CFB 168 Twins 2: Anleger müssen mit hohen Verlusten rechnen
Rechtsanwalt
Arthur R. Kreutzer
CFB 168 Twins 2: Anleger müssen mit hohen
Verlusten rechnen
Beide Schiffe aus dem Schiffsfonds CFB 168 Twins 2 sind verkauft. Nach der Liquidation der Fondsgesellschaft wird für die Anleger wahrscheinlich ein hoher Verlust von bis zu 75 Prozent zu Buche stehen.
Die gute Nachricht zuerst: Nach dem Verkauf der beiden Fondsschiffe MS Maersk Nottingham (ehemals MS Regina Star) und MS Nedlloyd Marita (ehemals MS Marita Star) reicht der Erlös nicht nur aus, um alle Bankverbindlichkeiten zu tilgen, sondern auch eine Abschlagzahlung für die Anleger ist noch drin, berichtet das „fondstelegramm“. Die schlechte Nachricht: Die Beteiligung an dem 2008 aufgelegten Schiffsfonds bringt den Anlegern ein dickes Minus ein. Nach der Auflösung der Fondsgesellschaft können Verluste von bis zu 75 Prozent stehen.
Das liegt auch daran, dass die prospektierten Erwartungen nie erfüllt werden konnten. Denn schon zum Zeitpunkt der Emission des CFB 168 Twins 2 zeichnete sich die Krise der Handelsschifffahrt ab und zeigte Wirkung. Dadurch verlief die Beteiligung für die Anleger enttäuschend. Die erhofften Ausschüttungen konnten nicht erreicht werden. Nun scheint aber auch ein Großteil des eingesetzten Kapitals verloren zu sein. Allerdings können die Anleger auch Schadensersatzansprüche geltend machen, um ihre Verluste zu minimieren.
Rechtliche Einschätzung der Kanzlei Kreutzer, München: Sicher und renditestark. Das waren häufig die Verkaufsargumente der Banken, um Beteiligungen an Schiffsfonds zu vermitteln. Doch im Jahr 2008 zeichnete sich im Zuge der Finanzkrise bereits ab, dass die Boomjahre vorbei sind. Aufgebaute Überkapazitäten führten zu sinkenden Charterraten und stürzten einen Schiffsfonds nach den anderen in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Am Ende stand häufig genug die Insolvenz der Fondsgesellschaft. Die Anleger hätten in den Beratungsgesprächen allerdings auch ausführlich über die Risiken ihrer Geldanlage und insbesondere über das Totalverlust-Risiko aufgeklärt werden müssen. Ebenso hätten die Banken ihre Provisionen (Kick-Backs) offenlegen müssen. Wurden Risiken oder Rückvergütungen für die Vermittlung verschwiegen, kann das zu Schadensersatzansprüchen führen.
Beim CFB 168 Twins 2 kann sich auch ein Blick auf den Emissionsprospekt lohnen. Besonders die Angaben zu einem marktgerechten bis günstigen Einkaufspreis für die beiden Schiffe sind kritisch zu sehen. Lassen sich Prospektfehler nachweisen, können ebenfalls Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
Die Verjährung schließt die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung der Beteiligung an einem überwiegend in offenen Immobilienfonds investierenden Dachfonds in Anspruch.
- 2
- Der Kläger unterhielt bei der Beklagten seit 1989 ein Wertpapierdepot, in dem er unter anderem 501 Anteile des offenen Immobilienfonds H. hielt. Auf Initiative einer Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin F. , kam es am 18. Juli 2008 zu einem Beratungsgespräch mit dem Kläger, in dessen Verlauf er auf Empfehlung der Zeugin die Order erteilte, die Anteile an dem H. -Fonds zu veräußern und stattdessen 406 Anteile an dem Fonds P. -Anlagen (im Folgenden: P. -Fonds), einem Dachfonds, der ganz überwiegend in offene Immobilienfonds investiert, zu einem Betrag von 21.057,14 € zu erwerben. Die Kauforder wurde von der Beklagten am 22. Juli 2008 ausgeführt. Aufgrund einer weiteren Beratung durch die Zeugin F. erwarb der Kläger am 15. Juni 2009 - ebenfalls durch ein Festpreisgeschäft - weitere 20 Anteile an dem P. -Fonds zu einem Betrag von 1.019,87 €.
- 3
- Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger von der Beklagten auf das bei dem Fonds bestehende Risiko einer Aussetzung der Anteilsrücknahme hingewiesen worden ist. Im September 2010 setzte der P. -Fonds aufgrund der Schließung einiger Zielfonds, in die er investiert hatte, die Anteilsrücknahme aus. Der Kläger erhielt Ausschüttungen des Fonds in Höhe von insgesamt 10.764,72 €, nämlich 417,86 € am 2. Juni 2009, 274,98 € am 1. Juni 2010, 444,30 € am 17. Juni 2011, 8.392,18 € am 24. Oktober 2011, 894,60 € am 7. Dezember 2011 und jeweils 170,40 € am 8. Februar und 15. Mai 2012.
- 4
- Am 19. Juli 2011 reichte der Kläger bei dem Ombudsmann der privaten Banken eine Beschwerde ein, in der er der Beklagten eine Falschberatung im Zusammenhang mit dem P. -Fonds unter anderem wegen fehlenden Hinweises auf das Schließungsrisiko des Fonds vorwarf. Das Schreiben ging bei dem Ombudsmann am 21. Juli 2011 ein.
- 5
- Mit der bei Gericht am 28. Dezember 2011 eingegangenen und der Beklagten am 13. Januar 2012 zugestellten Klage hat der Kläger von der Beklagten unter Berufung auf die von ihm behauptete unterbliebene Aufklärung über das Schließungsrisiko die Rückzahlung des - unter Abzug der bis einschließlich Oktober 2011 erhaltenen Ausschüttungen - eingesetzten Kapitals in Höhe von 14.547,69 € (rechnerisch richtig: 12.547,69 €) und die Erstattung der entgangenen Ausschüttungen des H. -Fonds für die Jahre 2009 bis 2011 in Höhe von insgesamt 2.630,25 € jeweils nebst Verzugszinsen Zug um Zug gegen Übertragung von 426 P. -Fondsanteilen verlangt. Ferner hat er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten begehrt. Im Laufe des Gerichtsverfahrens hat der Kläger im Hinblick auf die drei Ausschüttungen im Dezember 2011 sowie Februar und Mai 2012 in Höhe von insgesamt 1.235,40 € den Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise für erledigt erklärt. Die Beklagte hat unter anderem die Einrede der Verjährung erhoben und einer teilweisen Erledigung des Rechtsstreits widersprochen.
- 6
- Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 13.942,54 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung von 426 P. -Fondsanteilen stattgegeben und festgestellt, dass sich die Beklagte wegen der Übertragung der Fondsanteile im Annahmeverzug befindet und der Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 340,80 € erledigt ist. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abge- wiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I.
- 7
- Die Klage ist zulässig. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung hat der Kläger die mit der Klage verfolgten Ansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung in den beiden Beratungsgesprächen am 18. Juli 2008 und am 15. Juni 2009 hinreichend individualisiert.
- 8
- 1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Kläger im Falle der Geltendmachung mehrerer selbständiger Ansprüche diese hinreichend individualisieren und durch ihre Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterscheiden und abgrenzen, dass der Schuldner erkennen kann, welcher Anspruch oder welche Ansprüche gegen ihn geltend gemacht werden, damit er beurteilen kann, ob und in welchem Umfang er sich dagegen zur Wehr setzen will. Andernfalls steht der Streitgegenstand nicht fest, so dass die Klage unzulässig und das Urteil nicht der materiellen Rechtskraft fähig ist (vgl. nur BGH, Urteile vom 18. November 1993 - IX ZR 244/92, BGHZ 124, 164, 166 und vom 17. Oktober 2000 - XI ZR 312/99, WM 2000, 2375, 2376 f.).
- 9
- 2. Nach diesen Maßgaben bestehen gegen die Zulässigkeit der Klage keine Bedenken. Der Kläger hat die Rückzahlung der beiden Kaufpreise von 21.057,14 € und 1.019,87 € in voller Höhe begehrt und sich lediglich die Ausschüttungen anrechnen lassen. Dass er diese - auch im Zusammenhang mit der Erledigungserklärung - nicht auf die beiden Einzelforderungen aufgeteilt hat, ist unschädlich. Da die Ausschüttungen pro Fondsanteil gleich hoch sind und deren Höhe für die Beklagte ohne Schwierigkeiten zu ermitteln ist, wenn sie ihr nicht ohnehin bekannt sind, lässt sich die Aufteilung ohne weiteres durch eine einfache Berechnung vornehmen.
II.
- 10
- Die Revision ist nur im Hinblick auf die im Zusammenhang mit dem Beratungsgespräch vom 15. Juni 2009 verfolgten Ansprüche begründet; im Übrigen bleibt sie ohne Erfolg. Sie führt, soweit das Berufungsgericht auf die Berufung der Beklagten und unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage in Höhe von 534,10 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung von 20 P. - Fondsanteilen sowie auf Feststellung, dass sich die Beklagte wegen der Übertragung von 20 P. -Fondsanteilen im Annahmeverzug befinde und der Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 16 € erledigt sei, abgewiesen hat, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 11
- 1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 12
- Der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei gemäß § 37a WpHG in der bis zum 4. August 2009 geltenden Fassung (im Folgenden: § 37a WpHG aF) verjährt. Insoweit sei nicht auf die kenntnisabhängige Regelverjährung der §§ 195, 199 BGB abzustellen, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststehe, dass der Beklagten im Hinblick auf eine etwaige Pflicht zur Aufklärung über das Schließungsrisiko keine vorsätzliche Verletzung vorgeworfen werden könne; insoweit habe sie den ihr gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB obliegenden Gegenbeweis geführt.
- 13
- Ein Anspruch des Klägers wegen fehlerhafter Anlageberatung sei mit Abschluss des schuldrechtlichen Geschäfts und damit mit Erteilung der Order am 18. Juli 2008 entstanden. Insoweit komme es nicht auf den Zeitpunkt des dinglichen Geschäfts oder der Einbuchung der erworbenen Fondsanteile in das Wertpapierdepot an. Hierfür sei ein sachlicher Grund nicht ersichtlich. Vielmehr setze sich der Anleger schon mit dem Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags dem Gegenanspruch der Bank aus, so dass damit der Schaden im Sinne der Differenzhypothese entstanden sei. Nichts anderes folge aus der Behauptung des Klägers, dass seine Order nach der Praxis der Beklagten noch widerruflich gewesen sei. Dabei handele es sich nur um eine Kulanzregelung der Beklagten, die an der - für den Verjährungsbeginn maßgeblichen - Verbindlichkeit des schuldrechtlichen Vertrags nichts ändere.
- 14
- Die Verjährungsfrist habe somit gemäß § 188 Abs. 2 i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 18. Juli 2011 geendet, so dass die Einreichung der Beschwerde beim Ombudsmann am 19. Juli 2011 die Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB nicht mehr habe herbeiführen können.
- 15
- 2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand. Während die Ausführungen des Berufungsgerichts im Hinblick auf das am 18. Juli 2008 getätigte Erwerbsgeschäft nicht zu beanstanden sind, hat die Revision in Bezug auf die weitere Kauforder vom 15. Juni 2009 Erfolg, weil insoweit die Verjährung rechtzeitig durch die Klageerhebung gehemmt worden ist.
- 16
- a) Nach dem unstreitigen Sachverhalt steht fest, dass zwischen den Parteien am 18. Juli 2008 und am 15. Juni 2009 zumindest stillschweigend jeweils ein Beratungsvertrag in Bezug auf den von der Beklagten empfohlenen P. - Fonds zustande gekommen ist. Mangels vom Berufungsgericht dazu getroffener Feststellungen ist für das Revisionsverfahren des Weiteren davon auszugehen , dass die Beklagte ihre Pflicht verletzt hat, den Kläger ungefragt über die Möglichkeit einer zeitweiligen Aussetzung der Anteilsrücknahme durch die Fondsgesellschaft aufzuklären (vgl. dazu Senatsurteile vom 29. April 2014 - XI ZR 130/13, BGHZ 201, 55 Rn. 17 ff. und XI ZR 477/12, juris Rn. 16 ff.).
- 17
- Diese Vertragspflicht hat die Beklagte allerdings im Falle eines etwaigen Verstoßes nur fahrlässig verletzt, so dass das Berufungsgericht zu Recht von der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 37a WpHG aF ausgegangen ist (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 13, 15). Das Berufungsgericht hat eine vorsätzliche Beratungspflichtverletzung der Beklagten, für die nicht die kurze Verjährungsfrist des § 37a WpHG aF, sondern die Regelverjährung der §§ 195, 199 BGB gilt (BGH, Urteile vom 8. März 2005 - XI ZR 170/04, BGHZ 162, 306, 312, vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 20, vom 24. September 2013 - XI ZR 204/12, WM 2013, 2065 Rn. 35 und vom 30. Oktober 2014 - III ZR 493/13, WM 2014, 2310 Rn. 39; Beschluss vom 27. November 2014 - III ZR 294/13, WM 2015, 67 Rn. 8), rechtsfehlerfrei verneint. Dabei ist es zu Recht davon ausgegangen, dass die Darlegungs- und Beweislast für vorsätzliches Handeln nicht der geschädigte Anleger trägt, weil sich dieser insoweit auf § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB berufen kann, so dass die Bank beweisen muss, dass sie die Pflichtverletzung nicht vorsätzlich begangen hat (Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 16 ff.). Nach den - von der Revision nicht angegriffenen und im Übrigen keinen Rechtsfehler aufweisenden - Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte diesen Gegenbeweis erfolgreich geführt.
- 18
- b) Entgegen den Angriffen der Revision hat das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt, dass ein etwaiger, allein auf Fahrlässigkeit gestützter Schadensersatzanspruch des Klägers wegen der am 18. Juli 2008 erfolgten Beratung nach § 37a WpHG aF i.V.m. § 43 WpHG verjährt ist. Danach verjährt der Anspruch des Kunden gegen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Schadensersatz wegen Verletzung der Pflicht zur Information und wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist.
- 19
- aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 8. März 2005 - XI ZR 170/04, BGHZ 162, 306, 309; siehe auch Senatsurteil vom 5. August 2014 - XI ZR 172/13, WM 2014, 1763 Rn. 9) beginnt die - tagegenau zu berechnende - Verjährung nach § 37a WpHG aF im Zeitpunkt des Erwerbs der Wertpapiere durch den Anleger. Mit dem "Erwerb der Wertpapiere" ist - entgegen der Auffassung der Revision - nicht erst das dingliche Ausführungsgeschäft , sondern bereits der schuldrechtliche Vertragsschluss gemeint. Dies legt bereits der Wortlaut des § 37a WpHG aF nahe, der im Zusammenhang mit der für den Verjährungsbeginn maßgeblichen Anspruchsentstehung an die Beratungsleistung und damit an den anschließenden schuldrechtlichen Erwerbsvorgang anknüpft. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung ist der Anleger von diesem Zeitpunkt an nicht lediglich dem - bei spekulativen Wertpapieranlagen erhöhten - Risiko eines Vermögensnachteils ausgesetzt, sondern bereits geschädigt. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Wertpapiere möglicherweise zunächst, solange ein Kursverlust nicht eingetreten ist, ohne Einbuße wieder veräußert bzw. zurückgegeben werden können. Denn bei einer Beratung schuldet das Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine auf die Anlageziele des Kunden abgestimmte Empfehlung von Produkten. Der Erwerb einer diesen Zielen nicht entsprechenden empfohlenen Wertpapierkapitalanlage lässt auch bei objektiver Betrachtung bereits den - schuldrechtlichen - Vertragsschluss den konkreten Vermögensinteressen des Anlegers nicht angemessen und damit als nachteilig erscheinen (Senatsurteil vom 8. März 2005 - XI ZR 170/04, BGHZ 162, 306, 310).
- 20
- Dies entspricht - soweit ersichtlich - der herrschenden Meinung in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur (OLG Celle, Urteil vom 20. November 2013 - 3 U 75/13, juris Rn. 37; OLG Frankfurt am Main, BKR 2014, 515 Rn. 29; BKR 2015, 38 Rn. 24; Urteil vom 15. April 2011 - 19 U 213/10, juris Rn. 19; OLG Köln, WM 2006, 2130, 2131 f.; OLG München, Urteil vom 16. April 2012 - 19 U 2837/11, juris Rn. 15 ff.; OLG Saarbrücken, OLGR 2009, 792; OLG Schleswig, WM 2013, 2258, 2264; LG Düsseldorf, WM 2006, 1386, 1387; LG Münster, Urteil vom 24. Juli 2007 - 14 O 491/05, juris Rn. 26; LG Nürnberg-Fürth, WM 2006, 571, 572; Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 199 Rn. 21; Koller in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 37a Rn. 7, 9; Leisch in Kölner Kommentar zum WpHG, 1. Aufl., § 37a Rn. 66, 69; Schäfer in Festschrift Schimansky, 1999, S. 699, 710 f.; Simon, EWiR 2012, 787, 788; aA OLG Frankfurt am Main, ZIP 2011, 1506 f.; OLG München, ZIP 2012, 2096, 2099 [aus anderen Gründen aufgehoben durch BGH, Urteil vom 21. März 2013 - III ZR 182/12, WM 2013, 836]; LG Wiesbaden, BKR 2013, 128 Rn. 30; zum vergleichbaren Meinungsstand aus der Zeit vor Erlass des Senatsurteils vom 8. März 2005 - XI ZR 170/04 siehe dort BGHZ 162, 306, 309).
- 21
- Anders als die Revision meint, ergibt sich aus dem - zu § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB (vgl. dazu Senatsurteil vom 8. April 2014 - XI ZR 341/12, WM 2014, 1036 Rn. 25) ergangenen - Urteil des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 24. März 2011 (III ZR 81/10, WM 2011, 874) nichts anderes. Soweit es dort (aaO Rn. 9) heißt, der Anspruch entstehe "schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Anlage", könnte dies zwar - auch wenn dies dort nicht entscheidungserheblich gewesen ist - als missverständlich aufgefasst werden. Aus der Inbezugnahme des Senatsurteils vom 8. März 2005 ergibt sich aber, dass der III. Zivilsenat damit nicht von der Rechtsprechung des Senats abweichen wollte. Dies hat der III. Zivilsenat mit Urteil vom 30. Oktober 2014 (III ZR 493/13, WM 2014, 2310 Rn. 30) klargestellt. Entsprechendes gilt in Bezug auf die Urteile des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 15. Februar 2012 (IV ZR 194/09, WM 2012, 806 Rn. 31) und vom 11. Juli 2012 (IV ZR 164/11, BGHZ 194, 39 Rn. 70). Einer - von der Revision für erforderlich gehaltenen - Anfrage nach § 132 Abs. 3 GVG bedarf es deshalb nicht.
- 22
- bb) Entgegen der Auffassung der Revision ist das schuldrechtliche Erwerbsgeschäft bereits am 18. Juli 2008 zustande gekommen. Dies hat das Berufungsgericht bindend (§§ 314, 559 Abs. 2 ZPO) festgestellt. Soweit die Revision unter Bezugnahme auf die schriftsätzlichen Ausführungen der Beklagten geltend macht, die Kauforder sei erst am 21. Juli 2008 weitergeleitet und am 22. Juli 2008 ausgeführt worden, ist dies unerheblich. Diesem Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass die Zeugin F. zum Abschluss des schuldrechtlichen Erwerbsgeschäfts - entgegen § 56 HGB - nicht bevollmächtigt gewesen wäre. Insoweit zeigt die Revision auch nicht auf, dass der Kläger selbst entsprechenden Vortrag gehalten hätte.
- 23
- cc) Anders als die Revision meint, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler die Behauptung des Klägers für unerheblich gehalten, dass er die Kauforder nach der Praxis der Beklagten hätte rückabwickeln können. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts handelte es sich bei dieser Möglichkeit lediglich um eine Kulanzregelung im Einzelfall, auf die der Kläger keinen rechtlichen Anspruch hatte. Diese tatrichterliche Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein Verfahrensfehler wird insoweit von der Revision nicht aufgezeigt. Für den Beginn der Verjährungsfrist nach § 37a WpHG aF ist daher - wie oben dargelegt - allein der Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages maßgeblich.
- 24
- dd) Danach begann vorliegend die Verjährungsfrist gemäß § 187 Abs. 1 BGB am Tag nach dem Beratungsgespräch, also am 19. Juli 2008, und endete gemäß § 188 Abs. 2 BGB am 18. Juli 2011, einem Montag. Da der Kläger seine Beschwerde beim Ombudsmann der privaten Banken erst am 19. Juli 2011 eingereicht hat, konnte er damit eine Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB nicht mehr erreichen.
- 25
- c) Die Revision hat dagegen Erfolg, soweit sie sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts wendet, der von dem Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei auch im Hinblick auf das am 15. Juni 2009 getätigte Wertpapiergeschäft verjährt. Dies ist nicht der Fall.
- 26
- Bei dem Beratungsgespräch am 15. Juni 2009 und dem dabei abgeschlossenen Kaufvertrag über 20 Anteile an dem P. -Fonds handelt es sich - im Verhältnis zu der Beratung vom 18. Juli 2008 - um einen selbständigen Geschehensablauf und damit einen neuen Lebenssachverhalt, der zur Annahme verschiedener Streitgegenstände führt (vgl. dazu Senatsurteil vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294 Rn. 15 ff.). Ein auf eine fehlerhafte Beratung gestützter Schadensersatzanspruch unterliegt daher einer eigenständigen Verjährung (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 199 Rn. 21; Grüneberg, WM 2014, 1109, 1112 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 21. März 2000 - IX ZR 183/98, WM 2000, 1348, 1349 f.). Die auch insoweit noch eingreifende dreijährige Verjährungsfrist des § 37a WpHG aF i.V.m. § 43 WpHG begann danach am 16. Juni 2009 und wäre am 15. Juni 2012 abgelaufen. Durch die Klageerhebung am 13. Januar 2012 hat der Kläger die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB rechtzeitig gehemmt.
- 27
- Aufgrund dessen hat das Berufungsgericht den Zahlungsanspruch des Klägers in Höhe von 534,10 € zu Unrecht als verjährt angesehen. Dieser Betrag ergibt sich aus dem Kaufpreis von 1.019,87 € abzüglich der nach Juni 2009 erhaltenen anteiligen Ausschüttungen für 20 Fondsanteile in Höhe von insgesamt 485,77 €, d.h. 20/426 von 10.346,86 €.
III.
- 28
- Das Berufungsurteil ist demnach - unter Zurückweisung der weitergehenden Revision - wegen des vom Berufungsgericht zu Unrecht als verjährt angesehenen und aberkannten Zahlungsanspruchs in Höhe von 534,10 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung von 20 Anteilen des P. -Fonds aufzuheben ; entsprechendes gilt in Bezug auf die vom Kläger begehrte Feststellung , dass sich die Beklagte wegen der Übertragung von 20 Anteilen des P. - Fonds im Annahmeverzug befinde und dass der Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 16 €, d.h. 20/426 von 340,80 €, erledigt sei (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie insoweit zur weiteren Sachaufklärung über den Grund und im Hinblick auf eventuelle weitere Ausschüttungen über die Höhe des Anspruchs sowie gegebenenfalls zum Beginn des vom Kläger geltend gemachten Zinsanspruchs an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 15.03.2013 - 330 O 570/11 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 14.05.2014 - 13 U 32/13 -
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 17. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.
- 2
- Die Zedentin erwarb nach einem - inhaltlich im Einzelnen streitigen - Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15. Februar 2000 zwischen dem 16. Februar und dem 14. Juni 2000 über die Beklagte für 141.478,21 € Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 € Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1%, in einem Fall von 2,5%. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert , nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.
- 3
- Nach erheblichen Kursverlusten suchte der Geschäftsführer der Zedentin, der sich falsch beraten fühlte, am 8. August 2000 zusammen mit einem Rechtsanwalt die Beklagte auf. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig. Nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 € und der Aktien für 54.908,60 € hat der Kläger am 13. August 2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 € die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt.
- 4
- Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der erkennende Senat mit Urteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226) das Berufungsurteil aufgehoben, weil die Beklagte durch das Verschweigen der Rückvergütungen den zwischen der Zedentin und der Beklagten zustande gekommenen Beratungsvertrag verletzt hat und ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Zedentin aus vorsätzlichem Handeln der Beklagten nicht nach § 37a WpHG verjährt ist.
- 5
- Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren im Umfang der zuletzt gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision ist begründet.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 2008, 351 veröffentlicht ist, hat im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Der für die Beklagte tätig gewesene Mitarbeiter K. habe seine Beratung damals als rechtlich ausreichend erachtet und noch nicht einmal als möglich erkannt, dass er Aufklärungspflichten verletze. Ihm habe daher das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt. Dieser Rechtsirrtum schließe den Vorsatz aus.
- 9
- Der Kläger könne sich auch nicht auf ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten berufen. Seine Behauptung, die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht gekannt, die Rückvergütung aber behalten wollen, ohne sie zu offenbaren, lasse kein vorsätzliches und für den Abschluss der streitgegenständlichen Wertpapiergeschäfte ursächliches Verhalten eines Entscheidungsträgers der Beklagten erkennen. Auch das weitere Vorbringen des Klägers, das zuständige Vorstandsmitglied der Beklagten sei nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, sich bei der Rechtsabteilung über die Behandlung von Rückvergütungen zu vergewissern und dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter der Beklagten die Rückvergütungen dem Kunden offenbarten, lasse die Feststellung vorsätzlichen Verhaltens nicht zu. Dass von einem Verantwortlichen der Beklagten durch eine Einzelfallweisung, eine generelle Anordnung oder eine bankinterne Richtlinie die gebotene Aufklärung im vorliegenden Fall vorsätzlich verhindert worden wäre, sei nicht ersichtlich.
- 10
- Dass es dem Kläger mangels Kenntnis von den Unternehmensinterna der Beklagten naturgemäß Schwierigkeiten bereite, ein etwaiges vorsätzliches Verhalten der Beklagten durch konkreten Tatsachenvortrag zu untermauern, rechtfertige es nicht, den Vorsatz einer Person, deren Verhalten der Beklagten nach § 31 BGB oder § 278 BGB zuzurechnen sei, zu unterstellen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass nach § 280 Abs. 1 BGB (§ 282 BGB aF) grundsätzlich der Schädiger die Beweislast dafür trage, die Pflichtverletzung nicht vertreten zu müssen. Komme - wie vorliegend wegen Verjährung (§ 37a WpHG) der auf Fahr- lässigkeit gestützten Ansprüche - nur eine Haftung wegen vorsätzlichen Verhaltens in Betracht, obliege es dem Geschädigten, das Vorliegen des Vorsatzes darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
II.
- 11
- Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht eine vorsätzliche Verletzung der der Beklagten obliegenden Pflicht, den Kläger über die Rückvergütungen zu unterrichten, zu Unrecht verneint.
- 12
- Ohne 1. Rechtsfehler hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass dem Anlageberater K. das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt habe und er sich daher in einem Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum befunden habe. Die tatrichterliche Würdigung der Aussage des Zeugen K. , die in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt überprüfbar ist, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revision ausdrücklich hingenommen.
- 13
- 2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten verneint.
- 14
- Eine Bank muss ihren Geschäftsbetrieb zum Schutz des Rechtsverkehrs so organisieren, dass bei ihr vorhandenes Wissen den Mitarbeitern , die für die betreffenden Geschäftsvorgänge zuständig sind, zur Verfügung steht und von diesen auch genutzt wird (vgl. BGHZ 135, 202, 205 ff.; MünchKommBGB/Schramm, 5. Aufl., § 166 Rn. 26 m.w.N.). Danach ist hier ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten gegeben, wenn sie ihre Verpflichtung zur Aufklärung der Kunden gekannt oder zumindest für möglich gehalten hat (bedingter Vorsatz) und es gleichwohl bewusst unterlassen hat, ihre Anlageberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären (Nobbe, ZBB 2009, 93, 104; Koller, ZBB 2007, 197, 201).
- 15
- a) Insoweit hat der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht (§§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB) in Bezug auf heimlich hinter dem Rücken des Auftraggebers geflossene Zahlungen (vgl. BGHZ 114, 87, 91; 146, 235, 239 und BGH, Urteil vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, WM 1992, 879, 880 f.) und unter Hinweis auf Ziffer 2.2 Abs. 2 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (BAWe) zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions -, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586), nach der eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird, behauptet, die Beklagte habe ihre Herausgabe- und Aufklärungspflicht zwar gekannt, die Rückvergütungen aber behalten wollen und deswegen nicht offenbart. Soweit das Berufungsgericht diesen Vortrag als unschlüssig angesehen hat, erscheint das im Hinblick auf die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (die Revision hat sich zusätzlich noch auf BGHZ 78, 263, 268 und das Senatsurteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 bezogen) zu Herausgabe- und Aufklärungspflichten eines Beraters zweifelhaft, kann aber letztlich da- hinstehen, da das Berufungsgericht bereits die Darlegungs- und Beweislast für ein vorsätzliches Handeln der Beklagten verkannt hat.
- 16
- b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, die Darlegungs - und Beweislast für vorsätzliches Handeln der Beklagten trage der Kläger.
- 17
- aa) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Schuldner beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Zum Vertretenmüssen gehören gleichermaßen Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass dann, wenn die Haftung des Schuldners auf Vorsatz beschränkt ist, es im Regelfall zunächst Sache des Gläubigers sei, die Umstände darzutun, die für den Vorsatz des Schuldners sprächen (vgl. MünchKommBGB/ Ernst, 5. Aufl., § 280 Rn. 35 m.w.N.). Das ist jedoch mit der gesetzlichen Wertung des § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) nicht vereinbar. Der Gesetzeswortlaut und der Sinn und Zweck der Regelung sprechen gegen eine unterschiedliche Darlegungslast für vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten. Der Bundesgerichtshof hat eine Differenzierung der Darlegungs- und Beweislast nach Verschuldensgrad ausdrücklich abgelehnt und entschieden, dass der Schuldner, der nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit einzustehen hat, zu beweisen hat, dass beide Verschuldensgrade nicht vorliegen (BGHZ 46, 260, 267). Daraus folgt, dass auch eine Differenzierung zwischen Vorsatz und einfacher Fahrlässigkeit im Rahmen des Entlastungsbeweises nicht zulässig ist (vgl. Soergel /Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 282 Rn. 14 m.w.N.; Nobbe, ZBB 2009, 93, 104). Es gibt auch keinen sachlichen Grund, dem Gläubiger ausnahmsweise eine Darlegungslast aufzubürden. Ob vorsätzliches Handeln vorliegt, betrifft eine innere Tatsache des Schuldners, über die er ohne weiteres Auskunft geben kann, während sie dem Gläubiger verschlossen ist. Der Gläubiger kann lediglich Indizien anführen, aus denen sich der Vorsatz ergibt. Auch dies spricht dagegen, den Schuldner entgegen der gesetzlichen Wertung von ihm möglichen und zumutbaren Vortrag zu entlasten.
- 18
- bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts trägt der Kläger auch nicht ausnahmsweise die Darlegungs- und Beweislast für den Vorsatz der Beklagten, weil die ohne Zweifel vorliegende fahrlässige Beratungspflichtverletzung der Beklagten nach § 37a WpHG verjährt ist und damit nur noch eine Vorsatzhaftung im Streit ist. Zu Unrecht hat sich das Berufungsgericht als Beleg für seine Ansicht auf das Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 (XI ZR 155/92, WM 1993, 2251, 2252) berufen. Das Senatsurteil betraf den Aufrechnungsausschluss nach § 393 BGB, bei dem der Vorsatz eine Voraussetzung des Ausschlusses ist, so dass er von demjenigen, der sich darauf beruft, darzulegen und zu beweisen ist. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Es steht fest, dass die Beklagte den Kläger fehlerhaft beraten hat, indem sie die Rückvergütungen verschwiegen hat. Für diese fehlerhafte Aufklärung haftet die Beklagte grundsätzlich bereits bei leichter Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Ihre Haftung ist nicht auf vorsätzliches Handeln beschränkt. Die Besonderheit besteht vorliegend allein darin, dass der Anspruch des Klägers wegen fahrlässig unterlassener Aufklärung, der an sich gegeben ist, wegen der Sonderverjährungsregelung des § 37a WpHG bereits verjährt und damit lediglich nicht mehr durchsetzbar ist. Dadurch wird aber der Anspruch des Klägers nicht ein solcher, der allein durch vorsätzliches Handeln begründet werden kann und bei dem der Vorsatz zum Anspruchsgrund ge- hört (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, Rn. 864).
- 19
- cc) Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil vom 1. Juli 2008 (XI ZR 411/06, WM 2008, 1596, Tz. 23), dessen Aussagen zur Beweislast nicht die allgemeine Vorsatzhaftung nach § 276 BGB betreffen. In jenem Fall ging es um arglistiges Verhalten eines Kapitalanlagevermittlers nach § 123 BGB, für das der Anspruchsteller darlegungsund beweispflichtig ist. Da die Arglist des Vermittlers bei einem verbundenen Geschäft nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 25. April 2006 (BGHZ 167, 239, Tz. 29 f.) zugleich eine Haftung der den Erwerb der Kapitalanlage finanzierenden Bank für ein vorsätzliches Verschulden bei Vertragsverhandlungen (jetzt § 311 Abs. 2 BGB) begründet, trägt die Beweislast für diesen aus der Arglist hergeleiteten Vorsatz ausnahmsweise ebenfalls der Anspruchsteller.
- 20
- c) Das Berufungsgericht hat zudem verkannt, dass es aufgrund der Aussage des Zeugen K. feststeht, dass die Beklagte ihre Anlageberater nicht angehalten hat, die Kunden über die Rückvergütungen aufzuklären. Es geht danach letztlich allein um die Frage, ob bei den Verantwortlichen der Beklagten in Bezug auf die Aufklärungspflicht ein Vorsatz ausschließender Rechtsirrtum bestand. Wer sich aber wie die Beklagte auf einen Rechtsirrtum beruft, muss diesen auch darlegen und beweisen (vgl. BGHZ 69, 128, 143; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 276 Rn. 11).
III.
- 21
- angefochtene Das Urteil ist nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht. Die Beklagte wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit haben, ergänzend dazu vorzutragen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen, dass sie trotz Kenntnis der Auskunfts- und Herausgabepflichten des Geschäftsbesorgers nach §§ 675, 666, 667 BGB bzw. des Kommissionärs nach §§ 383, 384 Abs. 2 HGB und der dazu veröffentlichten Rechtsprechung sowie der darauf Bezug nehmenden BAWe-Richtlinie vom 26. Mai 1997 (aaO) eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht erkannt und auch nicht für möglich gehalten hat und sie es deswegen auch nicht im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit unterlassen hat, ihre Anlageberater zur Aufklärung der Kunden zu verpflichten.
- 22
- Für den Fall, dass das Berufungsgericht nach neuer Verhandlung eine Haftung der Beklagten aus vorsätzlichem Handeln bejahen sollte, weist der Senat darauf hin, dass bei der fehlerhaften Anlageberatung bereits der Erwerb der Kapitalanlage aufgrund einer fehlerhaften Information ursächlich für den späteren Schaden ist, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist. Auf die Gründe, warum die Kapitalanlage später im Wert gefallen ist, kommt es nicht an. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, das heißt, dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGHZ 61, 118, 122; 124, 151, 159 f.; auch BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789, Tz. 6 m.w.N.). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/ Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft Rn. 863). Erwirbt der Anleger neben Produkten, bei denen ihm Rückvergütungen verschwiegen wurden, auch Produkte, bei denen die Bank keine Rückvergütungen erhalten hat, so kann er sich aber nur in Bezug auf die erstgenannten Produkte auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen. Hinsichtlich der Produkte, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden, muss der Anleger darlegen und beweisen, dass er bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt mit der beratenden Bank abgebrochen und auch die Produkte nicht erworben hätte, bei denen keine Rückvergütungen geflossen sind (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, WM 2007, 487, Tz. 27, insoweit in BGHZ 170, 226 nicht abgedruckt).
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.04.2004 - 11 HKO 15075/03 -
OLG München, Entscheidung vom 19.12.2007 - 7 U 3009/04 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds in Anspruch.
- 2
- Der Kläger zeichnete nach vorheriger Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten am 19. September 1988 eine Beteiligung an der F. KG (im Folgenden: Fonds) im Nennwert von 30.000 DM zuzüglich 5% Agio. Den Gesamtbetrag von 31.500 DM finanzierte er in Höhe von 16.500 DM durch einen mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag vom 23. September 1988, während er den Restbetrag aus Eigenmitteln aufbrachte. Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Beteiligung von der Fondsgesellschaft eine Provision von 5% des Beteiligungskapitals , ohne dass dies dem Kläger im Beratungsgespräch offengelegt wurde. In der Folgezeit erhielt der Kläger Ausschüttungen des Fonds in Höhe von insgesamt 3.195,84 €, die er - ebenso wie weitere 9.420,14 € aus Eigenmitteln - zum Kapitaldienst verwendete. Seit dem Jahr 2006 blieben Fondserträge aus.
- 3
- Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten unter Berufung auf die unterbliebene Aufklärung über deren Provisionsinteresse die Rückzahlung des - unter Berücksichtigung der Ausschüttungen - eingesetzten Kapitals in Höhe von 22.329,99 € nebst entgangener Anlagezinsen von 4% p.a. für die Zeit vom 4. November 1988 bis zur Rechtshängigkeit (d.i. 23. August 2012) und gesetzliche Verzugszinsen ab Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung. Ferner begehrt er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Die Beklagte hat unter anderem die Einrede der Verjährung erhoben.
- 4
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungs- gericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision ist nur im Hinblick auf einen Teil des Zinsanspruchs begründet ; im Übrigen bleibt sie ohne Erfolg. Sie führt, soweit das Berufungsgericht auf die Berufung des Klägers auch den geltend gemachten Anspruch wegen entgangener Anlagezinsen in Höhe von 4% p.a. seit dem 4. November 1988 bis zum 31. Dezember 2006 und für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 23. August 2012 aus mehr als 7.669,38 € zugesprochen hat, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Dem Kläger stehe gegen die Beklagte der geltend gemachte Schadensersatzanspruch zu. Zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Aufgrund dessen sei die Beklagte verpflichtet gewesen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass sie von der Fondsgesellschaft eine Provision in Höhe von 5% des Beteiligungskapitals erhalte, weil es sich dabei um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung gehandelt habe. Aufgrund der vom Landgericht im Wege der Beweisaufnahme durchgeführten Vernehmung des Klägers als Partei stehe fest, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung das Anla- gegeschäft nicht abgeschlossen hätte. Eine andere Motivlage habe die Beklagte nicht nachgewiesen, so dass es auf der Grundlage der feststehenden Aufklärungspflichtverletzung bei der Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens des Klägers verbleibe. Die Ursächlichkeit stehe nicht deshalb in Zweifel, weil der Kläger eingeräumt habe, im Falle der erfolgreichen Entwicklung der Vermögensanlage auch bei Kenntnis von der Pflichtverletzung der Beklagten keine Klage erhoben zu haben. Damit sei nur die hypothetische Frage nach dem Motiv für die Klage als solche beantwortet. Im Streitfall gehe es jedoch um die Frage , ob der Kläger in Kenntnis der an die Beklagte fließenden Vertriebsvergütung die Anlageentscheidung in gleicher Weise getroffen hätte. Dafür spiele der spätere Verlauf der Anlage keine Rolle.
- 8
- Die Beklagte treffe auch ein Verschuldensvorwurf, weil sie die Verschuldensvermutung des § 282 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) nicht widerlegt habe. Nach dieser Vorschrift könne sich der Schuldner nur entlasten, wenn er darlege und gegebenenfalls nachweise , dass er mit der späteren rechtlichen Beurteilung durch die Gerichte nicht habe rechnen müssen, wobei an das Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums ein strenger Sorgfaltsmaßstab anzulegen sei. Hierfür reiche die Behauptung der Beklagten, sie hätte selbst bei sorgfältiger Prüfung der Rechtslage nicht von der später vom Bundesgerichtshof statuierten Aufklärungspflicht über Rückvergütungen ausgehen müssen, nicht aus. Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die Aufklärungspflicht von Rückvergütungen aus dem Jahr 2006 sei keine Rechtsprechungsänderung verbunden gewesen. Vielmehr bestünden in langer Rechtstradition eindeutige Hinweise darauf, dass die Rechtsprechung das Verschweigen von Rückvergütungen seit jeher missbilligt habe. Bereits das Reichsgericht habe einen Einkaufskommissionär für verpflichtet gehalten, die von ihm hinter dem Rücken des Auftraggebers empfangene Emissionsbonifikation an diesen herauszugeben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die bis in das Jahr 1980 zurückreiche, sei auch ein Steuerberater verpflichtet, seinem Mandanten im Rahmen einer Anlageempfehlung den Erhalt von Provisionen von dritter Seite offenzulegen. Demgegenüber habe die Beklagte zur Rechtfertigung ihrer Geschäftspraxis keine einzige Gerichtsentscheidung vorlegen können, in der das Verschweigen von Rückvergütungen gebilligt worden sei.
- 9
- Der Kläger könne neben der Rückzahlung des von ihm eingesetzten Kapitals auch den Ausgleich entgangener Zinsgewinne verlangen. Dieser Anspruch beschränke sich allerdings auf das tatsächlich eingezahlte Eigenkapital, mithin auf den Ausgangsbetrag von 15.000 DM, d.h. 7.669,38 €. Diesen Teil des Anlagekapitals habe der Kläger aus seiner damaligen Festgeldzinsanlage genommen, mit der er seinerzeit erheblich höhere Zinsen als 4% p.a. erwirtschaftet habe. Über die Jahre verteilt könne deshalb nach § 252 BGB, § 287 ZPO von einem durchschnittlichen Zinssatz von 4% p.a. ausgegangen werden.
- 10
- Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung sei nicht begründet. Die am 31. Dezember 2011 eintretende Verjährung nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB sei durch den vom Kläger gestellten Güteantrag rechtzeitig gehemmt worden. Die am 3. August 2012 endende Hemmung sei sodann durch die beim Landgericht eingereichte Klage erneut rechtzeitig gehemmt worden. Einen früheren Eintritt der Regelverjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB infolge einer Kenntnis des Klägers von den anspruchsbegründenden Merkmalen vor dem 31. Dezember 2007 habe die Beklagte nicht nachgewiesen. Insoweit habe sie schon nicht behauptet, dass dem Kläger die Rückvergütung des Agios an die Beklagte bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen sei.
II.
- 11
- Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Prüfung - bis auf einen Teil des Zinsanspruchs - stand.
- 12
- 1. Nach den rechtsfehlerfreien und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen dem Kläger und der Beklagten in Bezug auf den von ihr empfohlenen Fonds zumindest stillschweigend ein Anlageberatungsvertrag zu Stande gekommen. Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte auf Grund des Beratungsvertrags verpflichtet war, den Kläger über die von ihr vereinnahmte Provision in Höhe von 5% des Beteiligungskapitals aufzuklären. Bei dieser handelt es sich - was auch von der Revision nicht in Abrede gestellt wird - um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. hierzu nur Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 17 und vom 8. April 2014 - XI ZR 341/12, WM 2014, 1036 Rn. 16, jeweils mwN). Über diese hat die Beklagte den Kläger - was zwischen den Parteien unstreitig ist - weder mündlich noch durch Übergabe von Informationsmaterial aufgeklärt.
- 13
- 2. Entgegen den Angriffen der Revision hat das Berufungsgericht rechtsund verfahrensfehlerfrei das Verschulden der Beklagten bejaht.
- 14
- a) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (vgl. BGH, Urteile vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542 Rn. 18 und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 17). Zum Vertretenmüssen gehören Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), so dass der Aufklärungspflichtige bereits für leichte Fahrlässigkeit einzustehen hat. Soweit sich - wie hier - der Aufklärungspflichtige auf einen Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer konkreten Aufklärungspflicht beruft, ist zu unter- scheiden. Während die vorsätzliche Haftung bereits bei einem bloßen Rechtsirrtum entfällt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 25 mwN), ist die Haftung wegen Fahrlässigkeit nur bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 1992 - VI ZR 257/91, BGHZ 118, 201, 208). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss (vgl. BGH, Urteile vom 11. Januar 1984 - VIII ZR 255/82, BGHZ 89, 296, 303, vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, WM 1994, 1613, 1614 und vom 4. Juli 2001 - VIII ZR 279/00, WM 2001, 2012, 2014). Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen muss, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnehmen wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Dezember 1995 - V ZB 4/94, BGHZ 131, 346, 353 f. mwN, vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 3 und vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 12; Senatsurteil vom 3. Juni 2014 - XI ZR 147/12, juris Rn. 24, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
- 15
- Der Fahrlässigkeitsvorwurf entfällt aber nicht erst dann, wenn eine dem Schuldner ungünstige Entscheidung der Rechtsfrage undenkbar ist; dies würde eine Entschuldigung praktisch immer ausschließen (BGH, Urteile vom 7. März 1972 - VI ZR 169/70, WM 1972, 589 und vom 24. September 2013 - I ZR 187/12, NJW-RR 2014, 733 Rn. 19). Ein unverschuldeter Rechtsirrtum ist vielmehr in Fällen anzunehmen, in denen die Rechtslage besonders zweifelhaft und schwierig ist und sich eine einheitliche Rechtsprechung noch nicht gebildet hat (BGH, Urteile vom 1. Oktober 1970 - VII ZR 171/68, WM 1970, 1513, 1514, vom 27. September 1989 - IVa ZR 156/88, NJW-RR 1990, 160, 161, vom 6. Dezember 2006 - IV ZR 34/05, NJW-RR 2007, 382 Rn. 15, vom 18. Januar 2011 - XI ZR 356/09, WM 2011, 451 Rn. 31 f. und vom 3. Juni 2014 - XI ZR 147/12, juris Rn. 25, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Das kann sogar dann gelten, wenn der Schuldner bereits in zwei Tatsacheninstanzen unterlegen war (BGH, Urteile vom 18. Mai 1955 - I ZR 8/54, BGHZ 17, 266, 295, vom 19. September 1984 - IVa ZR 67/83, VersR 1984, 1137, 1139 und vom 3. Juni 2014 - XI ZR 147/12, juris Rn. 25, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Allerdings muss durch strenge Anforderungen an seine Sorgfalt verhindert werden , dass er das Risiko der zweifelhaften Rechtslage dem anderen Teil zuschiebt. Fahrlässig handelt daher, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, indem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muss (BGH, Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 187/12, NJW-RR 2014, 733 Rn. 19 mwN).
- 16
- b) Nach diesen Maßgaben hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen Fahrlässigkeit rechtsfehlerfrei bejaht. Die Beklagte hat nicht den Nachweis erbracht, dass sie sich über das Bestehen einer Aufklärungspflicht über die ihr zugeflossene Rückvergütung in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum befunden hat.
- 17
- aa) Der Senat hat mit Beschluss vom 29. Juni 2010 (XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 ff.; bestätigt durch Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 25) entschieden und eingehend begründet, dass eine Bank, die einen Kunden im Rahmen der Anlageberatung nicht auf an sie zurückgeflossene Rückvergütungen hinweist, sich jedenfalls für die Zeit nach 1990 nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer entsprechenden Offenbarungspflicht berufen kann.
- 18
- bb) Entgegen der Auffassung der Revision gilt für den hier maßgeblichen Zeitpunkt im September 1988 nichts anderes. Denn auch insoweit gab es für eine Bank bei sorgfältiger Prüfung der Rechtslage genügend Anhaltspunkte dafür, dass das Verschweigen von Rückvergütungen von der Rechtsprechung missbilligt werden würde.
- 19
- (1) Der erkennende Senat hat zwar erst in zwei Entscheidungen aus den Jahren 1989 und 1990 das Verschweigen von Kick-back-Vereinbarungen bei vermittelten Warentermingeschäften beanstandet (Urteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 und vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464). In diesen Urteilen hat er aber eine entsprechende Aufklärungspflicht nicht erstmals entwickelt, sondern lediglich bereits ergangene höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung fortgeführt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1984 - II ZR 308/83, BGHZ 93, 146, 148 f.; OLG München WM 1986, 1141, 1142), die das Verschweigen von Rückvergütungen ohne weitere Erörterung als selbstverständlich missbilligt hat und in der Literatur positive Aufnahme gefunden hat (vgl. Imo, Börsentermin- und Börsenoptionsgeschäfte, Band I, 1988, Rn. 1321 f.; Wach, Der Terminhandel in Recht und Praxis, 1986, Rn. 519; vgl. bereits zuvor Koch, JZ 1980, 704, 708). Dementsprechend hat der Senat in den beiden Entscheidungen aus den Jahren 1989 und 1990, die Sachverhalte aus den Jahren 1983 bis 1985 betrafen, folgerichtig keinen Anlass gesehen , die Frage des Verschuldens einer näheren Betrachtung zu unterziehen.
- 20
- (2) Anders als die Revision meint, lässt sich ein unvermeidbarer Rechtsirrtum der Beklagten nicht damit begründen, dass eine verbreitete Auffassung im Schrifttum in den 1970er und 1980er Jahren eine Aufklärungspflicht über jedwede Art von Bonifikationen oder Provisionen abgelehnt (vgl. Canaris in Staub, Großkommentar HGB, 3. Aufl., Bd. III/3, Bankvertragsrecht, 2. Bearb. 1981, Rn. 1891; Schlegelberger/Hefermehl, HGB, 5. Aufl. 1977, § 384 Anm. 15 und 36; Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975, S. 440 ff., 447 mwN) oder nur für den Fall, dass die Höhe der Provision ein Indiz für eine fehlende Solidität der empfohlenen Kapitalanlage darstellt, bejaht hat (vgl. Canaris, aaO; Schlegelberger/Hefermehl, aaO, § 384 Anm. 36; Hopt, aaO, S. 447 mwN). Diese Auffassung stand ersichtlich nicht in Einklang mit der vorstehend erwähnten Rechtsprechung zur Missbilligung von Kick-back-Vereinbarungen. Zudem war sie auch nicht widerspruchsfrei, weil sie nämlich an anderer Stelle eine Aufklärungspflicht der Bank über Interessenkonflikte im Grundsatz bejaht hat (vgl. Canaris, aaO, Rn. 1888 f.; Schlegelberger/Hefermehl, aaO, § 384 Anm. 14; Hopt, aaO, S. 446 f.), obwohl das Vorliegen eines solchen Interessenkonflikts bei der Vereinnahmung von Rückvergütungen auf der Hand liegt; teilweise hat sie sogar auf eine abweichende Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahr 1904 (JW 1905, 118) hingewiesen (z.B. Schlegelberger/ Hefermehl, aaO, § 384 Anm. 36; ohne inhaltliche Auseinandersetzung auch bei Baumbach/Duden, HGB, 23. Aufl. 1978, § 387 Anm. 4). Darüber hinaus hat sie in der Rechtsprechung keinen Widerhall gefunden und ist in der Literatur Ende der 1970er-Jahre in Frage gestellt worden (vgl. Koller in Staub, Großkommentar HGB, 3. Aufl. 1980, § 384 Anm. 21; ders., BB 1978, 1733, 1738 f.). Demgegenüber kann die Revision auf keine Rechtsprechung verweisen, die das Verheimlichen von Rückvergütungen durch eine Bank erlaubt hätte. Dies gilt auch in Bezug auf das von ihr genannte Urteil des IVa Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 2. Februar 1983 (IVa ZR 118/81, WM 1983, 263), in dem die mögliche Zahlung eines Agios bei der Vermittlung einer Kommanditbeteiligung lediglich bei der - vom IVa Zivilsenat verneinten - Frage erörtert worden ist, ob eine Entgeltvereinbarung notwendige Voraussetzung für das Zustandekommen eines Auskunftsvertrags ist; den Urteilsgründen lässt sich indes nicht entnehmen, ob es sich bei dem Agio überhaupt um eine Rückvergütung im Sinne der Senats- rechtsprechung gehandelt hat oder dieses sogar unmittelbar vom Kapitalanleger an den Vermittler als Provision gezahlt worden ist.
- 21
- (3) Die Beklagte durfte daher zum hier maßgeblichen Zeitpunkt nicht darauf vertrauen, dass ein Verschweigen von Rückvergütungen von der Rechtsprechung nicht als pflichtwidrig angesehen werden würde. Es fehlt bereits an einer im Schrifttum einhelligen, d.h. nicht bestrittenen Auffassung, die - wegen oder trotz des Fehlens damit übereinstimmender gerichtlicher Entscheidungen - einen unvermeidbaren Rechtsirrtum einer Bank über das Bestehen einer Aufklärungspflicht von Rückvergütungen hätte begründen können. Ganz im Gegenteil musste eine Bank die Entscheidungen des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1984 und des OLG München aus dem Jahr 1986 zum Anlass nehmen, ihre Geschäftspraxis zum Verschweigen von Rückvergütungen einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen. Diese Prüfung hätte - wie ausgeführt - offenbart, dass in der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Aufklärungspflicht von Rückvergütungen bereits angelegt und deren Ausspruch zu erkennen war.
- 22
- Nichts anderes ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 3. Juni 2014 (XI ZR 147/12, juris, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) zum Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums im Falle einer - dort unterstellten - Aufklärungspflicht über versteckte Innenprovisionen. Diese ist - wie der Senat dort (Rn. 27 ff.) im Einzelnen ausgeführt hat - mit der Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht vergleichbar.
- 23
- (4) Aufgrund dessen kann es offenbleiben, ob - was das Berufungsgericht im Anschluss an eine Auffassung in der Literatur (Knops/Brocker, WM 2010, 1101, 1103 f.) gemeint hat - für die Beklagte bei der Empfehlung von Kapitalanlagen das Bestehen einer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bereits aufgrund des Urteils des Reichsgerichts vom 10. Dezember 1904 (JW 1905, 118; bestätigt durch RG, Bank-Archiv 15, 101, 102) zur Aufklärungspflicht eines Bankiers über den Erhalt von Emissionsbonifikationen oder aber jedenfalls aufgrund zweier Urteile des Bundesgerichtshofs aus den Jahren 1980 und 1985 zur Offenbarungspflicht des steuerlichen Beraters über das Provisionsversprechen eines Anbieters von Vermögensanlagen (BGH, Urteile vom 23. Oktober 1980 - IVa ZR 28/80, BGHZ 78, 263, 268 und vom 19. Juni 1985 - IVa ZR 196/83, BGHZ 95, 81, 86; zustimmend Löwe, EWiR 1985, 541, 542) erkennbar war. Im Hinblick auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt ergibt sich die Missbilligung des Verschweigens von Rückvergütungen durch die Rechtsprechung bereits aus den oben genannten weiteren Entscheidungen, die Kickback -Vereinbarungen zum Gegenstand hatten.
- 24
- 3. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung auch stand, soweit das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Fondsbeteiligung durch den Kläger bejaht hat.
- 25
- a) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, der Kläger hätte die Beteiligung auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütung erworben.
- 26
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Hierbei handelt es sich nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines An- scheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 27 ff. mwN; BVerfG, ZIP 2012, 164 Rn. 20). Von dieser Beweislastumkehr ist nicht nur dann auszugehen, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats ist das Abstellen auf das Fehlen eines solchen Entscheidungskonflikts mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht vereinbar. Die Beweislastumkehr greift vielmehr bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 30 ff.).
- 27
- b) Von diesen Maßgaben ist das Berufungsgericht ausgegangen und hat aufgrund der vom Landgericht durchgeführten Vernehmung des Klägers als Partei festgestellt, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung das Anlagegeschäft nicht abgeschlossen hätte.
- 28
- Diese tatrichterliche Würdigung begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Sie kann vom Revisionsgericht lediglich daraufhin überprüft werden, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 316 f. und vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 46, jeweils mwN). Einen solchen Fehler zeigt die Revision nicht auf.
- 29
- Ohne Erfolg wendet die Revision ein, der Kläger habe bei seiner Vernehmung eingeräumt, dass er gegen die Beklagte keine Klage erhoben hätte, wenn der Fonds keinen Verlust erzielt hätte. Das Berufungsgericht hat diese Bekundung gewürdigt, ohne dadurch die Ursächlichkeit der Aufklärungspflichtverletzung in Zweifel zu ziehen. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Soweit sich die Revision in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen in dem Senatsurteil vom 8. Mai 2012 (XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 50) beruft, wonach sich ein Indiz für die fehlende Kausalität zwischen Aufklärungspflichtverletzung und Anlageentscheidung daraus ergeben kann, dass der Anleger an vergleichbaren - möglicherweise gewinnbringenden - Kapitalanlagen festhält, übersieht sie, dass dies die Kenntnis des Anlegers von Rückvergütungen bei diesen Anlagen voraussetzt (Senatsurteil aaO). Daran fehlt es hier. Vielmehr hat das Berufungsgericht die Äußerung des Klägers in vertretbarer Weise nur als Motiv für die Klage als solche angesehen, die als solche keinen Rückschluss auf das Motiv für die Anlageentscheidung zulässt.
- 30
- Gegen die Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts spricht auch nicht der Umstand, dass der Kläger das Anlagekapital hälftig durch Bankdarlehen finanziert hat. Dies steht für sich gesehen - ebenso wie der Wunsch nach einer steueroptimierten Anlage (vgl. hierzu Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 53 und vom 26. Februar 2013 - XI ZR 445/10, BKR 2013, 506 Rn. 23) - der Kausalitätsvermutung nicht entgegen. Denn die Teilfinanzierung einer Kapitalanlage kann auf steuerlichen Gründen beruhen. Etwas anderes gilt dann, wenn die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen ist; dies kann den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren (Senatsurteile aaO). Hierzu verhält sich die Revision indes nicht. Dass allein die Teilfinanzierung als solche wegen der damit verbundenen Finanzierungskosten dafür sprechen soll, dass ein Anleger auch bei Kenntnis der Rückvergütungen die Anlage gezeichnet hätte, ist im Hinblick auf den Schutzzweck der entsprechenden Offenbarungspflicht nicht zwingend und wird auch von der Revision nicht näher begründet.
- 31
- 4. Die Revision hat dagegen teilweise Erfolg, soweit sie sich gegen den vom Berufungsgericht zuerkannten Schadensersatzanspruch wegen entgangener Anlagezinsen wendet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf entgangenen Zinsgewinn in Höhe von 4% p.a. lediglich aus 7.669,38 € und zudem nur für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 23. August 2012 zu.
- 32
- a) Entgegen der Revision hat das Berufungsgericht allerdings den entgangenen Zinsgewinn rechtsfehlerfrei nach § 287 ZPO auf 4% p.a. geschätzt.
- 33
- aa) Der Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Beratungsvertrags umfasst nach § 252 Satz 1 BGB auch den entgangenen Gewinn. Der Anleger kann sich hierbei gemäß § 252 Satz 2 BGB auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen, dass Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt liegen bleibt, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt wird (Senatsurteile vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, WM 2012, 1188 Rn. 11, vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 64 und vom 26. Februar 2013 - XI ZR 345/10, BKR 2013, 283 Rn. 48). Zur Feststellung der Höhe des allgemein üblichen Zinssatzes kann der Tatrichter von der Möglichkeit einer Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO Gebrauch machen (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 64 mwN). Das rechtfertigt zwar nicht die Annahme eines (zu schätzenden) Mindestschadens unabhängig vom konkreten Parteivortrag (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 64 mwN). Der Anleger muss jedoch nur darlegen, welcher Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit einem anderen Anlagegeschäft erzielt worden wäre. An diese Darlegung sind keine strengen Anforderungen zu stellen, vielmehr genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, aaO).
- 34
- Die Schadensschätzung, die der Tatrichter - anhand des gesamten Streitstoffs - nach freiem Ermessen vorzunehmen hat, unterliegt nur einer beschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht dahingehend, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Acht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 65 mwN und vom 26. Februar 2013 - XI ZR 345/10,BKR 2013, 283 Rn. 48).
- 35
- bb) Solche Rechtsfehler hat die Revision nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht aufgrund des Vorbringens des Klägers und dessen vom Landgericht durchgeführten Vernehmung als Partei sein übriges Anlageverhalten und seine Anlageziele bei der Schätzung der erzielbaren Rendite berücksichtigt hat. Aufgrund dessen begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht - was die Revision beanstandet - keine Feststellungen zur (Kurs-)Entwicklung der vom Kläger gezeichneten kapitalgesicherten südafrikanischen Anleihen getroffen hat. Denn das Berufungsgericht hat seine Schadensschätzung nicht allein auf diese Kapitalanlage des Klägers gestützt, sondern auf den von ihm mit seinem gesamten Wertpapierdepot erzielten durchschnittlichen Zinssatz.
- 36
- b) Rechtsfehlerhaft ist es dagegen, dass das Berufungsgericht im Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils den Schadensersatzanspruch wegen entgangener Anlagezinsen auf die gesamte Schadenssumme bezogen hat.
- 37
- c) Schließlich kann der Kläger Zahlung des entgangenen Zinsgewinns auf den zu ersetzenden Anlageschaden nur für die Zeit ab dem 1. Januar 2007 verlangen. Für die davor liegenden Jahre ist dagegen Verjährung eingetreten.
- 38
- aa) Das Berufungsgericht hat zwar - von der Revision nicht angegriffen - ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Anspruch des Klägers wegen Aufklärungspflichtverletzung dem Grunde nach nicht verjährt ist, weil eine Kenntnis des Klägers von den anspruchsbegründenden Tatsachen vor dem 31. Dezember 2007 nicht nachgewiesen und die am 31. Dezember 2011 eintretende Verjährung durch den von ihm Ende 2011 gestellten Güteantrag rechtzeitig gehemmt worden ist.
- 39
- bb) Von dem Stammanspruch zu unterscheiden sind aber die Ansprüche auf Rückstände von regelmäßig wiederkehrenden Leistungen. Für solche Einzelansprüche gilt, was das Berufungsgericht verkannt hat, für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2001 die vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 197 BGB aF. Dem bis dahin geltenden Gesetz ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass in dem Fall, in dem wiederkehrende Leistungen als Schadensersatz wegen einer vertraglichen Pflichtverletzung oder wegen einer unerlaubten Handlung zu erbringen sind, für den Beginn und die Dauer der Verjährung die für die Verjährung des Stammanspruchs geltende Vorschrift des § 195 BGB aF anzuwenden sei, wonach der Anspruch in 30 Jahren ab der Entstehung des Anspruchs ver- jährt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2012 - VI ZR 96/11, VersR 2012, 372 Rn. 14). Vielmehr gilt für die aus dem Stammrecht fließenden weiteren Ansprüche , bei denen es sich um Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen handelt, unmittelbar die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB aF (vgl. BGH, Urteile vom 30. Mai 2000 - VI ZR 300/99, NJW-RR 2000, 1412, 1413 und vom 10. Januar 2012 - VI ZR 96/11, VersR 2012, 372 Rn. 15 mwN), und zwar auch dann, wenn sie auf den Gesichtspunkt des Schadensersatzes gestützt werden (BGH, Urteil vom 10. November 2009 - XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 Rn. 45), sei es aus unerlaubter Handlung (BGH, Urteile vom 30. Mai 2000 - VI ZR 300/99, NJW-RR 2000, 1412, 1413 [Rente nach § 843 BGB] und vom 10. Januar 2012 - VI ZR 96/11, VersR 2012, 372 Rn. 15 [Waisenrente und der Mehraufwand für die regelmäßige Pflege]), sei es aus Verschulden bei Vertragsschluss (BGH, Urteil vom 10. Juli 1986 - III ZR 133/85, BGHZ 98, 174, 186 ff.), sei es aus § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 2 BGB aF (Senatsurteil vom 5. Oktober 1993 - XI ZR 180/92, WM 1993, 2041, 2043; Senatsbeschluss vom 2. März 1993 - XI ZR 133/92, WM 1993, 752 mwN).
- 40
- Ein Schadensersatzanspruch auf Zahlung entgangenen Zinsgewinns aus einem bestimmten Geldbetrag ist zwar kein Anspruch auf Rückstände von Zinsen im Sinne des § 197 BGB aF. Er fällt aber - ähnlich wie ein Anspruch auf Verzugszinsen und der über die gesetzlichen Verzugszinsen hinausgehende Zinsanspruch (vgl. dazu Senatsurteil vom 5. Oktober 1993 - XI ZR 180/92, WM 1993, 2041, 2043 und Senatsbeschluss vom 2. März 1993 - XI ZR 133/92, WM 1993, 752) oder wie in regelmäßigen Abständen entstandene Bereicherungsansprüche auf Rückzahlung überzahlter Zinsen (vgl. dazu BGH, Urteile vom 10. Juli 1986 - III ZR 133/85, BGHZ 98, 174, 181, vom 23. Oktober 1990 - XI ZR 313/89, BGHZ 112, 352, 354 und vom 12. Oktober 1993 - XI ZR 11/93, WM 1993, 2003, 2004) oder auf Herausgabe von Zinsnutzungen aus einem Geldbetrag (vgl. dazu Senatsurteil vom 15. Februar 2000 - XI ZR 76/99, WM 2000, 811, 812) - deshalb in den Anwendungsbereich des § 197 BGB aF, weil er auf "regelmäßig wiederkehrende Leistungen" im Sinne dieser Vorschrift gerichtet ist. Gemeint sind damit unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 197 BGB aF, der eine Ansammlung rückständiger wiederkehrender Leistungen und ein übermäßiges, möglicherweise existenzbedrohendes Anwachsen von Schulden verhindern will, alle Verbindlichkeiten, die nur in den fortlaufenden Leistungen bestehen und darin ihre charakteristische Erscheinung haben (BGH, Urteile vom 23. September 1958 - I ZR 106/57, BGHZ 28, 144, 148 bzgl. vertragliche Gewinnanteilsansprüche, vom 8. Dezember 1992 - X ZR 123/90, NJW-RR 1993, 1059, 1060 bzgl. Lizenzansprüche, vom 15. Februar 2000 - XI ZR 76/99, WM 2000, 811, 812 und vom 10. Januar 2012 - VI ZR 96/11, VersR 2012, 372 Rn. 16 mwN). Um eine solche Verbindlichkeit handelt es sich bei der aus einer Aufklärungspflichtverletzung herrührenden Verpflichtung des Schädigers, die dem Geschädigten entgangenen Zinsgewinne fortlaufend an diesen zu zahlen.
- 41
- cc) Das bedeutet hier, dass hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs auf die entgangenen Zinsgewinne für die Jahre 1988 bis 2006 Verjährung mit Ablauf der Jahre 1992 bis 2010 eingetreten ist.
- 42
- (1) Für die entgangenen Zinsgewinne bis einschließlich zum Jahr1997 folgt dies unmittelbar aus §§ 197, 201 BGB aF (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Gemäß § 201 BGB aF beginnt die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB aF mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch hätte geltend gemacht werden können. Damit ist der Anspruch auf entgangene Anlagezinsen für das Jahr 1997 mit Ablauf des 31. Dezember 2001 verjährt; für die Vorjahre war dies bereits jeweils ein Jahr früher der Fall.
- 43
- (2) Der Schadensersatzanspruch wegen entgangener Anlagezinsen für die Jahre 1998 bis 2006 unterfällt zwar nach Inkrafttreten des neuen Verjäh- rungsrechts am 1. Januar 2002 der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB nF (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Da diese Verjährungsfrist kürzer ist als die bis zum 1. Januar 2002 geltende vierjährige Verjährung des § 197 BGB aF, ist sie gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 BGB vom 1. Januar 2002 an zu berechnen, soweit nicht der Verjährungsbeginn gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hinausgeschoben ist (vgl. Senatsurteil vom 23. Januar 2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 18 ff.; siehe auch BGH, Urteile vom 26. Oktober 2005 - VIII ZR 359/04, WM 2006, 345, 346 f. und vom 6. Dezember 2007 - III ZR 146/07, WM 2008, 490 Rn. 12). Angesichts seiner nicht vor Beginn des Jahres 2008 eingetretenen Kenntnis wäre der Anspruch des Klägers demgemäß nach neuem Recht nicht verjährt. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 2 EGBGB bleibt es jedoch bei dem Ablauf der Verjährung nach früherem Recht, wenn die nach altem Recht längere Frist früher abläuft als die kürzere Frist nach neuem Recht. Dies ist hier der Fall. Gemäß §§ 197, 201 BGB aF ist der Schadensersatzanspruch wegen entgangener Zinsgewinne für die Jahre 1998 bis 2006 jeweils vier Jahre später zum Jahresende verjährt, zuletzt daher mit Ablauf des 31. Dezember 2010.
- 44
- (3) Dagegen ist der Anspruch auf entgangenen Zinsgewinn für die anschließende Zeit ab dem 1. Januar 2007 noch nicht verjährt, weil der Kläger durch die Einreichung eines Güteantrags Ende 2011 die Verjährung rechtzeitig gehemmt hat und somit auch nach der früheren Rechtslage keine Verjährung eingetreten ist. Der Kläger kann deshalb von der Beklagten nur die Zahlung von entgangenen Zinsen ab diesem Zeitpunkt verlangen.
III.
- 45
- Das Berufungsurteil ist demnach - unter Zurückweisung der weitergehenden Revision - wegen der vom Berufungsgericht zuerkannten entgangenen Zinsgewinne aufzuheben, soweit diese für den Zeitraum vom 4. November 1988 bis zum 31. Dezember 2006 und im Übrigen aus mehr als 7.669,38 € zugesprochen worden sind (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Im Umfang der Aufhebung ist die Berufung des Klägers gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen und das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen.
Menges Derstadt
Vorinstanzen:
LG Heidelberg, Entscheidung vom 12.02.2013 - 2 O 244/12 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 12.11.2013 - 17 U 34/13 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
- 2
- 1. Entgegen der Annahme der Nichtzulassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Verschuldensfrage eine Zulassung der Revision nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Berufungsgericht hat unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlerfrei angenommen, dass die beklagte Sparkasse den Kläger anlässlich der Beratungsgespräche im Dezember 1997 und 1998 über eine Zeichnung des Renditefonds schuldhaft nicht über ihr zufließende Rückvergütungen aufgeklärt hat.
- 3
- a) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (vgl. BGH, Urteile vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542, Tz. 18 und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 17). Zum Vertretenmüssen gehören Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), so dass die Beklagte bereits für leichte Fahrlässigkeit einzustehen hat. Soweit sich - wie hier - der Aufklärungspflichtige auf einen Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer konkreten Aufklärungspflicht beruft, ist zu unterscheiden. Während die vorsätzliche Haftung bereits bei einem bloßen Rechtsirrtum entfällt (vgl. BGHZ 170, 226, Tz. 25 m.w.N.), ist die Haftung wegen Fahrlässigkeit nur bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen (vgl. BGHZ 118, 201, 208). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss (vgl. BGHZ 89, 296, 303; Urteile vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, WM 1994, 1613, 1614 und vom 4. Juli 2001 - VIII ZR 279/00, WM 2001, 2012, 2014). Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt (vgl. BGHZ 131, 346, 353 f. m.w.N.).
- 4
- b) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen Fahrlässigkeit rechtsfehlerfrei bejaht.
- 5
- aa) Zwar lagen im Zeitpunkt des ersten Beratungsgesprächs im Dezember 1997 die Entscheidungen des Senats zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) und vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07, WM 2009, 405 f.) noch nicht vor. Der Senat hat aber bereits in den Jahren 1989 und 1990 in zwei Entscheidungen (Urteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 und vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464) bei vermittelten Warentermingeschäften heimliche Kick-back-Vereinbarungen zwischen Anlagenvermittler und Broker missbilligt, den Vermittler zur Herausgabe der Rückvergütungen nach §§ 675, 667 BGB für verpflichtet gehalten und dem Berufungsgericht aufgegeben , Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zu prüfen. In der Literatur sind diese Entscheidungen zu Recht dahin verstanden worden, dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt, sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers zuungunsten des Anlegers beeinflussen (vgl. Nassall, WuB IV A § 826 BGB 8.89 unter 3.; Wach, EWiR 1989, 765, 766). Aufgrund dessen war für eine Bank bereits ab diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auch im Verhältnis zu ihren Kunden bei der - allein in deren Interesse erfolgenden - Beratung über eine Kapitalanlage eine Aufklärungspflicht über solche Umstände besteht, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden.
- 6
- Eine Aufklärungspflicht des Anlageberaters über Rückvergütungen - als Konkretisierung der allgemeinen Aufklärungspflicht über Interessenkollisionen - wurde auch im einschlägigen Schrifttum angenommen (vgl. Roth in Assmann/ Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 1990, § 12 Rn. 49 f.; Schäfer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung und Vermögensverwaltung, 1. Aufl. 1993, S. 23 f.; zu § 384 HGB bereits Koller, BB 1978, 1733, 1738 f.; ebenso in der Folgezeit: Koller in Assmann/Schneider, WpHG, 1. Aufl. 1995 und 2. Aufl. 1999, jeweils § 31 Rn. 74; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2000, Rn. 8.194 f. und 16.440; Schäfer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung und Vermögensverwaltung, 2. Aufl. 1995, S. 28; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, 1. Aufl. 1997, § 11 Rn. 84 ff.; Schäfer in Schäfer/Müller, Haftung für fehlerhafte Wertpapierdienstleistungen, 1999, S. 62; Schäfer, Wertpapierhandelsgesetz , Börsengesetz, Verkaufsprospektgesetz, 1999, § 31 WpHG Rn. 82; offengelassen von Hopt in Aufklärungs- und Beratungspflichten der Kreditinstitute - der moderne Schuldturm?, Bankrechtstag 1992, S. 1, 19; allgemein auf die Vermeidung von Interessenkonflikten bzw. deren Offenbarung hinweisend: Claussen, Bank- und Börsenrecht, 1. Aufl. 1996 und 2. Aufl. 2000, jeweils § 6 Rn. 39 ff.). Lediglich in der älteren Literatur wurde eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bzw. Bonifikationen im Grundsatz verneint (vgl. Canaris in Staub, Großkommentar HGB, 3. Aufl., Bd. III/3, Bankvertragsrecht, 2. Bearb. 1981, Rn. 1891; Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975, S. 441 ff., 447 m.w.N.) und nur ausnahmsweise für den Fall bejaht, dass die Höhe der Rückvergütung ein Indiz für eine fehlende Solidität der empfohlenen Kapitalanlage darstelle (vgl. Canaris, aaO). Die Problematik der Interessenkollision wurde dagegen zu Unrecht ausgeblendet, weshalb diese Literaturmeinung jedenfalls nach 1989 nicht mehr maßgeblich sein konnte.
- 7
- bb) An seiner Rechtsprechung aus den Jahren 1989 und 1990 über die Aufklärungspflicht bei Rückvergütungen hat der Senat seitdem konsequent festgehalten. Mit Senatsurteil vom 19. Dezember 2000 (BGHZ 146, 235 ff.) wurde entschieden, dass eine Bank, die mit dem Vermögensverwalter eines Kunden eine Vereinbarung über die Beteiligung des Verwalters an ihren Provisionen und Depotgebühren geschlossen hat, verpflichtet ist, dies gegenüber dem Kunden offen zu legen. Zur Begründung hat der Senat entscheidend darauf abgestellt, dass dadurch für den Vermögensverwalter ein Anreiz geschaffen wurde, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der für seine Kunden über die Bank abzuwickelnden Geschäfte nicht allein das Interesse der Kunden, sondern auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen; über diese von ihr geschaffene Gefährdung der Kundeninteressen hat die Bank den Kunden, den ihr der Vermögensverwalter zuführt, noch vor Vertragsabschluß aufzuklären (BGHZ 146, 235, 239). Diese Ausführungen galten nicht nur für die besondere Konstellation der Vermögensverwaltung, sondern bezogen sich erkennbar allgemein auf die Aufklärungspflicht der Bank bei einer von ihr geschaffenen Gefährdung der Kundeninteressen. Darauf wurde auch in mehreren - teils zustimmenden, teils kritischen - Besprechungen der Entscheidung ausdrücklich hingewiesen (vgl. Balzer, ZIP 2001, 232, 233; Meder, WuB I G 9.-1.01 unter 3.; Tilp, EWiR 2001, 255, 256) und hervorgehoben, dass der Senat seine Rechtsprechung zu Aufklärungspflichten bei der Schaffung von Gefährdungstatbeständen durch eine Bank, speziell zu Rückvergütungen und Kick-back-Vereinbarungen bei Termingeschäften, fortführe (vgl. Tilp, aaO: "Offenbar lässt der XI. Zivilsenat bei kickback … nicht mit sich spaßen.").
- 8
- Vor diesem Hintergrund ist auch die Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions-, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586) zu sehen, in deren Ziff. 2.2 Abs. 2 eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird (Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 15), die ihre Grundlage unter anderem in den Senatsurteilen aus den Jahren 1989 und 1990 findet.
- 9
- cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Senatsurteilen vom 2. Dezember 2003 (XI ZR 53/02, WM 2004, 417, 419) und 20. Januar 2004 (XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 523 f.). Dort wurde entschieden, dass die Bank ihren Kunden nicht darüber aufklären muss, wenn sie ohne dessen Wissen an einen Finanzierungsvermittler, der den Kontakt zwischen Kunde und Bank hergestellt hat, eine Vermittlungsprovision zahlt. Eine mit der Zahlung von Rückvergütungen vergleichbare Gefährdung der Interessen des Bankkunden ist hiermit offensichtlich nicht verbunden.
- 10
- dd) Die Beklagte musste daher bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt damit rechnen, dass eine generelle Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bestand. Ihr Rechtsirrtum war damit nicht entschuldbar (ebenso OLG Celle, WM 2009, 1794, 1796; OLG Frankfurt am Main, NZG 2010, 510; OLG Karlsruhe, NZG 2009, 1155, 1157; OLG München, WM 2010, 836, 837 f.; OLG Naumburg, BKR 2010, 215, 217 f.; OLG Stuttgart, WM 2009, 2312, 2316 ff. und WM 2010, 844, 846; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 276 Rn. 22; Nobbe, WuB I G 1.-5.10 m.w.N.; Theewen, EWiR 2009, 701, 702; a.A. OLG Dresden, WM 2009, 1689, 1691 f., aufgehoben durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 16. März 2010 - XI ZR 258/09; OLG Oldenburg, BB 2009, 2390, 2391 f., aufgehoben durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 23. Februar 2010 - XI ZR 286/09; Edelmann, BB 2010, 1163, 1170; Grys/Geist, BKR 2009, 127, 128 f.; Harnos, BKR 2009, 316, 319 f.; Herresthal, ZBB 2009, 348, 354 ff., die allerdings alle fälschlich auf die Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht über Innenprovisionen abstellen; Casper, ZIP 2009, 2409, 2413; Veil, WM 2009, 2193, 2195 ff.; Mülbert/Wilhelm, WM 2009, 2241, 2249; Mülbert, WuB I G 1.-10.09 unter 2.; die von Casper, ZIP 2009, 2409, 2414 Fn. 50 zur Stütze seiner Ansicht zitierten Aufsätze von Wagner, WM 1998, 694, 697 f. und Loritz, WM 2000, 1831, 1835 sind nicht einschlägig, weil sie nur die Aufklärungspflicht über Innenprovisionen behandeln).
- 11
- c) Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde und Stimmen im Schrifttum (Herdegen, WM 2009, 2202 ff.; Pieroth/Hartmann, ZIP 2010, 753 ff.) meinen , führt die Annahme eines Verschuldens auch nicht zu einer rückwirkenden Anwendung einer neuen Rechtsprechung, die unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bedenklich sein könnte. Eine rückwirkende Rechtsprechungsänderung liegt nicht vor. Wie oben unter 1 b dargelegt worden ist, stellt das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen (BGHZ 170, 226 ff.) keine grundlegende Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung oder gar eine richterliche Rechtsfortbildung dar, sondern beinhaltet lediglich eine bloße Fortführung und weitere Ausformung der Senatsrechtsprechung zur Offenlegung von Interessenkollisionen der Bank gegenüber ihren Kunden im Allgemeinen und von Rückvergütungen im Besonderen, die für die beteiligten Verkehrskreise bei der gebotenen Sorgfalt bereits ab den Jahren 1989/90 absehbar war.
- 12
- 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann sich im Hinblick auf die Verschuldensfrage auch nicht auf einen anderen Zulassungsgrund berufen. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) ist nicht hinreichend dargelegt; insbesondere fehlen jegliche spezifische Ausführungen dazu, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die hier entscheidungserhebliche Frage zum Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums über das Bestehen einer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen zu den hier maßgeblichen Zeitpunkten umstritten ist (vgl. BGHZ 159, 135, 138; BVerfG NJW-RR 2008, 26, 29). Einer Rechtsfortbildung im Hinblick auf die Voraussetzungen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums bedarf es ebenfalls nicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO); der Rechtsstreit gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzuzeigen oder Gesetzeslücken zu schließen (BGHZ 151, 221, 225; BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, NJW 2003, 1943, 1945). Schließlich liegt auch die von der Nichtzulassungsbeschwerde nur unter Hinweis auf das Urteil des OLG Dresden (WM 2009, 1689, 1691 f.) dargelegte Divergenz nicht (mehr) vor, nachdem dieses Urteil durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 16. März 2010 (XI ZR 258/09) aufgehoben worden ist.
- 13
- 3. Auch im Übrigen sind zulassungsrelevante Rechtsfehler nicht ersichtlich. Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 05.02.2009 - 1 O 295/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 23.09.2009 - I-31 U 31/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds in Anspruch.
- 2
- Der Kläger zeichnete nach vorheriger Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten am 19. September 1988 eine Beteiligung an der F. KG (im Folgenden: Fonds) im Nennwert von 30.000 DM zuzüglich 5% Agio. Den Gesamtbetrag von 31.500 DM finanzierte er in Höhe von 16.500 DM durch einen mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag vom 23. September 1988, während er den Restbetrag aus Eigenmitteln aufbrachte. Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Beteiligung von der Fondsgesellschaft eine Provision von 5% des Beteiligungskapitals , ohne dass dies dem Kläger im Beratungsgespräch offengelegt wurde. In der Folgezeit erhielt der Kläger Ausschüttungen des Fonds in Höhe von insgesamt 3.195,84 €, die er - ebenso wie weitere 9.420,14 € aus Eigenmitteln - zum Kapitaldienst verwendete. Seit dem Jahr 2006 blieben Fondserträge aus.
- 3
- Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten unter Berufung auf die unterbliebene Aufklärung über deren Provisionsinteresse die Rückzahlung des - unter Berücksichtigung der Ausschüttungen - eingesetzten Kapitals in Höhe von 22.329,99 € nebst entgangener Anlagezinsen von 4% p.a. für die Zeit vom 4. November 1988 bis zur Rechtshängigkeit (d.i. 23. August 2012) und gesetzliche Verzugszinsen ab Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung. Ferner begehrt er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Die Beklagte hat unter anderem die Einrede der Verjährung erhoben.
- 4
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungs- gericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision ist nur im Hinblick auf einen Teil des Zinsanspruchs begründet ; im Übrigen bleibt sie ohne Erfolg. Sie führt, soweit das Berufungsgericht auf die Berufung des Klägers auch den geltend gemachten Anspruch wegen entgangener Anlagezinsen in Höhe von 4% p.a. seit dem 4. November 1988 bis zum 31. Dezember 2006 und für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 23. August 2012 aus mehr als 7.669,38 € zugesprochen hat, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Dem Kläger stehe gegen die Beklagte der geltend gemachte Schadensersatzanspruch zu. Zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Aufgrund dessen sei die Beklagte verpflichtet gewesen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass sie von der Fondsgesellschaft eine Provision in Höhe von 5% des Beteiligungskapitals erhalte, weil es sich dabei um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung gehandelt habe. Aufgrund der vom Landgericht im Wege der Beweisaufnahme durchgeführten Vernehmung des Klägers als Partei stehe fest, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung das Anla- gegeschäft nicht abgeschlossen hätte. Eine andere Motivlage habe die Beklagte nicht nachgewiesen, so dass es auf der Grundlage der feststehenden Aufklärungspflichtverletzung bei der Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens des Klägers verbleibe. Die Ursächlichkeit stehe nicht deshalb in Zweifel, weil der Kläger eingeräumt habe, im Falle der erfolgreichen Entwicklung der Vermögensanlage auch bei Kenntnis von der Pflichtverletzung der Beklagten keine Klage erhoben zu haben. Damit sei nur die hypothetische Frage nach dem Motiv für die Klage als solche beantwortet. Im Streitfall gehe es jedoch um die Frage , ob der Kläger in Kenntnis der an die Beklagte fließenden Vertriebsvergütung die Anlageentscheidung in gleicher Weise getroffen hätte. Dafür spiele der spätere Verlauf der Anlage keine Rolle.
- 8
- Die Beklagte treffe auch ein Verschuldensvorwurf, weil sie die Verschuldensvermutung des § 282 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) nicht widerlegt habe. Nach dieser Vorschrift könne sich der Schuldner nur entlasten, wenn er darlege und gegebenenfalls nachweise , dass er mit der späteren rechtlichen Beurteilung durch die Gerichte nicht habe rechnen müssen, wobei an das Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums ein strenger Sorgfaltsmaßstab anzulegen sei. Hierfür reiche die Behauptung der Beklagten, sie hätte selbst bei sorgfältiger Prüfung der Rechtslage nicht von der später vom Bundesgerichtshof statuierten Aufklärungspflicht über Rückvergütungen ausgehen müssen, nicht aus. Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die Aufklärungspflicht von Rückvergütungen aus dem Jahr 2006 sei keine Rechtsprechungsänderung verbunden gewesen. Vielmehr bestünden in langer Rechtstradition eindeutige Hinweise darauf, dass die Rechtsprechung das Verschweigen von Rückvergütungen seit jeher missbilligt habe. Bereits das Reichsgericht habe einen Einkaufskommissionär für verpflichtet gehalten, die von ihm hinter dem Rücken des Auftraggebers empfangene Emissionsbonifikation an diesen herauszugeben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die bis in das Jahr 1980 zurückreiche, sei auch ein Steuerberater verpflichtet, seinem Mandanten im Rahmen einer Anlageempfehlung den Erhalt von Provisionen von dritter Seite offenzulegen. Demgegenüber habe die Beklagte zur Rechtfertigung ihrer Geschäftspraxis keine einzige Gerichtsentscheidung vorlegen können, in der das Verschweigen von Rückvergütungen gebilligt worden sei.
- 9
- Der Kläger könne neben der Rückzahlung des von ihm eingesetzten Kapitals auch den Ausgleich entgangener Zinsgewinne verlangen. Dieser Anspruch beschränke sich allerdings auf das tatsächlich eingezahlte Eigenkapital, mithin auf den Ausgangsbetrag von 15.000 DM, d.h. 7.669,38 €. Diesen Teil des Anlagekapitals habe der Kläger aus seiner damaligen Festgeldzinsanlage genommen, mit der er seinerzeit erheblich höhere Zinsen als 4% p.a. erwirtschaftet habe. Über die Jahre verteilt könne deshalb nach § 252 BGB, § 287 ZPO von einem durchschnittlichen Zinssatz von 4% p.a. ausgegangen werden.
- 10
- Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung sei nicht begründet. Die am 31. Dezember 2011 eintretende Verjährung nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB sei durch den vom Kläger gestellten Güteantrag rechtzeitig gehemmt worden. Die am 3. August 2012 endende Hemmung sei sodann durch die beim Landgericht eingereichte Klage erneut rechtzeitig gehemmt worden. Einen früheren Eintritt der Regelverjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB infolge einer Kenntnis des Klägers von den anspruchsbegründenden Merkmalen vor dem 31. Dezember 2007 habe die Beklagte nicht nachgewiesen. Insoweit habe sie schon nicht behauptet, dass dem Kläger die Rückvergütung des Agios an die Beklagte bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen sei.
II.
- 11
- Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Prüfung - bis auf einen Teil des Zinsanspruchs - stand.
- 12
- 1. Nach den rechtsfehlerfreien und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen dem Kläger und der Beklagten in Bezug auf den von ihr empfohlenen Fonds zumindest stillschweigend ein Anlageberatungsvertrag zu Stande gekommen. Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte auf Grund des Beratungsvertrags verpflichtet war, den Kläger über die von ihr vereinnahmte Provision in Höhe von 5% des Beteiligungskapitals aufzuklären. Bei dieser handelt es sich - was auch von der Revision nicht in Abrede gestellt wird - um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. hierzu nur Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 17 und vom 8. April 2014 - XI ZR 341/12, WM 2014, 1036 Rn. 16, jeweils mwN). Über diese hat die Beklagte den Kläger - was zwischen den Parteien unstreitig ist - weder mündlich noch durch Übergabe von Informationsmaterial aufgeklärt.
- 13
- 2. Entgegen den Angriffen der Revision hat das Berufungsgericht rechtsund verfahrensfehlerfrei das Verschulden der Beklagten bejaht.
- 14
- a) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (vgl. BGH, Urteile vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542 Rn. 18 und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 17). Zum Vertretenmüssen gehören Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), so dass der Aufklärungspflichtige bereits für leichte Fahrlässigkeit einzustehen hat. Soweit sich - wie hier - der Aufklärungspflichtige auf einen Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer konkreten Aufklärungspflicht beruft, ist zu unter- scheiden. Während die vorsätzliche Haftung bereits bei einem bloßen Rechtsirrtum entfällt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 25 mwN), ist die Haftung wegen Fahrlässigkeit nur bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 1992 - VI ZR 257/91, BGHZ 118, 201, 208). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss (vgl. BGH, Urteile vom 11. Januar 1984 - VIII ZR 255/82, BGHZ 89, 296, 303, vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, WM 1994, 1613, 1614 und vom 4. Juli 2001 - VIII ZR 279/00, WM 2001, 2012, 2014). Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen muss, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnehmen wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Dezember 1995 - V ZB 4/94, BGHZ 131, 346, 353 f. mwN, vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 3 und vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 12; Senatsurteil vom 3. Juni 2014 - XI ZR 147/12, juris Rn. 24, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
- 15
- Der Fahrlässigkeitsvorwurf entfällt aber nicht erst dann, wenn eine dem Schuldner ungünstige Entscheidung der Rechtsfrage undenkbar ist; dies würde eine Entschuldigung praktisch immer ausschließen (BGH, Urteile vom 7. März 1972 - VI ZR 169/70, WM 1972, 589 und vom 24. September 2013 - I ZR 187/12, NJW-RR 2014, 733 Rn. 19). Ein unverschuldeter Rechtsirrtum ist vielmehr in Fällen anzunehmen, in denen die Rechtslage besonders zweifelhaft und schwierig ist und sich eine einheitliche Rechtsprechung noch nicht gebildet hat (BGH, Urteile vom 1. Oktober 1970 - VII ZR 171/68, WM 1970, 1513, 1514, vom 27. September 1989 - IVa ZR 156/88, NJW-RR 1990, 160, 161, vom 6. Dezember 2006 - IV ZR 34/05, NJW-RR 2007, 382 Rn. 15, vom 18. Januar 2011 - XI ZR 356/09, WM 2011, 451 Rn. 31 f. und vom 3. Juni 2014 - XI ZR 147/12, juris Rn. 25, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Das kann sogar dann gelten, wenn der Schuldner bereits in zwei Tatsacheninstanzen unterlegen war (BGH, Urteile vom 18. Mai 1955 - I ZR 8/54, BGHZ 17, 266, 295, vom 19. September 1984 - IVa ZR 67/83, VersR 1984, 1137, 1139 und vom 3. Juni 2014 - XI ZR 147/12, juris Rn. 25, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Allerdings muss durch strenge Anforderungen an seine Sorgfalt verhindert werden , dass er das Risiko der zweifelhaften Rechtslage dem anderen Teil zuschiebt. Fahrlässig handelt daher, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, indem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muss (BGH, Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 187/12, NJW-RR 2014, 733 Rn. 19 mwN).
- 16
- b) Nach diesen Maßgaben hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen Fahrlässigkeit rechtsfehlerfrei bejaht. Die Beklagte hat nicht den Nachweis erbracht, dass sie sich über das Bestehen einer Aufklärungspflicht über die ihr zugeflossene Rückvergütung in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum befunden hat.
- 17
- aa) Der Senat hat mit Beschluss vom 29. Juni 2010 (XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 ff.; bestätigt durch Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 25) entschieden und eingehend begründet, dass eine Bank, die einen Kunden im Rahmen der Anlageberatung nicht auf an sie zurückgeflossene Rückvergütungen hinweist, sich jedenfalls für die Zeit nach 1990 nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer entsprechenden Offenbarungspflicht berufen kann.
- 18
- bb) Entgegen der Auffassung der Revision gilt für den hier maßgeblichen Zeitpunkt im September 1988 nichts anderes. Denn auch insoweit gab es für eine Bank bei sorgfältiger Prüfung der Rechtslage genügend Anhaltspunkte dafür, dass das Verschweigen von Rückvergütungen von der Rechtsprechung missbilligt werden würde.
- 19
- (1) Der erkennende Senat hat zwar erst in zwei Entscheidungen aus den Jahren 1989 und 1990 das Verschweigen von Kick-back-Vereinbarungen bei vermittelten Warentermingeschäften beanstandet (Urteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 und vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464). In diesen Urteilen hat er aber eine entsprechende Aufklärungspflicht nicht erstmals entwickelt, sondern lediglich bereits ergangene höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung fortgeführt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1984 - II ZR 308/83, BGHZ 93, 146, 148 f.; OLG München WM 1986, 1141, 1142), die das Verschweigen von Rückvergütungen ohne weitere Erörterung als selbstverständlich missbilligt hat und in der Literatur positive Aufnahme gefunden hat (vgl. Imo, Börsentermin- und Börsenoptionsgeschäfte, Band I, 1988, Rn. 1321 f.; Wach, Der Terminhandel in Recht und Praxis, 1986, Rn. 519; vgl. bereits zuvor Koch, JZ 1980, 704, 708). Dementsprechend hat der Senat in den beiden Entscheidungen aus den Jahren 1989 und 1990, die Sachverhalte aus den Jahren 1983 bis 1985 betrafen, folgerichtig keinen Anlass gesehen , die Frage des Verschuldens einer näheren Betrachtung zu unterziehen.
- 20
- (2) Anders als die Revision meint, lässt sich ein unvermeidbarer Rechtsirrtum der Beklagten nicht damit begründen, dass eine verbreitete Auffassung im Schrifttum in den 1970er und 1980er Jahren eine Aufklärungspflicht über jedwede Art von Bonifikationen oder Provisionen abgelehnt (vgl. Canaris in Staub, Großkommentar HGB, 3. Aufl., Bd. III/3, Bankvertragsrecht, 2. Bearb. 1981, Rn. 1891; Schlegelberger/Hefermehl, HGB, 5. Aufl. 1977, § 384 Anm. 15 und 36; Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975, S. 440 ff., 447 mwN) oder nur für den Fall, dass die Höhe der Provision ein Indiz für eine fehlende Solidität der empfohlenen Kapitalanlage darstellt, bejaht hat (vgl. Canaris, aaO; Schlegelberger/Hefermehl, aaO, § 384 Anm. 36; Hopt, aaO, S. 447 mwN). Diese Auffassung stand ersichtlich nicht in Einklang mit der vorstehend erwähnten Rechtsprechung zur Missbilligung von Kick-back-Vereinbarungen. Zudem war sie auch nicht widerspruchsfrei, weil sie nämlich an anderer Stelle eine Aufklärungspflicht der Bank über Interessenkonflikte im Grundsatz bejaht hat (vgl. Canaris, aaO, Rn. 1888 f.; Schlegelberger/Hefermehl, aaO, § 384 Anm. 14; Hopt, aaO, S. 446 f.), obwohl das Vorliegen eines solchen Interessenkonflikts bei der Vereinnahmung von Rückvergütungen auf der Hand liegt; teilweise hat sie sogar auf eine abweichende Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahr 1904 (JW 1905, 118) hingewiesen (z.B. Schlegelberger/ Hefermehl, aaO, § 384 Anm. 36; ohne inhaltliche Auseinandersetzung auch bei Baumbach/Duden, HGB, 23. Aufl. 1978, § 387 Anm. 4). Darüber hinaus hat sie in der Rechtsprechung keinen Widerhall gefunden und ist in der Literatur Ende der 1970er-Jahre in Frage gestellt worden (vgl. Koller in Staub, Großkommentar HGB, 3. Aufl. 1980, § 384 Anm. 21; ders., BB 1978, 1733, 1738 f.). Demgegenüber kann die Revision auf keine Rechtsprechung verweisen, die das Verheimlichen von Rückvergütungen durch eine Bank erlaubt hätte. Dies gilt auch in Bezug auf das von ihr genannte Urteil des IVa Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 2. Februar 1983 (IVa ZR 118/81, WM 1983, 263), in dem die mögliche Zahlung eines Agios bei der Vermittlung einer Kommanditbeteiligung lediglich bei der - vom IVa Zivilsenat verneinten - Frage erörtert worden ist, ob eine Entgeltvereinbarung notwendige Voraussetzung für das Zustandekommen eines Auskunftsvertrags ist; den Urteilsgründen lässt sich indes nicht entnehmen, ob es sich bei dem Agio überhaupt um eine Rückvergütung im Sinne der Senats- rechtsprechung gehandelt hat oder dieses sogar unmittelbar vom Kapitalanleger an den Vermittler als Provision gezahlt worden ist.
- 21
- (3) Die Beklagte durfte daher zum hier maßgeblichen Zeitpunkt nicht darauf vertrauen, dass ein Verschweigen von Rückvergütungen von der Rechtsprechung nicht als pflichtwidrig angesehen werden würde. Es fehlt bereits an einer im Schrifttum einhelligen, d.h. nicht bestrittenen Auffassung, die - wegen oder trotz des Fehlens damit übereinstimmender gerichtlicher Entscheidungen - einen unvermeidbaren Rechtsirrtum einer Bank über das Bestehen einer Aufklärungspflicht von Rückvergütungen hätte begründen können. Ganz im Gegenteil musste eine Bank die Entscheidungen des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1984 und des OLG München aus dem Jahr 1986 zum Anlass nehmen, ihre Geschäftspraxis zum Verschweigen von Rückvergütungen einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen. Diese Prüfung hätte - wie ausgeführt - offenbart, dass in der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Aufklärungspflicht von Rückvergütungen bereits angelegt und deren Ausspruch zu erkennen war.
- 22
- Nichts anderes ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 3. Juni 2014 (XI ZR 147/12, juris, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) zum Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums im Falle einer - dort unterstellten - Aufklärungspflicht über versteckte Innenprovisionen. Diese ist - wie der Senat dort (Rn. 27 ff.) im Einzelnen ausgeführt hat - mit der Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht vergleichbar.
- 23
- (4) Aufgrund dessen kann es offenbleiben, ob - was das Berufungsgericht im Anschluss an eine Auffassung in der Literatur (Knops/Brocker, WM 2010, 1101, 1103 f.) gemeint hat - für die Beklagte bei der Empfehlung von Kapitalanlagen das Bestehen einer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bereits aufgrund des Urteils des Reichsgerichts vom 10. Dezember 1904 (JW 1905, 118; bestätigt durch RG, Bank-Archiv 15, 101, 102) zur Aufklärungspflicht eines Bankiers über den Erhalt von Emissionsbonifikationen oder aber jedenfalls aufgrund zweier Urteile des Bundesgerichtshofs aus den Jahren 1980 und 1985 zur Offenbarungspflicht des steuerlichen Beraters über das Provisionsversprechen eines Anbieters von Vermögensanlagen (BGH, Urteile vom 23. Oktober 1980 - IVa ZR 28/80, BGHZ 78, 263, 268 und vom 19. Juni 1985 - IVa ZR 196/83, BGHZ 95, 81, 86; zustimmend Löwe, EWiR 1985, 541, 542) erkennbar war. Im Hinblick auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt ergibt sich die Missbilligung des Verschweigens von Rückvergütungen durch die Rechtsprechung bereits aus den oben genannten weiteren Entscheidungen, die Kickback -Vereinbarungen zum Gegenstand hatten.
- 24
- 3. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung auch stand, soweit das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Fondsbeteiligung durch den Kläger bejaht hat.
- 25
- a) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, der Kläger hätte die Beteiligung auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütung erworben.
- 26
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Hierbei handelt es sich nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines An- scheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 27 ff. mwN; BVerfG, ZIP 2012, 164 Rn. 20). Von dieser Beweislastumkehr ist nicht nur dann auszugehen, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats ist das Abstellen auf das Fehlen eines solchen Entscheidungskonflikts mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht vereinbar. Die Beweislastumkehr greift vielmehr bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 30 ff.).
- 27
- b) Von diesen Maßgaben ist das Berufungsgericht ausgegangen und hat aufgrund der vom Landgericht durchgeführten Vernehmung des Klägers als Partei festgestellt, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung das Anlagegeschäft nicht abgeschlossen hätte.
- 28
- Diese tatrichterliche Würdigung begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Sie kann vom Revisionsgericht lediglich daraufhin überprüft werden, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 316 f. und vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 46, jeweils mwN). Einen solchen Fehler zeigt die Revision nicht auf.
- 29
- Ohne Erfolg wendet die Revision ein, der Kläger habe bei seiner Vernehmung eingeräumt, dass er gegen die Beklagte keine Klage erhoben hätte, wenn der Fonds keinen Verlust erzielt hätte. Das Berufungsgericht hat diese Bekundung gewürdigt, ohne dadurch die Ursächlichkeit der Aufklärungspflichtverletzung in Zweifel zu ziehen. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Soweit sich die Revision in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen in dem Senatsurteil vom 8. Mai 2012 (XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 50) beruft, wonach sich ein Indiz für die fehlende Kausalität zwischen Aufklärungspflichtverletzung und Anlageentscheidung daraus ergeben kann, dass der Anleger an vergleichbaren - möglicherweise gewinnbringenden - Kapitalanlagen festhält, übersieht sie, dass dies die Kenntnis des Anlegers von Rückvergütungen bei diesen Anlagen voraussetzt (Senatsurteil aaO). Daran fehlt es hier. Vielmehr hat das Berufungsgericht die Äußerung des Klägers in vertretbarer Weise nur als Motiv für die Klage als solche angesehen, die als solche keinen Rückschluss auf das Motiv für die Anlageentscheidung zulässt.
- 30
- Gegen die Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts spricht auch nicht der Umstand, dass der Kläger das Anlagekapital hälftig durch Bankdarlehen finanziert hat. Dies steht für sich gesehen - ebenso wie der Wunsch nach einer steueroptimierten Anlage (vgl. hierzu Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 53 und vom 26. Februar 2013 - XI ZR 445/10, BKR 2013, 506 Rn. 23) - der Kausalitätsvermutung nicht entgegen. Denn die Teilfinanzierung einer Kapitalanlage kann auf steuerlichen Gründen beruhen. Etwas anderes gilt dann, wenn die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen ist; dies kann den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren (Senatsurteile aaO). Hierzu verhält sich die Revision indes nicht. Dass allein die Teilfinanzierung als solche wegen der damit verbundenen Finanzierungskosten dafür sprechen soll, dass ein Anleger auch bei Kenntnis der Rückvergütungen die Anlage gezeichnet hätte, ist im Hinblick auf den Schutzzweck der entsprechenden Offenbarungspflicht nicht zwingend und wird auch von der Revision nicht näher begründet.
- 31
- 4. Die Revision hat dagegen teilweise Erfolg, soweit sie sich gegen den vom Berufungsgericht zuerkannten Schadensersatzanspruch wegen entgangener Anlagezinsen wendet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf entgangenen Zinsgewinn in Höhe von 4% p.a. lediglich aus 7.669,38 € und zudem nur für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 23. August 2012 zu.
- 32
- a) Entgegen der Revision hat das Berufungsgericht allerdings den entgangenen Zinsgewinn rechtsfehlerfrei nach § 287 ZPO auf 4% p.a. geschätzt.
- 33
- aa) Der Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Beratungsvertrags umfasst nach § 252 Satz 1 BGB auch den entgangenen Gewinn. Der Anleger kann sich hierbei gemäß § 252 Satz 2 BGB auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen, dass Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt liegen bleibt, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt wird (Senatsurteile vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, WM 2012, 1188 Rn. 11, vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 64 und vom 26. Februar 2013 - XI ZR 345/10, BKR 2013, 283 Rn. 48). Zur Feststellung der Höhe des allgemein üblichen Zinssatzes kann der Tatrichter von der Möglichkeit einer Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO Gebrauch machen (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 64 mwN). Das rechtfertigt zwar nicht die Annahme eines (zu schätzenden) Mindestschadens unabhängig vom konkreten Parteivortrag (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 64 mwN). Der Anleger muss jedoch nur darlegen, welcher Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit einem anderen Anlagegeschäft erzielt worden wäre. An diese Darlegung sind keine strengen Anforderungen zu stellen, vielmehr genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, aaO).
- 34
- Die Schadensschätzung, die der Tatrichter - anhand des gesamten Streitstoffs - nach freiem Ermessen vorzunehmen hat, unterliegt nur einer beschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht dahingehend, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Acht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 65 mwN und vom 26. Februar 2013 - XI ZR 345/10,BKR 2013, 283 Rn. 48).
- 35
- bb) Solche Rechtsfehler hat die Revision nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht aufgrund des Vorbringens des Klägers und dessen vom Landgericht durchgeführten Vernehmung als Partei sein übriges Anlageverhalten und seine Anlageziele bei der Schätzung der erzielbaren Rendite berücksichtigt hat. Aufgrund dessen begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht - was die Revision beanstandet - keine Feststellungen zur (Kurs-)Entwicklung der vom Kläger gezeichneten kapitalgesicherten südafrikanischen Anleihen getroffen hat. Denn das Berufungsgericht hat seine Schadensschätzung nicht allein auf diese Kapitalanlage des Klägers gestützt, sondern auf den von ihm mit seinem gesamten Wertpapierdepot erzielten durchschnittlichen Zinssatz.
- 36
- b) Rechtsfehlerhaft ist es dagegen, dass das Berufungsgericht im Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils den Schadensersatzanspruch wegen entgangener Anlagezinsen auf die gesamte Schadenssumme bezogen hat.
- 37
- c) Schließlich kann der Kläger Zahlung des entgangenen Zinsgewinns auf den zu ersetzenden Anlageschaden nur für die Zeit ab dem 1. Januar 2007 verlangen. Für die davor liegenden Jahre ist dagegen Verjährung eingetreten.
- 38
- aa) Das Berufungsgericht hat zwar - von der Revision nicht angegriffen - ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Anspruch des Klägers wegen Aufklärungspflichtverletzung dem Grunde nach nicht verjährt ist, weil eine Kenntnis des Klägers von den anspruchsbegründenden Tatsachen vor dem 31. Dezember 2007 nicht nachgewiesen und die am 31. Dezember 2011 eintretende Verjährung durch den von ihm Ende 2011 gestellten Güteantrag rechtzeitig gehemmt worden ist.
- 39
- bb) Von dem Stammanspruch zu unterscheiden sind aber die Ansprüche auf Rückstände von regelmäßig wiederkehrenden Leistungen. Für solche Einzelansprüche gilt, was das Berufungsgericht verkannt hat, für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2001 die vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 197 BGB aF. Dem bis dahin geltenden Gesetz ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass in dem Fall, in dem wiederkehrende Leistungen als Schadensersatz wegen einer vertraglichen Pflichtverletzung oder wegen einer unerlaubten Handlung zu erbringen sind, für den Beginn und die Dauer der Verjährung die für die Verjährung des Stammanspruchs geltende Vorschrift des § 195 BGB aF anzuwenden sei, wonach der Anspruch in 30 Jahren ab der Entstehung des Anspruchs ver- jährt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2012 - VI ZR 96/11, VersR 2012, 372 Rn. 14). Vielmehr gilt für die aus dem Stammrecht fließenden weiteren Ansprüche , bei denen es sich um Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen handelt, unmittelbar die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB aF (vgl. BGH, Urteile vom 30. Mai 2000 - VI ZR 300/99, NJW-RR 2000, 1412, 1413 und vom 10. Januar 2012 - VI ZR 96/11, VersR 2012, 372 Rn. 15 mwN), und zwar auch dann, wenn sie auf den Gesichtspunkt des Schadensersatzes gestützt werden (BGH, Urteil vom 10. November 2009 - XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 Rn. 45), sei es aus unerlaubter Handlung (BGH, Urteile vom 30. Mai 2000 - VI ZR 300/99, NJW-RR 2000, 1412, 1413 [Rente nach § 843 BGB] und vom 10. Januar 2012 - VI ZR 96/11, VersR 2012, 372 Rn. 15 [Waisenrente und der Mehraufwand für die regelmäßige Pflege]), sei es aus Verschulden bei Vertragsschluss (BGH, Urteil vom 10. Juli 1986 - III ZR 133/85, BGHZ 98, 174, 186 ff.), sei es aus § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 2 BGB aF (Senatsurteil vom 5. Oktober 1993 - XI ZR 180/92, WM 1993, 2041, 2043; Senatsbeschluss vom 2. März 1993 - XI ZR 133/92, WM 1993, 752 mwN).
- 40
- Ein Schadensersatzanspruch auf Zahlung entgangenen Zinsgewinns aus einem bestimmten Geldbetrag ist zwar kein Anspruch auf Rückstände von Zinsen im Sinne des § 197 BGB aF. Er fällt aber - ähnlich wie ein Anspruch auf Verzugszinsen und der über die gesetzlichen Verzugszinsen hinausgehende Zinsanspruch (vgl. dazu Senatsurteil vom 5. Oktober 1993 - XI ZR 180/92, WM 1993, 2041, 2043 und Senatsbeschluss vom 2. März 1993 - XI ZR 133/92, WM 1993, 752) oder wie in regelmäßigen Abständen entstandene Bereicherungsansprüche auf Rückzahlung überzahlter Zinsen (vgl. dazu BGH, Urteile vom 10. Juli 1986 - III ZR 133/85, BGHZ 98, 174, 181, vom 23. Oktober 1990 - XI ZR 313/89, BGHZ 112, 352, 354 und vom 12. Oktober 1993 - XI ZR 11/93, WM 1993, 2003, 2004) oder auf Herausgabe von Zinsnutzungen aus einem Geldbetrag (vgl. dazu Senatsurteil vom 15. Februar 2000 - XI ZR 76/99, WM 2000, 811, 812) - deshalb in den Anwendungsbereich des § 197 BGB aF, weil er auf "regelmäßig wiederkehrende Leistungen" im Sinne dieser Vorschrift gerichtet ist. Gemeint sind damit unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 197 BGB aF, der eine Ansammlung rückständiger wiederkehrender Leistungen und ein übermäßiges, möglicherweise existenzbedrohendes Anwachsen von Schulden verhindern will, alle Verbindlichkeiten, die nur in den fortlaufenden Leistungen bestehen und darin ihre charakteristische Erscheinung haben (BGH, Urteile vom 23. September 1958 - I ZR 106/57, BGHZ 28, 144, 148 bzgl. vertragliche Gewinnanteilsansprüche, vom 8. Dezember 1992 - X ZR 123/90, NJW-RR 1993, 1059, 1060 bzgl. Lizenzansprüche, vom 15. Februar 2000 - XI ZR 76/99, WM 2000, 811, 812 und vom 10. Januar 2012 - VI ZR 96/11, VersR 2012, 372 Rn. 16 mwN). Um eine solche Verbindlichkeit handelt es sich bei der aus einer Aufklärungspflichtverletzung herrührenden Verpflichtung des Schädigers, die dem Geschädigten entgangenen Zinsgewinne fortlaufend an diesen zu zahlen.
- 41
- cc) Das bedeutet hier, dass hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs auf die entgangenen Zinsgewinne für die Jahre 1988 bis 2006 Verjährung mit Ablauf der Jahre 1992 bis 2010 eingetreten ist.
- 42
- (1) Für die entgangenen Zinsgewinne bis einschließlich zum Jahr1997 folgt dies unmittelbar aus §§ 197, 201 BGB aF (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Gemäß § 201 BGB aF beginnt die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB aF mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch hätte geltend gemacht werden können. Damit ist der Anspruch auf entgangene Anlagezinsen für das Jahr 1997 mit Ablauf des 31. Dezember 2001 verjährt; für die Vorjahre war dies bereits jeweils ein Jahr früher der Fall.
- 43
- (2) Der Schadensersatzanspruch wegen entgangener Anlagezinsen für die Jahre 1998 bis 2006 unterfällt zwar nach Inkrafttreten des neuen Verjäh- rungsrechts am 1. Januar 2002 der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB nF (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Da diese Verjährungsfrist kürzer ist als die bis zum 1. Januar 2002 geltende vierjährige Verjährung des § 197 BGB aF, ist sie gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 BGB vom 1. Januar 2002 an zu berechnen, soweit nicht der Verjährungsbeginn gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hinausgeschoben ist (vgl. Senatsurteil vom 23. Januar 2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 18 ff.; siehe auch BGH, Urteile vom 26. Oktober 2005 - VIII ZR 359/04, WM 2006, 345, 346 f. und vom 6. Dezember 2007 - III ZR 146/07, WM 2008, 490 Rn. 12). Angesichts seiner nicht vor Beginn des Jahres 2008 eingetretenen Kenntnis wäre der Anspruch des Klägers demgemäß nach neuem Recht nicht verjährt. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 2 EGBGB bleibt es jedoch bei dem Ablauf der Verjährung nach früherem Recht, wenn die nach altem Recht längere Frist früher abläuft als die kürzere Frist nach neuem Recht. Dies ist hier der Fall. Gemäß §§ 197, 201 BGB aF ist der Schadensersatzanspruch wegen entgangener Zinsgewinne für die Jahre 1998 bis 2006 jeweils vier Jahre später zum Jahresende verjährt, zuletzt daher mit Ablauf des 31. Dezember 2010.
- 44
- (3) Dagegen ist der Anspruch auf entgangenen Zinsgewinn für die anschließende Zeit ab dem 1. Januar 2007 noch nicht verjährt, weil der Kläger durch die Einreichung eines Güteantrags Ende 2011 die Verjährung rechtzeitig gehemmt hat und somit auch nach der früheren Rechtslage keine Verjährung eingetreten ist. Der Kläger kann deshalb von der Beklagten nur die Zahlung von entgangenen Zinsen ab diesem Zeitpunkt verlangen.
III.
- 45
- Das Berufungsurteil ist demnach - unter Zurückweisung der weitergehenden Revision - wegen der vom Berufungsgericht zuerkannten entgangenen Zinsgewinne aufzuheben, soweit diese für den Zeitraum vom 4. November 1988 bis zum 31. Dezember 2006 und im Übrigen aus mehr als 7.669,38 € zugesprochen worden sind (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Im Umfang der Aufhebung ist die Berufung des Klägers gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen und das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen.
Menges Derstadt
Vorinstanzen:
LG Heidelberg, Entscheidung vom 12.02.2013 - 2 O 244/12 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 12.11.2013 - 17 U 34/13 -
(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.
(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin begehrt von der beklagten Bank aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an dem offenen Immobilienfonds Morgan Stanley P2 Value (nachfolgend: Fonds). Dem liegt, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, folgender Sachverhalt zugrunde:
- 2
- Die Klägerin und ihr Ehemann (nachfolgend: Anleger) ließen sich im März 2008 von einer Mitarbeiterin (nachfolgend: Beraterin) der Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend: Beklagte) über eine Kapitalanlage beraten.
- 3
- Die Klägerin beansprucht von der Beklagten den Ersatz der Differenz zwischen dem Kurswert der Anteile am 12. März 2008 und dem am 22. Oktober 2010 erzielten Erlös in Höhe von 7.180,80 € nebst Zinsen. Sie meint, die von der Beklagten vorgenommene Einschätzung der Beteiligung an einem offenen Immobilienfonds als grundsolide und wertbeständige Anlage sei bereits im Jahr 2008 nicht mehr gerechtfertigt gewesen. Darüber hinaus habe sie über die Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme und über das Risiko eines völligen Anlageverlustes aufgeklärt werden müssen.
- 4
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in WM 2013, 363 ff. veröffentlichten Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse , im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Die Beratung der Beklagten sei nicht fehlerhaft gewesen. Die Anlage in einen offenen Immobilienfonds, dessen Immobilienbesitz über zehn Staaten gestreut sei, habe die Beklagte im März 2008 als risikoarme Anlage empfehlen dürfen. Ein offener Immobilienfonds habe zu diesem Zeitpunkt noch als grundsolide und wertbeständige Anlage gegolten. Nachdem diese Anlageform bis zum Jahre 2004 rund 50 Jahre "problemlos gelaufen" sei, sei Ende 2005/Anfang 2006 in wenigen Fällen vorübergehend die Rücknahme von Anteilen ausgesetzt worden, ohne dass den Anlegern dadurch Verluste entstanden seien. Die offenen Immobilienfonds seien erst in Folge der Finanzkrise ab Herbst 2008 in Schwierigkeiten geraten. Die Empfehlung der Beklagten im März 2008 sei daher - ex ante betrachtet - vertretbar gewesen.
- 8
- Die Beklagte habe im Frühjahr 2008 noch nicht über die Möglichkeit einer dauerhaften oder vorübergehenden Aussetzung der Anteilsrücknahme aufklären müssen, da diese Schutzmaßnahme zugunsten der Anleger einen Kapitalverlust vermeiden solle. Dies habe zum damaligen Zeitpunkt kein die Kundenentscheidung nach vernünftigem Ermessen beeinflussendes, aufklärungspflichtiges Risiko dargestellt. Die in den Jahren 2005/2006 von einer Aussetzung betroffenen Beteiligungen seien nicht im Wert gesunken. Ein Kapitalverlustrisiko allein aufgrund einer vorübergehenden Aussetzung der Anteilsrücknahme sei deshalb zum damaligen Zeitpunkt eher theoretischer Natur gewesen. Zudem berge eine Aufklärung über ein - aus damaliger Sicht eher theoretisches - Risiko die Gefahr, dass ein Beratungsgespräch mit Details überfrachtet werde, was dem Anlageinteressenten eine Gewichtung verschiedener Risiken erschwere.
II.
- 9
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 280 Abs. 1 BGB insoweit nicht verneinen, als er darauf gestützt wird, dass die Anleger von der Beklagten nicht über das Bestehen der Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme durch die Kapitalanlagegesellschaft aufgeklärt wurden.
- 10
- 1. Das Berufungsgericht geht allerdings zutreffend und unangegriffen davon aus, dass zwischen den Parteien im März 2008 ein Beratungsvertrag geschlossen worden ist.
- 11
- 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte die Anleger jedoch nicht objektgerecht beraten und damit ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB).
- 12
- a) Eine beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflicht hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand , die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen und speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. Die Beratung hat sich auf diejenigen Eigenschaften des Anlageobjekts zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung we- sentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (vgl. zusammenfassend Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, BGHZ 191, 119 Rn. 22 und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 23 sowie vom 24. September 2013 - XI ZR 204/12, WM 2013, 2065 Rn. 20).
- 13
- b) Danach hat das Berufungsgericht zutreffend und unangegriffen festgestellt , dass die Klägerin eine "risikoarme" Kapitalanlage gewünscht habe. Das Berufungsgericht ist insoweit weiter rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Einstufung der Fondsanteile im März 2008 als risikoarme Anlage ex ante betrachtet vertretbar gewesen sei. Die von der Revision gegen diese tatrichterliche Würdigung vorgebrachten Angriffe rechtfertigen keine abweichende Beurteilung.
- 14
- Soweit die Revision auf vorinstanzlichen Vortrag der Klägerin verweist, wonach vier andere offene Immobilienfonds vor dem Erwerb der streitgegenständlichen Fondsanteile Ende 2005/Anfang 2006 in "Schwierigkeiten" geraten seien (vgl. hierzu etwa Ledermann, AG 2006, R63 und Stumpf/Kotte, BB 2013, 1613, 1617), lässt dieser vom Berufungsgericht berücksichtigte Umstand für sich genommen keine Rückschlüsse auf das Kapitalverlustrisiko des streitgegenständlichen Fonds zu und war dementsprechend für die von der Beklagten vorzunehmende Risikobewertung (vgl. Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129, vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 12 und vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, BGHZ 191, 119 Rn. 24) ohne Belang. Die Revision zeigt nicht auf, dass die Klägerin in den Vorinstanzen Umstände vorgetragen hätte, wonach sich der streitgegenständliche Fonds in vergleichbaren Schwierigkeiten befunden hat.
- 15
- c) Soweit die Revision erstmals geltend macht, dass die Beklagte die Anleger nicht nur beim Erwerb, sondern auch im Zusammenhang mit der Veräußerung der Fondsanteile falsch beraten habe, handelt es sich um eine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageerweiterung (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 300/12, juris Rn. 22; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 559 Rn. 10), denn damit soll ein neuer Streitgegenstand eingeführt werden.
- 16
- d) Mit Recht beanstandet die Revision dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts , die Beklagte habe die Anleger im Frühjahr 2008 nicht ungefragt darüber aufklären müssen, dass die Rücknahme der Anteile durch die Kapitalanlagegesellschaft - seinerzeit gemäß § 81 InvG in der bis zum 7. April 2011 gültigen Fassung (nachfolgend: aF), nunmehr gemäß § 257 KAGB - vorübergehend ausgesetzt werden kann.
- 17
- aa) Die Frage, ob eine Bank, die den Erwerb von Anteilen an einem offenen Immobilienfonds empfiehlt, den Anleger ungefragt über das Bestehen der Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme durch die Kapitalanlagegesellschaft aufklären muss, wird in der Instanzrechtsprechung und der Literatur unterschiedlich beantwortet.
- 18
- Nach einer Auffassung, der sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, hat bis zum Beginn der Finanzkrise im Oktober 2008 eine solche Aufklärungspflicht nicht bestanden, weil es sich bei der Möglichkeit, die Anteilsrücknahme auszusetzen, bis dahin um ein fernliegendes, rein theoretisches Risiko gehandelt habe, die Aussetzung der Anteilsrücknahme ein Instrument zum Anlegerschutz sei und die Anleger auch während einer solchen Aussetzung ihre Anteile jederzeit an der Börse veräußern könnten (vgl. OLG Schleswig, WM 2013, 2258, 2262 ff.; Homberger, EWiR 2013, 475 f.; Stumpf/Kotte, BB 2013, 1613, 1617; Thume/Edelmann, WuB I G 5.- 3.13).
- 19
- Demgegenüber bejaht die Gegenansicht eine Aufklärungspflicht der Bank, weil die Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme ein die Anlage in offene Immobilienfonds prägendes Strukturprinzip und ein ihr grundsätzlich innewohnendes (Liquiditäts-)Risiko darstelle (vgl. OLG Frankfurt am Main, BKR 2013, 290 Rn. 21 ff.; OLG Nürnberg, Beschluss vom 23. August 2012 - 4 U 512/12, juris Rn. 8 f.; Schröder, jurisPR-BKR 7/2012 Anm. 6; Merk, BKR 2013, 290, 294).
- 20
- bb) Der erkennende Senat entscheidet die Frage im Sinne der zuletzt genannten Meinung.
- 21
- (1) Kennzeichnend für regulierte Immobilien-Sondervermögen ist, dass die Anleger gemäß § 37 Abs. 1 InvG aF (nunmehr § 187 Abs. 1 Nr. 1 KAGB) ihre Fondsanteile grundsätzlich jederzeit liquidieren und deren Rückgabe zu einem in § 23 Abs. 2 Satz 3, § 79 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 79 Abs. 1 InvG aF geregelten Rücknahmepreis an die Kapitalanlagegesellschaft verlangen können (sog. Open-End-Prinzip; vgl. Köndgen/Schmies in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 113 Rn. 140; Baur/Ziegler, BuB Rn. 9/277; Gutsche in Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher, InvG, 2013, § 37 Rn. 7 ff.; Reiter in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 9.55; Schödermeier/Baltzer in Brinkhaus/Scherer, KAGG AuslInvestG, 2003, § 11 Rn. 5 ff.; Gringel, ZBB 2012, 106, 107; Hartrott/Goller, BB 2013, 1603, 1604; Stumpf/Kotte, BB 2013, 1613, 1614; Döser, jurisPR-BKR 5/2009 Anm. 3). Von diesem Grundsatz macht § 81 InvG aF eine Ausnahme (vgl. BT-Drucks. 17/3628, S. 28; Schultz-Süchting in Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher, aaO, § 81 Rn. 1). Danach wird der Kapitalanlagegesellschaft bei nicht ausreichender Liquidität das Recht eingeräumt, die Rücknahme der Anteile vorrübergehend zu verweigern mit der Folge, dass die Anleger ihre Fondsanteile nicht mehr zu dem gesetzlich bestimmten Rücknahmepreis zurückgeben können.
- 22
- Über dieses Risiko hat die Bank den Anleger im Rahmen der von ihr geschuldeten vollständigen Risikodarstellung in verständlicher Weise aufzuklären. Diese Verpflichtung besteht, weil das dem Anleger kraft Gesetzes gemäß § 37 Abs. 1 InvG aF gemachte Versprechen, seine Investition in einen offenen Immobilienfonds jederzeit durch die Rückgabe seiner Anteile an die Kapitalanlagegesellschaft zu einem gesetzlich bestimmten Rücknahmepreis liquidieren zu können, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 81 InvG aF nicht eingehalten wird.
- 23
- (2) Ob hier zum Zeitpunkt der Beratung im März 2008 bei dem Fonds bereits konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende Aussetzung der Anteilsrücknahme vorgelegen haben, ist für das Bestehen dieser Aufklärungspflicht ohne Bedeutung, da es für die Entscheidung des Anlegers auch ohne solche konkreten Anhaltspunkte von wesentlicher Bedeutung sein kann, dass er dieses Risiko während der gesamten Investitionsphase übernimmt. Dementsprechend ist es für die Beantwortung der Frage, ob die Bank den Anleger über dieses Risiko aufklären muss, - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - unerheblich , ob bis zum Ausbruch der Finanzkrise im Oktober 2008 insoweit ein fernliegendes oder gar ein nur theoretisches Risiko (so auch OLG Schleswig, WM 2013, 2258, 2262; vgl. auch Stumpf/Kotte, BB 2013, 1613, 1617; Thume/Edelmann, WuB I G 5.- 3.13) bestanden hat. Die Möglichkeit, die Rücknahme der Anteile auszusetzen, stellt ein während der gesamten Investitionsphase bestehendes Liquiditätsrisiko dar, über das der Anleger informiert sein muss, bevor er seine Entscheidung trifft.
- 24
- (3) Der Umstand, dass die Anleger eines offenen Immobilienfonds ihre Anteile während einer Aussetzung der Anteilsrücknahme jederzeit an der Börse veräußern können, spricht ebenfalls nicht gegen die Pflicht der Bank, über die Möglichkeit einer solchen Aussetzung aufzuklären (ebenso Schröder, jurisPRBKR 7/2012 Anm. 6; a.A. OLG Schleswig, WM 2013, 2258, 2262; Homberger, EWiR 2013, 475 f.; Stumpf/Kotte, BB 2013, 1613, 1617).
- 25
- Die Revisionserwiderung weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Anleger damit weiter die Möglichkeit haben, ihre Anteile jederzeit zu liquidieren. Diese Möglichkeit stellt aber angesichts der an einer Börse oder an einem sonstigen Sekundärmarkt bestehenden Beeinflussung des Preises durch spekulative Elemente keinen gleichwertigen Ersatz für die gesetzlich geregelte Möglichkeit dar, die Anteile zu einem vorab festgelegten Rücknahmepreis an die Kapitalanlagegesellschaft zurück zu geben. Dem Anleger wird die Liquidität seiner Fondsanteile im Fall einer Aussetzung der Anteilsrücknahme daher nicht mehr mit der Qualität eines vorab im Gesetz bestimmten Rücknahmepreises gewährleistet.
- 26
- (4) Soweit die Revisionserwiderung meint, dass es sich bei der Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme um eine Schutzmaßnahme zugunsten der Anleger handele, kommt es für die Aufklärungspflicht der Bank hierauf nicht an. Die Regelungen des § 81 InvG aF über die Aussetzung der Rücknahme von Anteilen an offenen Immobilienfonds sollen es der Kapitalanlagegesellschaft ermöglichen, sich im Fall einer unerwartet hohen Zahl ihr zur Rückgabe angedienter Fondsanteile während der Aussetzung die Liquidität zu beschaffen , die für die Bedienung der rückgabewilligen Anleger erforderlich ist (vgl. Gringel, ZBB 2012, 106, 108; Schultz-Süchting in Emde/Dornseifer/ Dreibus/Hölscher, InvG, 2013, § 81 Rn. 2; Baur, Investmentgesetze, 1997, § 36 KAGG Rn. 1; Baur/Ziegler in Bankrecht und Bankpraxis, Rn. 9/283; vgl. auch BT-Drucks. 17/3628, S. 28 und zu BT-Drucks. V/4414, S. 6). Zugleich soll der Gefahr einer wirtschaftlich nicht sinnvollen Verwertung des Fondsvermögens in einer Krisensituation vorgebeugt werden. Da die Aussetzung jedoch - wie dargelegt - dem Liquiditätsinteresse der Anleger entgegensteht, ist hierüber vor der Anlagenentscheidung aufzuklären.
- 27
- 3. Nach den bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat die Beklagte die Klägerin nicht entsprechend aufgeklärt.
- 28
- a) Nach dem unstreitigen Sachverhalt ist eine solche Aufklärung durch die Beraterin im Rahmen des Beratungsgesprächs im März 2008 nicht erfolgt.
- 29
- b) Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die Klägerin habe Anfang 2003 die "Basisinformationen für Wertpapier-Vermögensanlagen" (nachfolgend : Basisinformationen) erhalten, in denen auf die Möglichkeit einer vorübergehenden Aussetzung der Anteilsrücknahme hingewiesen werde, kann diese Unterlage als Mittel der Aufklärung zwar grundsätzlich geeignet sein (vgl. Senatsurteile vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 26 f. und vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 32; OLG Düsseldorf , WM 2011, 399, 403; OLG Frankfurt am Main, WM 2010, 2111, 2114). Vorliegend konnte die Beklagte ihre Aufklärungspflicht jedoch von vornherein nicht durch die Übergabe der Basisinformationen an die Anleger erfüllen. Bei einem offenen Immobilienfonds konnte die Anteilsrücknahme nach § 81 InvG aF nur dann ausgesetzt werden, wenn die Vertragsbedingungen des jeweiligen Fonds eine solche Befugnis vorsahen (vgl. Köndgen/Schmies in Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 113 Rn. 141). Informationen darüber , ob hier der Kapitalanlagegesellschaft in den Vertragsbedingungen eine solche Befugnis eingeräumt worden war, enthalten die allgemeinen Basisinformationen naturgemäß nicht. Hierüber hätte die Beklagte die Anleger entweder in verständlicher Weise mündlich oder durch die rechtzeitige Übergabe eines auf den streitgegenständlichen Fonds bezogenen Informationsmaterials schriftlich aufklären müssen.
- 30
- c) Zu einer etwaigen Aufklärung der Anleger durch die "Kundeninformationen zum Wertpapiergeschäft" (nachfolgend: Kundeninformationen), welche die Anleger nach dem Vorbringen der Beklagten am 1. November 2007 per Post erhalten haben, hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen. Nachdem die Anleger den Erhalt dieser Broschüre bestritten haben, ist in Ermangelung etwaiger Feststellungen des Berufungsgerichts revisionsrechtlich davon auszugehen , dass die Anleger nicht mit dieser Broschüre aufgeklärt worden sind.
III.
- 31
- Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird zunächst Feststellungen dazu zu treffen haben, ob die Anleger durch die Kundeninformationen richtig, sorgfältig, vollständig und zeitnah im Zusammenhang mit dem Erwerb der Fondsanteile im März 2008 über das Risiko einer Aussetzung der Anteilsrücknahme aufgeklärt worden sind.
- 32
- Falls das Berufungsgericht eine Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten feststellen sollte, wird es, nachdem die Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag hatten, zudem die zur Frage der Kausalität fehlenden Feststellungen nachzuholen haben. Dabei wird es im Hinblick auf etwaige Beweisangebote der Parteien sowie hinsichtlich der Beweislast für die Kausalität die einschlägige Rechtsprechung des Senats zu beachten haben (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 28 und 38 ff.).
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 27.02.2012 - 7 O 780/11 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 15.11.2012 - 8 U 512/12 -
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ulm, Az. 4 O 122/08, vom 22.08.2008 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 710.000 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 100.000 Euro seit dem 28.12.2005, 28.06.2006, 28.12.2006, 28.06.2007 und 28.12.2007, aus 7.000 Euro seit dem 31.01.2006 sowie aus 203.000 Euro seit dem 19.12.2008 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Kläger leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.
V. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert und Beschwer der Beklagten in beiden Instanzen: bis 850.000 Euro
Gründe
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(1) Die Mittel der Krankenversicherung werden durch Beiträge und sonstige Einnahmen aufgebracht; als Beiträge gelten auch Zusatzbeiträge nach § 242. Darlehensaufnahmen sind nicht zulässig. Die Aufsichtsbehörde kann im Einzelfall Darlehensaufnahmen bei Kreditinstituten zur Finanzierung des Erwerbs von Grundstücken für Eigeneinrichtungen nach § 140 sowie der Errichtung, der Erweiterung oder des Umbaus von Gebäuden für Eigeneinrichtungen nach § 140 genehmigen.
(2) Der beim Bundesamt für Soziale Sicherung gebildete Schätzerkreis schätzt jedes Jahr bis zum 15. Oktober für das jeweilige Jahr und für das Folgejahr
- 1.
die Höhe der voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder der Krankenkassen, - 2.
die Höhe der voraussichtlichen jährlichen Einnahmen des Gesundheitsfonds, - 3.
die Höhe der voraussichtlichen jährlichen Ausgaben der Krankenkassen sowie - 4.
die voraussichtliche Zahl der Versicherten und der Mitglieder der Krankenkassen.
(3) Für das Rechnungswesen einschließlich der Statistiken bei der Verwaltung des Gesundheitsfonds durch das Bundesamt für Soziale Sicherung gelten die §§ 76, 77 Absatz 1a Satz 1 bis 6 und § 79 Absatz 1 und 2 in Verbindung mit Absatz 3a des Vierten Buches sowie die auf Grund des § 78 des Vierten Buches erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Für das Vermögen gelten die §§ 80, 83 Absatz 1 und 2 bis 4, die §§ 84 und 86 des Vierten Buches entsprechend. Die Mittel des Gesundheitsfonds können abweichend von § 83 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b und c sowie Nummer 4 Buchstabe c des Vierten Buches angelegt werden bei Kreditinstituten, die die geltenden Vorschriften über das Eigenkapital und die Liquidität einhalten. Die Einhaltung der Vorschriften über das Eigenkapital und die Liquidität ist regelmäßig, mindestens jährlich, zu überprüfen. Die Bestellung des Wirtschaftsprüfers oder des vereidigten Buchprüfers zur Prüfung der Jahresrechnung des Gesundheitsfonds erfolgt durch die beim Bundesamt für Soziale Sicherung eingerichtete Prüfstelle im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Finanzen. Die Entlastung des Präsidenten oder der Präsidentin des Bundesamtes für Soziale Sicherung als Verwalter des Gesundheitsfonds erfolgt durch das Bundesministerium für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen.
(4) Das Bundesministerium für Gesundheit erarbeitet Empfehlungen für eine stabile, verlässliche und solidarische Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Hierbei soll insbesondere auch die Ausgabenseite der gesetzlichen Krankenversicherung betrachtet werden. Die Empfehlungen des Bundesministeriums für Gesundheit werden bis zum 31. Mai 2023 vorgelegt. Zudem erarbeitet das Bundesministerium für Gesundheit Empfehlungen zum Bürokratieabbau im Gesundheitswesen und Vorschläge für gesetzliche Vorgaben, die eine Offenlegung der Service- und Versorgungsqualität der Krankenkassen anhand von einheitlichen Mindestkriterien ermöglichen. Diese sollen bis zum 30. September 2023 erarbeitet werden.
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ulm, Az. 4 O 122/08, vom 22.08.2008 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 710.000 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 100.000 Euro seit dem 28.12.2005, 28.06.2006, 28.12.2006, 28.06.2007 und 28.12.2007, aus 7.000 Euro seit dem 31.01.2006 sowie aus 203.000 Euro seit dem 19.12.2008 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Kläger leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.
V. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert und Beschwer der Beklagten in beiden Instanzen: bis 850.000 Euro
Gründe
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Die Verjährung schließt die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 12.3.2013 (21 O 472/11) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9.4.2013 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.357.435,82 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2011 zu zahlen. Hinsichtlich des weitergehenden Zahlungsanspruchs in Höhe von 18.271,20 Euro wird die Klägerin auf Grund des Verzichts mit dem Anspruch abgewiesen.
Es wird festgestellt, dass keine weiteren Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin aus
– dem am 16.11.2009 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxE/ xxxxxxE („E“) und
– dem am 12.3.2008 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxE („Digitaler ZinsumfeldT“) sowie
– dem am 9.11.2006 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxE („Kündbarer ZahlerT“)
bestehen.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der X aufgrund von insgesamt zehn zwischen den Parteien geschlossenen T-Verträgen auf Zahlung von Schadensersatz und Feststellung in Anspruch.
4Diese T-Verträge hatte die Klägerin zum Zwecke der „Zinsoptimierung“ bereits bestehender Kreditverbindlichkeiten abgeschlossen, die überwiegend nicht bei der Beklagten, sonder bei anderen Kreditinstituten bestanden (vgl. Anlage K 5).
5Sie ist der Ansicht, die von ihr mit der Beklagten geschlossenen T-Verträge seien bereits wegen fehlender Rechtsfähigkeit auf Seiten der Klägerin nichtig. Sollten die Verträge wirksam sein, liege ein Beratungsfehler der Beklagten bei Abschluss aller T-Verträge darin, dass sie keine ausreichende Kundenexploration durchgeführt, die Anlageziele der Klägerin nicht beachtet, keine anlagegerechte Beratung durchgeführt, die Klägerin nicht über den anfänglichen negativen Marktwert aufgeklärt und die in den Verträgen liegenden Verstöße gegen haushaltsrechtliche Vorschriften nicht geprüft bzw. deren Einhaltung nicht überwacht habe. Bei einer Aufklärung über den negativen Marktwert hätte sie die Verträge nicht abgeschlossen. Auf die Verjährung der Schadensersatzansprüche könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie eine vorsätzliche Fehlberatung vorgenommen habe.
6Das Landgericht hat mit Urteil vom 12.3.2013, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe – auch hinsichtlich der gestellten Anträge - Bezug genommen wird, der Klage überwiegend stattgegeben, wogegen beide Parteien form- und fristgerecht Berufung eingelegt haben.
7Die Klägerin verfolgte mit ihrer Berufung zunächst die erstinstanzlichen Anträge, soweit sie vom Landgericht abgewiesen wurden, in vollem Umfang weiter. Mit Schriftsatz vom 4.6.2014 erklärte sie sodann, nachdem beide Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 28.5.2014 ihre Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt hatten, Klageverzicht hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe weiterer 18.271,20 Euro über die erstinstanzlich ausgeurteilte Summe hinaus.
8Die Klägerin beantragt nunmehr,
9unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 12.3.2013 (21 O 472/11)
101. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.357.435,82 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
112. festzustellen, dass keine weiteren Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin bestehen aus
12– dem am 16.11.2009 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxxx („D“),
13– dem am 12.3.2008 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxxxx („Digitaler ZinsumfeldT“) sowie
14– dem am 9.11.2006 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxxx („Kündbarer ZahlerT“)
15sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
16Die Beklagte beantragt,
17unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 12.3.2013 die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin – hinsichtlich der Teilforderung in Höhe von 18.271,20 Euro insoweit durch Verzichturteil – zurückzuweisen.
18Die Beklagte ist der Ansicht, dass zwar Handlungen außerhalb des Wirkungskreises der Klägerin ("V") für unwirksam zu erachten seien. Jedoch habe sich die Klägerin bei Abschluss der streitgegenständlichen T-Geschäfte auf dem Gebiet der kommunalen Haushaltswirtschaft bewegt und eine eventuelle Rechtswidrigkeit der Geschäfte im Hinblick auf die Nichteinhaltung der haushaltsrechtlichen Vorgaben führe nicht zur Nichtigkeit der T-Verträge mit der Beklagten. Eine Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert habe nicht erfolgen müssen, weil dieser allein das Gewinninteresse der Beklagten wiederspiegele und darüber hinaus eine solche Pflicht bei T-Verträgen mit – wie hier – Grundgeschäftsbezug nicht bestehe. Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe seit Juni 2007 von der angeblichen kommunalrechtlichen Unzulässigkeit bzw. Risikogeneigtheit der Produkte in Widerspruch zu ihren angeblichen Anlagezielen gewusst und trotzdem aus politischen Gründen weiter investiert. Insofern sei die fehlende Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert jedenfalls nicht kausal für die Anlageentscheidung der Kläger gewesen. Die Beklagte ist weiter der Ansicht, die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden anrechnen lassen, weil sie spätestens ab Mitte 2007 die angebliche kommunalrechtliche Unzulässigkeit der Verträge kritisch prüfen und die Geschäfte hätte beenden müssen. Auch müsse sich die Klägerin als ersparte Aufwendung auf ihren Schadensersatzanspruch die Auflösungspreise anrechnen lassen, die im Rahmen der Restrukturierung an die Beklagte zu zahlen gewesen wären. Die Beklagte beruft sich auf die Verjährung der klägerischen Ansprüche.
19Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
20II.
21Die Berufung der Klägerin ist – soweit sie auf die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche nicht mit Schriftsatz vom 4.6.2014 verzichtet hat – in vollem Umfang begründet, so dass das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der beantragten Feststellung betreffend die Ansprüche der Beklagten aus dem Kündbaren-Zahler-T entsprechend abzuändern war. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten nicht nur einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.357.435,82 Euro, sondern auch einen Anspruch auf Feststellung, dass der Beklagten aus den Finanzinstrumenten „D“, „Digitaler-ZinsumfeldT“ sowie „Kündbarer ZahlerT“ keine weiteren Ansprüche zustehen. Die Berufung der Beklagten bleibt dagegen ohne Erfolg.
22Im Einzelnen:
23I. Der Zahlungsanspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus § 812 Abs. 1 BGB, weil die zwischen den Parteien geschlossenen T-Verträge nicht wegen fehlender Rechtsfähigkeit der Klägerin oder aus anderen Gründen nichtig sind. In diesem Zusammenhang wird zunächst Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts genommen. Ergänzend gilt Folgendes:
241. Die von der Klägerin mit der Beklagten geschlossenen T-Verträge sind nicht deshalb nichtig, weil der Klägerin aufgrund Nichteinhaltung der haushaltsrechtlichen Vorgaben und der damit verbundenen Überschreitung des eigenen Wirkungskreises die Rechtsfähigkeit fehlte, sich gegenüber der Beklagten zu verpflichten.
25a. Der Klägerin ist nach Art. 78 Abs. 2 LV NW i.V.m. Art. 28 Abs. 2 GG i.V.m. § 2 GO NW das Recht eingeräumt, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. Ausfluss dieses verfassungsrechtlich begründeten Selbstverwaltungsrechts ist unter anderem die kommunale Finanzhoheit als ein Kerngebiet des kommunalen "Wirkungskreises" bzw. der Verbandszuständigkeit der Kommune. Sie gewährleistet das Recht der Kommunen auf eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft einschließlich eigener Haushaltsführung und Vermögensverwaltung. Dabei obliegt den Kommunen als Teil ihrer Haushaltswirtschaft - dies stellt auch die Klägerin nicht in Abrede - auch das kommunale Schuldenmanagement, zu dem sowohl die Befugnis der Gemeinde gehört, ein Darlehen zur Finanzierung der örtlichen Angelegenheiten aufzunehmen als auch die Befugnis, die Zinskonditionen eines Darlehens zu verändern. Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass der Wirkungskreis einer Gemeinde dann überschritten werde, wenn Derivatgeschäfte losgelöst und ohne jeden Bezug zu bestehenden oder zukünftigen Verbindlichkeiten allein zum Zweck der Erwirtschaftung separater Gewinne abgeschlossen werden, bedarf diese Frage keiner Entscheidung, da die tatsächlichen Voraussetzungen des vorliegenden Falles anders liegen. Denn die streitgegenständlichen Verträge sollten gerade dazu dienen, ohne Inanspruchnahme weiteren Eigenkapitals der Klägerin die Zinslast aus den bestehenden Darlehen zu "optimieren".
26b. Fällt damit das kommunale Schuldenmanagement generell in den Wirkungskreis der Klägerin, so hängt das von der Klägerin postulierte Merkmal der fehlenden Rechtsfähigkeit maßgeblich davon ab, wie differenziert dieser Wirkungskreis im Hinblick auf die Wirksamkeit zivilrechtlicher Verträge auszugestalten ist. In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist der Senat der Ansicht, dass der Wirkungskreis der Klägerin und damit ihre Rechtsfähigkeit nicht davon abhängig ist, ob und in welchem Maße ihr Handeln im Rahmen des Schuldenmanagements gegen kommunal- oder haushaltsrechtliche Vorgaben verstößt.
27Für diese Sichtweise sprechen zunächst Gründe der Rechtssicherheit. Denn folgt man der Ansicht der Klägerin, dann würde die Frage der Rechtsfähigkeit einer Gemeinde als juristischer Person des öffentlichen Rechts vom Ergebnis einer Abwägung der Einzelfallumstände unter Beachtung haushaltsrechtlicher Vorgaben abhängen. Für die vom Landgericht vertretene Ansicht spricht darüber hinaus auch der Umstand, dass die Klägerin die Reichweite der V-Lehre unzulässig ausgedehnt hat: Zwar eröffnet die kommunale Finanzierungshoheit nicht die Befugnis, Geschäfte jeglichen Risikos abschließen zu dürfen (vgl. Lammers, NVwZ 2012, 12, 13). Insoweit findet das Haushaltsrecht, das auch der Begrenzung finanzieller Risiken für die Kommunen dient, auch auf Finanzinstrumente Anwendung und wird im Wege der Kommunalaufsicht überwacht. Dabei sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, welche die Gemeinden beachten müssen, im Rahmen eines Beurteilungsspielraums zu beachten. Aus diesen Grundsätzen folgt jedoch, dass der Einsatz von Finanzderivaten nicht generell verboten ist, sondern es von einer Abwägung im Einzelfall abhängt, ob ein T-Vertrag als unzulässiges Spekulationsgeschäft oder als zulässiges Zinsoptimierungsgeschäft anzusehen ist. Selbst wenn – wie die Klägerin es im vorliegenden Falle behauptet – die streitgegenständlichen T-Verträge aufgrund der fehlenden Zuordnung zu konkreten Darlehensverträgen als kommunalrechtlich unzulässiges Spekulationsgeschäft einzustufen wären, ist Rechtsfolge einer solchen Unzulässigkeit nach haushaltsrechtlichen Vorschriften zunächst nur die Untersagung des Geschäfts durch die Kommunalaufsicht. Sowohl aus diesem Umstand als auch aus der notwendigen Einzelfallabwägung ergibt sich, dass ein Verstoß gegen das Spekulationsverbot keine Auswirkungen auf die Rechtsfähigkeit der Gemeinde haben kann. Der Ursprung des Spekulationsverbotes in einem Abwägungsprozess und das damit einhergehende Fehlen einer absolut wirkenden Untersagung machen vielmehr deutlich, dass Kommunen beim Abschluss eines solchen Geschäfts nicht V gehandelt haben.
28Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, dass die Gemeinde zwar die Finanzhoheit innehabe, diese jedoch durch den notwendigen Bezug zur Finanzierung der Aufgabenerfüllung sowie durch die haushaltsrechtlichen Bestimmungen der Gemeindeordnung beschränkt sei, trifft dies durchaus zu. Der weiteren von der Klägerin vorgenommenen Einschränkung, wonach ein Finanzderivat (nur) dann zur – zivilrechtlich wirksamen – Umgestaltung von Darlehenskonditionen verwendet werden kann, wenn es so homogen auf das zugeordnete Darlehen (grundgeschäftsbezogen) abgestimmt ist, dass sich dieses L als Umgestaltung der Darlehenskonditionen darstellt, vermag der Senat jedoch nicht zu folgen: Die öffentlich-rechtliche Beschränkung der Finanzhoheit sagt noch nichts darüber aus, welche Folgen ein Verstoß gegen haushaltsrechtliche Bestimmungen für zivilrechtliche Verträge hat, die von der Gemeinde abgeschlossen wurden. Nicht jede Handlung, die die Gemeinde unter Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Bestimmungen vornimmt, ist zugleich zivilrechtlich nichtig.
29Auch der von der Klägerin angeführte Runderlass des Innenministeriums NRW vom 9.10.2006 (sog. Krediterlass, Anlage K 2) spricht nicht für die von ihr vertretene Ansicht einer fehlenden Rechtsfähigkeit, sondern ist vielmehr gerade ein Argument für die generelle zivilrechtliche Wirksamkeit von Derivatgeschäften einer Gemeinde. Nach diesem Runderlass können Gemeinden nämlich Zinsderivate zur Zinssicherung und zur Optimierung ihrer Zinsbelastung nutzen, wenn sie dabei bestimmte haushaltsrechtliche Vorgaben (Konnexität, keine Zinsrisikoerhöhung in der Gesamtschau, Bildung von Bewertungseinheiten nur bei Homogenität der Risiken und zeitlicher Kongruenz sowie abstrakter Konnexität) beachten. Allein die Existenz dieses Erlass zeigt, dass Geschäfte mit Zinsderivaten zur Zinssicherung bzw. Optimierung der Zinsbelastung grundsätzlich zum Aufgabenbereich der Gemeinde gehören und nur die Ausgestaltung der Verträge im Einzelfall bestimmten Vorgaben genügen muss, um dem Haushaltsrecht gerecht zu werden (vgl. insoweit OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.9.2007 - 6 U 122/06, WM 2008, 66 zum Kreditaufnahmeverbot in § 220 Abs. 1 SGB V). Der Finanzhoheit der Gemeinde als einem Kerngebiet ihres kommunalen Wirkungskreises werden also Geschäfte mit Zinsderivaten nicht generell entzogen. Vielmehr werden solche Verträge für zulässig erachtet; die Gemeinden müssen allerdings - um den Geboten der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu genügen - bestimmte haushaltsrechtliche Vorgaben einhalten. Ob dies geschehen ist, obliegt einer Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Eine solche Abwägung der Umstände des Einzelfalls kann aber nicht zu einer Aberkennung der Rechtsfähigkeit der Gemeinde führen, weil dies bedeuten würde, dass für eine "schlichte" Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns überhaupt kein Anwendungsbereich mehr verbliebe. Es handelt sich bei dem Krediterlass darüber hinaus lediglich um eine verwaltungsinterne Regelung, die die Grenze zwischen Rechtmäßigkeit und Pflichtwidrigkeit für die Gemeinden beim Abschluss von derivaten Finanzgeschäften konkretisieren soll. Insofern kann vorliegend auch dahinstehen, ob die einzelnen Voraussetzungen des Krediterlasses bei den streitgegenständlichen T-Verträgen erfüllt waren. Denn selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, führte dies nicht zur fehlenden Rechtsfähigkeit der Klägerin bei Abschluss der Verträge mit der Beklagten.
30Es ist auch nicht möglich, eine fehlende Rechtsfähigkeit der Klägerin mit dem Argument anzunehmen, dass der Abschluss der T-Verträge ein reiner Verkauf von Optionen und damit objektiv die Übernahme einer entgeltlichen Absicherung der Beklagten darstellte, welche keine spezifische örtliche Angelegenheit der Klägerin sei. Die Klägerin hat vorliegend hochspekulative Finanzinstrumente gewählt, welche durchaus die Möglichkeit eines Gewinnes für sie beinhaltet haben, auch wenn diese Chance gegenüber den Verlustrisiken als gering einzustufen war. Diese Finanzinstrumente haben sich im weiteren Zeitablauf anders entwickelt, als es sich die Klägerin erhofft hatte. Dies ist aber keine Rechtfertigung dafür, nunmehr ergebnisorientiert von einer entgeltlichen Absicherung der Risiken der Beklagten zu sprechen. Denn dann wäre die Frage, ob die Klägerin eine spezifisch örtliche Angelegenheit wahrgenommen hat, letztlich davon abhängig, ob sie aus den Geschäften, die zur Umgestaltung der bestehenden Darlehenskonditionen abgeschlossen wurden, nach Ablauf der vertraglichen Laufzeit Gewinne erzielt hat.
31Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung weiter darauf abstellt, dass eine wirtschaftliche Betätigung mit Finanzgeschäften nicht zu den spezifischen örtlichen Angelegenheiten einer Gemeinde gehört, verkürzt sie dadurch in unzulässiger Art und Weise den Sachverhalt. Sie hat vorliegend gerade kein isoliertes Finanzgeschäft mit der Beklagten getätigt, sondern hat einen - im Ergebnis misslungenen - Versuch unternommen, die bestehenden Zinsverpflichtungen aus Darlehen, welche sie unstreitig zur Erfüllung ihrer örtlichen Angelegenheiten aufgenommen hat, zu optimieren und hat dazu eine Vertragskonstruktion gewählt, die zwar risikobehaftet, jedoch nicht generell ungeeignet war.
32Schließlich ist die vom Landgericht vorgenommene Wertung zur Rechtsfähigkeit der Klägerin auch nicht verfassungswidrig, weil sie der Klägerin vermeintlich erlaubt, auch ohne Bezug zur Selbstverwaltung auf dem Gebiet der Finanzwirtschaft tätig zu sein und damit mittelbar in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum und in die Teilhabegrundrechte eingreift. Denn auch in diesem Zusammenhang spaltet die Klägerin in unzulässiger Weise die von ihr abgeschlossenen Finanzprodukte auf und betont lediglich den Umstand, dass sie mit diesen Geschäften (in Saldo) Verlust gemacht und damit Steuergelder verloren hat.
332. Eine Nichtigkeit der T-Verträge nach § 134 BGB kommt - unabhängig von den Umstand, dass sich die Klägerin ausdrücklich nicht auf diese Vorschrift stützen will (vgl. Bl. 371, 428 GA) - nicht in Betracht. Das die Gemeinden treffende Spekulationsverbot ist auch in seiner Ausgestaltung durch den Krediterlass vom 9.10.2006 zu unbestimmt und daher als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB ungeeignet (vgl. dazu OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 – 4 U 92/08, WM 2009, 1082; OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 – 23 U 230/08, WM 2010, 1790; OLG Naumburg, Urt. v. 24.3.2005 - 2 U 111/04, WM 2005, 1313).
343. Die vorliegenden T-Verträge sind auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig. Zwar beinhalten sie ein Ungleichgewicht der wechselseitigen Chancen und Risiken, jedoch lässt die Privatautonomie es auch zu, risikoreiche Verträge zu schließen (BGH, Urt. v. 28.2.1989 - IX ZR 130/88, NJW 1989, 1276). Der Umstand, dass die Klägerin nur unter bestimmten und nicht sicher zu prognostizierenden Umständen Gewinn aus den Verträgen generieren konnte, ist kein hinreichender Umstand, die Verträge als mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung unvereinbar anzusehen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang die Unerfahrenheit der Klägerin mit T-Geschäften ausgenutzt hat, auch wenn diese solche Verträge vorher noch nicht abgeschlossen hatte. Denn aus den jeweiligen Präsentationen bzw. Produktblättern lässt sich auch ohne besondere finanzmathematische Kenntnisse erkennen, dass die Klägerin ihre Gewinnerwartung bei den betreffenden Verträgen letztlich auf eine Wette auf die künftige Marktentwicklung (Euribor, CMS10 bzw. CMS2, Wechselkurs des Schweizer Franken, Euro-10-Jahres-T-Rate) stützte und es lässt sich errechnen, welche maximalen Gewinne bzw. Verluste sie aus diesen Verträgen erwirtschaften konnte. Darüber hinaus hatte die Klägerin auch den Vorteil, ohne jeden Einsatz von Eigenkapital zu Beginn der Vertragslaufzeit garantierte Überschüsse zu erzielen, mit denen sie planen konnte (vgl. dazu OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 – 4 U 92/08, WM 2009, 1082; OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 – 23 U 230/08, juris Rn. 39). So wies der Kündbare Stufen-T vom 9.9.2005 im ersten Jahr eine Zinszahlung der Klägerin von 1,75% auf, während die Beklagte einen fixen Zins von 2,75% zu zahlen hatte. Aus dem Kündbaren Korridor T vom 19.9.2005 war die Klägerin im ersten Jahr zur Zahlung des 3-Monats-Euribors (damals 2,136%) verpflichtet und bekam ihrerseits von der Beklagten 3,55%. Aus dem Digitalen-Zins-Umfeld-T vom 12.3.2008 erhielt die Klägerin 3% von der Beklagten und musste im ersten und zweiten Jahr selbst einen Festzins in Höhe von 2,25% zahlen.
354. Soweit die Klägerin in erster Instanz eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung darauf gestützt hatte, die Beklagte habe bei ihr vorsätzlich die Fehlvorstellung verursacht, dass es sich bei den betreffenden Verträgen um solche handele, die nach den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Klägerin zulässig seien, hat das Landgericht diese Anfechtung zutreffend daran scheitern lassen, dass die Klägerin - mit ihrer Erklärung in der Klageschrift vom 16.11.2011 - jedenfalls die Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB nicht eingehalten hat.
36II. Der Klägerin steht jedoch ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 1.357.435,82 Euro aus § 280 Abs. 1 BGB zu. Denn der Beklagten ist im Rahmen der gegenüber der Klägerin vorgenommenen Beratungen jedenfalls insoweit eine Pflichtverletzung zu Lasten der Klägerin vorzuwerfen, als sie diese nicht über das Bestehen eines anfänglichen negativen Marktwertes der T-Verträge aufgeklärt hat.
37Im Einzelnen:
381. Der Beklagten ist kein Beratungsfehler vorzuwerfen, weil sie die Klägerin nicht über die kommunalrechtliche Zulässigkeit der T-Verträge, nämlich den vermeintlichen Verstoß gegen das Spekulationsverbot wegen Nichterfüllung der Vorgaben des Krediterlasses aufgeklärt hat.
39a. Sofern die Klägerin geltend macht, die Beklagte habe in den Beratungsgesprächen darauf hingewiesen, dass die empfohlenen Geschäfte im Einklang mit dem Krediterlass stünden und die Klägerin sei daher davon ausgegangen, dass man ihr nur solche Finanzierungsinstrumente empfehlen würde, die tatsächlich kommunalrechtlich zulässig seien, begründet dies – unabhängig von dem Umstand, dass die Beklagte entsprechende Äußerungen bestritten hat – im Ergebnis keine Beratungspflichtverletzung der Beklagten.
40Ein tatsächlicher Hinweis im Sinne einer Aufklärung über das Bestehen eines Spekulationsverbotes war entbehrlich, weil der Klägerin das entsprechende Problem unstreitig bekannt war. Ob die damit verbliebene Aufgabe der rechtlichen Einordnung, ob der betreffende Vertrag im Einzelfall gegen das Spekulationsverbot verstieß und damit von der Klägerin abgeschlossen werden durfte, der Beklagten auferlegt werden kann, hält der Senat für zweifelhaft, weil dies den Bereich einer (unerlaubten) Rechtsberatung tangieren dürfte (so auch OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 – 4 U 92/08, WM 2009, 1082). Die Beklagte hätte nämlich eine rechtliche Wertung dahingehend treffen müssen, ob das Produkt unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls mit den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu vereinbaren ist und ob eine L Grundgeschäftsbezogenheit vorliegt. Diese Frage kann jedoch im Ergebnis dahinstehen. Denn selbst wenn man die entsprechende Wertung und eine darauf aufbauende Beratung nicht als Rechtsberatung, sondern als Fragestellung "tatsächlicher Natur mit einem finanzwirtschaftlichen Schwerpunkt" betrachtet (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 27.10.2010 – 9 U 148/08, WM 2010, 2169), liegt eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht vor. Denn zum einen ist die Durchsetzung des kommunalrechtlichen Spekulationsverbotes eine Angelegenheit der staatlichen Rechtsaufsicht und gehört auf kommunaler Ebene zum originären Aufgabenbereich der Kontrollgremien der Kommunalverwaltung. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass das Spekulationsverbot abwägender Natur ist und bei dieser Abwägung Beurteilungsspielräume bestehen, die durch die Beklagte als Bank kaum hätte ausgeübt werden können. Die Annahme eines Beratungsverschuldens hätte also zur Folge, dass die Gemeinde das mit der Anlageentscheidung verbundene Risiko im Nachhinein auf das beratende Kreditinstitut abwälzen könnte (vgl. OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 – 4 U 92/08, WM 2009, 1082; OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 – 23 U 230/08, juris Rn. 45; ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.9.2007 - 6 U 122/06, WM 2008, 66 - Hinweis auf das Kreditaufnahmeverbot nach §§ 220 Abs. 2 S. 1, 222 SGB V; OLG Dresden, Beschl. v. 10.2.2004 - 8 U 2225/03, WM 2004, 1278 - Hinweis auf stiftungsrechtliche Verpflichtungen).
41Soweit in der Rechtsprechung teilweise eine Hinweispflicht auf kommunalrechtliche Beschränkungen bejaht wird (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 24.3.2005 - 2 U 111/04, WM 2005, 1313; OLG Stuttgart, Urt. v. 27.10.2010 – 9 U 148/08, WM 2010, 2169) überzeugen die angeführten Gründe nicht bzw. sind jedenfalls nicht auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragbar: Das OLG Naumburg (Urt. v. 24.3.2005 - 2 U 111/04, WM 2005, 1313) hat zwar eine Hinweispflicht auf kommunalrechtliche Beschränkungen (Spekulationsverbot etc.) bejaht. Im entsprechenden Nichtannahmebeschluss hat der BGH (Beschl. v. 21.3.2006 - XI ZR 116/05) jedoch ausgeführt, dass der "vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommene Beratungsfehler der Beklagten ... im Kern nicht in einem unterbliebenen Hinweis auf kommunalrechtliche Bindungen der Stadtwerke, sondern darin (besteht), dass die Beklagte nicht ausreichend über den spekulativen Charakter des konkreten Tgeschäfts aufgeklärt hat". Das lässt aus Sicht des Senats die Schlussfolgerung zu, dass der BGH jedenfalls in diesem Fall eine Beratungs-/Hinweispflicht der beratenden Bank nicht bejahen wollte, sondern die Nichtannahme auf andere Beratungsfehler gestützt hat. Das OLG Stuttgart (Urt. v. 27.10.2010 – 9 U 148/08, WM 2010, 2169) hatte zum einen über einen Sachverhalt zu entscheiden, in welchem die beklagte Bank explizit als Expertin für kommunales Haushaltsrecht aufgetreten war und zum anderen in der Vergangenheit bereits kostenpflichtige Beratungsleistungen hinsichtlich des Eingreifens von Spekulationsverboten bei der dortigen Klägerin erbracht hatte. Die Frage, ob ein Berater generell auf das Bestehen bzw. das Eingreifen des Spekulationsverbotes hinweisen muss, hat es dagegen offen gelassen und lediglich ausgeführt, dass die entsprechenden Normen – obwohl aufsichtsrechtlicher Natur – einen Rückschluss auf ein sehr konservatives, sicherheitsorientiertes Anlegerprofil zuließen.
42b. Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, aus der e-mail des Zeugen T2 vom 15.2.2007 ergebe sich, dass die Beklagte es übernommen habe, die Frage des kommunalrechtlich hinreichenden Grundgeschäftsbezuges zu klären, teilt der Senat diese Auffassung nicht: Die e-mail des Zeugen T2 lässt zwar erkennen, dass von Seiten der Beklagten eine Zuordnung der Darlehen der Klägerin zu den jeweiligen Ts vorgenommen bzw. ein fehlendes Darlehensvolumen als problematisch für eine geplante Umstrukturierung angesehen wurde. Dass dies jedoch heißen sollte, dass die Klägerin (auch) in dieser Hinsicht beraten werden wollte und die Beklagte eine solche Aufgabe mit entsprechender Haftung übernimmt, ist weder dieser Äußerung noch den Gesamtumständen zu entnehmen. Mit e-mail vom 10.4.2007 (Anlage K 26) hat der Zeuge T2 eine Zuordnung der Darlehen zu den Derivaten mit der Bemerkung übersandt "Eine mögliche Zuordnung könnte wie folgt aussehen" – dabei handelt es sich erkennbar um eine „offene“ Formulierung und nicht um das Ergebnis einer Beratung. In der e-mail vom 17.2.2009 (Anlage K 45) schlägt der Zeuge mögliche Alternativen für die Klägerin im Rahmen der Umstrukturierung des D-Digital-T vor. Dabei werden unterschiedliche Varianten mit den jeweiligen Konditionen und einem kurzen Risikohinweis dargestellt, im Übrigen wird auf die Präsentation vom 12.2.2009 verwiesen. Angaben dazu, ob die vorgeschlagenen Produkte die erforderliche Konnexität aufweisen, finden sich in dieser e-mail nicht. Die Zeugin T3 hatte zwar den Zeugen T2 zuvor mit e-mail vom 13.2.2009 (Anlage K 44) gebeten, die Zuordnung der Derivatgeschäfte zu den Darlehen des allgemeinen Haushalts zu prüfen und ggf. auszuweisen. Eine solche Zuweisung ist jedoch in der e-mail vom 17.2.2009 gerade nicht erfolgt. Vielmehr ergibt sich aus dem handschriftlichen Vermerk auf der e-mail vom 13.2.2009 (Anlage K 44), dass der Zeuge T2 an die Erledigung dieser e-mail erinnert wurde, ohne dass sich weiter aus dem Akteninhalt erkennen lässt, ob denn eine Prüfung der Beklagten stattgefunden hat. Gegen eine von der Beklagten übernommene Prüfungspflicht im Rahmen der Beratung spricht des weiteren auch, dass der Zeuge T2 in seiner e-mail vom 17.2.2009 im letzten Absatz die Klägerin aufgefordert hat, Rücksprache mit ihren Wirtschaftsprüfern hinsichtlich der Bildung von Rückstellungen zu halten, was mit einem vorher vergebenen Prüfungsauftrag inhaltlich nicht zu vereinbaren wäre. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin schon bei Abschluss des Rahmenvertrages vom 22.8.2005 den "Anhang für Verträge mit kommunalen Körperschaften" unterschrieben hat (Bl. 60R AO I), in welchem es sinngemäß heißt, dass sie Abschlüsse ausschließlich zur Absicherung von Risiken aus Kreditaufnahmen tätigen wird, dass sie dem Absicherungscharakter gemäß das Volumen und die Laufzeit des Einzelabschlusses dem Grundgeschäft anpassen wird und dass sie zusichert, nicht gegen die für sie maßgebenden Rechtsvorschriften, "insbesondere das Spekulationsverbot" zu verstoßen. Schon aus dieser Erklärung musste für die Klägerin deutlich werden, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang weder eine Prüfungspflicht noch eine Haftung übernehmen wollte.
432. Der Beklagten ist auch keine fehlerhafte Beratung der Klägerin vorzuwerfen, weil sie keine ausreichende Kundenexploration vorgenommen hat. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass aufgrund des Akteninhalts und des "sehr pauschalen" Vortrags der Klägerin davon auszugehen sei, dass der Zeuge N aufgrund seiner Ausbildung und seiner Erfahrung einen ausreichenden Wissensstand hatte, um die Präsentation der Beklagten und die darin dargelegten Punkte Funktionsweise, Bedeutung und Risiken der Verträge verstehen zu können. Diese Bewertung hält der Senat im Ergebnis für richtig:
44Die Klägerin macht mit der Berufung zwar zutreffend geltend, dass der Wissensstand des Zeugen N nichts mit der Frage zu tun hat, welches Anlageziel die Klägerin verfolgte. In diesem Einwand liegt aber gleichzeitig eine Verkürzung der landgerichtlichen Entscheidungsgründe. Diese sind dahingehend zu verstehen, dass sich das betreffende Argument zu Ausbildung bzw. Erfahrung des Zeugen N auf die Frage beziehen sollte, inwieweit die Beklagte ihn im Sinne der BGH-Rechtsprechung "auf ihren Wissensstand bringen" musste. Ein relevanter Beratungsfehler der Beklagten liegt in der unterlassenen Kundenexploration jedoch nicht. Denn unabhängig von einer vorherigen Exploration der Klägerin hat die Beklagte inhaltlich zutreffend und verständlich über die jeweiligen T-Verträge informiert. Dass dies nach Ansicht der Klägerin "gleichsam zufällig" erfolgte, ist unerheblich. Denn ein eventueller Fehler bei der Exploration hat sich unstreitig nicht auf Art und Umfang der ordnungsgemäßen Aufklärung ausgewirkt. Dass der Zeuge N über einen ausreichenden Kenntnisstand verfügte, um die konkreten Präsentationsunterlagen der Beklagten zu verstehen und zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen und es folglich auch gar nicht darauf ankam, ob die Klägerin bereits in der Vergangenheit entsprechende Produkte erworben oder an Workshops teilgenommen hatte, hat die Klägerin mit der Berufung nicht angegriffen.
453. Die Beklagte hat bei der Beratung der Klägerin auch nicht insofern einen Beratungsfehler begangen, dass sie in vorwerfbarer Weise deren Anlageziel außer Acht gelassen hat.
46a. Soweit die Klägerin behauptet hat, der Zeuge N habe bereits beim ersten Vertragsabschluss deutlich gemacht, dass die Klägerin sich in der Haushaltssicherung befinde und daher keine Verluste oder entsprechende Risiken zulässig seien, hat das Landgericht diesen Vortrag zum Anlageziel zu Recht als widersprüchlich angesehen. Die Klägerin kann nicht auf der einen Seite ein aktives Zinsmanagement mit dem Risiko des erwartungswidrigen Verlaufs variabler Parameter und damit verbundener Verluste fordern und auf der anderen Seite verlangen, dass mit ihrem Engagement weder der Einsatz von (Eigen-) Kapital noch irgendwelche Risiken verbunden sind. Jedem Laien ist klar, dass ein risikoloses (= verlustfreies) finanzielles Engagement nur mit der Vereinbarung eines Festzinses möglich ist - gerade diese in der Vergangenheit gewählte Darlehensgestaltung wollte die Klägerin jedoch mit Hilfe der Beklagten "optimieren". Insofern hat sie mit Schriftsatz vom 11.7.2013 auch selbst vorgetragen, sie wäre für die Absicherung gegen ein Fallen des Zinsniveaus bei bestehende Zinsfestschreibung auch bereit gewesen, das Risiko eines Anstiegs des Zinsniveaus bei "synthetisch" variabler Verzinsung zu übernehmen. Folglich hat das Landgericht das Anlageziel der Kläger zutreffend dahingehend beschrieben, dass sie nicht ein "verlustloses" Geschäft, sondern ein Geschäft mit der Möglichkeit von Zinserträgen ohne Verstoß gegen das kommunalrechtliche Spekulationsverbot eingehen wollte.
47b. Zutreffend ist weiter die Feststellung des Landgerichts, dass die der Klägerin empfohlenen Produkte als solche nicht schlechthin zweck- bzw. interessenwidrig waren. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, keines der Produkte sei eine taugliche Absicherung gegen ein Fallen des Zinsniveaus gewesen, trifft dies nicht zu. Allein der Umstand, dass die maßgeblichen Parameter sich in der Folgezeit abweichend von der Erwartung der Klägerin entwickelt haben, führt nicht dazu, dass der betreffende T-Vertrag von vornherein ungeeignet war, um das Anlageziel der Klägerin zu erreichen. Denn für das Vorhaben der Zinsoptimierung oder Zinsreduzierung eignet sich im Grundsatz jedes Konzept, das auf eine ernsthafte und nachhaltige Verringerung bestehender Zinslasten durch Erträge aus gezielt zu diesem Zweck eingesetzten Finanzinstrumenten angelegt ist (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 – 23 U 230/08, juris Rn. 53). Die der Klägerin empfohlenen Produkte waren generell geeignet, Gewinne für die Klägerin zu generieren. Bei einem Vergleich mit den Marktdaten der Vergangenheit waren die Gewinnerwartungen der Klägerin ex ante betrachtet nicht als offensichtlich aussichtslos einzustufen: Beispielsweise wurde die beim Differenz-T maßgebliche Zinsdifferenz zwischen CMS 10 und CMS 2 (20 Basispunkte) seit Januar 1999 nicht unterschritten (vgl. Bl. 96 AO I). Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, die schlechte Entwicklung beispielsweise des Kündbaren-Stufen-T resultiere nicht aus einer nachteiligen Marktentwicklung, sondern "zu einem guten Teil" aus der bereits anfänglichen bewussten Gestaltung zum Vorteil der Beklagten (Bl. 326 GA), ist dies zu pauschal und auch in der Sache nicht gerechtfertigt. Denn unstreitig hätte die Klägerin, unabhängig von der angeblich bewusst nachteiligen Gestaltung oder einem negativen Marktwert, bei einem anderen Zinsverlauf Erträge generieren können und hat dies bei einigen der T-Verträge auch getan hat.
48c. Soweit im Rahmen der Restrukturierung der Erstabschlüsse hin zu den nunmehr streitgegenständlichen T-Verträgen unstreitig eine Erhöhung des Risikos erfolgt ist, hat das Landgericht zu Recht eine stillschweigende Erweiterung des Anlagezwecks sowie ein Einverständnis der Klägerin mit einem erhöhten Risiko angenommen, so dass auch insoweit eine fehlerhafte Beratung ausscheidet. Die Klägerin macht zwar mit der Berufung geltend, es habe keine Änderung des Anlagezwecks und keine Erhöhung der Risikobereitschaft gegeben, weil es sich bei den Folgeabschlüssen um Schadensabwendungsbemühungen gehandelt habe, auf die man sich nur deshalb eingelassen habe, weil die Beklagte diese im Hinblick auf die bereits eingetretenen Nachteile der Erstgeschäfte als "Optimierungsvorschläge" zur vermeintlichen Abwendung der Schäden unterbreitet habe. Diese Argumentation greift jedoch nicht durch, da die Vornahme von Maßnahmen zur Schadensabwendung die Billigung eines höheren Risikos unter Erweiterung des Anlagezwecks nicht ausschließt: Nach ihrem eigenen Vortrag hat die Klägerin die Folgegeschäfte abgeschlossen, um den eingetretenen Schaden aus den Erstgeschäften abzuwenden bzw. jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt liquiditätswirksam werden zu lassen. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, am 7.4.2006 den Hinweis erhalten zu haben, dass die Restrukturierung ihr Risiko erhöhen könnte und es ist auch unstreitig, dass am 23.6.2006 in entsprechenden Präsentationen für die bereits abgeschlossenen Ts mögliche Verluste in einem viel höheren Umfang als vorher dargestellt wurden und welche die Klägerin nunmehr vermeiden bzw. auszugleichen versuchen wollte. Gerade diese Motivation bedeutet jedoch zwingend, dass mit dem finanziellen Engagement ein erhöhtes Risiko verbunden ist und das Anlageziel erweitert werden musste. Denn nunmehr musste die Klägerin nicht nur die ursprünglich angestrebte "Zinsoptimierung" der laufenden Festzinsdarlehen erreichen, sondern zusätzlich auch den Verlust aus den Erstgeschäften wettmachen, der im Rahmen der Restrukturierung unstreitig und mit Wissen der Klägerin in die Folgeprodukte eingepreist worden war.
494. Soweit die Klägerin der Beklagten als weiteren Beratungsfehler vorwirft, weder im Rahmen der Erstabschlüsse noch bei Abschluss der Restrukturierungsgeschäfte eine objektgerechte Aufklärung vorgenommen zu haben, da bei einem strukturierten T alle einzelnen Strukturelemente und ihre konkrete Auswirkung erläutert werden müssten, folgt der Senat dieser Ansicht nicht: Die wirtschaftliche Bedeutung der Verträge ist – wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat – in den Präsentationen hinreichend verständlich dargestellt worden. Eine weitergehende gesonderte Darstellung der einzelnen Strukturelemente des jeweiligen Ts ist nicht erforderlich. Soweit der BGH in der Entscheidung vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) einen weitergehenden Pflichtumfang postuliert hat, war dies erkennbar den Eigenheiten des dort streitgegenständlichen Ts geschuldet, der sich durch eine komplizierte Berechnung des variablen Zinses (Multiplikationsfaktor, Strike, Hebelwirkung, Memory-Effekt) auszeichnete. Gerade die ersten drei von der Klägerin geschlossenen Verträge (Kündbarer-Stufen-T vom 9.9.2005, Kündbarer-Korridor-T vom 19.9.2005 und Differenz-T vom 24.1.2006), die nach ihrem Vortrag der entscheidende Auslöser für das spätere (risikoreichere) Investment waren, weisen keine derartigen Besonderheiten auf, die eine weitergehende Erläuterung durch die Beklagte erforderlich gemacht hätten. Die einzelnen Präsentationen bzw. Produktblätter der Ts sind verständlich und hinreichend klar aufgebaut, so dass auch ein Kunde ohne entsprechende Erfahrungen verstehen kann, welches Geschäft und welches damit verbundene Risiko er eingeht. Es geht vornehmlich um Wetten auf die Entwicklung bestimmter Marktdaten, welche nachvollziehbar, verständlich und in den konkreten Auswirkungen beispielhaft (durch Einsetzen fiktiver Werte in die überschaubaren Berechnungsformeln) berechnet werden können. Entsprechendes hat die Beklagte durch Darstellung möglicher Verläufe der Vertragsbeziehungen in den Präsentationsunterlagen auch getan. Die Schwierigkeit bzw. Gefährlichkeit der betreffenden Produkte liegt nicht - wie im Fall des BGH - in einer hoch risikoreichen Konstruktion mit Hebelwirkung und Memoryeffekt, sondern vielmehr darin, dass die Klägerin (ebenso wenig wie die Beklagte) in der Lage war, die künftige Entwicklung der Marktparameter, die Gegenstand der Wette sind, verlässlich vorherzusagen. Dies ist jedoch ein Risiko, das aus den Präsentationen sowie den Produktblättern deutlich wird.
50Im Einzelnen:
51a. Der Kündbare-Stufen-T vom 9.9.2005, den die Klägerin ausweislich Anlage K 10 abgeschlossen hat, enthält in seinem Produktblatt (Bl. 67 AO I) einen Hinweis auf einen drohenden Zinsnachteil und es lässt sich auch erkennen bzw. berechnen, dass bei einem wider Erwarten steigenden 3-Monats-Euribor die Klägerin einen höheren Zinssatz zahlen muss, als sie von der Beklagten als Festzins erhält. Somit ist schon aus dem Produktblatt erkennbar, dass es sich letztlich um eine Wette der Klägerin auf die Entwicklung des 3-Monats-Euribor handelt.
52b. Auch beim Kündbaren-Korridor-T vom 19.9.2005 (Anlage K 10) hat die Beklagte ausweislich des Produktblatts (Bl. 71 AO I) auf das Risiko eines Zinsnachteils hingewiesen. Auch hier handelt es sich letztlich um eine Wette auf die Entwicklung des 3-Monats-Euribors, wobei die Klägerin im ersten Vertragsjahr den 3-Monats-Euribor zu zahlen hat (damals 2,136%) und von der Beklagten fest 3,55% erhält.
53c. Der Differenz-T vom 24.1.2006 (Anlage K 10) wurde in der Präsentation vom 11.1.2006 (Anlage K 13) sowie in zwei per E-mail vom 23.1.2006 übersandten Termsheets (Anlage K 14) erläutert. Auch hier ist (Bl. 95 AO I) der Risikohinweis auf den möglichen Zinsnachteil enthalten. Aus dem Produktblatt ist darüber hinaus unschwer zu errechnen, dass die Klägerin im Saldo einen Zinssatz von 4,2% zahlen muss (7,15% - 2,95%), wenn die Differenz der nicht zu prognostizierenden Tsätze unter 20 Basispunkte fällt. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang die Werte der Tsätze aus der Vergangenheit sowie das aktuelle Marktumfeld wiedergegeben. Letztlich geht aus dem Produktblatt aber klar hervor, dass die Klägerin eine Wette auf die Entwicklung von CMS 10 und CMS 2 abschließt.
54d. Der Kündbare-Zahler-T vom 9.11.2006 (Anlage K 21) ist der einzige Vertrag, bei dem für die Klägerin ein Festzins (6,41%) und für die Beklagte ein variabler Zins (3-Monats-Euribor) vorgesehen ist. Die Klägerin weist zwar zutreffend daraufhin, dass dieser Vertrag, der im Rahmen der Umstrukturierung den Kündbaren-Korridor-T ersetzen sollte, von der Beklagten ausweislich der e-mail vom 6.11.2006 (Anlage K 20, Bl. 169R AO I) als Risikoreduzierung bezeichnet wurde. Da es sich allerdings um einen Forward-T handelt, der erst am 30.1.2014 begann, hätte die Klägerin – was nicht erfolgt ist – vortragen müssen, in welchem Umfang hier tatsächlich eine Risikoerhöhung statt eines Risikoabbaus vorgenommen wurde.
55e. Der D-Digital-T vom 1.3.2007 (Anlage K 25), der am 2.10.2007 (Anlage K 36) und am 24.2.2009 (Anlage K 46) verlängert wurde, ersetzte im Rahmen der Restrukturierung den Kündbaren-Stufen-T und wurde in der Präsentation vom 7.2.2007 (Anlage K 22) sowie den e-mails von 15.2.2007 (Anlage K 23) sowie 28.2.2007 (Anlage K 24) vorgestellt. Das Produktblatt (Bl. 211 AO I) enthält einen verständlichen Hinweis auf das wegen der Wertentwicklung des Schweizer Franken bestehende Risiko. Es ist klar zu erkennen, dass die Klägerin im Saldo einen Zinssatz von 6% zu zahlen hat, wenn der Wechselkurs EUR/D außerhalb des vereinbarten Korridors liegt und dass ihr maximal möglicher Gewinn bei günstigem Wechselkursverlauf nur 0,5% beträgt. Auf Seite 5 des Produktblattes (Bl. 213 AO I) ist von einem max. möglichen Verlust von über 4,5 Mio. Euro die Rede – deutlicher ist einem Anleger kaum vor Augen zu führen, dass die von ihm gehaltene Wette auf den Wechselkurs ein erhebliches Risiko beinhaltet. Auch im Vorfeld der ersten Verlängerung des D-Digital-Ts hatte die Beklagte mit e-mail vom 1.10.2007 (Anlage K 35) darauf hingewiesen, dass die von der Klägerin präferierte Umstrukturierung durch Laufzeitverlängerung eine Risikoausweitung bedeutet.
56f. Der Digitale-Differenz-Stufen-T vom 18.4.2007 (Anlage K 27) wies im ersten Jahr einen sicheren Gewinn der Klägerin von 0,5% auf. Im Anschluss hingen die Erfolgsaussichten der Klägerin von der Entwicklung des CMS 10 und des 3-Monats-Euribor ab, worauf in der Präsentation vom 17.4.2007 (Anlage K 67) hingewiesen wird. Dort findet sich des weiteren in den Szenarioanalysen (S. 47 f. der Präsentation) ein Hinweis auf einen Nettonachteil von bis zu 1,3 Mio. Euro.
57g. Der Digitale-Zins-Umfeld-T vom 12.3.2008 (Anlage K 37) wurde in der Präsentation vom 6.3.2008 (Anlage K 68) dargestellt. Hier wird auf das Risiko einer dauerhaften Niedrig- bzw. Hochzinsphase hingewiesen und gleichzeitig betont, dass das Risiko auf einen Zinsmehraufwand von 3,95% begrenzt sei (S. 41 der Präsentation). In der Szenarioanalyse werden – und dies nicht einmal als „X2“-Szenario Verluste in Höhe von 595.500 Euro dargestellt.
58h. Der D vom 16.11.2009 (Anlage K 51) wurde in der Präsentation vom 13.11.2009 (Anlage K 50, S. 41) vorgestellt. Es wird auf das Risiko einer Aufwertung des Euro zum Schweizer Franken und auf ein "theoretisch unbegrenztes Risiko" hingewiesen. Die Szenarioanalysen (ab S. 45) weisen mögliche Nettonachteile in Höhe von über 9 Mio. Euro aus.
595. Der Beklagten ist jedoch ein Beratungsfehler insoweit vorzuwerfen, als sie die Klägerin nicht über den unstreitig jedenfalls in Höhe von 2,9% des Bezugsbetrages bei sämtlichen T-Verträgen bestehenden anfänglichen negativen Marktwert aufgeklärt hat. In diesem Zusammenhang kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird. Ergänzend gilt im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beklagten Folgendes:
60a. Sämtliche zwischen den Parteien geschlossenen T-Verträge wiesen einen anfänglichen negativen Marktwert auf. Soweit die Beklagte geltend macht, eine solche Feststellung könne ein Gericht nicht aus eigener Sachkunde treffen, sondern es sei die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich, trifft dies – jedenfalls im vorliegenden Fall – nicht zu: Zum einen war bereits in erster Instanz zwischen den Parteien unstreitig und ist entsprechend im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils festgestellt, dass die zwischen den Parteien geschlossenen T-Verträge einen anfänglichen negativen Marktwert in Höhe von jedenfalls 2,9% des jeweiligen Bezugsbetrages aufwiesen. Die Beklagte hat die Behauptung der Klägerin, welche von einem noch höheren Wert ausgeht, nur insoweit in Abrede gestellt, als sie die Größenordnung von 2,9%, jedoch keine weiteren Details genannt hat. Darüber hinaus hat die Beklagte im Rahmen der Frage der Kausalität ihrer Pflichtverletzung selbst vorgetragen, dass die Klägerin auch bei Aufklärung über den negativen Marktwert die betreffenden Verträge abgeschlossen hätte, da am Markt überhaupt keine T-Verträge ohne einen solchen anfänglichen negativen Marktwert vorhanden seien. Damit räumt die Beklagte aber selbst ein, dass auch die im vorliegenden Fall an die Klägerin verkauften Produkte einen solchen anfänglichen negativen Marktwert aufgewiesen haben.
61Soweit die Beklagte sich gegen die Annahme eines anfänglichen negativen Marktwertes insofern wendet, als dieser eine zu Lasten des Kunden verschobene Risikostruktur beinhalte, greift auch dieser Einwand nicht durch: Unstreitig hat die Beklagte ihre Position aus den betreffenden Verträgen unmittelbar nach Vertragsschluss im Rahmen eines Hedgings am Markt weitergegeben. Ein solcher Verkauf einer Risikoposition – noch dazu unter Einrechnung der unstreitig von der Beklagten eingepreisten Gewinnmarge – ist zur Überzeugung des Senats aber nur dann überhaupt möglich, wenn das verkaufte Produkt weitere Merkmale aufweist, die es aus Sicht des Käufers am Interbankenmarkt für einen Ankauf attraktiv erscheinen lassen. Dies kann nur aufgrund einer zu Lasten des Kunden erfolgten Strukturierung des Produktes erfolgen, die zur Folge hat, dass der Markt im Moment des Verkaufs dessen Chancen als schlechter bewertet als die Chancen der Bank, die ihre Vertragsposition zum Verkauf stellt. Genau dies sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen der BGH in seiner Entscheidung vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) von einem anfänglichen negativen Marktwert gesprochen hat.
62b. Soweit die Beklagte geltend macht, bei Tgeschäften der vorliegenden Art sei der negative Marktwert nicht Ausdruck eines besonderen Interessenkonfliktes, sondern reflektiere nur ihre Gewinnerzielungsabsicht, die sich – unter Außerachtlassung von Kostenkomponenten – aus der Differenz zwischen ihren "Einstandskonditionen", d.h. dem Wert der Igeschäfte und den Konditionen des Kundengeschäftes ergebe und über die sie nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht aufklären müsse, stellt dies ihre grundsätzliche Aufklärungspflicht nicht in Frage. Denn die Beklagte räumt selbst ein, dass der hier vorliegende anfängliche negative Marktwert mehr ist als nur ihre Gewinnmarge, indem sie nämlich ihre Berechnung "unter Außerachtlassung von Kostenkomponenten" anstellt. Was genau diese Kostenkomponenten sind, gibt sie nicht an, so dass davon auszugehen ist, dass in diesen Positionen (auch) diejenigen Abschläge enthalten sind, um die das Produkt zu Lasten des Kunden gegen die Marktmeinung abgewertet werden musste, damit ein Hedging ermöglicht wird. Darüber hinaus ist die Beklagte auch dem Vortrag der Klägerin, wonach das Produkt absichtlich zu Lasten des Kunden strukturiert worden sei, nicht substantiiert entgegengetreten, sondern hat sich lediglich auf die Argumentation zurückgezogen, über ihre Gewinninteressen nicht aufklären zu müssen.
63Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang weiter darauf abstellt, dass sich die Bedeutung des anfänglichen negativen Marktwertes in der Aussage erschöpfe, dass der Kunde bei einer sofortigen Loslösung vom Geschäft einen Verlust erleide, der den Kosten und dem Gewinn der Bank entspricht und nicht Ausdruck von ungleich verteilten Gewinnchancen bzw. Verlustrisiken sei, ist dies unerheblich. Wie der BGH in seiner Entscheidung vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) dargelegt hat, hat der anfängliche negative Marktwert eine weitergehende Bedeutung als ein reines Gewinninteresse der Bank, welches sich im Falle einer sofortigen Auflösung des Geschäftes für den Kunden (negativ) realisiert, was im Übrigen bei nahezu jedem Bankprodukt der Fall ist. Es wird auch entgegen der Ansicht der Beklagten von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht verlangt, dass der negative Marktwert die ungleich verteilten Gewinnchancen bzw. Verlustrisiken von Kunde und Bank während der gesamten Laufzeit des Ts widerspiegelt. Vielmehr wird ihm nur eine Aussage dahingehend beigemessen, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Chancen zwischen Bank und Kunde ungleich verteilt sind. Eine Prognose über den weiteren Verlauf des Geschäftes dürfte damit allenfalls insoweit verbunden sein, als der Kunde in das Geschäft gleichsam mit einem Negativsaldo startet.
64c. Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass die Rechtsprechung des BGH zur Aufklärungspflicht über einen anfänglichen negativen Marktwert (vgl. Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR ZR 33/10) jedenfalls auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sei, weil die mit der Klägerin geschlossenen Verträge nicht so komplex ausgestaltet gewesen seien, wie der der BGH-Entscheidung zugrunde liegende D2-T, führt dies zu keiner abweichenden Bewertung:
65Die Pflicht der Beklagten zur Aufklärung des Anlegers über einen anfänglichen negativen Marktwert besteht unabhängig von der Komplexität des konkreten Produktes. Die Komplexität des empfohlenen Anlageproduktes und die daraus folgenden Risiken für den Anleger spielen lediglich bei der Beurteilung der Frage eine Rolle, ob die Bank die Risikobereitschaft des Anlegers hinreichend ermittelt bzw. sich vor der Anlageentscheidung Gewissheit verschafft hat, dass der Kunde die konkreten Risiken in jeder Hinsicht verstanden hat (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 23 ff.). Neben dieser Verpflichtung zur Ermittlung der Risikobereitschaft des Kunden steht jedoch als eigenständige Verpflichtung die der Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 31 ff.). Diese Pflicht resultiert aus dem schwerwiegenden Interessenkonflikt der beratenden Bank, die auf der einen Seite eine allein am Kundeninteresse ausgerichtete Empfehlung abzugeben hat und auf der anderen Seite als Partnerin der Zinswette eine Rolle einnimmt, welche den Interessen des Kunden gerade entgegengesetzt ist. Wird dann die Anlage für den Kunden in einer Art und Weise strukturiert, dass der Markt seine Risiken negativer bewertet als die der Bank, was wiederum die Voraussetzung dafür ist, dass die Bank ihre Position in dieser Wette durch I-Geschäfte an andere Marktteilnehmer weitergeben kann, dann besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank ihre Anlageempfehlung nicht allein im Kundeninteresse abgibt.
66Es kommt damit im vorliegenden Fall weder darauf an, ob sich die mit der Klägerin abgeschlossenen Verträge – soweit sie Gegenstand des Rechtsstreits sind – auf ein Anlageprodukt beziehen, welches eine mit einem D2 T vergleichbare Komplexität aufweist, noch kommt es darauf an, ob die Klägerin aufgrund eigener Sachkunde in der Lage war, die konkrete Wirkungsweise und die Risiken dieses Anlageproduktes zu verstehen. Entscheidend ist vielmehr, dass die von der Beklagten verkauften Produkte einen anfänglichen negativen Marktwert aufweisen, aufgrund dessen die Beklagte ihre Vertragsposition sofort durch ein I-Geschäft weitergeben und dadurch ihre Kosten decken sowie Gewinn erzielen konnte, was im vorliegenden Fall auch geschehen ist.
67Der Entscheidung des BGH vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) lässt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht entnehmen, dass eine Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert nur dann zu erfolgen hat, wenn die Verlustrisiken für den Anleger unbegrenzt sind. Vielmehr ist die Verpflichtung zur Aufklärung über den negativen Marktwert als unabhängige und eigenständige Pflicht aufzufassen, die für sich - und unabhängig von der Höhe des möglichen Verlustes - verletzt werden kann. Aus diesem Grunde konnte es der BGH in der vorgenannten Entscheidung auch offen lassen, ob die Pflicht zur Aufklärung über das unbegrenzte Risiko verletzt war, was ansonsten eine Zurückverweisung und Sachaufklärung durch das Berufungsgericht erfordert hätte.
68d. Die Aufklärungspflicht der Beklagten hinsichtlich des anfänglichen negativen Marktwertes scheitert im vorliegenden Fall auch nicht daran, dass die von der Klägerin abgeschlossenen Verträge nicht als reines Spekulationsgeschäft (Zinswette), sondern im Hinblick auf ein Grundgeschäft zur Zinsoptimierung abgeschlossen wurden.
69aa. Der Entscheidung des BGH vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) lässt sich keine hinreichend deutliche Aussage dazu entnehmen, dass die Aufklärungspflicht hinsichtlich des anfänglichen negativen Marktwertes auf reine Spekulationsgeschäfte beschränkt werden sollte. Zum einen lag der betreffenden Entscheidung gerade eine Fallgestaltung mit einem solchen Grundgeschäftsbezug zugrunde, weil die dortige Klägerin – nach ihrem Vortrag – die Verträge als Sicherungsgeschäft im Hinblick auf einen variabel verzinslichen Kredit abgeschlossen hatte (vgl. BGH, Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR 33/10, juris Rn. 26). Darüber hinaus sprechen weitere Erwägungen dafür, dass der XI. Zivilsenat die von ihm postulierte Beratungspflicht nicht auf die Fallgestaltung des reinen Spekulationsgeschäftes beschränken wollte:
70Der BGH stellt in der betreffenden Entscheidung maßgeblich darauf ab, dass die Integrität der Beratungsleistung einer Bank dadurch in Zweifel gezogen wird, dass sie sich ein im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach den Berechnungsmethoden überwiegendes Verlustrisiko des Kunden "abkaufen" lässt, das dieser gerade aufgrund ihrer Anlageentscheidung übernommen hat (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 36). Es ist nicht ersichtlich und wird vom XI. Senat im Zusammenhang mit der Frage der Integrität der Beratungsleistung auch nicht problematisiert, dass ein solches Verlustrisiko dann nicht besteht und daher der "Verkauf" dieses Risikos durch die Bank keinen Zweifel an ihrer Integrität weckt, wenn der Kunde einen T-Vertrag mit dem Ziel abschließt, die bestehende Zinsbelastung aus einem Grundgeschäft zu verringern. Auch in solchen Fällen nutzt die Bank ihren Wissensvorsprung bzw. die von ihr vorgenommene Strukturierung des Anlageproduktes aus, um im Rahmen des I-Geschäfts einen unmittelbaren Gewinn zu erzielen, während der Kunde den von ihm übernommenen Risiken des Ts über die gesamte Vertragslaufzeit ausgesetzt ist, mag dieses Risiko auch im Einzelfall durch die konkrete Vertragsgestaltung gedeckelt sein.
71Weiter unterliegt nach den Ausführungen des BGH nicht die Gewinnerzielungsabsicht der Bank als solche einer Aufklärungspflicht, da sie bei Eigengeschäften für den Anleger offenkundig ist. Zu einer Aufklärungspflicht führt allein die Besonderheit des von der Bank konkret empfohlenen Produktes (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 38). Auch an dieser Stelle stellt der BGH also nicht ausdrücklich auf einen (fehlenden) Grundgeschäftsbezug ab, sondern vielmehr auf die Besonderheiten des konkret empfohlenen Produktes, dessen zu Lasten des Kunden gestaltete Risikostruktur, die unmittelbar im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss weitergegeben wurde, einen besonderen und damit aufklärungspflichtigen Interessenkonflikt begründet. Es ist wiederum nicht ersichtlich, warum sich dieser Interessenkonflikt, in dem sich die Bank aufgrund der von ihr veranlassten internen Maßnahmen (Strukturierung des Anlageproduktes) befindet, in solchen Fällen nicht zeigen soll, in denen die Bank das Anlageprodukt nicht zu Spekulationszwecken des Kunden, sondern in Bezug auf dessen Zinsoptimierungswünsche hinsichtlich eines Grundgeschäfts anbietet.
72Soweit Schmieder (WuB I G 1. - 16.12) schließlich unter Bezugnahme auf die vorgenannte Entscheidung des BGH eine Aufklärungspflicht nur bei T-Geschäften bejaht, die nicht zur Absicherungszwecken, sondern allein zu Spekulationszwecken geschlossen werden, wird eine überzeugende Begründung für dieses Abgrenzungskriterium nicht angeführt. Dies gilt umso mehr, als ihrer Ansicht nach die Aufklärungspflicht auch bei solchen auf spekulativer Basis abgeschlossenen T-Verträgen gelten soll, die einfach strukturiert sind oder bei denen der Kunde mit steigenden Zinsen rechnet und daher unter Verzicht auf die Chance zukünftig geringerer Zinsen einen Festzins zu zahlen hat. Gerade in der zweiten Fallgestaltung dürfte vielmehr schon fraglich sein, inwiefern überhaupt ein Wettcharakter vorliegt, bei dem sich die Bank und der Kunde im Sinne gegenläufiger Interessen gegenüberstehen und damit generell der Anwendungsbereich der "Aufklärungspflicht aufgrund Interessenkonfliktes" eröffnet ist.
73bb. Unabhängig davon, dass sich der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung demnach kein hinreichend deutlicher Hinweis auf das Abgrenzungskriterium "fehlendes Grundgeschäft" entnehmen lässt, hält der Senat eine solche Differenzierung bei der Frage einer Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert auch nicht für gerechtfertigt.
74Zwar ist nicht in Abrede zu stellen, dass sich der Kunde, dem die Bank ein T-Geschäft zur „Zinsoptimierung“ eines mit ihr bestehenden Grundgeschäftes empfiehlt, des Gewinninteresses der Bank bei diesem Vertrag bewusst ist. Denn letztlich bietet ihm die Bank eine Möglichkeit an, der als unzureichend empfundenen Zinsstruktur des Grundgeschäftes (z.B. Festzins bei sinkenden Marktzinsen oder variabler Zins bei Bedürfnis nach gleichbleibender Belastung ohne Abweichungsrisiko) zu entkommen. Dass sie dies nicht ohne ein eigenes Gewinninteresse tut, liegt auf der Hand, weil ansonsten statt des T-Vertrages schlicht eine Abänderung der Zinskonditionen des Grundgeschäftes hätte erfolgen können. Allein dieses Gewinninteresse der Bank ist jedoch nicht der Kerngehalt des anfänglichen negativen Marktwertes, so dass eine Aufklärungspflicht der Beklagten trotzdem zu bejahen ist:
75Entscheidend für die Pflicht zur Aufklärung über einen bestehenden Interessenkonflikt ist die Erwägung, dass die Bank das empfohlene Produkt nicht nur vertreibt, sondern zugleich als Gegenpartei des Geschäfts in Erscheinung tritt. Dabei geht der Kunde aufgrund der Ausgestaltung des konkreten T-Vertrages bzw. dessen Wettcharakter berechtigterweise davon aus, dass sowohl er als auch die Bank ein gleiches Risiko hinsichtlich der Zins- bzw. Währungsentwicklung tragen. Damit ist nicht gemeint, dass die künftige Entwicklung dieser Variablen vorhersehbar ist und als gleichrangig eingestuft wird, sondern lediglich, dass die jeweilige Ausgangsposition von Kunde und Bank im Rahmen der Wette gleichartig ist. Dieser berechtigten Erwartung des Kunden wird aber dann nicht entsprochen, wenn die Bank die Risikostruktur des T-Vertrages so zu Lasten des Kunden gestaltet, dass der Markt die Anfangschancen des Kunden negativer beurteilt als die der beratenden Bank und daher objektiv gesehen die beiden Wettpartner gerade keine gleichartige Ausgangsposition haben. Dass die Bank diesen Vorteil ausnutzt, um in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vertragsschluss gewinnbringende I-Geschäfte zu schließen, was ihr nur dann möglich ist, wenn sie ihre eigene Gewinnmarge neben anderen Kostenkomponenten in den anfänglich negativen Marktpreis "einpreist", führt zu einer Konstellation, die nicht mehr als "faire Wette" bezeichnet werden kann. Denn die Bank hat in diesen Fällen durch das I-Geschäfte ihren Gewinn bereits realisieren und sich des künftigen Zins- bzw. Marktrisikos entledigen können, bevor der Vertrag überhaupt durchgeführt wurde.
76Entscheidender Anknüpfungspunkt für die Bejahung der Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert ist daher, dass sich bei einem mit gegenläufigen Interessen der Bank bzw. des Kunden ausgestalteten T-Vertrag die beiden Partner im Rahmen einer Wette auf die künftige Zins- bzw. Währungsentwicklung gegenüberstehen. Ob zu diesem Vertrag ein Grundgeschäft besteht, dessen Zinsbelastung der Kunde möglicherweise optimieren will, kann bei der Frage der Aufklärungspflicht keine Rolle spielen. Denn auch bei bestehendem Grundgeschäft kann ein Kunde berechtigterweise erwarten, über eine zu seinen Lasten erfolgte Strukturierung des Anlageproduktes durch seinen "Wettgegner", welche diesem einen unmittelbaren Gewinn aus dem Anlagevertrag sowie die Weitergabe des Risikos ermöglicht, informiert zu werden, wenn dieser Gegner gleichzeitig der Vertragspartner seines Anlageberatungsvertrages ist. Es würde auch eine ungerechtfertigte Schlechterstellung desjenigen Kunden nach sich ziehen, der bei der betreffenden Bank bereits mit einem bestimmten Kreditvolumen involviert ist, wenn seine Aufklärung über die tatsächlichen Parameter einer Wette auf die Zins- bzw. Währungsentwicklung nach anderen Maßstäben zu erfolgen hätte als diejenige eines (Neu-) Kunden, der ein reines Spekulationsgeschäft abschließt. Denn auch derjenige Kunde, der den T-Vertrag nicht zu reinen Spekulationszwecken, sondern zur Zinsoptimierung eines Grundgeschäfts abschließt, darf davon ausgehen - ohne die Gewinninteressen der Bank in Abrede zu stellen - dass diese ihm im Rahmen der gewünschten Zinsoptimierung jedenfalls kein Produkt empfiehlt, welches sie vorher in ihrem eigenen Gewinn- und Absicherungsinteresse einer bestimmten Ausgestaltung unterworfen und damit die gleichartige Ausgangsposition der Wette zu ihren Gunsten heimlich verändert hat.
77Die Entscheidungen des Senats vom 18.1.2012 (13 U 37/11, 13 U 232/10 und 13 U 236/10) stehen den vorstehenden Erwägungen nicht entgegen. Denn es war in diesen Fällen eben nicht unstreitig, dass das Anlageprodukt einen anfänglichen negativen Marktwert aufwies und die beklagte Bank ihren "Gewinn" aus einem (unterstellten) negativen Marktwert tatsächlich bereits durch ein I-Geschäft realisiert hatte. Auch mit der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 27.6.2012 (9 U 140/11, WM 2012, 1829) ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Insofern kann im Ergebnis dahinstehen, ob der Ansicht des OLG Stuttgart zu folgen ist, dass eine Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert dann entfällt, wenn der Kunde eigenverantwortlich beurteilen kann, ob eine mit einem T-Vertrag getroffene Festzinsvereinbarung marktgerecht ist und seinen Sicherungsinteressen entspricht. Denn im dort entschiedenen Fall bestand das Grundgeschäft in einem variabel verzinsten Darlehen, welches mittels T-Vertrag in eine Festzinsvereinbarung umgewandelt wurde war. Bei dieser Konstellation hat das OLG Stuttgart zutreffend die Ansicht vertreten, dass es sich bei dem konkreten T-Vertrag nicht um eine Zinswette der Bank gegen den Kunden handelte, sondern der Kunde vielmehr nur bewusst auf die Ertragschancen, die sich aus einem künftig sinkenden variablen Zins des Grundgeschäftes ergeben hätten, verzichten würde.
78Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze hätte die Klägerin durch die Beklagte bei Abschluss der T-Verträge über die anfänglichen negativen Marktwerte aufgeklärt werden müssen. Denn die Interessen der Parteien waren im Rahmen des D (Wette auf Wechselkurs EUR/D), des Kündbaren Zahler T (Wette auf den 3-Monats-Euribor) sowie des Digitalen Zinsumfeld T (Wette auf D2 10 und 3-Monats-Euribor) entgegengesetzt. Die mit der Klägerin geschlossenen Verträge waren damit "Wetten" im Sinne der BGH-Rechtsprechung. Denn in sämtlichen Fällen wetten die Parteien auf eine bestimmte Entwicklung des Marktes und eine damit verbundene Entwicklung bestimmter Indizes. Bei einer bestimmten Wertentwicklung ist das Geschäft für die Klägerin ein Erfolg, weil ihre Zinszahlung geringer ist als der Betrag, den sie von der Beklagten empfängt, bei anderen Wertentwicklungen ist es umgekehrt.
79cc. Soweit die Beklagte behauptet, dass sie bereits zu Beginn der Geschäftsbeziehung der Klägerin erläutert habe, sie verdiene nicht an der Gegenposition im Rahmen des Wettgeschäftes, sondern erziele ihren Verdienst durch Einrechnung einer Marge in die Konditionen der Geschäfte, die „am Interbankenmarkt durchgehandelt“ würden, ist dies zum einen von der Klägerin bestritten worden, die darlegt, dass die Stellung als Intermediär erst in späteren Gesprächen erwähnt wurde und reicht zum anderen nicht als Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert aus. Denn dieser zeichnet sich gerade dadurch aus, dass er nicht allein das Gewinninteresse der Bank widerspiegelt, sondern darüber hinaus eine bewusste Strukturierung des Anlageproduktes symbolisiert, aufgrund derer der Markt im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Chancen für den Kunden schlechter einstuft als die Chancen der Bank. Die Beklagte behauptet aber selbst nicht, über diesen Umstand aufgeklärt zu haben. Insofern ist es auch unerheblich, ob und seit wann die Klägerin von der Gewinnerzielungsabsicht der Beklagten durch die Weitergabe der Vertragsposition am Interbankenmarkt wusste. Allein der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise von der Weitergabe des Vertrages im Rahmen eines Hedgings gewusst hat, vermittelt ihr noch nicht die Kenntnis über die zu ihren Lasten erfolgte Strukturierung des Produktes.
80Zwar ist bei denjenigen T-Verträgen, die im Rahmen der Umstrukturierung abgeschlossen wurden, zugunsten der Beklagten eine Kenntnis der Klägerin davon zu unterstellen, dass das Neugeschäft aufgrund der Einpreisung des bei Auflösung des Erstgeschäfts ersparten Auflösungspreises von vornherein "zu teuer" war. Auch dieser Umstand ersetzt jedoch nicht die geschuldete Aufklärung, denn der anfängliche negative Marktwert im Sinne der Rechtsprechung des BGH bedeutet, dass das Produkt bewusst so gestaltet wurde, dass der Markt die Risiken für den Kunden schlechter bewertet. Diese Kenntnis hat die Klägerin auch dann nicht, wenn sie weiß, dass sie an die Beklagte deshalb einen Aufschlag zahlt, weil diese in die Beendigung eines anderen Geschäfts ohne Ausgleich der aus diesem Vertrag fälligen Zahlungen eingewilligt hat.
816. Die unterbliebene Aufklärung der Beklagten über den anfänglichen negativen Marktwert der streitgegenständlichen T-Verträge war auch kausal für den bei der Klägerin eingetretenen Vermögensschaden. Denn die Beklagte hat keine schlüssigen Tatsachen vorgetragen, die zur Widerlegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens der Klägerin führen. Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten geltend gemachten Umstände, dass nämlich zum einen der Klägerin das Verdienstinteresse der Beklagten an den fraglichen Geschäften bewusst gewesen sei und diese zum anderen unter keinen Umständen die durch die ersten Geschäfte eingetretenen Verluste liquiditätswirksam habe realisieren wollen, rechtfertigen keine Vernehmung der insoweit benannten Zeugen N oder V2. Denn selbst wenn man diesen Vortrag der Beklagten zu ihren Gunsten als wahr unterstellt, genügt er nicht zur Widerlegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens:
82a. Die Kenntnis des Gewinninteresses der Beklagten konnte der Klägerin keinen Aufschluss über die Bedeutung des negativen Marktwertes geben, die darin liegt, dass die Bank – obwohl als Beraterin ausschließlich dem Kundeninteresse verpflichtet – gegenläufige Interessen verfolgt und das Produkt bewusst so strukturiert hat, das der Markt die Chancen und die Position des Kunden schlechter bewertet als diejenigen der Bank und sie deshalb in der Lage ist, sich das Risiko sofort durch ein Gegengeschäft mit Gewinn abkaufen zu lassen. Der darin liegende besondere Interessenkonflikt, insbesondere der aus der bewussten Strukturierung folgende Marktbezug, bleibt dem Kunden – hier der Klägerin – ersichtlich auch bei Kenntnis vom allgemeinen Gewinninteresse verborgen. Insofern kann die Kenntnis eines solchen Gewinninteresses auch nicht indizieren, dass sich die Klägerin auf die streitgegenständlichen Geschäfte auch bei Offenlegung des Marktwertes und seiner Bedeutung eingelassen hätte.
83b. Der Wunsch der Klägerin, bei Abschluss der Restrukturierungsgeschäfte liquiditätswirksame Verluste aus politischen und/oder haushaltsrechtlichen Gründen zu vermeiden, spricht zwar zunächst für die von der Beklagten behauptete „Alternativlosigkeit“ des Verhaltens der Klägerin, das damit auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert erfolgt wäre. Eine solche Sichtweite lässt jedoch unzulässigerweise außer Acht, dass die Verluste, deren Realisierung die Klägerin vermeiden wollte, jeweils aus Vorgängergeschäften resultierten, bei denen die Klägerin ebenfalls nicht von der Beklagten über den anfänglichen negativen Marktwert aufgeklärt worden war. Wäre sie bei den drei Erstgeschäften im September 2005 (Kündbarer-Stufen-T vom 9.9.2005 und Kündbarer-Korridor-T vom 19.9.2005) bzw. Januar 2006 (Differenz-T vom 24.1.2006) ordnungsgemäß aufgeklärt worden, hätte sie – dies folgt aus der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, denen die Beklagte insoweit allein den untauglichen Einwand des allgemeinen Verdienstinteresses entgegensetzen kann – schon diese gar nicht geschlossen und es wären auch die Verluste nicht entstanden, die zum Abschluss der Folgegeschäfte geführt haben. Zutreffend weist die Beklagte zwar darauf hin, dass Schadensersatzansprüche der Klägerin aus den drei Erstgeschäften verjährt sind und damit nicht mehr durchgesetzt werden können. Dies hindert jedoch nicht, bei der Prüfung, ob die Beklagte hinreichende Indizien für eine Kausalitätswiderlegung im Rahmen der streitgegenständlichen Geschäfte vorgetragen hat, die von ihr selbst durch eine frühere Pflichtverletzung geschaffene und zu verantwortende tatsächliche Situation zu berücksichtigen. Letztlich verstieße die Beklagte bei dem von ihr vorgetragenen alternativen Geschehensverlauf auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB): Bei der Frage, wie sich ein Anleger bei ordnungsgemäßer Aufklärung verhalten hätte, kann lediglich auf diejenige Entscheidung abgestellt werden, die der Anleger autonom aus freien Stücken, allein unter Zugrundelegung von in seiner Sphäre liegenden Umständen getroffen hätte. Dies kann durchaus auch zu der von der Beklagten hier postulierten „Alternativlosigkeit“ der konkreten Anlageentscheidung führen, wenn beispielsweise steuerliche Erwägungen eine so herausragende Rolle spielen, dass der Anleger demgegenüber hohe Risiken oder eine bewusste Strukturierung der Anlage in Kauf nimmt. Dabei handelt es sich jedoch um tatsächliche oder vermeintliche Sachzwänge, die allein vom Verhalten des Anlegers herrühren bzw. von ihm beeinflusst wurden. Im vorliegenden Fall ist es dagegen so, dass die Beklagte durch ihre Pflichtverletzungen, nämlich die schon bei den Erstgeschäften unterlassene Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert, überhaupt erst den Zustand der „Alternativlosigkeit“ der Restrukturierungsverträge auf Seiten der Klägerin verursacht hat, so dass die Klägerin eben nicht allein aus autonomen Motiven handelte, sondern (zumindest auch) aufgrund der durch die Beklagte verursachten Zwangslage.
847. Zutreffend hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ein Verschulden der Beklagten bejaht, da sie nicht gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB schlüssig dargelegt hat, dass sie die Pflichtverletzung gegenüber der Klägerin nicht zu vertreten hat. Dies wird von der Beklagten mit der Berufung auch nicht angegriffen.
858. Zutreffend hat das Landgericht des Weiteren ein Mitverschulden der Klägerin nach § 254 Abs. 1 BGB verneint. Dies gilt – entgegen den Ausführungen der Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung vom 11.7.2013 – unabhängig davon, ob die Frage eines haftungsausschließenden oder nur eines anspruchsmindernden Mitverschuldens der Klägerin im Raume steht.
86a. Soweit die Beklagte behauptet, die Klägerin habe seit Juni 2007 von der angeblichen kommunalrechtlichen Unzulässigkeit bzw. Risikogeneigtheit der Produkte in Widerspruch zu ihren angeblichen Anlagezielen gewusst und trotzdem zur Vermeidung jedweder Verlustrealisierung weiter investiert, anstatt die betreffenden Geschäfte zu beenden, rechtfertigt dieser Vortrag – zugunsten der Beklagten als zutreffend unterstellt – weder einen Ausschluss noch eine Kürzung des Schadensersatzanspruchs der Klägerin nach § 254 Abs. 1 BGB.
87Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Aufklärungspflichtige dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er habe auf die Auskunft nicht vertrauen dürfen. Die von diesem Grundsatz gemachten Ausnahmen (z.B. zur Vorsicht mahnende Art und Weise des Beratungsgespräches, sorgfaltswidrig nicht verwertete weitere Informationsquellen, offensichtlich lückenhafte Informationen des Beraters) sind im vorliegenden Fall nicht gegeben und werden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Sie stützt sich vielmehr auf die Erwägung, dass es im Rahmen einer Schadensteilung nach § 254 Abs. 1 BGB zulässig sei, ein Verschulden des Geschädigten gegen sich selbst zu berücksichtigen, welches mit dem Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Beratung nichts zu tun habe, sondern eigenständig zu bewerten sei. Anknüpfungspunkt sei dabei, dass die Klägerin, als sie die Gefährlichkeit bzw. Ungeeignetheit der bereits abgeschlossenen Produkte und deren negativen Verlauf erkannt habe, nicht sämtliche Verträge beendet, sondern mit weiterem Risiko Ersatzverträge abgeschlossen habe. Mit dieser Argumentation kann die Beklagte jedoch nicht durchdringen:
88Hinsichtlich der im Zeitraum vor Juni 2007 getätigten Abschlüsse ist ein Mitverschulden der Klägerin schon deshalb nicht ersichtlich, weil nach dem eigenen Vortrag der Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis der Klägerin bzw. noch nicht einmal ein Problembewusstsein dahingehend bestand, dass die abgeschlossenen Verträge möglicherweise haushaltsrechtlich unzulässig sind und daher deren Auflösung betrieben werden muss. Hinsichtlich der im Zeitraum ab Juni 2007 getätigten Abschlüsse ist unstreitig, dass es sich um Verträge handelte, welche die Beklagte der Klägerin in der konkreten Situation empfohlen hat. Zwar hat die Beklagte ihre Empfehlungen jeweils unter den Vorbehalt der "eigenen Zinsmeinung" der Klägerin gestellt, doch letztlich ebenso deutlich gemacht, dass sie die Produkte generell als für die konkreten Zwecke der Klägerin geeignet ansah. Dann ist es unzulässig, im Nachhinein den Vorwurf eines Verschuldens der Klägerin gegen sich selbst aus dem Umstand herzuleiten, dass die Klägerin nicht – unter Missachtung der mit der Anlageempfehlung verbundenen Einschätzung der Beklagten – eine kommunalrechtliche Prüfung veranlasst hat, um die vermeintliche Rechtswidrigkeit derjenigen Anlageempfehlung festzustellen, der sie eigentlich vertrauen können sollte.
89b. Auch soweit die Beklagte sich darauf beruft, der Klägerin sei ein Organisationsverschulden zur Last zu legen, da ihr nach eigenem Vortrag für eine eigenständige Einarbeitung in die Materie der T-Verträge weder das erforderliche Personal noch die erforderliche Zeit zur Verfügung gestanden habe, liegt darin kein Mitverschulden der Klägerin an der Entstehung des Schadens. Die Klägerin hat sich gerade deshalb einer Beratung der Beklagten bedient, weil diese über entsprechendes Personal mit Fachwissen und Fähigkeiten verfügte. Wenn sich nun die Beklagte mit dem Argument zu entlasten versucht, dass sich die Klägerin bei Vornahme der Anlageentscheidungen nicht auf einem hinreichenden Wissens- und Kenntnisstand befunden hat, dann belegt dies nur eine unzureichende Beratung, nicht jedoch ein Mitverschulden der Klägerin. Die Beklagte behauptet zudem auch nicht, dass die Klägerin den konkreten Beratungsfehler, nämlich die fehlende Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert mit entsprechendem Personal und Zeit für eine Einarbeitung hätte erkennen können.
909. Der der Klägerin durch die Pflichtverletzung der Beklagten entstandene Schaden beläuft sich auf einen Betrag von 1.357.435,82 Euro, nämlich einem Verlust in Höhe von 132.750 Euro aus dem Digitalen-Zinsumfeld-T vom 12.3.2008 sowie einem Verlust in Höhe von 1.224.685,82 Euro aus dem D vom 16.11.2009.
91a. Soweit die Klägerin zunächst mit der Berufung ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag hinsichtlich einer weiteren Schadensersatzforderung von 18.271,20 Euro aus dem D-Digital-T vom 24.2.2009 weiter verfolgte, ist dieser Anspruch durch den mit Schriftsatz vom 4.6.2014 insoweit erklärten Teilklageverzicht hinfällig geworden.
92b. Die Klägerin muss sich die Auflösungspreise, die im Rahmen der Restrukturierung an die Beklagte zu zahlen gewesen wären, nicht als ersparte Aufwendung im Wege des Vorteilsausgleichs auf ihren Schadensersatzanspruch anrechnen lassen. Zwar wurde unstreitig am 1.3.2007 bei Auflösung des Kündbaren-Stufen-T und Abschluss des ersten D-Digital-T ein Betrag in Höhe von 1.899.851,00 Euro sowie am 12.3.2008 bei Auflösung des Digitalen-Differenz-Stufen-T und Abschluss des Digitalen-Zins-Umfeld-T ein Betrag in Höhe von 157.000 Euro der Klägerin nicht in Rechnung gestellt. Jedoch löst dies keine Vorteilsausgleichung zu Lasten der Klägerin aus:
93Eine Vorteilsausgleichung findet statt, wenn das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis dem Geschädigten neben Nach- auch Vorteile gebracht hat, die in einem adäquaten Kausalzusammenhang stehen und deren Anrechnung Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, d.h. den Geschädigten nicht unzumutbar belastet und den Schädiger nicht unbillig begünstigt (vgl. BGH, Urt. v. 12. 11.2009 - VII ZR 233/08 m.w.N.). Es fehlt unter Beachtung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall schon an einem Vorteil der Klägerin, den sie sich auf ihren Schadensersatzanspruch anrechnen lassen müsste. Die Auflösungspreise für die beendeten Ts sind der Klägerin unstreitig nicht ausgezahlt oder auf andere Art und Weise gut gebracht worden. Vielmehr sind sie in das Folgegeschäft eingerechnet worden, welches aus diesem Grunde für die Klägerin entsprechend teurer wurde. Der einzige wirtschaftliche Vorteil der betreffenden Vorgehensweise für die Klägerin lag darin, dass die betreffenden Summen nicht am Stichtag der Auflösung bilanzschmälernd an die Beklagte ausgezahlt werden mussten, sondern dass diese Verluste im Rahmen der weiteren Verträge gleichsam fortgeschrieben wurden. Der darin möglicherweise liegende Zinsvorteil für die Klägerin wird von der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht substantiiert dargelegt.
9410. Die Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen unterlassener Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert bei Abschluss der Verträge über den Digitalen-Zinsumfeld-T vom 12.3.2008 sowie den D vom 16.11.2009 sind nicht verjährt. Eine Verjährung nach dem mit Ablauf des 4.8.2009 außer Kraft getretenen § 37a WpHG a.F. scheidet hinsichtlich der Ansprüche aus dem D aus, weil der Vertrag am 16.11.2009 und damit nach dem 4.8.2009 geschlossen wurde. Hinsichtlich der Ansprüche aus dem Digitalen-Zinsumfeld-T hält die Beklagte die Einrede der Verjährung ausweislich ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 4.12.2012 nicht mehr aufrecht. Auch eine Verjährung nach §§ 195, 199 BGB kommt nicht in Betracht, weil die betreffenden Verträge erst in den Jahren 2008 bzw. 2009 abgeschlossen wurden und die damit frühestens am 31.12.2008 bzw. 31.12.2009 beginnende dreijährige Verjährungsfrist bei Klageerhebung am 17.11.2011 noch nicht abgelaufen war.
95III. Die Klägerin hat weiter einen Anspruch auf Feststellung gegen die Beklagte, dass dieser keine weiteren Ansprüche aus dem D, dem Digitalen-Zinsumfeld-T sowie dem Kündbaren-Zahler-T zustehen. Denn bei Abschluss dieser Verträge hat die Beklagte jeweils schuldhaft die Aufklärung hinsichtlich des anfänglichen negativen Marktwertes unterlassen, wodurch sie daran gehindert ist, künftig Forderungen aus diesen Verträgen gegen die Klägerin geltend zu machen.
96Im Einzelnen:
971. Die Beklagte kann gegen die Klägerin aus dem D vom 16.11.2009 keine Ansprüche mehr geltend machen, weil die Pflichtverletzung der Beklagten – wie oben bereits dargelegt – für den Vertragsschluss kausal geworden ist. Die Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass die Klägerin auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung das betreffende Geschäft abgeschlossen hätte, um eine Realisierung der bereits eingetretenen Verluste zu vermeiden. Der aus dieser Pflichtverletzung der Beklagten folgende Anspruch der Klägerin auf Freistellung aus allen Verpflichtungen des betreffenden Vertrages ist – wie bereits oben dargelegt – weder nach § 37a WpHG a.F. noch nach §§ 195, 199 BGB verjährt.
982. Die Beklagte kann des Weiteren auch aus dem Digitalen-Zinsumfeld-T vom 12.3.2008 keine weiteren Ansprüche mehr gegen die Klägerin geltend machen. Auch insoweit ist die Pflichtverletzung der Beklagten – wie oben bereits dargelegt – für den Vertragsschluss kausal geworden. Der aus dieser Pflichtverletzung der Beklagten folgende Anspruch der Klägerin auf Freistellung aus allen Verpflichtungen des betreffenden Vertrages ist – wie bereits oben dargelegt – weder nach § 37a WpHG a.F. noch nach §§ 195, 199 BGB verjährt.
993. Die Beklagte kann schließlich auch aus dem Kündbaren-Zahler-T vom 9.11.2006 keine weiteren Forderungen mehr gegen die Klägerin geltend machen, so dass die Berufung der Klägerin insoweit Erfolg hat und das erstinstanzliche Urteil entsprechend abzuändern ist.
100a. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag mit der Klägerin dadurch schuldhaft verletzt, dass sie diese nicht über das Vorliegen des anfänglichen negativen Marktwertes aufgeklärt hat. Diese Pflichtverletzung ist für den schadensbegründenden Vertragsschluss auch kausal geworden, weil sich die Klägerin bei Abschluss des Vertrages am 9.11.2006 noch nicht in der für sie als solche empfundenen Zwangslage befand, in der sie die Realisierung von Verlusten unbedingt vermeiden wollte und daher kein Indiz dafür vorliegt, dass sie ihre Anlageentscheidungen auch bei ordnungsgemäßem Hinweis auf den anfänglichen negativen Marktwert in gleicher Weise getroffen hätte. Grundsätzlich steht der Klägerin damit aus § 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch zu, von allen weiteren Verpflichtungen aus dem betreffenden Vertrag mit der Beklagten freigestellt zu werden.
101b. Ob dieser Anspruch der Klägerin wegen Ablaufs der 3-Jahres-Frist bei Klageerhebung bereits nach § 37a WpHG a.F. verjährt war, weil die Verjährungsfrist bereits mit dem Vertragsschluss und nicht erst mit dem Fixing der gegenseitigen Ansprüche der Vertragspartner zum Quartal bzw. Halbjahr (vgl. dazu BGH, Urt. v. 8.3.2005 – XI ZR 170/04, NJW 2005, 1579) zu laufen begann oder ob der Beklagten eine bedingt vorsätzliche Pflichtverletzung im Sinne eines vorsätzlichen Organisationsverschuldens (vgl. BGH, Urt. v. 12.5.2009 - XI ZR 586/07, NJW 2009, 2298) vorzuwerfen und damit noch keine Verjährung eingetreten ist, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Denn selbst wenn der Schadensersatzanspruch der Klägerin bereits verjährt sein sollte, könnte sie ihn der Beklagten im Rahmen der weiteren Vertragserfüllung einredeweise entgegenhalten und damit dem geltend gemachten Feststellungsantrag zum Erfolg verhelfen.
102aa. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass die Klägerin gegenüber den Ansprüchen der Beklagten aus dem Kündbaren-Zahler-T ab Januar 2014 (Zahlung eines Festzinses in Höhe von 6,41% auf einen anfänglichen Bezugsbetrag von 3.779.573,89 Euro) nicht mit einem verjährten Anspruch aufrechnen kann. Der Aufrechnung steht zwar nicht entgegen, dass die Forderung der Klägerin bei Abgabe der Aufrechnungserklärung mit Schriftsatz vom 30.4.2012 (Bl. 418 GA) bereits verjährt war (vgl. BGH, Beschl. v. 20.6.1951 - GSZ 1/51; Palandt/Grüneberg, BGB, § 387 Rn. 3 und § 388 Rn. 1), da die Verjährung einer Gegenforderung gemäß § 215 BGB die Aufrechnung nicht ausschließt, wenn sie in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem sie der Hauptforderung erstmals aufrechenbar gegenübergestanden hat (BGH, Urt. v. 8.11.2011 - XI ZR 341/10). Es fehlt allerdings auch im rückbezogenen Zeitpunkt an aufrechenbaren Gegenansprüchen der Klägerin: Der Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aufgrund der unterlassenen Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert entstand bei Abschluss des Vertrages über den Kündbaren-Zahler-T in Gestalt eines Freistellungsanspruchs, mit dem nicht aufgerechnet werden konnte. Erst mit der jeweiligen Anforderungen von Leistungen durch die Beklagte wandelte sich der Freistellungs- in einen Zahlungsanspruch um (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.2009 - XI ZR 252/08, juris Rn. 46), was erst mit der ersten Leistung an die Beklagte, also am 30.4.2014 der Fall sein konnte. Zu diesem Zeitpunkt war der Schadensersatzanspruch jedoch bereits verjährt.
103bb. Die Klägerin kann ihren verjährten Schadensersatzanspruch der Beklagten jedoch nach § 215 BGB im Rahmen eines Leistungsverweigerungsrechts entgegenhalten, was im Ergebnis dazu führt, dass der Beklagten – wie mit dem klageweise geltend gemachten Feststellungsantrag begehrt – keine weiteren Ansprüche aus dem Kündbaren-Zahler-T mehr zustehen.
104(1) Der Anspruch der Klägerin wegen Verletzung der Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert ist auf Rückabwicklung des für die Klägerin nachteiligen Vertrages gerichtet und kann der Inanspruchnahme durch die Beklagte einredeweise mit der Folge eines Leistungsverweigerungsrechts entgegen gehalten werden, das seine Grundlage im Verbot der unzulässigen Rechtsausübung hat (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1962 – VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196; BGH, Urt. v. 15.1.2009 – III ZR 28/08, NJW-RR 2009, 603). Dieser Anspruch entstand mit Abschluss des Vertrages am 9.11.2006 und war auch sofort fällig, so dass er zu diesem (unverjährten) Zeitpunkt bereits dem Anspruch der Beklagten im Rahmen eines Leistungsverweigerungsrechts hätte entgegengehalten werden können.
105(2) Die Regelung des § 215 BGB ist auch auf das Leistungsverweigerungsrecht anwendbar, welches dem Anleger aus dem Gesichtspunkt der Naturalrestituation bei Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung im Rahmen eines Anlageberatungsvertrages zusteht. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.6.2014 die Anwendbarkeit von § 215 BGB dahingehend in Abrede stellt, dass der Klägerin kein Zurückbehaltungsrecht im Sinne von § 273 BGB zustehe, teilt der Senat diese Ansicht nicht: Schon dem Wortlaut von § 215 BGB ist nicht zu entnehmen, dass er sich auf Zurückbehaltungsrechte nach § 273 BGB beschränken soll. Darüber hinaus ist höchstrichterlich geklärt, dass die Vorschrift des § 215 BGB ebenso auf das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB Anwendung findet (vgl. BGH NJW 2006, 2773). Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift spricht gegen die von der Beklagten vertretene Beschränkung auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB. Denn der Regelungsgehalt von § 215 BGB ist darauf gerichtet, dem Schuldner die Geltendmachung von Ansprüchen jedenfalls im Wege einer „Abwehr“ der Gegenforderung zu ermöglichen, auch wenn er sie aufgrund der eingetretenen Verjährung nicht mehr aktiv einfordern kann. Genau dies trifft auch den vorliegenden Fall der Leistungsverweigerung aus einem verjährten Rückabwicklungsanspruch wegen schuldhafter Fehlberatung beim Vertragsschluss. Der Anleger ist zwar aufgrund der Verjährung nicht mehr in der Lage, ihm entstandene Schäden der Vergangenheit ersetzt zu verlangen. Er kann sich aber zumindest davor schützen, vom Anlageberater gerade aus dem Vertrag künftig in Anspruch genommen zu werden, dessen Abschluss auf einer schuldhaften Fehlberatung beruht.
106(3) Für den Erhalt der Einredemöglichkeit gemäß § 215 BGB ist weiter nicht erforderlich, dass der aus dem T-Vertrag resultierende Anspruch der Beklagten in dem Zeitpunkt, in welchem sich die Klägerin noch auf einen unverjährten Schadensersatzanspruch in Form eines Anspruchs auf Rückabwicklung hätte stützen können, bereits fällig war. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.6.2014 geltend macht, es fehle an der von § 215 BGB vorausgesetzten Aufrechnungslage in nicht verjährter Zeit, vermengt sie in unzulässiger Weise die Fallgruppen des § 215 BGB. Da im vorliegenden Fall keine Aufrechnung der Klägerin zur Diskussion steht, sondern die Berufung auf ein Leistungsverweigerungsrecht, kommt es auf die Voraussetzungen des § 387 BGB nicht an. Das Leistungsverweigerungsrecht aus §§ 280 Abs. 1, 249, 242 BGB steht der Klägerin bereits mit Abschluss des Vertrages zu und kann ab dem Zeitpunkt ausgeübt werden, ab dem der Anspruch der Beklagten erfüllbar war. Auch dies war bereits mit Abschluss des Vertrages am 9.11.2006 der Fall, da die Zahlungspflicht der Klägerin gegenüber der Beklagten aufgrund der Vereinbarung eines Festzinses hinreichend bestimmt war. Es handelt es sich um einen lediglich betagten Anspruch, der im Januar 2014 fällig wurde. Würde man der Ansicht der Beklagten folgen, dass die Geltendmachung eines Leistungsverweigerungsrechts durch die Klägerin einen fälligen Anspruch der Beklagten voraussetzt, dann hätte es letztlich der Vertragspartner eines entsprechenden T-Vertrages in der Hand, durch zeitliche Verlagerung des Zahlungstermines (und damit der Fälligkeit des eigenen Anspruchs) die Geltendmachung von Gegenrechte über den Zeitpunkt der Verjährung hinweg hinauszuschieben.
107IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich hinsichtlich der Kosten aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10 S. 1, 709, 711 ZPO.
108Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen: Die vorliegend entscheidungserhebliche Frage, ob eine Aufklärungspflicht über eine anfänglichen negativen Marktwert eines Ts auch dann besteht, wenn der Anleger den betreffenden Vertrag nicht zu (reinen) Spekulationszwecken, sondern im Hinblick auf ein bestehendes Grundgeschäft abschließt, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 27.6.2012 – 9 U 140/11, juris Rn. 43 f.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.10.2013 – 9 U 101/12, juris Rn. 43 ff.). Eine höchstrichterliche Entscheidung dieser Frage, die zur Herstellung der Rechtssicherheit erforderlich wäre, steht zur Zeit noch aus.
109Streitwert: 21.472.907,02 Euro
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.