Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 14. Mai 2018 - L 11 AS 165/17

bei uns veröffentlicht am14.05.2018

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 06.10.2016 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist ein Folgenbeseitigungsanspruch (FBA) im Hinblick auf künftige Absenkungen der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die Kläger beziehen seit August 2005 Alg II vom Beklagten. Nachdem zwischenzeitlich keine Einladungen mehr zu Vorspracheterminen erfolgt waren, begann der Beklagte ab März 2013 wieder damit, die Kläger zur Vorsprache im Jobcenter aufzufordern. Ebenso wurden verschiedene eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakte (EG-VAe) erlassen. Wegen des Nichterscheinens bei Meldeterminen zwischen dem 27.03.2013 und 17.12.2015 sowie Verstößen gegen Verpflichtungen aus den EG-VAen mit dem Gültigkeitszeiträumen zwischen dem 11.12.2013 bis 04.05.2016 senkte der Beklagte das Alg II der Klägerin zu 1. und des Klägers zu 2. - jeweils einzeln - mit Bescheiden vom 21.06.2013, 07.08.2013, 07.08.2013, 07.08.2013, 04.09.2013, 04.09.2013, 22.10.2013, 22.10.2013, 22.10.2013, 06.11.2013, 05.12.2013, 05.12.2013, 18.12.2013, 12.02.2014, 12.02.2014, 12,02,2014, 12.02.2014, 13.03.2014, 14.03.2014, 28.03.2014, 22.04.2014, 29.04.2014, 13.05.2014, 20.05.2014, 18.07.2014, 18.07.2014, 18.07.2014, 18.07.2014, 20.10.2014, 21.11.2014, 21.11.2014, 21.11.2014, 08.12.2014, 25.01.2015, 26.01.2015, 26.01.2015, 10.02.2015, 12.03.2015, 23.04.2015, 23.04.2015, 28.05.2015, 14.07.2015, 14.07.2015, 03.11.2015, 03.11.2015, 03.11.2015, 16.11.2015, 16.11.2015 und 22.12.2015 ab. Die Sanktionsbescheide sind Gegenstand des Berufungsverfahrens L 11 AS 163/17.

In einem Widerspruchsschreiben vom 20.09.2015 beantragten die Kläger ua auch die einmalige Zahlung von 3.500 € als Schadenersatz. Die EG-VAe und die Meldeaufforderungen seien rechtswidrig bzw. nichtig, so dass die als Sanktionen einbehaltenen Leistungen zurück zu überweisen seien und ein Schadenersatz zu zahlen sei. Hierüber hat der Beklagte nach Aktenlage weder entschieden noch sich dazu geäußert. Der diesbezügliche FBA ist Gegenstand des Berufungsverfahrens L 11 AS 164/17.

Am 29.01.2016 haben die Kläger Klage zum SG erhoben und die Aufhebung sämtlicher seit dem 21.03.2013 und künftiger, bis zum Abschluss des Verfahrens ergangener Meldeaufforderungen (Nr. 1), die Aufhebung sämtlicher seit dem 11.12.2013 bzw. künftiger, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, per Verwaltungsakt erlassener Eingliederungsvereinbarungen (Nr. 2), die Aufhebung sämtlicher seit dem 21.06.2013 und künftiger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens erlassener Sanktionsbescheide (Nr. 3), die Zahlung von 3.500 € für den gesamten Zeitraum seit dem Beginn der Sanktionen im Jahr 2013 als Folgenbeseitigungsanspruch (Nr. 4) und die weitere Zahlung von monatlich 135 € seit Januar 2016 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bzw. der vollständigen Einstellung der betreffenden Sanktionen als Folgenbeseitigungsanspruch (Nr. 5) beantragt. Nr. 5 des Klageantrages hat das SG als hier gegenständliches Klageverfahren - ohne den Erlass eines eigenständigen Trennungsbeschlusses - erfasst. Die übrigen Klagegegenstände wurden als Klageverfahren S 17 AS 77/16, S 17 AS 80/16, S 17 AS 81/16 und S 17 AS 82/16 geführt. Zur Klagebegründung haben die Kläger ua ausgeführt, es sei sehr schwierig, die aus den Sanktionen erwachsenen Schäden im Einzelnen zu benennen und zu belegen. Die Pauschale von 135 € ergebe sich aus Pauschalbetrag für den Schadenersatz iHv 3.500 € geteilt durch die Monate vom 01.07.2013 bis zur Einlegung des Widerspruchs im September 2015. Eine Verbindung der Verfahren hat das SG mit Beschluss vom 29.06.2016 abgelehnt.

Mit Urteil vom 06.10.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Auslegung des klägerischen Begehrens habe ergeben, dass es den Klägern um einen Betrag iHv 135 € als FBA für den Zeitraum ab Klageerhebung gehe. Auch würde unter Auslegung des Antrages nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz nicht „Schadenersatz“ sondern „Folgenbeseitigung“ begehrt. Andernfalls hätte eine Verweisung an die ordentlichen Gerichte mit der Folge einer Gerichtskostenpflicht vorgenommen werden müssen. Die Klage sei unzulässig. Auf künftige Leistungen könne außer in den hier nicht vorliegenden Fällen der §§ 257 und 258 Zivilprozessordnung (ZPO) nur geklagt werden, wenn der Anspruch seine Grundlage in einem Rechtsverhältnis finde, dessen rechtserzeugende Tatsachen bereits eingetreten seien. Voraussetzung des FBA sei ein durch hoheitliches Handeln geschaffener, rechtswidriger Zustand. Dieser könne erst eintreten, wenn neue hoheitliche Maßnahmen eintreten würden. Zudem fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da zu erwarten sei, der Beklagte erfülle als Verwaltungsbehörde eine berechtigte Forderung.

Dagegen haben die Kläger Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Die ihnen zugestellten Protokollabschriften der mündlichen Verhandlung seien unbeglaubigt gewesen, was zur Nichtigkeit der Zustellung eines Urteils und damit zur Nichtingangsetzung der Rechtsmittelfrist führen müsse. Die „erstinstanzlichen Urteile“ hätten für sie materiell-rechtlich überhaupt keine Bestandskraft, seien daher effektiv nicht vorhanden. Es sei nicht bewiesen worden, dass überhaupt diesbezüglich mündlich vor dem SG verhandelt worden sei. Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen hätten sie aber ihr Anliegen in Berufungsschriften gekleidet. Ihr Schreiben vom 25.08.2017 - mit diesem Schreiben haben die Kläger den Erlass einstweiliger Anordnungen bezüglich der Sanktionsbescheide vom 21.07.2017 beantragt - werde zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Die Kläger haben Kopien der Eingangsbestätigungen des SG bezüglich ihrer Klage vom 29.01.2016 vorgelegt, worin die jeweiligen Aktenzeichen der Eingangsbestätigungen durch verschiedenfarbige Markierungen den jeweiligen Antragsbegehren zugewiesen worden sind.

Die Kläger beantragen,

  • 1.Die Zurückverweisung des Verfahrens an das Sozialgericht Bayreuth ohne Hauptverhandlung.

  • 2.Die Wiedereinsetzung in den alten Stand hinsichtlich der Rechtsmittelfrist bezüglich des oben bezeichneten Urteils ab der Zustellung einer mangelfreien Protokollabschrift der Hauptverhandlung an die Kläger.

  • 3.Die Feststellung der Nichtigkeit hinsichtlich des Abtrennungsbeschlusses des Sozialgerichts Bayreuth vom 02.02.2016 in dem Verfahren S 17 AS 77/16.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat er auf die Ausführungen des SG verwiesen.

Ablehnungsanträge der Kläger gegen den Vorsitzenden des Senats vom 23.01.2018 und gegen alle Mitglieder des Senats vom 25.04.2018 wegen der Besorgnis der Befangenheit hat der Senat mit Beschlüssen vom 22.02.2018 (L 11 SF 72/18 AB) und 07.05.2018 (L 11 SF 182/18 AB) abgelehnt.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Es liegt ein wirksames Urteil des SG vor, das den Klägern ausweislich der Postzustellungsurkunden auch zugestellt worden ist. Die Übersendung von unbeglaubigten Protokollabschriften ändert daran nichts. Dass das Urteil des SG in der mündlichen Verhandlung am 06.10.2016 erlassen worden ist, wird durch die in den Akten des SG befindliche Niederschrift, die eine öffentliche Urkunde darstellt, bewiesen. Die Niederschrift ist entsprechend den gesetzlichen Vorschriften ausgefertigt und von der Vorsitzenden der 17. Kammer am SG sowie von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unterschrieben worden (§ 122 SGG, §§ 159, 160 ZPO).

Die Kläger haben bislang keinen Antrag in der Sache gestellt, sondern vielmehr lediglich die Zurückverweisung des Verfahrens an das SG ohne Hauptverhandlung beantragt. Eine Zurückverweisung an das SG durch das Berufungsgericht kommt jedoch nur in den Fällen des § 159 Abs. 1 SGG in Betracht. Danach kann der Senat den Rechtsstreit an das SG zurückverweisen, wenn das SG selbst in der Sache nicht entschieden hat (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG) oder das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und die Notwendigkeit einer umfangreichen und aufwendigen Beweisaufnahme aufgrund des Mangels gegeben wäre (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Da aber eine Beweisaufnahme nicht notwendig und die Entscheidung des SG zutreffend ist, sieht der Senat keinen Anlass, die Sache an das SG zurückzuverweisen. Da keine Frist versäumt worden ist, bedurfte es auch keiner Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Eine Feststellung der Nichtigkeit des „Abtrennungsbeschlusses des Sozialgerichts Bayreuth vom 02.02.2016 in dem Verfahren S 17 AS 77/16“ kommt ebenfalls nicht in Betracht, da ein solcher Beschluss nicht vorliegt. Das SG hat die mit der Klageschrift vom 29.01.2016 geltend gemachten fünf Klageanträge nach Eingang in einzelnen Klageverfahren erfasst. Auch wenn es für die Trennung mehrerer in einer Klage erhobener Ansprüche eines zu begründenden Beschlusses bedarf (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 145 Abs. 1 ZPO), sind die Kläger im vorliegend gerichtskostenfreien Verfahren durch diese Auftrennung nicht beschwert. Das SG hat in den Klageverfahren S 17 AS 77/16 und S. 17 AS 80 bis 83/16 über sämtliche Begehren entschieden, so dass im Ergebnis jedenfalls auch ein möglicher Verfahrensfehler nicht dazu führen würde, dass die jeweiligen Entscheidungen darauf beruhen könnten.

Da die von den Klägern ausdrücklich gestellten Anträge damit ins Leere gehen, waren sie unter Berücksichtigung des Begehrens der Kläger nach § 123 SGG auszulegen (zur Auslegung: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl, § 123 Rn 3). Das SG kam zu der nachvollziehbaren Auslegung, den Klägern gehe es vorliegend (alleine) um eine Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 135 € monatlich aus einem FBA ab Klageerhebung. Dem schließt sich der Senat an, zumal die Kläger im Berufungsverfahren der Auslegung durch das SG nicht widersprochen und keine Umstände vorgebracht haben, die Zweifel an der Richtigkeit der Auslegung begründen könnten.

Die Kläger haben keinen FBA gegen den Beklagten, der einen Zahlungsanspruch iHv monatlich 135 € seit Klageerhebung begründen könnte. Beim allgemeinen öffentlich-rechtlichen FBA handelt es sich um einen aus dem Richterrecht hergeleiteten Anspruch, mit dem die Wiederherstellung des ursprünglichen, durch einen rechtswidrigen hoheitlichen Eingriff veränderten Zustandes im Wege der Naturalrestitution erreicht werden soll (vgl. BSG, Urteil vom 10.08.1995 - 11 RAr 91/94 -, Urteil vom 29.05.1996 - 3 RK 26/95; Thüringer LSG, Beschluss vom 01.06.2017 - L 4 AS 851/16 B - alle zitiert nach Juris). Der Anspruch setzt damit voraus, dass durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht des Betroffenen ein rechtswidriger Zustand geschaffen wurde und dieser Zustand noch andauert (vgl. Thüringer LSG aaO mwN). Es geht dabei um die Rückgängigmachung der unmittelbaren Folgen einer rechtswidrigen Amtshandlung, insbesondere bei vollzogenen, rechtswidrigen Verwaltungsakten (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 27.05.2014 - B 8 SO 1/13 R - mwN - Juris).

Vorliegend fehlt es im Zeitpunkt der Klageerhebung an einem durch einen vollzogenen, rechtswidrigen Verwaltungsakt geschaffenen Zustand, da die Kläger die monatliche Pauschale von 135 € für die Zukunft begehren. Die Kläger erheben insofern letztlich eine vorbeugende Leistungsklage. Ebenso wie im Rahmen einer vorbeugenden Unterlassungsklage oder einer vorbeugenden Feststellungsklage bedarf es dafür aber eines qualifizierten Rechtsschutzinteresses, das nicht gegeben ist, wenn der Betroffene auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (vgl. zur vorbeugenden Unterlassungsklage: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 54 Rn 42a). Den Klägern ist es aber ohne weiteres zumutbar, sich mittels Widerspruch und Anfechtungsklage gegen (künftige) Sanktionsbescheide zu wehren. Sollten diese rechtswidrig sein, kann unter Einleitung eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auch die Vollziehung der Leistungsabsenkung verhindert werden. Es bedarf damit nicht der Gewährung eines vorbeugenden Rechtsschutzes.

Die Kläger haben damit keinen FBA auf Zahlung von 135 € monatlich im Falle der Fortführung von Sanktionen nach Klageerhebung, so dass die Berufung zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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Einladung mit Schreiben vom 21.03.2013; zum Meldetermin am 27.03.2013 (Klägerin zu 1.), 26.03.2013 (Kläger zu 2.); mit dem Meldezweck: Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

25.03.2013 10.04.2013 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

25.06.2013 01.07.2013 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

01.07.2013 10.07.2013 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

11.07.2013 22.07.2013 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

22.07.2013 29.07.2013 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

29.07.2013 12.08.2013 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

12.08.2013 27.08.2013 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

27.08.2013 16.09.2013 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

18.09.2013 30.09.2013 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

01.10.2013 15.10.2013 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

15.10.2013 29.10.2013 Besprechung des Beratungsanliegens

29.10.2013 12.11.2013 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

13.11.2013 27.11.2013 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

27.11.2013 11.12.2013 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

11.12.2013 08.01.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

10.01.2014 22.01.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

22.01.2014 05.02.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

07.02.2014 26.02.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

26.02.2014 13.03.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

13.03.2014 27.03.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

27.03.2014 10.04.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

10.04.2014 30.04.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

30.04.2014 15.05.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

15.05.2014 28.05.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

28.05.2014 11.06.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

11.06.2014 26.06.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

26.06.2014 16.07.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

16.07.2014 06.08.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

23.09.2014 10.10.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

10.10.2014 17.10.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

28.10.2014 07.11.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

07.11.2014 28.11.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

28.11.2014 17.12.2014 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

17.12.2014 14.01.2015 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

14.01.2015 04.02.2015 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

04.02.2015 04.03.2015 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

05.03.2015 01.04.2015 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

01.04.2015 13.05.2015 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

13.05.2015 24.06.2015 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

13.07.2015 06.08.2015 Besprechung der Bewerbungsaktivitäten

17.09.2015 17.09.2015 Besprechung der Bewerbungsaktivitäten

14.10.2015 05.11.2015 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

02.12.2015 17.12.2015 Besprechung der aktuellen beruflichen Situation

Eine gegen die Bescheide vom 21.03.2013 zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobene Klage (S 13 AS 290/13) haben die Kläger nach dem Verzicht des Beklagten auf die Einhaltung der Termine zurückgenommen. Die Widersprüche gegen die Bescheide vom 25.03.2013 hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2013 zurückgewiesen. Klagen ua auf Feststellung der Nichtigkeit der Einladungen vom 25.03.2013, 25.06.2013, 01.07.2013 und 11.07.2013 bzw Einladungen vom 22.07.2013, 29.07.2013, 12.08.2013 und 27.08.2013 hat das SG mit Gerichtsbescheiden vom 11.10.2013 (S 13 AS 825/13 und S 13 AS 881/13) abgewiesen. Die dagegen eingelegten Berufungen (L 11 AS 734/13 und L 11 AS 735/13) hat der Senat mit Urteilen vom 18.09.2014 zurückgewiesen. Die Widersprüche gegen die Einladungen vom 14.10.2015 hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 26.10.2015 zurückgewiesen. Die Meldeaufforderungen sind Gegenstand des Berufungsverfahrens L 11 AS 161/17.

Desweiteren erließ der Beklagte folgende Eingliederungsvereinbarungen (EGV) ersetzende Verwaltungsakte (EG-VAe) jeweils getrennt gegenüber der Klägerin zu 1. und dem Kläger zu 2.:

EGV-VA vom; Gültigkeitszeitraum (soweit nicht zwischenzeitlich anderes vereinbart):

11.12.2013; 11.12.2013 bis 10.06.2014

26.02.2014; 26.02.2014 bis 25.08.2014

30.04.2014; 30.04.2014 bis 29.10.2014

28.10.2014; 28.10.2014 bis 27.04.2015

04.02.2015; 04.02.2015 bis 03.08.2015

28.04.2015; 28.04.2015 bis 27.10.2015

15.07.2015; 15.07.2015 bis 14.01.2016

05.11.2015; 05.11.2015 bis 04.05.2016

Gegen die EG-VAe vom 04.02.2015 und 28.04.2015 legten die Kläger keinen Widerspruch ein. Widersprüche gegen die EG-VAe vom 15.07.2015 verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 28.10.2015 wegen Verfristung als unzulässig und lehnte gleichzeitig eine Überprüfung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ab. Widersprüche gegen die EG-VAe vom 05.11.2015 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 16.11.2015 zurück. Die EG-VAe sind Gegenstand des Berufungsverfahrens L 11 AS 162/17.

Im Hinblick auf das Nichterscheinen der Kläger zu Vorspracheterminen stellte der Beklagte den Eintritt von Minderungen des Alg II im Umfang von 10 vom Hundert des jeweils maßgeblichen Regelbedarfs der Kläger mit folgenden Bescheiden (jeweils getrennte Bescheide für beide Kläger) fest:

Bescheid vom; wegen Nichterscheinens am; Absenkung monatlich jeweils; für den Zeitraum:

21.06.2013; 10.04.2013; 34,50 EUR; 01.07.2013 bis 30.09.2013

07.08.2013; 01.07.2013; 34,50 EUR; 01.09.2013 bis 30.11.2013

07.08.2013; 10.07.2013; 34,50 EUR; 01.09.2013 bis 30.11.2013

07.08.2013; 22.07.2013; 34,50 EUR; 01.09.2013 bis 30.11.2013

04.09.2013; 29.07.2013; 34,50 EUR; 01.10.2013 bis 31.12.2013

04.09.2013; 12.08.2013; 34,50 EUR; 01.10.2013 bis 31.12.2013

22.10.2013; 27.08.2013; 34,50 EUR; 01.11.2013 bis 31.01.2014

22.10.2013; 16.09.2013; 34,50 EUR; 01.11.2013 bis 31.01.2014

22.10.2013; 30.09.2013; 34,50 EUR; 01.11.2013 bis 31.01.2014

06.11.2013; 15.10.2013; 34,50 EUR; 01.12.2013 bis 28.02.2014

05.12.2013; 29.10.2013; 34,50 EUR; 01.01.2014 bis 31.03.2014

05.12.2013; 12.11.2013; 34,50 EUR; 01.01.2014 bis 31.03.2014

18.12.2013; 27.11.2013; 34,50 EUR; 01.01.2014 bis 31.03.2014

12.02.2014; 11.12.2013; 35,30 EUR; 01.03.2014 bis 31.05.2014

12.02.2014; 08.01.2014; 35,30 EUR; 01.03.2014 bis 31.05.2014

12.02.2014; 22.01.2014; 35,30 EUR; 01.03.2014 bis 31.05.2014

13.03.2014; 05.02.2014; 35,30 EUR; 01.04.2014 bis 30.06.2014

14.03.2014; 26.02.2014; 35,30 EUR; 01.04.2014 bis 30.06.2014

28.03.2014; 13.03.2014; 35,30 EUR; 01.05.2014 bis 31.07.2014

22.04.2014; 27.03.2014; 35,30 EUR; 01.05.2014 bis 31.07.2014

13.05.2014; 10.04.2014; 35,30 EUR; 01.06.2014 bis 31.08.2014

20.05.2014; 30.04.2014; 35,30 EUR; 01.06.2014 bis 31.08.2014

18.07.2014; 15.05.2014; 35,30 EUR; 01.08.2014 bis 31.10.2014

18.07.2014; 28.05.2014; 35,30 EUR; 01.08.2014 bis 31.10.2014

18.07.2014; 11.06.2014; 35,30 EUR; 01.08.2014 bis 31.10.2014

20.10.2014; 16.07.2014; 35,30 EUR; 01.11.2014 bis 31.01.2015

21.11.2014; 06.08.2014; 35,30 EUR; 01.12.2014 bis 28.02.2015

21.11.2014; 10.10.2014; 35,30 EUR; 01.12.2014 bis 28.02.2015

21.11.2014; 17.10.2014; 35,30 EUR; 01.12.2014 bis 28.02.2015

08.12.2014; 07.11.2014; 35,30 EUR; 01.01.2015 bis 31.03.2015

26.01.2015; 28.11.2014; 36,00 EUR; 01.02.2015 bis 30.04.2015

25.01.2015; 17.12.2014; 36,00 EUR; 01.02.2015 bis 30.04.2015

10.02.2015; 14.01.2015; 36,00 EUR; 01.03.2015 bis 31.05.2015

12.03.2015; 04.02.2015; 36,00 EUR; 01.04.2015 bis 30.06.2015

23.04.2015; 05.03.2015; 36,00 EUR; 01.05.2015 bis 31.07.2015

28.05.2015; 01.04.2015; 36,00 EUR; 01.07.2015 bis 30.09.2015

14.07.2015; 13.05.2015; 36,00 EUR; 01.08.2015 bis 31.10.2015

03.11.2015; 24.06.2015; 36,00 EUR; 01.12.2015 bis 29.02.2016

03.11.2015; 06.08.2015; 36,00 EUR; 01.12.2015 bis 29.02.2016

16.11.2015; 17.09.2015; 36,00 EUR; 01.12.2015 bis 29.02.2016

16.11.2015; 14.10.2015; 36,00 EUR; 01.12.2015 bis 29.02.2016

22.12.2015; 05.11.2015; 36,00 EUR; 01.12.2015 bis 29.02.2016

Mit weiteren Sanktionsbescheiden (jeweils getrennte Bescheide für beide Kläger) stellte der Beklagte die Minderung des Alg II in unterschiedlicher Höhe fest, weil die Kläger ihren Pflichten aus den EG-VAen nicht nachgekommen seien:

Bescheid vom; Verstoß gegen EG-VA vom; Absenkung um …des Regelbedarfs; für den Zeitraum:

12.02.2014; 11.12.2013; 30%; 01.03.2014 bis 31.05.2014

29.04.2014; 26.02.2014; 60%; 01.06.2014 bis 31.08.2014

18.07.2014; 30.04.2014; 100%; 01.08.2014 bis 31.10.2014

26.01.2015; 28.10.2014; 100%; 01.02.2015 bis 30.04.2015

23.04.2015; 04.02.2015; 100%; 01.05.2015 bis 31.07.2015

14.07.2015; 28.04.2015; 100%; 01.08.2015 bis 31.10.2015

03.11.2015; 15.07.2015; 100%; 01.12.2015 bis 29.02.2016

Nachdem Anträge der Kläger auf Feststellung der Nichtigkeit der Sanktionsbescheide vom 21.06.2013 und 07.08.2013 vom Beklagten mit Bescheid vom 31.07.2013 und 03.09.2013 abgelehnt worden waren, haben die Kläger gegen die Sanktionsbescheide vom 21.06.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 31.07.2013 sowie die Sanktionsbescheide vom 07.08.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 03.09.2013 und die Sanktionsbescheide vom 04.09.2013 beim SG Nichtigkeitsfeststellungsklagen (diese waren ebenfalls Gegenstand in S 13 AS 825/13 und S 13 AS 881/13) erhoben, die mit Gerichtsbescheiden vom 11.10.2013 abgewiesen worden sind. Die Berufungen (L 11 AS 734/13 und L 11 AS 735/13) hat der Senat mit Urteilen vom 18.09.2014 zurückgewiesen.

Einen Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 07.01.2014, mit dem im Rahmen der Leistungsbewilligung die Leistungsabsenkungen aus den Sanktionsbescheiden berücksichtigt worden waren, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2014 zurück. Gleichzeitig bat der Beklagte um Mitteilung, ob die im Widerspruch beantragte Rückerstattung der einbehaltenen Sanktionsbeträge als Anträge nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich der 2013 erlassenen Sanktionsbescheide gewertet werden sollen. Eine Reaktion hierauf seitens der Kläger ist nach Aktenlage nicht ersichtlich.

Die Widersprüche gegen die Sanktionsbescheide vom 13.03.2014 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 27.03.2014 (in den Akten des Beklagten mit Datum „26.03.2014“) zurück. Mit Schreiben vom 16.06.2015 teilten die Kläger ua in Bezug auf Anhörungen zu nicht nachgekommenen Meldeaufforderungen und Verstößen gegen EG-VAe mit, sie seien den Aufforderungen deshalb nicht nachgekommen, weil sie andernfalls mit Nachteilen im Zusammenhang mit laufenden Rechtsstreiten rechnen müssten.

Am 20.10.2014 haben die Kläger bzgl aller in den Jahren 2013 und 2014 ihnen gegenüber ergangenen Meldeaufforderungen und „EGV“ Widerspruch eingelegt. Diese seien wegen „Vorgreiflichkeit“ und zu großer Unbestimmtheit aufzuheben. Im Oktober 2007 seien Verhandlungen über eine EGV nur ausgesetzt worden, weshalb Meldeaufforderungen und EGVen nur unter Bezugnahme auf die damals erfolgten Verhandlungen und ein entsprechendes Aufzeigen in den jeweiligen Schreiben hätten erfolgen können. Das Schreiben vom 20.10.2014 legte der Beklagte offenbar als Widerspruch gegen die Sanktionsbescheide bzw als Überprüfungsanträge bezüglich der Sanktionsbescheide aus, verwarf die Widersprüche gegen die Sanktionsbescheide als unzulässig wegen der Versäumung der Widerspruchsfrist (hierzu enthielt der Widerspruchsbescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung:) und lehnte unter dem Punkt „Hinweis“ den (auch) als Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gewerteten Widerspruch ab (hierzu enthielt der Bescheid keine Rechtbehelfsbelehrung). Im Einzelnen ergingen so folgende (Widerspruchs-)Bescheide:

Klägerin zu 1.:

Widerspruch gegen Bescheid vom; Wegen Meldeversäumnis bzw Verstoß gg den ER-VA vom; Widerspruchsbescheid und Ablehnungsbescheid Überprüfung vom:

21.06.2013 10.04.2013 17.12.2014

07.08.2013 01.07.2013 17.12.2014

07.08.2013 10.07.2013 17.12.2014

07.08.2013 22.07.2013 17.12.2014

04.09.2013 12.08.2013 17.12.2014

04.09.2013 29.07.2013 18.12.2014

22.10.2013 27.08.2013 18.12.2014

22.10.2013 16.09.2013 18.12.2014

22.10.2013 30.09.2013 18.12.2014

06.11.2013 15.10.2013 18.12.2014

05.12.2013 29.10.2013 18.12.2014

05.12.2013 12.11.2013 18.12.2014

18.12.2013 27.11.2013 18.12.2014

12.02.2014 11.12.2013 18.12.2014

12.02.2014 08.01.2014 18.12.2014

12.02.2014 22.01.2014 18.12.2014

13.03.2014 05.02.2014 18.12.2014

28.03.2014 13.03.2014 18.12.2014

22.04.2014 27.03.2014 18.12.2014

13.05.2014 10.04.2014 18.12.2014

20.05.2014 30.04.2014 18.12.2014

18.07.2014 15.05.2014 18.12.2014

18.07.2014 28.05.2014 18.12.2014

18.07.2014 11.06.2014 18.12.2014

12.02.2014 11.12.2013 19.12.2014

29.04.2014 26.02.2014 19.12.2014

18.07.2014 30.04.2014 19.12.2014

Kläger zu 2.:

Widerspruch gegen Bescheid vom; Wegen Meldeversäumnis bzw Verstoß gg den ER-VA vom; Widerspruchsbescheid und Ablehnungsbescheid Überprüfung vom:

21.06.2013 10.04.2013 19.12.2014

07.08.2013 01.07.2013 19.12.2014

07.08.2013 10.07.2013 19.12.2014

07.08.2013 22.07.2013 19.12.2014

04.09.2013 29.07.2013 19.12.2014

04.09.2013 12.08.2013 19.12.2014

22.10.2013 27.08.2013 19.12.2014

22.10.2013 16.09.2013 19.12.2014

22.10.2013 30.09.2013 19.12.2014

06.11.2013 15.10.2013 19.12.2014

05.12.2013 29.10.2013 22.12.2014

05.12.2013 12.11.2013 22.12.2014

18.12.2013 27.11.2013 05.01.2015

12.02.2014 11.12.2013 05.01.2015

12.02.2014 08.01.2014 05.01.2015

12.02.2014 22.01.2014 05.01.2015

12.02.2014 11.12.2013 05.01.2015

13.03.2014 05.02.2014 05.01.2015

28.03.2014 13.03.2014 05.01.2015

22.04.2014 27.03.2014 05.01.2015

29.04.2014 26.02.2014 05.01.2015

13.05.2014 10.04.2014 05.01.2015

20.05.2014 30.04.2014 05.01.2015

18.07.2014 15.05.2014 05.01.2015

18.07.2014 28.05.2014 05.01.2015

18.07.2014 11.06.2014 05.01.2015

18.07.2014 30.04.2014 05.01.2015

Widersprüche gegen die Sanktionsbescheide vom 28.05.2015 und 14.07.2015 (Meldeversäumnisse vom 01.04.2015 und 13.05.2015 sowie Pflichtverletzungen bzgl EG-VA) verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2015 als unzulässig wegen der Versäumung der Widerspruchsfrist (hierzu enthielt der Widerspruchsbescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung:) und lehnte unter dem Punkt „Hinweis“ den (auch) als Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gewerteten Widerspruch ab (hierzu enthielt der Bescheid keine Rechtbehelfsbelehrung).

Am 29.01.2016 haben die Kläger Klage zum SG erhoben und die Aufhebung sämtlicher seit dem 21.03.2013 und künftiger, bis zum Abschluss des Verfahrens ergangener Meldeaufforderungen (Nr. 1), die Aufhebung sämtlicher seit dem 11.12.2013 bzw künftiger, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens per Verwaltungsakt erlassener Eingliederungsvereinbarungen (Nr. 2), die Aufhebung sämtlicher seit dem 21.06.2013 und künftiger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens erlassener Sanktionsbescheide (Nr. 3), die Zahlung von 3.500 EUR für den gesamten Zeitraum seit dem Beginn der Sanktionen im Jahr 2013 als Folgenbeseitigungsanspruch (Nr. 4) und die weitere Zahlung von monatlich 135 EUR seit Januar 2016 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bzw der vollständigen Einstellung der betreffenden Sanktionen als Folgenbeseitigungsanspruch (Nr. 5) beantragt. Nr. 3 des Klageantrages hat das SG als hier gegenständliches Klageverfahren - ohne den Erlass eines eigenständigen Trennungsbeschlusses - erfasst. Die übrigen Klagegegenstände wurden als Klageverfahren S 17 AS 77/16, S 17 AS 80/16, S 17 AS 82/16 und S 17 AS 83/16 geführt. Zur Klagebegründung haben die Kläger ausgeführt, die Meldeaufforderungen seien mit einer einzigen Ausnahme nicht unterschrieben worden. Dies gelte auch für die EG-VAe. Bereits in ihrem Widerspruch vom 20.10.2014 hätten sie darauf hingewiesen, dass die entsprechenden Meldeaufforderungen auf die noch nicht abgeschlossene Aushandlung von EGVen, die zunächst unterbrochen gewesen sei, hätte eingehen müssen. Es sei sittenwidrig, wenn der Beklagte den Erlass von Widerspruchsentscheidungen für die in den Jahren 2013 und 2014 erlassenen Meldeaufforderung aufteile. Die Widerspruchsbescheide seien wegen gravierender logischer Inkonsistenzen und Ungereimtheiten nichtig. Die Ausgestaltung der entsprechenden Rechtsbehelfsbelehrung:en der Meldeaufforderungen seien unzulänglich. Zu Unrecht habe der Beklagte im Rahmen der Überprüfung nach § 44 SGB X darauf verwiesen, die Frist zur Einlegung eines Widerspruchs sei bereits verstrichen. Der falsche und irreführende Hinweis, die Meldeaufforderungen seien deshalb nicht unterschrieben, weil sie mittels elektronischer Datenverarbeitungsanlagen erstellt seien, führe zu rechtswidrig erteilten Rechtsfolgenbelehrungen, mithin zur Rechtswidrigkeit der betreffenden Meldeaufforderungen insgesamt. Auch hätten Widersprüche gegen EG-VAe aufschiebende Wirkung. Im Laufe des Klageverfahrens haben sich die Kläger gegen die Aufspaltung ihrer Klagebegehren gewandt. Eine Verbindung der Verfahren hat das SG mit Beschluss vom 29.06.2016 abgelehnt.

Mit Urteil vom 06.10.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da die Kläger nicht oder nicht rechtzeitig Widerspruch bzw Klage eingelegt hätten. So habe sich der Widerspruch vom 20.10.2014 entgegen der Auffassung des Beklagten nicht gegen die Sanktionsbescheide vom 21.06.2013, 07.08.2013, 04.09.2013, 22.10.2013, 06.11.2013, 05.12.2013, 18.12.2013, 12.02.2014, 13.03.2014, 28.03.2014, 22.04.2014, 29.04.2014, 13.05.2014, 20.05.2014 und 18.07.2014 gerichtet. Ein solcher Widerspruch wäre auch verfristet gewesen und hätte die Bestandskraft der Bescheide nicht beseitigen können. Unabhängig davon hätten die Kläger auch nicht binnen der Klagefrist gegen die Widerspruchsbescheide vom 17.12.2014, 18.12.2014, 19.12.2014, 22.12.2014 und 05.01.2015 Klage erhoben. Sofern dabei auch die Überprüfung der Sanktionsbescheide abgelehnt worden sei, sei ebenfalls nicht binnen einer Jahresfrist Klage erhoben worden. Hinsichtlich der Sanktionsbescheide vom 20.10.2014, 21.11.2014, 08.12.2014, 26.01.2015, 10.02.2015, 12.03.2015 und 23.04.2015 sei die Klage ebenfalls unzulässig, da hiergegen kein Widerspruch eingelegt worden sei. Die Klageschrift vom 29.01.2016 könne aber als Antrag auf Überprüfung der Bescheide nach § 44 SGB X ausgelegt werden, über den noch vom Beklagten zu entscheiden sei. Da damit ein neues Verwaltungsverfahren eröffnet worden sei, bedürfe es auch keiner Aussetzung des Rechtsstreits. Auch hinsichtlich der Sanktionsbescheide vom 28.05.2015 und 14.07.2015, gegen die der Beklagte die Widersprüche als verfristet zurückgewiesen habe, stehe noch eine Überprüfungsentscheidung aus. Gleiches gelte für die Sanktionsbescheide vom 03.11.2015, 16.11.2015 und 22.12.2015, gegen die kein Widerspruch eingelegt worden sei. Negative Überprüfungsentscheidungen des Beklagten lägen hier ebenfalls nicht vor. Sanktionsbescheide nach Klageerhebung seien nicht Streitgegenstand geworden.

Dagegen haben die Kläger Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Die ihnen zugestellten Protokollabschriften der mündlichen Verhandlung seien unbeglaubigt gewesen, was zur Nichtigkeit der Zustellung eines Urteils und damit zur Nichtingangsetzung der Rechtsmittelfrist führen müsse. Die „erstinstanzlichen Urteile“ hätten für sie materiell-rechtlich überhaupt keine Bestandskraft, seien daher effektiv nicht vorhanden. Es sei nicht bewiesen worden, dass überhaupt diesbezüglich mündlich vor dem SG verhandelt worden sei. Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen hätten sie aber ihr Anliegen in Berufungsschriften gekleidet. Ihr Schreiben vom 25.08.2017 - mit diesem Schreiben haben die Kläger den Erlass einstweiliger Anordnungen bezüglich der Sanktionsbescheide vom 21.07.2017 beantragt - werde zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Die Kläger haben Kopien der Eingangsbestätigungen des SG bezüglich ihrer Klage vom 29.01.2016 vorgelegt, worin die jeweiligen Aktenzeichen der Eingangsbestätigungen durch verschiedenfarbige Markierungen den jeweiligen Antragsbegehren zugewiesen worden sind.

Die Kläger beantragen,

  • 1.Die Zurückverweisung des Verfahrens an das Sozialgericht Bayreuth ohne Hauptverhandlung.

  • 2.Die Wiedereinsetzung in den alten Stand hinsichtlich der Rechtsmittelfrist bezüglich des oben bezeichneten Urteils ab der Zustellung einer mangelfreien Protokollabschrift der Hauptverhandlung an die Kläger.

  • 3.Die Feststellung der Nichtigkeit hinsichtlich des Abtrennungsbeschlusses des Sozialgerichts Bayreuth vom 02.02.2016 in dem Verfahren S 17 AS 77/16.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat er auf die Ausführungen des SG verwiesen.

Ablehnungsanträge der Kläger gegen den Vorsitzenden des Senats vom 23.01.2018 und gegen alle Mitglieder des Senats vom 25.04.2018 wegen der Besorgnis der Befangenheit hat der Senat mit Beschlüssen vom 22.02.2018 (L 11 SF 70/18 AB) und 07.05.2018 (L 11 SF 182/18 AB) abgelehnt.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Es liegt ein wirksames Urteil des SG vor, das den Klägern ausweislich der Postzustellungsurkunden auch zugestellt worden ist. Die Übersendung von unbeglaubigten Protokollabschriften ändert daran nichts. Dass das Urteil des SG in der mündlichen Verhandlung am 06.10.2016 erlassen worden ist, wird durch die in den Akten des SG befindliche Niederschrift, die eine öffentliche Urkunde darstellt, bewiesen. Die Niederschrift ist entsprechend den gesetzlichen Vorschriften ausgefertigt und von der Vorsitzenden der 17. Kammer am SG sowie von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unterschrieben worden (§ 122 SGG, §§ 159, 160 Zivilprozessordnung -ZPO-).

Die Kläger haben bislang keinen Antrag in der Sache gestellt, sondern vielmehr lediglich die Zurückverweisung des Verfahrens an das SG ohne Hauptverhandlung beantragt. Eine Zurückverweisung an das SG durch das Berufungsgericht kommt jedoch nur in den Fällen des § 159 Abs. 1 SGG in Betracht. Danach kann der Senat den Rechtsstreit an das SG zurückverweisen, wenn das SG selbst in der Sache nicht entschieden hat (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG) oder das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und die Notwendigkeit einer umfangreichen und aufwendigen Beweisaufnahme aufgrund des Mangels gegeben wäre (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Da aber eine Beweisaufnahme nicht notwendig und die Entscheidung des SG zutreffend ist, sieht der Senat keinen Anlass, die Sache an das SG zurückzuverweisen. Da keine Frist versäumt worden ist, bedurfte es auch keiner Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Eine Feststellung der Nichtigkeit des „Abtrennungsbeschlusses des Sozialgerichts Bayreuth vom 02.02.2016 in dem Verfahren S 17 AS 77/16“ kommt ebenfalls nicht in Betracht, da ein solcher Beschluss nicht vorliegt. Das SG hat die mit der Klageschrift vom 29.01.2016 geltend gemachten fünf Klageanträge nach Eingang in einzelnen Klageverfahren erfasst. Auch wenn es für die Trennung mehrerer in einer Klage erhobener Ansprüche eines zu begründenden Beschlusses bedarf (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 145 Abs. 1 ZPO), sind die Kläger im vorliegend gerichtskostenfreien Verfahren durch diese Auftrennung nicht beschwert. Das SG hat in den Klageverfahren S 17 AS 77/16 und S. 17 AS 80 bis 83/16 über sämtliche Begehren entschieden, so dass im Ergebnis jedenfalls auch ein möglicher Verfahrensfehler nicht dazu führen würde, dass die jeweiligen Entscheidungen darauf beruhen könnten.

Da die von den Klägern ausdrücklich gestellten Anträge damit ins Leere gehen, waren sie unter Berücksichtigung des Begehrens der Kläger nach § 123 SGG auszulegen (zur Auslegung: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl, § 123 Rn 3). Im Verfahren vor dem SG hatten die Kläger sinngemäß beantragt, den Beklagten zur Rücknahme der Sanktionsbescheide seit dem 21.06.2013 zu verpflichten. Soweit die Kläger gegen das Urteil des SG Berufung eingelegt haben, ist erkennbar, dass sie dieses Begehren im Berufungsverfahren weiterverfolgen wollen. Streitgegenstand ist daher eine Verpflichtung des Beklagten die bei Klageerhebung erlassenen Sanktionsbescheide (vom 21.06.2013 bis 22.12.2015) im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens zurückzunehmen. Dafür spricht auch, dass - unabhängig davon, ob die Auslegung des Schreibens der Kläger vom 20.10.2014 zu Recht als Widerspruch gegen die Sanktionsbescheide zutreffend gewesen ist - die vom Beklagten in Bezug auf die Sanktionen erlassenen Widerspruchsbescheide vom 17.12.2014, 18.12.2014, 19.12.2014, 22.12.2014, 05.01.2015 und 27.10.2015, welche allesamt mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung:versehen waren, nach Ablauf der Klagefrist des § 87 Abs. 2 iVm Abs. 1 SGG von einem Monat bestandskräftig geworden sind; eine Anfechtungsklage gegen die Sanktionsbescheide wäre daher unzulässig. Die Feststellungen der Leistungsabsenkungen sind bindend geworden (§ 77 SGG). Davon gehen die Kläger offenbar im Hinblick auf die konkrete Formulierung ihres Klageantrages als Überprüfungsantrag auch selbst aus. Zu Recht hat das SG darauf hingewiesen, dass Sanktionsbescheide nach Klageerhebung keinen zulässigen Streitgegenstand darstellen, da diese mangels Vorliegen der Voraussetzungen nicht nach § 96 Abs. 1 SGG Klagegegenstand geworden sind. Weder werden durch diese zuvor ergangenen Sanktionsbescheide abgeändert noch ersetzt. Auch ist eine Klage gegen einen Verwaltungsakt, der noch nicht erlassen ist, nicht zulässig, zumal die begehrten Überprüfungsentscheidungen den vorhergehenden Erlass eines Verwaltungsaktes zwingend voraussetzen. Einer vorbeugenden Unterlassungsklage hinsichtlich weiterer Sanktionsbescheide - wollte man das Klagebegehren der Kläger dahingehend auslegen - würde das notwendige qualifizierte Rechtsschutzinteresse fehlen, da die Kläger auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden können (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Aufl, § 54 Rn 42a). Den Klägern ist es aber ohne weiteres zumutbar, sich mittels Widerspruch und Anfechtungsklage gegen (künftige) Sanktionsbescheide zu wehren. Sollten diese rechtswidrig sein, kann unter Einleitung eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 SGG angeordnet werden. Es bedarf damit nicht der Gewährung eines vorbeugenden Rechtsschutzes.

Die Kläger haben keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte zur Aufhebung der Sanktionsbescheide verpflichtet wird (§ 44 SGB X iVm § 40 Abs. 1 SGB II). Im Zeitpunkt der Klageerhebung beim SG waren mit Ausnahme der Entscheidung vom 27.10.2015 hinsichtlich der Sanktionsbescheide vom 28.05.2015 und 14.07.2015 alle bis dato vorliegenden Überprüfungsbescheide in Bezug auf die Sanktionsbescheide bestandskräftig geworden. Auch hier ist zwischen den Beteiligten bindend geregelt, dass eine Rücknahme der Sanktionen im Rahmen einer Überprüfungsentscheidung nicht zu erfolgen hat (§ 77 SGG). Ausgehend vom diesbezüglich zuletzt erlassenen Überprüfungsbescheid vom 05.01.2015 war die mangels in den Entscheidungen enthaltener Rechtsbehelfsbelehrung:en geltende Jahresfrist (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) bei Klageerhebung am 29.01.2016 abgelaufen gewesen. Anhaltspunkte, einer der als Anhang zu den Widerspruchsbescheiden vom 17.12.2014, 18.12.2014, 19.12.2014, 22.12.2014 und 05.01.2015 ergangenen ablehnenden Überprüfungsentscheidungen könnten den Klägern erst nach dem 28.01.2015 zugegangen sein, gibt es nicht. Hierzu wird auch nichts vorgetragen. Die Überprüfungsbescheide vom 17.12.2014, 18.12.2014, 19.12.2014, 22.12.2014 und 05.01.2015 sind daher bestandskräftig geworden. Da damit über entsprechende Überprüfungsanträge hinsichtlich Sanktionsbescheiden ab 2013 entschieden worden ist, kommt der Auslegung des Widerspruchs gegen den Änderungsbescheid vom 07.01.2014 keine Bedeutung mehr zu. Dort hatten die Kläger die Rückerstattung der einbehaltenen Sanktionsbeträge beantragt, jedoch auf Nachfrage des Beklagten, ob dies als Anträge nach § 44 SGB X hinsichtlich der 2013 erlassenen Sanktionsbescheide gewertet werden soll, nicht geantwortet.

Hinsichtlich der Überprüfungsentscheidung vom 27.10.2015 in Bezug auf die Sanktionsbescheide vom 28.05.2015 und 14.07.2015 wäre ausgehend von der Jahresfrist (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) im Zeitpunkt der Klageerhebung am 29.01.2016 noch ein fristgerechter Widerspruch möglich gewesen. Nach § 78 Abs. 1 und Abs. 3 SGG ist vor Erhebung einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ein Vorverfahren durchzuführen. Ein Widerspruchsbescheid, in dem ein Widerspruch gegen eine ablehnende Überprüfungsentscheidung des Beklagten zurückgewiesen worden ist, liegt aber nicht vor. Es liegt auch kein Fall vor, in dem ein Vorverfahren entbehrlich wäre (§ 78 Abs. 1 Satz 2 SGG). Zwar wäre grundsätzlich ein Klageverfahren auszusetzen, wenn ein Widerspruch eingelegt ist, über diesen aber noch nicht entschieden ist, bis die Entscheidung nachgeholt wird (vgl dazu Beschluss des Senats vom 05.05.2014 - L 11 AS 325/14 B - juris - mwN). Allerdings ist vorliegend ein Widerspruch gegen den Überprüfungsbescheid vom 28.10.2015 nicht erkennbar. Zwar kann unter Umständen auch eine Klageerhebung dahingehend ausgelegt werden, es solle damit Widerspruch eingelegt werden (vgl dazu im Einzelnen: BayLSG, Urteil vom 24.11.2011 - L 10 AL 64/09 - juris; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Aufl, § 78 Rn 3b). Jedoch kommt es für die Auslegung auf die Umstände des Einzelfalles an. Die Kläger haben nicht in unmittelbar zeitlichem Zusammenhang mit dem Bescheid vom 27.10.2015 Klage erhoben, sondern erst knapp drei Monate später. Der Bescheid vom 27.10.2015 wird im Klageantrag auch nicht konkret erwähnt, vielmehr allgemein die Aufhebung sämtlicher seit dem 21.06.2013 erlassener Sanktionsbescheide verlangt, und alleine in der Klagebegründung ua auch Ausführungen zu dem dort erwähnten Bescheid vom 27.10.2015 gemacht. Die Klageerhebung erfolgte nicht aufgrund einer falschen, dahingehenden Rechtsbehelfsbelehrung:. Der Überprüfungsbescheid enthielt vielmehr keinerlei Rechtsbehelfsbelehrung:. Schließlich führten die Kläger schon eine Vielzahl von Gerichts- und Widerspruchsverfahren durch, so dass auch dies gegen eine Auslegung der bewussten Klageerhebung zum SG am 29.01.2016 in eine Widerspruchseinlegung entgegen steht, zumal insbesondere beispielsweise in den Beschlüssen des Senats vom 04.12.2013 (L 11 AS 782/13 B ER) und vom 11.09.2014 (L 11 AS 605/14 B ER) oder auch in den Hinweisschreiben vom 18.08.2015 im Verfahren L 11 AS 437/15 B ER den Klägern die Notwendigkeit der Widerspruchseinlegung gegen Verwaltungsakte dargestellt worden ist.

Ob - wie das SG meint - die Klage oder ggf der im Widerspruchsschreiben vom 21.09.2015 enthaltene Antrag, alle einbehaltenen Leistungen abzüglich gewährter Sachleistungen wegen seit Anfang 2013 ergangener Sanktionen nachzuzahlen, als neue Überprüfungsanträge auszulegen sind, kann dahinstehen. Die im Rahmen von Überprüfungsanträgen zu erhebende kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl, § 54 Rn 20c - mwN) ist nur zulässig, wenn bereits ein Verwaltungsakt vorliegt, der angefochten werden kann (Keller aaO Rn 8a). Am Vorliegen eines entsprechenden Bescheides, gegen den dann zudem noch ein erfolgloses Widerspruchsverfahren vor Klageerhebung durchzuführen wäre (vgl § 78 SGG), fehlt es aber vorliegend. Anhaltspunkte dafür, die Kläger wollten anstelle der von ihnen sinngemäß formulierten kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage eine Untätigkeitsklage dahingehend erheben, den Beklagten zum Erlass der Überprüfungsbescheide zu verpflichten, sind nicht erkennbar. Auch im Berufungsverfahren haben die Kläger hierzu nichts weiter ausgeführt, obwohl das SG darauf hingewiesen hat, es lägen noch keine negativen Überprüfungsentscheidungen vor. In Bezug auf das Schreiben der Kläger vom 21.09.2015 haben sie sich trotz einer entsprechenden Anfrage des Beklagten zu einer etwaigen Auslegung als Überprüfungsantrag in Bezug auf bereits erlassene Sanktionsbescheide nach Aktenlage nicht geäußert.

Es kommt vorliegend damit nicht darauf an, ob der Beklagte im Hinblick auf die Vielzahl der fortlaufenden Einladungen sein Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat oder eine Ermessensunterschreitung vorliegen könnte (vgl dazu BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R - juris), was zu einer Rechtswidrigkeit einer darauf gestützten Sanktion führen könnte.

Die Kläger haben damit keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur Aufhebung der Sanktionsbescheide, so dass die Berufung zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig die Rechtmäßigkeit sämtlicher Meldeaufforderungen, die der Beklagte seit März 2013 an die Kläger gerichtet hat.

Die 1964 geborene Klägerin zu 1, gelernte Altenpflegerin, und der 1966 geborene Kläger zu 2, Diplom-Psychologe, beziehen seit 01.08.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) beim Beklagten bzw. des Rechtsvorgänger. Dabei war von Beginn des Leistungsbeginn an streitig, ob und wenn ja in welchem Umfang die Kläger Eigenbemühungen zur Beendigung ihrer Hilfebedürftigkeit unternehmen, ob sie zu Meldeterminen erscheinen müssen und welche Maßnahmen der Beklagte zu ihrer Eingliederung in Arbeit unternehmen darf.

Von Oktober 2007 bis Februar 2013 verzichtete der Beklagte auf Aktivierungsmaßnahmen gegenüber den Klägern, da seine Leistungen durch den Übergang von erbrechtlichen Ansprüchen des Klägers zu 2 „gegenfinanziert“ wurden.

Erstmals wieder mit Bescheiden vom 21.03.2013 lud der Beklagte die Klägerin zu 1 zu einem Meldetermin am 27.03.2013 um 11:00 Uhr und den Kläger zu 2 zu einem Meldetermin am 26.03.2013 um 8:00 Uhr ein, um mit beiden jeweils ihre aktuelle berufliche Situation zu besprechen. Hinsichtlich dieser Meldeaufforderungen erhoben die Kläger am 24.03.2013 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (Az. S 13 AS 290/13) und führten zu Begründung im Wesentlichen aus, sie hielten die Meldeaufforderungen für schikanös und vermuteten, dass diese nur der Schaffung der Voraussetzungen für künftige Sanktionen dienen würden. Der Beklagte verzichtete wegen ihrer Kurzfristigkeit auf die Einhaltung der Termine, und die Kläger wurden mit neuen Bescheiden vom 25.03.2013 zur Meldung am 10.04.2013 aufgefordert. Die Klage S 13 AS 290/13 nahmen die Kläger am 27.08.2013 zurück.

Hinsichtlich der Meldeaufforderungen vom 25.03.2013, 25.06.2013, 01.07.2013 und 11.07.2013 beantragten die Kläger am 17.07.2013 beim Beklagten die Feststellung der Nichtigkeit, weil die Unterzeichner der Verwaltungsakte angegeben hätten, „im Auftrag“ zu handeln, während sie in Schriftsätzen „in Vertretung“ zeichneten. Nach Ablehnung dieses Antrages durch den Beklagten am 31.07.2013 erhoben die Kläger am 27.08.2013 Feststellungsklage zum Sozialgericht Bayreuth (S 13 AS 825/13). Die Klage wurde mit Gerichtsbescheid vom 11.10.2013 als unbegründet abgewiesen; die hiergegen eingelegte Berufung (L 11 AS 734/13) wies das Bayerische Landessozialgericht mit Urteil vom 18.09.2014 zurück.

Gegen die Meldeaufforderungen vom 22.07.2013, 29.07.2013, 12.08.2013 und 27.08.2013 erhoben die Kläger am 09.09.2013 Klage wiederum mit dem Ziel der Feststellung der Nichtigkeit zum Sozialgericht Bayreuth (S 13 AS 881/13). Die Klage wurde mit Gerichtsbescheid vom 11.10.2013 als unbegründet abgewiesen; die hiergegen eingelegte Berufung (L 11 AS 735/13) wies das Bayerische Landessozialgericht mit Urteil vom 18.09.2014 zurück.

Gegen die Meldeaufforderungen vom 21.03.2013, 25.03.2013, 25.06.2013, 01.07.2013, 11.07.2013, 22.07.2013, 29.07.2013, 12.08.2013, 27.08.2013, 18.09.2013, 01.10.2013, 15.10.2013, 29.10.2013, 13.11.2013, 27.11.2013, 11.12.2013, 10.01.2014, 22.01.2014, 07.02.2014, 26.02.2014, 13.03.2014, 27.03.2014, 10.04.2014, 30.04.2014, 15.05.2014, 28.05.2014, 11.06.2014, 26.06.2014, 16.07.2014, 23.09.2014 und 10.10.2014 (zum Meldetermin am 17.10.2014) legten die Kläger am 20.10.2014 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, am 04.10.2007 seien Verhandlungen über Eingliederungsvereinbarungen nur ausgesetzt und nicht endgültig beendet worden. Weitere, erneute Meldeaufforderungen und daraus folgende Eingliederungsvereinbarungen hätten deswegen nur unter Bezugnahme auf die damals stattgefunden Verhandlungen erfolgen können, worauf der Beklagte schon im Rahmen der Meldeaufforderungen hätte hinweisen müssen.

Der Beklagte entschied mit Widerspruchsbescheiden vom 17.12.2014, 18.12.2014, 19.12.2014, 22.12.2014 und 05.01.2015 nicht über die Widersprüche vom 20.10.2014 gegen die Meldeaufforderungen, sondern über (von den Klägern nicht eingelegte) Widersprüche gegen Sanktionsbescheide, welche aufgrund von Verstößen gegen diese Meldeaufforderungen der Kläger erlassen worden waren (Gegenstand des Klageverfahrens S 17 AS 81/16). Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Widersprüche seien sämtlich verfristet; gleichzeitig entschied er über Anträge nach § 44 SGB X abschlägig, ohne seinen Entscheidungen eine Rechtsbehelfsbelehrung:beizugeben.

Gegen die Meldeaufforderung vom 14.10.2015 zum 05.11.2015 legten die Kläger am 20.10.2015 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Bescheid vom 26.10.2015 als unbegründet zurückwies.

Am 29.01.2016 haben die Kläger unter anderem gegen sämtliche seit 21.03.2013 bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens erlassenen Meldeaufforderungen Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben. Die übrigen Klageanträge aus dem Schriftsatz vom 29.01.2016 werden unter dem Aktenzeichen S 17 AS 80/16 (seit 11.12.2013 erlassene Eingliederungsverwaltungsakte), S 17 AS 81/16 (seit 21.06.2013 erlassene Sanktionsbescheide), S 17 AS 82/16 (Folgenbeseitigungsanspruch für den gesamten Zeitraum seit Beginn der Sanktionen 2013) und S 17 AS 83/16 (Folgenbeseitigungsanspruch seit Klageerhebung für seitdem ergangene Sanktionen) geführt, nachdem für die verschiedenen Begehren der Kläger fünf Verfahrensakten gebildet wurden.

Zur Begründung ihrer Klage haben die Kläger ausgeführt, sie verfolgten mit ihrer Klage die Rücknahme aller Meldeaufforderungen und Eingliederungsverwaltungsakte seit 01.10.2013 nach § 44 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB II. Nach erfolgter Rücknahme seien auch alle wegen Verstößen gegen diese Verwaltungsakte verhängten Sanktionen aufzuheben und die einbehalten Leistungen sowie der begehrte Folgenbeseitigungsanspruch an sie auszuzahlen.

Soweit in der vorliegenden Klage relevant, haben die Kläger ihre Klage darauf gestützt, dass die Meldeaufforderungen nicht unterschrieben, sondern nur mit dem Verweis auf die Fertigung mittels EDV versehen worden seien. Inhaltlich hätten die Meldeaufforderungen nicht auf die aus ihrer Sicht erforderliche Wiederaufnahme von im Jahr 2007 nur unterbrochenen Verhandlungen über Eingliederungsvereinbarungen hingewiesen. Das Vorgehen des Beklagten, die Entscheidung über den Widerspruch vom 20.10.2014 in fast 60 Einzelbescheide aufzusplitten, sei sittenwidrig; es sei den Klägern unzumutbar, jeden dieser Widerspruchsbescheide einzeln zu sichten und auszuwerten. Der Widerspruch vom 20.10.2014 enthalte eine Willensbekundung der Kläger, eine Rücknahme sämtlicher Meldeaufforderungen nach § 44 SGB X i.V.m. § 40 SGB II einzufordern; er stelle folglich auch sämtliche bis dahin erlassenen Sanktionen zur Disposition. Im September 2015 hätten die Kläger erneut im Rahmen eines Widerspruchs die Rückerstattung aller wegen Sanktionen einbehaltener Regelleistungen beantragt, weil die Meldeaufforderungen und daraus folgend die Sanktionen wegen fehlender Unterschrift rechtswidrig seien. Betroffene könnten durch die Formulierung des Beklagten dahingehend getäuscht werden, dass Rechtsfolgen einträten, sollten sie den Meldeaufforderungen nicht nachkommen. § 44 SGB X ermögliche zudem die Möglichkeit der nachträglichen Korrektur eines bestandskräftigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes, mit anderen Worten die Anfechtung von nicht begünstigenden Verwaltungsakten, bei denen die betroffenen die Frist zur Einlegung eines Widerspruchs hätten ungenutzt verstreichen lassen. Es sei einen „ausgemachte Dummheit“, die Anfechtung eines belastenden Verwaltungsaktes mit dem Argument abzuweisen, die Frist zur Einlegung des Widerspruchs sei bereits verstrichen. Zudem sei unklar, weshalb Meldeaufforderungen erlassen würden bzw. auf Grund welcher materiell-rechtlicher Grundlage Minderungen bei Meldeversäumnissen festgestellt würden.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

I. den Beklagten zu verpflichten, die Meldeaufforderungen vom 21.03.2013, 25.03.2013, 25.06.2013, 01.07.2013, 11.07.2013, 22.07.2013, 29.07.2013, 12.08.2013, 27.08.2013, 18.09.2013, 01.10.2013, 15.10.2013, 29.10.2013, 13.11.2013, 27.11.2013, 11.12.2013, 10.01.2014, 22.01.2014, 07.02.2014, 26.02.2014, 13.03.2014, 27.03.2014, 10.04.2014, 30.04.2014, 15.05.2014, 28.05.2014, 11.06.2014, 26.06.2014, 16.07.2014, 23.09.2014, 10.10.2014, 28.10.2014, 07.11.2014, 28.11.2014, 17.12.2014, 14.01.2015, 04.02.2015, 05.03.2015, 01.04.2015, 13.05.2015, 13.07.2015, 17.09.2015 und 02.12.2015 zu persönlichen Vorsprachen beim Beklagten am 26.03.2013 (Kläger zu 2) / 27.03.2013 (Klägerin zu 1), 10.04.2013, 01.07.2013, 10.07.2013, 22.07.2013, 29.07.2013, 12.08.2013, 27.08.2013, 16.09.2013, 30.09.2013, 15.10.2013, 29.10.2013, 12.11.2013, 27.11.2013, 11.12.2013, 08.01.2014, 22.01.2014, 05.02.2014, 26.02.2014, 13.03.2014, 27.03.2014, 10.04.2014, 30.04.2014, 15.05.2014, 28.05.2014, 11.06.2014, 26.06.2014, 16.07.2014, 06.08.2014, 10.10.2014, 17.10.2014, 07.11.2014, 28.11.2014, 17.12.2014, 14.01.2015, 04.02.2015, 04.03.2015, 01.04.2015, 13.05.2015, 24.06.2015, 06.08.2015, 17.09.2015 und 17.12.2015 sowie alle weiteren nach Klageerhebung ergangenen Meldeaufforderungen nach § 44 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB II zurückzunehmen,

II. den Beklagten zu verpflichten, die Meldeaufforderung vom 14.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2015 nach § 44 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB II zurückzunehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er ausgeführt, es sei lediglich gegen die Meldeaufforderungen vom 14.10.2015 zum 05.11.2015 Widersprüche erhoben worden, die jeweils mit Bescheid vom 26.10.2015 als unbegründet zurückgewiesen worden seien. Gegen alle anderen Meldeaufforderungen sei kein Widerspruch erhoben worden.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Akte des Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen; diese haben vollständig vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig. Es liegen keine negativen Zugunstenentscheidungen des Beklagten hinsichtlich der Meldeaufforderungen vor.

1. Die Kammer durfte in der Besetzung entscheiden, in der sie letztlich entschieden hat. Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 22.02.2016 wegen Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden der 17. Kammer nach § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) ist mit Beschluss vom 03.03.2016 (Az. 1 SF 42/16 AB) zurückgewiesen worden.

2. Die Entscheidung konnte ohne die Kläger in der Hauptsache ergehen, weil die Kläger in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung vom 02.09.2016 auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind. Zwar hat das Gericht in der Ladung das persönliche Erscheinen der Kläger angeordnet, jedoch nur zum Zweck der Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten, um etwa eine vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits herbeizuführen. Die Anordnung ist in mündlicher Verhandlung durch Kammerbeschluss aufgehoben worden, nachdem die Kläger unentschuldigt nicht zum Termin erschienen sind. Aus der Anordnung des persönlichen Erscheinens ist im vorliegenden Fall nicht darauf zu schließen gewesen, dass ohne das Erscheinen der Kläger eine Sachentscheidung nicht ergehen durfte (vgl. hierzu BSG, Beschl. vom 31.01.2008, B 2 U 311/07 B, juris, Rdnr. 4 f.).

3. Streitgegenständlich ist die Verpflichtung des Beklagten, die angegriffenen Bescheide nach § 44 SGB X zurückzunehmen. Dies ergibt sich aus der Auslegung des Sachvortrages der Kläger.

Gemäß § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Durch diese Vorschrift wird unter anderem der wesentliche Grundsatz auch des sozialgerichtlichen Verfahrens zum Ausdruck gebracht, dass das Gericht nur über die vom Kläger zur Entscheidung gestellten Anträge entscheiden darf. Diese Bindung des Gerichts bezieht sich auf den erhobenen Anspruch, nicht auf die Fassung der Anträge. Wenn die Klage keinen im Sinne des § 92 SGG bestimmten Antrag enthält, der eine zweifelsfreie Bestimmung des Gewollten ermöglicht, muss das Gericht mit den Beteiligten klären, was gewollt ist, und darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs. 1, § 112 Abs. 2 Satz 2 SGG). Erforderlichenfalls muss der Antrag entsprechend § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgelegt werden; hiernach ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind das gesamte Vorbringen und alle bekannten Umstände zu berücksichtigen.

Vorliegend ergibt die Auslegung, dass die Kläger eine Verpflichtung des Beklagten begehren, auf der ersten Stufe seine Eingliederungsmaßnahmen in Gestalt von Meldeaufforderungen und Eingliederungsverwaltungsakten und daraus resultierend auf der zweiten Stufe seine Sanktionsbescheide zurückzunehmen und sodann auf der dritten Stufe die einbehaltenen Leistungen zuzüglich eines von den Klägern für angemessen gehaltenen Betrages als Folgenbeseitigung an die Kläger auszuzahlen. Dies haben die Kläger in ihrer Klagebegründung unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Rechtsnormen des § 44 SGB X und § 40 Abs. 1 SGB II klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Da die Kläger bereits in der Vergangenheit sämtliche Versuche des Sozialgerichts Bayreuth sowie des Bayerischen Landessozialgerichts, auf eine aus Sicht der Gerichte sachdienlichere Antragstellung hinzuwirken (vgl. den Schriftverkehr im Zusammenhang mit den Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit von Meldeaufforderungen, S 13 AS 825/13 und L 11 AS 734/13 sowie S 13 AS 881/13 und L 11 AS 735/13, unter Hinweis auf den Wortlaut ihrer Anträge) jeweils abgelehnt haben, verbietet sich auch im vorliegenden Fall eine andere Auslegung.

4. Damit ist statthaft hinsichtlich der vor Klageerhebung ergangenen Meldeaufforderungen (21.03.2013 bis 02.12.2015) grundsätzlich die Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, da die Kläger eine Verpflichtung des Beklagten zum Erlass der gewünschten Rücknahmebescheide nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X begehren.

Es liegen jedoch keine Entscheidungen des Beklagten vor, durch welche er möglicherweise als Überprüfungsanträge zu deutende Anträge der Kläger abgelehnt hätte. Zu einer Rücknahme von Bescheiden nach § 44 SGB X sind nur die Behörden auf Antrag oder von Amts wegen befugt. Die Befugnisse eines Gerichts reichen im Zugunstenverfahren nur dahin, einen negativen Zugunstenbescheid aufzuheben und die Behörde zu verpflichten, den ursprünglichen Bescheid zurückzunehmen sowie ggf. Leistungen zu gewähren. Die in den Widerspruchsbescheiden enthaltenen Entscheidungen vom 17.12.2014, 18.12.2014, 19.12.2014, 22.12.2014 und 05.01.2015 betrafen lediglich die (von den Klägern nicht beantragte) Überprüfung der Sanktionsbescheide seit 01.07.2013 bis 18.07.2014, nicht jedoch die Überprüfung von Meldeaufforderungen.

Gleichwohl war vorliegend das Verfahren nicht nach § 114 Abs. 2 Satz 1 SGG bis zu einer Entscheidung des Beklagten über Anträge nach § 44 SGB X und über den dann zu erhebenden Widerspruch auszusetzen. Die angegriffenen Meldeaufforderungen bis Klageerhebung haben sich durch Zeitablauf sämtlich erledigt; die letzten Meldeaufforderungen datieren vom 02.12.2015 zu Meldeterminen am 17.12.2015, die Klage wurde am 29.01.2016 erhoben. Die Aufhebung der Meldeaufforderungen wäre daher ohne rechtliche Auswirkung für die Kläger, weshalb nicht ersichtlich ist, welches rechtlich geschützte Interesse die Kläger mit der begehrten Verpflichtung des Beklagten verfolgen, die Meldeaufforderungen zurückzunehmen.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die Rechtmäßigkeit von Meldeaufforderungen als Vorfrage für die Feststellung eines Meldeversäumnisses inzident im Verfahren gegen den hierauf basierenden Sanktionsbescheid zu überprüfen, weil sich die Meldeaufforderung als solche durch Zeitablauf erledigt hat (vgl. BSG, Urt. vom 29.04.2014, B 14 AS 19/14 R, juris, Rdnr. 30).

Zudem wären Anträge nach § 44 SGB X hinsichtlich der Meldeaufforderungen auch deshalb abzulehnen, weil die Voraussetzung des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, dass Sozialleistungen wegen des angegriffenen Verwaltungsaktes zu Unrecht nicht erbracht wurden oder Beiträge zu Unrecht nicht erhoben wurden, nicht erfüllt ist. Die angegriffenen Meldeaufforderungen führen für sich betrachtet nicht dazu, dass Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht werden, da sie eine Regelung über Sozialleistungen nicht treffen, sondern erst das Nichterscheinen der Kläger zu der Meldung ohne wichtigen Grund führt über § 32 SGB II zu einer Minderung ihres Arbeitslosengeldes II und zu einer Feststellung dieser Minderung seitens der Behörde, dem „Sanktionsbescheid“.

5. Meldeaufforderungen nach Klageerhebung sind nicht Streitgegenstand geworden. Nach § 96 Abs. 1 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung nur Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den abgeänderten Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Diese Voraussetzung ist für weitere Meldeaufforderungen des Beklagten nicht erfüllt. Meldeaufforderungen erledigen sich mit Ablauf des Meldetermins durch Zeitablauf und verlieren damit gemäß § 39 Abs. 2 SGB X ihre Wirksamkeit. Eine Abänderung oder Ersetzung eines unwirksamen Verwaltungsaktes kommt denklogisch nicht in Betracht.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; sie entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Kläger verfolgen mit ihrer Klage die Verpflichtung des Beklagten, die Eingliederungsverwaltungsakte vom 11.12.2013, 26.02.2014, 30.04.2014, 28.10.2014, 04.02.2015, 28.04.2015, 15.07.2015 und 05.11.2015 zurückzunehmen.

Die 1964 geborene Klägerin zu 1, gelernte Altenpflegerin, und der 1966 geborene Kläger zu 2, Diplom-Psychologe, beziehen seit 01.08.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Von Anfang an war zwischen den Beteiligten streitig, ob und wenn ja in welchem Umfang die Kläger Bemühungen zur Beendigung ihrer Hilfebedürftigkeit unternehmen müssen, ob sie zu Meldeterminen erscheinen müssen und welche Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit ergriffen werden können.

Von Oktober 2007 bis 2013 veranlasste der Beklagte keine Arbeitsvermittlungsaktivitäten, weil die Leistungen des Beklagten von Arbeitslosengeld II durch den Übergang von erbrechtlichen Ansprüchen des Klägers zu 2 auf den Beklagten bis Ende 2012 durch den Kläger zu 2 „gegenfinanziert“ wurden.

Nachdem die Kläger zu zahlreichen Meldeterminen nicht erschienen waren, erließ der Beklagte erstmals am 11.12.2013 aufgrund des Nichtzustandekommens von Eingliederungsvereinbarungen Eingliederungsverwaltungsakte gegenüber den Klägern.

In diesem und den weiteren streitgegenständlichen Eingliederungsverwaltungsakten verpflichtete sich der Beklagte zur Unterstützung der Kläger durch sein Beratungsangebot, zu individuellen Hilfeleistungen für die Aufnahme einer Beschäftigung auf dem Ersten Arbeitsmarkt nach den Ergebnissen persönlicher Gespräche, zur Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Kosten für Bewerbungsaktivitäten der Kläger für schriftliche Bewerbungen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften, sofern die Kläger diese zuvor beantragt hätten.

Die Kläger sollten das Beratungsangebot des Beklagten wahrnehmen, zu Einladungen erscheinen und bei Beratungsgesprächen mitwirken. Bis zu einem jeweils genannten Datum sollten die Kläger einen Satz komplette Bewerbungsunterlagen vorlegen, um diese hinsichtlich der Qualität und Marktfähigkeit überprüfen zu können. Bis zum selben Datum sollten sie jeweils eine formlose Übersicht über die bisher getätigten Bewerbungsbemühungen vorlegen. Die Kläger wurden weiterhin verpflichtet, innerhalb der Gültigkeitsdauer „der Eingliederungsvereinbarung“ im Turnus von vier Wochen jeweils mindestens fünf Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und Nachweise (Absagen der Arbeitgeber, Eingangsbestätigung der Bewerbung, alternativ das Anschreiben) vorlegen. Für die Bewerbungen sollte eine Übersicht mit dem Namen des Arbeitgebers, dem Datum der Bewerbung und der angestrebten Tätigkeit vorgelegt werden. Bei der Stellensuche sollten auch befristete Stellenangebote und Stellenangebote von Zeitarbeitsfirmen einbezogen werden.

Gegen die Eingliederungsverwaltungsakte vom 11.12.2013, 26.02.2014 und 30.04.2014 (Gültigkeitsdauer 30.04.2014 bis 29.10.2014) legten die Kläger am 20.10.2014 Widerspruch ein. Der Beklagte entschied mit Bescheiden vom 17.12.2014, 18.12.2014, 19.12.2014, 22.12.2014 und 05.01.2015 nicht über die Widersprüche vom 20.10.2014 gegen die Eingliederungsverwaltungsakte, sondern über (nicht explizit eingelegte) Widersprüche gegen Sanktionsbescheide, welche aufgrund von Verstößen gegen diese Eingliederungsverwaltungsakte seitens der Kläger erlassen worden waren (Klage S 17 AS 81/16). Die Widersprüche wurden wegen Verfristung als unzulässig zurückgewiesen, und der Beklagte hat gleichzeitig über Anträge nach § 44 SGB X abschlägig entschieden, ohne seinen Entscheidungen eine Rechtsbehelfsbelehrung:beizugeben.

Gegen die Eingliederungsverwaltungsakte vom 04.02.2015 und 28.04.2015 legten die Kläger keinen Widerspruch ein.

Gegen die Eingliederungsverwaltungsakte vom 15.07.2015 legten die Kläger am 20.09.2015 Widerspruch ein. Der Beklagte wies die Widersprüche mit Bescheiden vom 28.10.2015 als unzulässig zurück, da sie verfristet seien; gleichzeitig entschied er über Anträge nach § 44 SGB X abschlägig, ohne seinen Entscheidungen Rechtsbehelfsbelehrung:en beizugeben.

Gegen die Eingliederungsverwaltungsakte vom 05.11.2015 legten die Kläger am 08.11.2015 Widerspruch ein. Der Beklagte wies die Widersprüche mit Bescheiden vom 16.11.2015 als unbegründet zurück.

Am 29.01.2015 haben die Kläger unter anderem gegen sämtliche seit 11.12.2013 bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens per Verwaltungsakt erlassene Eingliederungsvereinbarungen Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben, soweit sie in dieser rechtswidrigen Form erlassen wurden, bzw. werden, wie sie im Rahmen dieser Klage aufgezeigt werden. Die übrigen Klageanträge aus dem Schriftsatz vom 29.01.2016 werden unter den Aktenzeichen S 17 AS 77/16 (sämtliche seit dem 21.03.2013 bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens erlassenen Meldeaufforderungen, soweit sie in der rechtswidrigen Form erlassen wurden, bzw. werden, wie sie im Rahmen dieser Klage aufgezeigt werden), S 17 AS 81/16 (sämtliche seit 21.06.2013 bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens erlassenen Sanktionsbescheide), S 17 AS 82/16 (Folgenbeseitigungsanspruch für den gesamten Zeitraum seit dem Beginn der Sanktionen im Jahre 2013) und S 17 AS 83/16 (Folgenbeseitigungsanspruch in Höhe von monatlich 135,00 € seit Klageerhebung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bzw. der vollständigen Einstellung der Sanktionen) geführt, nachdem für die verschiedenen Begehren der Kläger fünf Verfahrensakten gebildet wurden.

Soweit in der vorliegenden Klage relevant, haben die Kläger diese darauf gestützt, dass im Rahmen der Rechtsbehelfsbelehrung:zu den Eingliederungsverwaltungsakten folgender Hinweis ergangen sei: „Sollten Sie Widerspruch einlegen, beachten Sie bitte, dass dieser keine aufschiebende Wirkung hat. Das heißt, Sie sind trotz Ihres Widerspruchs an Ihre Pflichten aus dieser per Verwaltungsakt ergangenen Eingliederungsvereinbarung gebunden.“

Die Kläger hätten ungefähr ein Jahr nach Erlass des ersten Eingliederungsverwaltungsaktes am 11.12.2013 am 20.10.2014 Widerspruch gegen alle bis dato erlassenen Eingliederungsverwaltungsakte erhoben. Im Jahre 2007 seien Verhandlungen über Eingliederungsvereinbarungen auf unbestimmte Zeit ausgesetzt worden; der seinerzeit 2007 begonnene Prozess sei daher nicht abgeschlossen, sondern nur unterbrochen worden. Die Verhandlungen hätten daher 2013 wieder aufgenommen werden müssen, worauf die Meldeaufforderungen hätten hinweisen müssen.

Über den Widerspruch habe der Beklagte im Dezember 2014 entschieden. Hierbei habe er die Verbescheidung auf annähernd fast 60 Einzelbescheide aufgesplittet und ihnen zugestellt; er habe offensichtlich für jede in den Jahren 2013/14 erlassene Meldeaufforderung einen eigenen Widerspruchsbescheid erlassen. Dieses Vorgehen sei sittenwidrig. Es können den Kläger nicht zugemutet werden, jeden dieser Widerspruchsbescheide einzeln zu sichten und auszuwerten. Im Ergebnis sei wohl der Widerspruch als unzulässig verworfen worden, weil die entsprechenden Bescheide Bestandskraft hätten. Zusätzlich sei eine erneute Sachprüfung nach § 44 SGB X abgelehnt worden. Die Kläger haben erneut auf die Unzulänglichkeit der Rechtsbehelfsbelehrung:en verwiesen. In dem Widerspruch vom 20.10.2014 liege eine Willensbekundung der Kläger, eine Rücknahme sämtlicher Eingliederungsverwaltungsakte einzufordern.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

I. den Beklagten zu verpflichten, die Eingliederungsverwaltungsakte vom 11.12.2013, 26.02.2014, 30.04.2014, 28.10.2014, 04.02.2015 und 28.04.2015 nach § 44 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB II zurückzunehmen,

II. den Beklagten zu verpflichten, die Eingliederungsverwaltungsakte vom 15.07.2015 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 27.10.2015 nach § 44 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB II zurückzunehmen,

III. den Beklagten zu verpflichten, die Eingliederungsverwaltungsakte vom 05.11.2015 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 08.11.2015 nach § 44 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB II zurückzunehmen,

IV. den Beklagten zu verpflichten, alle weiteren nach Klageerhebung ergangenen Eingliederungsverwaltungsakte nach § 44 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB II zurückzunehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er ausgeführt, es sei lediglich jeweils gegen die Eingliederungsverwaltungsakte vom 15.07.2015 und 05.11.2015 Widerspruch erhoben worden, über welche bereits mit Widerspruchsbescheiden vom 28.10.2015 und 16.11.2015 beschieden worden sei. Hinsichtlich der weiteren Eingliederungsverwaltungsakte habe es kein Vorverfahren gegeben.

Über den Antrag der Kläger auf Verbindung des Verfahrens S 17 AS 77/16 mit den Verfahren S 17 AS 80/16, S 17 AS 81/16, S 17 AS 82/16 und S 17 AS 83/16 vom 23.03.2016 hat das Sozialgericht Bayreuth mit Beschluss vom 29.06.2016 entschieden (vgl. Bl. 141 der Verfahrensakte S 17 AS 77/16); die hiergegen gerichtete Anhörungsrüge hat es mit Beschluss vom 19.07.2016 als unzulässig verworfen (vgl. Bl. 153 der Verfahrensakte S 17 AS 77/16). Auf die Entscheidungsgründe wird jeweils Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird im Übrigen auf die Akte des Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen; diese haben vollständig vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig. Es liegen keine negativen Zugunstenentscheidungen des Beklagten hinsichtlich der streitgegenständlichen Eingliederungsverwaltungsakte vor.

1. Die Kammer durfte in der Besetzung entscheiden, in der sie letztlich entschieden hat. Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 22.02.2016 wegen Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden der 17. Kammer nach § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) ist mit Beschluss vom 03.03.2016 (Az. 1 SF 44/16 AB) zurückgewiesen worden.

2. Die Entscheidung konnte ohne die Kläger in der Hauptsache ergehen, weil die Kläger in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung vom 02.09.2016 auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind. Zwar hat das Gericht in der Ladung das persönliche Erscheinen der Kläger angeordnet, jedoch nur zum Zweck der Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten, um etwa eine vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits herbeizuführen. Die Anordnung ist in mündlicher Verhandlung durch Kammerbeschluss aufgehoben worden, nachdem die Kläger unentschuldigt nicht zum Termin erschienen sind. Aus der Anordnung des persönlichen Erscheinens ist im vorliegenden Fall nicht darauf zu schließen gewesen, dass ohne das Erscheinen der Kläger eine Sachentscheidung nicht ergehen durfte (vgl. hierzu BSG, Beschl. vom 31.01.2008, B 2 U 311/07 B, juris, Rdnr. 4 f.).

3. Streitgegenständlich ist die Verpflichtung des Beklagten, die angegriffenen Bescheide nach § 44 SGB X zurückzunehmen. Dies ergibt sich aus der Auslegung der schriftsätzlich gestellten Anträge und des Sachvortrages der Kläger.

Gemäß § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Durch diese Vorschrift wird unter anderem der wesentliche Grundsatz auch des sozialgerichtlichen Verfahrens zum Ausdruck gebracht, dass das Gericht nur über die vom Kläger zur Entscheidung gestellten Anträge entscheiden darf. Diese Bindung des Gerichts bezieht sich auf den erhobenen Anspruch, nicht auf die Fassung der Anträge. Wenn die Klage keinen im Sinne des § 92 SGG bestimmten Antrag enthält, der eine zweifelsfreie Bestimmung des Gewollten ermöglicht, muss das Gericht mit den Beteiligten klären, was gewollt ist, und darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs. 1, § 112 Abs. 2 Satz 2 SGG). Erforderlichenfalls muss der Antrag entsprechend § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgelegt werden; hiernach ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind das gesamte Vorbringen und alle bekannten Umstände zu berücksichtigen.

Vorliegend ergibt die Auslegung, dass die Kläger eine Verpflichtung des Beklagten begehren, auf der ersten Stufe seine Eingliederungsmaßnahmen in Gestalt von Meldeaufforderungen und Eingliederungsverwaltungsakten und daraus resultierend auf der zweiten Stufe seine Sanktionsbescheide zurückzunehmen und sodann auf der dritten Stufe die einbehaltenen Leistungen zuzüglich eines von den Klägern für angemessen gehaltenen Betrages als Folgenbeseitigung an die Kläger auszuzahlen. Dies haben die Kläger in ihrer Klagebegründung unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Rechtsnormen des § 44 SGB X und § 40 Abs. 1 SGB II klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Da die Kläger bereits in der Vergangenheit sämtliche Versuche des Sozialgerichts Bayreuth sowie des Bayerischen Landessozialgerichts, auf eine aus Sicht der Gerichte sachdienlichere Antragstellung hinzuwirken (vgl. den Schriftverkehr im Zusammenhang mit den Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit von Meldeaufforderungen, S 13 AS 825/13 und L 11 AS 734/13 sowie S 13 AS 881/13 und L 11 AS 735/13, unter Hinweis auf den Wortlaut ihrer Anträge) jeweils abgelehnt haben, verbietet sich auch im vorliegenden Fall eine andere Auslegung.

4. Damit ist statthaft hinsichtlich der vor Klageerhebung ergangenen Eingliederungsverwaltungsakte (11.03.2013 bis 05.11.2015) grundsätzlich die Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, da die Kläger eine Verpflichtung des Beklagten zum Erlass der gewünschten Rücknahmebescheide nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X begehren.

Es liegen jedoch keine Entscheidungen des Beklagten vor, durch welche er möglicherweise als Überprüfungsanträge zu deutende Anträge der Kläger abgelehnt hätte. Zu einer Rücknahme von Bescheiden nach § 44 SGB X sind nur die Behörden auf Antrag oder von Amts wegen befugt. Die Befugnisse eines Gerichts reichen im Zugunstenverfahren nur dahin, einen negativen Zugunstenbescheid aufzuheben und die Behörde zu verpflichten, den ursprünglichen Bescheid zurückzunehmen sowie ggf. Leistungen zu gewähren. Die in den Widerspruchsbescheiden enthaltenen Entscheidungen vom 17.12.2014, 18.12.2014, 19.12.2014, 22.12.2014 und 05.01.2015 betrafen lediglich die (von den Klägern am 20.10.2014 nicht beantragte) Überprüfung der Sanktionsbescheide seit 01.07.2013 bis 18.07.2014, nicht jedoch die Überprüfung von Eingliederungsverwaltungsakten.

Gleichwohl war vorliegend das Verfahren nicht nach § 114 Abs. 2 Satz 1 SGG bis zu einer Entscheidung des Beklagten über Anträge nach § 44 SGB X und über den dann zu erhebenden Widerspruch auszusetzen. Zwar vertritt das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung, dass das Gericht einem Kläger durch Aussetzung die Möglichkeit geben muss, ein Vorverfahren nachzuholen. Jedoch gilt dies nicht, wenn es an einem Verwaltungsverfahren überhaupt fehlt (vgl. LSG Hamburg, Urt. vom 18.11.2014, L 3 R 8/12, juris, Rdnr. 20). Eine Entscheidung über die Überprüfung der angegriffenen Eingliederungsverwaltungsakte, welche für die Bescheide vom 11.12.2013, 26.02.2014 und 30.04.2014 mit den diesbezüglich verfristeten Widersprüchen am 20.10.2014 bei der Verwaltung beantragt worden sein könnte, liegt nicht vor; eine solche kann deshalb auch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sein.

5. Eingliederungsverwaltungsakte nach Klageerhebung sind nicht Streitgegenstand geworden. Nach § 96 Abs. 1 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung nur Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den abgeänderten Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Diese Voraussetzung ist für weitere Eingliederungsverwaltungsakte des Beklagten nicht erfüllt. Eingliederungsverwaltungsakte erledigen sich mit Ablauf ihrer Gültigkeitsdauer durch Zeitablauf und verlieren damit gemäß § 39 Abs. 2 SGB X ihre Wirksamkeit. Eine Abänderung oder Ersetzung eines unwirksam gewordenen Verwaltungsaktes kommt denklogisch nicht in Betracht.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; sie entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig die Rechtmäßigkeit sämtlicher Sanktionsbescheide, die der Beklagte seit 21.06.2013 an die Kläger gerichtet hat.

Die 1964 geborene Klägerin zu 1, gelernte Altenpflegerin, und der 1966 geborene Kläger zu 2, Diplom-Psychologe, beziehen seit 01.08.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) beim Beklagten bzw. des Rechtsvorgänger. Dabei war von Beginn des Leistungsbeginn an streitig, ob und wenn ja in welchem Umfang die Kläger Eigenbemühungen zur Beendigung ihrer Hilfebedürftigkeit unternehmen, ob sie zu Meldeterminen erscheinen müssen und welche Maßnahmen der Beklagte ihnen zu ihrer Eingliederung in Arbeit andienen darf.

Von Oktober 2007 bis Februar 2013 verzichtete der Beklagte auf Aktivierungsmaßnahmen gegenüber den Klägern, da seine Leistungen durch den Übergang von erbrechtlichen Ansprüchen des Klägers zu 2 „gegenfinanziert“ wurden.

Erstmals wieder mit Bescheiden vom 21.03.2013 lud der Beklagte die Klägerin zu 1 zu einem Meldetermin am 27.03.2013 um 11:00 Uhr und den Kläger zu 2 zu einem Meldetermin am 26.03.2013 um 8:00 Uhr ein, um mit beiden jeweils ihre aktuelle berufliche Situation zu besprechen. Die Kläger erschienen hierzu und zu sämtlichen in der Folge vom Beklagten verfügten Meldeterminen nicht.

Daraufhin erließ der Beklagte erstmals am 11.12.2013 aufgrund des Nichtzustandekommens von Eingliederungsvereinbarungen Eingliederungsverwaltungsakte gegenüber den Klägern.

In diesem und weiteren Eingliederungsverwaltungsakten verpflichtete sich der Beklagte zur Unterstützung der Kläger durch sein Beratungsangebot, zu individuellen Hilfeleistungen für die Aufnahme einer Beschäftigung auf dem Ersten Arbeitsmarkt nach den Ergebnissen persönlicher Gespräche sowie zur Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Kosten für Bewerbungsaktivitäten der Kläger für schriftliche Bewerbungen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften, sofern die Kläger diese zuvor beantragt hätten.

Die Kläger sollten das Beratungsangebot des Beklagten wahrnehmen, zu Einladungen erscheinen und bei Beratungsgesprächen mitwirken. Bis zu einem jeweils genannten Datum sollten die Kläger einen Satz komplette Bewerbungsunterlagen vorlegen, um diese hinsichtlich der Qualität und Marktfähigkeit überprüfen zu können. Bis zum selben Datum sollten sie jeweils eine formlose Übersicht über die bisher getätigten Bewerbungsbemühungen vorlegen. Die Kläger wurden weiterhin verpflichtet, innerhalb der Gültigkeitsdauer „der Eingliederungsvereinbarung“ im Turnus von vier Wochen jeweils mindestens fünf Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und Nachweise (Absagen der Arbeitgeber, Eingangsbestätigung der Bewerbung, alternativ das Anschreiben) vorlegen. Für die Bewerbungen sollte eine Übersicht mit dem Namen des Arbeitgebers, dem Datum der Bewerbung und der angestrebten Tätigkeit vorgelegt werden. Bei der Stellensuche sollten auch befristete Stellenangebote und Stellenangebote von Zeitarbeitsfirmen einbezogen werden.

Sämtliche Meldeaufforderungen sind Gegenstand des Verfahrens S 17 AS 77/16; sämtliche Eingliederungsverwaltungsakte sind Gegenstand des Verfahrens S 17 AS 80/16. Auf die Tatbestände der Urteile vom 06.10.2016 in diesen Verfahren wird zur Ergänzung des Sachverhalts Bezug genommen.

Aufgrund des Nichterscheinens zu Meldeterminen stellte der Beklagte die Absenkung des Arbeitslosengeldes II beider Kläger wie folgt fest:

Sanktion Meldeverstoß Höhe Zeitraum

21.06.2013 10.04.2013 10% 01.07.2013 bis 30.09.2013

07.08.2013 01.07.2013 10% 01.09.2013 bis 30.11.2013

07.08.0213 10.07.2013 10% 01.09.2013 bis 30.11.2013

07.08.2013 22.07.2013 10% 01.09.2013 bis 30.11.2013

04.09.2013 29.07.2013 10% 01.10.2013 bis 31.12.2013

04.09.2103 12.08.2013 10% 01.10.2013 bis 31.12.2013

22.10.2013 27.08.2013 10% 01.11.2013 bis 31.01.2014

22.10.2013 16.09.2013 10% 01.11.2013 bis 31.01.2014

22.10.2013 30.09.2013 10% 01.11.2013 bis 31.01.2014

06.11.2013 15.10.2013 10% 01.12.2013 bis 28.02.2014

05.12.2013 29.10.2013 10% 01.01.2014 bis 31.03.2014

05.12.2013 12.11.2013 10% 01.01.2014 bis 31.03.2014

18.12.2013 27.11.2013 10% 01.01.2014 bis 31.03.2014

12.02.2014 11.12.2013 10% 01.03.2014 bis 31.05.2014

12.02.2014 08.01.2014 10% 01.03.2014 bis 31.05.2014

12.02.2014 22.01.2014 10% 01.03.2014 bis 31.05.2014

13.03.2014 05.02.2014 10% 01.04.2014 bis 30.06.2014

28.03.2014 13.03.2014 10% 01.05.2014 bis 31.07.2014

22.04.2014 27.03.2014 10% 01.05.2014 bis 31.07.2014

13.05.2014 10.04.2014 10% 01.06.2014 bis 31.08.2014

20.05.2014 30.04.2014 10% 01.06.2014 bis 31.08.2014

18.07.2014 15.05.2014 10% 01.08.2014 bis 31.10.2014

18.07.2014 28.05.2014 10% 01.08.2014 bis 31.10.2014

18.07.2014 11.06.2014 10% 01.08.2014 bis 31.10.2014

20.10.2014 16.07.2014 10% 01.11.2014 bis 31.01.2015

21.11.2014 06.08.2014 10% 01.12.2014 bis 28.02.2015

21.11.2014 10.10.2014 10% 01.12.2014 bis 28.02.2015

21.11.2014 17.10.2014 10% 01.12.2014 bis 28.02.2015

08.12.2014 07.11.2014 10% 01.01.2015 bis 31.03.2015

26.01.2015 28.11.2014 10% 01.02.2015 bis 30.04.2015

25.01.2015 17.12.2014 10% 01.02.2015 bis 30.04.2015

10.02.2015 14.01.2015 10% 01.03.2015 bis 31.05.2015

12.03.2015 04.02.2015 10% 01.04.2015 bis 30.06.2015

23.04.2015 05.03.2015 10% 01.05.2015 bis 31.07.2015

28.05.2015 01.04.2015 10% 01.07.2015 bis 30.09.2015

14.07.2015 13.05.2015 10% 01.08.2015 bis 31.10.2015

03.11.2015 24.06.2015 10% 01.12.2015 bis 29.02.2016

03.11.2015 06.08.2015 10% 01.12.2015 bis 29.02.2016

16.11.2015 17.09.2015 10% 01.12.2015 bis 29.02.2016

16.11.2015 14.10.2015 10% 01.12.2015 bis 29.02.2016

22.12.2015 05.11.2015 10% 01.12.2015 bis 29.02.2016 Aufgrund der Weigerung, Pflichten aus Eingliederungsverwaltungsakten (EGVA) zu erfüllen, stellte der Beklagte die Absenkung bzw. den Wegfall des Arbeitslosengeldes II beider Kläger wie folgt fest:

Sanktion EGVA Höhe Zeitraum

12.02.2014 11.12.2013 30% 01.03.2014 bis 31.05.2014

29.04.2014 26.02.2014 60% 01.06.2014 bis 31.08.2014

18.07.2014 30.04.2014 100% 01.08.2014 bis 31.10.2014

26.01.2015 28.10.2014 100% 01.02.2015 bis 30.04.2015

23.04.2015 04.02.2015 100% 01.05.2015 bis 31.07.2015

14.07.2015 28.04.2015 100% 01.08.2015 bis 31.10.2015

03.11.2015 15.07.2015 100% 01.12.2015 bis 29.02.2016

Gegen den Sanktionsbescheid vom 21.06.2013 legten die Kläger am 17.07.2013 Widerspruch ein, über den der Beklagte mit Bescheid vom 31.07.2013 entschied. Diese Bescheide waren Gegenstand einer Nichtigkeitsfeststellungsklage (Gerichtsbescheid vom 11.10.2013, S 13 AS 825/13 und Berufungsurteil vom 18.09.2014, L 11 AS 734/13).

Gegen die Sanktionsbescheide vom 07.08.2013 legten die Kläger am 20.08.2013 Widerspruch ein, über den der Beklagte mit Bescheid vom 03.09.2013 entschied. Diese Bescheide sowie gegen die Sanktionsbescheide vom 04.09.2013 waren Gegenstand einer weiteren Nichtigkeitsfeststellungsklage (Gerichtsbescheid vom 11.10.2013, S 13 AS 881/13 und Berufungsurteil vom 18.09.2014, L 11 AS 735/13).

Gegen den Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 legten die Kläger am 16.03.2014 Widerspruch ein, über den der Beklagte am 27.03.2014 entschied.

Hinsichtlich der Sanktionsbescheide vom 21.06.2013, 07.08.2013, 04.09.2013, 22.10.2013, 06.11.2013, 05.12.2013, 18.12.2013, 12.02.2014, 13.03.2014, 28.03.2014, 22.04.2014, 29.04.2014, 13.05.2014, 20.05.2014 und 18.07.2014 erließ der Beklagte am 17.12.2014, 18.12.2014, 19.12.2014, 22.12.2014 und 05.01.2015 Widerspruchsbescheide, nach denen die Widersprüche wegen Verfristung unzulässig seien, sowie ablehnende Bescheide nach § 44 SGB X. Dem ging voraus, dass die Kläger am 20.10.2014 Widerspruch „bezüglich aller in den Jahren 2013 / 2014 von Ihnen an uns ergangenen Meldeaufforderungen und Eingliederungsvereinbarungen“ eingelegt und zur Begründung ausgeführt hatten, die bezeichneten Verwaltungsakte seien wegen Vorgreiflichkeit und zu großer Unbestimmtheit aufzuheben.

Gegen die Sanktionsbescheide vom 20.10.2014, 21.11.2014, 08.12.2014, 26.01.2015, 10.02.2015, 12.03.2015 und 23.04.2015 ist in der Akte kein Widerspruch ersichtlich.

Gegen die Sanktionsbescheide vom 28.05.2015 und 14.07.2015 legten die Kläger am 20.09.2015 Widerspruch ein, welchen der Beklagte mit Bescheiden vom 27.10.2015 als unzulässig zurückwies.

Gegen die Sanktionsbescheide vom 03.11.2015, 16.11.2015 und 22.12.2015 ist in der Akte wiederum kein Widerspruch ersichtlich.

Am 29.01.2015 haben die Kläger unter anderem gegen sämtliche seit dem 21.06.2013 bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens gegen sie erlassenen Sanktionsbescheide Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben. Die übrigen Klageanträge aus dem Schriftsatz vom 29.01.2016 werden unter den Aktenzeichen S 17 AS 77/16 (sämtliche seit dem 21.03.2013 bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens erlassenen Meldeaufforderungen, soweit sie in der rechtswidrigen Form erlassen wurden, bzw. werden, wie sie im Rahmen dieser Klage aufgezeigt werden), S 17 AS 80/16 (sämtliche seit dem 11.12.2013 bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens per Verwaltungsakt erlassenen Eingliederungsvereinbarungen, soweit sie in der rechtswidrigen Form erlassen wurden, bzw. werden, wie sie im Rahmen dieser Klage aufgezeigt werden), S 17 AS 82/16 (Folgenbeseitigungsanspruch für den gesamten Zeitraum seit dem Beginn der Sanktionen im Jahre 2013) und S 17 AS 83/16 (Folgenbeseitigungsanspruch in Höhe von monatlich 135,00 € seit dem Monat der Klageerhebung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bzw. der vollständigen Einstellung der Sanktionen) geführt, nachdem für die verschiedenen Begehren der Kläger fünf Verfahrensakten gebildet wurden.

Soweit im Rahmen der vorliegenden Klage relevant, haben die Kläger diese darauf gestützt, dass die den Sanktionsbescheiden zugrundeliegenden Meldeaufforderungen deshalb rechtswidrig seien, weil sie nicht unterschrieben, sondern nur mit dem Verweis auf die Fertigung mittels EDV versehen worden seien. Inhaltlich hätten die Meldeaufforderungen nicht auf die aus Sicht der Kläger erforderliche Wiederaufnahme von im Jahr 2007 nur unterbrochenen Verhandlungen über Eingliederungsvereinbarungen hingewiesen. Die Rechtsbehelfsbelehrung:en zu den Eingliederungsverwaltungsakten stellten sich als rechtswidrig dar, weil der Hinweis, dass der Widerspruch gegen den Eingliederungsverwaltungsakt keine aufschiebende Wirkung habe, rechtfehlerhaft sei. Weil die Kläger mit dem Widerspruch vom 20.10.2014 die Rücknahme sämtlicher Meldeaufforderungen und Eingliederungsvereinbarungen nach § 44 SGB X eingefordert hätten, stünden alle bis jetzt erlassenen Sanktionen, ebenso die bereits im Jahr 2013 erlassenen, zur Disposition. Die Widerspruchsbescheide stellten sich als sittenwidrig und damit nichtig dar, weil bezüglich jedes angegriffenen Bescheides ein eigener Widerspruchsbescheid erlassen worden sei. Dies sei als schikanös zu betrachten; es sei den Klägern nicht zuzumuten, jeden dieser Widerspruchsbescheide einzeln zu sichten und auszuwerten.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

I. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 21.06.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide sowie der Überprüfungsbescheide vom 17.12.2014 und 19.12.2014 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.07.2013 bis 30.09.2013 zu gewähren,

II. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 07.08.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide sowie der Überprüfungsbescheide vom 17.12.2014 und 19.12.2014 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.09.2013 bis 30.11.2013 zu gewähren,

III. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 07.08.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide sowie der Überprüfungsbescheide vom 17.12.2014 und 19.12.2014 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.09.2013 bis 30.11.2013 zu gewähren,

IV. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 04.09.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide sowie der Überprüfungsbescheide vom 17.12.2014 und 19.12.2014 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.10.2013 bis 31.12.2013 zu gewähren,

V. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 22.10.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide sowie der Überprüfungsbescheide vom 18.12.2014 und 19.12.2014 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.11.2013 bis 31.01.2014 zu gewähren,

VI. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 06.11.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide sowie der Überprüfungsbescheide vom 18.12.2014 und 19.12.2014 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.12.2013 bis 28.02.2014 zu gewähren,

VII. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 05.12.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide sowie der Überprüfungsbescheide vom 18.12.2014 und 22.12.2014 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.03.2014 zu gewähren,

VIII. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 18.12.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide sowie der Überprüfungsbescheide vom 18.12.2014 und 05.01.2015 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.03.2014 zu gewähren,

IX. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 12.02.2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide sowie der Überprüfungsbescheide vom 18.12.2014, 19.12.2014 und 05.01.2015 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.03.2014 bis 31.05.2014 zu gewähren,

X. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 13.03.2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 27.03.2014 sowie der weiteren Widerspruchsbescheide und der Überprüfungsbescheide vom 18.12.2014 und 05.01.2015 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.04.2014 bis 30.06.2014 zu gewähren,

XI. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 28.03.2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide sowie der Überprüfungsbescheide vom 18.12.2014 und 05.01.2015 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.05.2014 bis 31.07.2014 zu gewähren,

XII. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 22.04.2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide sowie der Überprüfungsbescheide vom 18.12.2014 und 05.01.2015 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.05.2014 bis 31.07.2014 zu gewähren,

XIII. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 29.04.2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide sowie der Überprüfungsbescheide vom 19.12.2014 und 05.01.2015 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.06.2014 bis 31.08.2014 zu gewähren,

XIV. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 13.05.2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide sowie der Überprüfungsbescheide vom 18.12.2014 und 05.01.2015 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.06.2014 bis 31.08.2014 zu gewähren,

XV. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 20.05.2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide sowie der Überprüfungsbescheide vom 18.12.2014 und 05.01.2015 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.06.2014 bis 31.08.2014 zu gewähren,

XVI. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 18.07.2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide sowie der Überprüfungsbescheide vom 18.12.2014 und 05.01.2015 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.08.2014 bis 31.10.2014 zu gewähren.

XVII. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 20.10.2014, 21.11.2014, 08.12.2014, 26.01.2015, 10.02.2015, 12.03.2015, 23.04.2014, 03.11.2015, 16.11.2015 und 22.12.2015 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II jeweils in ungekürzter Höhe für die von Sanktionen betroffenen Zeiträume zu gewähren,

XVIII. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 28.05.2015 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 27.10.2015 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.07.2015 bis 30.09.2015 zu gewähren,

XIX. den Beklagten zu verpflichten, die Sanktionsbescheide vom 14.07.2015 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 27.10.2015 zurückzunehmen und ihnen Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe im Zeitraum vom 01.08.2015 bis 31.10.2015 zu gewähren,

XX. den Beklagten zu verpflichten, alle weiteren nach Klageerhebung ergangenen Sanktionsbescheide zurückzunehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er ausgeführt, sämtliche Sanktionsbescheide seien bei Klageerhebung bereits bestandskräftig gewesen. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei weder gestellt worden, noch seien Wiedereinsetzungsgründe erkennbar. Die Klage sei daher nicht zulässig.

Über den Antrag der Kläger auf Verbindung des Verfahrens S 17 AS 77/16 mit den Verfahren S 17 AS 80/16, S 17 AS 81/16, S 17 AS 82/16 und S 17 AS 83/16 vom 23.03.2016 hat das Sozialgericht Bayreuth mit Beschluss vom 29.06.2016 entschieden (vgl. Bl. 141 der Verfahrensakte S 17 AS 77/16); die hiergegen gerichtete Anhörungsrüge hat es mit Beschluss vom 19.07.2016 als unzulässig verworfen (vgl. Bl. 153 der Verfahrensakte S 17 AS 77/16). Auf die Entscheidungsgründe wird jeweils Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird im Übrigen auf die Akte des Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen; diese haben vollständig vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig. Die angegriffenen Sanktionsentscheidungen bis zur Klageerhebung sind bestandskräftig, weil die Kläger gegen sie jeweils nicht oder nicht rechtzeitig Widerspruch und / oder Klage eingelegt haben. Die Sanktionsentscheidungen nach Klageerhebung sind nicht Streitgegenstand dieser Klage geworden.

1. Die Kammer durfte in der Besetzung entscheiden, in der sie letztlich entschieden hat. Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 22.02.2016 wegen Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden der 17. Kammer nach § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) ist mit Beschluss vom 03.03.2016 (Az. S 1 SF 46/16 AB) zurückgewiesen worden.

2. Die Entscheidung konnte ohne die Kläger in der Hauptsache ergehen, weil die Kläger in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung vom 02.09.2016 auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind. Zwar hat das Gericht in der Ladung das persönliche Erscheinen der Kläger angeordnet, jedoch nur zum Zweck der Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten, um etwa eine vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits herbeizuführen. Die Anordnung ist in mündlicher Verhandlung durch Kammerbeschluss aufgehoben worden, nachdem die Kläger unentschuldigt nicht zum Termin erschienen sind. Aus der Anordnung des persönlichen Erscheinens ist im vorliegenden Fall nicht darauf zu schließen gewesen, dass ohne das Erscheinen der Kläger eine Sachentscheidung nicht ergehen durfte (vgl. dazu BSG, Beschl. vom 31.01.2008, B 2 U 311/07 B, juris, Rdrn. 4 f.).

3. Streitgegenständlich ist die Verpflichtung des Beklagten, die angegriffenen Bescheide nach § 44 SGB X zurückzunehmen und die einbehaltenen Leistungen auszuzahlen. Dies ergibt sich aus der Auslegung der schriftsätzlich gestellten Anträge und des Sachvortrages der Kläger.

Gemäß § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Durch diese Vorschrift wird unter anderem der wesentliche Grundsatz auch des sozialgerichtlichen Verfahrens zum Ausdruck gebracht, dass das Gericht nur über die vom Kläger zur Entscheidung gestellten Anträge entscheiden darf. Diese Bindung des Gerichts bezieht sich auf den erhobenen Anspruch, nicht auf die Fassung der Anträge. Wenn die Klage keinen im Sinne des § 92 SGG bestimmten Antrag enthält, der eine zweifelsfreie Bestimmung des gewollten ermöglicht, muss das Gericht mit den Beteiligten klären, was gewollt ist, und darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs. 1, § 112 Abs. 2 Satz 2 SGG). Erforderlichenfalls muss der Antrag entsprechend § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgelegt werden; hiernach ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind das gesamte Vorbringen und alle bekannten Umstände zu berücksichtigen.

Vorliegend ergibt die Auslegung, dass die Kläger eine Verpflichtung des Beklagten begehren, auf der ersten Stufe seine Eingliederungsmaßnahmen in Gestalt von Meldeaufforderungen und Eingliederungsverwaltungsakten und daraus resultierend auf der zweiten Stufe seine Sanktionsbescheide zurückzunehmen und sodann auf der dritten Stufe die einbehaltenen Leistungen zuzüglich eines von den Klägern für angemessen gehaltenen Betrages als Folgenbeseitigung an die Kläger auszuzahlen. Dies haben die Kläger in ihrer Klagebegründung unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Rechtsnorm des § 44 SGB X und § 40 Abs. 1 SGB II klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Da die Kläger bereits in der Vergangenheit sämtliche Versuche des Sozialgerichts Bayreuth sowie des Bayerischen Landessozialgerichts, auf eine aus Sicht der Gerichte sachdienliche Antragstellung hinzuwirken (vgl. den Schriftverkehr im Zusammenhang mit den Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit von Meldeaufforderungen, S 13 AS 825/13 und L 11 AS 734/13 sowie S 13 AS 881/13 und L 11 AS 735/13, unter Hinweis auf den Wortlaut ihrer Anträge) jeweils abgelehnt haben, verbietet sich auch im vorliegenden Fall eine andere Auslegung.

4. Damit ist statthaft hinsichtlich der vor Klageerhebung ergangenen Sanktionsbescheide (21.06.2013 bis 22.12.2015) grundsätzlich die kombinierte Verpflichtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG bzw. soweit Überprüfungsbescheide ergangen sind, die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, die mit einer Leistungsklage verbunden ist.

5. Hinsichtlich der Sanktionsbescheide vom 21.06.2013, 07.08.2013, 04.09.2013, 22.10.2013, 06.11.2013, 05.12.2013, 18.12.2013, 12.02.2014, 13.03.2014, 28.03.2014, 22.04.2014, 29.04.2014, 13.05.2014, 20.05.2014 und 18.07.2014 ist die Klage unzulässig.

Die Kläger haben gegen diese Bescheide entgegen der Auffassung des Beklagten nicht am 20.10.2014 Widerspruch eingelegt; dieser Widerspruch wäre auch verfristet gewesen und hätte die Bestandskraft der Bescheide nicht beseitigen können. Der Widerspruch vom 20.10.2014 bezog sich ausweislich seines Wortlauts lediglich auf alle in den Jahren 2013 / 2014 vom Beklagten an die Kläger ergangenen Meldeaufforderungen und Eingliederungsvereinbarungen. Gegen die gleichwohl ergangenen Widerspruchsbescheide vom 17.12.2014, 18.12.2014, 19.12.2014, 22.12.2014 und 05.01.2015 haben die Kläger trotz darin enthaltener ordnungsgemäßer Rechtsfolgenbelehrung nicht innerhalb Monatsfrist Klage erhoben und diese somit ebenfalls bestandskräftig werden lassen. Gleiches gilt für die in den genannten Widerspruchsbescheiden jeweils verfügte Ablehnung der Überprüfung der Sanktionsbescheide, gegen die die Kläger auch nicht innerhalb Jahresfrist des § 66 Abs. 2 SGG spätestens am 11.01.2016 Klage erhoben haben.

Damit konnte die erkennende Kammer keine Veranlassung dafür erkennen, das vorliegende Klageverfahren auszusetzen, um die Entscheidung des Beklagten über möglicherweise in der Klageerhebung liegende Widersprüche gegen die ablehnenden Überprüfungsentscheidungen des Beklagten vom 17.12.2014, 18.12.2014, 19.12.2014, 22.12.2014 und 05.01.2015 abzuwarten.

4. Die Klage ist ebenfalls hinsichtlich der Sanktionsbescheide vom 20.10.2014, 21.11.2014, 08.12.2014, 26.01.2015, 10.02.2015, 12.03.2015 und 23.04.2015 unzulässig. Gegen diese Entscheidungen haben die Kläger keinen Widerspruch eingelegt und die Bescheide damit bestandskräftig werden lassen; insoweit ist jedoch die Klageschrift vom 29.01.2016 als Antrag auf Überprüfung der Bescheide nach § 44 SGB X auszulegen, über die der Beklagte noch entscheiden muss, jedenfalls soweit die Rücknahme der Sanktionsbescheide nicht wegen Ablaufs der Frist nach § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II schlechterdings keine Auswirkung mehr haben kann. Anlass zur Aussetzung des Verfahrens bestand auch in diesem Fall zur Auffassung der erkennenden Kammer nicht, da kein ordentlicher Rechtsbehelf zur Entscheidung offen stand. Zwar wird in dem Fall, dass eine Klage nach Erhebung des Widerspruchs, aber vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens erhoben wurde, überwiegend angenommen, dass das Verfahren analog § 114 Abs. 2 SGG auszusetzen (BSG Beschluss vom 4. 3. 2014, B 1 KR 43/13 B; Bayer. LSG, Urt. v. 30. 11. 2011, L 1 R 406/11; Bayer. LSG, Beschluss vom 5. 5. 2014, L 11 AS 325/14 B) und dass in der Klageerhebung zugleich die Einlegung des Widerspruchs zu sehen ist (vgl. etwa BSG, Urt. vom 13.12.2000, B 6 KA 1/00 R). So liegt der Fall hier jedoch nicht; während Widerspruch und Klageerhebung Rechtsbehelfe gegen einen nicht bestandskräftigen Verwaltungsakt darstellen, eröffnet der Antrag nach § 44 SGB X ein neues Verwaltungsverfahren.

5. Ebenfalls unzulässig ist die Klage hinsichtlich der Sanktionsbescheide vom 28.05.2015 und 14.07.2015. Hiergegen haben die Kläger jeweils am 20.09.2015 - verfristet - Widerspruch eingelegt, welche Widersprüche mit Bescheiden vom 27.10.2015 als unzulässig zurückgewiesen wurden. Auch hier steht noch eine Überprüfungsentscheidung des Beklagten aus, auf die mit dem oben unter 4. Gesagten zur Auffassung der Kammer nicht durch Aussetzung des Verfahrens zu warten war.

6. Gleiches gilt für die Sanktionsbescheide vom 03.11.2015, 16.11.2015 und 22.12.2015. Hiergegen haben die Kläger keinen Widerspruch, sondern lediglich am 29.01.2016 die vorliegende Klage mit dem Begehren der Aufhebung nach § 44 SGB X erhoben. Diesbezüglich liegt eine negative Überprüfungsentscheidung des Beklagten ebenfalls nicht vor; als Widerspruch gedeutet wäre die am 29.01.2016 erhobene Klage auch im Hinblick auf den zuletzt ergangenen Sanktionsbescheid vom 22.12.2015 verfristet, da für diesen eine Bekanntgabefiktion am 28.12.2015 gilt. Auch insoweit ist die Klage als Antrag nach § 44 SGB X im Verwaltungsverfahren auszulegen.

7. Sanktionsbescheide nach Klageerhebung sind nicht Streitgegenstand geworden. Nach § 96 Abs. 1 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung nur Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den abgeänderten Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Diese Voraussetzung ist für weitere Sanktionsbescheide des Beklagten nicht erfüllt.

8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; sie entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig ein Anspruch der Kläger auf Zahlung von 3.500,00 € unter dem Gesichtspunkt des Folgenbeseitigungsanspruchs für den Zeitraum vom 01.07.2013 bis 29.01.2016.

Die 1964 geborene Klägerin zu 1, gelernte Altenpflegerin, und der 1966 geborene Kläger zu 2, Diplom-Psychologe, beziehen seit 01.08.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) beim Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger. Dabei war von Beginn des Leistungsbezuges an streitig, ob und wenn ja in welchem Umfang die Kläger Eigenbemühungen zur Beendigung ihrer Hilfebedürftigkeit unternehmen, ob sie zu Meldeterminen erscheinen müssen und welche Maßnahmen der Beklagte ihnen zu ihrer Eingliederung in Arbeit andienen darf.

Von Oktober 2007 bis Februar 2013 verzichtete der Beklagte auf Aktivierungsmaßnahmen gegenüber den Klägern, da seine Leistungen durch den Übergang von erbrechtlichen Ansprüchen des Klägers zu 2 „gegenfinanziert“ wurden.

Erstmals wieder mit Bescheiden vom 21.03.2013 lud der Beklagte die Klägerin zu 1 zu einem Meldetermin am 27.03.2013 um 11:00 Uhr und den Kläger zu 2 zu einem Meldetermin am 26.03.2013 um 8:00 Uhr ein, um mit beiden jeweils ihre aktuelle berufliche Situation zu besprechen. Die Kläger erschienen hierzu und zu sämtlichen in der Folge vom Beklagten verfügten Meldeterminen nicht. Daraufhin erließ der Beklagte erstmals am 11.12.2013 aufgrund des Nichtzustandekommens von Eingliederungsvereinbarungen Eingliederungsverwaltungsakte gegenüber den Klägern. Auch den dort jeweils geregelten Verpflichtungen kamen die Kläger nicht nach. Erstmals mit Bescheid vom 21.06.2013 und in der Folgezeit regelmäßig ergingen daraufhin Sanktionsbescheide wegen Meldeversäumnissen und Verletzungen der Verpflichtungen der Kläger aus den Eingliederungsverwaltungsakten der Kläger. Zu den im Einzelnen ergangenen Bescheiden wird Bezug genommen auf die Tatbestände der Urteile S 17 AS 77/16, S 17 AS 80/16 und S 17 AS 81/16.

Im Rahmen eines Widerspruchs vom 20.09.2015 gegen die Eingliederungsverwaltungsakte vom 15.07.2015 und gegen alle derzeitig noch vollstreckten Leistungskürzungen beantragten die Kläger beim Beklagten neben der Rückzahlung aller einbehaltenen Leistungen auch die einmalige Zahlung von 3.500,00 € als Schadensersatz.

Diesen Betrag verfolgen die Kläger mit der am 29.01.2016 erhobenen Klage weiter. Zur Begründung haben sie ausgeführt, die konkreten aus den verhängten Sanktionen ihnen erwachsenen Schäden im Einzelnen zu benennen und auch zu belegen gestalte sich als schwierig; unbestreitbar seien aber solche vorhanden. Schließlich sei der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid zum Widerspruch vom 20.09.2015 nicht auf den Folgenbeseitigungsanspruch eingegangen.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten zur Zahlung von 3.500,00 € Folgenbeseitigungsanspruch für den Zeitraum seit Beginn der Sanktionen im Jahre 2013 zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er ausgeführt, er gehe davon aus, dass die Kläger einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch meinten, da der Folgenbeseitigungsanspruch im Verwaltungsrecht verankert sei. Es sei darauf hinzuweisen, dass hinsichtlich aller eingetretenen Sanktionen, die bislang rechtskräftig geworden seien, von Amts wegen eine Überprüfung nach § 44 SGB X durchgeführt worden sei.

Mit Schriftsatz vom 26.09.2016 haben die Kläger ihren Vortrag noch dahingehend ergänzt, dass das Beratungsangebot des Beklagten, welches gemäß des Inhalts der Eingliederungsverwaltungsakte hauptsächlich aus Gesprächsterminen bestehe, von ihm praktisch nicht erbracht werde, weil eben solche Gesprächstermine nicht zur Verfügung gestellt würden. Hierbei handele es sich um neue, weitere Gründe für eine Aufhebung der gegen sie geltend gemachten Eingliederungsverwaltungsakte. Sollte das Gericht den neuen Vortrag als Klageänderung ansehen, würden sie ihre Klage vom 29.02.2016 zurücknehmen und eine neue Klage erheben, in welcher sie dann den ursprünglich geltend gemachten Folgenbeseitigungsanspruch auf 4.445,00 € erhöhen würden.

Über den Antrag der Kläger auf Verbindung des Verfahrens S 17 AS 77/16 mit den Verfahren S 17 AS 80/16, S 17 AS 81/16, S 17 AS 82/16 und S 17 AS 83/16 vom 23.03.2016 hat das Sozialgericht Bayreuth mit Beschluss vom 29.06.2016 entschieden (vgl. Bl. 141 der Verfahrensakte S 17 AS 77/16); die hiergegen gerichtete Anhörungsrüge hat es mit Beschluss vom 19.07.2016 als unzulässig verworfen (vgl. Bl. 153 der Verfahrensakte S 17 AS 77/16). Auf die Entscheidungsgründe wird jeweils Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird im Übrigen auf die Akte des Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen; diese haben vollständig vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Die Kläger haben keinen (zusätzlichen) Anspruch auf die Zahlung von 3.500,00 € unter dem Gesichtspunkt des Folgenbeseitigungsanspruchs.

1. Die Kammer durfte in der Besetzung entscheiden, in der sie letztlich entschieden hat. Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 22.02.2016 wegen Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden der 17. Kammer nach § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) ist mit Beschluss vom 03.03.2016 (Az. S 1 SF 48/16 AB) zurückgewiesen worden.

2. Die Entscheidung konnte ohne die Kläger in der Hauptsache ergehen, weil die Kläger in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung vom 02.09.2016 auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind. Zwar hat das Gericht in der Ladung das persönliche Erscheinen der Kläger angeordnet, jedoch nur zum Zweck der Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten, um etwa eine vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits herbeizuführen. Die Anordnung ist in mündlicher Verhandlung durch Kammerbeschluss aufgehoben worden, nachdem die Kläger unentschuldigt nicht zum Termin erschienen sind. Aus der Anordnung des persönlichen Erscheinens ist im vorliegenden Fall nicht darauf zu schließen gewesen, dass ohne das Erscheinen der Kläger eine Sachentscheidung nicht ergehen durfte (vgl. dazu BSG, Beschl. vom 31.01.2008, B 2 U 311/07 B, juris, Rdrn. 4 f.).

3. Streitgegenstand ist ein Zahlungsanspruch der Kläger gegen den Beklagten in Höhe von 3.500,00 €, wie von den Klägern ursprünglich beantragt. Dies folgt aus der Auslegung des Vortrages der Kläger.

Gemäß § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Durch diese Vorschrift wird unter anderem der wesentliche Grundsatz auch des sozialgerichtlichen Verfahrens zum Ausdruck gebracht, dass das Gericht nur über die vom Kläger zur Entscheidung gestellten Anträge entscheiden darf. Diese Bindung des Gerichts bezieht sich auf den erhobenen Anspruch, nicht auf die Fassung der Anträge. Wenn die Klage keinen im Sinne des § 92 SGG bestimmten Antrag enthält, der eine zweifelsfreie Bestimmung des Gewollten ermöglicht, muss das Gericht mit den Beteiligten klären, was gewollt ist, und darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs. 1, § 112 Abs. 2 Satz 2 SGG). Erforderlichenfalls muss der Antrag entsprechend § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgelegt werden; hiernach ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind das gesamte Vorbringen und alle bekannten Umstände zu berücksichtigen.

Vorliegend ergibt die Auslegung, dass die Kläger einen Betrag in Höhe von 3.500,00 € als Folgebeseitigungsanspruch für den Zeitraum vom 01.07.2013 bis zur Klageerhebung am 29.01.2016 begehren. Den höheren Betrag von 4.445,00 € haben die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 26.09.2016 explizit nur im Eventualis für den Fall geltend gemacht, dass das Gericht den darin gemachten neuen Sachvortrag als Klageänderung ansieht und sie nach Rücknahme der Klage eine neue Klage erheben würden.

Die innerprozessuale Bedingung ist jedoch nicht eingetreten. Es handelt sich bei dem Vortrag vom 26.09.2016 nicht um eine Klageänderung im Sinne des § 99 Abs. 1 SGG, da die Kläger ihre bisherigen rechtlichen Ausführungen lediglich um weitere Ausführungen ergänzt haben, § 99 Abs. 3 Nr. 1 SGG.

Weiter ist der Antrag der Kläger, der einerseits auf „Folgenbeseitigung“, andererseits auf „Schadensersatz“ abstellt, nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz dahingehend auszulegen, dass die Kläger nicht Schadensersatz, sondern Folgenbeseitigung begehren. Für einen Schadensersatzanspruch bestünde keine Rechtswegzuständigkeit des Sozialgerichts Bayreuth, da Amtshaftungsansprüche nach § 839 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. Art. 34 GG vor den ordentlichen Gerichten verfolgt werden müssten. Hierfür wäre eine Verweisung des Rechtsstreits mit der Folge der Gerichtskostenpflichtigkeit der Klage erforderlich.

4. Statthaft ist vorliegend die isolierte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG, weil die Kläger die Verurteilung zu einer Leistung begehren, auf die sie einen Rechtsanspruch zu haben behaupten.

5. Die Klage ist unbegründet. Beim allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch handelt es sich um einen gewohnheitsrechtlich anerkannten Anspruch auf Wiederherstellung eines Zustandes nach einem öffentlich-rechtlichen Eingriff. Rechtsfolge ist die Wiederherstellung des früheren Zustandes vor einem hoheitlichen Handeln, durch das ein noch andauernder rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist. Der Folgenbeseitigungsanspruch umfasst nur die Beseitigung der unmittelbaren Folgen eines Eingriffs, nicht jedoch einen weitergehenden Schadensersatzanspruch. Die Folgenbeseitigung, falls im Bereich der sozialrechtlichen Leistungserbringung eine rechtswidrige Leistungskürzung vorgenommen wird, findet jedoch ausschließlich über § 44 SGB X durch nachträgliche Erbringung der Leistungen und über § 44 SGB I durch Verzinsung einer fälligen Forderung statt. Jedoch begehren die Kläger explizit eine über die nachträgliche Leistungserbringung hinausgehende zusätzliche Beseitigung von Vollzugsfolgen. Einen solchen Anspruch begründet das gewohnheitsrechtlich anerkannte Institut der Folgenbeseitigung jedoch nicht.

Die Klage war daher abzuweisen, wie geschehen.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; sie entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits.

Ist die Geltendmachung einer nicht von einer Gegenleistung abhängigen Geldforderung oder die Geltendmachung des Anspruchs auf Räumung eines Grundstücks oder eines Raumes, der anderen als Wohnzwecken dient, an den Eintritt eines Kalendertages geknüpft, so kann Klage auf künftige Zahlung oder Räumung erhoben werden.

Bei wiederkehrenden Leistungen kann auch wegen der erst nach Erlass des Urteils fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(1) Über die Verhandlung und jede Beweisaufnahme ist ein Protokoll aufzunehmen. Für die Protokollführung kann ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle zugezogen werden, wenn dies auf Grund des zu erwartenden Umfangs des Protokolls, in Anbetracht der besonderen Schwierigkeit der Sache oder aus einem sonstigen wichtigen Grund erforderlich ist.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Verhandlungen, die außerhalb der Sitzung vor Richtern beim Amtsgericht oder vor beauftragten oder ersuchten Richtern stattfinden. Ein Protokoll über eine Güteverhandlung oder weitere Güteversuche vor einem Güterichter nach § 278 Absatz 5 wird nur auf übereinstimmenden Antrag der Parteien aufgenommen.

(1) Das Protokoll enthält

1.
den Ort und den Tag der Verhandlung;
2.
die Namen der Richter, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des etwa zugezogenen Dolmetschers;
3.
die Bezeichnung des Rechtsstreits;
4.
die Namen der erschienenen Parteien, Nebenintervenienten, Vertreter, Bevollmächtigten, Beistände, Zeugen und Sachverständigen und im Falle des § 128a den Ort, von dem aus sie an der Verhandlung teilnehmen;
5.
die Angabe, dass öffentlich verhandelt oder die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist.

(2) Die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung sind aufzunehmen.

(3) Im Protokoll sind festzustellen

1.
Anerkenntnis, Anspruchsverzicht und Vergleich;
2.
die Anträge;
3.
Geständnis und Erklärung über einen Antrag auf Parteivernehmung sowie sonstige Erklärungen, wenn ihre Feststellung vorgeschrieben ist;
4.
die Aussagen der Zeugen, Sachverständigen und vernommenen Parteien; bei einer wiederholten Vernehmung braucht die Aussage nur insoweit in das Protokoll aufgenommen zu werden, als sie von der früheren abweicht;
5.
das Ergebnis eines Augenscheins;
6.
die Entscheidungen (Urteile, Beschlüsse und Verfügungen) des Gerichts;
7.
die Verkündung der Entscheidungen;
8.
die Zurücknahme der Klage oder eines Rechtsmittels;
9.
der Verzicht auf Rechtsmittel;
10.
das Ergebnis der Güteverhandlung.

(4) Die Beteiligten können beantragen, dass bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden. Das Gericht kann von der Aufnahme absehen, wenn es auf die Feststellung des Vorgangs oder der Äußerung nicht ankommt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar; er ist in das Protokoll aufzunehmen.

(5) Der Aufnahme in das Protokoll steht die Aufnahme in eine Schrift gleich, die dem Protokoll als Anlage beigefügt und in ihm als solche bezeichnet ist.

(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn

1.
dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden,
2.
das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.

(2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass mehrere in einer Klage erhobene Ansprüche in getrennten Prozessen verhandelt werden, wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss und ist zu begründen.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Beklagte eine Widerklage erhoben hat und der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch nicht in rechtlichem Zusammenhang steht.

(3) Macht der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend, die mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem Zusammenhang steht, so kann das Gericht anordnen, dass über die Klage und über die Aufrechnung getrennt verhandelt werde; die Vorschriften des § 302 sind anzuwenden.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig die Rechtmäßigkeit sämtlicher Meldeaufforderungen, die der Beklagte seit März 2013 an die Kläger gerichtet hat.

Die 1964 geborene Klägerin zu 1, gelernte Altenpflegerin, und der 1966 geborene Kläger zu 2, Diplom-Psychologe, beziehen seit 01.08.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) beim Beklagten bzw. des Rechtsvorgänger. Dabei war von Beginn des Leistungsbeginn an streitig, ob und wenn ja in welchem Umfang die Kläger Eigenbemühungen zur Beendigung ihrer Hilfebedürftigkeit unternehmen, ob sie zu Meldeterminen erscheinen müssen und welche Maßnahmen der Beklagte zu ihrer Eingliederung in Arbeit unternehmen darf.

Von Oktober 2007 bis Februar 2013 verzichtete der Beklagte auf Aktivierungsmaßnahmen gegenüber den Klägern, da seine Leistungen durch den Übergang von erbrechtlichen Ansprüchen des Klägers zu 2 „gegenfinanziert“ wurden.

Erstmals wieder mit Bescheiden vom 21.03.2013 lud der Beklagte die Klägerin zu 1 zu einem Meldetermin am 27.03.2013 um 11:00 Uhr und den Kläger zu 2 zu einem Meldetermin am 26.03.2013 um 8:00 Uhr ein, um mit beiden jeweils ihre aktuelle berufliche Situation zu besprechen. Hinsichtlich dieser Meldeaufforderungen erhoben die Kläger am 24.03.2013 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (Az. S 13 AS 290/13) und führten zu Begründung im Wesentlichen aus, sie hielten die Meldeaufforderungen für schikanös und vermuteten, dass diese nur der Schaffung der Voraussetzungen für künftige Sanktionen dienen würden. Der Beklagte verzichtete wegen ihrer Kurzfristigkeit auf die Einhaltung der Termine, und die Kläger wurden mit neuen Bescheiden vom 25.03.2013 zur Meldung am 10.04.2013 aufgefordert. Die Klage S 13 AS 290/13 nahmen die Kläger am 27.08.2013 zurück.

Hinsichtlich der Meldeaufforderungen vom 25.03.2013, 25.06.2013, 01.07.2013 und 11.07.2013 beantragten die Kläger am 17.07.2013 beim Beklagten die Feststellung der Nichtigkeit, weil die Unterzeichner der Verwaltungsakte angegeben hätten, „im Auftrag“ zu handeln, während sie in Schriftsätzen „in Vertretung“ zeichneten. Nach Ablehnung dieses Antrages durch den Beklagten am 31.07.2013 erhoben die Kläger am 27.08.2013 Feststellungsklage zum Sozialgericht Bayreuth (S 13 AS 825/13). Die Klage wurde mit Gerichtsbescheid vom 11.10.2013 als unbegründet abgewiesen; die hiergegen eingelegte Berufung (L 11 AS 734/13) wies das Bayerische Landessozialgericht mit Urteil vom 18.09.2014 zurück.

Gegen die Meldeaufforderungen vom 22.07.2013, 29.07.2013, 12.08.2013 und 27.08.2013 erhoben die Kläger am 09.09.2013 Klage wiederum mit dem Ziel der Feststellung der Nichtigkeit zum Sozialgericht Bayreuth (S 13 AS 881/13). Die Klage wurde mit Gerichtsbescheid vom 11.10.2013 als unbegründet abgewiesen; die hiergegen eingelegte Berufung (L 11 AS 735/13) wies das Bayerische Landessozialgericht mit Urteil vom 18.09.2014 zurück.

Gegen die Meldeaufforderungen vom 21.03.2013, 25.03.2013, 25.06.2013, 01.07.2013, 11.07.2013, 22.07.2013, 29.07.2013, 12.08.2013, 27.08.2013, 18.09.2013, 01.10.2013, 15.10.2013, 29.10.2013, 13.11.2013, 27.11.2013, 11.12.2013, 10.01.2014, 22.01.2014, 07.02.2014, 26.02.2014, 13.03.2014, 27.03.2014, 10.04.2014, 30.04.2014, 15.05.2014, 28.05.2014, 11.06.2014, 26.06.2014, 16.07.2014, 23.09.2014 und 10.10.2014 (zum Meldetermin am 17.10.2014) legten die Kläger am 20.10.2014 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, am 04.10.2007 seien Verhandlungen über Eingliederungsvereinbarungen nur ausgesetzt und nicht endgültig beendet worden. Weitere, erneute Meldeaufforderungen und daraus folgende Eingliederungsvereinbarungen hätten deswegen nur unter Bezugnahme auf die damals stattgefunden Verhandlungen erfolgen können, worauf der Beklagte schon im Rahmen der Meldeaufforderungen hätte hinweisen müssen.

Der Beklagte entschied mit Widerspruchsbescheiden vom 17.12.2014, 18.12.2014, 19.12.2014, 22.12.2014 und 05.01.2015 nicht über die Widersprüche vom 20.10.2014 gegen die Meldeaufforderungen, sondern über (von den Klägern nicht eingelegte) Widersprüche gegen Sanktionsbescheide, welche aufgrund von Verstößen gegen diese Meldeaufforderungen der Kläger erlassen worden waren (Gegenstand des Klageverfahrens S 17 AS 81/16). Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Widersprüche seien sämtlich verfristet; gleichzeitig entschied er über Anträge nach § 44 SGB X abschlägig, ohne seinen Entscheidungen eine Rechtsbehelfsbelehrung:beizugeben.

Gegen die Meldeaufforderung vom 14.10.2015 zum 05.11.2015 legten die Kläger am 20.10.2015 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Bescheid vom 26.10.2015 als unbegründet zurückwies.

Am 29.01.2016 haben die Kläger unter anderem gegen sämtliche seit 21.03.2013 bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens erlassenen Meldeaufforderungen Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben. Die übrigen Klageanträge aus dem Schriftsatz vom 29.01.2016 werden unter dem Aktenzeichen S 17 AS 80/16 (seit 11.12.2013 erlassene Eingliederungsverwaltungsakte), S 17 AS 81/16 (seit 21.06.2013 erlassene Sanktionsbescheide), S 17 AS 82/16 (Folgenbeseitigungsanspruch für den gesamten Zeitraum seit Beginn der Sanktionen 2013) und S 17 AS 83/16 (Folgenbeseitigungsanspruch seit Klageerhebung für seitdem ergangene Sanktionen) geführt, nachdem für die verschiedenen Begehren der Kläger fünf Verfahrensakten gebildet wurden.

Zur Begründung ihrer Klage haben die Kläger ausgeführt, sie verfolgten mit ihrer Klage die Rücknahme aller Meldeaufforderungen und Eingliederungsverwaltungsakte seit 01.10.2013 nach § 44 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB II. Nach erfolgter Rücknahme seien auch alle wegen Verstößen gegen diese Verwaltungsakte verhängten Sanktionen aufzuheben und die einbehalten Leistungen sowie der begehrte Folgenbeseitigungsanspruch an sie auszuzahlen.

Soweit in der vorliegenden Klage relevant, haben die Kläger ihre Klage darauf gestützt, dass die Meldeaufforderungen nicht unterschrieben, sondern nur mit dem Verweis auf die Fertigung mittels EDV versehen worden seien. Inhaltlich hätten die Meldeaufforderungen nicht auf die aus ihrer Sicht erforderliche Wiederaufnahme von im Jahr 2007 nur unterbrochenen Verhandlungen über Eingliederungsvereinbarungen hingewiesen. Das Vorgehen des Beklagten, die Entscheidung über den Widerspruch vom 20.10.2014 in fast 60 Einzelbescheide aufzusplitten, sei sittenwidrig; es sei den Klägern unzumutbar, jeden dieser Widerspruchsbescheide einzeln zu sichten und auszuwerten. Der Widerspruch vom 20.10.2014 enthalte eine Willensbekundung der Kläger, eine Rücknahme sämtlicher Meldeaufforderungen nach § 44 SGB X i.V.m. § 40 SGB II einzufordern; er stelle folglich auch sämtliche bis dahin erlassenen Sanktionen zur Disposition. Im September 2015 hätten die Kläger erneut im Rahmen eines Widerspruchs die Rückerstattung aller wegen Sanktionen einbehaltener Regelleistungen beantragt, weil die Meldeaufforderungen und daraus folgend die Sanktionen wegen fehlender Unterschrift rechtswidrig seien. Betroffene könnten durch die Formulierung des Beklagten dahingehend getäuscht werden, dass Rechtsfolgen einträten, sollten sie den Meldeaufforderungen nicht nachkommen. § 44 SGB X ermögliche zudem die Möglichkeit der nachträglichen Korrektur eines bestandskräftigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes, mit anderen Worten die Anfechtung von nicht begünstigenden Verwaltungsakten, bei denen die betroffenen die Frist zur Einlegung eines Widerspruchs hätten ungenutzt verstreichen lassen. Es sei einen „ausgemachte Dummheit“, die Anfechtung eines belastenden Verwaltungsaktes mit dem Argument abzuweisen, die Frist zur Einlegung des Widerspruchs sei bereits verstrichen. Zudem sei unklar, weshalb Meldeaufforderungen erlassen würden bzw. auf Grund welcher materiell-rechtlicher Grundlage Minderungen bei Meldeversäumnissen festgestellt würden.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

I. den Beklagten zu verpflichten, die Meldeaufforderungen vom 21.03.2013, 25.03.2013, 25.06.2013, 01.07.2013, 11.07.2013, 22.07.2013, 29.07.2013, 12.08.2013, 27.08.2013, 18.09.2013, 01.10.2013, 15.10.2013, 29.10.2013, 13.11.2013, 27.11.2013, 11.12.2013, 10.01.2014, 22.01.2014, 07.02.2014, 26.02.2014, 13.03.2014, 27.03.2014, 10.04.2014, 30.04.2014, 15.05.2014, 28.05.2014, 11.06.2014, 26.06.2014, 16.07.2014, 23.09.2014, 10.10.2014, 28.10.2014, 07.11.2014, 28.11.2014, 17.12.2014, 14.01.2015, 04.02.2015, 05.03.2015, 01.04.2015, 13.05.2015, 13.07.2015, 17.09.2015 und 02.12.2015 zu persönlichen Vorsprachen beim Beklagten am 26.03.2013 (Kläger zu 2) / 27.03.2013 (Klägerin zu 1), 10.04.2013, 01.07.2013, 10.07.2013, 22.07.2013, 29.07.2013, 12.08.2013, 27.08.2013, 16.09.2013, 30.09.2013, 15.10.2013, 29.10.2013, 12.11.2013, 27.11.2013, 11.12.2013, 08.01.2014, 22.01.2014, 05.02.2014, 26.02.2014, 13.03.2014, 27.03.2014, 10.04.2014, 30.04.2014, 15.05.2014, 28.05.2014, 11.06.2014, 26.06.2014, 16.07.2014, 06.08.2014, 10.10.2014, 17.10.2014, 07.11.2014, 28.11.2014, 17.12.2014, 14.01.2015, 04.02.2015, 04.03.2015, 01.04.2015, 13.05.2015, 24.06.2015, 06.08.2015, 17.09.2015 und 17.12.2015 sowie alle weiteren nach Klageerhebung ergangenen Meldeaufforderungen nach § 44 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB II zurückzunehmen,

II. den Beklagten zu verpflichten, die Meldeaufforderung vom 14.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2015 nach § 44 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB II zurückzunehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er ausgeführt, es sei lediglich gegen die Meldeaufforderungen vom 14.10.2015 zum 05.11.2015 Widersprüche erhoben worden, die jeweils mit Bescheid vom 26.10.2015 als unbegründet zurückgewiesen worden seien. Gegen alle anderen Meldeaufforderungen sei kein Widerspruch erhoben worden.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Akte des Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen; diese haben vollständig vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig. Es liegen keine negativen Zugunstenentscheidungen des Beklagten hinsichtlich der Meldeaufforderungen vor.

1. Die Kammer durfte in der Besetzung entscheiden, in der sie letztlich entschieden hat. Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 22.02.2016 wegen Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden der 17. Kammer nach § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) ist mit Beschluss vom 03.03.2016 (Az. 1 SF 42/16 AB) zurückgewiesen worden.

2. Die Entscheidung konnte ohne die Kläger in der Hauptsache ergehen, weil die Kläger in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung vom 02.09.2016 auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind. Zwar hat das Gericht in der Ladung das persönliche Erscheinen der Kläger angeordnet, jedoch nur zum Zweck der Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten, um etwa eine vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits herbeizuführen. Die Anordnung ist in mündlicher Verhandlung durch Kammerbeschluss aufgehoben worden, nachdem die Kläger unentschuldigt nicht zum Termin erschienen sind. Aus der Anordnung des persönlichen Erscheinens ist im vorliegenden Fall nicht darauf zu schließen gewesen, dass ohne das Erscheinen der Kläger eine Sachentscheidung nicht ergehen durfte (vgl. hierzu BSG, Beschl. vom 31.01.2008, B 2 U 311/07 B, juris, Rdnr. 4 f.).

3. Streitgegenständlich ist die Verpflichtung des Beklagten, die angegriffenen Bescheide nach § 44 SGB X zurückzunehmen. Dies ergibt sich aus der Auslegung des Sachvortrages der Kläger.

Gemäß § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Durch diese Vorschrift wird unter anderem der wesentliche Grundsatz auch des sozialgerichtlichen Verfahrens zum Ausdruck gebracht, dass das Gericht nur über die vom Kläger zur Entscheidung gestellten Anträge entscheiden darf. Diese Bindung des Gerichts bezieht sich auf den erhobenen Anspruch, nicht auf die Fassung der Anträge. Wenn die Klage keinen im Sinne des § 92 SGG bestimmten Antrag enthält, der eine zweifelsfreie Bestimmung des Gewollten ermöglicht, muss das Gericht mit den Beteiligten klären, was gewollt ist, und darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs. 1, § 112 Abs. 2 Satz 2 SGG). Erforderlichenfalls muss der Antrag entsprechend § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgelegt werden; hiernach ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind das gesamte Vorbringen und alle bekannten Umstände zu berücksichtigen.

Vorliegend ergibt die Auslegung, dass die Kläger eine Verpflichtung des Beklagten begehren, auf der ersten Stufe seine Eingliederungsmaßnahmen in Gestalt von Meldeaufforderungen und Eingliederungsverwaltungsakten und daraus resultierend auf der zweiten Stufe seine Sanktionsbescheide zurückzunehmen und sodann auf der dritten Stufe die einbehaltenen Leistungen zuzüglich eines von den Klägern für angemessen gehaltenen Betrages als Folgenbeseitigung an die Kläger auszuzahlen. Dies haben die Kläger in ihrer Klagebegründung unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Rechtsnormen des § 44 SGB X und § 40 Abs. 1 SGB II klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Da die Kläger bereits in der Vergangenheit sämtliche Versuche des Sozialgerichts Bayreuth sowie des Bayerischen Landessozialgerichts, auf eine aus Sicht der Gerichte sachdienlichere Antragstellung hinzuwirken (vgl. den Schriftverkehr im Zusammenhang mit den Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit von Meldeaufforderungen, S 13 AS 825/13 und L 11 AS 734/13 sowie S 13 AS 881/13 und L 11 AS 735/13, unter Hinweis auf den Wortlaut ihrer Anträge) jeweils abgelehnt haben, verbietet sich auch im vorliegenden Fall eine andere Auslegung.

4. Damit ist statthaft hinsichtlich der vor Klageerhebung ergangenen Meldeaufforderungen (21.03.2013 bis 02.12.2015) grundsätzlich die Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, da die Kläger eine Verpflichtung des Beklagten zum Erlass der gewünschten Rücknahmebescheide nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X begehren.

Es liegen jedoch keine Entscheidungen des Beklagten vor, durch welche er möglicherweise als Überprüfungsanträge zu deutende Anträge der Kläger abgelehnt hätte. Zu einer Rücknahme von Bescheiden nach § 44 SGB X sind nur die Behörden auf Antrag oder von Amts wegen befugt. Die Befugnisse eines Gerichts reichen im Zugunstenverfahren nur dahin, einen negativen Zugunstenbescheid aufzuheben und die Behörde zu verpflichten, den ursprünglichen Bescheid zurückzunehmen sowie ggf. Leistungen zu gewähren. Die in den Widerspruchsbescheiden enthaltenen Entscheidungen vom 17.12.2014, 18.12.2014, 19.12.2014, 22.12.2014 und 05.01.2015 betrafen lediglich die (von den Klägern nicht beantragte) Überprüfung der Sanktionsbescheide seit 01.07.2013 bis 18.07.2014, nicht jedoch die Überprüfung von Meldeaufforderungen.

Gleichwohl war vorliegend das Verfahren nicht nach § 114 Abs. 2 Satz 1 SGG bis zu einer Entscheidung des Beklagten über Anträge nach § 44 SGB X und über den dann zu erhebenden Widerspruch auszusetzen. Die angegriffenen Meldeaufforderungen bis Klageerhebung haben sich durch Zeitablauf sämtlich erledigt; die letzten Meldeaufforderungen datieren vom 02.12.2015 zu Meldeterminen am 17.12.2015, die Klage wurde am 29.01.2016 erhoben. Die Aufhebung der Meldeaufforderungen wäre daher ohne rechtliche Auswirkung für die Kläger, weshalb nicht ersichtlich ist, welches rechtlich geschützte Interesse die Kläger mit der begehrten Verpflichtung des Beklagten verfolgen, die Meldeaufforderungen zurückzunehmen.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die Rechtmäßigkeit von Meldeaufforderungen als Vorfrage für die Feststellung eines Meldeversäumnisses inzident im Verfahren gegen den hierauf basierenden Sanktionsbescheid zu überprüfen, weil sich die Meldeaufforderung als solche durch Zeitablauf erledigt hat (vgl. BSG, Urt. vom 29.04.2014, B 14 AS 19/14 R, juris, Rdnr. 30).

Zudem wären Anträge nach § 44 SGB X hinsichtlich der Meldeaufforderungen auch deshalb abzulehnen, weil die Voraussetzung des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, dass Sozialleistungen wegen des angegriffenen Verwaltungsaktes zu Unrecht nicht erbracht wurden oder Beiträge zu Unrecht nicht erhoben wurden, nicht erfüllt ist. Die angegriffenen Meldeaufforderungen führen für sich betrachtet nicht dazu, dass Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht werden, da sie eine Regelung über Sozialleistungen nicht treffen, sondern erst das Nichterscheinen der Kläger zu der Meldung ohne wichtigen Grund führt über § 32 SGB II zu einer Minderung ihres Arbeitslosengeldes II und zu einer Feststellung dieser Minderung seitens der Behörde, dem „Sanktionsbescheid“.

5. Meldeaufforderungen nach Klageerhebung sind nicht Streitgegenstand geworden. Nach § 96 Abs. 1 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung nur Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den abgeänderten Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Diese Voraussetzung ist für weitere Meldeaufforderungen des Beklagten nicht erfüllt. Meldeaufforderungen erledigen sich mit Ablauf des Meldetermins durch Zeitablauf und verlieren damit gemäß § 39 Abs. 2 SGB X ihre Wirksamkeit. Eine Abänderung oder Ersetzung eines unwirksamen Verwaltungsaktes kommt denklogisch nicht in Betracht.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; sie entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits.

Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Oktober 2012 aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. April 2010 zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit ist (noch) die Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes über die darlehensweise Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), soweit mit diesem Bescheid Darlehenszinsen verlangt worden sind, sowie die Rückzahlung dieser von der Klägerin bereits gezahlten Zinsen iHv 2019,08 Euro.

2

Der Klägerin wurden ab 1.10.2002 bis Ende Oktober 2004 Leistungen der Sozialhilfe (nur) darlehensweise bewilligt, weil sie Miteigentum an einem Grundstück nicht sofort verwerten konnte (Bescheid vom 20.9.2002; Widerspruchsbescheid vom 10.12.2004). Im Darlehensbescheid ist ua Folgendes ausgeführt:

        

"Das Darlehen ist von dem Zeitpunkt an, zu dem Ihnen jeweils Sozialhilfe ausgezahlt wird, mit 4 vH zu verzinsen. Die Zinsen werden bis zur Fälligkeit der Darlehensschuld gestundet. …

Sobald das Darlehen fällig wird, ist die Schuld mit 5 vH über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank - höchstens aber mit 10 vH - zu verzinsen."

3

Nachdem die Klägerin im Herbst 2004 rund 89 000 Euro aus dem Grundstücksverkauf erhalten hatte, forderte der Beklagte gezahlte Sozialhilfe (21 975,45 Euro) einschließlich Zinsen und einer Mahngebühr zurück (Bescheide vom 14.1.2005 und 28.6.2005). Im August 2005 beglich die Klägerin die gesamte Forderung einschließlich der Zinsen und der Mahngebühr.

4

Gegen den Bescheid vom 20.9.2002 hatte die Klägerin bereits zuvor Klage beim Sozialgericht (SG) Berlin erhoben (S 50 SO 215/05). Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG im Dezember 2006 nahm sie die Klage jedoch zurück, nachdem der Beklagte erklärt hatte, die Zinsforderung erneut zu prüfen.

5

In Ausführung dazu stellte der Beklagte fest, "dass die Hauptforderung in Höhe von 21 975,45 Euro und die Nebenforderungen in Höhe von 2070,18 Euro (Zinsen 2019,08 Euro, Mahngebühren 51,10 Euro) von der Klägerin gezahlt seien und die Forderung erfüllt" sei (Bescheid vom 21.12.2006). Den Widerspruch der Klägerin, in der Sache beschränkt auf die Zinsen und die Mahngebühr, wies der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 20.2.2008).

6

Während das SG den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.2.2008 verpflichtet hat, "den Darlehensbescheid vom 20.9.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2004 insoweit zurückzunehmen, als eine Verzinsung der Darlehensschuld angeordnet" worden ist, darüber hinaus den Bescheid vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.2.2008 insoweit aufgehoben hat, als Mahngebühren in Höhe von 51,10 Euro erhoben worden sind, und den Beklagten zugleich verurteilt hat, der Klägerin 2070,18 Euro zurückzuzahlen (Urteil vom 26.4.2010), hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, nachdem der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Mahngebühren aufgehoben und die Klägerin die Klage insoweit zurückgenommen hat, die Klage abgewiesen (Urteil vom 18.10.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, zu Recht sei das SG zwar davon ausgegangen, dass Zinsen durch Verwaltungsakt nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung verlangt werden könnten, die das BSHG nicht enthalte. Doch sei die Berechtigung zur Verzinsung der Regelung des § 89 BSHG(seit 1.1.2005: § 91 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe -) immanent; denn durch die Verwendung des Begriffs "Darlehen" habe der Gesetzgeber auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Bezug genommen, die eine Verzinsung ermöglichten. Seit der Schuldrechtsreform zum 1.1.2002 sei nach § 488 BGB im Zweifel davon auszugehen, dass eine Darlehensschuld verzinst werde. Die Möglichkeit der Verzinsung sei folglich unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls und der sozialhilferechtlichen Grundentscheidungen des BSHG zu prüfen. Vor diesem Hintergrund sei die Argumentation des Beklagten nicht zu beanstanden, die Klägerin sei während des Sozialhilfebezugs eigentlich vermögend gewesen und habe sich durch das Darlehen des Sozialhilfeträgers die Aufnahme eines Kredits mit hinausgeschobenem Tilgungsbeginn zu weitaus ungünstigeren Konditionen erspart. Es sei folglich nicht einzusehen, warum sie auf Kosten der Allgemeinheit von den typischen Pflichten einer Darlehensnehmerin befreit werden sollte.

7

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision und rügt einen Verstoß gegen § 89 BSHG und § 91 SGB XII. Zinsen hätten allenfalls dann verlangt werden können, wenn dies vertraglich vereinbart worden wäre.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz).

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.2.2008 (§ 95 SGG). In der Sache ist der Streit auf die Verpflichtung des Beklagten zur teilweisen Aufhebung des Darlehensbescheids hinsichtlich der Zinsforderung sowie die daraus resultierende Erstattung der bereits geleisteten Zinsen (2019,08 Euro) beschränkt. Bei der Zinsforderung handelt es sich um eine eigenständige, von der darlehensweisen Bewilligung der Sozialhilfe abtrennbare Verfügung. Für die nach öffentlich-rechtlichen Maßstäben zu beurteilende Frage des Streitgegenstands ist es unerheblich, ob die - tatsächliche oder vermeintliche - Pflicht zur Zinszahlung im zivilrechtlichen Vertragsverhältnis eine im Synallagma stehende Hauptpflicht des Darlehensnehmers ist (dazu Weidenkaff in Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 488 BGB RdNr 8 mwN).

13

Gegen die streitgegenständliche Verfügung wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG), letztere zulässigerweise gerichtet auf eine künftige Leistung. Denn der Beklagte hat aufgrund seiner Erklärung vor dem SG im Verfahren S 50 SO 215/05, den nach Klagerücknahme bestandskräftigen ursprünglichen Darlehensbescheid vom 20.9.2002 im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) dahin überprüft, ob auf die darlehensweise gewährten Leistungen Zinsen zu zahlen sind; danach ist die Zinsverfügung zurückzunehmen. Richtiger Beklagter ist das Land Berlin; das Gesetz zur Ausführung des SGB XII (vom 7.9.2005 - Gesetz- und Verordnungsblatt 467) sieht eine Beteiligtenfähigkeit von Behörden (§ 70 Nr 3 SGG) nicht vor.

14

Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung des bestandskräftigen Bescheids bildet § 44 Abs 2 SGB X. § 44 Abs 1 SGB X findet keine Anwendung; denn davon erfasst sind nur hier nicht im Streit stehende Verwaltungsakte, die Sozialleistungen iS des § 11 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I), also Ansprüche des Bürgers gegen den Staat, oder zu Unrecht erhobene Beiträge zum Gegenstand haben. Nach § 44 Abs 2 Satz 1 SGB X ist außer in den Fällen des Absatzes 1 ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise nur mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann jedoch nach Abs 2 Satz 2 auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Das dem Beklagten dabei nach § 44 Abs 2 Satz 2 SGB X grundsätzlich eingeräumte Ermessen war hier auf Null reduziert, weil er im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG(S 50 SO 215/05) eine Überprüfung des bestandskräftigen Bescheids vom 20.9.2002 zugesichert hatte.

15

Dieser Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2004 ist für die Vergangenheit zurückzunehmen, sodass im Rahmen des Folgenbeseitigungsanspruchs (§ 131 Abs 1 Satz 1 SGG) die gezahlten Zinsen danach zu erstatten sind. Weder existiert eine Rechtsgrundlage für die Zinsforderung, noch liegt eine planwidrige Regelungslücke vor, die im Wege der Analogie geschlossen werden könnte.

16

Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung für die Erhebung von Zinsen folgt bereits aus dem einfachgesetzlichen Gesetzesvorbehalt des § 31 SGB I, wonach Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs - das BSHG zählte nach § 68 Nr 11 SGB I in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung zu den besonderen Teilen des SGB -, nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden dürfen, soweit ein Gesetz dies vorschreibt oder zulässt (zu § 24 Abs 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - vgl nur: Greiser in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 42a RdNr 12 mwN; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 42a RdNr 78, Stand Februar 2012; eine Verzinsung auch ohne gesetzliche Grundlage befürwortet bzw hält zu Unrecht für möglich Lücking in Schellhorn/ Schellhorn/Hohm, 18. Aufl 2010, § 91 RdNr 17, und ders in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 91 RdNr 17, 19, Stand August 2011). Doch fand sich im BSHG, insbesondere in § 89 BSHG, keine Ermächtigungsgrundlage für die Verzinsung von Ansprüchen auf Rückzahlung eines Darlehens. Auch § 44 Abs 1 SGB I, wonach Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen sind, kommt als Eingriffsnorm nicht in Betracht. Bei der Darlehensforderung des Beklagten handelt es sich nicht um eine Geldleistung iS der Regelung. Davon erfasst sind nur hier nicht streitbefangene Ansprüche des Bürgers gegen den Staat, die diesem zur Verwirklichung seiner sozialen Rechte gewährt, aber im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit noch nicht gezahlt wurden. § 27 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) regelt nur die Verzinsung zu Unrecht entrichteter Beiträge, die hier ebenso wenig im Streit steht. Auch die Anwendung des § 50 Abs 2a SGB X, der die Verzinsung bestimmter Erstattungsforderungen des Staates gegen den Bürger vorsieht, scheidet aus.

17

Würde man die Zinsforderung als Nebenstimmung zur Verfügung über die Bewilligung des Darlehens erachten (so: Mecke in juris PraxisKommentar SGB XII, 2. Aufl 2014, § 91 RdNr 25; Groth in Berlit/Conradis/Sartorius, Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl 2013, Kap 15 RdNr 46; unklar Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl 2014, § 91 RdNr 16; Geiger in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, § 91 RdNr 6),ergäbe sich nichts anderes. Ob es sich um eine Nebenbestimmung handelt, kann deshalb offen bleiben. Die Voraussetzungen des § 32 Abs 1 SGB X, wonach ein Verwaltungsakt über die Erbringung einer Leistung (Darlehen), die keine Ermessensleistung darstellt, nur mit einer entsprechenden Nebenbestimmung (Zinsen) versehen werden darf, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Leistungsbewilligung erfüllt werden, liegen jedenfalls nicht vor.

18

Auch § 32 Abs 2 SGB X kommt nicht zur Anwendung. Beim Darlehen nach dem hier maßgeblichen § 89 BSHG (Hauptleistung) handelt es sich nämlich im vorliegenden Fall nicht um eine Ermessensleistung. Zwar soll nach dem hier noch anwendbaren § 89 Satz 1 BSHG - die Verfügung ist vor dem 1.1.2005 ergangen - Sozialhilfe als Darlehen erbracht werden, soweit für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen ist, jedoch die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist. Soll-Vorschriften räumen der Behörde jedoch im Regelfall kein Ermessen ein, sondern ermöglichen über den Regelungsinhalt hinausgehende Rechtsfolgen und Abweichungen nur ausnahmsweise in atypischen, besonders gelagerten Fällen, wobei dann Ermessen auszuüben ist (vgl nur BSG SozR 4-3100 § 18c Nr 2 RdNr 43 mwN). Solche sind hier nicht festgestellt; die Situation der Klägerin, der die Verwertung des Miteigentumsanteils nicht sofort möglich war, stellt vielmehr einen typischen Anwendungsfall der Leistungsgewährung nach § 89 BSHG dar. Da der Beklagte die Handlungsform des Verwaltungsakts gewählt hat, bedarf es keiner Ausführungen, wieso es ihm in Abweichung von § 53 Abs 2 SGB X überhaupt freigestanden hätte, zwischen der Leistungsgewährung durch Verwaltungsakt oder der durch Vertrag zu wählen(zur sog allgemeinen Formwahlfreiheit vgl Aschermann, ZfF 1989, 121 ff; kritisch hierzu Schlette, ZFSH/SGB 1998, 154 ff). Auf § 55 Abs 2 SGB X, wonach eine Gegenleistung bei einer gebundenen Entscheidung im Vertrag nur vereinbart werden kann, wenn diese auch Inhalt einer Nebenbestimmung nach § 32 SGB X sein könnte, soll deshalb nur ergänzend hingewiesen werden.

19

Die Berechtigung zur Verzinsung des Darlehens ergibt sich auch nicht aus der Rechtsnatur des Darlehens selbst. Bereits zivilrechtlich ist ein Darlehen nur dann verzinslich, wenn dies vereinbart worden ist (§ 488 BGB), also allenfalls dann, wenn zwischen den Beteiligten ein Darlehensvertrag entsprechenden Inhalts - ggf konkludent - geschlossen wurde. Auch der Umstand, dass seit der Schuldrechtsreform durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts zum 1.1.2002 die Verzinslichkeit des Darlehens möglicherweise den Regelfall bildet, zwingt nicht zu den vom LSG hieraus gezogenen Schlüssen. Denn § 89 BSHG konnte zum einen ursprünglich allenfalls an die Regelungen der §§ 607 ff BGB in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung anknüpfen, wonach ein Darlehen nur aufgrund besonderer Vereinbarung zu verzinsen war (§ 608 BGB). Bedeutsamer ist jedoch, dass auch § 488 Abs 1 Satz 2 BGB in der ab 1.1.2002 geltenden Fassung nicht von einer solchen Vereinbarung ("geschuldeter Zins") enthebt, dh, nach wie vor kann ein Darlehen auch zivilrechtlich als Unentgeltliches vereinbart werden. Anhaltspunkte dafür, dass mit der Schuldrechtsreform zugleich eine inhaltliche Änderung des Sozialhilferechts verbunden sein sollte, bestehen ohnedies nicht. Die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB (BT-Drucks 15/1514, S 66 zu § 86) enthält dafür keinen Hinweis. Darin ist lediglich ausgeführt: "Die Vorschrift überträgt inhaltsgleich den bisherigen § 89 des Bundessozialhilfegesetzes".

20

Ein "übergeordnetes" sozialhilferechtliches Prinzip, das die Zinsforderung rechtfertigen könnte, kann ebenso wenig als Grundlage für den Zinsanspruch herangezogen werden. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass es keine über dem geschriebenen Recht stehende "Supranormen" gibt, die gesetzliche Regelung konterkarieren dürften (BSG SozR 4-3520 § 9 Nr 1 RdNr 14; SozR 4-1300 § 44 Nr 15 RdNr 19) oder bei ihrem Fehlen gar eine solche ersetzen könnten. Prinzipien können vielmehr allenfalls aus den jeweiligen maßgeblichen Normen entwickelt werden, mithin weder dazu genutzt werden, explizite gesetzliche Regelungen in ihr Gegenteil zu kehren, noch dazu, fehlende gesetzliche Regelungen, wie hier zum Zinsanspruch, zu ersetzen.

21

Auch eine analoge Anwendung der genannten Zinsvorschriften, insbesondere des § 44 SGB I, kommt nicht in Betracht. Eine Analogie, die Übertragung einer gesetzlichen Regelung auf einen Sachverhalt, der von der betreffenden Vorschrift nicht erfasst wird, ist nur geboten, wenn dieser Sachverhalt mit dem geregelten vergleichbar ist und nach dem Grundgedanken der Norm und damit dem mit ihr verfolgten Zweck dieselbe rechtliche Bewertung erfordert (vgl BSG SozR 3-2500 § 38 Nr 2 S 10). Daneben muss eine (unbewusste) planwidrige Regelungslücke vorliegen (BVerfGE 82, 6, 11 ff mwN; BSGE 77, 102, 104 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1 S 3; BSGE 89, 199, 202 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 21 S 95 f mwN). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

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Eine analoge Anwendung des § 44 SGB I scheidet für andere Personen als Empfänger einer Geldleistung aus(BSGE 71, 72, 74 = SozR 3-7610 § 291 Nr 1 S 4; BSG SozR 3-1300 § 61 Nr 1 S 3); insoweit fehlt es an der Vergleichbarkeit der Interessenlage. Entsprechendes gilt hinsichtlich des § 27 SGB IV oder des § 50 Abs 2a SGB X. Es fehlt zudem an einer Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat in § 89 Satz 2 BSHG ausdrücklich Voraussetzungen normiert, von denen die Leistungserbringung abhängig gemacht werden kann, nämlich die Sicherung des Rückzahlungsanspruchs auf dingliche oder andere Weise. Gesichert werden soll also nach dem Willen des Gesetzgebers nur die Rückzahlung des Darlehens selbst, nicht aber soll die Gewährung eines Darlehens von einem finanziellen Ausgleich (Vergütung) für die zeitweise Überlassung von Geld abhängig gemacht werden können. Schon angesichts dieser die Darlehensgewährung bereits einschränkenden Regelung, die sich bei anderen Darlehenstatbeständen im BSHG (etwa §§ 15a, 15b, 27 Abs 2, 30 Abs 3) gerade nicht fand, ist von einer abschließenden gesetzlichen Regelung auszugehen. Im Übrigen war dem Gesetzgeber bekannt, dass im Sozialrecht neben den gesetzlich geregelten Fällen weitere Ansprüche auf Geldleistungen verschiedenster Art existieren. Dennoch hat er für entsprechende Ansprüche von der Schaffung von Zinsregelungen abgesehen und es darüber hinaus abgelehnt, den Anwendungsbereich bereits bestehender Zinsregelungen auf alle Ansprüche des Bürgers gegen den Staat auszudehnen (vgl BT-Drucks 7/868, S 30 und S 42 zu § 44 SGB I, sowie 7/4122, S 34 zu §§ 22 bis 29 SGB IV; BSGE 71, 72, 76 = SozR 3-7610 § 291 Nr 1 S 4; BSGE 76, 233, 240 = SozR 3-1750 § 945 Nr 1 S 9 f); erst recht schließt dies die Annahme einer unbewussten Regelungslücke aus.

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Ist der Darlehensbescheid folglich nach § 44 Abs 2 SGB X aufzuheben, sind der Klägerin danach die gezahlten 2019,08 Euro zu erstatten. Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch der Klägerin ist der allgemeine Folgenbeseitigungsanspruch (§ 131 Abs 1 Satz 1 SGG). Dieser zielt, anders als der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, der auf die Rückgängigmachung rechtsgrundlos erlangter Leistungen gerichtet ist (vgl dazu nur: Schoch, Jura 1994, 82 ff; Weber, JuS 1986, 29 ff), auf die Rückgängigmachung der unmittelbaren Folgen einer rechtswidrigen Amtshandlung, insbesondere bei vollzogenen, rechtswidrigen Verwaltungsakten (BSGE 76, 233, 239 = SozR 3-1750 § 945 Nr 1 S 8; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl 2012, § 113 RdNr 80 mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 131 RdNr 4 mwN). Die Klägerin hat nach Rücknahme des Zinsbescheids Anspruch auf Erstattung des darauf Geleisteten; denn auf deren Zahlung war die Forderung des Beklagten unmittelbar gerichtet. Für die Frage der Unmittelbarkeit ist ohne Bedeutung, dass der Beklagte nach Erlass der ursprünglichen Bescheide und der Zahlung durch die Klägerin erst gemäß § 44 SGB X nochmals in die Prüfung der Rechtmäßigkeit seiner Forderung eingetreten ist. Denn das Erfordernis der Unmittelbarkeit soll nur die Rückgängigmachung solcher hier nicht im Streit stehender Handlungen ausschließen, die lediglich mittelbare Folge einer rechtswidrigen Amtshandlung sind, also zB die Aufnahme eines Kredits durch den Erstattungspflichtigen, um die geltend gemachte Forderung zu bezahlen, nicht aber solcher, auf deren Eintritt die Amtshandlung unmittelbar gerichtet war.

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Von einer klarstellenden Korrektur des erstinstanzlichen Tenors im Hinblick auf die Teilerledigung des Rechtsstreits (§ 102 Abs 1 Satz 2 SGG) durch die von der Klägerin im Berufungsverfahren erklärte Teilklagerücknahme hat der Senat abgesehen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.