Arbeitsgericht Bocholt Urteil, 13. Okt. 2016 - 3 Ca 943/16

ECLI:ECLI:DE:ARBGBOH:2016:1013.3CA943.16.00
13.10.2016

Tenor

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.

Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

3.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt zu 40 % der Kläger, im Übrigen die Beklagte.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82

ra.de-Urteilsbesprechung zu Arbeitsgericht Bocholt Urteil, 13. Okt. 2016 - 3 Ca 943/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Arbeitsgericht Bocholt Urteil, 13. Okt. 2016 - 3 Ca 943/16

Referenzen - Gesetze

Arbeitsgericht Bocholt Urteil, 13. Okt. 2016 - 3 Ca 943/16 zitiert 18 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis


(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 15 Entschädigung und Schadensersatz


(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Wegen eines Schadens,

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 7 Benachteiligungsverbot


(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt. (2) Bestim

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 61 Inhalt des Urteils


(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest. (2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 1 Ziel des Gesetzes


Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 10 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters


Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 6 Persönlicher Anwendungsbereich


(1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,2. die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,3. Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu di

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 22 Beweislast


Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 8 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen


(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 11 Ausschreibung


Ein Arbeitsplatz darf nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 ausgeschrieben werden.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Arbeitsgericht Bocholt Urteil, 13. Okt. 2016 - 3 Ca 943/16 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Arbeitsgericht Bocholt Urteil, 13. Okt. 2016 - 3 Ca 943/16 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Mai 2016 - 8 AZR 470/14

bei uns veröffentlicht am 19.05.2016

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 28. Januar 2014 - 2 Sa 50/13 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. März 2016 - 8 AZR 677/14

bei uns veröffentlicht am 17.03.2016

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 24. Juni 2014 - 15 Sa 46/13 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Okt. 2015 - 8 AZR 384/14

bei uns veröffentlicht am 22.10.2015

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2014 - 5 Sa 1346/13 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Sept. 2014 - 8 AZR 759/13

bei uns veröffentlicht am 18.09.2014

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 24. Oktober 2012 - 9 Sa 214/12 - teilweise aufgehoben. Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vo

Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Sept. 2013 - 8 AZR 650/12

bei uns veröffentlicht am 26.09.2013

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. Mai 2012 - 19 Sa 1658/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Okt. 2011 - 8 AZR 608/10

bei uns veröffentlicht am 13.10.2011

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. September 2010 - 4 Sa 18/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08

bei uns veröffentlicht am 18.03.2010

Tenor Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 15. September 2008 - 14 Sa 1769/07 - werden zurü

Referenzen

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 24. Juni 2014 - 15 Sa 46/13 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG und eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen eines Verstoßes gegen das in § 7 Abs. 1 AGG bestimmte Benachteiligungsverbot zu zahlen.

2

Der im Oktober 1952 geborene Kläger war in der Zeit vom 15. August 1985 bis zum 31. Oktober 2012 bei der Beklagten, einem Unternehmen der Automobilindustrie beschäftigt. Seit dem 1. April 1995 war er als Verkaufsleiter Pkw tätig. Seitdem gehörte er dem Kreis der leitenden Führungskräfte an. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 10./14. März 1995 heißt es ua.:

17. Beendigung des Arbeitsverhältnisses

c) Das Arbeitsverhältnis endet spätestens mit Ablauf des Monats, in dem Sie das 65. Lebensjahr vollenden. Sie und die Firma beraten rechtzeitig vor Ihrem Ausscheiden aus Altersgründen über den genauen Zeitpunkt.“

3

Im Jahr 2003 legte die Beklagte für ihre leitenden Führungskräfte das Konzept „60+“ auf. Danach wurde den leitenden Führungskräften von der Beklagten angeboten, den Arbeitsvertrag dahin abzuändern, dass das Arbeitsverhältnis mit der Vollendung des 60. Lebensjahres gegen Zahlung eines Kapitalbetrages sein Ende findet.

4

Mit Schreiben vom 22. Juli 2003 unterbreitete die Beklagte dem Kläger ein bis zum 31. Dezember 2005 befristetes Angebot auf Änderung seines Arbeitsvertrages nach Maßgabe des Konzepts „60+“. Der Kläger, der zum damaligen Zeitpunkt in der Niederlassung D tätig war, unterzeichnete das Schreiben am 20. Dezember 2005. Hierin heißt es ua.:

„Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem Sie das 60. Lebensjahr vollenden. Im Januar des Folgejahres wird Ihnen ein Kapitalbetrag in Höhe von

€ 105.000 (in Worten: einhundertfünftausend Euro)

ausbezahlt, um die Zeit bis zum Beginn der gesetzlichen Rente überbrücken zu können.

Vor Vollendung des 60. Lebensjahres prüfen beide Parteien, ob das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen fortgesetzt wird. Das Arbeitsverhältnis kann in diesem Fall einvernehmlich befristet verlängert werden. Im Fall einer Vertragsverlängerung nach dem 31.12.2005 verfällt der Kapitalbetrag nicht, sondern wird als Baustein dem Versorgungskonto auf Basis der jeweils gültigen Versorgungsbestimmungen ‚Pension Capital‘ gutgeschrieben.“

5

Während der Laufzeit des Konzepts „60+“ bot die Beklagte allen leitenden Führungskräften an, ihr Arbeitsverhältnis entsprechend dem Konzept „60+“ zu befristen. 41,6 % der leitenden Führungskräfte nahmen das Angebot an.

6

Unter dem 10. April 2006 schlossen die Parteien eine „Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 10.03.1995“, wonach der Kläger vom 1. Mai 2006 bis zum 30. April 2010 als Verkaufsleiter Pkw der Niederlassung H eingesetzt wurde. In dieser Funktion gehörte er unverändert dem Kreis der leitenden Führungskräfte an. Am 9. Dezember 2009 verständigten sich die Parteien in einer weiteren Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag über eine Verlängerung des Einsatzes des Klägers in der Niederlassung H bis zum vereinbarten altersbedingten Ausscheiden am 31. Oktober 2012.

7

Mit Schreiben vom 8. November 2010 teilte der Kläger der Beklagten mit, er habe an einer Weiterbeschäftigung nach dem 60. Lebensjahr größtes Interesse und bat anderenfalls um eine „proportional richtige Anpassung der Übergangssumme“. Zur Begründung führte er aus, dass sich die finanzielle Situation der leitenden Führungskräfte in den Niederlassungen während der letzten Jahre schlechter als geplant entwickelt habe; darüber hinaus sei er durch den aufgrund des Wohnortwechsels nach H erforderlichen Hausverkauf sowie Kauf einer neuen Immobilie wirtschaftlich stärker belastet worden. Unter dem 12. März 2012 vereinbarten die Parteien, dass der Kläger - bei im Übrigen unverändert fortgeltenden Bestimmungen des Arbeitsvertrages - ab sofort wichtige Projektaufgaben in der Niederlassung H bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Oktober 2012 übernehmen sollte.

8

Im Jahr 2012 stellte die Beklagte das Konzept der Befristung von Arbeitsverhältnissen mit leitenden Führungskräften um. An die Stelle des bisherigen Konzepts „60+“ trat das Konzept „62+“. Alle leitenden Führungskräfte, die einen Vertrag auf der Grundlage des Konzepts „60+“ hatten und im Jahr 2012 das 57. Lebensjahr vollendeten, erhielten in den Monaten November und Dezember 2012 das Angebot, einen Vertrag auf der Grundlage des Konzepts „62+“ abzuschließen. Der Kläger, der vereinbarungsgemäß mit Ablauf des 31. Oktober 2012 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war, erhielt kein solches Angebot. Mit der Abrechnung für den Monat Januar 2013 zahlte die Beklagte ihm einen Kapitalbetrag iHv. 123.120,00 Euro aus. Der Kläger nahm nach seinem Ausscheiden keine Folgebeschäftigung auf. Anders als einige andere leitende Führungskräfte, die - wie er - die Vereinbarung „60+“ unterschrieben hatten, erhob er keine Befristungskontrollklage.

9

Mit Schreiben vom 27. Dezember 2012 machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG sowie auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend. Mit seiner Klage verfolgt er dieses Begehren weiter.

10

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe ihn im Zusammenhang mit der Befristung seines Arbeitsverhältnisses wegen des Alters diskriminiert. Sie sei deshalb verpflichtet, ihm den Schaden in Form des Minderverdienstes sowie des geringeren Renteneinkommens zu ersetzen, der daraus resultiere, dass er nicht erst zum 30. April 2018 ausscheide, sondern bereits zum 31. Oktober 2012 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Ferner habe er Anspruch auf eine Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG.

11

Die Diskriminierung wegen des Alters folge bereits daraus, dass die Beklagte ihre stärkere Verhandlungsposition ausgenutzt habe, um die leitenden Führungskräfte zu einem Vertragsschluss zu drängen. Dabei sei es ihr ausschließlich darum gegangen, Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet hatten, nicht mehr beschäftigen zu müssen. Das Angebot der Beklagten auf der Grundlage des Konzepts „60+“ sei für ihn nicht vorteilhaft gewesen und habe auch nicht seinem Wunsch entsprochen. Trotz der langen Überlegungsfrist habe ein faktischer Zwang zur Annahme des Angebots bestanden. Jeder Arbeitnehmer, der sich im Hause der Beklagten beruflich habe entwickeln wollen, habe das Angebot annehmen müssen. Die Beklagte habe immer wieder ihr Angebot in Erinnerung gebracht. Ab einem gewissen Zeitpunkt habe er diesen Nachfragen nicht mehr standgehalten.

12

Er sei auch dadurch wegen des Alters diskriminiert worden, dass die Beklagte es unterlassen habe, ihm eine Entfristung anzubieten. Er habe die Befristungsvereinbarung auf der Grundlage des Konzepts „60+“ in der Hoffnung unterschrieben, dass es tatsächlich zu einer Beschäftigung über den 31. Oktober 2012 hinaus kommen werde, so wie dies auch im Vertrag vom 22. Juli 2003/20. Dezember 2005 als mögliche Option dargestellt worden sei.

13

Eine Diskriminierung wegen des Alters liege ferner darin, dass die Beklagte ihm - anders als den Arbeitnehmern, die im Jahr 2012 das 57. Lebensjahr vollendeten - nicht angeboten habe, zur „62+“-Regelung zu wechseln. Das Konzept „62+“ sei bereits im August 2012 Thema gewesen.

14

Schließlich habe ihn die Beklagte wegen des Alters benachteiligt, indem sie die mit ihm getroffene Befristungsvereinbarung nach dem Konzept „60+“ ausgenutzt habe. Die Beklagte habe aufgrund der von anderen Arbeitnehmern erhobenen Befristungskontrollklagen gewusst, dass die Befristungsabreden unwirksam gewesen seien. In zwei Fällen seien die Verfahren sogar durch ein Anerkenntnis beendet worden.

15

Der Kläger hat zuletzt beantragt

1. festzustellen, dass die Beklagte ihm den Schaden zu ersetzen hat, der ihm dadurch entsteht, dass er mit Ablauf des 31. Oktober 2012 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist und nicht erst am 30. April 2018 ausscheiden wird,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Januar 2013.

16

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, eine Benachteiligung iSd. AGG liege schon deshalb nicht vor, weil keine Vergleichsgruppe existiere, der gegenüber der Kläger ungünstiger behandelt worden sei. Der Kläger habe - ebenso wie alle anderen leitenden Führungskräfte - die freie Wahl gehabt zwischen der Beibehaltung seines auf die Vollendung des 65. Lebensjahres - bzw. auf das Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung - befristeten und dem Abschluss eines auf die Vollendung des 60. Lebensjahres befristeten Arbeitsvertrages. Sie habe die Umstellung der Arbeitsverträge auf das Konzept „60+“ demnach nicht einseitig durchgesetzt. Zudem stelle die Möglichkeit, die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen auf das Konzept „60+“ umzustellen, einen Vorteil dar. Sie habe den Kläger auch nicht dadurch ungünstiger behandelt, dass sie ihm kein Angebot unterbreitet habe, zum Konzept „62+“ zu wechseln. Die Angebote seien - was unstreitig ist - erst im November/Dezember 2012 gemacht worden, mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger bereits aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden gewesen sei. Im Übrigen seien die Abfindungen im Rahmen des Konzepts „62+“ wegen der späteren Vertragsbeendigung entsprechend geringer gewesen. Die im Änderungsvertrag vom 22. Juli 2003/20. Dezember 2005 enthaltene Bestimmung, wonach beide Parteien vor Vollendung des 60. Lebensjahres prüfen, ob das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen fortgesetzt wird, sei rein deklaratorischer Natur; eine Verhandlungssituation sei hierdurch nicht begründet worden.

17

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte weder Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG noch auf Zahlung einer Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG.

19

A. Die Klage ist zulässig.

20

I. Für den auf Feststellung gerichteten Klageantrag zu 1. ist das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Wird Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Schäden erhoben, liegt ein Feststellungsinteresse vor, wenn der Schadenseintritt möglich ist, auch wenn Art und Umfang sowie Zeitpunkt des Eintritts noch ungewiss sind. Es muss lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bestehen ( BAG 12. April 2011 - 9 AZR 229/10 - Rn. 36; 19. August 2010 - 8 AZR 315/09 - Rn. 29 ). Dies ist vorliegend der Fall. Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags im vorliegenden Verfahren auch dann nicht entgegen, wenn der Kläger die Klage wegen eines Teils des sich entwickelnden Schadens schon bei Klageerhebung hätte beziffern können. Eine Partei ist nicht gehalten, ihre Klage in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn ein Teil des Schadens schon entstanden ist und mit der Entstehung eines weiteren Schadens nach ihrem Vortrag noch zu rechnen ist (vgl. BGH 6. März 2012 - VI ZR 167/11 - Rn. 3; 8. Juli 2003 - VI ZR 304/02 - zu II 1 der Gründe).

21

II. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag zu 2. ist ebenfalls zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger durfte die Höhe der begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht bei der Höhe der Entschädigung einen Beurteilungsspielraum ein, weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Der Kläger hat auch Tatsachen benannt, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung, die er mit 80.855,39 Euro bestimmt hat, angegeben (zu den Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags: vgl. etwa BAG 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 16; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 16).

22

B. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen. Seine Annahme, der Kläger habe weder Anspruch auf Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG noch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG, da die Beklagte nicht gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen habe, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

23

I. Das AGG ist im vorliegenden Fall anwendbar.

24

1. Der zeitliche Anwendungsbereich des am 18. August 2006 in Kraft getretenen AGG ist eröffnet. Die Regelungen des AGG sind auch auf Altersgrenzen anzuwenden, die vor Inkrafttreten des Gesetzes vereinbart wurden, wenn die Altersgrenze im Einzelfall erst mit oder nach Inkrafttreten des AGG erreicht wird. Nur wenn die Altersgrenze bereits vor dem 18. August 2006 erreicht wurde, gilt nach § 33 Abs. 1 AGG altes Recht(vgl. BAG 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 31; 12. Juni 2013 - 7 AZR 917/11  - Rn. 28 ; 17. Juni 2009 - 7 AZR 112/08 (A) - Rn. 36 ff., BAGE 131, 113 ). Der Kläger erreichte die im Arbeitsvertrag vorgesehene Altersgrenze am 31. Oktober 2012 und damit nach Inkrafttreten des AGG.

25

2. Auch der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Arbeitnehmer Beschäftigter iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG und die Beklagte Arbeitgeber iSv. § 6 Abs. 2 AGG.

26

3. Ebenso ist der sachliche Anwendungsbereich des AGG gegeben. Die Vereinbarung einer Befristung des Arbeitsverhältnisses ist eine Entlassungsbedingung nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG. Entlassungsbedingungen iSv. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG sind neben Kündigungen - unbeschadet der Sonderregelung des § 2 Abs. 4 AGG - auch alle anderen Beendigungstatbestände. Sie beziehen sich sowohl auf das „Ob“ als auch auf das „Wie“ der Beendigung und umfassen damit auch die Frage, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aufgrund einer vereinbarten Befristung endet (BAG 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - Rn. 14).

27

II. Es kann vorliegend dahinstehen, ob der Kläger die Fristen des § 15 Abs. 4 AGG und des § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt hat und ob und ggf. welche Auswirkungen es für einen etwaigen Verstoß der Beklagten gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 Abs. 1 AGG hat, dass der Kläger keine Befristungskontrollklage erhoben hat mit der Folge, dass sein Arbeitsverhältnis gemäß § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG aufgrund wirksamer Befristung mit Ablauf des 31. Oktober 2012 sein Ende gefunden hat. Die Beklagte schuldet dem Kläger bereits deshalb weder Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG noch eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG, weil sie nicht gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen hat. Der Kläger hat nicht wegen des Alters eine weniger günstige Behandlung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG erfahren.

28

1. Sowohl der Anspruch auf Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG als auch der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzen einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus.

29

a) Nach dem in § 7 Abs. 1 AGG bestimmten Benachteiligungsverbot ist eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters untersagt. § 7 Abs. 1 AGG verbietet sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine - vorliegend wegen der Anknüpfung an das Alter „60“ ausschließlich in Betracht kommende - unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. des Alters, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Damit kann eine unmittelbare Benachteiligung auch gegeben sein, wenn es an konkreten Personen in einer vergleichbaren Lage mangelt (vgl. etwa BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 482/12 - Rn. 34).Auch kann die Benachteiligung statt in einem aktiven Tun in einem Unterlassen liegen. Eine Benachteiligung durch Unterlassen kommt beispielsweise in Betracht, wenn ein Arbeitgeber ein befristetes Arbeitsverhältnis wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes nicht verlängert(vgl. etwa BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 482/12 - aaO; 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 25 mwN, BAGE 142, 158).

30

b) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; es muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 31 mwN).

31

c) Für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen sieht § 22 AGG eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

32

aa) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Beweislast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 30, Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 27). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben(vgl. etwa BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45). Die Beweiswürdigung erfolgt nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung der Vorgaben von § 22 AGG(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 32 ff. mwN).

33

bb) Sowohl die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die vom jeweiligen Kläger/von der jeweiligen Klägerin vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Haupt- und/oder Hilfstatsachen eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, als auch deren Würdigung, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat, sind nur beschränkt revisibel(vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49, 63 mwN). In beiden Fällen beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle darauf, ob das Landesarbeitsgericht sich den Vorgaben von § 286 ZPO entsprechend mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und des Weiteren rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt(st. Rspr., vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 29; 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 30; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 42 mwN; 27. März 2014 - 6 AZR 989/12 - Rn. 37; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 28; 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49; 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, BAGE 142, 158).

34

2. Danach hält das angefochtene Urteil der revisionsrechtlichen Kontrolle stand. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe keine weniger günstige Behandlung iSv. § 3 Abs. 1 AGG wegen des Alters erfahren, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

35

a) Die Beklagte hat den Kläger nicht dadurch wegen des Alters benachteiligt iSv. § 3 Abs. 1 AGG, dass sie ihm ein Angebot auf Abschluss einer Befristungsvereinbarung nach Maßgabe des Konzepts „60+“ unterbreitet hat, das vom Kläger angenommen wurde. Dies gilt unabhängig davon, ob in die nach § 3 Abs. 1 AGG erforderliche Vergleichsbetrachtung nur die leitenden Führungskräfte einbezogen werden oder auch Arbeitnehmer unterhalb dieser Ebene. Sofern in die Vergleichsbetrachtung nur die anderen leitenden Führungskräfte einbezogen werden, wurde der Kläger nicht anders als diese behandelt. Sofern die maßgebliche Vergleichsgruppe die Gruppe der Mitarbeiter unterhalb der Ebene der leitenden Führungskräfte sein sollte, wurde der Kläger nicht ungünstiger als diese behandelt. Ihm wurde durch das Angebot der Beklagten lediglich eine zusätzliche Möglichkeit eröffnet, wobei er frei darüber entscheiden konnte, ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wollte, oder ob es bei der ursprünglich getroffenen Befristungsvereinbarung verbleiben sollte, wonach das Arbeitsverhältnis erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers - bzw. erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze durch den Kläger (vgl. zu einer entsprechenden Auslegung einer auf die Vollendung des 65. Lebensjahres abstellenden arbeitsvertraglichen Befristungsvereinbarung BAG 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 15 ff.; zur Auslegung einer Betriebsvereinbarung vgl. BAG 13. Oktober 2015 - 1 AZR 853/13 - Rn. 21 ff.) - sein Ende gefunden hätte. Die Annahme des Angebots zur Änderung des Arbeitsvertrages beruhte auf einer freien Willensentscheidung des Klägers.

36

aa) Soweit der Kläger geltend gemacht hat, trotz der langen Überlegungsfrist habe ein faktischer Zwang zur Annahme des Angebots bestanden, hat das Landesarbeitsgericht sein diesbezügliches Vorbringen in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als nicht hinreichend substantiiert und damit als nicht geeignet erachtet, die Vermutung einer Benachteiligung wegen des Alters zu begründen. Insoweit hat es angenommen, dass die vom Kläger selbst gewählte Formulierung, er habe „den Nachfragen“ nicht mehr „standgehalten“, keine konkreten Tatsachen enthalte, die auf ein unangemessenes Bedrängen seiner Person hindeuten würden. Konkrete Verfahrens- oder Aufklärungsrügen hiergegen hat der Kläger mit der Revision nicht erhoben. Er hat insbesondere nicht geltend gemacht, das Landesarbeitsgericht habe Vorbringen übergangen oder zu hohe Anforderungen an die Substantiierung gestellt. Soweit er rügt, das Landesarbeitsgericht sei zu Unrecht von einer freien Willensentscheidung ausgegangen, es habe nicht berücksichtigt, dass eine unmittelbare Benachteiligung auch vorliegen könne, wenn der Arbeitgeber seine stärkere Verhandlungsposition ausnutze, greift diese Rüge nicht durch. Das Landesarbeitsgericht hat geprüft, ob die Beklagte die Vertragsänderung faktisch einseitig durchgesetzt hatte und hat dies in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint. Dabei hat das Landesarbeitsgericht die Quote der anderen leitenden Führungskräfte aus derselben Altersklasse, die das entsprechende Angebot der Beklagten nicht angenommen hatten, berücksichtigt und diesen Umstand dahin gewürdigt, dass dieser Prozentsatz so hoch sei, dass auch keine Indizien für einen allgemeinen Druck bestünden. Ferner hat das Berufungsgericht sich die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu Eigen gemacht, das seinerseits berücksichtigt hatte, dass der Kläger das Angebot der Beklagten vom 22. Juli 2003 bis zum 31. Dezember 2005 annehmen konnte und diesen Umstand dahin gewürdigt hatte, dass nach einer Bedenkzeit von knapp 29 Monaten von einer einseitigen Durchsetzung der geänderten Vertragsbedingungen durch die Beklagte nicht ausgegangen werden könne. Das Landesarbeitsgericht hat sich demnach umfassend mit dem Prozessstoff auseinandergesetzt; seine Würdigung ist vollständig, rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei und verstößt nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze. Dafür, dass das Berufungsgericht die Vorgaben von § 3 Abs. 1 bzw. von § 22 AGG verkannt und infolgedessen die Anforderungen an die Substantiierung des klägerischen Vorbringens überspannt hätte, ist nichts ersichtlich.

37

bb) Aus dem von ihm angezogenen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 6. April 2011 (- 7 AZR 524/09 -) kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten ableiten. Zwar ging es auch in dem vom Bundesarbeitsgericht mit diesem Urteil entschiedenen Verfahren um die Frage, ob der (dortige) Kläger durch die im Arbeitsvertrag vereinbarte Befristungsdauer wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG benachteiligt wurde. Allerdings musste der dortige Kläger das Angebot des Arbeitgebers auf befristete Vertragsverlängerung annehmen, um überhaupt weiterbeschäftigt zu werden. Der Kläger im vorliegenden Verfahren befand sich indes nicht in einer solchen oder vergleichbaren Situation. Die Parteien hatten sich ursprünglich darauf verständigt, dass das Arbeitsverhältnis erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers - bzw. erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze durch den Kläger - sein Ende finden sollte. Die Beklagte hat dem Kläger sodann unter dem 22. Juli 2003 das bis zum 31. Dezember 2005 befristete Angebot unterbreitet, diese vertragliche Vereinbarung gegen Zahlung eines Kapitalbetrages auf das Konzept „60+“ umzustellen. Der Kläger hat dieses Angebot am 20. Dezember 2005 angenommen, ohne von der Beklagten zum Vertragsschluss gedrängt worden zu sein. Anders als in dem vom Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 6. April 2011 (- 7 AZR 524/09 -) entschiedenen Verfahren hat die Beklagte im vorliegenden Fall die Vertragsänderung gerade nicht faktisch einseitig durchgesetzt und damit keine stärkere Verhandlungsposition ausgenutzt.

38

b) Die Beklagte hat den Kläger auch nicht dadurch wegen des Alters benachteiligt iSv. § 3 Abs. 1 AGG, dass sie ihm kein Angebot nach Maßgabe des Konzepts „62+“ unterbreitet hat. Insoweit fehlt es bereits an einer Vergleichsperson iSd. § 3 Abs. 1 AGG.

39

Mit den Arbeitnehmern, die das Angebot der Beklagten in den Monaten November/Dezember 2012 erhalten haben, ist der Kläger nicht vergleichbar, weil er bereits mit Ablauf des 31. Oktober 2012 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden war. Soweit er erstmals in der Revisionsinstanz geltend macht, mit einer hypothetisch jüngeren Vergleichsperson, die im Jahr 2012 das 57. Lebensjahr vollendet habe, wäre im Zeitraum von August 2012 bis zum 31. Dezember 2012 ohnehin kein Vertrag mehr nach dem Konzept „60+“ geschlossen worden, vielmehr hätte auch diese Vergleichsperson am Jahresende ein Angebot nach dem Konzept „62+“ erhalten, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Bei dem Vorbringen des Klägers handelt es sich um neuen streitigen Sachvortrag in der Revisionsinstanz, der nach § 559 Abs. 1 ZPO nicht berücksichtigt werden kann. Die Beklagte ist im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat der Behauptung des Klägers ausdrücklich entgegengetreten und hat zudem ausgeführt, dass sie keinesfalls die Angebote auf Vertragsänderung auf der Grundlage des Konzepts „62+“ hinausgezögert habe, um dem Kläger kein entsprechendes Angebot unterbreiten zu müssen.

40

c) Entgegen seiner Rechtsauffassung wurde der Kläger auch nicht dadurch wegen des Alters benachteiligt, dass die Beklagte ihm keine Entfristung des Arbeitsverhältnisses angeboten hat.

41

Insoweit hat der Kläger schon nicht behauptet, dass die Beklagte einer tatsächlichen oder hypothetischen Vergleichsperson eine Entfristung des Arbeitsverhältnisses oder - was der Kläger mit dem Begriff der Entfristung wohl zum Ausdruck bringen möchte - eine Vertragsänderung angeboten hatte bzw. hätte, nach der die ursprünglich auf die Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. auf das Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung vereinbarte Befristung wieder maßgeblich sein sollte.

42

Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf die Klausel im Änderungsvertrag vom 22. Juli 2003/20. Dezember 2005 stützt, wonach beide Parteien vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Klägers prüfen, ob das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen fortgesetzt wird, ändert auch dies nichts. Der Kläger hat insoweit keine - weder eine existierende noch eine hypothetische - Vergleichsperson angeführt, die von der Beklagten über das vereinbarte Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus weiterbeschäftigt wurde oder weiterbeschäftigt worden wäre. Zudem hat der Kläger keine Indizien vorgetragen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass er wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes - hier des Alters - nicht weiterbeschäftigt wurde. Allein der Umstand, dass er trotz der Bestimmung im Änderungsvertrag vom 22. Juli 2003/20. Dezember 2005 nicht über das vereinbarte Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus weiterbeschäftigt wurde, reicht insoweit nicht aus. Selbst wenn diese Bestimmung des Änderungsvertrages nicht nur rein deklaratorischen Charakter haben sollte, wäre die Beklagte allenfalls verpflichtet gewesen zu prüfen, ob das Arbeitsverhältnis aus „betrieblichen Gründen“ fortgesetzt wird, dh. ob ein Bedarf an einer Weiterbeschäftigung des Klägers bestand.

43

d) Soweit der Kläger schließlich geltend macht, er sei dadurch wegen des Alters benachteiligt worden, dass sich die Beklagte auf die Wirksamkeit der Befristung berufen habe, fehlt es an einer Benachteiligung des Klägers iSv. § 3 Abs. 1 AGG. Es ist weder vom Kläger dargetan noch sonst wie ersichtlich, dass die Beklagte mit anderen Vergleichspersonen iSv. § 3 Abs. 1 AGG anders verfahren war oder verfahren wäre. Vergleichbar wären insoweit nämlich nur solche Personen, die ebenfalls in einem wirksam auf die Vollendung des 60. Lebensjahres befristeten Arbeitsverhältnis gestanden haben oder gestanden hätten.

44

3. Sollte das Vorbringen des Klägers dahin zu verstehen sein, dass er der Beklagten gegenüber den Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB geltend machen will, führt auch dies nicht zu einer anderen Bewertung. Zwar kann der Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB gerechtfertigt sein, wenn der Vertragspartner die Rechtsstellung durch unredliches Verhalten erworben hat. Durch unredliches Verhalten erworbene Rechte und Rechtspositionen sind grundsätzlich nicht schutzwürdig. Der Ausnutzung einer rechtsmissbräuchlich erworbenen Rechtsposition kann demnach der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ( § 242 BGB ) entgegenstehen(vgl. etwa BAG 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - Rn. 33; BGH 6. Februar 2002 - X ZR 215/00 - zu I 2 c der Gründe; 6. Oktober 1971 - VIII ZR 165/69 - zu I der Gründe, BGHZ 57, 108). Allerdings führt nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der Ausübung der hierdurch erlangten Rechtsstellung; hat der Vertragspartner sich die günstige Rechtsposition aber gerade durch das treuwidrige Verhalten verschafft, liegt eine unzulässige Rechtsausübung iSv. § 242 BGB vor(vgl. etwa BGH 28. Oktober 2009 - IV ZR 140/08 - Rn. 21). Vorliegend fehlt es an einem solchen zielgerichteten treuwidrigen Verhalten der Beklagten. Der Kläger hat schon nicht behauptet, die Beklagte habe ihn treuwidrig von der Erhebung einer Befristungskontrollklage abgehalten; hierfür ist auch sonst nichts ersichtlich.

45

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

  Schlewing   

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    Der ehrenamtliche Richter Horst Eimer
ist wegen Ablauf der Amtszeit
an der Unterschriftsleistung verhindert.
Schlewing    

        

   v. Schuckmann    

                 

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Ein Arbeitsplatz darf nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 ausgeschrieben werden.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,
3.
Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten.
Als Beschäftigte gelten auch die Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie die Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist.

(2) Arbeitgeber (Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen) im Sinne dieses Abschnitts sind natürliche und juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Absatz 1 beschäftigen. Werden Beschäftigte einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen, so gilt auch dieser als Arbeitgeber im Sinne dieses Abschnitts. Für die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister.

(3) Soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft, gelten die Vorschriften dieses Abschnitts für Selbstständige und Organmitglieder, insbesondere Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen und Vorstände, entsprechend.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,
3.
Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten.
Als Beschäftigte gelten auch die Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie die Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist.

(2) Arbeitgeber (Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen) im Sinne dieses Abschnitts sind natürliche und juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Absatz 1 beschäftigen. Werden Beschäftigte einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen, so gilt auch dieser als Arbeitgeber im Sinne dieses Abschnitts. Für die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister.

(3) Soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft, gelten die Vorschriften dieses Abschnitts für Selbstständige und Organmitglieder, insbesondere Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen und Vorstände, entsprechend.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 28. Januar 2014 - 2 Sa 50/13 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch darüber, ob die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.

2

Der 1953 geborene Kläger ist promoviert und als Einzelanwalt in R schwerpunktmäßig in den Bereichen Arbeitsrecht, Arztrecht, Arzthaftungsrecht, Medizinrecht, Erbrecht, Familienrecht, Forderungsbeitreibung, Mietrecht, Strafrecht und Zivilrecht tätig. In den Jahren 1979 und 1983 absolvierte er die beiden juristischen Staatsprüfungen in Baden-Württemberg und erzielte dabei jeweils die Note befriedigend (7 Punkte).

3

Die Beklagte zu 1. ist eine im Jahr 2009 gegründete Partnerschaft von Rechtsanwälten in H, die Beklagten zu 2. bis 4. sind die hierin verbundenen Partner. Die Kanzlei ist auf das öffentliche Wirtschaftsrecht, das Bau- und Immobilienrecht, PPP-Projekte sowie das Vergaberecht spezialisiert. Alle bei den Beklagten angestellten Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen haben die beiden juristischen Staatsexamina mit Abschlussnoten von jeweils mindestens 9 Punkten (vollbefriedigend) bestanden.

4

Im November 2012 veröffentlichte die Beklagte zu 1. in der Neuen Juristischen Wochenschrift (im Folgenden NJW) eine Stellenanzeige, die auszugsweise den folgenden Inhalt hat:

        

„…      

        

Zur Verstärkung unseres Teams suchen wir einen Rechtsanwalt (m/w) mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung für die Bereiche

        

•       

Immobilienwirtschaftsrecht, Baurecht, Projektentwicklungen

        

•       

Öffentliches Wirtschaftsrecht, Vergaberecht, PPP

        

Wir bieten Ihnen erstklassige Arbeitsbedingungen in einem professionellen Umfeld und eine langfristige Perspektive in einem jungen und dynamischen Team. Sie werden in einem fundierten und praxisorientierten Aus-/Weiterbildungsprogramm weiter qualifiziert und spezialisiert. In die Bearbeitung bedeutender Mandate werden Sie von Anfang an verantwortlich einbezogen.

        

Wir erwarten von Ihnen Persönlichkeit, Teamgeist, Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen und eine erstklassige juristische Qualifikation. Bewerber(innen) mit Berufserfahrung haben idealerweise in einer wirtschaftsberatenden Sozietät in einem der Bereiche Öffentliches Recht oder Immobilienwirtschaftsrecht gearbeitet.

        

…“    

5

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 9. November 2012 bei der Beklagten zu 1. auf die ausgeschriebene Stelle. In seinem Anschreiben, dem weitere Bewerbungsunterlagen beigefügt waren, heißt es:

        

„…      

        

ich bewerbe mich auf Ihre Stellenanzeige. Ich bin seit 1988 hier in R als Rechtsanwalt tätig, jedoch örtlich ungebunden. Ich habe, wie aus den beigefügten Bewerbungsunterlagen ersichtlich, zwei Prädikatsexamen und bin darüber hinaus promoviert. Das Wirtschaftsrecht und Immobilienwirtschaftsrecht kenne ich umfänglich aus meiner langjährigen beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt.

        

Sehr gute Englischkenntnisse sind selbstverständlich.

        

Ich freue mich, demnächst von Ihnen zu hören und bleibe

        

mit freundlichen kollegialen Grüßen

        

…“    

6

Mit Schreiben vom 19. November 2012 teilte die Beklagte zu 1. dem Kläger mit:

        

„…,     

        

vielen Dank für Ihre Bewerbung und das damit verbundene Interesse an einer Beschäftigung in unserer Kanzlei. Ihre Bewerbung zeigt viele gute Qualifikationen.

        

Auf unsere Anzeige haben wir eine Vielzahl von Bewerbungen erhalten. Leider können wir Ihre Bewerbung derzeit nicht berücksichtigen. Ihre Bewerbungsunterlagen übersenden wir Ihnen daher anliegend mit herzlichem Dank zurück.

        

Für Ihre Zukunft und die weitere Suche nach einer beruflichen Herausforderung wünschen wir Ihnen viel Erfolg.

        

…“    

7

Der Kläger machte daraufhin mit einem an die Beklagte zu 1. gerichteten Schreiben vom 26. November 2012 Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz geltend. In diesem Schreiben heißt es:

        

„…,    

        

ich hatte mich mit Schreiben vom 9. November 2012 unter Beifügung von Bewerbungsunterlagen auf die von Ihnen in der NJW 2012 ausgeschriebene Stelle als Rechtsanwalt beworben. Mit Schreiben vom 19. November 2012 haben Sie die Bewerbungsunterlagen an mich zurückgesendet und mitgeteilt, daß Sie meine Bewerbung derzeit nicht berücksichtigen können.

        

Die Behandlung meiner Bewerbung erfolgte ganz offensichtlich unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 AGG. Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Arbeitgeber Beschäftigte nicht wegen ihres Alters oder wegen eines anderen in § 1 genannten Grundes benachteiligen. Das gilt auch für Stellenbewerber (§ 6 Abs. 1 Satz 2 AGG). Daß Sie gegen diese Vorschrift verstoßen haben, belegt bereits ein Blick in die Stellenanzeige, wo ganz offen gesagt wird, man suche einen Rechtsanwalt (m/w) mit ‚0-2 Jahren Berufserfahrung‘ mithin jüngeren Alters.

        

Sie schulden demnach eine Entschädigung und Schadensersatz nach § 15 AGG. Mangels genauer Kenntnis der näheren Umstände und der von Ihnen gezahlten Gehälter etc. können diese Forderungen derzeit nur geschätzt werden. Insoweit fordere ich eine angemessene Entschädigung in Höhe von 10.000,00 EUR und Schadensersatz in Höhe von 50.000,00 EUR. Hinzu kommen meine unten berechneten Rechtsanwaltsgebühren, so daß bis spätestens

        

Montag, den 10. Dezember 2012

        

insgesamt (10.000,00 EUR+50.000,00 EUR

        

+1.761,08 EUR)

        

61.761,08 EUR

        

auf mein Konto bei der S zu zahlen sind andernfalls ich ohne Weiteres Klage erheben werde.

        

Sollte der oben genannte Betrag pünktlich gezahlt werden, werde ich keine weiteren Forderungen mehr geltend machen, was hiermit ausdrücklich versichert wird.

        

Für den Fall der Fristversäumung fordere ich Sie bereits jetzt auf, Auskunft über die eingestellten Bewerber und deren Qualifikation sowie deren Bezahlung zu erteilen.

        

…“    

8

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2012 wies die Beklagte zu 1. die Ansprüche des Klägers zurück. Die ausgeschriebene Stelle wurde letztlich nicht besetzt, weil sich das auf dieser Stelle zu bearbeitende Projekt verschob.

9

Mit seiner am 13. Dezember 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst Auskunft über die Jahresvergütung der in der NJW ausgeschriebenen Stelle sowie Entschädigung und Schadensersatz in Höhe der erteilten Auskunft nebst Zinsen begehrt. Seit der Berufungsinstanz verfolgt der Kläger ausschließlich den Antrag auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG weiter. Die auf der ausgeschriebenen Stelle erzielbare Jahresvergütung hat er mit 60.000,00 Euro beziffert.

10

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Ablehnung seiner Bewerbung beruhe auf einer Benachteiligung wegen seines Alters. Mit der Stellenanzeige in der NJW hätten die Beklagten ausdrücklich eine Berufserfahrung von nur „0 - 2 Jahren“ erwartet und die Mitarbeit in einem „jungen und dynamischen Team“ angekündigt. Dieser Umstand begründe die Vermutung, dass er wegen seines Alters benachteiligt worden sei. Die Beklagten hätten weder dargelegt noch bewiesen, dass eine nach dem AGG unzulässige Benachteiligung nicht vorliege. Er sei auch objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet, die er bei diskriminierungsfreier Auswahl hätte erhalten müssen. Seine juristische Qualifikation sei als erstklassig iSd. Stellenanzeige anzusehen. Vor dem Hintergrund seiner Promotion und seiner Berufserfahrung von 30 Berufsjahren komme es nicht in erster Linie auf die von ihm erzielten Examensnoten an, mit denen er sich im Übrigen sogar im oberen Fünftel (1. Staatsexamen) bzw. im oberen Drittel (2. Staatsexamen) aller Absolventen befunden habe. Seinem Entschädigungsanspruch stehe auch nicht der durchgreifende Rechtsmissbrauchseinwand entgegen. Eine Vielzahl erhobener Entschädigungsklagen reiche nicht aus, um den Einwand des Rechtsmissbrauchs zu begründen. Er habe auch zu keinem Zeitpunkt geäußert, dass er sich nur beworben habe, um einen Entschädigungsanspruch geltend machen zu können. In dem Telefonat mit dem Beklagten zu 3. am 27. November 2012 habe er lediglich gesagt, dass es, nachdem seine Bewerbung abgelehnt worden sei, nicht um eine Heilung des Verstoßes gegen das AGG gehen könne.

11

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

12

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Sie haben die Auffassung vertreten, der Kläger sei schon kein Bewerber iSd. AGG, da er sich nicht ernsthaft auf die ausgeschriebene Stelle beworben habe. Die mangelnde Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung ergebe sich ua. aus einem Bericht in der Zeitschrift J, wonach der Kläger sich in zahlreichen Fällen auf ihm diskriminierend erscheinende Stellenanzeigen beworben und anschließend Entschädigung und Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG eingeklagt habe. Auch habe er im Rahmen eines Telefongesprächs am 27. November 2012 mit dem Beklagten zu 3. geäußert, er habe kein Interesse an einer Mitarbeit in der Kanzlei der Beklagten zu 1., sondern wolle lediglich eine Zahlung. Zudem wirke sich aus, dass der Kläger die ausgeschriebene Stelle auch überhaupt nicht habe antreten können, weil er als Einzelanwalt ein laufendes Dezernat mit laufenden Mandatsverhältnissen nicht kurzfristig habe aufgeben können. Jedenfalls sei die Bewerbung des Klägers rechtsmissbräuchlich erfolgt. Der Kläger sei für die ausgeschriebene Stelle auch objektiv nicht geeignet gewesen. Seine Examensergebnisse belegten nicht die in der Stellenausschreibung geforderte „erstklassige juristische Qualifikation“. Im Übrigen sei die von der Beklagten zu 1. in der NJW veröffentlichte Stellenausschreibung auch nicht diskriminierend. Sie beziehe sich nicht auf das Alter potentieller Bewerber. „0 - 2 Jahre Berufserfahrung“ könnten auch ältere Berufswechsler aufweisen; die Formulierung „in einem jungen und dynamischen Team“ sei ausschließlich im Zusammenhang mit einer Selbstdarstellung der Kanzlei zu sehen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger hat hiergegen teilweise Berufung eingelegt, soweit das Arbeitsgericht seinen Antrag auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG abgewiesen hat. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Entschädigungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Berufung des Klägers nicht zurückgewiesen werden. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Ob und ggf. in welchem Umfang die zulässige Klage begründet ist, kann vom Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden; den Parteien ist zudem Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

15

A. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

16

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG. Zum einen sei der Kläger wegen der nur mit „befriedigend“ bestandenen zwei Staatsexamina für die ausgeschriebene Stelle objektiv nicht geeignet, weshalb es an dem Erfordernis der „vergleichbaren Situation“ iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG fehle. Vergleichbar seien nur Bewerber/innen, die das Anforderungsmerkmal der Stellenausschreibung „erstklassige juristische Qualifikation“ erfüllten. Zudem stehe dem Entschädigungsanspruch des Klägers der durchgreifende Rechtsmissbrauchseinwand entgegen. Der Kläger sei nicht ernsthaft an der Stelle interessiert gewesen, sondern habe sich nur beworben, um eine Entschädigung verlangen zu können. Bereits der Inhalt seines Bewerbungsschreibens spreche für die mangelnde Ernsthaftigkeit der Bewerbung. Das Schreiben enthalte überwiegend formelhafte, nichtssagende Wendungen, mit denen der Kläger nur scheinbar konkret auf die Stellenanzeige und die in Aussicht gestellte Tätigkeit nebst deren Anforderungsprofil eingehe. Zudem lasse sich dem Bewerbungsschreiben nicht entnehmen, was den Kläger gerade an der ausgeschriebenen Tätigkeit interessiere und weshalb er, nachdem er bereits lange Jahre als selbstständiger Rechtsanwalt in R tätig sei, Interesse an einer Berufsausübung in H habe. Gegen die Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung spreche zudem der in dem Artikel der Zeitschrift „J“ geschilderte Sachverhalt, wonach der Kläger sich unabhängig vom Rechtsgebiet, der Kanzlei oder dem Einsatzort stets auf Stellenanzeigen bewerbe, in denen Berufseinsteiger und Berufseinsteigerinnen oder Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen mit erster Berufserfahrung gesucht würden und im Fall der Ablehnung 60.000,00 Euro fordere. Nach den Recherchen der Zeitschrift habe der Kläger allein im Jahr 2013 sechzehn derartige Entschädigungsklagen anhängig gemacht, wobei er in noch weiteren Fällen die Anforderungen an die ausgeschriebene Stelle offensichtlich nicht erfüllt habe. Auch wenn allein eine Vielzahl von Entschädigungsklagen kein Indiz für einen Rechtsmissbrauch darstelle, stelle sich dies anders dar, wenn sich jemand ausschließlich auf Stellen bewerbe, die unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben worden seien. Davon sei im vorliegenden Fall auszugehen, da der Kläger auch nicht dargetan habe, dass er sich entgegen den Angaben in dem in der Zeitschrift „J“ erschienenen Artikel auch noch auf weitere, keinen Anlass für die Annahme einer Diskriminierung bietende Stellenanzeigen beworben habe.

17

II. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

18

1. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage nicht mit der Begründung abweisen, der Kläger sei für die ausgeschriebene Stelle objektiv nicht geeignet, weshalb es an dem Erfordernis der „vergleichbaren Situation“ iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG fehle. Vielmehr befinden sich, soweit es um eine - insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung - zu treffende Auswahlentscheidung des Arbeitgebers geht, Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29).

19

a) Zwar ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass das Vorliegen einer „vergleichbaren Situation“ bzw. „vergleichbaren Lage“ nicht nur im Rahmen von § 3 Abs. 1 AGG, der die unmittelbare Benachteiligung zum Gegenstand hat, sondern auch im Rahmen von § 3 Abs. 2 AGG, der die mittelbare Benachteiligung definiert, von Bedeutung ist.

20

aa) Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters. Dabei verbietet § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

21

bb) § 3 Abs. 2 AGG enthält nach seinem Wortlaut - anders als dies bei § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG der Fall ist - nicht ausdrücklich das Erfordernis „in einer vergleichbaren Situation“. Da allerdings das Diskriminierungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG der spezifische Ausdruck des allgemeinen Gleichheitssatzes ist und die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung generell verlangen, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt ist(vgl. ua. EuGH 20. September 2007 - C-116/06 - [Kiiski] Rn. 54, Slg. 2007, I-7643; 26. Juni 2001 - C-381/99 - [Brunnhofer] Rn. 28, Slg. 2001, I-4961), ist auch bei einer mittelbaren Diskriminierung die Frage nach einer „vergleichbaren Situation“ bzw. einer „vergleichbaren Lage“ von Bedeutung (vgl. ua. EuGH 28. Juni 2012 - C-172/11 - [Erny] Rn. 39 - 41; 16. Juli 2009 - C-537/07 - [Gómez-Limón] Rn. 54 - 56, Slg. 2009, I-6525; 12. Oktober 2004 - C-313/02 - [Wippel] Rn. 56 f., Slg. 2004, I-9483).

22

b) Soweit das Landesarbeitsgericht allerdings angenommen hat, vergleichbar sei die Auswahlsituation nur für Bewerber/innen, die gleichermaßen für die zu besetzende Stelle objektiv geeignet seien, was beim Kläger nicht der Fall sei, da dieser wegen der nur mit „befriedigend“ bestandenen Staatsexamina das Anforderungsmerkmal der Stellenausschreibung „erstklassige juristische Qualifikation“ nicht erfülle, hält dies einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

23

aa) Zwar befindet sich eine Person nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats nur dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie für die ausgeschriebene Stelle „objektiv geeignet“ ist (vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 18; 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 29; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 20 ff.; 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 28, BAGE 144, 275; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 37; ausdrücklich offengelassen neuerdings von BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 19 ff.; 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 21; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 29). Dies hat der Senat im Wesentlichen damit begründet, dass eine Benachteiligung nur angenommen werden könne, wenn eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet sei, nicht ausgewählt oder nicht in Betracht gezogen worden sei. Könne hingegen auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stehe dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, das nur vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht aber eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren wolle.

24

bb) An dieser Rechtsprechung hält der Senat allerdings nicht fest.

25

(1) Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 20. Januar 2016 (- 8 AZR 194/14 - Rn. 19 ff.) sowie vom 22. Oktober 2015 (- 8 AZR 384/14 - Rn. 21 ff.) ausgeführt hat, spricht gegen das Erfordernis der „objektiven Eignung“ bereits der Umstand, dass § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG den Entschädigungsanspruch für Personen, die „bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden“ wären, nicht ausschließt, sondern lediglich der Höhe nach begrenzt. Denn auch bei „benachteiligungsfreier Auswahl“ würden die Bewerber nicht eingestellt, denen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle fehlt.

26

(2) Könnte nur ein „objektiv geeigneter“ Bewerber eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG beanspruchen, würde dies auch dazu führen, dass ihm die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung - hier: durch die Richtlinie 2000/78/EG - verliehenen Rechte entgegen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union(ua. EuGH 16. Januar 2014 - C-429/12 - [Pohl] Rn. 23; vgl. auch BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 28) durch einen zu eng gefassten Vergleichsmaßstab praktisch unmöglich gemacht, jedenfalls aber übermäßig erschwert würde.

27

(a) Das Erfordernis der „objektiven Eignung“ des Anspruchstellers als Kriterium der vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG würde den Entschädigungsprozess mit der schwierigen Abgrenzung der „objektiven Eignung“ von der „individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation“ belasten und dadurch die Wahrnehmung der durch das AGG und die Richtlinie 2000/78/EG verliehenen Rechte erschweren.

28

Insoweit hat der Senat in seiner Rechtsprechung stets ausgeführt, dass maßgeblich für die objektive Eignung nicht allein das formelle Anforderungsprofil sei, welches der Arbeitgeber erstellt habe, sondern dass es insoweit auf die Anforderungen ankomme, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber zulässigerweise stellen dürfe. Der Arbeitgeber dürfe an den/die Bewerber/in keine Anforderungen stellen, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt seien (vgl. etwa BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 21 mwN; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 38; 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08  - Rn. 55). Die objektive Eignung sei allerdings zu unterscheiden von der individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation des Bewerbers, die nur als Kriterium der Auswahlentscheidung auf der Ebene der Kausalität zwischen Benachteiligung und Grund iSv. § 1 AGG eine Rolle spiele. Damit werde gewährleistet, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich frei entscheiden könne, wie Art. 12 Abs. 1 GG es gebiete, aber nicht durch das Stellen hierfür nicht erforderlicher Anforderungen an Bewerber die Vergleichbarkeit der Situation selbst gestalten und den Schutz des AGG de facto beseitigen könne. Denn auch Bewerber, welche die auf der zu besetzenden Stelle auszuübenden Tätigkeiten grundsätzlich verrichten könnten, ohne aber jede Voraussetzung des Anforderungsprofils zu erfüllen, bedürften des Schutzes vor Diskriminierung, weil gerade Anforderungsprofile in Stellenanzeigen häufig Qualifikationen benennen, deren Vorhandensein der Arbeitgeber sich für den Idealfall zwar wünsche, die aber keinesfalls zwingende Voraussetzung einer erfolgreichen Bewerbung seien (vgl. etwa BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 39; 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 55).

29

(b) Das Erfordernis der „objektiven Eignung“ des Anspruchstellers als Kriterium der vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG würde die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 AGG aber auch aus einem anderen Grund übermäßig erschweren.

30

Wie der Senat in seinen Urteilen vom 20. Januar 2016 (- 8 AZR 194/14 - Rn. 19 ff.) sowie vom 22. Oktober 2015 (- 8 AZR 384/14 - Rn. 21 ff.) ebenfalls ausgeführt hat, kann die Frage, ob eine „vergleichbare Situation“ bzw. eine „vergleichbare Lage“ iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG vorliegt, nicht ohne Vergleichsbetrachtung beantwortet werden. Denn an einer „vergleichbaren Situation“ oder „vergleichbaren Lage“ würde es - soweit es um die „objektive Eignung“ der/des Bewerberin/Bewerbers geht - nur dann fehlen, wenn diese/r die geforderte „objektive Eignung“ nicht aufweist, während andere Bewerber/innen, jedenfalls aber der/die ausgewählte Bewerber/in objektiv geeignet sind. Das aus dem Merkmal der vergleichbaren Situation abgeleitete Erfordernis der „objektiven Eignung“ des Bewerbers würde mithin zu einer Verengung des Vergleichsmaßstabs führen. Hierdurch würde die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 AGG übermäßig erschwert. Dies gilt zunächst, soweit den/die Bewerber/in für das Vorliegen einer vergleichbaren Situation oder vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG die volle Darlegungs- und Beweislast treffen sollte. Dies gilt aber auch dann, wenn vor dem Hintergrund, dass dem/der Bewerber/in in der Regel nicht bekannt ist, wer sich außer ihm/ihr mit welcher Qualifikation/Eignung auf die ausgeschriebene Stelle beworben hat und für welchen Bewerber/welche Bewerberin der potentielle Arbeitgeber sich entschieden hat und er/sie gegen diesen auch keinen dahingehenden Auskunftsanspruch hat (vgl. BAG 25. April 2013 - 8 AZR 287/08 - Rn. 56 unter Hinweis auf EuGH 19. April 2012C-415/10  - [Meister]), von einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast auszugehen wäre, wonach es ausreichen würde, wenn der/die Bewerber/in die objektive Eignung anderer Bewerber/innen oder des/der letztlich eingestellten Bewerbers/Bewerberin bestreitet mit der Folge, dass der Arbeitgeber dann jedenfalls zur objektiven Eignung dieser Personen substantiiert vorzutragen hätte. In diesem Fall würde der Prozess in der Regel mit einer aufwändigen Tatsachenfeststellung und Klärung der Eignung oder Nichteignung der anderen Bewerber/innen, jedenfalls aber des/der ausgewählten Bewerbers/Bewerberin belastet, ohne dass sich in den Bestimmungen des AGG und den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere in denen der Richtlinie 2000/78/EG für die Zulässigkeit einer solchen Verengung des Vergleichsmaßstabs hinreichende Anhaltspunkte finden (vgl. BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 21; 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 23).

31

(c) Es kommt hinzu, dass das Erfordernis der „objektiven Eignung“ der/des Bewerberin/Bewerbers als Kriterium der vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 AGG dann nahezu praktisch unmöglich machen würde, wenn diese/r die/der einzige Bewerber/in um die Stelle war. In diesem Fall existiert nämlich keine konkrete Vergleichsperson; vielmehr würde es nach § 3 Abs. 1 AGG auf eine hypothetische Vergleichsperson ankommen, deren objektive Eignung oder Nichteignung sich nicht feststellen ließe.

32

2. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage aber auch nicht mit der Begründung abweisen, der vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG sei dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand(§ 242 BGB)ausgesetzt. Dabei kann offenbleiben, ob dem Entschädigungsverlangen des Klägers - entgegen dessen Rechtsauffassung - überhaupt der Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB entgegengehalten werden kann. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Voraussetzungen des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands seien im vorliegenden Verfahren erfüllt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Aus diesem Grund kommt es auf die Antwort des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache - C-423/15 - [Kratzer] auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 18. Juni 2015 (- 8 AZR 848/13 (A) -) nicht an.

33

a) Nach Auffassung des Senats spricht alles dafür, dass der vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand(§ 242 BGB)ausgesetzt wäre, sofern dieser sich nicht beworben haben sollte, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihm darum gegangen sein sollte, nur den formalen Status als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen.

34

aa) Nach § 242 BGB sind durch unredliches Verhalten begründete oder erworbene Rechte oder Rechtsstellungen grundsätzlich nicht schutzwürdig. Der Ausnutzung einer rechtsmissbräuchlich erworbenen Rechtsposition kann demnach der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen (vgl. etwa BAG 17. März 2016 - 8 AZR 677/14 - Rn. 44; 21. Oktober 2014 - 3 AZR 866/12 - Rn. 48; 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - Rn. 33; BGH 6. Februar 2002 - X ZR 215/00 - zu I 2 c der Gründe; 6. Oktober 1971 - VIII ZR 165/69 - zu I der Gründe, BGHZ 57, 108). Allerdings führt nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der Ausübung der hierdurch erlangten Rechtsstellung. Hat der Anspruchsteller sich die günstige Rechtsposition aber gerade durch ein treuwidriges Verhalten verschafft, liegt eine unzulässige Rechtsausübung iSv. § 242 BGB vor(etwa BGH 28. Oktober 2009 - IV ZR 140/08 - Rn. 21).

35

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen, die den - rechtshindernden - Einwand des Rechtsmissbrauchs begründen, trägt nach den allgemeinen Regeln der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast derjenige, der diesen Einwand geltend macht (vgl. ua. BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 848/13 (A) - Rn. 26; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 37; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 54).

36

bb) Danach hätte der Kläger die Rechtsstellung als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG treuwidrig erworben mit der Folge, dass die Ausnutzung dieser Rechtsposition rechtsmissbräuchlich wäre, wenn er sich nicht beworben haben sollte, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihm darum gegangen sein sollte, nur den formalen Status als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen(vgl. etwa BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 53 mwN; vgl. auch BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 33, BVerwGE 139, 135).

37

Nach § 1 AGG ist es das Ziel des AGG, in seinem Anwendungsbereich Benachteiligungen aus den in dieser Bestimmung genannten Gründen zu verhindern oder zu beseitigen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG wird auch der Zugang zur Beschäftigung vom sachlichen Anwendungsbereich des AGG erfasst. Nach dieser Bestimmung sind Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund nach Maßgabe des Gesetzes ua. unzulässig in Bezug auf die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit. Aus diesem Grund fallen nicht nur Beschäftigte iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 AGG, sondern auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG unter den persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes, sie gelten danach als Beschäftigte iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 AGG.

38

Bereits mit diesen Bestimmungen des AGG hat der nationale Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass nur derjenige den Schutz des AGG vor Diskriminierung einschließlich der in § 15 AGG geregelten Ersatzleistungen für sich beanspruchen kann, der auch tatsächlich Schutz vor Diskriminierung beim Zugang zur Erwerbstätigkeit sucht und dass hingegen eine Person, die mit ihrer Bewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG erlangen will mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend zu machen, sich nicht auf den durch das AGG vermittelten Schutz berufen kann; sie kann nicht Opfer einer verbotenen Diskriminierung sein mit der Folge, dass ihr die in § 15 AGG vorgesehenen Sanktionen mit abschreckender Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber(vgl. etwa EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63) zugutekommen müssten. Eine Person, die ihre Position als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG treuwidrig herbeiführt, missbraucht vielmehr den vom AGG gewährten Schutz vor Diskriminierung.

39

cc) Nach Auffassung des Senats begegnet der Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB unter diesen engen Voraussetzungen auch keinen unionsrechtlichen Bedenken.

40

(1) Das Verbot des Rechtsmissbrauchs ist ein anerkannter Grundsatz des Unionsrechts (vgl. ua. EuGH 28. Januar 2016 - C-50/14 - [CASTA ua.] Rn. 65). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Unionsrecht nicht gestattet (etwa EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 55 mwN; 9. März 1999 - C-212/97 - [Centros] Rn. 24, Slg. 1999, I-1459; 2. Mai 1996 - C-206/94 - [Paletta] Rn. 24, Slg. 1996, I-2357).

41

(2) Dabei ergeben sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den Voraussetzungen, unter denen Rechtsmissbrauch angenommen werden kann, vergleichbar strenge Anforderungen wie nach deutschem Recht.

42

Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis verlangt das Vorliegen eines objektiven und eines subjektiven Elements. Hinsichtlich des objektiven Elements muss sich aus einer Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergeben, dass trotz formaler Einhaltung der in der betreffenden Unionsregelung vorgesehenen Bedingungen das Ziel dieser Regelung nicht erreicht wurde. In Bezug auf das subjektive Element muss aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte (ua. EuGH 17. Dezember 2015 - C-419/14 - [WebMindLicenses] Rn. 36 mwN) die Absicht ersichtlich sein, sich einen ungerechtfertigten Vorteil aus der Unionsregelung dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden (zu der hier einschlägigen Richtlinie 2000/78/EG vgl. EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 56 mwN; vgl. iÜ. etwa EuGH 13. März 2014 - C-155/13 - [SICES ua.] Rn. 31 ff.; 16. Oktober 2012 - C-364/10 - [Ungarn/Slowakei] Rn. 58; 21. Februar 2006 - C-255/02 - [Halifax ua.] Rn. 74 ff., Slg. 2006, I-1609; 21. Juli 2005 - C-515/03 - [Eichsfelder Schlachtbetrieb] Rn. 39, Slg. 2005, I-7355; 14. Dezember 2000 - C-110/99 - [Emsland-Stärke] Rn. 52 und 53, Slg. 2000, I-11569). Das Missbrauchsverbot ist allerdings nicht relevant, wenn das fragliche Verhalten eine andere Erklärung haben kann als nur die Erlangung eines Vorteils (etwa EuGH 13. März 2014 - C-155/13 - [SICES ua.] Rn. 33; 21. Februar 2006 - C-255/02 - [Halifax ua.] Rn. 75). Die Prüfung, ob die Tatbestandsvoraussetzungen einer missbräuchlichen Praxis erfüllt sind, hat gemäß den Beweisregeln des nationalen Rechts zu erfolgen. Diese Regeln dürfen jedoch die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigen (ua. EuGH 17. Dezember 2015 - C-419/14 - [WebMindLicenses] Rn. 65 mwN).

43

(3) Sowohl aus dem Titel, als auch aus den Erwägungsgründen und dem Inhalt und der Zielsetzung der Richtlinie 2000/78/EG folgt, dass diese einen allgemeinen Rahmen schaffen soll, der gewährleistet, dass jeder „in Beschäftigung und Beruf“ gleichbehandelt wird, indem dem Betroffenen ein wirksamer Schutz vor Diskriminierungen aus einem der in ihrem Art. 1 genannten Gründe - darunter das Alter - geboten wird(ua. EuGH 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 23; 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs und Mai] Rn. 49, Slg. 2011, I-7965). Ferner ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG - ebenso wie aus Art. 1 Satz 2 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/54/EG -, dass diese Richtlinie für eine Person gilt, die eine Beschäftigung sucht und dies auch in Bezug auf die Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen für diese Beschäftigung (vgl. EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 33).

44

Damit spricht alles dafür, dass eine Person, die mit ihrer Bewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG erlangen will mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend zu machen, auch nach Unionsrecht rechtsmissbräuchlich handelt.

45

b) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Voraussetzungen des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands seien im vorliegenden Verfahren erfüllt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

46

aa) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob bei einer bestimmten Sachlage ein Verstoß gegen § 242 BGB und damit eine unzulässige Rechtsausübung vorliegt, ist in der Revisionsinstanz als Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs nur eingeschränkt überprüfbar(vgl. etwa BAG 16. Oktober 2012 - 9 AZR 183/11 - Rn. 25, BAGE 143, 194; 19. August 2010 - 8 AZR 645/09 - Rn. 66; 9. Dezember 2009 - 10 AZR 850/08 - Rn. 34 mwN; 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 31, BAGE 131, 215; BGH 7. Oktober 2015 - VIII ZR 247/14 - Rn. 25 mwN). Die revisionsrechtliche Kontrolle beschränkt sich darauf zu prüfen, ob das Landesarbeitsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es sich bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die maßgebliche Rechtsnorm den Vorgaben von § 286 Abs. 1 ZPO entsprechend mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und des Weiteren rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt.

47

bb) Das Berufungsurteil hält einer solchen eingeschränkten Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsbegriff des Rechtsmissbrauchs iSv. § 242 BGB verkannt und diese Bestimmung in einer Weise ausgelegt und angewandt, die das Benachteiligungsverbot des AGG und der Richtlinie 2000/78/EG zu unterlaufen geeignet ist. Die vom Landesarbeitsgericht seiner Würdigung zugrunde gelegten Umstände lassen weder jeweils für sich betrachtet noch in der Gesamtschau den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers zu.

48

(1) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts lassen sich dem Bewerbungsschreiben des Klägers vom 9. November 2012 bereits keine objektiven Umstände entnehmen, die den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers erlauben würden. Soweit das Landesarbeitsgericht ausführt, dieses Schreiben enthalte überwiegend formelhafte, nichtssagende Wendungen, mit denen der Kläger nur scheinbar konkret auf die Stellenanzeige und die in Aussicht gestellte Tätigkeit nebst deren Anforderungsprofil eingehe, es lasse sich dem Bewerbungsschreiben auch nicht entnehmen, was den Kläger gerade an der ausgeschriebenen Tätigkeit interessiere und weshalb er, nachdem er bereits lange Jahre als selbstständiger Rechtsanwalt in R tätig sei, Interesse an einer Berufsausübung in H habe, legt es seiner Würdigung seine Vorstellungen darüber zugrunde, wodurch sich ein gutes, ansprechendes und erfolgversprechendes Bewerbungsschreiben auszeichnet. Wie viel „Mühe“ ein Bewerber sich mit seinem Bewerbungsschreiben gegeben hat, wie ansprechend seine Präsentation ist und wie eindringlich und überzeugend er ein Interesse an der ausgeschriebenen Stelle bekundet hat, mag zwar ein Umstand sein, der für die konkrete Auswahlentscheidung des Arbeitgebers den Ausschlag geben kann. Es existiert hingegen weder ein Erfahrungssatz des Inhalts, dass nur derjenige, der ein solches Bewerbungsschreiben verfasst, an der Stelle interessiert ist, noch der gegenteilige Erfahrungssatz, dass derjenige, dessen Bewerbungsschreiben diesen Vorgaben nicht entspricht, sich nur mit dem Ziel bewirbt, die formale Position des Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 2 AGG geltend machen zu können.

49

(2) Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Entschädigungsanspruch des Klägers sei deshalb dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt, weil dieser sich unabhängig vom Rechtsgebiet, der Kanzlei oder dem Einsatzort stets auf Stellen bewerbe, in denen Berufseinsteiger und Berufseinsteigerinnen oder Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen mit erster Berufserfahrung gesucht würden, er im Fall der Ablehnung stets 60.000,00 Euro fordere, im Jahr 2013 16 Entschädigungsklagen erhoben habe und auch nicht dargetan habe, sich auch noch auf weitere, keinen Anlass für die Annahme einer Diskriminierung bietende Stellenanzeigen beworben zu haben, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die vom Landesarbeitsgericht seiner Würdigung zugrunde gelegten Umstände lassen nicht den Schluss auf ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen des Klägers zu, das auf der Annahme beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn“ verbleiben, weil die Beklagten - sei es bereits unter dem Druck des Geltendmachungsschreibens oder im Verlauf des Entschädigungsprozesses - freiwillig die Forderung erfüllen oder sich vergleichsweise auf eine Entschädigungszahlung einlassen.

50

(a) Auf Rechtsmissbrauch kann nicht bereits daraus geschlossen werden, dass eine Person eine Vielzahl erfolgloser Bewerbungen versandt und mehrere Entschädigungsprozesse geführt hat oder führt (vgl. etwa BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 848/13 (A) - Rn. 24; 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 63; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 56 mwN; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 52, BAGE 131, 232). Ein solches Verhalten für sich betrachtet lässt sich ebenso damit erklären, dass ein ernsthaftes Interesse an dem Erhalt der jeweiligen Stelle bestand und dass der/die Bewerber/in, weil er/sie sich entgegen den Vorgaben des AGG bei der Auswahl- und Besetzungsentscheidung diskriminiert sieht, mit der Entschädigungsklage zulässigerweise seine/ihre Rechte nach dem AGG wahrnimmt.

51

(b) Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Person sich stets auf solche Stellenausschreibungen beworben hat, die Formulierungen, insb. Anforderungen enthalten, die mittelbar oder unmittelbar an einen der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpfen und deshalb „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe die Stelle entgegen § 11 AGG, wonach ein Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG ausgeschrieben werden darf, ausgeschrieben. Dies folgt bereits daraus, dass der/die Bewerber/in auch in einem solchen Fall mit einer Entschädigungsklage grundsätzlich ein nicht unerhebliches Risiko eingeht, den Prozess zu verlieren und damit nicht nur keine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu erlangen, sondern auch mit den Kosten des Rechtsstreits belastet zu werden.

52

(aa) Der Arbeitgeber schuldet einem/einer abgelehnten Bewerber/in eine Entschädigung nicht bereits deshalb, weil die Stelle unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und damit erst recht nicht allein deshalb, weil die Stellenausschreibung Formulierungen, insb. Anforderungen enthält, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben. Das Gesetz knüpft an einen Verstoß gegen § 11 AGG keine unmittelbaren Rechtsfolgen.

53

(bb) Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist vielmehr, dass der/die abgelehnte Bewerber/in entgegen § 7 Abs. 1 AGG wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt wurde. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; es muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Zudem darf die mit einer negativen Auswahlentscheidung des Arbeitgebers verbundene unmittelbare Benachteiligung des/der Bewerbers/Bewerberin iSv. § 3 Abs. 1 AGG nicht nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG zulässig sein. Obgleich nicht zu verkennen ist, dass eine erfolglose Bewerbung auf eine Stellenausschreibung, die Formulierungen, insb. Anforderungen enthält, die mittelbar oder unmittelbar an einen der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpfen und deshalb „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben, die Erfolgsaussichten einer späteren Entschädigungsklage erhöht, ist es keinesfalls ausgeschlossen, dass die Klage abgewiesen wird, weil der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Grund iSv. § 1 AGG und der benachteiligenden Handlung nicht gegeben ist oder weil sich die mit der Ablehnung der Bewerbung verbundene unmittelbare Benachteiligung des Bewerbers/der Bewerberin iSv. § 3 Abs. 1 AGG nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG als zulässig erweist.

54

(aaa) § 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12  - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 -  C-54/07  - [Feryn] Rn. 32 , Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12  - Rn. 27 ). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben(vgl. etwa BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 58; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45).

55

(bbb) Auch wenn eine Stellenausschreibung Formulierungen, insb. Anforderungen enthält, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben, begründet dies nicht ohne Weiteres die Vermutung, der/die Bewerber/in sei im Auswahl- und Stellenbesetzungsverfahren wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt worden. Eine solche Vermutung besteht vielmehr nur dann, wenn die Stellenausschreibung gegen § 11 AGG verstößt. Dies ist indes selbst bei Formulierungen, insb. Anforderungen in Stellenausschreibungen, die eine unmittelbare Benachteiligung wegen eines § 1 AGG genannten Grundes bewirken, dann nicht der Fall, wenn die Diskriminierung nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG zulässig ist. Und bei Formulierungen, insb. Anforderungen in Stellenausschreibungen, die eine mittelbare Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bewirken können, scheidet nach § 3 Abs. 2 AGG ein Verstoß gegen § 11 AGG dann aus, wenn die Anforderung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist. Obwohl § 11 AGG nach seinem Wortlaut nur auf § 7 Abs. 1 AGG verweist, muss die Bestimmung so ausgelegt werden, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG nicht vorliegt, wenn die mögliche mittelbare oder die unmittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG oder §§ 8, 9 oder § 10 AGG gerechtfertigt ist. Es ist kein Grund ersichtlich, warum Stellenausschreibungen strengeren Anforderungen unterliegen sollten als dies bei allen anderen benachteiligenden Handlungen iSd. AGG der Fall ist.

56

(ccc) Aber auch dann, wenn die Stelle unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und deshalb die Vermutung besteht, dass der/die erfolglose Bewerber/in wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt wurde, genügt dies nicht ohne Weiteres für eine erfolgreiche Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs. Dem Arbeitgeber bleibt es nämlich unbenommen, Tatsachen vorzutragen und ggf. zu beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben.

57

(ddd) Zudem ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich die mit der Ablehnung der Bewerbung verbundene unmittelbare Benachteiligung des/der Bewerbers/Bewerberin im Einzelfall nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG als zulässig erweist.

58

(c) Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstands, dass selbst dann, wenn die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen aufgrund anderer erfolgloser Bewerbungen rechtsmissbräuchlich (gewesen) sein sollte, dies nicht ohne Weiteres auch für die jeweils streitgegenständliche gelten muss, sind an die Annahme des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands hohe Anforderungen zu stellen. Es müssen im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten rechtfertigen. Dies kann in diesem Zusammenhang nur angenommen werden, wenn sich ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen der Person feststellen lässt, das auf der Erwägung beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn“ verbleiben, weil der Arbeitgeber - sei es bereits unter dem Druck einer angekündigten Entschädigungsklage oder im Verlaufe eines Entschädigungsprozesses - freiwillig die Forderung erfüllt oder sich vergleichsweise auf eine Entschädigungszahlung einlässt.

59

(d) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht angenommen, der vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsanspruch sei dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt. Es kann dahinstehen, ob der Umstand, dass der Kläger im Falle der Ablehnung seiner Bewerbung vom Arbeitgeber stets Schadensersatz und Entschädigung iHv. 60.000,00 Euro gefordert hat, im Rahmen der Würdigung, ob im vorliegenden Fall Rechtsmissbrauch anzunehmen ist, überhaupt von Bedeutung ist. Die bislang vom Landesarbeitsgericht festgestellten Umstände rechtfertigen - auch unter Berücksichtigung dieses Umstands - nicht den Schluss, auch die Bewerbung des Klägers auf die von der Beklagten zu 1. ausgeschriebene Stelle und die sich an die Ablehnung anschließende Entschädigungsklage seien Teil eines systematischen und zielgerichteten Vorgehens des Klägers im Rahmen des unter Rn. 58 dargestellten „Geschäftsmodells“. Vielmehr verbleibt die „gute Möglichkeit“, dass der Kläger ein ernsthaftes Interesse an dem Erhalt der Stelle hatte, und dass er mit der Erhebung der Entschädigungsklage zulässigerweise seine Rechte nach dem AGG wahrgenommen hat. Umstände, die ggf. eine andere Beurteilung gebieten könnten, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Es gibt weder Feststellungen dazu, wie häufig der Kläger sich insgesamt auf Stellenausschreibungen beworben hat, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erweckten, die Stelle sei unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben worden, noch, wie arbeitgeberseitig auf ein Geltendmachungsschreiben des Klägers reagiert wurde, noch, wie der Kläger sich in den 16 vom Landesarbeitsgericht festgestellten Entschädigungsprozessen prozessual verhalten hat und ob und ggf. wann die Verfahren in welcher Instanz mit welchem Ergebnis beendet wurden. Bereits deshalb kommt es auf die Frage, ob der Kläger sich auch auf Stellenausschreibungen beworben hat, deren Inhalt keinen Anlass für die Annahme einer Diskriminierung bot, nicht an.

60

B. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klage sei unbegründet, stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

61

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Für den Kläger ergibt sich dies aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG.

62

Der Kläger ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass er eine Bewerbung eingereicht hat. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG enthält einen formalen Bewerberbegriff. Soweit teilweise in der Rechtsprechung des Senats zusätzlich die „subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung“ gefordert wurde (ua. BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 848/13 (A) - Rn. 24; 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - Rn. 28; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 50, BAGE 131, 232; vgl. jedoch offenlassend oder entgegengesetzt ua.: BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 18; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 51 bis 56; 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 32), hält der Senat hieran nicht fest. Eine solche Voraussetzung ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn noch aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung oder ihrem Sinn und Zweck. Die Frage, ob eine Bewerbung „nicht ernsthaft“ war, weil eine Person sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern um eine Entschädigung geltend zu machen, betrifft vielmehr die Frage, ob diese sich unter Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB)den formalen Status als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG verschafft und damit für sich den persönlichen Anwendungsbereich des AGG treuwidrig eröffnet hat, weshalb der Ausnutzung dieser Rechtsposition der durchgreifende Rechtsmissbrauchseinwand entgegenstehen könnte (vgl. auch BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 25; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 18; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24).

63

II. Der Kläger hat den Entschädigungsanspruch auch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG).

64

III. Der Entschädigungsanspruch des Klägers ist auch nicht aufgrund anderer als der vom Landesarbeitsgericht seiner Würdigung zugrunde gelegten Umstände dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB)ausgesetzt. Die von den Beklagten insoweit vorgetragenen Umstände lassen weder für sich betrachtet noch in einer Gesamtschau den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers zu.

65

1. Soweit die Beklagten geltend machen, der Kläger habe die ausgeschriebene Stelle nicht antreten können, weil er als Einzelanwalt ein Dezernat mit laufenden Mandatsverhältnissen nicht kurzfristig habe aufgeben können, lässt dies nicht auf einen Rechtsmissbrauch schließen. Dass ein bisher als Einzelanwalt tätiger Rechtsanwalt vor der Aufnahme einer anderen Tätigkeit ggf. Zeit benötigt, die bisherige Kanzlei zu übergeben oder abzuwickeln, mag zwar ein tatsächliches Hindernis für eine sofortige Arbeitsaufnahme sein; es ist jedoch fernliegend, daraus zu schließen, der Kläger habe sich auf die ausgeschriebene Stelle nur beworben, um die formale Position als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Gleiches gilt, soweit die Beklagten anführen, im Hinblick auf die fachliche Ausrichtung und Spezialisierung der Kanzlei hätte der Kläger erläutern müssen, weshalb er gerade an einer Tätigkeit bei ihnen interessiert sei, insoweit sei die Bewerbung des Klägers nicht nachvollziehbar, und sie mutmaßen, der Kläger habe seine Bewerbung mit einem sog. Anwaltsprogramm angefertigt. Auch der Umstand, dass der Kläger im Internet damit wirbt, als Einzelanwalt immer für seine Mandanten als persönlicher Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen und dass er jedenfalls zeitweise als Rechtsanwalt im Bereich von Abmahnungen tätig war, lässt nicht auf einen Rechtsmissbrauch schließen. Letztlich kann der Rechtsmissbrauchseinwand auch nicht erfolgreich darauf gestützt werden, dass der Kläger weiterhin seine Kanzlei betrieben und nicht abgewickelt hat. Im Gegenteil liegt ein solches Verhalten bei einer Erfolglosigkeit von Bewerbungsbemühungen auf der Hand.

66

2. Soweit die Beklagten sich darauf berufen, dass der Kläger am Ende seines Geltendmachungsschreibens vom 26. November 2012 neben Schadensersatz und Entschädigung eine Erstattung anwaltlicher Gebühren und Auslagen gefordert hat, liegt darin allein kein Umstand, der den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers zuließe. Es gibt keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass ein Rechtsanwalt, der sich erfolglos auf eine ausgeschriebene Stelle (als Rechtsanwalt) beworben hat und bereits in seinem Geltendmachungsschreiben nicht nur Entschädigung und Schadensersatz, sondern auch die Zahlung anwaltlicher Gebühren und Auslagen fordert, von vornherein nur die Absicht hatte, sich die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu verschaffen mit dem alleinigen Ziel, Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Es kann dahinstehen, ob und ggf. welche Bedeutung diesem Umstand im Rahmen der Prüfung zukommt, ob das Entschädigungsverlangen ausnahmsweise dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt ist, weil sich ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen der Person feststellen lässt, das auf der Erwägung beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn“ verbleiben. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem potentieller Arbeitgeber eine Rechtsanwaltskanzlei ist, ist die Annahme fernliegend, der Kläger habe darauf spekuliert, den Beklagten sei die in § 12a ArbGG zur Kostentragungspflicht getroffene Bestimmung unbekannt und diese seien nicht in der Lage, die Risiken eines Entschädigungsprozesses einzuschätzen, und würden sich deshalb bereits durch das Geltendmachungsschreiben so sehr beeindrucken lassen, dass sie allein zur Vermeidung weiterer Kosten frühzeitig „klein beigeben“.

67

3. Soweit die Beklagten schließlich behaupten, der Kläger habe im Rahmen eines Telefonats mit dem Beklagten zu 3. am 27. November 2012 geäußert, seinerseits bestehe kein Interesse an einer Mitarbeit in der Kanzlei der Beklagten, er wolle lediglich eine Zahlung, ist dieses Vorbringen unbeachtlich. Die Beklagten haben schon nicht substantiiert zum Verlauf des Gesprächs vorgetragen, was vor dem Hintergrund, dass der Kläger sich gegenüber der Behauptung der Beklagten dahin verteidigt hatte, er habe kein fehlendes Interesse an einer Mitarbeit in der Kanzlei der Beklagten geäußert, sondern vielmehr gesagt, dass nach Ablehnung seiner Bewerbung durch die Gegenseite eine „Heilung“ des Verstoßes gegen das AGG nicht infrage komme, aber erforderlich gewesen wäre.

68

C. Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob und ggf. in welcher Höhe die zulässige Klage begründet ist. Zudem ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

69

I. Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - nicht geprüft, ob der Kläger entgegen den Bestimmungen des AGG im Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde und hierzu keine Feststellungen getroffen. Dies wird das Landesarbeitsgericht nachzuholen haben.

70

1. Dabei wird das Landesarbeitsgericht zunächst zu beachten haben, dass die Vermutung iSv. § 22 AGG, dass der Kläger im späteren Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde, dann bestünde, wenn die Beklagte zu 1. die Stelle, auf die sich der Kläger bei dieser beworben hat, entgegen den Vorgaben von § 11 AGG unter Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters(§ 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG)ausgeschrieben hat.

71

Das Landesarbeitsgericht wird dabei zu beachten haben, dass das in der Stellenausschreibung enthaltene Anforderungskriterium, mit dem ein Rechtsanwalt (m/w) „mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung“ gesucht wird, Personen wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter“ gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen kann iSv. § 3 Abs. 2 AGG und dass die Formulierung in der Stellenausschreibung, wonach dem/der Bewerber/in eine langfristige Perspektive in einem „jungen und dynamischen Team“ geboten wird, eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters bewirkt, sodass es im Hinblick auf die Frage, ob die Stelle entgegen den Anforderungen des § 11 AGG ausgeschrieben wurde und deshalb die Vermutung besteht, dass der Kläger im späteren Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde, nur noch darauf ankommt, ob die unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters nach § 8 Abs. 1 oder § 10 AGG zulässig ist. Sollte dies der Fall sein, wäre auch eine mittelbare Diskriminierung gerechtfertigt, da die Anforderungen an die Rechtfertigung einer mittelbaren Benachteiligung nicht höher als diejenigen an die Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung sind (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 62, 65, 66, Slg. 2009, I-1569; BAG 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 35 mwN, BAGE 131, 298).

72

a) Die in der Stellenausschreibung enthaltene Anforderung „mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung“ kann Personen wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter“ gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen.

73

Bei der Berufserfahrung handelt es sich um ein Kriterium, das dem Anschein nach neutral ist iSv. § 3 Abs. 2 AGG. Unmittelbar wird damit nicht auf ein bestimmtes Alter Bezug genommen. Jedoch ist das Kriterium der Berufserfahrung mittelbar mit dem in § 1 AGG genannten Grund „Alter“ verknüpft. Bewerber/innen mit einer längeren Berufserfahrung weisen gegenüber Berufsanfänger/innen und gegenüber Bewerber/innen mit erster oder kurzer Berufserfahrung typischerweise ein höheres Lebensalter auf (vgl. nur BAG 18. August 2009 - 1 ABR 47/08 - Rn. 33, BAGE 131, 342). Da die Beklagte zu 1. mit der in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderung „mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung“ signalisiert, lediglich Interesse an der Gewinnung jüngerer Mitarbeiter/innen zu haben, ist diese Anforderung geeignet, ältere gegenüber jüngeren Personen wegen des Alters in besonderer Weise zu benachteiligen. Typischerweise werden ältere Personen allein wegen dieser Anforderung häufig von vornherein von einer Bewerbung absehen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass berufliche Lebensläufe heutzutage vielfältiger sind als früher und ein Wechsel von einer juristischen Tätigkeit in eine andere juristische Tätigkeit auch nach längeren Berufsjahren, ggf. auch erst nach dem Erreichen des regulären Pensionsalters erfolgen kann. Der Befund, dass Berufsanfänger/innen und Personen mit kurzer Berufserfahrung typischerweise junge Menschen sind, besteht jedoch nach wie vor.

74

b) Die Formulierung in der Stellenausschreibung, wonach dem/der Bewerber/in eine langfristige Perspektive in einem „jungen und dynamischen Team“ geboten wird, bewirkt eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG.

75

Mit dem Begriff „jung“ wird unmittelbar an das Lebensalter angeknüpft. Verstärkt wird diese Bezugnahme auf das Lebensalter durch die Verbindung mit dem Begriff „dynamisch“, der eine Eigenschaft beschreibt, die im Allgemeinen eher jüngeren als älteren Menschen zugeschrieben wird. Wird in einer Stellenausschreibung - wie hier - darauf hingewiesen, dass eine langfristige Perspektive in einem „jungen und dynamischen Team“ geboten wird, enthält dieser Hinweis regelmäßig nicht nur die Botschaft an potentielle Stellenbewerber/innen, dass die Mitglieder des Teams jung und deshalb dynamisch sind. Eine solche Angabe in einer Stellenanzeige kann aus der Sicht eines objektiven Empfängers zudem regelmäßig nur so verstanden werden, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin sucht, der/die in das Team passt, weil er/sie ebenso jung und dynamisch ist wie die Mitglieder des vorhandenen Teams. Die Annahme, dass mit der Beschreibung des Teams als „jung“ und „dynamisch“ der Zweck verfolgt wird, den potentiellen Bewerber/die potentielle Bewerberin darüber zu informieren, dass das Team selbst noch nicht lange Zeit besteht, ist demgegenüber fernliegend, wenn dieser Umstand nicht zugleich in der Stellenausschreibung erläutert wird. Sofern dies - wie hier - nicht der Fall ist, kann der Zweck einer solchen Stellenbeschreibung nur darin bestehen, einen zum vorhandenen Team passenden neuen Beschäftigten zu gewinnen. Andernfalls wäre die so formulierte Stellenbeschreibung ohne Aussagegehalt und damit überflüssig.

76

c) Das Landesarbeitsgericht wird demnach ggf. zu prüfen haben, ob die mit der Formulierung „in einem jungen und dynamischen Team“ bewirkte unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters nach § 8 AGG oder nach § 10 AGG zulässig ist. Dabei wird es zu beachten haben, dass sich sowohl § 8 AGG als auch § 10 AGG als für den Arbeitgeber günstige Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Diskriminierung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, hier des Alters, darstellen(vgl. hierzu etwa EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 72 und 81, Slg. 2011, I-8003; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569), weshalb den Arbeitgeber - hier die Beklagten - bereits nach den allgemeinen Regeln des nationalen Rechts die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der in den Bestimmungen enthaltenen Voraussetzungen trifft (zur Darlegungs- und Beweislast nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG vgl. etwa EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 83, Slg. 2011, I-6919).

77

aa) Nach § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

78

§ 8 Abs. 1 AGG dient der Umsetzung von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht. § 8 Abs. 1 AGG ist unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eng auszulegen. Eine Ungleichbehandlung wegen des Alters ist nach § 8 Abs. 1 AGG nur gerechtfertigt, wenn sämtliche in der Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Stellt ein Merkmal, das insbesondere mit dem Alter zusammenhängt, eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung dar, kann eine unterschiedliche Behandlung zudem nur unter sehr begrenzten Bedingungen gerechtfertigt sein (EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 71, Slg. 2011, I-8003).

79

Das Landesarbeitsgericht wird bei der Anwendung von § 8 Abs. 1 AGG zudem zu beachten haben, dass nicht der Grund, auf den die Ungleichbehandlung gestützt ist, sondern nur ein mit diesem Grund im Zusammenhang stehendes Merkmal eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellen kann und dass ein solches Merkmal - oder sein Fehlen - nur dann eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSd. § 8 Abs. 1 AGG ist, wenn davon die ordnungsgemäße Durchführung der Tätigkeit abhängt(vgl. etwa EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 66, Slg. 2011, I-8003; 12. Januar 2010 - C-229/08 - [Wolf] Rn. 35, Slg. 2010, I-1; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 34, BAGE 148, 158).

80

bb) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine nicht abschließende Aufzählung von Tatbeständen, nach denen unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters iSv. § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG insbesondere gerechtfertigt sein können(vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 45; 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 35, BAGE 133, 265; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07  - Rn. 40 , BAGE 129, 181 ).

81

Bei der Anwendung von § 10 AGG wird das Landesarbeitsgericht Folgendes zu beachten haben:

82

(1) § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht(dazu auch BAG 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 21, BAGE 147, 279), wobei die Richtlinie ihrerseits das primärrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts (EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 75, Slg. 2005, I-9981; BVerfG 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 2 BvR 1989/12 - Rn. 63, BVerfGE 139, 19) sowie das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Verbot der Diskriminierung wegen des Alters konkretisiert(EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 38, Slg. 2011, I-8003; BVerfG 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 - aaO). § 10 AGG ist unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen(dazu auch BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 17, BAGE 149, 315; 12. Juni 2013 - 7 AZR 917/11 - Rn. 32; 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 40).

83

(2) § 10 Satz 1 AGG definiert nicht, was unter einem legitimen Ziel zu verstehen ist. Für die Konkretisierung des Begriffs des legitimen Ziels ist deshalb auf Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG zurückzugreifen. Legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG, dh. Ziele, die als geeignet angesehen werden können, eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots von Diskriminierungen aus Gründen des Alters zu rechtfertigen, sind - obgleich die in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG enthaltene Aufzählung nicht erschöpfend ist (EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 80, Slg. 2011, I-8003) - wegen der als Beispiele genannten Bereiche Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung nur solche, die mit der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung im Zusammenhang stehen, und damit nur rechtmäßige Ziele aus dem Bereich „Sozialpolitik“ (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 81, aaO; dazu auch BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 36, BAGE 152, 134; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 790/12 - Rn. 26 mwN, BAGE 147, 89). Ziele, die als legitim iSd. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG angesehen werden können, stehen als „sozialpolitische Ziele“ im Allgemeininteresse. Dadurch unterscheiden sie sich von Zielen, die im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegen, wie Kostenreduzierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Dabei ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass eine nationale Vorschrift den Arbeitgebern bei der Verfolgung der sozialpolitischen Ziele einen gewissen Grad an Flexibilität einräumt (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 52, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569). Ein unabhängig von Allgemeininteressen verfolgtes Ziel eines Arbeitgebers kann eine Ungleichbehandlung jedoch nicht rechtfertigen (vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - aaO).

84

(3) Nach § 10 Satz 1 AGG reicht es - ebenso wie nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG - für die Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters nicht aus, dass der Arbeitgeber mit der unterschiedlichen Behandlung ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG verfolgt; hinzukommen muss nach § 10 Satz 2 AGG, dass die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Beides ist im Hinblick auf das konkret angestrebte Ziel zu beurteilen (vgl. etwa EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] Rn. 43; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 55 f.). Dabei sind in unionsrechtskonformer Auslegung von § 10 Satz 2 AGG die Mittel nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie es erlauben, das mit der unterschiedlichen Behandlung verfolgte Ziel zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen derjenigen Personen zu führen, die wegen ihres Alters benachteiligt werden(vgl. etwa EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] aaO; 26. Februar 2015 - C-515/13 - [Ingeniørforeningen i Danmark] Rn. 25; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 56) und die Maßnahme nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist (vgl. EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] aaO; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 59; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 65 mwN, Slg. 2005, I-9981).

85

(4) Um darzutun, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nach § 10 AGG gerechtfertigt ist, reicht es nicht aus, wenn der Arbeitgeber allgemein behauptet, dass die die unterschiedliche Behandlung bewirkende Maßnahme oder Regelung geeignet sei, der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung zu dienen. Derartige allgemeine Behauptungen lassen nämlich nicht den Schluss zu, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (vgl. EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 77, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 51, Slg. 2009, I-1569; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 65, Slg. 2005, I-9981; vgl. auch BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 35, BAGE 131, 61). Der Arbeitgeber hat hierzu vielmehr substantiierten Sachvortrag zu leisten (vgl. EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 82, aaO).

86

2. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Stelle, auf die der Kläger sich beworben hat, von der Beklagten zu 1. unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und deshalb die Vermutung iSv. § 22 AGG besteht, dass der Kläger im späteren Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde, wird es zu prüfen haben, ob die Beklagten Tatsachen vorgetragen und im Bestreitensfall bewiesen haben, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe, hier: das Alter, zu einer ungünstigeren Behandlung des Klägers geführt haben.

87

a) Solche Gründe können zwar idR nicht darin liegen, dass der Arbeitgeber - wie hier - später von einer Einstellung oder Beschäftigung eines anderen Bewerbers absieht, die Stelle also nach Beginn der eigentlichen Bewerberauswahl unbesetzt bleibt (vgl. im Einzelnen BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23 mwN). Die Auslegung und Anwendung von § 22 AGG darf nicht dazu führen, dass es der Arbeitgeber in der Hand hat, durch eine geeignete Verfahrensgestaltung die Chancen von Bewerbern und Bewerberinnen wegen der in § 1 AGG genannten Gründe so zu mindern, dass seine Entscheidung praktisch unangreifbar wird(vgl. BVerfG 21. September 2006 - 1 BvR 308/03 - Rn. 13 mwN, BVerfGK 9, 218). Eine andere Bewertung ist aber dann geboten, wenn der Arbeitgeber substantiiert vorträgt und ggf. beweist, dass das Auswahlverfahren aus sachlichen und nachvollziehbaren Gründen, zB weil zwischenzeitlich das Erfordernis, die Stelle überhaupt (neu) zu besetzen, entfallen ist, abgebrochen wurde, bevor die Bewerbung der klagenden Partei bei ihm eingegangen ist. In einem solchen Fall hat es kein Auswahlverfahren mehr gegeben, in dessen Verlauf die klagende Partei hätte diskriminiert werden können.

88

b) Entsprechendes kann gelten, sofern der Arbeitgeber substantiiert vorträgt und ggf. beweist, dass das Auswahlverfahren bereits abgeschlossen war, bevor die Bewerbung der klagenden Partei bei ihm eingegangen ist. Allerdings schließt der Umstand, dass eine ausgeschriebene Stelle bereits vor Eingang der Bewerbung der klagenden Partei besetzt wurde, nicht generell deren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG aus(BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 42). Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an, beispielsweise darauf, ob ggf. eine vom Arbeitgeber gesetzte Bewerbungsfrist unterlaufen wird und/oder ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine bereits vor Eingang einer Bewerbung erfolgte Stellenbesetzung gleichwohl zu einer Benachteiligung des nicht berücksichtigten Bewerbers führt (vgl. dazu BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 30; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - aaO).

89

c) Der Arbeitgeber kann die Vermutung, er habe die klagende Partei wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt, aber auch dadurch widerlegen, dass er substantiiert dazu vorträgt und im Bestreitensfall beweist, dass er bei der Behandlung aller Bewerbungen nach einem bestimmten Verfahren vorgegangen ist, das eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes ausschließt. Dies kann zum Beispiel anzunehmen sein, wenn der Arbeitgeber ausnahmslos alle Bewerbungen in einem ersten Schritt darauf hin sichtet, ob die Bewerber/innen eine zulässigerweise gestellte Anforderung erfüllen und er all die Bewerbungen von vornherein aus dem weiteren Auswahlverfahren ausscheidet, bei denen dies nicht der Fall ist. Der Arbeitgeber, der sich hierauf beruft, muss dann allerdings nicht nur darlegen und ggf. beweisen, dass ein solches Verfahren praktiziert wurde, sondern auch, dass er das Verfahren konsequent zu Ende geführt hat. Deshalb muss er auch substantiiert dartun und im Bestreitensfall beweisen, wie viele Bewerbungen eingegangen sind, welche Bewerber/innen aus demselben Grund ebenso aus dem Auswahlverfahren ausgenommen wurden, welche Bewerber/innen, weil sie die Anforderung erfüllten, im weiteren Auswahlverfahren verblieben sind und dass der/die letztlich ausgewählte Bewerber/in die Anforderung, wegen deren Fehlens die klagende Partei aus dem weiteren Auswahlverfahren vorab ausgenommen wurde, erfüllt.

90

Dabei muss sich die Anforderung, wegen deren Nichterfüllung die klagende Partei und ggf. andere Bewerber/innen aus dem weiteren Auswahlverfahren vorab ausgenommen werden, nicht ausdrücklich aus der Stellenausschreibung ergeben. Insoweit reicht es in jedem Fall aus, wenn die Anforderung in der Stellenausschreibung „Anklang“ gefunden hat oder sich aus dem in der Stellenausschreibung formulierten Anforderungsprofil ableiten lässt. Wird beispielsweise mit einer Stellenausschreibung eine Person gesucht, die über eine „herausragende“, „hervorragende“ oder „erstklassige“ (hier: juristische) Qualifikation verfügt, ist es jedenfalls dem privaten Arbeitgeber unbenommen, all die Bewerber/innen, die eine bestimmte Examensnote nicht erzielt haben, aus dem weiteren Auswahlverfahren auszunehmen. Jede/r Bewerber/in muss in einem solchen Fall bereits aufgrund der Stellenausschreibung damit rechnen, dass in einem Stellenbesetzungsverfahren, insbesondere wenn viele Bewerbungen eingehen, womöglich nur die Bewerbungen mit bestimmten Examensnoten eine Vorsichtung erfolgreich durchlaufen. Allerdings ist zu beachten, dass Anforderungen, die in der Stellenausschreibung keinen „Anklang“ gefunden haben und sich auch nicht aus dem in der Stellenausschreibung formulierten Anforderungsprofil ableiten lassen, vom Arbeitgeber seiner Vorauswahl nicht ohne Weiteres zugrunde gelegt werden dürfen. Insoweit muss der Arbeitgeber dartun und im Bestreitensfall beweisen, dass diese Anforderungen nicht nur vorgeschoben wurden (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 43 mwN, BAGE 131, 86).

91

d) Soweit der Arbeitgeber darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass die klagende Partei eine formale Qualifikation nicht aufweist oder eine formale Anforderung nicht erfüllt, die unverzichtbare Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit/des Berufs an sich ist, kann idR davon ausgegangen werden, dass die Bewerbung ausschließlich aus diesem Grund ohne Erfolg blieb; in einem solchen Fall besteht demzufolge idR kein Kausalzusammenhang zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund.

92

II. Sollte sich ergeben, dass nicht ausschließlich andere Gründe als das Alter zu einer ungünstigeren Behandlung des Klägers geführt haben, wird das Landesarbeitsgericht auf ein entsprechendes Vorbringen der Beklagten, das im Bestreitensfall zu beweisen wäre, auch der Frage nachzugehen haben, ob die unmittelbare Benachteiligung, die der Kläger durch die Nichtberücksichtigung im Auswahlverfahren wegen seines Alters erfahren hat, ausnahmsweise gerechtfertigt ist.

93

III. Sofern das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, das Benachteiligungsverbot des AGG sei verletzt und dem Kläger stehe nach § 15 Abs. 2 AGG dem Grunde nach eine Entschädigung zu, wird es zu beachten haben, dass auch bei der Beurteilung der angemessenen Höhe der festzusetzenden Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG alle Umstände des Einzelfalls, wie etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns und der Sanktionszweck der Entschädigungsnorm zu berücksichtigen sind(vgl. ua. BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 44, BAGE 148, 158; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 38; 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - Rn. 38; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 82 mwN, BAGE 129, 181). Die Entschädigung muss einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz gewährleisten (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63; 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - aaO). Die Härte der Sanktionen muss der Schwere des Verstoßes entsprechen, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63 mwN; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - aaO).

94

D. Im Hinblick auf die vom Landesarbeitsgericht zu treffende Kostenentscheidung weist der Senat darauf hin, dass sich diese - entgegen der Rechtsauffassung des Klägers - nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 91 ff. ZPO richtet, wobei bei einem nur teilweisen Obsiegen/Unterliegen des Klägers Veranlassung bestehen kann, von der in § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch zu machen. Zwar trifft es zu, dass Verfahren, die Klagen wegen Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zum Gegenstand haben, nicht weniger günstig gestaltet sein dürfen als Klageverfahren, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz) und dass die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden darf (Grundsatz der Effektivität) (st. Rspr. des EuGH, vgl. nur 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 61 mwN). Dies ist aber bei Anwendung der §§ 91 ff. ZPO, nach denen sich der gerichtliche Kostenausspruch generell und einheitlich nach Obsiegen und Unterliegen richtet, ohne nach der „Herkunft“ des geltend gemachten Klageanspruchs zu differenzieren, nicht der Fall.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    Der ehrenamtliche Richter Dr. Volz ist
an der Unterschriftsleistung verhindert.
Schlewing    

        

    B. Stahl    

                 

Ein Arbeitsplatz darf nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 ausgeschrieben werden.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Ein Arbeitsplatz darf nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 ausgeschrieben werden.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 28. Januar 2014 - 2 Sa 50/13 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch darüber, ob die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.

2

Der 1953 geborene Kläger ist promoviert und als Einzelanwalt in R schwerpunktmäßig in den Bereichen Arbeitsrecht, Arztrecht, Arzthaftungsrecht, Medizinrecht, Erbrecht, Familienrecht, Forderungsbeitreibung, Mietrecht, Strafrecht und Zivilrecht tätig. In den Jahren 1979 und 1983 absolvierte er die beiden juristischen Staatsprüfungen in Baden-Württemberg und erzielte dabei jeweils die Note befriedigend (7 Punkte).

3

Die Beklagte zu 1. ist eine im Jahr 2009 gegründete Partnerschaft von Rechtsanwälten in H, die Beklagten zu 2. bis 4. sind die hierin verbundenen Partner. Die Kanzlei ist auf das öffentliche Wirtschaftsrecht, das Bau- und Immobilienrecht, PPP-Projekte sowie das Vergaberecht spezialisiert. Alle bei den Beklagten angestellten Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen haben die beiden juristischen Staatsexamina mit Abschlussnoten von jeweils mindestens 9 Punkten (vollbefriedigend) bestanden.

4

Im November 2012 veröffentlichte die Beklagte zu 1. in der Neuen Juristischen Wochenschrift (im Folgenden NJW) eine Stellenanzeige, die auszugsweise den folgenden Inhalt hat:

        

„…      

        

Zur Verstärkung unseres Teams suchen wir einen Rechtsanwalt (m/w) mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung für die Bereiche

        

•       

Immobilienwirtschaftsrecht, Baurecht, Projektentwicklungen

        

•       

Öffentliches Wirtschaftsrecht, Vergaberecht, PPP

        

Wir bieten Ihnen erstklassige Arbeitsbedingungen in einem professionellen Umfeld und eine langfristige Perspektive in einem jungen und dynamischen Team. Sie werden in einem fundierten und praxisorientierten Aus-/Weiterbildungsprogramm weiter qualifiziert und spezialisiert. In die Bearbeitung bedeutender Mandate werden Sie von Anfang an verantwortlich einbezogen.

        

Wir erwarten von Ihnen Persönlichkeit, Teamgeist, Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen und eine erstklassige juristische Qualifikation. Bewerber(innen) mit Berufserfahrung haben idealerweise in einer wirtschaftsberatenden Sozietät in einem der Bereiche Öffentliches Recht oder Immobilienwirtschaftsrecht gearbeitet.

        

…“    

5

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 9. November 2012 bei der Beklagten zu 1. auf die ausgeschriebene Stelle. In seinem Anschreiben, dem weitere Bewerbungsunterlagen beigefügt waren, heißt es:

        

„…      

        

ich bewerbe mich auf Ihre Stellenanzeige. Ich bin seit 1988 hier in R als Rechtsanwalt tätig, jedoch örtlich ungebunden. Ich habe, wie aus den beigefügten Bewerbungsunterlagen ersichtlich, zwei Prädikatsexamen und bin darüber hinaus promoviert. Das Wirtschaftsrecht und Immobilienwirtschaftsrecht kenne ich umfänglich aus meiner langjährigen beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt.

        

Sehr gute Englischkenntnisse sind selbstverständlich.

        

Ich freue mich, demnächst von Ihnen zu hören und bleibe

        

mit freundlichen kollegialen Grüßen

        

…“    

6

Mit Schreiben vom 19. November 2012 teilte die Beklagte zu 1. dem Kläger mit:

        

„…,     

        

vielen Dank für Ihre Bewerbung und das damit verbundene Interesse an einer Beschäftigung in unserer Kanzlei. Ihre Bewerbung zeigt viele gute Qualifikationen.

        

Auf unsere Anzeige haben wir eine Vielzahl von Bewerbungen erhalten. Leider können wir Ihre Bewerbung derzeit nicht berücksichtigen. Ihre Bewerbungsunterlagen übersenden wir Ihnen daher anliegend mit herzlichem Dank zurück.

        

Für Ihre Zukunft und die weitere Suche nach einer beruflichen Herausforderung wünschen wir Ihnen viel Erfolg.

        

…“    

7

Der Kläger machte daraufhin mit einem an die Beklagte zu 1. gerichteten Schreiben vom 26. November 2012 Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz geltend. In diesem Schreiben heißt es:

        

„…,    

        

ich hatte mich mit Schreiben vom 9. November 2012 unter Beifügung von Bewerbungsunterlagen auf die von Ihnen in der NJW 2012 ausgeschriebene Stelle als Rechtsanwalt beworben. Mit Schreiben vom 19. November 2012 haben Sie die Bewerbungsunterlagen an mich zurückgesendet und mitgeteilt, daß Sie meine Bewerbung derzeit nicht berücksichtigen können.

        

Die Behandlung meiner Bewerbung erfolgte ganz offensichtlich unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 AGG. Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Arbeitgeber Beschäftigte nicht wegen ihres Alters oder wegen eines anderen in § 1 genannten Grundes benachteiligen. Das gilt auch für Stellenbewerber (§ 6 Abs. 1 Satz 2 AGG). Daß Sie gegen diese Vorschrift verstoßen haben, belegt bereits ein Blick in die Stellenanzeige, wo ganz offen gesagt wird, man suche einen Rechtsanwalt (m/w) mit ‚0-2 Jahren Berufserfahrung‘ mithin jüngeren Alters.

        

Sie schulden demnach eine Entschädigung und Schadensersatz nach § 15 AGG. Mangels genauer Kenntnis der näheren Umstände und der von Ihnen gezahlten Gehälter etc. können diese Forderungen derzeit nur geschätzt werden. Insoweit fordere ich eine angemessene Entschädigung in Höhe von 10.000,00 EUR und Schadensersatz in Höhe von 50.000,00 EUR. Hinzu kommen meine unten berechneten Rechtsanwaltsgebühren, so daß bis spätestens

        

Montag, den 10. Dezember 2012

        

insgesamt (10.000,00 EUR+50.000,00 EUR

        

+1.761,08 EUR)

        

61.761,08 EUR

        

auf mein Konto bei der S zu zahlen sind andernfalls ich ohne Weiteres Klage erheben werde.

        

Sollte der oben genannte Betrag pünktlich gezahlt werden, werde ich keine weiteren Forderungen mehr geltend machen, was hiermit ausdrücklich versichert wird.

        

Für den Fall der Fristversäumung fordere ich Sie bereits jetzt auf, Auskunft über die eingestellten Bewerber und deren Qualifikation sowie deren Bezahlung zu erteilen.

        

…“    

8

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2012 wies die Beklagte zu 1. die Ansprüche des Klägers zurück. Die ausgeschriebene Stelle wurde letztlich nicht besetzt, weil sich das auf dieser Stelle zu bearbeitende Projekt verschob.

9

Mit seiner am 13. Dezember 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst Auskunft über die Jahresvergütung der in der NJW ausgeschriebenen Stelle sowie Entschädigung und Schadensersatz in Höhe der erteilten Auskunft nebst Zinsen begehrt. Seit der Berufungsinstanz verfolgt der Kläger ausschließlich den Antrag auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG weiter. Die auf der ausgeschriebenen Stelle erzielbare Jahresvergütung hat er mit 60.000,00 Euro beziffert.

10

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Ablehnung seiner Bewerbung beruhe auf einer Benachteiligung wegen seines Alters. Mit der Stellenanzeige in der NJW hätten die Beklagten ausdrücklich eine Berufserfahrung von nur „0 - 2 Jahren“ erwartet und die Mitarbeit in einem „jungen und dynamischen Team“ angekündigt. Dieser Umstand begründe die Vermutung, dass er wegen seines Alters benachteiligt worden sei. Die Beklagten hätten weder dargelegt noch bewiesen, dass eine nach dem AGG unzulässige Benachteiligung nicht vorliege. Er sei auch objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet, die er bei diskriminierungsfreier Auswahl hätte erhalten müssen. Seine juristische Qualifikation sei als erstklassig iSd. Stellenanzeige anzusehen. Vor dem Hintergrund seiner Promotion und seiner Berufserfahrung von 30 Berufsjahren komme es nicht in erster Linie auf die von ihm erzielten Examensnoten an, mit denen er sich im Übrigen sogar im oberen Fünftel (1. Staatsexamen) bzw. im oberen Drittel (2. Staatsexamen) aller Absolventen befunden habe. Seinem Entschädigungsanspruch stehe auch nicht der durchgreifende Rechtsmissbrauchseinwand entgegen. Eine Vielzahl erhobener Entschädigungsklagen reiche nicht aus, um den Einwand des Rechtsmissbrauchs zu begründen. Er habe auch zu keinem Zeitpunkt geäußert, dass er sich nur beworben habe, um einen Entschädigungsanspruch geltend machen zu können. In dem Telefonat mit dem Beklagten zu 3. am 27. November 2012 habe er lediglich gesagt, dass es, nachdem seine Bewerbung abgelehnt worden sei, nicht um eine Heilung des Verstoßes gegen das AGG gehen könne.

11

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

12

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Sie haben die Auffassung vertreten, der Kläger sei schon kein Bewerber iSd. AGG, da er sich nicht ernsthaft auf die ausgeschriebene Stelle beworben habe. Die mangelnde Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung ergebe sich ua. aus einem Bericht in der Zeitschrift J, wonach der Kläger sich in zahlreichen Fällen auf ihm diskriminierend erscheinende Stellenanzeigen beworben und anschließend Entschädigung und Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG eingeklagt habe. Auch habe er im Rahmen eines Telefongesprächs am 27. November 2012 mit dem Beklagten zu 3. geäußert, er habe kein Interesse an einer Mitarbeit in der Kanzlei der Beklagten zu 1., sondern wolle lediglich eine Zahlung. Zudem wirke sich aus, dass der Kläger die ausgeschriebene Stelle auch überhaupt nicht habe antreten können, weil er als Einzelanwalt ein laufendes Dezernat mit laufenden Mandatsverhältnissen nicht kurzfristig habe aufgeben können. Jedenfalls sei die Bewerbung des Klägers rechtsmissbräuchlich erfolgt. Der Kläger sei für die ausgeschriebene Stelle auch objektiv nicht geeignet gewesen. Seine Examensergebnisse belegten nicht die in der Stellenausschreibung geforderte „erstklassige juristische Qualifikation“. Im Übrigen sei die von der Beklagten zu 1. in der NJW veröffentlichte Stellenausschreibung auch nicht diskriminierend. Sie beziehe sich nicht auf das Alter potentieller Bewerber. „0 - 2 Jahre Berufserfahrung“ könnten auch ältere Berufswechsler aufweisen; die Formulierung „in einem jungen und dynamischen Team“ sei ausschließlich im Zusammenhang mit einer Selbstdarstellung der Kanzlei zu sehen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger hat hiergegen teilweise Berufung eingelegt, soweit das Arbeitsgericht seinen Antrag auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG abgewiesen hat. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Entschädigungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Berufung des Klägers nicht zurückgewiesen werden. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Ob und ggf. in welchem Umfang die zulässige Klage begründet ist, kann vom Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden; den Parteien ist zudem Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

15

A. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

16

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG. Zum einen sei der Kläger wegen der nur mit „befriedigend“ bestandenen zwei Staatsexamina für die ausgeschriebene Stelle objektiv nicht geeignet, weshalb es an dem Erfordernis der „vergleichbaren Situation“ iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG fehle. Vergleichbar seien nur Bewerber/innen, die das Anforderungsmerkmal der Stellenausschreibung „erstklassige juristische Qualifikation“ erfüllten. Zudem stehe dem Entschädigungsanspruch des Klägers der durchgreifende Rechtsmissbrauchseinwand entgegen. Der Kläger sei nicht ernsthaft an der Stelle interessiert gewesen, sondern habe sich nur beworben, um eine Entschädigung verlangen zu können. Bereits der Inhalt seines Bewerbungsschreibens spreche für die mangelnde Ernsthaftigkeit der Bewerbung. Das Schreiben enthalte überwiegend formelhafte, nichtssagende Wendungen, mit denen der Kläger nur scheinbar konkret auf die Stellenanzeige und die in Aussicht gestellte Tätigkeit nebst deren Anforderungsprofil eingehe. Zudem lasse sich dem Bewerbungsschreiben nicht entnehmen, was den Kläger gerade an der ausgeschriebenen Tätigkeit interessiere und weshalb er, nachdem er bereits lange Jahre als selbstständiger Rechtsanwalt in R tätig sei, Interesse an einer Berufsausübung in H habe. Gegen die Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung spreche zudem der in dem Artikel der Zeitschrift „J“ geschilderte Sachverhalt, wonach der Kläger sich unabhängig vom Rechtsgebiet, der Kanzlei oder dem Einsatzort stets auf Stellenanzeigen bewerbe, in denen Berufseinsteiger und Berufseinsteigerinnen oder Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen mit erster Berufserfahrung gesucht würden und im Fall der Ablehnung 60.000,00 Euro fordere. Nach den Recherchen der Zeitschrift habe der Kläger allein im Jahr 2013 sechzehn derartige Entschädigungsklagen anhängig gemacht, wobei er in noch weiteren Fällen die Anforderungen an die ausgeschriebene Stelle offensichtlich nicht erfüllt habe. Auch wenn allein eine Vielzahl von Entschädigungsklagen kein Indiz für einen Rechtsmissbrauch darstelle, stelle sich dies anders dar, wenn sich jemand ausschließlich auf Stellen bewerbe, die unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben worden seien. Davon sei im vorliegenden Fall auszugehen, da der Kläger auch nicht dargetan habe, dass er sich entgegen den Angaben in dem in der Zeitschrift „J“ erschienenen Artikel auch noch auf weitere, keinen Anlass für die Annahme einer Diskriminierung bietende Stellenanzeigen beworben habe.

17

II. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

18

1. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage nicht mit der Begründung abweisen, der Kläger sei für die ausgeschriebene Stelle objektiv nicht geeignet, weshalb es an dem Erfordernis der „vergleichbaren Situation“ iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG fehle. Vielmehr befinden sich, soweit es um eine - insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung - zu treffende Auswahlentscheidung des Arbeitgebers geht, Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29).

19

a) Zwar ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass das Vorliegen einer „vergleichbaren Situation“ bzw. „vergleichbaren Lage“ nicht nur im Rahmen von § 3 Abs. 1 AGG, der die unmittelbare Benachteiligung zum Gegenstand hat, sondern auch im Rahmen von § 3 Abs. 2 AGG, der die mittelbare Benachteiligung definiert, von Bedeutung ist.

20

aa) Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters. Dabei verbietet § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

21

bb) § 3 Abs. 2 AGG enthält nach seinem Wortlaut - anders als dies bei § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG der Fall ist - nicht ausdrücklich das Erfordernis „in einer vergleichbaren Situation“. Da allerdings das Diskriminierungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG der spezifische Ausdruck des allgemeinen Gleichheitssatzes ist und die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung generell verlangen, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt ist(vgl. ua. EuGH 20. September 2007 - C-116/06 - [Kiiski] Rn. 54, Slg. 2007, I-7643; 26. Juni 2001 - C-381/99 - [Brunnhofer] Rn. 28, Slg. 2001, I-4961), ist auch bei einer mittelbaren Diskriminierung die Frage nach einer „vergleichbaren Situation“ bzw. einer „vergleichbaren Lage“ von Bedeutung (vgl. ua. EuGH 28. Juni 2012 - C-172/11 - [Erny] Rn. 39 - 41; 16. Juli 2009 - C-537/07 - [Gómez-Limón] Rn. 54 - 56, Slg. 2009, I-6525; 12. Oktober 2004 - C-313/02 - [Wippel] Rn. 56 f., Slg. 2004, I-9483).

22

b) Soweit das Landesarbeitsgericht allerdings angenommen hat, vergleichbar sei die Auswahlsituation nur für Bewerber/innen, die gleichermaßen für die zu besetzende Stelle objektiv geeignet seien, was beim Kläger nicht der Fall sei, da dieser wegen der nur mit „befriedigend“ bestandenen Staatsexamina das Anforderungsmerkmal der Stellenausschreibung „erstklassige juristische Qualifikation“ nicht erfülle, hält dies einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

23

aa) Zwar befindet sich eine Person nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats nur dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie für die ausgeschriebene Stelle „objektiv geeignet“ ist (vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 18; 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 29; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 20 ff.; 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 28, BAGE 144, 275; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 37; ausdrücklich offengelassen neuerdings von BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 19 ff.; 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 21; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 29). Dies hat der Senat im Wesentlichen damit begründet, dass eine Benachteiligung nur angenommen werden könne, wenn eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet sei, nicht ausgewählt oder nicht in Betracht gezogen worden sei. Könne hingegen auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stehe dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, das nur vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht aber eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren wolle.

24

bb) An dieser Rechtsprechung hält der Senat allerdings nicht fest.

25

(1) Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 20. Januar 2016 (- 8 AZR 194/14 - Rn. 19 ff.) sowie vom 22. Oktober 2015 (- 8 AZR 384/14 - Rn. 21 ff.) ausgeführt hat, spricht gegen das Erfordernis der „objektiven Eignung“ bereits der Umstand, dass § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG den Entschädigungsanspruch für Personen, die „bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden“ wären, nicht ausschließt, sondern lediglich der Höhe nach begrenzt. Denn auch bei „benachteiligungsfreier Auswahl“ würden die Bewerber nicht eingestellt, denen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle fehlt.

26

(2) Könnte nur ein „objektiv geeigneter“ Bewerber eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG beanspruchen, würde dies auch dazu führen, dass ihm die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung - hier: durch die Richtlinie 2000/78/EG - verliehenen Rechte entgegen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union(ua. EuGH 16. Januar 2014 - C-429/12 - [Pohl] Rn. 23; vgl. auch BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 28) durch einen zu eng gefassten Vergleichsmaßstab praktisch unmöglich gemacht, jedenfalls aber übermäßig erschwert würde.

27

(a) Das Erfordernis der „objektiven Eignung“ des Anspruchstellers als Kriterium der vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG würde den Entschädigungsprozess mit der schwierigen Abgrenzung der „objektiven Eignung“ von der „individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation“ belasten und dadurch die Wahrnehmung der durch das AGG und die Richtlinie 2000/78/EG verliehenen Rechte erschweren.

28

Insoweit hat der Senat in seiner Rechtsprechung stets ausgeführt, dass maßgeblich für die objektive Eignung nicht allein das formelle Anforderungsprofil sei, welches der Arbeitgeber erstellt habe, sondern dass es insoweit auf die Anforderungen ankomme, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber zulässigerweise stellen dürfe. Der Arbeitgeber dürfe an den/die Bewerber/in keine Anforderungen stellen, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt seien (vgl. etwa BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 21 mwN; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 38; 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08  - Rn. 55). Die objektive Eignung sei allerdings zu unterscheiden von der individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation des Bewerbers, die nur als Kriterium der Auswahlentscheidung auf der Ebene der Kausalität zwischen Benachteiligung und Grund iSv. § 1 AGG eine Rolle spiele. Damit werde gewährleistet, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich frei entscheiden könne, wie Art. 12 Abs. 1 GG es gebiete, aber nicht durch das Stellen hierfür nicht erforderlicher Anforderungen an Bewerber die Vergleichbarkeit der Situation selbst gestalten und den Schutz des AGG de facto beseitigen könne. Denn auch Bewerber, welche die auf der zu besetzenden Stelle auszuübenden Tätigkeiten grundsätzlich verrichten könnten, ohne aber jede Voraussetzung des Anforderungsprofils zu erfüllen, bedürften des Schutzes vor Diskriminierung, weil gerade Anforderungsprofile in Stellenanzeigen häufig Qualifikationen benennen, deren Vorhandensein der Arbeitgeber sich für den Idealfall zwar wünsche, die aber keinesfalls zwingende Voraussetzung einer erfolgreichen Bewerbung seien (vgl. etwa BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 39; 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 55).

29

(b) Das Erfordernis der „objektiven Eignung“ des Anspruchstellers als Kriterium der vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG würde die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 AGG aber auch aus einem anderen Grund übermäßig erschweren.

30

Wie der Senat in seinen Urteilen vom 20. Januar 2016 (- 8 AZR 194/14 - Rn. 19 ff.) sowie vom 22. Oktober 2015 (- 8 AZR 384/14 - Rn. 21 ff.) ebenfalls ausgeführt hat, kann die Frage, ob eine „vergleichbare Situation“ bzw. eine „vergleichbare Lage“ iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG vorliegt, nicht ohne Vergleichsbetrachtung beantwortet werden. Denn an einer „vergleichbaren Situation“ oder „vergleichbaren Lage“ würde es - soweit es um die „objektive Eignung“ der/des Bewerberin/Bewerbers geht - nur dann fehlen, wenn diese/r die geforderte „objektive Eignung“ nicht aufweist, während andere Bewerber/innen, jedenfalls aber der/die ausgewählte Bewerber/in objektiv geeignet sind. Das aus dem Merkmal der vergleichbaren Situation abgeleitete Erfordernis der „objektiven Eignung“ des Bewerbers würde mithin zu einer Verengung des Vergleichsmaßstabs führen. Hierdurch würde die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 AGG übermäßig erschwert. Dies gilt zunächst, soweit den/die Bewerber/in für das Vorliegen einer vergleichbaren Situation oder vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG die volle Darlegungs- und Beweislast treffen sollte. Dies gilt aber auch dann, wenn vor dem Hintergrund, dass dem/der Bewerber/in in der Regel nicht bekannt ist, wer sich außer ihm/ihr mit welcher Qualifikation/Eignung auf die ausgeschriebene Stelle beworben hat und für welchen Bewerber/welche Bewerberin der potentielle Arbeitgeber sich entschieden hat und er/sie gegen diesen auch keinen dahingehenden Auskunftsanspruch hat (vgl. BAG 25. April 2013 - 8 AZR 287/08 - Rn. 56 unter Hinweis auf EuGH 19. April 2012C-415/10  - [Meister]), von einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast auszugehen wäre, wonach es ausreichen würde, wenn der/die Bewerber/in die objektive Eignung anderer Bewerber/innen oder des/der letztlich eingestellten Bewerbers/Bewerberin bestreitet mit der Folge, dass der Arbeitgeber dann jedenfalls zur objektiven Eignung dieser Personen substantiiert vorzutragen hätte. In diesem Fall würde der Prozess in der Regel mit einer aufwändigen Tatsachenfeststellung und Klärung der Eignung oder Nichteignung der anderen Bewerber/innen, jedenfalls aber des/der ausgewählten Bewerbers/Bewerberin belastet, ohne dass sich in den Bestimmungen des AGG und den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere in denen der Richtlinie 2000/78/EG für die Zulässigkeit einer solchen Verengung des Vergleichsmaßstabs hinreichende Anhaltspunkte finden (vgl. BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 21; 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 23).

31

(c) Es kommt hinzu, dass das Erfordernis der „objektiven Eignung“ der/des Bewerberin/Bewerbers als Kriterium der vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 AGG dann nahezu praktisch unmöglich machen würde, wenn diese/r die/der einzige Bewerber/in um die Stelle war. In diesem Fall existiert nämlich keine konkrete Vergleichsperson; vielmehr würde es nach § 3 Abs. 1 AGG auf eine hypothetische Vergleichsperson ankommen, deren objektive Eignung oder Nichteignung sich nicht feststellen ließe.

32

2. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage aber auch nicht mit der Begründung abweisen, der vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG sei dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand(§ 242 BGB)ausgesetzt. Dabei kann offenbleiben, ob dem Entschädigungsverlangen des Klägers - entgegen dessen Rechtsauffassung - überhaupt der Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB entgegengehalten werden kann. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Voraussetzungen des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands seien im vorliegenden Verfahren erfüllt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Aus diesem Grund kommt es auf die Antwort des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache - C-423/15 - [Kratzer] auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 18. Juni 2015 (- 8 AZR 848/13 (A) -) nicht an.

33

a) Nach Auffassung des Senats spricht alles dafür, dass der vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand(§ 242 BGB)ausgesetzt wäre, sofern dieser sich nicht beworben haben sollte, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihm darum gegangen sein sollte, nur den formalen Status als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen.

34

aa) Nach § 242 BGB sind durch unredliches Verhalten begründete oder erworbene Rechte oder Rechtsstellungen grundsätzlich nicht schutzwürdig. Der Ausnutzung einer rechtsmissbräuchlich erworbenen Rechtsposition kann demnach der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen (vgl. etwa BAG 17. März 2016 - 8 AZR 677/14 - Rn. 44; 21. Oktober 2014 - 3 AZR 866/12 - Rn. 48; 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - Rn. 33; BGH 6. Februar 2002 - X ZR 215/00 - zu I 2 c der Gründe; 6. Oktober 1971 - VIII ZR 165/69 - zu I der Gründe, BGHZ 57, 108). Allerdings führt nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der Ausübung der hierdurch erlangten Rechtsstellung. Hat der Anspruchsteller sich die günstige Rechtsposition aber gerade durch ein treuwidriges Verhalten verschafft, liegt eine unzulässige Rechtsausübung iSv. § 242 BGB vor(etwa BGH 28. Oktober 2009 - IV ZR 140/08 - Rn. 21).

35

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen, die den - rechtshindernden - Einwand des Rechtsmissbrauchs begründen, trägt nach den allgemeinen Regeln der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast derjenige, der diesen Einwand geltend macht (vgl. ua. BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 848/13 (A) - Rn. 26; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 37; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 54).

36

bb) Danach hätte der Kläger die Rechtsstellung als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG treuwidrig erworben mit der Folge, dass die Ausnutzung dieser Rechtsposition rechtsmissbräuchlich wäre, wenn er sich nicht beworben haben sollte, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihm darum gegangen sein sollte, nur den formalen Status als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen(vgl. etwa BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 53 mwN; vgl. auch BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 33, BVerwGE 139, 135).

37

Nach § 1 AGG ist es das Ziel des AGG, in seinem Anwendungsbereich Benachteiligungen aus den in dieser Bestimmung genannten Gründen zu verhindern oder zu beseitigen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG wird auch der Zugang zur Beschäftigung vom sachlichen Anwendungsbereich des AGG erfasst. Nach dieser Bestimmung sind Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund nach Maßgabe des Gesetzes ua. unzulässig in Bezug auf die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit. Aus diesem Grund fallen nicht nur Beschäftigte iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 AGG, sondern auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG unter den persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes, sie gelten danach als Beschäftigte iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 AGG.

38

Bereits mit diesen Bestimmungen des AGG hat der nationale Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass nur derjenige den Schutz des AGG vor Diskriminierung einschließlich der in § 15 AGG geregelten Ersatzleistungen für sich beanspruchen kann, der auch tatsächlich Schutz vor Diskriminierung beim Zugang zur Erwerbstätigkeit sucht und dass hingegen eine Person, die mit ihrer Bewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG erlangen will mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend zu machen, sich nicht auf den durch das AGG vermittelten Schutz berufen kann; sie kann nicht Opfer einer verbotenen Diskriminierung sein mit der Folge, dass ihr die in § 15 AGG vorgesehenen Sanktionen mit abschreckender Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber(vgl. etwa EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63) zugutekommen müssten. Eine Person, die ihre Position als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG treuwidrig herbeiführt, missbraucht vielmehr den vom AGG gewährten Schutz vor Diskriminierung.

39

cc) Nach Auffassung des Senats begegnet der Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB unter diesen engen Voraussetzungen auch keinen unionsrechtlichen Bedenken.

40

(1) Das Verbot des Rechtsmissbrauchs ist ein anerkannter Grundsatz des Unionsrechts (vgl. ua. EuGH 28. Januar 2016 - C-50/14 - [CASTA ua.] Rn. 65). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Unionsrecht nicht gestattet (etwa EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 55 mwN; 9. März 1999 - C-212/97 - [Centros] Rn. 24, Slg. 1999, I-1459; 2. Mai 1996 - C-206/94 - [Paletta] Rn. 24, Slg. 1996, I-2357).

41

(2) Dabei ergeben sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den Voraussetzungen, unter denen Rechtsmissbrauch angenommen werden kann, vergleichbar strenge Anforderungen wie nach deutschem Recht.

42

Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis verlangt das Vorliegen eines objektiven und eines subjektiven Elements. Hinsichtlich des objektiven Elements muss sich aus einer Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergeben, dass trotz formaler Einhaltung der in der betreffenden Unionsregelung vorgesehenen Bedingungen das Ziel dieser Regelung nicht erreicht wurde. In Bezug auf das subjektive Element muss aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte (ua. EuGH 17. Dezember 2015 - C-419/14 - [WebMindLicenses] Rn. 36 mwN) die Absicht ersichtlich sein, sich einen ungerechtfertigten Vorteil aus der Unionsregelung dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden (zu der hier einschlägigen Richtlinie 2000/78/EG vgl. EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 56 mwN; vgl. iÜ. etwa EuGH 13. März 2014 - C-155/13 - [SICES ua.] Rn. 31 ff.; 16. Oktober 2012 - C-364/10 - [Ungarn/Slowakei] Rn. 58; 21. Februar 2006 - C-255/02 - [Halifax ua.] Rn. 74 ff., Slg. 2006, I-1609; 21. Juli 2005 - C-515/03 - [Eichsfelder Schlachtbetrieb] Rn. 39, Slg. 2005, I-7355; 14. Dezember 2000 - C-110/99 - [Emsland-Stärke] Rn. 52 und 53, Slg. 2000, I-11569). Das Missbrauchsverbot ist allerdings nicht relevant, wenn das fragliche Verhalten eine andere Erklärung haben kann als nur die Erlangung eines Vorteils (etwa EuGH 13. März 2014 - C-155/13 - [SICES ua.] Rn. 33; 21. Februar 2006 - C-255/02 - [Halifax ua.] Rn. 75). Die Prüfung, ob die Tatbestandsvoraussetzungen einer missbräuchlichen Praxis erfüllt sind, hat gemäß den Beweisregeln des nationalen Rechts zu erfolgen. Diese Regeln dürfen jedoch die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigen (ua. EuGH 17. Dezember 2015 - C-419/14 - [WebMindLicenses] Rn. 65 mwN).

43

(3) Sowohl aus dem Titel, als auch aus den Erwägungsgründen und dem Inhalt und der Zielsetzung der Richtlinie 2000/78/EG folgt, dass diese einen allgemeinen Rahmen schaffen soll, der gewährleistet, dass jeder „in Beschäftigung und Beruf“ gleichbehandelt wird, indem dem Betroffenen ein wirksamer Schutz vor Diskriminierungen aus einem der in ihrem Art. 1 genannten Gründe - darunter das Alter - geboten wird(ua. EuGH 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 23; 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs und Mai] Rn. 49, Slg. 2011, I-7965). Ferner ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG - ebenso wie aus Art. 1 Satz 2 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/54/EG -, dass diese Richtlinie für eine Person gilt, die eine Beschäftigung sucht und dies auch in Bezug auf die Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen für diese Beschäftigung (vgl. EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 33).

44

Damit spricht alles dafür, dass eine Person, die mit ihrer Bewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG erlangen will mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend zu machen, auch nach Unionsrecht rechtsmissbräuchlich handelt.

45

b) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Voraussetzungen des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands seien im vorliegenden Verfahren erfüllt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

46

aa) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob bei einer bestimmten Sachlage ein Verstoß gegen § 242 BGB und damit eine unzulässige Rechtsausübung vorliegt, ist in der Revisionsinstanz als Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs nur eingeschränkt überprüfbar(vgl. etwa BAG 16. Oktober 2012 - 9 AZR 183/11 - Rn. 25, BAGE 143, 194; 19. August 2010 - 8 AZR 645/09 - Rn. 66; 9. Dezember 2009 - 10 AZR 850/08 - Rn. 34 mwN; 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 31, BAGE 131, 215; BGH 7. Oktober 2015 - VIII ZR 247/14 - Rn. 25 mwN). Die revisionsrechtliche Kontrolle beschränkt sich darauf zu prüfen, ob das Landesarbeitsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es sich bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die maßgebliche Rechtsnorm den Vorgaben von § 286 Abs. 1 ZPO entsprechend mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und des Weiteren rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt.

47

bb) Das Berufungsurteil hält einer solchen eingeschränkten Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsbegriff des Rechtsmissbrauchs iSv. § 242 BGB verkannt und diese Bestimmung in einer Weise ausgelegt und angewandt, die das Benachteiligungsverbot des AGG und der Richtlinie 2000/78/EG zu unterlaufen geeignet ist. Die vom Landesarbeitsgericht seiner Würdigung zugrunde gelegten Umstände lassen weder jeweils für sich betrachtet noch in der Gesamtschau den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers zu.

48

(1) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts lassen sich dem Bewerbungsschreiben des Klägers vom 9. November 2012 bereits keine objektiven Umstände entnehmen, die den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers erlauben würden. Soweit das Landesarbeitsgericht ausführt, dieses Schreiben enthalte überwiegend formelhafte, nichtssagende Wendungen, mit denen der Kläger nur scheinbar konkret auf die Stellenanzeige und die in Aussicht gestellte Tätigkeit nebst deren Anforderungsprofil eingehe, es lasse sich dem Bewerbungsschreiben auch nicht entnehmen, was den Kläger gerade an der ausgeschriebenen Tätigkeit interessiere und weshalb er, nachdem er bereits lange Jahre als selbstständiger Rechtsanwalt in R tätig sei, Interesse an einer Berufsausübung in H habe, legt es seiner Würdigung seine Vorstellungen darüber zugrunde, wodurch sich ein gutes, ansprechendes und erfolgversprechendes Bewerbungsschreiben auszeichnet. Wie viel „Mühe“ ein Bewerber sich mit seinem Bewerbungsschreiben gegeben hat, wie ansprechend seine Präsentation ist und wie eindringlich und überzeugend er ein Interesse an der ausgeschriebenen Stelle bekundet hat, mag zwar ein Umstand sein, der für die konkrete Auswahlentscheidung des Arbeitgebers den Ausschlag geben kann. Es existiert hingegen weder ein Erfahrungssatz des Inhalts, dass nur derjenige, der ein solches Bewerbungsschreiben verfasst, an der Stelle interessiert ist, noch der gegenteilige Erfahrungssatz, dass derjenige, dessen Bewerbungsschreiben diesen Vorgaben nicht entspricht, sich nur mit dem Ziel bewirbt, die formale Position des Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 2 AGG geltend machen zu können.

49

(2) Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Entschädigungsanspruch des Klägers sei deshalb dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt, weil dieser sich unabhängig vom Rechtsgebiet, der Kanzlei oder dem Einsatzort stets auf Stellen bewerbe, in denen Berufseinsteiger und Berufseinsteigerinnen oder Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen mit erster Berufserfahrung gesucht würden, er im Fall der Ablehnung stets 60.000,00 Euro fordere, im Jahr 2013 16 Entschädigungsklagen erhoben habe und auch nicht dargetan habe, sich auch noch auf weitere, keinen Anlass für die Annahme einer Diskriminierung bietende Stellenanzeigen beworben zu haben, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die vom Landesarbeitsgericht seiner Würdigung zugrunde gelegten Umstände lassen nicht den Schluss auf ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen des Klägers zu, das auf der Annahme beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn“ verbleiben, weil die Beklagten - sei es bereits unter dem Druck des Geltendmachungsschreibens oder im Verlauf des Entschädigungsprozesses - freiwillig die Forderung erfüllen oder sich vergleichsweise auf eine Entschädigungszahlung einlassen.

50

(a) Auf Rechtsmissbrauch kann nicht bereits daraus geschlossen werden, dass eine Person eine Vielzahl erfolgloser Bewerbungen versandt und mehrere Entschädigungsprozesse geführt hat oder führt (vgl. etwa BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 848/13 (A) - Rn. 24; 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 63; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 56 mwN; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 52, BAGE 131, 232). Ein solches Verhalten für sich betrachtet lässt sich ebenso damit erklären, dass ein ernsthaftes Interesse an dem Erhalt der jeweiligen Stelle bestand und dass der/die Bewerber/in, weil er/sie sich entgegen den Vorgaben des AGG bei der Auswahl- und Besetzungsentscheidung diskriminiert sieht, mit der Entschädigungsklage zulässigerweise seine/ihre Rechte nach dem AGG wahrnimmt.

51

(b) Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Person sich stets auf solche Stellenausschreibungen beworben hat, die Formulierungen, insb. Anforderungen enthalten, die mittelbar oder unmittelbar an einen der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpfen und deshalb „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe die Stelle entgegen § 11 AGG, wonach ein Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG ausgeschrieben werden darf, ausgeschrieben. Dies folgt bereits daraus, dass der/die Bewerber/in auch in einem solchen Fall mit einer Entschädigungsklage grundsätzlich ein nicht unerhebliches Risiko eingeht, den Prozess zu verlieren und damit nicht nur keine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu erlangen, sondern auch mit den Kosten des Rechtsstreits belastet zu werden.

52

(aa) Der Arbeitgeber schuldet einem/einer abgelehnten Bewerber/in eine Entschädigung nicht bereits deshalb, weil die Stelle unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und damit erst recht nicht allein deshalb, weil die Stellenausschreibung Formulierungen, insb. Anforderungen enthält, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben. Das Gesetz knüpft an einen Verstoß gegen § 11 AGG keine unmittelbaren Rechtsfolgen.

53

(bb) Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist vielmehr, dass der/die abgelehnte Bewerber/in entgegen § 7 Abs. 1 AGG wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt wurde. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; es muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Zudem darf die mit einer negativen Auswahlentscheidung des Arbeitgebers verbundene unmittelbare Benachteiligung des/der Bewerbers/Bewerberin iSv. § 3 Abs. 1 AGG nicht nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG zulässig sein. Obgleich nicht zu verkennen ist, dass eine erfolglose Bewerbung auf eine Stellenausschreibung, die Formulierungen, insb. Anforderungen enthält, die mittelbar oder unmittelbar an einen der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpfen und deshalb „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben, die Erfolgsaussichten einer späteren Entschädigungsklage erhöht, ist es keinesfalls ausgeschlossen, dass die Klage abgewiesen wird, weil der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Grund iSv. § 1 AGG und der benachteiligenden Handlung nicht gegeben ist oder weil sich die mit der Ablehnung der Bewerbung verbundene unmittelbare Benachteiligung des Bewerbers/der Bewerberin iSv. § 3 Abs. 1 AGG nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG als zulässig erweist.

54

(aaa) § 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12  - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 -  C-54/07  - [Feryn] Rn. 32 , Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12  - Rn. 27 ). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben(vgl. etwa BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 58; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45).

55

(bbb) Auch wenn eine Stellenausschreibung Formulierungen, insb. Anforderungen enthält, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben, begründet dies nicht ohne Weiteres die Vermutung, der/die Bewerber/in sei im Auswahl- und Stellenbesetzungsverfahren wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt worden. Eine solche Vermutung besteht vielmehr nur dann, wenn die Stellenausschreibung gegen § 11 AGG verstößt. Dies ist indes selbst bei Formulierungen, insb. Anforderungen in Stellenausschreibungen, die eine unmittelbare Benachteiligung wegen eines § 1 AGG genannten Grundes bewirken, dann nicht der Fall, wenn die Diskriminierung nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG zulässig ist. Und bei Formulierungen, insb. Anforderungen in Stellenausschreibungen, die eine mittelbare Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bewirken können, scheidet nach § 3 Abs. 2 AGG ein Verstoß gegen § 11 AGG dann aus, wenn die Anforderung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist. Obwohl § 11 AGG nach seinem Wortlaut nur auf § 7 Abs. 1 AGG verweist, muss die Bestimmung so ausgelegt werden, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG nicht vorliegt, wenn die mögliche mittelbare oder die unmittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG oder §§ 8, 9 oder § 10 AGG gerechtfertigt ist. Es ist kein Grund ersichtlich, warum Stellenausschreibungen strengeren Anforderungen unterliegen sollten als dies bei allen anderen benachteiligenden Handlungen iSd. AGG der Fall ist.

56

(ccc) Aber auch dann, wenn die Stelle unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und deshalb die Vermutung besteht, dass der/die erfolglose Bewerber/in wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt wurde, genügt dies nicht ohne Weiteres für eine erfolgreiche Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs. Dem Arbeitgeber bleibt es nämlich unbenommen, Tatsachen vorzutragen und ggf. zu beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben.

57

(ddd) Zudem ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich die mit der Ablehnung der Bewerbung verbundene unmittelbare Benachteiligung des/der Bewerbers/Bewerberin im Einzelfall nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG als zulässig erweist.

58

(c) Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstands, dass selbst dann, wenn die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen aufgrund anderer erfolgloser Bewerbungen rechtsmissbräuchlich (gewesen) sein sollte, dies nicht ohne Weiteres auch für die jeweils streitgegenständliche gelten muss, sind an die Annahme des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands hohe Anforderungen zu stellen. Es müssen im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten rechtfertigen. Dies kann in diesem Zusammenhang nur angenommen werden, wenn sich ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen der Person feststellen lässt, das auf der Erwägung beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn“ verbleiben, weil der Arbeitgeber - sei es bereits unter dem Druck einer angekündigten Entschädigungsklage oder im Verlaufe eines Entschädigungsprozesses - freiwillig die Forderung erfüllt oder sich vergleichsweise auf eine Entschädigungszahlung einlässt.

59

(d) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht angenommen, der vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsanspruch sei dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt. Es kann dahinstehen, ob der Umstand, dass der Kläger im Falle der Ablehnung seiner Bewerbung vom Arbeitgeber stets Schadensersatz und Entschädigung iHv. 60.000,00 Euro gefordert hat, im Rahmen der Würdigung, ob im vorliegenden Fall Rechtsmissbrauch anzunehmen ist, überhaupt von Bedeutung ist. Die bislang vom Landesarbeitsgericht festgestellten Umstände rechtfertigen - auch unter Berücksichtigung dieses Umstands - nicht den Schluss, auch die Bewerbung des Klägers auf die von der Beklagten zu 1. ausgeschriebene Stelle und die sich an die Ablehnung anschließende Entschädigungsklage seien Teil eines systematischen und zielgerichteten Vorgehens des Klägers im Rahmen des unter Rn. 58 dargestellten „Geschäftsmodells“. Vielmehr verbleibt die „gute Möglichkeit“, dass der Kläger ein ernsthaftes Interesse an dem Erhalt der Stelle hatte, und dass er mit der Erhebung der Entschädigungsklage zulässigerweise seine Rechte nach dem AGG wahrgenommen hat. Umstände, die ggf. eine andere Beurteilung gebieten könnten, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Es gibt weder Feststellungen dazu, wie häufig der Kläger sich insgesamt auf Stellenausschreibungen beworben hat, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erweckten, die Stelle sei unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben worden, noch, wie arbeitgeberseitig auf ein Geltendmachungsschreiben des Klägers reagiert wurde, noch, wie der Kläger sich in den 16 vom Landesarbeitsgericht festgestellten Entschädigungsprozessen prozessual verhalten hat und ob und ggf. wann die Verfahren in welcher Instanz mit welchem Ergebnis beendet wurden. Bereits deshalb kommt es auf die Frage, ob der Kläger sich auch auf Stellenausschreibungen beworben hat, deren Inhalt keinen Anlass für die Annahme einer Diskriminierung bot, nicht an.

60

B. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klage sei unbegründet, stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

61

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Für den Kläger ergibt sich dies aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG.

62

Der Kläger ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass er eine Bewerbung eingereicht hat. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG enthält einen formalen Bewerberbegriff. Soweit teilweise in der Rechtsprechung des Senats zusätzlich die „subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung“ gefordert wurde (ua. BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 848/13 (A) - Rn. 24; 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - Rn. 28; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 50, BAGE 131, 232; vgl. jedoch offenlassend oder entgegengesetzt ua.: BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 18; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 51 bis 56; 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 32), hält der Senat hieran nicht fest. Eine solche Voraussetzung ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn noch aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung oder ihrem Sinn und Zweck. Die Frage, ob eine Bewerbung „nicht ernsthaft“ war, weil eine Person sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern um eine Entschädigung geltend zu machen, betrifft vielmehr die Frage, ob diese sich unter Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB)den formalen Status als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG verschafft und damit für sich den persönlichen Anwendungsbereich des AGG treuwidrig eröffnet hat, weshalb der Ausnutzung dieser Rechtsposition der durchgreifende Rechtsmissbrauchseinwand entgegenstehen könnte (vgl. auch BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 25; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 18; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24).

63

II. Der Kläger hat den Entschädigungsanspruch auch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG).

64

III. Der Entschädigungsanspruch des Klägers ist auch nicht aufgrund anderer als der vom Landesarbeitsgericht seiner Würdigung zugrunde gelegten Umstände dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB)ausgesetzt. Die von den Beklagten insoweit vorgetragenen Umstände lassen weder für sich betrachtet noch in einer Gesamtschau den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers zu.

65

1. Soweit die Beklagten geltend machen, der Kläger habe die ausgeschriebene Stelle nicht antreten können, weil er als Einzelanwalt ein Dezernat mit laufenden Mandatsverhältnissen nicht kurzfristig habe aufgeben können, lässt dies nicht auf einen Rechtsmissbrauch schließen. Dass ein bisher als Einzelanwalt tätiger Rechtsanwalt vor der Aufnahme einer anderen Tätigkeit ggf. Zeit benötigt, die bisherige Kanzlei zu übergeben oder abzuwickeln, mag zwar ein tatsächliches Hindernis für eine sofortige Arbeitsaufnahme sein; es ist jedoch fernliegend, daraus zu schließen, der Kläger habe sich auf die ausgeschriebene Stelle nur beworben, um die formale Position als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Gleiches gilt, soweit die Beklagten anführen, im Hinblick auf die fachliche Ausrichtung und Spezialisierung der Kanzlei hätte der Kläger erläutern müssen, weshalb er gerade an einer Tätigkeit bei ihnen interessiert sei, insoweit sei die Bewerbung des Klägers nicht nachvollziehbar, und sie mutmaßen, der Kläger habe seine Bewerbung mit einem sog. Anwaltsprogramm angefertigt. Auch der Umstand, dass der Kläger im Internet damit wirbt, als Einzelanwalt immer für seine Mandanten als persönlicher Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen und dass er jedenfalls zeitweise als Rechtsanwalt im Bereich von Abmahnungen tätig war, lässt nicht auf einen Rechtsmissbrauch schließen. Letztlich kann der Rechtsmissbrauchseinwand auch nicht erfolgreich darauf gestützt werden, dass der Kläger weiterhin seine Kanzlei betrieben und nicht abgewickelt hat. Im Gegenteil liegt ein solches Verhalten bei einer Erfolglosigkeit von Bewerbungsbemühungen auf der Hand.

66

2. Soweit die Beklagten sich darauf berufen, dass der Kläger am Ende seines Geltendmachungsschreibens vom 26. November 2012 neben Schadensersatz und Entschädigung eine Erstattung anwaltlicher Gebühren und Auslagen gefordert hat, liegt darin allein kein Umstand, der den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers zuließe. Es gibt keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass ein Rechtsanwalt, der sich erfolglos auf eine ausgeschriebene Stelle (als Rechtsanwalt) beworben hat und bereits in seinem Geltendmachungsschreiben nicht nur Entschädigung und Schadensersatz, sondern auch die Zahlung anwaltlicher Gebühren und Auslagen fordert, von vornherein nur die Absicht hatte, sich die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu verschaffen mit dem alleinigen Ziel, Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Es kann dahinstehen, ob und ggf. welche Bedeutung diesem Umstand im Rahmen der Prüfung zukommt, ob das Entschädigungsverlangen ausnahmsweise dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt ist, weil sich ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen der Person feststellen lässt, das auf der Erwägung beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn“ verbleiben. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem potentieller Arbeitgeber eine Rechtsanwaltskanzlei ist, ist die Annahme fernliegend, der Kläger habe darauf spekuliert, den Beklagten sei die in § 12a ArbGG zur Kostentragungspflicht getroffene Bestimmung unbekannt und diese seien nicht in der Lage, die Risiken eines Entschädigungsprozesses einzuschätzen, und würden sich deshalb bereits durch das Geltendmachungsschreiben so sehr beeindrucken lassen, dass sie allein zur Vermeidung weiterer Kosten frühzeitig „klein beigeben“.

67

3. Soweit die Beklagten schließlich behaupten, der Kläger habe im Rahmen eines Telefonats mit dem Beklagten zu 3. am 27. November 2012 geäußert, seinerseits bestehe kein Interesse an einer Mitarbeit in der Kanzlei der Beklagten, er wolle lediglich eine Zahlung, ist dieses Vorbringen unbeachtlich. Die Beklagten haben schon nicht substantiiert zum Verlauf des Gesprächs vorgetragen, was vor dem Hintergrund, dass der Kläger sich gegenüber der Behauptung der Beklagten dahin verteidigt hatte, er habe kein fehlendes Interesse an einer Mitarbeit in der Kanzlei der Beklagten geäußert, sondern vielmehr gesagt, dass nach Ablehnung seiner Bewerbung durch die Gegenseite eine „Heilung“ des Verstoßes gegen das AGG nicht infrage komme, aber erforderlich gewesen wäre.

68

C. Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob und ggf. in welcher Höhe die zulässige Klage begründet ist. Zudem ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

69

I. Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - nicht geprüft, ob der Kläger entgegen den Bestimmungen des AGG im Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde und hierzu keine Feststellungen getroffen. Dies wird das Landesarbeitsgericht nachzuholen haben.

70

1. Dabei wird das Landesarbeitsgericht zunächst zu beachten haben, dass die Vermutung iSv. § 22 AGG, dass der Kläger im späteren Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde, dann bestünde, wenn die Beklagte zu 1. die Stelle, auf die sich der Kläger bei dieser beworben hat, entgegen den Vorgaben von § 11 AGG unter Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters(§ 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG)ausgeschrieben hat.

71

Das Landesarbeitsgericht wird dabei zu beachten haben, dass das in der Stellenausschreibung enthaltene Anforderungskriterium, mit dem ein Rechtsanwalt (m/w) „mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung“ gesucht wird, Personen wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter“ gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen kann iSv. § 3 Abs. 2 AGG und dass die Formulierung in der Stellenausschreibung, wonach dem/der Bewerber/in eine langfristige Perspektive in einem „jungen und dynamischen Team“ geboten wird, eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters bewirkt, sodass es im Hinblick auf die Frage, ob die Stelle entgegen den Anforderungen des § 11 AGG ausgeschrieben wurde und deshalb die Vermutung besteht, dass der Kläger im späteren Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde, nur noch darauf ankommt, ob die unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters nach § 8 Abs. 1 oder § 10 AGG zulässig ist. Sollte dies der Fall sein, wäre auch eine mittelbare Diskriminierung gerechtfertigt, da die Anforderungen an die Rechtfertigung einer mittelbaren Benachteiligung nicht höher als diejenigen an die Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung sind (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 62, 65, 66, Slg. 2009, I-1569; BAG 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 35 mwN, BAGE 131, 298).

72

a) Die in der Stellenausschreibung enthaltene Anforderung „mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung“ kann Personen wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter“ gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen.

73

Bei der Berufserfahrung handelt es sich um ein Kriterium, das dem Anschein nach neutral ist iSv. § 3 Abs. 2 AGG. Unmittelbar wird damit nicht auf ein bestimmtes Alter Bezug genommen. Jedoch ist das Kriterium der Berufserfahrung mittelbar mit dem in § 1 AGG genannten Grund „Alter“ verknüpft. Bewerber/innen mit einer längeren Berufserfahrung weisen gegenüber Berufsanfänger/innen und gegenüber Bewerber/innen mit erster oder kurzer Berufserfahrung typischerweise ein höheres Lebensalter auf (vgl. nur BAG 18. August 2009 - 1 ABR 47/08 - Rn. 33, BAGE 131, 342). Da die Beklagte zu 1. mit der in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderung „mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung“ signalisiert, lediglich Interesse an der Gewinnung jüngerer Mitarbeiter/innen zu haben, ist diese Anforderung geeignet, ältere gegenüber jüngeren Personen wegen des Alters in besonderer Weise zu benachteiligen. Typischerweise werden ältere Personen allein wegen dieser Anforderung häufig von vornherein von einer Bewerbung absehen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass berufliche Lebensläufe heutzutage vielfältiger sind als früher und ein Wechsel von einer juristischen Tätigkeit in eine andere juristische Tätigkeit auch nach längeren Berufsjahren, ggf. auch erst nach dem Erreichen des regulären Pensionsalters erfolgen kann. Der Befund, dass Berufsanfänger/innen und Personen mit kurzer Berufserfahrung typischerweise junge Menschen sind, besteht jedoch nach wie vor.

74

b) Die Formulierung in der Stellenausschreibung, wonach dem/der Bewerber/in eine langfristige Perspektive in einem „jungen und dynamischen Team“ geboten wird, bewirkt eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG.

75

Mit dem Begriff „jung“ wird unmittelbar an das Lebensalter angeknüpft. Verstärkt wird diese Bezugnahme auf das Lebensalter durch die Verbindung mit dem Begriff „dynamisch“, der eine Eigenschaft beschreibt, die im Allgemeinen eher jüngeren als älteren Menschen zugeschrieben wird. Wird in einer Stellenausschreibung - wie hier - darauf hingewiesen, dass eine langfristige Perspektive in einem „jungen und dynamischen Team“ geboten wird, enthält dieser Hinweis regelmäßig nicht nur die Botschaft an potentielle Stellenbewerber/innen, dass die Mitglieder des Teams jung und deshalb dynamisch sind. Eine solche Angabe in einer Stellenanzeige kann aus der Sicht eines objektiven Empfängers zudem regelmäßig nur so verstanden werden, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin sucht, der/die in das Team passt, weil er/sie ebenso jung und dynamisch ist wie die Mitglieder des vorhandenen Teams. Die Annahme, dass mit der Beschreibung des Teams als „jung“ und „dynamisch“ der Zweck verfolgt wird, den potentiellen Bewerber/die potentielle Bewerberin darüber zu informieren, dass das Team selbst noch nicht lange Zeit besteht, ist demgegenüber fernliegend, wenn dieser Umstand nicht zugleich in der Stellenausschreibung erläutert wird. Sofern dies - wie hier - nicht der Fall ist, kann der Zweck einer solchen Stellenbeschreibung nur darin bestehen, einen zum vorhandenen Team passenden neuen Beschäftigten zu gewinnen. Andernfalls wäre die so formulierte Stellenbeschreibung ohne Aussagegehalt und damit überflüssig.

76

c) Das Landesarbeitsgericht wird demnach ggf. zu prüfen haben, ob die mit der Formulierung „in einem jungen und dynamischen Team“ bewirkte unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters nach § 8 AGG oder nach § 10 AGG zulässig ist. Dabei wird es zu beachten haben, dass sich sowohl § 8 AGG als auch § 10 AGG als für den Arbeitgeber günstige Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Diskriminierung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, hier des Alters, darstellen(vgl. hierzu etwa EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 72 und 81, Slg. 2011, I-8003; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569), weshalb den Arbeitgeber - hier die Beklagten - bereits nach den allgemeinen Regeln des nationalen Rechts die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der in den Bestimmungen enthaltenen Voraussetzungen trifft (zur Darlegungs- und Beweislast nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG vgl. etwa EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 83, Slg. 2011, I-6919).

77

aa) Nach § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

78

§ 8 Abs. 1 AGG dient der Umsetzung von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht. § 8 Abs. 1 AGG ist unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eng auszulegen. Eine Ungleichbehandlung wegen des Alters ist nach § 8 Abs. 1 AGG nur gerechtfertigt, wenn sämtliche in der Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Stellt ein Merkmal, das insbesondere mit dem Alter zusammenhängt, eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung dar, kann eine unterschiedliche Behandlung zudem nur unter sehr begrenzten Bedingungen gerechtfertigt sein (EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 71, Slg. 2011, I-8003).

79

Das Landesarbeitsgericht wird bei der Anwendung von § 8 Abs. 1 AGG zudem zu beachten haben, dass nicht der Grund, auf den die Ungleichbehandlung gestützt ist, sondern nur ein mit diesem Grund im Zusammenhang stehendes Merkmal eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellen kann und dass ein solches Merkmal - oder sein Fehlen - nur dann eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSd. § 8 Abs. 1 AGG ist, wenn davon die ordnungsgemäße Durchführung der Tätigkeit abhängt(vgl. etwa EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 66, Slg. 2011, I-8003; 12. Januar 2010 - C-229/08 - [Wolf] Rn. 35, Slg. 2010, I-1; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 34, BAGE 148, 158).

80

bb) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine nicht abschließende Aufzählung von Tatbeständen, nach denen unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters iSv. § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG insbesondere gerechtfertigt sein können(vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 45; 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 35, BAGE 133, 265; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07  - Rn. 40 , BAGE 129, 181 ).

81

Bei der Anwendung von § 10 AGG wird das Landesarbeitsgericht Folgendes zu beachten haben:

82

(1) § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht(dazu auch BAG 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 21, BAGE 147, 279), wobei die Richtlinie ihrerseits das primärrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts (EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 75, Slg. 2005, I-9981; BVerfG 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 2 BvR 1989/12 - Rn. 63, BVerfGE 139, 19) sowie das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Verbot der Diskriminierung wegen des Alters konkretisiert(EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 38, Slg. 2011, I-8003; BVerfG 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 - aaO). § 10 AGG ist unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen(dazu auch BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 17, BAGE 149, 315; 12. Juni 2013 - 7 AZR 917/11 - Rn. 32; 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 40).

83

(2) § 10 Satz 1 AGG definiert nicht, was unter einem legitimen Ziel zu verstehen ist. Für die Konkretisierung des Begriffs des legitimen Ziels ist deshalb auf Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG zurückzugreifen. Legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG, dh. Ziele, die als geeignet angesehen werden können, eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots von Diskriminierungen aus Gründen des Alters zu rechtfertigen, sind - obgleich die in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG enthaltene Aufzählung nicht erschöpfend ist (EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 80, Slg. 2011, I-8003) - wegen der als Beispiele genannten Bereiche Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung nur solche, die mit der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung im Zusammenhang stehen, und damit nur rechtmäßige Ziele aus dem Bereich „Sozialpolitik“ (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 81, aaO; dazu auch BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 36, BAGE 152, 134; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 790/12 - Rn. 26 mwN, BAGE 147, 89). Ziele, die als legitim iSd. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG angesehen werden können, stehen als „sozialpolitische Ziele“ im Allgemeininteresse. Dadurch unterscheiden sie sich von Zielen, die im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegen, wie Kostenreduzierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Dabei ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass eine nationale Vorschrift den Arbeitgebern bei der Verfolgung der sozialpolitischen Ziele einen gewissen Grad an Flexibilität einräumt (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 52, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569). Ein unabhängig von Allgemeininteressen verfolgtes Ziel eines Arbeitgebers kann eine Ungleichbehandlung jedoch nicht rechtfertigen (vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - aaO).

84

(3) Nach § 10 Satz 1 AGG reicht es - ebenso wie nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG - für die Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters nicht aus, dass der Arbeitgeber mit der unterschiedlichen Behandlung ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG verfolgt; hinzukommen muss nach § 10 Satz 2 AGG, dass die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Beides ist im Hinblick auf das konkret angestrebte Ziel zu beurteilen (vgl. etwa EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] Rn. 43; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 55 f.). Dabei sind in unionsrechtskonformer Auslegung von § 10 Satz 2 AGG die Mittel nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie es erlauben, das mit der unterschiedlichen Behandlung verfolgte Ziel zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen derjenigen Personen zu führen, die wegen ihres Alters benachteiligt werden(vgl. etwa EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] aaO; 26. Februar 2015 - C-515/13 - [Ingeniørforeningen i Danmark] Rn. 25; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 56) und die Maßnahme nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist (vgl. EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] aaO; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 59; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 65 mwN, Slg. 2005, I-9981).

85

(4) Um darzutun, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nach § 10 AGG gerechtfertigt ist, reicht es nicht aus, wenn der Arbeitgeber allgemein behauptet, dass die die unterschiedliche Behandlung bewirkende Maßnahme oder Regelung geeignet sei, der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung zu dienen. Derartige allgemeine Behauptungen lassen nämlich nicht den Schluss zu, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (vgl. EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 77, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 51, Slg. 2009, I-1569; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 65, Slg. 2005, I-9981; vgl. auch BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 35, BAGE 131, 61). Der Arbeitgeber hat hierzu vielmehr substantiierten Sachvortrag zu leisten (vgl. EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 82, aaO).

86

2. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Stelle, auf die der Kläger sich beworben hat, von der Beklagten zu 1. unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und deshalb die Vermutung iSv. § 22 AGG besteht, dass der Kläger im späteren Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde, wird es zu prüfen haben, ob die Beklagten Tatsachen vorgetragen und im Bestreitensfall bewiesen haben, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe, hier: das Alter, zu einer ungünstigeren Behandlung des Klägers geführt haben.

87

a) Solche Gründe können zwar idR nicht darin liegen, dass der Arbeitgeber - wie hier - später von einer Einstellung oder Beschäftigung eines anderen Bewerbers absieht, die Stelle also nach Beginn der eigentlichen Bewerberauswahl unbesetzt bleibt (vgl. im Einzelnen BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23 mwN). Die Auslegung und Anwendung von § 22 AGG darf nicht dazu führen, dass es der Arbeitgeber in der Hand hat, durch eine geeignete Verfahrensgestaltung die Chancen von Bewerbern und Bewerberinnen wegen der in § 1 AGG genannten Gründe so zu mindern, dass seine Entscheidung praktisch unangreifbar wird(vgl. BVerfG 21. September 2006 - 1 BvR 308/03 - Rn. 13 mwN, BVerfGK 9, 218). Eine andere Bewertung ist aber dann geboten, wenn der Arbeitgeber substantiiert vorträgt und ggf. beweist, dass das Auswahlverfahren aus sachlichen und nachvollziehbaren Gründen, zB weil zwischenzeitlich das Erfordernis, die Stelle überhaupt (neu) zu besetzen, entfallen ist, abgebrochen wurde, bevor die Bewerbung der klagenden Partei bei ihm eingegangen ist. In einem solchen Fall hat es kein Auswahlverfahren mehr gegeben, in dessen Verlauf die klagende Partei hätte diskriminiert werden können.

88

b) Entsprechendes kann gelten, sofern der Arbeitgeber substantiiert vorträgt und ggf. beweist, dass das Auswahlverfahren bereits abgeschlossen war, bevor die Bewerbung der klagenden Partei bei ihm eingegangen ist. Allerdings schließt der Umstand, dass eine ausgeschriebene Stelle bereits vor Eingang der Bewerbung der klagenden Partei besetzt wurde, nicht generell deren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG aus(BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 42). Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an, beispielsweise darauf, ob ggf. eine vom Arbeitgeber gesetzte Bewerbungsfrist unterlaufen wird und/oder ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine bereits vor Eingang einer Bewerbung erfolgte Stellenbesetzung gleichwohl zu einer Benachteiligung des nicht berücksichtigten Bewerbers führt (vgl. dazu BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 30; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - aaO).

89

c) Der Arbeitgeber kann die Vermutung, er habe die klagende Partei wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt, aber auch dadurch widerlegen, dass er substantiiert dazu vorträgt und im Bestreitensfall beweist, dass er bei der Behandlung aller Bewerbungen nach einem bestimmten Verfahren vorgegangen ist, das eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes ausschließt. Dies kann zum Beispiel anzunehmen sein, wenn der Arbeitgeber ausnahmslos alle Bewerbungen in einem ersten Schritt darauf hin sichtet, ob die Bewerber/innen eine zulässigerweise gestellte Anforderung erfüllen und er all die Bewerbungen von vornherein aus dem weiteren Auswahlverfahren ausscheidet, bei denen dies nicht der Fall ist. Der Arbeitgeber, der sich hierauf beruft, muss dann allerdings nicht nur darlegen und ggf. beweisen, dass ein solches Verfahren praktiziert wurde, sondern auch, dass er das Verfahren konsequent zu Ende geführt hat. Deshalb muss er auch substantiiert dartun und im Bestreitensfall beweisen, wie viele Bewerbungen eingegangen sind, welche Bewerber/innen aus demselben Grund ebenso aus dem Auswahlverfahren ausgenommen wurden, welche Bewerber/innen, weil sie die Anforderung erfüllten, im weiteren Auswahlverfahren verblieben sind und dass der/die letztlich ausgewählte Bewerber/in die Anforderung, wegen deren Fehlens die klagende Partei aus dem weiteren Auswahlverfahren vorab ausgenommen wurde, erfüllt.

90

Dabei muss sich die Anforderung, wegen deren Nichterfüllung die klagende Partei und ggf. andere Bewerber/innen aus dem weiteren Auswahlverfahren vorab ausgenommen werden, nicht ausdrücklich aus der Stellenausschreibung ergeben. Insoweit reicht es in jedem Fall aus, wenn die Anforderung in der Stellenausschreibung „Anklang“ gefunden hat oder sich aus dem in der Stellenausschreibung formulierten Anforderungsprofil ableiten lässt. Wird beispielsweise mit einer Stellenausschreibung eine Person gesucht, die über eine „herausragende“, „hervorragende“ oder „erstklassige“ (hier: juristische) Qualifikation verfügt, ist es jedenfalls dem privaten Arbeitgeber unbenommen, all die Bewerber/innen, die eine bestimmte Examensnote nicht erzielt haben, aus dem weiteren Auswahlverfahren auszunehmen. Jede/r Bewerber/in muss in einem solchen Fall bereits aufgrund der Stellenausschreibung damit rechnen, dass in einem Stellenbesetzungsverfahren, insbesondere wenn viele Bewerbungen eingehen, womöglich nur die Bewerbungen mit bestimmten Examensnoten eine Vorsichtung erfolgreich durchlaufen. Allerdings ist zu beachten, dass Anforderungen, die in der Stellenausschreibung keinen „Anklang“ gefunden haben und sich auch nicht aus dem in der Stellenausschreibung formulierten Anforderungsprofil ableiten lassen, vom Arbeitgeber seiner Vorauswahl nicht ohne Weiteres zugrunde gelegt werden dürfen. Insoweit muss der Arbeitgeber dartun und im Bestreitensfall beweisen, dass diese Anforderungen nicht nur vorgeschoben wurden (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 43 mwN, BAGE 131, 86).

91

d) Soweit der Arbeitgeber darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass die klagende Partei eine formale Qualifikation nicht aufweist oder eine formale Anforderung nicht erfüllt, die unverzichtbare Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit/des Berufs an sich ist, kann idR davon ausgegangen werden, dass die Bewerbung ausschließlich aus diesem Grund ohne Erfolg blieb; in einem solchen Fall besteht demzufolge idR kein Kausalzusammenhang zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund.

92

II. Sollte sich ergeben, dass nicht ausschließlich andere Gründe als das Alter zu einer ungünstigeren Behandlung des Klägers geführt haben, wird das Landesarbeitsgericht auf ein entsprechendes Vorbringen der Beklagten, das im Bestreitensfall zu beweisen wäre, auch der Frage nachzugehen haben, ob die unmittelbare Benachteiligung, die der Kläger durch die Nichtberücksichtigung im Auswahlverfahren wegen seines Alters erfahren hat, ausnahmsweise gerechtfertigt ist.

93

III. Sofern das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, das Benachteiligungsverbot des AGG sei verletzt und dem Kläger stehe nach § 15 Abs. 2 AGG dem Grunde nach eine Entschädigung zu, wird es zu beachten haben, dass auch bei der Beurteilung der angemessenen Höhe der festzusetzenden Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG alle Umstände des Einzelfalls, wie etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns und der Sanktionszweck der Entschädigungsnorm zu berücksichtigen sind(vgl. ua. BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 44, BAGE 148, 158; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 38; 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - Rn. 38; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 82 mwN, BAGE 129, 181). Die Entschädigung muss einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz gewährleisten (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63; 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - aaO). Die Härte der Sanktionen muss der Schwere des Verstoßes entsprechen, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63 mwN; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - aaO).

94

D. Im Hinblick auf die vom Landesarbeitsgericht zu treffende Kostenentscheidung weist der Senat darauf hin, dass sich diese - entgegen der Rechtsauffassung des Klägers - nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 91 ff. ZPO richtet, wobei bei einem nur teilweisen Obsiegen/Unterliegen des Klägers Veranlassung bestehen kann, von der in § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch zu machen. Zwar trifft es zu, dass Verfahren, die Klagen wegen Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zum Gegenstand haben, nicht weniger günstig gestaltet sein dürfen als Klageverfahren, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz) und dass die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden darf (Grundsatz der Effektivität) (st. Rspr. des EuGH, vgl. nur 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 61 mwN). Dies ist aber bei Anwendung der §§ 91 ff. ZPO, nach denen sich der gerichtliche Kostenausspruch generell und einheitlich nach Obsiegen und Unterliegen richtet, ohne nach der „Herkunft“ des geltend gemachten Klageanspruchs zu differenzieren, nicht der Fall.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    Der ehrenamtliche Richter Dr. Volz ist
an der Unterschriftsleistung verhindert.
Schlewing    

        

    B. Stahl    

                 

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 28. Januar 2014 - 2 Sa 50/13 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch darüber, ob die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.

2

Der 1953 geborene Kläger ist promoviert und als Einzelanwalt in R schwerpunktmäßig in den Bereichen Arbeitsrecht, Arztrecht, Arzthaftungsrecht, Medizinrecht, Erbrecht, Familienrecht, Forderungsbeitreibung, Mietrecht, Strafrecht und Zivilrecht tätig. In den Jahren 1979 und 1983 absolvierte er die beiden juristischen Staatsprüfungen in Baden-Württemberg und erzielte dabei jeweils die Note befriedigend (7 Punkte).

3

Die Beklagte zu 1. ist eine im Jahr 2009 gegründete Partnerschaft von Rechtsanwälten in H, die Beklagten zu 2. bis 4. sind die hierin verbundenen Partner. Die Kanzlei ist auf das öffentliche Wirtschaftsrecht, das Bau- und Immobilienrecht, PPP-Projekte sowie das Vergaberecht spezialisiert. Alle bei den Beklagten angestellten Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen haben die beiden juristischen Staatsexamina mit Abschlussnoten von jeweils mindestens 9 Punkten (vollbefriedigend) bestanden.

4

Im November 2012 veröffentlichte die Beklagte zu 1. in der Neuen Juristischen Wochenschrift (im Folgenden NJW) eine Stellenanzeige, die auszugsweise den folgenden Inhalt hat:

        

„…      

        

Zur Verstärkung unseres Teams suchen wir einen Rechtsanwalt (m/w) mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung für die Bereiche

        

•       

Immobilienwirtschaftsrecht, Baurecht, Projektentwicklungen

        

•       

Öffentliches Wirtschaftsrecht, Vergaberecht, PPP

        

Wir bieten Ihnen erstklassige Arbeitsbedingungen in einem professionellen Umfeld und eine langfristige Perspektive in einem jungen und dynamischen Team. Sie werden in einem fundierten und praxisorientierten Aus-/Weiterbildungsprogramm weiter qualifiziert und spezialisiert. In die Bearbeitung bedeutender Mandate werden Sie von Anfang an verantwortlich einbezogen.

        

Wir erwarten von Ihnen Persönlichkeit, Teamgeist, Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen und eine erstklassige juristische Qualifikation. Bewerber(innen) mit Berufserfahrung haben idealerweise in einer wirtschaftsberatenden Sozietät in einem der Bereiche Öffentliches Recht oder Immobilienwirtschaftsrecht gearbeitet.

        

…“    

5

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 9. November 2012 bei der Beklagten zu 1. auf die ausgeschriebene Stelle. In seinem Anschreiben, dem weitere Bewerbungsunterlagen beigefügt waren, heißt es:

        

„…      

        

ich bewerbe mich auf Ihre Stellenanzeige. Ich bin seit 1988 hier in R als Rechtsanwalt tätig, jedoch örtlich ungebunden. Ich habe, wie aus den beigefügten Bewerbungsunterlagen ersichtlich, zwei Prädikatsexamen und bin darüber hinaus promoviert. Das Wirtschaftsrecht und Immobilienwirtschaftsrecht kenne ich umfänglich aus meiner langjährigen beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt.

        

Sehr gute Englischkenntnisse sind selbstverständlich.

        

Ich freue mich, demnächst von Ihnen zu hören und bleibe

        

mit freundlichen kollegialen Grüßen

        

…“    

6

Mit Schreiben vom 19. November 2012 teilte die Beklagte zu 1. dem Kläger mit:

        

„…,     

        

vielen Dank für Ihre Bewerbung und das damit verbundene Interesse an einer Beschäftigung in unserer Kanzlei. Ihre Bewerbung zeigt viele gute Qualifikationen.

        

Auf unsere Anzeige haben wir eine Vielzahl von Bewerbungen erhalten. Leider können wir Ihre Bewerbung derzeit nicht berücksichtigen. Ihre Bewerbungsunterlagen übersenden wir Ihnen daher anliegend mit herzlichem Dank zurück.

        

Für Ihre Zukunft und die weitere Suche nach einer beruflichen Herausforderung wünschen wir Ihnen viel Erfolg.

        

…“    

7

Der Kläger machte daraufhin mit einem an die Beklagte zu 1. gerichteten Schreiben vom 26. November 2012 Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz geltend. In diesem Schreiben heißt es:

        

„…,    

        

ich hatte mich mit Schreiben vom 9. November 2012 unter Beifügung von Bewerbungsunterlagen auf die von Ihnen in der NJW 2012 ausgeschriebene Stelle als Rechtsanwalt beworben. Mit Schreiben vom 19. November 2012 haben Sie die Bewerbungsunterlagen an mich zurückgesendet und mitgeteilt, daß Sie meine Bewerbung derzeit nicht berücksichtigen können.

        

Die Behandlung meiner Bewerbung erfolgte ganz offensichtlich unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 AGG. Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Arbeitgeber Beschäftigte nicht wegen ihres Alters oder wegen eines anderen in § 1 genannten Grundes benachteiligen. Das gilt auch für Stellenbewerber (§ 6 Abs. 1 Satz 2 AGG). Daß Sie gegen diese Vorschrift verstoßen haben, belegt bereits ein Blick in die Stellenanzeige, wo ganz offen gesagt wird, man suche einen Rechtsanwalt (m/w) mit ‚0-2 Jahren Berufserfahrung‘ mithin jüngeren Alters.

        

Sie schulden demnach eine Entschädigung und Schadensersatz nach § 15 AGG. Mangels genauer Kenntnis der näheren Umstände und der von Ihnen gezahlten Gehälter etc. können diese Forderungen derzeit nur geschätzt werden. Insoweit fordere ich eine angemessene Entschädigung in Höhe von 10.000,00 EUR und Schadensersatz in Höhe von 50.000,00 EUR. Hinzu kommen meine unten berechneten Rechtsanwaltsgebühren, so daß bis spätestens

        

Montag, den 10. Dezember 2012

        

insgesamt (10.000,00 EUR+50.000,00 EUR

        

+1.761,08 EUR)

        

61.761,08 EUR

        

auf mein Konto bei der S zu zahlen sind andernfalls ich ohne Weiteres Klage erheben werde.

        

Sollte der oben genannte Betrag pünktlich gezahlt werden, werde ich keine weiteren Forderungen mehr geltend machen, was hiermit ausdrücklich versichert wird.

        

Für den Fall der Fristversäumung fordere ich Sie bereits jetzt auf, Auskunft über die eingestellten Bewerber und deren Qualifikation sowie deren Bezahlung zu erteilen.

        

…“    

8

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2012 wies die Beklagte zu 1. die Ansprüche des Klägers zurück. Die ausgeschriebene Stelle wurde letztlich nicht besetzt, weil sich das auf dieser Stelle zu bearbeitende Projekt verschob.

9

Mit seiner am 13. Dezember 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst Auskunft über die Jahresvergütung der in der NJW ausgeschriebenen Stelle sowie Entschädigung und Schadensersatz in Höhe der erteilten Auskunft nebst Zinsen begehrt. Seit der Berufungsinstanz verfolgt der Kläger ausschließlich den Antrag auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG weiter. Die auf der ausgeschriebenen Stelle erzielbare Jahresvergütung hat er mit 60.000,00 Euro beziffert.

10

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Ablehnung seiner Bewerbung beruhe auf einer Benachteiligung wegen seines Alters. Mit der Stellenanzeige in der NJW hätten die Beklagten ausdrücklich eine Berufserfahrung von nur „0 - 2 Jahren“ erwartet und die Mitarbeit in einem „jungen und dynamischen Team“ angekündigt. Dieser Umstand begründe die Vermutung, dass er wegen seines Alters benachteiligt worden sei. Die Beklagten hätten weder dargelegt noch bewiesen, dass eine nach dem AGG unzulässige Benachteiligung nicht vorliege. Er sei auch objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet, die er bei diskriminierungsfreier Auswahl hätte erhalten müssen. Seine juristische Qualifikation sei als erstklassig iSd. Stellenanzeige anzusehen. Vor dem Hintergrund seiner Promotion und seiner Berufserfahrung von 30 Berufsjahren komme es nicht in erster Linie auf die von ihm erzielten Examensnoten an, mit denen er sich im Übrigen sogar im oberen Fünftel (1. Staatsexamen) bzw. im oberen Drittel (2. Staatsexamen) aller Absolventen befunden habe. Seinem Entschädigungsanspruch stehe auch nicht der durchgreifende Rechtsmissbrauchseinwand entgegen. Eine Vielzahl erhobener Entschädigungsklagen reiche nicht aus, um den Einwand des Rechtsmissbrauchs zu begründen. Er habe auch zu keinem Zeitpunkt geäußert, dass er sich nur beworben habe, um einen Entschädigungsanspruch geltend machen zu können. In dem Telefonat mit dem Beklagten zu 3. am 27. November 2012 habe er lediglich gesagt, dass es, nachdem seine Bewerbung abgelehnt worden sei, nicht um eine Heilung des Verstoßes gegen das AGG gehen könne.

11

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

12

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Sie haben die Auffassung vertreten, der Kläger sei schon kein Bewerber iSd. AGG, da er sich nicht ernsthaft auf die ausgeschriebene Stelle beworben habe. Die mangelnde Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung ergebe sich ua. aus einem Bericht in der Zeitschrift J, wonach der Kläger sich in zahlreichen Fällen auf ihm diskriminierend erscheinende Stellenanzeigen beworben und anschließend Entschädigung und Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG eingeklagt habe. Auch habe er im Rahmen eines Telefongesprächs am 27. November 2012 mit dem Beklagten zu 3. geäußert, er habe kein Interesse an einer Mitarbeit in der Kanzlei der Beklagten zu 1., sondern wolle lediglich eine Zahlung. Zudem wirke sich aus, dass der Kläger die ausgeschriebene Stelle auch überhaupt nicht habe antreten können, weil er als Einzelanwalt ein laufendes Dezernat mit laufenden Mandatsverhältnissen nicht kurzfristig habe aufgeben können. Jedenfalls sei die Bewerbung des Klägers rechtsmissbräuchlich erfolgt. Der Kläger sei für die ausgeschriebene Stelle auch objektiv nicht geeignet gewesen. Seine Examensergebnisse belegten nicht die in der Stellenausschreibung geforderte „erstklassige juristische Qualifikation“. Im Übrigen sei die von der Beklagten zu 1. in der NJW veröffentlichte Stellenausschreibung auch nicht diskriminierend. Sie beziehe sich nicht auf das Alter potentieller Bewerber. „0 - 2 Jahre Berufserfahrung“ könnten auch ältere Berufswechsler aufweisen; die Formulierung „in einem jungen und dynamischen Team“ sei ausschließlich im Zusammenhang mit einer Selbstdarstellung der Kanzlei zu sehen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger hat hiergegen teilweise Berufung eingelegt, soweit das Arbeitsgericht seinen Antrag auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG abgewiesen hat. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Entschädigungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Berufung des Klägers nicht zurückgewiesen werden. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Ob und ggf. in welchem Umfang die zulässige Klage begründet ist, kann vom Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden; den Parteien ist zudem Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

15

A. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

16

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG. Zum einen sei der Kläger wegen der nur mit „befriedigend“ bestandenen zwei Staatsexamina für die ausgeschriebene Stelle objektiv nicht geeignet, weshalb es an dem Erfordernis der „vergleichbaren Situation“ iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG fehle. Vergleichbar seien nur Bewerber/innen, die das Anforderungsmerkmal der Stellenausschreibung „erstklassige juristische Qualifikation“ erfüllten. Zudem stehe dem Entschädigungsanspruch des Klägers der durchgreifende Rechtsmissbrauchseinwand entgegen. Der Kläger sei nicht ernsthaft an der Stelle interessiert gewesen, sondern habe sich nur beworben, um eine Entschädigung verlangen zu können. Bereits der Inhalt seines Bewerbungsschreibens spreche für die mangelnde Ernsthaftigkeit der Bewerbung. Das Schreiben enthalte überwiegend formelhafte, nichtssagende Wendungen, mit denen der Kläger nur scheinbar konkret auf die Stellenanzeige und die in Aussicht gestellte Tätigkeit nebst deren Anforderungsprofil eingehe. Zudem lasse sich dem Bewerbungsschreiben nicht entnehmen, was den Kläger gerade an der ausgeschriebenen Tätigkeit interessiere und weshalb er, nachdem er bereits lange Jahre als selbstständiger Rechtsanwalt in R tätig sei, Interesse an einer Berufsausübung in H habe. Gegen die Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung spreche zudem der in dem Artikel der Zeitschrift „J“ geschilderte Sachverhalt, wonach der Kläger sich unabhängig vom Rechtsgebiet, der Kanzlei oder dem Einsatzort stets auf Stellenanzeigen bewerbe, in denen Berufseinsteiger und Berufseinsteigerinnen oder Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen mit erster Berufserfahrung gesucht würden und im Fall der Ablehnung 60.000,00 Euro fordere. Nach den Recherchen der Zeitschrift habe der Kläger allein im Jahr 2013 sechzehn derartige Entschädigungsklagen anhängig gemacht, wobei er in noch weiteren Fällen die Anforderungen an die ausgeschriebene Stelle offensichtlich nicht erfüllt habe. Auch wenn allein eine Vielzahl von Entschädigungsklagen kein Indiz für einen Rechtsmissbrauch darstelle, stelle sich dies anders dar, wenn sich jemand ausschließlich auf Stellen bewerbe, die unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben worden seien. Davon sei im vorliegenden Fall auszugehen, da der Kläger auch nicht dargetan habe, dass er sich entgegen den Angaben in dem in der Zeitschrift „J“ erschienenen Artikel auch noch auf weitere, keinen Anlass für die Annahme einer Diskriminierung bietende Stellenanzeigen beworben habe.

17

II. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

18

1. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage nicht mit der Begründung abweisen, der Kläger sei für die ausgeschriebene Stelle objektiv nicht geeignet, weshalb es an dem Erfordernis der „vergleichbaren Situation“ iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG fehle. Vielmehr befinden sich, soweit es um eine - insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung - zu treffende Auswahlentscheidung des Arbeitgebers geht, Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29).

19

a) Zwar ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass das Vorliegen einer „vergleichbaren Situation“ bzw. „vergleichbaren Lage“ nicht nur im Rahmen von § 3 Abs. 1 AGG, der die unmittelbare Benachteiligung zum Gegenstand hat, sondern auch im Rahmen von § 3 Abs. 2 AGG, der die mittelbare Benachteiligung definiert, von Bedeutung ist.

20

aa) Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters. Dabei verbietet § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

21

bb) § 3 Abs. 2 AGG enthält nach seinem Wortlaut - anders als dies bei § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG der Fall ist - nicht ausdrücklich das Erfordernis „in einer vergleichbaren Situation“. Da allerdings das Diskriminierungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG der spezifische Ausdruck des allgemeinen Gleichheitssatzes ist und die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung generell verlangen, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt ist(vgl. ua. EuGH 20. September 2007 - C-116/06 - [Kiiski] Rn. 54, Slg. 2007, I-7643; 26. Juni 2001 - C-381/99 - [Brunnhofer] Rn. 28, Slg. 2001, I-4961), ist auch bei einer mittelbaren Diskriminierung die Frage nach einer „vergleichbaren Situation“ bzw. einer „vergleichbaren Lage“ von Bedeutung (vgl. ua. EuGH 28. Juni 2012 - C-172/11 - [Erny] Rn. 39 - 41; 16. Juli 2009 - C-537/07 - [Gómez-Limón] Rn. 54 - 56, Slg. 2009, I-6525; 12. Oktober 2004 - C-313/02 - [Wippel] Rn. 56 f., Slg. 2004, I-9483).

22

b) Soweit das Landesarbeitsgericht allerdings angenommen hat, vergleichbar sei die Auswahlsituation nur für Bewerber/innen, die gleichermaßen für die zu besetzende Stelle objektiv geeignet seien, was beim Kläger nicht der Fall sei, da dieser wegen der nur mit „befriedigend“ bestandenen Staatsexamina das Anforderungsmerkmal der Stellenausschreibung „erstklassige juristische Qualifikation“ nicht erfülle, hält dies einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

23

aa) Zwar befindet sich eine Person nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats nur dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie für die ausgeschriebene Stelle „objektiv geeignet“ ist (vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 18; 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 29; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 20 ff.; 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 28, BAGE 144, 275; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 37; ausdrücklich offengelassen neuerdings von BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 19 ff.; 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 21; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 29). Dies hat der Senat im Wesentlichen damit begründet, dass eine Benachteiligung nur angenommen werden könne, wenn eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet sei, nicht ausgewählt oder nicht in Betracht gezogen worden sei. Könne hingegen auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stehe dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, das nur vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht aber eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren wolle.

24

bb) An dieser Rechtsprechung hält der Senat allerdings nicht fest.

25

(1) Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 20. Januar 2016 (- 8 AZR 194/14 - Rn. 19 ff.) sowie vom 22. Oktober 2015 (- 8 AZR 384/14 - Rn. 21 ff.) ausgeführt hat, spricht gegen das Erfordernis der „objektiven Eignung“ bereits der Umstand, dass § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG den Entschädigungsanspruch für Personen, die „bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden“ wären, nicht ausschließt, sondern lediglich der Höhe nach begrenzt. Denn auch bei „benachteiligungsfreier Auswahl“ würden die Bewerber nicht eingestellt, denen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle fehlt.

26

(2) Könnte nur ein „objektiv geeigneter“ Bewerber eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG beanspruchen, würde dies auch dazu führen, dass ihm die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung - hier: durch die Richtlinie 2000/78/EG - verliehenen Rechte entgegen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union(ua. EuGH 16. Januar 2014 - C-429/12 - [Pohl] Rn. 23; vgl. auch BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 28) durch einen zu eng gefassten Vergleichsmaßstab praktisch unmöglich gemacht, jedenfalls aber übermäßig erschwert würde.

27

(a) Das Erfordernis der „objektiven Eignung“ des Anspruchstellers als Kriterium der vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG würde den Entschädigungsprozess mit der schwierigen Abgrenzung der „objektiven Eignung“ von der „individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation“ belasten und dadurch die Wahrnehmung der durch das AGG und die Richtlinie 2000/78/EG verliehenen Rechte erschweren.

28

Insoweit hat der Senat in seiner Rechtsprechung stets ausgeführt, dass maßgeblich für die objektive Eignung nicht allein das formelle Anforderungsprofil sei, welches der Arbeitgeber erstellt habe, sondern dass es insoweit auf die Anforderungen ankomme, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber zulässigerweise stellen dürfe. Der Arbeitgeber dürfe an den/die Bewerber/in keine Anforderungen stellen, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt seien (vgl. etwa BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 21 mwN; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 38; 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08  - Rn. 55). Die objektive Eignung sei allerdings zu unterscheiden von der individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation des Bewerbers, die nur als Kriterium der Auswahlentscheidung auf der Ebene der Kausalität zwischen Benachteiligung und Grund iSv. § 1 AGG eine Rolle spiele. Damit werde gewährleistet, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich frei entscheiden könne, wie Art. 12 Abs. 1 GG es gebiete, aber nicht durch das Stellen hierfür nicht erforderlicher Anforderungen an Bewerber die Vergleichbarkeit der Situation selbst gestalten und den Schutz des AGG de facto beseitigen könne. Denn auch Bewerber, welche die auf der zu besetzenden Stelle auszuübenden Tätigkeiten grundsätzlich verrichten könnten, ohne aber jede Voraussetzung des Anforderungsprofils zu erfüllen, bedürften des Schutzes vor Diskriminierung, weil gerade Anforderungsprofile in Stellenanzeigen häufig Qualifikationen benennen, deren Vorhandensein der Arbeitgeber sich für den Idealfall zwar wünsche, die aber keinesfalls zwingende Voraussetzung einer erfolgreichen Bewerbung seien (vgl. etwa BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 39; 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 55).

29

(b) Das Erfordernis der „objektiven Eignung“ des Anspruchstellers als Kriterium der vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG würde die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 AGG aber auch aus einem anderen Grund übermäßig erschweren.

30

Wie der Senat in seinen Urteilen vom 20. Januar 2016 (- 8 AZR 194/14 - Rn. 19 ff.) sowie vom 22. Oktober 2015 (- 8 AZR 384/14 - Rn. 21 ff.) ebenfalls ausgeführt hat, kann die Frage, ob eine „vergleichbare Situation“ bzw. eine „vergleichbare Lage“ iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG vorliegt, nicht ohne Vergleichsbetrachtung beantwortet werden. Denn an einer „vergleichbaren Situation“ oder „vergleichbaren Lage“ würde es - soweit es um die „objektive Eignung“ der/des Bewerberin/Bewerbers geht - nur dann fehlen, wenn diese/r die geforderte „objektive Eignung“ nicht aufweist, während andere Bewerber/innen, jedenfalls aber der/die ausgewählte Bewerber/in objektiv geeignet sind. Das aus dem Merkmal der vergleichbaren Situation abgeleitete Erfordernis der „objektiven Eignung“ des Bewerbers würde mithin zu einer Verengung des Vergleichsmaßstabs führen. Hierdurch würde die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 AGG übermäßig erschwert. Dies gilt zunächst, soweit den/die Bewerber/in für das Vorliegen einer vergleichbaren Situation oder vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG die volle Darlegungs- und Beweislast treffen sollte. Dies gilt aber auch dann, wenn vor dem Hintergrund, dass dem/der Bewerber/in in der Regel nicht bekannt ist, wer sich außer ihm/ihr mit welcher Qualifikation/Eignung auf die ausgeschriebene Stelle beworben hat und für welchen Bewerber/welche Bewerberin der potentielle Arbeitgeber sich entschieden hat und er/sie gegen diesen auch keinen dahingehenden Auskunftsanspruch hat (vgl. BAG 25. April 2013 - 8 AZR 287/08 - Rn. 56 unter Hinweis auf EuGH 19. April 2012C-415/10  - [Meister]), von einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast auszugehen wäre, wonach es ausreichen würde, wenn der/die Bewerber/in die objektive Eignung anderer Bewerber/innen oder des/der letztlich eingestellten Bewerbers/Bewerberin bestreitet mit der Folge, dass der Arbeitgeber dann jedenfalls zur objektiven Eignung dieser Personen substantiiert vorzutragen hätte. In diesem Fall würde der Prozess in der Regel mit einer aufwändigen Tatsachenfeststellung und Klärung der Eignung oder Nichteignung der anderen Bewerber/innen, jedenfalls aber des/der ausgewählten Bewerbers/Bewerberin belastet, ohne dass sich in den Bestimmungen des AGG und den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere in denen der Richtlinie 2000/78/EG für die Zulässigkeit einer solchen Verengung des Vergleichsmaßstabs hinreichende Anhaltspunkte finden (vgl. BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 21; 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 23).

31

(c) Es kommt hinzu, dass das Erfordernis der „objektiven Eignung“ der/des Bewerberin/Bewerbers als Kriterium der vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 AGG dann nahezu praktisch unmöglich machen würde, wenn diese/r die/der einzige Bewerber/in um die Stelle war. In diesem Fall existiert nämlich keine konkrete Vergleichsperson; vielmehr würde es nach § 3 Abs. 1 AGG auf eine hypothetische Vergleichsperson ankommen, deren objektive Eignung oder Nichteignung sich nicht feststellen ließe.

32

2. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage aber auch nicht mit der Begründung abweisen, der vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG sei dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand(§ 242 BGB)ausgesetzt. Dabei kann offenbleiben, ob dem Entschädigungsverlangen des Klägers - entgegen dessen Rechtsauffassung - überhaupt der Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB entgegengehalten werden kann. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Voraussetzungen des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands seien im vorliegenden Verfahren erfüllt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Aus diesem Grund kommt es auf die Antwort des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache - C-423/15 - [Kratzer] auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 18. Juni 2015 (- 8 AZR 848/13 (A) -) nicht an.

33

a) Nach Auffassung des Senats spricht alles dafür, dass der vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand(§ 242 BGB)ausgesetzt wäre, sofern dieser sich nicht beworben haben sollte, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihm darum gegangen sein sollte, nur den formalen Status als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen.

34

aa) Nach § 242 BGB sind durch unredliches Verhalten begründete oder erworbene Rechte oder Rechtsstellungen grundsätzlich nicht schutzwürdig. Der Ausnutzung einer rechtsmissbräuchlich erworbenen Rechtsposition kann demnach der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen (vgl. etwa BAG 17. März 2016 - 8 AZR 677/14 - Rn. 44; 21. Oktober 2014 - 3 AZR 866/12 - Rn. 48; 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - Rn. 33; BGH 6. Februar 2002 - X ZR 215/00 - zu I 2 c der Gründe; 6. Oktober 1971 - VIII ZR 165/69 - zu I der Gründe, BGHZ 57, 108). Allerdings führt nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der Ausübung der hierdurch erlangten Rechtsstellung. Hat der Anspruchsteller sich die günstige Rechtsposition aber gerade durch ein treuwidriges Verhalten verschafft, liegt eine unzulässige Rechtsausübung iSv. § 242 BGB vor(etwa BGH 28. Oktober 2009 - IV ZR 140/08 - Rn. 21).

35

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen, die den - rechtshindernden - Einwand des Rechtsmissbrauchs begründen, trägt nach den allgemeinen Regeln der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast derjenige, der diesen Einwand geltend macht (vgl. ua. BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 848/13 (A) - Rn. 26; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 37; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 54).

36

bb) Danach hätte der Kläger die Rechtsstellung als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG treuwidrig erworben mit der Folge, dass die Ausnutzung dieser Rechtsposition rechtsmissbräuchlich wäre, wenn er sich nicht beworben haben sollte, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihm darum gegangen sein sollte, nur den formalen Status als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen(vgl. etwa BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 53 mwN; vgl. auch BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 33, BVerwGE 139, 135).

37

Nach § 1 AGG ist es das Ziel des AGG, in seinem Anwendungsbereich Benachteiligungen aus den in dieser Bestimmung genannten Gründen zu verhindern oder zu beseitigen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG wird auch der Zugang zur Beschäftigung vom sachlichen Anwendungsbereich des AGG erfasst. Nach dieser Bestimmung sind Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund nach Maßgabe des Gesetzes ua. unzulässig in Bezug auf die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit. Aus diesem Grund fallen nicht nur Beschäftigte iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 AGG, sondern auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG unter den persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes, sie gelten danach als Beschäftigte iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 AGG.

38

Bereits mit diesen Bestimmungen des AGG hat der nationale Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass nur derjenige den Schutz des AGG vor Diskriminierung einschließlich der in § 15 AGG geregelten Ersatzleistungen für sich beanspruchen kann, der auch tatsächlich Schutz vor Diskriminierung beim Zugang zur Erwerbstätigkeit sucht und dass hingegen eine Person, die mit ihrer Bewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG erlangen will mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend zu machen, sich nicht auf den durch das AGG vermittelten Schutz berufen kann; sie kann nicht Opfer einer verbotenen Diskriminierung sein mit der Folge, dass ihr die in § 15 AGG vorgesehenen Sanktionen mit abschreckender Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber(vgl. etwa EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63) zugutekommen müssten. Eine Person, die ihre Position als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG treuwidrig herbeiführt, missbraucht vielmehr den vom AGG gewährten Schutz vor Diskriminierung.

39

cc) Nach Auffassung des Senats begegnet der Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB unter diesen engen Voraussetzungen auch keinen unionsrechtlichen Bedenken.

40

(1) Das Verbot des Rechtsmissbrauchs ist ein anerkannter Grundsatz des Unionsrechts (vgl. ua. EuGH 28. Januar 2016 - C-50/14 - [CASTA ua.] Rn. 65). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Unionsrecht nicht gestattet (etwa EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 55 mwN; 9. März 1999 - C-212/97 - [Centros] Rn. 24, Slg. 1999, I-1459; 2. Mai 1996 - C-206/94 - [Paletta] Rn. 24, Slg. 1996, I-2357).

41

(2) Dabei ergeben sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den Voraussetzungen, unter denen Rechtsmissbrauch angenommen werden kann, vergleichbar strenge Anforderungen wie nach deutschem Recht.

42

Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis verlangt das Vorliegen eines objektiven und eines subjektiven Elements. Hinsichtlich des objektiven Elements muss sich aus einer Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergeben, dass trotz formaler Einhaltung der in der betreffenden Unionsregelung vorgesehenen Bedingungen das Ziel dieser Regelung nicht erreicht wurde. In Bezug auf das subjektive Element muss aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte (ua. EuGH 17. Dezember 2015 - C-419/14 - [WebMindLicenses] Rn. 36 mwN) die Absicht ersichtlich sein, sich einen ungerechtfertigten Vorteil aus der Unionsregelung dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden (zu der hier einschlägigen Richtlinie 2000/78/EG vgl. EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 56 mwN; vgl. iÜ. etwa EuGH 13. März 2014 - C-155/13 - [SICES ua.] Rn. 31 ff.; 16. Oktober 2012 - C-364/10 - [Ungarn/Slowakei] Rn. 58; 21. Februar 2006 - C-255/02 - [Halifax ua.] Rn. 74 ff., Slg. 2006, I-1609; 21. Juli 2005 - C-515/03 - [Eichsfelder Schlachtbetrieb] Rn. 39, Slg. 2005, I-7355; 14. Dezember 2000 - C-110/99 - [Emsland-Stärke] Rn. 52 und 53, Slg. 2000, I-11569). Das Missbrauchsverbot ist allerdings nicht relevant, wenn das fragliche Verhalten eine andere Erklärung haben kann als nur die Erlangung eines Vorteils (etwa EuGH 13. März 2014 - C-155/13 - [SICES ua.] Rn. 33; 21. Februar 2006 - C-255/02 - [Halifax ua.] Rn. 75). Die Prüfung, ob die Tatbestandsvoraussetzungen einer missbräuchlichen Praxis erfüllt sind, hat gemäß den Beweisregeln des nationalen Rechts zu erfolgen. Diese Regeln dürfen jedoch die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigen (ua. EuGH 17. Dezember 2015 - C-419/14 - [WebMindLicenses] Rn. 65 mwN).

43

(3) Sowohl aus dem Titel, als auch aus den Erwägungsgründen und dem Inhalt und der Zielsetzung der Richtlinie 2000/78/EG folgt, dass diese einen allgemeinen Rahmen schaffen soll, der gewährleistet, dass jeder „in Beschäftigung und Beruf“ gleichbehandelt wird, indem dem Betroffenen ein wirksamer Schutz vor Diskriminierungen aus einem der in ihrem Art. 1 genannten Gründe - darunter das Alter - geboten wird(ua. EuGH 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 23; 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs und Mai] Rn. 49, Slg. 2011, I-7965). Ferner ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG - ebenso wie aus Art. 1 Satz 2 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/54/EG -, dass diese Richtlinie für eine Person gilt, die eine Beschäftigung sucht und dies auch in Bezug auf die Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen für diese Beschäftigung (vgl. EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 33).

44

Damit spricht alles dafür, dass eine Person, die mit ihrer Bewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG erlangen will mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend zu machen, auch nach Unionsrecht rechtsmissbräuchlich handelt.

45

b) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Voraussetzungen des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands seien im vorliegenden Verfahren erfüllt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

46

aa) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob bei einer bestimmten Sachlage ein Verstoß gegen § 242 BGB und damit eine unzulässige Rechtsausübung vorliegt, ist in der Revisionsinstanz als Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs nur eingeschränkt überprüfbar(vgl. etwa BAG 16. Oktober 2012 - 9 AZR 183/11 - Rn. 25, BAGE 143, 194; 19. August 2010 - 8 AZR 645/09 - Rn. 66; 9. Dezember 2009 - 10 AZR 850/08 - Rn. 34 mwN; 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 31, BAGE 131, 215; BGH 7. Oktober 2015 - VIII ZR 247/14 - Rn. 25 mwN). Die revisionsrechtliche Kontrolle beschränkt sich darauf zu prüfen, ob das Landesarbeitsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es sich bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die maßgebliche Rechtsnorm den Vorgaben von § 286 Abs. 1 ZPO entsprechend mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und des Weiteren rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt.

47

bb) Das Berufungsurteil hält einer solchen eingeschränkten Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsbegriff des Rechtsmissbrauchs iSv. § 242 BGB verkannt und diese Bestimmung in einer Weise ausgelegt und angewandt, die das Benachteiligungsverbot des AGG und der Richtlinie 2000/78/EG zu unterlaufen geeignet ist. Die vom Landesarbeitsgericht seiner Würdigung zugrunde gelegten Umstände lassen weder jeweils für sich betrachtet noch in der Gesamtschau den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers zu.

48

(1) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts lassen sich dem Bewerbungsschreiben des Klägers vom 9. November 2012 bereits keine objektiven Umstände entnehmen, die den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers erlauben würden. Soweit das Landesarbeitsgericht ausführt, dieses Schreiben enthalte überwiegend formelhafte, nichtssagende Wendungen, mit denen der Kläger nur scheinbar konkret auf die Stellenanzeige und die in Aussicht gestellte Tätigkeit nebst deren Anforderungsprofil eingehe, es lasse sich dem Bewerbungsschreiben auch nicht entnehmen, was den Kläger gerade an der ausgeschriebenen Tätigkeit interessiere und weshalb er, nachdem er bereits lange Jahre als selbstständiger Rechtsanwalt in R tätig sei, Interesse an einer Berufsausübung in H habe, legt es seiner Würdigung seine Vorstellungen darüber zugrunde, wodurch sich ein gutes, ansprechendes und erfolgversprechendes Bewerbungsschreiben auszeichnet. Wie viel „Mühe“ ein Bewerber sich mit seinem Bewerbungsschreiben gegeben hat, wie ansprechend seine Präsentation ist und wie eindringlich und überzeugend er ein Interesse an der ausgeschriebenen Stelle bekundet hat, mag zwar ein Umstand sein, der für die konkrete Auswahlentscheidung des Arbeitgebers den Ausschlag geben kann. Es existiert hingegen weder ein Erfahrungssatz des Inhalts, dass nur derjenige, der ein solches Bewerbungsschreiben verfasst, an der Stelle interessiert ist, noch der gegenteilige Erfahrungssatz, dass derjenige, dessen Bewerbungsschreiben diesen Vorgaben nicht entspricht, sich nur mit dem Ziel bewirbt, die formale Position des Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 2 AGG geltend machen zu können.

49

(2) Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Entschädigungsanspruch des Klägers sei deshalb dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt, weil dieser sich unabhängig vom Rechtsgebiet, der Kanzlei oder dem Einsatzort stets auf Stellen bewerbe, in denen Berufseinsteiger und Berufseinsteigerinnen oder Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen mit erster Berufserfahrung gesucht würden, er im Fall der Ablehnung stets 60.000,00 Euro fordere, im Jahr 2013 16 Entschädigungsklagen erhoben habe und auch nicht dargetan habe, sich auch noch auf weitere, keinen Anlass für die Annahme einer Diskriminierung bietende Stellenanzeigen beworben zu haben, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die vom Landesarbeitsgericht seiner Würdigung zugrunde gelegten Umstände lassen nicht den Schluss auf ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen des Klägers zu, das auf der Annahme beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn“ verbleiben, weil die Beklagten - sei es bereits unter dem Druck des Geltendmachungsschreibens oder im Verlauf des Entschädigungsprozesses - freiwillig die Forderung erfüllen oder sich vergleichsweise auf eine Entschädigungszahlung einlassen.

50

(a) Auf Rechtsmissbrauch kann nicht bereits daraus geschlossen werden, dass eine Person eine Vielzahl erfolgloser Bewerbungen versandt und mehrere Entschädigungsprozesse geführt hat oder führt (vgl. etwa BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 848/13 (A) - Rn. 24; 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 63; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 56 mwN; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 52, BAGE 131, 232). Ein solches Verhalten für sich betrachtet lässt sich ebenso damit erklären, dass ein ernsthaftes Interesse an dem Erhalt der jeweiligen Stelle bestand und dass der/die Bewerber/in, weil er/sie sich entgegen den Vorgaben des AGG bei der Auswahl- und Besetzungsentscheidung diskriminiert sieht, mit der Entschädigungsklage zulässigerweise seine/ihre Rechte nach dem AGG wahrnimmt.

51

(b) Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Person sich stets auf solche Stellenausschreibungen beworben hat, die Formulierungen, insb. Anforderungen enthalten, die mittelbar oder unmittelbar an einen der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpfen und deshalb „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe die Stelle entgegen § 11 AGG, wonach ein Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG ausgeschrieben werden darf, ausgeschrieben. Dies folgt bereits daraus, dass der/die Bewerber/in auch in einem solchen Fall mit einer Entschädigungsklage grundsätzlich ein nicht unerhebliches Risiko eingeht, den Prozess zu verlieren und damit nicht nur keine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu erlangen, sondern auch mit den Kosten des Rechtsstreits belastet zu werden.

52

(aa) Der Arbeitgeber schuldet einem/einer abgelehnten Bewerber/in eine Entschädigung nicht bereits deshalb, weil die Stelle unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und damit erst recht nicht allein deshalb, weil die Stellenausschreibung Formulierungen, insb. Anforderungen enthält, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben. Das Gesetz knüpft an einen Verstoß gegen § 11 AGG keine unmittelbaren Rechtsfolgen.

53

(bb) Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist vielmehr, dass der/die abgelehnte Bewerber/in entgegen § 7 Abs. 1 AGG wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt wurde. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; es muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Zudem darf die mit einer negativen Auswahlentscheidung des Arbeitgebers verbundene unmittelbare Benachteiligung des/der Bewerbers/Bewerberin iSv. § 3 Abs. 1 AGG nicht nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG zulässig sein. Obgleich nicht zu verkennen ist, dass eine erfolglose Bewerbung auf eine Stellenausschreibung, die Formulierungen, insb. Anforderungen enthält, die mittelbar oder unmittelbar an einen der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpfen und deshalb „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben, die Erfolgsaussichten einer späteren Entschädigungsklage erhöht, ist es keinesfalls ausgeschlossen, dass die Klage abgewiesen wird, weil der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Grund iSv. § 1 AGG und der benachteiligenden Handlung nicht gegeben ist oder weil sich die mit der Ablehnung der Bewerbung verbundene unmittelbare Benachteiligung des Bewerbers/der Bewerberin iSv. § 3 Abs. 1 AGG nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG als zulässig erweist.

54

(aaa) § 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12  - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 -  C-54/07  - [Feryn] Rn. 32 , Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12  - Rn. 27 ). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben(vgl. etwa BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 58; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45).

55

(bbb) Auch wenn eine Stellenausschreibung Formulierungen, insb. Anforderungen enthält, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben, begründet dies nicht ohne Weiteres die Vermutung, der/die Bewerber/in sei im Auswahl- und Stellenbesetzungsverfahren wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt worden. Eine solche Vermutung besteht vielmehr nur dann, wenn die Stellenausschreibung gegen § 11 AGG verstößt. Dies ist indes selbst bei Formulierungen, insb. Anforderungen in Stellenausschreibungen, die eine unmittelbare Benachteiligung wegen eines § 1 AGG genannten Grundes bewirken, dann nicht der Fall, wenn die Diskriminierung nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG zulässig ist. Und bei Formulierungen, insb. Anforderungen in Stellenausschreibungen, die eine mittelbare Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bewirken können, scheidet nach § 3 Abs. 2 AGG ein Verstoß gegen § 11 AGG dann aus, wenn die Anforderung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist. Obwohl § 11 AGG nach seinem Wortlaut nur auf § 7 Abs. 1 AGG verweist, muss die Bestimmung so ausgelegt werden, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG nicht vorliegt, wenn die mögliche mittelbare oder die unmittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG oder §§ 8, 9 oder § 10 AGG gerechtfertigt ist. Es ist kein Grund ersichtlich, warum Stellenausschreibungen strengeren Anforderungen unterliegen sollten als dies bei allen anderen benachteiligenden Handlungen iSd. AGG der Fall ist.

56

(ccc) Aber auch dann, wenn die Stelle unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und deshalb die Vermutung besteht, dass der/die erfolglose Bewerber/in wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt wurde, genügt dies nicht ohne Weiteres für eine erfolgreiche Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs. Dem Arbeitgeber bleibt es nämlich unbenommen, Tatsachen vorzutragen und ggf. zu beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben.

57

(ddd) Zudem ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich die mit der Ablehnung der Bewerbung verbundene unmittelbare Benachteiligung des/der Bewerbers/Bewerberin im Einzelfall nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG als zulässig erweist.

58

(c) Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstands, dass selbst dann, wenn die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen aufgrund anderer erfolgloser Bewerbungen rechtsmissbräuchlich (gewesen) sein sollte, dies nicht ohne Weiteres auch für die jeweils streitgegenständliche gelten muss, sind an die Annahme des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands hohe Anforderungen zu stellen. Es müssen im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten rechtfertigen. Dies kann in diesem Zusammenhang nur angenommen werden, wenn sich ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen der Person feststellen lässt, das auf der Erwägung beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn“ verbleiben, weil der Arbeitgeber - sei es bereits unter dem Druck einer angekündigten Entschädigungsklage oder im Verlaufe eines Entschädigungsprozesses - freiwillig die Forderung erfüllt oder sich vergleichsweise auf eine Entschädigungszahlung einlässt.

59

(d) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht angenommen, der vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsanspruch sei dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt. Es kann dahinstehen, ob der Umstand, dass der Kläger im Falle der Ablehnung seiner Bewerbung vom Arbeitgeber stets Schadensersatz und Entschädigung iHv. 60.000,00 Euro gefordert hat, im Rahmen der Würdigung, ob im vorliegenden Fall Rechtsmissbrauch anzunehmen ist, überhaupt von Bedeutung ist. Die bislang vom Landesarbeitsgericht festgestellten Umstände rechtfertigen - auch unter Berücksichtigung dieses Umstands - nicht den Schluss, auch die Bewerbung des Klägers auf die von der Beklagten zu 1. ausgeschriebene Stelle und die sich an die Ablehnung anschließende Entschädigungsklage seien Teil eines systematischen und zielgerichteten Vorgehens des Klägers im Rahmen des unter Rn. 58 dargestellten „Geschäftsmodells“. Vielmehr verbleibt die „gute Möglichkeit“, dass der Kläger ein ernsthaftes Interesse an dem Erhalt der Stelle hatte, und dass er mit der Erhebung der Entschädigungsklage zulässigerweise seine Rechte nach dem AGG wahrgenommen hat. Umstände, die ggf. eine andere Beurteilung gebieten könnten, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Es gibt weder Feststellungen dazu, wie häufig der Kläger sich insgesamt auf Stellenausschreibungen beworben hat, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erweckten, die Stelle sei unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben worden, noch, wie arbeitgeberseitig auf ein Geltendmachungsschreiben des Klägers reagiert wurde, noch, wie der Kläger sich in den 16 vom Landesarbeitsgericht festgestellten Entschädigungsprozessen prozessual verhalten hat und ob und ggf. wann die Verfahren in welcher Instanz mit welchem Ergebnis beendet wurden. Bereits deshalb kommt es auf die Frage, ob der Kläger sich auch auf Stellenausschreibungen beworben hat, deren Inhalt keinen Anlass für die Annahme einer Diskriminierung bot, nicht an.

60

B. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klage sei unbegründet, stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

61

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Für den Kläger ergibt sich dies aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG.

62

Der Kläger ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass er eine Bewerbung eingereicht hat. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG enthält einen formalen Bewerberbegriff. Soweit teilweise in der Rechtsprechung des Senats zusätzlich die „subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung“ gefordert wurde (ua. BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 848/13 (A) - Rn. 24; 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - Rn. 28; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 50, BAGE 131, 232; vgl. jedoch offenlassend oder entgegengesetzt ua.: BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 18; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 51 bis 56; 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 32), hält der Senat hieran nicht fest. Eine solche Voraussetzung ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn noch aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung oder ihrem Sinn und Zweck. Die Frage, ob eine Bewerbung „nicht ernsthaft“ war, weil eine Person sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern um eine Entschädigung geltend zu machen, betrifft vielmehr die Frage, ob diese sich unter Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB)den formalen Status als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG verschafft und damit für sich den persönlichen Anwendungsbereich des AGG treuwidrig eröffnet hat, weshalb der Ausnutzung dieser Rechtsposition der durchgreifende Rechtsmissbrauchseinwand entgegenstehen könnte (vgl. auch BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 25; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 18; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24).

63

II. Der Kläger hat den Entschädigungsanspruch auch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG).

64

III. Der Entschädigungsanspruch des Klägers ist auch nicht aufgrund anderer als der vom Landesarbeitsgericht seiner Würdigung zugrunde gelegten Umstände dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB)ausgesetzt. Die von den Beklagten insoweit vorgetragenen Umstände lassen weder für sich betrachtet noch in einer Gesamtschau den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers zu.

65

1. Soweit die Beklagten geltend machen, der Kläger habe die ausgeschriebene Stelle nicht antreten können, weil er als Einzelanwalt ein Dezernat mit laufenden Mandatsverhältnissen nicht kurzfristig habe aufgeben können, lässt dies nicht auf einen Rechtsmissbrauch schließen. Dass ein bisher als Einzelanwalt tätiger Rechtsanwalt vor der Aufnahme einer anderen Tätigkeit ggf. Zeit benötigt, die bisherige Kanzlei zu übergeben oder abzuwickeln, mag zwar ein tatsächliches Hindernis für eine sofortige Arbeitsaufnahme sein; es ist jedoch fernliegend, daraus zu schließen, der Kläger habe sich auf die ausgeschriebene Stelle nur beworben, um die formale Position als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Gleiches gilt, soweit die Beklagten anführen, im Hinblick auf die fachliche Ausrichtung und Spezialisierung der Kanzlei hätte der Kläger erläutern müssen, weshalb er gerade an einer Tätigkeit bei ihnen interessiert sei, insoweit sei die Bewerbung des Klägers nicht nachvollziehbar, und sie mutmaßen, der Kläger habe seine Bewerbung mit einem sog. Anwaltsprogramm angefertigt. Auch der Umstand, dass der Kläger im Internet damit wirbt, als Einzelanwalt immer für seine Mandanten als persönlicher Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen und dass er jedenfalls zeitweise als Rechtsanwalt im Bereich von Abmahnungen tätig war, lässt nicht auf einen Rechtsmissbrauch schließen. Letztlich kann der Rechtsmissbrauchseinwand auch nicht erfolgreich darauf gestützt werden, dass der Kläger weiterhin seine Kanzlei betrieben und nicht abgewickelt hat. Im Gegenteil liegt ein solches Verhalten bei einer Erfolglosigkeit von Bewerbungsbemühungen auf der Hand.

66

2. Soweit die Beklagten sich darauf berufen, dass der Kläger am Ende seines Geltendmachungsschreibens vom 26. November 2012 neben Schadensersatz und Entschädigung eine Erstattung anwaltlicher Gebühren und Auslagen gefordert hat, liegt darin allein kein Umstand, der den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers zuließe. Es gibt keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass ein Rechtsanwalt, der sich erfolglos auf eine ausgeschriebene Stelle (als Rechtsanwalt) beworben hat und bereits in seinem Geltendmachungsschreiben nicht nur Entschädigung und Schadensersatz, sondern auch die Zahlung anwaltlicher Gebühren und Auslagen fordert, von vornherein nur die Absicht hatte, sich die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu verschaffen mit dem alleinigen Ziel, Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Es kann dahinstehen, ob und ggf. welche Bedeutung diesem Umstand im Rahmen der Prüfung zukommt, ob das Entschädigungsverlangen ausnahmsweise dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt ist, weil sich ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen der Person feststellen lässt, das auf der Erwägung beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn“ verbleiben. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem potentieller Arbeitgeber eine Rechtsanwaltskanzlei ist, ist die Annahme fernliegend, der Kläger habe darauf spekuliert, den Beklagten sei die in § 12a ArbGG zur Kostentragungspflicht getroffene Bestimmung unbekannt und diese seien nicht in der Lage, die Risiken eines Entschädigungsprozesses einzuschätzen, und würden sich deshalb bereits durch das Geltendmachungsschreiben so sehr beeindrucken lassen, dass sie allein zur Vermeidung weiterer Kosten frühzeitig „klein beigeben“.

67

3. Soweit die Beklagten schließlich behaupten, der Kläger habe im Rahmen eines Telefonats mit dem Beklagten zu 3. am 27. November 2012 geäußert, seinerseits bestehe kein Interesse an einer Mitarbeit in der Kanzlei der Beklagten, er wolle lediglich eine Zahlung, ist dieses Vorbringen unbeachtlich. Die Beklagten haben schon nicht substantiiert zum Verlauf des Gesprächs vorgetragen, was vor dem Hintergrund, dass der Kläger sich gegenüber der Behauptung der Beklagten dahin verteidigt hatte, er habe kein fehlendes Interesse an einer Mitarbeit in der Kanzlei der Beklagten geäußert, sondern vielmehr gesagt, dass nach Ablehnung seiner Bewerbung durch die Gegenseite eine „Heilung“ des Verstoßes gegen das AGG nicht infrage komme, aber erforderlich gewesen wäre.

68

C. Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob und ggf. in welcher Höhe die zulässige Klage begründet ist. Zudem ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

69

I. Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - nicht geprüft, ob der Kläger entgegen den Bestimmungen des AGG im Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde und hierzu keine Feststellungen getroffen. Dies wird das Landesarbeitsgericht nachzuholen haben.

70

1. Dabei wird das Landesarbeitsgericht zunächst zu beachten haben, dass die Vermutung iSv. § 22 AGG, dass der Kläger im späteren Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde, dann bestünde, wenn die Beklagte zu 1. die Stelle, auf die sich der Kläger bei dieser beworben hat, entgegen den Vorgaben von § 11 AGG unter Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters(§ 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG)ausgeschrieben hat.

71

Das Landesarbeitsgericht wird dabei zu beachten haben, dass das in der Stellenausschreibung enthaltene Anforderungskriterium, mit dem ein Rechtsanwalt (m/w) „mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung“ gesucht wird, Personen wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter“ gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen kann iSv. § 3 Abs. 2 AGG und dass die Formulierung in der Stellenausschreibung, wonach dem/der Bewerber/in eine langfristige Perspektive in einem „jungen und dynamischen Team“ geboten wird, eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters bewirkt, sodass es im Hinblick auf die Frage, ob die Stelle entgegen den Anforderungen des § 11 AGG ausgeschrieben wurde und deshalb die Vermutung besteht, dass der Kläger im späteren Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde, nur noch darauf ankommt, ob die unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters nach § 8 Abs. 1 oder § 10 AGG zulässig ist. Sollte dies der Fall sein, wäre auch eine mittelbare Diskriminierung gerechtfertigt, da die Anforderungen an die Rechtfertigung einer mittelbaren Benachteiligung nicht höher als diejenigen an die Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung sind (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 62, 65, 66, Slg. 2009, I-1569; BAG 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 35 mwN, BAGE 131, 298).

72

a) Die in der Stellenausschreibung enthaltene Anforderung „mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung“ kann Personen wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter“ gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen.

73

Bei der Berufserfahrung handelt es sich um ein Kriterium, das dem Anschein nach neutral ist iSv. § 3 Abs. 2 AGG. Unmittelbar wird damit nicht auf ein bestimmtes Alter Bezug genommen. Jedoch ist das Kriterium der Berufserfahrung mittelbar mit dem in § 1 AGG genannten Grund „Alter“ verknüpft. Bewerber/innen mit einer längeren Berufserfahrung weisen gegenüber Berufsanfänger/innen und gegenüber Bewerber/innen mit erster oder kurzer Berufserfahrung typischerweise ein höheres Lebensalter auf (vgl. nur BAG 18. August 2009 - 1 ABR 47/08 - Rn. 33, BAGE 131, 342). Da die Beklagte zu 1. mit der in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderung „mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung“ signalisiert, lediglich Interesse an der Gewinnung jüngerer Mitarbeiter/innen zu haben, ist diese Anforderung geeignet, ältere gegenüber jüngeren Personen wegen des Alters in besonderer Weise zu benachteiligen. Typischerweise werden ältere Personen allein wegen dieser Anforderung häufig von vornherein von einer Bewerbung absehen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass berufliche Lebensläufe heutzutage vielfältiger sind als früher und ein Wechsel von einer juristischen Tätigkeit in eine andere juristische Tätigkeit auch nach längeren Berufsjahren, ggf. auch erst nach dem Erreichen des regulären Pensionsalters erfolgen kann. Der Befund, dass Berufsanfänger/innen und Personen mit kurzer Berufserfahrung typischerweise junge Menschen sind, besteht jedoch nach wie vor.

74

b) Die Formulierung in der Stellenausschreibung, wonach dem/der Bewerber/in eine langfristige Perspektive in einem „jungen und dynamischen Team“ geboten wird, bewirkt eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG.

75

Mit dem Begriff „jung“ wird unmittelbar an das Lebensalter angeknüpft. Verstärkt wird diese Bezugnahme auf das Lebensalter durch die Verbindung mit dem Begriff „dynamisch“, der eine Eigenschaft beschreibt, die im Allgemeinen eher jüngeren als älteren Menschen zugeschrieben wird. Wird in einer Stellenausschreibung - wie hier - darauf hingewiesen, dass eine langfristige Perspektive in einem „jungen und dynamischen Team“ geboten wird, enthält dieser Hinweis regelmäßig nicht nur die Botschaft an potentielle Stellenbewerber/innen, dass die Mitglieder des Teams jung und deshalb dynamisch sind. Eine solche Angabe in einer Stellenanzeige kann aus der Sicht eines objektiven Empfängers zudem regelmäßig nur so verstanden werden, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin sucht, der/die in das Team passt, weil er/sie ebenso jung und dynamisch ist wie die Mitglieder des vorhandenen Teams. Die Annahme, dass mit der Beschreibung des Teams als „jung“ und „dynamisch“ der Zweck verfolgt wird, den potentiellen Bewerber/die potentielle Bewerberin darüber zu informieren, dass das Team selbst noch nicht lange Zeit besteht, ist demgegenüber fernliegend, wenn dieser Umstand nicht zugleich in der Stellenausschreibung erläutert wird. Sofern dies - wie hier - nicht der Fall ist, kann der Zweck einer solchen Stellenbeschreibung nur darin bestehen, einen zum vorhandenen Team passenden neuen Beschäftigten zu gewinnen. Andernfalls wäre die so formulierte Stellenbeschreibung ohne Aussagegehalt und damit überflüssig.

76

c) Das Landesarbeitsgericht wird demnach ggf. zu prüfen haben, ob die mit der Formulierung „in einem jungen und dynamischen Team“ bewirkte unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters nach § 8 AGG oder nach § 10 AGG zulässig ist. Dabei wird es zu beachten haben, dass sich sowohl § 8 AGG als auch § 10 AGG als für den Arbeitgeber günstige Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Diskriminierung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, hier des Alters, darstellen(vgl. hierzu etwa EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 72 und 81, Slg. 2011, I-8003; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569), weshalb den Arbeitgeber - hier die Beklagten - bereits nach den allgemeinen Regeln des nationalen Rechts die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der in den Bestimmungen enthaltenen Voraussetzungen trifft (zur Darlegungs- und Beweislast nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG vgl. etwa EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 83, Slg. 2011, I-6919).

77

aa) Nach § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

78

§ 8 Abs. 1 AGG dient der Umsetzung von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht. § 8 Abs. 1 AGG ist unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eng auszulegen. Eine Ungleichbehandlung wegen des Alters ist nach § 8 Abs. 1 AGG nur gerechtfertigt, wenn sämtliche in der Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Stellt ein Merkmal, das insbesondere mit dem Alter zusammenhängt, eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung dar, kann eine unterschiedliche Behandlung zudem nur unter sehr begrenzten Bedingungen gerechtfertigt sein (EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 71, Slg. 2011, I-8003).

79

Das Landesarbeitsgericht wird bei der Anwendung von § 8 Abs. 1 AGG zudem zu beachten haben, dass nicht der Grund, auf den die Ungleichbehandlung gestützt ist, sondern nur ein mit diesem Grund im Zusammenhang stehendes Merkmal eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellen kann und dass ein solches Merkmal - oder sein Fehlen - nur dann eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSd. § 8 Abs. 1 AGG ist, wenn davon die ordnungsgemäße Durchführung der Tätigkeit abhängt(vgl. etwa EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 66, Slg. 2011, I-8003; 12. Januar 2010 - C-229/08 - [Wolf] Rn. 35, Slg. 2010, I-1; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 34, BAGE 148, 158).

80

bb) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine nicht abschließende Aufzählung von Tatbeständen, nach denen unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters iSv. § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG insbesondere gerechtfertigt sein können(vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 45; 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 35, BAGE 133, 265; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07  - Rn. 40 , BAGE 129, 181 ).

81

Bei der Anwendung von § 10 AGG wird das Landesarbeitsgericht Folgendes zu beachten haben:

82

(1) § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht(dazu auch BAG 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 21, BAGE 147, 279), wobei die Richtlinie ihrerseits das primärrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts (EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 75, Slg. 2005, I-9981; BVerfG 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 2 BvR 1989/12 - Rn. 63, BVerfGE 139, 19) sowie das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Verbot der Diskriminierung wegen des Alters konkretisiert(EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 38, Slg. 2011, I-8003; BVerfG 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 - aaO). § 10 AGG ist unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen(dazu auch BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 17, BAGE 149, 315; 12. Juni 2013 - 7 AZR 917/11 - Rn. 32; 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 40).

83

(2) § 10 Satz 1 AGG definiert nicht, was unter einem legitimen Ziel zu verstehen ist. Für die Konkretisierung des Begriffs des legitimen Ziels ist deshalb auf Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG zurückzugreifen. Legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG, dh. Ziele, die als geeignet angesehen werden können, eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots von Diskriminierungen aus Gründen des Alters zu rechtfertigen, sind - obgleich die in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG enthaltene Aufzählung nicht erschöpfend ist (EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 80, Slg. 2011, I-8003) - wegen der als Beispiele genannten Bereiche Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung nur solche, die mit der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung im Zusammenhang stehen, und damit nur rechtmäßige Ziele aus dem Bereich „Sozialpolitik“ (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 81, aaO; dazu auch BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 36, BAGE 152, 134; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 790/12 - Rn. 26 mwN, BAGE 147, 89). Ziele, die als legitim iSd. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG angesehen werden können, stehen als „sozialpolitische Ziele“ im Allgemeininteresse. Dadurch unterscheiden sie sich von Zielen, die im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegen, wie Kostenreduzierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Dabei ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass eine nationale Vorschrift den Arbeitgebern bei der Verfolgung der sozialpolitischen Ziele einen gewissen Grad an Flexibilität einräumt (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 52, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569). Ein unabhängig von Allgemeininteressen verfolgtes Ziel eines Arbeitgebers kann eine Ungleichbehandlung jedoch nicht rechtfertigen (vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - aaO).

84

(3) Nach § 10 Satz 1 AGG reicht es - ebenso wie nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG - für die Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters nicht aus, dass der Arbeitgeber mit der unterschiedlichen Behandlung ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG verfolgt; hinzukommen muss nach § 10 Satz 2 AGG, dass die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Beides ist im Hinblick auf das konkret angestrebte Ziel zu beurteilen (vgl. etwa EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] Rn. 43; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 55 f.). Dabei sind in unionsrechtskonformer Auslegung von § 10 Satz 2 AGG die Mittel nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie es erlauben, das mit der unterschiedlichen Behandlung verfolgte Ziel zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen derjenigen Personen zu führen, die wegen ihres Alters benachteiligt werden(vgl. etwa EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] aaO; 26. Februar 2015 - C-515/13 - [Ingeniørforeningen i Danmark] Rn. 25; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 56) und die Maßnahme nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist (vgl. EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] aaO; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 59; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 65 mwN, Slg. 2005, I-9981).

85

(4) Um darzutun, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nach § 10 AGG gerechtfertigt ist, reicht es nicht aus, wenn der Arbeitgeber allgemein behauptet, dass die die unterschiedliche Behandlung bewirkende Maßnahme oder Regelung geeignet sei, der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung zu dienen. Derartige allgemeine Behauptungen lassen nämlich nicht den Schluss zu, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (vgl. EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 77, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 51, Slg. 2009, I-1569; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 65, Slg. 2005, I-9981; vgl. auch BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 35, BAGE 131, 61). Der Arbeitgeber hat hierzu vielmehr substantiierten Sachvortrag zu leisten (vgl. EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 82, aaO).

86

2. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Stelle, auf die der Kläger sich beworben hat, von der Beklagten zu 1. unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und deshalb die Vermutung iSv. § 22 AGG besteht, dass der Kläger im späteren Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde, wird es zu prüfen haben, ob die Beklagten Tatsachen vorgetragen und im Bestreitensfall bewiesen haben, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe, hier: das Alter, zu einer ungünstigeren Behandlung des Klägers geführt haben.

87

a) Solche Gründe können zwar idR nicht darin liegen, dass der Arbeitgeber - wie hier - später von einer Einstellung oder Beschäftigung eines anderen Bewerbers absieht, die Stelle also nach Beginn der eigentlichen Bewerberauswahl unbesetzt bleibt (vgl. im Einzelnen BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23 mwN). Die Auslegung und Anwendung von § 22 AGG darf nicht dazu führen, dass es der Arbeitgeber in der Hand hat, durch eine geeignete Verfahrensgestaltung die Chancen von Bewerbern und Bewerberinnen wegen der in § 1 AGG genannten Gründe so zu mindern, dass seine Entscheidung praktisch unangreifbar wird(vgl. BVerfG 21. September 2006 - 1 BvR 308/03 - Rn. 13 mwN, BVerfGK 9, 218). Eine andere Bewertung ist aber dann geboten, wenn der Arbeitgeber substantiiert vorträgt und ggf. beweist, dass das Auswahlverfahren aus sachlichen und nachvollziehbaren Gründen, zB weil zwischenzeitlich das Erfordernis, die Stelle überhaupt (neu) zu besetzen, entfallen ist, abgebrochen wurde, bevor die Bewerbung der klagenden Partei bei ihm eingegangen ist. In einem solchen Fall hat es kein Auswahlverfahren mehr gegeben, in dessen Verlauf die klagende Partei hätte diskriminiert werden können.

88

b) Entsprechendes kann gelten, sofern der Arbeitgeber substantiiert vorträgt und ggf. beweist, dass das Auswahlverfahren bereits abgeschlossen war, bevor die Bewerbung der klagenden Partei bei ihm eingegangen ist. Allerdings schließt der Umstand, dass eine ausgeschriebene Stelle bereits vor Eingang der Bewerbung der klagenden Partei besetzt wurde, nicht generell deren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG aus(BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 42). Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an, beispielsweise darauf, ob ggf. eine vom Arbeitgeber gesetzte Bewerbungsfrist unterlaufen wird und/oder ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine bereits vor Eingang einer Bewerbung erfolgte Stellenbesetzung gleichwohl zu einer Benachteiligung des nicht berücksichtigten Bewerbers führt (vgl. dazu BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 30; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - aaO).

89

c) Der Arbeitgeber kann die Vermutung, er habe die klagende Partei wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt, aber auch dadurch widerlegen, dass er substantiiert dazu vorträgt und im Bestreitensfall beweist, dass er bei der Behandlung aller Bewerbungen nach einem bestimmten Verfahren vorgegangen ist, das eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes ausschließt. Dies kann zum Beispiel anzunehmen sein, wenn der Arbeitgeber ausnahmslos alle Bewerbungen in einem ersten Schritt darauf hin sichtet, ob die Bewerber/innen eine zulässigerweise gestellte Anforderung erfüllen und er all die Bewerbungen von vornherein aus dem weiteren Auswahlverfahren ausscheidet, bei denen dies nicht der Fall ist. Der Arbeitgeber, der sich hierauf beruft, muss dann allerdings nicht nur darlegen und ggf. beweisen, dass ein solches Verfahren praktiziert wurde, sondern auch, dass er das Verfahren konsequent zu Ende geführt hat. Deshalb muss er auch substantiiert dartun und im Bestreitensfall beweisen, wie viele Bewerbungen eingegangen sind, welche Bewerber/innen aus demselben Grund ebenso aus dem Auswahlverfahren ausgenommen wurden, welche Bewerber/innen, weil sie die Anforderung erfüllten, im weiteren Auswahlverfahren verblieben sind und dass der/die letztlich ausgewählte Bewerber/in die Anforderung, wegen deren Fehlens die klagende Partei aus dem weiteren Auswahlverfahren vorab ausgenommen wurde, erfüllt.

90

Dabei muss sich die Anforderung, wegen deren Nichterfüllung die klagende Partei und ggf. andere Bewerber/innen aus dem weiteren Auswahlverfahren vorab ausgenommen werden, nicht ausdrücklich aus der Stellenausschreibung ergeben. Insoweit reicht es in jedem Fall aus, wenn die Anforderung in der Stellenausschreibung „Anklang“ gefunden hat oder sich aus dem in der Stellenausschreibung formulierten Anforderungsprofil ableiten lässt. Wird beispielsweise mit einer Stellenausschreibung eine Person gesucht, die über eine „herausragende“, „hervorragende“ oder „erstklassige“ (hier: juristische) Qualifikation verfügt, ist es jedenfalls dem privaten Arbeitgeber unbenommen, all die Bewerber/innen, die eine bestimmte Examensnote nicht erzielt haben, aus dem weiteren Auswahlverfahren auszunehmen. Jede/r Bewerber/in muss in einem solchen Fall bereits aufgrund der Stellenausschreibung damit rechnen, dass in einem Stellenbesetzungsverfahren, insbesondere wenn viele Bewerbungen eingehen, womöglich nur die Bewerbungen mit bestimmten Examensnoten eine Vorsichtung erfolgreich durchlaufen. Allerdings ist zu beachten, dass Anforderungen, die in der Stellenausschreibung keinen „Anklang“ gefunden haben und sich auch nicht aus dem in der Stellenausschreibung formulierten Anforderungsprofil ableiten lassen, vom Arbeitgeber seiner Vorauswahl nicht ohne Weiteres zugrunde gelegt werden dürfen. Insoweit muss der Arbeitgeber dartun und im Bestreitensfall beweisen, dass diese Anforderungen nicht nur vorgeschoben wurden (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 43 mwN, BAGE 131, 86).

91

d) Soweit der Arbeitgeber darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass die klagende Partei eine formale Qualifikation nicht aufweist oder eine formale Anforderung nicht erfüllt, die unverzichtbare Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit/des Berufs an sich ist, kann idR davon ausgegangen werden, dass die Bewerbung ausschließlich aus diesem Grund ohne Erfolg blieb; in einem solchen Fall besteht demzufolge idR kein Kausalzusammenhang zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund.

92

II. Sollte sich ergeben, dass nicht ausschließlich andere Gründe als das Alter zu einer ungünstigeren Behandlung des Klägers geführt haben, wird das Landesarbeitsgericht auf ein entsprechendes Vorbringen der Beklagten, das im Bestreitensfall zu beweisen wäre, auch der Frage nachzugehen haben, ob die unmittelbare Benachteiligung, die der Kläger durch die Nichtberücksichtigung im Auswahlverfahren wegen seines Alters erfahren hat, ausnahmsweise gerechtfertigt ist.

93

III. Sofern das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, das Benachteiligungsverbot des AGG sei verletzt und dem Kläger stehe nach § 15 Abs. 2 AGG dem Grunde nach eine Entschädigung zu, wird es zu beachten haben, dass auch bei der Beurteilung der angemessenen Höhe der festzusetzenden Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG alle Umstände des Einzelfalls, wie etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns und der Sanktionszweck der Entschädigungsnorm zu berücksichtigen sind(vgl. ua. BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 44, BAGE 148, 158; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 38; 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - Rn. 38; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 82 mwN, BAGE 129, 181). Die Entschädigung muss einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz gewährleisten (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63; 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - aaO). Die Härte der Sanktionen muss der Schwere des Verstoßes entsprechen, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63 mwN; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - aaO).

94

D. Im Hinblick auf die vom Landesarbeitsgericht zu treffende Kostenentscheidung weist der Senat darauf hin, dass sich diese - entgegen der Rechtsauffassung des Klägers - nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 91 ff. ZPO richtet, wobei bei einem nur teilweisen Obsiegen/Unterliegen des Klägers Veranlassung bestehen kann, von der in § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch zu machen. Zwar trifft es zu, dass Verfahren, die Klagen wegen Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zum Gegenstand haben, nicht weniger günstig gestaltet sein dürfen als Klageverfahren, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz) und dass die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden darf (Grundsatz der Effektivität) (st. Rspr. des EuGH, vgl. nur 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 61 mwN). Dies ist aber bei Anwendung der §§ 91 ff. ZPO, nach denen sich der gerichtliche Kostenausspruch generell und einheitlich nach Obsiegen und Unterliegen richtet, ohne nach der „Herkunft“ des geltend gemachten Klageanspruchs zu differenzieren, nicht der Fall.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    Der ehrenamtliche Richter Dr. Volz ist
an der Unterschriftsleistung verhindert.
Schlewing    

        

    B. Stahl    

                 

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

(2) Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung für gleiche oder gleichwertige Arbeit wegen eines in § 1 genannten Grundes wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass wegen eines in § 1 genannten Grundes besondere Schutzvorschriften gelten.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. September 2010 - 4 Sa 18/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, den der Kläger geltend macht, weil er sich wegen seiner Behinderung bei einer Bewerbung benachteiligt sieht.

2

Der 1964 geborene Kläger absolvierte von 1982 bis 1985 eine Ausbildung zum Großhandelskaufmann. Nachdem er 1987 die Fachhochschulreife erworben hatte, studierte er anschließend bis 1992 Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule F. Er schloss mit dem Diplom als „Betriebswirt FH“ ab. Danach übte der Kläger bis 1996 verschiedene Tätigkeiten aus. Dem schloss sich bis 1998 eine weitere Berufsausbildung als Chemisch-Technischer Assistent an, die in den Folgejahren zu keiner stabilen Beschäftigung führte. Im September 1997 wurde die Schwerbehinderung des Klägers aufgrund eines nicht behandlungsbedürftigen essentiellen Tremors mit einem GdB von 60 anerkannt.

3

Von September 2004 bis August 2005 nahm der Kläger bei einer Gemeinde am praktischen Einführungsjahr für den gehobenen Verwaltungsdienst teil. Anschließend studierte er bis September 2008 an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in K. Für das Hauptstudium wählte er das Fach „Wirtschaft“ und das Wahlpflichtfach „Rechnungswesen“. Die Staatsprüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst absolvierte der Kläger mit der Gesamtnote „befriedigend“ (7 Punkte).

4

Die Beklagte ist eine Gemeinde mit rd. 3.700 Einwohnern, die in ihrer Verwaltung auf acht Stellen zwölf Arbeitnehmer beschäftigt. Im Sommer 2009 schrieb die Beklagte eine Stelle für einen Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin im Bereich Personalwesen, Bauleitplanung, Liegenschaften und Ordnungsamt zur Mutterschaftsvertretung aus. Für dieses Aufgabengebiet suchte die Beklagte „eine/n Mitarbeiter/in mit der Qualifikation des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes und umfassenden Kenntnissen“. Die Vergütung sollte gemäß dem TVöD erfolgen. Nach seiner Staatsprüfung hatte sich der Kläger um zahlreiche Stellen im öffentlichen Dienst beworben. Nachdem er anfänglich in den Bewerbungsschreiben auf seine Schwerbehinderteneigenschaft hingewiesen hatte, entschloss er sich wegen der Erfolglosigkeit seiner Bewerbungen ab einem bestimmten Zeitpunkt, nur noch den Hinweis auf eine „Behinderung“ zu geben. Vom 12. Januar bis 31. März 2010 arbeitete der Kläger bei einem öffentlichen Arbeitgeber in Oberbayern.

5

Mit Schreiben vom 8. Juli 2009 bewarb sich der Kläger um die ausgeschriebene Stelle der Beklagten. Am Ende des Bewerbungsschreibens führte er aus:

        

„Durch meine Behinderung bin ich, insbesondere im Verwaltungsbereich, nicht eingeschränkt.“

6

Bei der Beklagten bearbeitete die Beschäftigte M das Bewerbungsverfahren. Diese kannte den Kläger von dem gemeinsamen Besuch der Fachhochschule K her flüchtig. Frau M hatte dabei den Eindruck gewonnen, dass sich der Kläger anderen Studentinnen und Studenten aufdränge. Davon unterrichtete sie den Bürgermeister der Beklagten, der sich daraufhin gegen eine Berücksichtigung des Klägers entschied. Die Beklagte nahm keine Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf und prüfte nicht, ob die ausgeschriebene Stelle mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden könne. Im weiteren Verlauf wurden zwei der ca. zehn Bewerber dem Gemeinderat vorgestellt. Eingestellt wurde schließlich Frau Mü, die ihr Staatsexamen mit acht Punkten bestanden hatte und während des Hauptstudiums den Bereich „Verwaltung“ und das Schwerpunktfach „Kommunalpolitik“ gewählt hatte. Unter dem 30. Juli 2009 sagte die Beklagte dem Kläger schriftlich ab.

7

Durch Schreiben seiner damaligen Anwälte ließ der Kläger am 14. August 2009 der Beklagten mitteilen, dass er seit September 1997 im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit einem GdB von 60 sei. Er rügte, nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein und machte vorsorglich Schadensersatzansprüche nach § 15 AGG dem Grunde nach geltend. Der spätere Prozessbevollmächtigte des Klägers in den Vorinstanzen bezifferte mit Schreiben vom 10. September 2009 die vom Kläger begehrte Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG auf drei Bruttomonatsgehälter oder 6.689,85 Euro. Mit Schreiben vom 24. September 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass wegen offensichtlich fehlender fachlicher Eignung eine Einladung zum Vorstellungsgespräch entbehrlich gewesen sei.

8

Mit Eingang beim Arbeitsgericht am 26. Oktober 2009 hat der Kläger die von ihm verlangte Entschädigung gerichtlich geltend gemacht. Zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung betrieb der Kläger in mindestens 27 weiteren Fällen Entschädigungsklagen gegen öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch begründe bereits die Vermutung einer Benachteiligung wegen seiner Behinderung. Auch habe es die Beklagte unterlassen, die freie Stelle der Bundesagentur für Arbeit zu melden und den Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung über seine Bewerbung und die Ablehnungsgründe zu unterrichten. Jedenfalls habe Frau M gewusst, dass er schwerbehindert sei. Dies sei ohne weiteres an seinem Tremor und daran erkennbar gewesen, dass er aufgrund seines fortgeschrittenen Alters nur als Schwerbehinderter die Zulassung zum Studium habe erhalten können. Zumindest habe die Beklagte eine Schwerbehinderteneigenschaft aufgrund der Zulassungsbestimmungen zur Ausbildung für den gehobenen Verwaltungsdienst erkennen müssen.

10

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung, mindestens jedoch 6.689,85 Euro nebst fünf % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26. September 2009 zu zahlen.

11

Den Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass Frau M nicht bekannt gewesen sei, dass der Kläger schwerbehindert sei. Frau M und der Kläger hätten weder im selben Semester studiert noch seien sie näher bekannt gewesen, weshalb Frau M auch das Alter des Klägers nicht gekannt habe. Auch habe die Beklagte aus sonstigen Umständen die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers nicht erkannt bzw. erkennen müssen. Im Übrigen sei die ausgeschriebene Stelle nicht als Arbeitsplatz iSv. SGB IX anzusehen.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers nach Beweisaufnahme zur Frage des Bestehens einer Schwerbehindertenvertretung bzw. eines Personalrats zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist begründet. Er hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG, § 81 Abs. 2 SGB IX. Über die Höhe des Entschädigungsanspruchs kann der Senat nicht entscheiden. Insoweit fehlen tatsächliche Feststellungen, die das Landesarbeitsgericht innerhalb seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraums rechtlich zu würdigen haben wird.

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG bestehe nicht, da der Kläger nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt worden sei. Zwar habe er Umstände vorgetragen, die als Indiztatsachen iSv. § 22 AGG eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermuten ließen. Dem Kläger habe die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle nicht offensichtlich gefehlt. Die Beklagte habe als öffentliche Arbeitgeberin gegen ihre Verpflichtung nach den § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, § 82 SGB IX verstoßen, der Agentur für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze zu melden. Diese Verpflichtung beziehe sich aber nur auf das Vorfeld des eigentlichen Stellenbesetzungsverfahrens. Offenbare ein Bewerber seine Schwerbehinderung nicht, so sei die unterlassene Meldung gegenüber der Agentur für Arbeit nicht kausal für die in Unkenntnis der Schwerbehinderung getroffene Entscheidung des Arbeitgebers. Entsprechendes gelte für den Verstoß gegen die Pflicht der öffentlichen Arbeitgeber zur Einladung zum Vorstellungsgespräch nach § 82 Satz 2 SGB IX. Aus den Bewerbungsunterlagen habe die Beklagte die Schwerbehinderung weder gekannt noch erkennen müssen, auch habe eine Pflicht zur Erkundigung nicht bestanden. Der Beschäftigten M seien die persönlichen Umstände des Klägers nicht bekannt gewesen, weshalb die Beklagte auch nicht von seinem Alter oder den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Studienzulassung auf eine Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers habe schließen müssen. Die Beweisaufnahme habe zum Ergebnis gehabt, dass bei der Beklagten weder ein Personalrat noch eine Schwerbehindertenvertretung bestehe, so dass die Nichtbeteiligung derartiger Gremien kein Indiz darstelle. Im Ergebnis fehle es damit an Indizien, die eine Benachteiligung „wegen“ Behinderung vermuten ließen.

15

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

16

I. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger durfte die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. Grundlage hierfür ist § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG, der für einen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld vorsieht. Dem Gericht wird bei der Bestimmung der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38), weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Erforderlich ist allein, dass der Kläger Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennt und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21, jeweils mwN). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat einen Sachverhalt dargelegt, der dem Gericht grundsätzlich die Bestimmung einer Entschädigung ermöglicht, und den Mindestbetrag der angemessenen Entschädigung mit 6.689,85 Euro beziffert.

17

II. Die Klage ist begründet. Die Beklagte hat bei der Besetzung der Stelle im Bereich Personalwesen, Bauleitplanung, Liegenschaften und Ordnungsamt im Juli 2009 gegen das Verbot verstoßen, schwerbehinderte Beschäftigte wegen ihrer Behinderung zu benachteiligen (§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, §§ 7 und 1 AGG). Der Kläger hat als benachteiligter schwerbehinderter Beschäftigter nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX, § 15 Abs. 2 AGG Anspruch auf eine angemessene Entschädigung.

18

1. Als Bewerber ist der Kläger nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG „Beschäftigter“ und fällt in den persönlichen Anwendungsbereich des AGG. Unerheblich ist dabei, ob der Bewerber für die ausgeschriebene Tätigkeit objektiv geeignet ist (BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12; 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11).

19

2. Die Beklagte ist als „Arbeitgeberin“ passiv legitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber eines Bewerbers ist also der, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis gebeten hat (BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11). Aufgrund ihrer Stellenausschreibung trifft dies auf die Beklagte zu.

20

3. Der Kläger hat auch die gesetzlichen Fristen nach § 15 Abs. 4 AGG zur Geltendmachung des Anspruchs auf Entschädigung gewahrt.

21

a) Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs beginnt die Frist mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG). Nach der schriftlichen Ablehnung des Klägers vom 30. Juli 2009 durch die Beklagte war das Schreiben des vormaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 10. September 2009 fristwahrend. Auf das vorangegangene Schreiben seiner ehemaligen Bevollmächtigten vom 14. August 2009 kommt es nicht an. Im Geltendmachungsschreiben vom 10. September 2009 werden unter Vorlage des Schwerbehindertenausweises und unter Bezugnahme auf das Bewerbungsschreiben des Klägers vom 8. Juli 2009 Pflichtverstöße gegen die §§ 81, 82 SGB IX gerügt und eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. drei Monatsgehältern mit der Bezifferung auf 6.689,85 Euro geltend gemacht.

22

b) Die am 26. Oktober 2009 beim Arbeitsgericht Freiburg - Kammern Villingen-Schwenningen - eingegangene Klage wahrte die Dreimonatsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG. Dass die Klage zunächst bei einem örtlich unzuständigen Gericht eingereicht und mit Beschluss vom 11. November 2009 an das Arbeitsgericht Pforzheim verwiesen wurde, ist schon deswegen nicht von Bedeutung, weil der Rechtsstreit nach Zustellung der Klage an die Beklagte innerhalb der Klagefrist an das zuständige Gericht verwiesen wurde (vgl. BGH 21. September 1961 - III ZR 120/60 - BGHZ 35, 374; GMP/Germelmann 7. Aufl. § 61b ArbGG Rn. 6).

23

4. Die Beklagte hat den Kläger auch benachteiligt. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation.

24

a) Der Kläger erfuhr eine weniger günstige Behandlung als Frau Mü, die tatsächlich zum Vorstellungsgespräch bei der Beklagten eingeladen, in die Auswahl einbezogen und schließlich eingestellt wurde. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung liegt vor, wenn der Bewerber - wie hier der Kläger - nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt bereits in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Slg.1997, I-2195 = AP BGB § 611a Nr. 13 = EzA BGB § 611a Nr. 12; BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - BVerfGE 89, 276 = AP BGB § 611a Nr. 9 = EzA BGB § 611a Nr. 9; Schleusener in: Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 24; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 13). Wie sich auch aus § 15 Abs. 2 AGG ergibt, ist nicht erforderlich, dass der Bewerber aufgrund des Benachteiligungsgrundes nicht eingestellt worden ist. Auch dann, wenn der Bewerber selbst bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, ist ein Anspruch nicht ausgeschlossen, sondern nur der Höhe nach begrenzt.

25

b) Der Kläger und Frau Mü befanden sich auch in einer vergleichbaren Situation.

26

aa) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13; 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2). Für das Vorliegen einer Benachteiligung ist es erforderlich, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wurde. Könnte auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG. Das AGG will vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren. Die objektive Eignung ist keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

27

Grundsätzlich ist für die objektive Eignung nicht auf das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, abzustellen, sondern auf die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Für die Dauer des Auswahlverfahrens bleibt der Arbeitgeber an das in der veröffentlichten Stellenbeschreibung bekanntgegebene Anforderungsprofil gebunden (BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - mwN, BAGE 131, 232 = AP SBG IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

28

bb) Bei der Besetzung von Stellen öffentlicher Arbeitgeber ist weiter Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Hiernach besteht nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Darunter sind auch Stellen zu verstehen, die mit Arbeitern und Angestellten besetzt werden. Art. 33 Abs. 2 GG dient mit der Anforderung einer Bestenauslese zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen. Zum anderen trägt sie dem berechtigten Interesse der Bewerber an ihrem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und eine Durchführung des Auswahlverfahrens anhand der in der Regelung genannten Auswahlkriterien(BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13; 23. Januar 2007 - 9 AZR 492/06 - BAGE 121, 67 = AP ZPO 1977 § 233 Nr. 83 = EzA GG Art. 33 Nr. 30). Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ist somit verpflichtet, für die zu besetzende Stelle ein Anforderungsprofil festzulegen und nachvollziehbar zu dokumentieren, weil nur so seine Auswahlentscheidung nach den Kriterien der Bestenauslese gerichtlich überprüft werden kann (BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - mwN, aaO). Die Festlegung des Anforderungsprofils muss dabei im Hinblick auf die Anforderungen der zu besetzenden Stelle sachlich nachvollziehbar sein, wobei allerdings der von der Verfassung dem öffentlichen Arbeitgeber gewährte Beurteilungsspielraum nur eine eingeschränkte gerichtliche Kontrolle zulässt.

29

cc) Unter Beachtung dieser Maßstäbe bestehen an der objektiven Eignung des Klägers für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle keine Zweifel. Die Beklagte hat mit ihrer Ausschreibung, wonach ein/e Mitarbeiter/in mit „der Qualifikation des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes und umfassenden Kenntnissen“ gesucht wird, das Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle aufgestellt und dokumentiert. Weder werden die „umfassenden Kenntnisse“ in einem bestimmten Gebiet verlangt, noch wird zusätzlich zur Qualifikation für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst eine bestimmte Mindestnote in der Staatsprüfung als Voraussetzung aufgestellt. Der Kläger hat die Staatsprüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst abgelegt und verfügt damit über umfassende Kenntnisse, wenn auch - aufgrund seiner Schwerpunktsetzung - eher auf betriebswirtschaftlichem Gebiet. Dies ist jedoch im Hinblick auf das verbindliche Anforderungsprofil der Beklagten nicht relevant.

30

5. Bei der von der Beklagten ausgeschriebenen Stelle handelt es sich auch um einen Arbeitsplatz iSd. § 82 Satz 1 SGB IX.

31

§ 82 Satz 1 SGB IX verweist auf § 73 SGB IX, der in Abs. 1 einen funktionalen Arbeitsplatzbegriff enthält(Großmann GK-SGB IX Stand Oktober 2011 § 73 Rn. 15; Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 73 Rn. 5). Danach sind Arbeitsplätze im Sinne des Teils 2 des SGB IX alle Stellen, auf denen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Beamte und Beamtinnen, Richter und Richterinnen sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden. Arbeitsplatz ist diejenige Stelle, in deren Rahmen eine bestimmte Tätigkeit auf der Grundlage eines Arbeits-, Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses mit all den sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten vollzogen wird (vgl. BVerwG 8. März 1999 - 5 C 5/98 - NZA 1999, 826). Bei der ausgeschriebenen Stelle handelt es sich um einen Arbeitsplatz iSv. §§ 82, 73 Abs. 1 SGB IX. Ob die Einschränkungen des § 73 Abs. 2 SGB IX nur für die Berechnungs- und Anrechnungsvorschriften der §§ 71, 74, 75 und 76 SGB IX von Bedeutung sind und es im Übrigen beim allgemeinen Arbeitsplatzbegriff des § 73 Abs. 1 SGB IX verbleibt, kann vorliegend schon deswegen dahinstehen, weil die von der Beklagten zu besetzende Stelle gerade eine Mutterschaftsvertretung sein sollte, also noch nicht mit einer Vertreterin oder einem Vertreter besetzt war(§ 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX).

32

6. Die nachteilige Behandlung hat der Kläger auch „wegen seiner Behinderung“ erfahren.

33

a) Der Begriff der Behinderung im Sinne von § 1 AGG, wegen der gemäß § 7 AGG Beschäftigte nicht benachteiligt werden dürfen, entspricht der gesetzlichen Definition in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 31). Menschen sind danach behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Der Begriff der „Behinderung“ ist damit weiter als der Begriff der „Schwerbehinderung“ im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB IX; auf einen bestimmten Grad der Behinderung kommt es nicht an (vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - BAGE 122, 54 = AP SGB IX § 81 Nr. 14 = EzA SGB IX § 81 Nr. 15; Schleusener in: Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 1 Rn. 66; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 1 Rn. 39). Die Ausweitung des Benachteiligungsverbots über den Kreis der Schwerbehinderten (§ 81 Abs. 2 SGB IX) auf alle behinderten Menschen ist durch das unionsrechtliche Begriffsverständnis gefordert (vgl. ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 1 AGG Rn. 10 mwN). Im Hinblick auf die Richtlinie 2000/78/EG ist eine einheitlich geltende Auslegung des Behindertenbegriffs notwendig, der eine Beschränkung auf „Schwerbehinderung“ nicht kennt (vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - aaO). Der Kläger, der an einem essentiellen Tremor leidet und für den seit dem 23. September 1997 ein Grad der Behinderung von 60, also eine Schwerbehinderung, festgestellt ist, unterfällt damit dem Behindertenbegriff des § 1 AGG.

34

b) Der Kausalzusammenhang zwischen nachteiliger Behandlung und Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch sie motiviert ist (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32 zu § 3 Abs. 1 AGG). Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass die Behinderung Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 7 Rn. 14; Schleusener in: Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 11; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 3). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - aaO).

35

Hinsichtlich der Kausalität zwischen Nachteil und dem verpönten Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich auch auf die Darlegungslast auswirkt. Der Beschäftigte genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verbotenen Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Wörter „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich der Kausalität zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität erfordern, die aber die Annahme rechtfertigen, dass Kausalität gegeben ist(BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - AP AGG § 22 Nr. 1 = EzA AGG § 22 Nr. 1). Liegt eine Vermutung für die Benachteiligung vor, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

36

c) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen oder unstreitigen Tatsachen eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen einer Behinderung und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6 zu § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB aF bzgl. einer geschlechtsbezogenen Benachteiligung).

37

d) Ob die Verletzung einer Unterrichtungspflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX Indizwirkung nur bei bestehendem Personalrat und/oder Schwerbehindertenvertretung hat - wovon das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist - oder aber eine eigenständige, von den Sätzen 4 bis 8 unabhängige Pflicht des Arbeitgebers darstellt, die auch dann besteht, wenn es keinen Betriebs-/Personalrat oder keine Schwerbehindertenvertretung gibt(so Knittel SGB IX Kommentar 5. Aufl. § 81 Rn. 44) kann vorliegend dahinstehen. Jedenfalls ist von einer Indizwirkung iSd. § 22 AGG nur dann auszugehen, wenn wie bei der Pflicht zur Einladung zum Vorstellungsgespräch nach § 82 Satz 2 SGB IX dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder die Gleichstellung des Bewerbers bekannt gewesen ist oder er sich aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis hätte verschaffen können. Andernfalls kann der Pflichtenverstoß dem Arbeitgeber nicht zugerechnet werden (vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - BAGE 127, 367 = AP SGB IX § 81 Nr. 15 = EzA SGB IX § 81 Nr. 17; Knittel aaO Rn. 91b; Düwell in: LPK-SGB IX 3. Aufl. § 82 Rn. 19; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 22 Rn. 10 zur Nichtbeteiligung der Schwerbehindertenvertretung). Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Kausalzusammenhang zwischen Benachteiligung und eines der in § 1 AGG genannten Merkmale kann aus einem Verfahrensverstoß nur dann abgeleitet werden, wenn der Arbeitgeber anhand der objektiv bestehenden Umstände erkannt hat oder erkennen musste, dass ihn eine entsprechende Pflicht trifft. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber positive Kenntnis von der Schwerbehinderung oder Gleichstellung oder zumindest Anlass dazu hatte, eine solche anzunehmen.

38

aa) Daher obliegt es dem abgelehnten Bewerber darzulegen, dass dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung bekannt gewesen ist oder er sich aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis jedenfalls hätte verschaffen müssen (Düwell in: LPK-SGB IX 3. Aufl. § 82 Rn. 19). Andererseits hat der Arbeitgeber die Erledigung seiner Personalangelegenheiten so zu organisieren, dass er seine gesetzlichen Pflichten zur Förderung schwerbehinderter Bewerber erfüllen kann. Die für den Arbeitgeber handelnden Personen sind verpflichtet, das Bewerbungsschreiben vollständig zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen. Ein ordnungsgemäßer Hinweis auf eine Schwerbehinderung liegt vor, wenn die Mitteilung in einer Weise in den Empfangsbereich des Arbeitgebers gelangt ist, die es ihm ermöglicht, die Schwerbehinderteneigenschaft des Bewerbers zur Kenntnis zu nehmen (BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - BAGE 127, 367 = AP SGB IX § 81 Nr. 15 = EzA SGB IX § 81 Nr. 17). Zwar muss der Bewerber keinen Schwerbehindertenausweis oder seinen Gleichstellungsbescheid vorlegen, jedoch muss sein Hinweis so beschaffen sein, dass ein gewöhnlicher Leser der Bewerbung die Schwerbehinderung oder Gleichstellung zur Kenntnis nehmen kann.

39

bb) Danach ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wonach den Bewerbungsunterlagen des Klägers kein ausreichender Hinweis auf eine Schwerbehinderung oder Gleichstellung des Klägers zu entnehmen war und im Übrigen auch keine positive Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers bei der Beklagten bestand.

40

Der Kläger hatte seinen Bewerbungsunterlagen keinen Schwerbehindertenausweis beigelegt, wozu auch keine Pflicht bestand. Allerdings hat er auch im Bewerbungsschreiben ausgeführt „durch meine Behinderung bin ich, insbesondere im Verwaltungsbereich, nicht eingeschränkt“. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, hieraus habe die Beklagte nicht entnehmen müssen, dass beim Kläger eine Schwerbehinderung vorliegt, verstößt nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze. Aufgrund der Weite des Behindertenbegriffs fallen auch Einschränkungen hierunter, die unterhalb der Schwelle eines Grades der Behinderung von 50 (§ 2 Abs. 2 SGB IX), 30 oder gar 20 liegen und daher die besonderen Pflichten nach §§ 81, 82 SGB IX, die nur für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen gelten(§ 68 Abs. 1 SGB IX), nicht auslöst. Der Senat hat zwischenzeitlich kargestellt, dass sich für die Zeit nach Inkrafttreten des AGG ein einfachbehinderter Bewerber im Sinne von Vermutungstatsachen auf Verstöße des Arbeitgebers im Bewerbungsverfahren gegen die §§ 81 ff. SGB IX nicht mit Erfolg berufen kann (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; Beyer jurisPR-ArbR 35/2011 Anm. 2).

41

Aus den sonstigen Bewerbungsunterlagen, insbesondere dem Lebenslauf des Klägers ergeben sich keine ausreichenden Hinweise auf eine Schwerbehinderung. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass wegen des Alters des Klägers im Zusammenhang mit der Zulassung zum Studium und des Hinweises auf die Behinderung kein ausreichender Hinweis auf eine Schwerbehinderung vorlag. Unabhängig von der Frage, ob ein ausreichender Hinweis auf eine Schwerbehinderung auch dann vorliegt, wenn diese wiederum nur aus sonstigen Umständen wie Lebensalter bei Ausbildungsbeginn etc. abgeleitet werden kann, musste die Beklagte aus dem Lebensalter des am 23. März 1964 geborenen Klägers und dem Beginn des Studiums an der Fachhochschule K im September 2005 (Einführungspraktikum ab September 2004) nicht von einer Schwerbehinderteneigenschaft ausgehen. Denn nach § 6 Abs. 1 Nr. 2b, Abs. 2 APrOVw gD BW(Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den gehobenen Verwaltungsdienst Baden-Württemberg) wird zur Ausbildung zugelassen, wer als schwerbehinderter Mensch im Zeitpunkt der Einstellung in den Vorbereitungsdienst das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben wird bzw. wer die Voraussetzungen voraussichtlich zum Zeitpunkt der Einstellung in das Einführungspraktikum erfüllen wird. Hiernach war eine Zulassung des schwerbehinderten Klägers zur Ausbildung gar nicht möglich. Auch der Kläger behauptet dies nicht. Vielmehr trägt der Kläger selbst vor, die ausnahmsweise Zulassung zur Ausbildung habe auf einer Entscheidung des Landespersonalausschusses nach § 55 Landeslaufbahnverordnung Baden-Württemberg iVm. § 6 Abs. 3 APrOVw gD BW beruht.

42

Zu Recht ist schließlich das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass bei Frau M keine positive Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers bestand, die der Beklagten zuzurechnen wäre. Selbst wenn zugunsten des Klägers eine Stellung von Frau M unterstellt wird, die eine Wissenszurechnung ermöglicht und darüber hinaus nicht nur das geschäftlich erlangte Wissen von Frau M, sondern auch privat erlangtes Wissen in das zuzurechnende Wissen einbezogen wird (vgl. Palandt/Ellenberger 70. Aufl. § 166 BGB Rn. 6), fehlt es an einer vom Kläger dargelegten positiven Kenntnis Frau M von seiner Schwerbehinderteneigenschaft. Auch mit der Revision bringt der Kläger allein vor, „an der FH K sei bekannt gewesen, dass er schwerbehindert ist“. Dies stellt keinen ausreichenden Sachvortrag zur Kenntnis von Frau M dar, die mit dem Kläger weder im gleichen Semester studiert hat noch näher persönlich bekannt war. Auch der Kläger behauptet nicht, er habe Frau M über seine Schwerbehinderung zu irgendeinem Zeitpunkt informiert. Entsprechendes gilt für den Sachvortrag des Klägers, Frau M habe die Schwerbehinderteneigenschaft aufgrund seines Alters oder des Tremors erkennen müssen. Auch dieser Sachvortrag ist nicht schlüssig. Der Kläger behauptet nicht, dass Frau M sein Alter bekannt gewesen sei. Auch gibt er nicht an, was Frau M bezüglich seines Tremors wahrgenommen haben soll. Zwar ist der Nachweis der Schwerbehinderteneigenschaft gegenüber dem Arbeitgeber dann entbehrlich, wenn die Schwerbehinderung offenkundig ist (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 703/09 - EzA SGB IX § 85 Nr. 7; 13. Februar 2008 - 2 AZR 864/06 - mwN, BAGE 125, 345 = AP SGB IX § 85 Nr. 5 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 83). Dabei muss jedoch nicht nur das Vorliegen einer oder mehrerer Beeinträchtigungen offenkundig sein, sondern auch, dass der Grad der Behinderung auf wenigstens 50 in einem Feststellungsverfahren festgesetzt würde. Eine von Frau M wahrgenommene, offenkundige Beeinträchtigung, die ebenso offenkundig auch mit einem GdB von mindestens 50 zu bewerten war, hat der Kläger nicht schlüssig vorgetragen. Der Kläger hat nicht behauptet, dass seine Bewegungsstörungen so erheblich waren oder sind, dass sie auch von Frau M ohne sozialmedizinische Vorbildung als offensichtliche Schwerbehinderung wahrzunehmen und einzustufen waren. Daher hat das Landesarbeitsgericht zu Recht von einer Beweisaufnahme hierzu abgesehen.

43

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht eine Pflicht des Arbeitgebers, sich nach einer Schwerbehinderteneigenschaft zu erkundigen, abgelehnt. Eine solche, von einem etwa bestehenden Recht zur Erkundigung zu unterscheidende Pflicht zur Erkundigung besteht schon deshalb nicht, weil der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, sich tätigkeitsneutral nach dem Bestehen einer Schwerbehinderteneigenschaft zu erkundigen, wenn er hiermit keine positive Fördermaßnahme verbinden will. Gerade durch solche Nachfragen kann der Arbeitgeber Indiztatsachen schaffen, die ihn bei einer Entscheidung gegen den schwerbehinderten Bewerber in die Darlegungslast nach § 22 AGG bringen können. Eine Pflicht zur Erkundigung zielte auf ein verbotenes Differenzierungsmerkmal nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in Verb. mit § 1 AGG und stellte eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung dar(ErfK/Preis 11. Aufl. § 611 BGB Rn. 272 mwN; Düwell in: LPK-SGB IX 3. Aufl. § 85 Rn. 22; Schleusener in: Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 30, 32 f.). Der Arbeitgeber kann nicht verpflichtet sein, mit einer Frage zur Schwerbehinderteneigenschaft Tatsachen zu schaffen, die ihm als Indiztatsachen nach § 22 AGG in einem späteren möglichen Prozess entgegengehalten werden können.

44

e) Der Kläger hat aber ein Indiz iSd. § 22 AGG dadurch dargelegt, dass er darauf verwiesen hat, die Beklagte habe ihre Prüf- und Meldepflichten nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX verletzt.

45

aa) Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist ein Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden können. Weiter ist nach § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX jeder Arbeitgeber verpflichtet, vor der Besetzung einer freien Stelle frühzeitig mit der Agentur für Arbeit Verbindung aufzunehmen. Die Verletzung dieser Pflicht ist als Vermutungstatsache für einen Zusammenhang zwischen Benachteiligung und Behinderung geeignet (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21).

46

Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts prüfte die Beklagte entgegen der sich aus § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ergebenden Pflicht vor der Besetzung der Stelle nicht, ob der freie Arbeitsplatz mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann. Auch die Agentur für Arbeit wurde nicht eingeschaltet, § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX. Daher wurde auch der frei werdende und neu zu besetzende Arbeitsplatz der Agentur für Arbeit nicht gemeldet (§ 82 Satz 1 SGB IX).

47

bb) Der Senat teilt die Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht, die Kausalität zwischen dem Merkmal der Behinderung und der benachteiligenden Behandlung entfalle, weil der Kläger der Beklagten nur eine „Behinderung“ mitgeteilt habe. Als schwerbehinderter Mensch (GdB von 60) kann sich der Kläger auf Verstöße gegen § 81 SGB IX berufen(vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3). Der zurechenbare Pflichtverstoß der Beklagten begründet eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die dem Kläger zuteil gewordene benachteiligende Behandlung auf dem Merkmal der Behinderung beruht. Mit ihrem Verhalten erweckt die Beklagte den Anschein, nicht nur an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein, sondern auch möglichen Vermittlungsvorschlägen und Bewerbungen von arbeitsuchenden schwerbehinderten Menschen aus dem Weg gehen zu wollen (Düwell in: LPK-SGB IX 3. Aufl. § 81 Rn. 57). Der Verstoß gegen die Pflichten nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX deutet darauf hin, dass das Merkmal der Behinderung Teil des Motivbündels der Beklagten bei der benachteiligenden Behandlung von Schwerbehinderten und damit auch des schwerbehinderten Klägers war. Andernfalls würde der durch besondere verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu gewährende Schutz vor einer Benachteiligung weitgehend leerlaufen (BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - Rn. 27, BVerwGE 139, 135). Ob sich ein solcher Verfahrensverstoß in der Auswahlentscheidung konkret ausgewirkt hat, ist unerheblich, da § 15 Abs. 2 AGG auch bei der besseren Eignung von Mitbewerbern eine Entschädigung gewährt. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass § 15 Abs. 2 AGG in Verb. mit § 81 Abs. 2 Satz 1, § 82 Satz 2 SGB IX bereits vor einem diskriminierenden Verfahren schützt(BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 42, BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

48

7. Die Beklagte hat die Vermutung der Benachteiligung wegen der Behinderung des Klägers nicht widerlegt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts rechtfertigt ihr Vorbringen nicht den Schluss, dass die Behinderung des Klägers in dem Motivbündel nicht enthalten war, das die Beklagte beim Ausschluss des Klägers aus dem Auswahlverfahren beeinflusste.

49

a) Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorlag. Der Arbeitgeber muss das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung nicht auch auf der Behinderung beruht. Damit muss er Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung führten (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19), und in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten war. Für die Mitursächlichkeit reicht es aus, dass die vom Arbeitgeber unterlassenen Maßnahmen objektiv geeignet sind, schwerbehinderten Bewerbern keine oder weniger günstige Chancen einzuräumen, als sie nach dem Gesetz zu gewähren sind (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 44, aaO; Düwell in: LPK-SGB IX 3. Aufl. § 81 Rn. 67).

50

b) Die Beklagte kann die Benachteiligungsvermutung nicht durch den Verweis auf die bessere Eignung der tatsächlich eingestellten Frau Mü widerlegen. Eine solche bessere Eignung der bevorzugten Mitbewerberin schließt eine Benachteiligung nicht aus. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG, wonach selbst dann eine Entschädigung zu leisten ist, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre(vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - BAGE 122, 54 = AP SGB IX § 81 Nr. 14 = EzA SGB IX § 81 Nr. 15). Auch aus dem Vortrag der Beklagten, Frau M habe das Verhalten des Klägers während der Zeit an der Fachhochschule K als aufdrängend wahrgenommen, was den Bürgermeister veranlasst habe, den Kläger nicht weiter am Auswahlverfahren teilnehmen zu lassen, ergibt sich keine Widerlegung der Vermutung. Damit hat die Beklagte keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergäbe, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung führten. Der Sachgehalt eines solchen Auswahlkriteriums steht zudem in Frage.

51

8. Der Entschädigungsanspruch des Klägers ist auch nicht ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs, § 242 BGB, ausgeschlossen.

52

a) Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung, wobei eine gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage wegen der Rechtsüberschreitung als unzulässig angesehen wird(vgl. BGH 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04 - NJW-RR 2005, 619; BAG 28. August 2003 - 2 AZR 333/02 - AP BGB § 242 Kündigung Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 4; 23. Juni 1994 - 2 AZR 617/93 - BAGE 77, 128 = AP BGB § 242 Kündigung Nr. 9 = EzA BGB § 242 Nr. 39; Palandt/Grüneberg 70. Aufl. § 242 BGB Rn. 38). § 242 BGB eröffnet damit die Möglichkeit jede atypische Interessenlage zu berücksichtigen, bei der ein Abweichen von der gesetzlichen Rechtslage zwingend erscheint(vgl. BAG 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - AP BGB § 613a Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 61; MünchKommBGB/Roth 5. Aufl. § 242 BGB Rn. 180). Zur Konkretisierung atypischer Interessenlagen wurden Fallgruppen gebildet, in denen ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nahe liegt. Hierzu zählt die Fallgruppe des unredlichen Erwerbs der eigenen Rechtsstellung (vgl. BAG 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - aaO; Palandt/Grüneberg aaO Rn. 42 f.).

53

Im Falle von Ansprüchen nach § 15 AGG kann unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls der Erwerb der Rechtsstellung als Bewerber dann als unredlich erscheinen, wenn die Bewerbung allein deshalb erfolgte, um Entschädigungsansprüche zu erlangen(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135; Windel RdA 2011, 193, 194 f.; Jacobs RdA 2009, 193, 198 f.; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 15 AGG Rn. 10; HK-ArbR/Berg 2. Aufl. § 15 AGG Rn. 9). Das Verbot des Rechtsmissbrauchs ist dabei ein anerkannter Grundsatz des Gemeinschaftsrechts (EuGH 9. März 1999 - C-212/97 - [Centros] Rn. 24, Slg. 1999, I-1459; 12. Mai 1998 - C-367/96 - [Kefalas ua.] Rn. 20, Slg. 1998, I-2843; Däubler/Bertzbach-Deinert AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 53; Windel RdA 2011, 193 f.).

54

Für die fehlende subjektive Ernsthaftigkeit, dh. den Rechtsmissbrauch ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweisbelastet (vgl. MünchKommBGB/Thüsing 5. Aufl. § 15 AGG Rn. 17; HK-ArbR/Berg 2. Aufl. § 15 AGG Rn. 9), wobei der Arbeitgeber Indizien vortragen muss, die geeignet sind, den Schluss auf die fehlende Ernsthaftigkeit zuzulassen (ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 15 AGG Rn. 10; Windel RdA 2011, 193, 195; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 6 Rn. 12). Zwar könnte ein krasses Missverhältnis zwischen Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle und der Qualifikation des Bewerbers die Ernsthaftigkeit der Bewerbung in Frage stellen (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2; MünchKommBGB/Thüsing aaO; DFL/Kappenhagen/Kramer 4. Aufl. § 11 AGG Rn. 5). Der Kläger hat jedoch die Staatsprüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst abgelegt und besitzt damit die Qualifikation für eine Tätigkeit im gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst. Ein Missverhältnis zwischen Anforderungsprofil und Qualifikation des Klägers als Bewerber liegt nicht vor.

55

b) Danach hat die Beklagte keine ausreichenden Indizien für eine mangelnde Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers vorgetragen.

56

Auch wenn der Kläger eine Vielzahl von Entschädigungsklagen gegen öffentliche Arbeitgeber in Folge der Vielzahl seiner Bewerbungen angestrengt hat, so liegt hierin allein kein ausreichender Umstand, der die Bewerbung bei der Beklagten als subjektiv nicht ernsthaft erscheinen ließe (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 54). Der Kläger hat im fortgeschrittenen Alter und trotz vorhandener anderer Berufsabschlüsse das Studium an der Fachhochschule K mit der Staatsprüfung im September 2008 abgeschlossen und sich entsprechend dieser Ausbildung bei einer Vielzahl von öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften beworben. Der Kläger stand zum Zeitpunkt der Bewerbung in keinem anderweitigen Arbeitsverhältnis. Die Vielzahl der Bewerbungen spricht - auch angesichts des Lebenslaufs des Klägers - mehr für die Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung als dafür, dass es dem Kläger nur um die Erlangung einer Entschädigung gegangen sein könnte. Gegen eine fehlende Ernsthaftigkeit spricht vor allem aber, dass sich der Kläger auch erfolgreich beworben und eine entsprechende Tätigkeit bei einem öffentlichen Arbeitgeber im Zeitraum 12. Januar bis 31. März 2010 in Oberbayern ausgeübt hat.

57

III. Über die Höhe der dem Kläger nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG zustehenden angemessenen Entschädigung kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

58

1. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein, um bei der Prüfung der Angemessenheit der Entschädigung die Besonderheiten jedes einzelnen Falls berücksichtigen zu können. Hängt die Höhe des Entschädigungsanspruchs von einem Beurteilungsspielraum ab, ist die Bemessung des Entschädigungsanspruchs grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 80 mwN, BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

59

2. Das Landesarbeitsgericht wird zu prüfen haben, welche Höhe angemessen ist und ob die Entschädigung in der Höhe auf drei Monatsgehälter begrenzt werden muss. Für die Höhe der festzusetzenden Entschädigung sind Art und Schwere der Verstöße sowie die Folgen für den schwerbehinderten Kläger von Bedeutung (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 55, BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 60, AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19). Hierbei wird das Landesarbeitsgericht insbesondere zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte nicht zurechenbar gegen § 81 Abs. 1 Sätze 4 bis 9, § 82 Satz 2 SGB IX verstoßen hat, sondern allein gegen die Pflichten aus § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Döring    

        

    Warnke    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2014 - 5 Sa 1346/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.

2

Der Kläger hat nach einer Ausbildung zum Großhandelskaufmann die Fachhochschulreife erworben und anschließend zwei Jahre Wirtschaftswissenschaften studiert. Danach war er mehr als zehn Jahre als Gruppenleiter/Gebietsreferent, mehr als fünf Jahre als Einkaufsleiter, mehr als sechs Jahre als Vertriebskaufmann und mehr als fünf Jahre als Business Development Manager Healthcare tätig. Von Januar bis November 2009 war er nicht erwerbstätig und von November 2009 bis April 2012 arbeitete er als Verwaltungsmitarbeiter. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (im Folgenden GdB) von 60. Sein Schwerbehindertenausweis ist ab dem 25. Juli 2008 gültig und ohne zeitliche Befristung ausgestellt.

3

Die Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Im Februar 2013 schrieb sie für die Abteilung „Organisation“ ihrer Geschäftsstelle eine Stelle als „kaufm. Sachbearbeiter/in“ aus. Laut Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle sind insbesondere eine abgeschlossene Ausbildung in einem kaufmännischen Beruf, einschlägige Berufserfahrung, gute EDV-Kenntnisse sowie ein sicheres Gespür für Sprache erwünscht.

4

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 26. Februar 2013 auf diese Stelle. Neben Angaben zu seinen Kenntnissen und Fähigkeiten für die ausgeschriebene Stelle, wobei der Kläger auch auf einen routinierten Umgang mit gängigen MS-Office-Programmen hinwies, enthält das Bewerbungsschreiben ua. die folgende Erklärung:

        

„Aus gesundheitlichen Gründen musste ich für kurze Zeit meine Erwerbstätigkeit unterbrechen und mich aufgrund meiner Schwerbehinderung beruflich neu orientieren.“

5

Die Beklagte reagierte auf die Bewerbung des Klägers zunächst nicht und lud diesen nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein. Auf seine schriftlichen Nachfragen sandte sie ihm schließlich mit Schreiben vom 16. Mai 2013 seine Bewerbungsunterlagen zurück und teilte mit, sich für einen anderen Bewerber/eine andere Bewerberin entschieden zu haben. Danach kam es zu einem Schriftwechsel unter den Parteien über die Frage, warum der Kläger trotz seiner Schwerbehinderung nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Die Beklagte teilte dem Kläger mit E-Mail vom 24. Mai 2013 mit, eine Verpflichtung, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, habe nicht bestanden, da seinen Bewerbungsunterlagen ein Hinweis/Nachweis über eine vorliegende, festgestellte Schwerbehinderung mit einem GdB von mindestens 50 nicht zu entnehmen gewesen sei. Mit Schreiben vom 27. Mai 2013 machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Entschädigungsanspruch iHv. 7.053,24 Euro geltend.

6

Mit seiner am 6. Juni 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, die ursprünglich auf Zahlung eines Betrages iHv. 7.053,24 Euro gerichtet war, hat der Kläger die Auffassung vertreten, ihm stehe eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu. Die Beklagte habe ihn entgegen ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, obgleich sie durch sein Bewerbungsschreiben Kenntnis von seiner Schwerbehinderung gehabt habe.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.955,96 Euro zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, eine Pflicht, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, habe nicht bestanden. Der Kläger habe in seinem Anschreiben nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, im Zeitpunkt seiner Bewerbung schwerbehindert gewesen zu sein; zudem habe er den GdB nicht mitgeteilt. Auch aus dem weiteren Vorbringen des Klägers ergebe sich nichts, was die Annahme einer Benachteiligung wegen der Behinderung stützen könne. Im Übrigen habe sie die Stelle mit einer Bewerberin mit einem GdB von 30 besetzt.

9

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger - unter Klageabweisung im Übrigen - 3.955,96 Euro zugesprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Klageabweisung. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung iHv. 3.955,96 Euro.

11

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Die Beklagte ist Arbeitgeberin iSv. § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG(vgl. ua. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18 mwN, BAGE 142, 143).

12

II. Der Kläger hat den Entschädigungsanspruch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG). Hierüber streiten die Parteien auch nicht.

13

III. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Dies folgt aus § 15 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 sowie § 82 Satz 2 SGB IX.

14

1. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus(§ 15 Abs. 2 iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG) und ist verschuldensunabhängig.

15

Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG.

16

Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen, § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs dient § 15 Abs. 2 AGG dazu, die „Forderungen der Richtlinien“ (hier insbesondere: Richtlinie 2000/78/EG) sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union(ua. EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195) nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch den Arbeitgeber umzusetzen (BT-Drs. 16/1780 S. 38; vgl. auch BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 26 mwN; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 33 mwN, BAGE 127, 367).

17

2. Der Kläger wurde von der Beklagten unmittelbar wegen der Behinderung benachteiligt iSv. § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX.

18

a) Im Falle der Schwerbehinderung eines Bewerbers/einer Bewerberin kann in der Nichteinladung zu einem Vorstellungsgespräch bei einem öffentlichen Arbeitgeber und dem damit verbundenen vorzeitigen Ausscheiden des Bewerbers/der Bewerberin aus dem Bewerbungsverfahren eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung liegen.

19

aa) § 7 Abs. 1 AGG verbietet sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine - vorliegend ausschließlich in Betracht kommende - unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. einer Behinderung, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

20

(1) Im Hinblick auf eine - insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung zu treffende - Auswahlentscheidung des Arbeitgebers befinden sich Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29). Bereits deshalb kommt es, sofern ein Bewerber vorab ausgenommen und damit vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wurde, nicht zwangsläufig ausschließlich auf den Vergleich mit dem/der letztlich eingestellten Bewerber/in an.

21

(2) Ob eine vergleichbare Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nur dann vorliegt, wenn der die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangende Bewerber für die ausgeschriebene Stelleauch „objektiv geeignet“ ist, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen.

22

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist für eine Vergleichbarkeit die am Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle zu messende „objektive Eignung“ des Bewerbers erforderlich (vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 18; 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 29; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 20 ff.; 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 28, BAGE 144, 275; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 37; ausdrücklich offen gelassen allerdings von BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 29). Dies hat der Senat im Wesentlichen damit begründet, dass eine Benachteiligung nur angenommen werden könne, wenn eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet sei, nicht ausgewählt oder nicht in Betracht gezogen worden sei. Könne hingegen auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stehe dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, das nur vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht aber eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren wolle.

23

Ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann, könnte ua. bereits deshalb zweifelhaft sein, weil § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG den Entschädigungsanspruch für Personen, die „bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden“ wären, nicht ausschließt, sondern lediglich der Höhe nach begrenzt. Zudem würde das Erfordernis der „objektiven Eignung“, da die Feststellung einer „vergleichbaren Situation“ nicht ohne Vergleichsbetrachtung auskommen kann, wohl eine parallele Überprüfung der „objektiven Eignung“ der eingeladenen Bewerber und Bewerberinnen nach sich ziehen müssen. Eine derartige Prüfung und Vergleichsbetrachtung findet jedoch möglicherweise weder in den Bestimmungen des AGG noch in den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere denen der Richtlinie 2000/78/EG eine hinreichende Grundlage.

24

Die Frage, ob eine vergleichbare Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nur dann angenommen werden kann, wenn der Bewerber für die ausgeschriebene Stelleauch „objektiv geeignet“ ist, muss im vorliegenden Verfahren jedoch nicht entschieden werden, da das Landesarbeitsgericht die „objektive Eignung“ des Klägers für die zu besetzende Stelle bejaht hat und dies unter den Parteien auch nicht mehr streitig ist.

25

(3) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist;er muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 31 mwN).

26

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt eine Benachteiligung im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, bereits dann vor, wenn der Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt hier in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 36 mwN; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29; 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 31, BAGE 131, 86). Nach § 7 Abs. 1 AGG darf ein vorzeitiger Ausschluss eines Bewerbers/einer Bewerberin aus dem Auswahlverfahren demnach nicht in einem (mit)ursächlichen Zusammenhang mit einem in § 1 AGG aufgeführten Grund stehen. Sind bereits die Chancen einer Bewerberin/eines Bewerbers durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es regelmäßig nicht mehr darauf an, ob eine nach § 1 AGG verbotene Anknüpfung bei der abschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat(vgl. BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - zu C I 2 c der Gründe, BVerfGE 89, 276 zu § 611a Abs. 1 BGB aF für geschlechtsbezogene Benachteiligungen). Bewerber/innen haben vielmehr Anspruch auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungs-/Stellenbesetzungsverfahren (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23; 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - Rn. 33, BAGE 122, 54; vgl. auch BT-Drs. 12/5468 S. 44 zu § 611a BGB aF). Deshalb ist es auch ohne Bedeutung, ob es später im Zuge des Auswahlverfahrens tatsächlich zu einer Einstellung oder Beschäftigung kommt (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23 mwN).

27

cc) Bewirbt sich ein schwerbehinderter Mensch bei einem öffentlichen Arbeitgeber um eine zu besetzende Stelle, so hat dieser ihn nach § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Nach § 82 Satz 3 SGB IX ist eine Einladung nur dann entbehrlich, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt(zur Bedeutung näher BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 24 mwN, BAGE 119, 262). Damit muss der öffentliche Arbeitgeber einem sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen die Chance eines Vorstellungsgesprächs auch dann gewähren, wenn dessen fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - aaO). Insoweit ist der schwerbehinderte Bewerber im Bewerbungsverfahren besser gestellt als nicht schwerbehinderte Konkurrenten.

28

Dem steht die Richtlinie 2000/78/EG auch dann nicht entgegen, wenn der andere Bewerber/die andere Bewerberin behindert iSv. § 2 Abs. 1 SGB IX ist. Zwar verlangt Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG von den Mitgliedstaaten, angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderung zu treffen, um den Zugang zur Beschäftigung zu gewährleisten; allerdings gestattet Art. 7 der Richtlinie positive Maßnahmen, die das Ziel haben, einer Eingliederung von Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt zu dienen oder diese Eingliederung zu fördern. Welche Maßnahmen und Vorkehrungen der Mitgliedstaat im Einzelnen zu treffen hat, ist dabei nicht vorgegeben (vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 48).

29

Unterlässt es der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, einen sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen zum Vorstellungsgespräch einzuladen und versagt diesem damit die Chance, ihn von seiner Eignung zu überzeugen, kann darin eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung liegen. Wird dem schwerbehinderten Arbeitnehmer die Möglichkeit genommen, sich in einem Vorstellungsgespräch zu präsentieren, liegt eine weniger günstige Behandlung vor, als sie das Gesetz (§ 82 Satz 2 SGB IX) zur Herstellung gleicher Bewerbungschancen gegenüber anderen Bewerbern für erforderlich hält (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 48; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 22, BAGE 131, 232; 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 24 mwN, BAGE 119, 262). Der Ausschluss aus dem weiteren Bewerbungsverfahren kann demnach eine Benachteiligung sein, die in einem (mit)ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung steht (vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 51; 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 24; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 44, BAGE 127, 367).

30

dd) Lädt der öffentliche Arbeitgeber den sich bewerbenden schwerbehinderten Beschäftigten nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein, kann darin allerdings nur dann eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung liegen, wenn ihm die Schwerbehinderung des Stellenbewerbers/der Stellenbewerberin zum Zeitpunkt der benachteiligenden Maßnahme bekannt ist oder er diese kennen muss. Deshalb muss ein Bewerber, der seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch bei der Behandlung seiner Bewerbung berücksichtigt wissen will, den (potentiellen) Arbeitgeber über die vorhandene Schwerbehinderung rechtzeitig in Kenntnis setzen, soweit dieser nicht bereits aus anderem Zusammenhang über diese Information verfügt. Andernfalls ist dem öffentlichen Arbeitgeber ein Verstoß gegen die bei der Bewerbung schwerbehinderter Menschen nach § 82 Satz 2 SGB IX auferlegte Verpflichtung objektiv nicht zurechenbar und es fehlt an der (Mit-)Ursächlichkeit der Behinderung für die benachteiligende Maßnahme(vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 24; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 28, BAGE 127, 367).

31

(1) Ein hinreichender Hinweis auf eine Schwerbehinderung liegt vor, wenn die Mitteilung in einer Weise in den Empfangsbereich des Arbeitgebers gelangt ist, die es diesem ermöglicht, die Schwerbehinderung des Bewerbers zur Kenntnis zu nehmen (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 38; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 35, BAGE 127, 367). Eine Information im Bewerbungsanschreiben (etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 35; 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 4 iVm. Rn. 35 ff.; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 28 ff., 39, BAGE 127, 367 ) oder an gut erkennbarer Stelle im Lebenslauf (etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 36; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30) ist regelmäßig ausreichend (Klarstellung von BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 35; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - aaO). Unter Umständen kann auch eine rechtzeitige gesonderte Mitteilung genügen (vgl. etwa BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 39 zu einer vor Beginn des Auswahlgesprächs dem Arbeitgeber zugesandten Zusicherung der Bundesagentur für Arbeit mit dem Betreff „Gleichstellung gem. § 2 Abs. 3 Sozialgesetzbuch IX …“).

32

(2) Zur Mitteilung der Schwerbehinderung eines Bewerbers/einer Bewerberin kann auch die „Vorlage“ des Schwerbehindertenausweises ausreichend sein ( BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 32 f.); allerdings genügt es nicht, wenn eine Kopie des Schwerbehindertenausweises lediglich den Anlagen zur Bewerbung beigefügt wird ( BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 37), ohne dass im Anschreiben oder im Lebenslauf hierauf ausreichend hingewiesen wird.

33

ee) Für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen sieht § 22 AGG eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

34

(1) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (ua. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 32, Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 27). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben(vgl. etwa BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45). Die Beweiswürdigung erfolgt nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung der Vorgaben von § 22 AGG(vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 32 ff. mwN).

35

(2) Die Verletzung der in § 82 Satz 2 SGB IX geregelten Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, eine/n schwerbehinderte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, begründet regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Diese Pflichtverletzung ist nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein (vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 45 mwN).

36

b) Nach diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler erkannt, dass der Kläger eine ungünstigere Behandlung (auch) wegen der Behinderung erfahren hat und ihm deshalb eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zusteht.

37

aa) Der Kläger hat gegenüber anderen Bewerbern und Bewerberinnen, die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sind, eine ungünstigere Behandlung erfahren. Hierüber streiten die Parteien nicht. Die Beklagte, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß § 71 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX als öffentliche Arbeitgeberin gilt, war gemäß § 82 Satz 2 SGB IX auch verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber/innen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Von dieser Verpflichtung war sie im Fall des Klägers nicht nach § 82 Satz 3 SGB IX wegen offensichtlichen Fehlens der fachlichen Eignung des Klägers befreit. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorhandensein der fachlichen Eignung bejaht; dies greift die Revision nicht an.

38

bb) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger der Beklagten seine Schwerbehinderung deutlich und ausreichend mitgeteilt hat und dass die weniger günstige Behandlung des Klägers demnach „wegen“ der Behinderung erfolgt ist, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

39

(1) Die Beklagte beruft sich auch in der Revision darauf, der Kläger habe sie in seinem Bewerbungsschreiben nicht hinreichend klar und deutlich über seine Schwerbehinderung informiert. Zum einen reiche es nicht aus, nur den Begriff der „Schwerbehinderung“ anzuführen, vielmehr sei auch der GdB anzugeben gewesen. Ein Erfahrungssatz des Inhalts, im heutigen Berufsleben sei allgemein bekannt, dass zwischen einer Behinderung und einer Schwerbehinderung im Rechtssinne zu unterscheiden sei, existiere insbesondere „nach dem objektiven Empfängerhorizont“ nicht. Zudem ergebe sich aus dem Bewerbungsschreiben des Klägers nicht, dass die Schwerbehinderung zum Zeitpunkt der Bewerbung vorgelegen habe.

40

(2) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass es im Zusammenhang mit der Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers aus § 82 SGB IX ausreicht, über das Vorliegen einer „Schwerbehinderung“ zu informieren und dass es nicht zusätzlich erforderlich ist, den GdB mitzuteilen. Soweit sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats (insbesondere BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 33, 35; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30) etwas anderes ergeben sollte, hält der Senat hieran nicht fest.

41

(a) Der Begriff der „Schwerbehinderung“ ist ein Rechtsbegriff, dem im Rechtsverkehr, vor allem im Arbeits- und Sozialrecht eine feste Bedeutung zukommt. Der Begriff der Schwerbehinderung ist in § 2 Abs. 2 SGB IX gesetzlich definiert. Nach dieser Bestimmung sind Menschen schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Weist ein/e Bewerber/in im Zusammenhang mit einer Bewerbung darauf hin, „schwerbehindert“ zu sein, ist deshalb - sofern nicht ausnahmsweise Anhaltspunkte für ein abweichendes Begriffsverständnis gegeben sind - für den Arbeitgeber ohne Weiteres erkennbar, dass der Begriff iSd. in § 2 Abs. 2 SGB IX gegebenen Definition gemeint ist und damit beim Bewerber mindestens ein GdB von 50 vorliegt. Eine andere Funktion liegt im Zusammenhang mit einem Bewerbungsschreiben regelmäßig nicht nahe.

42

(b) Da nach § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen schwerbehindert sind, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und dies die Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers nach § 82 Satz 2 SGB IX auslöst, einen schwerbehinderten Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen, ist eine (weitergehende) Angabe des im Einzelfall vorliegenden GdB nicht erforderlich. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten folgt auch aus der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechte der anderen Seite, soweit sich eine solche hier ggf. aus einem Anbahnungsverhältnis ergeben sollte (vgl. dazu BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 28), nichts anderes. Zwar ist nicht auszuschließen, dass im Einzelfall wegen bestimmter Arbeitsanforderungen und/oder zur Erfüllung der Verpflichtung zu „angemessenen Vorkehrungen“ (vgl. dazu BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 53; 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 42, BAGE 148, 158; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 53, BAGE 147, 60) nähere Kenntnisse des Arbeitgebers zu Art und ggf. Umfang einer Behinderung erforderlich sein können und der Arbeitnehmer deshalb zu entsprechender Auskunft verpflichtet sein kann; um solch eine besondere Situation geht es vorliegend jedoch nicht.

43

(3) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger in seinem Bewerbungsschreiben hinreichend klar und deutlich auf eine zum Zeitpunkt der Bewerbung vorliegende Schwerbehinderung hingewiesen hat, ist ebenso revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

44

(a) Die Auslegung der Angaben des Klägers in seinem Bewerbungsschreiben durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat.

45

(b) Unter Zugrundelegung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts einer revisionsgerichtlichen Kontrolle ohne Weiteres stand.

46

Das Landesarbeitsgericht hat - zusammengefasst - angenommen, der Kläger habe mit der Erklärung in seinem Bewerbungsschreiben: „Aus gesundheitlichen Gründen musste ich für kurze Zeit meine Erwerbstätigkeit unterbrechen und mich aufgrund meiner Schwerbehinderung beruflich neu orientieren“, unzweideutig darauf hingewiesen, dass die Schwerbehinderung auch zum Zeitpunkt der Bewerbung bestand. Das Schreiben könne sinnvollerweise nicht dahin ausgelegt werden, dass der Kläger im Hinblick auf das Vorliegen einer Schwerbehinderung einen nicht mehr aktuellen Hinweis habe geben wollen.

47

Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht lässt weder eine Verletzung von Auslegungsregeln noch einen Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze erkennen. Vielmehr stützt insbesondere die Formulierung in der Erklärung des Klägers - aufgrund „meiner“ Schwerbehinderung - das vom Landesarbeitsgericht gefundene Auslegungsergebnis. Auch diese Formulierung legt die Annahme nahe, der Kläger habe auf eine aktuelle Schwerbehinderung hinweisen wollen. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen wurden. Das Landesarbeitsgericht hat sich - im Gegenteil - eingehend mit der hier allein für die Auslegung maßgeblichen Erklärung des Klägers befasst. Soweit die Beklagte geltend macht, der Kläger habe lediglich eine vergangenheitsbezogene Mitteilung gemacht und damit nicht deutlich erklärt, dass er aktuell ein schwerbehinderter Mensch ist, hat sie keine Verstöße gegen Rechts- oder Erfahrungssätze und/oder Denkgesetze oder eine Widersprüchlichkeit der Würdigung dargetan.

48

Dass die Beklagte nach eigenen Angaben „nicht erkannt hat“, dass sie aufgrund der Mitteilung des Klägers nach § 82 Satz 2 SGB IX verpflichtet war, diesen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, führt zu keiner anderen Bewertung. Von Bedeutung ist nicht, was sie tatsächlich erkannt hat, sondern was sie erkennen musste.

49

(4) Schließlich ist auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger wegen seiner Behinderung eine weniger günstige Behandlung erfahren hat, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

50

(a) Sowohl die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber/einer Bewerberin vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Haupt- und/oder Hilfstatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, als auch deren Würdigung, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat,sind nur eingeschränkt revisibel (vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49, 63 mwN ). In beiden Fällen beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle darauf zu prüfen, ob die Würdigung des Tatsachengerichts möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 29; 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 30; 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49; 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, BAGE 142, 158).

51

(b) Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabs hält das angefochtene Urteil auch insoweit einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.

52

Das Landesarbeitsgericht ist vor dem Hintergrund, dass der Kläger die Beklagte in seinem Bewerbungsschreiben darauf hingewiesen hatte, dass er zum Zeitpunkt der Bewerbung schwerbehindert war, zutreffend davon ausgegangen, dass der Verstoß der Beklagten gegen ihre aus § 82 Satz 2 SGB IX folgende Verpflichtung, den schwerbehinderten Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, geeignet ist, die Vermutung einer unmittelbaren Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung zu begründen und hat dies gewürdigt. Ebenso gewürdigt hat es den von der Beklagten zur Widerlegung der Vermutung geleisteten Sachvortrag, sie habe eine mit einem GdB von 30 behinderte Bewerberin eingestellt. Insoweit hat es angenommen, mit diesem Vorbringen habe die Beklagte die Vermutungswirkung des § 22 AGG nicht widerlegt. Diese Würdigung lässt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es für die Frage, ob ein/e Bewerber/in diskriminierungsfrei vorab aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen wurde, nicht darauf ankommt, ob und ggf. zu welcher Einstellung es später im Zuge des Auswahlverfahrens tatsächlich gekommen ist, revisible Rechtsfehler nicht erkennen. Solche werden von der Revision auch nicht gerügt.

53

IV. Dem Kläger steht nach § 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung iHv. 3.955,96 Euro zu. Die Bestimmung der Höhe der Entschädigung (vgl. hierzu näher BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 44, BAGE 148, 158) ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte (vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 49). Das Landesarbeitsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht eine Entschädigung iHv. 3.955,96 Euro als angemessen erachtet. Dies wird von der Revision nicht angegriffen.

54

V. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Rinck    

        

        

        

    N. Reiners    

        

        

Soost 

        

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 24. Oktober 2012 - 9 Sa 214/12 - teilweise aufgehoben. Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20. Dezember 2011 - 14 Ca 4955/11 - wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, den der Kläger aufgrund einer Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft bei einem Bewerbungsverfahren geltend macht.

2

Der am 2. Januar 1959 geborene Kläger ist schwerbehinderter Mensch mit einem GdB 50. Nach vorausgegangener Banklehre hat er von 1982 bis 1989 ein Studium der Betriebswirtschaftslehre absolviert und als Diplom-Kaufmann abgeschlossen. Er hat diverse Fortbildungsmaßnahmen im Bereich Controlling und Rechnungswesen absolviert.

3

Mit E-Mail-Schreiben vom 16. Juni 2010 bewarb der Kläger sich auf die Stelle eines/einer „Projektkoordinators/in eines Programms zur Förderung von Frauen in der Qualifikationsphase“ im Prorektorat für Akademische Karriere, Diversität und Internationales. Der Bewerbung war ein 34-seitiges Anlagenkonvolut beigefügt, mit dem „auf Seite 29 der Schwerbehindertenausweis überreicht“ wurde. Die verantwortliche Mitarbeiterin entdeckte diesen Hinweis auf die Schwerbehinderung, unterrichtete die Schwerbehindertenvertretung und der Kläger wurde schließlich von der für das damalige Einstellungsverfahren zuständigen Stelle, der Prorektorin für Akademische Karriere, Diversität und Internationales zu einem Vorstellungsgespräch am 28. Juni 2010 eingeladen. Der Kläger erhielt unter dem 17. August 2010 eine Absage auf diese Bewerbung.

4

Mit Bewerbungsschluss am 26. Juli 2010 schrieb die Beklagte eine auf drei Jahre befristete Vollzeitstelle eines/r wissenschaftlichen Mitarbeiters/in am Staatswissenschaftlichen Seminar der Universität zu K, Stiftungsprofessur für Energiewirtschaft - Prof. Dr. B - aus, wobei Bewerbungen an diese Stiftungsprofessur des Staatswissenschaftlichen Seminars zu richten waren. Die Beklagte hatte diese Stelle am 12. Juli 2010 der Bundesagentur für Arbeit gemeldet. Unter dem 25. Juli 2010 bewarb sich der Kläger auch für diese Stelle. Weder das Bewerbungsanschreiben noch der Lebenslauf enthielten einen Hinweis auf die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers. Der Bewerbung waren 29 Seiten Anlagen, im Wesentlichen chronologisch von 2009 bis 1978 geordnet, ohne Inhaltsverzeichnis beigefügt. Als Blatt 24 dieser Anlagen - eingefügt zwischen zwei Fotokopien von Dokumenten aus dem Jahr 1985 - befand sich eine Kopie der Vorderseite des Schwerbehindertenausweises des Klägers.

5

Die Beklagte bestätigte unter dem 26. Juli 2010 den Eingang der Bewerbung des Klägers. Sodann führte sie am 29. und 30. Juli 2010 Vorstellungsgespräche mit anderen Bewerbern durch, zu denen der Kläger nicht eingeladen wurde. Das Auswahlverfahren zu der ausgeschriebenen Stelle wurde nach Angaben der Beklagten in der ersten Augusthälfte beendet und die nicht berücksichtigten Bewerber erhielten Absagen. Der Kläger erhielt keine Absage.

6

Unter dem 1. Oktober 2010 bewarb sich der Kläger für eine dritte Stelle. Auch diese Bewerbung blieb erfolglos.

7

Wegen der Stelle am Staatswissenschaftlichen Seminar fragte der Kläger mit E-Mail vom 14. Dezember 2010 nach. Schließlich wurde ihm auf telefonische weitere Nachfrage am 24. Januar 2011 mitgeteilt, dass er bei der schon im August 2010 getroffenen Entscheidung keine Berücksichtigung gefunden habe.

8

Der Kläger machte mit Telefax vom 24. März 2011 einen Entschädigungsanspruch geltend und erhob mit Eingang bei Gericht am 24. Juni 2011 Entschädigungsklage.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden. Die Beklagte sei ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht nachgekommen. Von seiner Schwerbehinderung habe er die Beklagte bei dieser Bewerbung ordnungsgemäß unterrichtet, da die Beklagte von seiner Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch Kenntnis hätte erlangen können, wenn sie seine Bewerbungsunterlagen vollständig zur Kenntnis genommen hätte. Eines Hinweises an exponierter Stelle bedürfe es nicht. Dies zeige die Beklagte selbst, da sie auf einen ähnlichen Hinweis bei seiner ersten Bewerbung mit der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch reagiert habe. Seine Bewerbung sei ernsthaft.

10

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch nicht unter 10.757,16 Euro liegen sollte, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. April 2011 zu zahlen.

11

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass sich der Kläger nicht ernsthaft auf die Stellen beworben habe. Der Hinweis auf seine Schwerbehinderung sei jeweils an versteckter Stelle erfolgt, nach den Absagen seien dann Entschädigungsklagen erhoben worden. Der Kläger sei gehalten gewesen, auf seine Schwerbehinderteneigenschaft im Bewerbungsanschreiben, jedenfalls aber an exponierter Stelle hinzuweisen.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 1.000,00 Euro stattgegeben. Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht auf die Anschlussberufung des Klägers die Entschädigungssumme um weitere 4.378,58 Euro erhöht. Mit der auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten durch Beschluss vom 22. August 2013 - 8 AZN 230/13 - vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision ist begründet. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat bei der Besetzung der Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters am Staatswissenschaftlichen Seminar nicht gegen das Verbot verstoßen, einen schwerbehinderten Bewerber wegen seiner Behinderung zu benachteiligen (§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, §§ 7, 1 AGG). Dem Kläger steht daher kein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX zu.

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

15

Der objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignete Kläger sei durch die Aussonderung vor der eigentlichen Auswahlentscheidung benachteiligt worden. Dies sei wegen seiner Behinderung geschehen. Denn die Beklagte habe ihn als schwerbehinderten Bewerber entgegen ihrer Verpflichtung als öffentliche Arbeitgeberin nach § 82 Satz 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, was die Vermutung auslöse, die Benachteiligung stehe im ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung. Dem könne die Beklagte nicht entgegenhalten, die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers nicht gekannt zu haben. Aufgrund der Bewerbungsunterlagen hätte sie sich Kenntnis von der Schwerbehinderung verschaffen können. Die Vorlage des gerade zum Nachweis im Rechtsverkehr ausgestellten Schwerbehindertenausweises genüge. Dies bestätige das eigene Verhalten der Beklagten im Zusammenhang mit der ersten Bewerbung, bei der eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erfolgt sei. Aus der damals erfolgten Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung gehe hervor, dass im ersten Bewerbungsverfahren die Beklagte in der Lage gewesen sei, den Hinweis des Klägers aufzunehmen. Als Entschädigung sei die Hälfte des vom Kläger begehrten Entschädigungsbetrages, also 11/2 Bruttomonatsgehälter, angemessen.

16

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

17

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Als Bewerber ist der Kläger „Beschäftigter“ nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG. Da die Beklagte um Bewerbungen für das von ihr angestrebte Beschäftigungsverhältnis nachgesucht hat, ist sie Arbeitgeberin iSd. § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG(BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 17; 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18, BAGE 142, 143; 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 23).

18

II. Seinen auf die Benachteiligung wegen Schwerbehinderung gestützten Entschädigungsanspruch hat der Kläger innerhalb der Fristen der § 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG geltend gemacht.

19

1. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle einer Bewerbung beginnt die Frist grundsätzlich mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG)zu laufen, nicht jedoch vor dem Zeitpunkt, in dem der Bewerber von seiner Benachteiligung Kenntnis erlangt (vgl. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 55, BAGE 141, 48 = AP AGG § 15 Nr. 11). Dabei genügt eine telefonische Benachrichtigung, soweit sie hinreichend klar und individualisiert ist (vgl. v. Roetteken AGG Stand Juli 2014 § 15 Rn. 89 f.).

20

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger in dem Telefonat vom 24. Januar 2011 erfahren, dass seine Bewerbung schon im August 2010 abgelehnt wurde. Mit der Revision hat die Beklagte diese Feststellung nicht, auch nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge angegriffen. Der Eingang des Geltendmachungsschreibens des Klägers am 24. März 2011 bei der Beklagten ist unstreitig.

21

Soweit die Beklagte „mit Nichtwissen bestritten“ hat, dass dem Kläger ihr Absageschreiben nicht schon im August 2010 zugegangen sei, hat sie daran im Berufungsrechtszug nicht festgehalten. Im Übrigen war ein solches Bestreiten mit Nichtwissen unzulässig, weil die Darlegungs- und Beweislast für einen früheren Zugang der Absage bei der Beklagten selbst liegt. Dass die Beklagte nicht für einen Zustellungsnachweis der Absage gesorgt hat, bedeutet nicht, dass sie über den früheren Zugang einer Absage nicht auch hätte Kenntnis haben können.

22

2. Die am 24. Juni 2011 bei dem Arbeitsgericht Köln eingegangene Klage wahrte die Drei-Monats-Frist nach § 61b Abs. 1 ArbGG. Die Zustellung an die Beklagte erfolgte am 4. Juli 2011, also „demnächst“ iSv. § 167 ZPO.

23

III. Die Beklagte hat den Kläger unmittelbar benachteiligt. Eine solche Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Der Kläger erfuhr eine weniger günstige Behandlung als der tatsächlich eingestellte, erfolgreiche Bewerber. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, liegt bereits dann vor, wenn der Bewerber oder Beschäftigte - wie hier der Kläger - nicht in die (End-)Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgenommen und vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wird. Hier liegt die Benachteiligung in der Versagung einer Chance (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 22; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 -; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 24; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29).

24

IV. Der Kläger befand sich mit dem letztlich ausgewählten Bewerber in einer vergleichbaren Situation (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG). Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte in Abrede gestellt hätte, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war. Die entsprechende Würdigung im Berufungsurteil (dort unter II 1 c bb der Gründe) hat die Revision nicht angegriffen.

25

V. Die Beklagte behandelte den Kläger aber nicht „wegen“ seiner Behinderung weniger günstig. Es fehlt an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der ihn benachteiligenden Handlung - Ablehnung - und dem Merkmal der Behinderung.

26

1. Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG(zur Bezugnahme auf die Voraussetzungen in § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG - ohne die des Verschuldens nach § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG -: vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 24; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 30; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 25; BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 14, BVerwGE 139, 135). Nach näherer Maßgabe des AGG sind Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund, hier also wegen einer Behinderung, in Bezug auf die Bedingungen für den Zugang zu unselbstständiger Erwerbstätigkeit, einschließlich der Auswahlkriterien und der Einstellungsbedingungen, unabhängig vom Tätigkeitsfeld und von der beruflichen Position unzulässig(§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG). Eine verbotene (§ 7 AGG) unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

27

2. Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund - die Behinderung - das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das „verpönte Merkmal“ Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (st. Rspr., BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, BAGE 142, 158; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 42, AP AGG § 22 Nr. 4). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es - wie erwähnt - nicht an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - aaO). Die Behinderung muss mithin nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; eine bloße Mitursächlichkeit genügt.

28

3. Hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Nachteil und verpöntem Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich zugleich auf die Darlegungslast auswirkt. Ein erfolgloser Bewerber genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines unzulässigen Merkmals vermuten lassen. Dies ist dann der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen - aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit - darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals erfolgt ist. Denn durch die Verwendung der Begriffe „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber gleichwohl die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 32, AP AGG § 3 Nr. 9; 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 29, AP AGG § 22 Nr. 3).

29

Besteht eine derartige Vermutung für die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

30

4. Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen (Hilfs-)Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen einem verpönten Merkmal und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, BAGE 142, 158; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 36).

31

5. § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG verbietet eine Benachteiligung wegen einer Behinderung. Damit sind jedenfalls alle iSv. § 2 Abs. 1 SGB IX behinderten Menschen vor einer Ungleichbehandlung aufgrund dieses Merkmals geschützt. Seit dem Inkrafttreten des AGG können sich behinderte Menschen, die nicht iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX als schwerbehinderte Menschen anerkannt sind oder die nicht iSv. § 2 Abs. 3 SGB IX diesen gleichgestellt wurden, nicht auf die Verletzung von Verfahrensvorschriften, etwa der §§ 81, 82 SGB IX als Vermutungstatsachen iSd. § 22 AGG berufen, weil diese nur für schwerbehinderte oder diesen gleichgestellte behinderte Menschen gelten(§ 68 Abs. 1 SGB IX; vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 32; Beyer jurisPR-ArbR 35/2011 Anm. 2).

32

a) Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass für die Mitteilung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch eines Bewerbers an sich die „Vorlage“ des Schwerbehindertenausweises ausreichend ist.

33

Zwar hat der Kläger nicht „seinen Schwerbehindertenausweis vorgelegt“, sondern unter seine Bewerbungsunterlagen nur die Kopie der Vorderseite seines Schwerbehindertenausweises gemischt, aus der sein GdB nicht hervorgeht. Nach der Ausweisverordnung Schwerbehindertengesetz (SchwbAwV vom 25. Juli 1991, BGBl. I S. 1739, 1743), die für die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises, wie ihn der Kläger hat, noch maßgeblich ist, ist gemäß dem Muster 1 zu § 1 SchwbAwV der GdB auf der Rückseite des Ausweises anzugeben. Nach § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB IX wird aber ein Schwerbehindertenausweis nur ausgestellt, wenn die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch festgestellt oder aber, bei einem geringeren Grad der Behinderung, eine Gleichstellung erfolgt ist, § 68 Abs. 1 SGB IX iVm. § 2 Abs. 2 und Abs. 3 SGB IX. Mit anderen Worten: Zeigt der Bewerber an, dass er im Besitz eines Schwerbehindertenausweises ist, indem er seine Inhaberschaft nachweist, so genügt die Kopie der Ausweisvorderseite, um die Anwendungspflicht der besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen auszulösen (Teil 2 des SGB IX, §§ 68 ff. SGB IX). Erfolgt allerdings der Nachweis des Besitzes eines Schwerbehindertenausweises nicht, wozu keine Pflicht besteht (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 40), so muss die Schwerbehinderung mit dem Grad der Behinderung und, bei einem geringeren Grad als 50, auch die erfolgte Gleichstellung mitgeteilt werden (BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30), um den Schutz der §§ 68 ff. SGB IX zu erlangen.

34

b) Jedoch stellte die Übermittlung einer Kopie des Schwerbehindertenausweises als Blatt 24 der Anlage zur Bewerbung keine ordnungsgemäße Mitteilung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers dar.

35

Will ein Bewerber seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch bei der Behandlung seiner Bewerbung berücksichtigt wissen, so hat er den Arbeitgeber über seine Schwerbehinderteneigenschaft regelmäßig im Bewerbungsschreiben selbst unter Angabe des GdB, ggf. einer Gleichstellung zu informieren. Jedenfalls ist der Arbeitgeber gehalten, bei jeder Bewerbung das eigentliche Bewerbungsschreiben zur Kenntnis zu nehmen (vgl. BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 39, BAGE 127, 367). Auch auf eine Behinderung iSd. § 2 Abs. 1 SGB IX, die berücksichtigt werden soll, aber keine Schwerbehinderung iSd. § 2 Abs. 2 SGB IX darstellt und für die auch keine Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX erfolgt ist, ist im Bewerbungsschreiben mit weiteren Angaben zur Art der Behinderung hinzuweisen.

36

Möglich ist auch eine Information im Lebenslauf. Dies hat jedoch an hervorgehobener Stelle und deutlich, etwa durch eine besondere Überschrift, zu geschehen.

37

Im Falle einer Behinderung oder Schwerbehinderung wird ein Bewerbermerkmal mitgeteilt, über das nicht jede Bewerberin/jeder Bewerber verfügt. Durch den Hinweis sollen besondere Förderpflichten des Arbeitgebers ausgelöst werden. Wegen der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechte des Vertragspartners (§ 241 Abs. 2 BGB iVm. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB)ist auch bei einer Bewerbung der Arbeitgeber über die besondere Situation des Bewerbers klar und eindeutig zu informieren. Daher sind „eingestreute“ oder unauffällige Informationen, indirekte Hinweise in beigefügten amtlichen Dokumenten, eine in den weiteren Bewerbungsunterlagen befindliche Kopie des Schwerbehindertenausweises etc. keine ordnungsgemäße Information des angestrebten Vertragspartners (BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30).

38

Diesen Anforderungen entsprach die Mitteilung des Klägers über seine Schwerbehinderteneigenschaft bei seiner Bewerbung vom 25. Juli 2010 nicht. Er hat weder im Bewerbungsschreiben noch im Lebenslauf an hervorgehobener Stelle auf seine Schwerbehinderteneigenschaft hingewiesen. Die von ihm in die weiteren Bewerbungsunterlagen eingefügte Kopie seines Schwerbehindertenausweises stellte gerade keine ordnungsgemäße Information der Beklagten als des angestrebten Vertragspartners dar.

39

6. Der Beklagten war die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers auch nicht nachweislich schon bekannt.

40

a) Bei einer Außenbewerbung wird der Beschäftigtenstatus iSd. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG nur durch die jeweilige Bewerbung im Einzelfall erworben. Daher ist die Eigenschaft als behinderter oder schwerbehinderter Mensch bei jeder Bewerbung aufs Neue klar und eindeutig mitzuteilen. Zudem liegt es in der Entscheidung des Bewerbers, ob er seine Behinderung oder Schwerbehinderung vom Arbeitgeber bei der Behandlung der konkreten Bewerbung berücksichtigt haben will oder nicht. Eine Pflicht zur Offenbarung der Schwerbehinderung schon bei einer Bewerbung besteht grundsätzlich nicht, ebenso wenig wie ein grundsätzliches Fragerecht des Arbeitgebers (vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 53; 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - BAGE 141, 1). Zudem ist der Arbeitgeber nicht nur nicht verpflichtet, sondern es ist ihm regelmäßig datenschutzrechtlich untersagt, personenbezogene Daten erfolgloser Bewerber, erst recht sensible Daten wie die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nach Abschluss einer Bewerbung zu speichern oder sie während der Bewerbung oder nach deren Abschluss weiterzuverwenden oder zu verbreiten, auch nicht innerhalb des eigenen Unternehmens an andere personalentscheidungsberechtigte Stellen. Kenntnisse zur Person, die nur aufgrund einer Bewerbung beim Arbeitgeber entstehen, darf dieser grundsätzlich nicht außerhalb der Bearbeitung dieser Bewerbung verwenden.

41

Darüber hinaus kann ein Arbeitgeber nicht wissen, ob eine anlässlich einer früheren Bewerbung mitgeteilte Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch noch vorliegt. Dies gilt auch im Fall einer nicht befristeten Feststellung der Schwerbehinderung oder der Ausstellung eines unbefristet gültigen Schwerbehindertenausweises. Denn die Anwendung der besonderen Regelungen des SGB IX zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen wird beendet, wenn die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 SGB IX wegfallen, also wenn der Grad der Behinderung sich auf weniger als 50 verringert oder wenn die Gleichstellung widerrufen oder zurückgenommen wird, § 116 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Das Gebot der Rechtsklarheit und -sicherheit verbietet zudem eine Differenzierung nach dem Zeitablauf zwischen mehreren Bewerbungen oder nach der Größe des Arbeitgebers. Auch auf eine etwaige Kenntnis der Schwerbehindertenvertretung des Arbeitgebers von der Schwerbehinderteneigenschaft eines Bewerbers kann es nicht ankommen. Kenntnisse der Schwerbehindertenvertretung sind keine des oder der Arbeitgebers/in, weil die Vertrauensperson der Schwerbehinderten gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung wie ein Mitglied der betrieblichen Interessenvertretung besitzt, § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX(BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 50, BAGE 144, 275).

42

Anderes kann nur dann gelten, wenn dem Arbeitgeber außerhalb des Bewerbungsverhältnisses die Schwerbehinderteneigenschaft positiv bekannt ist, was regelmäßig bei der Innenbewerbung eines schwerbehinderten Mitarbeiters der Fall sein wird. Ebenso kann, etwa bei einem Vorstellungsgespräch, eine Behinderung iSd. § 2 Abs. 1 SGB IX offenkundig werden, zB bei einem auf den Rollstuhl angewiesenen Bewerber. Um die besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen nach Teil 2 des SGB IX zur Anwendung kommen zu lassen, ist jedoch die Feststellung nach § 69 iVm. § 68 Abs. 1 SGB IX nachzuweisen.

43

b) Danach kann sich der Kläger, der eine Entschädigung wegen Benachteiligung bei seiner Bewerbung vom 25. Juli 2010 geltend macht, nicht darauf berufen, die Beklagte habe um seine Schwerbehinderteneigenschaft aufgrund seiner vorausgegangenen Bewerbung vom 16. Juni 2010 gewusst, in deren Bearbeitung damals eine Schwerbehindertenvertretung bei der Beklagten eingeschaltet worden war. Es lag in der Entscheidungsmacht des Klägers, ob er bei seiner jeweiligen Bewerbung die festgestellte Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch berücksichtigt wissen wollte. Ebenso lag es in seiner Entscheidung, ggf. darüber klar und eindeutig Mitteilung zu machen. Dies hat der Kläger bei dieser Bewerbung versäumt. Wenn eine Bereichsverwaltung der Beklagten gleichwohl aufgrund besonderer Aufmerksamkeit bei der ersten Bewerbung eine Schwerbehindertenvertretung eingeschaltet hatte, kann der Kläger hieraus keine rechtlichen Folgen für die Behandlung seiner zweiten Bewerbung ableiten.

44

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Burr    

        

    Bloesinger    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. Mai 2012 - 19 Sa 1658/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über einen Entschädigungsanspruch des Klägers, der sich wegen seiner Behinderung benachteiligt sieht.

2

Der 1953 geborene Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 60. Er ist ausgebildeter Opernsänger, hat langjährige Berufserfahrung und war zuletzt von Herbst 1991 bis zum Frühjahr 2009 Erster Tenor im Chor der B.

3

Im Juni 2010 wurde für das Theater der beklagten Stadt die Stelle als Erster Tenor im Chor der Oper ausgeschrieben. Die Stelle wurde nach der Gagenklasse 1a mit einem Monatsgehalt iHv. 2.603,00 Euro brutto vergütet. Der Kläger erhielt auf diese Stelle einen Hinweis der Zentralen Künstlervermittlung (ZKV) Hamburg der Bundesagentur für Arbeit, die von der Beklagten über die freie Stelle informiert worden war. Unter dem 7. Juni 2010 bewarb sich der Kläger umgehend per E-Mail auf diese Stelle. Die das Bewerbungsschreiben darstellende E-Mail enthielt keinen Hinweis auf die Schwerbehinderung des Klägers. Beigefügt waren dieser E-Mail drei Dateien, nämlich „Publicity-Fra“, „Chorpartien“ und „Lebenslauf F“. Letztere Datei ist in acht Unterpunkte gegliedert, nämlich: „Persönliche Informationen“ (vier Unterpunkte), „angestrebte Tätigkeit“ (zwei Unterpunkte), „Ausbildung - akademische Grade“ (sieben Unterpunkte), „Sprachkenntnisse“ (fünf Unterpunkte), „Zusatzausbildungen“ (Hinweis auf mindestens neun Meisterkurse), „Berufserfahrung“ (20 Unterpunkte), „spezielle Qualifikationen“ und „Hobbies“ (fünf Unterpunkte). Der Gliederungspunkt „spezielle Qualifikationen“ auf S. 2 unten des Lebenslaufs hat dabei folgendes Erscheinungsbild:

SPEZIELLE QUALIFIKATIONEN

• fundierte Softwarekenntnisse:

• PC Microsoft XP, Office-Paket (Word, Excel, Powerpoint), Adobe Photoshop Version 8, Corel Draw, Soundforge, WaveLab

• sonstige Qualifikationen:

• Diverse Tätigkeiten im Bereich Theatermanagement sowie im Bühnentechnischen Bereich

Schwerbehindert nach SGB IX-GDB 60“

4

Die Ausschreibung löste elf Bewerbungen aus, acht Bewerber, darunter der Kläger, wurden zum Vorsingen eingeladen. Beim Termin zum Vorsingen am 18. Juni 2010 wies der Kläger auf seine Schwerbehinderung nicht hin. Die Beklagte handelte im weiteren Verlauf in Unkenntnis der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers. Auf wiederholtes Nachfragen gab er sein Lebensalter an.

5

In der zweiten Julihälfte 2010 telefonierte der Kläger mit dem Chordirektor des Theaters Bi. Der Gesprächsinhalt ist strittig. Sodann verlangte der Kläger unter dem 8. Oktober 2010 durch Schreiben seiner Gewerkschaft von der Beklagten Auskunft über das Schicksal seiner Bewerbung. Diese teilte ihm unter dem 19. Oktober 2010 schriftlich mit, dass er unberücksichtigt geblieben sei und begründete dies.

6

Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 16. Dezember 2010 machte der Kläger ua. einen Entschädigungsanspruch iHv. drei Monatsgehältern geltend. Diesen verfolgte er mit seiner am 14. März 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage weiter.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass er eine Entschädigung beanspruchen könne, weil er wegen seiner Schwerbehinderung und seines Alters benachteiligt worden sei. Trotz seines ausdrücklichen Hinweises auf die Schwerbehinderung bei seiner Bewerbung habe die Beklagte wesentliche Verpflichtungen nach § 81 Abs. 1 SGB IX nicht erfüllt. So seien ihm nicht unverzüglich nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX die Ablehnungsgründe mitgeteilt worden. Dies indiziere nach § 22 AGG die Vermutung einer Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung.

8

Soweit für die Revision von Bedeutung, hat der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.809,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20. März 2011 zu zahlen.

9

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass der Kläger schon nicht ausreichend und ordnungsgemäß bei seiner Bewerbung auf die Schwerbehinderung hingewiesen habe. Einen entsprechenden Hinweis habe der Kläger bewusst an ganz ungewöhnlicher Stelle versteckt, weswegen ihn die Beklagte nicht zur Kenntnis habe nehmen können. Der Kläger sei auch bei fünf anderen Theatern in gleicher Weise vorgegangen. Für die Einladung des Klägers wie für die Auswahlentscheidung selbst seien - in Unkenntnis der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers - ausschließlich künstlerische Gesichtspunkte maßgeblich gewesen. Dem Chorvorstand seien die persönlichen Daten der Bewerber ohnehin nicht mitgeteilt worden.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Entschädigungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet, da die Klage unbegründet ist. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler einen Anspruch des Klägers nach § 15 Abs. 2 AGG auf Entschädigung abgelehnt, weil der Kläger nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt worden ist.

12

A. Hinsichtlich des in der Revisionsinstanz allein noch umstrittenen Entschädigungsanspruchs hat das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der zwischen den Parteien umstrittene Inhalt des Telefonats im Juli 2010 könne dahinstehen, da dem Kläger auch im Falle einer rechtzeitigen Geltendmachung ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG nicht zustehe. Der Kläger habe den erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der weniger günstigen Behandlung seiner Bewerbung und seiner Behinderung nicht dargelegt. Soweit die Beklagte besondere Förderungspflichten nach § 81 Abs. 1 SGB IX gegenüber schwerbehinderten Menschen nicht erfüllt haben sollte, indiziere dies nicht die Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung. Denn diese habe er bei seiner Bewerbung nicht ordnungsgemäß mitgeteilt. Die Beklagte habe daher die Tatsache, dass der Kläger behinderter Mensch sei, weder gekannt noch habe sie sie kennen müssen. Daher habe die Schwerbehinderung des Klägers nicht ursächlich für das Verhalten der Beklagten sein können. Wegen einer daneben womöglich noch erfolgten Benachteiligung wegen des Alters habe der Kläger jedenfalls die Klagefrist nach § 61b Abs. 1 ArbGG nicht eingehalten. Eine Benachteiligung wegen dieses Merkmals habe er klageweise erst mit einem Schriftsatz vom 12. Juli 2011 beim Arbeitsgericht geltend gemacht.

13

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Für eine Diskriminierung wegen seiner Schwerbehinderung hat der Kläger den erforderlichen Kausalzusammenhang nicht dargelegt. Daher hat die Beklagte bei der Besetzung der Stelle als Erster Tenor des Opernchores nicht gegen das Verbot verstoßen, einen schwerbehinderten Bewerber wegen seiner Behinderung zu benachteiligen (§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, §§ 7, 1 AGG). Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX steht dem Kläger nicht zu.

14

I. Der persönliche Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist eröffnet. Als Bewerber ist der Kläger „Beschäftigter“ iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Die Beklagte hat um Bewerbungen für ein von ihr angestrebtes Beschäftigungsverhältnis nachgesucht, ist also nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG Arbeitgeberin im Sinne des Gesetzes(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18, AP AGG § 15 Nr. 12 = EzA AGG § 15 Nr. 20; 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 23, AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11).

15

II. Das Landesarbeitsgericht konnte es dahinstehen lassen, ob der Kläger seinen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG rechtzeitig geltend gemacht hat. Einen etwaigen Entschädigungsanspruch wegen Altersdiskriminierung hat er jedenfalls nicht binnen der Frist des § 61b ArbGG eingeklagt.

16

1. Bereits nach dem Gesetzeswortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss auch der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG), nicht jedoch vor dem Zeitpunkt, in dem der Bewerber von seiner Benachteiligung Kenntnis erlangt (vgl. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 55, BAGE 141, 48 = AP AGG § 15 Nr. 11 = EzA AGG § 15 Nr. 18). Innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs muss eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG erhoben werden(§ 61b Abs. 1 ArbGG). Es handelt sich in beiden Fällen um materiell-rechtliche Ausschlussfristen, der Anspruch verfällt also, wenn die Fristen nicht eingehalten worden sind (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 705/08 -; ErfK/Koch 13. Aufl. § 61b ArbGG Rn. 2).

17

2. Schriftlich geltend gemacht hat der Kläger einen Entschädigungsanspruch wegen der aus seiner Sicht vorliegenden Benachteiligung aufgrund seiner Behinderung und wegen seines Alters mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 16. Dezember 2010. Die Entschädigungsklage wegen einer Diskriminierung als behinderter Mensch hat er am 14. März 2011 beim Arbeitsgericht eingereicht, ohne jedoch dabei auch klageweise geltend zu machen, eine Entschädigung stehe ihm auch zu, da er wegen seines Alters benachteiligt worden sei. Daher hat der Kläger jedenfalls hinsichtlich einer Altersdiskriminierung die Frist zur Klageerhebung nach § 61b Abs. 1 ArbGG nicht gewahrt.

18

Die Frist zur schriftlichen Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG wurde von ihm nur dann eingehalten, wenn er erstmalig durch das Schreiben der Beklagten vom 19. Oktober 2010 mitgeteilt bekommen hatte, dass er nicht ausgewählt worden sei und aus welchem Grund diese Entscheidung so getroffen worden war. Insoweit ist zwischen den Parteien strittig, ob die Beklagte in dem Telefonat während der zweiten Julihälfte 2010 durch den Chordirektor die ablehnende Entscheidung und die Begründung dafür mitgeteilt hat. Da es sich bei der Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist handelt, deren Versäumung zur Unbegründetheit der Klage führt, konnte das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei von einer Beweisaufnahme zu dieser zwischen den Parteien strittigen Frage absehen. Darauf kommt es nicht an, wenn die Klage schon aus anderen Gründen materiell keinen Erfolg haben kann.

19

III. Mit der Ablehnung seiner Bewerbung hat der Kläger eine weniger günstige Behandlung erfahren als der letztlich ausgewählte erfolgreiche Bewerber. In Betracht kommt daher eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG, wenn diese Behandlung wegen der Behinderung aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe erfolgte. Dass sich der Kläger im Verhältnis zum tatsächlich eingestellten, erfolgreichen Bewerber in einer „vergleichbaren Situation“ befand, hat das Landesarbeitsgericht unterstellt, kann aber auch aufgrund des unstreitigen Sachverhaltes vom Senat festgestellt werden.

20

1. Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt zunächst voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 37, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Für das Vorliegen einer Benachteiligung ist es nämlich erforderlich, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wurde. Könnte auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Jenes Gesetz will vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren. Die objektive Eignung ist somit keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 26, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2; 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - Rn. 35, AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

21

Für die Beurteilung der objektiven Eignung ist nicht nur auf das formelle und bekannt gegebene Anforderungsprofil, das der Arbeitgeber erstellt hat, zurückzugreifen. Maßgeblich sind vielmehr die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Bewerber in redlicher Weise stellen durfte. Zwar vermag der Arbeitgeber über den einer Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleninhabers grundsätzlich frei zu entscheiden. Durch überzogene Anforderungen, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 36, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 38, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

22

Während der private Arbeitgeber im Rahmen der dargelegten Grundsätze frei ist, welche Anforderungen er in seiner Stellenausschreibung an Bewerber stellt und ob er dann ggf. bei seiner Auswahlentscheidung von einzelnen dieser geforderten Qualifikationen abweicht, hat der öffentliche Arbeitgeber Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Jene Bestimmung gewährt einen Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen(sog. Bestenauslese), zum anderen trägt er dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet zugleich ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung nur anhand der dort genannten Auswahlkriterien(sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 40, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

23

2. Nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten und zwischen den Parteien unstrittigen Sachverhalt können an der objektiven Eignung des Klägers für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle keine Zweifel bestehen. Die Ausschreibung enthielt die allgemein gehaltene Angabe, dass das Theater Bi für seinen Opernchor einen Ersten Tenor suche und ein Vorsingen geplant sei. Weitere sachliche Anforderungen wie zB Stimmvolumen und Lagerung der Stimme wurden nicht zum Ausdruck gebracht. Andererseits verfügte der Kläger über langjährige Erfahrungen als Sänger und konnte auf ein umfangreiches, auch aus Sicht der Beklagten interessantes Repertoire verweisen. Die Beklagte lud ihn wegen seiner bestehenden generellen, objektiven Eignung daher zu einem ersten Vorsingen ein. Dass der Kläger im weiteren Bewerbungsgang dann nicht in die Endausscheidung kam, beruht auf dem Auswahlverfahren und damit letztlich auf dem von der Beklagten zu verfolgenden Prinzip der Bestenauslese, hat aber mit der objektiven Eignung und damit mit der „Vergleichbarkeit“ des Klägers iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nichts zu tun.

24

IV. Die als unterlegener Bewerber erfahrene „ungünstigere Behandlung“ erfolgte jedoch nicht „wegen“ der Behinderung. Mit einem GdB 60 unterfällt der Kläger zwar ohne weiteres dem Behindertenbegriff des § 1 AGG, jedoch fehlt es an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen seiner Ablehnung und dem bei ihm vorliegenden Merkmal der Behinderung.

25

1. Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund - die Behinderung - das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das verpönte Merkmal Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (st. Rspr., BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, EzA AGG § 22 Nr. 6; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 42, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - aaO). Die Behinderung muss mithin nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; eine bloße Mitursächlichkeit genügt.

26

Hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Nachteil und verpöntem Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich zugleich auf die Darlegungslast auswirkt. Ein erfolgloser Bewerber genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines unzulässigen Merkmals vermuten lassen. Dies ist dann der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen - aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit - darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals erfolgt ist. Denn durch die Verwendung der Begriffe „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber gleichwohl die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 32, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2; 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 29, AP AGG § 22 Nr. 3 = EzA AGG § 22 Nr. 3).

27

Besteht eine derartige Vermutung für die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

28

2. Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen (Hilfs-)Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen dem verpönten Merkmal - hier der Schwerbehinderung - und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, AP AGG § 22 Nr. 5 = EzA AGG § 22 Nr. 6; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 36, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16).

29

3. Die Verletzung von Verfahrens- und Förderpflichten zu Gunsten schwerbehinderter Menschen aus dem SGB IX kann grundsätzlich die Vermutungswirkung des § 22 AGG herbeiführen. Das Landesarbeitsgericht hat, insoweit von der Revision nicht angegriffen, festgestellt, dass die Beklagte als öffentliche Arbeitgeberin Verpflichtungen aus §§ 81, 82 SGB IX erfüllt hat, bei denen es nicht darauf ankommt, ob ihr die Schwerbehinderteneigenschaft eines Bewerbers bekannt war. Ob die Beklagte darüber hinaus Förderungspflichten verletzt hat, die gerade gegenüber dem Kläger als schwerbehindertem Bewerber bestanden, konnte das Landesarbeitsgericht offen lassen, da die Verletzung derartiger Pflichten jedenfalls nur dann eine Indizwirkung iSd. § 22 AGG auslöst, wenn ihr die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers bekannt gewesen ist oder sie sich aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis hätte verschaffen können. Andernfalls kann der - objektiv vorliegende - Pflichtenverstoß dem Arbeitgeber nicht zugerechnet werden (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 37, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16; vgl. 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19).

30

a) Soweit die Schwerbehinderteneigenschaft dem Arbeitgeber nicht nachweislich schon bekannt ist oder - etwa bei einem Vorstellungsgespräch - eine körperliche Behinderung offensichtlich bekannt wird, zB im Falle fehlender Gliedmaßen oder der Notwendigkeit, einen Rollstuhl zu benutzen, muss der Bewerber den Arbeitgeber über seine Schwerbehinderteneigenschaft informieren. Dies hat regelmäßig im Bewerbungsschreiben selbst unter Angabe des GdB, gegebenenfalls einer Gleichstellung zu geschehen, da der Arbeitgeber jedenfalls gehalten ist, bei jeder Bewerbung das eigentliche Bewerbungsschreiben zur Kenntnis zu nehmen (vgl. BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 39, BAGE 127, 367). Sofern auf eine anderweitige Behinderung, die nicht unter das SGB IX fällt oder anerkannt ist, hingewiesen werden soll, ist die Behinderung iSd. AGG näher zu umschreiben. Wird die Information im Lebenslauf gegeben, so hat dies an hervorgehobener Stelle und deutlich, etwa durch eine besondere Überschrift hervorgehoben, zu geschehen. Im Falle einer Behinderung oder Schwerbehinderung wird ein Bewerbermerkmal mitgeteilt, über das nicht jede Bewerberin / jeder Bewerber verfügt. Durch den Hinweis sollen besondere Förderpflichten des Arbeitgebers ausgelöst werden. Wegen der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechte des Vertragspartners (§ 241 Abs. 2 BGB iVm. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB)ist auch bei einer Bewerbung der Arbeitgeber über die besondere Situation des Bewerbers klar und eindeutig zu informieren. Daher sind „eingestreute“ oder unauffällige Informationen, indirekte Hinweise in beigefügten amtlichen Dokumenten, eine in den weiteren Bewerbungsunterlagen befindliche Kopie des Schwerbehindertenausweises etc. keine ordnungsgemäße Information des angestrebten Vertragspartners.

31

b) Unstrittig hatte die Beklagte keine positive Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers. Sie musste diese auch nicht kennen, da der Hinweis des Klägers in seinem Lebenslauf - zwar unterstrichen, aber an unerwarteter Stelle und unter einer irreführenden Überschrift - nicht ordnungsgemäß erfolgte und eher versteckt war. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Beklagte als öffentliche Arbeitgeberin eine Reihe weiterer Pflichten nach dem SGB IX zu erfüllen hat als es privaten Arbeitgebern obliegt. Die Information über die Schwerbehinderteneigenschaft hat klar und unabhängig davon zu erfolgen, welche Rechtsfolgen durch sie ausgelöst werden. Infolge der vom Kläger nicht hinreichend gegebenen Information über seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch musste die Beklagte diese Eigenschaft nicht kennen. Ihre festgestellte Unkenntnis ist unschädlich. Daher konnte diese Eigenschaft des Klägers auch nicht kausal für seine Ablehnung als Bewerber um die ausgeschriebene Stelle sein. Der von ihm geltend gemachte und eingeklagte Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG hat keine Rechtsgrundlage, weil die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt sind.

32

C. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Wein    

        

    Pauli    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2014 - 5 Sa 1346/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.

2

Der Kläger hat nach einer Ausbildung zum Großhandelskaufmann die Fachhochschulreife erworben und anschließend zwei Jahre Wirtschaftswissenschaften studiert. Danach war er mehr als zehn Jahre als Gruppenleiter/Gebietsreferent, mehr als fünf Jahre als Einkaufsleiter, mehr als sechs Jahre als Vertriebskaufmann und mehr als fünf Jahre als Business Development Manager Healthcare tätig. Von Januar bis November 2009 war er nicht erwerbstätig und von November 2009 bis April 2012 arbeitete er als Verwaltungsmitarbeiter. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (im Folgenden GdB) von 60. Sein Schwerbehindertenausweis ist ab dem 25. Juli 2008 gültig und ohne zeitliche Befristung ausgestellt.

3

Die Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Im Februar 2013 schrieb sie für die Abteilung „Organisation“ ihrer Geschäftsstelle eine Stelle als „kaufm. Sachbearbeiter/in“ aus. Laut Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle sind insbesondere eine abgeschlossene Ausbildung in einem kaufmännischen Beruf, einschlägige Berufserfahrung, gute EDV-Kenntnisse sowie ein sicheres Gespür für Sprache erwünscht.

4

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 26. Februar 2013 auf diese Stelle. Neben Angaben zu seinen Kenntnissen und Fähigkeiten für die ausgeschriebene Stelle, wobei der Kläger auch auf einen routinierten Umgang mit gängigen MS-Office-Programmen hinwies, enthält das Bewerbungsschreiben ua. die folgende Erklärung:

        

„Aus gesundheitlichen Gründen musste ich für kurze Zeit meine Erwerbstätigkeit unterbrechen und mich aufgrund meiner Schwerbehinderung beruflich neu orientieren.“

5

Die Beklagte reagierte auf die Bewerbung des Klägers zunächst nicht und lud diesen nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein. Auf seine schriftlichen Nachfragen sandte sie ihm schließlich mit Schreiben vom 16. Mai 2013 seine Bewerbungsunterlagen zurück und teilte mit, sich für einen anderen Bewerber/eine andere Bewerberin entschieden zu haben. Danach kam es zu einem Schriftwechsel unter den Parteien über die Frage, warum der Kläger trotz seiner Schwerbehinderung nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Die Beklagte teilte dem Kläger mit E-Mail vom 24. Mai 2013 mit, eine Verpflichtung, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, habe nicht bestanden, da seinen Bewerbungsunterlagen ein Hinweis/Nachweis über eine vorliegende, festgestellte Schwerbehinderung mit einem GdB von mindestens 50 nicht zu entnehmen gewesen sei. Mit Schreiben vom 27. Mai 2013 machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Entschädigungsanspruch iHv. 7.053,24 Euro geltend.

6

Mit seiner am 6. Juni 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, die ursprünglich auf Zahlung eines Betrages iHv. 7.053,24 Euro gerichtet war, hat der Kläger die Auffassung vertreten, ihm stehe eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu. Die Beklagte habe ihn entgegen ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, obgleich sie durch sein Bewerbungsschreiben Kenntnis von seiner Schwerbehinderung gehabt habe.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.955,96 Euro zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, eine Pflicht, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, habe nicht bestanden. Der Kläger habe in seinem Anschreiben nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, im Zeitpunkt seiner Bewerbung schwerbehindert gewesen zu sein; zudem habe er den GdB nicht mitgeteilt. Auch aus dem weiteren Vorbringen des Klägers ergebe sich nichts, was die Annahme einer Benachteiligung wegen der Behinderung stützen könne. Im Übrigen habe sie die Stelle mit einer Bewerberin mit einem GdB von 30 besetzt.

9

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger - unter Klageabweisung im Übrigen - 3.955,96 Euro zugesprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Klageabweisung. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung iHv. 3.955,96 Euro.

11

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Die Beklagte ist Arbeitgeberin iSv. § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG(vgl. ua. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18 mwN, BAGE 142, 143).

12

II. Der Kläger hat den Entschädigungsanspruch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG). Hierüber streiten die Parteien auch nicht.

13

III. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Dies folgt aus § 15 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 sowie § 82 Satz 2 SGB IX.

14

1. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus(§ 15 Abs. 2 iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG) und ist verschuldensunabhängig.

15

Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG.

16

Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen, § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs dient § 15 Abs. 2 AGG dazu, die „Forderungen der Richtlinien“ (hier insbesondere: Richtlinie 2000/78/EG) sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union(ua. EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195) nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch den Arbeitgeber umzusetzen (BT-Drs. 16/1780 S. 38; vgl. auch BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 26 mwN; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 33 mwN, BAGE 127, 367).

17

2. Der Kläger wurde von der Beklagten unmittelbar wegen der Behinderung benachteiligt iSv. § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX.

18

a) Im Falle der Schwerbehinderung eines Bewerbers/einer Bewerberin kann in der Nichteinladung zu einem Vorstellungsgespräch bei einem öffentlichen Arbeitgeber und dem damit verbundenen vorzeitigen Ausscheiden des Bewerbers/der Bewerberin aus dem Bewerbungsverfahren eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung liegen.

19

aa) § 7 Abs. 1 AGG verbietet sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine - vorliegend ausschließlich in Betracht kommende - unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. einer Behinderung, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

20

(1) Im Hinblick auf eine - insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung zu treffende - Auswahlentscheidung des Arbeitgebers befinden sich Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29). Bereits deshalb kommt es, sofern ein Bewerber vorab ausgenommen und damit vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wurde, nicht zwangsläufig ausschließlich auf den Vergleich mit dem/der letztlich eingestellten Bewerber/in an.

21

(2) Ob eine vergleichbare Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nur dann vorliegt, wenn der die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangende Bewerber für die ausgeschriebene Stelleauch „objektiv geeignet“ ist, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen.

22

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist für eine Vergleichbarkeit die am Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle zu messende „objektive Eignung“ des Bewerbers erforderlich (vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 18; 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 29; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 20 ff.; 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 28, BAGE 144, 275; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 37; ausdrücklich offen gelassen allerdings von BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 29). Dies hat der Senat im Wesentlichen damit begründet, dass eine Benachteiligung nur angenommen werden könne, wenn eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet sei, nicht ausgewählt oder nicht in Betracht gezogen worden sei. Könne hingegen auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stehe dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, das nur vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht aber eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren wolle.

23

Ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann, könnte ua. bereits deshalb zweifelhaft sein, weil § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG den Entschädigungsanspruch für Personen, die „bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden“ wären, nicht ausschließt, sondern lediglich der Höhe nach begrenzt. Zudem würde das Erfordernis der „objektiven Eignung“, da die Feststellung einer „vergleichbaren Situation“ nicht ohne Vergleichsbetrachtung auskommen kann, wohl eine parallele Überprüfung der „objektiven Eignung“ der eingeladenen Bewerber und Bewerberinnen nach sich ziehen müssen. Eine derartige Prüfung und Vergleichsbetrachtung findet jedoch möglicherweise weder in den Bestimmungen des AGG noch in den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere denen der Richtlinie 2000/78/EG eine hinreichende Grundlage.

24

Die Frage, ob eine vergleichbare Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nur dann angenommen werden kann, wenn der Bewerber für die ausgeschriebene Stelleauch „objektiv geeignet“ ist, muss im vorliegenden Verfahren jedoch nicht entschieden werden, da das Landesarbeitsgericht die „objektive Eignung“ des Klägers für die zu besetzende Stelle bejaht hat und dies unter den Parteien auch nicht mehr streitig ist.

25

(3) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist;er muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 31 mwN).

26

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt eine Benachteiligung im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, bereits dann vor, wenn der Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt hier in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 36 mwN; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29; 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 31, BAGE 131, 86). Nach § 7 Abs. 1 AGG darf ein vorzeitiger Ausschluss eines Bewerbers/einer Bewerberin aus dem Auswahlverfahren demnach nicht in einem (mit)ursächlichen Zusammenhang mit einem in § 1 AGG aufgeführten Grund stehen. Sind bereits die Chancen einer Bewerberin/eines Bewerbers durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es regelmäßig nicht mehr darauf an, ob eine nach § 1 AGG verbotene Anknüpfung bei der abschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat(vgl. BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - zu C I 2 c der Gründe, BVerfGE 89, 276 zu § 611a Abs. 1 BGB aF für geschlechtsbezogene Benachteiligungen). Bewerber/innen haben vielmehr Anspruch auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungs-/Stellenbesetzungsverfahren (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23; 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - Rn. 33, BAGE 122, 54; vgl. auch BT-Drs. 12/5468 S. 44 zu § 611a BGB aF). Deshalb ist es auch ohne Bedeutung, ob es später im Zuge des Auswahlverfahrens tatsächlich zu einer Einstellung oder Beschäftigung kommt (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23 mwN).

27

cc) Bewirbt sich ein schwerbehinderter Mensch bei einem öffentlichen Arbeitgeber um eine zu besetzende Stelle, so hat dieser ihn nach § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Nach § 82 Satz 3 SGB IX ist eine Einladung nur dann entbehrlich, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt(zur Bedeutung näher BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 24 mwN, BAGE 119, 262). Damit muss der öffentliche Arbeitgeber einem sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen die Chance eines Vorstellungsgesprächs auch dann gewähren, wenn dessen fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - aaO). Insoweit ist der schwerbehinderte Bewerber im Bewerbungsverfahren besser gestellt als nicht schwerbehinderte Konkurrenten.

28

Dem steht die Richtlinie 2000/78/EG auch dann nicht entgegen, wenn der andere Bewerber/die andere Bewerberin behindert iSv. § 2 Abs. 1 SGB IX ist. Zwar verlangt Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG von den Mitgliedstaaten, angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderung zu treffen, um den Zugang zur Beschäftigung zu gewährleisten; allerdings gestattet Art. 7 der Richtlinie positive Maßnahmen, die das Ziel haben, einer Eingliederung von Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt zu dienen oder diese Eingliederung zu fördern. Welche Maßnahmen und Vorkehrungen der Mitgliedstaat im Einzelnen zu treffen hat, ist dabei nicht vorgegeben (vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 48).

29

Unterlässt es der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, einen sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen zum Vorstellungsgespräch einzuladen und versagt diesem damit die Chance, ihn von seiner Eignung zu überzeugen, kann darin eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung liegen. Wird dem schwerbehinderten Arbeitnehmer die Möglichkeit genommen, sich in einem Vorstellungsgespräch zu präsentieren, liegt eine weniger günstige Behandlung vor, als sie das Gesetz (§ 82 Satz 2 SGB IX) zur Herstellung gleicher Bewerbungschancen gegenüber anderen Bewerbern für erforderlich hält (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 48; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 22, BAGE 131, 232; 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 24 mwN, BAGE 119, 262). Der Ausschluss aus dem weiteren Bewerbungsverfahren kann demnach eine Benachteiligung sein, die in einem (mit)ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung steht (vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 51; 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 24; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 44, BAGE 127, 367).

30

dd) Lädt der öffentliche Arbeitgeber den sich bewerbenden schwerbehinderten Beschäftigten nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein, kann darin allerdings nur dann eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung liegen, wenn ihm die Schwerbehinderung des Stellenbewerbers/der Stellenbewerberin zum Zeitpunkt der benachteiligenden Maßnahme bekannt ist oder er diese kennen muss. Deshalb muss ein Bewerber, der seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch bei der Behandlung seiner Bewerbung berücksichtigt wissen will, den (potentiellen) Arbeitgeber über die vorhandene Schwerbehinderung rechtzeitig in Kenntnis setzen, soweit dieser nicht bereits aus anderem Zusammenhang über diese Information verfügt. Andernfalls ist dem öffentlichen Arbeitgeber ein Verstoß gegen die bei der Bewerbung schwerbehinderter Menschen nach § 82 Satz 2 SGB IX auferlegte Verpflichtung objektiv nicht zurechenbar und es fehlt an der (Mit-)Ursächlichkeit der Behinderung für die benachteiligende Maßnahme(vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 24; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 28, BAGE 127, 367).

31

(1) Ein hinreichender Hinweis auf eine Schwerbehinderung liegt vor, wenn die Mitteilung in einer Weise in den Empfangsbereich des Arbeitgebers gelangt ist, die es diesem ermöglicht, die Schwerbehinderung des Bewerbers zur Kenntnis zu nehmen (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 38; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 35, BAGE 127, 367). Eine Information im Bewerbungsanschreiben (etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 35; 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 4 iVm. Rn. 35 ff.; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 28 ff., 39, BAGE 127, 367 ) oder an gut erkennbarer Stelle im Lebenslauf (etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 36; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30) ist regelmäßig ausreichend (Klarstellung von BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 35; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - aaO). Unter Umständen kann auch eine rechtzeitige gesonderte Mitteilung genügen (vgl. etwa BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 39 zu einer vor Beginn des Auswahlgesprächs dem Arbeitgeber zugesandten Zusicherung der Bundesagentur für Arbeit mit dem Betreff „Gleichstellung gem. § 2 Abs. 3 Sozialgesetzbuch IX …“).

32

(2) Zur Mitteilung der Schwerbehinderung eines Bewerbers/einer Bewerberin kann auch die „Vorlage“ des Schwerbehindertenausweises ausreichend sein ( BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 32 f.); allerdings genügt es nicht, wenn eine Kopie des Schwerbehindertenausweises lediglich den Anlagen zur Bewerbung beigefügt wird ( BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 37), ohne dass im Anschreiben oder im Lebenslauf hierauf ausreichend hingewiesen wird.

33

ee) Für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen sieht § 22 AGG eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

34

(1) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (ua. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 32, Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 27). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben(vgl. etwa BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45). Die Beweiswürdigung erfolgt nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung der Vorgaben von § 22 AGG(vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 32 ff. mwN).

35

(2) Die Verletzung der in § 82 Satz 2 SGB IX geregelten Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, eine/n schwerbehinderte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, begründet regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Diese Pflichtverletzung ist nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein (vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 45 mwN).

36

b) Nach diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler erkannt, dass der Kläger eine ungünstigere Behandlung (auch) wegen der Behinderung erfahren hat und ihm deshalb eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zusteht.

37

aa) Der Kläger hat gegenüber anderen Bewerbern und Bewerberinnen, die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sind, eine ungünstigere Behandlung erfahren. Hierüber streiten die Parteien nicht. Die Beklagte, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß § 71 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX als öffentliche Arbeitgeberin gilt, war gemäß § 82 Satz 2 SGB IX auch verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber/innen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Von dieser Verpflichtung war sie im Fall des Klägers nicht nach § 82 Satz 3 SGB IX wegen offensichtlichen Fehlens der fachlichen Eignung des Klägers befreit. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorhandensein der fachlichen Eignung bejaht; dies greift die Revision nicht an.

38

bb) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger der Beklagten seine Schwerbehinderung deutlich und ausreichend mitgeteilt hat und dass die weniger günstige Behandlung des Klägers demnach „wegen“ der Behinderung erfolgt ist, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

39

(1) Die Beklagte beruft sich auch in der Revision darauf, der Kläger habe sie in seinem Bewerbungsschreiben nicht hinreichend klar und deutlich über seine Schwerbehinderung informiert. Zum einen reiche es nicht aus, nur den Begriff der „Schwerbehinderung“ anzuführen, vielmehr sei auch der GdB anzugeben gewesen. Ein Erfahrungssatz des Inhalts, im heutigen Berufsleben sei allgemein bekannt, dass zwischen einer Behinderung und einer Schwerbehinderung im Rechtssinne zu unterscheiden sei, existiere insbesondere „nach dem objektiven Empfängerhorizont“ nicht. Zudem ergebe sich aus dem Bewerbungsschreiben des Klägers nicht, dass die Schwerbehinderung zum Zeitpunkt der Bewerbung vorgelegen habe.

40

(2) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass es im Zusammenhang mit der Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers aus § 82 SGB IX ausreicht, über das Vorliegen einer „Schwerbehinderung“ zu informieren und dass es nicht zusätzlich erforderlich ist, den GdB mitzuteilen. Soweit sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats (insbesondere BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 33, 35; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30) etwas anderes ergeben sollte, hält der Senat hieran nicht fest.

41

(a) Der Begriff der „Schwerbehinderung“ ist ein Rechtsbegriff, dem im Rechtsverkehr, vor allem im Arbeits- und Sozialrecht eine feste Bedeutung zukommt. Der Begriff der Schwerbehinderung ist in § 2 Abs. 2 SGB IX gesetzlich definiert. Nach dieser Bestimmung sind Menschen schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Weist ein/e Bewerber/in im Zusammenhang mit einer Bewerbung darauf hin, „schwerbehindert“ zu sein, ist deshalb - sofern nicht ausnahmsweise Anhaltspunkte für ein abweichendes Begriffsverständnis gegeben sind - für den Arbeitgeber ohne Weiteres erkennbar, dass der Begriff iSd. in § 2 Abs. 2 SGB IX gegebenen Definition gemeint ist und damit beim Bewerber mindestens ein GdB von 50 vorliegt. Eine andere Funktion liegt im Zusammenhang mit einem Bewerbungsschreiben regelmäßig nicht nahe.

42

(b) Da nach § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen schwerbehindert sind, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und dies die Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers nach § 82 Satz 2 SGB IX auslöst, einen schwerbehinderten Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen, ist eine (weitergehende) Angabe des im Einzelfall vorliegenden GdB nicht erforderlich. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten folgt auch aus der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechte der anderen Seite, soweit sich eine solche hier ggf. aus einem Anbahnungsverhältnis ergeben sollte (vgl. dazu BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 28), nichts anderes. Zwar ist nicht auszuschließen, dass im Einzelfall wegen bestimmter Arbeitsanforderungen und/oder zur Erfüllung der Verpflichtung zu „angemessenen Vorkehrungen“ (vgl. dazu BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 53; 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 42, BAGE 148, 158; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 53, BAGE 147, 60) nähere Kenntnisse des Arbeitgebers zu Art und ggf. Umfang einer Behinderung erforderlich sein können und der Arbeitnehmer deshalb zu entsprechender Auskunft verpflichtet sein kann; um solch eine besondere Situation geht es vorliegend jedoch nicht.

43

(3) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger in seinem Bewerbungsschreiben hinreichend klar und deutlich auf eine zum Zeitpunkt der Bewerbung vorliegende Schwerbehinderung hingewiesen hat, ist ebenso revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

44

(a) Die Auslegung der Angaben des Klägers in seinem Bewerbungsschreiben durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat.

45

(b) Unter Zugrundelegung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts einer revisionsgerichtlichen Kontrolle ohne Weiteres stand.

46

Das Landesarbeitsgericht hat - zusammengefasst - angenommen, der Kläger habe mit der Erklärung in seinem Bewerbungsschreiben: „Aus gesundheitlichen Gründen musste ich für kurze Zeit meine Erwerbstätigkeit unterbrechen und mich aufgrund meiner Schwerbehinderung beruflich neu orientieren“, unzweideutig darauf hingewiesen, dass die Schwerbehinderung auch zum Zeitpunkt der Bewerbung bestand. Das Schreiben könne sinnvollerweise nicht dahin ausgelegt werden, dass der Kläger im Hinblick auf das Vorliegen einer Schwerbehinderung einen nicht mehr aktuellen Hinweis habe geben wollen.

47

Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht lässt weder eine Verletzung von Auslegungsregeln noch einen Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze erkennen. Vielmehr stützt insbesondere die Formulierung in der Erklärung des Klägers - aufgrund „meiner“ Schwerbehinderung - das vom Landesarbeitsgericht gefundene Auslegungsergebnis. Auch diese Formulierung legt die Annahme nahe, der Kläger habe auf eine aktuelle Schwerbehinderung hinweisen wollen. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen wurden. Das Landesarbeitsgericht hat sich - im Gegenteil - eingehend mit der hier allein für die Auslegung maßgeblichen Erklärung des Klägers befasst. Soweit die Beklagte geltend macht, der Kläger habe lediglich eine vergangenheitsbezogene Mitteilung gemacht und damit nicht deutlich erklärt, dass er aktuell ein schwerbehinderter Mensch ist, hat sie keine Verstöße gegen Rechts- oder Erfahrungssätze und/oder Denkgesetze oder eine Widersprüchlichkeit der Würdigung dargetan.

48

Dass die Beklagte nach eigenen Angaben „nicht erkannt hat“, dass sie aufgrund der Mitteilung des Klägers nach § 82 Satz 2 SGB IX verpflichtet war, diesen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, führt zu keiner anderen Bewertung. Von Bedeutung ist nicht, was sie tatsächlich erkannt hat, sondern was sie erkennen musste.

49

(4) Schließlich ist auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger wegen seiner Behinderung eine weniger günstige Behandlung erfahren hat, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

50

(a) Sowohl die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber/einer Bewerberin vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Haupt- und/oder Hilfstatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, als auch deren Würdigung, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat,sind nur eingeschränkt revisibel (vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49, 63 mwN ). In beiden Fällen beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle darauf zu prüfen, ob die Würdigung des Tatsachengerichts möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 29; 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 30; 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49; 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, BAGE 142, 158).

51

(b) Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabs hält das angefochtene Urteil auch insoweit einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.

52

Das Landesarbeitsgericht ist vor dem Hintergrund, dass der Kläger die Beklagte in seinem Bewerbungsschreiben darauf hingewiesen hatte, dass er zum Zeitpunkt der Bewerbung schwerbehindert war, zutreffend davon ausgegangen, dass der Verstoß der Beklagten gegen ihre aus § 82 Satz 2 SGB IX folgende Verpflichtung, den schwerbehinderten Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, geeignet ist, die Vermutung einer unmittelbaren Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung zu begründen und hat dies gewürdigt. Ebenso gewürdigt hat es den von der Beklagten zur Widerlegung der Vermutung geleisteten Sachvortrag, sie habe eine mit einem GdB von 30 behinderte Bewerberin eingestellt. Insoweit hat es angenommen, mit diesem Vorbringen habe die Beklagte die Vermutungswirkung des § 22 AGG nicht widerlegt. Diese Würdigung lässt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es für die Frage, ob ein/e Bewerber/in diskriminierungsfrei vorab aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen wurde, nicht darauf ankommt, ob und ggf. zu welcher Einstellung es später im Zuge des Auswahlverfahrens tatsächlich gekommen ist, revisible Rechtsfehler nicht erkennen. Solche werden von der Revision auch nicht gerügt.

53

IV. Dem Kläger steht nach § 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung iHv. 3.955,96 Euro zu. Die Bestimmung der Höhe der Entschädigung (vgl. hierzu näher BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 44, BAGE 148, 158) ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte (vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 49). Das Landesarbeitsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht eine Entschädigung iHv. 3.955,96 Euro als angemessen erachtet. Dies wird von der Revision nicht angegriffen.

54

V. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Rinck    

        

        

        

    N. Reiners    

        

        

Soost 

        

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 24. Oktober 2012 - 9 Sa 214/12 - teilweise aufgehoben. Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20. Dezember 2011 - 14 Ca 4955/11 - wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, den der Kläger aufgrund einer Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft bei einem Bewerbungsverfahren geltend macht.

2

Der am 2. Januar 1959 geborene Kläger ist schwerbehinderter Mensch mit einem GdB 50. Nach vorausgegangener Banklehre hat er von 1982 bis 1989 ein Studium der Betriebswirtschaftslehre absolviert und als Diplom-Kaufmann abgeschlossen. Er hat diverse Fortbildungsmaßnahmen im Bereich Controlling und Rechnungswesen absolviert.

3

Mit E-Mail-Schreiben vom 16. Juni 2010 bewarb der Kläger sich auf die Stelle eines/einer „Projektkoordinators/in eines Programms zur Förderung von Frauen in der Qualifikationsphase“ im Prorektorat für Akademische Karriere, Diversität und Internationales. Der Bewerbung war ein 34-seitiges Anlagenkonvolut beigefügt, mit dem „auf Seite 29 der Schwerbehindertenausweis überreicht“ wurde. Die verantwortliche Mitarbeiterin entdeckte diesen Hinweis auf die Schwerbehinderung, unterrichtete die Schwerbehindertenvertretung und der Kläger wurde schließlich von der für das damalige Einstellungsverfahren zuständigen Stelle, der Prorektorin für Akademische Karriere, Diversität und Internationales zu einem Vorstellungsgespräch am 28. Juni 2010 eingeladen. Der Kläger erhielt unter dem 17. August 2010 eine Absage auf diese Bewerbung.

4

Mit Bewerbungsschluss am 26. Juli 2010 schrieb die Beklagte eine auf drei Jahre befristete Vollzeitstelle eines/r wissenschaftlichen Mitarbeiters/in am Staatswissenschaftlichen Seminar der Universität zu K, Stiftungsprofessur für Energiewirtschaft - Prof. Dr. B - aus, wobei Bewerbungen an diese Stiftungsprofessur des Staatswissenschaftlichen Seminars zu richten waren. Die Beklagte hatte diese Stelle am 12. Juli 2010 der Bundesagentur für Arbeit gemeldet. Unter dem 25. Juli 2010 bewarb sich der Kläger auch für diese Stelle. Weder das Bewerbungsanschreiben noch der Lebenslauf enthielten einen Hinweis auf die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers. Der Bewerbung waren 29 Seiten Anlagen, im Wesentlichen chronologisch von 2009 bis 1978 geordnet, ohne Inhaltsverzeichnis beigefügt. Als Blatt 24 dieser Anlagen - eingefügt zwischen zwei Fotokopien von Dokumenten aus dem Jahr 1985 - befand sich eine Kopie der Vorderseite des Schwerbehindertenausweises des Klägers.

5

Die Beklagte bestätigte unter dem 26. Juli 2010 den Eingang der Bewerbung des Klägers. Sodann führte sie am 29. und 30. Juli 2010 Vorstellungsgespräche mit anderen Bewerbern durch, zu denen der Kläger nicht eingeladen wurde. Das Auswahlverfahren zu der ausgeschriebenen Stelle wurde nach Angaben der Beklagten in der ersten Augusthälfte beendet und die nicht berücksichtigten Bewerber erhielten Absagen. Der Kläger erhielt keine Absage.

6

Unter dem 1. Oktober 2010 bewarb sich der Kläger für eine dritte Stelle. Auch diese Bewerbung blieb erfolglos.

7

Wegen der Stelle am Staatswissenschaftlichen Seminar fragte der Kläger mit E-Mail vom 14. Dezember 2010 nach. Schließlich wurde ihm auf telefonische weitere Nachfrage am 24. Januar 2011 mitgeteilt, dass er bei der schon im August 2010 getroffenen Entscheidung keine Berücksichtigung gefunden habe.

8

Der Kläger machte mit Telefax vom 24. März 2011 einen Entschädigungsanspruch geltend und erhob mit Eingang bei Gericht am 24. Juni 2011 Entschädigungsklage.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden. Die Beklagte sei ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht nachgekommen. Von seiner Schwerbehinderung habe er die Beklagte bei dieser Bewerbung ordnungsgemäß unterrichtet, da die Beklagte von seiner Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch Kenntnis hätte erlangen können, wenn sie seine Bewerbungsunterlagen vollständig zur Kenntnis genommen hätte. Eines Hinweises an exponierter Stelle bedürfe es nicht. Dies zeige die Beklagte selbst, da sie auf einen ähnlichen Hinweis bei seiner ersten Bewerbung mit der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch reagiert habe. Seine Bewerbung sei ernsthaft.

10

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch nicht unter 10.757,16 Euro liegen sollte, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. April 2011 zu zahlen.

11

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass sich der Kläger nicht ernsthaft auf die Stellen beworben habe. Der Hinweis auf seine Schwerbehinderung sei jeweils an versteckter Stelle erfolgt, nach den Absagen seien dann Entschädigungsklagen erhoben worden. Der Kläger sei gehalten gewesen, auf seine Schwerbehinderteneigenschaft im Bewerbungsanschreiben, jedenfalls aber an exponierter Stelle hinzuweisen.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 1.000,00 Euro stattgegeben. Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht auf die Anschlussberufung des Klägers die Entschädigungssumme um weitere 4.378,58 Euro erhöht. Mit der auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten durch Beschluss vom 22. August 2013 - 8 AZN 230/13 - vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision ist begründet. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat bei der Besetzung der Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters am Staatswissenschaftlichen Seminar nicht gegen das Verbot verstoßen, einen schwerbehinderten Bewerber wegen seiner Behinderung zu benachteiligen (§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, §§ 7, 1 AGG). Dem Kläger steht daher kein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX zu.

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

15

Der objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignete Kläger sei durch die Aussonderung vor der eigentlichen Auswahlentscheidung benachteiligt worden. Dies sei wegen seiner Behinderung geschehen. Denn die Beklagte habe ihn als schwerbehinderten Bewerber entgegen ihrer Verpflichtung als öffentliche Arbeitgeberin nach § 82 Satz 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, was die Vermutung auslöse, die Benachteiligung stehe im ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung. Dem könne die Beklagte nicht entgegenhalten, die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers nicht gekannt zu haben. Aufgrund der Bewerbungsunterlagen hätte sie sich Kenntnis von der Schwerbehinderung verschaffen können. Die Vorlage des gerade zum Nachweis im Rechtsverkehr ausgestellten Schwerbehindertenausweises genüge. Dies bestätige das eigene Verhalten der Beklagten im Zusammenhang mit der ersten Bewerbung, bei der eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erfolgt sei. Aus der damals erfolgten Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung gehe hervor, dass im ersten Bewerbungsverfahren die Beklagte in der Lage gewesen sei, den Hinweis des Klägers aufzunehmen. Als Entschädigung sei die Hälfte des vom Kläger begehrten Entschädigungsbetrages, also 11/2 Bruttomonatsgehälter, angemessen.

16

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

17

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Als Bewerber ist der Kläger „Beschäftigter“ nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG. Da die Beklagte um Bewerbungen für das von ihr angestrebte Beschäftigungsverhältnis nachgesucht hat, ist sie Arbeitgeberin iSd. § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG(BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 17; 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18, BAGE 142, 143; 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 23).

18

II. Seinen auf die Benachteiligung wegen Schwerbehinderung gestützten Entschädigungsanspruch hat der Kläger innerhalb der Fristen der § 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG geltend gemacht.

19

1. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle einer Bewerbung beginnt die Frist grundsätzlich mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG)zu laufen, nicht jedoch vor dem Zeitpunkt, in dem der Bewerber von seiner Benachteiligung Kenntnis erlangt (vgl. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 55, BAGE 141, 48 = AP AGG § 15 Nr. 11). Dabei genügt eine telefonische Benachrichtigung, soweit sie hinreichend klar und individualisiert ist (vgl. v. Roetteken AGG Stand Juli 2014 § 15 Rn. 89 f.).

20

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger in dem Telefonat vom 24. Januar 2011 erfahren, dass seine Bewerbung schon im August 2010 abgelehnt wurde. Mit der Revision hat die Beklagte diese Feststellung nicht, auch nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge angegriffen. Der Eingang des Geltendmachungsschreibens des Klägers am 24. März 2011 bei der Beklagten ist unstreitig.

21

Soweit die Beklagte „mit Nichtwissen bestritten“ hat, dass dem Kläger ihr Absageschreiben nicht schon im August 2010 zugegangen sei, hat sie daran im Berufungsrechtszug nicht festgehalten. Im Übrigen war ein solches Bestreiten mit Nichtwissen unzulässig, weil die Darlegungs- und Beweislast für einen früheren Zugang der Absage bei der Beklagten selbst liegt. Dass die Beklagte nicht für einen Zustellungsnachweis der Absage gesorgt hat, bedeutet nicht, dass sie über den früheren Zugang einer Absage nicht auch hätte Kenntnis haben können.

22

2. Die am 24. Juni 2011 bei dem Arbeitsgericht Köln eingegangene Klage wahrte die Drei-Monats-Frist nach § 61b Abs. 1 ArbGG. Die Zustellung an die Beklagte erfolgte am 4. Juli 2011, also „demnächst“ iSv. § 167 ZPO.

23

III. Die Beklagte hat den Kläger unmittelbar benachteiligt. Eine solche Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Der Kläger erfuhr eine weniger günstige Behandlung als der tatsächlich eingestellte, erfolgreiche Bewerber. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, liegt bereits dann vor, wenn der Bewerber oder Beschäftigte - wie hier der Kläger - nicht in die (End-)Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgenommen und vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wird. Hier liegt die Benachteiligung in der Versagung einer Chance (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 22; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 -; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 24; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29).

24

IV. Der Kläger befand sich mit dem letztlich ausgewählten Bewerber in einer vergleichbaren Situation (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG). Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte in Abrede gestellt hätte, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war. Die entsprechende Würdigung im Berufungsurteil (dort unter II 1 c bb der Gründe) hat die Revision nicht angegriffen.

25

V. Die Beklagte behandelte den Kläger aber nicht „wegen“ seiner Behinderung weniger günstig. Es fehlt an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der ihn benachteiligenden Handlung - Ablehnung - und dem Merkmal der Behinderung.

26

1. Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG(zur Bezugnahme auf die Voraussetzungen in § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG - ohne die des Verschuldens nach § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG -: vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 24; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 30; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 25; BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 14, BVerwGE 139, 135). Nach näherer Maßgabe des AGG sind Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund, hier also wegen einer Behinderung, in Bezug auf die Bedingungen für den Zugang zu unselbstständiger Erwerbstätigkeit, einschließlich der Auswahlkriterien und der Einstellungsbedingungen, unabhängig vom Tätigkeitsfeld und von der beruflichen Position unzulässig(§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG). Eine verbotene (§ 7 AGG) unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

27

2. Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund - die Behinderung - das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das „verpönte Merkmal“ Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (st. Rspr., BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, BAGE 142, 158; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 42, AP AGG § 22 Nr. 4). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es - wie erwähnt - nicht an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - aaO). Die Behinderung muss mithin nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; eine bloße Mitursächlichkeit genügt.

28

3. Hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Nachteil und verpöntem Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich zugleich auf die Darlegungslast auswirkt. Ein erfolgloser Bewerber genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines unzulässigen Merkmals vermuten lassen. Dies ist dann der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen - aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit - darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals erfolgt ist. Denn durch die Verwendung der Begriffe „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber gleichwohl die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 32, AP AGG § 3 Nr. 9; 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 29, AP AGG § 22 Nr. 3).

29

Besteht eine derartige Vermutung für die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

30

4. Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen (Hilfs-)Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen einem verpönten Merkmal und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, BAGE 142, 158; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 36).

31

5. § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG verbietet eine Benachteiligung wegen einer Behinderung. Damit sind jedenfalls alle iSv. § 2 Abs. 1 SGB IX behinderten Menschen vor einer Ungleichbehandlung aufgrund dieses Merkmals geschützt. Seit dem Inkrafttreten des AGG können sich behinderte Menschen, die nicht iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX als schwerbehinderte Menschen anerkannt sind oder die nicht iSv. § 2 Abs. 3 SGB IX diesen gleichgestellt wurden, nicht auf die Verletzung von Verfahrensvorschriften, etwa der §§ 81, 82 SGB IX als Vermutungstatsachen iSd. § 22 AGG berufen, weil diese nur für schwerbehinderte oder diesen gleichgestellte behinderte Menschen gelten(§ 68 Abs. 1 SGB IX; vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 32; Beyer jurisPR-ArbR 35/2011 Anm. 2).

32

a) Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass für die Mitteilung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch eines Bewerbers an sich die „Vorlage“ des Schwerbehindertenausweises ausreichend ist.

33

Zwar hat der Kläger nicht „seinen Schwerbehindertenausweis vorgelegt“, sondern unter seine Bewerbungsunterlagen nur die Kopie der Vorderseite seines Schwerbehindertenausweises gemischt, aus der sein GdB nicht hervorgeht. Nach der Ausweisverordnung Schwerbehindertengesetz (SchwbAwV vom 25. Juli 1991, BGBl. I S. 1739, 1743), die für die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises, wie ihn der Kläger hat, noch maßgeblich ist, ist gemäß dem Muster 1 zu § 1 SchwbAwV der GdB auf der Rückseite des Ausweises anzugeben. Nach § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB IX wird aber ein Schwerbehindertenausweis nur ausgestellt, wenn die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch festgestellt oder aber, bei einem geringeren Grad der Behinderung, eine Gleichstellung erfolgt ist, § 68 Abs. 1 SGB IX iVm. § 2 Abs. 2 und Abs. 3 SGB IX. Mit anderen Worten: Zeigt der Bewerber an, dass er im Besitz eines Schwerbehindertenausweises ist, indem er seine Inhaberschaft nachweist, so genügt die Kopie der Ausweisvorderseite, um die Anwendungspflicht der besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen auszulösen (Teil 2 des SGB IX, §§ 68 ff. SGB IX). Erfolgt allerdings der Nachweis des Besitzes eines Schwerbehindertenausweises nicht, wozu keine Pflicht besteht (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 40), so muss die Schwerbehinderung mit dem Grad der Behinderung und, bei einem geringeren Grad als 50, auch die erfolgte Gleichstellung mitgeteilt werden (BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30), um den Schutz der §§ 68 ff. SGB IX zu erlangen.

34

b) Jedoch stellte die Übermittlung einer Kopie des Schwerbehindertenausweises als Blatt 24 der Anlage zur Bewerbung keine ordnungsgemäße Mitteilung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers dar.

35

Will ein Bewerber seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch bei der Behandlung seiner Bewerbung berücksichtigt wissen, so hat er den Arbeitgeber über seine Schwerbehinderteneigenschaft regelmäßig im Bewerbungsschreiben selbst unter Angabe des GdB, ggf. einer Gleichstellung zu informieren. Jedenfalls ist der Arbeitgeber gehalten, bei jeder Bewerbung das eigentliche Bewerbungsschreiben zur Kenntnis zu nehmen (vgl. BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 39, BAGE 127, 367). Auch auf eine Behinderung iSd. § 2 Abs. 1 SGB IX, die berücksichtigt werden soll, aber keine Schwerbehinderung iSd. § 2 Abs. 2 SGB IX darstellt und für die auch keine Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX erfolgt ist, ist im Bewerbungsschreiben mit weiteren Angaben zur Art der Behinderung hinzuweisen.

36

Möglich ist auch eine Information im Lebenslauf. Dies hat jedoch an hervorgehobener Stelle und deutlich, etwa durch eine besondere Überschrift, zu geschehen.

37

Im Falle einer Behinderung oder Schwerbehinderung wird ein Bewerbermerkmal mitgeteilt, über das nicht jede Bewerberin/jeder Bewerber verfügt. Durch den Hinweis sollen besondere Förderpflichten des Arbeitgebers ausgelöst werden. Wegen der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechte des Vertragspartners (§ 241 Abs. 2 BGB iVm. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB)ist auch bei einer Bewerbung der Arbeitgeber über die besondere Situation des Bewerbers klar und eindeutig zu informieren. Daher sind „eingestreute“ oder unauffällige Informationen, indirekte Hinweise in beigefügten amtlichen Dokumenten, eine in den weiteren Bewerbungsunterlagen befindliche Kopie des Schwerbehindertenausweises etc. keine ordnungsgemäße Information des angestrebten Vertragspartners (BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30).

38

Diesen Anforderungen entsprach die Mitteilung des Klägers über seine Schwerbehinderteneigenschaft bei seiner Bewerbung vom 25. Juli 2010 nicht. Er hat weder im Bewerbungsschreiben noch im Lebenslauf an hervorgehobener Stelle auf seine Schwerbehinderteneigenschaft hingewiesen. Die von ihm in die weiteren Bewerbungsunterlagen eingefügte Kopie seines Schwerbehindertenausweises stellte gerade keine ordnungsgemäße Information der Beklagten als des angestrebten Vertragspartners dar.

39

6. Der Beklagten war die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers auch nicht nachweislich schon bekannt.

40

a) Bei einer Außenbewerbung wird der Beschäftigtenstatus iSd. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG nur durch die jeweilige Bewerbung im Einzelfall erworben. Daher ist die Eigenschaft als behinderter oder schwerbehinderter Mensch bei jeder Bewerbung aufs Neue klar und eindeutig mitzuteilen. Zudem liegt es in der Entscheidung des Bewerbers, ob er seine Behinderung oder Schwerbehinderung vom Arbeitgeber bei der Behandlung der konkreten Bewerbung berücksichtigt haben will oder nicht. Eine Pflicht zur Offenbarung der Schwerbehinderung schon bei einer Bewerbung besteht grundsätzlich nicht, ebenso wenig wie ein grundsätzliches Fragerecht des Arbeitgebers (vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 53; 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - BAGE 141, 1). Zudem ist der Arbeitgeber nicht nur nicht verpflichtet, sondern es ist ihm regelmäßig datenschutzrechtlich untersagt, personenbezogene Daten erfolgloser Bewerber, erst recht sensible Daten wie die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nach Abschluss einer Bewerbung zu speichern oder sie während der Bewerbung oder nach deren Abschluss weiterzuverwenden oder zu verbreiten, auch nicht innerhalb des eigenen Unternehmens an andere personalentscheidungsberechtigte Stellen. Kenntnisse zur Person, die nur aufgrund einer Bewerbung beim Arbeitgeber entstehen, darf dieser grundsätzlich nicht außerhalb der Bearbeitung dieser Bewerbung verwenden.

41

Darüber hinaus kann ein Arbeitgeber nicht wissen, ob eine anlässlich einer früheren Bewerbung mitgeteilte Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch noch vorliegt. Dies gilt auch im Fall einer nicht befristeten Feststellung der Schwerbehinderung oder der Ausstellung eines unbefristet gültigen Schwerbehindertenausweises. Denn die Anwendung der besonderen Regelungen des SGB IX zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen wird beendet, wenn die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 SGB IX wegfallen, also wenn der Grad der Behinderung sich auf weniger als 50 verringert oder wenn die Gleichstellung widerrufen oder zurückgenommen wird, § 116 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Das Gebot der Rechtsklarheit und -sicherheit verbietet zudem eine Differenzierung nach dem Zeitablauf zwischen mehreren Bewerbungen oder nach der Größe des Arbeitgebers. Auch auf eine etwaige Kenntnis der Schwerbehindertenvertretung des Arbeitgebers von der Schwerbehinderteneigenschaft eines Bewerbers kann es nicht ankommen. Kenntnisse der Schwerbehindertenvertretung sind keine des oder der Arbeitgebers/in, weil die Vertrauensperson der Schwerbehinderten gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung wie ein Mitglied der betrieblichen Interessenvertretung besitzt, § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX(BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 50, BAGE 144, 275).

42

Anderes kann nur dann gelten, wenn dem Arbeitgeber außerhalb des Bewerbungsverhältnisses die Schwerbehinderteneigenschaft positiv bekannt ist, was regelmäßig bei der Innenbewerbung eines schwerbehinderten Mitarbeiters der Fall sein wird. Ebenso kann, etwa bei einem Vorstellungsgespräch, eine Behinderung iSd. § 2 Abs. 1 SGB IX offenkundig werden, zB bei einem auf den Rollstuhl angewiesenen Bewerber. Um die besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen nach Teil 2 des SGB IX zur Anwendung kommen zu lassen, ist jedoch die Feststellung nach § 69 iVm. § 68 Abs. 1 SGB IX nachzuweisen.

43

b) Danach kann sich der Kläger, der eine Entschädigung wegen Benachteiligung bei seiner Bewerbung vom 25. Juli 2010 geltend macht, nicht darauf berufen, die Beklagte habe um seine Schwerbehinderteneigenschaft aufgrund seiner vorausgegangenen Bewerbung vom 16. Juni 2010 gewusst, in deren Bearbeitung damals eine Schwerbehindertenvertretung bei der Beklagten eingeschaltet worden war. Es lag in der Entscheidungsmacht des Klägers, ob er bei seiner jeweiligen Bewerbung die festgestellte Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch berücksichtigt wissen wollte. Ebenso lag es in seiner Entscheidung, ggf. darüber klar und eindeutig Mitteilung zu machen. Dies hat der Kläger bei dieser Bewerbung versäumt. Wenn eine Bereichsverwaltung der Beklagten gleichwohl aufgrund besonderer Aufmerksamkeit bei der ersten Bewerbung eine Schwerbehindertenvertretung eingeschaltet hatte, kann der Kläger hieraus keine rechtlichen Folgen für die Behandlung seiner zweiten Bewerbung ableiten.

44

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Burr    

        

    Bloesinger    

                 

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Tenor

Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 15. September 2008 - 14 Sa 1769/07 - werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin 91% und die Beklagte 9% zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um einen Entschädigungsanspruch der Klägerin wegen Benachteiligung aufgrund des Alters.

2

Die Beklagte bietet Objektschutz, Messe- und Veranstaltungsdienste an und hat dafür auf dem Gelände der Messe H ein sog. Messebüro eingerichtet. Von dort aus organisierte sie Dienstleistungsaufträge, die ihr von der D AG H, der vormaligen Beklagten zu 2), erteilt wurden. Während der Hmesse vom 16. bis 20. April 2007 sollte die Beklagte die Besucherregistrierung durchführen, mit der die exakte Besucherzahl ermittelt und die persönlichen Besucherdaten erfasst wurden. Die Besucherregistrierung erfolgte dabei nach einem genau festgelegten System, das deutschlandweit alle Messeveranstalter anerkannt haben und praktizieren.

3

Dafür suchte die Beklagte mit einer Zeitungsanzeige vom 4. April 2007 „Mitarbeiter mit mindestens einer Fremdsprache zur Aushilfe“. Die am 24. Februar 1959 geborene Klägerin hat ein Hochschulstudium als Diplomübersetzerin für Französisch und Spanisch absolviert und verfügt über gute Englischkenntnisse. Seit 1986 ist sie bei einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Fremdsprachendienst beschäftigt, war jedoch im April 2007 bereits über einen längeren Zeitraum ohne Bezüge beurlaubt. Auf die Zeitungsannonce bewarb sich die Klägerin noch am 4. April 2007 telefonisch. Ihr Gesprächspartner bei der Beklagten war Herr L, der an diesem Tag wegen eines kurzfristigen Personalmangels bei den Einstellungsgesprächen aushalf. Wegen der Fremdsprachenkenntnisse der Klägerin merkte Herr L sie zunächst für eine Tätigkeit in der „Vollregistrierung“ vor, die mit 9,05 Euro pro Stunde vergütet wird. Bei der persönlichen Vorstellung im Messebüro der Beklagten noch am selben Tag erklärte Herr L, nachdem er die Eingabe der Personaldaten der Klägerin in die EDV unterbrochen hatte, für die vorgesehene Tätigkeit in der Vollregistrierung sei die Klägerin zu alt. Dies habe eine Rücksprache mit der Beschäftigten Frau M der Beklagten ergeben und basiere auf einer entsprechenden Vorgabe der D AG H. Die Klägerin komme jedoch für eine andere Tätigkeit mit geringerer Vergütung in Betracht. Die Klägerin wies sofort auf eine aus ihrer Sicht vorliegende Altersdiskriminierung hin und bat sich wegen der anderen Tätigkeit Bedenkzeit aus.

4

Mit anwaltlichem Schreiben vom 14. April 2007, der Beklagten am 16. April 2007 zugegangen, machte die Klägerin einen Entschädigungsanspruch wegen Altersdiskriminierung geltend. Daraufhin schlossen die Beteiligten am 18. April 2007 einen für die Zeit vom 16. bis 20. April 2007 befristeten Arbeitsvertrag über eine Beschäftigung der Klägerin in der Besucherregistrierung. Die Klägerin arbeitete vom 18. bis 20. April 2007 in der Vollregistrierung. Die Beklagte vergütete fünf Arbeitstage auf der Basis von 9,05 Euro/Stunde. Sie entschuldigte sich bei der Klägerin.

5

Unter dem 16. Mai 2007 ließ die Klägerin durch ihre Anwälte erneut einen Entschädigungsanspruch geltend machen und erhob schließlich mit Eingang bei Gericht am 12. Juli 2007 die vorliegende Klage.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte und die D AG H als vormalige Beklagte zu 2) hätten sie als Gesamtschuldnerinnen wegen Altersdiskriminierung zu entschädigen. Der Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG setze keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung voraus. Die Höhe der Entschädigung müsse abschreckend sein, um präventiv zu wirken und den Arbeitgeber von künftigen Benachteiligungen abzuhalten. 3/5 einer hochgerechneten Jahresvergütung seien angemessen. Dem Entschädigungsanspruch könne nicht ihr - ruhendes - Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes entgegengehalten werden, da hinsichtlich einer Nebentätigkeit für sie nur eine Anzeige-, keine Genehmigungspflicht bestanden habe.

7

Soweit für die Revision noch von Bedeutung hat die Klägerin beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch nicht unter 11.294,35 Euro liegen sollte, nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Juni 2007 zu zahlen.

        
8

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Antrages auf Klageabweisung darauf verwiesen, der Beschäftigte L habe am 4. April 2007 irrtümlich angenommen, seitens der D AG H bestehe eine Altersvorgabe für die in der Vollregistrierung zu beschäftigenden Aushilfen. Für die Hmesse 2007 habe sie im Bereich der Besucherregistrierung 19 Personen eingestellt, die älter als 40 gewesen seien. Herr L, der Schulungen zum AGG erhalten habe, habe nicht in Diskriminierungsabsicht gehandelt. Der Entschädigungsanspruch setze eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung voraus. Sie habe nicht nur den materiellen Schaden der Klägerin ersetzt, sondern etwaige immaterielle Schäden durch Naturalrestitution ausgeglichen; durch die tatsächliche Beschäftigung habe die Klägerin Genugtuung erfahren. Ein etwa dennoch festzustellender verbleibender Schaden übersteige die Geringfügigkeitsgrenze nicht. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Klägerin in Anbetracht ihres Arbeitsverhältnisses im öffentlichen Dienst nicht die Stelle bei der Beklagten hätte antreten dürfen.

9

Das Arbeitsgericht hat die (ursprünglich auch gegen die D AG gerichtete) Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach Beweisaufnahme die Beklagte verurteilt, an die Klägerin eine Entschädigung iHv. 1.000,00 Euro zu zahlen und die weitergehende Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat gegen die Beklagte zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Verurteilung zu einer höheren Entschädigung weiter, während die Beklagte mit der Anschlussrevision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrt.

Entscheidungsgründe

10

Sowohl die Revision der Klägerin als auch die Anschlussrevision der Beklagten sind unbegründet. Die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung iHv. 1.000,00 Euro nebst Zinsen hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Ein höherer Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG steht der Klägerin nicht zu.

11

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Wegen Altersdiskriminierung bei der Einstellung stehe der Klägerin ein Entschädigungsanspruch iHv. 1.000,00 Euro aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG zu. Dieser setze weder eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin noch ein Verschulden der Beklagten voraus. Die zunächst wegen ihres Alters verweigerte Einstellung der Klägerin in der Vollregistrierung verstoße gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG. Das Verhalten des Herrn L sei der Beklagten zuzurechnen. Die später doch erfolgte Einstellung der Klägerin lasse die unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG nicht entfallen. Diese sei nicht nach den §§ 8 ff. AGG gerechtfertigt. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles sei eine Entschädigung von 1.000,00 Euro angemessen. Zu Lasten der Beklagten sei zu berücksichtigen, dass die Benachteiligung vorsätzlich erfolgt und keine Rechtfertigung erkennbar sei. Für die Beklagte spreche die kurze Dauer der Diskriminierung, der Ersatz des materiellen Schadens und die ausdrückliche Entschuldigung. Die Entschädigung müsse abschreckende Wirkung haben, jedoch sei auch die zu erwartende Bruttomonatsvergütung zu berücksichtigen, was sich aus § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG ableiten lasse.

12

B. Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten sind zulässig.

13

I. Die Revision der Klägerin ist zulässig.

14

1. Es kann dahinstehen, ob die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2008 eingelegte und mit weiterem Schriftsatz vom 30. Januar 2009 begründete Revision zulässig war. Das Landesarbeitsgericht hatte in seinem Urteil vom 15. September 2008 die Revision nur für die Beklagte(zu 1)) zugelassen. Dies hielt die Klägerin aus prozessrechtlichen Erwägungen für rechtsfehlerhaft, weswegen sie zunächst unter dem 25. November 2008 Nichtzulassungsbeschwerde einlegte (- 8 AZN 1117/08 -), diese sodann unter dem 30. Dezember 2008 begründete und zugleich mit gesondertem Schriftsatz Revision einlegte. Die nur hinsichtlich der Beklagten (zu 1)) eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin war erfolgreich (Beschluss des Senats vom 19. März 2009 - 8 AZN 1117/08 -). Nach § 72a Abs. 6 Satz 2 ArbGG galt daher die Revision der Klägerin als schon mit der form- und fristgerecht eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde, also als mit Schriftsatz vom 25. November 2008 eingelegt. Das mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2008 eingelegte Rechtsmittel stellte eine weitere, zweite Revisionseinlegung dar.

15

2. Ein Urteil kann von einer Partei nur mit einem Rechtsmittel angegriffen werden, so dass auch bei zwei Einlegungsakten nur von einem Rechtsmittel auszugehen ist(GK-ArbGG/Mikosch Stand März 2010 § 74 Rn. 22). Über dieses Rechtsmittel ist einheitlich zu entscheiden, selbst wenn eine Partei gegen eine bestimmte Entscheidung mehrfach Berufung oder Revision eingelegt hat (st. Rspr. des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofs, vgl. BAG 18. November 2009 - 5 AZR 41/09 - EzA ArbGG 1979 § 66 Nr. 43; 13. September 1972 - 2 AZB 32/71 - BAGE 24, 432 = AP ZPO § 519b Nr. 8; BGH 15. Februar 2005 - XI ZR 171/04 - zu A II 1 der Gründe, MDR 2005, 824; 29. Juni 1966 - VI ZR 86/56 - BGHZ 45, 380 , 383). Ihre Revision vom 25. November 2008 hat die Klägerin frist- und formgemäß begründet. Der Beschluss des Senats über die Zulassung der Revision auch für sie wurde der Klägerin am 26. März 2009 zugestellt, ihr Schriftsatz zur Revisionsbegründung vom 17. April 2009 wahrt die gesetzliche Begründungsfrist nach § 72a Abs. 6 Satz 3, § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG.

16

II.Auch die Anschlussrevision der Beklagten ist zulässig. Die Revisionsbegründung der Klägerin vom 17. April 2009 wurde ihr am 24. April 2009 zugestellt. Die Anschließung der Beklagten ging am Montag, den 25. Mai 2009 und damit innerhalb eines Monats beim Bundesarbeitsgericht ein (§ 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Auf die bereits früher erfolgte Begründung der zusätzlich eingelegten Revision der Klägerin kommt es nicht an. Da sich die Revision der Klägerin als Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens darstellt, § 72a Abs. 6 Satz 1 ArbGG, kommt es auf die innerhalb der Revisionsbegründungsfrist nach § 72a Abs. 6 Satz 3 ArbGG erfolgte Revisionsbegründung und ihre Zustellung an den Gegner für den Beginn der Anschließungsfrist nach § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO an.

17

C. Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

18

I. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt(§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

19

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin die Höhe der von ihr begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden. Dem Gericht wird damit hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Ist die Höhe des Betrages nach billigem Ermessen des Gerichts zu bestimmen, ist ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig. Die Klägerin muss allerdings Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrages heranziehen soll, benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angeben (BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 22, AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - BAGE 127, 367 = AP SGB IX § 81 Nr. 15 = EzA SGB IX § 81 Nr. 17; 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 12, BAGE 119, 262 = AP SGB IX § 81 Nr. 13 = EzA SGB IX § 81 Nr. 14). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat einen Sachverhalt dargelegt, der dem Gericht die Festsetzung der Höhe einer Entschädigung ermöglicht, und Angaben zur Größenordnung dieser Entschädigung gemacht.

20

II. Die Klage ist jedoch unbegründet, soweit die Klägerin nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG eine höhere Entschädigung als die vom Landesarbeitsgericht festgesetzten 1.000,00 Euro beansprucht.

21

1. Mit dem Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung(Umsetzungsgesetz) vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897) ist am 18. August 2006 das AGG in Kraft getreten. Für Benachteiligungen wegen des Alters, die zeitlich nach Inkrafttreten dieses Gesetzes liegen, gelten die §§ 1 bis 18 AGG ohne Einschränkung (§ 33 AGG, Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 33 Rn. 3). Sowohl die Bewerbung der Klägerin am 4. April 2007 als auch die zunächst erfolgte Ablehnung für eine Stelle in der Vollregistrierung am selben Tag lagen zeitlich nach Inkrafttreten des AGG.

22

2. Die Parteien unterfallen dem persönlichen Anwendungsbereich des AGG.

23

a) Die Klägerin galt schon im Zeitpunkt ihrer Benachteiligung als Beschäftigte, § 6 Abs. 1 Satz 1 in Verb. mit Satz 2 AGG, ohne dass es dabei darauf ankäme, ob sie für die Tätigkeit in der Vollregistrierung objektiv geeignet war. Die objektive Eignung einer Bewerberin ist keine Tatbestandsvoraussetzung für einen Anspruch nach § 15 Abs. 1 oder 2 in Verb. mit § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG(BAG 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 -; offengelassen 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1). Der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 AGG bietet keinen Anhaltspunkt für das Erfordernis eines solchen Tatbestandsmerkmals. Für eine Auslegung über den Wortlaut hinaus besteht auch angesichts des § 3 Abs. 1 AGG kein Bedürfnis. Ob die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung Voraussetzung der Aktivlegitimation ist (so zu BGleiG BAG 27. April 2000 8 AZR 295/99 - zu II 2 e der Gründe, BGleiG E.II.2.1 BGB § 611a Nr. 2),kann hier offenbleiben. Anhaltspunkte dafür, dass die Bewerbung der Klägerin nicht ernsthaft war, bestehen schon angesichts der später erfolgten Einstellung und Beschäftigung nicht.

24

b) Die Beklagte ist Arbeitgeberin iSd. AGG, weil sie mittels einer Zeitungsanzeige um Bewerbungen, also um Beschäftigte iSd. § 6 Abs. 1 AGG geworben hat, § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG.

25

3. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG hat die Klägerin wegen ihres Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld, weil die Beklagte sie entgegen § 7 Abs. 1 in Verb. mit § 1 AGG wegen ihres Alters benachteiligt hat(BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 28, AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

26

a) Die Beklagte hat die Klägerin wegen ihres Alters unmittelbar iSd. § 3 Abs. 1 AGG benachteiligt.

27

aa) Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG liegt vor, wenn eine Person bei einer Maßnahme iSd. § 2 Abs. 1 AGG wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation, wobei die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an das verbotene Merkmal anknüpfen muss(BAG 14. August 2007 - 9 AZR 943/06 - BAGE 123, 358 = AP AGG § 33 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 5).

28

bb) Die auf die Bewerbung der Klägerin hin am 4. April 2007 erfolgte Entscheidung der Beklagten, die Klägerin wegen ihres Alters nicht in der Vollregistrierung einzustellen, betraf den Zugang der Klägerin zu unselbständiger Erwerbstätigkeit, stellte also eine Maßnahme iSd. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG dar.

29

cc) Dabei hat die Klägerin wegen ihres Alters, also wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, eine weniger günstige Behandlung erfahren als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation, § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG.

30

(1) Die Klägerin wurde ungünstiger behandelt als tatsächliche oder potentielle Bewerberinnen, denn ihre Bewerbung für eine Beschäftigung in der Vollregistrierung wurde - zunächst - am 4. April 2007 abgelehnt. Dies stellt eine ungünstige Behandlung dar, unabhängig davon, ob die Klägerin bei „passendem“ Alter eingestellt worden wäre(BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1; BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - BVerfGE 89, 276).

31

(2) Die ungünstigere Behandlung der Klägerin erfolgte in einer vergleichbaren Situation iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG, denn die Klägerin erfüllte die Voraussetzung, objektiv für die Beschäftigung in der Vollregistrierung geeignet zu sein. Vergleichbar iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen. Zu Recht wird für das Vorliegen einer Benachteiligung verlangt, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wurde(so ausdrücklich BAG 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - BAGE 109, 265 = AP BGB § 611a Nr. 23 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 3; Däubler/Bertzbach-Däubler AGG 2. Aufl. § 7 Rn. 9; Adomeit/Mohr AGG § 22 Rn. 27; ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 6 AGG Rn. 3; aA: vgl. Schiek/Kocher AGG § 22 Rn. 25, § 3 Rn. 7; LAG Berlin-Brandenburg 26. November 2008 - 15 Sa 517/08 - LAGE AGG § 22 Nr. 1). Könnte auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG. Das AGG will vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren. Die objektive Eignung ist also keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(BAG 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 -). Maßgeblich für die objektive Eignung ist dabei nicht das formelle Anforderungsprofil des jeweiligen Arbeitgebers, sondern die Anforderungen, welche an die jeweilige Tätigkeit nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung gestellt werden (Bauer/Göpfert/Krieger AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 15; vgl. Däubler/Bertzbach-Däubler aaO). Dass die Klägerin für eine Beschäftigung in der Vollregistrierung objektiv geeignet war, steht zwischen den Parteien nicht im Streit und angesichts ihrer später doch erfolgten Beschäftigung außer Frage.

32

(3) Die Benachteiligung der Klägerin erfolgte nach der von dem Beschäftigten L am 4. April 2007 gegebenen Begründung wegen ihres Alters. Es reicht für die Kausalität des verbotenen Merkmals iSd. § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 1 AGG aus, wenn in einem Motivbündel, das die Entscheidung beeinflusst hat, das Merkmal als Kriterium enthalten gewesen ist(BAG 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 -; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 40, AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - BVerfGE 89, 276). Die Klägerin wurde am 4. April 2007 wegen ihres Alters nicht für die Vollregistrierung eingestellt, selbst dann nicht, als sie umgehend darauf hinwies, sie werde wegen ihres Alters diskriminiert. Eine Einstellung erfolgte vielmehr erst, nachdem sie mit ihrem Schreiben vom 14. April 2007 einen Entschädigungsanspruch geltend gemacht hatte. Damit war für die Ablehnungsentscheidung vom 4. April 2007 gerade das Lebensalter der Klägerin entscheidend.

33

dd) Die ungünstigere Behandlung der Klägerin am 4. April 2007 wird weder durch die später vorgenommene Einstellung noch durch die tatsächliche Beschäftigung der Klägerin ab 18. April 2007 aufgehoben. Die unmittelbare Benachteiligung ist auch nicht nach § 8 oder § 10 AGG gerechtfertigt oder nach § 5 AGG zulässig gewesen.

34

ee) Das Verhalten des Beschäftigten L am 4. April 2007 ist der Beklagten auch zuzurechnen.

35

Bedient sich der Arbeitgeber bei der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses eigener Mitarbeiter oder Dritter(zB der Bundesagentur für Arbeit), so trifft ihn die volle Verantwortlichkeit für deren Verhalten (zu § 611a BGB aF BAG 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - zu II 2 b bb (2) der Gründe, BAGE 109, 265 = AP BGB § 611a Nr. 23 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 3; Stoffels RdA 2009, 204, 207 f.).

36

ff) Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt keinen schuldhaften Verstoß des Arbeitgebers gegen ein Benachteiligungsverbot voraus(BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 61 ff., AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzessystematik ergibt sich zwingend, dass ein Entschädigungsanspruch nur bei Vorliegen der in § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 AGG genannten Voraussetzungen gegeben ist. Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes spricht dafür, dass mit § 15 Abs. 2 AGG eine verschuldensunabhängige Haftung begründet werden sollte. Dies entspricht auch einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung (BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 67, aaO). Daher kann im Rahmen von § 15 Abs. 2 AGG dahinstehen, ob das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, das strittige Vorbringen der Beklagten zur Schulung des Beschäftigten L sei nicht hinreichend substanziiert. Darauf kann es nur bei einem verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch ankommen.

37

b) Die Beklagte ist wegen des ihr zurechenbaren Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot nach § 15 Abs. 2 AGG verpflichtet, der Klägerin eine angemessene Entschädigung in Geld zu zahlen. Eine schwerwiegende Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder eine erhebliche Benachteiligung sind nicht erforderlich. Dem steht bereits der Wortlaut des § 15 AGG entgegen, nach dem nur ein „Schaden, der nicht Vermögensschaden ist“, vorliegen muss. § 15 Abs. 2 AGG enthält eine eigenständige Anspruchsgrundlage für einen Entschädigungsanspruch. Die Grundsätze, die für den Anspruch auf Schmerzensgeld bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gelten, sind nicht anzuwenden(BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 70 ff. mwN, AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Vielmehr ist vom Vorliegen eines immateriellen Schadens auszugehen, wenn ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot feststeht. Der Gesetzgeber wollte mit der Schaffung des § 15 Abs. 2 AGG die Forderungen der Richtlinien sowie der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes erfüllen. In der Gesetzesbegründung wurde klargestellt, dass die Entschädigung ausschließlich für immaterielle Schäden gewährt wird, die regelmäßig bei einer ungerechtfertigten Benachteiligung aus den in § 1 AGG genannten Gründen vorliegen, wobei § 15 Abs. 2 AGG gegenüber § 253 BGB die speziellere Norm ist(BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Es kann dabei auch dahinstehen, ob in bestimmten Ausnahmefällen ein immaterieller Schaden deswegen zu verneinen ist, weil die Benachteiligung so geringe Auswirkungen hatte, dass die Zahlung einer Entschädigung nicht mehr in angemessenem Verhältnis zur Benachteiligung stünde. Denn vorliegend wurde die Klägerin bewusst und unmittelbar wegen ihres Alters ungünstiger behandelt, obwohl sie unverzüglich Diskriminierung geltend machte und sie wurde erst tatsächlich eingestellt, nachdem sie Entschädigung verlangt hatte. Zu einer tatsächlichen Beschäftigung kam es nur an drei der ursprünglich vorgesehenen fünf Tage. Diese Auswirkungen lassen eine Entschädigung nicht als unangemessen erscheinen.

38

4. Das Berufungsgericht hat schließlich ohne Rechtsfehler der Höhe nach auf eine Entschädigung von 1.000,00 Euro erkannt.

39

a) Bei der Entscheidung der Frage, welche Entschädigung angemessen iSv. § 15 Abs. 2 AGG ist, besteht für die Gerichte ein Beurteilungsspielraum, innerhalb dessen sie die Besonderheiten jedes einzelnen Falles zu berücksichtigen haben(BT-Drucks. 16/1780 S. 38). § 15 Abs. 2 AGG entspricht der Regelung zum Schmerzensgeld in § 253 BGB. Hängt die Höhe des Entschädigungsanspruchs von einem Beurteilungsspielraum ab, dann ist die Bemessung des Entschädigungsanspruchs grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (Senat 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 80, AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1; zu einem Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs. 2 BGB 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Die Festsetzung der angemessenen Entschädigung obliegt demnach nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Das Berufungsurteil muss das Bemühen um eine angemessene Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände erkennen lassen und darf nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen haben (BGH 12. Mai 1998 - VI ZR 182/97 - BGHZ 138, 388).

40

b) Die Festsetzung der Entschädigung iHv. 1.000,00 Euro durch das Landesarbeitsgericht hält einer solchen eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

41

aa) Bei der Festsetzung einer angemessenen Entschädigung durch das Tatgericht sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Zu diesen zählen etwa die Schwere und Art der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalles. Ferner ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, sodass die Höhe auch danach zu bemessen ist, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Der Arbeitgeber soll von künftigen Diskriminierungen abgehalten werden, wobei die Entschädigung in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen muss(BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 82 mwN, AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1; BT-Drucks. 16/1780 S. 38; Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 39 f.; Bauer/Göpfert/Krieger § 15 Rn. 36).

42

bb) Das Landesarbeitsgericht hat die wesentlichen Umstände bei der Festsetzung der Entschädigung berücksichtigt. Ein Verstoß gegen Rechtssätze, Denkgesetze und Erfahrungssätze liegt nicht vor.

43

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auf die zunächst erfolgte Ablehnung einer Einstellung für die Vollregistrierung abgestellt. Nicht zu beanstanden ist, dass es die verhältnismäßig kurze Dauer der Beeinträchtigung der Klägerin berücksichtigt hat, dass die Beklagte auf das Geltendmachungsschreiben der Klägerin mit dem Beschäftigungsangebot in der Vollregistrierung um Wiedergutmachung bemüht war, dass sie ihr die Vergütung für fünf volle Tage ausbezahlt hat und dass die Klägerin durch die Entschuldigung der Beklagten Genugtuung erhalten hat. Dass es andererseits eine unmittelbare Benachteiligung als regelmäßig schwerwiegender als eine mittelbare Benachteiligung angesehen hat, ist rechtsfehlerfrei, ebenso, dass es die vorsätzliche Benachteiligung in die Abwägung einbezogen hat. Der Grad eines etwa vorliegenden Verschuldens kann bei der Höhe der Entschädigung berücksichtigt werden(grundsätzlich dazu BAG 18. Januar 2007 - 8 AZR 250/06 - Rn. 35, AP BGB § 254 Nr. 15 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 2). Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter berücksichtigt, dass die Klägerin trotz ihres Hinweises auf Altersdiskriminierung am 4. April 2007 für die Vollregistrierung nicht eingestellt wurde. Zu Recht hat es unberücksichtigt gelassen, dass der Beschäftigte L möglicherweise hinsichtlich einer Altersvorgabe der D AG einem Irrtum unterlag. Die Beklagte durfte mit oder ohne Vorgabe von dritter Seite die Klägerin nicht wegen ihres Alters diskriminieren. Es kann dahinstehen, ob bei dem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG den Benachteiligten wie beim materiellen Schadensersatz eine Schadensminderungspflicht(§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB) trifft. Denn auch bei Annahme der angebotenen Beschäftigung auf einem niedriger vergüteten Arbeitsplatz hätte sich der immaterielle Schaden der Klägerin infolge der Ablehnung wegen ihres Alters nicht gemindert. Der nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vom Berufungsgericht gezogene Schluss, eine systematische Diskriminierung wegen des Alters bei der Beklagten sei nicht bewiesen, verstößt weder gegen Rechtssätze noch gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Entgegen der von der Klägerin mit der Revision vertretenen Auffassung hat das Berufungsgericht zu Recht auch die zu erwartende Bruttomonatsvergütung der Klägerin in Rechnung gestellt. Dies hat mit der vorliegend nicht einschlägigen Obergrenze von drei Monatsgehältern des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG nichts zu tun. Als materieller Schaden können zudem Kosten der Rechtsverfolgung nicht in die Entschädigung wegen des erlittenen immateriellen Schadens einfließen, ganz abgesehen davon, dass die Klägerin insoweit in der Revisionsinstanz neuen Sachvortrag hält. Die erhobene Verfahrensrüge ist unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den Vortrag der Klägerin in der Klageschrift zum Jahresumsatz der Beklagten unerwähnt gelassen, da daraus nicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Benachteiligenden geschlossen werden kann.

44

5. Der Entschädigungsanspruch ist innerhalb der gesetzlichen Fristen schriftlich und gerichtlich geltend gemacht worden. Nach der Ablehnung vom 4. April 2007 hat die Klägerin innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 15 Abs. 4 AGG am 14. April und 16. Mai 2007 jeweils einen bezifferten Entschädigungsanspruch schriftlich geltend gemacht. Mit der Klageeinreichung am 12. Juli 2007 hat sie danach auch die dreimonatige Klagefrist des § 61b Abs. 1 ArbGG eingehalten.

45

D. Die Anschlussrevision der Beklagten ist zum einen aus den dargelegten Gründen nicht begründet. Zum anderen ist es für den Entschädigungsanspruch der Klägerin und seine Höhe unerheblich, ob die Klägerin die Aushilfstätigkeit mit ihrem ruhenden Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst vereinbaren konnte. Einen etwaigen Pflichtverstoß insoweit müsste die Klägerin mit ihrem Arbeitgeber klären, er berechtigte die Beklagte aber nicht zu einer entschädigungslosen Benachteiligung.

46

E. Die Verteilung der Kostenlast folgt aus § 72 Abs. 5 ArbGG, § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Rosemarie Koglin    

        

    Mallmann    

                 

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.