Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2019 - 10 CE 19.149

bei uns veröffentlicht am22.01.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 24 E 19.297, 21.01.2019

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. Januar 2019 wird die für heute vorgesehene Abschiebung des Antragstellers ausgesetzt.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, eine Duldung auszustellen, weiter.

Ein gleichlautender Antrag war mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 27. September 2018 (M 24 E 18.3989), bestätigt durch die Beschwerdeentscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Dezember 2018 (10 CE 18.2177), abgelehnt worden.

Der Antragsteller beantragte am 11. Januar 2019 bei der Antragsgegnerin unter Vorlage zweier psychologischer Stellungnahmen des Beratungs- und Familienzentrums München (SOS Kinderdorf) vom 11. und 15. Januar 2019 sowie einer Aktennotiz des Sozialreferats der Antragsgegnerin vom 17. Januar 2019 erneut, ihm eine Duldung zu erteilen, um die familiäre Lebensgemeinschaft mit seinen beiden Söhnen fortzuführen.

Den am 21. Januar 2019 zunächst beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingereichten und an das Bayerische Verwaltungsgericht München verwiesenen, gleichlautenden Antrag nach § 123 VwGO lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 21. Januar 2019 (M 24 E 19.297) ab, nachdem die Antragsgegnerin auch nach Vorlage der oben erwähnten Stellungnahmen die für den 22. Januar 2019 terminierte Abschiebung nicht ausgesetzt hatte.

Es sei kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Mit den vorgelegten neueren Unterlagen werde glaubhaft gemacht, dass in jüngster Zeit eine Vater-Kind-Beziehung zu beiden Söhnen gelebt werde. Die Vater-Kind-Beziehung sei aber erst seit kurzer Zeit in Ansehung der bevorstehenden Abschiebung dokumentiert. Dem Schutz der familiären Beziehung aus Art. 6 GG werde kein das staatliche Interesse an der Begrenzung des Zuzugs überwiegendes Gewicht beigemessen. Es seien auch keine besonderen Umstände erkennbar, dass die Durchführung eines Visumverfahrens unzumutbar wäre.

Der Antragsteller bringt im Beschwerdeverfahren vor, der Einwand des Verwaltungsgerichts, die Beziehung werde nur für eine kurze Zeit dokumentiert, gehe fehl. Wenn die dargestellte Beziehung zwischen dem Antragsteller und seinen Söhnen bestehe, sei nach den Stellungnahmen davon auszugehen, dass sie über einen langen Zeitraum gewachsen sei. Der Verweis auf das Visumverfahren gehe an der Realität vorbei, da der Antragsteller, wenn er von seinen Söhnen getrennt leben würde, nicht mehr nachweisen könne, dass die familiäre Lebensgemeinschaft bestehe.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe zutreffend beurteilt, dass der Antragsteller erst seit der Einleitung des Vollzugs der Ausreisepflicht den Kontakt zu seinen Kindern suche und auch unter diesem Eindruck nur unregelmäßig wahrgenommen habe. Die beiden Söhne würden nur eine Duldung erhalten.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behörden- und Gerichtsakten, auch in den Verfahren 10 CE 18.2177 und 10 CE 19.90, verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist im tenorierten Umfang begründet. Der Antragsteller hat durch die neuen Unterlagen in einem für den Erlass einer einstweiligen Anordnung hinreichenden Ausmaß glaubhaft gemacht, dass zwischen ihm und seinen Söhnen derzeit eine durch Art. 6 GG geschützte familiäre Lebensgemeinschaft besteht, die jedenfalls dem Vollzug der für heute geplanten Abschiebung entgegensteht.

Bezüglich der rechtlichen Voraussetzungen für einen Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts (M 24 E 19.297) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 17. Dezember 2018 (10 CE 18.2177) verwiesen.

Nach Überzeugung des Senats ergibt sich aus den vorgelegten psychologischen Stellungnahmen und der Aktennotiz des Sozialbürgerhauses mit einer für die Glaubhaftmachung (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 i.V.m. § 294 ZPO) ausreichenden Wahrscheinlichkeit, dass zwischen dem Antragsteller und seinen Söhnen „eine enge Bindung und Nähe besteht. Der Vater spielt eine bedeutsame Rolle im Leben seiner Kinder und ist eine wichtige Bezugsperson, welche die Kinder für ihre weitere gesunde Entwicklung brauchen“ (Sozialbürgerhaus vom 17. Januar 2019). In der Stellungnahme vom 11. Januar 2019 heißt es: „Er konnte beide Kinder in einer Weise beschreiben und Charakteristika hervorheben, die auf eine langjährige Vertrautheit hindeuten. Der Verbindungsaufbau zu den wichtigen Bezugspersonen wird bereits im ersten Lebensjahr aufgebaut, wenn die Elternperson verfügbar war. Das scheint bei Samson und seinem Vater eindeutig der Fall gewesen zu sein…Aus diesem Grund muss davon ausgegangen werden, dass eine langfristige plötzliche Trennung des Vaters von seinen Kindern im Moment zu einem schweren Schock bei beiden Söhnen führen würde.“ Bezüglich des älteren Sohnes führt die Diplompsychologin in der Stellungnahme vom 15. Januar 2019 aus: „Das deutet auf sehr viel Vertrautheit zwischen Vater und Sohn. Ersterer kann an der Mimik des Vaters innerhalb von Sekunden erkennen, dass etwas anders ist als normal. Letzter schafft es, seinen Sohn schnell zu beruhigen. Das ist ein wichtiges Indiz dafür, dass es sich hier um eine tiefe, verinnerlichte Vater-Sohn-Beziehung handelt.“

Entgegen der Bewertung des Verwaltungsgerichts handelt es sich also nicht lediglich um Vater-Sohn-Kontakte, die erst seit kurzer Zeit dokumentiert sind. Aus den Stellungnahmen wird hinreichend deutlich, dass zwischen dem Antragsteller und seinen Söhnen eine Vertrautheit besteht, die nur entstehen konnte, weil seit längerer Zeit ein hinreichend regelmäßiger und intensiver Kontakt besteht. Die Kontakte mit den Söhnen bestehen nach Überzeugung des Senats mit überwiegender Wahrscheinlichkeit also nicht erst, seit die Antragsgegnerin beabsichtigt, den Antragsteller abzuschieben.

Der Verweis auf die Zumutbarkeit, ein Visumverfahren durchzuführen, steht der beantragten Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. Denn die Antragsgegnerin geht offenbar davon aus, dass eine schützenswerte Vater-Kind-Beziehung nicht besteht bzw. nicht glaubhaft gemacht ist, so dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug und damit auch eines entsprechendes Visums momentan keine realistische Perspektive darstellt - wohl auch deshalb, weil die Söhne des Antragstellers nach Auffassung der Antragsgegnerin keine Aufenthaltserlaubnis erhalten werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (B.v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 - juris Rn. 13 m.w.N) kann auch eine nur vorübergehende Trennung als nicht zumutbar angesehen werden, wenn das Gericht keine Vorstellung davon entwickelt, welchen Trennungszeitraum es für zumutbar erachtet (vgl. auch BayVGH, B.v. 20.7.2017 - 10 C 17.744 - juris). Derzeit ist für den Senat nicht hinreichend absehbar, wie lange der Antragsteller von seinen Söhnen getrennt sein würde, weil noch nicht einmal feststeht, dass grundsätzlich die Möglichkeit des Familiennachzugs zu seinen Söhnen besteht.

Vor diesem Hintergrund überwiegt im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes das Interesse des Antragstellers und seiner Söhne an seinem weiteren vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet, auch um ihm die Gelegenheit zu geben, weitere Nachweise über die Umgangskontakte zu seinen Söhnen in den letzten Jahren vorzulegen, und der Antragsgegnerin die Möglichkeit einzuräumen, bestehenden Zweifeln nachzugehen.

Von der Verpflichtung zur Erteilung einer Duldung für eine bestimmte Dauer (z.B. drei Monate) sieht der Senat vor diesem Hintergrund ab (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 2 GKG.

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 294 Glaubhaftmachung


(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 938 Inhalt der einstweiligen Verfügung


(1) Das Gericht bestimmt nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind. (2) Die einstweilige Verfügung kann auch in einer Sequestration sowie darin bestehen, dass dem Gegner eine Handlung geboten oder verbo

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Tenor I. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert wird auf 1.250 Euro festgesetzt. Gründe I. Der Antrag

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Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller eine Duldung auszustellen.

Der Antragsteller ist ausweislich seines am 5. September 2016 in ... ausgestellten und bis 4. September 2021 gültigen nigerianischen Passes nigerianischer Staatsangehöriger mit dem Namen ..., geb. ... 1975. Der Antragsteller hat diesen Pass der Antragsgegnerin am 19. Januar 2017 vorgelegt und als seine zutreffende Identität offengelegt (Behördenakte - BA VIII/5).

Der Antragsteller reiste unter der von ihm angegebenen nigerianischen Identität ..., ..., geb. ... 1985 (teilweise anderen Orts und anderes Geburtsdatum: ...*) am 28. Oktober 2011 in das Bundesgebiet ein und stellte am 18. November 2011 einen Asylantrag. Als Familienstand gab er ledig an. Der Antragsteller wurde im April 2014 in den Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin umverteilt.

Mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 7. Februar 2014 hat das Bundesamt die Asylberechtigung, Flüchtlingsanerkennung und die Zuerkennung subsidiären Schutzes als unbegründet abgelehnt (Nr. 1 bis 3) und keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG festgestellt (Nr. 4). Die Abschiebung des Antragstellers nach Nigeria oder in einen anderen zu dessen Aufnahme bereiter oder verpflichteter Staat unter Setzung einer 30-tägigen Ausreisefrist ab Bekanntgabe des Bescheids bzw. im Fall der Klageerhebung nach Abschluss des Asylverfahrens wurde angedroht (Nr.5) (BA II/8ff.). Mit unanfechtbarem Beschluss vom 9. April 2018 (M 13 S 17.44984) hat das Verwaltungsgericht ... den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung abgelehnt (BA II/138ff.). Das Asylverfahren stützte der Antragsteller darauf, homosexuell zu sein und in Nigeria eine homosexuelle Beziehung gehabt zu haben. Mit rechtskräftigem Urteil vom 27. Mai 2015 (Az. M 21 K 14.30276) wurde die Klage gegen den Ablehnungsbescheid abgewiesen (BA 1/72ff.). Der Antragsteller ist seit Rechtskraft des Urteils und Ablaufs der 30tägigen Ausreisefrist vollziehbar ausreisepflichtig.

Nach Erlöschen der Aufenthaltsgestattung erhielt der Antragsteller Grenzübertrittsbescheinigungen mit fortlaufend verlängerter Ausreisefrist bis 22. August 2016 und wurde zum Verlassen des Bundesgebiets bzw. der Schengen-Staaten aufgefordert; ihm wurde die Beschaffung von Heimreisedokumenten aufgegeben (BA V/3, 6, 10). Der Antragsteller füllte einen PEP-Antrag mit der (falschen) Identität ..., ... aus und unterschrieb ihn; dieser wurde am 2. August 2018 an die Regierung von Oberbayern / ZRS Südbayern /Passbeschaffung zur Vorlage bei der nigerianischen Botschaft weitergereicht (BA VI/2ff.). Die Unterschrift des Antragstellers auf dem PEP-Antrag und die Unterschrift auf der Vaterschaftsanerkennung gleichen sich; diese beiden Unterschriften weichen von derjenigen des Antragstellers im Nationalpass vollständig ab. Die weitere Unterschrift auf der Vaterschaftsanerkennungsurkunde gleicht derjenigen von Frau ... in deren Nationalpass und auf deren Aufenthaltsgestattung (BA IX/11, 15) und ähnelt entfernt derjenigen des Antragstellers in dessen Nationalpass.

Der Antragsteller erhielt nach Antragstellung ohne Unterschrift (BA VII/6f.) unter seinem Aliasnamen ab 22. August 2016 wegen Passlosigkeit eine bis 3. November 2016 befristete Duldung (Aussetzung der Abschiebung). Er gab in seinem Antrag als Familienstand verheiratet an; bei „Angaben zum Ehepartner“ und „Angaben zu Kindern“ gab es keinen Eintrag. Die Duldung wurde fortlaufend verlängert - zuerst wegen Passlosigkeit und nach Vorlage des Nationalpasses am 19. Januar 2017 wegen Dokumentenprüfung - zuletzt bis 29. Mai 2018 (BA VII/24). Dem Untersuchungsbericht des Kriminalfachdezernats * ... vom 7. März 2017 zufolge handelt es sich bei dem Nationalpass des Antragstellers um eine amtliche Ausstellung (BA X/18).

Eine Anzeige wegen Erschleichens eines Aufenthaltstitels wurde gestellt. Laut Mistra vom 23. März 2018 wurde der Antragsteller rechtskräftig seit 26. Januar 2018 hinsichtlich Schuldspruch und Anzahl der Tagessätze, im Übrigen seit 1. März 2018 zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen wegen Erschleichens eines Aufenthaltstitels, strafbar nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG, verurteilt (BA X/46, 48f., 51f.).

Die Bevollmächtigte des Antragstellers gab der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 1. Dezember 2016 die Identität des Antragstellers entsprechend den Angaben im Nationalpass an, sowie die Vaterschaftsanerkennung (BA IX/5ff.) des Antragstellers vom 22. November 2016. Der Antragsteller hat die Vaterschaft für die Kinder ..., geb. 18. April 2011 und ..., geb. 1. August 2016 am 22. November 2016 anerkannt. Beide Kinder sind in ... aufhältig bei ihrer Mutter, Frau ..., geb. 10. Oktober 1980. Seit 23. Juli 2018 liegen gemeinsame Erklärungen über die gemeinsame elterliche Sorge von Frau ... und dem Antragsteller für diese beiden Kinder vor.

Die Kindsmutter und die beiden Kinder befänden sich im Asylverfahren. Es bestehe der Duldungsgrund der familiären Lebensgemeinschaft.

Mit Schreiben vom 15. Mai 2018 kündigte die Antragsgegnerin mit einem Monat Vorlauf die Abschiebung an und setzte dem Antragsteller unter Ausstellung einer Grenzübertrittsbescheinigung eine Ausreisefrist bis 30. Juni 2018 (BA IX/18ff.). Die Wohnsitznahme wurde bis zur Ausreise auf das Stadtgebiet ... beschränkt und die Erwerbstätigkeit nicht gestattet. Die Grenzübertrittsbescheinigung wurde nach Aktenlage zuletzt mit einer Ausreisefrist bis 26. August 2018 ausgestellt (BA X/45).

Die Bevollmächtigte (resp. deren Vertretung) beantragte mit Schriftsatz vom 24. Mai 2018 formlos die Erteilung einer Duldung wegen Bestehens einer familiären Lebensgemeinschaft mit Frau ... (Kindsmutter) und den gemeinsamen Kindern ..., geb* ... 2011 und ..., geb. ... 2016. Die Asylverfahren der Kindsmutter und der Kinder seien noch nicht abgeschlossen. Nachweise für die familiäre Lebensgemeinschaft könnten vorgelegt werden.

Die Antragsgegnerin antwortete hierauf mit Schreiben vom 26. Juni 2018. Ohne Nachweise könne derzeit nicht von einer Lebensgemeinschaft ausgegangen werden. Die Verfahren der Kindsmutter und der Kinder seien abgeschlossen; es sei am 2. Februar 2017 Klage erhoben worden und ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt worden. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO sei mit Beschluss des VG... vom 9. Oktober 2017 abgelehnt worden. Frau ... und die Kinder seien vollziehbar ausreisepflichtig und im Besitz einer Duldung. Dem Antragsteller wurde nochmals seine Abschiebung nach Nigeria angedroht. Der Antragsteller wurde aufgefordert, der Antragsgegnerin bis 26. August 2018 eine nigerianische Geburtsurkunde bzw. das Dokument vorzulegen, auf dessen Grundlage die nigerianische Botschaft in Berlin den Reisepass ausstellte.

Die Bevollmächtigte der Antragsteller verwies in ihrem Schreiben vom 29. Juni 2018 auf die vorgelegte nigerianische Geburtsurkunde des Sohnes ..., der als Vater der Antragsteller zu entnehmen sei. Der Antragsteller bemühe sich gerade um das gemeinsame Sorgerecht für die Kinder. Eine eidesstattliche Versicherung der Frau ... über die familiäre Lebensgemeinschaft vom 13. Juni 2018 wurde vorgelegt (BA X/41). Hierin erklärt Frau ..., dass der Antragsteller als Vater ihrer zwei Kinder ... und ... seiner Aufsichtspflicht nachkomme. Jedes Wochenende träfen sie sich als Familie und verbrächten sehr viel Zeit miteinander. Der Vater ihrer Kinder übernähme sehr viel Verantwortung, in dem er sie nicht nur finanziell unterstütze, sondern ihnen auch sehr viel Liebe und Zuneigung entgegen brächte. Als Mutter „unserer“ Kinder wünschte sie nichts sehnlicher als mit dem Vater ihrer Kinder als Familie zusammen zu leben.

Die Bevollmächtigte kündigte mit Schreiben vom 9. Juli 2018 die verwaltungsgerichtliche Klärung an, wenn dem Antragsteller nicht bis 16. Juli 2018 eine Duldungsbescheinigung ausgestellt werde. Diese sei ihm auszustellen, da ein Duldungsgrund gegeben sei. Nach Aktenlage erfolgte keine (förmliche) Entscheidung über die Erteilung oder Ablehnung einer Duldung.

Die Bevollmächtigte stellte am 10. August 2018 einen Antrag nach § 123 VwGO mit dem Antrag,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, eine Duldung auszustellen.

Es sei sowohl ein zu sicherndes Recht als auch die besondere Eilbedürftigkeit vorliegend gegeben. Der Antragsteller sei nach abgelehntem Asylverfahren im Besitz einer Duldung gewesen. Er sei Ehemann von Frau ... und den gemeinsamen Kindern ... und ..., welche ebenfalls nach ablehnendem Bundesamtsbescheid und abgelehntem § 80 Abs. 5 VwGO-Antrag im Besitz einer Duldung seien. Über deren Klage (Az. M 21 K 17.32000) sei noch nicht entschieden. Die Antragsgegnerin stelle dem Antragsteller nur noch eine Grenzübertrittsbescheinigung aus und drohe mit der Abschiebung. Wegen der familiären Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau und seinen Kindern liege ein Duldungsgrund vor. Der Antragsteller habe die Urkunden über das gemeinsame Sorgerecht bei der Antragsgegnerin abgegeben. Da die Ehefrau und die Kinder des Antragstellers nicht über Pässe verfügten, sei eine gemeinsame Ausreise der Familie derzeit nicht möglich. Die Familieneinheit sei zu respektieren, Art. 6 GG. Auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. März 2003, Az. 2 BvR 397/02 sei zu verweisen, wonach vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen entweder unverzüglich abzuschieben oder zu dulden seien. Könne eine Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht durchgeführt werden, sei von Amts wegen eine Duldung zu erteilen. Vorliegend könne aus rechtlichen Gründen keine Abschiebung durchgeführt werden. Als Anordnungsgrund wurde ausgeführt, die Duldung sei nicht verlängert worden; Anschreiben diesbezüglich an die Antragsgegnerin seien erfolglos geblieben. Unter anderem wurden für die Kinder ... und ... jeweils eine gemeinsame Sorgerechtserklärung der Frau ... und des Antragstellers vom 23. Juli 2018 vorgelegt. Die Grenzübertrittsbescheinigung des Antragstellers wurde mit einer Ausreisefrist bis 26. September 2018 ausgestellt. Auf die Antragsbegründung wird im Übrigen verwiesen.

Die Antragsgegnerin legte die Behördenakte vor und beantragte

Antragsablehnung.

In der Antragserwiderung wird unter anderem ausgeführt, die am 12. September 2016 ausgestellte Geburtsurkunde des Kindes ... enthalte keinen Eintrag beim Vater; die dem Gericht vorgelegte Geburtsurkunde vom 14. Juni 2018 beinhalte einen nachträglichen Vaterschaftseintrag des Antragstellers. Die Kopie der nigerianischen Geburtsurkunde des Kindes ... sei als nigerianische Personenstandsurkunde wenig aussagekräftig angesichts der leichten Käuflichkeit solcher Dokumente und selbst bei Echtheit einer in Nigeria ausgestellten Urkunde böte diese keine Gewähr für ihre inhaltliche Richtigkeit. Auffallend sei bei der Kopie der verwaschene Behördenstempel und der unvollständige Kindsvatername.

Frau ... gebar am ... 2018 das Kind ... in ... Der nigerianische Staatsangehörige ..., der in Besitz einer Niederlassungserlaubnis sei, habe die Vaterschaft für das Kind ... anerkannt. Hiervon könne das Kind ... die deutsche Staatsangehörigkeit ableiten. Die Ausländerbehörde prüfe derzeit, ob für die Kindsmutter die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (§ 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG) in Frage komme. Der Antragsteller lebe nicht in einer familiären Lebensgemeinschaft mit seinen angeblichen Kindern, sondern getrennt von den Kindern und der Kindsmutter in der ... in ... Die Kindsmutter und die Kinder lebten hingegen in der ... in ... Die Kindsmutter lebe seit Anfang 2016 in ... Es lägen der Ausländerbehörde keine Nachweise vor, dass der Antragsteller und Frau ... versucht hätten, durch Umverteilungsanträge gemeinsam in einer Unterkunft untergebracht zu werden. Im Melderegister sei der Antragsteller als ledig geführt und es seien auch keine Kinder als Familienangehörige eingetragen. Die vorgelegte Bestätigung zur tatsächlichen Ausübung der Personensorge und des Umgangsrechts blieben oberflächlich und unsubstantiiert. Hinsichtlich der darin ausgeführten finanziellen Unterstützung bliebe offen, mit welchen Mitteln diese erfolge, da der Antragsteller seit Juni 2016 nur mit behördlicher Genehmigung einer Beschäftigung nachgehen könnte, aber eine solche auch nicht beantragt worden sei. Nach Vorlage des Reisepasses sei die Unmöglichkeit der Abschiebung des Antragstellers und damit auch der Duldungsgrund entfallen. Es lägen keine Duldungsgründe mehr vor. Die Abschiebung sei weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen unmöglich. Der Aufenthalt der beiden Kinder, von denen die rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung des Antragstellers abgeleitet werden soll, werde aufgrund deren Asylantragsablehnung nach § 30 Abs. 3 AsylG und der damit verbundenen Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 AufenthG weiterhin wohl nur geduldet werden können. Ein Familiennachzug zu Duldungsinhabern sei nicht vorgesehen nach dem Aufenthaltsgesetz, auch von der Kindsmutter könne kein Aufenthaltsrecht abgeleitet werden; auch deren Aufenthalt sei nur geduldet und ein Nachweis der Eheschließung der Kindsmutter mit dem Antragsteller liege nicht vor. Bis zu einer Entscheidung über den Antrag werde von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abgesehen. Auf die Antragserwiderung wird im Übrigen verwiesen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte verwiesen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt erfolglos.

1. Das Verwaltungsgericht München ist als Gericht der Hauptsache zuständig gemäß § 123 Abs. 2 i.V.m. § 52 Nr. 3 Satz 1, 5 VwGO. Nach Aktenlage erging bislang keine Entscheidung zu dem von der Bevollmächtigten für den Antragsteller formlos gestellten Antrag vom 24. Mai 2018 auf Erteilung einer Duldung. Eine Klage wurde bislang nicht erhoben.

2. Für den Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, eine Duldung zu erteilen, ist ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden.

2.1. Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gemäß § 920 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 123 Abs. 3 VwGO hat der Antragsteller Anordnungsgrund und -anspruch zu bezeichnen und glaubhaft zu machen. Der Antrag kann nur Erfolg haben, wenn und soweit sich sowohl Anordnungsanspruch als auch -grund aufgrund der Bezeichnung und Glaubhaftmachung als überwiegend wahrscheinlich erweisen (BVerfGE 79, 69/75; BayVGH, B.v. 16.8.2010 - 11 CE 10.262 - juris Rn. 20 m.w.N.).

Liegt eine Fallgestaltung vor, in der im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO die Hauptsache teilweise oder ganz vorweggenommen werden würde, darf eine vorläufige Regelung nach § 123 VwGO nur ergehen, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht und die ohne einstweilige Anordnung zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären (vgl. BayVGH, B.v. 16.9.2011 - 22 CE 11.2174 - juris Rn. 3 m.w.N.), also ein Anordnungsgrund von besonderem Gewicht vorliegt.

2.2. Es besteht glaubhaft ein Anordnungsgrund, da der Antragsteller vollziehbar ausreisepflichtig ist (vgl. §§ 50 Abs. 1 i.V.m. 58 Abs. 2 S. 2 AufenthG). Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 7. Februar 2014 und die darin enthaltene Abschiebungsandrohung sind rechtskräftig und vollziehbar. Zudem hat die Antragsgegnerin angekündigt, den Antragsteller nach Nigeria abschieben zu wollen.

2.3. Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es kommt nicht ernsthaft in Betracht, dass seine Abschiebung im Hinblick auf die Gewährleistungen aus Art. 6 Abs. 1 GG aus rechtlichen Gründen unmöglich ist und ihm daher gemäß § 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG ein Anspruch auf Erteilung einer Duldung zusteht.

Der Antragsteller hat seit dem 22. November 2016 die Vaterschaft für die vorgenannten beiden Kinder anerkannt. Insoweit mag man bereits hinsichtlich der Rechtsgültigkeit der Unterschrift des Antragstellers Zweifel haben, da sie nicht derjenigen im seinem Pass gleicht, vielmehr derjenigen Unterschrift gleicht, die er unter der falschen Identität benutzte. Dies mag für die vorliegende Entscheidung dahingestellt bleiben. Mit der Vaterschaftsanerkennung hat der Antragsteller seit diesem Zeitpunkt für beide Kinder die rechtliche Stellung eines Vaters. Ob der Antragsteller zuvor für das in Nigeria geborene Kind ... bereits die rechtliche Stellung als Vater hatte, ist durch die vorgelegte nigerianische Geburtsurkunde nicht glaubhaft gemacht; dies kann im Übrigen für die vorliegende Entscheidung dahingestellt bleiben. Ebenfalls kann offen bleiben, ob der Antragsteller neben seiner rechtlichen Vaterschaft für die beiden Kinder auch der leibliche Vater ist. Mit der rechtlichen Vaterschaft geht einher, dass der Antragsteller Träger des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ist. Die gesetzliche Bestimmung der Vaterschaft ist konstitutiv für die Möglichkeit, als Elternteil überhaupt für das Kind, vorliegend die beiden oben genannten Kinder, tatsächlich umfassend Sorge zu tragen (vgl. OVG Hamburg, B.v. 20.3.2018 - 1 Bs 25/18 - juris Rn. 11 mit weiteren Nachweisen zur verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung). Sie eröffnet den Zugang zur Elternverantwortung und ist Voraussetzung für die Wahrnehmung der grundrechtlich geschützten Elternposition. Im Hinblick auf den Punkt der Elternverantwortung hat der Antragsteller in den gemeinsam mit der Kindsmutter abgegebenen Erklärungen vom 23. Juli 2018 für die beiden genannten Kinder mit der Kindsmutter die gemeinsame elterliche Sorge übernommen.

Die für die Entscheidung der vorliegenden Rechtsstreitigkeit maßgeblichen Fragen zu Art. 6 GG hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Januar 2006 - 2 BvR 1935/05 - juris Orientierungssätze 1, 2a, 2b und 3 sowie Rn. 16-18 wird verwiesen:

„Orientierungssatz

1. Die Ausländerbehörde muss gemäß der in Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 GG enthaltenen Grundsatznorm bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des Ausländers an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen (vgl BVerfG, 18.04.1989, 2 BvR 1169/84, BVerfGE 80, 81 <93>). (Rn.16)

2a. Die Pflicht des Staates zum Schutz der Familie verdrängt regelmäßig einwanderungspolitische Belange. Dies gilt selbst dann, wenn der Ausländer vor Entstehung der zu schützenden Lebensgemeinschaft gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen hat (vgl BVerfG, 30.01.2002, 2 BvR 231/00, NVwZ 2002, 849 <850>). Insoweit kommt nicht darauf an, ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Lebenshilfe auch von anderen Personen erbracht werden könnte. Überdies wird der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters nicht durch Betreuungsleistungen der Mutter oder dritter Personen entbehrlich (vgl BVerfG, 08.12.2005, 2 BvR 1001/04, BVerfGK 7, 49 <56>). (Rn.17)

2b. Jedoch setzen sich auch gewichtige familiäre Belange sich nicht stets gegenüber gegenläufigen öffentlichen Interessen durch. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Geburt eines Kindes keine „Zäsur“ in der Lebensführung des betroffenen Ausländers darstellt, die erwarten lässt, dass der betroffene Ausländer bei legalisiertem Aufenthalt keine Straftaten mehr begehen wird (Rn.23).

3. Zudem ist seit der Kindschaftsrechtsreform maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. Dabei sind die Belange der Eltern und des Kindes im Einzelfall umfassend zu berücksichtigen. vgl BVerfG, 08.12.2005, aaO <56 f>). (Rn.18)“

„Die in Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, verpflichtet die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, das heißt entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen (vgl. BVerfGE 76, 1 <49 ff.>; 80, 81 <93>). Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalles geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalles.

Kann die Lebensgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden, etwa weil das Kind deutscher Staatsangehörigkeit und ihm wegen der Beziehungen zu seiner Mutter das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurück. Dies kann selbst dann gelten, wenn der Ausländer vor Entstehung der zu schützenden Lebensgemeinschaft gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen hat (Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Januar 2002 - 2 BvR 231/00 -, NVwZ 2002, S. 849 <850> m.w.N.; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 31. August 1999 - 2 BvR 1523/99 -, NVwZ 2000, S. 59). Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Lebenshilfe auch von anderen Personen erbracht werden könnte. Bei einer Vater-Kind-Beziehung kommt hinzu, dass der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters nicht durch Betreuungsleistungen der Mutter oder dritter Personen entbehrlich wird, sondern eigenständige Bedeutung für die Entwicklung des Kindes haben kann (vgl. zuletzt Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Dezember 2005 - 2 BvR 1001/04 - m.w.N.).

Bei der Auslegung und Anwendung der ausländerrechtlichen Vorschriften ist auch angemessen zu berücksichtigen, dass durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2942) die Rechtspositionen des Kindes und seiner Eltern sowohl hinsichtlich des gemeinsamen Sorgerechts als auch hinsichtlich des Umgangsrechts gestärkt worden sind. Seither ist maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. Dabei sind die Belange der Eltern und des Kindes im Einzelfall umfassend zu berücksichtigen (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Dezember 2005 - 2 BvR 1001/04 -; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20. Februar 2003 - 1 C 13/02 -, BVerwGE 117, 380 <390 f.>).“

Unter Anwendung der vorstehenden verfassungsrechtlichen Grundsätze bei der Entscheidung des vorliegenden Einzelfalls wurde im vorliegenden Fall ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung resp. Erteilung einer Duldung auf der Grundlage des Art. 6 GG. Der Antragsteller beruft sich auf die familiäre Bindung zu den beiden Kindern, deren Vaterschaft er seit dem ... 2016 anerkannt hat und bezüglich derer er seit dem ... 2018 gemeinsam mit deren Mutter das gemeinsame Sorgerecht hat. Diese beiden Kinder halten sich nicht berechtigterweise im Bundesgebiet auf. Diese beiden Kinder, die gleichermaßen wie der Antragsteller nigerianische Staatsangehörige sind, sind vollziehbar ausreisepflichtig und werden im Bundegebiet geduldet, weil sie nicht im Besitz eines Passes sind. Gleiches gilt im Übrigen für die Kindsmutter; die Kindsmutter ist im Hinblick auf die Aussetzung der Abschiebung des Antragstellers in rechtlicher Hinsicht unmaßgeblich, da sie mit dem Antragsteller nicht rechtsgültig verheiratet ist. Allein die Duldung der Kinder führt nicht zum berechtigten Aufenthalt dieser im Bundesgebiet. Damit ist es dem Antragsteller nicht unzumutbar, seine familiären Bindungen zu seinen Kindern und die Lebensgemeinschaft mit ihnen, so er sie behauptet, außerhalb Deutschlands fortzuführen. Im Übrigen wurde auch nicht glaubhaft gemacht, dass zwischen dem Antragsteller und den beiden Kindern eine tatsächliche Lebensgemeinschaft- und Erziehungsgemeinschaft besteht. Im Melderegister ist der Antragsteller als ledig und ohne Familienangehörige eingetragen. Der Antragsteller lebt nicht mit den beiden Kindern in einer Haushaltsgemeinschaft zusammen. Es ergibt sich auch kein Anhaltspunkt bzw. wurde auch nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller bereits vor der Anerkennung der Vaterschaften zu den beiden Kindern mit diesen in einer tatsächlich geführten Lebensgemeinschaft lebte. Die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung sind substanzlos und nicht geeignet, eine gelebte Vater-Kind-Beziehung sowie eine elterliche Erziehungsgemeinschaft des Antragstellers mit den beiden Kindern zu belegen. Für eine tatsächliche Verbundenheit der beiden Kinder mit dem Antragsteller als Vater, auf deren Aufrechterhaltung die Kinder des Antragstellers angewiesen sind zu ihrem Wohl, ist nichts ersichtlich und auch nichts glaubhaft dargetan. Ungeachtet dessen, ist auch die Stellung des Antragstellers als Elternteil erst seit dem ... 2016 gegeben und das gemeinsame elterliche Sorgerecht besteht erst seit dem ... 2018 für beide Kinder. Wie eingangs bereits festgestellt, halten sich die beiden Kinder nicht berechtigterweise im Bundesgebiet auf und auch unter den im Einzelnen berücksichtigten weiteren Aspekten ist eine Trennung des Antragstellers von seinen beiden Kindern weder diesen noch dem Antragsteller unzumutbar; darüberhinaus kann der Antragsteller darauf verwiesen werden, die elterliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft mit seinen Kindern außerhalb Deutschlands fortzuführen. Einwanderungspolitische Belange werden vorliegend zum Schutz der Familie im Sinn des Führens einer tatsächlichen Lebens- und Erziehungsgemeinschaft im Bundesgebiet nicht zurückgedrängt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 8, 1.5 des Streitwertkatalogs.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm eine Duldung auszustellen, weiter.

Der Antragsteller, ein nigerianischer Staatsangehöriger, ist seit dem rechtskräftigen, negativen Abschluss seines Asylverfahrens vollziehbar ausreisepflichtig. Wegen Passlosigkeit bzw. Dokumentenprüfung erhielt er seit dem 22. August 2016 Duldungen. Am 19. Januar 2017 legte er einen Nationalpass vor. Das Asylverfahren hatte er unter einer anderen Identität betrieben.

Am 22. November 2016 erkannte er die Vaterschaft für den am 18. April 2011 in Nigeria geborenen E. und den am 1. August 2016 in München geborenen K. an. Seit 23. Juli 2018 hat er mit der Mutter das gemeinsame Sorgerecht inne.

Mit Schreiben vom 15. Mai 2018 kündigte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Abschiebung nach Nigeria an und setzte ihm eine Ausreisefrist bis 30. Juni 2018.

Der Antragsteller beantragte daraufhin bei der Antragsgegnerin, ihm wegen der familiären Lebensgemeinschaft mit seinen beiden Söhnen eine Duldung auszustellen.

Am 10. August 2018 stellte er beim Bayerischen Verwaltungsgericht München den Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung eine Duldung auszustellen.

Mit Beschluss vom 27. September 2018 lehnte das Verwaltungsgericht München den Antrag ab. Ob der Antragsteller der Vater der beiden Kinder sei, könne offen bleiben. Die Kinder seien ebenfalls vollziehbar ausreisepflichtig und nur wegen Passlosigkeit in Besitz einer Duldung. Das Gleiche gelte für die Mutter. Im Übrigen sei auch nicht glaubhaft gemacht, dass zwischen dem Antragsteller und den Kindern eine tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft bestehe. Im Melderegister sei er als ledig und ohne Familienangehörige eingetragen. Die eidesstattlichen Versicherungen seien substanzlos. Die Trennung des Antragstellers von den Kindern sei weder für ihn noch für diese unzumutbar.

Im Beschwerdeverfahren beantragt der Antragsteller,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 27. September 2018 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen durchzuführen und wieder eine Duldungsbescheinigung auszustellen.

Zur Begründung bringt er vor, inzwischen habe die Mutter seiner beiden Söhne eine Tochter geboren, die deutsche Staatsangehörige sei. Seine Söhne würden daher zumindest eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erhalten. Sie könnten daher nicht darauf verwiesen werden, die familiäre Lebensgemeinschaft auch außerhalb Deutschlands fortzusetzen. Es könne auch glaubhaft gemacht werden, dass zwischen dem Antragsteller und seinen Kindern eine familiäre Lebens- und Erziehungsgemeinschaft bestehe. Es werde auf die eidesstattlichen Versicherungen der Mutter, des Antragstellers und einer Nachbarin verwiesen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsteller habe keine neuen Gesichtspunkte vorgebracht, die zu einer anderen Entscheidung führen könnten. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung seien nicht ausreichend, um von einer tatsächlichen schützenswerten Verbundenheit zwischen dem Antragsteller und seinen Kindern auszugehen.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens reichte der Antragsteller eine Stellungnahme der Leiterin der Unterkunft, in der die Mutter der Kinder wohnt, sowie eine eidesstattliche Versicherung eines Freundes und mehrere Fotos, die den älteren Sohn bei der Einschulung zeigen, nach.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die vom Antragsteller in seiner Beschwerde dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof in seiner Prüfung beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Abschiebung des Antragstellers nicht aufgrund von Art. 6 GG rechtlich unmöglich ist (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG).

Die dagegen im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Gründe greifen nach Auffassung des Senats nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat mit zutreffender Begründung die vom Antragsteller geltend gemachte familiäre Bindung zu seinen Kindern gewürdigt und bei der Interessenabwägung die Bedeutung und Schutzwürdigkeit dieser familiären Beziehung nicht verkannt (vgl. BayVGH, B.v. 2.3.2016 - 10 CS 16.408 - juris; BVerfG, B.v. 22.5.2018 - 2 BvR 941/18 - juris). Das Verwaltungsgericht hat hierbei seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt, dass das Bestehen einer familiären Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seinen Kindern nicht glaubhaft gemacht wurde. Der Antragsteller hat auch durch die im Beschwerdeverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht mit einer den Anforderungen des § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO genügenden Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht, dass tatsächlich eine familiäre Lebensgemeinschaft besteht und welche konkreten Betreuungs- und Erziehungsleistungen er erbringt.

Ausländerrechtliche Schutzwirkungen entfaltet Art. 6 GG nicht schon aufgrund formal-rechtlicher familiärer Bindungen. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Hausgemeinschaft vorliegt und ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Hilfe auch von anderen Personen erbracht werden könnte (BVerfG, B.v. 9.1.2009 - 2 BvR 1064/08 - FamRZ 2009, 579).

Bei der vorzunehmenden Bewertung der familiären Beziehungen verbietet sich eine schematische Einordnung und Qualifizierung als entweder aufenthaltsrechtlich grundsätzlich schutzwürdige Lebens- und Erziehungsgemeinschaft oder Beistandsgemeinschaft oder aber als bloße Begegnungsgemeinschaft ohne aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen, zumal auch der persönliche Kontakt mit dem Kind in Ausübung eines Umgangsrechts unabhängig vom Sorgerecht Ausdruck und Folge des natürlichen Elternrechts und der damit verbundenen Elternverantwortung ist und daher unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG steht. Erforderlich ist daher, dass der Sorgeberechtigte nach außen erkennbar in ausreichendem Maße Verantwortung für die Betreuung und Erziehung seines minderjährigen Kindes übernimmt (BayVGH, B.v. 28.7.2015 - 10 ZB 15.858 - juris Rn. 5). Der Annahme einer familiären Lebensgemeinschaft steht nicht entgegen, dass ein Elternteil nur ausschnittsweise am Leben teilnimmt und keine alltäglichen Erziehungsentscheidungen trifft. Es kommt darauf an, ob die vorhandenen Kontakte in ihrer Bedeutung für das Verhältnis zum Kind dem auch sonst Üblichen entsprechen und auf diese Weise die Vater-Kind-Beziehung gelebt wird. Außerdem ist es angemessen zu berücksichtigen, wenn im Falle einer Rückkehr des Vaters in sein Heimatland ein Abbruch des persönlichen Kontakts zu seinem Kind droht und auch dessen finanzielle Versorgung in Frage steht. Für die Beurteilung der Schutzwürdigkeit der familiären Gemeinschaft und der Zumutbarkeit einer (vorübergehenden) Trennung sowie der Möglichkeit, über Briefe, Telefonate und Besuche auch aus dem Ausland Kontakt zu halten, spielt schließlich das Alter des Kindes eine wesentliche Rolle (BVerfG, B.v. 8.12.2005 - 2 BvR 1001/04 - juris Rn. 37).

Dies zugrunde gelegt, lässt sich auch den im Beschwerdeverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht entnehmen, dass der Antragsteller bislang nach außen erkennbar in ausreichendem Maße Verantwortung für die Betreuung und Erziehung seiner Kinder übernommen hat und dass tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung die Kinder zu ihrem Wohl angewiesen sind. Die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen sind wenig konkret, in sich widersprüchlich und daher auch in ihrer Gesamtheit wenig glaubhaft.

Der Antragsteller selbst trägt in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 15. Oktober 2018 bis auf die allgemeine Bekundung, dass er versuche, jede freie Minute mit seinen Söhnen zu verbringen, nichts Konkretes und Nachprüfbares über die Häufigkeit oder die Intensität des Kontakts zu seinen Söhnen vor. Es fehlen nachvollziehbare Angaben dazu, ab welchem Zeitpunkt eine familiäre Lebensgemeinschaft aufgenommen wurde und wie sich konkret der familiäre Alltag gestaltet hat. Von anderer Seite behauptete Kontakte und Beziehungen, nämlich dass er seine Kinder von der Kinderbetreuung oder der Schule abhole und seine Söhne während der Geburt der Tochter der Lebensgefährtin betreut sowie seine ehemalige Lebensgefährtin finanziell unterstützt habe, erwähnt er selbst nicht einmal. Für den angeblichen Aufenthalt der Kinder und seiner ehemaligen Lebensgefährtin in seiner Unterkunft gibt es z. B. keine Bestätigung des Hausmeisters oder der Unterkunftsleitung. Zudem hat der Antragsteller bei Beantragung seiner Duldung am 22. August 2016 noch nicht einmal angegeben, dass er eine Lebensgefährtin und zwei Söhne hat, obwohl der jüngere Sohn am 1. August 2016 geboren wurde.

Hinsichtlich der eidesstattlichen Versicherung der ehemaligen Lebensgefährtin und Mutter der beiden Söhne ist festzustellen, dass sie sich in ihren eidesstattlichen Versicherungen (vom 13.6.2018 und 15.10.2018) in wesentlichen Punkten widerspricht. Während sich nach den ursprünglichen Angaben die ganze Familie am Wochenende getroffen hat, sollen die Söhne nun zeitweise das Wochenende mit dem Antragsteller allein verbracht und bei ihm auch übernachtet haben. Einerseits soll der Antragsteller seine Söhne fast täglich besuchen, andererseits gibt sie an, dass er das Frauenhaus nicht betreten dürfe. Noch im Juni 2018 erklärte sie, sie wünsche sich nichts sehnlicher als mit dem Antragsteller und den Kindern zusammenzuleben (ihre Tochter aus der anderen Beziehung ist am 11. Mai 2018 geboren), während sie jetzt einräumt, dass sie mit dem Antragsteller schon seit Sommer letzten Jahres nicht mehr zusammen ist. Die abweichenden Erklärungen lassen sich auch nicht, wie vorgebracht, durch bloße Übersetzungsfehler erklären. Ihre Angaben, wonach der Antragsteller seine Söhne aus der Kindertagesstätte und aus der Schule abhole - der Antragsteller selbst gab entsprechendes nicht an - sind nicht durch z. B. Bestätigungen dieser Einrichtungen belegt. Auch bei ihr fehlen konkretere Angaben zur Gestaltung der Beziehung zwischen dem Antragsteller und seinen Söhnen.

Die zuletzt vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Freundes des Antragstellers vom 3. Dezember 2018 steht wiederum teilweise in Widerspruch zu den Erklärungen des Antragstellers und der Mutter der Söhne, insbesondere hinsichtlich der Wochenendbesuche der Kinder. Die Mutter bringt vor, dass die Söhne gelegentlich das ganze Wochenende bei ihrem Vater verbringen und gelegentlich auch dort übernachten würden bzw. dass die Familie das Wochenende gemeinsam verbracht habe. Der Freund versichert demgegenüber, dass der Antragsteller am Sonntag nach der Kirche mit den Kindern in seine Wohnung komme, bis er am Abend die Kinder wieder zu ihrer Mutter bringe. Der Antragsteller selbst äußert sich dahingehend, dass sich seine gesamte Familie vor der Trennung von der Lebensgefährtin bei ihm in der Unterkunft aufgehalten habe. Über die Betreuung der Söhne während des „Wochenbetts“ der Mutter kann der Freund nur vom „Hörensagen“ berichten. Auch bleibt unklar, wie er „mitbekommen haben“ will, dass der Antragsteller seine Kinder zusammen mit der Mutter ins Krankenhaus oder zum Arzt gebracht hat.

Die durch Lichtbilder belegten Kontakte zwischen dem Antragsteller und seinen Söhnen sagen nichts über die tatsächliche Erbringung einer Betreuungs- und Erziehungsleistung aus. Die Stellungnahme der Unterkunftsleitung vom 31. Oktober 2018 gibt lediglich wieder, was die Mutter der Söhne berichtet hat. Eigene Wahrnehmungen zum Kontakt des Antragstellers zu den Kindern, z.B. dass er sie in der Unterkunft abgeholt hätte, finden sich darin nicht.

Da eine Hausgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seinen Söhnen nicht bestanden hat oder besteht, kommt einem regelmäßigen Umgang und der Erbringung von Betreuungs- und Erziehungsleistungen zur Glaubhaftmachung des Vorliegens einer Lebens- und Erziehungsgemeinschaft erhebliche Bedeutung zu. Die vagen und insbesondere teilweise widersprüchlichen Angaben in den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen reichen zur Überzeugung des Senats hierfür nicht aus. Nennenswert zum Unterhalt seiner Kinder beigetragen hat der Antragsteller bislang nicht. Alleine aus einem möglicherweise gesicherten Aufenthaltsstatus der Söhne, der Vaterschaftsanerkennung und dem gemeinsamen Sorgerecht ergibt sich noch keine nach Art. 6 GG schützenswerte Beziehung.

Sollte der Antragsteller im weiteren Verfahren glaubhaft machen bzw. nachweisen können, dass eine familiäre Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zwischen ihm und seinen Söhnen besteht und er einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels hat, wäre er grundsätzlich auf die Durchführung des Visumverfahrens zu verweisen. Hierzu ist der Antragsteller als erfolgloser Asylbewerber grundsätzlich verpflichtet (BayVGH, B.v. 19.10.2018 - 10 CE 18.1830 - Rn. 5). Allein der Umstand, dass die Familienangehörigen eine vorübergehende Trennung für die übliche Dauer des Visumverfahrens hinnehmen müssten, würde für eine Unzumutbarkeit auch unter Berücksichtigung des Schutzes der Familie durch Art. 6 GG und Art. 8 EMRK noch nicht ausreichen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 19.6.2018 - 10 CE 18.993 - juris Rn. 5; B.v. 21.7.2015 - 10 CS 15.859 u.a. - juris Rn. 67; zum Ehegattennachzug BVerwG, Vorlagebeschluss v. 26.1.2017 - 1 C 1.16 - juris Rn. 36).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm eine Duldung auszustellen, weiter.

Der Antragsteller, ein nigerianischer Staatsangehöriger, ist seit dem rechtskräftigen, negativen Abschluss seines Asylverfahrens vollziehbar ausreisepflichtig. Wegen Passlosigkeit bzw. Dokumentenprüfung erhielt er seit dem 22. August 2016 Duldungen. Am 19. Januar 2017 legte er einen Nationalpass vor. Das Asylverfahren hatte er unter einer anderen Identität betrieben.

Am 22. November 2016 erkannte er die Vaterschaft für den am 18. April 2011 in Nigeria geborenen E. und den am 1. August 2016 in München geborenen K. an. Seit 23. Juli 2018 hat er mit der Mutter das gemeinsame Sorgerecht inne.

Mit Schreiben vom 15. Mai 2018 kündigte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Abschiebung nach Nigeria an und setzte ihm eine Ausreisefrist bis 30. Juni 2018.

Der Antragsteller beantragte daraufhin bei der Antragsgegnerin, ihm wegen der familiären Lebensgemeinschaft mit seinen beiden Söhnen eine Duldung auszustellen.

Am 10. August 2018 stellte er beim Bayerischen Verwaltungsgericht München den Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung eine Duldung auszustellen.

Mit Beschluss vom 27. September 2018 lehnte das Verwaltungsgericht München den Antrag ab. Ob der Antragsteller der Vater der beiden Kinder sei, könne offen bleiben. Die Kinder seien ebenfalls vollziehbar ausreisepflichtig und nur wegen Passlosigkeit in Besitz einer Duldung. Das Gleiche gelte für die Mutter. Im Übrigen sei auch nicht glaubhaft gemacht, dass zwischen dem Antragsteller und den Kindern eine tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft bestehe. Im Melderegister sei er als ledig und ohne Familienangehörige eingetragen. Die eidesstattlichen Versicherungen seien substanzlos. Die Trennung des Antragstellers von den Kindern sei weder für ihn noch für diese unzumutbar.

Im Beschwerdeverfahren beantragt der Antragsteller,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 27. September 2018 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen durchzuführen und wieder eine Duldungsbescheinigung auszustellen.

Zur Begründung bringt er vor, inzwischen habe die Mutter seiner beiden Söhne eine Tochter geboren, die deutsche Staatsangehörige sei. Seine Söhne würden daher zumindest eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erhalten. Sie könnten daher nicht darauf verwiesen werden, die familiäre Lebensgemeinschaft auch außerhalb Deutschlands fortzusetzen. Es könne auch glaubhaft gemacht werden, dass zwischen dem Antragsteller und seinen Kindern eine familiäre Lebens- und Erziehungsgemeinschaft bestehe. Es werde auf die eidesstattlichen Versicherungen der Mutter, des Antragstellers und einer Nachbarin verwiesen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsteller habe keine neuen Gesichtspunkte vorgebracht, die zu einer anderen Entscheidung führen könnten. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung seien nicht ausreichend, um von einer tatsächlichen schützenswerten Verbundenheit zwischen dem Antragsteller und seinen Kindern auszugehen.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens reichte der Antragsteller eine Stellungnahme der Leiterin der Unterkunft, in der die Mutter der Kinder wohnt, sowie eine eidesstattliche Versicherung eines Freundes und mehrere Fotos, die den älteren Sohn bei der Einschulung zeigen, nach.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die vom Antragsteller in seiner Beschwerde dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof in seiner Prüfung beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Abschiebung des Antragstellers nicht aufgrund von Art. 6 GG rechtlich unmöglich ist (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG).

Die dagegen im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Gründe greifen nach Auffassung des Senats nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat mit zutreffender Begründung die vom Antragsteller geltend gemachte familiäre Bindung zu seinen Kindern gewürdigt und bei der Interessenabwägung die Bedeutung und Schutzwürdigkeit dieser familiären Beziehung nicht verkannt (vgl. BayVGH, B.v. 2.3.2016 - 10 CS 16.408 - juris; BVerfG, B.v. 22.5.2018 - 2 BvR 941/18 - juris). Das Verwaltungsgericht hat hierbei seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt, dass das Bestehen einer familiären Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seinen Kindern nicht glaubhaft gemacht wurde. Der Antragsteller hat auch durch die im Beschwerdeverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht mit einer den Anforderungen des § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO genügenden Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht, dass tatsächlich eine familiäre Lebensgemeinschaft besteht und welche konkreten Betreuungs- und Erziehungsleistungen er erbringt.

Ausländerrechtliche Schutzwirkungen entfaltet Art. 6 GG nicht schon aufgrund formal-rechtlicher familiärer Bindungen. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Hausgemeinschaft vorliegt und ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Hilfe auch von anderen Personen erbracht werden könnte (BVerfG, B.v. 9.1.2009 - 2 BvR 1064/08 - FamRZ 2009, 579).

Bei der vorzunehmenden Bewertung der familiären Beziehungen verbietet sich eine schematische Einordnung und Qualifizierung als entweder aufenthaltsrechtlich grundsätzlich schutzwürdige Lebens- und Erziehungsgemeinschaft oder Beistandsgemeinschaft oder aber als bloße Begegnungsgemeinschaft ohne aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen, zumal auch der persönliche Kontakt mit dem Kind in Ausübung eines Umgangsrechts unabhängig vom Sorgerecht Ausdruck und Folge des natürlichen Elternrechts und der damit verbundenen Elternverantwortung ist und daher unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG steht. Erforderlich ist daher, dass der Sorgeberechtigte nach außen erkennbar in ausreichendem Maße Verantwortung für die Betreuung und Erziehung seines minderjährigen Kindes übernimmt (BayVGH, B.v. 28.7.2015 - 10 ZB 15.858 - juris Rn. 5). Der Annahme einer familiären Lebensgemeinschaft steht nicht entgegen, dass ein Elternteil nur ausschnittsweise am Leben teilnimmt und keine alltäglichen Erziehungsentscheidungen trifft. Es kommt darauf an, ob die vorhandenen Kontakte in ihrer Bedeutung für das Verhältnis zum Kind dem auch sonst Üblichen entsprechen und auf diese Weise die Vater-Kind-Beziehung gelebt wird. Außerdem ist es angemessen zu berücksichtigen, wenn im Falle einer Rückkehr des Vaters in sein Heimatland ein Abbruch des persönlichen Kontakts zu seinem Kind droht und auch dessen finanzielle Versorgung in Frage steht. Für die Beurteilung der Schutzwürdigkeit der familiären Gemeinschaft und der Zumutbarkeit einer (vorübergehenden) Trennung sowie der Möglichkeit, über Briefe, Telefonate und Besuche auch aus dem Ausland Kontakt zu halten, spielt schließlich das Alter des Kindes eine wesentliche Rolle (BVerfG, B.v. 8.12.2005 - 2 BvR 1001/04 - juris Rn. 37).

Dies zugrunde gelegt, lässt sich auch den im Beschwerdeverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht entnehmen, dass der Antragsteller bislang nach außen erkennbar in ausreichendem Maße Verantwortung für die Betreuung und Erziehung seiner Kinder übernommen hat und dass tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung die Kinder zu ihrem Wohl angewiesen sind. Die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen sind wenig konkret, in sich widersprüchlich und daher auch in ihrer Gesamtheit wenig glaubhaft.

Der Antragsteller selbst trägt in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 15. Oktober 2018 bis auf die allgemeine Bekundung, dass er versuche, jede freie Minute mit seinen Söhnen zu verbringen, nichts Konkretes und Nachprüfbares über die Häufigkeit oder die Intensität des Kontakts zu seinen Söhnen vor. Es fehlen nachvollziehbare Angaben dazu, ab welchem Zeitpunkt eine familiäre Lebensgemeinschaft aufgenommen wurde und wie sich konkret der familiäre Alltag gestaltet hat. Von anderer Seite behauptete Kontakte und Beziehungen, nämlich dass er seine Kinder von der Kinderbetreuung oder der Schule abhole und seine Söhne während der Geburt der Tochter der Lebensgefährtin betreut sowie seine ehemalige Lebensgefährtin finanziell unterstützt habe, erwähnt er selbst nicht einmal. Für den angeblichen Aufenthalt der Kinder und seiner ehemaligen Lebensgefährtin in seiner Unterkunft gibt es z. B. keine Bestätigung des Hausmeisters oder der Unterkunftsleitung. Zudem hat der Antragsteller bei Beantragung seiner Duldung am 22. August 2016 noch nicht einmal angegeben, dass er eine Lebensgefährtin und zwei Söhne hat, obwohl der jüngere Sohn am 1. August 2016 geboren wurde.

Hinsichtlich der eidesstattlichen Versicherung der ehemaligen Lebensgefährtin und Mutter der beiden Söhne ist festzustellen, dass sie sich in ihren eidesstattlichen Versicherungen (vom 13.6.2018 und 15.10.2018) in wesentlichen Punkten widerspricht. Während sich nach den ursprünglichen Angaben die ganze Familie am Wochenende getroffen hat, sollen die Söhne nun zeitweise das Wochenende mit dem Antragsteller allein verbracht und bei ihm auch übernachtet haben. Einerseits soll der Antragsteller seine Söhne fast täglich besuchen, andererseits gibt sie an, dass er das Frauenhaus nicht betreten dürfe. Noch im Juni 2018 erklärte sie, sie wünsche sich nichts sehnlicher als mit dem Antragsteller und den Kindern zusammenzuleben (ihre Tochter aus der anderen Beziehung ist am 11. Mai 2018 geboren), während sie jetzt einräumt, dass sie mit dem Antragsteller schon seit Sommer letzten Jahres nicht mehr zusammen ist. Die abweichenden Erklärungen lassen sich auch nicht, wie vorgebracht, durch bloße Übersetzungsfehler erklären. Ihre Angaben, wonach der Antragsteller seine Söhne aus der Kindertagesstätte und aus der Schule abhole - der Antragsteller selbst gab entsprechendes nicht an - sind nicht durch z. B. Bestätigungen dieser Einrichtungen belegt. Auch bei ihr fehlen konkretere Angaben zur Gestaltung der Beziehung zwischen dem Antragsteller und seinen Söhnen.

Die zuletzt vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Freundes des Antragstellers vom 3. Dezember 2018 steht wiederum teilweise in Widerspruch zu den Erklärungen des Antragstellers und der Mutter der Söhne, insbesondere hinsichtlich der Wochenendbesuche der Kinder. Die Mutter bringt vor, dass die Söhne gelegentlich das ganze Wochenende bei ihrem Vater verbringen und gelegentlich auch dort übernachten würden bzw. dass die Familie das Wochenende gemeinsam verbracht habe. Der Freund versichert demgegenüber, dass der Antragsteller am Sonntag nach der Kirche mit den Kindern in seine Wohnung komme, bis er am Abend die Kinder wieder zu ihrer Mutter bringe. Der Antragsteller selbst äußert sich dahingehend, dass sich seine gesamte Familie vor der Trennung von der Lebensgefährtin bei ihm in der Unterkunft aufgehalten habe. Über die Betreuung der Söhne während des „Wochenbetts“ der Mutter kann der Freund nur vom „Hörensagen“ berichten. Auch bleibt unklar, wie er „mitbekommen haben“ will, dass der Antragsteller seine Kinder zusammen mit der Mutter ins Krankenhaus oder zum Arzt gebracht hat.

Die durch Lichtbilder belegten Kontakte zwischen dem Antragsteller und seinen Söhnen sagen nichts über die tatsächliche Erbringung einer Betreuungs- und Erziehungsleistung aus. Die Stellungnahme der Unterkunftsleitung vom 31. Oktober 2018 gibt lediglich wieder, was die Mutter der Söhne berichtet hat. Eigene Wahrnehmungen zum Kontakt des Antragstellers zu den Kindern, z.B. dass er sie in der Unterkunft abgeholt hätte, finden sich darin nicht.

Da eine Hausgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seinen Söhnen nicht bestanden hat oder besteht, kommt einem regelmäßigen Umgang und der Erbringung von Betreuungs- und Erziehungsleistungen zur Glaubhaftmachung des Vorliegens einer Lebens- und Erziehungsgemeinschaft erhebliche Bedeutung zu. Die vagen und insbesondere teilweise widersprüchlichen Angaben in den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen reichen zur Überzeugung des Senats hierfür nicht aus. Nennenswert zum Unterhalt seiner Kinder beigetragen hat der Antragsteller bislang nicht. Alleine aus einem möglicherweise gesicherten Aufenthaltsstatus der Söhne, der Vaterschaftsanerkennung und dem gemeinsamen Sorgerecht ergibt sich noch keine nach Art. 6 GG schützenswerte Beziehung.

Sollte der Antragsteller im weiteren Verfahren glaubhaft machen bzw. nachweisen können, dass eine familiäre Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zwischen ihm und seinen Söhnen besteht und er einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels hat, wäre er grundsätzlich auf die Durchführung des Visumverfahrens zu verweisen. Hierzu ist der Antragsteller als erfolgloser Asylbewerber grundsätzlich verpflichtet (BayVGH, B.v. 19.10.2018 - 10 CE 18.1830 - Rn. 5). Allein der Umstand, dass die Familienangehörigen eine vorübergehende Trennung für die übliche Dauer des Visumverfahrens hinnehmen müssten, würde für eine Unzumutbarkeit auch unter Berücksichtigung des Schutzes der Familie durch Art. 6 GG und Art. 8 EMRK noch nicht ausreichen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 19.6.2018 - 10 CE 18.993 - juris Rn. 5; B.v. 21.7.2015 - 10 CS 15.859 u.a. - juris Rn. 67; zum Ehegattennachzug BVerwG, Vorlagebeschluss v. 26.1.2017 - 1 C 1.16 - juris Rn. 36).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm eine Duldung auszustellen, weiter.

Der Antragsteller, ein nigerianischer Staatsangehöriger, ist seit dem rechtskräftigen, negativen Abschluss seines Asylverfahrens vollziehbar ausreisepflichtig. Wegen Passlosigkeit bzw. Dokumentenprüfung erhielt er seit dem 22. August 2016 Duldungen. Am 19. Januar 2017 legte er einen Nationalpass vor. Das Asylverfahren hatte er unter einer anderen Identität betrieben.

Am 22. November 2016 erkannte er die Vaterschaft für den am 18. April 2011 in Nigeria geborenen E. und den am 1. August 2016 in München geborenen K. an. Seit 23. Juli 2018 hat er mit der Mutter das gemeinsame Sorgerecht inne.

Mit Schreiben vom 15. Mai 2018 kündigte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Abschiebung nach Nigeria an und setzte ihm eine Ausreisefrist bis 30. Juni 2018.

Der Antragsteller beantragte daraufhin bei der Antragsgegnerin, ihm wegen der familiären Lebensgemeinschaft mit seinen beiden Söhnen eine Duldung auszustellen.

Am 10. August 2018 stellte er beim Bayerischen Verwaltungsgericht München den Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung eine Duldung auszustellen.

Mit Beschluss vom 27. September 2018 lehnte das Verwaltungsgericht München den Antrag ab. Ob der Antragsteller der Vater der beiden Kinder sei, könne offen bleiben. Die Kinder seien ebenfalls vollziehbar ausreisepflichtig und nur wegen Passlosigkeit in Besitz einer Duldung. Das Gleiche gelte für die Mutter. Im Übrigen sei auch nicht glaubhaft gemacht, dass zwischen dem Antragsteller und den Kindern eine tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft bestehe. Im Melderegister sei er als ledig und ohne Familienangehörige eingetragen. Die eidesstattlichen Versicherungen seien substanzlos. Die Trennung des Antragstellers von den Kindern sei weder für ihn noch für diese unzumutbar.

Im Beschwerdeverfahren beantragt der Antragsteller,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 27. September 2018 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen durchzuführen und wieder eine Duldungsbescheinigung auszustellen.

Zur Begründung bringt er vor, inzwischen habe die Mutter seiner beiden Söhne eine Tochter geboren, die deutsche Staatsangehörige sei. Seine Söhne würden daher zumindest eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erhalten. Sie könnten daher nicht darauf verwiesen werden, die familiäre Lebensgemeinschaft auch außerhalb Deutschlands fortzusetzen. Es könne auch glaubhaft gemacht werden, dass zwischen dem Antragsteller und seinen Kindern eine familiäre Lebens- und Erziehungsgemeinschaft bestehe. Es werde auf die eidesstattlichen Versicherungen der Mutter, des Antragstellers und einer Nachbarin verwiesen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsteller habe keine neuen Gesichtspunkte vorgebracht, die zu einer anderen Entscheidung führen könnten. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung seien nicht ausreichend, um von einer tatsächlichen schützenswerten Verbundenheit zwischen dem Antragsteller und seinen Kindern auszugehen.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens reichte der Antragsteller eine Stellungnahme der Leiterin der Unterkunft, in der die Mutter der Kinder wohnt, sowie eine eidesstattliche Versicherung eines Freundes und mehrere Fotos, die den älteren Sohn bei der Einschulung zeigen, nach.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die vom Antragsteller in seiner Beschwerde dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof in seiner Prüfung beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Abschiebung des Antragstellers nicht aufgrund von Art. 6 GG rechtlich unmöglich ist (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG).

Die dagegen im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Gründe greifen nach Auffassung des Senats nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat mit zutreffender Begründung die vom Antragsteller geltend gemachte familiäre Bindung zu seinen Kindern gewürdigt und bei der Interessenabwägung die Bedeutung und Schutzwürdigkeit dieser familiären Beziehung nicht verkannt (vgl. BayVGH, B.v. 2.3.2016 - 10 CS 16.408 - juris; BVerfG, B.v. 22.5.2018 - 2 BvR 941/18 - juris). Das Verwaltungsgericht hat hierbei seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt, dass das Bestehen einer familiären Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seinen Kindern nicht glaubhaft gemacht wurde. Der Antragsteller hat auch durch die im Beschwerdeverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht mit einer den Anforderungen des § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO genügenden Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht, dass tatsächlich eine familiäre Lebensgemeinschaft besteht und welche konkreten Betreuungs- und Erziehungsleistungen er erbringt.

Ausländerrechtliche Schutzwirkungen entfaltet Art. 6 GG nicht schon aufgrund formal-rechtlicher familiärer Bindungen. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Hausgemeinschaft vorliegt und ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Hilfe auch von anderen Personen erbracht werden könnte (BVerfG, B.v. 9.1.2009 - 2 BvR 1064/08 - FamRZ 2009, 579).

Bei der vorzunehmenden Bewertung der familiären Beziehungen verbietet sich eine schematische Einordnung und Qualifizierung als entweder aufenthaltsrechtlich grundsätzlich schutzwürdige Lebens- und Erziehungsgemeinschaft oder Beistandsgemeinschaft oder aber als bloße Begegnungsgemeinschaft ohne aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen, zumal auch der persönliche Kontakt mit dem Kind in Ausübung eines Umgangsrechts unabhängig vom Sorgerecht Ausdruck und Folge des natürlichen Elternrechts und der damit verbundenen Elternverantwortung ist und daher unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG steht. Erforderlich ist daher, dass der Sorgeberechtigte nach außen erkennbar in ausreichendem Maße Verantwortung für die Betreuung und Erziehung seines minderjährigen Kindes übernimmt (BayVGH, B.v. 28.7.2015 - 10 ZB 15.858 - juris Rn. 5). Der Annahme einer familiären Lebensgemeinschaft steht nicht entgegen, dass ein Elternteil nur ausschnittsweise am Leben teilnimmt und keine alltäglichen Erziehungsentscheidungen trifft. Es kommt darauf an, ob die vorhandenen Kontakte in ihrer Bedeutung für das Verhältnis zum Kind dem auch sonst Üblichen entsprechen und auf diese Weise die Vater-Kind-Beziehung gelebt wird. Außerdem ist es angemessen zu berücksichtigen, wenn im Falle einer Rückkehr des Vaters in sein Heimatland ein Abbruch des persönlichen Kontakts zu seinem Kind droht und auch dessen finanzielle Versorgung in Frage steht. Für die Beurteilung der Schutzwürdigkeit der familiären Gemeinschaft und der Zumutbarkeit einer (vorübergehenden) Trennung sowie der Möglichkeit, über Briefe, Telefonate und Besuche auch aus dem Ausland Kontakt zu halten, spielt schließlich das Alter des Kindes eine wesentliche Rolle (BVerfG, B.v. 8.12.2005 - 2 BvR 1001/04 - juris Rn. 37).

Dies zugrunde gelegt, lässt sich auch den im Beschwerdeverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht entnehmen, dass der Antragsteller bislang nach außen erkennbar in ausreichendem Maße Verantwortung für die Betreuung und Erziehung seiner Kinder übernommen hat und dass tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung die Kinder zu ihrem Wohl angewiesen sind. Die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen sind wenig konkret, in sich widersprüchlich und daher auch in ihrer Gesamtheit wenig glaubhaft.

Der Antragsteller selbst trägt in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 15. Oktober 2018 bis auf die allgemeine Bekundung, dass er versuche, jede freie Minute mit seinen Söhnen zu verbringen, nichts Konkretes und Nachprüfbares über die Häufigkeit oder die Intensität des Kontakts zu seinen Söhnen vor. Es fehlen nachvollziehbare Angaben dazu, ab welchem Zeitpunkt eine familiäre Lebensgemeinschaft aufgenommen wurde und wie sich konkret der familiäre Alltag gestaltet hat. Von anderer Seite behauptete Kontakte und Beziehungen, nämlich dass er seine Kinder von der Kinderbetreuung oder der Schule abhole und seine Söhne während der Geburt der Tochter der Lebensgefährtin betreut sowie seine ehemalige Lebensgefährtin finanziell unterstützt habe, erwähnt er selbst nicht einmal. Für den angeblichen Aufenthalt der Kinder und seiner ehemaligen Lebensgefährtin in seiner Unterkunft gibt es z. B. keine Bestätigung des Hausmeisters oder der Unterkunftsleitung. Zudem hat der Antragsteller bei Beantragung seiner Duldung am 22. August 2016 noch nicht einmal angegeben, dass er eine Lebensgefährtin und zwei Söhne hat, obwohl der jüngere Sohn am 1. August 2016 geboren wurde.

Hinsichtlich der eidesstattlichen Versicherung der ehemaligen Lebensgefährtin und Mutter der beiden Söhne ist festzustellen, dass sie sich in ihren eidesstattlichen Versicherungen (vom 13.6.2018 und 15.10.2018) in wesentlichen Punkten widerspricht. Während sich nach den ursprünglichen Angaben die ganze Familie am Wochenende getroffen hat, sollen die Söhne nun zeitweise das Wochenende mit dem Antragsteller allein verbracht und bei ihm auch übernachtet haben. Einerseits soll der Antragsteller seine Söhne fast täglich besuchen, andererseits gibt sie an, dass er das Frauenhaus nicht betreten dürfe. Noch im Juni 2018 erklärte sie, sie wünsche sich nichts sehnlicher als mit dem Antragsteller und den Kindern zusammenzuleben (ihre Tochter aus der anderen Beziehung ist am 11. Mai 2018 geboren), während sie jetzt einräumt, dass sie mit dem Antragsteller schon seit Sommer letzten Jahres nicht mehr zusammen ist. Die abweichenden Erklärungen lassen sich auch nicht, wie vorgebracht, durch bloße Übersetzungsfehler erklären. Ihre Angaben, wonach der Antragsteller seine Söhne aus der Kindertagesstätte und aus der Schule abhole - der Antragsteller selbst gab entsprechendes nicht an - sind nicht durch z. B. Bestätigungen dieser Einrichtungen belegt. Auch bei ihr fehlen konkretere Angaben zur Gestaltung der Beziehung zwischen dem Antragsteller und seinen Söhnen.

Die zuletzt vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Freundes des Antragstellers vom 3. Dezember 2018 steht wiederum teilweise in Widerspruch zu den Erklärungen des Antragstellers und der Mutter der Söhne, insbesondere hinsichtlich der Wochenendbesuche der Kinder. Die Mutter bringt vor, dass die Söhne gelegentlich das ganze Wochenende bei ihrem Vater verbringen und gelegentlich auch dort übernachten würden bzw. dass die Familie das Wochenende gemeinsam verbracht habe. Der Freund versichert demgegenüber, dass der Antragsteller am Sonntag nach der Kirche mit den Kindern in seine Wohnung komme, bis er am Abend die Kinder wieder zu ihrer Mutter bringe. Der Antragsteller selbst äußert sich dahingehend, dass sich seine gesamte Familie vor der Trennung von der Lebensgefährtin bei ihm in der Unterkunft aufgehalten habe. Über die Betreuung der Söhne während des „Wochenbetts“ der Mutter kann der Freund nur vom „Hörensagen“ berichten. Auch bleibt unklar, wie er „mitbekommen haben“ will, dass der Antragsteller seine Kinder zusammen mit der Mutter ins Krankenhaus oder zum Arzt gebracht hat.

Die durch Lichtbilder belegten Kontakte zwischen dem Antragsteller und seinen Söhnen sagen nichts über die tatsächliche Erbringung einer Betreuungs- und Erziehungsleistung aus. Die Stellungnahme der Unterkunftsleitung vom 31. Oktober 2018 gibt lediglich wieder, was die Mutter der Söhne berichtet hat. Eigene Wahrnehmungen zum Kontakt des Antragstellers zu den Kindern, z.B. dass er sie in der Unterkunft abgeholt hätte, finden sich darin nicht.

Da eine Hausgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seinen Söhnen nicht bestanden hat oder besteht, kommt einem regelmäßigen Umgang und der Erbringung von Betreuungs- und Erziehungsleistungen zur Glaubhaftmachung des Vorliegens einer Lebens- und Erziehungsgemeinschaft erhebliche Bedeutung zu. Die vagen und insbesondere teilweise widersprüchlichen Angaben in den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen reichen zur Überzeugung des Senats hierfür nicht aus. Nennenswert zum Unterhalt seiner Kinder beigetragen hat der Antragsteller bislang nicht. Alleine aus einem möglicherweise gesicherten Aufenthaltsstatus der Söhne, der Vaterschaftsanerkennung und dem gemeinsamen Sorgerecht ergibt sich noch keine nach Art. 6 GG schützenswerte Beziehung.

Sollte der Antragsteller im weiteren Verfahren glaubhaft machen bzw. nachweisen können, dass eine familiäre Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zwischen ihm und seinen Söhnen besteht und er einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels hat, wäre er grundsätzlich auf die Durchführung des Visumverfahrens zu verweisen. Hierzu ist der Antragsteller als erfolgloser Asylbewerber grundsätzlich verpflichtet (BayVGH, B.v. 19.10.2018 - 10 CE 18.1830 - Rn. 5). Allein der Umstand, dass die Familienangehörigen eine vorübergehende Trennung für die übliche Dauer des Visumverfahrens hinnehmen müssten, würde für eine Unzumutbarkeit auch unter Berücksichtigung des Schutzes der Familie durch Art. 6 GG und Art. 8 EMRK noch nicht ausreichen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 19.6.2018 - 10 CE 18.993 - juris Rn. 5; B.v. 21.7.2015 - 10 CS 15.859 u.a. - juris Rn. 67; zum Ehegattennachzug BVerwG, Vorlagebeschluss v. 26.1.2017 - 1 C 1.16 - juris Rn. 36).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Tenor

Den Beschwerdeführern wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 6. November 2012 - VG 5 K 23/11.A - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 6 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Es wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Verwaltungsgericht Cottbus zurückverwiesen.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Januar 2013 - OVG 3 N 5.13 - wird damit gegenstandslos.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

...

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 8.000,- € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen aus Art. 6 GG zugunsten einer afghanischen Familie.

2

1. Die Beschwerdeführer sind afghanische Staatsangehörige. Der 1981 geborene Beschwerdeführer zu 1. und die 1987 geborene Beschwerdeführerin zu 2. reisten im Jahr 2009 in das Bundesgebiet ein, die im März 2011 geborene Beschwerdeführerin zu 3. ist ihr gemeinsames Kind. Die Asylanträge der miteinander verheirateten Beschwerdeführer zu 1. und 2. wurden als unbegründet abgelehnt.

3

2. Mit ihren hiergegen gerichteten Klagen machten die Beschwerdeführer zu 1. und 2. geltend, in Kandahar von den Taliban mit dem Tode bedroht worden zu sein. Weder in ihrer Heimatregion Kandahar noch in einer sonstigen Provinz Afghanistans könne derzeit eine Familie mit Kleinkind ihre Existenz sichern, wenn sie nicht durch einen Familienverband abgesichert und aufgefangen werde. Auch litten die Beschwerdeführer zu 1. und 2. an Erkrankungen, die in Deutschland behandelt werden müssten.

4

3. Das Verwaltungsgericht Cottbus wies die Klagen durch Urteil vom 6. November 2012 zurück. Die Beschwerdeführer zu 1. und 2. hätten keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG. Der Beschwerdeführer zu 1. könne hinsichtlich der geltend gemachten Verfolgung durch die Taliban auf Kabul als inländische Fluchtalternative verwiesen werden. Von ihm könne vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich in Kabul aufhalte, da davon auszugehen sei, dass er dort eine ausreichende Lebensgrundlage vorfinde und insbesondere das Existenzminimum gesichert sei. Für alleinstehende, arbeitsfähige, männliche afghanische Staatsangehörige bestehe auch ohne familiären Rückhalt die Möglichkeit, als Tagelöhner mit Aushilfsjobs ein Existenzminimum zu erwirtschaften. Der Beschwerdeführer zu 1. gehöre zu dieser Personengruppe, da er sich um den Lebensunterhalt der Beschwerdeführerinnen zu 2. und 3. nicht kümmern müsse. Diese könnten in die Heimatregion Kandahar zurückkehren, da ihnen dort keine Verfolgung oder sonst zu berücksichtigende Gefahr drohe. Denn die Beschwerdeführerinnen zu 2. und 3. verfügten in Kandahar über familiären Rückhalt, der insoweit an die Stelle des Beschwerdeführers zu 1. treten könne. Es sei auch nicht hinreichend wahrscheinlich, dass sich die vorgetragenen Erkrankungen der Beschwerdeführer zu 1. und 2. im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund zielstaatsbezogener Umstände wesentlich verschlimmern würden.

5

4. Im Berufungszulassungsverfahren rügten die Beschwerdeführer zu 1. und 2., das Verwaltungsgericht habe gegen den in Art. 23 der so genannten Qualifikationsrichtlinie (RL 2004/83/EG) niedergelegten Grundsatz der Wahrung des Familienverbandes verstoßen, indem es den Beschwerdeführern zumute, dauerhaft voneinander getrennt in Kabul und Kandahar leben zu müssen. Auch habe das Verwaltungsgericht seine Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts verletzt, indem es unterstellt habe, die Beschwerdeführerinnen zu 2. und 3. könnten ohne Probleme nach Kandahar zurückkehren und würden dort von den Eltern der Beschwerdeführerin zu 2. aufgenommen. Weder habe das Verwaltungsgericht entsprechende Fragen an die Beschwerdeführer gerichtet, noch hätten diese von sich aus darauf eingehen müssen, da die vom Verwaltungsgericht im Urteil zugrundegelegte Trennung der Beschwerdeführer überraschend gewesen sei. Auch die Ablehnung der Beweisanträge hinsichtlich der geltend gemachten Erkrankungen verstoße gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör.

6

5. Mit Beschluss vom 24. Januar 2013 lehnte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Dass das Verwaltungsgericht Art. 23 der Qualifikationsrichtlinie nicht berücksichtigt habe, weise höchstens auf eine materiell unrichtige Entscheidung hin, lasse jedoch nicht erkennen, warum die Vorschrift bei der Entscheidung über ein Abschiebungsverbot für eine Familie mit Kleinkind über den Einzelfall hinaus bedeutsam sei und ihre Reichweite im Interesse der Rechtseinheit und Rechtsfortbildung der Klärung in einem Berufungsverfahren bedürfe. Der von den Beschwerdeführern erhobene Vorwurf der ungenügenden Aufklärung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht werde vom Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG nicht erfasst. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Beschwerdeführer könnten sich trennen, sei keine unzulässige Überraschungsentscheidung. Es gebe auch keine Anhaltspunkte, dass die Ablehnung der erstinstanzlich gestellten Beweisanträge nicht vom Prozessrecht gedeckt sei.

7

6. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde machen die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG geltend, weil das Oberverwaltungsgericht die Anforderungen an die Darlegung der Gründe für die Zulassung der Berufung überspannt habe. Es stelle sowohl im Hinblick auf Art. 23 der Qualifikationsrichtlinie als auch hinsichtlich Art. 6 GG und Art. 8 EMRK eine abstrakte Frage dar, ob eine aufenthaltsbeendende Entscheidung in Kauf nehmen dürfe, dass eine Familie dauerhaft getrennt leben müsse. Das Verwaltungsgericht habe gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen, indem es in seinem Urteil von der Zumutbarkeit einer Trennung der Beschwerdeführer ausgegangen sei, ohne vorab auf diese Rechtsansicht hinzuweisen. Dadurch hätten die Beschwerdeführer keine Gelegenheit gehabt, eingehender zu ihrer familiären Situation vorzutragen und gegebenenfalls Beweisanträge zu einzelnen Fragen des Überlebens alleinstehender Frauen in Kandahar zu stellen. Mit ihren Entscheidungen verstießen die Gerichte schließlich gegen Art. 6 GG und Art. 8 EMRK. Bei einer Abschiebung, die eine dauerhafte Trennung der Beschwerdeführer zur Folge habe, hätte eine Abwägung mit ihren familiären Belangen stattfinden müssen. Daran fehle es.

8

7. Das Ministerium der Justiz des Landes Brandenburg hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

9

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführer angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und offensichtlich begründet im Sinne von § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG.

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1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, obwohl sie nicht innerhalb der in § 93 Abs. 1 BVerfGG geregelten Monatsfrist eingelegt und begründet worden ist. Den Beschwerdeführern war insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zu gewähren. Sie haben innerhalb der Frist des § 93 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG glaubhaft gemacht, dass sie das zu befördernde Schriftstück so rechtzeitig und ordnungsgemäß zur Post gegeben haben, dass es bei normalem Verlauf der Dinge das Bundesverfassungsgericht fristgerecht hätte erreichen können. Die Verzögerung der Briefbeförderung durch die Deutsche Post AG darf den Beschwerdeführern nicht als Verschulden zugerechnet werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Januar 2003 - 2 BvR 447/02 -, NJW 2003, S. 1516).

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2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG.

12

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährt Art. 6 GG keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt (vgl. BVerfGE 51, 386 <396 f.>; 76, 1 <47>; 80, 81 <93>). Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, das heißt entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG darauf, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen (vgl. BVerfGE 76, 1 <49 ff.>; 80, 81 <93>). Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalles geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfG, Be-schluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Januar 2002 - 2 BvR 231/00 -, InfAuslR 2002, S. 171 <173>; BVerfGK 2, 190 <194>), auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalles (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 31. August 1999 - 2 BvR 1523/99 -, InfAuslR 2000, S. 67 <68>; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 2006 - 2 BvR 1935/05 -, NVwZ 2006, S. 682 <683>).

13

Kann die Lebensgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden, etwa weil das Kind deutscher Staatsangehörigkeit und ihm wegen der Beziehungen zu seiner Mutter das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurück. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Lebenshilfe auch von anderen Personen erbracht werden könnte. Bei einer Vater-Kind-Beziehung kommt hinzu, dass der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters nicht durch Betreuungsleistungen der Mutter oder dritter Personen entbehrlich wird, sondern eigenständige Bedeutung für die Entwicklung des Kindes haben kann (vgl. BVerfGK 7, 49 <56>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 2006 - 2 BvR 1935/05 -, NVwZ 2006, S. 682 <683>).

14

Bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen, die den Umgang mit einem Kind berühren, ist maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. Dabei sind die Belange des Elternteils und des Kindes umfassend zu berücksichtigen. Dementsprechend ist im Einzelfall zu würdigen, in welcher Form die Elternverantwortung ausgeübt wird und welche Folgen eine endgültige oder vorübergehende Trennung für die gelebte Eltern-Kind-Beziehung und das Kindeswohl hätte. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass der persönliche Kontakt des Kindes zu seinen Eltern und der damit verbundene Aufbau und die Kontinuität emotionaler Bindungen zu Vater und Mutter in der Regel der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes dienen (vgl. BVerfGE 56, 363 <384>; 79, 51 <63 f.>). Eine auch nur vorübergehende Trennung kann nicht als zumutbar angesehen werden, wenn das Gericht keine Vorstellung davon entwickelt, welchen Trennungszeitraum es für zumutbar erachtet. Ein hohes, gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechendes Gewicht haben die Folgen einer vorübergehenden Trennung insbesondere, wenn ein noch sehr kleines Kind betroffen ist, das den nur vorübergehenden Charakter einer räumlichen Trennung möglicherweise nicht begreifen kann und diese rasch als endgültigen Verlust erfährt (vgl. BVerfGK 14, 458 <465>).

15

b) Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts wird den dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht. Bei der nach § 60 Abs. 1 AufenthG zu erstellenden Gefahrenprognose ist das Verwaltungsgericht von getrennten Aufenthaltsorten der Beschwerdeführer in Afghanistan ausgegangen. Es hat den Beschwerdeführer zu 1. der Personengruppe der alleinstehenden, arbeitsfähigen Männer zugeordnet, denen Kabul als inländische Fluchtalternative offensteht, während es für die Beschwerdeführerinnen zu 2. und 3. eine Rückkehr in die Heimatprovinz Kandahar als zumutbar erachtet hat. Obwohl das Verwaltungsgericht damit seiner Entscheidung zugrunde legt, dass die Beschwerdeführer in Afghanistan ihr künftiges Leben getrennt voneinander führen müssen, fehlt in dem Urteil jede Auseinandersetzung mit den aus Art. 6 GG folgenden verfassungsrechtlichen Anforderungen an staatliche Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung. Dies zeigt, dass sich das Verwaltungsgericht des Einflusses des verfassungsrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie auf die Auslegung und Anwendung von § 60 Abs. 1 AufenthG (vgl. BVerwGE 90, 364 <369 f.>, zur vergleichbaren früheren Rechtslage) nicht bewusst gewesen ist.

16

c) Das angegriffene Urteil beruht auf dem festgestellten Verfassungsverstoß. Es ist nicht auszuschließen, dass das Verwaltungsgericht bei hinreichender Berücksichtigung der sich aus Art. 6 GG ergebenden Vorgaben zu einer anderen, den Beschwerdeführern günstigeren Entscheidung gelangt wäre. Die Kammer hebt deshalb nach § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG das angegriffene Urteil auf und verweist die Sache an das Verwaltungsgericht zurück. Damit wird der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts gegenstandslos. Seiner Aufhebung bedarf es nicht, weil von ihm insoweit keine selbstständige Beschwer ausgeht (vgl. BVerfGE 14, 320 <324>; 76, 143 <170>). Auf das Vorliegen der weiteren gerügten Verfassungsverstöße kommt es nicht an.

III.

17

Mit dieser Entscheidung erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

IV.

18

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG, die Festsetzung des Wertes des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. auch BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Die Beschwerde, mit der sich der Kläger gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seine Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts wendet, ist unbegründet. Denn die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Die Rechtsverfolgung des Klägers bietet zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 10.2.2016 - 10 C 15.849 - juris Rn. 3 m.w.N.) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger der den Streitgegenstand der Verpflichtungsklage allein bildende Anspruch auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zur weiteren Ausübung bzw. Fortführung der familiären Lebensgemeinschaft mit seinem am 11. Juni 2016 geborenen Sohn mit deutscher Staatsangehörigkeit voraussichtlich schon deshalb nicht zusteht, weil ihm die (freiwillige) Ausreise auch mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG und Art. 8 EMRK nicht unzumutbar und damit nicht im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG rechtlich unmöglich ist.

Keiner abschließenden Klärung oder Entscheidung bedarf deshalb, ob hier die humanitäre Rechtsgrundlage des § 25 Abs. 5 AufenthG neben den §§ 27 ff. AufenthG mit vom Gesetzgeber detailliert geregelten Voraussetzungen für einen Aufenthalt aus familiären Gründen Anwendung finden kann (allgemein zur Problematik: vgl. Maaßen/Kluth in Beck‘scher Online-Kommentar Ausländerrecht, Stand 1.2.2017, AufenthG § 25 Rn. 136 und 136.1; bejahend: BayVGH, U.v. 11.3.2014 - 10 B 11.978 - juris Rn. 30 ff.; diese Frage wiederum offen lassend: BayVGH, U.v. 26.9.2016 - 10 B 13.1318 - juris Rn. 39 m.w.N.).

Das Verwaltungsgericht ist mit der Beklagten zu Recht der Auffassung, dass es mit dem Schutz aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK vereinbar ist, den Kläger auf die Ausreise (nach Nigeria) und Einholung des erforderlichen Visums für eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zum minderjährigen deutschen Sohn (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG) zu verweisen, weil infolge der ihm bereits erteilten Vorabzustimmung nach § 31 Abs. 3 AufenthV dieses Visum laut Auskunft der deutschen Botschaft in Lagos/Nigeria vom 9. Januar 2017 innerhalb von 10 Tagen erteilt werden kann und das Visumverfahren somit eine nur vorübergehende, kurzfristige Trennung von seinem Sohn zur Folge hat.

Der Einwand des Klägers, ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG auf dem Visums Weg ändere nichts daran, dass in seinem Fall ein innerstaatliches Ausreisehindernis im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 1 und § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG bestehe, weil unter Ausreise im Sinne dieser Bestimmungen nur eine dauernde Ausreise zu verstehen sei, greift nicht durch.

Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der - wie der Kläger - vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Unter „Ausreise“ im Sinne dieser Vorschrift ist sowohl die zwangsweise Abschiebung als auch die freiwillige Ausreise zu verstehen (vgl. BVerwG, U.v. 10.11.2009 - 1 C 19.08 - juris Rn. 12, U.v. 27.6.2006 - 1 C 14.05 - juris Rn. 15 jeweils m.w.N.). Entscheidend ist damit die Möglichkeit der (freiwilligen) Ausreise insbesondere in den Herkunftsstaat; dabei ist nicht auf das bloße Verlassen des Bundesgebiets abzustellen, sondern auch darauf, ob es dem Ausländer möglich, ist in den anderen Staat einzureisen und sich dort (nicht nur kurzfristig) aufzuhalten (vgl. Nr. 25.3.5.2 AVV-AufenthG). Dies ist bei einer Ausreise des Klägers in seinen Herkunftsstaat Nigeria der Fall, auch wenn diese Ausreise letztlich (nur) der Einholung des erforderlichen Visums für eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug dient.

Eine freiwillige Ausreise ist, da tatsächliche Hindernisse beim Kläger nicht vorliegen, im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen unmöglich, wenn ihr rechtliche Hindernisse entgegenstehen, welche die Ausreise ausschließen oder als unzumutbar erscheinen lassen. Derartige Hindernisse können sich sowohl aus inlandsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, zu denen unter anderem auch diejenigen Verbote zählen, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind, als auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten (z.B. nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG; vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2006 - 1 C 14.05 - juris Rn. 17). Bei Bestehen solcher Abschiebungsverbote hat nicht nur die zwangsweise Rückführung des betroffenen Ausländers zu unterbleiben, sondern es ist ihm in aller Regel auch eine freiwillige Rückkehr in sein Heimatland aus denselben rechtlichen Gründen nicht zuzumuten und damit unmöglich im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG (BVerwG a.a.O. Rn. 17).

Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine freiwillige Ausreise nicht aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil sie mit Art. 6 Abs. 1 und 2 GG unvereinbar wäre. Zwar gewährt Art. 6 GG keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde, bei ihren aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen die familiären Bindungen des den weiteren Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG darauf, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familienrechtlichen Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalles geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalles (stRspr des BVerfG, vgl. z.B. B.v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 - juris Rn. 12 m.w.N.).

Kann die Lebensgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden, etwa weil das Kind deutscher Staatsangehörigkeit und ihm wegen der Beziehungen zu seiner Mutter das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurück. Bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen, die den Umgang mit einem Kind berühren, ist maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass der persönliche Kontakt des Kindes zu seinen Eltern und der damit verbundene Aufbau und die Kontinuität emotionaler Bindungen zu Vater und Mutter in der Regel der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes dienen. Eine auch nur vorübergehende Trennung kann nicht als zumutbar angesehen werden, wenn das Gericht keine Vorstellung davon entwickelt, welchen Trennungszeitraum es für zumutbar erachtet. Ein hohes gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechendes Gewicht haben die Folgen einer vorübergehenden Trennung insbesondere, wenn ein noch sehr kleines Kind betroffen ist, das den nur vorübergehenden Charakter einer räumlichen Trennung möglicherweise nicht begreifen kann und diese rasch als endgültigen Verlust erfährt (BVerfG a.a.O. Rn. 13 f.).

Gemessen an diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen ist die (freiwillige) Ausreise des Klägers nicht wegen Unvereinbarkeit mit dem Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 und 2 GG rechtlich unmöglich. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es in seinem Fall mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie vereinbar, ihn auf die Einholung des erforderlichen Visums für eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zum minderjährigen deutschen Sohn (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG) zu verweisen, weil die damit zwangsläufig verbundene vorübergehende Trennung von seinem Sohn als zumutbar anzusehen ist. Der bei bereits erteilter Vorabzustimmung nach § 31 Abs. 3 AufenthV zu erwartende Trennungszeitraum für die Dauer des Visumverfahrens bei der Botschaft in Lagos/Nigeria von zehn Tagen ist jedenfalls auch mit Blick auf die Bedeutung des persönlichen Kontakts und der Kontinuität emotionaler Bindungen des Kindes zum Vater noch zumutbar, weil in dieser kurzen Zeit nicht zu erwarten ist, dass das noch sehr kleine Kind des Klägers diese sehr kurze Trennung nicht begreifen und schon als endgültigen Verlust erfahren wird. Dieser (Trennungs-)Zeitraum ist entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht etwa eine bloße Behauptung der Beklagten, sondern vielmehr durch die in der Ausländerakte befindliche Auskunft der deutschen Botschaft in Lagos/Nigeria vom 9. Januar 2017 hinreichend belegt.

Im Übrigen ist die (nachträgliche) Einholung des erforderlichen Visums zum Familiennachzug auch nicht als bloße Förmlichkeit anzusehen. Will ein ohne das erforderliche Visum eingereister Asylbewerber nach erfolglosem Abschluss seines Asylverfahrens einen asylunabhängigen Aufenthaltstitel erlangen, hat er daher grundsätzlich - nicht anders als jeder andere Ausländer - ein Sichtvermerksverfahren im Heimatland durchzuführen (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2016 - 10 C 16.818 - juris Rn. 11).

Auch mit Blick auf den konventionsrechtlichen Schutz des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK ergibt sich insoweit kein weitergehender Schutz des Klägers.

Die (freiwillige) Ausreise des Klägers zur Durchführung des Sichtvermerksverfahrens im Heimatland ist schließlich nicht aus den sonstigen von ihm angeführten Gründen rechtlich unmöglich.

Soweit er auf seine insbesondere gesundheitliche Gefährdung im Falle der (Rück-) Reise nach Nigeria verweist, macht er letztlich zielstaatsbezogene Gefahren bzw. Abschiebungsverbote geltend, über die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in seinem Fall mit bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 19. Januar 2016 abschließend (negativ) entschieden hat. An diese Feststellung ist die Ausländerbehörde aber gemäß § 42 Satz 1 AsylG gebunden (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2006 - 1 C 14.05 - juris Rn. 18).

Soweit er sonstige unverhältnismäßige Erschwernisse bei der Organisation einer Ausreise wie insbesondere Impfungen, Flugkosten, Kosten für Versicherungen und die fehlende Rückfluggarantie im Falle einer Erkrankung oder Verletzung geltend macht, ist für solche sonstigen Zumutbarkeitserwägungen im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kein Raum. Denn wie oben ausgeführt ist dem Ausländer die freiwillige Ausreise aus Rechtsgründen nur unzumutbar, wenn sie ihm wegen zielstaats- oder inlandsbezogener Abschiebungsverbote nicht zugemutet wird; weitergehende allgemeine Zumutbarkeitserwägungen sind vom Begriff der Unmöglichkeit der Ausreise im Sinne dieser Bestimmung nicht erfasst (BVerwG a.a.O. Rn. 20).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gericht bestimmt nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind.

(2) Die einstweilige Verfügung kann auch in einer Sequestration sowie darin bestehen, dass dem Gegner eine Handlung geboten oder verboten, insbesondere die Veräußerung, Belastung oder Verpfändung eines Grundstücks oder eines eingetragenen Schiffes oder Schiffsbauwerks untersagt wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.