Tatlohn auf Abwegen: BGH weitet Einziehungsdruck aus


Authors
Kernaussage und dogmatische Einordnung
-
Tatlohn = „für“ die Tat erlangt. Vergütung für die Tatbestandsverwirklichung ist „für“ die Tat i.S.d. § 73 Abs. 1 Alt. 2 StGB und unterliegt damit der Einziehung von Taterträgen – unabhängig davon, ob der Zufluss beim Täter oder einem Dritten erfolgt. Der Senat knüpft damit an die gefestigte Linie zur Abgrenzung „durch“ vs. „für“ an (u. a. BGH, 1 StR 204/23; 1 StR 197/24).
-
Weiterleitung an Dritte: § 73b StGB erlaubt die Einziehung bei anderen (Nichttätern), wenn das Erlangte unentgeltlich/ohne Rechtsgrund übertragen wurde oder der Dritte erkannte bzw. erkennen musste, dass es aus einer rechtswidrigen Tat herrührt. Die BGH‑Bestätigung zeigt die praktische Reichweite dieser Norm auch bei nachgelagerter Vermögensverschiebung.
-
Kein Sperr‑Tatbestand ersichtlich: § 73e StGB schließt Einziehung u. a. aus, soweit der zivilrechtliche Rückgewähr‑/Ersatzanspruch des Verletzten erloschen ist (nicht: Verjährung). Dass ein solcher Ausschluss hier griff, war weder vorgetragen noch ersichtlich.
-
Kontext Cum‑Ex‑Abschöpfung: Bereits 2024/2025 hat der BGH die Leitlinien zur Einziehung in Kapitalmarkt‑/Cum‑Ex‑Konstellationen präzisiert: Vorkasse‑Vorteile fallen (nur) unter Alt. 2; maßgeblich bleibt der tatsächliche Zahlungsfluss; Einziehung beim Gesellschafter ist möglich, wenn ihm der Vermögenswert zufließt.
Bedeutung für Praxis und Verteidigung
-
Einziehungsrisiko für „Empfänger im Umfeld“. Wer von (mutmaßlichen) Cum‑Ex‑Tätern Zahlungen erhält, kann adressiert werden, ohne selbst Täter/Teilnehmer zu sein. KYC/Origin‑Checks zu Geldzuflüssen aus Tatnähe werden zur Compliance‑Pflicht – nicht nur im Finanzsektor.
-
Transaktionen strukturieren. Rechtsanwälte sollten bei Berater‑, Erfolgs‑, und Vermittlungshonoraren mit exponierten Verfahren Transparenz‑ und Dokumentationsstandards setzen (Leistungsnachweise, Gegenleistung, Fremdgeld‑/Treuhandabwicklung), um § 73b StGB‑Risiken zu minimieren.
-
Prozessstrategie Einziehungsbeteiligter. Verteidigungspunkte sind insbesondere Rechtsgrund‑/Gegenleistungsnachweise, Gutgläubigkeit (erkennbare Tatnähe?) sowie Anrechnung/Ausschlussnach § 73e StGB (erfüllte zivilrechtliche Ansprüche).
Take‑away: Tatlohn „klebt“ am Geldfluss – auch wenn er weitergereicht wird. Mit § 73b StGB bleibt der Abschöpfungsdruck hoch, die Sanktionsarchitektur der Cum‑Ex‑Aufarbeitung wird weiter ausgebaut.


moreResultsText


Annotations
(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn
- 1.
er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat, - 2.
ihm das Erlangte - a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder - b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder
- 3.
das Erlangte auf ihn - a)
als Erbe übergegangen ist oder - b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
(2) Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 kann das Gericht auch die Einziehung dessen anordnen, was erworben wurde
(1) Die Einziehung nach den §§ 73 bis 73c ist ausgeschlossen, soweit der Anspruch, der dem Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind.
(2) In den Fällen des § 73b, auch in Verbindung mit § 73c, ist die Einziehung darüber hinaus ausgeschlossen, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist, es sei denn, dem Betroffenen waren die Umstände, welche die Anordnung der Einziehung gegen den Täter oder Teilnehmer ansonsten zugelassen hätten, zum Zeitpunkt des Wegfalls der Bereicherung bekannt oder infolge von Leichtfertigkeit unbekannt.
(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn
- 1.
er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat, - 2.
ihm das Erlangte - a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder - b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder
- 3.
das Erlangte auf ihn - a)
als Erbe übergegangen ist oder - b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
(2) Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 kann das Gericht auch die Einziehung dessen anordnen, was erworben wurde
(1) Die Einziehung nach den §§ 73 bis 73c ist ausgeschlossen, soweit der Anspruch, der dem Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind.
(2) In den Fällen des § 73b, auch in Verbindung mit § 73c, ist die Einziehung darüber hinaus ausgeschlossen, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist, es sei denn, dem Betroffenen waren die Umstände, welche die Anordnung der Einziehung gegen den Täter oder Teilnehmer ansonsten zugelassen hätten, zum Zeitpunkt des Wegfalls der Bereicherung bekannt oder infolge von Leichtfertigkeit unbekannt.
(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn
- 1.
er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat, - 2.
ihm das Erlangte - a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder - b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder
- 3.
das Erlangte auf ihn - a)
als Erbe übergegangen ist oder - b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
(2) Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 kann das Gericht auch die Einziehung dessen anordnen, was erworben wurde