Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 27. Nov. 2014 - L 17 AS 743/14 B ER

27.11.2014

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Der Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 06.10.2014 wird abgeändert.

II.

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für den Zeitraum vom 01.10.2014 bis 30.11.2014 Leistungen in Höhe von 608,90 € monatlich zu zahlen. Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.

III.

Der Antragsgegner hat für beide Instanzen die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers jeweils zu 1/2 zu erstatten.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Streitig ist der vollständige Wegfall des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 01.09.2014 bis 30.11.2014 wegen einer Leistungskürzung.

Der 1962 geborene, alleinstehende Antragsteller (Ast.) bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Zuletzt wurden ihm mit Bescheid vom 24.06.2014 für den Bewilligungszeitraum 01.07.2014 bis 31.12.2014 Leistungen bewilligt, für die Zeit vom 01.07.2014 bis 30.09.2014 in Höhe von 0,00 Euro, danach in Höhe von 648,00 Euro monatlich. Die Festsetzung auf 0,00 Euro beruht auf einem Sanktionsbescheid des Jobcenters vom 11.06.2014. Gegen die Bescheide vom 11.06.2014 und vom 24.06.2014 wurde jeweils Widerspruch eingelegt.

Am 07.04.2014 war mit dem Ast. eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen worden mit dem Ziel der Aufnahme einer Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt. Der Ast. verpflichtete sich darin u. a., beginnend mit dem Datum der Unterzeichnung monatlich mindestens zwei Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und Bewerbungsnachweise jeweils bis zum 4. des Folgemonats - erstmals zum 04.05.2014 - nachzuweisen, z. B. in Form von Kopien der Bewerbungen, Eingangsbestätigungen, Absagen, Auflistung der getätigten Bewerbungen. Bei Arbeitsunfähigkeit ist eine Bescheinigung hierzu vom Arzt umgehend ab dem ersten Tag vorzulegen.

Gegen den Ast. wurden bereits in der Vergangenheit Sanktionen verhängt. Mit Bescheiden vom 15.05.2013 und vom 24.09.2013 wurde das ALG II um 30 bzw. 60% des maßgebenden Regelbedarfs für jeweils drei Monate abgesenkt. Zuletzt wurde mit Sanktionsbescheid vom 11.06.2014 ein vollständiger Wegfall des Arbeitslosengeldes II wegen wiederholter Pflichtverletzung für den Zeitraum 01.07.2014 bis 30.09.2014 festgestellt, da der Ast. der mit Eingliederungsvereinbarung vom 07.04.2014 vereinbarten Maßnahme AViBa beim Träger U. L. ferngeblieben war.

Nachdem der Ast. Keinen Nachweis über Eigenbemühungen für den Zeitraum 05.05.2014 bis 04.06.2014 vorgelegt hatte, stellte der Antragsgegner (Ag.) nach vorheriger schriftlicher Anhörung (Schreiben vom 11.06.2014) mit Bescheid vom 22.08.2014 wegen einer wiederholten Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGB II (vorangegangene Pflichtverletzung siehe Minderungsbescheid vom 11.06.2014) erneut den vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 01.09.2014 bis 30.11.2014 fest. Zur Begründung führte der Ag. aus, dass der Ast. entgegen der Eingliederungsvereinbarung keine zwei Eigenbemühungen im Zeitraum 05.05.2014 bis 04.06.2014 nachgewiesen habe. Er habe die Eigenbemühungen auch nicht nachgereicht, obgleich in einem persönlichen Gespräch am 18.06.2014 über die Anhörung vom 11.06.2014 gesprochen und vereinbart worden sei, dass der Ast. die Eigenbemühungen innerhalb der Anhörungsfrist bis zum 02.07.2014 nachreichen könne. Der Sanktionsbescheid wie auch die vorherige Anhörung enthielten den Hinweis auf die Möglichkeit ergänzender Sachleistungen oder geldwerter Leistungen.

Gegen den Bescheid vom 22.08.2014 legte der Ast. Widerspruch ein. Er habe keine Eigenbemühungen unternehmen können, da er ab dem 05.05.2014 krankgeschrieben und auch schon vorher arbeitsunfähig krank gewesen sei. Aufgrund seines schlechten Knies sei er durchgehend bis zum 05.09.2014 krankgeschrieben gewesen.

Mit weiterem, ebenfalls mit Widerspruch angefochtenem Bescheid vom 22.09.2014 stellte der Ag. eine Minderung des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 01.10.2014 bis 31.12.2014 fest, da der Ast. zu einem Meldetermin am 08.09.2014 nicht erschienen sei. Mit Bescheid vom 30.09.2014 versagte der Ag. die Leistungen ab dem 01.10.2014 ganz, da der Ast. Einladungen zum 05.08.2014, 08.09.2014 und 18.09.2014 nicht nachgekommen sei, so dass Leistungen nach § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) für die Zukunft versagt werden könnten. Auch dagegen legte der Ast. Widerspruch ein.

Am 28.08.2014 hat der Ast. beim Sozialgericht Würzburg die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt und die Zahlung der Leistungen in ungekürzter Höhe beantragt.

Mit Beschluss vom 06.10.2014 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.

Hiergegen hat der Ast. Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht erhoben, die nicht weiter begründet wurde.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 06.10.2014 aufzuheben, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 22.08.2014 anzuordnen und den Antragsgegner zu verpflichten, ihm Leistungen in ungekürzter Höhe für Unterkunft und Heizung und den Regelbedarf zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 06.10.2014 zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.

II.

Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig (§§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und teilweise begründet. Zwar ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Ast. gegen den Sanktionsbescheid vom 22.08.2014 nicht anzuordnen, doch war der Ag. im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Ast. für den Zeitraum Oktober und November 2014 Leistungen zu gewähren.

Das Begehren des Ast. ist auszulegen (§ 123 SGG). Er will erreichen, dass er für den vom Sanktionsbescheid vom 22.08.2014 erfassten Zeitraum und auch weiterhin (ungekürzte) Leistungen vom Ag. erhält. Dies setzt voraus, dass die gesetzlich vorgesehene Sofortvollziehbarkeit dieses Bescheides beseitigt wird (dazu unter 1) und dass er einen Anspruch auf Gewährung der begehrten Leistungen hat (dazu unter 2).

1. Wegen des erstgenannten Begehrens ist statthaft ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs (der auch eine nachfolgende Klage erfassen würde, vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg vom 17.01.2006, L 29 B 1104/05 AS ER juris Rn. 22; LSG Nordrhein-Westfalen vom 17.01.2005, L 2 B 9/03 KR ER) des Ast. gegen die Feststellung von Pflichtverletzungen und der Minderung des „Auszahlungsanspruchs“ für den Zeitraum vom 01.09.2014 bis 30.11.2014. Denn der dagegen gerichtete Rechtsbehelf hat keine aufschiebende Wirkung, § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 SGB II. Das Gericht der Hauptsache kann aber gemäß § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

In Anfechtungssachen wie der vorliegenden ist auf der Grundlage dieser Vorschrift eine Abwägung des Interesses des Antragstellers am Nichtvollzug und des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des angegriffenen Verwaltungsakts durchzuführen. Dabei sind wegen der verfassungsrechtlich fundierten Sicherungs- und Rechtsschutzfunktion des Eilverfahrens grundsätzlich die Abwägungselemente des prospektiven Hauptsacheerfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen zu beachten. Die Gewichtung der einzelnen Abwägungselemente hängt unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Ausgestaltung des fachgerichtlichen Eilverfahrens vom Rechtsschutzziel ab. Je schwerer die drohende Rechtsverletzung ist, umso höher sind die Anforderungen an die Genauigkeit der Prognose des Hauptsacheerfolgs zu stellen, um auf dieses Abwägungselement eine Ablehnung des Eilantrags zu stützen; gegebenenfalls muss sogar im Eilverfahren bereits eine abschließende Prüfung durchgeführt werden, um den Eilantrag wegen fehlender Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens ablehnen zu können.

Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben ist vorliegend die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Ast. nicht anzuordnen, weil der Senat zu der vollen Überzeugung gelangt ist, dass der Ast in einer den Bescheid vom 22.08.2014 betreffenden Hauptsache keinen Erfolg haben wird. Es fehlt daher bereits an einem sicherungsfähigen Recht des Ast. (vgl. zum Erfordernis eines sicherungsfähigen Rechts BVerfG vom 29.07.2003, 2 BvR 311/03, juris Rn. 14). Die aufschiebende Wirkung ist demnach vorliegend nicht anzuordnen, da der Verwaltungsakt vom 22.08.2014 rechtmäßig ist.

Bei einer Pflichtverletzung nach § 31 SGB II mindert sich das ALG II in einer ersten Stufe um 30 Prozent des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person maßgebenden Regelbedarfs (§ 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II). Bei der ersten wiederholten Pflichtverletzung mindert sich das ALG II um 60 Prozent des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person maßgebenden Regelbedarfs (§ 31a Abs. 1 Satz 2). Voraussetzung für die vom Ag. insofern festgestellte Minderung des Auszahlungsanspruchs ist jeweils eine Pflichtverletzung iSv § 31 SGB II. Die ersten beiden Pflichtverletzungen sind durch die wirksamen Bescheide vom 15.05.2013 und 24.09.2013 festgestellt. Auch die vom Bescheid vom 22.08.2014 angenommene Pflichtverletzung liegt vor.

Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte u. a. ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis sich weigern, in der EGV oder in dem diese ersetzenden Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen. Voraussetzung ist dabei aber jedenfalls, dass die „festgelegte Pflicht“ des Leistungsberechtigten hinreichend bestimmt ist. Dies wiederum ist nur der Fall, wenn die Pflicht dem Leistungsberechtigten nach Maßgabe seines Empfängerhorizontes das ihm abverlangte Verhalten unzweifelhaft erkennbar macht, wobei Unklarheiten zulasten des Ag. gehen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.02.2007 - L 28 B 166/07 AS ER, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.10.2006 - L 1 B 27/06 AS ER; Münder in: LPK-SGB II, 4. Aufl, § 31 Rn. 20; Rixen in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl, § 31 Rn. 13).

Die in der EGV vom 07.04.2014 festgelegten, vom Ast. geforderten Bemühungen genügen diesen Vorgaben, insbesondere ist hinreichend bestimmt, ab wann (Datum der Unterzeichnung: 07.04.2014) und in welcher Form der Ast. seine Eigenbemühungen nachzuweisen hatte. Diese Pflicht hat der Ast. verletzt, da er dem Ag., insofern unstreitig, für den Monat Mai 2014 keine Eigenbemühungen nachgewiesen hat. Der Ast. hat damit keine selbstständigen Bemühungen zur Aufnahme von Arbeit unternommen. Entsprechend legte er auch keinerlei Nachweise über Bewerbungen vor. Er holte die Eigenbemühungen auch nicht innerhalb der Anhörungsfrist nach, obgleich dies bei seiner persönlichen Vorsprache am 18.06.2014 so besprochen wurde.

Einen wichtigen Grund für sein Verhalten hat der Ast. weder im Rahmen seiner Anhörung noch im gerichtlichen Verfahren glaubhaft gemacht, wie das SG zu Recht ausgeführt hat.

Soweit der Ast. geltend macht, dass er seinen Bewerbungsbemühungen aus gesundheitlichen Gründen nicht habe nachkommen können, kann sich der Senat hiervon nicht überzeugen. Für den hier maßgeblichen Zeitraum 05.05.2014 bis 04.06.2014 hat der Ast. noch nicht einmal Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt, obgleich gemäß der Eingliederungsvereinbarung bei Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung hierüber umgehend ab dem 1. Tag vorzulegen gewesen wäre. Ausweislich der Behördenakte wurde indes Arbeitsunfähigkeit nur bis zum 30.04.2014 und ab 20.06.2014 bis 25.07.2014 bestätigt. Es kann daher dahinstehen, ob eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung allein überhaupt geeignet gewesen wäre, den Ast. von seiner Verpflichtung zum Nachweis von Eigenbemühungen zu entbinden. Auch ein ansonsten geeigneter Nachweis darüber, dass der Ast. aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war, die geforderten zwei Bewerbungsbemühungen pro Monat zu unternehmen und nachzuweisen, ist nicht ersichtlich. Ein solcher ergibt sich weder aus dem ärztlichen Gutachten von Dr. E. vom 17.03.2014 noch aus der Heilmittelverordnung vom 10.07.2014. Zwar hat Dr. E. Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit nach dem erlittenen Schlaganfall festgestellt. Er bejaht jedoch noch ein 3- bis 6-stündiges Leistungsvermögen des Antragstellers für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen. Indem lediglich zwei Bewerbungsbemühungen pro Monat gefordert werden, wird dem eingeschränkten Leistungsvermögen des Ast. Rechnung getragen. Die Heilmittelverordnung belegt einen Zustand nach Schlaganfall und Hemiparese 2001 die eine zentral bedingte Muskelhypotonie und damit die von Dr. E. festgestellten Einschränkungen bedingen. Hieraus lässt sich also keine gesundheitliche Einschränkung ableiten, die das Verhalten des Ast. rechtfertigen könnten.

Eine Erkrankung seines Knies hat der Ast. nicht belegt. Das Gutachten von Dr. E. bestätigt die behaupteten Beschwerden nicht. Vielmehr hat Dr. E. bei seiner Untersuchung im März 2014 festgestellt, dass zwar das rechte Bein leicht muskelgemindert sei, es zeigte sich jedoch keine wesentliche Gangstörung. Allein die Behauptung des Ast. in der Widerspruchsbegründung, er habe ein „schlechtes“ Knie und der Knorpel sei komplett abgerieben, reicht zur Glaubhaftmachung eines wichtigen Grundes nicht aus.

Der Ast. hat damit weder nachvollziehbar dargetan noch glaubhaft gemacht, dass er auch unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Einschränkungen nicht in der Lage war, zumindest von zu Hause aus Bewerbungsbemühungen zu unternehmen. Auch mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen hätte er sich initiativ um Tätigkeiten bewerben können.

Der Sanktionsbescheid vom 22.08.2014 ist nach alledem rechtmäßig, ein im Eilverfahren sicherungsfähiges Recht des Ast. liegt daher nicht vor.

2. Allerdings hat das SG den Eilantrag des Ast. zu Unrecht für den gesamten Zeitraum abgelehnt, soweit es um vorläufige Leistungen für den Zeitraum vom 01.10. bis 30.11.2014 geht. Neben dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid ist ein Antrag nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG, hier gerichtet auf Gewährung der bereits bewilligten Leistungen, statthaft (sog. Vornahmesache).

Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Im Hinblick auf den zu fordernden Überzeugungsgrad bzw. auf den Beweismaßstab verweist § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG unter anderem auf § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -, wonach Anspruch und Anordnungsgrund glaubhaft, d. h. überwiegend wahrscheinlich zu machen sind. Allerdings gilt auch im sozialgerichtlichen Eilverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz des § 103 SGG. Aus den genannten Vorschriften ist der Überzeugungsgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Beweismaßstab abzuleiten. Aus alledem ergibt sich, dass der Erfolg eines Eilantrags das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes in dem Sinne voraussetzt, dass ein Anordnungsanspruch gegeben ist, wenn der zu sichernde Hauptsacheanspruch dem Ast. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zusteht, und ein Anordnungsgrund, wenn im Interimszeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein wesentlicher Nachteil im Sinne einer über Randbereiche hinausgehenden Rechtsverletzung droht (vgl. Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3 Auflage 2012 Rn. 357 f.; 315 ff., jeweils m. w. N.; zur Glaubhaftmachung als Beweisgrad Rn. 346 f.). Überwiegende Wahrscheinlichkeit (Glaubhaftmachung als Beweismaß und nicht als Verfahren, mit dem ein Beweisgrad herbeigeführt wird; vgl. dazu BSG vom 14.12.2006, B 4 R 29/06 R juris Rn. 116; zu den verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten im öffentlich-rechtlichen Eilverfahren Burkholz, Der Untersuchungsgrundsatz im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren - Eine Untersuchung über die Bedeutung des § 920 ZPO im Verwaltungsprozess, 1988, S. 19) bedeutet die gute Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können; dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet (Vgl. BSG vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B juris Rn. 5 und Orientierungssatz; vom 14.12.2006, B 4 R 29/06 juris Rn. 116; Keller, a. a. O., Rn. 3 d m. w. N.; zum Zivilrecht BGH vom 11.09.2003, IX ZB 37/03 juris Rn. 8; vom 15.06.1994, IV ZB 6/94).

Ein Anordnungsanspruch ist gegeben. Dem Ast. steht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für den Zeitraum vom 01.10.2014 bis 30.11.2014 ein Anspruch auf Leistungen in Höhe von 608,90 € monatlich zu, da der Bewilligungsbescheid vom 24.06.2014, der dem Ast. für diesen Zeitraum, nicht aber für den Monat September 2014 Leistungen gewährt, vom Ag. bislang nicht aufgehoben wurde und dieser Bescheid dem Ast. daher auch weiterhin einen Leistungsanspruch einräumt (vgl. zum Erfordernis einer Aufhebung BSG vom 17.12.2009, B 4 AS 30/09 R und vom 15.12.2010, B 14 AS 92/09 R; Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, Rdnr. 7 zu § 31b m. w. N.; fachliche Hinweise der Bundesagentur zu §§ 31, 31a, 31b SGB II, S. 7, www.a...de, „Veröffentlichungen-Weisungen-Grundsicherung“; abw. LSG Bayern, Urteil vom 30.01.2014, L 7 AS 84/13; vgl. dazu auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.02.2014, L 7 AS 1058/13 B). Es steht schon im Hinblick auf die genannte höchstrichterliche Rechtsprechung jedenfalls mit dem im Eilverfahren zu fordernden Überzeugungsgrad fest, dass neben dem Sanktionsbescheid stets auch eine Aufhebung der Bewilligungsentscheidung erfolgen muss. Eventuelle sich wegen der Neufassung des § 31b SGG ergebende Zweifel hieran führen jedenfalls nicht dazu, dass die im Eilverfahren nur zu fordernde überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht vorläge.

Der Bejahung eines Anordnungsanspruchs steht nicht der Bescheid vom 30.09.2014 entgegen, mit dem der Ag. die Leistungen auf der Grundlage des § 66 SGB I ab dem 01.10.2014 ganz versagt hat. Der Ast. hat gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt. Dieser Widerspruch hat - wovon auch der Ag. in seinem Schreiben vom 17.10.2014 ausgeht - gemäß § 86 a Abs. 1 S.1 SGG aufschiebende Wirkung. Die vorläufige Versagung nach § 66 SGB I wird nicht von § 39 SGB II erfasst; insbesondere regelt dessen Nr. 1 nur die Sofortvollziehbarkeit von Aufhebungen von Leistungsbewilligungen.

Der Anordnungsanspruch wird aber durch den im Bescheid vom 22.09.2014 geregelten Betrag gemindert. Der vom Ast. gegen diesen Bescheid eingelegte Widerspruch hat gemäß § 39 Nr. 2 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Die Minderung ist daher sofort vollziehbar. In Bezug auf diesen Betrag hat der Ag. die Bewilligung auch aufgehoben (Bescheid vom 22.09.2014); die Aufhebung ist gemäß § 39 Nr. 1 SGB II sofort vollziehbar.

Auch ein Anordnungsgrund („Eilbedürftigkeit“) ist zu bejahen. Ohne vorläufige Übernahme der fraglichen Kosten drohen dem Ast. über Randbereiche hinausgehende Rechtsverletzungen. Auf der anderen Seite sind die Nachteile, die dem Ag. drohen, wenn Eilrechtsschutz gewährt wird und die Hauptsache gegen den Ag. ohne Erfolg bleibt, gegenüber den Folgen für die Ast. bei einer Ablehnung des Eilantrags und späterem Erfolg der Hauptsache gering zu achten. Denn der Ag. kann die vorläufig weitergezahlten Leistungen bei einem Obsiegen in der Hauptsache vom Ast. ganz oder teilweise zurückfordern.

Der Senat weist in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, dass Sozialleistungen, die der Ast. per gerichtlicher Eilentscheidung zugesprochen erhält, unter dem Vorbehalt der Rückforderung stehen, und dass, sollte sich in einem möglichen Hauptsacheverfahren erweisen, dass die einstweilige Anordnung von Anfang an ganz oder teilweise ungerechtfertigt war, der Ast. verpflichtet ist, dem Ag. den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Vollziehung dieser Anordnung entsteht, §§ 86 b Abs, 2 S. 4 SGG, 945 ZPO.

3. Da das Eilverfahren im Beschwerdeverfahren teilweise erfolgreich war, war der Ag. zur Erstattung eines angemessenen Teils der außergerichtlichen Kosten zu verpflichten, § 193 SGG analog.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

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in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,

1.
der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt,
2.
mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder
3.
mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Bei einer Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 10 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei einer weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 20 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei jeder weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 30 Prozent des nach § 20 jeweils maßgeblichen Regelbedarfs. Eine weitere Pflichtverletzung liegt nur vor, wenn bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde. Sie liegt nicht vor, wenn der Beginn des vorangegangenen Minderungszeitraums länger als ein Jahr zurückliegt. Minderungen nach den Sätzen 1 bis 3 sind aufzuheben, sobald erwerbsfähige Leistungsberechtigte diese Pflichten erfüllen oder sich nachträglich ernsthaft und nachhaltig dazu bereit erklären, diesen künftig nachzukommen. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 gelten bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 3 in Fällen einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis nach § 159 Absatz 1 Satz 2 Nummer 8 des Dritten Buches die Rechtsfolgen des § 32.

(2) Vor der Feststellung der Minderung nach Absatz 1 soll auf Verlangen der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten die Anhörung nach § 24 des Zehnten Buches persönlich erfolgen. Verletzen die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten wiederholt ihre Pflichten oder versäumen wiederholt Meldetermine nach § 32, soll die Anhörung persönlich erfolgen.

(3) Eine Leistungsminderung erfolgt nicht, wenn sie im Einzelfall eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde.

(4) Leistungsminderungen bei wiederholten Pflichtverletzungen oder wiederholten Meldeversäumnissen nach § 32 sind auf insgesamt 30 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs begrenzt. Die sich rechnerisch ergebenden Zahlbeträge für die Kosten der Unterkunft und Heizung dürfen durch eine Leistungsminderung nicht verringert werden.

(5) Für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte gelten die Absätze 1 bis 4 bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechend.

(6) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sollen innerhalb von vier Wochen nach Feststellung einer Leistungsminderung ein Beratungsangebot erhalten, in dem die Inhalte des Kooperationsplans überprüft und bei Bedarf fortgeschrieben werden.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Oktober 2008 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Absenkungsbescheids für die Zeit vom 1.9. bis 30.11.2006 und die Höhe der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für diesen Zeitraum.

2

Der im Jahre 1969 geborene Kläger arbeitete nach seinen eigenen Angaben zunächst als Fernsehredakteur. Er lebt mit seinem im Dezember 2003 geborenen Sohn in einem Haushalt. Seit 2005 bezieht er Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Der Beklagte bewilligte durch Bescheid vom 29.3.2006 (Änderungsbescheid vom 7.4.2006) Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.5. bis 31.10.2006, dabei für die Monate September und Oktober 2006 in Höhe von 966 Euro, wobei der Kläger eine Regelleistung in Höhe von 345 Euro (100 vH) monatlich bezog. Der zuständige Sachbearbeiter des Beklagten überreichte dem Kläger am 6.7.2006 im Rahmen eines "ausführlichen Beratungsgesprächs" zwei Vermittlungsvorschläge, darunter einen für eine Vollzeittätigkeit bei der Zukunftswerkstatt K Nach Angaben des Klägers wurde laut Stellenbeschreibung ein Erzieher zur Anleitung anderer ABM-Helfer mit viel Erfahrung in sozialen und organisatorischen Bereichen sowie in der Betreuung an Grundschulen gesucht. Der Vermittlungsvorschlag enthielt auch eine Rechtsfolgenbelehrung über die Folgen einer Nichtaufnahme der angebotenen Arbeit. Auf diese Stelle bewarb sich der Kläger nicht. Auf ein Anhörungsschreiben des Beklagten hin antwortete der Kläger am 21.7.2006, dass er den Vermittlungsvorschlag in seinen Unterlagen abgelegt und dort vergessen habe.

3

Der Beklagte erließ am 26.7.2006 einen Bescheid zur Absenkung des Arbeitslosengelds II (Alg II) gemäß § 31 SGB II. Darin hieß es wörtlich: "Der Ihnen zustehende Anteil des Arbeitslosengeldes II wird unter Wegfall des eventuell zustehenden Zuschlages nach § 24 SGB II für die Zeit vom 1.9.2006 bis 30.11.2006 monatlich um 30 % der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des zustehenden Auszahlungsbetrages, abgesenkt. Daraus ergibt sich eine Absenkung in Höhe von maximal 104,00 Euro monatlich. Die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung wird insoweit ab dem 1.9.2006 gemäß § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben." Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe die ihm am 6.7.2006 angebotene, zumutbare Arbeit als Erzieher bei der Firma Zukunftswerkstatt K trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht angenommen, indem er sich nicht beworben habe.

4

Mit Bescheid vom 1.11.2006 (Änderungsbescheid vom 24.11.2006) bewilligte der Beklagte Leistungen für den Zeitraum vom 1.11.2006 bis April 2007. Ausweislich der Berechnungsbögen wurde dabei durch den Änderungsbescheid vom 24.11.2006 für den Monat November 2006 von einem Minderungsbetrag von 104 Euro ausgegangen. Bewilligt wurden dem Kläger Leistungen in Höhe von 841,40 Euro.

5

Bereits am 17.8.2006 hatte der Kläger Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid vom 26.7.2006 eingelegt. Diesen wies der Beklagte durch Bescheid vom 24.11.2006 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, trotz eines zuvor geführten intensiven Gesprächs hinsichtlich der Bewerbungsstrategie und einer Belehrung über die Rechtsfolgen habe der Kläger sich nicht bei der Zukunftswerkstatt beworben. Er habe hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass er die Aufnahme der angebotenen Tätigkeit verweigere. Einen wichtigen Grund hierfür habe er nicht nachgewiesen. Die Tätigkeit sei angesichts seiner beruflichen Laufbahn auch angemessen und zumutbar gewesen. Die Voraussetzungen für die Absenkung des Alg II um 30 % der maßgebenden Regelleistung seien daher erfüllt. Für den Kläger betrage die Regelleistung 345 Euro, woraus sich ein Absenkungsbetrag in Höhe von gerundet 104 Euro ergebe. Die Sanktion umfasse die Kalendermonate September bis November 2006. Für diesen Zeitraum sei die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung teilweise aufzuheben gewesen.

6

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) durch Gerichtsbescheid vom 22.1.2008 den Bescheid des Beklagten vom 26.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2006 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Sanktionsbescheid vom 26.7.2006 sei inhaltlich nicht hinreichend bestimmt gewesen. Es müsse aus dem Sanktionsbescheid von vornherein klar werden, in welcher Höhe eine Absenkung erfolgen werde. Der Umfang der Kürzung müsse deshalb konkret und unmissverständlich dem Bescheid zu entnehmen sein. Durch die Formulierung in dem Bescheid vom 26.7.2006 "30 % höchstens in Höhe des zustehenden Auszahlungsbetrages und Absenkung von maximal 104,00 Euro monatlich" sei dem Kläger lediglich eine Obergrenze mitgeteilt worden. Es fehle an einem konkreten und unmissverständlichen Minderungsbetrag. Die mangelnde Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes könne auch nicht nach § 41 SGB X geheilt werden, denn es handele sich hierbei nicht um einen Formmangel. Eine hinreichende Bestimmtheit sei vorliegend auch nicht durch andere Bescheide hergestellt worden. Allein aus der durch den Änderungsbescheid vom 21.8.2006 festgesetzten Änderung für den Monat Oktober 2006 habe der Kläger nicht den Schluss ziehen können, dass der Minderungsbetrag 104 Euro betrage. Es könne dahinstehen, inwieweit nicht die Wertung des § 10 Abs 1 Nr 3 SGB II für eine Unzumutbarkeit der angebotenen Vollzeittätigkeit spreche. Aus dieser Vorschrift folge, dass ein Hilfebedürftiger, der ein unter dreijähriges Kind betreue und erziehe, nicht zur Aufnahme einer Arbeit verpflichtet werden könne.

7

Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die vom SG zugelassene Berufung des Beklagten den Gerichtsbescheid vom 22.1.2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahinstehen, ob der Ausgangsbescheid wegen fehlender inhaltlicher Bestimmtheit gemäß § 33 Abs 1 SGB X rechtswidrig gewesen sei. Jedenfalls sei diese mangelnde Bestimmtheit im Widerspruchsverfahren durch den Erlass des Widerspruchsbescheids in entsprechender Anwendung des § 41 SGB X geheilt worden. Des Weiteren liege auch ein Sachverhalt vor, der den Eintritt einer Sanktion zur Folge habe. Der Kläger sei durch den Vermittlungsvorschlag über die Rechtsfolgen einer Arbeitsverweigerung ausreichend belehrt gewesen. Er habe sich auch geweigert, eine Arbeit aufzunehmen. Schließlich sei auch nicht ersichtlich, dass die angebotene Arbeit für den Kläger unzumutbar gewesen wäre. Gemäß § 10 Abs 1 SGB II sei dem Hilfebedürftigen grundsätzlich jede Arbeit zumutbar. Auch der Umstand, dass der Kläger allein seinen damals noch nicht dreijährigen Sohn erzogen habe, führe nicht zur Unzumutbarkeit der angebotenen Stelle. Die Erziehung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr vollendet habe, sei in der Regel nicht gefährdet, soweit seine Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege sichergestellt sei. Vorliegend sei eine solche Gefährdung der Kindeserziehung nicht ersichtlich. Der Kläger selbst habe diesen Einwand erstmals im Klageverfahren vorgebracht. Dies überzeuge bereits deshalb nicht, weil der Kläger in seinen früheren Stellungnahmen und Widersprüchen besonders betont habe, wie sehr er sich um eine Arbeit bemühe, ohne seine angeblich eingeschränkte Vermittelbarkeit auch nur anzudeuten. Auch die vom Kläger geschlossene Eingliederungsvereinbarung enthalte keinerlei einschränkende Bedingungen.

8

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner - vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen - Revision. Er rügt eine Verletzung der §§ 33, 41 SGB X und des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1c, § 31 Abs 6, § 10 Abs 1 Nr 3 SGB II sowie des § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Er geht zunächst mit dem SG davon aus, dass der Ausgangsbescheid vom 26.7.2006 nicht hinreichend inhaltlich bestimmt iS des § 33 Abs 1 SGB X gewesen sei. Die mangelnde Bestimmtheit des Sanktionsbescheids sei auch nicht durch andere oder spätere Bescheide geheilt worden. Er habe sich auch nicht geweigert, eine ihm angebotene Arbeit anzunehmen. Er habe lediglich die Arbeitsangebote in seine Mappe gelegt und dort vergessen. Die angebotene Tätigkeit als voll ausgebildeter Erzieher sei ihm nicht zumutbar gewesen, zumal dieses Angebot seine Eingliederung nicht gefördert hätte. Zwar spreche das Vermittlungsangebot nur von einem Erzieher. Da dieser jedoch Andere anleiten habe sollen, habe darauf geschlossen werden können, dass es sich um einen ausgebildeten Erzieher handeln sollte. Das LSG überspanne die Anforderungen an die Hilfebedürftigen, wenn es trotzdem verlange, dass er sich zunächst einmal auf die angebotene Stelle als Erzieher hätte bewerben müssen. Schließlich sei auch die Erziehung seines unter dreijährigen Kindes gefährdet gewesen. Das LSG habe an dieser Stelle den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt, denn es sei die Betreuung seines Sohnes nur für maximal sechs Stunden täglich sichergestellt gewesen. Bei der angebotenen Stelle habe es sich zudem um eine Vollzeitstelle in K gehandelt. Von seinem Wohnort aus in R benötige er mit öffentlichen Verkehrsmitteln etwa eineinhalb Stunden für eine Fahrtstrecke bis nach K Darüber hinaus habe der Sanktionszeitraum auch nicht auf den November 2006 ausgedehnt werden dürfen, weil zum Zeitpunkt der Festsetzung des Sanktionszeitraums eine Leistungsbewilligung für diesen Zeitraum noch nicht vorgelegen habe.

9

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Oktober 2008 aufzuheben und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Der Beklagte beruft sich auf den Inhalt des angefochtenen Urteils. Ergänzend weist er darauf hin, dass sich bereits aus dem Ausgangsbescheid vom 26.7.2006 hinreichend bestimmt die ausgesprochene Rechtsfolge ergebe.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann nicht abschließend entschieden werden, ob die Absenkung der Leistungen des Klägers für den Zeitraum vom 1.9. bis 30.11.2006 zu Recht erfolgt ist (hierzu unter 3.), bzw ob dem Kläger aus anderen Gründen für diesen Zeitraum höhere Leistungen zustanden (sodann unter 4.). Zu Recht hat das LSG allerdings entschieden, dass der Sanktionsbescheid vom 26.7.2006 nicht wegen fehlender inhaltlicher Bestimmtheit gemäß § 33 Abs 1 SGB X aufzuheben war(siehe unter 2.).

13

1.a) Streitgegenstand sind die vom Kläger begehrten Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.9. bis 30.11.2006. Das BSG hat insofern bereits entschieden, dass ein Sanktionsereignis bzw ein Sanktionsbescheid gemäß § 31 SGB II keinen abtrennbaren Streitgegenstand darstellt, der isoliert von den übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II überprüft werden kann(BSGE 102, 201 = SozR 4-4200 § 16 Nr 4, jeweils RdNr 12). Ob dem Kläger für den streitigen Zeitraum vom 1.9. bis 30.11.2006 höhere als die abgesenkten Leistungen zustanden, kann nicht abschließend entschieden werden. Zum einen kann nicht beurteilt werden, ob der Sanktionsbescheid vom 26.7.2006 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.11.2006) den Anforderungen der Rechtsprechung des BSG insbesondere an das Vorliegen einer ausreichenden Rechtsfolgenbelehrung genügte (sogleich unter 3.). Zum anderen könnte selbst bei einer Rechtmäßigkeit der hier bislang ausschließlich geprüften Sanktionsbescheide die Revision des Klägers dennoch begründet sein, wenn ihm aus einem anderen Grund höhere Leistungen als die abgesenkten für den streitigen Zeitraum zustanden (siehe unter 4.).

14

b) Die Anfechtungsklage des Klägers gemäß § 54 Abs 1 SGG(hierzu BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - RdNr 12) richtet sich darauf, für den streitigen Zeitraum ungekürzte bzw nicht abgesenkte Leistungen zu erhalten. Hierbei ist hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung wegen der vorherigen Leistungsbewilligung für die Monate September und Oktober 2006 zwischen diesen beiden Monaten einerseits und dem Monat November 2006 andererseits zu unterscheiden.

15

Hinsichtlich der Monate September und Oktober 2006 hatte der Beklagte dem Kläger mit den Bescheiden vom 29.3.2006 /Änderungsbescheid vom 7.4.2006 bereits Leistungen in Höhe von zuletzt 966 Euro monatlich bewilligt. Insofern zutreffend hat der Beklagte die vom Kläger ausschließlich angefochtenen Bescheide vom 26.7.2006 und 24.11.2006, mit denen er die bewilligte Leistung absenkte, auf § 48 SGB X gestützt. Nach § 48 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Eintritt vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine solche Änderung ist (mit Wirkung für die Zukunft) eingetreten, wenn die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 SGB II für eine Absenkung des Alg II vorgelegen haben.

16

Für den Zeitraum ab 1.11. bis 30.11.2006 hatte der Beklagte Leistungen lediglich unter Berücksichtigung einer um 104 Euro gekürzten Regelleistung bewilligt (Bescheid vom 1.11.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24.11.2006). Für den Monat November 2006 stehen dem Kläger die Leistungen ohne Kürzung eines Betrags von 104 Euro zu, wenn er dem Grunde nach die Voraussetzungen der §§ 7, 19 SGB II für einen Anspruch auf Alg II erfüllt hat und die Regelleistung nicht nach § 31 Abs 1 SGB II abgesenkt ist. Damit der Kläger dieses Ziel erreichen kann, müssten (im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 4 SGG) die Bescheide vom 1.11. bzw 24.11.2006 insofern geändert werden, was das SG unterlassen hat. Auch hierüber wird das LSG abschließend zu befinden haben.

17

Dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen im Urteil des LSG kann noch mit hinreichender Klarheit entnommen werden, dass der Kläger die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 SGB II für einen Leistungsanspruch nach dem SGB II erfüllt.

18

2. Entgegen der Rechtsansicht des SG war bereits der angefochtene Sanktionsbescheid vom 26.7.2006 inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 SGB X). Es kommt mithin nicht darauf an, ob dieser Bescheid noch durch den Widerspruchsbescheid vom 24.11.2006 "geheilt" worden ist, wovon das LSG ausgegangen ist. Das BSG hat bereits entschieden, dass Sanktionsbescheide mit dem hier angefochtenen Inhalt den Bestimmtheitsanforderungen des § 33 Abs 1 SGB X genügen(vgl insbesondere Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr 2 RdNr 13 ff). Das Bestimmtheitserfordernis des § 33 Abs 1 SGB X verlangt, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten. Mithin muss aus dem Verfügungssatz für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Insoweit kommt dem Verfügungssatz des Verwaltungsakts klarstellende Funktion zu (BSG Urteil vom 15.5.2002 - B 6 KA 25/01 R = BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 46 S 384). Unbestimmt iS des § 33 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nur dann, wenn sein Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich nicht widerspruchsfrei ist und der davon Betroffene bei Zugrundelegung der Verständnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers nicht in der Lage ist, sein Verhalten daran auszurichten (vgl auch BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 3 RdNr 16 mwzN). Unschädlich ist, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (BSG SozR 4-2600 § 96a Nr 9). Nach diesen Maßstäben lässt sich hier die Unbestimmtheit des Aufhebungsbescheides vom 26.7.2006 nicht feststellen. Zwar verfügte der Beklagte in diesem Bescheid, dass sich der monatliche Absenkungsbetrag vom 1.9.2006 bis zum 30.11.2006 auf 30 % der Regelleistung belaufe, woraus sich maximal 104 Euro ergeben würden. Damit hat der Beklagte zunächst unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass dem Kläger ab dem 1.9.2006 Leistungen nicht mehr in unveränderter Höhe zustehen sollten. Allerdings ist angesichts der teilweise umfangreichen Bewilligungsbescheide nicht in jedem Falle (so etwa, wenn Nebeneinkommen gemäß §§ 11, 30 SGB II zu berücksichtigen ist) unschwer ersichtlich, um welchen Betrag das Alg II abgesenkt werden soll. Hier lag hingegen ein unproblematischer Fall vor, weil der Kläger eine Regelleistung in Höhe von 100vH (damals 345 Euro) erhielt und sonst kein Nebeneinkommen vorlag. Insofern konnte der Kläger dem Verfügungssatz des Absenkungsbescheides unter Hinzuziehung seines Bewilligungsbescheids durch einfache Rechenoperation auch ohne weiteres den für ihn maßgebenden konkreten Absenkungsbetrag entnehmen. Jedenfalls für den Kläger war somit ausreichend und in nachvollziehbarer Weise erkennbar, dass und in welchem Umfang aufgrund des Sanktionsereignisses Zahlungen von Alg II ab dem 1.9.2006 erfolgen sollten. Schließlich machte der angefochtene Sanktionsbescheid vom 26.7.2006 insofern auch deutlich, dass die ursprünglichen Bewilligungsbescheide insoweit gemäß § 48 SGB X aufgehoben würden (vgl hierzu BSG Urteile vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr 2 - und - B 4 AS 30/09 R = SozR 4-4200 § 31 Nr 3). Da bereits der Ausgangsbescheid mithin nicht wegen fehlender Bestimmtheit rechtswidrig war, kommt es auf die weitere Frage, ob eine eventuell fehlende Bestimmtheit im Widerspruchsverfahren bzw durch den Erlass eines Widerspruchsbescheids in entsprechender Anwendung des § 41 SGB X heilbar wäre, nicht mehr an.

19

3. Es kann nicht abschließend entschieden werden, ob der Sanktionsbescheid vom 26.7.2006 gemäß § 31 SGB II rechtmäßig war und damit gemäß § 48 Abs 1 SGB X die ursprünglichen Bewilligungsbescheide vom 29.3.2006/7.4.2006 gemäß § 48 Abs 1 SGB X geändert werden bzw bei dem anschließenden Bewilligungszeitraum ab 1.11.2006 eine um 104 Euro gekürzte Regelleistung zu Grunde gelegt werden durfte (Bescheide vom 1.11.2006/24.11.2006).

20

Nach § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1c SGB II wird das Arbeitslosengeld unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 30 vH der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgeblichen Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen. Anhand der Feststellungen des LSG kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die von ihm selbst aufgestellten Anforderungen an eine Rechtsfolgenbelehrung iS des § 31 Abs 1 Satz 1 SGB II im vorliegenden Fall erfüllt wurden (vgl grundlegend Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 53/08 R - BSGE 105, 297 = SozR 4-4200 § 31 Nr 5).

21

a) Es bestehen aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG zunächst keine rechtlichen Zweifel daran, dass der Kläger sich geweigert hat, eine Arbeit anzunehmen. Weigern in diesem Sinne bedeutet regelmäßig die vorsätzliche, ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer Weise dem Leistungsträger oder dem Arbeitgeber zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft, sich an die durch das Gesetz auferlegte Pflicht zu halten. Die Aufnahme einer Tätigkeit kann mithin auch durch konkludentes Verhalten verweigert werden (statt vieler Berlit in Münder, LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 31 RdNr 35 mwN). Insofern zutreffend hat das LSG aus den Angaben des Klägers, er habe das Angebot schlichtweg vergessen, den Schluss gezogen, er habe die konkrete Arbeit nicht antreten bzw ausführen wollen.

22

b) Das LSG wird allerdings nach der Zurückverweisung der Sache nochmals darüber zu entscheiden haben, ob die Arbeit dem Kläger tatsächlich zumutbar iS des § 10 SGB II iVm § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1c SGB II war. Nach § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II ist die Ausübung der Arbeit auch dann zumutbar, wenn die Erziehung eines unter dreijährigen Kindes nicht gefährdet ist. Dies ist dann der Fall, soweit dessen Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege im Sinne der Vorschriften des Achten Buches Sozialgesetzbuch oder auf sonstige Weise sichergestellt ist. Insofern ist rechtlicher Maßstab für die Zumutbarkeit einer Arbeit ausschließlich, ob die Erziehung eines Kindes tatsächlich iS des § 10 Abs 1 Nr 3 SGB II sichergestellt ist. Mit der vom LSG angestellten Hilfserwägung, der Kläger habe erst im Klageverfahren auf die fehlende Sicherstellung der Betreuung seines Kindes hingewiesen, zuvor aber stets sein Bemühen um Erlangung einer Arbeitsstelle betont, kann das Vorliegen dieser tatbestandlichen Voraussetzung nicht nachgewiesen werden. Maßgeblich ist insofern ausschließlich die objektive Betreuungssituation, die von Amts wegen zu ermitteln ist (§ 20 SGB X iVm § 103 SGG). Eine Präklusion von Vorbringen, wovon das LSG offenbar ausgeht, ist insoweit nur in den engen Grenzen des § 106a SGG möglich, dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Soweit der Kläger darüber hinaus im Rahmen der Zumutbarkeit vorgetragen hat, eine Arbeitsstelle als Erzieher sei ihm als vormaligem Fernsehredakteur generell unzumutbar, verkennt er die Tragweite des § 10 Abs 1 Satz 1 SGB II, wonach dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen grundsätzlich jede Arbeit zumutbar ist.

23

c) Letztlich kann dies aber dahinstehen, solange nicht ausreichend festgestellt ist, welche Rechtsfolgenbelehrung dem Kläger wann überreicht worden ist. Das LSG hat insofern lediglich festgestellt: "Der Vermittlungsvorschlag enthielt auch eine Rechtsfolgenbelehrung über die Folgen einer Nichtaufnahme der angebotenen Arbeit". Aufgrund dieser Feststellung gelangt das LSG zur Subsumtion: "Der Kläger ist über die Rechtsfolgen einer Arbeitsverweigerung durch den Vermittlungsvorschlag ausreichend belehrt gewesen". Der erkennende Senat ist zu einer revisionsgerichtlichen Überprüfung der rechtlichen Grundlagen dieser Wertung nicht in der Lage, zumal der Vermittlungsvorschlag auch nicht Gegenstand der in Bezug genommenen Akten ist. Auch in den Sanktionsbescheiden des Beklagten findet sich keine inhaltliche Beschreibung bzw Wiedergabe der dem Kläger am 6.7.2006 erteilten Rechtsfolgenbelehrung. Das angefochtene Urteil lässt nicht erkennen, welche Anforderungen das LSG seiner rechtlichen Würdigung der Rechtsfolgenbelehrung zugrunde gelegt hat. Es hätte festgestellt werden müssen, welchen konkreten Inhalt die Rechtsfolgenbelehrung hatte, die dem Kläger am 6.7.2006 ausgehändigt bzw mündlich übermittelt worden ist. Der Inhalt dieser Rechtsfolgenbelehrung ist auch nicht aus den Akten ersichtlich.

24

Der erkennende Senat hat hierzu im Anschluss an die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (BSGE 102, 201 = SozR 4-4200 § 16 Nr 4 und Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 3 RdNr 19) durch Urteil vom 18.2.2010 (B 14 AS 53/08 R - BSGE 105, 297 = SozR 4-4200 § 31 Nr 5 RdNr 17 ff) im Einzelnen dargelegt, dass die Festsetzung von Sanktionen nach § 31 Abs 1 Satz 1 SGB II voraussetzt, dass der Hilfebedürftige über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung konkret, verständlich, richtig und vollständig belehrt worden ist. Dabei kommt es auf den objektiven Erklärungswert der Belehrung an. Sämtliche in § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II genannten Sanktionstatbestände setzen voraus, dass der Hilfebedürftige über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung belehrt worden ist. Diese in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte und in der sozialrechtlichen Literatur weitgehend geteilte Auffassung (vgl die Nachweise in dem Urteil des BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 53/08 R - BSGE 105, 297 = SozR 4-4200 § 31 Nr 5 RdNr 19) ist insbesondere im Hinblick auf die gravierenden Folgen des § 31 Abs 1 SGB II im Bereich der existenzsichernden Leistungen aufrecht zu erhalten. Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung orientieren sich dabei an den vom BSG zum Arbeitsförderungsrecht entwickelten Grundsätzen. Schon die Gesetzesbegründung knüpft hieran an, indem sie darauf verweist, dass die Rechtsfolgenbelehrung nach § 31 Abs 1 SGB II die Funktion haben soll, dem Hilfebedürftigen in verständlicher Form zu erläutern, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch die in § 31 Abs 1 SGB II genannten Pflichtverletzungen haben werden. Die Belehrung soll zeitlich vor der Pflichtverletzung liegen. Im Hinblick auf die Sperrzeittatbestände hat das BSG entschieden, dass die Rechtsfolgenbelehrung als Voraussetzung für ihre Wirksamkeit konkret, richtig, vollständig und verständlich sein und dem Arbeitslosen zeitnah im Zusammenhang mit einem Arbeitsangebot zutreffend erläutern muss, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch eine unbegründete Arbeitsablehnung haben kann. Dabei hat das BSG auch den zwingenden formalen Charakter der Rechtsfolgenbelehrung betont und dies aus dem übergeordneten sozialen Schutzzweck abgeleitet, den Arbeitslosen vor den Folgen einer Pflichtverletzung zu warnen (vgl BSGE 53, 13, 15 = SozR 4100 § 119 Nr 18 S 87 mwN). Der Warnfunktion der Rechtsfolgenbelehrung kommt im Bereich des SGB II noch eine größere Bedeutung zu als im Bereich der Arbeitsförderung. Dies leitet der Senat nicht zuletzt aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09) ab, in der das BVerfG betont hat, dass das SGB II insgesamt der Realisierung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums iS des Art 1 Abs 1 iVm Art 210 Abs 1 Grundgesetz (GG) diene. Entsprechende Feststellungen zum Inhalt der Rechtsfolgenbelehrung und eine nachfolgende Subsumtion wird das LSG noch vorzunehmen haben.

25

d) Schließlich wird das LSG auch zu überprüfen haben, wann der Sanktionsbescheid vom 26.7.2006 dem Kläger bekannt gegeben worden ist. Gemäß § 31 Abs 6 Satz 1 SGB II treten Absenkungen und Wegfall mit Wirkung des Kalendermonats ein, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes, der die Absenkung oder den Wegfall der Leistung feststellt, folgt. Gemäß § 39 Abs 1 SGB X iVm § 37 Abs 1 SGB X wird ein Verwaltungsakt in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er bekannt gegeben wurde. Nach § 37 Abs 2 SGB II gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am 3. Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Da der 26.7.2006 ein Mittwoch war, besteht zumindest Veranlassung zu überprüfen, ob der Bescheid nicht bereits im Juli 2006 bekannt gegeben wurde. Nach der zwingenden Rechtsfolge des § 31 Abs 6 Satz 1 SGB II hätten möglicherweise Absenkung und Wegfall mit Wirkung des Kalendermonats eintreten müssen, der auf das Wirksamwerden folgte, was hier der August 2006 gewesen wäre. Da der Bescheid nach § 31 Abs 6 Satz 1 SGB II für das Eintreten der Sanktion konstitutiv ist, könnte sich hieraus ergeben, dass jedenfalls die dann für den Monat August 2006 zwingend erforderliche Sanktion nicht mehr wirksam nachgeholt werden kann, ggf könnte auch eine Rechtswidrigkeit der Festsetzung des Sanktionszeitraums insgesamt zu erwägen sein.

26

4. Ergeben die Ermittlungen und weiteren rechtlichen Würdigungen des LSG, dass der Absenkungsbescheid vom 26.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.11.2006 rechtmäßig war und dass insofern das LSG auf die Berufung des Beklagten hin die Klage zu Recht abgewiesen hat, so wird im Einzelnen noch zu prüfen sein, ob dem Kläger nicht aus anderen Gründen eine höhere Regelleistung zustand. Insofern wären sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 19, 22 SGB II zu überprüfen und auch zu ermitteln, inwieweit die dem Kläger bewilligten Kosten der Unterkunft und ggf auch die Leistungen für den minderjährigen Sohn des Klägers richtig berechnet worden sind. Da der Kläger insofern gegen das Urteil des LSG Revision eingelegt hat, ist unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu überprüfen, ob der Kläger sein Klageziel - ungekürzte Leistungen in der ursprünglich bewilligten Höhe - nicht auf andere Weise erreichen kann.

27

Das LSG wird auch über die Kosten des Rechtsstreits unter Beachtung des Ausgangs des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Bei einer Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 10 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei einer weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 20 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei jeder weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 30 Prozent des nach § 20 jeweils maßgeblichen Regelbedarfs. Eine weitere Pflichtverletzung liegt nur vor, wenn bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde. Sie liegt nicht vor, wenn der Beginn des vorangegangenen Minderungszeitraums länger als ein Jahr zurückliegt. Minderungen nach den Sätzen 1 bis 3 sind aufzuheben, sobald erwerbsfähige Leistungsberechtigte diese Pflichten erfüllen oder sich nachträglich ernsthaft und nachhaltig dazu bereit erklären, diesen künftig nachzukommen. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 gelten bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 3 in Fällen einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis nach § 159 Absatz 1 Satz 2 Nummer 8 des Dritten Buches die Rechtsfolgen des § 32.

(2) Vor der Feststellung der Minderung nach Absatz 1 soll auf Verlangen der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten die Anhörung nach § 24 des Zehnten Buches persönlich erfolgen. Verletzen die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten wiederholt ihre Pflichten oder versäumen wiederholt Meldetermine nach § 32, soll die Anhörung persönlich erfolgen.

(3) Eine Leistungsminderung erfolgt nicht, wenn sie im Einzelfall eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde.

(4) Leistungsminderungen bei wiederholten Pflichtverletzungen oder wiederholten Meldeversäumnissen nach § 32 sind auf insgesamt 30 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs begrenzt. Die sich rechnerisch ergebenden Zahlbeträge für die Kosten der Unterkunft und Heizung dürfen durch eine Leistungsminderung nicht verringert werden.

(5) Für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte gelten die Absätze 1 bis 4 bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechend.

(6) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sollen innerhalb von vier Wochen nach Feststellung einer Leistungsminderung ein Beratungsangebot erhalten, in dem die Inhalte des Kooperationsplans überprüft und bei Bedarf fortgeschrieben werden.

(1) Der Auszahlungsanspruch mindert sich mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. In den Fällen des § 31 Absatz 2 Nummer 3 tritt die Minderung mit Beginn der Sperrzeit oder mit dem Erlöschen des Anspruchs nach dem Dritten Buch ein. Die Feststellung der Minderung ist nur innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung zulässig.

(2) Der Minderungszeitraum beträgt

1.
in den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 1 einen Monat,
2.
in den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 2 zwei Monate und
3.
in den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 3 jeweils drei Monate.
In den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 6 ist die Minderung ab dem Zeitpunkt der Pflichterfüllung oder der Erklärung der Bereitschaft zur Pflichterfüllung aufzuheben, soweit der Minderungszeitraum mindestens einen Monat betragen hat, andernfalls nach Ablauf dieses Monats.

(3) Während der Minderung des Auszahlungsanspruchs besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Zwölften Buches.

Tatbestand

Streitig ist eine Sanktion, die eine Minderung des Auszahlungsanspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld II um 30 Prozent des Regelbedarfs für die Monate September, Oktober und November 2011 feststellt.

Der 1959 geborene alleinstehende Kläger bezieht seit Oktober 2009 Arbeitslosengeld II vom Beklagten. Er ist von Beruf Anlagenmechaniker. Der Kläger bewohnt eine Zweizimmerwohnung, für die er im strittigen Zeitraum eine Bruttowarmmiete von monatlich 381,99 Euro zahlte. Nach einem Hinweis des Beklagten vom 18.09.2009, dass die Aufwendungen für seine Wohnung die Angemessenheitsgrenze übersteigen würden, wurden für die Wohnung ab 01.04.2010 monatlich nur noch 280,20 Euro als Bedarf anerkannt.

Mit Bewilligungsbescheid vom 04.04.2011 wurde dem Kläger Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.03.2011 bis 30.09.2011 in Höhe von monatlich 644,20 Euro bewilligt. Die Leistung setzte sich zusammen aus 364,- Euro Regelbedarf und 280,20 Euro für die Wohnung.

Mit Vermittlungsvorschlag vom 14.07.2011 wurde dem Kläger eine Stelle bei einem Zeitarbeitsunternehmen (R. in D-Stadt, künftig Stellenanbieter) als Helfer im Metallbereich angeboten. In der Stellenbeschreibung stand auch „Bereitschaft zur Schichtarbeit“. Der Kläger wurde in diesem Schreiben aufgefordert, sich umgehend schriftlich oder per E-Mail mit Lebenslauf und Zeugnissen zu bewerben. Beigefügt war eine Rechtsfolgenbelehrung, wonach bei einer Weigerung, die angebotene Arbeit aufzunehmen, oder der Verhinderung der Aufnahme der Arbeit durch negatives Bewerberverhalten das Arbeitslosengeld II um einen Betrag von 30% des Regelbedarfs für drei Monate abgesenkt werde, wenn kein wichtiger Grund für die Weigerung nachgewiesen werde.

Der Stellenanbieter teilte am 09.08.2011 schriftlich mit, dass der Kläger sich nicht beworben habe. Die Firma habe selbst den Kläger angerufen und auf den Anrufbeantworter gesprochen. Es sei aber kein Rückruf erfolgt.

Mit Schreiben vom 10.08.2011 wurde der Kläger zur beabsichtigten Sanktion angehört. Er teilte mit, dass er sich am 18.07.2011 telefonisch beworben habe. Man habe sich aber vertraglich nicht einigen können.

Mit Bescheid vom 24.08.2011 stellte der Beklagte die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II um 30% des Regelbedarfs (monatlich 109,20 Euro) für die Zeit von 01.09.2011 bis 30.11.2011 fest. Ein Bescheid zur Änderung der bisherigen Bewilligung ist nicht ersichtlich.

Der Kläger erhob am 05.09.2011 zur Niederschrift Widerspruch. Ihm sei bei dem Telefonat mit dem Arbeitgeber lediglich eine Stelle im Dreischichtbetrieb angeboten worden. Dies könne er aus gesundheitlichen Gründen nicht leisten.

Bei einer telefonischen Rücksprache teilte der Stellenanbieter mit, dass die Firma am 15.07.2011 auf den Anrufbeantworter des Klägers gesprochen habe mit der Bitte um Rückruf. Ein Rückruf des Klägers sei nicht erfolgt. Die Firma habe später - ein genaues Datum konnte nicht genannt werden - nochmals bei dem Kläger angerufen. Dieser habe mitgeteilt, arbeitsunfähig zu sein und kein Kfz zu haben. Der Stellenanbieter teilte ferner mit, dass er je nach persönlichen Möglichkeiten verschiedene Einsatzstellen angeboten hätte, teils mit Normalschicht, teils mit Zweischichtbetrieb.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2011 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger habe sich nicht, wie im Vermittlungsvorschlag vorgesehen, telefonisch oder per E-Mail beworben. Der Rückruf des Klägers sei dagegen eine unzureichende Bewerbung gewesen. Dies müsse dem Kläger auch klar gewesen sein.

Bereits mit Bescheid vom 07.09.2011 wurde dem Kläger Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.10.2011 bis 31.03.2012 bewilligt. Für Oktober und November wurden jeweils 535,- Euro bewilligt und im Bescheid dargelegt, dass vom Bedarf von 644,20 Euro (Regelbedarf 364,- Euro und 280,20 Euro für die Wohnung) der Minderungsbetrag aufgrund der Sanktion in Höhe von 109,20 Euro abgezogen werde. Für die Zeit danach wurden 644,20 Euro monatlich bewilligt. Gegen diesen Bewilligungsbescheid erhob der Kläger wegen der Sanktion Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2011 zurückgewiesen wurde. Der weitere Widerspruch in Zusammenhang mit der Sanktion sei unzulässig. Die Feststellung der Sanktion sei bereits mit Bescheid vom 24.08.2011 erfolgt.

Der Kläger erhob am 30.09.2011 Klage zum Sozialgericht Landshut. Er sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Eine telefonische Vorabbewerbung sei heute gängige Praxis. Für das konkrete Stellenangebot sei Schichtbetrieb Voraussetzung gewesen. Das sei ihm gesundheitlich nicht zumutbar gewesen - dazu gebe es ein Gutachten des ärztlichen Dienstes. Der behauptete spätere telefonische Kontakt mit dem Angebot weiterer Stellen habe gar nicht stattfinden können, weil er ab 21.07.2011 arbeitsunfähig gewesen sei.

Der Beklagte bestätigte das Vorhandensein des Gutachtens. Darin werde vollschichtige Erwerbsfähigkeit bejaht und Schichtarbeit ausdrücklich verneint. Dies sei aber kein wichtiger Grund von der Bewerbung insgesamt abzusehen, weil im Vermittlungsvorschlag lediglich die Bereitschaft zur Schichtarbeit gefordert worden sei, Zeitarbeitsfirmen aber regelmäßig verschiedene Stellen anbieten würden. In dem Vorstellungsgespräch hätte geklärt werden müssen, ob tatsächlich Schichtarbeit erforderlich gewesen sei. Im Übrigen habe der Kläger nach der vorgenannten Begutachtung gegenüber seiner Arbeitsvermittlerin selbst erklärt, auch Mehrschichttätigkeit auszuüben, wenn diese zeitlich günstig liege. Der Beklagte legte ein ärztliches Gutachten nach Aktenlage vom 08.12.2011 vor, wonach Früh- und Spätschicht möglich und lediglich Nachtschicht ausgeschlossen sei.

In der mündlichen Verhandlung vom 12.09.2012 wurde Frau F., Personaldisponentin des Stellenanbieters, als Zeugin gehört. Diese erklärte, dass sie sicher sei, dass die infrage kommenden Stellen entweder Normal- oder Zweischichtbetrieb gewesen wären.

Mit Urteil vom 23.10.2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Für September 2011 bleibe die Anfechtungsklage erfolglos, weil die Absenkung rechtmäßig sei. Der Kläger habe die Anbahnung einer zumutbaren Arbeit durch sein Verhalten verhindert. Der Kläger habe keine ausreichenden ernsthaften Bewerbungsbemühungen unternommen. Er habe sich unstreitig nicht in der im Vermittlungsvorschlag vorgeschriebenen Form (schriftlich oder per E-Mail) bei dem Arbeitgeber geworden. Ein Telefonat könne eine schriftliche Bewerbung nicht ersetzen. Außerdem habe der Kläger nicht von sich aus Bewerbungsaktivitäten gezeigt. Erst mehrere Anrufversuche des Arbeitgebers hätten ein Telefonat zu Stande gebracht. Die Arbeit sei dem Kläger auch gemäß § 10 SGB II zumutbar gewesen. Der Kläger könne lediglich nicht in Nachtschicht arbeiten, wohl aber in Früh- und Spätschicht. Dies belege das Gutachten vom 08.12.2011. Die Zeugin habe bestätigt, dass gerade die für den Kläger vorgesehene Stelle mit Sicherheit keine Nachtschicht verlangt hätte. Ein wichtiger Grund für das Unterlassen einer ordnungsgemäßen Bewerbung liege nicht vor. Insbesondere sei eine Erkrankung ab 21.07.2011 kein Hindernis für eine schriftliche Bewerbung ab 14.07.2011. Der Vermittlungsvorschlag habe eine zutreffende Rechtsfolgenbelehrung enthalten. Zeitpunkt und Umfang der Sanktion seien zutreffend festgelegt worden.

Für Oktober und November 2011 sei eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage einschlägig. Die Sanktion sei - wie dargestellt - rechtmäßig. Weitere Gründe, die zu einer höheren Leistung führen könnten, seien nicht ersichtlich. Das Urteil wurde dem Kläger am 08.11.2012 zugestellt.

Der Kläger hat am 06.12.2012 Nichtzulassungsbeschwerde zum BayLSG eingelegt. Die Berufung ist mit Beschluss vom 18.02.2013 zugelassen worden. Der Kläger hat die Berufung nicht begründet.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.10.2012 und den Sanktionsbescheid vom 24.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm für die Zeit von 01.09.2011 bis 30.11.2011 Arbeitslosengeld II ohne Sanktion zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akte des Beklagten, die Akte des Sozialgerichts und die Akte des Berufungsgerichts verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist - nach deren Zulassung - zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Sanktion dem Gesetz entspricht.

1. Streitgegenstand ist allein der Sanktionsbescheid vom 24.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2011 (isolierter Streitgegenstand Sanktion). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der ab 01.04.2011 geltenden Regelungen, dem Willen des Gesetzgebers, der Parallelität zum tatsächlichen Verwaltungshandeln und der fehlenden Notwendigkeit eines anderen rechtlichen Modells.

a) Mit Urteil vom 16.12.2008, B 4 AS 60/07 R, hat das BSG, entsprechend der damaligen Rechtslage dargelegt, dass ein Sanktionsbescheid gemäß § 31 SGB II in der bis 31.03.2011 gültigen Fassung (a. F.) keinen abtrennbaren Streitgegenstand darstellt, der isoliert von den übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II überprüft werden kann. Die Bestandskraft der Dauerbewilligung musste durch einen Aufhebungsbescheid durchbrochen werden. Eine zuvor erfolgte Bewilligung wurde durch eine Sanktion gemäß § 48 Abs. 1 SGB X nachträglich geändert. (BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 30/09 R, Rn. 14). Weil § 48 SGB X nicht voraussetzt, dass die bisherige Bewilligung rechtmäßig war, war auch bei einer rechtmäßigen Sanktion zu prüfen, ob dem Betroffenen aus einem anderen Grund höhere Leistungen zustehen (BSG, Urteil vom 15.12.2010, B 14 AS 92/09 R, Rn. 13) - bis zur Obergrenze der bisherigen Bewilligung.

Soweit die Bewilligung wegen der Sanktion von vornherein nur in abgesenktem Umfang erfolgte, war der nachfolgende Bewilligungsbescheid in das laufende Verfahren einzubeziehen und der Leistungsanspruch für die betreffenden Monate im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage nach Grund und Höhe vollständig zu überprüfen (z. B. im Urteil des BSG vom 15.12.2010, B 14 AS 92/09 R, Rn. 16).

b) Gemäß der Neufassung der § 31b und § 39 Nr. 1 SGB II hat sich nach Auffassung des Senats zum 01.04.2011 (nach § 77 Abs. 12 SGB II ist der Zeitpunkt der Pflichtverletzung maßgeblich) die Rechtslage geändert. Nunmehr ist ein Sanktionsbescheid ein isolierter Streitgegenstand. Statthaft ist daher ausschließlich die isolierte Anfechtungsklage in deren Rahmen nur die Rechtmäßigkeit der Sanktion geprüft wird. Systematisch stellt sich dies als Spezialregelung dar.

aa) Für den isolierten Streitgegenstand spricht zunächst der Wortlaut von § 31b SGB II.

Gemäß § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II mindert sich der Auszahlungsanspruch mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, die die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. Der Gesetzgeber unterscheidet damit bewusst zwischen Auszahlungsanspruch und Leistungsanspruch. Dies war in der bisherigen Gesetzesfassung (§ 31 Abs. 6 SGB II a. F.) nicht der Fall.

bb) Diese Absicht des Gesetzgebers wird durch die Änderung von § 39 Nr. 1 SGB II bestätigt.

Nach der alten Fassung war ein Verwaltungsakt sofort vollziehbar, der „Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ... herabsetzt“. Damit war die Sanktion mit dem Leistungsanspruch verknüpft.

Nach der neuen Fassung ist ein Verwaltungsakt sofort vollziehbar, der „die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt“. Es wird also auch hier zwischen Auszahlungsanspruch und Leistungsanspruch unterschieden.

Angesichts dieser zu § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II parallelen Regelung kann nicht von einer sprachlichen Ungenauigkeit oder einem Versehen des Gesetzgebers ausgegangen werden.

cc) Auch die Gesetzesbegründung (BTDrs. 17/3404, Seite 112 oder BRat-Drucks. 661/10 Seite 182) spricht für die hier vertretene Auffassung. Dort führt der Gesetzgeber aus:

„Zu § 31b In Absatz 1 werden die bisherigen Regelungen zu Beginn und Dauer der Sanktionen zusammengefasst. Um klarzustellen, dass sich der Auszahlungsanspruch der Betroffenen bei pflichtwidrigem Verhalten kraft Gesetzes mindert, wird der Wortlaut teilweise angepasst.“

Es ist zwar nicht so, dass sich der Auszahlungsanspruch kraft Gesetzes mindert. Wegen § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II muss der feststellende Verwaltungsakt zugehen, um den Zeitraum der Minderung festzulegen. Diese Gesetzesbegründung zeigt jedoch, dass der Gesetzgeber die Sanktion als isolierte Regelung verstanden wissen will. Diesem Anliegen entsprechend hat er den o. g. Wortlaut gewählt. Für die Annahme, der Gesetzgeber hätte den Wortlaut ohne Regelungsabsicht verändert, spricht nichts.

dd) Mit der Neufassung hat der Gesetzgeber auch erreicht, dass die Sanktion der tatsächlichen Verwaltungspraxis und dem Empfängerhorizont entspricht.

Im Falle der Sanktion wird - zumindest innerhalb einer laufenden Bewilligung - nicht die bisherige Bewilligung infrage gestellt oder überprüft. Es wurde und wird allein von der bisherigen Bewilligung ausgegangen und diese um den Sanktionsbetrag vermindert. Dies entspricht auch dem Empfängerhorizont. Der Betroffene ficht die Sanktion an, weil er sie für rechtswidrig hält. Hat er Einwände gegen die bisherige Bewilligung, hat er dies schon zuvor durch Anfechtung dieser Bewilligung geltend gemacht.

ee) Die Regelung des Gesetzgebers ist auch verfahrensrechtlich umsetzbar:

Die Höhe des Leistungsanspruchs ergibt sich aus den vor oder nach der Sanktion erfolgten oder erfolgenden Bewilligungsbescheiden. Diese weisen den Leistungsanspruch aus. Soweit in einem nachfolgenden Bescheid auf die Sanktion hingewiesen wird, handelt es sich bzgl. der Sanktion nur um eine wiederholende Verfügung ohne erneute Sachprüfung.

Der Sanktionsbescheid stellt gemäß § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II ausschließlich die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung des Auszahlungsanspruchs fest. Der Regelungsgehalt des Sanktionsbescheids erschöpft sich also in der Festlegung, wann und in welcher Höhe der anderweitig festgelegte Leistungsanspruch vermindert wird. Der Sanktionsbescheid bestimmt nicht den Umfang des Leistungsanspruchs. Der Regelungsgehalt des Sanktionsbescheids ist gemäß § 33 Abs. 1 SGB X hinreichend bestimmt.

Die auszuzahlende Leistung (Auszahlungsanspruch) ergibt sich durch schlichten Vergleich der Bewilligung (Leistungsanspruch) und der festgestellten Sanktion.

Sofern die Sanktion rechtswidrig ist und vom Gericht aufgehoben wird, lebt der unverminderte Leistungsanspruch von selbst auf.

Sofern in einer Übergangszeit- etwa aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des BSG - die bisherige Bewilligung gemäß § 48 Abs. 1 SGB X aufgehoben wurde oder die nachfolgende Bewilligung wegen der Sanktion geringer festgesetzt wurde, ist dies durch einen nachfolgenden Bescheid zu korrigieren (durch Änderungsbescheid gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II oder durch Ausführungsbescheid zur gerichtlichen Sanktionsaufhebung).

ff) Soweit einzelne Landessozialgerichte in Beschlussverfahren an dem bisherigen Streitgegenstand festgehalten haben, ist den Beschlüssen eine Auseinandersetzung mit der Rechtsänderung nicht zu entnehmen (z. B. LSG NS-Bremen, Beschluss vom 17.06.2013, L 7 AS 332/13 B ER und LSG NRW, Beschluss vom 04.03.2013, L 19 AS 1688/12 B).

Auch soweit in der Literatur an dem bisherigen Streitgegenstand festgehalten wird (etwa Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 31b Rn. 7 und 8 und Valgolio in Hauck/Noftz, § 31b Rn. 2) kann das nicht überzeugen. Dass im SGB II zwischen Leistungs- und Auszahlungsanspruch nicht unterschieden wird, trifft nach der Gesetzesänderung so gerade nicht mehr zu.

In der Literatur sprechen sich demgemäß für den isolierten Streitgegenstand der Sanktion Groth u. a., Das neue Grundsicherungsrecht, 2011, Rn. 421; M. Mayer in Oestreicher, SGB II/SGB XII, Loseblatt, § 39 SGB II Rn. 42 und Lauterbach in Gagel SGB II, § 31b Rn. 2 aus.

2. Die Sanktion selbst entspricht § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 31 a Abs. 1 Satz 1, § 31b Abs. 1 SGB II und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Insoweit wird die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen und gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen.

Ergänzend anzumerken ist, dass der Kläger keinerlei eigene Aktivitäten entfaltet hat, um sich zu bewerben. Er hat lediglich verspätet auf einen der Anrufe des potentiellen Arbeitgebers abweisend reagiert (kein Auto, keine Schichtarbeit). Dies ist ein Verhalten, das die Anbahnung einer zumutbaren Arbeit verhindert. Das Berufungsgericht teilt auch die Auffassung des Sozialgerichts, dass die angebotene Stelle dem Kläger zumutbar war. Es war in der Stellenbeschreibung lediglich von einer Bereitschaft zur Schichtarbeit die Rede, nicht davon, dass in jedem Fall Schichtarbeit geleistet werden musste. Es war dem Kläger anzusinnen, sich auch mit nicht optimalem Bewerberprofil zu bewerben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wurde zugelassen, weil es zu der Frage, welchen Streitgegenstand die Sanktion nach der Neuregelung zum 01.01.2011 hat, noch keine Rechtsprechung des BSG gibt.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,

1.
der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt,
2.
mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder
3.
mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.