Kündigungsschutzklage abgewiesen – Kündigung wegen sexueller Belästigung wirksam



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Glaubhafter Vorwurf der sexuellen Belästigung
Sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz sind keine Seltenheit, aber nur weniger Betroffene zeigen eine solche auch ihrem Arbeitgeber gegenüber an. Die „MeToo“ Bewegung hat dennoch einen deutlichen Fokus auf sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz gesetzt. Immer mehr Frauen, auch in Deutschland, haben daraufhin von ihren Erfahrungen berichtet und sich für mehr Aufklärung und Unterstützung Betroffener eingesetzt. Dabei lohnt sich das Erheben der eigenen Stimme, wie jetzt ein Urteil des LAG Köln zeigt. Die Richter bestätigten die sexuelle Belästigung einer Kollegin als Grund für eine fristlose Kündigung und haben die Kündigungsschutzklage des betroffenen Arbeitnehmers abgewiesen (Urteil v. 19.06.2020; Az.: 4 Sa 644/19).
Im November 2018 soll es zu einer sexuellen Belästigung des Arbeitnehmers gegenüber einer Kollegin gekommen sein. Der Mitarbeiter soll erst der Kollegin und dann sich selbst mit der Äußerung, da tue sich etwas, in den Schritt gefasst haben. Im März 2019 meldete die Frau den Vorfall ihrem Arbeitgeber. Der Mann bestritt die Vorwürfe. Der Arbeitgeber vertraute aber auf die Aussage der Arbeitnehmerin und kündigte dem Mann fristlos, der zuvor 16 Jahren beanstandungslos in der Produktion des Arbeitgebers beschäftigt gewesen war. Gegen seine Kündigung setzte sich der Mann mittels einer Kündigungsschutzklage zur Wehr.
Arbeitsgericht bestätigt fristlose Kündigung
Doch bereits in erster Instanz sollte diese keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht Siegburg glaubte den Vorwürfen der betroffenen Mitarbeiterin und hielt auch die fristlose Kündigung des Mannes für zulässig. Nun hat ebenfalls das LAG Köln in zweiter Instanz die Kündigungsschutzklage des Mannes abgewiesen.
Das Gericht bestätigte darin die Ausführungen der Vorinstanz. Deren vorgenommene Beweiswürdigung sei nachvollziehbar, so das LAG. Es gebe keinen Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen. Zudem sei auch der Umstand, dass die Frau den Vorfall erst nach einigen Monaten ihrem Arbeitgeber angezeigt hatte, nicht als widersprüchliches Verhalten zu verstehen. Vielmehr schenkte auch das LAG der Ausführung der Frau Vertrauen und wies die Klage des Mannes ab.
Gesetzliche Schutzpflichten für Arbeitnehmer im AGG
Auch die Tatsache, dass die Kündigung fristlos und ohne vorherige Abmahnung erfolgt war, ändere an der Zulässigkeit der Kündigung nichts, so das LAG. Angesichts der Schwere der festgestellten Pflichtverletzung sei eine vorherige Abmahnung des Arbeitgebers nicht erforderlich gewesen. Der Arbeitnehmer habe von vornherein nicht ernsthaft damit rechnen können, dass der Arbeitgeber sein Verhalten tolerieren würde. Daher sei auch vorherige Abmahnung nicht erforderlich gewesen.
Das Gericht betonte zudem die Pflicht des Arbeitgebers, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor sexuellen Belästigungen zu schützen. Diese ergibt sich aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Ziel des Gesetzes ist es, Diskriminierungen und Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen ethnischer Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Insbesondere der Arbeitgeber kann aufgrund des Gesetzes zum Schutz seiner Beschäftigten in die Verantwortung gezogen werden. Er muss daher im Fall einer möglichen Diskriminierung aktiv werden.
Im vorliegenden Fall ist der Arbeitgeber seiner Verpflichtung durch die fristlose Kündigung seines Arbeitsnehmers nachgekommen. Es sei unter den Umständen des Falles dem Arbeitgeber nicht zuzumuten gewesen, die Kündigung nur unter Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist auszusprechen, so die Argumentation des Gerichts.
Weitere Informationen zum Thema Kündigung erhalten Sie auch unter: https://www.rosepartner.de/arbeitsrecht/kuendigungsschutzklage.html


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