NEUES GESETZ: Lassen Sie jetzt ihren Arbeitsvertrag prüfen & anpassen!

15.08.2022

Autoren

Rechtsanwalt

Helge Schubert, LL.M.

Steuerrecht
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EU-Richtlinie schafft Neuerungen für Arbeitsverträge

Am 01.08.2022 ist eine Gesetzesänderung in Kraft getreten, die eine Überprüfung und gegebenenfalls auch Änderungen an bestehenden deutschen Arbeitsverträgen erforderlich machen kann.

Die Arbeitsbedingungenrichtlinie der EU, welche bereits im Jahr 2019 erlassen wurde, hat der deutsche Gesetzgeber nun durch die Rechtsänderung in nationales Recht umgesetzt. Die wesentlichen Änderungen findet man in § 2 des Nachweisgesetzes (NachwG) sowie vereinzelt in anderen Gesetzen.

Im Nachweisgesetz finden sich Regelungen darüber, dass wesentliche Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses schriftlich niederzulegen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen sind. Diese Verpflichtungen können grundsätzlich dadurch erfüllt werden, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht – vorausgesetzt es gehen alle nach dem Nachweisgesetz erforderlichen Informationen daraus hervor.

Vorher: Pflichtangaben nach dem Nachweisgesetz

Das Nachweisgesetz wie es bis zum 31.07.2022 galt, verpflichtete den Arbeitgeber dazu, die Aushändigung eines schriftlichen Nachweises über das Arbeitsverhältnis spätestens einen Monat nach Aufnahme des Arbeitsverhältnisses vorzunehmen. Darin sollten folgende Inhalte enthalten sein:

  1. Name & Anschrift von Arbeitnehmer & Arbeitgeber
  2. Beginn des Arbeitsverhältnisses
  3. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen die vorhersehbare Dauer
  4. Arbeitsort
  5. Kurze Charakterisierung bzw. Beschreibung der zu leistenden Arbeitnehmerätigkeit
  6. Zusammensetzung & Höhe des Entgelts (einschließlich Zuschlägen, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts und deren Fälligkeit)
  7. Vereinbarte Arbeitszeit
  8. Urlaubstage
  9. Kündigungsfristen
  10. Hinweise auf Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die für das Arbeitsverhältnis gelten

Jetzt: Pflichtangaben nach der Reform – ein Vergleich

Mit dem neuen Nachweisgesetz werden die Pflichtangaben im Arbeitsvertrag umfangreicher und müssen schneller erfüllt werden. innerhalb von sieben Tagen ab Beginn des Arbeitsverhältnisses müssen ab jetzt auch folgende Punkte im Arbeitsvertrag stehen:

  1. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen deren Ende
  2. Soweit möglich, freie Wahl des Arbeitsort durch den Arbeitnehmer
  3. Sofern vereinbart, Dauer der Probezeit
  4. Zusammensetzung & Höhe des Entgelts (einschließlich Vergütung von Überstunden, Zuschlägen, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung
  5. Vereinbarungen zu Arbeitszeit, Ruhepausen, Ruhezeiten
  6. Bei Schichtarbeit: Schichtsystem, Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen
  7. Bei Arbeit auf Abruf: Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat; Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden; Zeitrahmen, welcher für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, sowie die Frist, innerhalb welcher der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat
  8. Sofern vereinbart, Möglich­keit der An­ord­nung von Über­stun­den & de­ren Vor­aus­set­zun­gen
  9. Gegebenenfalls Anspruch auf bereitgestellte Fortbildungen
  10. Für den Fall, dass der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer eine be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung über einen Ver­sor­gungsträger zu­sagt, Name und An­schrift dieses Ver­sor­gungsträgers, wobei diese Nach­weis­pflicht entfällt, wenn der Ver­sor­gungsträger zu die­ser In­for­ma­tion ver­pflich­tet ist
  11. Das bei der Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses vom Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer ein­zu­hal­tende Ver­fah­ren, min­des­tens das Schrift­for­mer­for­der­nis und die Fris­ten für die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses so­wie die Frist zur Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­klage

Müssen Altverträge erneuert werden?

Grundsätzlich sind solche Verträge, die vor dem 01.08.2022 bestanden haben, nicht von den Neuerungen betroffen. Ausnahmen gelten dann, wenn Arbeitnehmer ausdrücklich fordern, über die neu im Nachweisgesetz aufgenommenen Informationen unterrichtet zu werden oder wenn Altverträge geändert werden sollen. 

Allerdings können fehlende, unvollständige oder falsche Informationen, die nach dem neuen Nachweisgesetz nun erteilt werden müssten, mit einem Bußgeld von bis zu 2.000 EUR sanktioniert werden.

Fazit: Arbeitgeber müssen handeln, Arbeitnehmer dürfen

In Anbetracht dessen sollten Arbeitgeber ihre vorliegenden Arbeitsverträge auf die verpflichtenden Informationen prüfen und gegebenenfalls Anpassungen oder Ergänzungen vornehmen. Nur so können Bußgelder vermieden werden, welche durch stichprobenartige Überprüfung durch die Behörden geltend gemacht werden sollen.

Arbeitnehmer dagegen dürfen eine Anpassung ihrer Arbeitsverträge gemäß des Nachweisgesetzes vom Arbeitgeber einfordern.

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Dr. Boris Jan Schiemzik

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Rechtsanwalt Dr. Schiemzik leitet im Hamburger Büro den Bereich Wirtschaftsrecht.
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