Arbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 25. Aug. 2016 - 10 Ca 2714/16
Tenor
1.Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.
2.Streitwert: 8.701,09 €.
1
T a t b e s t a n d:
2Die Parteien streiten um die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, Tariflohnerhöhungen nach den Tarifverträgen für die Beschäftigten des Einzelhandels NRW an die Klägerin weiterzugeben.
3Die Klägerin ist seit dem 1. April 1992 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der Fa. H., als Verkäuferin/Kassiererin in Vollzeit auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 21. Februar 1992 beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag heißt es unter anderem:
4"2. Das Anstellungsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen der Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen nebst Nachfolgeverträgen sowie etwaigen Betriebsvereinbarungen/-ordnungen in ihrer jeweils geltenden Fassung.
5[…]
65. Der Mitarbeiter wird in die Gehaltsgruppe G II Staffel 3-.5.J.d.T. des geltenden Gehaltstarifvertrages eingestuft. (Tarifgehalt derzeit DM 2.706,--). Zusätzlich erhält der Mitarbeiter eine übertarifliche Zulage von DM 224,97 brutto; damit beträgt die vereinbarte Gesamtvergütung (nachfolgend kurz: Gehalt) monatlich DM 2.930,97 brutto (…)."
7Im späteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses wurde die Klägerin zur Supervisorin ernannt (Vergütungsgruppe G3). Mit Schreiben vom 24. April 2009 kündigte die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die H., das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich zum 31. Oktober 2009 und bot ihr zugleich an, sie über diesen Termin hinaus zu veränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen. In dem Schreiben heißt es in diesem Zusammenhang konkret:
8"Gleichzeitig bieten wir Ihnen an, Sie über diesen Termin hinaus nahtlos als Verkäuferin/Kassiererin weiterzubeschäftigen. Diese Position ist in die Tarifgruppe G1 eingruppiert. Da Sie bereits in die Tarifgruppe G2 eingruppiert gewesen sind, bevor Sie zur Supervisorin ernannt worden sind, bieten wir Ihnen eine Vergütung nach der Tarifgruppe G2 an. Das monatliche Grundgehalt beläuft sich damit auf € 2.427,- brutto. Alle übrigen Vertragsbedingungen würden unverändert bleiben."
9Die Klägerin nahm das Angebot der Rechtsvorgängerin der Beklagten auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen in der Folge unter dem Vorbehalt an, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist. Ihre zunächst gegen die Änderungskündigung erhobene Änderungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf nahm die Klägerin im späteren Verlauf zurück.
10In der Folge trat die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die H., mit Ablauf des 31. Dezember 2011 aus dem Arbeitgeberverband Einzel-handel NRW aus. Mit Wirkung zum 1. Januar 2013 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über, die im Arbeitgeberverband Einzelhandel Nordrhein-Westfalen Mitglied ohne Tarifbindung ist. Im Anschluss vereinbarten der Handelsverband NRW und ver.di durch Abschluss neuer Gehaltstarifverträge eine Erhöhung der Vergütung in der Gehaltsgruppe II nach dem 5. Tätigkeitsjahr zum 1. August 2013 auf monatlich 2.720,00 Euro brutto, zum 1. Mai 2014 auf monatlich 2.777,00 Euro brutto und zum 1. August 2015 auf 2.846,00 Euro brutto. Die Klägerin war in der Zeit vom 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 sowie in der Zeit vom 1. Oktober 2014 bis zum 28. Februar 2015 in Vollzeit und in der Zeit vom 1. April 2014 bis zum 30. September 2015 sowie seit dem 1. März 2015 in Teilzeit (27,7 Stunden) für die Beklagte tätig. Die vorgenannten Tariflohnerhöhungen gab die Beklagte jeweils nicht an die Klägerin weiter.
11Mit ihrer am 17. Mai bei Gericht eingegangenen Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten, sie ab dem Monat August 2013 nach der Gehaltsgruppe 2 nach dem 5. Tätigkeitsjahr des Gehaltstarifvertrages vom 10. Dezember 2013 bzw. 18. August 2015 zu vergüten. Sie ist der Auffassung, dass die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel aufgrund der ausgesprochenen und von der Klägerin akzeptierten Änderungskündigung nicht als Gleichstellungsabrede auszulegen sei.
12Die Klägerin beantragt,
131.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.394,31 Euro brutto nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 79,00 Euro seit dem 1. September 2013, aus weiteren 79,00 Euro seit dem 1. Oktober 2013, aus weiteren 79,00 Euro seit dem 1. November 2013, aus weiteren 79,00 Euro seit dem 1. Dezember 2013, aus weiteren 79,00 Euro seit dem 1. Januar 2014, aus weiteren 79,00 Euro seit dem 1. Februar 2014, aus weiteren 79,00 Euro seit dem 1. März 2014, aus weiteren 79,00 Euro seit dem 1. April 2014, aus weiteren 64,87 Euro seit dem 1. Mai 2014, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. Juni 2014, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. Juli 2014, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. August 2014, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. September 2014, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. Oktober 2014, aus weiteren 136,00 Euro seit dem 1. November 2014, aus weiteren 136,00 Euro seit dem 1. Dezember 2014, aus weiteren 136,00 Euro seit dem 1. Januar 2015, aus weiteren 136,00 Euro seit dem 1. Februar 2015, aus weiteren 136,00 Euro seit dem 1. März 2015, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. April 2015, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. Mai 2015, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. Juni 2015, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. Juli 2015, aus weiteren 106,98 Euro seit dem 1. August 2015, aus weiteren 157,94 Euro seit dem 1. September 2015, aus weiteren 157,94 Euro seit dem 1. Oktober 2015, aus weiteren 157,94 Euro seit dem 1. November 2015, aus weiteren 157,94 Euro seit dem 1. Dezember 2015, aus weiteren 157,94 Euro seit dem 1. Januar 2016 und aus weiteren 157,94 Euro seit dem 1. Februar 2016 zu zahlen;
142.festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Entgeltanspruch der Klägerin anhand der Vergütungsgruppe G II (nach 5 Jahren der Tätigkeit) gemäß den zum Fälligkeitszeitpunkt geltenden Regelungen der Tarifverträge für die Beschäftigten des Einzelhandels NRW zu berechnen, abzurechnen und auszuzahlen;
153.hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 2, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Entgeltanspruch der Klägerin anhand der Vergütungsgruppe G II (nach 5 Jahren der Tätigkeit) gemäß den zum Fälligkeitszeitpunkt geltenden Regelungen der Tarifverträge für die Beschäftigten des Einzelhandel NRW zu berechnen, abzurechnen und auszuzahlen; unbeschadet einer möglichen Anrechnung künftiger Tariflohnerhöhungen auf der Klägerin gewährte übertarifliche Zulagen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie ist der Ansicht, die Regelung unter Ziffer 2. des Arbeitsvertrags vom 21. Februar 1992 sei als sogenannte Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auszulegen und habe daher mit Austritt ihrer Rechtsvorgängerin, der H., aus dem Arbeitgeberverband Einzelhandel NRW zum 31. Dezember 2011, jedenfalls aber mit dem Betriebsübergang zum 1. Januar 2013 ihre zeitliche Dynamik verloren. Die Vertragsänderungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 24. April 2009 stünden einer entsprechenden Auslegung der Bezugnahmeklausel nicht entgegen. Die Vertragsparteien hätten diese Klausel durch den rein deklaratorischen Hinweis auf den Fortbestand der übrigen Vertragsbedingungen nicht erneut zum Gegenstand ihrer rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht. Die Beklagte beantragt ferner, den Rechtsstreit im Hinblick auf die Vorlageentscheidungen des Bundesarbeitsgerichts an den Gerichtshof der Europäischen Union vom 17. Juni 2014 (4 AZR 95/14 (A) sowie 4 AZR 61/14 (A)) auszusetzen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
21I.
22Die - auch mit ihren Feststellungsanträgen gemäß § 256 ZPO zulässige - Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Weitergabe der Tariflohnerhöhungen gemäß den Tarifverträgen für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalens, da es sich bei der arbeitsvertraglich vereinbarten Bezugnahmeklausel um eine sogenannte Gleichstellungsabrede im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt, so dass die Tarifverträge seit dem Austritt der Beklagten aus dem Arbeitgeberverband nur noch statisch fortwirken.
231.Bei der ursprünglich im Arbeitsvertrag vereinbarten Bezugnahmeklausel handelt es sich um eine Gleichstellungsabrede im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
24a)Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts waren bei Tarifbindung des Arbeitgebers Bezugnahmeklauseln wie die streitgegenständliche in aller Regel als Gleichstellungsabrede auszulegen, jedenfalls bei Bezugnahme, wie hier gegeben, auf den einschlägigen Tarifvertrag. Dem lag die Annahme zugrunde, dass mit einer Bezugnahmeklausel lediglich die möglicherweise fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers ersetzt werden sollte, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit zu dessen Geltung für alle Beschäftigten. Nach dem so verstandenen Sinn und Zweck der Klausel sollte das Arbeitsverhältnis an den dynamischen Entwicklungen des in Bezug genommenen Tarifvertrags so lange teilnehmen, wie der Arbeitgeber selbst tarifgebunden war. Trat er aus dem tarifschließenden Verband aus, wirkten die zum Zeitpunkt des Endes der Tarifgebundenheit gültigen Normen des Tarifvertrags im Verhältnis zu den tarifgebundenen Arbeitnehmern statisch weiter. Der Gleichstellungszweck der Klausel konnte gegenüber den nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern nur dann erfüllt werden, wenn auch für diese die Normen des im Vertrag in Bezug genommenen Tarifvertrags weitergalten (statt vieler: BAG 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04; BAG 25. September 2002 - 4 AZR 294/01).
25b)Der Annahme einer ursprünglichen Gleichstellungsabrede steht nicht entgegen, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses eine höhere Vergütungsgruppe (G II) angeboten hat, als sie der Tarifvertrag für Verkäufer/Kassierer (G I) vorsah. Die Beklagte hat der Klägerin damit lediglich eine übertarifliche Vergütung zugesagt. Dies tat sie allerdings - gerichtsbekannt - bei sämtlichen Verkäufern/Kassierern unabhängig von der Tatsache, ob diese Arbeitnehmer in der Gewerkschaft waren oder nicht. Im Ergebnis änderte die Zusage einer übertariflichen Vergütung nichts daran, dass die Vergütung der Vergütungsgruppe G II unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit des einzelnen Arbeitnehmers entsprechend den tariflichen Erhöhungen der Tarifverträge für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalens erhöht werden sollten. So ist es in der Vergangenheit auch praktiziert worden.
262.Die Parteien haben ihr Arbeitsverhältnis auch nicht durch den Ausspruch der Änderungskündigung vom 24. September 2009 auf eine neue Grundlage gestellt, mit dem Ergebnis, dass die Bezugnahmeklausel unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nun nicht mehr als Gleichstellungsabrede auszulegen wäre.
27a)Mit seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2005 hat das Bundesarbeitsgericht angekündigt, seine Rechtsprechung zur Auslegung von Bezugnahmeklauseln dahingehend zu ändern, dass sich die Auslegung von Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind, in erster Linie am Wortlaut der Verweisungsklausel zu orientieren hat. Soweit ein Vertragspartner vom Wortlaut abweichende Regelungsziele verfolgt, können diese danach nur in die Auslegung eingehen, wie sie für den anderen Vertragspartner mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommen. Mit Urteil vom 18. April 2007 (4 AZR 652/05, juris) hat das Bundesarbeitsgericht die Änderung der Rechtsprechung bestätigt und erkannt, dass eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung hinweist, im Regelfall dahingehend auszulegen ist, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass dessen Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind. Die Bezugnahmeklausel kann bei etwaiger Tarifbindung des Arbeitgebers an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag grundsätzlich keine andere Wirkung haben als bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber. In beiden Fällen unterliegt die in der Bezugnahmeklausel liegende Dynamik keiner auflösenden Bedingung. Es handelt sich um eine unbedingte, konstitutive, dynamische Bezugnahme. Das Bundesarbeitsgerichts wendet die Auslegungsregeln zur Gleichstellungsabrede aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (vgl. statt vieler: BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 244/15 - Rn. 26).
28b)Allerdings können nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch für die Auslegung von so genannten "Altverträgen" die Auslegungsmaßstäbe für "Neuverträge" maßgebend sein, wenn es nach dem 31. Dezember 2001 zu einer Vertragsänderung gekommen ist, in dessen Rahmen die ursprüngliche vertragliche Bezugnahmeregelung zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist. Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist kann beispielsweise in der ausdrücklichen Erklärung liegen, dass "alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben". Eine solche Regelung hindert die Annahme eines "Altvertrags" und eine Rechtsfolgenkorrektur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. Allerdings führt allein der Umstand einer Vertragsänderung nicht dazu, dass zugleich stets alle vertraglichen Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags erneut vereinbart oder bestätigt würden. Ob eine solche Abrede gewollt ist, ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (statt vieler: BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 244/14 - Rn. 26).
29c)In Anwendung dieser Grundsätze haben die Parteien alleine durch den Ausspruch der Änderungskündigung und die im späteren Verlauf erfolgte Annahme durch die Klägerin nicht die ursprüngliche vertragliche Bezugnahmeregelung zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht.
30aa)Für die Kammer waren keine hinreichenden Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Parteien im Zusammenhang mit dem Ausspruch der Änderungskündigung über den konkreten Änderungsgegenstand hinaus mit rechtsgeschäftlichem Willen hinsichtlich der weiteren Vertragsbedingungen aus dem Altvertrag, insbesondere hinsichtlich der darin enthaltenen Bezugnahmeklausel, gehandelt haben. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Beklagte allein aus Klarstellungsgründen in der Änderungskündigung darauf hingewiesen hat, dass alle übrigen Vertragsbedingungen unverändert bleiben würden und damit auf die übrigen Bedingungen aus dem Altvertrag Bezug genommen hat.
31bb)Gerade die Tatsache, dass die Vertragsänderung hier nicht einvernehmlich, sondern durch den Ausspruch einer Änderungskündigung erfolgte, spricht im Gegenteil gerade dafür, dass die Parteien die ursprüngliche Bezugnahmeklausel nicht zum Gegenstand ihrer rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht haben. Das im Rahmen einer Änderungskündigung unterbreitete Änderungsangebot hat schriftlich zu erfolgen, so dass bei dessen Auslegung nur der in der Urkunde zum Ausdruck gelangte Wille maßgeblich ist (Andeutungstheorie; vgl. BAG 29 September 2011 - 2 AZR 523/10 - Rn. 31 mwN, NZA 2012, 628). Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte mit der Änderungskündigung über die ausgeübte Tätigkeit und die Eingruppierung der Klägerin weitere arbeitsvertragliche Bedingungen ändern wollte, lässt sich dem Wortlaut der Änderungskündigung schon nicht entnehmen. Hinzu kommt, dass die geänderten Arbeitsbedingungen im Hinblick auf den Kündigungsgrund zwar geeignet sowie erforderlich sein müssen, sich aber nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen dürfen, als dies zur Erreichung des mit der Änderungskündigung angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 17 mwN, NZA-RR 2012, 158). Die Änderungskündigung hätte sich somit als sozial ungerechtfertigt erwiesen, wenn die Beklagte über die Änderung der Tätigkeit und die Eingruppierung der Klägerin hinaus weitere Arbeitsbedingungen hätte ändern wollen. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Beklagte hiermit ausschließlich für die Klägerin günstigere Arbeitsbedingungen angeboten hätte. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Auslegung einer Bezugnahmeklausel als dynamische konstitutive Bezugnahmeklausel im Gegensatz zu einer Gleichstellungsabrede nicht zwingend für den Arbeitnehmer günstiger ist. Denkbar ist beispielsweise, dass sich Sondervergütungen wie Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld, die im Tarifvertrag geregelt sind, verschlechtern. In einer solchen Konstellation ist die Annahme einer Gleichstellungsabrede für den Arbeitnehmer günstiger als die Annahme einer konstitutiven, dynamischen Bezugnahmeklausel. Schließlich kommt hinzu, dass sich die Änderungskündigung bei der Annahme, dass die Beklagte die ursprüngliche Bezugnahmeklausel zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung hätte machen wollen, mangels hinreichender Bestimmtheit als unwirksam erwiesen hätte. Das mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot muss eindeutig bestimmt, zumindest bestimmbar sein (BAG 29 September 2011 - 2 AZR 523/10 - Rn. 29 mwN, NZA 2012, 628; BAG 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 15, BAGE 132, 78; 15). Hiervon kann nicht ausgegangen werden, wenn man in den Satz, "alle übrigen Vertragsbedingungen würden unverändert bleiben" hineinlesen würde, dass die Beklagte der Klägerin damit auch angeboten hätte, die ursprüngliche Gleichstellungsabrede in eine konstitutive deklaratorische Bezugnahmeklausel umzuwandeln. Da gerade nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte "sehenden Auges" eine sozial ungerechtfertigte und mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksame Änderungskündigung aussprechen wollte, ist der Zusatz, dass alle übrigen Vertragsbedingungen unverändert bleiben würden, somit lediglich als deklaratorischer Hinweis zu verstehen, dass sich mit Ausnahme der Tätigkeit und der Eingruppierung keinerlei Änderungen der arbeitsvertraglichen Bedingungen ergeben sollen.
32II.
33Der Aussetzungsantrag der Beklagten war infolgedessen zurückzuweisen. Da die Kammer die Bezugnahmeklausel der Parteien nach den Auslegungsgrundsätzen für "Altverträge" als Gleichstellungsabrede bewertet, sind die Rechtsfragen, die Gegenstand der Vorlageentscheidungen des Bundesarbeitsgerichts an den Gerichtshof der Europäischen Union vom 17. Juni 2014 (4 AZR 95/14 (A) sowie 4 AZR 61/14 (A)) sind, bereits nicht entscheidungserheblich.
34III.
35Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO. Den Streitwert hat das Gericht gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG iVm. §§ 3, 9 ZPO im Urteil festgesetzt. Er beträgt neben den geltend gemachten 3.394,31 Euro brutto das 3,5 -fache der jährlich anfallenden Differenz abzüglich eines Abschlags von 20% im Hinblick auf den Feststellungsantrag.
36RECHTSMITTELBELEHRUNG
37Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei Berufung eingelegt werden. Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
38Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
39Landesarbeitsgericht Düsseldorf
40Ludwig-Erhard-Allee 21
4140227 Düsseldorf
42Fax: 0211 7770-2199
43eingegangen sein.
44Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
45Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
46Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
471.Rechtsanwälte,
482.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
493.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
50Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
51* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
52E.
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Urteil einreichenArbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 25. Aug. 2016 - 10 Ca 2714/16 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Tenor
-
I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 18. Februar 2014 - 13 Sa 968/13 - teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
-
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 23. Mai 2013 - 8 Ca 414/12 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
-
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 142,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Februar 2012 zu zahlen.
-
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
-
3. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Klägerin 92 vH und die Beklagte 8 vH zu tragen.
-
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
-
Die weitergehende Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.
-
II. Die Kosten der Berufung und der Revision haben die Klägerin zu 88 vH und die Beklagte zu 12 vH zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Entgeltansprüche der Klägerin und in diesem Zusammenhang über die Anwendbarkeit von Tarifverträgen für den Hessischen Einzelhandel aufgrund vertraglicher Bezugnahme.
- 2
-
Die Klägerin ist bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen seit dem Jahr 1999 als Buchhändlerin beschäftigt. In dem mit einer der Rechtsvorgängerinnen, der C GmbH & Co. KG, geschlossenen Arbeitsvertrag heißt es ua.:
-
„§ 1 Probezeit und Anstellung
Der Arbeitnehmer wird mit Wirkung vom 01.09.1999 als Buchhändlerin … Tarifgruppe I eingestellt.
…
§ 3 Gehaltszahlung
Tarifgehalt
DM 2.700,--
etwaige übertarifliche Zulage
DM
DM
insgesamt
DM 2.700,--
(Zweitausendsiebenhundert)
…
Übertarifliche Bezüge sind bei Tariferhöhungen, bei Aufrücken in ein anderes Berufs- oder Tätigkeitsjahr oder bei Einstufung in eine höhere Beschäftigungsgruppe anrechenbar. Sie können im Übrigen unter Einhaltung der in § 11 vereinbarten Frist gekündigt werden.
…
§ 4 Arbeitszeit
Die Arbeitszeit beträgt in der Woche 37,5 Stunden.
…
§ 14 Tarifverträge
Soweit sich aus diesem Vertrag nichts anderes ergibt, findet der Mantel- und Gehaltstarifvertrag Hessischer Einzelhandel in der zuletzt gültigen Fassung sowie die Betriebsordnung Anwendung. …“
- 3
-
Die Arbeitgeberin war im Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses Mitglied im Landesverband des Hessischen Einzelhandels e.V. Nach Verschmelzung auf die B GmbH & Co. KG führte diese die Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband fort. Sie wechselte im Jahr 2005 in eine Mitgliedschaft ohne Tarifgebundenheit. Zum Ende des Jahres 2006 trat sie aus dem Landesverband aus.
- 4
-
In einem Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 11. August 2008 teilte diese der Klägerin ua. mit:
-
„Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass sich Ihr Gehalt auf Grund der Tarifverträge mit Wirkung vom 01.04.2008 erhöht hat.
Ihr Gehalt errechnet sich wie folgt:
Tarifgruppe
II/E
Tarifgehalt
2.290,-- €
Als Ausgleich für den Zeitraum April 2007 bis März 2008 erhalten Sie außerdem eine Einmalzahlung von 400,-- €.“
- 5
-
Zum 21. Dezember 2010 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin infolge einer Verschmelzung der Rechtsvorgängerin auf die nicht tarifgebundene Beklagte als aufnehmende Rechtsträgerin über. Am 14. Juli 2011 schlossen die Parteien einen „Nachtrag zum Arbeitsvertrag“ (nachfolgend Nachtrag), der auszugsweise wie folgt lautet:
-
„1. Vertragsparteien
…
wird folgender Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 01.09.1999 vereinbart:
2. Arbeitszeit
Die wöchentliche Arbeitszeit … beträgt 30,00 Std./Woche.
3. Vergütung
Das monatliche Bruttoentgelt, bezogen auf 37,5 Std./Woche beträgt EUR 2.372,00.
Daraus errechnet sich bei einer Teilzeitbeschäftigung von 30,00 Std./Woche ein monatliches Bruttoentgelt von EUR 1.898,00.
…
6. Gültigkeit
Diese Vereinbarung tritt ab 18.07.2011 in Kraft und endet am 15.10.2011.
Alle anderen Bestimmungen des Arbeitsvertrages gelten unverändert fort.
…“
- 6
-
Die Klägerin erhielt bis einschließlich des Monats August 2009 ein Entgelt iHv. 2.290,00 Euro brutto, bis einschließlich des Monats März 2011 iHv. 2.325,00 Euro brutto und im Juni 2011 ein Bruttomonatsentgelt iHv. 2.372,00 Euro, welches die Beklagte auch wieder in der Zeit ab dem 1. November 2011 leistete.
- 7
-
Nach dem zwischen dem Landesverband des Hessischen Einzelhandels e.V. und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) geschlossenen Gehaltstarifvertrag (GTV) vom 26. Juni 2009 (GTV 2009) beträgt das monatliche Entgelt bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden nach § 3 B. Gehaltsgruppe II nach dem fünften Berufsjahr, der Endstufe der betreffenden Gehaltsgruppe (nachfolgend Gehaltsgruppe II/E GTV) 2.336,00 Euro (ab 1. August 2009) und 2.372,00 Euro (ab 1. August 2010). Weiterhin sieht § 2a GTV 2009 eine im März 2010 zahlbare Einmalzahlung iHv. 150,00 Euro brutto vor, die an Teilzeitbeschäftigte anteilig zu zahlen ist. Der nachfolgende Gehaltstarifvertrag vom 21. Juni 2011 (GTV 2011) regelt für die Gehaltsgruppe II/E ein Entgelt iHv. 2.443,00 Euro.
- 8
-
Mit Schreiben vom 1. Februar 2012 hat die Klägerin die Beklagte ua. für die Zeit ab dem 1. August 2009 bis zum 31. März 2011 und vom 1. Juni 2011 bis zum 31. Dezember 2011 Differenzen zwischen den ihr geleisteten Zahlungen und dem tariflich geregelten Entgelt der GTV 2009/2011 sowie auf Grundlage des „Tarifabschluss 2009“ eine Einmalzahlung iHv. 150,00 Euro ohne Erfolg zur Zahlung bis zum 16. Februar 2016 aufgefordert.
- 9
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Mit ihrer Klage hat die Klägerin ihre Zahlungsansprüche weiterverfolgt. Sie hat ausgeführt, der Arbeitsvertrag vom 1. September 1999 enthalte eine unbedingte zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen tariflichen Entgeltbestimmungen. Eine Gleichstellungsabrede sei nicht gewollt gewesen. Mit dem Nachtrag zum Arbeitsvertrag sei die ursprüngliche Bezugnahme erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen der Parteien gemacht worden, indem auf den ursprünglichen Vertrag Bezug genommen und seine Inhalte bestätigt worden seien.
- 10
-
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
-
1.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.069,62 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Februar 2012 zu zahlen;
2.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 150,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2012 zu zahlen.
- 11
-
Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, der Arbeitsvertrag enthalte eine sog. statische Bezugnahme auf die bei Vertragsschluss geltenden Tarifverträge, wie das Wort „zuletzt“ in dessen § 14 zeige. Zudem sei das Entgelt individuell vereinbart worden. In § 3 des Arbeitsvertrags sei die Vergütung abschließend geregelt. Selbst wenn man anderer Auffassung sei, liege eine sog. Gleichstellungsabrede vor. Die zeitliche Dynamik hätte dann mit dem Wegfall der Tarifgebundenheit der früheren Arbeitgeberin geendet. Nichts anderes ergebe sich aus den Nachträgen zum Arbeitsvertrag. Eine etwaige Bezugnahmeregelung aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag sei durch Nr. 6 Satz 2 des Nachtrags nicht zum Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht worden.
- 12
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Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung mit Ausnahme des Monats Oktober 2011. Insoweit hat sie ihre Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nur teilweise begründet. Sie kann für die Monate November 2011 und Dezember 2011 ein weiteres Entgelt iHv. 142,00 Euro brutto verlangen. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
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I. Der Klageantrag zu 1. ist teilweise, und zwar hinsichtlich des streitgegenständlichen Zeitraums vom 1. August 2009 bis zum 31. März 2011 und vom 1. Juni 2011 bis zum 16. Juli 2011, und der Antrag zu 2. ist insgesamt unbegründet. Die Klägerin kann auf Grundlage des Arbeitsvertrags aus dem Jahr 1999 für diese Zeitabschnitte keine weiteren Entgeltzahlungen nach dem GTV 2009 und dem GTV 2011 beanspruchen. Zwar enthalten die §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrags eine zeitdynamische Verweisung auf die zwischen dem Landesverband des Hessischen Einzelhandels e.V. und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Gehaltstarifverträge. Die Bezugnahmeregelung ist aber als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen. Das führt aufgrund des Wegfalls der Tarifgebundenheit der früheren Arbeitgeberin im Jahre 2005 zur nur noch statischen Anwendung der in Bezug genommenen Gehaltstarifverträge in derjenigen Fassung, die zum Zeitpunkt des Eintritts der fehlenden Tarifgebundenheit galt. In der Folge sind auf Grundlage des Arbeitsvertrags der GTV 2009 und der GTV 2011 auf das zwischen mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten bis zum 21. Dezember 2010 bestandene Arbeitsverhältnis und nachfolgend auf das nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergegangene Arbeitsverhältnis nicht anzuwenden.
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1. Die Parteien des im Jahr 1999 geschlossenen Arbeitsvertrags haben eine dynamische Bezugnahme der Gehaltstarifverträge für den Hessischen Einzelhandel vereinbart. Die sich aus den §§ 1 und 3 des im Jahre 1999 geschlossenen Arbeitsvertrags ergebende Bezugnahmeregelung ist aber als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen, die keine von der Tarifgebundenheit der damaligen Arbeitgeberin unabhängige, zeitdynamische Verweisung auf die in Bezug genommenen Tarifverträge in der jeweiligen Fassung zum Inhalt hat.
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a) Die Entgeltregelungen der zwischen dem Landesverband des Hessischen Einzelhandels e.V. und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Gehaltstarifverträge (GTV) sind entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme grundsätzlich zeitdynamisch in Bezug genommen worden. Das ergibt die Auslegung der §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrags(zu den Maßstäben: BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15 mwN, BAGE 134, 283; 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14 f. mwN).
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aa) Nach dem Wortlaut des Arbeitsvertrags in § 1 wurde die Klägerin als „Buchhändlerin … Tarifgruppe I eingestellt“ und in § 3 ist für die „Gehaltszahlung“ ein „Tarifentgelt DM 2.700,--“ vorgesehen. Damit hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten als Klauselverwenderin deutlich zum Ausdruck gebracht, sie vergüte die Klägerin entsprechend der einschlägigen tariflichen Entgeltbestimmungen, zumal sie in § 3 des Arbeitsvertrags zwischen einem Tarifgehalt und einer „etwaigen übertariflichen Zulage“ unterscheidet. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf bei einer derartigen Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifentgelt redlicherweise davon ausgehen, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Gehaltstarifvertrags entwickeln. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass er nicht „nach Tarif“ zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten Parteivereinbarungen richten soll (so bereits BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 17).
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bb) Bestätigt wird diese Auslegung durch § 3 Satz 4 des Arbeitsvertrags. Die dortige Anrechnungsregelung - „übertarifliche Bezüge sind bei Tariferhöhungen, bei Aufrücken in ein anderes Berufs- oder Tätigkeitsjahr oder bei Einstufung in eine höhere Beschäftigungsgruppe anrechenbar“ - hat nur bei einer dynamischen Inbezugnahme der tariflichen Entgeltbestimmungen einen Anwendungsbereich (ebenso BAG 20. April 2012 - 9 AZR 504/10 - Rn. 29). Diesem Verständnis entspricht auch - jedenfalls bis zur Beendigung der Tarifgebundenheit - die Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten.
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b) Die dynamische Anwendung der tariflichen Entgeltbestimmungen endete jedoch aufgrund des Wegfalls der Tarifgebundenheit durch ihren im Jahr 2005 erfolgten Wechsel in eine sog. OT-Mitgliedschaft. Die Bezugnahmeregelung ist als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen.
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aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats galt die widerlegliche Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum ging, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit zu dessen Anwendbarkeit für alle Beschäftigten. Daraus hatte der Senat die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeregelungen in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit gereicht hat, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann endet, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist. Ab diesem Zeitpunkt sind die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden. Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (st. Rspr., sh. nur BAG 11. Dezember 2013 - 4 AZR 473/12 - Rn. 14 f. mwN, BAGE 147, 41).
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bb) Einer Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahme als sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung steht - anders als dies die Klägerin offenbar meint - nicht entgegen, dass über §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrags nur die tariflichen Entgeltbestimmungen in Bezug genommen werden und über dessen § 14 auf weitere tarifliche Regelungen verwiesen wird. Es ist keine notwendige Bedingung für die Annahme einer sog. Gleichstellungsabrede, dass im Arbeitsvertrag auf das gesamte Tarifwerk oder sämtliche Tarifverträge verwiesen wird, die für den Arbeitgeber und die bei ihm beschäftigten tarifgebundenen Gewerkschaftsmitglieder normativ gelten. Die Bestimmung des Umfangs der vertraglichen Bezugnahme ist allein Sache der Vertragsparteien (sh. zuletzt BAG 11. Dezember 2013 - 4 AZR 473/12 - Rn. 17 f. mwN, BAGE 147, 41). Entgegen der Auffassung der Revision bestehen auch keine besonderen Anhaltspunkte, dass eine Bezugnahme der tariflichen Entgeltbestimmungen über §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrags nicht als sog. Gleichstellungsabrede zu verstehen ist.
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2. In Anwendung dieser Grundsätze scheidet ein Zahlungsanspruch der Klägerin für die Zeit bis einschließlich 17. Juli 2011 aus. Die Entgeltbestimmungen des GTV 2009 und des GTV 2011 einschließlich der dort vorgesehenen Einmalzahlung (Antrag zu 2.) wurden von der vertraglichen Bezugnahmeregelung im ursprünglichen Arbeitsvertrag nicht erfasst.
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Die Rechtsvorgängerin der Beklagten war bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Jahr 1999 nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG aufgrund ihrer Verbandsmitgliedschaft an die vom Landesverband des Hessischen Einzelhandels e.V. und der Gewerkschaft ver.di (vormals Gewerkschaft ÖTV) geschlossenen Gehaltstarifverträge gebunden. Ihre mitgliedschaftlich begründete Tarifgebundenheit endete durch den im Jahr 2005 vollzogenen Wechsel in eine sog. OT-Mitgliedschaft spätestens mit dem Ende des Jahres 2006 durch ihren Verbandsaustritt. Nach diesem Zeitpunkt geschlossene Gehaltstarifverträge - hier der GTV 2009 und der GTV 2011 - werden durch die vorliegende Gleichstellungsabrede nicht mehr erfasst.
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II. Die Klage ist für den nachfolgenden Zeitraum ab dem 18. Juli 2011 teilweise begründet. Die Klägerin kann auf Grundlage des „Nachtrags zum Arbeitsvertrag“ für die Monate November 2011 und Dezember 2011 eine Vergütung nach der Gehaltsgruppe II/E GTV 2011 und damit die zwischen den Parteien jedenfalls rechnerisch unstreitige Entgeltdifferenz von monatlich 72,00 Euro verlangen. Für diesen Zeitraum ist nach Nr. 6 Satz 2 des Nachtrags iVm. §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrags ab dem Monat November 2011 der GTV 2011 auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden. Für den Zeitraum vom 18. Juli 2011 bis zum 15. Oktober 2011 haben die Parteien demgegenüber in Nr. 3 des Nachtrags eine vorrangige Entgeltregelung vereinbart.
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1. Die Anwendbarkeit des GTV 2011 folgt aus Nr. 6 Satz 2 des Nachtrags. Mit dieser vertraglichen Abrede haben die Parteien die Bezugnahmeregelung in §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrags erneut vereinbart. Diese nach dem 31. Dezember 2001 geschlossene vertragliche Abrede vom 14. Juli 2011 ist nicht mehr als sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung anzusehen, sondern - zumal sie jetzt von der nicht tarifgebundenen Beklagten vereinbart wurde (zum Erfordernis der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers für die Annahme einer sog. Gleichstellungsabrede sh. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 13 mwN, BAGE 128, 185) - als unbedingte zeitdynamische Bezugnahmeregelung zu beurteilen (ausf. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26, 28, BAGE 122, 74).
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a) Bei einer Änderung eines von einem Arbeitgeber geschlossenen „Altvertrags“ nach dem 31. Dezember 2001 kommt es für die Beurteilung, ob die Auslegungsmaßstäbe für „Neu-“ oder für „Altverträge“ maßgebend sind, darauf an, ob die ursprüngliche vertragliche Bezugnahmeregelung in der nachfolgenden Vertragsänderung zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist (BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 25; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 23 bis 25, BAGE 132, 261). Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 ausdrücklich an den zuvor getroffenen Abreden festhalten, liegt beispielsweise in der ausdrücklichen Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ (vgl. für die Bewertung BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185). Eine solche Regelung hindert die Annahme eines „Altvertrags“ und eine Rechtsfolgenkorrektur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes (BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 25, aaO). Allerdings führt allein der Umstand einer Vertragsänderung nicht dazu, dass zugleich stets alle vertraglichen Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags erneut vereinbart oder bestätigt würden. Ob eine solche Abrede gewollt ist, ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 - Rn. 27).
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b) Danach ist die von der Klägerin und der Beklagten durch den Nachtrag vom 14. Juli 2011 vereinbarte Arbeitsvertragsänderung hinsichtlich der dynamischen Bezugnahme der Entgeltbestimmungen durch §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrags als „Neuvertrag“ zu bewerten.
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aa) In Nr. 6 Satz 2 des Nachtrags haben die Vertragsparteien ausdrücklich geregelt, dass „alle anderen Bestimmungen des Arbeitsvertrages“ vom 1. September 1999, der in Nr. 1 des Nachtrags auch ausdrücklich aufgeführt ist, unverändert fortgelten. Mit dieser Formulierung haben sie die Bestimmungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags erneut vereinbart. Das ergibt sich auch aus der Systematik des Nachtrags. Nach dessen Nr. 6 Satz 1 soll die Änderung der Arbeitszeit (Nr. 2) und die vereinbarte Vergütung (Nr. 3) ausschließlich in der Zeit vom 18. Juli 2011 bis zum 15. Oktober 2011 „Gültigkeit“ haben. Darüber hinaus haben die Parteien in Nr. 6 Satz 2 des Nachtrags neben der zeitlich befristeten Änderung der Arbeitszeit und des Entgelts nach Satz 1 - und damit auch außerhalb der zeitlich nur befristet geschlossenen Vereinbarungen - die uneingeschränkte Fortgeltung „aller anderen Bestimmungen“ zum Vertragsinhalt gemacht. Nach dem Ende der Vereinbarungen im Nachtrag zum 15. Oktober 2011 (Nr. 6 Satz 1) bilden dann die gesamten Regelungen des Arbeitsvertrags aus dem Jahr 1999 die maßgebende vertragliche Grundlage für das Arbeitsverhältnis. Damit werden zugleich die §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrags einbezogen.
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bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Regelung im Nachtrag nicht lediglich um eine sog. deklaratorische Vertragsbestimmung. Bei einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ist grundsätzlich von übereinstimmenden Willenserklärungen auszugehen. Soll deren Inhalt keine rechtsgeschäftliche Wirkung zukommen, sondern es sich nur um eine deklaratorische Angabe in Form einer sog. Wissenserklärung handeln, muss dies im Vertrag deutlich zum Ausdruck gebracht worden sein (BAG 21. August 2013 - 4 AZR 656/11 - Rn. 12 mwN, BAGE 146, 29). Nach ihrem Wortlaut liegen der Vereinbarung ohne Weiteres übereinstimmende Willenserklärungen zugrunde. Anhaltspunkte dafür, die Parteien hätten reine Wissenserklärungen ohne Rechtsbindungswillen abgegeben, wie es die Beklagte meint, lassen sich weder dem Vertragswortlaut entnehmen noch sind besondere Umstände erkennbar, die hierauf schließen lassen.
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2. Zwar kann die Klägerin nach den vorstehenden Maßstäben für den nachfolgenden Zeitraum vom 18. Juli 2011 bis zum 30. September 2011 kein Entgelt nach dem GTV 2011 beanspruchen, aber für die Monate November 2011 und Dezember 2011 insgesamt 142,00 Euro brutto verlangen.
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a) Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin für die Zeit vom 18. Juli 2011 bis zum 30. September 2011 ein weiteres Entgelt verlangt.
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Zwar gelten nach Nr. 6 Satz 2 des Nachtrags „alle anderen Bestimmungen des Arbeitsvertrages“ unverändert fort. Die Parteien haben aber in Nr. 3 Satz 1 des Nachtrags eine selbständige und gegenüber der Regelung in Nr. 6 Satz 2 iVm. § 14 Satz 1 des Arbeitsvertrags vorrangige „Bestimmung“ zum Entgelt vereinbart. Es ist auch nicht ersichtlich, durch Nr. 3 Satz 1 des Nachtrags solle ein - zumal jeweils aktuelles - tariflich geregeltes Entgelt zum Inhalt der Vergütungsabrede gemacht werden. Diese eigenständige vertragliche Entgeltabrede steht einer Anwendung des GTV 2011 aufgrund einer dynamischen Bezugnahme durch Nr. 6 Satz 2 des Nachtrags iVm. §§ 1 und 3 des Arbeitsvertrag entgegen.
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b) Für den nachfolgenden Zeitraum findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der GTV 2011 Anwendung. Die abweichende Vergütungsregelung in Nr. 3 des Nachtrags hat am 15. Oktober 2011 geendet. Die Klägerin kann entgegen der Auffassung der Beklagten auch die Entgeltdifferenz zur Gehaltsgruppe II/E GTV 2011 beanspruchen. Die Klägerin und die frühere Arbeitgeberin, die C GmbH & Co. KG, haben zwar in § 1 des Arbeitsvertrags die „Tarifgruppe I“ eingetragen. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die B GmbH & Co. KG, hat aber der Klägerin bereits im Jahr 2008 mitgeteilt, dass sich ihr Entgelt nach der „Tarifgruppe II/E“ bemesse und sie ein Entgelt iHv. 2.290,00 Euro erhalte. Dies ist die nach dem GTV 2008 vorgesehene Vergütung für die Gehaltsgruppe II/E. Ebenso entspricht das von der Beklagten im Nachtrag genannte „Bruttoentgelt, bezogen auf 37,5 Std./Woche“ iHv. 2.372,00 Euro der bis zum 31. Mai 2011 geltenden Vergütung nach der Gehaltsgruppe II/E GTV 2009. Dass die Klägerin keine Tätigkeit ausübt, die in Anwendung des GTV 2008, GTV 2009 oder GTV 2011 nicht den Anforderungen des unverändert gebliebenen Tätigkeitsmerkmals der Gehaltsgruppe II der jeweiligen Gehaltstarifverträge entspricht, hat selbst die Beklagte nicht geltend gemacht.
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3. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO.
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Eylert
Creutzfeldt
Treber
Schuldt
Mayr
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 27. Januar 2010 - 17 Sa 1055/09 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.
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Der Beklagte, der mehr als 1.000 Arbeitnehmer beschäftigt, ist Träger von Behinderteneinrichtungen in Niedersachsen. Er ist Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelisch-lutherischen (Ev.-luth.) Landeskirche Hannovers e. V. Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers ihrerseits ist Mitglied der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen (Konföderation). Die Konföderation hat am 11. Oktober 1997 das Kirchengesetz zur Regelung des Arbeitsrechts für Einrichtungen der Diakonie (ARRG-D) erlassen. Nach § 1 Abs. 2 ARRG-D gilt dieses Kirchengesetz nur für Einrichtungen der Diakonie, die sich ihm ausdrücklich angeschlossen haben. Der Beklagte hat keine entsprechende Erklärung abgegeben. Er wendet auf die Arbeitsverhältnisse seiner Mitarbeiter weder die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR-DW EKD) noch die Arbeitsvertragsrichtlinien der Konföderation (AVR-K), sondern - überwiegend - die Tarifverträge des öffentlichen Diensts an.
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Die 1969 geborene Klägerin ist seit dem Jahr 2000 beim Beklagten als Wohngruppenbetreuerin in Teilzeit beschäftigt. Nach den Regelungen im Arbeitsvertrag vom 1. August 2002 gelten für das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT-VKA) und die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge, soweit vertraglich nichts anderes vereinbart ist.
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Am 16. Dezember 2003 schloss der Beklagte wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten mit der Mitarbeitervertretung eine Sanierungsvereinbarung für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2007. Danach sollten die Mitarbeiter durch Verschiebung der Fälligkeit der tariflichen Urlaubsgelder in den jeweiligen November und eine Verschiebung der Fälligkeit des tariflichen Weihnachtsgelds (Zuwendung) auf einen späteren Zeitpunkt zu einer Sanierung des Beklagten beitragen. Die Nachzahlung des Weihnachtsgelds für die Jahre 2004 bis 2007 sollte zudem vom positivem Ausgang eines Verwaltungsgerichtsverfahrens abhängen, mit dem der Beklagte eine Erhöhung der vom Land Niedersachsen an ihn zu zahlenden Betreuungsgelder anstrebte. Mit Änderungsvertrag vom 13. Februar 2004 stimmte die Klägerin der zeitlich begrenzten Änderung ihrer Arbeitsbedingungen zu.
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Am 25. April 2007 schlossen der Beklagte und die Mitarbeitervertretung für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2012 eine neue Sanierungsvereinbarung. Danach sollte für die Arbeitsverhältnisse derjenigen Mitarbeiter, die eine Vergütung auf tariflicher Basis erhielten, mit Wirkung zum 1. Juli 2007 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) gelten. Parallel dazu sollten sie „finanzielle Beiträge“ zur weiteren Konsolidierung des Beklagten leisten. Diese „Mitarbeiterbeiträge“ sollten im Wesentlichen - begrenzt auf die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung - in dem Verzicht auf alle Jahressonderzahlungen gemäß TVöD-B und in der Erhöhung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft von 38,5 auf 39,5 Stunden ohne Lohnausgleich bestehen. Hinsichtlich der Weihnachtsgeldzahlungen sollte es - mit bestimmten Modifizierungen für das Jahr 2007 - bei den Vereinbarungen aus der ersten Sanierungsvereinbarung verbleiben. Im Gegenzug sollten Beschäftigte gemäß näheren Festlegungen eine Erfolgsbeteiligung erhalten. Für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung wurden betriebsbedingte Beendigungskündigungen - mit gewissen Einschränkungen - ausgeschlossen. Zulässig blieben betriebsbedingte Änderungskündigungen gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die eine „aufgrund der Sanierungsvereinbarung erforderliche Änderungsvereinbarung nicht annehmen“.
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Mit Schreiben vom 30. Mai 2007 übersandte der Beklagte den infrage kommenden Beschäftigten Ausfertigungen entsprechender Änderungsverträge. Etwa 98 vH der Mitarbeiter nahmen das Änderungsangebot an. Die Klägerin lehnte es ab.
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Mit Schreiben vom 28. Dezember 2007 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - nach vorheriger Anhörung der Mitarbeitervertretung - „fristgemäß“ zum 31. März 2008. Zugleich bot er an, die Klägerin „nach Ablauf der Kündigungsfrist zu den Bedingungen der in der Anlage beigefügten Neufassung des Arbeitsvertrags“ weiterzubeschäftigen. Der im Entwurf beigefügte Änderungsvertrag nebst Anlagen stimmt inhaltlich mit dem vorangegangenen Änderungsangebot überein und ist - wie dieses - auf den 30. Mai 2007 datiert. Auszugsweise heißt es dort:
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„…
Am 25. April 2007 haben Arbeitgeber und Mitarbeitervertretung eine Sanierungsvereinbarung geschlossen, um die Zukunftsfähigkeit der dwh zu gewährleisten. … Zum Zwecke der Überleitung in den TVöD sowie der Umsetzung der oben genannten Sanierungsvereinbarung wird daher der Arbeitsvertrag vom 01.08.2002 wie folgt neu gefasst:
…
§ 2
Geltung des TVöD
Ab dem 1. Juli 2007 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für den Dienstleistungsbereich Pflege- und Betreuungseinrichtungen (TVöD-B) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung, soweit in diesem Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.
§ 3
Mitarbeiterbeiträge für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung
(1) Jahressonderzahlung
Der Anspruch auf die in § 20 TVöD-B tariflich gewährte Jahressonderzahlung wird für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 ausgeschlossen. Für die Jahre 2004 bis 2007 verbleibt es hinsichtlich der noch nicht gewährten ‚Weihnachtsgeldzahlungen’ bei den ... Regelungen des Sanierungsvertrags vom 16. Dezember 2003 ... mit der Maßgabe, dass eventuelle Zahlungen für das Jahr 2007 nicht an den Mitarbeiter ausbezahlt werden, sondern als außerordentlicher Ertrag in die Ergebnisbeteiligung desjenigen Kalenderjahres einfließen, in dem der Zahlungszufluss auf einem Konto des Arbeitgebers festzustellen ist.
(2) Urlaubsgeld für 2007
Im Juli 2007 erhält der/die Mitarbeiter/in eine Einmalzahlung in Höhe des Urlaubsgeldanspruchs gem. § 4 des Tarifvertrags über ein Urlaubsgeld. Sonstige Einmalzahlungen werden nicht gewährt.
(3) Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit
Ab dem 1. Juli 2007 wird für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten auf wöchentlich durchschnittlich 39,5 Stunden erhöht. Die Erhöhung erfolgt ohne Lohnausgleich ... Für Teilzeitbeschäftigte gilt eine entsprechende Regelung. Hieraus ergibt sich für die/den Mitarbeiter/in eine wöchentliche durchschnittliche Arbeitszeit von 29,63 Stunden.
…
(5) Leistungsentgelt
Der Mitarbeiter erhält ein Leistungsentgelt in Anlehnung an § 18 TVöD-B, das nach Maßgabe der nachfolgenden Vorgaben bestimmt wird: Das für das Leistungsentgelt zur Verfügung stehende Gesamtvolumen ist der Höhe nach auf die Erfolgsbeteiligung der Beschäftigten gemäß § 5 dieses Arbeitsvertrages begrenzt. Der Anspruch auf das Leistungsentgelt wird auf den Anspruch des/der Mitarbeiters/in auf die Erfolgsbeteiligung gem. § 5 dieses Arbeitsvertrags angerechnet.
§ 4
Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen
Für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 erklären die dwh gegenüber der Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter einen Verzicht auf den Ausspruch betriebsbedingter Beendigungskündigungen. Betriebsbedingte Änderungskündigungen infolge der Umsetzung von Strukturveränderungsmaßnahmen sind - soweit unumgänglich - möglich. …
§ 5
Erfolgsbeteiligung
Die Mitarbeiter/innen erhalten für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 einen Anspruch auf Erfolgsbeteiligung in Höhe von 40 % des freien Cash-flow. Für den auf die/den einzelnen Mitarbeiter/in entfallenden Anteil der Erfolgsbeteiligung ist das Verhältnis der Bruttojahresvergütung der einzelnen Mitarbeiterin/des einzelnen Mitarbeiters zu der Summe der Bruttopersonalkosten aller anspruchsberechtigten Mitarbeiter/innen maßgebend. …
…
§ 13
Schlussbestimmungen
…
(2) Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsvertrags einschließlich von Nebenabreden sowie Vereinbarungen weiterer Nebenabreden sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Auch die Aufhebung dieser Schriftformklausel kann nur schriftlich erfolgen.
…“
- 8
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Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung an. Mit ihrer Klage hat sie geltend gemacht, es fehle an einem dringenden betrieblichen Bedürfnis für die angestrebte Änderung ihrer Arbeitsbedingungen. Der Beklagte habe sich nicht in einer finanziellen Notlage befunden. Alternative Möglichkeiten zu den „Sanierungsbeiträgen“ der Mitarbeiter seien nicht erwogen und ausgeschöpft worden.
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Die Klägerin hat beantragt
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festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung vom 28. Dezember 2007 unwirksam ist.
- 10
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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei zur Sicherung seiner Existenz unumgänglich gewesen. Er habe für die Jahre 2007 bis 2013 mit einem negativen Betriebsergebnis rechnen müssen, im Jahr 2013 mit einem solchen in Höhe von über 5,5 Millionen Euro. Um dem entgegenzuwirken, habe er mit der Mitarbeitervertretung eine zweite Sanierungsvereinbarung schließen müssen. Eine Sanierung sei nur über eine vorübergehende Senkung der Personalkosten, deren Anteil an seinen Gesamtausgaben 75 vH betrage, zu erreichen gewesen. Langfristig sei die angestrebte Tarifumstellung gegenüber einer statischen Weitergeltung des BAT, wie sie der Rechtslage vor Ausspruch der Änderungskündigung entsprochen habe, für die Klägerin sogar günstiger.
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Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren weiter, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden. Die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 28. Dezember 2007 ist unwirksam.
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I. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht hätte die Änderungsschutzklage deshalb abweisen müssen, weil die der Klägerin angetragenen Arbeitsbedingungen ohnehin seit dem 1. Juli 2007 für das Arbeitsverhältnis bestimmend gewesen seien. Die Änderungskündigung war nicht in diesem Sinne „überflüssig“.
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1. Die Begründetheit einer Änderungsschutzklage iSv. § 4 Satz 2 KSchG setzt allerdings voraus, dass in dem Zeitpunkt, zu welchem die Änderungskündigung wirksam wird, das Arbeitsverhältnis nicht ohnehin zu den Bedingungen besteht, die dem Arbeitnehmer mit der Kündigung angetragen wurden(BAG 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 = EzA KSchG § 2 Nr. 72; 24. August 2004 - 1 AZR 419/03 - zu B I der Gründe, BAGE 111, 361). Zielt eine Änderungskündigung ausschließlich auf die Herbeiführung von Arbeitsbedingungen, die - etwa aufgrund einer unmittelbar anzuwendenden Betriebs- oder Dienstvereinbarung - ohnehin für das Arbeitsverhältnis gelten, ist die Kündigung wegen der mit ihr einhergehenden Bestandsgefährdung zwar unverhältnismäßig. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist aber nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Arbeitsbedingungen. Die Feststellung, dass die dem Arbeitnehmer mit der Änderungskündigung angetragenen neuen Arbeitsbedingungen nicht gelten, kann das Gericht nicht treffen, wenn sich das Arbeitsverhältnis bei Kündigungsausspruch aus anderen Gründen bereits nach den fraglichen Arbeitsbedingungen richtet (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, aaO; 24. August 2004 - 1 AZR 419/03 - zu B I der Gründe, aaO).
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2. Im Streitfall ist ein Rechtsgrund, der unabhängig von der ausgesprochenen Kündigung eine Änderung der Arbeitsbedingungen in dem fraglichen Umfang bewirkt haben könnte, nicht zu erkennen.
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a) Die Auffassung des Beklagten, die „streitbefangenen“ Änderungen der Arbeitsbedingungen seien unmittelbar mit Inkrafttreten der - zweiten - Sanierungsvereinbarung zum 1. Juli 2007 eingetreten, trifft schon deshalb nicht zu, weil dieser sich nicht darauf beschränkt hat, der Klägerin Änderungen anzubieten, die Bestandteil der mit der Mitarbeitervertretung getroffenen Vereinbarung sind. Er hat ihr vielmehr unter § 13 des Änderungsvertrags eine sog. doppelte Schriftformklausel angetragen, die nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts weder Gegenstand schon der bisherigen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien noch in der Sanierungsvereinbarung vorgesehen war.
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b) Abgesehen davon kommt der - zweiten - Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 zumindest hinsichtlich der angestrebten Sanierungsbeiträge der Beschäftigten des Beklagten keine unmittelbare Wirkung zu. Das gilt selbst dann, wenn es sich bei der Vereinbarung um eine Dienstvereinbarung iSv. § 37 Abs. 1 Satz 1 des Kirchengesetzes der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen über Mitarbeitervertretungen(MVG-K) handeln sollte.
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aa) Die verfassten Kirchen können aufgrund ihrer in Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV garantierten Autonomie Mitarbeitervertretungsgesetze erlassen. Das betrifft auch kirchliche Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit. Für den Beklagten gelten insoweit die Regelungen des MVG-K in der für den Streitfall maßgebenden Fassung der Bekanntmachung vom 21. April 2005 (KABl. S. 76) und ihrer Ergänzung und Berichtigung vom 25. August 2005 (KABl. S. 202). Nach § 1 Abs. 2 MVG-K sind in Einrichtungen der Diakonie, soweit sie sich dem Kirchengesetz angeschlossen haben, Mitarbeitervertretungen zu bilden. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass sich der Beklagte dem Gesetz angeschlossen hat.
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bb) Gemäß § 37 Abs. 1 MVG-K können Mitarbeitervertretung und Dienststellenleitung Dienstvereinbarungen schließen(§ 37 Abs. 1 Satz 1 MVG-K). Solche Dienstvereinbarungen dürfen Regelungen weder erweitern, einschränken noch ausschließen, die auf Rechtsvorschriften, insbesondere Beschlüssen der Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission, auf Entscheidungen der Schlichtungskommission nach dem Gemeinsamen Mitarbeitergesetz, auf allgemeinverbindlichen Richtlinien der beteiligten Kirchen oder auf etwa anzuwendenden Tarifverträgen beruhen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 MVG-K). Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch eine Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Dienstvereinbarung sein, es sei denn, die Regelung durch die Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission lässt eine Dienstvereinbarung ausdrücklich zu (§ 37 Abs. 1 Satz 3 MVG-K). Dienstvereinbarungen sind nach § 37 Abs. 2 MVG-K schriftlich abzuschließen. Gemäß § 37 Abs. 3 MVG-K gelten sie unmittelbar und zwingend und können im Einzelfall nicht abbedungen werden.
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cc) Es ist bereits fraglich, ob sich die unmittelbare Wirkung, die das Kirchengesetz Dienstvereinbarungen zuerkennt, auf dem Regime staatlichen Rechts unterfallende Arbeitsverhältnisse erstrecken kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entfalten die auf dem sog. Dritten Weg zustande gekommen kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen (Arbeitsvertragsrichtlinien oder BAT-KF) keine normative Wirkung gegenüber Arbeitnehmern, die aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags mit der Kirche oder einer ihrer Einrichtungen verbunden sind. Es bedarf vielmehr stets eines die Regelungen in Kraft setzenden säkularen Akts, typischerweise einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme (vgl. BAG 13. November 2002 - 4 AZR 73/01 - zu I 3 b bb der Gründe, BAGE 103, 353; 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 2 b aa der Gründe, BAGE 101, 9). Für die durch § 37 Abs. 3 MVG-K angeordnete unmittelbare Wirkung kirchenrechtlicher Dienstvereinbarungen gilt möglicherweise nichts anderes(vgl. Schliemann NZA 2005, 976, 977). Die Frage muss nicht abschließend beantwortet werden. In keinem Fall kann durch eine Dienstvereinbarung - ihre kirchenrechtliche Zulässigkeit unterstellt - zum Nachteil der Arbeitnehmer in bestehende arbeitsvertragliche Rechtspositionen eingegriffen werden. Dies vermöchte selbst eine auf staatlichem Recht fußende Betriebsvereinbarung iSv. § 77 Abs. 2, Abs. 4 BetrVG nicht(vgl. BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 21, BAGE 120, 308; 18. Juli 2006 - 1 AZR 578/05 - Rn. 31 ff., BAGE 119, 122; vgl. auch Bietmann Betriebliche Mitbestimmung im kirchlichen Dienst S. 77; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 5. Aufl. S. 348).
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dd) Einer Wirksamkeit von Regelungen, die - wie die in Rede stehenden Bestimmungen der zweiten Sanierungsvereinbarung - auf eine Änderung von Arbeitsbedingungen im Bereich des Entgelts und der Arbeitszeit zielen, dürften zudem die Vorgaben des § 37 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 MVG-K entgegenstehen. Diese enthalten, wie das Landesarbeitsgericht im Ausgangspunkt richtig gesehen hat, eine an § 77 Abs. 3 BetrVG angelehnte „Regelungssperre“. Ihr Zweck besteht nach allgemeinem Verständnis darin, den von den Kirchen beschrittenen „Dritten Weg“ abzusichern und zu stärken (vgl. Baumann-Czichon/Germer MVG-K § 37 Rn. 10; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 5. Aufl. S. 371). Es soll - wie im Betriebsverfassungsrecht durch § 77 Abs. 3 BetrVG - verhindert werden, dass Arbeitgeber und Mitarbeitervertretung Normen erlassen, die inhaltlich zu den in § 37 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 MVG-K genannten „überbetrieblichen“ Regelungen in Konkurrenz treten. Der Abschluss von Vereinbarungen auf Dienststellenebene ist bei diesem Verständnis bereits dann unzulässig, wenn die Dienstvereinbarung Gegenstände behandelt, derer sich die Arbeitsrechtliche Kommission angenommen hat oder üblicherweise annimmt, ohne dass es auf den Verbreitungsgrad solcher „überbetrieblicher“ Regelungen oder darauf ankäme, ob sie im Arbeitsverhältnis Geltung beanspruchen könnten (ähnlich für die „Regelungssperre“ in § 38 MAVO: BAG 16. März 2004 - 9 AZR 93/03 - zu B II 2 c aa und bb der Gründe, BAGE 110, 60).
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ee) Auch dies kann im Streitfall dahinstehen. Der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 kommt, soweit sie auf eine Änderung materieller Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zielt, jedenfalls deshalb keine unmittelbare Geltung zu, weil sie selbst dies ausschließt. Die Sanierungspartner gehen, was die angestrebten Sanierungsbeiträge der Mitarbeiter anbelangt, ersichtlich von der Notwendigkeit einer einzelvertraglichen Umsetzung ihrer Abreden - ggf. durch Änderungskündigung - aus.
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(1) Dafür spricht zunächst die Präambel der zweiten Sanierungsvereinbarung. Im dortigen Absatz 3 heißt es, Vorstand und Mitarbeitervertretung seien übereingekommen, die bestehenden Arbeitsverträge „frühestmöglich“ in neue Arbeitsverträge auf der Grundlage des „dynamischen“ TVöD-B umzustellen. Das lässt auf einen erst noch in Gang zu setzenden Mechanismus schließen, der „frühestmöglich“ Wirkung solle entfalten können. Noch deutlicher kommt das Fehlen des Willens, unmittelbar auf die materiellen Arbeitsbedingungen einzuwirken, in Nr. 3 der Sanierungsvereinbarung zum Ausdruck. Nach dieser Regelung, die betriebsbedingte Kündigungen für die Laufzeit der Vereinbarung grundsätzlich ausschließt, bleiben Änderungskündigungen gegenüber denjenigen Beschäftigten zulässig, die eine „aufgrund dieser Sanierungsvereinbarung erforderliche Änderungsvereinbarung nicht annehmen“. In dieselbe Richtung weist die unter Nr. 8 der Vereinbarung begründete Verpflichtung der Sanierungspartner, erneut in Verhandlungen einzutreten, falls „die in der Anlage zum Sanierungsvertrag genannten finanziellen Beiträge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht erzielt werden“. Außerdem sollten nur diejenigen Beschäftigten Anspruch auf eine Erfolgsbeteiligung haben, die „zu einem Wechsel in den TVöD-B mit den in dieser Sanierungsvereinbarung niedergelegten Modifikationen bereit sind“.
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(2) Diesem Verständnis der Vereinbarung entspricht das spätere Verhalten des Beklagten. Er hat allen Beschäftigten, mit denen er die Geltung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes vereinbart hatte, nach Abschluss der zweiten Sanierungsvereinbarung und unter Bezugnahme auf sie Angebote zur Vertragsänderung zugeleitet und gegenüber Mitarbeitern, die das Angebot ablehnten, eine Änderungskündigung erklärt.
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ff) Ob die Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 unter diesen Umständen überhaupt eine Dienstvereinbarung iSv. § 37 Abs. 1 Satz 1 MVG-K darstellt oder - zumindest in Teilen - als Regelungsabrede zu qualifizieren ist(für die Zulässigkeit von Regelungsabreden im Bereich des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts: KGH EKD 26. Mai 2010 - I-0124/R73-09 - zu II 3 der Gründe, ZMV 2011, 37; Baumann-Czichon/Germer MVG.EKD 2. Aufl. § 38 Rn. 15; (ablehnend) Fey/Rehren MVG.EKD Stand Juli 2011 § 36 Rn. 1), ist damit für die Beurteilung ihrer rechtlichen Wirkung auf die Arbeitsbedingungen der Klägerin ohne Belang.
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c) Die nach Maßgabe der Vereinbarung vom 25. April 2007 angestrebten Änderungen sind auch nicht aufgrund einer im Änderungsvertrag der Parteien vom 13. Februar 2004 enthaltenen Klausel Gegenstand der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen geworden. Zwar haben die Klägerin und der Beklagte darin für einen möglichen Wegfall nicht ständiger Bezüge aufgrund Tarifvertragsänderung vereinbart, dass der in das (erste) Sanierungskonzept eingestellte Sanierungsbeitrag der Klägerin ggf. durch Einbehalt anderer Vergütungsbestandteile sichergestellt werden solle. Gegenstand der zweiten Sanierungsvereinbarung ist aber nicht eine solche „Sicherstellung“. Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt eine Vertragsanpassung auch nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht. Das arbeitsrechtliche Kündigungsrecht ist lex specialis gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB(BAG 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 32 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75).
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II. Die der Klägerin im Rahmen der Änderungskündigung vom 28. Dezember 2007 angebotenen Änderungen der Arbeitsbedingungen sind sozial ungerechtfertigt iSv. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 KSchG. Es fehlt an einem ausreichend bestimmten Änderungsangebot. Zudem hat der Beklagte der Klägerin nicht nur solche Änderungen angetragen, die zur Erreichung des behaupteten Sanierungsziels unabweisbar notwendig waren. Ob die Änderungskündigung noch aus anderen Gründen unwirksam ist, bedarf keiner Entscheidung.
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1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist nur wirksam, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen von § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG ist dabei zu prüfen, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist(BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 17, PersR 2012, 90; 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 24, BAGE 132, 78). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen. Ausgangspunkt ist die bestehende vertragliche Regelung. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 17, aaO; 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 24, aaO).
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2. Das mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot muss eindeutig bestimmt, zumindest bestimmbar sein (BAG 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 15, BAGE 132, 78; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 16 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 141 = EzAÜG KSchG Nr. 30). Ihm muss zweifelsfrei zu entnehmen sein, welche Arbeitsbedingungen zukünftig gelten sollen. Da der Arbeitnehmer von Gesetzes wegen innerhalb kurzer Frist auf das Vertragsangebot des Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden muss, ob er die Änderung der Arbeitsbedingungen ablehnt, ob er sie mit oder ohne Vorbehalt annimmt, ist dies schon im Interesse der Rechtssicherheit zu fordern. Nur so kann der Arbeitnehmer eine abgewogene Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Unklarheiten gehen zulasten des Arbeitgebers. Sie führen zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung (BAG 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 15 mwN, aaO).
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3. Danach sind die Änderungen der Arbeitsbedingungen im Streitfall schon deshalb ungerechtfertigt, weil dem Änderungsangebot nicht zweifelsfrei entnommen werden kann, ab welchem Zeitpunkt sie gelten sollen.
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a) Ein Änderungsangebot kann auch dann den Bestimmtheitserfordernissen genügen, wenn sich sein Inhalt erst durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) hinreichend sicher ermitteln lässt. Dabei können und müssen auch außerhalb des Kündigungsschreibens liegende, zur Erforschung seines Inhalts geeignete Umstände herangezogen und berücksichtigt werden. Da sich das Schriftformerfordernis des § 623 BGB nicht nur auf die Kündigungserklärung als solche, sondern auch auf das Änderungsangebot erstreckt, ist nach der Ermittlung des wirklichen rechtsgeschäftlichen Willens weiter zu prüfen, ob dieser in der Urkunde Ausdruck gefunden hat. Bei formbedürftigen Erklärungen ist nur der Wille beachtlich, der unter Wahrung der vorgeschriebenen Form erklärt worden ist (vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 20 ff., EzA KSchG § 2 Nr. 81; 16. September 2004 - 2 AZR 628/03 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 112, 58).
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b) Der Beklagte hat in einer Vielzahl von Fällen im Wesentlichen inhaltsgleiche Änderungskündigungen ausgesprochen. Seine Erklärungen sind deshalb nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von einem verständigen und redlichen Empfänger unter Berücksichtigung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Ansatzpunkt für die Auslegung typischer Willenserklärungen ist in erster Linie ihr Wortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie die Erklärung aus der Sicht typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligter Verkehrskreise zu verstehen ist. Die Auslegung typischer Willenserklärungen unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 18. Mai 2010 - 3 AZR 102/08 - Rn. 28, AP BGB § 133 Nr. 58; 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 18 mwN, BAGE 132, 78).
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c) Anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, lässt sich dem Änderungsangebot nicht eindeutig entnehmen, die der Klägerin angesonnene Vertragsänderung solle rückwirkend ab dem 1. Juli 2007 gelten. Das Angebot ist vielmehr perplex, dh. in sich widersprüchlich.
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aa) Nach dem Wortlaut des Kündigungsschreibens hat der Beklagte der Klägerin angeboten, das Arbeitsverhältnis „nach Ablauf der Kündigungsfrist zu den Bedingungen der in der Anlage beigefügten Neufassung des Arbeitsvertrags“ fortzusetzen. Dem musste ein objektiver Erklärungsempfänger entnehmen, dass eine Änderung der Arbeitsbedingungen erst mit Ablauf der Kündigungsfrist - im Streitfall mit Wirkung ab dem 1. April 2008 - eintreten sollte.
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bb) In Widerspruch dazu steht der Inhalt des beigefügten Änderungsvertrags. Diesem zufolge wird eine Änderung der Arbeitsbedingungen bereits zum 1. Juli 2007 angestrebt. So ist die Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den TVöD ausdrücklich zum 1. Juli 2007 vorgesehen. Die gleichfalls vorgesehene Erhöhung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit soll möglichst zum 1. Juli 2007, spätestens aber zum 1. Januar 2008 in Kraft treten (§ 2 und § 3 Abs. 3 des Änderungsvertrags). Andere Regelungen, wie etwa die zum Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und zur Erfolgsbeteiligung (§ 4 und § 5 des Änderungsvertrags), knüpfen an die „Laufzeit der Sanierungsvereinbarung“ und damit zumindest mittelbar ebenfalls an den 1. Juli 2007 an. Dieses wortlautorientierte Verständnis des Änderungsangebots wird auch durch eine Beachtung des Gebots der interessengerechten Auslegung von Willenserklärungen nicht korrigiert. Ein objektiver, mit den Umständen vertrauter Erklärungsempfänger musste vielmehr davon ausgehen, der Beklagte wolle durch eine Rückwirkung der Änderungen eine gleichmäßige Behandlung sämtlicher Mitarbeiter erreichen. Dies war gemäß § 311a Abs. 1 BGB auch schuldrechtlich nicht ausgeschlossen.
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cc) Außerhalb der schriftlichen Änderungskündigung liegende Umstände führen nicht dazu, dass zweifelsfrei von einem Änderungsangebot ausgegangen werden könnte, das frühestens ab dem 1. April 2008 hat wirken sollen.
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(1) Soweit der Beklagte behauptet, Änderungsangebote im Zusammenhang mit der ersten Sanierungsvereinbarung seien, falls sie erst mit zeitlicher Verzögerung angenommen worden seien, ausschließlich für die Zukunft umgesetzt worden, handelt es sich um neues Vorbringen, das in der Revision keine Berücksichtigung finden kann. Überdies ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin von einer derartigen Praxis Kenntnis gehabt hätte. Auch war es - zumal angesichts der Komplexität der ihr nunmehr angetragenen Vertragsänderungen - nicht Aufgabe der Klägerin, darüber zu spekulieren, ab welchem Zeitpunkt diese wirksam werden sollten. Es war Sache des Beklagten, dies von vorneherein zweifelsfrei klarzustellen.
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(2) Es kommt auch nicht entscheidend darauf an, wie der Beklagte das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich abgerechnet hat. Der Arbeitnehmer muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Änderungskündigung die Tragweite der ihm angesonnenen Änderungen überblicken können. Außerdem schloss der Umstand, dass der Beklagte im August 2008 rückwirkend ab 1. April 2008 korrigierte Abrechnungen auf der Grundlage einer Überleitung in den TVöD-B erstellen ließ, nicht aus, dass er sich zukünftig auf ein noch früheres Wirksamwerden berufen würde. Ebenso wenig konnte die Klägerin aus der mehrfachen Unterbreitung eines gleichlautenden Änderungsvertrags schließen, der Beklagte wolle sich nur die zeitliche Anpassung des Vertragstexts ersparen. Sein Vorgehen konnte, wie erwähnt, ebenso gut als Hinweis darauf verstanden werden, dass er die Änderungen aus Gründen der Praktikabilität und der Gleichbehandlung aller Beschäftigten einheitlich und ab demselben Zeitpunkt durchsetzen wollte.
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dd) Das Änderungsangebot wäre selbst dann nicht hinreichend bestimmt, wenn es eindeutig dahin zu verstehen wäre, es solle erst zum 1. April 2008 gelten. Dann bliebe beispielsweise unklar, ob die Klägerin ggf. Anspruch auf Auszahlung der verschobenen Weihnachtsgeldzahlung für das Jahr 2007 haben sollte oder ob die entsprechende Summe gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 des Änderungsangebots als außerordentlicher Ertrag in die Ergebnisbeteiligung des Jahres einfließen würde, in dem ein möglicher Zahlungszufluss auf einem Konto des Arbeitgebers erfolgt. Unklar bliebe auch, ob Änderungen, die an die „Laufzeit“ der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 anknüpfen, automatisch prolongiert würden, sollte sich der Beklagte - wie unter Nr. 8 der Vereinbarung vorgesehen - mit der Mitarbeitervertretung auf deren Verlängerung verständigen.
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4. Wäre das Änderungsangebot dennoch - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - dahin zu verstehen, dass es auf eine rückwirkende Änderung der Arbeitsbedingungen zum 1. Juli 2007 zielte, wäre es mangels eines diese Rückwirkung rechtfertigenden Grundes sozial ungerechtfertigt. Eine ordentliche Kündigung entfaltet Wirkungen erst mit Ablauf der Kündigungsfrist. Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, in eine schon früher wirkende Vertragsänderung einzuwilligen (BAG 21. September 2006 - 2 AZR 120/06 - Rn. 22, 25 mwN, BAGE 119, 332). Eine solche Rückwirkung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil es um die einheitliche Umsetzung eines Sanierungskonzepts geht. Schon das Interesse des Arbeitgebers an einer zukünftigen Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen kann im Rahmen von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG regelmäßig keine Beachtung finden(vgl. BAG 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 27, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75).
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5. Die der Klägerin mit der Änderungskündigung vom 28. Dezember 2007 angetragenen Änderungen der Arbeitsbedingungen sind zudem deshalb sozial ungerechtfertigt, weil § 13 des Änderungsangebots eine sog. doppelte Schriftformklausel vorsieht, ohne dass der Beklagte hierfür Gründe iSv. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 KSchG dargetan hätte. Eine derartige Klausel war weder Gegenstand der Sanierungsvereinbarung noch bisheriger arbeitsvertraglicher Regelungen. Die Klausel erweitert das im ursprünglichen Arbeitsvertrag nur für „Nebenabreden“ vorgesehene Schriftformerfordernis und kann insbesondere die Entstehung einer betrieblichen Übung verhindern (vgl. BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 34, BAGE 126, 364). Damit handelt es sich, anders als der Beklagte gemeint hat, nicht nur um eine unwesentliche Änderung. Ob ggf. auch eine solche einer sozialen Rechtfertigung bedürfte und ob die Klausel im Hinblick auf § 305b BGB einer Überprüfung ihrer Wirksamkeit überhaupt standhielte, braucht nicht entschieden zu werden.
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III. Der Beklagte hat gemäß § 97 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
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Kreft
Rachor
Berger
Nielebock
Dr. Roeckl
Tenor
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1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 14. Juli 2010 - 2 Sa 285/09 - aufgehoben.
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2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 10. September 2009 - 6 Ca 712/09 - wird zurückgewiesen.
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3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung zur Herabgruppierung der Klägerin als Schulleiterin.
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Die Klägerin ist seit dem Jahr 1981 bei dem beklagten Land und dessen Rechtsvorgänger als Lehrerin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifrechtliche Vorschriften (BAT-O) nebst ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung Anwendung. Mit Schreiben vom 10. November 1995 übertrug das beklagte Land der Klägerin die Funktion der Leiterin des Gymnasiums H unter Eingruppierung in die Vergütungsgruppe I BAT-O. Die Klägerin bezog zuletzt ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 5.421,65 Euro.
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Im Schuljahr 2006/2007 hatte das Gymnasium H laut amtlicher Schulstatistik 574 Schüler, im Schuljahr 2007/2008 467 und im Schuljahr 2008/2009 noch 334 Schüler. Im entsprechenden Zeitraum waren die Jahrgangsstufen 5, 6 und 13 entfallen.
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Mit Schreiben vom 17. Dezember 2008 bat das beklagte Land die Klägerin um Einwilligung in eine Änderung ihres Vertrags, derzufolge sie ab dem 1. Juli 2009 in die Entgeltgruppe 15 des TV-L eingruppiert wäre. Zur Begründung brachte das Land vor, die bisherige Vergütung sei an die Leitung eines Gymnasiums mit mehr als 360 Schülern geknüpft. Die Klägerin lehnte die angetragene Änderung des Vertrags ab.
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Mit Schreiben vom 2. März 2009 unterrichtete das beklagte Land den Bezirkspersonalrat der Lehrkräfte über seine Absicht, der Klägerin zum 30. September 2009 eine der ihr angetragenen Vertragsänderung entsprechende Änderungskündigung auszusprechen. Die Gleichstellungsbeauftragte beim Staatlichen Schulamt wurde in gleicher Weise informiert. Sowohl diese als auch der Bezirkspersonalrat stimmten der vorgesehenen Umgruppierung zu.
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Mit Schreiben vom 19. März 2009 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. September 2009 und bot der Klägerin gleichzeitig an, das Arbeitsverhältnis ab dem 1. Oktober 2009 mit einer Eingruppierung/Vergütung gemäß Entgeltgruppe 15 TV-L fortzusetzen. Mit Schreiben vom 8. April 2009 nahm die Klägerin das Angebot unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung an.
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Die Klägerin hat gegen die Änderung der Arbeitsbedingungen rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, der Bezirkspersonalrat sei nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden. Ihm seien die Gründe für das Absinken der Schülerzahlen vorenthalten worden. Der Bezirkspersonalrat habe annehmen müssen, die Zahlen seien wegen des allseits bekannten Geburtenrückgangs abgesunken. In Wirklichkeit beruhe der Rückgang auf der Umsetzung des landesspezifischen Schülerentwicklungsplans und dem Wegfall der Jahrgangsstufen am Gymnasium. Im Übrigen sei die Änderung ihrer Vertragsbedingungen unverhältnismäßig und deshalb sozial nicht gerechtfertigt. Zur Ermittlung ihrer Eingruppierung als Angestellte sei ein fiktiver Lebenslauf als Beamtin zugrunde zu legen. Als solche stünde ihr weiterhin eine Vergütung nach Besoldungsgruppe A 16 zu. Wegen der intendierten Gleichbehandlung von Angestellten und Beamten im Schuldienst sei sie nach der dieser Besoldungsgruppe entsprechenden tariflichen Vergütungsgruppe - und damit wie bisher - zu entlohnen.
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Die Klägerin hat zuletzt beantragt
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festzustellen, dass die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Kündigung vom 19. März 2009 sozial ungerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 30. September 2009 hinaus zu den bisherigen Arbeitsbedingungen fortbesteht.
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Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, der zuständige Bezirkspersonalrat sei ordnungsgemäß angehört worden. Mit Blick auf die Schülerzahlen an dem von ihr geleiteten Gymnasium stehe der Klägerin die bisherige Vergütung nicht mehr zu. Die ausgesprochene Änderungskündigung folge den tariflichen Vorgaben.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt das beklagte Land die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des beklagten Landes ist begründet. Die Änderungskündigung vom 19. März 2009 ist weder nach § 68 Abs. 1 und Abs. 7 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern vom 24. Februar 1993 in der bis zum 30. Dezember 2009 geltenden Fassung (PersVG) unwirksam (I.), noch iSv. § 2, § 1 Abs. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt(II.). Die Kündigungsfrist gem. § 34 Abs. 1 Satz 2 TV-L ist gewahrt(III.).
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I. Die Änderungskündigung vom 19. März 2009 ist nicht nach § 68 Abs. 1, Abs. 7 PersVG unwirksam. Die Bestimmungen gelangen nicht zur Anwendung.
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1. Gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 2 PersVG ist zwar der Personalrat bei Kündigungen zu beteiligen. Eine ohne Beteiligung des Personalrats ausgesprochene Kündigung ist nach § 68 Abs. 7 PersVG, § 108 Abs. 2 BPersVG unwirksam. Dem steht es gleich, wenn die Beteiligung nicht ordnungsgemäß erfolgte. Die Beteiligung des Personalrats entfällt jedoch gemäß § 68 Abs. 4 PersVG für Beamtenstellen von der Besoldungsgruppe A 16 an aufwärts und vergleichbare Angestellte.
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2. § 68 Abs. 4 PersVG verstößt nicht gegen § 108 Abs. 2 BPersVG. In den Grenzen des § 104 Satz 1 BPersVG ist der Landesgesetzgeber frei zu regeln, für welche Gruppen von Beschäftigten besondere Bestimmungen gelten, welche Angelegenheiten im Einzelnen der Beteiligung der Personalvertretung unterliegen und in welcher Form die Beteiligung erfolgen soll. Weder der Kreis der Angelegenheiten, in denen die Personalvertretung zu beteiligen ist, noch Inhalt und Umfang der Beteiligungsrechte für bestimmte Angelegenheiten sind bundesrechtlich verbindlich festgelegt (BVerfG 27. März 1979 - 2 BvL 2/77 - zu B I und II der Gründe, BVerfGE 51, 43; BAG 24. Juni 2004 - 2 AZR 208/03 - zu B II 3 a der Gründe, ZTR 2005, 160). Nach § 104 Satz 1 Halbs. 2 BPersVG soll für die Beteiligung der Personalvertretungen in den Ländern zudem eine Regelung angestrebt werden, wie sie für Personalvertretungen in Bundesbehörden festgelegt ist. Auch auf Bundesebene wirkt der Personalrat zwar gem. § 79 Abs. 1 Satz 1 BPersVG bei ordentlichen Kündigungen des Arbeitgebers mit. Nach § 79 Abs. 1 Satz 2 BPersVG gilt aber § 77 Abs. 1 Satz 2 BPersVG entsprechend. Danach ist die Beteiligung des Personalrats für Beamtenstellen von der Besoldungsgruppe A 16 an aufwärts ausgeschlossen. Im Rahmen von § 79 BPersVG gilt damit für die Beteiligung bei entsprechend vergüteten Stellen von Angestellten das Gleiche. Dem entspricht § 68 Abs. 4 PersVG.
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3. Die Klägerin hatte bei Ausspruch der Änderungskündigung eine Stelle inne, die einer Beamtenstelle der Besoldungsgruppe A 16 entsprach. Der Bezirkspersonalrat war deshalb nicht zu beteiligen. Ob seine Unterrichtung ordnungsgemäß war, bedarf keiner Entscheidung.
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II. Die Änderungskündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt iSv. § 2, § 1 Abs. 2 KSchG.
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1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, solche Änderungen anzubieten, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen von § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG ist zu prüfen, ob ein Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und dem Arbeitnehmer in Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am wenigsten beeinträchtigende Änderung angeboten wurde(BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 30, EzA KSchG § 2 Nr. 81; 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 17 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75). Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - aaO; 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 51 ff. mwN, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 57). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - aaO; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 14 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 141). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer (Änderungs-)Kündigung ist der des Kündigungszugangs (vgl. BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 543/06 - Rn. 20, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 175 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 13 ; 21. April 2005 - 2 AZR 241/04 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 114, 258). Der Bedarf an einer Weiterbeschäftigung (zu den bisherigen Bedingungen) muss zu diesem Zeitpunkt voraussichtlich auf Dauer entfallen sein (vgl. für die Beendigungskündigung BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 412/05 - Rn. 17, AP AÜG § 9 Nr. 7 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 146; APS/Kiel 3. Aufl. § 1 KSchG Rn. 478).
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2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Änderungskündigung vom 19. März 2009 sozial gerechtfertigt. Der Bedarf an einer Beschäftigung der Klägerin zu den bisherigen Vertragsbedingungen war in der Vorausschau auf Dauer entfallen. § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 schließt eine Herabgruppierung der Klägerin im Wege der Änderungskündigung nicht aus. Mit der dauerhaften Übertragung der Stelle der Leiterin des Gymnasiums H hat das beklagte Land auch nicht auf das Recht einer entsprechenden Änderungskündigung gegenüber der Klägerin verzichtet. Das Angebot des beklagten Landes, die Klägerin als Leiterin des Gymnasiums H ab 1. Oktober 2009 unter Eingruppierung in Entgeltgruppe 15 TV-L weiterzubeschäftigen, war verhältnismäßig.
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a) Bei Ausspruch der Änderungskündigung war die Prognose gerechtfertigt, der Bedarf für eine Weiterbeschäftigung der Klägerin zu den bisherigen Vertragsbedingungen sei auf Dauer entfallen.
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aa) Zu den bisherigen Vertragsbedingungen gehörte der Anspruch der Klägerin auf eine Vergütung entsprechend Besoldungsgruppe A 16.
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(1) Nach dem auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 vom 8. Mai 1991 zum BAT-O sind die angestellten Lehrkräfte in diejenige Vergütungsgruppe des BAT-O eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welche der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Dabei liegt in der dauerhaften Übertragung einer Schulleiterstelle zugleich die Begründung eines arbeitsvertraglichen Anspruchs auf die der übertragenen Stelle entsprechende Vergütung (BAG 12. März 2008 - 4 AZR 93/07 - Rn. 25 f., BAGE 126, 149). Im Grundsatz ist daher auch bei einem Absinken der Schülerzahlen unter den für die Eingruppierung maßgeblichen Schwellenwert die mit der ursprünglich übertragenen Funktion verbundene Vergütung fortzuzahlen. Eine Herabgruppierung erfordert eine Änderungsvereinbarung oder eine sozial gerechtfertigte Änderungskündigung (BAG 12. März 2008 - 4 AZR 93/07 - Rn. 26, aaO; Donoli/Bauer ZTR 2003, 323, 325).
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(2) Die Klägerin hatte danach einen vertraglichen Anspruch auf Vergütung entsprechend Besoldungsgruppe A 16. Ihr war die Stelle der Leiterin des Gymnasiums H „auf Dauer“ übertragen worden. Seinerzeit handelte es sich besoldungsrechtlich um die Funktion der Leiterin eines Gymnasiums mit mehr als 360 Schülern, die nach der maßgeblichen Bundesbesoldungsordnung A (Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz) in die Besoldungsgruppe A 16 eingestuft war. Nach § 11 Satz 2 BAT-O entsprach der Besoldungsgruppe A 16 die Vergütungsgruppe I BAT-O. Zum 1. November 2006 wurden die Beschäftigten dieser Vergütungsgruppe gem. § 19 Abs. 3 TVÜ-Länder in die Entgeltgruppe 15 Ü übergeleitet.
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bb) Bei Ausspruch der Änderungskündigung im März 2009 war die Prognose gerechtfertigt, der Bedarf an einer Beschäftigung der Klägerin in der Funktion der Leiterin eines Gymnasiums mit mehr als 360 Schülern sei dauerhaft entfallen. Es war davon auszugehen, dass die Zahl der Schüler des Gymnasiums H nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer unter den Schwellenwert gesunken war.
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(1) Die Schülerzahlen am Gymnasium H waren in den letzten drei Schuljahren vor Ausspruch der Änderungskündigung kontinuierlich rückläufig. Für das Schuljahr 2008/2009 wies die amtliche Schulstatistik 334 Schüler aus. Damit war der Schwellenwert von 360 Schülern zuletzt deutlich unterschritten. Grund für den starken Rückgang war nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien insbesondere der Wegfall der Jahrgangsstufen 5, 6 und 13 an den Gymnasien des beklagten Landes. Mit einer Wiedereinführung dieser Klassenstufen war nicht zu rechnen. Dies musste eine auf Dauer geringere Schülerzahl auch an dem von der Klägerin geleiteten Gymnasium zur Folge haben.
- 25
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(2) Angesichts dieser Umstände war im Zeitpunkt der Änderungskündigung von einem dauerhaften Unterschreiten der maßgeblichen Schülerzahl auszugehen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass aufgrund absehbarer gegenläufiger Entwicklungen bereits bei Kündigungsausspruch eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen Wiederanstieg der Schülerzahl bestanden hätte. Der sachlichen Berechtigung der Prognose aus dem Jahr 2009 steht es nicht entgegen, wenn, wie die Klägerin geltend macht, die Schülerzahl im Schuljahr 2011/2012 wieder 377 beträgt. Die Berechtigung einer Prognose wird nicht allein durch eine gegenläufige spätere Entwicklung widerlegt. Im Übrigen hat sie sich im Streitfall für zwei Schuljahre nach Ablauf der Kündigungsfrist (2009/2010 und 2010/2011) durchaus als zutreffend erwiesen. Welche vergütungsrechtlichen Folgen ein (dauerhafter) Wiederanstieg der Schülerzahlen für die Klägerin hätte, war nicht zu entscheiden.
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b) § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 schließt eine Herabgruppierung der Klägerin im Wege der Änderungskündigung nicht aus. Aus der Regelung folgt nicht, dass eine Änderungskündigung zur Herabgruppierung nur dann zulässig wäre, wenn auch einer beamteten Lehrkraft das einmal übertragene Funktionsamt ohne ihr Einverständnis wieder entzogen werden könnte. Nach § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 richtet sich zwar die Eingruppierung und damit die Höhe der Vergütung der angestellten Lehrkräfte nach der entsprechenden Besoldungsgruppe der beamteten Lehrer. Die auf Dauer erfolgte Übertragung der Funktion einer Schulleiterin ist danach wie die Übertragung eines Amtes und die Einweisung in eine Planstelle bei Beamten zu bewerten und begründet einen bestimmten Vertragsstatus (BAG 12. März 2008 - 4 AZR 93/07 - Rn. 25, BAGE 126, 149). § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 sieht aber nicht etwa auch im Übrigen die Anwendung beamtenrechtlicher Grundsätze für angestellte Lehrer vor. Die Bestimmung betrifft nur die Eingruppierung. Sie ändert nichts daran, dass der Inhalt eines Anstellungsverhältnisses und seine Veränderung dem Regime des Privatrechts unterstehen, dh. sich nach Vertrags- und Kündigungsschutzrecht richten und nicht nach Beamten(status)recht. Dieses ist auch nicht entsprechend anwendbar.
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c) Mit der dauerhaften Übertragung der Stelle der Leiterin des Gymnasiums H hat das beklagte Land gegenüber der Klägerin nicht auf das Recht zum Ausspruch einer Änderungskündigung zum Zwecke der Herabgruppierung verzichtet. Für einen so weit reichenden Bindungswillen des beklagten Landes gibt es grundsätzlich keine Anhaltspunkte. Als öffentlicher Arbeitgeber ist das beklagte Land zu sparsamer Haushaltsführung verpflichtet, die Eingruppierung eines Arbeitnehmers stellt lediglich Normvollzug dar (vgl. BAG 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 29, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75; 15. März 1991 - 2 AZR 582/90 - zu B III 3 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 28 = EzA KSchG § 2 Nr. 16).
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d) Das Angebot des beklagten Landes, die Klägerin als Leiterin des Gymnasiums H ab dem 1. Oktober 2009 unter Eingruppierung in Entgeltgruppe 15 TV-L weiterzubeschäftigen, war verhältnismäßig.
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aa) Die Klägerin hat sich nicht darauf berufen, dass es eine geeignete andere, für sie günstigere und weiterhin mit A 16 dotierte freie Schulleiterstelle gegeben hätte, auf welcher sie hätte weiterbeschäftigt werden können.
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bb) Die der Klägerin angebotene Vergütung entspricht der besoldungsrechtlichen Bewertung der Funktion der Leiterin eines Gymnasiums mit bis zu 360 Schülern. Eine beamtete Lehrkraft wäre in diesem Fall in Besoldungsgruppe A 15 BBesO eingestuft. Dem entspricht nach § 11 Satz 2 BAT-O die Vergütungsgruppe Ia und damit nach Überleitung gem. Anlage 2 Teil B TVÜ-Länder zum 1. November 2006 die Entgeltgruppe 15 TV-L. In dem Angebot der reduzierten Vergütung liegt zugleich das Angebot, die Klägerin künftig in der Funktion der Leiterin eines Gymnasiums mit bis zu 360 Schülern weiterzubeschäftigen. Sonstige, über die notwendige Anpassung hinausgehende Änderungen hat das beklagte Land der Klägerin nicht angetragen.
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III. Die Kündigungsfrist, die gem. § 34 Abs. 1 Satz 2 TV-L sechs Monate zum Quartalsende beträgt, ist eingehalten.
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IV. Die Kosten ihrer erfolglos gebliebenen Rechtsmittel hat die Klägerin zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.
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Kreft
Berger
Rachor
Roeckl
H. Nielebock
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 27. Januar 2010 - 17 Sa 1055/09 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.
- 2
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Der Beklagte, der mehr als 1.000 Arbeitnehmer beschäftigt, ist Träger von Behinderteneinrichtungen in Niedersachsen. Er ist Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelisch-lutherischen (Ev.-luth.) Landeskirche Hannovers e. V. Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers ihrerseits ist Mitglied der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen (Konföderation). Die Konföderation hat am 11. Oktober 1997 das Kirchengesetz zur Regelung des Arbeitsrechts für Einrichtungen der Diakonie (ARRG-D) erlassen. Nach § 1 Abs. 2 ARRG-D gilt dieses Kirchengesetz nur für Einrichtungen der Diakonie, die sich ihm ausdrücklich angeschlossen haben. Der Beklagte hat keine entsprechende Erklärung abgegeben. Er wendet auf die Arbeitsverhältnisse seiner Mitarbeiter weder die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR-DW EKD) noch die Arbeitsvertragsrichtlinien der Konföderation (AVR-K), sondern - überwiegend - die Tarifverträge des öffentlichen Diensts an.
- 3
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Die 1969 geborene Klägerin ist seit dem Jahr 2000 beim Beklagten als Wohngruppenbetreuerin in Teilzeit beschäftigt. Nach den Regelungen im Arbeitsvertrag vom 1. August 2002 gelten für das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT-VKA) und die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge, soweit vertraglich nichts anderes vereinbart ist.
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Am 16. Dezember 2003 schloss der Beklagte wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten mit der Mitarbeitervertretung eine Sanierungsvereinbarung für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2007. Danach sollten die Mitarbeiter durch Verschiebung der Fälligkeit der tariflichen Urlaubsgelder in den jeweiligen November und eine Verschiebung der Fälligkeit des tariflichen Weihnachtsgelds (Zuwendung) auf einen späteren Zeitpunkt zu einer Sanierung des Beklagten beitragen. Die Nachzahlung des Weihnachtsgelds für die Jahre 2004 bis 2007 sollte zudem vom positivem Ausgang eines Verwaltungsgerichtsverfahrens abhängen, mit dem der Beklagte eine Erhöhung der vom Land Niedersachsen an ihn zu zahlenden Betreuungsgelder anstrebte. Mit Änderungsvertrag vom 13. Februar 2004 stimmte die Klägerin der zeitlich begrenzten Änderung ihrer Arbeitsbedingungen zu.
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Am 25. April 2007 schlossen der Beklagte und die Mitarbeitervertretung für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2012 eine neue Sanierungsvereinbarung. Danach sollte für die Arbeitsverhältnisse derjenigen Mitarbeiter, die eine Vergütung auf tariflicher Basis erhielten, mit Wirkung zum 1. Juli 2007 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) gelten. Parallel dazu sollten sie „finanzielle Beiträge“ zur weiteren Konsolidierung des Beklagten leisten. Diese „Mitarbeiterbeiträge“ sollten im Wesentlichen - begrenzt auf die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung - in dem Verzicht auf alle Jahressonderzahlungen gemäß TVöD-B und in der Erhöhung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft von 38,5 auf 39,5 Stunden ohne Lohnausgleich bestehen. Hinsichtlich der Weihnachtsgeldzahlungen sollte es - mit bestimmten Modifizierungen für das Jahr 2007 - bei den Vereinbarungen aus der ersten Sanierungsvereinbarung verbleiben. Im Gegenzug sollten Beschäftigte gemäß näheren Festlegungen eine Erfolgsbeteiligung erhalten. Für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung wurden betriebsbedingte Beendigungskündigungen - mit gewissen Einschränkungen - ausgeschlossen. Zulässig blieben betriebsbedingte Änderungskündigungen gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die eine „aufgrund der Sanierungsvereinbarung erforderliche Änderungsvereinbarung nicht annehmen“.
- 6
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Mit Schreiben vom 30. Mai 2007 übersandte der Beklagte den infrage kommenden Beschäftigten Ausfertigungen entsprechender Änderungsverträge. Etwa 98 vH der Mitarbeiter nahmen das Änderungsangebot an. Die Klägerin lehnte es ab.
-
Mit Schreiben vom 28. Dezember 2007 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - nach vorheriger Anhörung der Mitarbeitervertretung - „fristgemäß“ zum 31. März 2008. Zugleich bot er an, die Klägerin „nach Ablauf der Kündigungsfrist zu den Bedingungen der in der Anlage beigefügten Neufassung des Arbeitsvertrags“ weiterzubeschäftigen. Der im Entwurf beigefügte Änderungsvertrag nebst Anlagen stimmt inhaltlich mit dem vorangegangenen Änderungsangebot überein und ist - wie dieses - auf den 30. Mai 2007 datiert. Auszugsweise heißt es dort:
-
„…
Am 25. April 2007 haben Arbeitgeber und Mitarbeitervertretung eine Sanierungsvereinbarung geschlossen, um die Zukunftsfähigkeit der dwh zu gewährleisten. … Zum Zwecke der Überleitung in den TVöD sowie der Umsetzung der oben genannten Sanierungsvereinbarung wird daher der Arbeitsvertrag vom 01.08.2002 wie folgt neu gefasst:
…
§ 2
Geltung des TVöD
Ab dem 1. Juli 2007 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für den Dienstleistungsbereich Pflege- und Betreuungseinrichtungen (TVöD-B) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung, soweit in diesem Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.
§ 3
Mitarbeiterbeiträge für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung
(1) Jahressonderzahlung
Der Anspruch auf die in § 20 TVöD-B tariflich gewährte Jahressonderzahlung wird für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 ausgeschlossen. Für die Jahre 2004 bis 2007 verbleibt es hinsichtlich der noch nicht gewährten ‚Weihnachtsgeldzahlungen’ bei den ... Regelungen des Sanierungsvertrags vom 16. Dezember 2003 ... mit der Maßgabe, dass eventuelle Zahlungen für das Jahr 2007 nicht an den Mitarbeiter ausbezahlt werden, sondern als außerordentlicher Ertrag in die Ergebnisbeteiligung desjenigen Kalenderjahres einfließen, in dem der Zahlungszufluss auf einem Konto des Arbeitgebers festzustellen ist.
(2) Urlaubsgeld für 2007
Im Juli 2007 erhält der/die Mitarbeiter/in eine Einmalzahlung in Höhe des Urlaubsgeldanspruchs gem. § 4 des Tarifvertrags über ein Urlaubsgeld. Sonstige Einmalzahlungen werden nicht gewährt.
(3) Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit
Ab dem 1. Juli 2007 wird für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten auf wöchentlich durchschnittlich 39,5 Stunden erhöht. Die Erhöhung erfolgt ohne Lohnausgleich ... Für Teilzeitbeschäftigte gilt eine entsprechende Regelung. Hieraus ergibt sich für die/den Mitarbeiter/in eine wöchentliche durchschnittliche Arbeitszeit von 29,63 Stunden.
…
(5) Leistungsentgelt
Der Mitarbeiter erhält ein Leistungsentgelt in Anlehnung an § 18 TVöD-B, das nach Maßgabe der nachfolgenden Vorgaben bestimmt wird: Das für das Leistungsentgelt zur Verfügung stehende Gesamtvolumen ist der Höhe nach auf die Erfolgsbeteiligung der Beschäftigten gemäß § 5 dieses Arbeitsvertrages begrenzt. Der Anspruch auf das Leistungsentgelt wird auf den Anspruch des/der Mitarbeiters/in auf die Erfolgsbeteiligung gem. § 5 dieses Arbeitsvertrags angerechnet.
§ 4
Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen
Für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 erklären die dwh gegenüber der Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter einen Verzicht auf den Ausspruch betriebsbedingter Beendigungskündigungen. Betriebsbedingte Änderungskündigungen infolge der Umsetzung von Strukturveränderungsmaßnahmen sind - soweit unumgänglich - möglich. …
§ 5
Erfolgsbeteiligung
Die Mitarbeiter/innen erhalten für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 einen Anspruch auf Erfolgsbeteiligung in Höhe von 40 % des freien Cash-flow. Für den auf die/den einzelnen Mitarbeiter/in entfallenden Anteil der Erfolgsbeteiligung ist das Verhältnis der Bruttojahresvergütung der einzelnen Mitarbeiterin/des einzelnen Mitarbeiters zu der Summe der Bruttopersonalkosten aller anspruchsberechtigten Mitarbeiter/innen maßgebend. …
…
§ 13
Schlussbestimmungen
…
(2) Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsvertrags einschließlich von Nebenabreden sowie Vereinbarungen weiterer Nebenabreden sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Auch die Aufhebung dieser Schriftformklausel kann nur schriftlich erfolgen.
…“
- 8
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Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung an. Mit ihrer Klage hat sie geltend gemacht, es fehle an einem dringenden betrieblichen Bedürfnis für die angestrebte Änderung ihrer Arbeitsbedingungen. Der Beklagte habe sich nicht in einer finanziellen Notlage befunden. Alternative Möglichkeiten zu den „Sanierungsbeiträgen“ der Mitarbeiter seien nicht erwogen und ausgeschöpft worden.
-
Die Klägerin hat beantragt
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festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung vom 28. Dezember 2007 unwirksam ist.
- 10
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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei zur Sicherung seiner Existenz unumgänglich gewesen. Er habe für die Jahre 2007 bis 2013 mit einem negativen Betriebsergebnis rechnen müssen, im Jahr 2013 mit einem solchen in Höhe von über 5,5 Millionen Euro. Um dem entgegenzuwirken, habe er mit der Mitarbeitervertretung eine zweite Sanierungsvereinbarung schließen müssen. Eine Sanierung sei nur über eine vorübergehende Senkung der Personalkosten, deren Anteil an seinen Gesamtausgaben 75 vH betrage, zu erreichen gewesen. Langfristig sei die angestrebte Tarifumstellung gegenüber einer statischen Weitergeltung des BAT, wie sie der Rechtslage vor Ausspruch der Änderungskündigung entsprochen habe, für die Klägerin sogar günstiger.
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Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren weiter, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden. Die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 28. Dezember 2007 ist unwirksam.
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I. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht hätte die Änderungsschutzklage deshalb abweisen müssen, weil die der Klägerin angetragenen Arbeitsbedingungen ohnehin seit dem 1. Juli 2007 für das Arbeitsverhältnis bestimmend gewesen seien. Die Änderungskündigung war nicht in diesem Sinne „überflüssig“.
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1. Die Begründetheit einer Änderungsschutzklage iSv. § 4 Satz 2 KSchG setzt allerdings voraus, dass in dem Zeitpunkt, zu welchem die Änderungskündigung wirksam wird, das Arbeitsverhältnis nicht ohnehin zu den Bedingungen besteht, die dem Arbeitnehmer mit der Kündigung angetragen wurden(BAG 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 = EzA KSchG § 2 Nr. 72; 24. August 2004 - 1 AZR 419/03 - zu B I der Gründe, BAGE 111, 361). Zielt eine Änderungskündigung ausschließlich auf die Herbeiführung von Arbeitsbedingungen, die - etwa aufgrund einer unmittelbar anzuwendenden Betriebs- oder Dienstvereinbarung - ohnehin für das Arbeitsverhältnis gelten, ist die Kündigung wegen der mit ihr einhergehenden Bestandsgefährdung zwar unverhältnismäßig. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist aber nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Arbeitsbedingungen. Die Feststellung, dass die dem Arbeitnehmer mit der Änderungskündigung angetragenen neuen Arbeitsbedingungen nicht gelten, kann das Gericht nicht treffen, wenn sich das Arbeitsverhältnis bei Kündigungsausspruch aus anderen Gründen bereits nach den fraglichen Arbeitsbedingungen richtet (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, aaO; 24. August 2004 - 1 AZR 419/03 - zu B I der Gründe, aaO).
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2. Im Streitfall ist ein Rechtsgrund, der unabhängig von der ausgesprochenen Kündigung eine Änderung der Arbeitsbedingungen in dem fraglichen Umfang bewirkt haben könnte, nicht zu erkennen.
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a) Die Auffassung des Beklagten, die „streitbefangenen“ Änderungen der Arbeitsbedingungen seien unmittelbar mit Inkrafttreten der - zweiten - Sanierungsvereinbarung zum 1. Juli 2007 eingetreten, trifft schon deshalb nicht zu, weil dieser sich nicht darauf beschränkt hat, der Klägerin Änderungen anzubieten, die Bestandteil der mit der Mitarbeitervertretung getroffenen Vereinbarung sind. Er hat ihr vielmehr unter § 13 des Änderungsvertrags eine sog. doppelte Schriftformklausel angetragen, die nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts weder Gegenstand schon der bisherigen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien noch in der Sanierungsvereinbarung vorgesehen war.
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b) Abgesehen davon kommt der - zweiten - Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 zumindest hinsichtlich der angestrebten Sanierungsbeiträge der Beschäftigten des Beklagten keine unmittelbare Wirkung zu. Das gilt selbst dann, wenn es sich bei der Vereinbarung um eine Dienstvereinbarung iSv. § 37 Abs. 1 Satz 1 des Kirchengesetzes der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen über Mitarbeitervertretungen(MVG-K) handeln sollte.
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aa) Die verfassten Kirchen können aufgrund ihrer in Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV garantierten Autonomie Mitarbeitervertretungsgesetze erlassen. Das betrifft auch kirchliche Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit. Für den Beklagten gelten insoweit die Regelungen des MVG-K in der für den Streitfall maßgebenden Fassung der Bekanntmachung vom 21. April 2005 (KABl. S. 76) und ihrer Ergänzung und Berichtigung vom 25. August 2005 (KABl. S. 202). Nach § 1 Abs. 2 MVG-K sind in Einrichtungen der Diakonie, soweit sie sich dem Kirchengesetz angeschlossen haben, Mitarbeitervertretungen zu bilden. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass sich der Beklagte dem Gesetz angeschlossen hat.
- 19
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bb) Gemäß § 37 Abs. 1 MVG-K können Mitarbeitervertretung und Dienststellenleitung Dienstvereinbarungen schließen(§ 37 Abs. 1 Satz 1 MVG-K). Solche Dienstvereinbarungen dürfen Regelungen weder erweitern, einschränken noch ausschließen, die auf Rechtsvorschriften, insbesondere Beschlüssen der Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission, auf Entscheidungen der Schlichtungskommission nach dem Gemeinsamen Mitarbeitergesetz, auf allgemeinverbindlichen Richtlinien der beteiligten Kirchen oder auf etwa anzuwendenden Tarifverträgen beruhen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 MVG-K). Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch eine Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Dienstvereinbarung sein, es sei denn, die Regelung durch die Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission lässt eine Dienstvereinbarung ausdrücklich zu (§ 37 Abs. 1 Satz 3 MVG-K). Dienstvereinbarungen sind nach § 37 Abs. 2 MVG-K schriftlich abzuschließen. Gemäß § 37 Abs. 3 MVG-K gelten sie unmittelbar und zwingend und können im Einzelfall nicht abbedungen werden.
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cc) Es ist bereits fraglich, ob sich die unmittelbare Wirkung, die das Kirchengesetz Dienstvereinbarungen zuerkennt, auf dem Regime staatlichen Rechts unterfallende Arbeitsverhältnisse erstrecken kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entfalten die auf dem sog. Dritten Weg zustande gekommen kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen (Arbeitsvertragsrichtlinien oder BAT-KF) keine normative Wirkung gegenüber Arbeitnehmern, die aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags mit der Kirche oder einer ihrer Einrichtungen verbunden sind. Es bedarf vielmehr stets eines die Regelungen in Kraft setzenden säkularen Akts, typischerweise einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme (vgl. BAG 13. November 2002 - 4 AZR 73/01 - zu I 3 b bb der Gründe, BAGE 103, 353; 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 2 b aa der Gründe, BAGE 101, 9). Für die durch § 37 Abs. 3 MVG-K angeordnete unmittelbare Wirkung kirchenrechtlicher Dienstvereinbarungen gilt möglicherweise nichts anderes(vgl. Schliemann NZA 2005, 976, 977). Die Frage muss nicht abschließend beantwortet werden. In keinem Fall kann durch eine Dienstvereinbarung - ihre kirchenrechtliche Zulässigkeit unterstellt - zum Nachteil der Arbeitnehmer in bestehende arbeitsvertragliche Rechtspositionen eingegriffen werden. Dies vermöchte selbst eine auf staatlichem Recht fußende Betriebsvereinbarung iSv. § 77 Abs. 2, Abs. 4 BetrVG nicht(vgl. BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 21, BAGE 120, 308; 18. Juli 2006 - 1 AZR 578/05 - Rn. 31 ff., BAGE 119, 122; vgl. auch Bietmann Betriebliche Mitbestimmung im kirchlichen Dienst S. 77; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 5. Aufl. S. 348).
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dd) Einer Wirksamkeit von Regelungen, die - wie die in Rede stehenden Bestimmungen der zweiten Sanierungsvereinbarung - auf eine Änderung von Arbeitsbedingungen im Bereich des Entgelts und der Arbeitszeit zielen, dürften zudem die Vorgaben des § 37 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 MVG-K entgegenstehen. Diese enthalten, wie das Landesarbeitsgericht im Ausgangspunkt richtig gesehen hat, eine an § 77 Abs. 3 BetrVG angelehnte „Regelungssperre“. Ihr Zweck besteht nach allgemeinem Verständnis darin, den von den Kirchen beschrittenen „Dritten Weg“ abzusichern und zu stärken (vgl. Baumann-Czichon/Germer MVG-K § 37 Rn. 10; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 5. Aufl. S. 371). Es soll - wie im Betriebsverfassungsrecht durch § 77 Abs. 3 BetrVG - verhindert werden, dass Arbeitgeber und Mitarbeitervertretung Normen erlassen, die inhaltlich zu den in § 37 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 MVG-K genannten „überbetrieblichen“ Regelungen in Konkurrenz treten. Der Abschluss von Vereinbarungen auf Dienststellenebene ist bei diesem Verständnis bereits dann unzulässig, wenn die Dienstvereinbarung Gegenstände behandelt, derer sich die Arbeitsrechtliche Kommission angenommen hat oder üblicherweise annimmt, ohne dass es auf den Verbreitungsgrad solcher „überbetrieblicher“ Regelungen oder darauf ankäme, ob sie im Arbeitsverhältnis Geltung beanspruchen könnten (ähnlich für die „Regelungssperre“ in § 38 MAVO: BAG 16. März 2004 - 9 AZR 93/03 - zu B II 2 c aa und bb der Gründe, BAGE 110, 60).
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ee) Auch dies kann im Streitfall dahinstehen. Der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 kommt, soweit sie auf eine Änderung materieller Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zielt, jedenfalls deshalb keine unmittelbare Geltung zu, weil sie selbst dies ausschließt. Die Sanierungspartner gehen, was die angestrebten Sanierungsbeiträge der Mitarbeiter anbelangt, ersichtlich von der Notwendigkeit einer einzelvertraglichen Umsetzung ihrer Abreden - ggf. durch Änderungskündigung - aus.
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(1) Dafür spricht zunächst die Präambel der zweiten Sanierungsvereinbarung. Im dortigen Absatz 3 heißt es, Vorstand und Mitarbeitervertretung seien übereingekommen, die bestehenden Arbeitsverträge „frühestmöglich“ in neue Arbeitsverträge auf der Grundlage des „dynamischen“ TVöD-B umzustellen. Das lässt auf einen erst noch in Gang zu setzenden Mechanismus schließen, der „frühestmöglich“ Wirkung solle entfalten können. Noch deutlicher kommt das Fehlen des Willens, unmittelbar auf die materiellen Arbeitsbedingungen einzuwirken, in Nr. 3 der Sanierungsvereinbarung zum Ausdruck. Nach dieser Regelung, die betriebsbedingte Kündigungen für die Laufzeit der Vereinbarung grundsätzlich ausschließt, bleiben Änderungskündigungen gegenüber denjenigen Beschäftigten zulässig, die eine „aufgrund dieser Sanierungsvereinbarung erforderliche Änderungsvereinbarung nicht annehmen“. In dieselbe Richtung weist die unter Nr. 8 der Vereinbarung begründete Verpflichtung der Sanierungspartner, erneut in Verhandlungen einzutreten, falls „die in der Anlage zum Sanierungsvertrag genannten finanziellen Beiträge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht erzielt werden“. Außerdem sollten nur diejenigen Beschäftigten Anspruch auf eine Erfolgsbeteiligung haben, die „zu einem Wechsel in den TVöD-B mit den in dieser Sanierungsvereinbarung niedergelegten Modifikationen bereit sind“.
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(2) Diesem Verständnis der Vereinbarung entspricht das spätere Verhalten des Beklagten. Er hat allen Beschäftigten, mit denen er die Geltung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes vereinbart hatte, nach Abschluss der zweiten Sanierungsvereinbarung und unter Bezugnahme auf sie Angebote zur Vertragsänderung zugeleitet und gegenüber Mitarbeitern, die das Angebot ablehnten, eine Änderungskündigung erklärt.
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ff) Ob die Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 unter diesen Umständen überhaupt eine Dienstvereinbarung iSv. § 37 Abs. 1 Satz 1 MVG-K darstellt oder - zumindest in Teilen - als Regelungsabrede zu qualifizieren ist(für die Zulässigkeit von Regelungsabreden im Bereich des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts: KGH EKD 26. Mai 2010 - I-0124/R73-09 - zu II 3 der Gründe, ZMV 2011, 37; Baumann-Czichon/Germer MVG.EKD 2. Aufl. § 38 Rn. 15; (ablehnend) Fey/Rehren MVG.EKD Stand Juli 2011 § 36 Rn. 1), ist damit für die Beurteilung ihrer rechtlichen Wirkung auf die Arbeitsbedingungen der Klägerin ohne Belang.
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c) Die nach Maßgabe der Vereinbarung vom 25. April 2007 angestrebten Änderungen sind auch nicht aufgrund einer im Änderungsvertrag der Parteien vom 13. Februar 2004 enthaltenen Klausel Gegenstand der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen geworden. Zwar haben die Klägerin und der Beklagte darin für einen möglichen Wegfall nicht ständiger Bezüge aufgrund Tarifvertragsänderung vereinbart, dass der in das (erste) Sanierungskonzept eingestellte Sanierungsbeitrag der Klägerin ggf. durch Einbehalt anderer Vergütungsbestandteile sichergestellt werden solle. Gegenstand der zweiten Sanierungsvereinbarung ist aber nicht eine solche „Sicherstellung“. Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt eine Vertragsanpassung auch nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht. Das arbeitsrechtliche Kündigungsrecht ist lex specialis gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB(BAG 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 32 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75).
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II. Die der Klägerin im Rahmen der Änderungskündigung vom 28. Dezember 2007 angebotenen Änderungen der Arbeitsbedingungen sind sozial ungerechtfertigt iSv. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 KSchG. Es fehlt an einem ausreichend bestimmten Änderungsangebot. Zudem hat der Beklagte der Klägerin nicht nur solche Änderungen angetragen, die zur Erreichung des behaupteten Sanierungsziels unabweisbar notwendig waren. Ob die Änderungskündigung noch aus anderen Gründen unwirksam ist, bedarf keiner Entscheidung.
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1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist nur wirksam, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen von § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG ist dabei zu prüfen, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist(BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 17, PersR 2012, 90; 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 24, BAGE 132, 78). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen. Ausgangspunkt ist die bestehende vertragliche Regelung. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 17, aaO; 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 24, aaO).
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2. Das mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot muss eindeutig bestimmt, zumindest bestimmbar sein (BAG 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 15, BAGE 132, 78; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 16 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 141 = EzAÜG KSchG Nr. 30). Ihm muss zweifelsfrei zu entnehmen sein, welche Arbeitsbedingungen zukünftig gelten sollen. Da der Arbeitnehmer von Gesetzes wegen innerhalb kurzer Frist auf das Vertragsangebot des Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden muss, ob er die Änderung der Arbeitsbedingungen ablehnt, ob er sie mit oder ohne Vorbehalt annimmt, ist dies schon im Interesse der Rechtssicherheit zu fordern. Nur so kann der Arbeitnehmer eine abgewogene Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Unklarheiten gehen zulasten des Arbeitgebers. Sie führen zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung (BAG 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 15 mwN, aaO).
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3. Danach sind die Änderungen der Arbeitsbedingungen im Streitfall schon deshalb ungerechtfertigt, weil dem Änderungsangebot nicht zweifelsfrei entnommen werden kann, ab welchem Zeitpunkt sie gelten sollen.
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a) Ein Änderungsangebot kann auch dann den Bestimmtheitserfordernissen genügen, wenn sich sein Inhalt erst durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) hinreichend sicher ermitteln lässt. Dabei können und müssen auch außerhalb des Kündigungsschreibens liegende, zur Erforschung seines Inhalts geeignete Umstände herangezogen und berücksichtigt werden. Da sich das Schriftformerfordernis des § 623 BGB nicht nur auf die Kündigungserklärung als solche, sondern auch auf das Änderungsangebot erstreckt, ist nach der Ermittlung des wirklichen rechtsgeschäftlichen Willens weiter zu prüfen, ob dieser in der Urkunde Ausdruck gefunden hat. Bei formbedürftigen Erklärungen ist nur der Wille beachtlich, der unter Wahrung der vorgeschriebenen Form erklärt worden ist (vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 20 ff., EzA KSchG § 2 Nr. 81; 16. September 2004 - 2 AZR 628/03 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 112, 58).
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b) Der Beklagte hat in einer Vielzahl von Fällen im Wesentlichen inhaltsgleiche Änderungskündigungen ausgesprochen. Seine Erklärungen sind deshalb nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von einem verständigen und redlichen Empfänger unter Berücksichtigung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Ansatzpunkt für die Auslegung typischer Willenserklärungen ist in erster Linie ihr Wortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie die Erklärung aus der Sicht typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligter Verkehrskreise zu verstehen ist. Die Auslegung typischer Willenserklärungen unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 18. Mai 2010 - 3 AZR 102/08 - Rn. 28, AP BGB § 133 Nr. 58; 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 18 mwN, BAGE 132, 78).
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c) Anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, lässt sich dem Änderungsangebot nicht eindeutig entnehmen, die der Klägerin angesonnene Vertragsänderung solle rückwirkend ab dem 1. Juli 2007 gelten. Das Angebot ist vielmehr perplex, dh. in sich widersprüchlich.
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aa) Nach dem Wortlaut des Kündigungsschreibens hat der Beklagte der Klägerin angeboten, das Arbeitsverhältnis „nach Ablauf der Kündigungsfrist zu den Bedingungen der in der Anlage beigefügten Neufassung des Arbeitsvertrags“ fortzusetzen. Dem musste ein objektiver Erklärungsempfänger entnehmen, dass eine Änderung der Arbeitsbedingungen erst mit Ablauf der Kündigungsfrist - im Streitfall mit Wirkung ab dem 1. April 2008 - eintreten sollte.
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bb) In Widerspruch dazu steht der Inhalt des beigefügten Änderungsvertrags. Diesem zufolge wird eine Änderung der Arbeitsbedingungen bereits zum 1. Juli 2007 angestrebt. So ist die Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den TVöD ausdrücklich zum 1. Juli 2007 vorgesehen. Die gleichfalls vorgesehene Erhöhung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit soll möglichst zum 1. Juli 2007, spätestens aber zum 1. Januar 2008 in Kraft treten (§ 2 und § 3 Abs. 3 des Änderungsvertrags). Andere Regelungen, wie etwa die zum Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und zur Erfolgsbeteiligung (§ 4 und § 5 des Änderungsvertrags), knüpfen an die „Laufzeit der Sanierungsvereinbarung“ und damit zumindest mittelbar ebenfalls an den 1. Juli 2007 an. Dieses wortlautorientierte Verständnis des Änderungsangebots wird auch durch eine Beachtung des Gebots der interessengerechten Auslegung von Willenserklärungen nicht korrigiert. Ein objektiver, mit den Umständen vertrauter Erklärungsempfänger musste vielmehr davon ausgehen, der Beklagte wolle durch eine Rückwirkung der Änderungen eine gleichmäßige Behandlung sämtlicher Mitarbeiter erreichen. Dies war gemäß § 311a Abs. 1 BGB auch schuldrechtlich nicht ausgeschlossen.
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cc) Außerhalb der schriftlichen Änderungskündigung liegende Umstände führen nicht dazu, dass zweifelsfrei von einem Änderungsangebot ausgegangen werden könnte, das frühestens ab dem 1. April 2008 hat wirken sollen.
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(1) Soweit der Beklagte behauptet, Änderungsangebote im Zusammenhang mit der ersten Sanierungsvereinbarung seien, falls sie erst mit zeitlicher Verzögerung angenommen worden seien, ausschließlich für die Zukunft umgesetzt worden, handelt es sich um neues Vorbringen, das in der Revision keine Berücksichtigung finden kann. Überdies ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin von einer derartigen Praxis Kenntnis gehabt hätte. Auch war es - zumal angesichts der Komplexität der ihr nunmehr angetragenen Vertragsänderungen - nicht Aufgabe der Klägerin, darüber zu spekulieren, ab welchem Zeitpunkt diese wirksam werden sollten. Es war Sache des Beklagten, dies von vorneherein zweifelsfrei klarzustellen.
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(2) Es kommt auch nicht entscheidend darauf an, wie der Beklagte das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich abgerechnet hat. Der Arbeitnehmer muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Änderungskündigung die Tragweite der ihm angesonnenen Änderungen überblicken können. Außerdem schloss der Umstand, dass der Beklagte im August 2008 rückwirkend ab 1. April 2008 korrigierte Abrechnungen auf der Grundlage einer Überleitung in den TVöD-B erstellen ließ, nicht aus, dass er sich zukünftig auf ein noch früheres Wirksamwerden berufen würde. Ebenso wenig konnte die Klägerin aus der mehrfachen Unterbreitung eines gleichlautenden Änderungsvertrags schließen, der Beklagte wolle sich nur die zeitliche Anpassung des Vertragstexts ersparen. Sein Vorgehen konnte, wie erwähnt, ebenso gut als Hinweis darauf verstanden werden, dass er die Änderungen aus Gründen der Praktikabilität und der Gleichbehandlung aller Beschäftigten einheitlich und ab demselben Zeitpunkt durchsetzen wollte.
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dd) Das Änderungsangebot wäre selbst dann nicht hinreichend bestimmt, wenn es eindeutig dahin zu verstehen wäre, es solle erst zum 1. April 2008 gelten. Dann bliebe beispielsweise unklar, ob die Klägerin ggf. Anspruch auf Auszahlung der verschobenen Weihnachtsgeldzahlung für das Jahr 2007 haben sollte oder ob die entsprechende Summe gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 des Änderungsangebots als außerordentlicher Ertrag in die Ergebnisbeteiligung des Jahres einfließen würde, in dem ein möglicher Zahlungszufluss auf einem Konto des Arbeitgebers erfolgt. Unklar bliebe auch, ob Änderungen, die an die „Laufzeit“ der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 anknüpfen, automatisch prolongiert würden, sollte sich der Beklagte - wie unter Nr. 8 der Vereinbarung vorgesehen - mit der Mitarbeitervertretung auf deren Verlängerung verständigen.
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4. Wäre das Änderungsangebot dennoch - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - dahin zu verstehen, dass es auf eine rückwirkende Änderung der Arbeitsbedingungen zum 1. Juli 2007 zielte, wäre es mangels eines diese Rückwirkung rechtfertigenden Grundes sozial ungerechtfertigt. Eine ordentliche Kündigung entfaltet Wirkungen erst mit Ablauf der Kündigungsfrist. Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, in eine schon früher wirkende Vertragsänderung einzuwilligen (BAG 21. September 2006 - 2 AZR 120/06 - Rn. 22, 25 mwN, BAGE 119, 332). Eine solche Rückwirkung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil es um die einheitliche Umsetzung eines Sanierungskonzepts geht. Schon das Interesse des Arbeitgebers an einer zukünftigen Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen kann im Rahmen von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG regelmäßig keine Beachtung finden(vgl. BAG 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 27, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75).
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5. Die der Klägerin mit der Änderungskündigung vom 28. Dezember 2007 angetragenen Änderungen der Arbeitsbedingungen sind zudem deshalb sozial ungerechtfertigt, weil § 13 des Änderungsangebots eine sog. doppelte Schriftformklausel vorsieht, ohne dass der Beklagte hierfür Gründe iSv. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 KSchG dargetan hätte. Eine derartige Klausel war weder Gegenstand der Sanierungsvereinbarung noch bisheriger arbeitsvertraglicher Regelungen. Die Klausel erweitert das im ursprünglichen Arbeitsvertrag nur für „Nebenabreden“ vorgesehene Schriftformerfordernis und kann insbesondere die Entstehung einer betrieblichen Übung verhindern (vgl. BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 34, BAGE 126, 364). Damit handelt es sich, anders als der Beklagte gemeint hat, nicht nur um eine unwesentliche Änderung. Ob ggf. auch eine solche einer sozialen Rechtfertigung bedürfte und ob die Klausel im Hinblick auf § 305b BGB einer Überprüfung ihrer Wirksamkeit überhaupt standhielte, braucht nicht entschieden zu werden.
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III. Der Beklagte hat gemäß § 97 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
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Kreft
Rachor
Berger
Nielebock
Dr. Roeckl
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.