Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2017 - 10 ZB 17.853

published on 12/06/2017 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2017 - 10 ZB 17.853
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Verwaltungsgericht München, M 12 K 16.2033, 17/11/2016

Gericht

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Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 6. April 2016 und Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis weiter. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid hat die Beklagte den Kläger aus dem Bundesgebiet ausgewiesen, die Wirkungen der Ausweisung auf fünf bzw. sieben Jahre nach Ausreise befristet, die Abschiebung nach Albanien angedroht und seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen, weil sich aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteil (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht ergibt.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bestünden nur dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - juris Rn. 16). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung, die Ausweisung des Klägers sei nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls rechtmäßig, damit begründet, dass die Gefahr, der Kläger werde erneut gravierende Straftaten begehen, gegenwärtig nach wie vor bestehe. Es hat dabei insbesondere auf die Art und Weise der Begehung der vom Kläger verübten Straftaten, die Schwere der Straftaten, das verletzte Rechtsgut und den fehlenden Abschluss einer notwendigen Antiaggressionstherapie abgestellt.

Der Kläger bringt demgegenüber im Zulassungsverfahren vor, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Straftaten mittlerweile lange zurücklägen und der Kläger erstmals eine längere Zeit in Haft verbracht habe. Die positiven Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt hätten keinen Eingang in die Entscheidung gefunden. Bei der Stellungnahme vom 22. März 2016 habe das Gericht verkannt, dass die Justizvollzugsanstalt nur die Aussetzung des Restes der Jugendstrafe zum März 2016 nicht befürwortet habe, jedoch die Aussetzung zum Juni 2016. Jedenfalls wäre das Verwaltungsgericht gehalten gewesen, die positive Entwicklung des Klägers in der Haft in die Abwägung miteinzustellen. Ein therapeutischer Handlungsbedarf sei nach dem Vollzugsplan der Justizvollzugsanstalt bei ihm nicht gegeben gewesen. Auch sei von einer positiven Nachreifung auszugehen. Zu berücksichtigen sei ferner der Beschluss zur Aussetzung der Vollstreckung der restlichen Jugendstrafe vom 3. Juni 2016 und die Teilnahme an einem Projekt für jugendliche Gewalttäter (Rubikon). Der Kläger befinde sich auch in psychotherapeutischer Behandlung.

Damit hat der Kläger jedoch keine Umstände aufgezeigt, die die vom Erstgericht im Rahmen der Prüfung des § 53 Abs. 1 AufenthG angestellte Gefahrenprognose und die Annahme einer beachtlichen Wiederholungsgefahr erneuter Gewaltdelikte ernstlich in Zweifel ziehen könnten. Das Verwaltungsgericht hat bei der bei einer spezialpräventiven Ausweisungsentscheidung von ihm zu treffenden eigenständigen Gefahrenprognose alle für den Einzelfall wesentlichen Umstände berücksichtigt. Ausschlaggebende Bedeutung kommt insoweit den vom Kläger im Jahr 2014 begangenen massiven Körperverletzungsdelikten zu, bei denen er andere Personen ohne jeglichen Anlass niedergeschlagen und teilweise mit Tritten in den Kopfbereich schwerwiegend verletzt hat. Die Schwere dieser Straftaten wird nicht dadurch gemindert, dass sie mittlerweile fast drei Jahre zurückliegen. Ein bloßer Zeitablauf seit der letzten begangenen Straftat vermag entgegen der vom Kläger sinngemäß vertretenen Auffassung eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich der Begehung weiterer einschlägiger Straftaten nicht auszuschließen. Schließlich musste sich der Kläger noch nicht allzu lange außerhalb des Strafvollzugs bewähren. Soweit der Kläger auf den erzieherischen Erfolg der Strafhaft sowie die positiven Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt verweist, führt dies nicht zum Entfallen der in den Straftaten zum Ausdruck kommenden erheblichen Gewaltbereitschaft des Klägers und dem damit verbundenen Risiko der Begehung erneuter Körperverletzungsdelikte. Zwar gehen die Straf- und Verwaltungsgerichte davon aus, dass die erstmalige Verbüßung einer Haftstrafe, insbesondere als erste massive Einwirkung auf einen jungen Menschen, unter Umständen seine Reifung fördern und die Gefahr neuen Straffälligwerdens mindern kann (vgl. BayVGH, B.v. 21.3.2016 - 10 ZB 15.1968 - juris Rn. 10). Es ist aus dem Zulassungsvorbringen jedoch nicht ersichtlich, dass den Kläger die Verbüßung der Freiheitsstrafe so stark beeindruckt hat, dass es bereits zu einem nachhaltigen Einstellungswandel hinsichtlich der Einhaltung der Rechtsordnung gekommen ist. Ihm wird zwar in den Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt bescheinigt, dass er freundlich, höflich, fleißig und besonnen ist. Bezüglich seiner Straftaten findet sich jedoch nur der Satz, dass „er sich reflektiert zeige“. Vor diesem Hintergrund geht der Senat nicht davon aus, dass die Verbüßung der Freiheitsstrafe den Kläger bereits so nachhaltig beeindruckt und er sich mit seiner kriminellen Vergangenheit so auseinandergesetzt hat, dass er auch ohne den Druck des Strafvollzugs und der dreijährigen Bewährungszeit nach der Strafaussetzung zur Bewährung in der Lage ist, nicht erneut straffällig bzw. gewalttätig zu werden. Eine gute Führung während der Haft reicht insoweit jedenfalls noch nicht. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch darauf hingewiesen, dass der zweiwöchige Jugendarrest und die Weisungen, die dem Kläger anlässlich früherer Strafverfahren erteilt wurden, ohne Auswirkungen auf ihn geblieben sind.

Soweit der Kläger vorbringt, das Verwaltungsgericht habe nicht erkannt, dass in der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt vom 22. März 2016 lediglich die Strafaussetzung zur Bewährung zum Zeitpunkt März 2016 nicht befürwortet worden sei, trifft dies zu, weil sich die Justizvollzugsanstalt in dieser Stellungnahme für eine Haftentlassung zu den Prüfungsterminen im Juni 2016 ausgesprochen hat. Allerdings vermag der Kläger mit diesem Einwand die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Denn das Verwaltungsgericht hat bei seiner Entscheidung berücksichtigt, dass er - nicht zuletzt aufgrund dieser positiven Stellungnahme - im Juni 2016 auf Bewährung aus der Strafhaft entlassen worden ist.

Das Erstgericht ist aber auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Aussetzung der Vollstreckung der restlichen Jugendstrafe zur Bewährung durch Beschluss des Amtsgerichts L. vom 3. Juni 2016 nicht zum Entfallen der Wiederholungsgefahr führt. Zwar kommt - wie der Kläger zutreffend ausführt - den Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern über die Strafaussetzung zur Bewährung für die Frage der Wiederholungsgefahr erhebliche indizielle Bedeutung zu, die Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte sind an diese Entscheidung aber nicht gebunden (BVerfG, B.v. 19.10.2016 - 2 BvR 1934/16 - juris 21). Sie haben über das Vorliegen einer hinreichenden Gefahr neuer Verfehlungen eigenständig zu entscheiden (BayVGH, B.v. 5.1.2017 - 10 ZB 16.1778 - juris Rn. 7). Im Fall des Klägers ist für das Abweichen von der strafrichterlichen Prognose, wonach die Strafaussetzung zur Bewährung unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann (§ 88 JGG), ausschlaggebend gewesen, dass er sich gemäß der Weisungen des Beschlusses vom 3. Juni 2016 um unverzügliche Aufnahme in das Projekt Rubikon zu bemühen hat. Demnach ist auch die Strafvollstreckungskammer davon ausgegangen, dass es sich beim Kläger um einen jugendlichen gewaltbereiten Intensivtäter handelt, der auch nach der Entlassung aus der Haft einer engmaschigen Kontrolle und Unterstützung bedarf, um nicht wieder mit Gewaltstraftaten auffällig zu werden. Alleine die bisherige Teilnahme an dem Projekt lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass der Kläger unmittelbar nach dem „erfolgreichen“ Abschluss eines Antiaggressionstrainings im August 2014 bereits im September 2014 zwei massive Körperverletzungsdelikte begangen hat.

Auch wenn der Kläger laut Vollzugsplan während seiner Inhaftierung nicht wegen seiner in den von ihm begangenen Straftaten zum Vorschein getretenen Gewaltbereitschaft psychotherapeutisch behandelt worden ist, besteht diesbezüglich Handlungsbedarf. Dies zeigen zum einen die Weisung im Beschluss vom 3. Juni 2016 zur Teilnahme am Projekt Rubikon und zum anderen der Bericht der Jugendhilfe im Strafverfahren vom 3. Februar 2016. Danach hat der Kläger in der Strafhaft seine Aggressionsproblematik erkannt, aber noch nicht bewältigt; es wird eine professionelle Auseinandersetzung mit seinem Aggressionspotential durch psychologische und therapeutische Begleitung empfohlen.

Entgegen dem Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren hat das Erstgericht die seit der Begehung der letzten Straftat verstrichene Zeitspanne bei seiner Abwägungsentscheidung berücksichtigt. In den Entscheidungsgründen geht es ausdrücklich auf das beanstandungsfreie Verhalten in der Haft ein, weist aber zugleich darauf hin, dass es angesichts des nicht erfolgreich therapierten Aggressionspotentials und einer noch fehlenden Bewährung außerhalb des Strafvollzugs vom einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Ausreise des Klägers aus dem Bundesgebiet ausgeht. Auch unter Berücksichtigung der nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bei einer Ausweisung zu beachtenden Kriterien erweist sich das Urteil des Verwaltungsgerichts daher als richtig. Alleine der Zeitablauf seit Begehung der letzten Straftat lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht insoweit auch berücksichtigt, dass sich die Straftaten des Klägers, die seiner Inhaftierung zugrunde lagen, gegen das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit richteten und daher auch eine nur relativ geringe Möglichkeit weiterer Gewalttaten eine Wiederholungsgefahr begründet (BayVGH, B.v. 28.4.2017 - 10 ZB 15.2066 - juris Rn. 12 m.w.N.).

Einwendungen gegen die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils, soweit es die Klage gegen die Befristungsentscheidung und die Abschiebungsanordnung nach Albanien abgewiesen hat, werden im Zulassungsantrag ebenso wenig erhoben wie bezüglich des erfolglosen Verpflichtungsbegehrens auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und Abs. 3 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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published on 05/01/2017 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.
published on 21/03/2016 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt. Gründe Mit se
published on 28/04/2017 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Gründe
published on 09/06/2016 00:00

Tenor 1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Gru
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Annotations

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Der Vollstreckungsleiter kann die Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe zur Bewährung aussetzen, wenn der Verurteilte einen Teil der Strafe verbüßt hat und dies im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen, auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit, verantwortet werden kann.

(2) Vor Verbüßung von sechs Monaten darf die Aussetzung der Vollstreckung des Restes nur aus besonders wichtigen Gründen angeordnet werden. Sie ist bei einer Jugendstrafe von mehr als einem Jahr nur zulässig, wenn der Verurteilte mindestens ein Drittel der Strafe verbüßt hat.

(3) Der Vollstreckungsleiter soll in den Fällen der Absätze 1 und 2 seine Entscheidung so frühzeitig treffen, daß die erforderlichen Maßnahmen zur Vorbereitung des Verurteilten auf sein Leben nach der Entlassung durchgeführt werden können. Er kann seine Entscheidung bis zur Entlassung des Verurteilten wieder aufheben, wenn die Aussetzung aufgrund neu eingetretener oder bekanntgewordener Tatsachen im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen, auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit, nicht mehr verantwortet werden kann.

(4) Der Vollstreckungsleiter entscheidet nach Anhören des Staatsanwalts und des Vollzugsleiters. Dem Verurteilten ist Gelegenheit zur mündlichen Äußerung zu geben.

(5) Der Vollstreckungsleiter kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(6) Ordnet der Vollstreckungsleiter die Aussetzung der Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe an, so gelten § 22 Abs. 1, 2 Satz 1 und 2 sowie die §§ 23 bis 26a sinngemäß. An die Stelle des erkennenden Richters tritt der Vollstreckungsleiter. Auf das Verfahren und die Anfechtung von Entscheidungen sind die §§ 58, 59 Abs. 2 bis 4 und § 60 entsprechend anzuwenden. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.