Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Juli 2015 - 9 AZR 484/14

ECLI:ECLI:DE:BAG:2015:210715.U.9AZR484.14.0
bei uns veröffentlicht am21.07.2015

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. Mai 2014 - 16 Sa 1221/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.

2

Der am 5. Januar 1948 geborene Kläger war seit Juli 1991 aufgrund verschiedener Verträge für den Beklagten tätig. Bei diesem handelt es sich um einen von den gesetzlichen Krankenversicherungen gegründeten medizinischen Beratungs- und Begutachtungsdienst. Am 22. September 1994 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. Dezember 1994 bis zum 31. Mai 1996. Am 17. Mai 1996 vereinbarten sie einen Werkvertrag. Danach schuldete der Kläger die Erstellung von Gutachten zur Prüfung von Pflegebedürftigkeit gemäß dem Pflegeversicherungsgesetz. Unter dem 16. August 2002 vereinbarten die Parteien einen Rahmenhonorarvertrag beginnend ab dem 1. Oktober 2002. In diesem Vertrag heißt es wie folgt:

        

§ 1   

        

Herr Dr. K wird im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit zur Durchführung allgemeinärztlicher Untersuchungen bei Bedarf im Einzelfall Gutachten erstellen. Der Gutachtenauftrag wird von dem Leiter der Begutachtungs- und Beratungsstelle bzw. eines von ihm dazu ermächtigten ärztlichen Gutachters erteilt. Herr Dr. K verpflichtet sich, beim möglichen Auftreten einer Interessenkollision von der Erstellung eines Gutachtens Abstand zu nehmen.

                 
        

§ 2     

        

Herr Dr. K wird im Falle der Beauftragung auf der Grundlage eines jeweiligen Einzelauftrages eine allgemeinmedizinische Untersuchung durchführen und handschriftlich protokollieren.

        

Ein Anspruch des Gutachters auf Heranziehung zu Untersuchungen in einem bestimmten Umfang besteht nicht.

        

Bei der Erstellung der Gutachten unterliegt der externe Gutachter keinen Weisungen des MDK WL.

                 
        

§ 3     

        

Der MDK stellt zu diesem Zweck die erforderlichen Akten und Unterlagen für die Dauer der Gutachtenerstellung zur Verfügung. Der Gutachter hat alle Schriftstücke und sonstigen Unterlagen einschließlich eigener Aufzeichnungen, die die gutachterliche Tätigkeit betreffen, sorgfältig aufzubewahren, vor jeder Einsichtnahme durch Dritte zu schützen und auf Verlangen jederzeit dem MDK zu übergeben.

                 
        

§ 4     

        

Herr Dr. K verpflichtet sich, die Untersuchungen aufgrund sorgfältiger medizinischer Prüfung nach bestem Wissen und Gewissen zu erstellen. Er berücksichtigt den Stand der medizinischen Wissenschaft, ist dies in dem vorgegebenen Zeitraum nicht möglich, soll eine sozial-medizinische Begutachtung veranlasst werden. Der Gutachter gewährleistet die Erstellung des Protokolls am Tage der Begutachtung.

                 
        

§ 5     

        

1)    

Herr Dr. K verpflichtet sich, über alle Angelegenheiten, die ihm im Rahmen der Gutachtenerstellung offenbart/bekannt werden ... insbesondere über Sozialdaten, Dritten gegenüber Stillschweigen zu bewahren. Dies gilt auch dann noch, wenn er keine Aufträge mehr vom MDK erhalten sollte.

        

2)    

Herrn Dr. K ist untersagt, die unter die Geheimhaltungspflicht der o. g. Gesetze fallenden Sozialdaten sowie sonstige unter die Geheimhaltungspflicht fallende Daten unbefugt zu einem anderen als dem zur jeweiligen rechtmäßigen Aufgabenerfüllung gehörenden Zwecke zu verarbeiten, zu nutzen oder zu übermitteln. Die Fertigung von Kopien zur persönlichen Aufbewahrung ist unzulässig.

                          
        

§ 6     

        

1)    

Herrn Dr. K wird ein Garantiebetrag in Höhe von 153,39 € je geleisteten Arbeitstag zugesichert. Die Bezahlung erfolgt zu dem in Nr. 2 genannten Termin.

        

2)    

Zusätzlich wird eine Vergütung für jedes Gutachten ab der 11. Kurzbegutachtung je Arbeitstag einschließlich Protokollerstellung in Höhe von 15,34 € gewährt. Dieser Betrag wird von Herrn Dr. K dem MDK zu Beginn des darauffolgenden Monats gesondert in Rechnung gestellt und zum 15. des Monats vergütet.

        

3)    

Mit dem Gesamthonorar sind alle Kosten einschließlich der Nebenkosten (z. B. Spesen, Fahrkosten, Auslagen), soweit sich die Untersuchungen auf den Einsatzbereich H und D beziehen, abgegolten.

        

4)    

Für die Gutachtenerstellung im Einzugsbereich B/G gilt übergangsweise vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2002 eine Honorarzusicherung von 414,18 € je Einsatztag auf Basis der durchschnittlichen Tagesuntersuchung und der aktuellen Werte für eine Einzeluntersuchung zuzüglich Fahrkostenersatz für die geleisteten Entfernungskilometer gemäß Reisekostenrecht.

                 

Damit sind alle Kosten für den Einsatz im Einzugsgebiet B/G abgegolten.

                 
        

§ 7     

        

1)    

Der Gutachter wird ein vollständiges Kurzgutachten (Werk) erstellen.

        

2)    

Der Gutachter erstellt monatlich eine spezifizierte Rechnung.

        

3)    

Möglicherweise anfallende Steuern und/oder Sozialversicherungsbeiträge sowie sonstige staatliche oder ähnliche Abgaben sind von dem Gutachter selbst abzuführen. Ebenso sind die Vorschriften hinsichtlich evtl. Anrechnungen auf Versorgungsleistungen u. Ä. von dem Gutachter selbst zu beachten und Beiträge gegebenenfalls selbst abzuführen.

                          
        

§ 8     

        

Das Honorar wird vom MDK jeweils gegen Vorlage einer von der Leitung der Begutachtungs- und Beratungsstelle bestätigten Rechnung überwiesen.

                 
        

§ 9     

        

Der MDK übernimmt keine Haftung für Schäden am Eigentum oder Vermögen sowie Personenschäden des Gutachters, die infolge der Gutachtertätigkeit entstehen.

        

Der Gutachter stellt den MDK von allen Schäden infolge der Gutachtenerstellung frei.

        

Der Abschluss einer erforderlichen Haftpflichtversicherung bzw. sonstiger Versicherungen (Unfall, Krankheit, etc.) für die Ausübung der Gutachtertätigkeit obliegt dem Gutachter.

                 
        

§ 10   

        

Bezüglich einer Rentenversicherungspflicht aufgrund des Werkvertrages weisen wir darauf hin, dass für Personen, die regelmäßig und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind und mit Ausnahme von Familienangehörigen keinen Arbeitnehmer beschäftigen ggf. Rentenversicherungspflicht besteht.

        

Wenn Sie noch nicht von der Rentenversicherungspflicht zugunsten der Ärzteversorgung befreit sind, sollten Sie sich mit Ihrem zuständigen Rentenversicherungsträger in Verbindung setzen und hier eine Klärung herbeiführen.

                 
        

§ 11   

        

Es besteht zwischen den Vertragsparteien Einigkeit, dass sich aus der Vereinbarung über diese gutachterliche Tätigkeit keine arbeitsrechtlichen Ansprüche ableiten lassen.

                 
        

§ 12   

        

1)    

Der Vertrag beginnt am 1. Oktober 2002.

        

2)    

Der Vertrag kann von beiden Vertragsparteien jederzeit schriftlich mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende gekündigt werden.

        

3)    

Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt.

        

4)    

Mit Einsetzen dieses Vertrages endet die Vereinbarung zur Aushilfstätigkeit „Paula“ vom 26. März 1997.

                 
        

§ 13   

        

Änderungen des Vertrages bedürfen der Schriftform.“

3

Die Vergütung für die Tätigkeit entsprechend diesem Rahmenhonorarvertrag wurde mit Schreiben vom 13. März 2012 auf einen Garantiebetrag in Höhe von 175,00 Euro je geleistetem Arbeitstag und in Höhe von 17,50 Euro ab dem „11. Kurzgutachten“ festgelegt. Der Rahmenhonorarvertrag ist beiderseits noch nicht gekündigt. In § 38 Abs. 1 des Manteltarifvertrags für die Beschäftigten (Arbeitnehmer/innen und Auszubildende) der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) und des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) vom 15. Oktober 1991 (MDK-T) heißt es:

        

§ 38 

        

Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch Erreichen der Altersgrenze

        

(1)     

Mit Ablauf des Monats, in dem die Beschäftigten die gesetzliche Regelaltersgrenze erreichen, endet das Beschäftigungsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf. …“

4

Der Kläger führte auf der Grundlage des geschlossenen Rahmenhonorarvertrags Begutachtungen bei Arbeitsunfähigkeit gemäß § 275 SGB V in den dafür von dem Beklagten eingerichteten Servicezentren durch. Bis Januar 2013 war er für einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren in B und Dü eingesetzt. Während in B ausschließlich Begutachtungen bei Arbeitsunfähigkeit vorgenommen wurden, handelte es sich bei der Begutachtungs- und Beratungsstelle in Dü um eine Arbeitsunfähigkeitsbegutachtungsstelle, die mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung kombiniert ist. In der Beratungsstelle Dü sind auch angestellte Ärzte tätig. Ab Januar 2013 wurde der Kläger zu einem verringerten Umfang von drei Tagen ausschließlich in D eingesetzt. Seit 2002 erstellte der Kläger nur noch Arbeitsunfähigkeits-Kurzgutachten. Die Untersuchungen fanden ausschließlich in den Räumlichkeiten des Beklagten statt. Die Versicherten werden von den gesetzlichen Krankenversicherungen in dem zeitlichen Rahmen von 8:00 Uhr bis 13:00 Uhr bzw. bis 14:30 Uhr täglich zur Untersuchung eingeladen. Den einzelnen Krankenkassen stehen Zeitkontingente zur Verfügung, die ihnen von den Sekretärinnen, die in den einzelnen Servicezentren von dem Beklagten eingesetzt werden, mitgeteilt werden. Der Kläger war nicht verpflichtet, Gutachteraufträge anzunehmen. Er war ebenso nicht verpflichtet, täglich zu arbeiten. Die weiteren von dem Beklagten als selbstständig angesehenen Ärzte in diesen Zentren wurden gefragt, in welchem Umfang sie für die Begutachtung zur Verfügung stehen. Da der Kläger regelmäßig anwesend war, wurde seine Anwesenheit eingeplant. Wenn er nicht zur Verfügung stand, gab er dies an und wurde nicht eingesetzt. Der Kläger musste seinen Urlaub nicht genehmigen lassen. Er zeigte ihn lediglich an. Er trug während seiner Tätigkeit ein Namensschild des Beklagten und nutzte darüber hinaus dessen Briefbögen und Formulare. Viele von den zur Begutachtung durch die Krankenversicherung eingeladenen Versicherten nehmen den Termin nicht wahr. Das war nach Angaben des Beklagten der Grund dafür, dass eine Garantievergütung arbeitstäglich zugesagt wurde. Andernfalls wären Ärzte nicht bereit gewesen, die Tätigkeit zu übernehmen. Die Vergütung wurde dem Kläger unaufgefordert durch den Beklagten gezahlt, der den zu zahlenden Betrag auf der Grundlage der vorhandenen Tageslisten ermittelte.

5

Für die Tätigkeit in den „AU-Servicezentren“ gab es einen Ablaufplan, der ua. „Zielvorgaben“ zu den möglichen Ergebnissen der Begutachtung enthielt. Dort hieß es auf einem Schaubild zum Beispiel:

        

„…    

        

AU kann beendet werden.
Zielvorgabe 40 - 50 %
Ergebnis: 49

        

AU ist auf Grund eines noch bestehenden pathologischen Befundes plausibel.
Nachuntersuchung in X Wochen, weil dann bei normalem Heilungsverlauf die AU beendet werden kann. Möglichst nur eine Nachuntersuchung.
Zielvorgabe 20 - 25 %
Ergebnis: 51

        

…       

        

…       

                 
6

Über die Tätigkeit in den Servicezentren wurden Wochenstatistiken geführt.

7

Der Kläger nahm am 1. März 2012 an einer Schulung zum Thema „Aktuelle Sozialmedizinische Themen in der AU-Begutachtung“ teil. Solche Schulungen wurden für den Kläger und die übrigen externen Gutachter regelmäßig angeboten.

8

Aufgrund einer am 29. Dezember 2005 vom Finanzamt vorgenommenen Außenprüfung wurde der Kläger durch Bescheide in erheblichem Umfang zur Umsatzsteuer herangezogen.

9

Mit seiner am 12. Oktober 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat er, soweit für die Revision maßgeblich, die Feststellung begehrt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis begründet wurde und dieses bis zum heutigen Tag fortbesteht. Außerdem hat er die Feststellung begehrt, dass der Beklagte schadensersatzpflichtig ist.

10

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei insgesamt bei dem Beklagten als Arbeitnehmer tätig gewesen. Der Ablaufplan sei ihm im März 2012 überreicht worden. Er sei durch den Dienststellenleiter des Beklagten angewiesen worden, die Anzahl der Wiedereinbestellungen auffälliger Patienten auf in der Regel maximal zwei bis drei zu begrenzen.

11

Der Kläger hat unter Klagerücknahme im Übrigen zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass zwischen den Parteien gemäß Vertrag vom 16. August 2002 ein abhängiges Arbeitsverhältnis begründet wurde und dieses bis zum heutigen Tag fortbesteht,

        

2.    

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm jeden Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden ist und/oder künftig entstehen wird, weil er von dem Beklagten nicht als Arbeitnehmer geführt worden ist.

12

Der Beklagte hat beantragt,

        

die Klage abzuweisen,

        

hilfsweise widerklagend festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, dem Beklagten die ihm seit dem 31. Mai 1996 über eine übliche Vergütung hinaus gezahlte Vergütung zu erstatten.

13

Der Kläger hat beantragt, die hilfsweise Widerklage abzuweisen.

14

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei nicht Arbeitnehmer. Hierzu fehle es an seiner persönlichen Abhängigkeit. Der Ablaufplan, den der Kläger vorgelegt hat, sei nicht für ihn bestimmt gewesen.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Der Kläger verfolgt mit der Revision seine Klageanträge für die Zeit ab dem 1. Oktober 2002 weiter.

Entscheidungsgründe

16

A. Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

17

I. Die Klage auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses gemäß Vertrag vom 16. August 2002 ist zulässig.

18

Entgegen der Auffassung des Beklagten begehrt der Kläger nicht die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses (zur Unzulässigkeit einer vergangenheitsbezogenen Statusklage vgl. BAG 21. Juni 2000 - 5 AZR 782/98 - Rn. 17 ff., BAGE 95, 141). Das zwischen den Parteien mit dem Rahmenhonorarvertrag vom 16. August 2002 begründete Rechtsverhältnis ist nicht beendet. Der Beklagte beruft sich zu Unrecht auf § 38 Abs. 1 MDK-T. Danach endet das Beschäftigungsverhältnis „mit Ablauf des Monats, in dem die Beschäftigten die gesetzliche Regelaltersgrenze erreichen“. Der MDK-T ist auf das Rechtsverhältnis der Parteien nicht anzuwenden. Der Kläger ist nicht tarifgebunden (vgl. § 4 Abs. 1 TVG). Die Parteien haben die Anwendung des MDK-T nicht einzelvertraglich vereinbart.

19

II. Die Klage auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist jedoch unbegründet. Zwischen den Parteien besteht aufgrund des Rahmenhonorarvertrags vom 16. August 2002 kein Arbeitsverhältnis. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen.

20

1. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 13). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 HGB ). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Ob ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis besteht, zeigt der wirkliche Geschäftsinhalt. Zwingende gesetzliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Welches Rechtsverhältnis vorliegt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist Letztere maßgebend (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 17; 29. August 2012 - 10 AZR 499/11  - Rn. 15 ). Abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Merkmale lassen sich nicht aufstellen (BAG 11. Oktober 2010 - 5 AZR 289/99 - zu I der Gründe).

21

2. Die Tatsacheninstanzen haben bei der Prüfung des Arbeitnehmerstatus einen weiten Beurteilungsspielraum. Ihre Würdigung ist nur daraufhin zu überprüfen, ob sie den Rechtsbegriff des Arbeitnehmers selbst verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, bei der Subsumtion den Rechtsbegriff wieder aufgegeben oder wesentliche Umstände außer Betracht gelassen haben (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 18; 5. Juli 2000 - 5 AZR 888/98 - zu B I 2 b der Gründe). Solche Rechtsfehler liegen nicht vor.

22

3. Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandener Weise angenommen, der Kläger sei bei der Gestaltung seiner Tätigkeit sowie der zeitlichen Festlegung seiner Arbeitszeit im Wesentlichen frei gewesen. Gegen eine persönliche Abhängigkeit spreche zudem, dass er Urlaub nicht genehmigen lassen musste, sondern nur anzuzeigen hatte.

23

a) Der Kläger war hinsichtlich seiner Arbeitszeit in einem für einen Selbstständigenstatus erforderlichen Maß frei von Weisungen.

24

aa) Zunächst weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass die Tätigkeit des ärztlichen Gutachters auch im Arbeitsverhältnis erbracht werden kann. Bei Tätigkeiten, die sowohl im Rahmen von Arbeitsverhältnissen als auch im Rahmen von freien Mitarbeiterverhältnissen ausgeübt werden können, spricht dieser Umstand jedoch nicht für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 3. Juni 1998 - 5 AZR 656/97 - zu II 2 der Gründe).

25

bb) Der Kläger unterlag hinsichtlich des zeitlichen Umfangs und der zeitlichen Lage seiner Tätigkeit nicht dem für Arbeitnehmer typischen Weisungsrecht. Zwar war er wegen der Nutzung der Räumlichkeiten des Beklagten sowie der Tätigkeit der Sekretärinnen darauf angewiesen, bei der Gestaltung seiner Arbeitszeit auf die Öffnungszeiten der Servicezentren von 8:00 Uhr bis 13:00 Uhr bzw. bis 14:30 Uhr täglich Rücksicht zu nehmen. Er konnte jedoch selbst bestimmen, an welchen Tagen er eine Tätigkeit für den Beklagten durchführen wollte. Er wurde zwar, da er aufgrund eigener Entscheidung regelmäßig örtlich präsent war, eingesetzt, ohne im Einzelfall zuvor gefragt worden zu sein. Dies entsprach jedoch seinen eigenen Vorstellungen und Interessen. Der Kläger trägt nicht vor, dass er auch gegen seinen Willen herangezogen worden sei. Die organisatorische Bindung an die Öffnungszeiten der Servicezentren begründet kein ausreichendes zeitliches Weisungsrecht des Beklagten. Es ist auch für Selbstständige üblich, dass sie ihre Dienstleistungen im Rahmen der organisatorischen Gegebenheiten des Auftraggebers zu erbringen haben. Entscheidend ist, dass der Kläger entscheiden konnte, ob er überhaupt und gegebenenfalls an welchen Tagen er eine Tätigkeit erbringt. Dies ist für einen Arbeitnehmer unüblich. Der Kläger beruft sich ohne Erfolg darauf, er habe Einsätze nie abgelehnt, da er befürchtet habe, der Beklagte würde mit dem Abbruch der Vertragsbeziehungen reagieren. Das Landesarbeitsgericht weist zu Recht darauf hin, dass dies nicht Ausdruck einer persönlichen, sondern einer wirtschaftlichen Abhängigkeit des Auftragnehmers ist. Arbeitnehmer und Selbstständige unterscheiden sich nach dem Grad der persönlichen Abhängigkeit. An die Stelle der persönlichen Abhängigkeit kann beim Selbstständigen im Einzelfall zwar eine wirtschaftliche Abhängigkeit vom Vertragspartner treten, die den Selbstständigen als arbeitnehmerähnliche Person erscheinen lässt (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - zu II 6 der Gründe, BAGE 115, 1). Dies begründet aber keine Arbeitnehmereigenschaft.

26

b) Der Kläger war auch bei der Gestaltung seiner Tätigkeit im Wesentlichen frei.

27

Dies folgt zunächst aus § 275 Abs. 5 Satz 1 SGB V. Danach sind die Ärzte des Medizinischen Dienstes bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen. Diese Weisungsfreiheit wird auch in § 2 Abs. 3 des Rahmenhonorarvertrags der Parteien bestätigt. Danach unterliegt der externe Gutachter bei der Erstellung der Gutachten keinen Weisungen des Beklagten. Gemäß § 4 Satz 1 des Rahmenhonorarvertrags hatte der Kläger „die Untersuchungen aufgrund sorgfältiger medizinischer Prüfung nach bestem Wissen und Gewissen zu erstellen“. Der Kläger beruft sich insoweit ohne Erfolg auf den überreichten Ablaufplan. Hierzu hat er behauptet, dieser Ablaufplan für die Begutachtung der Arbeitsunfähigkeit der Patienten sei ihm im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung überreicht worden. Hierauf kommt es aber nicht an. Der Ablaufplan enthält schon keine Weisungen zur inhaltlichen Gestaltung der Gutachtertätigkeit des Arztes. Er regelt lediglich, ob und gegebenenfalls welche weiteren Untersuchungen abhängig von der Einschätzung des Arztes vorzunehmen sind. So soll beispielsweise eine Nachuntersuchung erst in „X Wochen“ erfolgen, wenn die Arbeitsunfähigkeit plausibel ist. Ob sie plausibel ist, bestimmt der Gutachter jedoch eigenständig. Die im Ablaufplan beschriebenen Abläufe kennzeichnen lediglich, in welchen Fallkon-stellationen Gutachten, Kurzgutachten oder ausführliche Gutachten zu erstellen sind. Da die Versicherten von den Krankenkassen zur Begutachtung bestellt werden und der Kläger nicht verpflichtet war, Gutachteraufträge anzunehmen, diente der Ablaufplan lediglich der Transparenz, wie regelmäßig Gutachteraufträge zustande kommen. Die weiter im Ablaufplan genannten „Zielvorgaben“ (zB „AU kann beendet werden. Zielvorgabe 40 - 50 %“) begründen ebenfalls kein Weisungsrecht des Beklagten. Wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, folgten hieraus keine inhaltlichen Weisungen gegenüber dem Kläger.

28

c) Die persönliche Abhängigkeit des Klägers folgt nicht daraus, dass er während seines Einsatzes in Dü und B Vertretungstätigkeiten in dem D Servicezentrum des Beklagten wahrnahm. Das Landesarbeitsgericht hat hierzu festgestellt, der Kläger habe keine Umstände vorgetragen, die insoweit eine Weisung des Beklagten erkennen ließen. Dasselbe gilt für die Tätigkeit des Klägers beim Aufbau einer Begutachtungsstelle in B. Diese Tätigkeit übernahm der Kläger nach § 6 Nr. 4 des Rahmenhonorarvertrags. Dort vereinbarten die Parteien eine Vergütung sowie die Übernahme der Kosten durch den Beklagten. Der Kläger übernahm diese Aufgabe deshalb nicht kraft Weisung des Beklagten, sondern wie ein Selbstständiger durch vertragliche Vereinbarung.

29

d) Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht allerdings bei seiner Abwägung darauf abgestellt, die Zahlung der Vergütung entspreche dem Erscheinungsbild eines Arbeitsverhältnisses. Die Art der Vergütung spielt keine Rolle, da sich die persönliche Abhängigkeit danach bestimmt, inwieweit die Ausführung der versprochenen Dienste weisungsgebunden und damit fremdbestimmt erfolgt. Entscheidend sind die Umstände der Dienstleistung, nicht aber die Modalitäten der Entgeltzahlung (BAG 11. März 1992 - 7 AZR 130/91 - zu I 4 b der Gründe).

30

e) Entgegen der Auffassung des Klägers ist es für seinen Rechtsstatus unerheblich, dass die Untersuchungen in den Räumlichkeiten des Beklagten stattfanden. Der Kläger hat schon nicht vorgetragen, dass er zur Nutzung dieser Räumlichkeiten angewiesen wurde. Auch der Rahmenhonorarvertrag enthält eine solche Pflicht nicht. Selbst wenn der Kläger an die Räumlichkeiten des Beklagten zur Erbringung seiner Gutachtertätigkeit gebunden wäre, weil die Patienten sämtlich dorthin bestellt wurden, besagt diese Bindung an einen Arbeitsort nichts über eine persönliche Abhängigkeit, wenn dieser Arbeitsort für die Tätigkeit typisch ist (vgl. BAG 11. März 1992 - 7 AZR 130/91 - zu II 6 der Gründe). Hiervon ist bei der Untersuchungstätigkeit auszugehen, da ansonsten die Patienten zu den unterschiedlichsten Orten, je nach zuständigem Gutachter bestellt werden müssten und die hygienischen Bedingungen der Untersuchungsräume möglicherweise nicht ausreichend wären. Zudem ist nicht festgestellt, dass der Kläger die nach der Untersuchung vorzunehmende Gutachtenerstellung auch in den Räumen des Beklagten durchführte.

31

III. Wegen fehlender Arbeitnehmereigenschaft ist der klägerische Antrag zu 2. ebenfalls unbegründet. Der hilfsweise gestellte Widerklageantrag des Beklagten ist dem Senat nicht zur Entscheidungangefallen. Er ist nur für den Fall gestellt, dass den klägerischen Anträgen stattgegeben wird.

32

B. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen. Soweit er in der Revisionsverhandlung die Klage teilweise zu-rückgenommen hat, hat er die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu tragen.

        

    Brühler    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Pielenz    

        

    M. Dipper    

                 

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3.
bei Arbeitsunfähigkeit
a)
zur Sicherung des Behandlungserfolgs, insbesondere zur Einleitung von Maßnahmen der Leistungsträger für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, oder
b)
zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit
eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen. Die Regelungen des § 87 Absatz 1c zu dem im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenen Gutachterverfahren bleiben unberührt.

(1a) Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 Buchstabe b sind insbesondere in Fällen anzunehmen, in denen

a)
Versicherte auffällig häufig oder auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind oder der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende einer Woche fällt oder
b)
die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt worden ist, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden ist.
Die Prüfung hat unverzüglich nach Vorlage der ärztlichen Feststellung über die Arbeitsunfähigkeit zu erfolgen. Der Arbeitgeber kann verlangen, daß die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt. Die Krankenkasse kann von einer Beauftragung des Medizinischen Dienstes absehen, wenn sich die medizinischen Voraussetzungen der Arbeitsunfähigkeit eindeutig aus den der Krankenkasse vorliegenden ärztlichen Unterlagen ergeben.

(1b) Die Krankenkassen dürfen für den Zweck der Feststellung, ob bei Arbeitsunfähigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen ist, im jeweils erforderlichen Umfang grundsätzlich nur die bereits nach § 284 Absatz 1 rechtmäßig erhobenen und gespeicherten versichertenbezogenen Daten verarbeiten. Sollte die Verarbeitung bereits bei den Krankenkassen vorhandener Daten für den Zweck nach Satz 1 nicht ausreichen, dürfen die Krankenkassen abweichend von Satz 1 zu dem dort bezeichneten Zweck bei den Versicherten nur folgende versichertenbezogene Angaben im jeweils erforderlichen Umfang erheben und verarbeiten:

1.
Angaben dazu, ob eine Wiederaufnahme der Arbeit absehbar ist und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt eine Wiederaufnahme der Arbeit voraussichtlich erfolgt, und
2.
Angaben zu konkret bevorstehenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, die einer Wiederaufnahme der Arbeit entgegenstehen.
Die Krankenkassen dürfen die Angaben nach Satz 2 bei den Versicherten grundsätzlich nur schriftlich oder elektronisch erheben. Abweichend von Satz 3 ist eine telefonische Erhebung zulässig, wenn die Versicherten in die telefonische Erhebung zuvor schriftlich oder elektronisch eingewilligt haben. Die Krankenkassen haben jede telefonische Erhebung beim Versicherten zu protokollieren; die Versicherten sind hierauf sowie insbesondere auf das Auskunftsrecht nach Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 hinzuweisen. Versichertenanfragen der Krankenkassen im Rahmen der Durchführung der individuellen Beratung und Hilfestellung nach § 44 Absatz 4 bleiben unberührt. Abweichend von Satz 1 dürfen die Krankenkassen zu dem in Satz 1 bezeichneten Zweck im Rahmen einer Anfrage bei dem die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellenden Leistungserbringer weitere Angaben erheben und verarbeiten. Den Umfang der Datenerhebung nach Satz 7 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 unter der Voraussetzung, dass diese Angaben erforderlich sind
1.
zur Konkretisierung der auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aufgeführten Diagnosen,
2.
zur Kenntnis von weiteren diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, die in Bezug auf die die Arbeitsunfähigkeit auslösenden Diagnosen vorgesehenen sind,
3.
zur Ermittlung von Art und Umfang der zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübten Beschäftigung oder
4.
bei Leistungsempfängern nach dem Dritten Buch zur Feststellung des zeitlichen Umfangs, für den diese Versicherten zur Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen.
Die nach diesem Absatz erhobenen und verarbeiteten versichertenbezogenen Daten dürfen von den Krankenkassen nicht mit anderen Daten zu einem anderen Zweck zusammengeführt werden und sind zu löschen, sobald sie nicht mehr für die Entscheidung, ob bei Arbeitsunfähigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen ist, benötigt werden.

(1c) (weggefallen)

(2) Die Krankenkassen haben durch den Medizinischen Dienst prüfen zu lassen

1.
die Notwendigkeit der Leistungen nach den §§ 23, 24, 40 und 41, mit Ausnahme von Verordnungen nach § 40 Absatz 3 Satz 2, unter Zugrundelegung eines ärztlichen Behandlungsplans in Stichproben vor Bewilligung und regelmäßig bei beantragter Verlängerung; der Spitzenverband Bund der Krankenkassen regelt in Richtlinien den Umfang und die Auswahl der Stichprobe und kann Ausnahmen zulassen, wenn Prüfungen nach Indikation und Personenkreis nicht notwendig erscheinen; dies gilt insbesondere für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Anschluß an eine Krankenhausbehandlung (Anschlußheilbehandlung),
2.
bei Kostenübernahme einer Behandlung im Ausland, ob die Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich ist (§ 18),
3.
ob und für welchen Zeitraum häusliche Krankenpflege länger als vier Wochen erforderlich ist (§ 37 Abs. 1),
4.
ob Versorgung mit Zahnersatz aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist (§ 27 Abs. 2),
5.
den Anspruch auf Leistungen der außerklinischen Intensivpflege nach § 37c Absatz 2 Satz 1.

(3) Die Krankenkassen können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst prüfen lassen

1.
vor Bewilligung eines Hilfsmittels, ob das Hilfsmittel erforderlich ist (§ 33); der Medizinische Dienst hat hierbei den Versicherten zu beraten; er hat mit den Orthopädischen Versorgungsstellen zusammenzuarbeiten,
2.
bei Dialysebehandlung, welche Form der ambulanten Dialysebehandlung unter Berücksichtigung des Einzelfalls notwendig und wirtschaftlich ist,
3.
die Evaluation durchgeführter Hilfsmittelversorgungen,
4.
ob Versicherten bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern ein Schaden entstanden ist (§ 66).
Der Medizinische Dienst hat den Krankenkassen das Ergebnis seiner Prüfung nach Satz 1 Nummer 4 durch eine gutachterliche Stellungnahme mitzuteilen, die auch in den Fällen nachvollziehbar zu begründen ist, in denen gutachterlich kein Behandlungsfehler festgestellt wird, wenn dies zur angemessenen Unterrichtung des Versicherten im Einzelfall erforderlich ist.

(3a) Ergeben sich bei der Auswertung der Unterlagen über die Zuordnung von Patienten zu den Behandlungsbereichen nach § 4 der Psychiatrie-Personalverordnung in vergleichbaren Gruppen Abweichungen, so können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen die Zuordnungen durch den Medizinischen Dienst überprüfen lassen; das zu übermittelnde Ergebnis der Überprüfung darf keine Sozialdaten enthalten.

(3b) Hat in den Fällen des Absatzes 3 die Krankenkasse den Leistungsantrag des Versicherten ohne vorherige Prüfung durch den Medizinischen Dienst wegen fehlender medizinischer Erforderlichkeit abgelehnt, hat sie vor dem Erlass eines Widerspruchsbescheids eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen.

(3c) Lehnt die Krankenkasse einen Leistungsantrag einer oder eines Versicherten ab und liegt dieser Ablehnung eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes nach den Absätzen 1 bis 3 zugrunde, ist die Krankenkasse verpflichtet, in ihrem Bescheid der oder dem Versicherten das Ergebnis der gutachtlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes und die wesentlichen Gründe für dieses Ergebnis in einer verständlichen und nachvollziehbaren Form mitzuteilen sowie auf die Möglichkeit hinzuweisen, sich bei Beschwerden vertraulich an die Ombudsperson nach § 278 Absatz 3 zu wenden.

(4) Die Krankenkassen und ihre Verbände sollen bei der Erfüllung anderer als der in Absatz 1 bis 3 genannten Aufgaben im notwendigen Umfang den Medizinischen Dienst oder andere Gutachterdienste zu Rate ziehen, insbesondere für allgemeine medizinische Fragen der gesundheitlichen Versorgung und Beratung der Versicherten, für Fragen der Qualitätssicherung, für Vertragsverhandlungen mit den Leistungserbringern und für Beratungen der gemeinsamen Ausschüsse von Ärzten und Krankenkassen, insbesondere der Prüfungsausschüsse. Der Medizinische Dienst führt die Aufgaben nach § 116b Absatz 2 durch, wenn der erweiterte Landesausschuss ihn hiermit nach § 116b Absatz 3 Satz 8 ganz oder teilweise beauftragt.

(4a) Soweit die Erfüllung der sonstigen dem Medizinischen Dienst obliegenden Aufgaben nicht beeinträchtigt wird, kann er Beamte nach den §§ 44 bis 49 des Bundesbeamtengesetzes ärztlich untersuchen und ärztliche Gutachten fertigen. Die hierdurch entstehenden Kosten sind von der Behörde, die den Auftrag erteilt hat, zu erstatten. § 280 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Der Medizinische Dienst Bund und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat vereinbaren unter Beteiligung der Medizinischen Dienste, die ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Durchführung von Untersuchungen und zur Fertigung von Gutachten nach Satz 1 erklärt haben, das Nähere über das Verfahren und die Höhe der Kostenerstattung. Die Medizinischen Dienste legen die Vereinbarung ihrer Aufsichtsbehörde vor, die der Vereinbarung innerhalb von drei Monaten nach Vorlage widersprechen kann, wenn die Erfüllung der sonstigen Aufgaben des Medizinischen Dienstes gefährdet wäre.

(4b) Soweit die Erfüllung der dem Medizinischen Dienst gesetzlich obliegenden Aufgaben nicht beeinträchtigt wird, kann der Medizinische Dienst Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Ersuchen insbesondere einer für die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zuständigen Einrichtung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, eines zugelassenen Krankenhauses im Sinne des § 108, eines nach § 95 Absatz 1 Satz 1 an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers sowie eines Trägers einer zugelassenen Pflegeeinrichtung im Sinne des § 72 des Elften Buches befristet eine unterstützende Tätigkeit bei diesen Behörden, Einrichtungen oder Leistungserbringern zuweisen. Die hierdurch dem Medizinischen Dienst entstehenden Personal- und Sachkosten sind von der Behörde, der Einrichtung, dem Einrichtungsträger oder dem Leistungserbringer, die oder der die Unterstützung erbeten hat, zu erstatten. Das Nähere über den Umfang der Unterstützungsleistung sowie zu Verfahren und Höhe der Kostenerstattung vereinbaren der Medizinische Dienst und die um Unterstützung bittende Behörde oder Einrichtung oder der um Unterstützung bittende Einrichtungsträger oder Leistungserbringer. Eine Verwendung von Umlagemitteln nach § 280 Absatz 1 Satz 1 zur Finanzierung der Unterstützung nach Satz 1 ist auszuschließen. Der Medizinische Dienst legt die Zuweisungsverfügung seiner Aufsichtsbehörde vor, die dieser innerhalb einer Woche nach Vorlage widersprechen kann, wenn die Erfüllung der dem Medizinischen Dienst gesetzlich obliegenden Aufgaben beeinträchtigt wäre.

(5) Die Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes sind bei der Wahrnehmung ihrer fachlichen Aufgaben nur ihrem Gewissen unterworfen. Sie sind nicht berechtigt, in die Behandlung und pflegerische Versorgung der Versicherten einzugreifen.

(6) Jede fallabschließende gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes ist in schriftlicher oder elektronischer Form zu verfassen und muss zumindest eine kurze Darlegung der Fragestellung und des Sachverhalts, das Ergebnis der Begutachtung und die wesentlichen Gründe für dieses Ergebnis umfassen.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

(2) Wer, ohne selbständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter.

(3) Der Unternehmer kann auch ein Handelsvertreter sein.

(4) Die Vorschriften dieses Abschnittes finden auch Anwendung, wenn das Unternehmen des Handelsvertreters nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

(1) Die Krankenkassen sind in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet,

1.
bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung,
2.
zur Einleitung von Leistungen zur Teilhabe, insbesondere zur Koordinierung der Leistungen nach den §§ 14 bis 24 des Neunten Buches, im Benehmen mit dem behandelnden Arzt,
3.
bei Arbeitsunfähigkeit
a)
zur Sicherung des Behandlungserfolgs, insbesondere zur Einleitung von Maßnahmen der Leistungsträger für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, oder
b)
zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit
eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen. Die Regelungen des § 87 Absatz 1c zu dem im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenen Gutachterverfahren bleiben unberührt.

(1a) Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 Buchstabe b sind insbesondere in Fällen anzunehmen, in denen

a)
Versicherte auffällig häufig oder auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind oder der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende einer Woche fällt oder
b)
die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt worden ist, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden ist.
Die Prüfung hat unverzüglich nach Vorlage der ärztlichen Feststellung über die Arbeitsunfähigkeit zu erfolgen. Der Arbeitgeber kann verlangen, daß die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt. Die Krankenkasse kann von einer Beauftragung des Medizinischen Dienstes absehen, wenn sich die medizinischen Voraussetzungen der Arbeitsunfähigkeit eindeutig aus den der Krankenkasse vorliegenden ärztlichen Unterlagen ergeben.

(1b) Die Krankenkassen dürfen für den Zweck der Feststellung, ob bei Arbeitsunfähigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen ist, im jeweils erforderlichen Umfang grundsätzlich nur die bereits nach § 284 Absatz 1 rechtmäßig erhobenen und gespeicherten versichertenbezogenen Daten verarbeiten. Sollte die Verarbeitung bereits bei den Krankenkassen vorhandener Daten für den Zweck nach Satz 1 nicht ausreichen, dürfen die Krankenkassen abweichend von Satz 1 zu dem dort bezeichneten Zweck bei den Versicherten nur folgende versichertenbezogene Angaben im jeweils erforderlichen Umfang erheben und verarbeiten:

1.
Angaben dazu, ob eine Wiederaufnahme der Arbeit absehbar ist und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt eine Wiederaufnahme der Arbeit voraussichtlich erfolgt, und
2.
Angaben zu konkret bevorstehenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, die einer Wiederaufnahme der Arbeit entgegenstehen.
Die Krankenkassen dürfen die Angaben nach Satz 2 bei den Versicherten grundsätzlich nur schriftlich oder elektronisch erheben. Abweichend von Satz 3 ist eine telefonische Erhebung zulässig, wenn die Versicherten in die telefonische Erhebung zuvor schriftlich oder elektronisch eingewilligt haben. Die Krankenkassen haben jede telefonische Erhebung beim Versicherten zu protokollieren; die Versicherten sind hierauf sowie insbesondere auf das Auskunftsrecht nach Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 hinzuweisen. Versichertenanfragen der Krankenkassen im Rahmen der Durchführung der individuellen Beratung und Hilfestellung nach § 44 Absatz 4 bleiben unberührt. Abweichend von Satz 1 dürfen die Krankenkassen zu dem in Satz 1 bezeichneten Zweck im Rahmen einer Anfrage bei dem die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellenden Leistungserbringer weitere Angaben erheben und verarbeiten. Den Umfang der Datenerhebung nach Satz 7 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 unter der Voraussetzung, dass diese Angaben erforderlich sind
1.
zur Konkretisierung der auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aufgeführten Diagnosen,
2.
zur Kenntnis von weiteren diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, die in Bezug auf die die Arbeitsunfähigkeit auslösenden Diagnosen vorgesehenen sind,
3.
zur Ermittlung von Art und Umfang der zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübten Beschäftigung oder
4.
bei Leistungsempfängern nach dem Dritten Buch zur Feststellung des zeitlichen Umfangs, für den diese Versicherten zur Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen.
Die nach diesem Absatz erhobenen und verarbeiteten versichertenbezogenen Daten dürfen von den Krankenkassen nicht mit anderen Daten zu einem anderen Zweck zusammengeführt werden und sind zu löschen, sobald sie nicht mehr für die Entscheidung, ob bei Arbeitsunfähigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen ist, benötigt werden.

(1c) (weggefallen)

(2) Die Krankenkassen haben durch den Medizinischen Dienst prüfen zu lassen

1.
die Notwendigkeit der Leistungen nach den §§ 23, 24, 40 und 41, mit Ausnahme von Verordnungen nach § 40 Absatz 3 Satz 2, unter Zugrundelegung eines ärztlichen Behandlungsplans in Stichproben vor Bewilligung und regelmäßig bei beantragter Verlängerung; der Spitzenverband Bund der Krankenkassen regelt in Richtlinien den Umfang und die Auswahl der Stichprobe und kann Ausnahmen zulassen, wenn Prüfungen nach Indikation und Personenkreis nicht notwendig erscheinen; dies gilt insbesondere für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Anschluß an eine Krankenhausbehandlung (Anschlußheilbehandlung),
2.
bei Kostenübernahme einer Behandlung im Ausland, ob die Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich ist (§ 18),
3.
ob und für welchen Zeitraum häusliche Krankenpflege länger als vier Wochen erforderlich ist (§ 37 Abs. 1),
4.
ob Versorgung mit Zahnersatz aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist (§ 27 Abs. 2),
5.
den Anspruch auf Leistungen der außerklinischen Intensivpflege nach § 37c Absatz 2 Satz 1.

(3) Die Krankenkassen können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst prüfen lassen

1.
vor Bewilligung eines Hilfsmittels, ob das Hilfsmittel erforderlich ist (§ 33); der Medizinische Dienst hat hierbei den Versicherten zu beraten; er hat mit den Orthopädischen Versorgungsstellen zusammenzuarbeiten,
2.
bei Dialysebehandlung, welche Form der ambulanten Dialysebehandlung unter Berücksichtigung des Einzelfalls notwendig und wirtschaftlich ist,
3.
die Evaluation durchgeführter Hilfsmittelversorgungen,
4.
ob Versicherten bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern ein Schaden entstanden ist (§ 66).
Der Medizinische Dienst hat den Krankenkassen das Ergebnis seiner Prüfung nach Satz 1 Nummer 4 durch eine gutachterliche Stellungnahme mitzuteilen, die auch in den Fällen nachvollziehbar zu begründen ist, in denen gutachterlich kein Behandlungsfehler festgestellt wird, wenn dies zur angemessenen Unterrichtung des Versicherten im Einzelfall erforderlich ist.

(3a) Ergeben sich bei der Auswertung der Unterlagen über die Zuordnung von Patienten zu den Behandlungsbereichen nach § 4 der Psychiatrie-Personalverordnung in vergleichbaren Gruppen Abweichungen, so können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen die Zuordnungen durch den Medizinischen Dienst überprüfen lassen; das zu übermittelnde Ergebnis der Überprüfung darf keine Sozialdaten enthalten.

(3b) Hat in den Fällen des Absatzes 3 die Krankenkasse den Leistungsantrag des Versicherten ohne vorherige Prüfung durch den Medizinischen Dienst wegen fehlender medizinischer Erforderlichkeit abgelehnt, hat sie vor dem Erlass eines Widerspruchsbescheids eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen.

(3c) Lehnt die Krankenkasse einen Leistungsantrag einer oder eines Versicherten ab und liegt dieser Ablehnung eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes nach den Absätzen 1 bis 3 zugrunde, ist die Krankenkasse verpflichtet, in ihrem Bescheid der oder dem Versicherten das Ergebnis der gutachtlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes und die wesentlichen Gründe für dieses Ergebnis in einer verständlichen und nachvollziehbaren Form mitzuteilen sowie auf die Möglichkeit hinzuweisen, sich bei Beschwerden vertraulich an die Ombudsperson nach § 278 Absatz 3 zu wenden.

(4) Die Krankenkassen und ihre Verbände sollen bei der Erfüllung anderer als der in Absatz 1 bis 3 genannten Aufgaben im notwendigen Umfang den Medizinischen Dienst oder andere Gutachterdienste zu Rate ziehen, insbesondere für allgemeine medizinische Fragen der gesundheitlichen Versorgung und Beratung der Versicherten, für Fragen der Qualitätssicherung, für Vertragsverhandlungen mit den Leistungserbringern und für Beratungen der gemeinsamen Ausschüsse von Ärzten und Krankenkassen, insbesondere der Prüfungsausschüsse. Der Medizinische Dienst führt die Aufgaben nach § 116b Absatz 2 durch, wenn der erweiterte Landesausschuss ihn hiermit nach § 116b Absatz 3 Satz 8 ganz oder teilweise beauftragt.

(4a) Soweit die Erfüllung der sonstigen dem Medizinischen Dienst obliegenden Aufgaben nicht beeinträchtigt wird, kann er Beamte nach den §§ 44 bis 49 des Bundesbeamtengesetzes ärztlich untersuchen und ärztliche Gutachten fertigen. Die hierdurch entstehenden Kosten sind von der Behörde, die den Auftrag erteilt hat, zu erstatten. § 280 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Der Medizinische Dienst Bund und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat vereinbaren unter Beteiligung der Medizinischen Dienste, die ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Durchführung von Untersuchungen und zur Fertigung von Gutachten nach Satz 1 erklärt haben, das Nähere über das Verfahren und die Höhe der Kostenerstattung. Die Medizinischen Dienste legen die Vereinbarung ihrer Aufsichtsbehörde vor, die der Vereinbarung innerhalb von drei Monaten nach Vorlage widersprechen kann, wenn die Erfüllung der sonstigen Aufgaben des Medizinischen Dienstes gefährdet wäre.

(4b) Soweit die Erfüllung der dem Medizinischen Dienst gesetzlich obliegenden Aufgaben nicht beeinträchtigt wird, kann der Medizinische Dienst Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Ersuchen insbesondere einer für die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zuständigen Einrichtung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, eines zugelassenen Krankenhauses im Sinne des § 108, eines nach § 95 Absatz 1 Satz 1 an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers sowie eines Trägers einer zugelassenen Pflegeeinrichtung im Sinne des § 72 des Elften Buches befristet eine unterstützende Tätigkeit bei diesen Behörden, Einrichtungen oder Leistungserbringern zuweisen. Die hierdurch dem Medizinischen Dienst entstehenden Personal- und Sachkosten sind von der Behörde, der Einrichtung, dem Einrichtungsträger oder dem Leistungserbringer, die oder der die Unterstützung erbeten hat, zu erstatten. Das Nähere über den Umfang der Unterstützungsleistung sowie zu Verfahren und Höhe der Kostenerstattung vereinbaren der Medizinische Dienst und die um Unterstützung bittende Behörde oder Einrichtung oder der um Unterstützung bittende Einrichtungsträger oder Leistungserbringer. Eine Verwendung von Umlagemitteln nach § 280 Absatz 1 Satz 1 zur Finanzierung der Unterstützung nach Satz 1 ist auszuschließen. Der Medizinische Dienst legt die Zuweisungsverfügung seiner Aufsichtsbehörde vor, die dieser innerhalb einer Woche nach Vorlage widersprechen kann, wenn die Erfüllung der dem Medizinischen Dienst gesetzlich obliegenden Aufgaben beeinträchtigt wäre.

(5) Die Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes sind bei der Wahrnehmung ihrer fachlichen Aufgaben nur ihrem Gewissen unterworfen. Sie sind nicht berechtigt, in die Behandlung und pflegerische Versorgung der Versicherten einzugreifen.

(6) Jede fallabschließende gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes ist in schriftlicher oder elektronischer Form zu verfassen und muss zumindest eine kurze Darlegung der Fragestellung und des Sachverhalts, das Ergebnis der Begutachtung und die wesentlichen Gründe für dieses Ergebnis umfassen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.