Arbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 25. Aug. 2016 - 10 Ca 2714/16
Gericht
Tenor
1.Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.
2.Streitwert: 8.701,09 €.
1
T a t b e s t a n d:
2Die Parteien streiten um die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, Tariflohnerhöhungen nach den Tarifverträgen für die Beschäftigten des Einzelhandels NRW an die Klägerin weiterzugeben.
3Die Klägerin ist seit dem 1. April 1992 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der Fa. H., als Verkäuferin/Kassiererin in Vollzeit auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 21. Februar 1992 beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag heißt es unter anderem:
4"2. Das Anstellungsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen der Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen nebst Nachfolgeverträgen sowie etwaigen Betriebsvereinbarungen/-ordnungen in ihrer jeweils geltenden Fassung.
5[…]
65. Der Mitarbeiter wird in die Gehaltsgruppe G II Staffel 3-.5.J.d.T. des geltenden Gehaltstarifvertrages eingestuft. (Tarifgehalt derzeit DM 2.706,--). Zusätzlich erhält der Mitarbeiter eine übertarifliche Zulage von DM 224,97 brutto; damit beträgt die vereinbarte Gesamtvergütung (nachfolgend kurz: Gehalt) monatlich DM 2.930,97 brutto (…)."
7Im späteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses wurde die Klägerin zur Supervisorin ernannt (Vergütungsgruppe G3). Mit Schreiben vom 24. April 2009 kündigte die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die H., das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich zum 31. Oktober 2009 und bot ihr zugleich an, sie über diesen Termin hinaus zu veränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen. In dem Schreiben heißt es in diesem Zusammenhang konkret:
8"Gleichzeitig bieten wir Ihnen an, Sie über diesen Termin hinaus nahtlos als Verkäuferin/Kassiererin weiterzubeschäftigen. Diese Position ist in die Tarifgruppe G1 eingruppiert. Da Sie bereits in die Tarifgruppe G2 eingruppiert gewesen sind, bevor Sie zur Supervisorin ernannt worden sind, bieten wir Ihnen eine Vergütung nach der Tarifgruppe G2 an. Das monatliche Grundgehalt beläuft sich damit auf € 2.427,- brutto. Alle übrigen Vertragsbedingungen würden unverändert bleiben."
9Die Klägerin nahm das Angebot der Rechtsvorgängerin der Beklagten auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen in der Folge unter dem Vorbehalt an, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist. Ihre zunächst gegen die Änderungskündigung erhobene Änderungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf nahm die Klägerin im späteren Verlauf zurück.
10In der Folge trat die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die H., mit Ablauf des 31. Dezember 2011 aus dem Arbeitgeberverband Einzel-handel NRW aus. Mit Wirkung zum 1. Januar 2013 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über, die im Arbeitgeberverband Einzelhandel Nordrhein-Westfalen Mitglied ohne Tarifbindung ist. Im Anschluss vereinbarten der Handelsverband NRW und ver.di durch Abschluss neuer Gehaltstarifverträge eine Erhöhung der Vergütung in der Gehaltsgruppe II nach dem 5. Tätigkeitsjahr zum 1. August 2013 auf monatlich 2.720,00 Euro brutto, zum 1. Mai 2014 auf monatlich 2.777,00 Euro brutto und zum 1. August 2015 auf 2.846,00 Euro brutto. Die Klägerin war in der Zeit vom 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 sowie in der Zeit vom 1. Oktober 2014 bis zum 28. Februar 2015 in Vollzeit und in der Zeit vom 1. April 2014 bis zum 30. September 2015 sowie seit dem 1. März 2015 in Teilzeit (27,7 Stunden) für die Beklagte tätig. Die vorgenannten Tariflohnerhöhungen gab die Beklagte jeweils nicht an die Klägerin weiter.
11Mit ihrer am 17. Mai bei Gericht eingegangenen Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten, sie ab dem Monat August 2013 nach der Gehaltsgruppe 2 nach dem 5. Tätigkeitsjahr des Gehaltstarifvertrages vom 10. Dezember 2013 bzw. 18. August 2015 zu vergüten. Sie ist der Auffassung, dass die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel aufgrund der ausgesprochenen und von der Klägerin akzeptierten Änderungskündigung nicht als Gleichstellungsabrede auszulegen sei.
12Die Klägerin beantragt,
131.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.394,31 Euro brutto nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 79,00 Euro seit dem 1. September 2013, aus weiteren 79,00 Euro seit dem 1. Oktober 2013, aus weiteren 79,00 Euro seit dem 1. November 2013, aus weiteren 79,00 Euro seit dem 1. Dezember 2013, aus weiteren 79,00 Euro seit dem 1. Januar 2014, aus weiteren 79,00 Euro seit dem 1. Februar 2014, aus weiteren 79,00 Euro seit dem 1. März 2014, aus weiteren 79,00 Euro seit dem 1. April 2014, aus weiteren 64,87 Euro seit dem 1. Mai 2014, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. Juni 2014, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. Juli 2014, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. August 2014, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. September 2014, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. Oktober 2014, aus weiteren 136,00 Euro seit dem 1. November 2014, aus weiteren 136,00 Euro seit dem 1. Dezember 2014, aus weiteren 136,00 Euro seit dem 1. Januar 2015, aus weiteren 136,00 Euro seit dem 1. Februar 2015, aus weiteren 136,00 Euro seit dem 1. März 2015, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. April 2015, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. Mai 2015, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. Juni 2015, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. Juli 2015, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. August 2015, aus weiteren 157,94 Euro seit dem 1. September 2015, aus weiteren 157,94 Euro seit dem 1. Oktober 2015, aus weiteren 157,94 Euro seit dem 1. November 2015, aus weiteren 157,94 Euro seit dem 1. Dezember 2015, aus weiteren 157,94 Euro seit dem 1. Januar 2016 und aus weiteren 157,94 Euro seit dem 1. Februar 2016 zu zahlen;
142.festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Entgeltanspruch der Klägerin anhand der Vergütungsgruppe G II (nach 5 Jahren der Tätigkeit) gemäß den zum Fälligkeitszeitpunkt geltenden Regelungen der Tarifverträge für die Beschäftigten des Einzelhandels NRW zu berechnen, abzurechnen und auszuzahlen;
153.hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 2, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Entgeltanspruch der Klägerin anhand der Vergütungsgruppe G II (nach 5 Jahren der Tätigkeit) gemäß den zum Fälligkeitszeitpunkt geltenden Regelungen der Tarifverträge für die Beschäftigten des Einzelhandel NRW zu berechnen, abzurechnen und auszuzahlen; unbeschadet einer möglichen Anrechnung künftiger Tariflohnerhöhungen auf der Klägerin gewährte übertarifliche Zulagen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie ist der Ansicht, die Regelung unter Ziffer 2. des Arbeitsvertrags vom 21. Februar 1992 sei als sogenannte Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auszulegen und habe daher mit Austritt ihrer Rechtsvorgängerin, der H., aus dem Arbeitgeberverband Einzelhandel NRW zum 31. Dezember 2011, jedenfalls aber mit dem Betriebsübergang zum 1. Januar 2013 ihre zeitliche Dynamik verloren. Die Vertragsänderungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 24. April 2009 stünden einer entsprechenden Auslegung der Bezugnahmeklausel nicht entgegen. Die Vertragsparteien hätten diese Klausel durch den rein deklaratorischen Hinweis auf den Fortbestand der übrigen Vertragsbedingungen nicht erneut zum Gegenstand ihrer rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht. Die Beklagte beantragt ferner, den Rechtsstreit im Hinblick auf die Vorlageentscheidungen des Bundesarbeitsgerichts an den Gerichtshof der Europäischen Union vom 17. Juni 2014 (4 AZR 95/14 (A) sowie 4 AZR 61/14 (A)) auszusetzen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
21I.
22Die - auch mit ihren Feststellungsanträgen gemäß § 256 ZPO zulässige - Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Weitergabe der Tariflohnerhöhungen gemäß den Tarifverträgen für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalens, da es sich bei der arbeitsvertraglich vereinbarten Bezugnahmeklausel um eine sogenannte Gleichstellungsabrede im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt, so dass die Tarifverträge seit dem Austritt der Beklagten aus dem Arbeitgeberverband nur noch statisch fortwirken.
231.Bei der ursprünglich im Arbeitsvertrag vereinbarten Bezugnahmeklausel handelt es sich um eine Gleichstellungsabrede im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
24a)Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts waren bei Tarifbindung des Arbeitgebers Bezugnahmeklauseln wie die streitgegenständliche in aller Regel als Gleichstellungsabrede auszulegen, jedenfalls bei Bezugnahme, wie hier gegeben, auf den einschlägigen Tarifvertrag. Dem lag die Annahme zugrunde, dass mit einer Bezugnahmeklausel lediglich die möglicherweise fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers ersetzt werden sollte, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit zu dessen Geltung für alle Beschäftigten. Nach dem so verstandenen Sinn und Zweck der Klausel sollte das Arbeitsverhältnis an den dynamischen Entwicklungen des in Bezug genommenen Tarifvertrags so lange teilnehmen, wie der Arbeitgeber selbst tarifgebunden war. Trat er aus dem tarifschließenden Verband aus, wirkten die zum Zeitpunkt des Endes der Tarifgebundenheit gültigen Normen des Tarifvertrags im Verhältnis zu den tarifgebundenen Arbeitnehmern statisch weiter. Der Gleichstellungszweck der Klausel konnte gegenüber den nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern nur dann erfüllt werden, wenn auch für diese die Normen des im Vertrag in Bezug genommenen Tarifvertrags weitergalten (statt vieler: BAG 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04; BAG 25. September 2002 - 4 AZR 294/01).
25b)Der Annahme einer ursprünglichen Gleichstellungsabrede steht nicht entgegen, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses eine höhere Vergütungsgruppe (G II) angeboten hat, als sie der Tarifvertrag für Verkäufer/Kassierer (G I) vorsah. Die Beklagte hat der Klägerin damit lediglich eine übertarifliche Vergütung zugesagt. Dies tat sie allerdings - gerichtsbekannt - bei sämtlichen Verkäufern/Kassierern unabhängig von der Tatsache, ob diese Arbeitnehmer in der Gewerkschaft waren oder nicht. Im Ergebnis änderte die Zusage einer übertariflichen Vergütung nichts daran, dass die Vergütung der Vergütungsgruppe G II unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit des einzelnen Arbeitnehmers entsprechend den tariflichen Erhöhungen der Tarifverträge für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalens erhöht werden sollten. So ist es in der Vergangenheit auch praktiziert worden.
262.Die Parteien haben ihr Arbeitsverhältnis auch nicht durch den Ausspruch der Änderungskündigung vom 24. September 2009 auf eine neue Grundlage gestellt, mit dem Ergebnis, dass die Bezugnahmeklausel unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nun nicht mehr als Gleichstellungsabrede auszulegen wäre.
27a)Mit seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2005 hat das Bundesarbeitsgericht angekündigt, seine Rechtsprechung zur Auslegung von Bezugnahmeklauseln dahingehend zu ändern, dass sich die Auslegung von Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind, in erster Linie am Wortlaut der Verweisungsklausel zu orientieren hat. Soweit ein Vertragspartner vom Wortlaut abweichende Regelungsziele verfolgt, können diese danach nur in die Auslegung eingehen, wie sie für den anderen Vertragspartner mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommen. Mit Urteil vom 18. April 2007 (4 AZR 652/05, juris) hat das Bundesarbeitsgericht die Änderung der Rechtsprechung bestätigt und erkannt, dass eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung hinweist, im Regelfall dahingehend auszulegen ist, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass dessen Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind. Die Bezugnahmeklausel kann bei etwaiger Tarifbindung des Arbeitgebers an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag grundsätzlich keine andere Wirkung haben als bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber. In beiden Fällen unterliegt die in der Bezugnahmeklausel liegende Dynamik keiner auflösenden Bedingung. Es handelt sich um eine unbedingte, konstitutive, dynamische Bezugnahme. Das Bundesarbeitsgerichts wendet die Auslegungsregeln zur Gleichstellungsabrede aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. statt vieler: BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 244/15 - Rn. 26).
28b)Allerdings können nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch für die Auslegung von so genannten "Altverträgen" die Auslegungsmaßstäbe für "Neuverträge" maßgebend sein, wenn es nach dem 31. Dezember 2001 zu einer Vertragsänderung gekommen ist, in dessen Rahmen die ursprüngliche vertragliche Bezugnahmeregelung zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist. Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist kann beispielsweise in der ausdrücklichen Erklärung liegen, dass "alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben". Eine solche Regelung hindert die Annahme eines "Altvertrags" und eine Rechtsfolgenkorrektur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. Allerdings führt allein der Umstand einer Vertragsänderung nicht dazu, dass zugleich stets alle vertraglichen Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags erneut vereinbart oder bestätigt würden. Ob eine solche Abrede gewollt ist, ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (statt vieler: BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 244/14 - Rn. 26).
29c)In Anwendung dieser Grundsätze haben die Parteien alleine durch den Ausspruch der Änderungskündigung und die im späteren Verlauf erfolgte Annahme durch die Klägerin nicht die ursprüngliche vertragliche Bezugnahmeregelung zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht.
30aa)Für die Kammer waren keine hinreichenden Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Parteien im Zusammenhang mit dem Ausspruch der Änderungskündigung über den konkreten Änderungsgegenstand hinaus mit rechtsgeschäftlichem Willen hinsichtlich der weiteren Vertragsbedingungen aus dem Altvertrag, insbesondere hinsichtlich der darin enthaltenen Bezugnahmeklausel, gehandelt haben. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Beklagte allein aus Klarstellungsgründen in der Änderungskündigung darauf hingewiesen hat, dass alle übrigen Vertragsbedingungen unverändert bleiben würden und damit auf die übrigen Bedingungen aus dem Altvertrag Bezug genommen hat.
31bb)Gerade die Tatsache, dass die Vertragsänderung hier nicht einvernehmlich, sondern durch den Ausspruch einer Änderungskündigung erfolgte, spricht im Gegenteil gerade dafür, dass die Parteien die ursprüngliche Bezugnahmeklausel nicht zum Gegenstand ihrer rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht haben. Das im Rahmen einer Änderungskündigung unterbreitete Änderungsangebot hat schriftlich zu erfolgen, so dass bei dessen Auslegung nur der in der Urkunde zum Ausdruck gelangte Wille maßgeblich ist (Andeutungstheorie; vgl. BAG 29 September 2011 - 2 AZR 523/10 - Rn. 31 mwN, NZA 2012, 628). Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte mit der Änderungskündigung über die ausgeübte Tätigkeit und die Eingruppierung der Klägerin weitere arbeitsvertragliche Bedingungen ändern wollte, lässt sich dem Wortlaut der Änderungskündigung schon nicht entnehmen. Hinzu kommt, dass die geänderten Arbeitsbedingungen im Hinblick auf den Kündigungsgrund zwar geeignet sowie erforderlich sein müssen, sich aber nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen dürfen, als dies zur Erreichung des mit der Änderungskündigung angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 17 mwN, NZA-RR 2012, 158). Die Änderungskündigung hätte sich somit als sozial ungerechtfertigt erwiesen, wenn die Beklagte über die Änderung der Tätigkeit und die Eingruppierung der Klägerin hinaus weitere Arbeitsbedingungen hätte ändern wollen. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Beklagte hiermit ausschließlich für die Klägerin günstigere Arbeitsbedingungen angeboten hätte. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Auslegung einer Bezugnahmeklausel als dynamische konstitutive Bezugnahmeklausel im Gegensatz zu einer Gleichstellungsabrede nicht zwingend für den Arbeitnehmer günstiger ist. Denkbar ist beispielsweise, dass sich Sondervergütungen wie Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld, die im Tarifvertrag geregelt sind, verschlechtern. In einer solchen Konstellation ist die Annahme einer Gleichstellungsabrede für den Arbeitnehmer günstiger als die Annahme einer konstitutiven, dynamischen Bezugnahmeklausel. Schließlich kommt hinzu, dass sich die Änderungskündigung bei der Annahme, dass die Beklagte die ursprüngliche Bezugnahmeklausel zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung hätte machen wollen, mangels hinreichender Bestimmtheit als unwirksam erwiesen hätte. Das mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot muss eindeutig bestimmt, zumindest bestimmbar sein (BAG 29 September 2011 - 2 AZR 523/10 - Rn. 29 mwN, NZA 2012, 628; BAG 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 15, BAGE 132, 78; 15). Hiervon kann nicht ausgegangen werden, wenn man in den Satz, "alle übrigen Vertragsbedingungen würden unverändert bleiben" hineinlesen würde, dass die Beklagte der Klägerin damit auch angeboten hätte, die ursprüngliche Gleichstellungsabrede in eine konstitutive deklaratorische Bezugnahmeklausel umzuwandeln. Da gerade nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte "sehenden Auges" eine sozial ungerechtfertigte und mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksame Änderungskündigung aussprechen wollte, ist der Zusatz, dass alle übrigen Vertragsbedingungen unverändert bleiben würden, somit lediglich als deklaratorischer Hinweis zu verstehen, dass sich mit Ausnahme der Tätigkeit und der Eingruppierung keinerlei Änderungen der arbeitsvertraglichen Bedingungen ergeben sollen.
32II.
33Der Aussetzungsantrag der Beklagten war infolgedessen zurückzuweisen. Da die Kammer die Bezugnahmeklausel der Parteien nach den Auslegungsgrundsätzen für "Altverträge" als Gleichstellungsabrede bewertet, sind die Rechtsfragen, die Gegenstand der Vorlageentscheidungen des Bundesarbeitsgerichts an den Gerichtshof der Europäischen Union vom 17. Juni 2014 (4 AZR 95/14 (A) sowie 4 AZR 61/14 (A)) sind, bereits nicht entscheidungserheblich.
34III.
35Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO. Den Streitwert hat das Gericht gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG iVm. §§ 3, 9 ZPO im Urteil festgesetzt. Er beträgt neben den geltend gemachten 3.394,31 Euro brutto das 3,5 -fache der jährlich anfallenden Differenz abzüglich eines Abschlags von 20% im Hinblick auf den Feststellungsantrag.
36RECHTSMITTELBELEHRUNG
37Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei Berufung eingelegt werden. Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
38Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
39Landesarbeitsgericht Düsseldorf
40Ludwig-Erhard-Allee 21
4140227 Düsseldorf
42Fax: 0211 7770-2199
43eingegangen sein.
44Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
45Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
46Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
471.Rechtsanwälte,
482.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
493.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
50Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
51* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
52E.
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Annotations
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.