenschaftlicher Sicht zu zwei (vgl. im Folgenden a) und b)) diesem Urteil zugrunde liegenden Annahmen äußern wollen.
56a) Zum einen sei es um eine Korrektur der Lesart der sog. Maastricht-I-Studie gegangen.
57Der Sachverständige hat dazu ausgeführt:
58„Aufgrund der sog. Maastricht-Studie kann bei dem Wert von 2,0 ng THC/ml Blutserum gesagt werden, dass es bei bestimmten verkehrsrelevanten Parametern zu einer signifikanten Verschlechterung der Leistung kommt. Andere Studien sind zu anderen, insbesondere höheren Werten gekommen. Auch bei gemessenen Werten von unter 2 ng THC/ml Blutserum ist es nicht ausgeschlossen, dass es zu einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit kommt. Die Empfehlung der Grenzwertkommission sollte insofern mit der Nennung des Wertes von 2 ng THC/ml Blutserum als Wert für die früheste Wirkung lediglich die Lesart der sog. Maastricht-Studie durch das Bundesverwaltungsgericht korrigieren.“
59Zu dieser Studie hat er erläutert:
60„Es kann bei einem THC-Wert unterhalb von 2,0 ng THC/ml Blutserum nicht festgestellt werden, ob durch diese Einwirkung das Leistungsverhalten des Betroffenen sich verschlechtert hat. Dies beruht auf dem Umstand, dass auch ein Placebokonsument Fehler in einem Umfang machen kann, der sich von der Fehlerrate eines Konsumenten von THC, dessen Konzentration unterhalb von 2 ng THC/ml Blutserum liegt, nicht unterscheidet.“
61Vor diesem Hintergrund liegt der maßgebliche Aussagegehalt der Passage
62„Eine Leistungseinbuße ließ sich in experimentellen Studien frühestens ab 2 ng THC/ml Serum nachweisen …“
63in der Empfehlung der Grenzwertkommission darin, dass unterhalb dieses Wertes aufgrund der sog. Maastricht-I-Studie Leistungseinbußen nach naturwissenschaftlichen Standards nicht nachgewiesen sind.
64Dies deckt sich mit den Zusammenfassungen der Ergebnisse der Studie selbst durch die beteiligten Wissenschaftler:
65„Bei Werten von 5-30 ng/ml waren signifikante Beeinträchtigungen der Probanden in allen Tests feststellbar. Im Bereich von 2-5 ng/ml waren signifikante Beeinträchtigungen nur noch im feinmotorischen Test (CCT) messbar. Zwischen 1-2 ng/ml waren Beeinträchtigungen im feinmotorischen Bereich auch hier nicht mehr signifikant. (…) Beim CCT war unter 2 ng/ml lediglich noch eine nicht signifikante Tendenz zu einer Beeinträchtigung zu erkennen. Unter 1 ng/ml ließen sich keine Unterschiede in der Leistung zwischen THC-Konsum und Placebo feststellen.“
66Möller/Kauert/Tönnes/Schneider/Theunissen/Ramaekers, Leistungsverhalten und Toxikokinetik der Cannabinoide nach inhalativer Marihuanaaufnahme, in: Blutalkohol 43 (2006), 361, 368; sowie Möller, in: Berz/Burmann (Hrsg.), Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Band 2, Kap. 15. Arzneimittel und Drogen im Straßenverkehr, B. II. 4. g) aa) Rn. 142.
67Demnach ist bei unter 2 ng THC/ml Blutserum eine Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen.
68Es ist jedenfalls wissenschaftlich umstritten, ab welchem Grenzwert von einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit ausgegangen werden kann. Dies beruht insbesondere darauf, dass gesicherte Erfahrungswerte zu Dosis-Blutkonzentrations-Wirkungsbeziehungen für Drogen – insbesondere THC – durch die medizinisch-naturwissenschaftliche Forschung derzeit nicht bereitgestellt werden können. So ist es trotz mehrfacher Forschungsaufträge bislang nicht gelungen, aus wissenschaftlicher Sicht einen Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit festzulegen. Im Umkehrschluss heißt dies aber auch, dass eben die Möglichkeit einer Beeinträchtigung schon oberhalb eines Grenzwertes von 1 ng THC/ml im Blutserum nicht sicher ausgeschlossen werden kann.
69Vgl. dazu Möller, in: Berz/Burmann (Hrsg.), Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Band 2, Kap. 15. Arzneimittel und Drogen im Straßenverkehr, C. III. 4. b) Rn. 32 und 59 („auch Wirkgrenzen nach unten nicht sicher definierbar“)¸ sowie allgemeiner Maatz, Fahrtüchtigkeit nach Drogenkonsum, Blutalkohol 43 (2006), 451 ff.; vgl. auch die umfassenden Ausführungen in VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. November 2012 – 10 S 3274/11 –, juris Rn. 41, 47 ff.
70In Auswertung der sog. Maastricht-I-Studie stellt beispielsweise Möller zu dem Vorschlag, gesetzlich in § 24a Abs. 1 StVG einen Grenzwert für ordnungswidriges Handeln bei 5 ng/ml festzuschreiben, fest:
71„Hierbei wurde nicht berücksichtigt, dass bei Gelegenheitskonsumenten durchaus die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigende Wirkungen bei THC-Konzentrationen auftreten können, die im Bereich von 1-2 ng/ml liegen und im Bereich von 2-5 ng/ml signifikant sind. Ein unterer Grenzwert sollte daher in jedem Fall bei 1 ng/ml liegen.“
72Möller, in: Berz/Burmann (Hrsg.), Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Band 2, Kap. 15. Arzneimittel und Drogen im Straßenverkehr, B. II. 4. g) dd) Rn. 158a.
73In dieselbe Richtung geht die Äußerung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung:
74„Wie auch bereits bei meinen Ausführungen zum Beschluss der Grenzwertkommission zu § 24a StVG dargelegt, ist unter Umständen auch bereits bei 1 ng THC/ml Blutserum eine cannabisbedingte verkehrssicherheitsrelevante Leistungseinbuße nicht ausgeschlossen.“
75b) Die zweite zentrale Aussage der Empfehlung der Grenzwertkommission ist nach den Ausführungen des Sachverständigen, dass bei einem Wert von 1 ng THC/ml Blutserum nicht zwingend darauf geschlossen werden könne, dass der letzte Konsum innerhalb weniger Stunden erfolgt sei. Er hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt:
76„Bezüglich des Sachverhalts, der der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts 3 C 3/13 zugrunde lag, ist darauf hinzuweisen, dass die Aussage des Konsumenten, der angibt, vor 24 Stunden letztmalig konsumiert zu haben, und bei dem die Blutuntersuchung ergibt, dass noch THC im Blut von über 1 ng/ml vorhanden ist, nicht zwingend die Schlussfolgerung erlaubt, dass es einen weiteren Konsumakt zwischen dem zugestandenen Konsum und der Abnahme der Blutprobe gegeben haben muss. Dies hängt im Wesentlichen davon ab, wie hoch konzentriert/dosiert der einen Tag zuvor aufgenommene Wirkstoff war.“
77Erläuternd hat der Sachverständige hierzu erklärt, dass aufgrund der Halbwertzeiten, die im Laufe des Abbauprozesses stetig höher würden und am Ende auf bis zu 24 Stunden ansteigen könnten, zwar 2 ng THC/ml Blutserum relativ schnell unterschritten würden, gerade im Bereich von 1 ng THC/ml Blutserum die Kurve aber sehr lang quasi parallel zu diesem Wert verlaufen könnte. Das Zeitfenster sei dementsprechend nicht so eng zu setzen. Selbst bei einem „normalen Joint“ müssten 24 Stunden angesetzt werden, um sicher zu sein, dass der Wert wieder unter 1 ng THC/ml Blutserum liege.
78Die zweite maßgebliche Aussage der Empfehlung der Grenzwertkommission betrifft nach diesen Ausführungen also die Frage, aus welchem THC-Wert – jedenfalls beim gelegentlichen Konsumenten – auf einen zeitnahen Cannabiskonsum geschlossen werden kann. Darauf aufbauend hat die Grenzwertkommission dann den Grenzwert von 3 ng THC/ml Blutserum vorgeschlagen, bei dessen Vorliegen auf mangelndes Trennungsvermögen im Sinne der Nichteinhaltung ausreichender Wartezeiten geschlossen werden könne.
79Dieses auf die Einhaltung ausreichender Wartezeiten zwischen Konsum und Fahrtantritt abstellende Verständnis von Trennvermögen hat sie auch im zweiten Satz des ersten Absatzes ihrer Empfehlung vorangestellt. Dort heißt es:
80„Als Voraussetzung für die Fahreignung gelegentlicher Cannabiskonsumenten wird die Einhaltung ausreichender Wartezeiten zwischen Konsum und Fahrtantritt gefordert (Trennungsvermögen, vgl. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV).“
81Dazu hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung ausgeführt:
82„Wenn das Trennvermögen so definiert wird, dass ein solches nicht vorliegt, wenn nach 4 bis 6 Std. Abstinenz ein bestimmter Grenzwert immer noch nicht unterschritten ist, so müsste dieser auf 3 ng THC/ml Blutserum festgesetzt werden. Dies entspricht der Empfehlung der Grenzwertkommission.“
83„Die Grenzwertkommission ist nicht dazu berufen, den Begriff des Trennens zu definieren. Wir haben in unserer Empfehlung das Verständnis vom Trennungsvermögen aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts 3 C 3/13 herausgelesen. Unter Zugrundlegung dieses Verständnisses haben wir dann unsere Empfehlung herausgegeben. Bei einer anderen Definition könnte es beim Wert von 1 ng THC/ml Blutserum verbleiben.“
84Und weiter:
85„Bereits bei 1 ng THC/ml Blutserum kann es zu einer Verkehrsbeeinträchtigung kommen. Bezüglich des fehlenden Trennvermögens stellt die Grenzwertkommission hingegen auf 3 ng THC/ml Blutserum ab. Läge ein Trennen von Konsum und Fahren dann noch vor, wenn der Fahrer damit rechnen muss bzw. kann, dass noch wirkaktives THC in seinem Körper ist, dann würde derselbe Grenzwert wie der, der für § 24a StVG von der Grenzwertkommission festgelegt wurde, gelten.“
86Daraus folgt für die juristische Bewertung einerseits, dass in Fällen, bei denen lediglich ein gelegentlicher Konsum vorliegt und eine Konzentration von 3 ng THC/ml Blutserum oder mehr gemessen wird, vom Fahren unter einer akuten Rauschwirkung, in der Leistungseinbußen wissenschaftlich unbestritten sind, ausgegangen werden kann. Zugleich wird in diesen Fällen auch von einer subjektiv vorwerfbar kurzen Wartezeit zwischen Konsum und Fahrantritt auszugehen sein, sodass diese Fälle schon nach dem alltäglichen Wortverständnis unschwer unter den Begriff des mangelnden Trennens gefasst werden können.
87Exemplarisch hat der Sachverständige insofern auf Nachfrage folgende Bewertung getroffen:
88„Wer im Straßenverkehr angetroffen wird und während der Verkehrsteilnahme, auch wenn dies nur einmalig ist, an einer Haschzigarette zieht, kann zwischen dem Fahren und dem Konsum nicht trennen.“
89Mit der rein zeitlichen Betrachtung knüpft die Empfehlung der Grenzwertkommission aber an einen sehr engen Begriff des mangelnden Trennvermögens an und schließt – wie der Sachverständige selbst konstatiert – andererseits nicht aus, dass aus juristischer Sicht auch andere Fallgestaltungen als Ausprägung des Tatbestandes des mangelnden Trennvermögens gefasst werden.
90Nur vor diesem Hintergrund erschließt sich auch der letzte Satz der Empfehlung der Grenzwertkommission, in der es heißt:
91„Eine Neubewertung des analytischen Grenzwertes von THC (1 ng/ml) gemäß der Empfehlung der Grenzwertkommission zur Anlage des § 24a Absatz 2 StVG ist nicht veranlasst.“
92Bei dem in diesem Beschluss festgesetzten Grenzwert handelt es sich zwar in erster Linie um einen analytischen Grenzwert. Er wurde aber empfohlen, „um den Nachweis der Substanz nicht völlig von der zunächst vom Gesetzgeber implizierten Wirkung zu lösen“.
93Möller, in: Berz/Burmann (Hrsg.), Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Band 2, Kap. 15. Arzneimittel und Drogen im Straßenverkehr, C. III. 4. b) Rn. 59.
94So lässt sich auch erklären, dass der entsprechende Wert von 1 ng THC/ml Blutserum aus dem Beschluss aus dem Jahr 2002 durch die Grenzwertkommission in ihrer Empfehlung im Jahr 2007 auch in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das diesem Wert eine Aussage zur Wirkgrenze entnahm,
95BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 – 1 BvR 2652/03 –, juris Rn. 29,
96unverändert übernommen wurde.
97Dementsprechend hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung zu dem durch die Grenzwertkommission zu § 24a Abs. 2 StVG festgelegten Grenzwert ausgeführt:
98„Bei 1 ng THC/ml Blutserum handelt es ich um einen rein analytischen Wert. Die Analysemethoden könnten so verfeinert werden, dass auch ein niedrigerer Wert ermittelt werden könnte. Dies würde aber im Hinblick auf die Fragestellung keinen weiteren Sinn ergeben. Bei dem Wert von 1 ng/ml handelt es sich um eine Wirkgrenze in Bezug auf § 24a StVG. Der Wert von 1 ng/ml ist insoweit zu verstehen, dass bei dieser Menge die Möglichkeit einer Beeinträchtigung besteht, wie sie das Bundesverfassungsgericht zur verfassungskonformen Auslegung des Gesetzes für erforderlich hält.“
99Eben diese Möglichkeit einer Beeinträchtigung ist aber in rechtlicher Hinsicht wie oben dargelegt auch für die Frage des Trennens von Cannabiskonsum und Fahren im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV maßgeblich. Der gelegentlich Cannabis konsumierende Autofahrer kann nach alledem nicht zwischen Konsum und Fahren hinreichend trennen, wenn er ein Kraftfahrzeug mit einer THC-Konzentration oberhalb eines Wertes von 1 ng/ml im Blutserum führt.
100So in Kenntnis der Empfehlung der Grenzwertkommission bereits VG Düsseldorf, Beschluss vom 24.11.2015 – 14 L 3652/15 – und VG Münster, Beschluss vom 2. Dezember 2015 – 10 L 1391/15 –.
101Dies gilt selbst dann, wenn zwischen dem Konsum und der Fahrt bereits mehrere Stunden liegen, die die Annahme nahelegen könnten, dass die Wirkungsdauer des Konsumierten nicht mehr fortbesteht.
102Vgl. bereits VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. Mai 2010 – 9 K 3406/09 –, juris Rn. 70.
103Denn nicht ein bestimmter Zeitablauf zwischen Konsum und Fahren ist aus juristischer Sicht für das mangelnde Trennungsvermögen maßgeblich, sondern vielmehr – wie dargelegt – das Vorhandensein einer die Möglichkeit der verkehrsrelevanten Leistungseinbuße begründenden THC-Konzentration im Blutserum zum Zeitpunkt des Fahrens.
104Eine Erhöhung des Wertes ist auch im Hinblick auf die ebenfalls in der Empfehlung der Grenzwertkommission thematisierte Erforderlichkeit eines Sicherheitszuschlages nicht geboten. Begründet wird dieser mit den bei der konkreten Ermittlung des THC-Wertes einer einzelnen Blutprobe bestehenden Messwertschwankungen.
105Die entsprechende Passage in der Empfehlung lautet:
106„In empirischen Studien ist eine rechnerische Korrektur der Werte nicht erforderlich, da sich die Unsicherheiten der Einzelmessungen bei einer Gesamtbetrachtung der Daten herausmitteln. Um dagegen bei einer konkreten Einzelmessung eine Benachteiligung zu vermeiden, wäre eine Messwertschwankung von maximal 30% zu berücksichtigen. Ein nach Studienlage bestimmter Grenzwert müsste daher mit einem entsprechenden Sicherheitszuschlag belegt werden (Beispiel: nimmt man den obigen Wert von 2,0 ng THC/ml Blutserum an, so ergäbe sich rein rechnerisch eine Entscheidungsgrenze von 2,86 ng THC/ml Blutserum).“
107Der Sachverständige hat dazu in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt:
108„Der Sicherheitszuschlag von 30 % wird empfohlen, weil eine individuelle Blutprobe, in einem einzigen Labor untersucht, mit einer Messungenauigkeit von 30 % versehen ist. Dies führt dazu, dass erst ab einer gemessenen Konzentration von 2,86 ng/ml mit Sicherheit gesagt werden kann, dass derjenige, dem die Blutprobe entnommen wurde, eine Konzentration von mindestens 2,0 ng THC/ml Blutserum hatte.“
109Eine Alternative wäre nach den Ausführungen des Sachverständigen, die individuellen Messunsicherheiten des jeweiligen Labors abzuziehen.
110Insofern handelt es sich bei der Frage, zu wessen Lasten entsprechende – auch bei lege artis nach den Regeln der Gesellschaft für toxikologische und forensische Chemie ermittelten Messwerten unvermeidbare – Messunsicherheiten gehen müssen, nicht um eine naturwissenschaftliche, sondern um eine wertende, originär juristische Fragestellung, die aufgrund des Normzwecks der jeweiligen Vorschrift zu beantworten ist.
111Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 – ausgeführt:
112„Bei der Frage, ob solche Messungenauigkeiten einen „Sicherheitsabschlag“ erforderlich machen, handelt es sich nicht anders als bei der Bestimmung des Gefährdungsmaßstabes um eine Frage der Risikozurechnung. Es geht darum, ob die verbleibende Ungewissheit, dass der „wahre“ THC Wert nicht an der unteren sondern ebenso an der oberen Grenze dieser Schwankungsbreite liegen kann, von dem Cannabiskonsumenten, der sich nach dem Rauschmittelkonsum an das Steuer eines Kraftfahrzeugs selbst, oder aber von den anderen Verkehrsteilnehmern zu tragen ist. Da der Cannabiskonsument den Gefährdungstatbestand schafft, liegt es auf der Hand, dass die verbleibende Unsicherheit zu seinen Lasten gehen muss. Angesichts der Zielrichtung des Fahrerlaubnisrechts, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten und Gefahren für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer soweit wie möglich auszuschließen, liegt in dieser Risikozuordnung eine verhältnismäßige Beschränkung seiner Rechte.
113Unabhängig davon darf nicht übersehen werden, dass die bei der Untersuchung von Blutproben nicht zu vermeidenden Messungenauigkeiten bereits bei der Festsetzung der analytischen Grenzwerte berücksichtigt worden sind, die die Grenzwertkommission in Bezug auf die in der Anlage zu § 24a StVG aufgeführten Liste der berauschenden Mittel und Substanzen vorgenommen hat. Im Beschluss der Grenzwertkommission vom 22. Mai 2007 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Grenzwerte einen Sicherheitszuschlag enthalten (Blutalk 2007, 311).
114Verbleibende Schwankungsbreiten selbst bei lege artis erfolgenden THC-Messungen müssen auch nicht nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zu Gunsten des Betroffenen gehen und deshalb zu einem Sicherheitsabschlag führen. Dieser für eine strafrechtliche oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Ahndung geltende Grundsatz kommt im Gefahrenabwehrrecht, dem die Fahrerlaubnis-Verordnung zuzurechnen ist, schon wegen dessen anderer Zielrichtung nicht zur Anwendung. Selbst für die strafrechtliche oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Ahndung von Fahrten unter Cannabiseinfluss geht die Rechtsprechung im Übrigen davon aus, dass der gemessene THC-Wert nicht um einen Sicherheitsabschlag zu verringern ist (…).“
115Diesen Ausführungen, die in Übereinstimmung mit der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen stehen,
116vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 61 ff. m.w.N.,
117schließt sich die erkennende Kammer vollumfänglich an.
118Hinzu kommt die Überlegung, dass üblicherweise in der Zeit zwischen der Beendigung der Fahrt durch eine Polizeikontrolle und der Blutentnahme – und erst Recht zwischen dem eigentlich relevanten Fahrtantritt und der Blutentnahme – eine deutliche Verringerung der THC-Messwerte eintritt. Wenngleich der Substanzabbau bei Cannabis im jeweiligen Einzelfall nicht konkret berechnet werden kann, steht doch außer Frage, dass er stattfindet und sich zugunsten des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers auswirkt. Soweit sich die Messungenauigkeiten zu Lasten des Betroffenen auswirken, wird dies durch diesen Umstand jedenfalls in gewissem Umfang wieder relativiert.
119Vgl. dazu auch OVG NRW, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 67.
120Nach alledem hat der Kläger durch seine Fahrt unter Cannabiseinfluss am 28. September 2014 belegt, dass er nach dem vorgenannten Maßstab nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen kann. Dass der Kläger unter der Wirkung von Cannabis ein Fahrzeug geführt hat, folgt aus dem rechtsmedizinischen Gutachten vom 28. Oktober 2014, aus dem sich ergibt, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Blutentnahme am 28. September 2014 unter THC-Einfluss stand. Das toxikologische Gutachten hat für die dem Kläger entnommene Blutprobe eine THC-Konzentration von 1,1 ng/ml Blutserum ergeben.
121Zwar gelten die in der Anlage 4 zur FeV vorgenommenen Bewertungen nach Maßgabe der Vorbemerkung Nr. 3 Satz 1 (nur) für den Regelfall. Kompensationen durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen sind möglich (Nr. 3 Satz 2 der Vorbemerkung zu Anlage 4). Dabei obliegt es im Einzelfall dem Rechtsschutzsuchenden, solche Tatsachen geltend zu machen.
122Vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 30. Juni 2003 – 1 B 206/03 –, juris Rn 7; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Mai 2002 – 10 S 835/02 –, juris Rn 6.
123Atypische Umstände in der Person des Klägers, die ein Abweichen von der normativen Regelfallannahme der Nichteignung begründen könnten, sind vorliegend weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
124Für eine Wiedererlangung der Fahreignung im für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides ist nichts ersichtlich. Der nachgewiesene Abstinenzzeitraum muss hinreichend lang sein. Des Weiteren ist ein Nachweis notwendig, dass eine hinreichend stabile Verhaltensänderung eingetreten ist und daher für die Folgezeit eine günstige Prognose getroffen werden kann.
125Vgl u.a. OVG NRW, Beschluss vom 6. Oktober 2006 – 16 B 1538/06 –, juris, Rn. 13 m.w.N.
126Hier fehlt es schon an einem Nachweis über einen hinreichend langen Abstinenzzeitraum vor dem Erlass der Ordnungsverfügung.
127Ein Ermessen stand der Beklagten gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG nicht zu, sodass entsprechende Erwägungen zu Recht unterblieben sind.
128Die in dem Bescheid enthaltene Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG. Die zugehörige Zwangsgeldandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
129Die Festsetzungen der Gebühren und Auslagen sind ebenfalls rechtmäßig. Die Gebührenfestsetzung findet ihre Grundlage in § 6a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StVG i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt). Die Verwaltungsgebühr in Höhe von 100,00 € hält sich in dem von § 1 Abs. 1 GebOSt i.V.m. Nr. 206 der Anlage zu § 1 GebOSt gesetzten Rahmen von 33,20 € bis 256,00 €. Für die Meldung an das Zentrale Fahrerlaubnisregister konnte nach Nr. 126.2 der Anlage zu § 1 GebOSt 1,00 € angesetzt werden. Die Auslagen in Form von Zustellkosten in Höhe von 3,45 € sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt von dem Kläger zu tragen.
130Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
131Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Absatz 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 14 K 7431/15 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 22. Oktober 2015 wiederherzustellen bzw. anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Der Antrag ist zulässig. Der erhobenen Klage kommt hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins wegen der behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 112 Satz 1 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen (JG NRW) keine aufschiebende Wirkung zu.
6Der Antrag ist jedoch unbegründet.
7Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen belastenden Verwaltungsakt wiederherstellen bzw. anordnen, wenn bei einer Interessenabwägung das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Dies kommt dann in Betracht, wenn die angefochtene Verfügung offensichtlich rechtswidrig ist oder aus anderen Gründen das Interesse des Antragstellers an der beantragten Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzbarkeit des Verwaltungsaktes überwiegt.
8Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Vorliegend überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
9Die angefochtene Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 22. Oktober 2015 erweist sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig. Die in der Hauptsache erhobene Klage wird voraussichtlich erfolglos bleiben.
10Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung maßgeblich.
11Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 – 3 C 26.07 –, Rn. 16, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 2. April 2012 – 16 B 356/12 –, Rn. 6, juris.
12In formeller Hinsicht genügt die Anordnung der sofortigen Vollziehung dem in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO normierten Begründungserfordernis. Die Antragsgegnerin war sich des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst und hat dies in der angefochtenen Verfügung hinreichend zum Ausdruck gebracht. Dem stehen auch möglicherweise formelhaft klingende Wendungen angesichts der Vielzahl vergleichbarer Verfahren und der jeweils sehr ähnlich gelagerten widerstreitenden Interessen nicht entgegen.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2012 – 16 B 237/12 –, Rn. 2, juris; VGH Bayern, Beschluss vom 15. Juni 2009 – 11 CS 09.373 –, Rn. 19, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Januar 2012– 6 L 1971/11 –, Rn. 2, juris.
14Das Erlassinteresse und das Interesse an der sofortigen Vollziehung können – gerade im Gefahrenabwehrrecht – durchaus zusammenfallen, wobei die Frage, ob die Abwägung inhaltlich tragfähig ist, keinen Aspekt des Formerfordernisses gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO darstellt.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2012 – 16 B 237/12 –, Rn. 2, juris; OVG NRW, Beschluss vom 8. August 2008 – 13 B 1122/08 –, Rn. 4, 6, juris.
16In materieller Hinsicht erweist sich die angefochtene Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 22. Oktober 2015 bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig. Die in der Hauptsache erhobene Klage wird voraussichtlich erfolglos bleiben.
17Die Entziehung der Fahrerlaubnis findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV –). Hiernach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV ist derjenige zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet anzusehen, der regelmäßig Cannabis konsumiert. Gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV ist zudem u.a. derjenige zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet anzusehen, der gelegentlich Cannabis konsumiert und nicht zwischen Konsum und Fahren trennen kann.
18Hier sind die Voraussetzungen eines gelegentlichen Cannabiskonsums im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV in der Person des Antragstellers erfüllt. Die Fahrerlaubnis war demgemäß, ohne dass der Antragsgegnerin ein Ermessen eingeräumt war, zwingend zu entziehen.
19Denn ein gelegentlicher, d.h. mindestens zweimaliger Cannabiskonsum des Antragstellers folgt bereits aus seinen eigenen Einlassungen, an denen er sich festhalten lassen muss. Er hat im behördlichen Anhörungsverfahren mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Oktober 2015 vorgetragen, dass er einige Tage vor der polizeilichen Kontrolle Marihuana geraucht habe und im Moment des Feststellens seiner Blutwerte absolut fahrtauglich gewesen sei.
20Dieser zugestandene Konsumakt kann indes nicht allein ursächlich sein für den, nach dem toxikologischen Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule I. vom 3. August 2015 im Rahmen der Analyse der am Donnerstag, dem 23. Juli 2015 entnommenen Blutprobe festgestellten Tetrahydrocannabinolwert (THC-Wert) von 1,5 ng/ml im Blutserum. Nach den im Rahmen der sog. 1. Maastricht-Studie gewonnenen Erkenntnissen über die Abbaugeschwindigkeit von THC im Blutserum sinkt dessen Konzentration bei Gelegenheitskonsumenten auch nach der Zufuhr hoher Dosierungen von 500 µg THC pro Kilogramm Körpergewicht innerhalb von sechs Stunden nach Rauchende im Mittel auf einen Wert von etwa 1 ng/ml ab.
21Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. September 2011 – 16 B 470/11 –, Rn. 4 ff., mit zahlreichen Nachweisen zu den Grundlagen der Erkenntnisse und zu weiterer Rechtsprechung- juris.
22Angesichts der Tatsache, dass zwischen dem eingestandenen Konsum und der am 23. Juli 2015 entnommenen Blutprobe mehr als sechs Stunden vergangen sind, steht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass es innerhalb der sechs Stunden vor der Blutentnahme zu einem zweiten Konsumakt gekommen sein muss.
23Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. September 2011 – 16 B 470/11 –, Rn. 6, juris.
24Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass es den Vortrag eines einmaligen Konsums vor dem Hintergrund für unglaubhaft hält, dass der Antragsteller im Jahre 2005 im Rahmen einer Polizeikontrolle als Beifahrer aufgefallen war, als er gemeinsam mit Freunden eine „Btm-Beschaffungsfahrt“ in die Niederlande unternommen hatte. Der Antragsteller hatte gegenüber der Polizei angegeben, dass er seit etwa 2 Jahren „Btm“ rauche, meistens mit Freunden am Wochenende. Nach Angaben der Polizei habe er zum Kontrollzeitpunkt deutlich unter dem Einfluss von Btm gestanden.
25Mit der Fahrt unter Cannabiseinfluss am 23. Juli 2015 hat der Antragsteller zudem gezeigt, dass er den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV nicht trennen kann.
26Das fehlende Trennungsvermögen ergibt sich bereits aus dem festgestellten THC-Wert von 1,5 ng/ml im Blutserum. Nach der fast einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung, der das erkennende Gericht folgt, führt ein THC-Wert ab 1,0 ng/ml im Blutserum zur Annahme mangelnder Trennung im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV.
27Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 – juris; OVG NRW, Urteil vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, Rn. 34 ff., juris, m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 4. Januar 2012 – 16 A 2075/11 –, Rn. 15 ff., juris; OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2012 – 16 B 536/12 –, Rn. 5 ff., juris; OVG Thüringen, Beschluss vom 6. September 2012 – 2 EO 37/11 –, Rn. 16 ff., juris; OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 – 2 B 341/11 –, Rn. 14 ff., juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 15. Dezember 2005 – 3 Bs 214/05 –, Rn. 20, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. November 2012 – 10 S 3174/11 –, Rn. 30 ff., juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. März 2006 – 10 S 2519/05 –, Rn. 7, juris; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17. Februar 2009– 4 LB 61/08 –, Rn. 35 f., juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juni 2009 – 1 S 17.09 –, Rn. 6, juris.
28Ausschlaggebend für diese Einschätzung ist, dass nach dem Beschluss der sog. Grenzwertkommission vom 20. November 2002 – aktualisiert durch Beschluss vom 22. Mai 2007, Blutalkohol 44 (2007), 311 – der Grenzwert für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG für THC bei 1 ng/ml Serum liegen soll. Eine solche Konzentration kann – einschließlich eines entsprechenden Sicherheitszuschlags – sicher nachgewiesen und quantitativ präzise bestimmt werden. Insbesondere erscheint bei Erreichen einer derartigen Konzentration eine Einschränkung der Fahrtauglichkeit möglich, wobei eine signifikante Erhöhung des Risikos für die Verkehrssicherheit nicht erforderlich ist. Es ist für diese Einschätzung allein entscheidend, ob der Betroffene objektiv unter dem Einfluss einer Cannabiskonzentration am Straßenverkehr teilgenommen hat, bei der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon ausgegangen werden muss, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen erhöht, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben.
29Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 – juris, Rdnr. 25 und 59; OVG NRW, Urteil vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, Rn. 34 ff., juris, m.w.N..
30Diesen so aufgestellten Gefährdungsmaßstab hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) bestätigt, indem es ausgeführt hat, dass die Grenze eines hinnehmbaren Cannabiskonsums nicht erst dann überschritten sei, wenn mit Gewissheit eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit anzunehmen ist, sondern bereits dann, wenn die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit besteht,
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3/13 – juris; Rdnr. 33.
32Das Bundesverwaltungsgericht hat ebenfalls den Wert von 1 ng/ml als „Risikogrenzwert“ nicht beanstandet. Zwar hat es darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um eine der revisionsgerichtlichen Nachprüfung weitgehend entzogene tatsächliche Feststellung handele. Gleichwohl hat das Bundesverwaltungsgericht in Kenntnis des Umstandes, dass im Allgemeinen erst bei THC-Konzentrationen im Bereich zwischen 2 und 5 ng/ml mit deutlich feststellbaren Auffälligkeiten oder einem erhöhten Unfallrisiko zu rechnen ist und in Anbetracht der im Revisionsverfahren vorgelegten neuen Stellungnahme der Grenzwertkommission den Grenzwert von 1 ng/ml THC für vertretbar gehalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese neue Stellungnahme der Grenzwertkommission bei einer THC-Konzentration von 1 ng/ml es als möglich betrachtet, dass eine fahrsicherheitsrelevante Beeinträchtigung besteht,
33vgl. BVerwG, a.a.O., Rdnr. 38 und 39.
34Vor diesem Hintergrund ändert die kürzlich veröffentlichte Empfehlung der Grenzwertkommission (Blutalkohol 52 (2015), S. 322) an diesem, am Gefahrenabwehrrecht orientierten Maßstab nichts. Die „Empfehlung der Grenzwertkommission für die Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum zur Feststellung des Trennungsvermögens von Cannabiskonsum und Fahren“ enthält unter anderem folgende Ausführungen:
35„Eine Leistungseinbuße ließ sich in experimentellen Studien frühestens ab 2 ng THC/ml Serum nachweisen (Ramaekers et al. 2006), ein erhöhtes Unfallrisiko ab einer THC – Konzentration im Serum von 4 ng/ml (Laumon et al. 2005, Drummer et al. 2004, Longo et al. 2000, Ramaekers et al. 2009). Diese Ergebnisse sollten bei der Festlegung eines Wertes, bei dem Fehlen des Trennungsvermögens angenommen wird, berücksichtigt werden. Pharmakokinetische Studien zeigen, dass bei Konzentrationen ab 2 ng THC/ml Serum – sofern ein einmaliges/gelegentliches (z.B. nicht häufiger als einmal in der Woche) Konsummuster vorliegt – davon auszugehen ist, dass der letzte Konsum innerhalb weniger Stunden vor der Blutentnahme stattgefunden hat (Toennes et al. 2015, Huestis et al. 1992). …
36In wissenschaftlichen Untersuchungen unter Einbeziehung chronischer Cannabiskonsumenten hat sich gezeigt, dass erhöhte THC – Konzentrationen im Serum auch noch einige Tage nach dem letzten Konsum feststellbar sein können (Grenzwertkommission, 2011), also zu einem Zeitpunkt, an dem sicher keine akute Beeinflussung der Leistungsfähigkeit mehr vorliegt. …
37Die Grenzwertkommission empfiehlt daher auf der Grundlage dieser Ausführungen bei Feststellungen einer THC – Konzentration von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anl. 4 zur FeV zu verneinen. … Eine neue Bewertung des analytischen Grenzwertes von THC (1,0 ng/ml) gemäß der Empfehlung der Grenzwertkommission zur Anlage des § 24a Abs. 2 StVG ist nicht veranlasst.“
38Zum einen stellt die Grenzwertkommission in ihren Ausführungen ausschließlich auf den Aspekt der Leistungseinbuße bzw. der Leistungsfähigkeit ab. Dieser Gesichtspunkt ist bisher auch bereits in der obergerichtlichen Rechtsprechung berücksichtigt worden, allerdings im Hinblick auf den zu Grunde gelegten Gefährdungsmaßstab gerade nicht als relevant erachtet worden, so dass die aktuellen Ausführungen der Grenzwertkommission den für das Gefahrenabwehrrecht gültigen „Risikogrenzwert“ von 1 ng/ml THC nicht in Frage stellen,
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3/13 – juris; Rdnr. 37; OVG NRW, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 – juris, Rdnr. 25.
40Zum anderen zitiert die Grenzwertkommission in ihrem Beitrag bis auf eine Ausnahme ältere wissenschaftliche Studien, die in der bereits zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung – soweit ersichtlich – allesamt berücksichtigt wurden. Allein mit einer aus dem Jahre 2015 stammenden Studie ist die Aussage belegt, dass bei Konzentrationen ab 2 ng/ml THC davon auszugehen sei, dass der letzte Konsum innerhalb weniger Stunden vor der Blutentnahme stattgefunden habe. Diese Aussage betrifft indes Fragen der Abbaugeschwindigkeit und nicht die des Gefährdungsmaßstabes oder des Grenzwertes.
41Des Weiteren ist unklar, ob sich die Ausführungen der Grenzwertkommission zu einem Grenzwert von 3,0 ng/ml THC nicht nur auf chronisch Cannabis konsumierende Personen beziehen sollen. Dies bedarf im vorliegenden Verfahren indes keiner Klärung, denn es ist nicht erkennbar, dass der Antragsteller – über den hier festgestellten zweimaligen Konsum hinaus – chronischer (d.h. ständiger) Cannabiskonsument ist.
42Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Grenzwertkommission ausdrücklich eine neue Bewertung des analytischen Grenzwertes von THC i.H.v. 1,0 ng/ml als nicht veranlasst ansieht, so dass die oben angegebene Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 1. August 2014, a.a.O., Rdnr. 35 ff.) weiterhin ohne weiteres auch auf den vorliegenden Fall anwendbar ist.
43Nimmt ein Fahrerlaubnisinhaber daher trotz eines nicht lange zurückliegenden Cannabiskonsums und einer deshalb jedenfalls möglichen cannabisbedingten Fahrungeeignetheit am Straßenverkehr teil, ist das als ein hinreichend aussagekräftiger Beleg dafür zu werten, dass ihm das zu fordernde Trennungsvermögen fehlt.
44Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, Rn. 38, juris; OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2012 – 16 B 237/12 –, Rn. 9, juris.
45Folglich kann bereits ab einem THC-Wert von 1,0 ng/ml im Blutserum ein Verstoß gegen das in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV zum Ausdruck gebrachte Trennungsgebot als im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV erwiesen angesehen werden.
46Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 – juris, Rdnr. 25; OVG NRW, Urteil vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, Rn. 54, juris.
47Es kommt damit auch nicht darauf an, ob der Cannabiskonsum tatsächliche Auswirkungen auf die Fahrtauglichkeit gezeitigt hat und bereits eine konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs eingetreten ist. Ausschlaggebend ist vielmehr, da bei der Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis Gefahrenabwehrrecht in Rede steht, dass ab dem THC-Grenzwert von 1,0 ng/ml im Blutserum eine Wirkung und damit eine drogenkonsumbedingte Gefährdung des Straßenverkehrs möglich ist.
48Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, Rn. 34 ff., juris.
49Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Behördenentscheidung bzw. der gerichtlichen Eilentscheidung die Kraftfahreignung mit hoher Wahrscheinlichkeit wiedererlangt haben könnte, sind nicht ersichtlich. Zwingende Voraussetzung für die Wiedererlangung der Kraftfahreignung ist grundsätzlich der Nachweis, dass der Antragsteller in der Lage ist, auf den Konsum von Betäubungsmitteln dauerhaft ganz zu verzichten bzw. bei fortgesetzter gelegentlicher Einnahme von Cannabis ein nach den Wertungen der FeV hinnehmbares Konsummuster (Verzicht auf den zusätzlichen Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, Trennung zwischen dem gelegentlichem Konsum und dem Fahren, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust) einzuhalten. Dieser Nachweis kann – wenn wie hier die Voraussetzungen für einen zwingenden Entzug der Fahrerlaubnis vorgelegen haben – grundsätzlich nur im Rahmen des Neuerteilungsverfahrens durch die Vorlage eines positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß § 14 Abs. 2 FeV geführt werden.
50Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. April 2012 – 16 B 356/12 –, Rn. 8, juris; OVG NRW, Beschluss vom 6. Oktober 2006 – 16 B 1538/06 –, Rn. 4, juris.
51Einen derartigen Nachweis hat der Antragsteller vorliegend nicht geführt. Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen ist weder ein einmaliger Drogenfreiheitsnachweis noch ein pauschales Attest des Hausarztes ausreichend.
52Ein weiteres Zuwarten der Antragsgegnerin, um dem Antragsteller zunächst den erforderlichen Beleg längerfristiger Drogenfreiheit zu ermöglichen, verbietet sich aus Gründen der Effektivität der Gefahrenabwehr, da ein derartiges Vorgehen in einem Fahrerlaubnisentziehungsverfahren regelmäßig nicht mit dem übergeordneten Interesse des Schutzes der Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrerlaubnisinhabern zu vereinbaren ist,
53vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2012 – 16 A 1928/11 –,
54Damit fällt auch die Interessenabwägung im Übrigen zulasten des Antragstellers aus. Denn in aller Regel trägt allein die voraussichtliche Rechtmäßigkeit einer auf den Verlust der Kraftfahreignung gestützten Ordnungsverfügung die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs. Zwar kann die Fahrerlaubnisentziehung die persönliche Lebensführung und damit die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten des Erlaubnisinhabers gravierend beeinflussen. Derartige Folgen, die bis zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage reichen können, muss der Betroffene jedoch angesichts des von fahrungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehenden besonderen Risikos für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) ableitbaren Auftrags zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben hinnehmen.
55Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 – 1 BvR 2062/96 –, Rn. 50 ff., juris; BVerfG, Beschluss vom 25. September 2000 – 2 BvQ 30/00 –, Rn. 4, juris; OVG NRW, Beschluss vom 11. September 2012 – 16 B 944/12 –, Rn. 11, juris; OVG NRW, Beschluss vom 29. Oktober 2012– 16 B 1106/12 –, Rn. 7, juris.
56Rechtliche Bedenken gegen die in der Ordnungsverfügung vom 22. Oktober 2015 getroffenen sonstigen Entscheidungen bestehen ebenfalls nicht.
57Die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins folgt aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV. Die mit der Fahrerlaubnisentziehung verbundene Zwangsgeldandrohung ist gemäß §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) rechtmäßig.
58Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Das Interesse an der Fahrerlaubnis der betroffenen Klassen wird in Klageverfahren nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
60vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Oktober 2012 – 16 B 1106/12 –, Rn. 9, juris,
61der das Gericht folgt, mit dem Auffangwert des GKG angesetzt. Im Verfahren betreffend die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes ermäßigt sich dieser Betrag um die Hälfte.
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,-- € festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Der sinngemäße Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gleichen Rubrums (3 K 2058/15) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 7. Oktober 2015 hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis wiederherzustellen und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung anzuordnen,
4ist unbegründet.
5In formeller Hinsicht begegnet die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung keinen rechtlichen Bedenken. Sie ist insbesondere hinreichend schriftlich begründet, vgl. § 80 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Angesichts der aus der Ungeeignetheit eines Kraftfahrers für die Allgemeinheit resultierenden erheblichen Gefahren bedurfte es bei dem in Rede stehenden Drogenkonsum über die erfolgte Begründung hinaus keiner weiteren Ausführungen.
6Die in materieller Hinsicht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verwaltungsakte und dem privaten Interesse des Antragstellers, von deren Vollziehung bis zur abschließenden Klärung ihrer Rechtmäßigkeit im Hauptsacheverfahren verschont zu bleiben, fällt zu seinen Lasten aus.
7Die Ordnungsverfügung vom 7. Oktober 2015 ist als offensichtlich rechtmäßig anzusehen.
8Als rechtliche Grundlage für die darin angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis hat die Antragsgegnerin zutreffend § 3 Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in Verbindung mit § 46 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV -) herangezogen. Danach ist einem Kraftfahrzeugführer die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.
9Der Antragsgegner ist nach der im vorliegenden Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsteller wegen der Einnahme von Betäubungsmitteln zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV ist die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen insbesondere dann gegeben, wenn Erkrankungen und Mängel nach der Anlage 4 zur FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist u. a. derjenige regelmäßig zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet anzusehen, der ‑ erstens - gelegentlich Cannabis konsumiert und - zweitens - nicht zwischen Konsum und Fahren trennen kann. Beide Voraussetzungen sind nach dem gegenwärtigen Sachstand als erfüllt anzusehen.
10Die letztgenannte Voraussetzung, also das fehlende Trennungsvermögen zwischen Cannabiskonsum und Führen eines Kraftfahrzeuges, ist durch den Vorfall vom 20. Juni 2014 belegt.
11An diesem Tag befuhr der Antragsteller um 00:27 Uhr mit seinem Pkw (Opel Corsa, amtliches Kennzeichen B. -O. ) die A. Straße in Richtung L-Brücke in U., obwohl er unter Cannabiseinfluss stand, wie das Untersuchungsergebnis der ihm entnommenen Blutprobe zeigt. Danach konnte in der Blutprobe der Hauptwirkstoff von Cannabis Tetrahydrocannabinol (THC) mit einem Wert von 1,2 ng/ml und das THC-Abbauprodukt THC-Carbonsäure in einer Konzentration von 12 ng/ml festgestellt werden.
12Vgl. dazu das wissenschaftliche Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Mainz vom 12. August 2014 über eine chemisch-toxikologische Untersuchung der Blutprobe des Antragstellers.
13Ein Verstoß gegen das Trennungsgebot ist ab einem Wert von 1,0 ng/ml THC im Blutserum anzunehmen.
14Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 4. Mai 2015 - 16 A 322/15, juris Rn. 5 ff.; vom 21. März 2013 - 16 A 2006/12 -, juris, Rn. 34 ff., und vom 4. Januar 2012 - 16 A 2075/11 -, juris, Rn. 15 ff., jeweils m.w.N.
15Daran hält die Kammer fest. Eine Erhöhung auf 3,0 ng/ml THC, wie sie die sog. Grenzwertkommission (vgl. Blutalkohol 52, 2015, S. 322) jüngst vorgeschlagen hat, ist nicht vorzunehmen.
16So mit umfangreicher Begründung: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20. Januar 2016 - 9 K 4970/15 - juris m.w.N.
17Das Trennungsgebot betrifft die Frage, ob beim Betroffenen ein die Fahreignung ausschließender charakterlich-sittlicher Mangel vorliegt, weil er nicht in der Lage ist, zwischen dem gelegentlichen Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeuges zu trennen. Nicht nur beim Vorliegen einer Fahruntüchtigkeit, sondern auch dann, wenn nach einem Cannabiskonsum die Fahrtüchtigkeit unklar oder zweifelhaft ist, ist vom Betroffenen zu verlangen, auf das Führen von Kraftfahrzeugen zu verzichten, um die anderen Verkehrsteilnehmer keinem unzumutbaren Risiko auszusetzen. Der Wille und die Fähigkeit zur Risikovermeidung als Merkmal der Fahreignung erlangt vorliegend eine besondere Bedeutung, weil beim Cannabiskonsum ‑ anders als beim Alkoholkonsum - keine klare Orientierung an einer Dosis-Wirkung-Beziehung möglich ist.
18Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris, Rn. 51.
19Der Maßstab einer "möglichen Gefährdung" liegt im Übrigen auch dem Ordnungswidrigkeitenrecht zu Grunde, das insoweit ein abstraktes Gefährdungsdelikt vorsieht. Für die Erfüllung des Tatbestandes des Führens eines Kraftfahrzeuges unter Cannabiseinfluss nach § 24a Abs. 1 und 2 StVG ist erforderlich, aber eben auch ausreichend, dass eine THC-Konzentration im Blut festgestellt wird, die eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit des am Straßenverkehr teilnehmenden Kraftfahrzeugführers möglich erscheinen lässt.
20Vgl. zur verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift in diesem Sinne: Bundesverfassungs-gericht (BVerfG), Beschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - juris.
21Das ist schon ab 1,0 ng/ml THC im Blutserum der Fall, woran die Grenzwertkommission in ihrer Stellungnahme (vgl. Blutalkohol 52, 2015, S. 322) auch keinen Zweifel hegt. Da es im vorliegenden Zusammenhang der Prävention bzw. Gefahrenabwehr ebenfalls darum geht, ab welchem THC-Wert eine cannabisbedingte Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit möglich ist bzw. nicht mehr ausgeschlossen werden kann, drängt es sich auf, auch hier den im Blutserum gemessenen THC-Wert von 1 ng/ml als maßgeblichen „Risikogrenzwert“ anzusetzen.
22Vgl. zur Übereinstimmung der Grenzwerte: BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - juris, Rn. 30.
23Die weitere Entziehungsvoraussetzung, nämlich das Vorliegen eines (mindestens) gelegentlichen Cannabiskonsums, ist ebenfalls als erfüllt anzusehen.
24Gelegentliche Einnahme von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt schon dann vor, wenn tatsächlich mindestens zweimal Cannabis in voneinander unabhängigen Konsumakten innerhalb eines in zeitlich-funktionalem Zusammenhang stehenden Zeitraums eingenommen wurde.
25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 2010 - 16 B 273/11 -; BayVGH, Beschluss vom 23. September 2008 - 11 CS 08.1622 -, juris, Rn. 10.
26Davon ist hier auszugehen. Auf die Frage nach einem Drogenkonsum vor der Rauschfahrt am 20. Juni 2014, gegen 00:30 Uhr, hat der Antragsteller ausweislich des polizeilichen Protokolls angegeben, er habe das letzte Mal während des "Hollandspiels" am 13. Juni 2014 in den Niederlanden in einem Coffee-Shop gekifft.
27Neben diesem vom Antragsteller eingeräumten Konsum muss ein weiterer Konsum stattgefunden haben. Das gegenteilige Rechtsschutzvorbringen erweckt den Eindruck einer bloßen Schutzbehauptung. Nach einem Einzelkonsum wäre nämlich der Wirkstoff THC im Blutserum nur vier bis sechs Stunden nachweisbar gewesen. Lediglich in Fällen des - hier gerade bestrittenen - wiederholten oder gar regelmäßigen Konsums kann sich diese Zeitspanne (auf gelegentlich über 24 Stunden) verlängern.
28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2013 - 16 B 1333/13 -, juris, Rn. 7 f., unter Bezugnahme u.a. auf seinen Beschluss vom 27. Dezember 2012 - 16 B 1211/12 - und Schubert, Schneider, Eisenmenger, Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 2. Aufl. 2005, S. 178.
29Dementsprechend kann ausgeschlossen werden, dass allein der eine Woche vor dem Vorfall liegende, eingeräumte Cannabiskonsum zu dem THC-Wert von 1,2 ng/ml am 20. Juni 2014 geführt hat. Vielmehr muss neben diesem Konsum ein weiterer Konsum stattgefunden haben.
30Sind damit in der Person des Antragstellers beide Entziehungsvoraussetzungen als erfüllt anzusehen, ist die angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis rechtlich zwingend. Ein Ermessen ist der Fahrerlaubnisbehörde nicht eröffnet.
31Die weitere Interessenabwägung fällt ebenfalls zu Ungunsten des Antragstellers aus.
32In aller Regel trägt allein die voraussichtliche Rechtmäßigkeit einer auf den Verlust der Kraftfahreignung gestützten Ordnungsverfügung die Aufrechterhaltung der Anordnung der sofortigen Vollziehung. Zwar kann die Fahrerlaubnisentziehung die persönliche Lebensführung und damit die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten des Erlaubnisinhabers gravierend beeinflussen. Derartige Folgen, die im Einzelfall bis zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage reichen können, muss der Betroffene jedoch angesichts des von fahrungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehenden besonderen Risikos für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) ableitbaren Auftrags zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben hinnehmen.
33Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 22. Oktober 2013 ‑ 16 B 1124/13 -, juris, Rn. 9.
34Auch im Übrigen ist die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 7. Oktober 2015 nicht geboten.
35Die darin enthaltene Anordnung, den Führerschein innerhalb von sechs Tagen nach Zustellung der Ordnungsverfügung abzuliefern, findet ihre Grundlage in § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FeV, die Androhung eines Zwangsgeldes für den Fall der Nicht- oder nicht fristgerechten Ablieferung des Führerscheins in § 55 Abs. 1, § 57, § 60 und § 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW). Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes von 500,- Euro steht in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck, den Antragsteller zur Abgabe des Führerscheins zu bewegen, vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW.
36Der Eilantrag auf Herausgabe des Führerscheins bzw. Ausstellung eines neuen Dokumentes ist nach dem oben Gesagten ebenfalls erfolglos.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
38Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, 3 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
39etwa Beschluss vom 20. November 2012 - 16 A 2172/12 -, juris, Rn. 17 f., m.w.N.,
40der sich die Kammer anschließt, ist für ein Hauptsacheverfahren wegen Entziehung einer Fahrerlaubnis ungeachtet der erteilten Fahrerlaubnisklassen stets der Auffangwert (5.000,- Euro) und für ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren die Hälfte dieses Betrages (2.500,- Euro) als Streitwert anzusetzen. Die Verpflichtung, den Führerschein abzugeben, und die zugleich verfügte Zwangsgeldandrohung werden nicht streitwerterhöhend berücksichtigt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.
- 2
Er ist seit 2. Dezember 2011 Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen B, AM und L.
- 3
Am Abend des 22. Juni 2014 wurde der Kläger einer Verkehrskontrolle unterzogen. Ausweislich des Einsatzberichtes fielen den Polizeibeamten beim Kläger während der Kontrolle eine starke Nervosität sowie gerötete und wässrige Augen, ein Oberlidzittern sowie ein starkes Zittern der Hände und des Körpers auf. Auf entsprechende Nachfrage gab der Kläger an, noch nie Kontakt zu Betäubungsmitteln gehabt zu haben. Aufgrund dieser Ausfallerscheinungen führten die Polizeibeamten auf freiwilliger Basis einen Mahsantest durch, der zu einer positiven Reaktion auf Tetrahydrocannabinol (THC) führte. Hierzu machte der Kläger keine Angaben. Ihm wurde anschließend in der Polizeidienststelle eine Blutprobe entnommen.
- 4
Die Untersuchung der Blutprobe durch das Institut für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin M. ergab einen THC-Wert von 2,0 ng/mL Serum und einen THC-Carbonsäure-Wert von 20 ng/mL Serum. In einer ergänzenden Stellungnahme ist ausgeführt, die festgestellten Cannabinoidkonzentrationen wiesen auf eine engfristigere Cannabisaufnahme hin. Es komme ein Cannabiseinfluss zum Blutentnahmezeitpunkt in Betracht.
- 5
Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis gab der Kläger an, er habe am Tag der Verkehrskontrolle bei einem Umzug geholfen und dort an einem Joint gezogen. Hierbei habe es sich um den erstmaligen Konsum von Cannabis gehandelt. Er sei Allergiker, was der Grund für die geröteten Augen sein könne. Außerdem sei er zum Kontrollzeitpunkt sehr ermüdet gewesen. Das Zittern sei auf seine Aufregung bei der Kontrolle zurückzuführen. Die THC-Carbonsäure-Konzentration sei zum Beleg eines gelegentlichen Konsums nicht geeignet.
- 6
Mit Bescheid vom 6. Oktober 2014 entzog der Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis der Klassen B einschließlich AM und L sowie die unter die Klassen A1 und A fallenden Berechtigungen und forderte ihn zur unverzüglichen Abgabe des Führerscheins auf. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei aufgrund gelegentlichen Konsums von Cannabis ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs, weshalb ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen sei. Soweit er einen einmaligen Konsum geltend mache, sei dies als Schutzbehauptung zu betrachten.
- 7
Mit seinem am 17. Oktober 2014 erhobenen Widerspruch vertiefte der Kläger sein bisheriges Vorbringen und trug ergänzend vor: Er habe sich explizit auf einen einmaligen Konsum berufen. Eine Bewertung der polizeilichen Kontrollsituation habe nicht stattgefunden, insbesondere sei man nicht darauf eingegangen, dass er Allergiker und verständlicherweise bei der Kontrolle aufgeregt gewesen sei. Die festgestellten Werte ließen keinen Rückschluss auf einen gelegentlichen Cannabiskonsum zu. Außerdem bestätigten durchgeführte Urinscreenings, dass keine Cannabinoide nachweisbar seien. Dies zeige, dass er nach seiner einmaligen Verfehlung kein Cannabis mehr konsumiert habe.
- 8
Der Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid vom 24. März 2015 im Wesentlichen aus den Gründen des angefochtenen Bescheids zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, aus dem Erklärungsverhalten des Klägers während des gesamten Verfahren könne der Rückschluss auf gelegentlichen Cannabiskonsum gezogen werden.
- 9
Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids am 2. April 2015 hat der Kläger am 30. April 2015 Klage erhoben, mit der er sein bisheriges Vorbringen vertieft und ergänzt. Dass er sich bei der Polizei auf sein Aussageverweigerungsrecht berufen habe, könne ihm nicht angelastet werden.
- 10
Er beantragt,
- 11
den Bescheid vom 6. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids 24. März 2015 aufzuheben.
- 12
Der Beklagte beantragt,
- 13
die Klage abzuweisen.
- 14
Er bezieht sich auf die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen und verweist darauf, dass der Kläger zu seinem Cannabiskonsum widersprüchliche Angaben gemacht habe. Ungeachtet der im Jahr 2015 veröffentlichten Empfehlung der Grenzwertkommission sei bei einem THC-Wert von 2,0 ng/mL Serum von einem fehlenden Trennungsvermögen auszugehen.
- 15
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten in den Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 16
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Fahrerlaubnisentziehungsbescheid des Beklagten vom 6. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
- 17
Rechtsgrundlage für die in Ziffer 1 des Bescheids enthaltene Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes – StVG – i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV). Danach ist dem Inhaber einer Fahrerlaubnis diese zu entziehen, wenn er sich zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet erweist. Das gilt insbesondere dann, wenn u.a. Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV). Nach Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV (im Folgenden: Anlage 4 FeV) wird die Eignung bei Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes grundsätzlich verneint. Lediglich im Hinblick auf die Einnahme von Cannabis wird differenziert: Während die lediglich einmalige (experimentelle) Einnahme von Cannabis die Fahreignung nicht in Frage stellt, führt demgegenüber der regelmäßige (täglich oder nahezu tägliche) Konsum zur Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeugs (Nr. 9.2.1 der Anlage 4 FeV). Der gelegentliche Konsum von Cannabis schließt hingegen nur dann die Fahreignung nicht aus, wenn eine Trennung von Konsum und Fahren vorgenommen wird, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol und anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen zu verzeichnen ist und keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 FeV).
- 18
Hiervon ausgehend hat der Beklagte zu Recht einen die Fahreignung ausschließenden Betäubungsmittelkonsum angenommen, denn der Kläger konsumiert auch zur Überzeugung der Kammer bei fehlendem Trennungsvermögen gelegentlich Cannabis.
- 19
Gelegentlicher Konsum liegt vor, wenn er über den lediglich einmaligen, experimentellen Gebrauch hinaus geht und noch nicht das Stadium des regelmäßigen Konsums erreicht hat (OVG RP, Beschluss vom 9. März 2006 – 10 E 10099/06.OVG –). Das ist bereits bei zweimaliger Einnahme von Cannabis in selbständigen Konsumakten gegeben, soweit diese einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, DAR 2014, 711 = juris Rn. 20 f.). Von einem solchen Fall ist hier auszugehen. Hierbei kann offenbleiben, ob bereits der ausweislich des toxikologischen Befundberichts des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin M. festgestellte THC-Carbonsäure-Wert von 20 ng/mL Serum den gelegentlichen Konsum indiziert. Die notwendige Überzeugung für eine gelegentliche Cannabisaufnahme nach einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss kann nämlich auch aus einer Zusammenschau der den bisher maßgeblichen Grenzwert deutlich übersteigenden THC-Carbonsäure-Konzentration und der Einlassung des Fahrerlaubnisinhabers zum Konsummuster gewonnen werden. Vor dem Hintergrund, dass die Kombination von erstmaligem Cannabiskonsum mit anschließender Verkehrsteilnahme unter Einwirkung des erstmals konsumierten Rauschmittels und der Feststellung dieses Umstandes bei einer polizeilichen Kontrolle unter Berücksichtigung der relativ geringen polizeilichen Kontrolldichte insgesamt deutlich für einen nur sehr selten anzunehmenden Fall spricht, bedarf es nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, der sich die Kammer anschließt, nach einer Teilnahme am Straßenverkehr unter verkehrsrechtlich relevantem Cannabiseinfluss – wie er hier, wie noch auszuführen sein wird, mit einem THC-Wert von 2,0 ng/mL gegeben ist – der ausdrücklichen Berufung des Fahrerlaubnisinhabers auf einen Erstkonsum und der substantiierten und glaubhaften Darlegung der Einzelumstände dieses Konsums, um nicht von einem jedenfalls gelegentlichen Cannabiskonsum ausgehen zu können (OVG RP, Beschlüsse vom 16. Juli 2012 – 10 B 10669/12.OVG –, vom 22. Februar 2012 – 10 D 11493/11.OVG – und vom 2. März 2011– 10 B 11400/10.OVG –, NJW 2011, 1985 = juris Rn. 6 f.; ebenso BayVGH, Beschluss vom 4. März 2013, a.a.O. = juris Rn. 31; VGH BW, Urteil vom 21. Februar 2007 – 10 S 2302/06 –, ZfS 2007, 295 = juris Rn. 15). Das bedeutet, dass etwa die Tatsache eines Schweigens zur Frage der Häufigkeit des Konsums, der lapidaren Behauptung einmaligen Konsums sowie der offensichtlich falschen Darstellung von Konsumverhalten die Annahme einer nicht nur einmaligen Cannabisaufnahme rechtfertigen kann. Gleiches gilt auch, wenn der Fahrerlaubnisinhaber im Verfahren unterschiedliche Angaben zur Frage des Konsums überhaupt bzw. zu den Umständen des Konsums macht.
- 20
Den so dargestellten Anforderungen an das Erklärungsverhalten des Fahrerlaubnisinhabers steht auch nicht entgegen, dass die „Gelegentlichkeit“ der Cannabiseinnahme eine der Tatbestandsvoraussetzungen für die – regelmäßige – Fahrungeeignetheit nach Maßgabe der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 FeV und den Erlass einer hierauf gestützten Fahrerlaubnisentziehung ist und es deshalb der Fahrerlaubnisbehörde obliegt, darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass ein nicht lediglich einmaliger Cannabiskonsum vorliegt. Das schließt es nämlich nicht aus, bestimmten Tatsachen mit Blick auf das Konsummuster indizielle Bedeutung beizumessen und hieraus berechtigterweise den Schluss auf eine mehr als nur einmalige Cannabisaufnahme ziehen zu können (OVG RP, Beschluss vom 2. März 2011, a.a.O. = juris Rn. 9).
- 21
Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben. Unter Berücksichtigung des Erklärungsverhaltens des Klägers ist die Annahme einer mehr als nur einmaligen – und damit gelegentlichen – Cannabisaufnahme gerechtfertigt. Der Kläger hat bereits widersprüchliche Angaben zum Konsum von Betäubungsmitteln überhaupt gemacht. Ausweislich des Einsatzberichts der Polizei – der als öffentliche Urkunde i.S.v. § 415 Abs. 1, § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis der in ihm bezeugten Tatsachen begründet (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 11. März 2004 – 11 LA 380/03 –, NVwZ 2004, 1381 = juris Rn. 4 f.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann/, ZPO, 68. Auflage 2010, § 418 Rn. 5) – gab der Kläger anlässlich der Verkehrskontrolle am 22. Juni 2014 auf die Frage der kontrollierenden Polizeibeamten nach Belehrung zunächst an, noch nie Kontakt zu Betäubungsmitteln gehabt zu haben. Nachdem ein freiwillig durchgeführter Drogensuchtest (Mahsantest) positiv reagierte, machte der Kläger nach erneuter Belehrung über sein Aussageverweigerungsrecht zu einem etwaigen Drogenkonsum keine Angaben mehr. Hingegen räumte er im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis ein, am Kontrolltag an einem Joint gezogen und diesen mitgeraucht zu haben.
- 22
Soweit der Kläger geltend macht, sein Aussageverhalten lasse keine Rückschlüsse auf einen gelegentlichen Konsum von Cannabis zu, weil der Beklagte aus dem Umstand, dass er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht habe bzw. dass sein Aussageverhalten vor der Polizei vor einem drohenden Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren zu werten sei, gehindert sei, entsprechende Rückschlüsse zu ziehen, vermag er hiermit nicht durchzudringen. Insoweit übersieht er, dass das (strafprozessuale) Aussageverweigerungsrecht eines Beschuldigten (§ 136 Abs. 1 Satz 2 StPO) allein Ausfluss des aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art.20 Abs. 3 GG abgeleiteten Grundsatzes ist, dass sich niemand in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren selbst belasten muss („nemo tenetur se ipsum accusare“, vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a. –, BVerfGE 133, 168 = juris Rn. 66), mit der Folge, dass in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren keine nachteiligen Schlüsse aus einem Schweigen des Beschuldigten gezogen werden dürfen. Hiervon zu unterscheiden ist jedoch das Fahrerlaubnisentziehungsverfahren, welches im Gegensatz zum Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren keinen Repressivcharakter hat, sondern der präventiven Gefahrenabwehr dient. In derartigen Verfahren ist die Behörde regelmäßig nicht gehindert, aus der Wahrnehmung strafprozessualer Aussageverweigerungsrechte gleichwohl Rückschlüsse auf ein verkehrsrechtlich relevantes Verhalten – und hierzu gehört die Frage Fahr(un)eignung eines Fahrerlaubnisinhabers – zu ziehen (vgl. OVG NW, Beschluss vom 9. Oktober 2014 – 16 B 709/14 –, juris Rn. 9, BayVGH, Beschluss vom 17. Juni 2009 –, 11 CS 09.833 –, juris Rn. 11; VGH BW, Beschluss vom 16. Mai 2007 – 10 S 608/07 –, ESVGH 57, 248 = juris Rn. 3 f.).
- 23
Hinzu kommt ferner, dass aber auch die Angaben des Klägers zu den konkreten Umständen des nunmehr eingeräumten Konsums Unstimmigkeiten aufweisen. Während der Kläger im Rahmen der Anhörung zunächst angab, er habe am Kontrolltag während eines Umzugs, bei dem er geholfen habe, an dem Joint gezogen, trug er hingegen im gerichtlichen Verfahren vor, der Cannabiskonsum habe im Anschluss an den Umzug stattgefunden.
- 24
Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz lässt diese Erklärungsverhalten des Klägers zusammen mit der bei ihm festgestellten THC-Carbonsäure-Konzentration von 20 ng/mL Serum – die um das doppelte über dem bislang zum Nachweis des gelegentlichen Konsums angenommenen Grenzwert von 10 ng/mL liegt – den berechtigten Schluss auf eine mehr als nur einmalige Cannabisaufnahme zu.
- 25
Der Kläger kann auch nicht zwischen dem Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen. An dem – für eine fortbestehende Fahrerlaubniseignung erforderlichen – Trennungsvermögen fehlt es, wenn der Betroffene unter verkehrsrechtlich relevantem Drogeneinfluss ein Fahrzeug führt. Bereits bei einer Verkehrsteilnahme mit einer THC-Konzentration im Blut von über 2 ng/mL ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (vgl. Beschlüsse vom 29. Januar 2010 – 10 B 11226/09.OVG –, juris Rn. 12, und vom 7. Dezember 2007 – 10 B 11164/07.OVG –; Urteil vom 13. Januar 2004 – 7 A 10206/03.OVG –, DAR 2004, 413 = juris Rn. 24) unabhängig von konkreten Ausfallerscheinungen davon auszugehen, dass der Betroffene unter verkehrssicherheitsrelevantem Drogeneinfluss ein Fahrzeug geführt hat. Bei einer Cannabiskonzentration in dieser Höhe ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen anzunehmen, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen erhöht, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben. Bei der Hälfte der Konsumenten mit dieser Cannabiskonzentration kam es zu Beeinträchtigungen der Verkehrstüchtigkeit in der Form von Antriebssteigerungen, erhöhter Risikobereitschaft sowie Herabsetzung der Sehschärfe mit verzögerten Reaktionen. Bei dem Kläger ergab die toxikologische Untersuchung einen THC-Wert von 2 ng/mL Serum bei der Verkehrsteilnahme am 22. Juni 2014. Dementsprechend führte der Gutachter in dem toxikologischen Befundbericht vom 12. August 2014 nachvollziehbar aus, dass die im Serum festgestellten Cannabinoidkonzentrationen auf eine engfristigere Cannabisaufnahme hinwiesen und ein aktueller Cannabiseinfluss zum Blutentnahmezeitpunkt in Betracht komme. Bestätigt wird dieses Ergebnis auch durch die Feststellungen in dem polizeilichen Einsatzbericht, denen zufolge beim Kläger typischerweise bei Drogenkonsum auftretende Ausfallerscheinungen wie Zittern oder gerötete und wässrige Augen und überdies eine starke Nervosität festgestellt wurden.
- 26
Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegen halten, ihm sei bekannt, dass in polizeilichen Einsatzberichten stereotyp die vorgenannten Auffälligkeiten enthalten seien. Sollte er damit letztlich den Wahrheitsgehalt dieser Feststellungen in Zweifel ziehen wollen, übersieht er damit wegen den sich aus §§ 415, 418 ZPO ergebenden Rechtswirkungen eines polizeilichen Einsatzberichts als öffentlicher Urkunde der an sich mögliche Gegenbeweis (§ 418 Abs. 2 ZPO) nur geführt ist, wenn das Gegenteil zur vollen Überzeugungsgewissheit des Gerichts feststeht. Diesen Gegenbeweis hat der Kläger nicht erbracht; er hat letztlich nicht einmal selbst substantiiert die im Einsatzbericht aufgeführten Auffälligkeiten in Abrede gestellt. Soweit er des Weiteren versucht, die Auffälligkeiten mit Nervosität sowie einer Allergie zu erklären, verfängt dies ebenfalls nicht; vielmehr sind seine diesbezüglichen Angaben als Schutzbehauptungen zu werten. Hierfür spricht bereits, dass sich der Kläger bei der Verkehrskontrolle mit keinem Wort auf die nunmehr vorgebrachten Erklärungen zu den Auffälligkeiten berufen hat, obgleich der Verdacht des Konsums von Betäubungsmitteln im Raum stand.
- 27
Selbst wenn man zu seinen Gunsten konstatiert, dass der Umstand, in eine Polizeikontrolle zu geraten, zur Nervosität führen kann, erklärt dies nicht die im einzelnen festgestellten Erscheinungsmerkmale wie das Oberlidzittern. Hinzukommt, dass seine Angaben – etwa hinsichtlich der behaupteten allergischen Reaktion der Augen – unsubstantiiert sind; so hat der Antragsteller über die bloße Behauptung, Allergiker zu sein, keinerlei weitere Angaben zu der Art der Allergie gemacht, geschweige denn deren Vorliegen belegt.
- 28
Eine andere rechtliche Beurteilung hinsichtlich des fehlenden Trennungsvermögens ist schließlich auch nicht im Hinblick auf die jüngste Empfehlung der Grenzwertkommission angezeigt. Die Grenzwertkommission – bei der um eine fachübergreifende Arbeitsgruppe von Verkehrs- und Rechtsmedizinern sowie forensisch und toxikologisch tätigen Chemikern handelt, die die Bunderegierung berät (vgl. Hettenbach/Kalus/Möller/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, 2. Auflage 2010, § 3 Fn. 190) hat im September 2015 empfohlen, erst ab einem Grenzwert von 3,0 ng/mL Serum von einem Verstoß gegen das Trennungsgebot auszugehen und hierzu ausgeführt:
- 29
"Eine Leistungseinbuße ließ sich in experimentellen Studien frühestens ab 2 ng THC/ml Serum nachweisen (Ramaekers et al. 2006), ein erhöhtes Unfallrisiko ab einer THC - Konzentration im Serum von 4 ng/ml (Laumon et al. 2005, Drummer et al. 2004, Longo et al. 2000, Ramaekers et al. 2009). Diese Ergebnisse sollten bei der Festlegung eines Wertes, bei dem Fehlen des Trennungsvermögens angenommen wird, berücksichtigt werden. Pharmakokinetische Studien zeigen, dass bei Konzentrationen ab 2 ng THC/ml Serum - sofern ein einmaliges/gelegentliches (z.B. nicht häufiger als einmal in der Woche) Konsummuster vorliegt - davon auszugehen ist, dass der letzte Konsum innerhalb weniger Stunden vor der Blutentnahme stattgefunden hat (Toennes et al. 2015, Huestis et al. 1992). ...
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In wissenschaftlichen Untersuchungen unter Einbeziehung chronischer Cannabiskonsumenten hat sich gezeigt, dass erhöhte THC - Konzentrationen im Serum auch noch einige Tage nach dem letzten Konsum feststellbar sein können (Grenzwertkommission, 2011), also zu einem Zeitpunkt, an dem sicher keine akute Beeinflussung der Leistungsfähigkeit mehr vorliegt. ...
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Die Grenzwertkommission empfiehlt daher auf der Grundlage dieser Ausführungen bei Feststellungen einer THC - Konzentration von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anl. 4 zur FeV zu verneinen. ... Eine neue Bewertung des analytischen Grenzwertes von THC (1,0 ng/ml) gemäß der Empfehlung der Grenzwertkommission zur Anlage des § 24a Abs. 2 StVG ist nicht veranlasst." (vgl. Blutalkohol 52 (2015, S. 322 f.)
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Ungeachtet dessen, dass die behördliche und gerichtliche Praxis aller Gerichtszweige und Instanzen in der Vergangenheit den Empfehlungen der Grenzwertkommission gefolgt sind (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. November 2015 – 6 L 3751/15 –, juris Rn. 11), sieht sich die Kammer in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen nicht veranlasst, von dem in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz und der Rechtsprechung der Kammer (vgl. zuletzt Beschluss vom 4. Mai 2015 – 3 L 443/15.MZ) zur Annahme eines fehlenden Trennungsvermögens zugrunde gelegten Wert von 2 ng/mL Serum nach oben hin abzuweichen. Dies ergibt sich aus folgendem:
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Zum einen stellt die Grenzwertkommission in ihren Ausführungen ausschließlich auf den Aspekt der Leistungseinbuße bzw. der Leistungsfähigkeit ab. Dieser Gesichtspunkt ist bisher auch bereits in der obergerichtlichen Rechtsprechung berücksichtigt worden, allerdings im Hinblick auf den zu Grunde gelegten Gefährdungsmaßstab gerade nicht als relevant erachtet worden, so dass die aktuellen Ausführungen der Grenzwertkommission den für das Gefahrenabwehrrecht gültigen (analytischen) "Risikogrenzwert" von 1 ng/mL THC nicht in Frage stellen (vgl. VG Münster, Beschluss vom 2. Dezember 2015 – 10 L 139/15 –, S. 5 BA unter Bezugnahme auf VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. November 2015 – 14 L 3652/15 –, juris Rn. 37). Letztlich sieht auch die Grenzwertkommission selbst eine Neubewertung des analytischen Grenzwerts von 1 ng/mL Serum ausdrücklich nicht als veranlasst (vgl. Blutalkohol 52 (2015), a.a.O.).
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Zum anderen weist die Empfehlung der Grenzwertkommission zur Begründung des Grenzwertes von 3 ng/mL darauf hin, dass ihr wissenschaftliche Untersuchungen unter Einbeziehung chronischer Cannabiskonsumenten zugrunde gelegen hätten, in denen sich gezeigt habe, dass erhöhte THC-Konzentrationen im Serum auch noch einige Tage nach dem letzten Konsum feststellbar sein könnten, also zu einem Zeitpunkt, an dem sicher keine akute Beeinflussung der Leistungsfähigkeit mehr vorgelegen habe. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass Untersuchungsergebnisse, die unter Einbeziehung chronischer, d.h. regelmäßiger Konsumenten, zustande gekommen sind, nur eine eingeschränkte Aussagekraft in Bezug auf die hier bedeutsame Personengruppe der gelegentlich Cannabis Konsumierenden haben kann. In Anbetracht dessen, dass die Auswirkungen von Cannabis bei den einzelnen Drogenkonsumenten höchst unterschiedlich sind (vgl. die Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. Dr. U. vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Verfahren 7 A 10206/03.OVG [Urteil vom 13. Januar 2014, S. 8 UA]), spricht zur Überzeugung der Kammer einiges dafür, dass die die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden Erscheinungen bei regelmäßigen Cannabiskonsumenten anders ausfallen als etwa bei Personen, die lediglich gelegentlich Cannabis konsumieren. Die Grenzwertkommission konstatiert selbst, dass bei regelmäßigen Konsumenten zu beobachten war, dass sich THC im Körper angereichert hat und über viel Tage hinweg langsam an das Blut abgegeben wird (vgl. Blutalkohol 52, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund stellt die vom Gutachter in dem vorbezeichneten Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (a.a.O.) getroffene Aussage, dass jedenfalls bei einer THC-Konzentration von 2,0 ng/mL Serum bei etwa 50 % der Cannabiskonsumenten Beeinträchtigungen festgestellt werden könnten, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit hätten, auch weiterhin eine sachverständige Grundlage dar, die es rechtfertigt, bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Verkehrsteilnehmern einen THC-Wert von 2 ng/mL Serum als Anhaltspunkt für das Führen eines Kraftfahrzeugs unter verkehrsrelevantem Cannabiseinfluss anzunehmen.
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Schließlich kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Empfehlung der Grenzwertkommission im Wesentlichen wissenschaftliche Studien zugrunde lagen, die in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung – die zum Teil ein fehlendes Trennungsvermögen bereits ab einem THC-Wert von 1,0 ng/mL Serum annimmt (vgl. etwa OVG NW, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 31 m.w.N.). – berücksichtigt wurde. Soweit hingegen in der Empfehlung angeführte Studie von Toennes et al. aus dem Jahr 2015 (Wie relevant ist die Beweismittelverlusts bei Verzug der Blutentnahme? Schlussfolgerungen aus der Auswertung von Blutuntersuchungsergebnissen, Arch. Kriminol. 235, 73 ff.) ausgeführt ist, dass bei Konzentrationen ab 2 ng/ml THC davon auszugehen sei, dass der letzte Konsum innerhalb weniger Stunden vor der Blutentnahme stattgefunden habe, betrifft diese Aussage indes Fragen der Abbaugeschwindigkeit und nicht die des Gefährdungsmaßstabes oder des Grenzwertes (vgl. VG Münster, a.a.O. S. 5 BA, VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. November 2015, a.a.O. = Rn. 39).
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Ist somit nach dem Vorgesagten auch weiterhin ab einem THC-Wert von 2,0 ng/mL Serum von einem fehlenden Trennungsvermögen auszugehen, hat dies zur Folge, dass der Kläger als gelegentlicher Konsument von Cannabis gemäß Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 FeV als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs anzusehen ist mit der Folge, dass ihm die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen war.
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Auch die in Ziffer 2 des Bescheids enthaltene Aufforderung, den Führerschein unverzüglich bei der Führerscheinstelle des Beklagten abzugeben, ist rechtmäßig. Sie findet ihre Grundlage in § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV. Da dem Kläger die Fahrerlaubnis zu Recht entzogen wurde, hat er als gesetzliche Folge den ihm erteilten Führerschein unverzüglich der Fahrerlaubnisbehörde auszuhändigen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Die Berufung ist gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Frage, ob für die Annahme eines fehlenden Trennungsvermögens i.S.v. Ziffer 9.2.2. der Anlage 4 FeV aufgrund der Empfehlung der Grenzwertkommission nunmehr ein THC-Wert von 3,0 ng/mL Serum zugrunde zu legen ist.
Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 20. Januar 2016
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Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Dabei fallen die gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV mitgezogenen Fahrerlaubnisklassen AM und L nicht streitwerterhöhend ins Gewicht).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.