Arbeitsgericht Magdeburg Urteil, 14. Jan. 2015 - 3 Ca 2548/14

ECLI:ECLI:DE:ARBGMAG:2015:0114.3CA2548.14.0A
bei uns veröffentlicht am14.01.2015

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.100,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer personenbedingten arbeitgeberseitigen Kündigung.

2

Die 1982 geborene Klägerin ist seit dem 10.10.2011 bei der Beklagten auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 6.10.2011 (Bl.16/17 d.A.) sowie der schriftlichen Änderungsverträge vom 04.09.2012 (Bl.18 d.A.) und 23.09.2013 (Bl.19 d.A.) -zuletzt unbefristet- als Erzieherin mit einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 1.700,00 € tätig.

3

Am 15.09.2012 ereignete sich ein Vorfall, in dessen Anschluss die Klägerin der Beklagten mitteilte, dass sie ihren Führerschein verloren habe, nunmehr auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen und daher weniger flexibel einsetzbar sei sowie im Nachgang mit einem Gerichtsverfahren rechnen müsse. Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt verheiratet, hatte einen 10 jährigen Sohn, ihr Mann arbeitete auf Montage und hatte sich einer jüngeren Frau mit einer damals zweijährigen Tochter zugewandt.

4

Vom 28.01. bis 11.02.2014 fand das Gerichtsverfahren statt, die Klägerin wurde auf Wunsch von der Arbeitsleistung frei gestellt. Am 28.01., 29.01. sowie 11.02.2014 erfolgte eine umfangreiche Presseberichterstattung über das Verfahren und seine Hintergründe (Bl.95-97 d.A.). Im Ergebnis wurde die -auf wessen Rat auch immer, keinerlei Schuld einräumende und offenbar nur wenig Bedauern erkennen lassende, stattdessen vielmehr jegliche Aussage verweigernde- Klägerin zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Das Gericht sah es danach als erwiesen an, dass die Klägerin mit ihrem PKW -in welchem auch ihr Sohn saß-, nahezu im Rechten Winkel auf die mit ihrer Tochter vor dem PKW des Ehemannes stehende Nebenbuhlerin zufuhr, um diese in Form einer Verletzung der körperlichen Unversehrtheit zu bestrafen. Das zweijährige Mädchen trug schwere Verletzungen davon und musste notoperiert werden, ihre Mutter ist seither gehbehindert (vgl. Urt. LG Halle Bl.104ff. d.A.).

5

Auf das Bekanntwerden dieses Sachverhaltes reagierte die Beklagte -bei der kein Betriebsrat existiert- unter dem 11.02.2014 mit einer Kündigung zum 31.03.2014. Diese ging der Klägerin am 17.02.2014 zu und wurde von ihr mit einer am 26.02.2014 bei Gericht eingehenden Kündigungsschutzklage beantwortet (ArbG Magdeburg 3 Ca 554/14). Erstmals mit Schreiben vom 16.03.2014, unter späterer Vorlage einer Bescheinigung vom 27.03.2014 informierte die Klägerin die Beklagte über eine bei Kündigungsausspruch vorliegende Schwangerschaft.

6

Die Beklagte wandte sich daraufhin -mit der Begründung, die Klägerin sei nach dem bekannt gewordenen Sachverhalt charakterlich für eine Tätigkeit als Erzieherin ungeeignet- zwecks Einholung einer Zustimmung zur Kündigung an das Landesamt für Verbraucherschutz. Unter dem 26.08.2014 erklärte dieses die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin für zulässig (Bescheid Bl.81ff. d.A.).

7

Unter dem 29.08.2014, der Klägerin zugegangen am 29.08.2014, kündigte die Beklagte der Klägerin erneut, diesmal zum 30.09.2014. Mit am 10.09.2014 eingegangener, der Beklagten am 17.09.2014 zugestellter Kündigungsschutzklage wandte sich die Klägerin auch gegen diese erneute Kündigung.

8

Das Urteil des Landgerichts Halle ist seit dem 09.10.2014 rechtskräftig, die Prozessvertreter der Klägerin haben Verfassungsbeschwerde eingelegt. Den Bescheid des Landesamtes haben sie vor den Verwaltungsgerichten angegriffen. Die Kündigung mit Schreiben vom 11.02.2014 hat die Beklagte inzwischen mit Blick auf die damals noch nicht vorliegende Zustimmung des Landesamtes zurückgenommen. Das diese betreffende Verfahren haben beide Parteien für erledigt erklärt. Die Klägerin hat inzwischen entbunden, ein Datum für ihren Haftantritt war zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht noch nicht bekannt gegeben.

9

Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe ihre weiterhin bestehende Eignung auch nach dem Vorfall im Herbst 2012 durch ihre noch bis Anfang 2014 währende tatsächliche Tätigkeit bei der Beklagten ausreichend unter Beweis gestellt. Sie sei zu Unrecht strafrechtlich verurteilt worden, habe den Unfall am 15.09.2012 nicht schuldhaft verursacht.

10

Ihre Prozessvertretung weist auf die eingelegten Rechtsmittel hin. Sie ist der Auffassung, es handele sich hier allein um nicht ausreichende und -da von der Beklagten nicht als solche bezeichnet- auch nicht verwertbare verhaltensbedingte Kündigungsgründe, in Form eines außerdienstlichen Verhaltens. Auch auf eine bevorstehende Haftstrafe könne sich die Beklagte nicht im Nachhinein berufen u.a. mangels Anführung als Kündigungsgrund gegenüber dem Landesamt. Zudem könne die Klägerin als Ersttäterin fest mit dem Erlass von einem Drittel der Strafe rechnen.

11

Die Klägerin beantragt,

12
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung mit Schreiben vom 29.08.2014 nicht aufgelöst wurde,
13
2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu Ziffer 1 zu den im Arbeitsvertrag vom 06.10.2011 in der Fassung des Änderungsvertrages vom 04.09.2012 und 23.09.2013 festgelegten Bedingungen als Erzieherin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Klageantrag zu Ziffer 1 weiter zu beschäftigen.
14

Die Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Die Beklagte erklärt, sie sei schwer enttäuscht, dass die Klägerin um des eigenen Vorteils willen, ihr den eigentlichen Sachverhalt zwei Jahre lang verschwiegen habe. Sie halte die Klägerin gegenwärtig und ohne Therapie auch noch in näherer Zukunft für ungeeignet, den Beruf einer Erzieherin nachzugehen. Ihre Tat habe eine erhebliche Rücksichtslosigkeit gegenüber Kindern (verletzte 2-jährige, beobachtender 10-jähriger) und eine zu geringe Stress- bzw. Frustrationsgrenze (aus Wut Straftat begangen) erkennen lassen sowie die Eltern der von ihr ggf. zu betreuenden Kinder in Aufruhr versetzt. Auf die schon zum Kündigungszeitpunkt zu erwartende, aber damals noch nicht rechtskräftige, mehrjährige Haftstrafe beziehe sie sich hilfsweise ebenfalls. Nur um der Klägerin und ihrer Familie keine unnötigen Steine in den Weg zu legen, sei sie auch zur einvernehmlichen Beendigung zum 30.09.2014 bereit.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Terminsprotokolle und die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

18

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

19

1) Die Kündigung der Klägerin mit Schreiben vom 29.08.2014 ist sozial gerechtfertigt i.S.v. § 1 Abs.1 KSchG, sie ist durch Gründe in der Person der Klägerin bedingt, die deren Weiterbeschäftigung entgegenstehen (§ 1 Abs.2 KSchG).

20

a) Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien findet auch der 1. Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes vollständig Anwendung. Die Klägerin war zum Kündigungszeitpunkt mehr als 6 Monate ununterbrochen in einem Betrieb der Beklagten tätig und hierbei handelt es sich nicht um einen Kleinbetrieb i.S.v. § 23 KSchG. Die soziale Rechtfertigung gilt allerdings nicht bereits mangels Einhaltung der Frist nach § 4 KSchG als gegeben (§ 7 KSchG), vielmehr hat die Klägerin rechtzeitig binnen drei Wochen nach Erhalt der Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben (29.08.2014 - 17.09.2014).

21

b) Anders als bei einer Kündigung nach § 22 BBiG (abschließender Inhalt des Kündigungsschreibens) und anders als bei einem zu beteiligenden und dann möglicherweise nicht vollständig informierten Betriebsrat, ist die Beklagte nicht gehindert sich -ggf. auch erst noch im Nachhinein- auf alle zum Kündigungszeitpunkt objektiv vorliegenden Kündigungsgründe zu berufen. Dabei kann es sich auch um Kündigungsgründe handeln, die nach der Gesetzessystematik unterschiedlichen Typen (verhaltensbedingt, personenbedingt, betriebsbedingt) bzw. anderen Typen als die bis dahin vorgetragenen Kündigungsgründe angehören. Eine Beschränkung tritt auch nicht mittelbar durch den Inhalt der Information des hier beteiligten -allerdings ohnehin über den gesamten Sachverhalt vollständig informierten (vgl. Bescheid vom 26.08.2014)- Landesamtes ein.

22

c) Eine ordentliche Kündigung ist aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers gemäß § 1 Abs.2 KSchG sozial gerechtfertigt, wenn

23

- dessen persönlichen Verhältnisse oder Eigenschaften zu einer konkreten -prognostizierbar auch in der näheren Zukunft bestehenden und dem Arbeitgeber nicht zumutbaren- Störung des Arbeitsverhältnisses führen, bzw. im Kündigungszeitpunkt erkennbar alsbald führen werden,

24

- eine zumutbare Möglichkeit einer anderen, eine weitere Störung zuverlässig ausschließenden Beschäftigung nicht besteht und

25

- die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint.

26

Wesentlicher Unterschied zu verhaltensbedingten Gründen ist eine -jedenfalls aktuell und in naher Zukunft- auf Seiten des Arbeitnehmers fehlende Steuerbarkeit bzw. Behebbarkeit der Störung.

27

Gegen ihn verhängte Straf oder Untersuchungshaft hindern einen Arbeitnehmer, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen und können daher eine personenbedingte, je nach Art und Ausmaß der betrieblichen Auswirkungen, auch eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Ob die der Haft des Arbeitnehmers zugrunde liegenden Straftaten eine Kündigung rechtfertigen können, ist oftmals ebenfalls dem personenbedingten Kündigungstypus zuzurechnen und zwar als eine Frage der Eignung. Denn diese können im Einzelfall für die arbeitsvertraglich zu verrichtende Tätigkeit Zweifel an der Zuverlässigkeit und Eignung begründen. Gängige Beispiele dafür sind Vermögensdelikte bei Kassierern, Verkehrsdelikte bei Berufskraftfahrern sowie Körperverletzungs- oder Sittlichkeitsdelikte bei Lehrern und Erziehern. Hat der Arbeitnehmer die Straftat im dienstlichen Bereich begangen, kommt (auch) eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht.

28

Voraussetzung einer Kündigung wegen haftbedingter Arbeitsverhinderung ist, dass der Arbeitnehmer aller Voraussicht nach für eine verhältnismäßig erhebliche Zeit nicht in der Lage sein wird, seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Grundlage für eine Prognose muss nicht zwingend eine bereits erfolgte - rechtskräftige - strafgerichtliche Verurteilung sein. Die Erwartung, der Arbeitnehmer werde für längere Zeit an der Erbringung seiner Arbeitsleistung gehindert sein, kann auch im Fall der Untersuchungshaft berechtigt sein. Dann kommt es darauf an, ob die der vorläufigen Inhaftierung zugrunde liegenden Umstände bei objektiver Betrachtung mit hinreichender Sicherheit eine solche Prognose rechtfertigen. Die prognostizierte Nichterfüllung der Arbeitspflicht muss sich nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Da der Arbeitgeber im Fall der haftbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers typischerweise von der Lohnzahlungspflicht befreit ist, hängt es von der Dauer der Haft sowie Art und Ausmaß der betrieblichen Auswirkungen ab, ob die Inhaftierung geeignet ist, einen Grund zur Kündigung abzugeben. Das ist sie nicht, wenn es dem Arbeitgeber zuzumuten ist, für die Zeit des haftbedingten Arbeitsausfalls Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen und dem Arbeitnehmer den Arbeitsplatz bis zur Rückkehr aus der Haft frei zu halten. Ist im Kündigungszeitpunkt mit einer mehrjährigen haftbedingten Abwesenheit des Arbeitnehmers zu rechnen, kann dem Arbeitgeber regelmäßig nicht zugemutet werden, lediglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen und auf eine dauerhafte Neubesetzung des Arbeitsplatzes zu verzichten. Jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren zu verbüßen hat und nicht sicher absehbar ist, ob und ggf. wann er vorzeitig aus der Haft entlassen wird, liegt im Regelfall - unbeschadet einer abschließenden Interessenabwägung - ein personenbedingter Grund zur Kündigung vor. (vgl. BAG 23.05.2013 - 2 AZR 120/12, NZA 2013, 1211; 24.03.2011 - 2 AZR 790/09, NZA 2011, 1084; 25.11.2010 - 2 AZR 984/08, NZA 2011, 1896).

29

d) Nach Auffassung der Kammer spricht viel dafür, dass sich in dem Verhalten der Klägerin am 15. September 2012 sowie später im Zusammenhang mit der Tat und dem Prozess Eigenschaften der Klägerin offenbart haben, die störend ja sogar zerstörend wirken in Hinblick auf ein Vertrauen der Beklagten und der betroffenen Eltern darin, dass die Klägerin die ihr anvertrauten Kinder ausreichend verantwortungsvoll schützt und erzieht.

30

Die Tat lässt erkennen, dass die Klägerin -jedenfalls bis zu einer, von ihr offenbar bisher gar nicht angestrebten, Therapie- im Falle eines auch zukünftig nicht ausschließbaren Überschreitens einer gewissen Grenze an privaten Problemen bereit ist, ohne Rücksicht auf Gesundheit und Psyche fremder oder eigener Kinder zu handeln. Weiterhin lässt sie erkennen, dass die Klägerin Toleranz, Gewaltfreiheit und die Einhaltung staatlicher und ethischer Normen nicht selbst vorlebt und somit auch nur schwerlich glaubhaft vermitteln kann. Auch wenn es ihr gelungen ist, diesen Umstand für den Zeitraum zwischen September 2012 und Januar 2014 zu verbergen, ändert dies nichts daran, dass dieser fortbesteht. Eine Weiterentwicklung in der Persönlichkeit oder eine andere Sichtweise auf die Tat und deren Folgen seit September 2012 auf Seiten der Klägerin ist in diesem Verfahren nicht zum Ausdruck gebracht worden. Ob nun auf Wunsch der Klägerin oder auf Anraten ihrer Prozessvertretung, beharrt diese lediglich auf ihrer Unschuld und lässt eine angemessene Auseinandersetzung mit der Tat und ihren Folgen nicht erkennen.

31

Jedenfalls aber war schon zum Kündigungszeitpunkt -auch wenn die Rechtskraft der strafrechtlichen Verurteilung erst kurz darauf eintrat- davon auszugehen, dass die Klägerin in absehbarer Zeit eine Haftstrafe von mehr als zwei Jahren anzutreten haben wird. Dass sie also damit in naher Zukunft, unzumutbar lang für eine Arbeitsleistung nicht zur Verfügung stehen wird. Anders als der Klägervertreter meint, ist auch schon aufgrund der Einstellung der Klägerin zu ihrer Tat, so wie diese in dem Prozess vor dem Arbeitsgericht -ob nun aus eigenem Antrieb oder auf Rat ihrer Prozessvertretung- zum Ausdruck gebracht wurde, keineswegs als sicher zu erwarten, dass nicht auch mehr als zwei Jahre der dreijährigen Haftstrafe von der Klägerin zu verbüßen sein werden. Ein näherer Vortrag der Beklagten zu möglichen Überbrückungsmaßnahmen war daher nach Auffassung der Kammer entbehrlich, eine andere Tätigkeit in der die Klägerin störungsfrei weiterhin für die Beklagte tätig werden könnte, schon wegen ihres gänzlichen Ausfalls in diesem Zeitraum, ebenfalls nicht erkennbar. Auch eine Abmahnung als milderes Mittel ist -da zur Beendigung der Fortdauer der Störung von vorn herein untauglich- im vorliegenden Fall nicht als ein geeignetes Instrument anzusehen.

32

Die abschließende Interessenabwägung fällt ebenfalls negativ für die Klägerin aus. Die Klägerin ist erst ca. 3 Jahre für die Beklagte tätig, hat in dieser Zeit noch kein besonders hohes Vertrauen aufbauen können. Sie ließ die Beklagte über zwei Jahre hinweg über die Hintergründe der Tat im Dunklen, nahm vielmehr noch stillschweigend deren Rücksichtnahme auf den Verlust des Führerscheins sowie deren Wohlwollen bei der Entfristung ihres Arbeitsvertrages entgegen. Eventuelle gegenläufige Interessen der Beklagten waren ihr dabei unwichtig bzw. nicht schützenswert. Eine angemessene Auseinandersetzung mit der Tat, oder eine Therapiewilligkeit mit der eventuell zerstörtes Vertrauen wiederhergestellt werden könnte, kann ihr auch an dieser Stelle nicht zu Gute gehalten werden. Mit den Eltern zu betreuender Kinder sind Probleme und Auseinandersetzungen bis hin zu Kündigungen zu erwarten. Über die Presse ist letztlich auch das letzte Elternteil über alle Einzelheiten der Tat informiert. Die Beklagte muss damit rechnen bei jeglichem Vorfall, in den die Klägerin in Zukunft verwickelt wird, mit dem Vorwurf, dies billigend in Kauf genommen zu haben, konfrontiert zu werden.

33

2) Auf einen besonderen Kündigungsschutz kann sich die Klägerin gegenwärtig nicht berufen.

34

Zwar war die Klägerin zum Kündigungszeitpunkt schwanger. Das damit einhergehende Kündigungsverbot nach § 9 MuSchG wurde jedoch durch Bescheid des zuständigen Landesamtes vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung aufgehoben. Denn dieses hat die Kündigung für zulässig erklärt (§ 9 Abs.3 MuSchG). Der Bescheid ist zwar gerichtlich angegriffen, derzeit aber weiter in der Welt. Ein Grund für dessen offensichtliche Unwirksamkeit ist nicht erkennbar.

35

3) Die nach Maßgabe von § 622 BGB einzuhaltende Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende wurde vorliegend gewahrt.

II.

36

Die Kosten des Rechtsstreits hat nach Maßgabe von § 91 Abs.1 ZPO die Klägerin als unterlegene Partei zu tragen.

37

Der Wert des Streitgegenstandes, der gemäß § 61 Abs.1 ArbGG festzusetzen war, bestimmt sich nach Maßgabe von §§ 3ff. ZPO. In Anlehnung an § 42 Abs.2 GKG orientiert sich dieser an drei Bruttomonatsverdiensten der Klägerin.


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(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

(1) Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden.

(2) Nach der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis nur gekündigt werden

1.
aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist,
2.
von Auszubildenden mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen, wenn sie die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen wollen.

(3) Die Kündigung muss schriftlich und in den Fällen des Absatzes 2 unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen.

(4) Eine Kündigung aus einem wichtigen Grund ist unwirksam, wenn die ihr zugrunde liegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten länger als zwei Wochen bekannt sind. Ist ein vorgesehenes Güteverfahren vor einer außergerichtlichen Stelle eingeleitet, so wird bis zu dessen Beendigung der Lauf dieser Frist gehemmt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 18. Oktober 2011 - 15 Sa 33/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - noch - über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte produziert Automobile. Der Kläger war bei ihr seit 1997 als Fahrzeugpolsterer beschäftigt. Im Betrieb ist ein Betriebsrat gebildet.

3

In der Zeit vom 12. März bis zum 10. April 2008 befand sich der Kläger wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz in Untersuchungshaft. Am 23. September 2008 wurde er zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

4

Am 17. September 2010 wurde der Kläger erneut vorläufig festgenommen. Im Anschluss daran befand er sich in Untersuchungshaft. Am 20. September 2010 teilte seine Ehefrau dies der Beklagten mit. Grund für die Verhaftung war, dass der Kläger zusammen mit einer weiteren Person eine „Haschisch-Plantage“ betrieb. Dort hatte die Polizei 18 Kilogramm Cannabispflanzen gefunden. Eine solche Menge enthält ca. zwei bis drei Kilogramm des Wirkstoffs THC.

5

In den Folgetagen versuchte die Beklagte erfolglos, mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers Kontakt aufzunehmen. Mit Schreiben vom 24. September 2010 forderte sie den Kläger auf, zum Sachstand Stellung zu nehmen. Am 27. September 2010 erhielt sie Kenntnis von einem Zeitungsartikel, aus welchem sich ua. die gefundene Cannabismenge ergab. Am 1. Oktober 2010 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, zu einem Haftprüfungstermin, einem Termin zur Hauptverhandlung und einem zu erwartenden Strafmaß könne er sich frühestens nach Akteneinsicht äußern. Über eine Haftverschonung werde noch verhandelt. Am 7. Oktober 2010 teilte er mit, dass ein Ende der Inhaftierung nicht absehbar sei und sich eine etwaige weitere Verurteilung aller Voraussicht nach negativ auf die Aussetzung der ersten Haftstrafe zur Bewährung auswirke.

6

Am 8. Oktober 2010 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung zum 30. Juni 2011 an. Dieser äußerte Bedenken.

7

Mit Schreiben vom 12. Oktober 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos. Mit Schreiben vom 15. Oktober 2010 kündigte sie hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Termin und gab diesen mit dem 30. Juni 2011 an. Gegen beide Kündigungen hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben.

8

Am 1. Februar 2011 fand der erste Hauptverhandlungstermin im Strafverfahren statt. Das Amtsgericht verhängte gegen den Kläger mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 17. Februar 2011 eine Freiheitsstrafe von drei Jahren wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.

9

Mit Schreiben vom 28. Juni 2011 beantragte der Kläger die Zurückstellung der Freiheitsstrafe ab September 2011 zwecks Durchführung einer Drogentherapie gem. § 35 BtMG. Am 21. Juli 2011 entschied die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des Gerichts, die weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 17. Februar 2011 gem. § 35 Abs. 1 und Abs. 3 BtMG für die Behandlung in einer Therapieeinrichtung ab dem 19. September 2011 für die Dauer von längstens zwei Jahren zurückzustellen. Die nachgewiesene Zeit des Aufenthalts sollte gem. § 36 Abs. 1 Satz 1 BtMG auf die Strafe angerechnet werden, bis infolge der Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt wären. Am 19. September 2011 nahm der Kläger die (teilstationäre) Therapie auf.

10

Die Staatsanwaltschaft beantragte, die Aussetzung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 23. September 2008 zu widerrufen. Über den Antrag des Klägers, die Verbüßung dieser Strafe zurückzustellen, war zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht noch nicht entschieden.

11

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein haftbedingtes Fehlen sei kein Kündigungsgrund. Bei einer Zurückstellung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 17. Februar 2011 sei damit zu rechnen gewesen, dass er spätestens im Jahr 2012 seiner Arbeitsverpflichtung wieder würde nachkommen können. Genauere und sichere Angaben zum Zeitpunkt seiner Einsatzfähigkeit seien ihm nicht möglich gewesen. Er habe beantragen wollen, die noch zu verbüßende Reststrafe zur Bewährung auszusetzen. Üblicherweise werde einem solchen Antrag stattgegeben, wenn eine Drogentherapie mit Erfolg abgeschlossen worden sei.

12

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung vom 12. Oktober 2010, noch durch die Kündigung vom 15. Oktober 2010 aufgelöst worden ist.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, zum Zeitpunkt der Kündigung habe sie damit rechnen müssen, dass der Kläger durch die zu erwartende neuerliche Haftstrafe über Jahre an der Wiederaufnahme seiner Arbeit gehindert wäre. Da die sichergestellte Drogenmenge höher gewesen sei als bei der Straftat im Jahr 2008, habe sie davon ausgehen müssen, dass eine längere Haftstrafe verhängt würde. Diese Prognose habe sich durch die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren bestätigt. Das Fehlen des Klägers habe zu betrieblichen Beeinträchtigungen geführt. Das Arbeitsverhältnis sei zudem seit Jahren durch verspätete Arbeitsaufnahmen und erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten belastet gewesen.

14

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 12. Oktober 2010 nicht aufgelöst worden ist. Die gegen die ordentliche Kündigung gerichtete Klage hat es abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger, die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die ordentliche Kündigung vom 15. Oktober 2010 zu Recht für sozial gerechtfertigt gehalten.

16

I. Die Revision ist zulässig. Sie ist rechtzeitig eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.

17

1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den vermeintlichen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Sie muss dazu eine Auseinandersetzung mit den tragenden Argumenten des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 811/11 - Rn. 12; 16. November 2011 - 4 AZR 234/10 - Rn. 15).

18

2. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung - noch - gerecht. Der Kläger hat dargelegt, dass und aus welchen Gründen er die tragende Annahme des Landesarbeitsgerichts, bei Ausspruch der Kündigung sei mit einer Haftdauer von mehr als zwei Jahren zu rechnen gewesen, für rechtsfehlerhaft hält.

19

II. Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die ordentliche Kündigung vom 15. Oktober 2010 aufgelöst worden.

20

1. Die Kündigung ist iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch Gründe in der Person des Klägers bedingt.

21

a) Als Kündigungsgrund in der Person des Arbeitnehmers kommen Umstände in Betracht, die auf einer in dessen persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften liegenden „Störquelle“ beruhen (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 790/09 - Rn. 13; 5. Juni 2008 - 2 AZR 984/06 - Rn. 27 mwN). Zu diesen zählt eine Arbeitsverhinderung des Arbeitnehmers, die auf einer Straf- oder Untersuchungshaft beruht (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 984/08 - Rn. 12, BAGE 136, 213; 22. September 1994 - 2 AZR 719/93 - zu II 1 der Gründe). Deren Qualifizierung als Grund in der Person des Arbeitnehmers lässt es zu, auf eine mögliche Resozialisierung des straffällig gewordenen Arbeitnehmers Bedacht zu nehmen. Nicht jede Freiheitsstrafe kann ohne Rücksicht auf ihre Dauer und ihre Auswirkungen zum Verlust des Arbeitsplatzes führen (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 790/09 - Rn. 13).

22

b) Eine Würdigung des der Haft zugrunde liegenden Tatgeschehens unter verhaltensbedingten Gesichtspunkten ist nur veranlasst, wenn dieses einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat oder der Arbeitnehmer auf andere Weise arbeitsvertragliche Pflichten, insbesondere seine Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) verletzt hat (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 790/09 - Rn. 14). Das ist hier nicht der Fall. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen verneint. Dagegen wendet sich die Beklagte nicht. Sie stützt die Kündigung nurmehr auf die im Erklärungszeitpunkt zu erwartenden haftbedingten Abwesenheitszeiten des Klägers.

23

c) Voraussetzung einer Kündigung wegen haftbedingter Arbeitsverhinderung ist, dass der Arbeitnehmer aller Voraussicht nach für eine verhältnismäßig erhebliche Zeit nicht in der Lage sein wird, seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 790/09 - Rn. 15).

24

aa) Maßgebend für die vom Arbeitgeber insoweit anzustellende Prognose sind die objektiven Verhältnisse im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung. Die tatsächliche Entwicklung nach Kündigungsausspruch kann nur in engen Grenzen Berücksichtigung finden (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 790/09 - Rn. 17; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 52, BAGE 134, 349).

25

bb) Grundlage für die Prognose muss nicht zwingend eine bereits erfolgte - rechtskräftige - strafgerichtliche Verurteilung sein. Die Erwartung, der Arbeitnehmer werde für längere Zeit an der Erbringung seiner Arbeitsleistung gehindert sein, kann auch im Fall der Untersuchungshaft berechtigt sein. Dann kommt es darauf an, ob die der vorläufigen Inhaftierung zugrunde liegenden Umstände bei objektiver Betrachtung mit hinreichender Sicherheit eine solche Prognose rechtfertigen. Da ohne rechtskräftige Verurteilung nicht auszuschließen ist, dass sich die Annahme als unzutreffend erweist, muss der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben.

26

d) Die (prognostizierte) Nichterfüllung der Arbeitspflicht muss sich nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Da der Arbeitgeber im Fall der haftbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers typischerweise von der Lohnzahlungspflicht befreit ist (§ 616 Abs. 1, § 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1 BGB), hängt es von der Dauer der Haft sowie Art und Ausmaß der betrieblichen Auswirkungen ab, ob die Inhaftierung geeignet ist, einen Grund zur Kündigung abzugeben. Das ist sie nicht, wenn es dem Arbeitgeber zuzumuten ist, für die Zeit des haftbedingten Arbeitsausfalls Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen und dem Arbeitnehmer den Arbeitsplatz bis zur Rückkehr aus der Haft frei zu halten (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 790/09 - Rn. 15; 20. November 1997 - 2 AZR 805/96 - zu II 3 der Gründe). Jedenfalls dann, wenn im Kündigungszeitpunkt mit einer mehrjährigen haftbedingten Abwesenheit des Arbeitnehmers gerechnet werden muss, kann dem Arbeitgeber regelmäßig nicht zugemutet werden, lediglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen und auf eine dauerhafte Neubesetzung des Arbeitsplatzes zu verzichten (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 790/09 - Rn. 23).

27

e) Liegt eine beachtliche Störung vor, bedarf es der abschließenden, alle Umstände des Einzelfalls einbeziehenden Abwägung, ob es dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsteile dennoch zumutbar war, das Arbeitsverhältnis bis zum Wegfall des Hinderungsgrundes fortzusetzen. Sowohl bei der Frage, ob von einer erheblichen Störung des Austauschverhältnisses auszugehen ist, als auch bei der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer die haftbedingte Arbeitsverhinderung in aller Regel selbst zu vertreten hat (vgl. BAG 24. März 2011 - 2 AZR 790/09 - Rn. 15).

28

f) Danach ist die Kündigung vom 15. Oktober 2010 sozial gerechtfertigt. Das Arbeitsverhältnis war im Kündigungszeitpunkt durch die zu erwartende haftbedingte Arbeitsverhinderung des Klägers erheblich belastet. Das Freihalten des Arbeitsplatzes war der Beklagten nach den Umständen des Falls nicht zumutbar.

29

aa) Im Kündigungszeitpunkt musste die Beklagte mit hoher Gewissheit damit rechnen, dass der Kläger für die Dauer mehrerer Jahre an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert wäre.

30

(1) Der Kläger befand sich bei Zugang der Kündigung bereits seit vier Wochen in Untersuchungshaft. Der Beklagten war das dem Kläger vorgeworfene Delikt bekannt. Sie hatte alle ihr möglichen Maßnahmen zur Klärung einer möglichen Haftdauer ergriffen, insbesondere dem Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten Gelegenheit gegeben, zum Tatvorwurf Stellung zu nehmen. Der Kläger hat zu keiner Zeit bestritten, die Straftat begangen zu haben. Sein Prozessbevollmächtigter hatte erklärt, ein kurzfristiges Ende der Inhaftierung sei nicht abzusehen.

31

(2) Unter diesen Umständen und nach den ihr vorliegenden Informationen musste die Beklagte davon ausgehen, der Kläger habe die ihm vorgeworfene Straftat tatsächlich begangen. Aus ihrer - objektiv berechtigten - Sicht stand deshalb als sicher zu erwarten, dass der Kläger strafrechtlich verurteilt würde. Ungewiss war allenfalls das Maß der zu erwartenden Strafe. Für deren mögliche Höhe gab es allerdings objektive Anhaltspunkte. Der Kläger war im Jahr 2008 wegen eines ähnlichen Delikts zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. In Anbetracht seiner erneuten Straffälligkeit noch innerhalb des Bewährungszeitraums und der ihr bekannten Tatumstände, insbesondere der Menge der aufgefundenen Cannabispflanzen und des in ihnen enthaltenen Wirkstoffs, musste die Beklagte damit rechnen, dass das Strafmaß für die erneute Straftat jedenfalls nicht geringer als zuvor ausfiele und zudem die Aussetzung der Vorstrafe zur Bewährung widerrufen würde.

32

(3) Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger gleichwohl vorzeitig und alsbald seine Tätigkeit wieder würde aufnehmen können, waren bei Kündigungszugang nicht ersichtlich. Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt einen Antrag auf Durchführung einer Therapie nach § 35 BtMG noch nicht gestellt, dementsprechend hatte die Beklagte keine Kenntnis von seiner späteren Einsicht und Therapiebereitschaft. Der Kläger hat im Übrigen nicht behauptet, er sei während der Durchführung der - teilstationären - Therapie arbeitsfähig gewesen. Ob und ggf. wann ein Rest der zu verbüßenden Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt würde, war deshalb im Kündigungszeitpunkt völlig unklar.

33

bb) Angesichts dessen war der Beklagten ein Festhalten am Arbeitsverhältnis über die ordentliche Kündigungsfrist hinaus nicht zuzumuten.

34

(1) Die Beklagte musste mit der Erklärung der Kündigung als solcher nicht noch zuwarten. Sie war nicht etwa verpflichtet, den Arbeitsplatz bis zur Entscheidung über eine mögliche Strafaussetzung zur Bewährung frei zu halten. Zwar kann sich aus § 241 Abs. 2 BGB eine Verpflichtung des Arbeitgebers ergeben, den Arbeitnehmer bei seinem Streben nach Vollzugslockerungen zu unterstützen(BAG 25. November 2010 - 2 AZR 984/08 - Rn. 28, BAGE 136, 213 ; 9. März 1995 - 2 AZR 497/94 - zu II 5 der Gründe). Im Streitfall war aber völlig ungewiss, ob und wann dem Kläger eine Aussetzung seiner Strafe gewährt würde. Die Pflicht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer in seinem Resozialisierungsbemühen zu unterstützen, geht nicht so weit, diesem auf die vage Aussicht hin, in ferner Zukunft eine Vollzugslockerung zu erreichen, bis zum Zeitpunkt einer Klärung, dh. möglicherweise über Monate hinweg die Rückkehr auf den Arbeitsplatz zu ermöglichen.

35

(2) Der Darlegung konkreter Betriebsablaufstörungen bedurfte es wegen der für den Kläger zu erwartenden mehr als zweijährigen Freiheitsstrafe und der damit verbundenen hohen Wahrscheinlichkeit einer entsprechend langen Abwesenheit nicht.

36

(a) Der Arbeitsvertrag ist auf den ständigen Austausch von Leistung und Gegenleistung gerichtet. Die Verpflichtung des Arbeitnehmers geht dahin, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, damit dieser sie im Rahmen seiner arbeitsteiligen Betriebsorganisation sinnvoll einsetzen kann. Ist der Arbeitnehmer dazu nicht in der Lage, tritt hinsichtlich seiner Arbeitsleistung Unmöglichkeit ein, wenn - wie bei lang andauernder Arbeitsverhinderung die Regel - eine Nachleistung beiden Seiten nicht zugemutet werden kann (ErfK/Preis 13. Aufl. § 611 BGB Rn. 676). Zugleich ist der Arbeitgeber gehindert, von seinem Weisungsrecht Gebrauch zu machen, und muss, wenn er seine bisherige Arbeitsorganisation unverändert aufrechterhalten will, für eine anderweitige Erledigung der Arbeit sorgen. Bereits darin liegt eine Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 790/09 - Rn. 20).

37

(b) Zumindest dann, wenn im Kündigungszeitpunkt noch eine Haftstrafe von mehr als zwei Jahren zu verbüßen ist und eine Entlassung vor Ablauf von zwei Jahren nicht sicher zu erwarten steht, kann dem Arbeitgeber regelmäßig nicht zugemutet werden, lediglich Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen und auf eine dauerhafte Neubesetzung des Arbeitsplatzes zu verzichten. Dabei ist neben den bereits angesprochenen Unwägbarkeiten zu berücksichtigen, dass dem Arbeitgeber die Möglichkeit zur Beschäftigung einer Aushilfskraft im sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnis lediglich für einen Zeitraum von 24 Monaten eröffnet ist. Er kann deshalb bei längerer Haftzeit nicht damit rechnen, die Abwesenheit des Arbeitnehmers einigermaßen problemlos überbrücken zu können. Hinzu kommt, dass mit zunehmender Haftdauer die Verwirklichung des Vertragszwecks in Frage gestellt wird. Eine mehrjährige Abwesenheit des Arbeitnehmers geht typischerweise mit einer Lockerung seiner Bindungen an den Betrieb und die Belegschaft sowie dem Verlust von Erfahrungswissen einher, das aus der täglichen Routine resultiert. Dementsprechend muss der Arbeitgeber bei der Rückkehr eines langjährig inhaftierten Arbeitnehmers mit Einarbeitungsaufwand rechnen (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 790/09 - Rn. 23).

38

(c) Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, selbst bei mehrjähriger Haftstrafe bloße Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen, besteht auch nicht aus Gründen der Resozialisierung. Zwar hat er bei kurzzeitigen Inhaftierungen oder in Fällen, in denen nach Ablauf der Kündigungsfrist zeitnah eine Weiterbeschäftigung im offenen Vollzug möglich ist, auf die entsprechenden Belange des Arbeitnehmers angemessen Rücksicht zu nehmen. Dies rechtfertigt es aber nicht, vom Arbeitgeber zu verlangen, den Arbeitsplatz für den inhaftierten Arbeitnehmer für voraussichtlich mehr als zwei Jahre frei zu halten und ihm die damit verbundenen Lasten aufzuerlegen (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 790/09 - Rn. 24). Die durchaus strengeren Anforderungen an eine Kündigung wegen lang anhaltender Erkrankung (vgl. BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 27 mwN, BAGE 123, 234; 29. April 1999 - 2 AZR 431/98 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 91, 271) beruhen darauf, dass eine schwere Krankheit - anders als eine Freiheitsstrafe - für den Betroffenen in der Regel unvermeidbar war (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 984/08 - Rn. 26, BAGE  136, 213 ).

39

(3) Die Interessenabwägung führt nicht zu einem Überwiegen der Belange des Klägers. Zwar ist zu seinen Gunsten eine fast dreizehnjährige Dauer der Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen. Gleichwohl geht das Beendigungsinteresse der Beklagten vor. Im Jahr 2008 befand sich der Kläger schon einmal für die Dauer von vier Wochen in Untersuchungshaft. Seinen neuerlichen, aller Voraussicht nach langdauernden Ausfall hat der Kläger selbst verschuldet. Dabei wiegt besonders schwer, dass er während einer laufenden Bewährungsphase erneut straffällig geworden ist. Im Rahmen der Interessenabwägung erhebliche, ihn entlastende besondere Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen. Von der Beklagten kann deshalb nicht verlangt werden, das Arbeitsverhältnis mit ihm fortzusetzen.

40

2. Andere Gründe, aus denen die Kündigung vom 15. Oktober 2010 unwirksam sein könnte, sind nicht ersichtlich. Den Betriebsrat hat die Beklagte ordnungsgemäß nach § 102 Abs. 1 BetrVG angehört.

41

III. Die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

        

        

    Beckerle    

        

    Torsten Falke    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 27. Mai 2009 - 2 Sa 1261/08 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 24. Juni 2008 - 5 Ca 105/08 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Der 1976 geborene ledige Kläger war seit 1992 bei der Beklagten als Industriemechaniker tätig. Sein monatlicher Bruttoverdienst betrug zuletzt 2.500,00 Euro. Die Beklagte ist ein Unternehmen der Automobilindustrie. Sie beschäftigt regelmäßig weit mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden.

3

Im November 2006 wurde der Kläger in Untersuchungshaft genommen. Am 8. Mai 2007 wurde er - bei fortbestehender Inhaftierung - wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sieben Monaten verurteilt. Zudem erfolgte der Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung, die ihm im Hinblick auf eine frühere Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten gewährt worden war.

4

Die Beklagte erfuhr im Sommer 2007 von der - inzwischen rechtskräftigen - Verurteilung des Klägers. Die Parteien verhandelten daraufhin über den Abschluss und die Modalitäten eines Aufhebungsvertrags. Im November 2007 teilte der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten mit, er strebe den offenen Vollzug an und rechne mit baldiger Arbeitsaufnahme.

5

Mitte Januar 2008 wurde für den Kläger ein Vollzugsplan erstellt. Darin sind der „2/3-Zeitpunkt“ für den 16. Februar 2011 und das Strafende für den 7. April 2013 notiert. Die Möglichkeit eines offenen Vollzugs wurde zunächst verneint. Eine Überprüfung dieser Entscheidung war gemäß dem Plan „im Rahmen einer langfristigen vollzuglichen Perspektivplanung“ und vor dem Hintergrund einer möglichen Beschäftigung bei der Beklagten - nach erfolgter Bewährung des Klägers in Vollzugslockerungen - für Dezember 2008 „angedacht“.

6

Noch im Januar 2008 lehnte der Kläger einen Aufhebungsvertrag endgültig ab. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis - nach Anhörung des Betriebsrats - mit Schreiben vom 8. Februar 2008 ordentlich zum 30. April 2008. Den Arbeitsplatz des Klägers besetzte sie aus ihrem Personalpool. Zu diesem gehören Mitarbeiter, deren Beschäftigungsmöglichkeit entfallen ist, die aber nicht aus dem Unternehmen ausgeschieden sind. Betriebsbedingte Kündigungen sind bei der Beklagten tarifvertraglich ausgeschlossen.

7

Der Kläger hat Kündigungsschutzklage erhoben und geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Betriebsablaufstörungen seien nicht eingetreten. Der Beklagten sei es möglich und zumutbar gewesen, die Zeit seiner Inhaftierung bis zur Gewährung von Freigang zu überbrücken. Insbesondere sei ihr zumutbar gewesen, befristet Mitarbeiter einzustellen oder die Stelle intern nur vorübergehend zu besetzen. Sie sei zudem verpflichtet gewesen, ihn bei der Erlangung des Freigängerstatus zu unterstützen. Zumindest habe sie seine Aussicht hierauf nicht durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereiteln dürfen. Schließlich fehle es an einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats. Die Beklagte habe es versäumt, diesen von der für Dezember 2008 angedachten Prüfung seiner Eignung für den offenen Vollzug zu unterrichten.

8

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 8. Februar 2008 nicht aufgelöst worden ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, durch den haftbedingten mehrjährigen Ausfall des Klägers sei das Arbeitsverhältnis inhaltsleer geworden. Die befristete Beschäftigung eines anderen Arbeitnehmers auf dem Arbeitsplatz des Klägers habe sie wegen der langen Haftdauer nicht in Betracht ziehen müssen, zumal eine sachgrundlose Befristung lediglich für einen Zeitraum von zwei Jahren möglich sei. Unabhängig davon benötige sie Planungssicherheit. Sie habe den Arbeitsplatz deshalb dauerhaft anderweitig besetzen dürfen. Ihre Anhörungspflicht nach § 102 BetrVG habe sie nicht verletzt.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Die Kündigungsschutzklage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ordentliche Kündigung vom 8. Februar 2008 aufgelöst worden.

12

I. Die Kündigung ist durch Gründe in der Person des Klägers sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.

13

1. Als personenbedingter Kündigungsgrund kommen solche Umstände in Betracht, die auf einer in den persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers liegenden „Störquelle“ beruhen (BAG 5. Juni 2008 - 2 AZR 984/06 - Rn. 27 mwN, AP BGB § 626 Nr. 212 = EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 22). Dazu zählt - anknüpfend an frühere Wertungen des Gesetzgebers in § 72 Abs. 1 Nr. 3 HGB(aF) - auch eine Arbeitsverhinderung des Arbeitnehmers, die auf einer Straf- oder Untersuchungshaft beruht (st. Rspr., BAG 25. November 2010 - 2 AZR 984/08 - Rn. 12; 22. September 1994 - 2 AZR 719/93 - zu II 1 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 25 = EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 11). Diese Betrachtung lässt es zu, auf eine mögliche Resozialisierung des straffällig gewordenen Arbeitnehmers Bedacht zu nehmen. Nicht jede Freiheitsstrafe kann ohne Rücksicht auf ihre Dauer und ihre Auswirkungen zum Verlust des Arbeitsplatzes führen (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 984/08 - aaO; 15. November 1984 - 2 AZR 613/83 - AP BGB § 626 Nr. 87 = EzA BGB § 626 nF Nr. 95).

14

Eine Würdigung des Geschehens unter verhaltensbedingten Gesichtspunkten ist nur veranlasst, wenn die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten einen Bezug zum Arbeitsverhältnis haben oder der Arbeitnehmer auf andere Weise arbeitsvertragliche Pflichten, insbesondere seine Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) verletzt hat (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 984/08 - Rn. 13; 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 19 ff., AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 60 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 77). Auf einen solchen, im Verhalten des Klägers begründeten Kündigungssachverhalt beruft sich die Beklagte nicht. Sie stützt die Kündigung ausschließlich auf die haftbedingten Abwesenheitszeiten des Klägers.

15

2. Voraussetzung einer - ordentlichen wie außerordentlichen - Kündigung wegen haftbedingter Arbeitsverhinderung ist, dass der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig erhebliche Zeit nicht in der Lage sein wird, seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen (BAG 20. November 1997 - 2 AZR 805/96 - zu II 3 der Gründe, RzK I 6a Nr. 154; 10. Juni 1965 - 2 AZR 339/64 - zu III der Gründe, BAGE 17, 186). Die Nichterfüllung der Arbeitspflicht muss sich außerdem nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Da der Arbeitgeber im Fall der haftbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers typischerweise von der Lohnzahlungspflicht befreit ist (§ 616 Abs. 1, § 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1 BGB), hängt es von der Dauer sowie Art und Ausmaß der betrieblichen Auswirkungen ab, ob die Inhaftierung geeignet ist, einen Grund zur Kündigung abzugeben (BAG 20. November 1997 - 2 AZR 805/96 - zu II 3 der Gründe, aaO; 9. März 1995 - 2 AZR 497/94 - zu II 3 der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 123 = EzA BGB § 626 nF Nr. 154 ). Liegt eine beachtliche Störung vor, bedarf es der abschließenden, alle Umstände des Einzelfalls einbeziehenden Abwägung, ob es dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar war, das Arbeitsverhältnis bis zum Wegfall des Hinderungsgrundes fortzusetzen (BAG 22. September 1994 - 2 AZR 719/93 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 25 = EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 11; 15. November 1984 - 2 AZR 613/83 - zu II 2 c der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 87 = EzA BGB § 626 nF Nr. 95). Sowohl bei der Frage, ob von einer erheblichen Störung des Austauschverhältnisses auszugehen ist, als auch bei der Interessenabwägung ist im Fall einer Kündigung wegen Verbüßung einer Freiheitsstrafe zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsverhinderung in aller Regel zu vertreten hat. Deshalb sind dem Arbeitgeber zur Überbrückung des Arbeitsausfalls regelmäßig nicht die gleichen Anstrengungen und Belastungen zuzumuten wie etwa bei einer Krankheit (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 984/08 - Rn. 14, 18).

16

3. Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt ein Kündigungsgrund vor. Das Arbeitsverhältnis war im Kündigungszeitpunkt durch die haftbedingt zu erwartende Arbeitsverhinderung des Klägers erheblich belastet. Das Freihalten des Arbeitsplatzes war der Beklagten nach den Umständen des Falls nicht zumutbar.

17

a) Maßgebliche Beurteilungsgrundlage für die Rechtmäßigkeit einer Kündigung sind die objektiven Verhältnisse im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung. Die tatsächliche Entwicklung nach Kündigungsausspruch kann nur in eng begrenzten Ausnahmefällen Berücksichtigung finden (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 52, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 27. November 2003 - 2 AZR 48/03 - zu B I 1 a der Gründe, BAGE 109, 40).

18

b) Im Kündigungszeitpunkt musste die Beklagte damit rechnen, dass der Kläger für die Dauer von mehr als zwei Jahren an seiner Arbeitsleistung verhindert wäre. Der Kläger war - unter Einbeziehung der Strafe aus einer vorhergehenden Verurteilung - zu einer Freiheitsstrafe von über sechs Jahren verurteilt worden, von der im Kündigungszeitpunkt noch knapp fünf Jahre zu verbüßen waren. Konkrete Anhaltspunkte für eine baldige Vollzugslockerung durch die Gewährung von Freigang (§ 11 StVollzG in der bis 31. Dezember 2009 geltenden Fassung) lagen nicht vor. Die Mitteilung des Klägers vom November 2007, er rechne mit einer baldigen Arbeitsaufnahme, beruhte auf seiner rein subjektiven Einschätzung, die durch die Feststellungen des Vollzugsplans widerlegt ist. Das Ergebnis einer für Dezember 2008 „angedachten“ erneuten Prüfung der Möglichkeit einer Vollzugslockerung war völlig offen. Dieses hing insbesondere vom künftigen, keineswegs vorhersehbaren Verhalten des Klägers im Vollzug ab. Als frühestmöglicher Zeitpunkt für eine Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung aufgrund von § 57 Abs. 1 StGB war im Vollzugsplan ein Termin im Februar 2011 notiert. Auch insoweit ist überdies das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug von Bedeutung und bedarf es zudem deren Einwilligung. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann nicht schon für Jahre im Voraus vorhergesagt werden (ähnlich BAG 25. November 2010 - 2 AZR 984/08 - Rn. 17).

19

c) Unter diesen Umständen war der Beklagten ein Festhalten am Arbeitsverhältnis über die ordentliche Kündigungsfrist hinaus nicht zumutbar. Der Darlegung konkreter Betriebsablaufstörungen bedurfte es angesichts der vom Kläger noch zu verbüßenden, 24 Monate deutlich übersteigenden Freiheitsstrafe nicht.

20

aa) Der Arbeitsvertrag ist auf den ständigen Austausch von Leistung und Gegenleistung gerichtet. Die Verpflichtung des Arbeitnehmers geht dahin, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, damit dieser sie im Rahmen seiner arbeitsteiligen Betriebsorganisation sinnvoll einsetzen kann. Ist der Arbeitnehmer dazu nicht in der Lage, tritt hinsichtlich seiner Arbeitsleistung Unmöglichkeit ein, wenn - wie bei lang andauernder Arbeitsverhinderung die Regel - eine Nachleistung beiden Seiten nicht zugemutet werden kann (ErfK/Preis 11. Aufl. § 611 Rn. 676). Zugleich ist der Arbeitgeber gehindert, von seinem Weisungsrecht Gebrauch zu machen und muss, wenn er seine bisherige Arbeitsorganisation unverändert aufrechterhalten will, für eine anderweitige Erledigung der Arbeit sorgen. Bereits darin liegt eine Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 984/08 - Rn. 22).

21

bb) Der Beklagten war es nicht zumutbar, zur Beseitigung der langfristigen Störung bloße Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen und dem Kläger den Arbeitsplatz bis zur Rückkehr aus der Haft freizuhalten.

22

(1) Angesichts der in der Regel vom Arbeitnehmer selbst verschuldeten Arbeitsverhinderung ist fraglich, ob dem Arbeitgeber bei rechtskräftig verhängter Freiheitsstrafe überhaupt zugemutet werden kann, für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen, wenn eine Wiederaufnahme der Arbeit nicht kurzfristig zu erwarten steht (vgl. MünchKommBGB/Henssler 5. Aufl. § 626 BGB Rn. 204). Auch bei befristeter Einstellung läuft er immerhin Gefahr, auf den unbefristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in Anspruch genommen zu werden. Hält er eine Personalreserve vor, dient diese üblicherweise nicht dem Zweck, haftbedingte Ausfälle zu überbrücken. Auch mögen zwar die Folgen langer Strafhaft für den Arbeitgeber besser zu kalkulieren sein als die einer Untersuchungshaft von unabsehbarer Dauer. Dennoch besteht die Unsicherheit, ob nicht der Arbeitnehmer gerade vorzeitig aus der Haft entlassen oder ihm eine Vollzugslockerung gewährt wird. Erlangt der Arbeitgeber davon nicht rechtzeitig Kenntnis, kann dies dazu führen, dass er sowohl von der Ersatzkraft als auch von dem aus der Haft entlassenen Arbeitnehmer auf Lohnzahlung in Anspruch genommen wird (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 984/08 - Rn. 24; Franzen Anm. zu Senat 9. März 1995 - 2 AZR 497/94 - SAE 1996, 37, 38).

23

(2) Zumindest dann, wenn im Kündigungszeitpunkt noch eine Haftstrafe von mehr als zwei Jahren zu verbüßen ist und eine Entlassung vor Ablauf von zwei Jahren nicht sicher zu erwarten steht, kann dem Arbeitgeber regelmäßig nicht zugemutet werden, lediglich Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen und auf eine dauerhafte Neubesetzung des Arbeitsplatzes zu verzichten. Dabei ist neben den bereits angesprochenen Unwägbarkeiten zu berücksichtigen, dass dem Arbeitgeber die Möglichkeit zur Beschäftigung einer Aushilfskraft im sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnis lediglich für einen Zeitraum von 24 Monaten eröffnet ist. Er kann deshalb bei längerer Haftzeit nicht damit rechnen, die Abwesenheit des Arbeitnehmers einigermaßen problemlos überbrücken zu können. Hinzu kommt, dass mit zunehmender Haftdauer die Verwirklichung des Vertragszwecks in Frage gestellt wird. Eine mehrjährige Abwesenheit des Arbeitnehmers geht typischerweise mit einer Lockerung seiner Bindungen an den Betrieb und die Belegschaft sowie dem Verlust von Erfahrungswissen einher, das aus der täglichen Routine resultiert. Dementsprechend muss der Arbeitgeber bei der Rückkehr eines langjährig inhaftierten Arbeitnehmers mit Einarbeitungsaufwand rechnen (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 984/08 - Rn. 25).

24

Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, selbst bei mehrjähriger Haftstrafe bloße Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen, besteht auch nicht aus Gründen der Resozialisierung. Zwar ist bei kurzzeitigen Inhaftierungen oder in Fällen, in denen nach Ablauf der Kündigungsfrist zeitnah eine Weiterbeschäftigung im offenen Vollzug möglich ist, auf die entsprechenden Belange des Arbeitnehmers angemessen Rücksicht zu nehmen. Dies rechtfertigt es aber nicht, vom Arbeitgeber zu verlangen, den Arbeitsplatz für den inhaftierten Arbeitnehmer für voraussichtlich mehr als zwei Jahre frei zu halten und ihm die damit verbundenen Lasten aufzuerlegen. Dies gilt insbesondere angesichts des Umstands, dass der Gesetzgeber für Fälle, in denen er es für erforderlich erachtet, dem Arbeitnehmer den Arbeitsplatz bei persönlicher Leistungsverhinderung mit Rücksicht auf übergeordnete Interessen (Schutz von Ehe und Familie; Erfüllung staatsbürgerschaftlicher Pflichten) zu sichern, ausdrückliche, eigenständige Regelungen (bspw. §§ 15, 16 BEEG; §§ 3, 4 PflegeZG; § 1 ArbPlSchG) getroffen hat. Die durchaus strengeren Anforderungen an eine Kündigung wegen lang anhaltender Erkrankung (bspw. BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 27 mwN, BAGE 123, 234; 29. April 1999 - 2 AZR 431/98 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 91, 271) rechtfertigen sich daraus, dass eine schwere Krankheit - anders als eine Freiheitsstrafe - für den Betroffenen in der Regel unvermeidbar war (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 984/08 - Rn. 26).

25

cc) Die Besonderheiten des vorliegenden Falls verlangen keine andere Beurteilung.

26

(1) Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger alsbald den Freigängerstatus erlangen würde, waren bei Kündigungsausspruch nicht ersichtlich. Es bestand auch keine Verpflichtung der Beklagten, den Arbeitsplatz zumindest bis zur Entscheidung über eine etwaige Vollzugslockerung im Dezember 2008 freizuhalten. Zwar kann sich aus § 241 Abs. 2 BGB eine Verpflichtung des Arbeitgebers ergeben, bei der Erlangung des Freigängerstatus des Arbeitnehmers mitzuwirken, wenn dies für den Arbeitgeber nicht risikobehaftet ist(BAG 25. November 2010 - 2 AZR 984/08 - Rn. 28; 9. März 1995 - 2 AZR 497/94 - zu II 5 der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 123 = EzA BGB § 626 nF Nr. 154). Im Streitfall war aber völlig ungewiss, ob dem Kläger eine so weitreichende Vollzugslockerung gewährt würde. Die Pflicht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer in seinem Resozialisierungsbemühen zu unterstützen, geht nicht so weit, diesem auf die vage Aussicht hin, in ferner Zukunft eine Vollzugslockerung zu erreichen, den Arbeitsplatz bis zu einer Klärung, ggf. über Monate hinweg freizuhalten. Ob die Beklagte davon auszugehen hatte, eine Beschäftigung des Klägers im Rahmen eines offenen Vollzugs wäre für sie risikofrei, kann unter diesen Umständen dahinstehen.

27

(2) Unerheblich ist, dass die Beklagte den Arbeitsausfall des Klägers durch eine interne Umbesetzung ausgeglichen hat. Damit hat sie nicht zugleich gezeigt, dass ihr eine Überbrückung des Arbeitsausfalls zumutbar war. Um eine in diesem Sinne vorläufige Maßnahme handelte es sich nicht. Vielmehr hat die Beklagte den Arbeitsplatz des Klägers dauerhaft mit einem Arbeitnehmer aus dem Personalpool besetzt.

28

(3) Ebenso wenig kommt es darauf an, dass die Beklagte nach der Inhaftierung des Klägers für eine nicht unerhebliche Zeit mit der Besetzung des Arbeitsplatzes zugewartet hat. Die damit verbundene Rücksichtnahme auf die Interessen des Klägers belegt - zumal angesichts laufender Verhandlungen über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags - nicht, dass es ihr zumutbar gewesen wäre, den Arbeitsplatz des Klägers auch angesichts der Verurteilung des Klägers zu einer mehr als zweijährigen Freiheitsstrafe frei zu halten. Dass die Beklagte in anderen Arbeitsbereichen des Unternehmens einen Personalabbau betrieben haben mag, ist für die Besetzung der Stelle des Klägers nicht relevant. Der Kläger stellt nicht in Abrede, dass bei Ausspruch der Kündigung in seinem Tätigkeitsbereich Beschäftigungsbedarf bestand.

29

4. Die Interessenabwägung führt nicht zu einem Überwiegen der Belange des Klägers. Zwar ist zu seinen Gunsten eine mehr als fünfzehnjährige Dauer der Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen, deren beanstandungsfreier Verlauf unterstellt werden kann. Gleichwohl geht das Beendigungsinteresse der Beklagten vor. Der Kläger hat seinen langen Ausfall selbst verschuldet. Dabei wiegt besonders schwer, dass er während einer laufenden Bewährungsphase erneut straffällig geworden ist. Hinzu kommt, dass die Beklagte nach der Inhaftierung des Klägers mit der Kündigung über ein Jahr zugewartet und bereits dadurch in erheblichem Umfang auf dessen Interessen Rücksicht genommen hat. Außerdem war sie, wie die Neubesetzung des Arbeitsplatzes indiziert, auf die Erledigung der dem Kläger übertragenen Arbeit angewiesen.

30

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

31

1. Die Kündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam. Insbesondere hat die Beklagte den Personalausschuss des Betriebsrats, dem die Wahrnehmung der Beteiligungsrechte in personellen Angelegenheiten übertragen ist, ordnungsgemäß über die Gründe der Kündigung unterrichtet. Dies vermag der Senat auf der Grundlage des im Wesentlichen unstreitigen Vortrags der Beklagten selbst zu entscheiden.

32

a) Nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat diejenigen Gründe mitteilen, die aus seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und für seinen Kündigungsentschluss maßgebend sind. Diesen Sachverhalt muss er unter Angabe von Tatsachen, aus denen der Kündigungsentschluss hergeleitet wird, so beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe prüfen kann. Teilt der Arbeitgeber objektiv erhebliche Tatsachen dem Betriebsrat deshalb nicht mit, weil er darauf die Kündigung nicht oder zunächst nicht stützen will, dann ist die Anhörung ordnungsgemäß, weil eine nur bei objektiver Würdigung unvollständige Mitteilung der Kündigungsgründe nicht zur Fehlerhaftigkeit der Anhörung und Unwirksamkeit der Kündigung nach § 102 BetrVG führt. Eine objektiv unvollständige Anhörung verwehrt es dem Arbeitgeber allerdings, im Kündigungsschutzprozess Gründe nachzuschieben, die über die Erläuterung des mitgeteilten Sachverhalts hinausgehen (BAG 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 40, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20; 11. Dezember 2003 - 2 AZR 536/02 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 65 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 5).

33

b) Hiervon ausgehend ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte dem Betriebsrat - wie der Kläger gemeint hat - Tatsachen vorenthalten hätte, die aus ihrer Sicht für den Kündigungsentschluss maßgebend waren. Unstrittig lag dem zuständigen Personalausschuss die vollständige Personalakte des Klägers vor, aus der sich dessen Sozialdaten ergaben. Darüber hinaus hatte die Beklagte mitgeteilt, der Kläger sei seit November 2006 haftbedingt der Arbeit fern geblieben und sie beabsichtigte, das Arbeitsverhältnis aus personenbedingten Gründen „wegen unzumutbarer langer Abwesenheit auf nicht absehbare bzw. nicht weiter zumutbare längere Dauer“ fristgemäß zu kündigen. Auch der Behauptung der Beklagten, sie habe den Personalausschuss im Zusammenhang mit der Einleitung des Anhörungsverfahrens am 25. Januar 2008 überdies mündlich über die Verurteilung des Klägers und die Dauer der zu verbüßenden Strafhaft unterrichtet, ist der Kläger nicht entgegen getreten. Damit war der Personalausschuss in die Lage versetzt, den Entschluss der Beklagten zur Kündigung nachzuvollziehen und sich über dessen Berechtigung klar zu werden. Auf die für Dezember 2008 „angedachte“ Prüfung der Möglichkeit eines offenen Vollzugs brauchte die Beklagte nicht hinzuweisen. Dies war schon mangels Kenntnis für ihren Kündigungsentschluss nicht bestimmend. Den Vollzugsplan vom Januar 2008 hat der Kläger erst im Verlauf des Kündigungsschutzprozesses vorgelegt.

34

2. Sonstige Mängel der Kündigung hat der Kläger nicht geltend gemacht.

35

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Berger    

        

        

        

    Th. Gans    

        

    Pitsch    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 9. Oktober 2008 - 21 Sa 28/08 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 30. Januar 2008 - 19 Ca 6145/07 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Der 1968 geborene, ledige Kläger war seit Januar 1989 bei der Beklagten als Lagerarbeiter im Ersatzteileversand tätig. Sein monatlicher Bruttoverdienst betrug zuletzt 3.346,65 Euro. Die Beklagte ist ein Unternehmen der Automobilindustrie. Sie beschäftigt regelmäßig weit mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden.

3

Am 9. Februar 2006 wurde der Kläger an seinem Arbeitsplatz durch Polizeibeamte vorläufig festgenommen, wobei auch sein Spind und sein Fahrzeug durchsucht wurden. Ab dem Folgetag erschien er wieder regelmäßig zur Arbeit.

4

Am 24. Mai 2007 - einen Tag vor Beginn eines ihm bereits bewilligten Erholungsurlaubs - teilte der Kläger der Beklagten mit, er habe am 18. Juni 2007 eine Haftstrafe anzutreten. Kurz darauf legte er seine Ladung zum Strafantritt vor. Daraus ergab sich, dass gegen ihn am 15. Dezember 2006 unter Einbeziehung einer vorhergehenden Verurteilung eine Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verhängt worden war. Er gab an, die Ladung erst in der laufenden Woche erhalten zu haben und wegen Handels mit Betäubungsmitteln verurteilt worden zu sein. Der Aufforderung der Beklagten, das strafgerichtliche Urteil vorzulegen, kam er nicht nach.

5

Mit Schreiben vom 31. Mai 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis nach Anhörung des Betriebsrats wegen „hoher und anhaltender Abwesenheitszeiten durch Freiheitsentzug“ ordentlich zum 31. Dezember 2007.

6

Der Kläger hat Kündigungsschutzklage erhoben und geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Mit haftbedingten Störungen des Betriebsablaufs sei bei einem Großbetrieb wie dem der Beklagten nicht zu rechnen gewesen. Dieser sei die Überbrückung seiner Abwesenheitszeit zumutbar gewesen. Zumindest die Interessenabwägung falle zu seinen Gunsten aus. Das Arbeitsverhältnis sei - unstreitig - beanstandungsfrei verlaufen. Seine Mitteilungspflichten habe er erfüllt. Erst Mitte April habe er von der Verwerfung seiner Revision gegen die Verurteilung erfahren. Zu diesem Zeitpunkt sei noch nicht absehbar gewesen, wann er mit dem Strafantritt habe rechnen müssen. Zur Vorlage des Strafurteils sei er nicht verpflichtet gewesen.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 31. Mai 2007 nicht aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei gerechtfertigt. Sie habe im Kündigungszeitpunkt davon ausgehen müssen, dass der Kläger für die Dauer der verhängten Haftstrafe nicht in der Lage sein würde, seine Arbeitspflicht zu erfüllen. Eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen liege bereits im Fehlen der Möglichkeit, den Kläger bei der Personaleinsatzplanung zu berücksichtigen. Im Übrigen seien Betriebsablaufstörungen - wie im Fall der Krankheit - indiziert. Dass bei der Strafhaft anders als bei Krankheit der Zeitpunkt der Rückkehr in den Betrieb annähernd fest stehe, sei unbeachtlich. Auch im Fall eines langzeiterkrankten Arbeitnehmers sei eine Genesung nicht auszuschließen. Die Interessenabwägung führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Kläger habe die Leistungsunmöglichkeit selbst verschuldet. Außerdem habe er sich vor Antritt der Haft nicht kooperativ verhalten. Mangels Kenntnis von den Gründen der Verurteilung sei es ihr nicht möglich gewesen zu prüfen, ob die Taten einen Bezug zum Arbeitsverhältnis gehabt hätten.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ordentliche Kündigung vom 31. Mai 2007 mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aufgelöst worden.

11

I. Die Kündigung ist durch Gründe in der Person des Klägers sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.

12

1. Als personenbedingter Grund zur Kündigung kommen solche Umstände in Betracht, die auf einer in den persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers liegenden „Störquelle“ beruhen (Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 984/06 - Rn. 27 mwN, AP BGB § 626 Nr. 212 = EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 22). Dazu zählt - anknüpfend an Wertungen des Gesetzgebers in § 72 Abs. 1 Nr. 3 HGB aF - auch eine Arbeitsverhinderung, die auf einer Straf- oder Untersuchungshaft beruht(Senat 22. September 1994 - 2 AZR 719/93 - zu II 1 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 25 = EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 11; 15. November 1984 - 2 AZR 613/83 - zu II 1 b der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 87 = EzA BGB § 626 nF Nr. 95). Diese Betrachtung lässt es zu, auf eine mögliche Resozialisierung des straffällig gewordenen Arbeitnehmers Bedacht zu nehmen. Nicht jede Freiheitsstrafe kann ohne Rücksicht auf ihre Dauer und ihre Auswirkungen zum Verlust des Arbeitsplatzes führen (Senat 15. November 1984 - 2 AZR 613/83 - aaO).

13

Eine Würdigung des Geschehens unter verhaltensbedingten Gründen ist nur veranlasst, wenn die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten einen Bezug zum Arbeitsverhältnis haben oder der Arbeitnehmer auf andere Weise arbeitsvertragliche Pflichten, insbesondere seine Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) verletzt hat (vgl. Senat 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 19 ff., AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 60 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 77). Auf einen solchen, im Verhalten des Klägers begründeten Kündigungssachverhalt beruft sich die Beklagte nicht. Sie stützt die Kündigung ausschließlich auf die haftbedingten Abwesenheitszeiten des Klägers. Die geltend gemachten Versäumnisse bei der Unterrichtung über seine Freiheitsstrafe sollen ersichtlich nur unterstützend Berücksichtigung finden.

14

2. Voraussetzung einer - ordentlichen wie außerordentlichen - Kündigung wegen haftbedingter Arbeitsverhinderung ist, dass der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig erhebliche Zeit nicht in der Lage sein wird, seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen (Senat 20. November 1997 - 2 AZR 805/96 - zu II 3 der Gründe, RzK I 6a Nr. 154; 10. Juni 1965 - 2 AZR 339/64 - zu III der Gründe, BAGE 17, 186). Die Nichterfüllung der Arbeitspflicht muss sich außerdem nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Da der Arbeitgeber im Fall der haftbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers typischerweise von der Lohnzahlungspflicht befreit ist (§ 616 Satz 1, § 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1 BGB), hängt es von der Dauer sowie von Art und Ausmaß der betrieblichen Auswirkungen ab, ob die Inhaftierung geeignet ist, einen Grund zur Kündigung abzugeben (Senat 20. November 1997 - 2 AZR 805/96 - zu II 3 der Gründe, aaO; 9. März 1995 - 2 AZR 497/94 - zu II 3 der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 123 = EzA BGB § 626 nF Nr. 154). Liegt eine beachtliche Störung vor, bedarf es der abschließenden, alle Umstände des Einzelfalls einbeziehenden Abwägung, ob es dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar war, das Arbeitsverhältnis bis zum Wegfall des Hinderungsgrundes fortzusetzen (Senat 22. September 1994 - 2 AZR 719/93 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 25 = EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 11; 15. November 1984 - 2 AZR 613/83 - zu II 2 c der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 87 = EzA BGB § 626 nF Nr. 95). Sowohl bei der Frage, ob von einer erheblichen Störung des Austauschverhältnisses auszugehen ist, als auch bei der Interessenabwägung ist im Fall einer Kündigung wegen Verbüßung einer Freiheitsstrafe zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsverhinderung in aller Regel zu vertreten hat. Deshalb sind dem Arbeitgeber zur Überbrückung regelmäßig nicht die gleichen Anstrengungen und Belastungen zuzumuten wie etwa bei einer Krankheit (Senat 9. März 1995 - 2 AZR 497/94 - aaO).

15

3. Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt ein Kündigungsgrund vor. Das Arbeitsverhältnis war im Kündigungszeitpunkt durch die haftbedingt zu erwartende Arbeitsverhinderung des Klägers erheblich belastet. Das Freihalten des Arbeitsplatzes war der Beklagten nach den Umständen des Falls nicht zumutbar.

16

a) Maßgebliche Beurteilungsgrundlage für die Rechtmäßigkeit einer Kündigung sind die objektiven Verhältnisse im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung. Die tatsächliche Entwicklung nach Kündigungsausspruch kann nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zur Bestätigung oder Korrektur einer zuvor getroffenen Prognose herangezogen werden (Senat 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 52, NZA 2010, 1227; 27. November 2003 - 2 AZR 48/03 - zu B I 1 a der Gründe, BAGE 109, 40).

17

b) Im Kündigungszeitpunkt musste die Beklagte aufgrund der gegen den Kläger rechtskräftig verhängten Freiheitsstrafe damit rechnen, dass dieser für die Dauer von mehr als zwei Jahren an seiner Arbeitsleistung verhindert wäre. Hinreichende Anhaltspunkte für eine Vollzugslockerung durch die Gewährung von Freigang (§ 11 StVollzG in der bis 31. Dezember 2009 geltenden Fassung) lagen nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht vor. Dass ihm dies konkret, etwa im Rahmen eines Vollzugsplans (§ 7 StVollzG) in Aussicht gestellt worden wäre, hat der Kläger nicht behauptet. Die nach § 57 Abs. 1 StGB grundsätzlich bestehende Möglichkeit, eine mehr als zweijährige Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn der Arbeitnehmer zwei Drittel der verhängten Strafe verbüßt hat, war bei der anzustellenden Prognose nicht zugunsten des Klägers zu berücksichtigen. Nach § 57 Abs. 1 StGB ist wesentlicher Entscheidungsgesichtspunkt für die vorzeitige Haftentlassung ua. das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug und nicht zuletzt ihre Einwilligung. Dies konnte von der Beklagten nicht vorausschauend für den Zeitpunkt beurteilt werden, zu dem die Strafvollstreckungsbehörde voraussichtlich über die vorzeitige Haftentlassung entscheiden würde. Statistische Werte sagen über die Entwicklung im konkreten Einzelfall nichts aus.

18

c) Mit der Frage, welche Anforderungen nach § 1 Abs. 2 KSchG an die betrieblichen Auswirkungen der Strafhaft zu stellen sind, wenn im Kündigungszeitpunkt mit einer mehrjährigen haftbedingten Nichterfüllung der Arbeitspflicht zu rechnen war, hat sich der Senat noch nicht eingehend befassen müssen. Gegenstand einer früheren Entscheidung war eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers aufgrund einer Freiheitsstrafe von drei Monaten ohne Bewährung. Seine Auffassung, (auch) die ordentliche Kündigung sei unwirksam, hat der Senat im Wesentlichen damit begründet, dass die einzuhaltende Kündigungsfrist länger war als die Dauer der zu verbüßenden Freiheitsstrafe und der Arbeitgeber daher bereits vor Ablauf der Frist wieder auf den Arbeitnehmer hätte zurückgreifen können (15. November 1984 - 2 AZR 613/83 - zu II 2 b bb, c und 3 c der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 87 = EzA BGB § 626 nF Nr. 95). Im Hinblick auf eine dreimonatige Untersuchungshaft hat der Senat eine ordentliche Kündigung mit der Begründung für unwirksam erachtet, es fehle an - negativen oder positiven - Erkenntnissen über die voraussichtliche Haftdauer und erhebliche betriebliche Auswirkungen seien nicht festgestellt (20. November 1997 - 2 AZR 805/96 - zu II 3 der Gründe, RzK I 6a Nr. 154). In dem Fall einer bei Kündigungsausspruch bereits sieben Monate andauernden Untersuchungshaft hat er die Kündigung für wirksam erachtet und ausgeführt, der Darlegung konkreter Betriebsablaufstörungen habe es nicht bedurft, da im Kündigungszeitpunkt völlig ungewiss gewesen sei, ob der Arbeitnehmer je auf seinen Arbeitsplatz zurückkehren und wann dies der Fall sein würde. Dabei hat er auf die zur Kündigung wegen langanhaltender Krankheit entwickelten Rechtsgrundsätze abgestellt und ausgeführt, Umstände, die geeignet seien, eine krankheitsbedingte Kündigung sozial zu rechtfertigen, rechtfertigen allemal eine Kündigung wegen Inhaftierung (Senat 22. September 1994 - 2 AZR 719/93 - zu II 1 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 25 = EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 11).

19

d) Der Senat geht generell von dem Grundsatz aus, der weiteren Darlegung von Betriebsablaufstörungen bedürfe es nicht, wenn der Arbeitnehmer auf Dauer an der Arbeitsleistung gehindert ist (3. Dezember 1998 - 2 AZR 773/97 - zu II 1 und 2 d der Gründe mwN, BAGE 90, 230). Dem steht es im Fall langanhaltender Erkrankung gleich, wenn im Kündigungszeitpunkt die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit völlig ungewiss ist und mit ihr jedenfalls in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden kann. Als absehbare Zeit ist dabei mit Blick auf die Regelungen zur sachgrundlosen Befristung (§ 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG; § 1 Abs. 1 BeschFG aF) ein Zeitraum von bis zu 24 Monaten anzusehen. Eine solche Zeitspanne kann durch Einstellung einer Ersatzkraft in einem befristeten Arbeitsverhältnis bei geringen rechtlichen Risiken überbrückt werden (Senat 29. April 1999 - 2 AZR 431/98 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 91, 271; seither st. Rspr., bspw. Senat 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 27, BAGE 123, 234).

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e) Eine unmittelbare Übertragung dieser Grundsätze auf die Fälle rechtskräftig verhängter zeitiger Freiheitsstrafe kommt nicht in Betracht. Bei diesen ist der Wegfall des Leistungshindernisses im Kündigungszeitpunkt nicht ungewiss. Vielmehr steht grundsätzlich fest, für welchen Zeitraum der Arbeitnehmer längstens an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert sein wird. Tatsachen, aus denen sich im Streitfall etwas anderes ergeben könnte, hat die Beklagte nicht substantiiert dargetan. Soweit sie meint, bei einer Verurteilung wegen Drogenhandels - wie hier - sei regelmäßig mit der Aufdeckung weiterer Taten und dementsprechend einer Haftzeitverlängerung (Überhaft) zu rechnen, bewegt sie sich im spekulativen Bereich.

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f) Gleichwohl war der Beklagten wegen der Dauer der verhängten Freiheitsstrafe und der damit zusammenhängenden Störung des Austauschverhältnisses ein Festhalten am Arbeitsverhältnis über die ordentliche Kündigungsfrist hinaus nicht zumutbar. Der Darlegung konkreter Betriebsablaufstörungen bedurfte es angesichts der vom Kläger noch zu verbüßenden, 24 Monate übersteigenden Freiheitsstrafe nicht.

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aa) Der Arbeitsvertrag ist auf den ständigen Austausch von Leistung und Gegenleistung gerichtet. Die Verpflichtung des Arbeitnehmers geht dahin, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, damit dieser sie im Rahmen seiner arbeitsteiligen Betriebsorganisation sinnvoll einsetzen kann. Ist der Arbeitnehmer dazu nicht in der Lage, tritt hinsichtlich seiner Arbeitsleistung Unmöglichkeit ein, wenn - wie bei lang andauernder Arbeitsverhinderung die Regel - eine Nachleistung beiden Seiten nicht zugemutet werden kann (ErfK/Preis 10. Aufl. § 611 BGB Rn. 676). Zugleich ist der Arbeitgeber gehindert, von seinem Weisungsrecht Gebrauch zu machen, und muss, wenn er seine bisherige Arbeitsorganisation unverändert aufrechterhalten will, für eine anderweitige Erledigung der Arbeit sorgen. Bereits darin liegt eine Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen.

23

bb) Der Beklagten war es nicht zumutbar, zur Beseitigung dieser langfristigen Störung bloße Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen und dem Kläger den Arbeitsplatz bis zur Rückkehr aus der Haft freizuhalten.

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(1) Angesichts der in der Regel vom Arbeitnehmer selbst verschuldeten Arbeitsverhinderung ist fraglich, ob dem Arbeitgeber bei rechtskräftig verhängter Freiheitsstrafe überhaupt zugemutet werden kann, für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen, wenn eine Wiederaufnahme der Arbeit nicht kurzfristig zu erwarten steht (vgl. MünchKommBGB/Henssler 5. Aufl. § 626 BGB Rn. 204). Auch bei befristeter Einstellung läuft er immerhin Gefahr, auf den unbefristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in Anspruch genommen zu werden. Hält er eine Personalreserve vor, dient diese üblicherweise nicht dem Zweck, haftbedingte Ausfälle zu überbrücken. Auch mögen zwar die Folgen langer Strafhaft für den Arbeitgeber besser zu kalkulieren sein als die einer Untersuchungshaft von unabsehbarer Dauer. Dennoch besteht die Unsicherheit, ob nicht der Arbeitnehmer gerade vorzeitig aus der Haft entlassen oder ihm eine Vollzugslockerung gewährt wird. Erlangt der Arbeitgeber davon nicht rechtzeitig Kenntnis, kann dies dazu führen, dass er sowohl von der Ersatzkraft als auch von dem aus der Haft entlassenen Arbeitnehmer auf Lohnzahlung in Anspruch genommen wird (Franzen Anm. zu Senat 9. März 1995 - 2 AZR 497/94 - SAE 1996, 37, 38).

25

(2) Zumindest dann, wenn im Kündigungszeitpunkt noch eine Haftstrafe von mehr als zwei Jahren zu verbüßen ist und eine Entlassung vor Ablauf von zwei Jahren nicht sicher zu erwarten steht, kann dem Arbeitgeber regelmäßig nicht zugemutet werden, lediglich Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen und auf eine dauerhafte Neubesetzung des Arbeitsplatzes zu verzichten. Dabei ist neben den angesprochenen Unwägbarkeiten zu berücksichtigen, dass dem Arbeitgeber die Möglichkeit zur Beschäftigung einer Aushilfskraft im sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnis lediglich für einen Zeitraum von 24 Monaten eröffnet ist. Er kann deshalb bei längerer Haftzeit nicht damit rechnen, die Abwesenheit des Arbeitnehmers einigermaßen problemlos überbrücken zu können. Hinzu kommt, dass mit zunehmender Haftdauer die Verwirklichung des Vertragszwecks in Frage gestellt wird. Eine mehrjährige Abwesenheit des Arbeitnehmers geht typischerweise mit einer Lockerung seiner Bindungen an den Betrieb und die Belegschaft sowie dem Verlust von Erfahrungswissen einher, das aus der täglichen Routine resultiert. Dementsprechend muss der Arbeitgeber bei der Rückkehr eines langjährig inhaftierten Arbeitnehmers mit Einarbeitungsaufwand rechnen.

26

Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, selbst bei mehrjähriger Haftstrafe bloße Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen, besteht auch nicht aus Gründen der Resozialisierung. Zwar ist bei kurzzeitigen Inhaftierungen oder in Fällen, in denen nach Ablauf der Kündigungsfrist zeitnah eine Weiterbeschäftigung im offenen Vollzug möglich ist, auf die entsprechenden Belange des Arbeitnehmers angemessen Rücksicht zu nehmen. Dies rechtfertigt es aber nicht, vom Arbeitgeber zu verlangen, den Arbeitsplatz für den inhaftierten Arbeitnehmer für voraussichtlich mehr als zwei Jahre frei zu halten und ihm die damit verbundenen Lasten aufzuerlegen. Dies gilt insbesondere angesichts des Umstands, dass der Gesetzgeber für die Fälle, in denen er es für erforderlich erachtet, dem Arbeitnehmer den Arbeitsplatz bei persönlicher Leistungsverhinderung mit Rücksicht auf übergeordnete Interessen (Schutz von Ehe und Familie; Erfüllung staatsbürgerschaftlicher Pflichten) zu sichern, ausdrückliche, eigenständige Regelungen (bspw. §§ 15, 16 BEEG; §§ 3, 4 PflegeZG; § 1 ArbPlSchG) getroffen hat. Die durchaus strengeren Anforderungen an eine Kündigung wegen lang anhaltender Erkrankung rechtfertigen sich daraus, dass eine Krankheit - anders als Freiheitsstrafe - für den Betroffenen in der Regel unvermeidbar war.

27

(3) Damit wird nicht, wie der Kläger meint, der Anerkennung eines „absoluten Kündigungsgrunds“ Vorschub geleistet. Die Frage, ob dem Arbeitgeber Überbrückungsmaßnahmen zumutbar waren oder nicht, betrifft lediglich ein Element des Kündigungsgrundes. Ihre Beantwortung ist das Ergebnis einer die Interessen des Arbeitnehmers einbeziehenden Gesamtwürdigung.

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cc) Die Besonderheiten des vorliegenden Falls verlangen keine andere Beurteilung. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger alsbald einen Freigängerstatus erlangen würde, waren bei Kündigungsausspruch nicht ersichtlich. Es bestand auch keine Verpflichtung der Beklagten, den Kläger in einem solchen Bemühen zu unterstützen. Eine dahingehende, aus § 241 Abs. 2 BGB abzuleitende Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers ist nur gegeben, wenn die Beschäftigung eines „Freigängers“ für ihn nicht risikobehaftet ist(vgl. Senat 9. März 1995 - 2 AZR 497/94 - zu II 5 der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 123 = EzA BGB § 626 nF Nr. 154). Dies sachgerecht zu beurteilen war der Beklagten nicht möglich. Der Kläger war nicht bereit gewesen, ihr auf Anfrage Einsicht in das Strafurteil zu gewähren. Hier bestand eine Obliegenheit zur Offenlegung der Gründe seiner Verurteilung jedenfalls deshalb, weil er gerade im Betrieb vorläufig festgenommen und sein Spind durchsucht worden war. Einen anderen Weg, wie sich die Beklagte in geeigneter Weise der Risikofreiheit einer Beschäftigung hätte vergewissern können, hat der Kläger nicht aufgezeigt.

29

4. Die Interessenabwägung führt nicht zu einem Überwiegen der Belange des Klägers. Zwar ist zu dessen Gunsten seine 18 Jahre lange, beanstandungsfrei gebliebene Beschäftigungszeit zu berücksichtigen. Gleichwohl geht das Beendigungsinteresse der Beklagten vor. Der Kläger hat seinen langen Ausfall selbst verschuldet und es kommt hinzu, dass er die Beklagte sogar nach Erhalt der Ladung zum Haftantritt nicht unverzüglich unterrichtet, sondern damit bis zum Antritt seines Erholungsurlaubs zugewartet hat. Seine Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) hätte stattdessen geboten, der Beklagten spätestens bei der Ladung zum Haftantritt die Chance zu geben, sich auf die künftigen Gegebenheiten einzustellen.

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II. Ein anderer Unwirksamkeitsgrund liegt nicht vor. Die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats hat der Kläger in der Berufungsinstanz nicht mehr in Zweifel gezogen, nachdem die Beklagte dazu erstinstanzlich im Einzelnen vorgetragen hatte.

31

III. Die Einhaltung der für das Arbeitsverhältnis maßgebenden Kündigungsfrist steht zwischen den Parteien außer Streit. Sie ist ersichtlich auch gewahrt.

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IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Kreft    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Grimberg    

        

    Bartz    

                 

(1) Der Arbeitgeber hat bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen einer schwangeren oder stillenden Frau alle aufgrund der Gefährdungsbeurteilung nach § 10 erforderlichen Maßnahmen für den Schutz ihrer physischen und psychischen Gesundheit sowie der ihres Kindes zu treffen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls den sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Soweit es nach den Vorschriften dieses Gesetzes verantwortbar ist, ist der Frau auch während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit die Fortführung ihrer Tätigkeiten zu ermöglichen. Nachteile aufgrund der Schwangerschaft, der Entbindung oder der Stillzeit sollen vermieden oder ausgeglichen werden.

(2) Der Arbeitgeber hat die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes möglichst vermieden werden und eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen wird. Eine Gefährdung ist unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist. Eine unverantwortbare Gefährdung gilt als ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber alle Vorgaben einhält, die aller Wahrscheinlichkeit nach dazu führen, dass die Gesundheit einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes nicht beeinträchtigt wird.

(3) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass die schwangere oder stillende Frau ihre Tätigkeit am Arbeitsplatz, soweit es für sie erforderlich ist, kurz unterbrechen kann. Er hat darüber hinaus sicherzustellen, dass sich die schwangere oder stillende Frau während der Pausen und Arbeitsunterbrechungen unter geeigneten Bedingungen hinlegen, hinsetzen und ausruhen kann.

(4) Alle Maßnahmen des Arbeitgebers nach diesem Unterabschnitt sowie die Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 10 müssen dem Stand der Technik, der Arbeitsmedizin und der Hygiene sowie den sonstigen gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen. Der Arbeitgeber hat bei seinen Maßnahmen die vom Ausschuss für Mutterschutz ermittelten und nach § 30 Absatz 4 im Gemeinsamen Ministerialblatt veröffentlichten Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen; bei Einhaltung dieser Regeln und bei Beachtung dieser Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass die in diesem Gesetz gestellten Anforderungen erfüllt sind.

(5) Der Arbeitgeber kann zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach diesem Unterabschnitt in eigener Verantwortung wahrzunehmen.

(6) Kosten für Maßnahmen nach diesem Gesetz darf der Arbeitgeber nicht den Personen auferlegen, die bei ihm beschäftigt sind. Die Kosten für Zeugnisse und Bescheinigungen, die die schwangere oder stillende Frau auf Verlangen des Arbeitgebers vorzulegen hat, trägt der Arbeitgeber.

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,

1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.

(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.

(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.