Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 7. Mai 2013 - 3 K 4247/12 - aufgehoben. Die Sache wird unter Aufhebung des durchgeführten Verfahrens zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht Stuttgart zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Landeslehrerprüfungsamtes, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass sie die Zweite Staatsprüfung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen endgültig nicht bestanden habe.
Mit Bescheid vom 23.01.2012 teilte das Landeslehrerprüfungsamt der Klägerin mit, dass sie die Prüfung nach § 24 Abs. 3 der Verordnung des Kultusministeriums über den Vorbereitungsdienst und die Zweite Staatsprüfung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen vom 10.03.2004 (GBl. 2004, 192) - APrObSchhD - nicht bestanden habe, da ihre Lehrprobe im Fach Biologie und das fachdidaktische Kolloquium Chemie jeweils mit der Note „mangelhaft" (5,0) beurteilt worden seien.
Am 03.07.2012 fand die Wiederholung des Prüfungsteiles Unterrichtspraxis (Lehrprobe) im Fach Biologie zum Thema „Enzyme im Körper" statt. Die Prüfungskommission bewertete die Leistungen der Klägerin mit der Note „mangelhaft" (5,0).
Mit Schreiben vom 06.07.2012 an das Landeslehrerprüfungsamt beanstandete die Klägerin, dass ihre Prüfung nicht störungsfrei abgelaufen sei. Studiendirektorin F. habe mit ihrem Verhalten den Ablauf der Lehrprobe beeinflusst.
Mit Bescheid vom 16.07.2012 teilte das Landeslehrerprüfungsamt der Klägerin mit, dass sie die Zweite Staatsprüfung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen nach § 24 Abs. 3 APrObSchhD auch in der Wiederholung nicht bestanden habe, da ihre Lehrprobe im Fach Biologie am 03.07.2012 mit der Note „mangelhaft" (5,0) bewertet worden sei.
Zur Begründung des am 31.07.2012 erhobenen Widerspruchs wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Prüferin, Studiendirektorin F., habe sich während der gesamten Erarbeitungsphase aktiv in das Unterrichtsgeschehen eingemischt. Sie sei zu beiden Arbeitsgruppen gegangen und habe sich mit den Schülerinnen und Schülern unterhalten, während diese ihre Arbeiten durchgeführt und Experimente abgearbeitet hätten. Sie habe den Schülern Fragen gestellt und sich mit ihnen unterhalten und sogar Unterrichtsinhalte vorweggenommen, indem sie mit den Schülerinnen und Schülern darüber diskutiert habe, wozu man die Glukoseteststreifen noch verwenden könne. Dieses Verhalten sei prüfungsordnungswidrig gewesen. Es habe die anderen Gruppen gestört und habe für Unruhe und Ablenkung gesorgt. Außerdem habe es die Klägerin in erheblicher Weise verunsichert. Eine weitere Folge sei gewesen, das die vorgesehene Zeit nicht ausgereicht habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2012 - zugestellt am 19.11.2012 - wies das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg den Widerspruch der Klägerin zurück.
Am 12.12.2012 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben.
In der mündlichen Verhandlung am 07.05.2013 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Beweisantrag zu den Störungen des Unterrichtsablaufs durch Studiendirektorin F. gestellt, „wie in seinem Schriftsatz vom 17.04.2013 angekündigt“. Eine Aufnahme des Wortlauts des Beweisantrags in die Sitzungsniederschrift ist nicht erfolgt. Ausweislich der Niederschrift sowie eines in der Akte enthaltenen Beschlusses vom 07.05.2013 hat die Einzelrichterin den Beweisantrag abgelehnt. Zur Begründung heißt es: „Es kann als zutreffend unterstellt werden, dass Studiendirektorin F. Schüler aus zwei Arbeitsgruppen der damaligen 11. Klasse, in der die Lehrprobe stattfand, während der so genannten Erarbeitungsphase (Versuchsdurchführung) 10 bis 15 Minuten lang nach Glukoseteststreifen befragt hat und dass dadurch die gesamte Klasse und auch die Klägerin gestört worden ist und es zu Verzögerungen im Unterrichtsablauf kam. Die als Zeugen benannten Schüler mussten daher nicht zu dem Geschehen im Unterricht vernommen werden.“
10 
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 05.12.2013 - 9 S 1238/13 - die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassen.
11 
Die Klägerin hat daraufhin die Berufung fristgerecht begründet.
12 
Sie beantragt sinngemäß,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 07.05.2013 - 3 K 4247/12 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landeslehrerprüfungsamtes vom 16.07.2012 und des Widerspruchsbescheids des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg vom 15.11.2012 zu verpflichten, sie erneut zur Lehrprobe im Fach Biologie zuzulassen.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Verwaltungsgericht Stuttgart zurückzuverweisen.
16 
Der Senat hat den Beteiligten Gelegenheit gegeben, sich zu einer Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht zu äußern.
17 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten (1 Band) sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor. Auf sie und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung über das Rechtsmittel (vgl. § 125 Abs. 1 und § 101 Abs. 2 VwGO).
19 
Die zulässige Berufung führt zur Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht.
20 
Nach § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darf der Verwaltungsgerichtshof die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Verfahrens an das Verwaltungsgericht zurückverweisen, soweit das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt.
21 
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Beklagte hat die Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht beantragt. Auch stellt die Ablehnung des von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Beweisantrags einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, auf dem das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht und der deshalb eine weitere Verhandlung der Sache mit einer nachzuholenden umfangreichen Beweisaufnahme notwendig macht.
22 
Die Ablehnung des Beweisantrags durch das Verwaltungsgericht findet im Prozessrecht keine Stütze. Das Verwaltungsgericht hat damit den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 08.04.2004 - 2 BvR 743/03 -; BVerwG, Beschluss vom 12.03.2004 - 6 B 2.94 -).
23 
Das Verwaltungsgericht hat den vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu Unrecht abgelehnt. Zwar kennt auch der vom Untersuchungsgrundsatz bestimmte Verwaltungsprozess die Möglichkeit, einen Beweisantrag durch "Wahrunterstellung" abzulehnen. Diese Verfahrensweise setzt indes voraus, dass die behauptete Beweistatsache im Folgenden so behandelt wird, als wäre sie wahr (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 2 a.E. StPO), was regelmäßig nur für nicht entscheidungserhebliche Behauptungen in Frage kommt (BVerwG, Beschluss vom 12.08.1998 - 7 B 162.98 - Juris Rn. 2). Das Gericht darf sich daher im weiteren Verlauf nicht in Widerspruch zu den als wahr unterstellten Annahmen setzen und muss sie "ohne jede inhaltliche Einschränkung" in ihrem mit dem Beteiligtenvorbringen gemeinten Sinn behandeln, als wären sie nachgewiesen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.12.2012 - 2 B 32/12 -, Juris Rn. 12; Urteil vom 24.03.1987 - 9 C 47.85 - BVerwGE 77, 150, 155, Beschluss vom 20.09.1993 - 4 B 125.93 - Juris Rn. 7). Gegen diese Grundsätze hat das Verwaltungsgericht verstoßen.
24 
Ausweislich der Entscheidungsgründe hat das Verwaltungsgericht als wahr unterstellt, dass „Studiendirektorin F. Schüler aus zwei Arbeitsgruppen während der so genannten Erarbeitungsphase (Versuchsdurchführung) 10 bis 15 Minuten lang nach Glukoseteststreifen befragt hat und dass dadurch die gesamte Klasse und auch die Klägerin gestört worden ist und es zu Verzögerungen im Unterrichtsablauf kam“. Bereits die Formulierung auf Seite 15 der angefochtenen Entscheidung am Ende des ersten Absatzes „Dies gilt auch für den Fall, dass Studiendirektorin F. sich mit einzelnen Schülern fachlich unterhalten haben sollte“ (Unterstreichung nur hier), belegt, dass das Verwaltungsgericht das als wahr unterstellte Vorbringen nicht uneingeschränkt seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Dies gilt umso mehr, als es an dieser Stelle weder auf den - zuvor unterstellten - störenden Charakter der Befragung noch auf den zeitlichen Umfang der Störung eingeht.
25 
Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht die Entscheidungserheblichkeit des als wahr unterstellten Vorbingens verkannt. Das aus dem Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) folgende Recht des Prüflings auf ein faires Verfahren verpflichtet den Prüfer, darauf zu achten, dass der Prüfungsstil, der Ablauf des Prüfungsverfahrens und die Prüfungsatmosphäre nach Möglichkeit leistungsverfälschende Verunsicherungen des Prüflings ausschließen. Der Prüfling soll nicht durch ein unangemessenes Verhalten des Prüfers einer psychischen Belastung ausgesetzt werden, die das Bild seiner Leistungsfähigkeit verfälscht und dadurch seine Chancen mindert (vgl. Senatsurteil vom 27.09.2012 - 9 S 2143/11 -, VBlBW 2013, 111; BVerwG, Urteil vom 11.11.1998 - 6 C 8/97 -, BVerwGE 107, 363, 368 f. m.w.N.; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 328). Ob sich das Verhalten eines Prüfers so hätte auswirken können, ist anhand einer objektiven Betrachtung aus der Sicht eines verständigen Prüflings zu beurteilen (vgl. Senatsurteil vom 27.09.2012, a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 11.11.1998, a.a.O., und vom 20.09.1984 - 7 C 57/83 -, BVerwGE 70, 143).
26 
Mit den dargelegten Anforderungen des Fairnessgebots, auf die das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung nicht eingegangen ist, ist die Annahme aber nicht zu vereinbaren, dass es während der Erarbeitungsphase (Versuchsdurchführung) der Lehrprobe der Klägerin im Fach Biologie in dem beschriebenen zeitlichen Umfang zu einer Befragung von Schülern durch eine der Prüferinnen gekommen ist und dadurch die gesamte Klasse sowie die Klägerin gestört und der Unterrichtsverlauf verzögert worden sind. Bereits die Annahme einer - nachweislich - durch das Verhalten der Prüferin verursachten Störung der Klägerin während ihrer Lehrprobe belegt das Vorhandensein einer prüfungsrechtlich relevanten Verunsicherung des Prüflings. Erst recht gilt dies, wenn der - bis zu einem Viertel der Gesamtdauer der Unterrichtspraxis ausmachende - zeitliche Umfang der Störung hinzugenommen und außerdem berücksichtigt wird, dass durch die Intervention der Prüferin die ganze Klasse gestört und der Unterrichtsverlauf verzögert worden ist. Insgesamt bestehen bei objektiver Betrachtung und mit Blick auf die zeitnahe Rüge der Klägerin keine Zweifel, dass bei einem nach Art und Umfang derart störenden Verhalten der Prüferin während der Lehrprobe von einer prüfungsrechtlich erheblichen, leistungsverfälschenden Verunsicherung der Klägerin auszugehen ist. Sollte den Erwägungen des Verwaltungsgerichts die Annahme zugrunde liegen, ein Verfahrensfehler sei nicht gegeben, weil das Verhalten der Prüferin der korrekten Beurteilung der Leistungen der Klägerin gedient habe, läge hierin eine unzulässige Verengung der Voraussetzungen des Fairnessgebots.
27 
Zur Vermeidung von Missverständnissen weist der Senat darauf hin, dass es sich bei der unter Beweis gestellten „Störung“ des Unterrichtsablaufs, der Klasse und der Klägerin um keine unmittelbar der Wahrnehmung durch Zeugen zugänglichen, bestimmten Beweistatsachen handelt (§ 373 ZPO i.V.m. § 98 VwGO), sondern um die Schlussfolgerung (Beweisziel) aus bestimmten Indiztatsachen. Das Verwaltungsgericht hat dies dem Beweisbegehren der Klägerin aber nicht entgegengehalten und ihr so auch nicht die Möglichkeit zur Konkretisierung eingeräumt sondern auch insoweit eine „Wahrunterstellung“ vorgenommen. Das kann nicht zu Lasten der Klägerin gehen.
28 
Der Verfahrensmangel im Bereich der Beweiserhebung ist auch wesentlich, weil er sich auf das Urteil des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat und die von diesem insoweit angenommenen Tatsachen keine ordnungsgemäße Grundlage für eine erstinstanzliche Entscheidung sein können. Die demnach in einer weiteren mündlichen Verhandlung durchzuführende Beweisaufnahme ist umfangreich, da voraussichtlich die von der Klägerin benannten acht Schüler und Schülerinnen als Zeugen zum Ablauf der Lehrprobe zu vernehmen sind.
29 
Die Entscheidung über die Zurückverweisung liegt im Ermessen des Verwaltungsgerichtshofs. Das Ermessen ist dabei durch den Regel-Ausnahme-Grundsatz des § 130 Abs. 1 und 2 VwGO vorgeformt, wonach die Zurückverweisung den Ausnahmefall darstellt. Maßgeblich sind dabei insbesondere Gründe der Prozessökonomie und der Verfahrensbeschleunigung sowie des Rechtsschutzes, etwa die Verkürzung des Rechtsweges (vgl. Senatsurteil vom 22.01.2013 - 9 S 1891/12 -; BayVGH, Beschluss vom 16.03.2011 - 12 B 10.2407 -, Juris Rn. 27; Happ in: Eyermann , VwGO, 13. Aufl. 2010, § 130 Rn. 17, a.a.O., Rn. 15).
30 
Ausgehend hiervon verweist der Senat die Sache an das Verwaltungsgericht zurück. Nach Aktenlage ist zur gebotenen Aufklärung des Sachverhalts eine umfangreiche Beweisaufnahme durch Vernehmung zahlreicher Zeugen erforderlich, die vom Verwaltungsgericht unterlassen wurde. Mit Blick darauf, dass es derzeit noch an der Entscheidungsreife fehlt und in Anbetracht der Aufgabenverteilung zwischen der zugangsbeschränkten Berufungsinstanz und der vor Ort befindlichen Eingangsinstanz hält der Senat eine Zurückverweisung für angemessen. Außerdem steht den Beteiligten nach einer Zurückverweisung und Entscheidung durch das Verwaltungsgericht bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 VwGO eine weitere Tatsacheninstanz zur Verfügung. Eine Verkürzung des Rechtswegs wird so vermieden.
31 
Mit der Zurückverweisung der Sache wird die erste Instanz mit Rechtskraft dieser Entscheidung erneut eröffnet. Das Verfahren wird dort mit der in § 130 Abs. 3 VwGO vorgeschriebenen Bindungswirkung fortgesetzt.
32 
Die Entscheidung über die Kosten ist der Endentscheidung vorzubehalten (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.12.2002 - 11 S 1442/02 -, NVwZ-RR 2003, 532).
33 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
18 
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung über das Rechtsmittel (vgl. § 125 Abs. 1 und § 101 Abs. 2 VwGO).
19 
Die zulässige Berufung führt zur Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht.
20 
Nach § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darf der Verwaltungsgerichtshof die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Verfahrens an das Verwaltungsgericht zurückverweisen, soweit das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt.
21 
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Beklagte hat die Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht beantragt. Auch stellt die Ablehnung des von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Beweisantrags einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, auf dem das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht und der deshalb eine weitere Verhandlung der Sache mit einer nachzuholenden umfangreichen Beweisaufnahme notwendig macht.
22 
Die Ablehnung des Beweisantrags durch das Verwaltungsgericht findet im Prozessrecht keine Stütze. Das Verwaltungsgericht hat damit den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 08.04.2004 - 2 BvR 743/03 -; BVerwG, Beschluss vom 12.03.2004 - 6 B 2.94 -).
23 
Das Verwaltungsgericht hat den vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu Unrecht abgelehnt. Zwar kennt auch der vom Untersuchungsgrundsatz bestimmte Verwaltungsprozess die Möglichkeit, einen Beweisantrag durch "Wahrunterstellung" abzulehnen. Diese Verfahrensweise setzt indes voraus, dass die behauptete Beweistatsache im Folgenden so behandelt wird, als wäre sie wahr (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 2 a.E. StPO), was regelmäßig nur für nicht entscheidungserhebliche Behauptungen in Frage kommt (BVerwG, Beschluss vom 12.08.1998 - 7 B 162.98 - Juris Rn. 2). Das Gericht darf sich daher im weiteren Verlauf nicht in Widerspruch zu den als wahr unterstellten Annahmen setzen und muss sie "ohne jede inhaltliche Einschränkung" in ihrem mit dem Beteiligtenvorbringen gemeinten Sinn behandeln, als wären sie nachgewiesen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.12.2012 - 2 B 32/12 -, Juris Rn. 12; Urteil vom 24.03.1987 - 9 C 47.85 - BVerwGE 77, 150, 155, Beschluss vom 20.09.1993 - 4 B 125.93 - Juris Rn. 7). Gegen diese Grundsätze hat das Verwaltungsgericht verstoßen.
24 
Ausweislich der Entscheidungsgründe hat das Verwaltungsgericht als wahr unterstellt, dass „Studiendirektorin F. Schüler aus zwei Arbeitsgruppen während der so genannten Erarbeitungsphase (Versuchsdurchführung) 10 bis 15 Minuten lang nach Glukoseteststreifen befragt hat und dass dadurch die gesamte Klasse und auch die Klägerin gestört worden ist und es zu Verzögerungen im Unterrichtsablauf kam“. Bereits die Formulierung auf Seite 15 der angefochtenen Entscheidung am Ende des ersten Absatzes „Dies gilt auch für den Fall, dass Studiendirektorin F. sich mit einzelnen Schülern fachlich unterhalten haben sollte“ (Unterstreichung nur hier), belegt, dass das Verwaltungsgericht das als wahr unterstellte Vorbringen nicht uneingeschränkt seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Dies gilt umso mehr, als es an dieser Stelle weder auf den - zuvor unterstellten - störenden Charakter der Befragung noch auf den zeitlichen Umfang der Störung eingeht.
25 
Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht die Entscheidungserheblichkeit des als wahr unterstellten Vorbingens verkannt. Das aus dem Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) folgende Recht des Prüflings auf ein faires Verfahren verpflichtet den Prüfer, darauf zu achten, dass der Prüfungsstil, der Ablauf des Prüfungsverfahrens und die Prüfungsatmosphäre nach Möglichkeit leistungsverfälschende Verunsicherungen des Prüflings ausschließen. Der Prüfling soll nicht durch ein unangemessenes Verhalten des Prüfers einer psychischen Belastung ausgesetzt werden, die das Bild seiner Leistungsfähigkeit verfälscht und dadurch seine Chancen mindert (vgl. Senatsurteil vom 27.09.2012 - 9 S 2143/11 -, VBlBW 2013, 111; BVerwG, Urteil vom 11.11.1998 - 6 C 8/97 -, BVerwGE 107, 363, 368 f. m.w.N.; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 328). Ob sich das Verhalten eines Prüfers so hätte auswirken können, ist anhand einer objektiven Betrachtung aus der Sicht eines verständigen Prüflings zu beurteilen (vgl. Senatsurteil vom 27.09.2012, a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 11.11.1998, a.a.O., und vom 20.09.1984 - 7 C 57/83 -, BVerwGE 70, 143).
26 
Mit den dargelegten Anforderungen des Fairnessgebots, auf die das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung nicht eingegangen ist, ist die Annahme aber nicht zu vereinbaren, dass es während der Erarbeitungsphase (Versuchsdurchführung) der Lehrprobe der Klägerin im Fach Biologie in dem beschriebenen zeitlichen Umfang zu einer Befragung von Schülern durch eine der Prüferinnen gekommen ist und dadurch die gesamte Klasse sowie die Klägerin gestört und der Unterrichtsverlauf verzögert worden sind. Bereits die Annahme einer - nachweislich - durch das Verhalten der Prüferin verursachten Störung der Klägerin während ihrer Lehrprobe belegt das Vorhandensein einer prüfungsrechtlich relevanten Verunsicherung des Prüflings. Erst recht gilt dies, wenn der - bis zu einem Viertel der Gesamtdauer der Unterrichtspraxis ausmachende - zeitliche Umfang der Störung hinzugenommen und außerdem berücksichtigt wird, dass durch die Intervention der Prüferin die ganze Klasse gestört und der Unterrichtsverlauf verzögert worden ist. Insgesamt bestehen bei objektiver Betrachtung und mit Blick auf die zeitnahe Rüge der Klägerin keine Zweifel, dass bei einem nach Art und Umfang derart störenden Verhalten der Prüferin während der Lehrprobe von einer prüfungsrechtlich erheblichen, leistungsverfälschenden Verunsicherung der Klägerin auszugehen ist. Sollte den Erwägungen des Verwaltungsgerichts die Annahme zugrunde liegen, ein Verfahrensfehler sei nicht gegeben, weil das Verhalten der Prüferin der korrekten Beurteilung der Leistungen der Klägerin gedient habe, läge hierin eine unzulässige Verengung der Voraussetzungen des Fairnessgebots.
27 
Zur Vermeidung von Missverständnissen weist der Senat darauf hin, dass es sich bei der unter Beweis gestellten „Störung“ des Unterrichtsablaufs, der Klasse und der Klägerin um keine unmittelbar der Wahrnehmung durch Zeugen zugänglichen, bestimmten Beweistatsachen handelt (§ 373 ZPO i.V.m. § 98 VwGO), sondern um die Schlussfolgerung (Beweisziel) aus bestimmten Indiztatsachen. Das Verwaltungsgericht hat dies dem Beweisbegehren der Klägerin aber nicht entgegengehalten und ihr so auch nicht die Möglichkeit zur Konkretisierung eingeräumt sondern auch insoweit eine „Wahrunterstellung“ vorgenommen. Das kann nicht zu Lasten der Klägerin gehen.
28 
Der Verfahrensmangel im Bereich der Beweiserhebung ist auch wesentlich, weil er sich auf das Urteil des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat und die von diesem insoweit angenommenen Tatsachen keine ordnungsgemäße Grundlage für eine erstinstanzliche Entscheidung sein können. Die demnach in einer weiteren mündlichen Verhandlung durchzuführende Beweisaufnahme ist umfangreich, da voraussichtlich die von der Klägerin benannten acht Schüler und Schülerinnen als Zeugen zum Ablauf der Lehrprobe zu vernehmen sind.
29 
Die Entscheidung über die Zurückverweisung liegt im Ermessen des Verwaltungsgerichtshofs. Das Ermessen ist dabei durch den Regel-Ausnahme-Grundsatz des § 130 Abs. 1 und 2 VwGO vorgeformt, wonach die Zurückverweisung den Ausnahmefall darstellt. Maßgeblich sind dabei insbesondere Gründe der Prozessökonomie und der Verfahrensbeschleunigung sowie des Rechtsschutzes, etwa die Verkürzung des Rechtsweges (vgl. Senatsurteil vom 22.01.2013 - 9 S 1891/12 -; BayVGH, Beschluss vom 16.03.2011 - 12 B 10.2407 -, Juris Rn. 27; Happ in: Eyermann , VwGO, 13. Aufl. 2010, § 130 Rn. 17, a.a.O., Rn. 15).
30 
Ausgehend hiervon verweist der Senat die Sache an das Verwaltungsgericht zurück. Nach Aktenlage ist zur gebotenen Aufklärung des Sachverhalts eine umfangreiche Beweisaufnahme durch Vernehmung zahlreicher Zeugen erforderlich, die vom Verwaltungsgericht unterlassen wurde. Mit Blick darauf, dass es derzeit noch an der Entscheidungsreife fehlt und in Anbetracht der Aufgabenverteilung zwischen der zugangsbeschränkten Berufungsinstanz und der vor Ort befindlichen Eingangsinstanz hält der Senat eine Zurückverweisung für angemessen. Außerdem steht den Beteiligten nach einer Zurückverweisung und Entscheidung durch das Verwaltungsgericht bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 VwGO eine weitere Tatsacheninstanz zur Verfügung. Eine Verkürzung des Rechtswegs wird so vermieden.
31 
Mit der Zurückverweisung der Sache wird die erste Instanz mit Rechtskraft dieser Entscheidung erneut eröffnet. Das Verfahren wird dort mit der in § 130 Abs. 3 VwGO vorgeschriebenen Bindungswirkung fortgesetzt.
32 
Die Entscheidung über die Kosten ist der Endentscheidung vorzubehalten (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.12.2002 - 11 S 1442/02 -, NVwZ-RR 2003, 532).
33 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

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(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung. (2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann

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Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

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(1) Das Oberverwaltungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Das Oberverwaltungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Ver

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 03. Dez. 2012 - 2 B 32/12

bei uns veröffentlicht am 03.12.2012

Gründe 1 Auf die Beschwerde der Klägerin ist der Rechtsstreit nach § 133 Abs. 6 VwGO unter Aufhebung der Berufungsentscheidung zur anderweitigen Verhandlung und Entschei

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 27. Sept. 2012 - 9 S 2143/11

bei uns veröffentlicht am 27.09.2012

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. März 2011 - 2 K 179/10 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Der Kläger we

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(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Das Oberverwaltungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Oberverwaltungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Verwaltungsgericht nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist oder
2.
wenn das Verwaltungsgericht noch nicht in der Sache selbst entschieden hat
und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt.

(3) Das Verwaltungsgericht ist an die rechtliche Beurteilung der Berufungsentscheidung gebunden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Gründe

1

Auf die Beschwerde der Klägerin ist der Rechtsstreit nach § 133 Abs. 6 VwGO unter Aufhebung der Berufungsentscheidung zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen. Die Berufungsentscheidung beruht auf einem Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, weil der Verwaltungsgerichtshof über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 130a Satz 1 VwGO entschieden hat.

2

1. Die Klägerin begehrt die Gewährung von Hinterbliebenenversorgung. Sie war seit dem 26. März 2007 mit einem am 22. November 2007 an Lungenkrebs verstorbenen Beamten verheiratet. Der Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, es handele es sich um eine sog. Versorgungsehe, weil die Ehe unmittelbar nach Feststellung der lebensbedrohenden Erkrankung des Ehemanns geschlossen worden sei. Die hiergegen gerichtete Klage, mit der die Klägerin insbesondere geltend gemacht hatte, die Eheschließung sei bereits lange vor Kenntnis der Erkrankung geplant gewesen, wies das Verwaltungsgericht ab. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung zwar wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeit der Rechtssache zugelassen, in der Sache aber durch Beschluss nach § 130a Satz 1 VwGO zurückgewiesen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sei auch in Ansehung der gestellten Beweisanträge entbehrlich, weil die erkennbaren Umstände eher geeignet seien, die gesetzliche Vermutung für das Vorliegen einer Versorgungsehe zu bestätigen als zu widerlegen.

3

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin Gehörsverstöße und Aufklärungsmängel geltend. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Frage, ob der Heiratsentschluss bereits vor Bekanntwerden der Krankheit vorlag, zwar als entscheidungserheblich erachtet, gleichwohl aber sowohl eine persönliche Anhörung der Klägerin als auch die beantragte Beweisaufnahme unterlassen.

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2. Der geltend gemachte Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt vor, weil die Voraussetzungen für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 130a Satz 1 VwGO nicht gegeben waren. Die Berufungsentscheidung verstößt damit gegen das Gebot, über die Berufung aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 1 VwGO) und verletzt zugleich den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO (Urteil vom 9. Dezember 2010 - BVerwG 10 C 13.09 - BVerwGE 138, 289 = Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 82, jew. Rn. 24 m.w.N.).

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a) Der Anwendungsbereich des § 130a VwGO ist auf einfach gelagerte Streitsachen beschränkt (Beschluss vom 20. Oktober 2011 - BVerwG 2 B 63.11 - IÖD 2012, 20 Rn. 6). Auch wenn § 130a VwGO keine ausdrücklichen Einschränkungen enthält, hat das Berufungsgericht bei seiner Ermessensausübung zu berücksichtigen, dass sich die Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung im System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nach der Ausgestaltung des Prozessrechts als gesetzlicher Regelfall und Kernstück auch des Berufungsverfahrens erweist (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 1 VwGO). Diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis liegt die Vorstellung zugrunde, dass die gerichtliche Entscheidung grundsätzlich das Ergebnis eines diskursiven Prozesses zwischen Gericht und Beteiligten im Rahmen der mündlichen Verhandlung sein soll. Davon geht auch § 104 Abs. 1 VwGO aus, der dem Vorsitzenden des Gerichts die Pflicht auferlegt, in der mündlichen Verhandlung die Streitsache mit den Beteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu erörtern. Das Rechtsgespräch erfüllt zudem den Zweck, die Ergebnisrichtigkeit der gerichtlichen Entscheidung zu fördern (Urteil vom 9. Dezember 2010 - BVerwG 10 C 13.09 - BVerwGE 138, 289 = Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 82, jeweils Rn. 23). Dies gilt umso mehr, je größer die tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Streitsache sind. Mit dem Grad der Schwierigkeiten wächst das Gewicht der Gründe, die gegen eine Anwendung des § 130a VwGO sprechen (Urteil vom 30. Juni 2004 - BVerwG 6 C 28.03 - BVerwGE 121, 211 = Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 64; Beschluss vom 20. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 6).

6

Das ergibt sich nicht zuletzt aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 6 Abs. 1 EMRK, der aus dieser Verfahrensgarantie im Einzelfall die Notwendigkeit herleitet, auch in der zweiten Instanz mündlich zu verhandeln. Der Gerichtshof stellt bei Verfahrensordnungen, in denen im Berufungsrechtszug auch Tatfragen zu entscheiden sind, darauf ab, ob im konkreten Fall zentrale strittige Tatfragen zur Entscheidung anstehen und ob für die tatsächliche Feststellung die Entscheidungsfindung allein aufgrund der Aktenlage sachgerecht möglich ist (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 29. Oktober 1991 - Nr. 22/1990/213/275 "Helmers" - NJW 1992, 1813 m.w.N.). Diese Anforderungen sind bei konventionskonformer Anwendung im Rahmen der Ermessensausübung nach § 130a VwGO vom Berufungsgericht zu berücksichtigten und gestatten es in diesen Fällen nicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen (Beschluss vom 12. März 1999 - BVerwG 4 B 112.98 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 35). Das gilt auch in der vorliegenden Streitigkeit einer Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis. Die Gewährleistungen aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK gelten auch für Beamte, sofern ihnen nach innerstaatlichem Recht die Möglichkeit eingeräumt ist, ihre Rechte vor Gericht geltend zu machen (EGMR, Urteil vom 19. April 2007 - Nr. 63235/00 "Eskelinen" - Rn. 61; hierzu auch Meyer-Ladewig, EMRK-Handkommentar, 3. Aufl. 2011, Art. 6 Rn. 19).

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b) Diesen Maßstäben wird die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs nicht gerecht.

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Dabei kann offen bleiben, ob die Inanspruchnahme des § 130a Satz 1 VwGO hier schon wegen der Schwierigkeit der Rechtssache außer Betracht zu bleiben hatte. Mit der Beschwerde ist dabei im Ausgangspunkt davon auszugehen, dass die durch den Verwaltungsgerichtshof ausgesprochene Berufungszulassung nach § 124a Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten ein Indiz hierfür abgibt (vgl. Urteil vom 30. Juni 2004 - BVerwG 6 C 28.03 - BVerwGE 121, 211 = Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 64, jeweils Rn. 15). Im Einzelfall mag sich jedoch die im Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung getroffene Einschätzung nachträglich als unzutreffend und die Rechtssache einer Entscheidung im Verfahren nach § 130a VwGO zugänglich erweisen (vgl. Urteil vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 16.03 - Buchholz 239.1 § 3 BeamtVG Nr. 2; Beschluss vom 10. Juni 2008 - BVerwG 2 B 31.08 -). Anhaltspunkte hierfür sind den Akten indes nicht zu entnehmen; vielmehr ging in der Zwischenzeit lediglich die mit der Zulassungsbegründung der Sache nach im Wesentlichen übereinstimmende Berufungsbegründung ein. Auch das Anhörungsschreiben nach § 130a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO enthält keine entsprechenden Hinweise.

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Unabhängig hiervon war ein Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung hier jedenfalls deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Klägerin nach Zugang des Anhörungsschreibens auf entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag, der im verwaltungsgerichtlichen Urteil nicht berücksichtigt wurde, hingewiesen und hierzu Beweisanträge gestellt hat (vgl. Beschluss vom 20. Oktober 2011 - BVerwG 2 B 63.11 - IÖD 2012, 20 Rn. 8). Damit hatte der Verwaltungsgerichtshof nicht nur über Rechtsfragen zu befinden, sondern auch über die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts. Zur sachgerechten Aufklärung schwieriger tatsächlicher Fragen ist eine mündliche Berufungsverhandlung aber geboten (vgl. Beschluss vom 12. März 1999 - BVerwG 4 B 112.98 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 35). Für die Überprüfung einer erstinstanzlichen Beweiswürdigung gilt dies erst recht (vgl. Beschluss vom 26. März 2012 - BVerwG 2 B 26.11 -).

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Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erhält die Witwe eines Beamten Witwengeld. Die Gewährung ist gemäß Satz 2 Nr. 1 der Vorschrift jedoch ausgeschlossen, wenn die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sein denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen. Bei Kenntnis einer lebensbedrohlichen Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung kommt die Gewährung von Witwengeld in diesem Falle daher regelmäßig nur in Betracht, wenn der Heiratsentschluss bereits vor Bekanntwerden der Erkrankung gefasst worden ist. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn noch kein Termin für die Eheschließung beim Standesamt festgestanden hat. In dieser Konstellation kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Versorgung kausal für die Eheschließung war (Beschlüsse vom 2. Oktober 2008 - BVerwG 2 B 7.08 - und vom 19. Januar 2009 - BVerwG 2 B 14.08 - m.w.N.). Von entscheidender Bedeutung ist daher einerseits die Kenntnis des künftigen Ehepartners von der lebensbedrohlichen Erkrankung des Beamten, andererseits die Frage, ob schon vor diesem Zeitpunkt ein Heiratsentschluss gefasst worden ist.

11

Von diesem rechtlichen Maßstab ist auch der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen. Gleichwohl hat er es unterlassen, die Beweggründe für die Eheschließung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung weiter aufzuklären und sich damit eine hinreichende Tatsachengrundlage für seine Entscheidungsfindung zu verschaffen. Dies gilt zunächst bereits, weil die Klägerin die Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts substantiiert in Zweifel gezogen hatte. Denn damit war eine sachgerechte Entscheidungsfindung alleine aufgrund der bestehenden Aktenlage nicht möglich (vgl. Urteil vom 9. Dezember 2010 - BVerwG 10 C 13.09 - BVerwGE 138, 289 ). Mit der abschließenden Bemerkung, die Umstände sprächen "eher" für als gegen die gesetzliche Vermutung belegen dies auch die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichtshofs selbst.

12

Insbesondere aber hat der Verwaltungsgerichtshof die im Schriftsatz vom 29. September 2011 gestellten Beweisanträge fehlerhaft abgelehnt. Zwar kennt auch der vom Untersuchungsgrundsatz bestimmte Verwaltungsprozess die Möglichkeit, einen Beweisantrag durch "Wahrunterstellung" abzulehnen. Diese Verfahrensweise setzt indes voraus, dass die behauptete Beweistatsache im Folgenden so behandelt wird, als wäre sie wahr (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 2 a.E. StPO); was regelmäßig nur für nicht entscheidungserhebliche Behauptungen in Frage kommt (Beschluss vom 12. August 1998 - BVerwG 7 B 162.98 - juris Rn. 2). Das Gericht darf sich daher im weiteren Verlauf nicht in Widerspruch zu den als wahr unterstellten Annahmen setzen und muss sie "ohne jede inhaltliche Einschränkung" in ihrem mit dem Parteivorbringen gemeinten Sinn behandeln, als wären sie nachgewiesen (Urteil vom 24. März 1987 - BVerwG 9 C 47.85 - BVerwGE 77, 150 <155>, Beschluss vom 20. September 1993 - BVerwG 4 B 125.93 - juris Rn. 7). Gegen diese Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof verstoßen und mit der von ihm angenommenen Wahrunterstellung der Sache nach eine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung vorgenommen.

13

Im Schriftsatz vom 29. September 2011 hat die Klägerin u.a. unter Beweis gestellt, dass ihrem Steuerberater bereits vor Kenntnis der Erkrankung die näheren Inhalte der notariellen Regelungen und der für Januar 2007 geplante Notartermin mitgeteilt worden seien sowie dass in dem Notartermin eine Beratung über den Ehe- und Erbvertrag stattgefunden habe. Diesen Vortrag hat der Verwaltungsgerichtshof durch die Ablehnung des Beweisantrags als wahr unterstellt. Zur Ablehnung des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs hat das Gericht nachfolgend aber maßgeblich darauf abgestellt, dass die Ehe "sehr kurzfristig" geschlossen und ein vorheriger Entwurf für einen Ehevertrag nicht erstellt worden sei. Damit hat es sich in Widerspruch zu der angenommenen Wahrunterstellung begeben. Der von der Klägerin unter Beweis gestellten Geschehensablauf und die Annahme einer sehr kurzfristigen Eheschließung schließen einander aus. Gleiches gilt der Sache nach für die Annahme des fehlenden Vertragsentwurfs. Aus dem klägerischen Vorbringen folgt sowohl das Vorhandensein inhaltlicher notarieller Regelungen als auch eine fachliche Beratung hierüber. Sollte den Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs die Annahme zu Grunde liegen, ein bestehender Heiratsentschluss könne nur durch Vorlage eines ausformulierten Ehevertragsentwurfes oder den Nachweis eines präzise zeitlich konkretisierten Hochzeitstermins nachgewiesen werden, läge hierin eine Überdehnung der Voraussetzungen aus § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG.

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Im Übrigen folgen die Annahmen des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht aus der in Anspruch genommenen Vorbemerkung des Ehe- und Erbvertrags vom 27. März 2007. Dass ein Entwurf nicht erstellt worden ist, kann dem Vertragstext nicht entnommen werden. Vielmehr wird ausdrücklich auf den bereits im Januar mit dem Notar besprochenen Inhalt des Ehevertrags Bezug genommen. Die beschriebene Abweichung vom üblichen Ablauf kann auch im Fehlen des vom beurkundenden Notars für angemessenen erachteten Zeitlaufs zu sehen sein. Hierauf deuten auch die Hinweise hin, dass eine weitere Überlegungszeit und Vertagung des Beurkundungstermins nicht gewünscht werde. Jedenfalls hätte die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs einer weiteren Aufklärung bedurft. Dies gilt auch für den Hinweis des Notars, die Eheleute hätten gestern "sehr kurzfristig" die Ehe geschlossen. Denn auch diese Passage steht im Zusammenhang zur der vom Notar für üblich gehaltenen zeitlichen Gestaltung und bezieht sich damit wohl auf den konkreten Termin der Eheschließung. Ein - die weitere Beweisaufnahme entbehrlich machender - Beleg dafür, dass ein verbindlicher Heiratswunsch selbst oder dessen Verwirklichung in angemessener Zeit vorher nicht beabsichtigt war, kann der Vorbemerkung in Ansehung ihres objektiven Erklärungsgehalts nicht entnommen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. März 2011 - 2 K 179/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Bewertung seiner Leistung in der mündlichen Abiturprüfung im Fach Religion.
Der Kläger legte im Schuljahr 2007/2008 als Schüler des Biotechnologischen Gymnasiums der ... in ... in der zweiten Jahrgangsstufe der Qualifikationsphase die Abiturprüfung ab. In der mündlichen Prüfung am 25.06.2008 im Fach Katholische Religion erzielte er eine Punktzahl von sechs Punkten (ausreichend). Damit erreichte er insgesamt nur 99 Punkte der gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Abiturverordnung berufliche Gymnasien (BGVO) vom 05.12.2002 (GBl. 2003 S. 25, die nachfolgenden Änderungen sind vorliegend nicht maßgeblich) erforderlichen Mindestpunktzahl von 100 Punkten, so dass er die Abiturprüfung nicht bestand. Die Mitteilung der Schule über das Nichtbestehen der Abiturprüfung wurde dem Kläger am 26.06.2008 ausgehändigt. Das betreffende Schreiben enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.
Mit Schreiben vom 15.09.2008 wandte sich der Bevollmächtigte des Klägers an das Regierungspräsidium und teilte mit, dass er für den Kläger bei der Schule Widerspruch eingelegt habe. Mit Schreiben vom 20.04.2009 begründete er den Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, die mündliche Prüfung sei fehlerhaft erfolgt. Dies liege an der Teilnahme des Leiters der Schule, Oberstudiendirektor (OStD) E., in der Prüfung im Fach Katholische Religion. OStD E. sei dem Kläger gegenüber voreingenommen gewesen. Er habe den Kläger durch seine Gestik und durch Lautäußerungen in der Prüfung verunsichert. Dadurch sei das Fairness- und Sachlichkeitsgebot verletzt. Außerdem sei das Protokoll über die mündliche Prüfung fehlerhaft. Aus dem Protokoll ergebe sich nicht, dass der Prüfungsausschuss die Teilnahme von OStD E. gestattet habe. Es sei fraglich, ob er an der Prüfung habe teilnehmen dürfen. Weiter habe sich OStD E. offenbar in die Beratung über die Note eingemischt. Nach Mitteilung des Fachlehrers habe OStD E. geäußert, man solle sich gut überlegen, ob man dem Kläger sechs oder sieben Punkte gebe. Es habe offensichtlich an OStD E. gelegen, dass der Kläger nur sechs Punkte erhalten habe. In der Prüfung hätte er nur sieben Punkte benötigt. So schlecht sei er im Fach Religion noch nie gewesen.
In den daraufhin eingeholten dienstlichen Stellungnahmen traten OStD E. sowie die Mitglieder des Fachausschusses Studienrat im Kirchendienst (StR i.K.) S., Oberstudienrat (OStR) B. und OStR A. den Vorwürfen des Klägers entgegen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums vom 30.12.2009 - zugestellt am 05.01.2010 - zurückgewiesen.
Am 04.02.2010 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen den Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und eine Beweisaufnahme verlangt. Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch die Vernehmung von OStD (mittlerweile a.D.) E., OStR B., StR i.K. S. und OStR A. als Zeugen. Außerdem wurde der Kläger persönlich angehört.
Mit Urteil vom 02.03.2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtene Festsetzung der Note der mündlichen Abiturprüfung im Fach Katholische Religion und der Bescheid des Beklagten vom 26.06.2008 über das Nichtbestehen der Abiturprüfung seien rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch, erneut im Abiturprüfungsfach Katholische Religion durch neue Prüfer geprüft und über das Bestehen der Abiturprüfung neu beschieden zu werden. Die Prüfung sei in verfahrensrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgehalten worden. Der Schulleiter, OStD E., sei nach § 18 Abs. 2 Satz 3 BGVO als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses berechtigt gewesen, bei der Prüfung und auch bei der anschließenden Beratung des Fachausschusses anwesend zu sein. Es liege kein Verfahrensfehler darin, dass dem Kläger die Teilnahme von OStD E. nicht vorher bekannt gegeben worden sei. Eine vorherige Unterrichtung sei aufgrund des Gebots der Chancengleichheit sowie des Anspruchs auf ein faires Prüfungsverfahren nur bezüglich der stimmberechtigten Mitglieder des Fachausschusses notwendig. Entgegen der Meinung des Klägers sei das Protokoll nicht fehlerhaft. Es entspreche den Vorgaben des § 23 Abs. 7 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 8 BGVO). Es sei von allen Mitgliedern des Fachausschusses unterzeichnet. Die Anwesenheit des stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden müsse nicht protokolliert werden, weil er nur Zuhörer sei. Inhaltlich genüge das Protokoll den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Es könne weiter nicht angenommen werden, dass der Vorsitzende des Fachausschusses wegen der Kenntnis der Vornoten des Klägers sowie der kritischen Prüfungssituation befangen gewesen sei.
Ein Verstoß gegen das Fairnessgebot liege nicht vor. Nach der Beweisaufnahme bestünden keine Anhaltspunkte für die Annahme, OStD E. habe sich während der Prüfung durch Geräusche oder kommentierende Bemerkungen unsachlich hervorgetan und insoweit die Prüfung zum Nachteil des Klägers beeinflusst. Im Ergebnis sei der Kläger für seine Behauptung beweisfällig geblieben.
Soweit der Kläger außerdem behaupte, OStD E. habe sich unsachlich und voreingenommen an der Beratung über die Notengebung beteiligt, habe die Beweisaufnahme diesen Vortrag gleichfalls nicht bestätigt. Lege man die Angaben des Zeugen OStD E. zugrunde, dass er nach der Prüfung und noch vor der Beratung sinngemäß allein die Bewertung der Prüfungsleistung durch den Fachausschuss angemahnt habe, lasse sich daraus eine Beteiligung an der Notenvergabe und damit ein Verstoß gegen § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) nicht herleiten. Dieser allgemeine Hinweis zu den Bewertungsgrundsätzen sei vielmehr von § 18 BGVO gedeckt. Zwar spreche der Wortlaut des § 18 Abs. 2 Satz 3 BGVO dafür, dass der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses nur ein Anwesenheitsrecht hätten. Aus der verfahrensmäßigen Regelung der Besetzung der Fachausschüsse folge weiter, dass eine nicht dem Fachausschuss angehörende Person sich jeder Einflussnahme auf die Prüfung zu enthalten habe. Diese verfahrensrechtlichen Sicherungen hätten aufgrund des Art. 12 Abs. 1 GG ein besonderes Gewicht. Gleichwohl ergebe sich aus dem systematischen Zusammenhang der Regelung in § 18 BGVO, dass der Vorsitzende bzw. sein Stellvertreter nicht auf die bloße Rolle als Zuhörer beschränkt sei. Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 BGVO sorge der Vorsitzende für die ordnungsgemäße Durchführung der mündlichen Prüfung. Die Äußerungen von OStD E. in der Beratung entsprächen dieser Aufgabe. Dass sich OStD E. - über diesen allgemeinen Hinweis hinaus - an der Notengebung beteiligt und in die abschließende Beratung aktiv eingegriffen habe, lasse sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht annehmen. Insbesondere die vom Kläger behauptete Aussage von OStR B., OStD E. sei an der Vergabe von sechs Punkten „schuld“, er habe gesagt, man solle sich gut überlegen, ob man dem Kläger sechs oder sieben Punkte gebe, habe sich nicht erwiesen. Kein Zeuge habe bekundet, dass diese Aussage während der Beratung gefallen sei. Angesichts dessen sei nicht erklärbar, wieso der Zeuge OStR B. während des Telefongesprächs mit dem Kläger eine anderslautende Bemerkung gemacht haben sollte. Die Aussagen der Zeugen seien glaubhaft.
Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 26.07.2011 - zugestellt am 01.08.2011 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Klärungsbedürftig sei insbesondere die Frage, ob die in § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO normierten Befugnisse des Prüfungsausschussvorsitzenden auch dem stellvertretenden Vorsitzenden zustünden. Hiergegen spreche insbesondere der Wortlaut. Es sei nicht ausgeschlossen, dass dem Schulleiter bewusst nicht dieselben Befugnisse eingeräumt worden seien, wie dem aus einer anderen Schule stammenden Prüfungsausschussvorsitzenden.
10 
Der Bevollmächtigte des Klägers hat die Berufung am 15.08.2011 begründet. Er meint, OStD E. habe als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses nur ein Anwesenheitsrecht besessen. Die in § 18 Abs. 2 BGVO normierte Überwachungsbefugnis habe allein dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zugestanden. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts sei contra legem. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, dass ein Vertretungsfall vorgelegen habe. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Notengebung anders ausgefallen wäre, wenn sich OStD E. nicht geäußert hätte. Darüber hinaus werde beantragt, die Beweisaufnahme nochmals mit Blick auf das Geschehen während der Prüfung und der Beratung zu wiederholen. Der Zeuge OStR B. sei verfahrensfehlerhaft nicht vereidigt worden. Seine Aussage wirke so, als habe er nicht die volle Wahrheit gesagt. Dies gelte vor allem deshalb, weil er über Vorkommnisse, die von den anderen Zeugen bekundet worden seien, nichts Definitives gesagt habe. Dem Zeugen OStR B. hätten die Aussagen der anderen Zeugen nochmals vorgehalten werden müssen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil der Zeuge OStR B. dem Kläger am Telefon etwas anderes gesagt habe. Es sei sehr naheliegend, dass die Äußerung von OStD E., man solle nicht die Situation, sondern die Leistung bewerten, unmittelbar nach der Aussage von StR i.K. S., er sei bereit, sieben Punkte zu geben, gefallen sei. Damit habe OStD E. der Beratung eine bestimmte Richtung gegeben. Merkwürdig seien die punktuellen Erinnerungslücken der Zeugen. Seltsam sei unter anderem, dass sich OStD E. nicht mehr habe daran erinnern können, dass er zum Ende der länger dauernden Beratung auf einen Abschluss gedrängt habe.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 02.03.2011 - 2 K 179/10 - zu ändern und den Bescheid der ...... vom 26.06.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 30.12.2009 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, ihn erneut an der mündlichen Abiturprüfung im Fach Katholische Religion teilnehmen zu lassen und über das Ergebnis der Abiturprüfung zu bescheiden.
13 
Der Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Er tritt der Rechtsaufassung des Klägers entgegen. OStD E. sei nach § 18 Abs. 2 BGVO zu den getätigten Äußerungen, die sich auf die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung bezogen hätten, berechtigt gewesen. Die Äußerungen von OStD E. dienten der Wahrung der Chancengleichheit der Kandidaten. Auch sei die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden.
16 
Der Senat hat Beweis erhoben über das Verhalten des stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden OStD E. während der mündlichen Abiturprüfung des Klägers im Fach Katholische Religion am 25.06.2008 und bei der anschließenden Beratung durch Vernehmung von OStD E., StR i.K. S., OStR B. und OStR A. als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
17 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Beklagten (zwei Hefte) sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Freiburg (2 K 179/10) vor. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Akten sowie die beim Verwaltungsgerichtshof eingereichten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
19 
Die Berufung ist zwar zulässig, insbesondere frist- und formgerecht nach § 124a Abs. 6 VwGO eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet. Denn das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 26.06.2008 über das Nichtbestehen der Abiturprüfung sowie der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 30.12.2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch, erneut im Abiturprüfungsfach Katholische Religion durch neue Prüfer geprüft und über das Bestehen der Abiturprüfung neu beschieden zu werden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
20 
Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGVO setzt das Erreichen der Mindestqualifikation der Abiturprüfung voraus, dass in den fünf Prüfungsfächern zusammen mindestens 100 Punkte erzielt werden. Dies hat der Kläger nicht erreicht, weshalb ihm nach § 25 Abs. 2 Satz 2 BGVO die allgemeine Hochschulreife zu Recht nicht zuerkannt wurde. Die mündliche Prüfung des Klägers im Fach Katholische Religionslehre vom 25.06.2008 leidet entgegen dessen Auffassung nicht an einem rechtserheblichen Verfahrensfehler.
21 
Die in der ersten Instanz noch vorgebrachten Rügen bezüglich der fehlenden vorherigen Bekanntgabe der Teilnahme von OStD E., bezüglich der Protokollierung der Prüfung sowie der Befangenheit des Vorsitzenden des Fachausschusses wegen Kenntnis der Vornoten wurden in der Berufungsinstanz nicht substantiiert weiterverfolgt. Die diesbezüglichen Einwände des Klägers sind vom Verwaltungsgericht zutreffend für nicht durchgreifend befunden worden. Insoweit wird auf die Begründung des verwaltungsgerichtlichen Urteils verwiesen (vgl. § 130b Satz 2 VwGO).
22 
Auch im Übrigen ist das Prüfungsverfahren nicht zu beanstanden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger die geltend gemachten Verfahrensfehler mit der Begründung seines Widerspruchs knapp zehn Monate nach der mündlichen Prüfung noch rechtzeitig gerügt hat, um die Rechtsfolge der Präklusion zu vermeiden (vgl. dazu: Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 214 ff.; Birnbaum, NVwZ 2006, 286; BVerwG, Urteile vom 27.04.1999 - 2 C 30/98 -, NVwZ 2000, 921, und vom 22.06.1994 - 6 C 37/92 -, BVerwGE 96, 126; Senatsbeschluss vom 21.11.2006 - 9 S 987/06 -, VBlBW 2007, 218). Denn weder bei der Durchführung der mündlichen Prüfung noch bei der Beratung über deren Ergebnis wurden Verfahrensfehler begangen.
23 
1. Ein Fehler liegt insbesondere nicht darin, dass sich OStD E. als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses in Wahrnehmung der Befugnisse nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO während der Beratung des Fachausschusses überhaupt geäußert hat.
24 
a) Nach § 23 Abs. 6 Satz 1 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 Satz 1 BGVO) wird im Anschluss an die mündliche Prüfung des einzelnen Prüflings das Ergebnis der mündlichen Prüfung vom Fachausschuss auf Vorschlag des Prüfers nach § 5 Abs. 1 BGVO festgesetzt. Dem Fachausschuss gehören nach § 18 Abs. 4 Satz 2 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 an: 1. der Vorsitzende des Prüfungsausschusses oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prüfungsausschusses als Leiter, sofern das Oberschulamt nichts anderes bestimmt; 2. die Fachlehrkraft, welche den Schüler im vierten Schulhalbjahr unterrichtet hat, als Prüfer; 3. ein weiteres fachkundiges Mitglied des Prüfungsausschusses, zugleich mit der Aufgabe, das Protokoll zu führen. Von dem Fachausschuss zu unterscheiden ist der bereits erwähnte Prüfungsausschuss. Dieser wird nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BGVO für die Abiturprüfung und die Feststellung der Gesamtqualifikation an jedem Gymnasium gebildet. Ihm gehören nach § 18 Abs. 1 Satz 2 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 an: 1. als Vorsitzender ein Vertreter oder Beauftragter des Oberschulamts; 2. als stellvertretender Vorsitzender der Schulleiter oder sein ständiger Vertreter oder eine vom Schulleiter beauftragte Lehrkraft; 3. sämtliche Fachlehrer der Schule, welche die an der Abiturprüfung teilnehmenden Schüler in den letzten beiden Schulhalbjahren unterrichtet haben; 4. gegebenenfalls weitere vom Oberschulamt oder von dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses beauftragte Mitglieder oder von dem Schulleiter mit der Führung des Protokolls beauftragte fachkundige Lehrkräfte. Die Mitglieder des Prüfungsausschusses sind bei ihrer Prüfungstätigkeit unabhängig. Sie sind zur Amtsverschwiegenheit über alle Prüfungsangelegenheiten verpflichtet und vor Beginn der Prüfung hierüber zu belehren (vgl. § 18 Abs. 3 BGVO). Da in der Regel alle Mitglieder eines Fachausschusses aus dem Prüfungsausschuss ausgewählt werden bzw. dort Mitglied sind, gelten die Unabhängigkeits- und Verschwiegenheitserfordernisse auch für die Mitglieder der Fachausschüsse.
25 
Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses sorgt nach § 18 Abs. 2 Satz 1 BGVO für die ordnungsgemäße Durchführung der mündlichen oder fachpraktischen Prüfung. Dabei wird gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 BGVO insbesondere darauf geachtet, dass die Bestimmungen eingehalten werden, nicht von unrichtigen Voraussetzungen oder sachfremden Erwägungen ausgegangen und nicht gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze oder den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen wird. Die Personen nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGVO, also der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses, können bei allen Prüfungen und Beratungen der Fachausschüsse anwesend sein.
26 
Nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO hat damit zunächst nur der Vorsitzende des Prüfungsausschusses die genannten Aufgaben und Befugnisse. Berücksichtigt man die Systematik des § 18 BGVO fällt auf, dass das in § 18 Abs. 2 Satz 3 BGVO normierte Anwesenheitsrecht weder wörtlich auf den Vorsitzenden noch auf den stellvertretenden Vorsitzenden Bezug nimmt, sondern auf die in § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGVO genannten Personen. Dabei ist unklar, ob mit diesen Personen jeweils nur der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses gemeint ist oder ob darüber hinaus und neben diesen auch die weiteren als Vorsitzender oder dessen Stellvertreter in Betracht kommenden Personen ein Anwesenheitsrecht haben. Eindeutig ist jedoch, dass jedenfalls der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses bei allen Prüfungen und Beratungen anwesend sein dürfen. Mit Blick auf die weiteren Rechte des Stellvertreters ist § 18 Abs. 2 Satz 3 BGVO allerdings kein eindeutiges Ergebnis zu entnehmen.
27 
Aus Sinn und Zweck der Vorschrift des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO ergibt sich jedoch, dass der stellvertretende Vorsitzende die gleichen Befugnisse haben soll wie der Vorsitzende, wenn dieser nicht anwesend ist. Dies folgt schon aus den allgemeinen Grundsätzen des Vertretungsrechts. Ordnet das Gesetz eine Stellvertretung an, ist davon auszugehen, dass diese eingreift, wenn der Vorsitzende seine Rechte nicht ausüben kann oder dieser dem Stellvertreter die Ausführung überträgt. Dabei hat - sofern nichts anderes ausdrücklich geregelt ist - der Stellvertreter grundsätzlich die gleichen Befugnisse wie die vertretene Person, wobei er allerdings an etwaige Vorgaben des Vertretenen, die sich hier im Rahmen des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO halten müssen, gebunden ist. Der Schaffung der Funktion des „stellvertretenden Vorsitzenden“ hätte es nicht bedurft, wenn er im Vertretungsfall nicht die Funktion des Vorsitzenden ausüben darf. Denn ansonsten hätten die in § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGVO als potentielle Stellvertreter genannten Personen auch zu einfachen Mitgliedern des Prüfungsausschusses bestimmt werden können. Dieser Umstand spricht stark für den Willen des Normgebers, dass auch dem stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses im Vertretungsfall die Rechte aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO zustehen. Als Vertretungsfall ist dabei unter anderem der Fall anzusehen, in dem der Vorsitzende dem stellvertretenden Vorsitzenden den Auftrag erteilt, in einer bestimmten Prüfung die Aufgaben nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO wahrzunehmen.
28 
Es ist im Ergebnis nicht - wie im Zulassungsbeschluss noch als Frage aufgeworfen - anzunehmen, dass der Verordnungsgeber dem Schulleiter bewusst nicht die Befugnisse des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses einräumen wollte, der aus einer anderen Schule oder nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 vom Oberschulamt bzw. nach der aktuellen Fassung des § 18 BGVO von der oberen Schulaufsichtsbehörde kommt. Dass es dem Verordnungsgeber insoweit nicht darauf ankam, mit Blick auf das Vorgesetztenverhältnis des Schulleiters zu dem Prüfer nach § 18 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BGVO dem stellvertretenden Vorsitzenden nicht die Aufgaben nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO zu übertragen, ergibt sich schon daraus, dass nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGVO nicht nur der Schulleiter, sondern auch sein ständiger Vertreter oder eine vom Schulleiter beauftragte Lehrkraft stellvertretender Vorsitzender sein können. Bei Gymnasien der Normalform ist dies anders. Dort ist nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 der Abiturverordnung Gymnasien der Normalform (NGVO) vom 24.07.2001 (GBl. S. 518), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 11.04.2012 (GBl. S. 467), allein der Schulleiter stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses. Letztlich entscheidend für die Auslegung all dieser Regeln ist jedoch, dass die Mitglieder des Prüfungsausschusses und damit grundsätzlich auch die Mitglieder der Fachausschüsse gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 BGVO (bzw. § 18 Abs. 3 Satz 1 NGVO) bei ihrer Prüfungstätigkeit unabhängig sind. Mit dieser rechtlichen Sicherung hat der Normgeber dafür Sorge getragen, dass die Mitglieder eines Fachausschusses sich durch ein Hierarchieverhältnis zum Schulleiter als stellvertretendem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nicht beeinflussen lassen, wenn dieser die Aufgaben nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO wahrnimmt.
29 
Abzugrenzen ist allerdings die Tätigkeit des Vorsitzenden bzw. stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO von derjenigen des Fachausschusses nach § 23 Abs. 3 bis 7 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 3 bis 8 BGVO). Für die Durchführung der mündlichen Prüfung und fachliche Bewertung der Leistung des Prüflings ist allein der Fachausschuss zuständig (vgl. dazu: VG Hamburg, Beschluss vom 23.12.2002 - 14 VG 4116/2002 -, Juris Rn. 20). Es widerspricht nämlich dem Wesen der Beurteilungsermächtigung und dem rechtsstaatlichen Gebot sachlicher Unabhängigkeit der Prüfer, außenstehende Dritte in einer Weise zu beteiligen, dass ihnen ein bestimmender Einfluss auf das Prüfungsergebnis eingeräumt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 16.01.1990 - 9 S 3071/88 -, Juris Rn. 36). Daher darf der Vorsitzende des Prüfungsausschusses und im oben dargelegten Umfang sein Stellvertreter nur soweit Einfluss nehmen, als ihm dies durch die Prüfungsordnung, also hier § 18 Abs. 2 BGVO, gestattet ist (vgl. dazu auch: Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 371).
30 
b) Damit steht zunächst fest, dass OStD E. als Schulleiter und stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses bei der Prüfung und Beratung anwesend sein durfte. Darüber hinaus steht fest, dass er als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses auch die in § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO normierten Aufgaben und Befugnisse in Vertretung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses ausüben und sich insoweit äußern durfte.
31 
Ein Vertretungsfall war hier gegeben. Der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses, OStD E., hat sowohl im Rahmen seiner in der ersten Instanz durchgeführten Vernehmung als Zeuge als auch in seiner erneuten Vernehmung vor dem Senat glaubhaft bekundet, dass er - einer ständigen Übung entsprechend - vom Prüfungsausschussvorsitzenden OStD S. von den Z.-Schulen gebeten worden sei, an der mündlichen Prüfung des Klägers im Fach Katholische Religion teilzunehmen. Der Prüfungsausschussvorsitzende selbst habe an den mündlichen Prüfungen des Klägers in den Fächern Mathematik und Biotechnologie teilgenommen. Die Behauptung des Klägers, OStD E. habe allein auf Bitten des Fachausschussvorsitzenden StR i.K. S. an der Prüfung teilgenommen, ist unplausibel und nicht glaubhaft. Die Behauptung des Klägers beruht wohl auf einer Verwechslung oder fehlenden Unterscheidung zwischen dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGVO und dem Vorsitzenden des Fachausschusses nach § 18 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 BGVO (vgl. auch die Anlage zur Niederschrift vom 27.09.2012, S. 19, Kläger: „Dann habe ich die Namen verwechselt.“).
32 
2. Ausgehend von den dargestellten rechtlichen Befugnissen des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses und dessen Stellvertreter verstoßen auch die konkreten, nach der Beweisaufnahme festgestellten Äußerungen des OStD E. in der Beratung über das Ergebnis der streitgegenständlichen mündlichen Prüfung nicht gegen § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 und § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002.
33 
a) Die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von OStD E. während der Beratung des Fachausschusses gegebenen Hinweise sind von § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO gedeckt.
34 
aa) Dies gilt zunächst für den Hinweis, mit dem er sinngemäß allein die Bewertung der konkreten Prüfungsleistung durch den Fachausschuss angemahnt und deutlich gemacht hat, dass es nicht in erster Linie darum gehe, mit Blick auf das Gesamtergebnis des Abiturs in der einzelnen mündlichen Prüfung eine bestimmte Punktzahl zu erreichen, sondern die Prüfungsleistung als solche zu bewerten. Dieser Hinweis stellt eine Erklärung zu den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen dar, der rechtlich nicht zu beanstanden ist, sondern den Vorgaben aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 sowie § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) entspricht.
35 
Dass OStD E. diesen Hinweis gegeben hat, stand bereits für das Verwaltungsgericht nach der vor diesem durchgeführten Beweisaufnahme fest. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts hierzu haben sich in der Beweisaufnahme des Senats bestätigt. OStD E. gab in seiner Vernehmung als Zeuge an, er habe während der Beratung des Fachausschusses gesagt, es gehe jetzt in erster Linie darum, die Prüfungsleistung zu bewerten und nicht darum, das Bestehen oder das Nichtbestehen des Abiturs zu debattieren. Diese Äußerung habe er bereits relativ früh von sich gegeben, weil er den Eindruck gehabt habe, dass die ersten Äußerungen der Mitglieder des Fachausschusses um die Frage gegangen seien, ob das Abitur bestanden werde oder nicht. Seine Äußerung sei nicht während eines Gesprächs zwischen den Mitgliedern des Fachausschusses gefallen. Vielmehr habe er bereits nach den ersten ein oder zwei Sätzen eingegriffen. Er erinnere sich jedoch nicht mehr, wer diese Sätze gesagt habe. Als erstes habe sich der Fachlehrer, OStR B., geäußert. Er meine, dass er bereits hier eingegriffen habe. Die anderen Mitglieder des Fachausschusses konnten sich in ihrer Vernehmung als Zeugen an diese Äußerung von OStD E. nicht konkret erinnern. Der Zeuge OStR A. hielt es jedoch für möglich, dass diese Aussage von OStD E. gefallen sei. Allerdings sei es allgemein klar, dass es nur um die Bewertung der Einzelprüfung gehen könne. Auch der Zeuge OStR B. hielt es für möglich, dass OStD E. den genannten Hinweis gegeben habe. All diese Aussagen sind für den Senat glaubhaft. Damit kann vorliegend davon ausgegangen werden, dass OStD E. den oben genannten, rechtlich zulässigen Hinweis gegeben hat.
36 
bb) Auch soweit von OStD E. gegen Ende der lange dauernden Beratung ein Hinweis gegeben wurde, die Beratung solle wegen der nachfolgenden Prüfung zum Ende kommen, war dies von § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO gedeckt. Denn der Hinweis diente der Wahrung der Chancengleichheit der Prüflinge sowohl mit Blick auf die Länge der Beratung als auch mit Blick darauf, dass nachfolgende Prüflinge, die sich in der Zwischenzeit anhand einer Prüfungsaufgabe auf ihre mündliche Prüfung vorbereiteten, nicht unnötig lange auf den Beginn der Prüfung warten und nicht zu viel Vorbereitungszeit zur Verfügung haben sollten.
37 
Dass OStD E. auf die Dauer der Beratung hingewiesen hat, ergibt sich aus den Aussagen der Zeugen StR i.K. S., OStR A. und OStR B. Diese haben bekundet, dass OStD E. gegen Ende der Beratung einen Hinweis auf die Uhrzeit gegeben habe. So hat StR i.K. S. wie bereits bei der Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht angegeben, er glaube, OStD E. habe am Ende der Beratung gesagt, man solle auf die Uhr schauen, weil der nächste Kandidat warte. Der Zeuge OStR A. gab ebenfalls an, dass es nach seiner Erinnerung einen solchen Hinweis gegeben habe. Allerdings wisse er nicht mehr genau, ob OStD E. einen verbalen Hinweis gegeben habe oder lediglich auf die Uhr geblickt habe. Auch OStR B. hat bekundet, OStD E. habe gegen Ende der Prüfung gesagt, man solle die Zeit nicht ganz aus den Augen lassen. Lediglich OStD E. selbst konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, ob er einen Hinweis gegeben habe, dass man angesichts der fortgeschrittenen Zeit zum Schluss der Beratung komme müsse. Er hielt es in seiner Vernehmung jedoch für möglich, weil er als Schulleiter grundsätzlich darauf achte, dass der Zeitplan einer Prüfung nicht aus den Fugen gerate. Diese im Kern übereinstimmenden Aussagen sind für den Senat glaubhaft. Daher kann davon ausgegangen werden, dass OStD E. einen rechtlich grundsätzlich zulässigen Hinweis auf die Zeit gegeben hat.
38 
b) Über die Befugnisse des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO hinaus gehende Eingriffe des stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden OStD E. in die Zuständigkeit des Fachausschusses nach § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) konnten nach dem Ergebnis der umfassenden Beweisaufnahme nicht festgestellt werden.
39 
aa) Es wäre wohl als unzulässiger Eingriff des stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden in die Befugnisse des Fachausschusses nach § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) zu werten, wenn OStD E. während der Beratung des Fachausschusses gesagt hätte, man solle sich gut überlegen, ob man dem Kläger sechs oder sieben Punkte gebe. Denn mit einer solchen Äußerung wäre der Fachausschuss indirekt dazu aufgefordert worden, die Auswirkungen der Notengebung in der mündlichen Prüfung in einem einzelnen Prüfungsfach mit Blick auf das Bestehen der gesamten Abiturprüfung zu berücksichtigen. Dies ist nach § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) jedoch nicht Sinn der Bewertung der einzelnen Prüfungsleistung.
40 
Nach der Beweisaufnahme ist der Senat jedoch nicht davon überzeugt, dass eine solche Aussage von OStD E. getroffen wurde. Daher kann ein solcher Verfahrensfehler hier nicht angenommen werden.
41 
Keiner der Zeugen, die bei der Beratung unmittelbar dabei waren, hat in der Beweisaufnahme vor dem Verwaltungsgericht oder dem Senat bekundet, dass sich OStD E. in der Beratung in dieser Weise geäußert habe. Von OStD E. wurde sogar ausdrücklich bestritten, dass er sich so geäußert habe. Auch auf Vorhalt der vom Zeugen StR i.K. S. in der erstinstanzlichen Vernehmung getroffenen Aussagen, er - StR i.K. S. - sei mit Bauchschmerzen bereit, dem Kläger sieben Punkte zu geben, sowie auf Vorhalt der Angaben des Klägers blieb der Zeuge OStD E. bei seiner Aussage. Der Zeuge OStR A. bekundete, er könne sich nicht daran erinnern, dass OStD E. die behauptete Äußerung getätigt habe. Vor dem Hintergrund seiner Erfahrung wäre ihm eine solche Äußerung jedoch aufgefallen. Er erklärte in nachvollziehbarer Weise, eine solche Einmischung hätte er nicht unkommentiert gelassen, weil er wegen seines Berufsethos darauf achte, dass die Schüler zu ihrem Recht kämen. Der Zeuge OStR B. konnte sich nach vier Jahren nicht mehr daran erinnern, dass eine solche Aussage von OStD E. gefallen sei. Demgegenüber gab der Kläger an, OStR B. habe in einem Telefonat etwa drei Tage nach der Prüfung ihm gegenüber mitgeteilt, OStD E. habe während der Beratung gesagt, man solle sich gut überlegen, ob man sechs oder sieben Punkte gebe. In dem Telefonat habe er - der Kläger - sich zuvor bei OStR B. bedankt und zu ihm gemeint, dass er die sieben Punkte bekommen hätte, wenn OStD E. nicht dabei gewesen wäre. Der Zeuge OStR B. konnte sich in der Vernehmung jedoch nicht daran erinnern, dass in dem betreffenden Telefonat überhaupt über das Verhalten von OStD E. gesprochen wurde. Nach seiner Erinnerung habe sich der Kläger für den Unterricht bedankt. Er habe den Eindruck gehabt, dass für den Kläger die Situation Schule abgeschlossen gewesen sei, und habe ihn auf die Möglichkeit der Fachhochschulreife hingewiesen. Der Kläger habe ihn nicht dafür verantwortlich gemacht, dass er das Abitur nicht bestanden habe. Schließlich hätten die sechs Punkte in der mündlichen Prüfung im Fach Religion grundsätzlich dazu reichen können, das Abitur zu bestehen. Die Punkte hätten in anderen Fächern gefehlt.
42 
Damit bestehen zwar gewisse Unsicherheiten hinsichtlich des Inhalts des Telefongesprächs zwischen dem Kläger und OStR B. Aber selbst wenn letzterer sich dort so geäußert haben sollte, wie es der Kläger gehört und verstanden haben will, wäre dies nur ein Indiz dafür, dass die Äußerung tatsächlich in der Beratung so gefallen ist. Dieses Indiz wäre hier jedoch durch das im Wesentlichen übereinstimmende Zeugnis der unmittelbar bei der Beratung anwesenden Zeugen entkräftet.
43 
Abgesehen davon ist es auch nicht fernliegend, dass der Kläger bei dem Telefongespräch etwas anderes verstanden hat, als tatsächlich von OStR B. gesagt worden ist. Solche Missverständnisse kommen in Telefonaten häufiger vor, zumal wenn diese von Emotionen beeinflusst sind, wie der Anruf bei einem der Prüfer nach einer nicht bestandenen Abiturprüfung. Auf ein Missverständnis deutet auch der Umstand hin, dass der Kläger nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung im Rahmen des Telefonats zunächst selbst die Vermutung geäußert haben will, dass er sieben Punkte erhalten hätte, wenn OStD E. in der Prüfung und Beratung nicht anwesend gewesen wäre. Möglicherweise hat er verstanden, was er gerne hören wollte.
44 
bb) Auch im Übrigen konnte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden, dass OStD E. als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses in unzulässiger Weise auf die Beratung des Fachausschusses Einfluss genommen hat.
45 
Eine unzulässige Einflussnahme durch den Vorsitzenden bzw. den stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses kann dann vorliegen, wenn er durch die Wahrnehmung seiner Rechte aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO gezielt aus sachfremden Erwägungen heraus die fachliche Beratung beeinflusst, mit dem Ziel, den Prüfling durchfallen zu lassen. Durch eine solche Verhaltensweise kann das Sachlichkeitsgebot verletzt sein, das auch für den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses sowie seinen Stellvertreter bei der Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO gilt (zum Sachlichkeitsgebot: Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 331 ff.).
46 
Ein solches Verhalten des OStD E. lässt sich vorliegend jedoch nicht erkennen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass OStD E. den Kläger bewusst durchfallen lassen wollte. Keiner der Zeugen hat bekundet, dass es zwischen dem Kläger und OStD E. vor der Prüfung Probleme gegeben hätte. Dies wird noch nicht einmal vom Kläger behauptet.
47 
Es hat sich in der Beweisaufnahme ferner nicht zur Überzeugung des Senats ergeben, dass OStD E. mit seinem Hinweis auf die lange Dauer der Beratung und die fortgeschrittene Uhrzeit inhaltlich auf das Ergebnis der Beratung Einfluss genommen hat. Keiner der Zeugen hat bekundet, dass er sich durch den Hinweis unter Druck gesetzt gefühlt hat oder dass ihm die Möglichkeit genommen worden sei, sich für einen andere Benotung einzusetzen.
48 
Des Weiteren konnte sich der Senat in der Beweisaufnahme nicht davon überzeugen, dass OStD E. unmittelbar nach einer Äußerung des StR i.K. S. eingegriffen hat, der gesagt haben soll, er sei bereit, dem Kläger „mit Bauchschmerzen“ sieben Punkte zu geben. Denn es ist schon nicht erwiesen, dass die Äußerung des StR i.K. S. überhaupt gefallen ist. Selbst wenn sie gefallen ist, fehlt es in den Aussagen der Zeugen an jeglichem Hinweis, dass OStD E. auf diese Äußerung reagiert hat. So konnte sich nur StR i.K. S. daran erinnern, dass er gesagt habe, er sei bereit dem Kläger „mit Bauchschmerzen“ sieben Punkte zu geben. Nach dessen Erinnerung hat jedoch OStD E. auf diese Äußerung gar nicht reagiert. Vielmehr hätten die Zeugen OStR A. und OStR B. gesagt, man habe auch in Religion keine Punkte zu verschenken. Der Zeuge OStD E. hat als Zeuge bekundet, er erinnere sich nicht an diese Äußerung von StR i.K. S. und auch nicht an eine Reaktion seinerseits. Seinen allgemeinen Hinweis, dass es allein um die Bewertung der einzelnen Prüfungsleistung gehe, habe er gleich zu Beginn - wohl nach einer ersten Äußerung des Fachlehrers OStR B. - gegeben, als noch gar nicht über Noten und Punkte, sondern nur über die Situation des Klägers gesprochen worden sei. Der Zeuge OStR A. konnte sich weder an die genannte Äußerung des Kollegen StR i.K. S., er sei bereit sieben Punkte zu geben, noch an die Antwort, man verschenke keine Punkte, erinnern. Auch der Zeuge OStR B. gab an, er könne sich nach vier Jahren nicht mehr darin erinnern, ob StR i.K. S. in der Beratung bereit gewesen sei, „mit Bauchschmerzen“ dem Kläger sieben Punkte zu geben.
49 
Abgesehen davon läge wohl selbst dann keine unzulässige Einflussnahme des stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden OStD E. vor, wenn er tatsächlich als Antwort auf die Aussage des Fachausschussvorsitzenden StR i.K. S., er sei bereit „mit Bauchschmerzen“ sieben Punkte zu geben, eingegriffen hätte. Denn eine solche Äußerung des Fachausschussvorsitzenden StR i.K. S., sollte sie so gefallen sein, wäre tatsächlich rechtlich bedenklich. Sie lässt vermuten, dass vor allem das Gesamtergebnis der Abiturprüfung und nicht die einzelne Prüfungsleistung für die Beurteilung maßgeblich sein solle. Daher hielte sich der von OStD E. bereits eingeräumte Hinweis, man möge die einzelne Prüfungsleistung bewerten, auch dann in den Grenzen der Befugnisse des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses sowie dessen Stellvertreters aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO, wenn er nach der fraglichen Äußerung von StR i.K. S. gegeben worden wäre. Entgegen der Meinung des Klägers wäre auch die Äußerung eines Mitglieds des Fachausschusses mit dem sinngemäßen Inhalt, man verschenke keine Punkte, rechtlich nicht zu beanstanden. Denn eine solche Äußerung ist nicht sachwidrig. Zudem ist der Fachausschuss für die Notenbildung zuständig.
50 
Ob OStD E. sinngemäß einen Vergleich mit knappen Ergebnissen im Fußball, die man ebenfalls akzeptieren müsse, gezogen habe, kann dahinstehen. Denn jedenfalls ist dieser Satz auch nach Angaben des Zeugen StR i.K. S., der ihn als Einziger gehört haben will, erst „ganz am Schluss“, „gegen Ende der Beratung“ geäußert worden. In der ersten Instanz hatte der Zeuge StR i.K. S. noch ergänzend präzisiert, der Satz sei „ganz am Ende nach der Festsetzung der Note gefallen.“ Die übrigen Zeugen konnten sich noch nicht einmal daran erinnern, dass der Satz überhaupt so gefallen sei. Nach Bekunden des Zeugen OStD E. gehöre die Äußerung auch nicht zu dem von ihm üblicherweise verwendeten Vokabular. Damit ist jedenfalls nicht erwiesen, dass die betreffende Äußerung zu einem Zeitpunkt gefallen ist, zu dem sie Einfluss auf die Notenbildung gehabt haben könnte. Es kann daher weiter offen bleiben, ob der betreffende Satz - sollte er gefallen sein - überhaupt einen unsachlichen und damit rechtswidrigen Eingriff darstellen würde.
51 
cc) Die vorstehend genannten Aussagen der Zeugen sind für den Senat glaubhaft. Dabei ist es nach mittlerweile vier Jahren verständlich, dass sich nicht jeder Zeuge an das Gleiche erinnert und Erinnerungslücken vorhanden sind. Im Kerngeschehen stimmen die Zeugenaussagen jedoch überein. Die Aussagen zeichnen sich durch lebensnahe und teilweise substantiierte Schilderungen aus. Für die Glaubhaftigkeit der Zeugen spricht weiter, dass bei keinem Belastungstendenzen gegenüber dem Kläger erkennbar waren. So konnte sich insbesondere der Zeuge OStD E. an zwei Äußerungen von sich erinnern, mit denen er - freilich im Einklang mit den Befugnissen des stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO - in die Beratung eingegriffen hat. Mit den grundsätzlichen Ausführungen zu seinem Verständnis von den Aufgaben des stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses hat der Zeuge eindrucksvoll und für den Senat überzeugend dargelegt, dass ihm die Wahrung der Bestimmungen der Abiturverordnung berufliche Gymnasien ein echtes Anliegen war. Eine Beeidung der Zeugen war vor diesem Hintergrund nach Abwägung aller Umstände und mit Blick auf den Zeitablauf nicht geboten, insbesondere auch nicht um eine wahrheitsgemäße Aussage herbeizuführen.
52 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme wurde auch bei der Durchführung der mündlichen Prüfung das Fairnessgebot nicht verletzt.
53 
Während das Sachlichkeitsgebot für die Bewertung der Leistungen des Prüflings durch den einzelnen Prüfer oder die Prüfungskommission gilt, zielt das Fairnessgebot auf den Schutz des Prüflings im Rahmen des Prüfverfahrens (vgl. Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 331). Das Fairnessgebot verpflichtet den Prüfer, darauf Bedacht zunehmen, dass auch der Prüfungsstil, der Ablauf des Prüfungsverfahrens und die Prüfungsatmosphäre nach Möglichkeit leistungsverfälschende Verunsicherungen des Prüflings ausschließen. Der Prüfling soll nicht durch ein unangemessenes Verhalten des Prüfers einer psychischen Belastung ausgesetzt werden, die das Bild seiner Leistungsfähigkeit verfälscht und dadurch seine Chancen mindert. Ob sich das Verhalten eines Prüfers so hätte auswirken können, ist anhand einer objektiven Betrachtung aus der Sicht eines verständigen Prüflings zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteile vom 11.11.1998 - 6 C 8.97 -, BVerwGE 107, 363, und vom 20.09.1984 - 7 C 57/83 -, BVerwGE 70, 143). Verstöße gegen die Gebote der Fairness und der Sachlichkeit lassen sich nicht allein aus den subjektiven Empfindungen der Prüflinge über eine „bedrückende“ Prüfungsatmosphäre herleiten. Vielmehr bedarf es insoweit präziser Feststellungen über das Verhalten der Prüfer, aus dem sich nachvollziehbar Schlussfolgerungen auf die Verwirrung oder Verunsicherung der Prüflinge ziehen lassen (vgl. FG Bremen, Urteil vom 22.11.1994 - 2 93 086 K 2 -, Juris). Je nach Qualität der Leistung eines Prüflings können allerdings auch eindeutig kritische Reaktionen eines Prüfers das Gebot der Sachlichkeit und Fairness noch wahren (vgl. Senatsbeschluss vom 20.09.1994 - 9 S 2484/93 -, NVwZ-RR 1995, 275). Das Fairnessgebot gilt nicht nur für Prüfer, sondern auch für gemäß § 18 Abs. 2 Satz 3 BGVO anwesende Personen.
54 
Es mag zwar sein, dass der Kläger aufgrund der für ihn kritischen Prüfungssituation durch die von der Abiturverordnung berufliche Gymnasien vorgesehene und generell übliche Anwesenheit seines Schulleiters verunsichert war. Dieser Umstand allein stellt jedoch noch keine Verletzung des Fairnessgebots dar.
55 
Dass OStD E. darüber hinausgehend die Prüfung durch Missfallensbekundungen gestört hat, hat jedoch die Beweisaufnahme durch den Senat - wie schon die Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht - nicht ergeben. Der Kläger behauptet zwar, OStD E. habe gestikuliert und Ausrufe wie „Ah“ und „Oh“ von sich gegeben. Entsprechendes konnte jedoch von keinem der Zeugen bestätigt werden. Die Aussagen des Klägers diesbezüglich waren inhaltsarm und beschränkten sich nahezu wörtlich auf die Wiederholung dessen, was er schon im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu Protokoll geben hatte. Wäre er tatsächlich durch ein Verhalten des OStD E. objektiv gestört worden, hätte er die Situation detaillierter beschreiben können. Die übereinstimmenden Angaben der Zeugen erscheinen dagegen glaubhaft. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zur Würdigung der Glaubwürdigkeit der Zeugen und die Begründung für die unterbliebene Beeidigung verwiesen werden.
56 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
57 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Es liegt keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vor. Denn die Auslegung von §§ 18 und 23 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) stellt keine Frage des revisiblen Rechts dar. Vielmehr handelt es sich lediglich um die Auslegung irrevisiblen Landesrechts.
58 
Beschluss vom 27. September 2012
59 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 38.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).

Gründe

 
18 
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
19 
Die Berufung ist zwar zulässig, insbesondere frist- und formgerecht nach § 124a Abs. 6 VwGO eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet. Denn das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 26.06.2008 über das Nichtbestehen der Abiturprüfung sowie der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 30.12.2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch, erneut im Abiturprüfungsfach Katholische Religion durch neue Prüfer geprüft und über das Bestehen der Abiturprüfung neu beschieden zu werden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
20 
Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGVO setzt das Erreichen der Mindestqualifikation der Abiturprüfung voraus, dass in den fünf Prüfungsfächern zusammen mindestens 100 Punkte erzielt werden. Dies hat der Kläger nicht erreicht, weshalb ihm nach § 25 Abs. 2 Satz 2 BGVO die allgemeine Hochschulreife zu Recht nicht zuerkannt wurde. Die mündliche Prüfung des Klägers im Fach Katholische Religionslehre vom 25.06.2008 leidet entgegen dessen Auffassung nicht an einem rechtserheblichen Verfahrensfehler.
21 
Die in der ersten Instanz noch vorgebrachten Rügen bezüglich der fehlenden vorherigen Bekanntgabe der Teilnahme von OStD E., bezüglich der Protokollierung der Prüfung sowie der Befangenheit des Vorsitzenden des Fachausschusses wegen Kenntnis der Vornoten wurden in der Berufungsinstanz nicht substantiiert weiterverfolgt. Die diesbezüglichen Einwände des Klägers sind vom Verwaltungsgericht zutreffend für nicht durchgreifend befunden worden. Insoweit wird auf die Begründung des verwaltungsgerichtlichen Urteils verwiesen (vgl. § 130b Satz 2 VwGO).
22 
Auch im Übrigen ist das Prüfungsverfahren nicht zu beanstanden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger die geltend gemachten Verfahrensfehler mit der Begründung seines Widerspruchs knapp zehn Monate nach der mündlichen Prüfung noch rechtzeitig gerügt hat, um die Rechtsfolge der Präklusion zu vermeiden (vgl. dazu: Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 214 ff.; Birnbaum, NVwZ 2006, 286; BVerwG, Urteile vom 27.04.1999 - 2 C 30/98 -, NVwZ 2000, 921, und vom 22.06.1994 - 6 C 37/92 -, BVerwGE 96, 126; Senatsbeschluss vom 21.11.2006 - 9 S 987/06 -, VBlBW 2007, 218). Denn weder bei der Durchführung der mündlichen Prüfung noch bei der Beratung über deren Ergebnis wurden Verfahrensfehler begangen.
23 
1. Ein Fehler liegt insbesondere nicht darin, dass sich OStD E. als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses in Wahrnehmung der Befugnisse nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO während der Beratung des Fachausschusses überhaupt geäußert hat.
24 
a) Nach § 23 Abs. 6 Satz 1 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 Satz 1 BGVO) wird im Anschluss an die mündliche Prüfung des einzelnen Prüflings das Ergebnis der mündlichen Prüfung vom Fachausschuss auf Vorschlag des Prüfers nach § 5 Abs. 1 BGVO festgesetzt. Dem Fachausschuss gehören nach § 18 Abs. 4 Satz 2 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 an: 1. der Vorsitzende des Prüfungsausschusses oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prüfungsausschusses als Leiter, sofern das Oberschulamt nichts anderes bestimmt; 2. die Fachlehrkraft, welche den Schüler im vierten Schulhalbjahr unterrichtet hat, als Prüfer; 3. ein weiteres fachkundiges Mitglied des Prüfungsausschusses, zugleich mit der Aufgabe, das Protokoll zu führen. Von dem Fachausschuss zu unterscheiden ist der bereits erwähnte Prüfungsausschuss. Dieser wird nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BGVO für die Abiturprüfung und die Feststellung der Gesamtqualifikation an jedem Gymnasium gebildet. Ihm gehören nach § 18 Abs. 1 Satz 2 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 an: 1. als Vorsitzender ein Vertreter oder Beauftragter des Oberschulamts; 2. als stellvertretender Vorsitzender der Schulleiter oder sein ständiger Vertreter oder eine vom Schulleiter beauftragte Lehrkraft; 3. sämtliche Fachlehrer der Schule, welche die an der Abiturprüfung teilnehmenden Schüler in den letzten beiden Schulhalbjahren unterrichtet haben; 4. gegebenenfalls weitere vom Oberschulamt oder von dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses beauftragte Mitglieder oder von dem Schulleiter mit der Führung des Protokolls beauftragte fachkundige Lehrkräfte. Die Mitglieder des Prüfungsausschusses sind bei ihrer Prüfungstätigkeit unabhängig. Sie sind zur Amtsverschwiegenheit über alle Prüfungsangelegenheiten verpflichtet und vor Beginn der Prüfung hierüber zu belehren (vgl. § 18 Abs. 3 BGVO). Da in der Regel alle Mitglieder eines Fachausschusses aus dem Prüfungsausschuss ausgewählt werden bzw. dort Mitglied sind, gelten die Unabhängigkeits- und Verschwiegenheitserfordernisse auch für die Mitglieder der Fachausschüsse.
25 
Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses sorgt nach § 18 Abs. 2 Satz 1 BGVO für die ordnungsgemäße Durchführung der mündlichen oder fachpraktischen Prüfung. Dabei wird gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 BGVO insbesondere darauf geachtet, dass die Bestimmungen eingehalten werden, nicht von unrichtigen Voraussetzungen oder sachfremden Erwägungen ausgegangen und nicht gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze oder den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen wird. Die Personen nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGVO, also der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses, können bei allen Prüfungen und Beratungen der Fachausschüsse anwesend sein.
26 
Nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO hat damit zunächst nur der Vorsitzende des Prüfungsausschusses die genannten Aufgaben und Befugnisse. Berücksichtigt man die Systematik des § 18 BGVO fällt auf, dass das in § 18 Abs. 2 Satz 3 BGVO normierte Anwesenheitsrecht weder wörtlich auf den Vorsitzenden noch auf den stellvertretenden Vorsitzenden Bezug nimmt, sondern auf die in § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGVO genannten Personen. Dabei ist unklar, ob mit diesen Personen jeweils nur der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses gemeint ist oder ob darüber hinaus und neben diesen auch die weiteren als Vorsitzender oder dessen Stellvertreter in Betracht kommenden Personen ein Anwesenheitsrecht haben. Eindeutig ist jedoch, dass jedenfalls der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses bei allen Prüfungen und Beratungen anwesend sein dürfen. Mit Blick auf die weiteren Rechte des Stellvertreters ist § 18 Abs. 2 Satz 3 BGVO allerdings kein eindeutiges Ergebnis zu entnehmen.
27 
Aus Sinn und Zweck der Vorschrift des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO ergibt sich jedoch, dass der stellvertretende Vorsitzende die gleichen Befugnisse haben soll wie der Vorsitzende, wenn dieser nicht anwesend ist. Dies folgt schon aus den allgemeinen Grundsätzen des Vertretungsrechts. Ordnet das Gesetz eine Stellvertretung an, ist davon auszugehen, dass diese eingreift, wenn der Vorsitzende seine Rechte nicht ausüben kann oder dieser dem Stellvertreter die Ausführung überträgt. Dabei hat - sofern nichts anderes ausdrücklich geregelt ist - der Stellvertreter grundsätzlich die gleichen Befugnisse wie die vertretene Person, wobei er allerdings an etwaige Vorgaben des Vertretenen, die sich hier im Rahmen des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO halten müssen, gebunden ist. Der Schaffung der Funktion des „stellvertretenden Vorsitzenden“ hätte es nicht bedurft, wenn er im Vertretungsfall nicht die Funktion des Vorsitzenden ausüben darf. Denn ansonsten hätten die in § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGVO als potentielle Stellvertreter genannten Personen auch zu einfachen Mitgliedern des Prüfungsausschusses bestimmt werden können. Dieser Umstand spricht stark für den Willen des Normgebers, dass auch dem stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses im Vertretungsfall die Rechte aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO zustehen. Als Vertretungsfall ist dabei unter anderem der Fall anzusehen, in dem der Vorsitzende dem stellvertretenden Vorsitzenden den Auftrag erteilt, in einer bestimmten Prüfung die Aufgaben nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO wahrzunehmen.
28 
Es ist im Ergebnis nicht - wie im Zulassungsbeschluss noch als Frage aufgeworfen - anzunehmen, dass der Verordnungsgeber dem Schulleiter bewusst nicht die Befugnisse des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses einräumen wollte, der aus einer anderen Schule oder nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 vom Oberschulamt bzw. nach der aktuellen Fassung des § 18 BGVO von der oberen Schulaufsichtsbehörde kommt. Dass es dem Verordnungsgeber insoweit nicht darauf ankam, mit Blick auf das Vorgesetztenverhältnis des Schulleiters zu dem Prüfer nach § 18 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BGVO dem stellvertretenden Vorsitzenden nicht die Aufgaben nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO zu übertragen, ergibt sich schon daraus, dass nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGVO nicht nur der Schulleiter, sondern auch sein ständiger Vertreter oder eine vom Schulleiter beauftragte Lehrkraft stellvertretender Vorsitzender sein können. Bei Gymnasien der Normalform ist dies anders. Dort ist nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 der Abiturverordnung Gymnasien der Normalform (NGVO) vom 24.07.2001 (GBl. S. 518), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 11.04.2012 (GBl. S. 467), allein der Schulleiter stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses. Letztlich entscheidend für die Auslegung all dieser Regeln ist jedoch, dass die Mitglieder des Prüfungsausschusses und damit grundsätzlich auch die Mitglieder der Fachausschüsse gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 BGVO (bzw. § 18 Abs. 3 Satz 1 NGVO) bei ihrer Prüfungstätigkeit unabhängig sind. Mit dieser rechtlichen Sicherung hat der Normgeber dafür Sorge getragen, dass die Mitglieder eines Fachausschusses sich durch ein Hierarchieverhältnis zum Schulleiter als stellvertretendem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nicht beeinflussen lassen, wenn dieser die Aufgaben nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO wahrnimmt.
29 
Abzugrenzen ist allerdings die Tätigkeit des Vorsitzenden bzw. stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO von derjenigen des Fachausschusses nach § 23 Abs. 3 bis 7 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 3 bis 8 BGVO). Für die Durchführung der mündlichen Prüfung und fachliche Bewertung der Leistung des Prüflings ist allein der Fachausschuss zuständig (vgl. dazu: VG Hamburg, Beschluss vom 23.12.2002 - 14 VG 4116/2002 -, Juris Rn. 20). Es widerspricht nämlich dem Wesen der Beurteilungsermächtigung und dem rechtsstaatlichen Gebot sachlicher Unabhängigkeit der Prüfer, außenstehende Dritte in einer Weise zu beteiligen, dass ihnen ein bestimmender Einfluss auf das Prüfungsergebnis eingeräumt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 16.01.1990 - 9 S 3071/88 -, Juris Rn. 36). Daher darf der Vorsitzende des Prüfungsausschusses und im oben dargelegten Umfang sein Stellvertreter nur soweit Einfluss nehmen, als ihm dies durch die Prüfungsordnung, also hier § 18 Abs. 2 BGVO, gestattet ist (vgl. dazu auch: Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 371).
30 
b) Damit steht zunächst fest, dass OStD E. als Schulleiter und stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses bei der Prüfung und Beratung anwesend sein durfte. Darüber hinaus steht fest, dass er als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses auch die in § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO normierten Aufgaben und Befugnisse in Vertretung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses ausüben und sich insoweit äußern durfte.
31 
Ein Vertretungsfall war hier gegeben. Der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses, OStD E., hat sowohl im Rahmen seiner in der ersten Instanz durchgeführten Vernehmung als Zeuge als auch in seiner erneuten Vernehmung vor dem Senat glaubhaft bekundet, dass er - einer ständigen Übung entsprechend - vom Prüfungsausschussvorsitzenden OStD S. von den Z.-Schulen gebeten worden sei, an der mündlichen Prüfung des Klägers im Fach Katholische Religion teilzunehmen. Der Prüfungsausschussvorsitzende selbst habe an den mündlichen Prüfungen des Klägers in den Fächern Mathematik und Biotechnologie teilgenommen. Die Behauptung des Klägers, OStD E. habe allein auf Bitten des Fachausschussvorsitzenden StR i.K. S. an der Prüfung teilgenommen, ist unplausibel und nicht glaubhaft. Die Behauptung des Klägers beruht wohl auf einer Verwechslung oder fehlenden Unterscheidung zwischen dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGVO und dem Vorsitzenden des Fachausschusses nach § 18 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 BGVO (vgl. auch die Anlage zur Niederschrift vom 27.09.2012, S. 19, Kläger: „Dann habe ich die Namen verwechselt.“).
32 
2. Ausgehend von den dargestellten rechtlichen Befugnissen des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses und dessen Stellvertreter verstoßen auch die konkreten, nach der Beweisaufnahme festgestellten Äußerungen des OStD E. in der Beratung über das Ergebnis der streitgegenständlichen mündlichen Prüfung nicht gegen § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 und § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002.
33 
a) Die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von OStD E. während der Beratung des Fachausschusses gegebenen Hinweise sind von § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO gedeckt.
34 
aa) Dies gilt zunächst für den Hinweis, mit dem er sinngemäß allein die Bewertung der konkreten Prüfungsleistung durch den Fachausschuss angemahnt und deutlich gemacht hat, dass es nicht in erster Linie darum gehe, mit Blick auf das Gesamtergebnis des Abiturs in der einzelnen mündlichen Prüfung eine bestimmte Punktzahl zu erreichen, sondern die Prüfungsleistung als solche zu bewerten. Dieser Hinweis stellt eine Erklärung zu den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen dar, der rechtlich nicht zu beanstanden ist, sondern den Vorgaben aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 sowie § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) entspricht.
35 
Dass OStD E. diesen Hinweis gegeben hat, stand bereits für das Verwaltungsgericht nach der vor diesem durchgeführten Beweisaufnahme fest. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts hierzu haben sich in der Beweisaufnahme des Senats bestätigt. OStD E. gab in seiner Vernehmung als Zeuge an, er habe während der Beratung des Fachausschusses gesagt, es gehe jetzt in erster Linie darum, die Prüfungsleistung zu bewerten und nicht darum, das Bestehen oder das Nichtbestehen des Abiturs zu debattieren. Diese Äußerung habe er bereits relativ früh von sich gegeben, weil er den Eindruck gehabt habe, dass die ersten Äußerungen der Mitglieder des Fachausschusses um die Frage gegangen seien, ob das Abitur bestanden werde oder nicht. Seine Äußerung sei nicht während eines Gesprächs zwischen den Mitgliedern des Fachausschusses gefallen. Vielmehr habe er bereits nach den ersten ein oder zwei Sätzen eingegriffen. Er erinnere sich jedoch nicht mehr, wer diese Sätze gesagt habe. Als erstes habe sich der Fachlehrer, OStR B., geäußert. Er meine, dass er bereits hier eingegriffen habe. Die anderen Mitglieder des Fachausschusses konnten sich in ihrer Vernehmung als Zeugen an diese Äußerung von OStD E. nicht konkret erinnern. Der Zeuge OStR A. hielt es jedoch für möglich, dass diese Aussage von OStD E. gefallen sei. Allerdings sei es allgemein klar, dass es nur um die Bewertung der Einzelprüfung gehen könne. Auch der Zeuge OStR B. hielt es für möglich, dass OStD E. den genannten Hinweis gegeben habe. All diese Aussagen sind für den Senat glaubhaft. Damit kann vorliegend davon ausgegangen werden, dass OStD E. den oben genannten, rechtlich zulässigen Hinweis gegeben hat.
36 
bb) Auch soweit von OStD E. gegen Ende der lange dauernden Beratung ein Hinweis gegeben wurde, die Beratung solle wegen der nachfolgenden Prüfung zum Ende kommen, war dies von § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO gedeckt. Denn der Hinweis diente der Wahrung der Chancengleichheit der Prüflinge sowohl mit Blick auf die Länge der Beratung als auch mit Blick darauf, dass nachfolgende Prüflinge, die sich in der Zwischenzeit anhand einer Prüfungsaufgabe auf ihre mündliche Prüfung vorbereiteten, nicht unnötig lange auf den Beginn der Prüfung warten und nicht zu viel Vorbereitungszeit zur Verfügung haben sollten.
37 
Dass OStD E. auf die Dauer der Beratung hingewiesen hat, ergibt sich aus den Aussagen der Zeugen StR i.K. S., OStR A. und OStR B. Diese haben bekundet, dass OStD E. gegen Ende der Beratung einen Hinweis auf die Uhrzeit gegeben habe. So hat StR i.K. S. wie bereits bei der Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht angegeben, er glaube, OStD E. habe am Ende der Beratung gesagt, man solle auf die Uhr schauen, weil der nächste Kandidat warte. Der Zeuge OStR A. gab ebenfalls an, dass es nach seiner Erinnerung einen solchen Hinweis gegeben habe. Allerdings wisse er nicht mehr genau, ob OStD E. einen verbalen Hinweis gegeben habe oder lediglich auf die Uhr geblickt habe. Auch OStR B. hat bekundet, OStD E. habe gegen Ende der Prüfung gesagt, man solle die Zeit nicht ganz aus den Augen lassen. Lediglich OStD E. selbst konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, ob er einen Hinweis gegeben habe, dass man angesichts der fortgeschrittenen Zeit zum Schluss der Beratung komme müsse. Er hielt es in seiner Vernehmung jedoch für möglich, weil er als Schulleiter grundsätzlich darauf achte, dass der Zeitplan einer Prüfung nicht aus den Fugen gerate. Diese im Kern übereinstimmenden Aussagen sind für den Senat glaubhaft. Daher kann davon ausgegangen werden, dass OStD E. einen rechtlich grundsätzlich zulässigen Hinweis auf die Zeit gegeben hat.
38 
b) Über die Befugnisse des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO hinaus gehende Eingriffe des stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden OStD E. in die Zuständigkeit des Fachausschusses nach § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) konnten nach dem Ergebnis der umfassenden Beweisaufnahme nicht festgestellt werden.
39 
aa) Es wäre wohl als unzulässiger Eingriff des stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden in die Befugnisse des Fachausschusses nach § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) zu werten, wenn OStD E. während der Beratung des Fachausschusses gesagt hätte, man solle sich gut überlegen, ob man dem Kläger sechs oder sieben Punkte gebe. Denn mit einer solchen Äußerung wäre der Fachausschuss indirekt dazu aufgefordert worden, die Auswirkungen der Notengebung in der mündlichen Prüfung in einem einzelnen Prüfungsfach mit Blick auf das Bestehen der gesamten Abiturprüfung zu berücksichtigen. Dies ist nach § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) jedoch nicht Sinn der Bewertung der einzelnen Prüfungsleistung.
40 
Nach der Beweisaufnahme ist der Senat jedoch nicht davon überzeugt, dass eine solche Aussage von OStD E. getroffen wurde. Daher kann ein solcher Verfahrensfehler hier nicht angenommen werden.
41 
Keiner der Zeugen, die bei der Beratung unmittelbar dabei waren, hat in der Beweisaufnahme vor dem Verwaltungsgericht oder dem Senat bekundet, dass sich OStD E. in der Beratung in dieser Weise geäußert habe. Von OStD E. wurde sogar ausdrücklich bestritten, dass er sich so geäußert habe. Auch auf Vorhalt der vom Zeugen StR i.K. S. in der erstinstanzlichen Vernehmung getroffenen Aussagen, er - StR i.K. S. - sei mit Bauchschmerzen bereit, dem Kläger sieben Punkte zu geben, sowie auf Vorhalt der Angaben des Klägers blieb der Zeuge OStD E. bei seiner Aussage. Der Zeuge OStR A. bekundete, er könne sich nicht daran erinnern, dass OStD E. die behauptete Äußerung getätigt habe. Vor dem Hintergrund seiner Erfahrung wäre ihm eine solche Äußerung jedoch aufgefallen. Er erklärte in nachvollziehbarer Weise, eine solche Einmischung hätte er nicht unkommentiert gelassen, weil er wegen seines Berufsethos darauf achte, dass die Schüler zu ihrem Recht kämen. Der Zeuge OStR B. konnte sich nach vier Jahren nicht mehr daran erinnern, dass eine solche Aussage von OStD E. gefallen sei. Demgegenüber gab der Kläger an, OStR B. habe in einem Telefonat etwa drei Tage nach der Prüfung ihm gegenüber mitgeteilt, OStD E. habe während der Beratung gesagt, man solle sich gut überlegen, ob man sechs oder sieben Punkte gebe. In dem Telefonat habe er - der Kläger - sich zuvor bei OStR B. bedankt und zu ihm gemeint, dass er die sieben Punkte bekommen hätte, wenn OStD E. nicht dabei gewesen wäre. Der Zeuge OStR B. konnte sich in der Vernehmung jedoch nicht daran erinnern, dass in dem betreffenden Telefonat überhaupt über das Verhalten von OStD E. gesprochen wurde. Nach seiner Erinnerung habe sich der Kläger für den Unterricht bedankt. Er habe den Eindruck gehabt, dass für den Kläger die Situation Schule abgeschlossen gewesen sei, und habe ihn auf die Möglichkeit der Fachhochschulreife hingewiesen. Der Kläger habe ihn nicht dafür verantwortlich gemacht, dass er das Abitur nicht bestanden habe. Schließlich hätten die sechs Punkte in der mündlichen Prüfung im Fach Religion grundsätzlich dazu reichen können, das Abitur zu bestehen. Die Punkte hätten in anderen Fächern gefehlt.
42 
Damit bestehen zwar gewisse Unsicherheiten hinsichtlich des Inhalts des Telefongesprächs zwischen dem Kläger und OStR B. Aber selbst wenn letzterer sich dort so geäußert haben sollte, wie es der Kläger gehört und verstanden haben will, wäre dies nur ein Indiz dafür, dass die Äußerung tatsächlich in der Beratung so gefallen ist. Dieses Indiz wäre hier jedoch durch das im Wesentlichen übereinstimmende Zeugnis der unmittelbar bei der Beratung anwesenden Zeugen entkräftet.
43 
Abgesehen davon ist es auch nicht fernliegend, dass der Kläger bei dem Telefongespräch etwas anderes verstanden hat, als tatsächlich von OStR B. gesagt worden ist. Solche Missverständnisse kommen in Telefonaten häufiger vor, zumal wenn diese von Emotionen beeinflusst sind, wie der Anruf bei einem der Prüfer nach einer nicht bestandenen Abiturprüfung. Auf ein Missverständnis deutet auch der Umstand hin, dass der Kläger nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung im Rahmen des Telefonats zunächst selbst die Vermutung geäußert haben will, dass er sieben Punkte erhalten hätte, wenn OStD E. in der Prüfung und Beratung nicht anwesend gewesen wäre. Möglicherweise hat er verstanden, was er gerne hören wollte.
44 
bb) Auch im Übrigen konnte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden, dass OStD E. als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses in unzulässiger Weise auf die Beratung des Fachausschusses Einfluss genommen hat.
45 
Eine unzulässige Einflussnahme durch den Vorsitzenden bzw. den stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses kann dann vorliegen, wenn er durch die Wahrnehmung seiner Rechte aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO gezielt aus sachfremden Erwägungen heraus die fachliche Beratung beeinflusst, mit dem Ziel, den Prüfling durchfallen zu lassen. Durch eine solche Verhaltensweise kann das Sachlichkeitsgebot verletzt sein, das auch für den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses sowie seinen Stellvertreter bei der Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO gilt (zum Sachlichkeitsgebot: Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 331 ff.).
46 
Ein solches Verhalten des OStD E. lässt sich vorliegend jedoch nicht erkennen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass OStD E. den Kläger bewusst durchfallen lassen wollte. Keiner der Zeugen hat bekundet, dass es zwischen dem Kläger und OStD E. vor der Prüfung Probleme gegeben hätte. Dies wird noch nicht einmal vom Kläger behauptet.
47 
Es hat sich in der Beweisaufnahme ferner nicht zur Überzeugung des Senats ergeben, dass OStD E. mit seinem Hinweis auf die lange Dauer der Beratung und die fortgeschrittene Uhrzeit inhaltlich auf das Ergebnis der Beratung Einfluss genommen hat. Keiner der Zeugen hat bekundet, dass er sich durch den Hinweis unter Druck gesetzt gefühlt hat oder dass ihm die Möglichkeit genommen worden sei, sich für einen andere Benotung einzusetzen.
48 
Des Weiteren konnte sich der Senat in der Beweisaufnahme nicht davon überzeugen, dass OStD E. unmittelbar nach einer Äußerung des StR i.K. S. eingegriffen hat, der gesagt haben soll, er sei bereit, dem Kläger „mit Bauchschmerzen“ sieben Punkte zu geben. Denn es ist schon nicht erwiesen, dass die Äußerung des StR i.K. S. überhaupt gefallen ist. Selbst wenn sie gefallen ist, fehlt es in den Aussagen der Zeugen an jeglichem Hinweis, dass OStD E. auf diese Äußerung reagiert hat. So konnte sich nur StR i.K. S. daran erinnern, dass er gesagt habe, er sei bereit dem Kläger „mit Bauchschmerzen“ sieben Punkte zu geben. Nach dessen Erinnerung hat jedoch OStD E. auf diese Äußerung gar nicht reagiert. Vielmehr hätten die Zeugen OStR A. und OStR B. gesagt, man habe auch in Religion keine Punkte zu verschenken. Der Zeuge OStD E. hat als Zeuge bekundet, er erinnere sich nicht an diese Äußerung von StR i.K. S. und auch nicht an eine Reaktion seinerseits. Seinen allgemeinen Hinweis, dass es allein um die Bewertung der einzelnen Prüfungsleistung gehe, habe er gleich zu Beginn - wohl nach einer ersten Äußerung des Fachlehrers OStR B. - gegeben, als noch gar nicht über Noten und Punkte, sondern nur über die Situation des Klägers gesprochen worden sei. Der Zeuge OStR A. konnte sich weder an die genannte Äußerung des Kollegen StR i.K. S., er sei bereit sieben Punkte zu geben, noch an die Antwort, man verschenke keine Punkte, erinnern. Auch der Zeuge OStR B. gab an, er könne sich nach vier Jahren nicht mehr darin erinnern, ob StR i.K. S. in der Beratung bereit gewesen sei, „mit Bauchschmerzen“ dem Kläger sieben Punkte zu geben.
49 
Abgesehen davon läge wohl selbst dann keine unzulässige Einflussnahme des stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden OStD E. vor, wenn er tatsächlich als Antwort auf die Aussage des Fachausschussvorsitzenden StR i.K. S., er sei bereit „mit Bauchschmerzen“ sieben Punkte zu geben, eingegriffen hätte. Denn eine solche Äußerung des Fachausschussvorsitzenden StR i.K. S., sollte sie so gefallen sein, wäre tatsächlich rechtlich bedenklich. Sie lässt vermuten, dass vor allem das Gesamtergebnis der Abiturprüfung und nicht die einzelne Prüfungsleistung für die Beurteilung maßgeblich sein solle. Daher hielte sich der von OStD E. bereits eingeräumte Hinweis, man möge die einzelne Prüfungsleistung bewerten, auch dann in den Grenzen der Befugnisse des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses sowie dessen Stellvertreters aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO, wenn er nach der fraglichen Äußerung von StR i.K. S. gegeben worden wäre. Entgegen der Meinung des Klägers wäre auch die Äußerung eines Mitglieds des Fachausschusses mit dem sinngemäßen Inhalt, man verschenke keine Punkte, rechtlich nicht zu beanstanden. Denn eine solche Äußerung ist nicht sachwidrig. Zudem ist der Fachausschuss für die Notenbildung zuständig.
50 
Ob OStD E. sinngemäß einen Vergleich mit knappen Ergebnissen im Fußball, die man ebenfalls akzeptieren müsse, gezogen habe, kann dahinstehen. Denn jedenfalls ist dieser Satz auch nach Angaben des Zeugen StR i.K. S., der ihn als Einziger gehört haben will, erst „ganz am Schluss“, „gegen Ende der Beratung“ geäußert worden. In der ersten Instanz hatte der Zeuge StR i.K. S. noch ergänzend präzisiert, der Satz sei „ganz am Ende nach der Festsetzung der Note gefallen.“ Die übrigen Zeugen konnten sich noch nicht einmal daran erinnern, dass der Satz überhaupt so gefallen sei. Nach Bekunden des Zeugen OStD E. gehöre die Äußerung auch nicht zu dem von ihm üblicherweise verwendeten Vokabular. Damit ist jedenfalls nicht erwiesen, dass die betreffende Äußerung zu einem Zeitpunkt gefallen ist, zu dem sie Einfluss auf die Notenbildung gehabt haben könnte. Es kann daher weiter offen bleiben, ob der betreffende Satz - sollte er gefallen sein - überhaupt einen unsachlichen und damit rechtswidrigen Eingriff darstellen würde.
51 
cc) Die vorstehend genannten Aussagen der Zeugen sind für den Senat glaubhaft. Dabei ist es nach mittlerweile vier Jahren verständlich, dass sich nicht jeder Zeuge an das Gleiche erinnert und Erinnerungslücken vorhanden sind. Im Kerngeschehen stimmen die Zeugenaussagen jedoch überein. Die Aussagen zeichnen sich durch lebensnahe und teilweise substantiierte Schilderungen aus. Für die Glaubhaftigkeit der Zeugen spricht weiter, dass bei keinem Belastungstendenzen gegenüber dem Kläger erkennbar waren. So konnte sich insbesondere der Zeuge OStD E. an zwei Äußerungen von sich erinnern, mit denen er - freilich im Einklang mit den Befugnissen des stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO - in die Beratung eingegriffen hat. Mit den grundsätzlichen Ausführungen zu seinem Verständnis von den Aufgaben des stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses hat der Zeuge eindrucksvoll und für den Senat überzeugend dargelegt, dass ihm die Wahrung der Bestimmungen der Abiturverordnung berufliche Gymnasien ein echtes Anliegen war. Eine Beeidung der Zeugen war vor diesem Hintergrund nach Abwägung aller Umstände und mit Blick auf den Zeitablauf nicht geboten, insbesondere auch nicht um eine wahrheitsgemäße Aussage herbeizuführen.
52 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme wurde auch bei der Durchführung der mündlichen Prüfung das Fairnessgebot nicht verletzt.
53 
Während das Sachlichkeitsgebot für die Bewertung der Leistungen des Prüflings durch den einzelnen Prüfer oder die Prüfungskommission gilt, zielt das Fairnessgebot auf den Schutz des Prüflings im Rahmen des Prüfverfahrens (vgl. Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 331). Das Fairnessgebot verpflichtet den Prüfer, darauf Bedacht zunehmen, dass auch der Prüfungsstil, der Ablauf des Prüfungsverfahrens und die Prüfungsatmosphäre nach Möglichkeit leistungsverfälschende Verunsicherungen des Prüflings ausschließen. Der Prüfling soll nicht durch ein unangemessenes Verhalten des Prüfers einer psychischen Belastung ausgesetzt werden, die das Bild seiner Leistungsfähigkeit verfälscht und dadurch seine Chancen mindert. Ob sich das Verhalten eines Prüfers so hätte auswirken können, ist anhand einer objektiven Betrachtung aus der Sicht eines verständigen Prüflings zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteile vom 11.11.1998 - 6 C 8.97 -, BVerwGE 107, 363, und vom 20.09.1984 - 7 C 57/83 -, BVerwGE 70, 143). Verstöße gegen die Gebote der Fairness und der Sachlichkeit lassen sich nicht allein aus den subjektiven Empfindungen der Prüflinge über eine „bedrückende“ Prüfungsatmosphäre herleiten. Vielmehr bedarf es insoweit präziser Feststellungen über das Verhalten der Prüfer, aus dem sich nachvollziehbar Schlussfolgerungen auf die Verwirrung oder Verunsicherung der Prüflinge ziehen lassen (vgl. FG Bremen, Urteil vom 22.11.1994 - 2 93 086 K 2 -, Juris). Je nach Qualität der Leistung eines Prüflings können allerdings auch eindeutig kritische Reaktionen eines Prüfers das Gebot der Sachlichkeit und Fairness noch wahren (vgl. Senatsbeschluss vom 20.09.1994 - 9 S 2484/93 -, NVwZ-RR 1995, 275). Das Fairnessgebot gilt nicht nur für Prüfer, sondern auch für gemäß § 18 Abs. 2 Satz 3 BGVO anwesende Personen.
54 
Es mag zwar sein, dass der Kläger aufgrund der für ihn kritischen Prüfungssituation durch die von der Abiturverordnung berufliche Gymnasien vorgesehene und generell übliche Anwesenheit seines Schulleiters verunsichert war. Dieser Umstand allein stellt jedoch noch keine Verletzung des Fairnessgebots dar.
55 
Dass OStD E. darüber hinausgehend die Prüfung durch Missfallensbekundungen gestört hat, hat jedoch die Beweisaufnahme durch den Senat - wie schon die Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht - nicht ergeben. Der Kläger behauptet zwar, OStD E. habe gestikuliert und Ausrufe wie „Ah“ und „Oh“ von sich gegeben. Entsprechendes konnte jedoch von keinem der Zeugen bestätigt werden. Die Aussagen des Klägers diesbezüglich waren inhaltsarm und beschränkten sich nahezu wörtlich auf die Wiederholung dessen, was er schon im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu Protokoll geben hatte. Wäre er tatsächlich durch ein Verhalten des OStD E. objektiv gestört worden, hätte er die Situation detaillierter beschreiben können. Die übereinstimmenden Angaben der Zeugen erscheinen dagegen glaubhaft. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zur Würdigung der Glaubwürdigkeit der Zeugen und die Begründung für die unterbliebene Beeidigung verwiesen werden.
56 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
57 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Es liegt keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vor. Denn die Auslegung von §§ 18 und 23 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) stellt keine Frage des revisiblen Rechts dar. Vielmehr handelt es sich lediglich um die Auslegung irrevisiblen Landesrechts.
58 
Beschluss vom 27. September 2012
59 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 38.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).

Der Zeugenbeweis wird durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Oberverwaltungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Verwaltungsgericht nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist oder
2.
wenn das Verwaltungsgericht noch nicht in der Sache selbst entschieden hat
und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt.

(3) Das Verwaltungsgericht ist an die rechtliche Beurteilung der Berufungsentscheidung gebunden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Oberverwaltungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Oberverwaltungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Verwaltungsgericht nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist oder
2.
wenn das Verwaltungsgericht noch nicht in der Sache selbst entschieden hat
und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt.

(3) Das Verwaltungsgericht ist an die rechtliche Beurteilung der Berufungsentscheidung gebunden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Das Oberverwaltungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Oberverwaltungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Verwaltungsgericht nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist oder
2.
wenn das Verwaltungsgericht noch nicht in der Sache selbst entschieden hat
und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt.

(3) Das Verwaltungsgericht ist an die rechtliche Beurteilung der Berufungsentscheidung gebunden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Gründe

1

Auf die Beschwerde der Klägerin ist der Rechtsstreit nach § 133 Abs. 6 VwGO unter Aufhebung der Berufungsentscheidung zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen. Die Berufungsentscheidung beruht auf einem Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, weil der Verwaltungsgerichtshof über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 130a Satz 1 VwGO entschieden hat.

2

1. Die Klägerin begehrt die Gewährung von Hinterbliebenenversorgung. Sie war seit dem 26. März 2007 mit einem am 22. November 2007 an Lungenkrebs verstorbenen Beamten verheiratet. Der Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, es handele es sich um eine sog. Versorgungsehe, weil die Ehe unmittelbar nach Feststellung der lebensbedrohenden Erkrankung des Ehemanns geschlossen worden sei. Die hiergegen gerichtete Klage, mit der die Klägerin insbesondere geltend gemacht hatte, die Eheschließung sei bereits lange vor Kenntnis der Erkrankung geplant gewesen, wies das Verwaltungsgericht ab. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung zwar wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeit der Rechtssache zugelassen, in der Sache aber durch Beschluss nach § 130a Satz 1 VwGO zurückgewiesen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sei auch in Ansehung der gestellten Beweisanträge entbehrlich, weil die erkennbaren Umstände eher geeignet seien, die gesetzliche Vermutung für das Vorliegen einer Versorgungsehe zu bestätigen als zu widerlegen.

3

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin Gehörsverstöße und Aufklärungsmängel geltend. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Frage, ob der Heiratsentschluss bereits vor Bekanntwerden der Krankheit vorlag, zwar als entscheidungserheblich erachtet, gleichwohl aber sowohl eine persönliche Anhörung der Klägerin als auch die beantragte Beweisaufnahme unterlassen.

4

2. Der geltend gemachte Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt vor, weil die Voraussetzungen für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 130a Satz 1 VwGO nicht gegeben waren. Die Berufungsentscheidung verstößt damit gegen das Gebot, über die Berufung aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 1 VwGO) und verletzt zugleich den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO (Urteil vom 9. Dezember 2010 - BVerwG 10 C 13.09 - BVerwGE 138, 289 = Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 82, jew. Rn. 24 m.w.N.).

5

a) Der Anwendungsbereich des § 130a VwGO ist auf einfach gelagerte Streitsachen beschränkt (Beschluss vom 20. Oktober 2011 - BVerwG 2 B 63.11 - IÖD 2012, 20 Rn. 6). Auch wenn § 130a VwGO keine ausdrücklichen Einschränkungen enthält, hat das Berufungsgericht bei seiner Ermessensausübung zu berücksichtigen, dass sich die Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung im System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nach der Ausgestaltung des Prozessrechts als gesetzlicher Regelfall und Kernstück auch des Berufungsverfahrens erweist (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 1 VwGO). Diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis liegt die Vorstellung zugrunde, dass die gerichtliche Entscheidung grundsätzlich das Ergebnis eines diskursiven Prozesses zwischen Gericht und Beteiligten im Rahmen der mündlichen Verhandlung sein soll. Davon geht auch § 104 Abs. 1 VwGO aus, der dem Vorsitzenden des Gerichts die Pflicht auferlegt, in der mündlichen Verhandlung die Streitsache mit den Beteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu erörtern. Das Rechtsgespräch erfüllt zudem den Zweck, die Ergebnisrichtigkeit der gerichtlichen Entscheidung zu fördern (Urteil vom 9. Dezember 2010 - BVerwG 10 C 13.09 - BVerwGE 138, 289 = Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 82, jeweils Rn. 23). Dies gilt umso mehr, je größer die tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Streitsache sind. Mit dem Grad der Schwierigkeiten wächst das Gewicht der Gründe, die gegen eine Anwendung des § 130a VwGO sprechen (Urteil vom 30. Juni 2004 - BVerwG 6 C 28.03 - BVerwGE 121, 211 = Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 64; Beschluss vom 20. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 6).

6

Das ergibt sich nicht zuletzt aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 6 Abs. 1 EMRK, der aus dieser Verfahrensgarantie im Einzelfall die Notwendigkeit herleitet, auch in der zweiten Instanz mündlich zu verhandeln. Der Gerichtshof stellt bei Verfahrensordnungen, in denen im Berufungsrechtszug auch Tatfragen zu entscheiden sind, darauf ab, ob im konkreten Fall zentrale strittige Tatfragen zur Entscheidung anstehen und ob für die tatsächliche Feststellung die Entscheidungsfindung allein aufgrund der Aktenlage sachgerecht möglich ist (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 29. Oktober 1991 - Nr. 22/1990/213/275 "Helmers" - NJW 1992, 1813 m.w.N.). Diese Anforderungen sind bei konventionskonformer Anwendung im Rahmen der Ermessensausübung nach § 130a VwGO vom Berufungsgericht zu berücksichtigten und gestatten es in diesen Fällen nicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen (Beschluss vom 12. März 1999 - BVerwG 4 B 112.98 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 35). Das gilt auch in der vorliegenden Streitigkeit einer Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis. Die Gewährleistungen aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK gelten auch für Beamte, sofern ihnen nach innerstaatlichem Recht die Möglichkeit eingeräumt ist, ihre Rechte vor Gericht geltend zu machen (EGMR, Urteil vom 19. April 2007 - Nr. 63235/00 "Eskelinen" - Rn. 61; hierzu auch Meyer-Ladewig, EMRK-Handkommentar, 3. Aufl. 2011, Art. 6 Rn. 19).

7

b) Diesen Maßstäben wird die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs nicht gerecht.

8

Dabei kann offen bleiben, ob die Inanspruchnahme des § 130a Satz 1 VwGO hier schon wegen der Schwierigkeit der Rechtssache außer Betracht zu bleiben hatte. Mit der Beschwerde ist dabei im Ausgangspunkt davon auszugehen, dass die durch den Verwaltungsgerichtshof ausgesprochene Berufungszulassung nach § 124a Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten ein Indiz hierfür abgibt (vgl. Urteil vom 30. Juni 2004 - BVerwG 6 C 28.03 - BVerwGE 121, 211 = Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 64, jeweils Rn. 15). Im Einzelfall mag sich jedoch die im Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung getroffene Einschätzung nachträglich als unzutreffend und die Rechtssache einer Entscheidung im Verfahren nach § 130a VwGO zugänglich erweisen (vgl. Urteil vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 16.03 - Buchholz 239.1 § 3 BeamtVG Nr. 2; Beschluss vom 10. Juni 2008 - BVerwG 2 B 31.08 -). Anhaltspunkte hierfür sind den Akten indes nicht zu entnehmen; vielmehr ging in der Zwischenzeit lediglich die mit der Zulassungsbegründung der Sache nach im Wesentlichen übereinstimmende Berufungsbegründung ein. Auch das Anhörungsschreiben nach § 130a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO enthält keine entsprechenden Hinweise.

9

Unabhängig hiervon war ein Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung hier jedenfalls deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Klägerin nach Zugang des Anhörungsschreibens auf entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag, der im verwaltungsgerichtlichen Urteil nicht berücksichtigt wurde, hingewiesen und hierzu Beweisanträge gestellt hat (vgl. Beschluss vom 20. Oktober 2011 - BVerwG 2 B 63.11 - IÖD 2012, 20 Rn. 8). Damit hatte der Verwaltungsgerichtshof nicht nur über Rechtsfragen zu befinden, sondern auch über die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts. Zur sachgerechten Aufklärung schwieriger tatsächlicher Fragen ist eine mündliche Berufungsverhandlung aber geboten (vgl. Beschluss vom 12. März 1999 - BVerwG 4 B 112.98 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 35). Für die Überprüfung einer erstinstanzlichen Beweiswürdigung gilt dies erst recht (vgl. Beschluss vom 26. März 2012 - BVerwG 2 B 26.11 -).

10

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erhält die Witwe eines Beamten Witwengeld. Die Gewährung ist gemäß Satz 2 Nr. 1 der Vorschrift jedoch ausgeschlossen, wenn die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sein denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen. Bei Kenntnis einer lebensbedrohlichen Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung kommt die Gewährung von Witwengeld in diesem Falle daher regelmäßig nur in Betracht, wenn der Heiratsentschluss bereits vor Bekanntwerden der Erkrankung gefasst worden ist. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn noch kein Termin für die Eheschließung beim Standesamt festgestanden hat. In dieser Konstellation kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Versorgung kausal für die Eheschließung war (Beschlüsse vom 2. Oktober 2008 - BVerwG 2 B 7.08 - und vom 19. Januar 2009 - BVerwG 2 B 14.08 - m.w.N.). Von entscheidender Bedeutung ist daher einerseits die Kenntnis des künftigen Ehepartners von der lebensbedrohlichen Erkrankung des Beamten, andererseits die Frage, ob schon vor diesem Zeitpunkt ein Heiratsentschluss gefasst worden ist.

11

Von diesem rechtlichen Maßstab ist auch der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen. Gleichwohl hat er es unterlassen, die Beweggründe für die Eheschließung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung weiter aufzuklären und sich damit eine hinreichende Tatsachengrundlage für seine Entscheidungsfindung zu verschaffen. Dies gilt zunächst bereits, weil die Klägerin die Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts substantiiert in Zweifel gezogen hatte. Denn damit war eine sachgerechte Entscheidungsfindung alleine aufgrund der bestehenden Aktenlage nicht möglich (vgl. Urteil vom 9. Dezember 2010 - BVerwG 10 C 13.09 - BVerwGE 138, 289 ). Mit der abschließenden Bemerkung, die Umstände sprächen "eher" für als gegen die gesetzliche Vermutung belegen dies auch die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichtshofs selbst.

12

Insbesondere aber hat der Verwaltungsgerichtshof die im Schriftsatz vom 29. September 2011 gestellten Beweisanträge fehlerhaft abgelehnt. Zwar kennt auch der vom Untersuchungsgrundsatz bestimmte Verwaltungsprozess die Möglichkeit, einen Beweisantrag durch "Wahrunterstellung" abzulehnen. Diese Verfahrensweise setzt indes voraus, dass die behauptete Beweistatsache im Folgenden so behandelt wird, als wäre sie wahr (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 2 a.E. StPO); was regelmäßig nur für nicht entscheidungserhebliche Behauptungen in Frage kommt (Beschluss vom 12. August 1998 - BVerwG 7 B 162.98 - juris Rn. 2). Das Gericht darf sich daher im weiteren Verlauf nicht in Widerspruch zu den als wahr unterstellten Annahmen setzen und muss sie "ohne jede inhaltliche Einschränkung" in ihrem mit dem Parteivorbringen gemeinten Sinn behandeln, als wären sie nachgewiesen (Urteil vom 24. März 1987 - BVerwG 9 C 47.85 - BVerwGE 77, 150 <155>, Beschluss vom 20. September 1993 - BVerwG 4 B 125.93 - juris Rn. 7). Gegen diese Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof verstoßen und mit der von ihm angenommenen Wahrunterstellung der Sache nach eine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung vorgenommen.

13

Im Schriftsatz vom 29. September 2011 hat die Klägerin u.a. unter Beweis gestellt, dass ihrem Steuerberater bereits vor Kenntnis der Erkrankung die näheren Inhalte der notariellen Regelungen und der für Januar 2007 geplante Notartermin mitgeteilt worden seien sowie dass in dem Notartermin eine Beratung über den Ehe- und Erbvertrag stattgefunden habe. Diesen Vortrag hat der Verwaltungsgerichtshof durch die Ablehnung des Beweisantrags als wahr unterstellt. Zur Ablehnung des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs hat das Gericht nachfolgend aber maßgeblich darauf abgestellt, dass die Ehe "sehr kurzfristig" geschlossen und ein vorheriger Entwurf für einen Ehevertrag nicht erstellt worden sei. Damit hat es sich in Widerspruch zu der angenommenen Wahrunterstellung begeben. Der von der Klägerin unter Beweis gestellten Geschehensablauf und die Annahme einer sehr kurzfristigen Eheschließung schließen einander aus. Gleiches gilt der Sache nach für die Annahme des fehlenden Vertragsentwurfs. Aus dem klägerischen Vorbringen folgt sowohl das Vorhandensein inhaltlicher notarieller Regelungen als auch eine fachliche Beratung hierüber. Sollte den Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs die Annahme zu Grunde liegen, ein bestehender Heiratsentschluss könne nur durch Vorlage eines ausformulierten Ehevertragsentwurfes oder den Nachweis eines präzise zeitlich konkretisierten Hochzeitstermins nachgewiesen werden, läge hierin eine Überdehnung der Voraussetzungen aus § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG.

14

Im Übrigen folgen die Annahmen des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht aus der in Anspruch genommenen Vorbemerkung des Ehe- und Erbvertrags vom 27. März 2007. Dass ein Entwurf nicht erstellt worden ist, kann dem Vertragstext nicht entnommen werden. Vielmehr wird ausdrücklich auf den bereits im Januar mit dem Notar besprochenen Inhalt des Ehevertrags Bezug genommen. Die beschriebene Abweichung vom üblichen Ablauf kann auch im Fehlen des vom beurkundenden Notars für angemessenen erachteten Zeitlaufs zu sehen sein. Hierauf deuten auch die Hinweise hin, dass eine weitere Überlegungszeit und Vertagung des Beurkundungstermins nicht gewünscht werde. Jedenfalls hätte die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs einer weiteren Aufklärung bedurft. Dies gilt auch für den Hinweis des Notars, die Eheleute hätten gestern "sehr kurzfristig" die Ehe geschlossen. Denn auch diese Passage steht im Zusammenhang zur der vom Notar für üblich gehaltenen zeitlichen Gestaltung und bezieht sich damit wohl auf den konkreten Termin der Eheschließung. Ein - die weitere Beweisaufnahme entbehrlich machender - Beleg dafür, dass ein verbindlicher Heiratswunsch selbst oder dessen Verwirklichung in angemessener Zeit vorher nicht beabsichtigt war, kann der Vorbemerkung in Ansehung ihres objektiven Erklärungsgehalts nicht entnommen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. März 2011 - 2 K 179/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Bewertung seiner Leistung in der mündlichen Abiturprüfung im Fach Religion.
Der Kläger legte im Schuljahr 2007/2008 als Schüler des Biotechnologischen Gymnasiums der ... in ... in der zweiten Jahrgangsstufe der Qualifikationsphase die Abiturprüfung ab. In der mündlichen Prüfung am 25.06.2008 im Fach Katholische Religion erzielte er eine Punktzahl von sechs Punkten (ausreichend). Damit erreichte er insgesamt nur 99 Punkte der gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Abiturverordnung berufliche Gymnasien (BGVO) vom 05.12.2002 (GBl. 2003 S. 25, die nachfolgenden Änderungen sind vorliegend nicht maßgeblich) erforderlichen Mindestpunktzahl von 100 Punkten, so dass er die Abiturprüfung nicht bestand. Die Mitteilung der Schule über das Nichtbestehen der Abiturprüfung wurde dem Kläger am 26.06.2008 ausgehändigt. Das betreffende Schreiben enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.
Mit Schreiben vom 15.09.2008 wandte sich der Bevollmächtigte des Klägers an das Regierungspräsidium und teilte mit, dass er für den Kläger bei der Schule Widerspruch eingelegt habe. Mit Schreiben vom 20.04.2009 begründete er den Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, die mündliche Prüfung sei fehlerhaft erfolgt. Dies liege an der Teilnahme des Leiters der Schule, Oberstudiendirektor (OStD) E., in der Prüfung im Fach Katholische Religion. OStD E. sei dem Kläger gegenüber voreingenommen gewesen. Er habe den Kläger durch seine Gestik und durch Lautäußerungen in der Prüfung verunsichert. Dadurch sei das Fairness- und Sachlichkeitsgebot verletzt. Außerdem sei das Protokoll über die mündliche Prüfung fehlerhaft. Aus dem Protokoll ergebe sich nicht, dass der Prüfungsausschuss die Teilnahme von OStD E. gestattet habe. Es sei fraglich, ob er an der Prüfung habe teilnehmen dürfen. Weiter habe sich OStD E. offenbar in die Beratung über die Note eingemischt. Nach Mitteilung des Fachlehrers habe OStD E. geäußert, man solle sich gut überlegen, ob man dem Kläger sechs oder sieben Punkte gebe. Es habe offensichtlich an OStD E. gelegen, dass der Kläger nur sechs Punkte erhalten habe. In der Prüfung hätte er nur sieben Punkte benötigt. So schlecht sei er im Fach Religion noch nie gewesen.
In den daraufhin eingeholten dienstlichen Stellungnahmen traten OStD E. sowie die Mitglieder des Fachausschusses Studienrat im Kirchendienst (StR i.K.) S., Oberstudienrat (OStR) B. und OStR A. den Vorwürfen des Klägers entgegen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums vom 30.12.2009 - zugestellt am 05.01.2010 - zurückgewiesen.
Am 04.02.2010 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen den Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und eine Beweisaufnahme verlangt. Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch die Vernehmung von OStD (mittlerweile a.D.) E., OStR B., StR i.K. S. und OStR A. als Zeugen. Außerdem wurde der Kläger persönlich angehört.
Mit Urteil vom 02.03.2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtene Festsetzung der Note der mündlichen Abiturprüfung im Fach Katholische Religion und der Bescheid des Beklagten vom 26.06.2008 über das Nichtbestehen der Abiturprüfung seien rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch, erneut im Abiturprüfungsfach Katholische Religion durch neue Prüfer geprüft und über das Bestehen der Abiturprüfung neu beschieden zu werden. Die Prüfung sei in verfahrensrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgehalten worden. Der Schulleiter, OStD E., sei nach § 18 Abs. 2 Satz 3 BGVO als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses berechtigt gewesen, bei der Prüfung und auch bei der anschließenden Beratung des Fachausschusses anwesend zu sein. Es liege kein Verfahrensfehler darin, dass dem Kläger die Teilnahme von OStD E. nicht vorher bekannt gegeben worden sei. Eine vorherige Unterrichtung sei aufgrund des Gebots der Chancengleichheit sowie des Anspruchs auf ein faires Prüfungsverfahren nur bezüglich der stimmberechtigten Mitglieder des Fachausschusses notwendig. Entgegen der Meinung des Klägers sei das Protokoll nicht fehlerhaft. Es entspreche den Vorgaben des § 23 Abs. 7 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 8 BGVO). Es sei von allen Mitgliedern des Fachausschusses unterzeichnet. Die Anwesenheit des stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden müsse nicht protokolliert werden, weil er nur Zuhörer sei. Inhaltlich genüge das Protokoll den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Es könne weiter nicht angenommen werden, dass der Vorsitzende des Fachausschusses wegen der Kenntnis der Vornoten des Klägers sowie der kritischen Prüfungssituation befangen gewesen sei.
Ein Verstoß gegen das Fairnessgebot liege nicht vor. Nach der Beweisaufnahme bestünden keine Anhaltspunkte für die Annahme, OStD E. habe sich während der Prüfung durch Geräusche oder kommentierende Bemerkungen unsachlich hervorgetan und insoweit die Prüfung zum Nachteil des Klägers beeinflusst. Im Ergebnis sei der Kläger für seine Behauptung beweisfällig geblieben.
Soweit der Kläger außerdem behaupte, OStD E. habe sich unsachlich und voreingenommen an der Beratung über die Notengebung beteiligt, habe die Beweisaufnahme diesen Vortrag gleichfalls nicht bestätigt. Lege man die Angaben des Zeugen OStD E. zugrunde, dass er nach der Prüfung und noch vor der Beratung sinngemäß allein die Bewertung der Prüfungsleistung durch den Fachausschuss angemahnt habe, lasse sich daraus eine Beteiligung an der Notenvergabe und damit ein Verstoß gegen § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) nicht herleiten. Dieser allgemeine Hinweis zu den Bewertungsgrundsätzen sei vielmehr von § 18 BGVO gedeckt. Zwar spreche der Wortlaut des § 18 Abs. 2 Satz 3 BGVO dafür, dass der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses nur ein Anwesenheitsrecht hätten. Aus der verfahrensmäßigen Regelung der Besetzung der Fachausschüsse folge weiter, dass eine nicht dem Fachausschuss angehörende Person sich jeder Einflussnahme auf die Prüfung zu enthalten habe. Diese verfahrensrechtlichen Sicherungen hätten aufgrund des Art. 12 Abs. 1 GG ein besonderes Gewicht. Gleichwohl ergebe sich aus dem systematischen Zusammenhang der Regelung in § 18 BGVO, dass der Vorsitzende bzw. sein Stellvertreter nicht auf die bloße Rolle als Zuhörer beschränkt sei. Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 BGVO sorge der Vorsitzende für die ordnungsgemäße Durchführung der mündlichen Prüfung. Die Äußerungen von OStD E. in der Beratung entsprächen dieser Aufgabe. Dass sich OStD E. - über diesen allgemeinen Hinweis hinaus - an der Notengebung beteiligt und in die abschließende Beratung aktiv eingegriffen habe, lasse sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht annehmen. Insbesondere die vom Kläger behauptete Aussage von OStR B., OStD E. sei an der Vergabe von sechs Punkten „schuld“, er habe gesagt, man solle sich gut überlegen, ob man dem Kläger sechs oder sieben Punkte gebe, habe sich nicht erwiesen. Kein Zeuge habe bekundet, dass diese Aussage während der Beratung gefallen sei. Angesichts dessen sei nicht erklärbar, wieso der Zeuge OStR B. während des Telefongesprächs mit dem Kläger eine anderslautende Bemerkung gemacht haben sollte. Die Aussagen der Zeugen seien glaubhaft.
Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 26.07.2011 - zugestellt am 01.08.2011 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Klärungsbedürftig sei insbesondere die Frage, ob die in § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO normierten Befugnisse des Prüfungsausschussvorsitzenden auch dem stellvertretenden Vorsitzenden zustünden. Hiergegen spreche insbesondere der Wortlaut. Es sei nicht ausgeschlossen, dass dem Schulleiter bewusst nicht dieselben Befugnisse eingeräumt worden seien, wie dem aus einer anderen Schule stammenden Prüfungsausschussvorsitzenden.
10 
Der Bevollmächtigte des Klägers hat die Berufung am 15.08.2011 begründet. Er meint, OStD E. habe als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses nur ein Anwesenheitsrecht besessen. Die in § 18 Abs. 2 BGVO normierte Überwachungsbefugnis habe allein dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zugestanden. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts sei contra legem. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, dass ein Vertretungsfall vorgelegen habe. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Notengebung anders ausgefallen wäre, wenn sich OStD E. nicht geäußert hätte. Darüber hinaus werde beantragt, die Beweisaufnahme nochmals mit Blick auf das Geschehen während der Prüfung und der Beratung zu wiederholen. Der Zeuge OStR B. sei verfahrensfehlerhaft nicht vereidigt worden. Seine Aussage wirke so, als habe er nicht die volle Wahrheit gesagt. Dies gelte vor allem deshalb, weil er über Vorkommnisse, die von den anderen Zeugen bekundet worden seien, nichts Definitives gesagt habe. Dem Zeugen OStR B. hätten die Aussagen der anderen Zeugen nochmals vorgehalten werden müssen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil der Zeuge OStR B. dem Kläger am Telefon etwas anderes gesagt habe. Es sei sehr naheliegend, dass die Äußerung von OStD E., man solle nicht die Situation, sondern die Leistung bewerten, unmittelbar nach der Aussage von StR i.K. S., er sei bereit, sieben Punkte zu geben, gefallen sei. Damit habe OStD E. der Beratung eine bestimmte Richtung gegeben. Merkwürdig seien die punktuellen Erinnerungslücken der Zeugen. Seltsam sei unter anderem, dass sich OStD E. nicht mehr habe daran erinnern können, dass er zum Ende der länger dauernden Beratung auf einen Abschluss gedrängt habe.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 02.03.2011 - 2 K 179/10 - zu ändern und den Bescheid der ...... vom 26.06.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 30.12.2009 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, ihn erneut an der mündlichen Abiturprüfung im Fach Katholische Religion teilnehmen zu lassen und über das Ergebnis der Abiturprüfung zu bescheiden.
13 
Der Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Er tritt der Rechtsaufassung des Klägers entgegen. OStD E. sei nach § 18 Abs. 2 BGVO zu den getätigten Äußerungen, die sich auf die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung bezogen hätten, berechtigt gewesen. Die Äußerungen von OStD E. dienten der Wahrung der Chancengleichheit der Kandidaten. Auch sei die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden.
16 
Der Senat hat Beweis erhoben über das Verhalten des stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden OStD E. während der mündlichen Abiturprüfung des Klägers im Fach Katholische Religion am 25.06.2008 und bei der anschließenden Beratung durch Vernehmung von OStD E., StR i.K. S., OStR B. und OStR A. als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
17 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Beklagten (zwei Hefte) sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Freiburg (2 K 179/10) vor. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Akten sowie die beim Verwaltungsgerichtshof eingereichten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
19 
Die Berufung ist zwar zulässig, insbesondere frist- und formgerecht nach § 124a Abs. 6 VwGO eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet. Denn das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 26.06.2008 über das Nichtbestehen der Abiturprüfung sowie der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 30.12.2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch, erneut im Abiturprüfungsfach Katholische Religion durch neue Prüfer geprüft und über das Bestehen der Abiturprüfung neu beschieden zu werden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
20 
Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGVO setzt das Erreichen der Mindestqualifikation der Abiturprüfung voraus, dass in den fünf Prüfungsfächern zusammen mindestens 100 Punkte erzielt werden. Dies hat der Kläger nicht erreicht, weshalb ihm nach § 25 Abs. 2 Satz 2 BGVO die allgemeine Hochschulreife zu Recht nicht zuerkannt wurde. Die mündliche Prüfung des Klägers im Fach Katholische Religionslehre vom 25.06.2008 leidet entgegen dessen Auffassung nicht an einem rechtserheblichen Verfahrensfehler.
21 
Die in der ersten Instanz noch vorgebrachten Rügen bezüglich der fehlenden vorherigen Bekanntgabe der Teilnahme von OStD E., bezüglich der Protokollierung der Prüfung sowie der Befangenheit des Vorsitzenden des Fachausschusses wegen Kenntnis der Vornoten wurden in der Berufungsinstanz nicht substantiiert weiterverfolgt. Die diesbezüglichen Einwände des Klägers sind vom Verwaltungsgericht zutreffend für nicht durchgreifend befunden worden. Insoweit wird auf die Begründung des verwaltungsgerichtlichen Urteils verwiesen (vgl. § 130b Satz 2 VwGO).
22 
Auch im Übrigen ist das Prüfungsverfahren nicht zu beanstanden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger die geltend gemachten Verfahrensfehler mit der Begründung seines Widerspruchs knapp zehn Monate nach der mündlichen Prüfung noch rechtzeitig gerügt hat, um die Rechtsfolge der Präklusion zu vermeiden (vgl. dazu: Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 214 ff.; Birnbaum, NVwZ 2006, 286; BVerwG, Urteile vom 27.04.1999 - 2 C 30/98 -, NVwZ 2000, 921, und vom 22.06.1994 - 6 C 37/92 -, BVerwGE 96, 126; Senatsbeschluss vom 21.11.2006 - 9 S 987/06 -, VBlBW 2007, 218). Denn weder bei der Durchführung der mündlichen Prüfung noch bei der Beratung über deren Ergebnis wurden Verfahrensfehler begangen.
23 
1. Ein Fehler liegt insbesondere nicht darin, dass sich OStD E. als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses in Wahrnehmung der Befugnisse nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO während der Beratung des Fachausschusses überhaupt geäußert hat.
24 
a) Nach § 23 Abs. 6 Satz 1 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 Satz 1 BGVO) wird im Anschluss an die mündliche Prüfung des einzelnen Prüflings das Ergebnis der mündlichen Prüfung vom Fachausschuss auf Vorschlag des Prüfers nach § 5 Abs. 1 BGVO festgesetzt. Dem Fachausschuss gehören nach § 18 Abs. 4 Satz 2 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 an: 1. der Vorsitzende des Prüfungsausschusses oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prüfungsausschusses als Leiter, sofern das Oberschulamt nichts anderes bestimmt; 2. die Fachlehrkraft, welche den Schüler im vierten Schulhalbjahr unterrichtet hat, als Prüfer; 3. ein weiteres fachkundiges Mitglied des Prüfungsausschusses, zugleich mit der Aufgabe, das Protokoll zu führen. Von dem Fachausschuss zu unterscheiden ist der bereits erwähnte Prüfungsausschuss. Dieser wird nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BGVO für die Abiturprüfung und die Feststellung der Gesamtqualifikation an jedem Gymnasium gebildet. Ihm gehören nach § 18 Abs. 1 Satz 2 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 an: 1. als Vorsitzender ein Vertreter oder Beauftragter des Oberschulamts; 2. als stellvertretender Vorsitzender der Schulleiter oder sein ständiger Vertreter oder eine vom Schulleiter beauftragte Lehrkraft; 3. sämtliche Fachlehrer der Schule, welche die an der Abiturprüfung teilnehmenden Schüler in den letzten beiden Schulhalbjahren unterrichtet haben; 4. gegebenenfalls weitere vom Oberschulamt oder von dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses beauftragte Mitglieder oder von dem Schulleiter mit der Führung des Protokolls beauftragte fachkundige Lehrkräfte. Die Mitglieder des Prüfungsausschusses sind bei ihrer Prüfungstätigkeit unabhängig. Sie sind zur Amtsverschwiegenheit über alle Prüfungsangelegenheiten verpflichtet und vor Beginn der Prüfung hierüber zu belehren (vgl. § 18 Abs. 3 BGVO). Da in der Regel alle Mitglieder eines Fachausschusses aus dem Prüfungsausschuss ausgewählt werden bzw. dort Mitglied sind, gelten die Unabhängigkeits- und Verschwiegenheitserfordernisse auch für die Mitglieder der Fachausschüsse.
25 
Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses sorgt nach § 18 Abs. 2 Satz 1 BGVO für die ordnungsgemäße Durchführung der mündlichen oder fachpraktischen Prüfung. Dabei wird gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 BGVO insbesondere darauf geachtet, dass die Bestimmungen eingehalten werden, nicht von unrichtigen Voraussetzungen oder sachfremden Erwägungen ausgegangen und nicht gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze oder den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen wird. Die Personen nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGVO, also der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses, können bei allen Prüfungen und Beratungen der Fachausschüsse anwesend sein.
26 
Nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO hat damit zunächst nur der Vorsitzende des Prüfungsausschusses die genannten Aufgaben und Befugnisse. Berücksichtigt man die Systematik des § 18 BGVO fällt auf, dass das in § 18 Abs. 2 Satz 3 BGVO normierte Anwesenheitsrecht weder wörtlich auf den Vorsitzenden noch auf den stellvertretenden Vorsitzenden Bezug nimmt, sondern auf die in § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGVO genannten Personen. Dabei ist unklar, ob mit diesen Personen jeweils nur der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses gemeint ist oder ob darüber hinaus und neben diesen auch die weiteren als Vorsitzender oder dessen Stellvertreter in Betracht kommenden Personen ein Anwesenheitsrecht haben. Eindeutig ist jedoch, dass jedenfalls der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses bei allen Prüfungen und Beratungen anwesend sein dürfen. Mit Blick auf die weiteren Rechte des Stellvertreters ist § 18 Abs. 2 Satz 3 BGVO allerdings kein eindeutiges Ergebnis zu entnehmen.
27 
Aus Sinn und Zweck der Vorschrift des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO ergibt sich jedoch, dass der stellvertretende Vorsitzende die gleichen Befugnisse haben soll wie der Vorsitzende, wenn dieser nicht anwesend ist. Dies folgt schon aus den allgemeinen Grundsätzen des Vertretungsrechts. Ordnet das Gesetz eine Stellvertretung an, ist davon auszugehen, dass diese eingreift, wenn der Vorsitzende seine Rechte nicht ausüben kann oder dieser dem Stellvertreter die Ausführung überträgt. Dabei hat - sofern nichts anderes ausdrücklich geregelt ist - der Stellvertreter grundsätzlich die gleichen Befugnisse wie die vertretene Person, wobei er allerdings an etwaige Vorgaben des Vertretenen, die sich hier im Rahmen des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO halten müssen, gebunden ist. Der Schaffung der Funktion des „stellvertretenden Vorsitzenden“ hätte es nicht bedurft, wenn er im Vertretungsfall nicht die Funktion des Vorsitzenden ausüben darf. Denn ansonsten hätten die in § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGVO als potentielle Stellvertreter genannten Personen auch zu einfachen Mitgliedern des Prüfungsausschusses bestimmt werden können. Dieser Umstand spricht stark für den Willen des Normgebers, dass auch dem stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses im Vertretungsfall die Rechte aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO zustehen. Als Vertretungsfall ist dabei unter anderem der Fall anzusehen, in dem der Vorsitzende dem stellvertretenden Vorsitzenden den Auftrag erteilt, in einer bestimmten Prüfung die Aufgaben nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO wahrzunehmen.
28 
Es ist im Ergebnis nicht - wie im Zulassungsbeschluss noch als Frage aufgeworfen - anzunehmen, dass der Verordnungsgeber dem Schulleiter bewusst nicht die Befugnisse des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses einräumen wollte, der aus einer anderen Schule oder nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 vom Oberschulamt bzw. nach der aktuellen Fassung des § 18 BGVO von der oberen Schulaufsichtsbehörde kommt. Dass es dem Verordnungsgeber insoweit nicht darauf ankam, mit Blick auf das Vorgesetztenverhältnis des Schulleiters zu dem Prüfer nach § 18 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BGVO dem stellvertretenden Vorsitzenden nicht die Aufgaben nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO zu übertragen, ergibt sich schon daraus, dass nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGVO nicht nur der Schulleiter, sondern auch sein ständiger Vertreter oder eine vom Schulleiter beauftragte Lehrkraft stellvertretender Vorsitzender sein können. Bei Gymnasien der Normalform ist dies anders. Dort ist nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 der Abiturverordnung Gymnasien der Normalform (NGVO) vom 24.07.2001 (GBl. S. 518), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 11.04.2012 (GBl. S. 467), allein der Schulleiter stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses. Letztlich entscheidend für die Auslegung all dieser Regeln ist jedoch, dass die Mitglieder des Prüfungsausschusses und damit grundsätzlich auch die Mitglieder der Fachausschüsse gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 BGVO (bzw. § 18 Abs. 3 Satz 1 NGVO) bei ihrer Prüfungstätigkeit unabhängig sind. Mit dieser rechtlichen Sicherung hat der Normgeber dafür Sorge getragen, dass die Mitglieder eines Fachausschusses sich durch ein Hierarchieverhältnis zum Schulleiter als stellvertretendem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nicht beeinflussen lassen, wenn dieser die Aufgaben nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO wahrnimmt.
29 
Abzugrenzen ist allerdings die Tätigkeit des Vorsitzenden bzw. stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO von derjenigen des Fachausschusses nach § 23 Abs. 3 bis 7 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 3 bis 8 BGVO). Für die Durchführung der mündlichen Prüfung und fachliche Bewertung der Leistung des Prüflings ist allein der Fachausschuss zuständig (vgl. dazu: VG Hamburg, Beschluss vom 23.12.2002 - 14 VG 4116/2002 -, Juris Rn. 20). Es widerspricht nämlich dem Wesen der Beurteilungsermächtigung und dem rechtsstaatlichen Gebot sachlicher Unabhängigkeit der Prüfer, außenstehende Dritte in einer Weise zu beteiligen, dass ihnen ein bestimmender Einfluss auf das Prüfungsergebnis eingeräumt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 16.01.1990 - 9 S 3071/88 -, Juris Rn. 36). Daher darf der Vorsitzende des Prüfungsausschusses und im oben dargelegten Umfang sein Stellvertreter nur soweit Einfluss nehmen, als ihm dies durch die Prüfungsordnung, also hier § 18 Abs. 2 BGVO, gestattet ist (vgl. dazu auch: Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 371).
30 
b) Damit steht zunächst fest, dass OStD E. als Schulleiter und stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses bei der Prüfung und Beratung anwesend sein durfte. Darüber hinaus steht fest, dass er als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses auch die in § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO normierten Aufgaben und Befugnisse in Vertretung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses ausüben und sich insoweit äußern durfte.
31 
Ein Vertretungsfall war hier gegeben. Der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses, OStD E., hat sowohl im Rahmen seiner in der ersten Instanz durchgeführten Vernehmung als Zeuge als auch in seiner erneuten Vernehmung vor dem Senat glaubhaft bekundet, dass er - einer ständigen Übung entsprechend - vom Prüfungsausschussvorsitzenden OStD S. von den Z.-Schulen gebeten worden sei, an der mündlichen Prüfung des Klägers im Fach Katholische Religion teilzunehmen. Der Prüfungsausschussvorsitzende selbst habe an den mündlichen Prüfungen des Klägers in den Fächern Mathematik und Biotechnologie teilgenommen. Die Behauptung des Klägers, OStD E. habe allein auf Bitten des Fachausschussvorsitzenden StR i.K. S. an der Prüfung teilgenommen, ist unplausibel und nicht glaubhaft. Die Behauptung des Klägers beruht wohl auf einer Verwechslung oder fehlenden Unterscheidung zwischen dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGVO und dem Vorsitzenden des Fachausschusses nach § 18 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 BGVO (vgl. auch die Anlage zur Niederschrift vom 27.09.2012, S. 19, Kläger: „Dann habe ich die Namen verwechselt.“).
32 
2. Ausgehend von den dargestellten rechtlichen Befugnissen des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses und dessen Stellvertreter verstoßen auch die konkreten, nach der Beweisaufnahme festgestellten Äußerungen des OStD E. in der Beratung über das Ergebnis der streitgegenständlichen mündlichen Prüfung nicht gegen § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 und § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002.
33 
a) Die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von OStD E. während der Beratung des Fachausschusses gegebenen Hinweise sind von § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO gedeckt.
34 
aa) Dies gilt zunächst für den Hinweis, mit dem er sinngemäß allein die Bewertung der konkreten Prüfungsleistung durch den Fachausschuss angemahnt und deutlich gemacht hat, dass es nicht in erster Linie darum gehe, mit Blick auf das Gesamtergebnis des Abiturs in der einzelnen mündlichen Prüfung eine bestimmte Punktzahl zu erreichen, sondern die Prüfungsleistung als solche zu bewerten. Dieser Hinweis stellt eine Erklärung zu den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen dar, der rechtlich nicht zu beanstanden ist, sondern den Vorgaben aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 sowie § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) entspricht.
35 
Dass OStD E. diesen Hinweis gegeben hat, stand bereits für das Verwaltungsgericht nach der vor diesem durchgeführten Beweisaufnahme fest. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts hierzu haben sich in der Beweisaufnahme des Senats bestätigt. OStD E. gab in seiner Vernehmung als Zeuge an, er habe während der Beratung des Fachausschusses gesagt, es gehe jetzt in erster Linie darum, die Prüfungsleistung zu bewerten und nicht darum, das Bestehen oder das Nichtbestehen des Abiturs zu debattieren. Diese Äußerung habe er bereits relativ früh von sich gegeben, weil er den Eindruck gehabt habe, dass die ersten Äußerungen der Mitglieder des Fachausschusses um die Frage gegangen seien, ob das Abitur bestanden werde oder nicht. Seine Äußerung sei nicht während eines Gesprächs zwischen den Mitgliedern des Fachausschusses gefallen. Vielmehr habe er bereits nach den ersten ein oder zwei Sätzen eingegriffen. Er erinnere sich jedoch nicht mehr, wer diese Sätze gesagt habe. Als erstes habe sich der Fachlehrer, OStR B., geäußert. Er meine, dass er bereits hier eingegriffen habe. Die anderen Mitglieder des Fachausschusses konnten sich in ihrer Vernehmung als Zeugen an diese Äußerung von OStD E. nicht konkret erinnern. Der Zeuge OStR A. hielt es jedoch für möglich, dass diese Aussage von OStD E. gefallen sei. Allerdings sei es allgemein klar, dass es nur um die Bewertung der Einzelprüfung gehen könne. Auch der Zeuge OStR B. hielt es für möglich, dass OStD E. den genannten Hinweis gegeben habe. All diese Aussagen sind für den Senat glaubhaft. Damit kann vorliegend davon ausgegangen werden, dass OStD E. den oben genannten, rechtlich zulässigen Hinweis gegeben hat.
36 
bb) Auch soweit von OStD E. gegen Ende der lange dauernden Beratung ein Hinweis gegeben wurde, die Beratung solle wegen der nachfolgenden Prüfung zum Ende kommen, war dies von § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO gedeckt. Denn der Hinweis diente der Wahrung der Chancengleichheit der Prüflinge sowohl mit Blick auf die Länge der Beratung als auch mit Blick darauf, dass nachfolgende Prüflinge, die sich in der Zwischenzeit anhand einer Prüfungsaufgabe auf ihre mündliche Prüfung vorbereiteten, nicht unnötig lange auf den Beginn der Prüfung warten und nicht zu viel Vorbereitungszeit zur Verfügung haben sollten.
37 
Dass OStD E. auf die Dauer der Beratung hingewiesen hat, ergibt sich aus den Aussagen der Zeugen StR i.K. S., OStR A. und OStR B. Diese haben bekundet, dass OStD E. gegen Ende der Beratung einen Hinweis auf die Uhrzeit gegeben habe. So hat StR i.K. S. wie bereits bei der Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht angegeben, er glaube, OStD E. habe am Ende der Beratung gesagt, man solle auf die Uhr schauen, weil der nächste Kandidat warte. Der Zeuge OStR A. gab ebenfalls an, dass es nach seiner Erinnerung einen solchen Hinweis gegeben habe. Allerdings wisse er nicht mehr genau, ob OStD E. einen verbalen Hinweis gegeben habe oder lediglich auf die Uhr geblickt habe. Auch OStR B. hat bekundet, OStD E. habe gegen Ende der Prüfung gesagt, man solle die Zeit nicht ganz aus den Augen lassen. Lediglich OStD E. selbst konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, ob er einen Hinweis gegeben habe, dass man angesichts der fortgeschrittenen Zeit zum Schluss der Beratung komme müsse. Er hielt es in seiner Vernehmung jedoch für möglich, weil er als Schulleiter grundsätzlich darauf achte, dass der Zeitplan einer Prüfung nicht aus den Fugen gerate. Diese im Kern übereinstimmenden Aussagen sind für den Senat glaubhaft. Daher kann davon ausgegangen werden, dass OStD E. einen rechtlich grundsätzlich zulässigen Hinweis auf die Zeit gegeben hat.
38 
b) Über die Befugnisse des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO hinaus gehende Eingriffe des stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden OStD E. in die Zuständigkeit des Fachausschusses nach § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) konnten nach dem Ergebnis der umfassenden Beweisaufnahme nicht festgestellt werden.
39 
aa) Es wäre wohl als unzulässiger Eingriff des stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden in die Befugnisse des Fachausschusses nach § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) zu werten, wenn OStD E. während der Beratung des Fachausschusses gesagt hätte, man solle sich gut überlegen, ob man dem Kläger sechs oder sieben Punkte gebe. Denn mit einer solchen Äußerung wäre der Fachausschuss indirekt dazu aufgefordert worden, die Auswirkungen der Notengebung in der mündlichen Prüfung in einem einzelnen Prüfungsfach mit Blick auf das Bestehen der gesamten Abiturprüfung zu berücksichtigen. Dies ist nach § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) jedoch nicht Sinn der Bewertung der einzelnen Prüfungsleistung.
40 
Nach der Beweisaufnahme ist der Senat jedoch nicht davon überzeugt, dass eine solche Aussage von OStD E. getroffen wurde. Daher kann ein solcher Verfahrensfehler hier nicht angenommen werden.
41 
Keiner der Zeugen, die bei der Beratung unmittelbar dabei waren, hat in der Beweisaufnahme vor dem Verwaltungsgericht oder dem Senat bekundet, dass sich OStD E. in der Beratung in dieser Weise geäußert habe. Von OStD E. wurde sogar ausdrücklich bestritten, dass er sich so geäußert habe. Auch auf Vorhalt der vom Zeugen StR i.K. S. in der erstinstanzlichen Vernehmung getroffenen Aussagen, er - StR i.K. S. - sei mit Bauchschmerzen bereit, dem Kläger sieben Punkte zu geben, sowie auf Vorhalt der Angaben des Klägers blieb der Zeuge OStD E. bei seiner Aussage. Der Zeuge OStR A. bekundete, er könne sich nicht daran erinnern, dass OStD E. die behauptete Äußerung getätigt habe. Vor dem Hintergrund seiner Erfahrung wäre ihm eine solche Äußerung jedoch aufgefallen. Er erklärte in nachvollziehbarer Weise, eine solche Einmischung hätte er nicht unkommentiert gelassen, weil er wegen seines Berufsethos darauf achte, dass die Schüler zu ihrem Recht kämen. Der Zeuge OStR B. konnte sich nach vier Jahren nicht mehr daran erinnern, dass eine solche Aussage von OStD E. gefallen sei. Demgegenüber gab der Kläger an, OStR B. habe in einem Telefonat etwa drei Tage nach der Prüfung ihm gegenüber mitgeteilt, OStD E. habe während der Beratung gesagt, man solle sich gut überlegen, ob man sechs oder sieben Punkte gebe. In dem Telefonat habe er - der Kläger - sich zuvor bei OStR B. bedankt und zu ihm gemeint, dass er die sieben Punkte bekommen hätte, wenn OStD E. nicht dabei gewesen wäre. Der Zeuge OStR B. konnte sich in der Vernehmung jedoch nicht daran erinnern, dass in dem betreffenden Telefonat überhaupt über das Verhalten von OStD E. gesprochen wurde. Nach seiner Erinnerung habe sich der Kläger für den Unterricht bedankt. Er habe den Eindruck gehabt, dass für den Kläger die Situation Schule abgeschlossen gewesen sei, und habe ihn auf die Möglichkeit der Fachhochschulreife hingewiesen. Der Kläger habe ihn nicht dafür verantwortlich gemacht, dass er das Abitur nicht bestanden habe. Schließlich hätten die sechs Punkte in der mündlichen Prüfung im Fach Religion grundsätzlich dazu reichen können, das Abitur zu bestehen. Die Punkte hätten in anderen Fächern gefehlt.
42 
Damit bestehen zwar gewisse Unsicherheiten hinsichtlich des Inhalts des Telefongesprächs zwischen dem Kläger und OStR B. Aber selbst wenn letzterer sich dort so geäußert haben sollte, wie es der Kläger gehört und verstanden haben will, wäre dies nur ein Indiz dafür, dass die Äußerung tatsächlich in der Beratung so gefallen ist. Dieses Indiz wäre hier jedoch durch das im Wesentlichen übereinstimmende Zeugnis der unmittelbar bei der Beratung anwesenden Zeugen entkräftet.
43 
Abgesehen davon ist es auch nicht fernliegend, dass der Kläger bei dem Telefongespräch etwas anderes verstanden hat, als tatsächlich von OStR B. gesagt worden ist. Solche Missverständnisse kommen in Telefonaten häufiger vor, zumal wenn diese von Emotionen beeinflusst sind, wie der Anruf bei einem der Prüfer nach einer nicht bestandenen Abiturprüfung. Auf ein Missverständnis deutet auch der Umstand hin, dass der Kläger nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung im Rahmen des Telefonats zunächst selbst die Vermutung geäußert haben will, dass er sieben Punkte erhalten hätte, wenn OStD E. in der Prüfung und Beratung nicht anwesend gewesen wäre. Möglicherweise hat er verstanden, was er gerne hören wollte.
44 
bb) Auch im Übrigen konnte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden, dass OStD E. als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses in unzulässiger Weise auf die Beratung des Fachausschusses Einfluss genommen hat.
45 
Eine unzulässige Einflussnahme durch den Vorsitzenden bzw. den stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses kann dann vorliegen, wenn er durch die Wahrnehmung seiner Rechte aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO gezielt aus sachfremden Erwägungen heraus die fachliche Beratung beeinflusst, mit dem Ziel, den Prüfling durchfallen zu lassen. Durch eine solche Verhaltensweise kann das Sachlichkeitsgebot verletzt sein, das auch für den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses sowie seinen Stellvertreter bei der Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO gilt (zum Sachlichkeitsgebot: Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 331 ff.).
46 
Ein solches Verhalten des OStD E. lässt sich vorliegend jedoch nicht erkennen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass OStD E. den Kläger bewusst durchfallen lassen wollte. Keiner der Zeugen hat bekundet, dass es zwischen dem Kläger und OStD E. vor der Prüfung Probleme gegeben hätte. Dies wird noch nicht einmal vom Kläger behauptet.
47 
Es hat sich in der Beweisaufnahme ferner nicht zur Überzeugung des Senats ergeben, dass OStD E. mit seinem Hinweis auf die lange Dauer der Beratung und die fortgeschrittene Uhrzeit inhaltlich auf das Ergebnis der Beratung Einfluss genommen hat. Keiner der Zeugen hat bekundet, dass er sich durch den Hinweis unter Druck gesetzt gefühlt hat oder dass ihm die Möglichkeit genommen worden sei, sich für einen andere Benotung einzusetzen.
48 
Des Weiteren konnte sich der Senat in der Beweisaufnahme nicht davon überzeugen, dass OStD E. unmittelbar nach einer Äußerung des StR i.K. S. eingegriffen hat, der gesagt haben soll, er sei bereit, dem Kläger „mit Bauchschmerzen“ sieben Punkte zu geben. Denn es ist schon nicht erwiesen, dass die Äußerung des StR i.K. S. überhaupt gefallen ist. Selbst wenn sie gefallen ist, fehlt es in den Aussagen der Zeugen an jeglichem Hinweis, dass OStD E. auf diese Äußerung reagiert hat. So konnte sich nur StR i.K. S. daran erinnern, dass er gesagt habe, er sei bereit dem Kläger „mit Bauchschmerzen“ sieben Punkte zu geben. Nach dessen Erinnerung hat jedoch OStD E. auf diese Äußerung gar nicht reagiert. Vielmehr hätten die Zeugen OStR A. und OStR B. gesagt, man habe auch in Religion keine Punkte zu verschenken. Der Zeuge OStD E. hat als Zeuge bekundet, er erinnere sich nicht an diese Äußerung von StR i.K. S. und auch nicht an eine Reaktion seinerseits. Seinen allgemeinen Hinweis, dass es allein um die Bewertung der einzelnen Prüfungsleistung gehe, habe er gleich zu Beginn - wohl nach einer ersten Äußerung des Fachlehrers OStR B. - gegeben, als noch gar nicht über Noten und Punkte, sondern nur über die Situation des Klägers gesprochen worden sei. Der Zeuge OStR A. konnte sich weder an die genannte Äußerung des Kollegen StR i.K. S., er sei bereit sieben Punkte zu geben, noch an die Antwort, man verschenke keine Punkte, erinnern. Auch der Zeuge OStR B. gab an, er könne sich nach vier Jahren nicht mehr darin erinnern, ob StR i.K. S. in der Beratung bereit gewesen sei, „mit Bauchschmerzen“ dem Kläger sieben Punkte zu geben.
49 
Abgesehen davon läge wohl selbst dann keine unzulässige Einflussnahme des stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden OStD E. vor, wenn er tatsächlich als Antwort auf die Aussage des Fachausschussvorsitzenden StR i.K. S., er sei bereit „mit Bauchschmerzen“ sieben Punkte zu geben, eingegriffen hätte. Denn eine solche Äußerung des Fachausschussvorsitzenden StR i.K. S., sollte sie so gefallen sein, wäre tatsächlich rechtlich bedenklich. Sie lässt vermuten, dass vor allem das Gesamtergebnis der Abiturprüfung und nicht die einzelne Prüfungsleistung für die Beurteilung maßgeblich sein solle. Daher hielte sich der von OStD E. bereits eingeräumte Hinweis, man möge die einzelne Prüfungsleistung bewerten, auch dann in den Grenzen der Befugnisse des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses sowie dessen Stellvertreters aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO, wenn er nach der fraglichen Äußerung von StR i.K. S. gegeben worden wäre. Entgegen der Meinung des Klägers wäre auch die Äußerung eines Mitglieds des Fachausschusses mit dem sinngemäßen Inhalt, man verschenke keine Punkte, rechtlich nicht zu beanstanden. Denn eine solche Äußerung ist nicht sachwidrig. Zudem ist der Fachausschuss für die Notenbildung zuständig.
50 
Ob OStD E. sinngemäß einen Vergleich mit knappen Ergebnissen im Fußball, die man ebenfalls akzeptieren müsse, gezogen habe, kann dahinstehen. Denn jedenfalls ist dieser Satz auch nach Angaben des Zeugen StR i.K. S., der ihn als Einziger gehört haben will, erst „ganz am Schluss“, „gegen Ende der Beratung“ geäußert worden. In der ersten Instanz hatte der Zeuge StR i.K. S. noch ergänzend präzisiert, der Satz sei „ganz am Ende nach der Festsetzung der Note gefallen.“ Die übrigen Zeugen konnten sich noch nicht einmal daran erinnern, dass der Satz überhaupt so gefallen sei. Nach Bekunden des Zeugen OStD E. gehöre die Äußerung auch nicht zu dem von ihm üblicherweise verwendeten Vokabular. Damit ist jedenfalls nicht erwiesen, dass die betreffende Äußerung zu einem Zeitpunkt gefallen ist, zu dem sie Einfluss auf die Notenbildung gehabt haben könnte. Es kann daher weiter offen bleiben, ob der betreffende Satz - sollte er gefallen sein - überhaupt einen unsachlichen und damit rechtswidrigen Eingriff darstellen würde.
51 
cc) Die vorstehend genannten Aussagen der Zeugen sind für den Senat glaubhaft. Dabei ist es nach mittlerweile vier Jahren verständlich, dass sich nicht jeder Zeuge an das Gleiche erinnert und Erinnerungslücken vorhanden sind. Im Kerngeschehen stimmen die Zeugenaussagen jedoch überein. Die Aussagen zeichnen sich durch lebensnahe und teilweise substantiierte Schilderungen aus. Für die Glaubhaftigkeit der Zeugen spricht weiter, dass bei keinem Belastungstendenzen gegenüber dem Kläger erkennbar waren. So konnte sich insbesondere der Zeuge OStD E. an zwei Äußerungen von sich erinnern, mit denen er - freilich im Einklang mit den Befugnissen des stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO - in die Beratung eingegriffen hat. Mit den grundsätzlichen Ausführungen zu seinem Verständnis von den Aufgaben des stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses hat der Zeuge eindrucksvoll und für den Senat überzeugend dargelegt, dass ihm die Wahrung der Bestimmungen der Abiturverordnung berufliche Gymnasien ein echtes Anliegen war. Eine Beeidung der Zeugen war vor diesem Hintergrund nach Abwägung aller Umstände und mit Blick auf den Zeitablauf nicht geboten, insbesondere auch nicht um eine wahrheitsgemäße Aussage herbeizuführen.
52 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme wurde auch bei der Durchführung der mündlichen Prüfung das Fairnessgebot nicht verletzt.
53 
Während das Sachlichkeitsgebot für die Bewertung der Leistungen des Prüflings durch den einzelnen Prüfer oder die Prüfungskommission gilt, zielt das Fairnessgebot auf den Schutz des Prüflings im Rahmen des Prüfverfahrens (vgl. Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 331). Das Fairnessgebot verpflichtet den Prüfer, darauf Bedacht zunehmen, dass auch der Prüfungsstil, der Ablauf des Prüfungsverfahrens und die Prüfungsatmosphäre nach Möglichkeit leistungsverfälschende Verunsicherungen des Prüflings ausschließen. Der Prüfling soll nicht durch ein unangemessenes Verhalten des Prüfers einer psychischen Belastung ausgesetzt werden, die das Bild seiner Leistungsfähigkeit verfälscht und dadurch seine Chancen mindert. Ob sich das Verhalten eines Prüfers so hätte auswirken können, ist anhand einer objektiven Betrachtung aus der Sicht eines verständigen Prüflings zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteile vom 11.11.1998 - 6 C 8.97 -, BVerwGE 107, 363, und vom 20.09.1984 - 7 C 57/83 -, BVerwGE 70, 143). Verstöße gegen die Gebote der Fairness und der Sachlichkeit lassen sich nicht allein aus den subjektiven Empfindungen der Prüflinge über eine „bedrückende“ Prüfungsatmosphäre herleiten. Vielmehr bedarf es insoweit präziser Feststellungen über das Verhalten der Prüfer, aus dem sich nachvollziehbar Schlussfolgerungen auf die Verwirrung oder Verunsicherung der Prüflinge ziehen lassen (vgl. FG Bremen, Urteil vom 22.11.1994 - 2 93 086 K 2 -, Juris). Je nach Qualität der Leistung eines Prüflings können allerdings auch eindeutig kritische Reaktionen eines Prüfers das Gebot der Sachlichkeit und Fairness noch wahren (vgl. Senatsbeschluss vom 20.09.1994 - 9 S 2484/93 -, NVwZ-RR 1995, 275). Das Fairnessgebot gilt nicht nur für Prüfer, sondern auch für gemäß § 18 Abs. 2 Satz 3 BGVO anwesende Personen.
54 
Es mag zwar sein, dass der Kläger aufgrund der für ihn kritischen Prüfungssituation durch die von der Abiturverordnung berufliche Gymnasien vorgesehene und generell übliche Anwesenheit seines Schulleiters verunsichert war. Dieser Umstand allein stellt jedoch noch keine Verletzung des Fairnessgebots dar.
55 
Dass OStD E. darüber hinausgehend die Prüfung durch Missfallensbekundungen gestört hat, hat jedoch die Beweisaufnahme durch den Senat - wie schon die Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht - nicht ergeben. Der Kläger behauptet zwar, OStD E. habe gestikuliert und Ausrufe wie „Ah“ und „Oh“ von sich gegeben. Entsprechendes konnte jedoch von keinem der Zeugen bestätigt werden. Die Aussagen des Klägers diesbezüglich waren inhaltsarm und beschränkten sich nahezu wörtlich auf die Wiederholung dessen, was er schon im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu Protokoll geben hatte. Wäre er tatsächlich durch ein Verhalten des OStD E. objektiv gestört worden, hätte er die Situation detaillierter beschreiben können. Die übereinstimmenden Angaben der Zeugen erscheinen dagegen glaubhaft. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zur Würdigung der Glaubwürdigkeit der Zeugen und die Begründung für die unterbliebene Beeidigung verwiesen werden.
56 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
57 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Es liegt keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vor. Denn die Auslegung von §§ 18 und 23 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) stellt keine Frage des revisiblen Rechts dar. Vielmehr handelt es sich lediglich um die Auslegung irrevisiblen Landesrechts.
58 
Beschluss vom 27. September 2012
59 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 38.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).

Gründe

 
18 
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
19 
Die Berufung ist zwar zulässig, insbesondere frist- und formgerecht nach § 124a Abs. 6 VwGO eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet. Denn das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 26.06.2008 über das Nichtbestehen der Abiturprüfung sowie der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 30.12.2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch, erneut im Abiturprüfungsfach Katholische Religion durch neue Prüfer geprüft und über das Bestehen der Abiturprüfung neu beschieden zu werden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
20 
Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGVO setzt das Erreichen der Mindestqualifikation der Abiturprüfung voraus, dass in den fünf Prüfungsfächern zusammen mindestens 100 Punkte erzielt werden. Dies hat der Kläger nicht erreicht, weshalb ihm nach § 25 Abs. 2 Satz 2 BGVO die allgemeine Hochschulreife zu Recht nicht zuerkannt wurde. Die mündliche Prüfung des Klägers im Fach Katholische Religionslehre vom 25.06.2008 leidet entgegen dessen Auffassung nicht an einem rechtserheblichen Verfahrensfehler.
21 
Die in der ersten Instanz noch vorgebrachten Rügen bezüglich der fehlenden vorherigen Bekanntgabe der Teilnahme von OStD E., bezüglich der Protokollierung der Prüfung sowie der Befangenheit des Vorsitzenden des Fachausschusses wegen Kenntnis der Vornoten wurden in der Berufungsinstanz nicht substantiiert weiterverfolgt. Die diesbezüglichen Einwände des Klägers sind vom Verwaltungsgericht zutreffend für nicht durchgreifend befunden worden. Insoweit wird auf die Begründung des verwaltungsgerichtlichen Urteils verwiesen (vgl. § 130b Satz 2 VwGO).
22 
Auch im Übrigen ist das Prüfungsverfahren nicht zu beanstanden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger die geltend gemachten Verfahrensfehler mit der Begründung seines Widerspruchs knapp zehn Monate nach der mündlichen Prüfung noch rechtzeitig gerügt hat, um die Rechtsfolge der Präklusion zu vermeiden (vgl. dazu: Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 214 ff.; Birnbaum, NVwZ 2006, 286; BVerwG, Urteile vom 27.04.1999 - 2 C 30/98 -, NVwZ 2000, 921, und vom 22.06.1994 - 6 C 37/92 -, BVerwGE 96, 126; Senatsbeschluss vom 21.11.2006 - 9 S 987/06 -, VBlBW 2007, 218). Denn weder bei der Durchführung der mündlichen Prüfung noch bei der Beratung über deren Ergebnis wurden Verfahrensfehler begangen.
23 
1. Ein Fehler liegt insbesondere nicht darin, dass sich OStD E. als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses in Wahrnehmung der Befugnisse nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO während der Beratung des Fachausschusses überhaupt geäußert hat.
24 
a) Nach § 23 Abs. 6 Satz 1 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 Satz 1 BGVO) wird im Anschluss an die mündliche Prüfung des einzelnen Prüflings das Ergebnis der mündlichen Prüfung vom Fachausschuss auf Vorschlag des Prüfers nach § 5 Abs. 1 BGVO festgesetzt. Dem Fachausschuss gehören nach § 18 Abs. 4 Satz 2 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 an: 1. der Vorsitzende des Prüfungsausschusses oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prüfungsausschusses als Leiter, sofern das Oberschulamt nichts anderes bestimmt; 2. die Fachlehrkraft, welche den Schüler im vierten Schulhalbjahr unterrichtet hat, als Prüfer; 3. ein weiteres fachkundiges Mitglied des Prüfungsausschusses, zugleich mit der Aufgabe, das Protokoll zu führen. Von dem Fachausschuss zu unterscheiden ist der bereits erwähnte Prüfungsausschuss. Dieser wird nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BGVO für die Abiturprüfung und die Feststellung der Gesamtqualifikation an jedem Gymnasium gebildet. Ihm gehören nach § 18 Abs. 1 Satz 2 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 an: 1. als Vorsitzender ein Vertreter oder Beauftragter des Oberschulamts; 2. als stellvertretender Vorsitzender der Schulleiter oder sein ständiger Vertreter oder eine vom Schulleiter beauftragte Lehrkraft; 3. sämtliche Fachlehrer der Schule, welche die an der Abiturprüfung teilnehmenden Schüler in den letzten beiden Schulhalbjahren unterrichtet haben; 4. gegebenenfalls weitere vom Oberschulamt oder von dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses beauftragte Mitglieder oder von dem Schulleiter mit der Führung des Protokolls beauftragte fachkundige Lehrkräfte. Die Mitglieder des Prüfungsausschusses sind bei ihrer Prüfungstätigkeit unabhängig. Sie sind zur Amtsverschwiegenheit über alle Prüfungsangelegenheiten verpflichtet und vor Beginn der Prüfung hierüber zu belehren (vgl. § 18 Abs. 3 BGVO). Da in der Regel alle Mitglieder eines Fachausschusses aus dem Prüfungsausschuss ausgewählt werden bzw. dort Mitglied sind, gelten die Unabhängigkeits- und Verschwiegenheitserfordernisse auch für die Mitglieder der Fachausschüsse.
25 
Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses sorgt nach § 18 Abs. 2 Satz 1 BGVO für die ordnungsgemäße Durchführung der mündlichen oder fachpraktischen Prüfung. Dabei wird gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 BGVO insbesondere darauf geachtet, dass die Bestimmungen eingehalten werden, nicht von unrichtigen Voraussetzungen oder sachfremden Erwägungen ausgegangen und nicht gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze oder den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen wird. Die Personen nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGVO, also der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses, können bei allen Prüfungen und Beratungen der Fachausschüsse anwesend sein.
26 
Nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO hat damit zunächst nur der Vorsitzende des Prüfungsausschusses die genannten Aufgaben und Befugnisse. Berücksichtigt man die Systematik des § 18 BGVO fällt auf, dass das in § 18 Abs. 2 Satz 3 BGVO normierte Anwesenheitsrecht weder wörtlich auf den Vorsitzenden noch auf den stellvertretenden Vorsitzenden Bezug nimmt, sondern auf die in § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGVO genannten Personen. Dabei ist unklar, ob mit diesen Personen jeweils nur der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses gemeint ist oder ob darüber hinaus und neben diesen auch die weiteren als Vorsitzender oder dessen Stellvertreter in Betracht kommenden Personen ein Anwesenheitsrecht haben. Eindeutig ist jedoch, dass jedenfalls der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses bei allen Prüfungen und Beratungen anwesend sein dürfen. Mit Blick auf die weiteren Rechte des Stellvertreters ist § 18 Abs. 2 Satz 3 BGVO allerdings kein eindeutiges Ergebnis zu entnehmen.
27 
Aus Sinn und Zweck der Vorschrift des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO ergibt sich jedoch, dass der stellvertretende Vorsitzende die gleichen Befugnisse haben soll wie der Vorsitzende, wenn dieser nicht anwesend ist. Dies folgt schon aus den allgemeinen Grundsätzen des Vertretungsrechts. Ordnet das Gesetz eine Stellvertretung an, ist davon auszugehen, dass diese eingreift, wenn der Vorsitzende seine Rechte nicht ausüben kann oder dieser dem Stellvertreter die Ausführung überträgt. Dabei hat - sofern nichts anderes ausdrücklich geregelt ist - der Stellvertreter grundsätzlich die gleichen Befugnisse wie die vertretene Person, wobei er allerdings an etwaige Vorgaben des Vertretenen, die sich hier im Rahmen des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO halten müssen, gebunden ist. Der Schaffung der Funktion des „stellvertretenden Vorsitzenden“ hätte es nicht bedurft, wenn er im Vertretungsfall nicht die Funktion des Vorsitzenden ausüben darf. Denn ansonsten hätten die in § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGVO als potentielle Stellvertreter genannten Personen auch zu einfachen Mitgliedern des Prüfungsausschusses bestimmt werden können. Dieser Umstand spricht stark für den Willen des Normgebers, dass auch dem stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses im Vertretungsfall die Rechte aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO zustehen. Als Vertretungsfall ist dabei unter anderem der Fall anzusehen, in dem der Vorsitzende dem stellvertretenden Vorsitzenden den Auftrag erteilt, in einer bestimmten Prüfung die Aufgaben nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO wahrzunehmen.
28 
Es ist im Ergebnis nicht - wie im Zulassungsbeschluss noch als Frage aufgeworfen - anzunehmen, dass der Verordnungsgeber dem Schulleiter bewusst nicht die Befugnisse des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses einräumen wollte, der aus einer anderen Schule oder nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 vom Oberschulamt bzw. nach der aktuellen Fassung des § 18 BGVO von der oberen Schulaufsichtsbehörde kommt. Dass es dem Verordnungsgeber insoweit nicht darauf ankam, mit Blick auf das Vorgesetztenverhältnis des Schulleiters zu dem Prüfer nach § 18 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BGVO dem stellvertretenden Vorsitzenden nicht die Aufgaben nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO zu übertragen, ergibt sich schon daraus, dass nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGVO nicht nur der Schulleiter, sondern auch sein ständiger Vertreter oder eine vom Schulleiter beauftragte Lehrkraft stellvertretender Vorsitzender sein können. Bei Gymnasien der Normalform ist dies anders. Dort ist nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 der Abiturverordnung Gymnasien der Normalform (NGVO) vom 24.07.2001 (GBl. S. 518), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 11.04.2012 (GBl. S. 467), allein der Schulleiter stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses. Letztlich entscheidend für die Auslegung all dieser Regeln ist jedoch, dass die Mitglieder des Prüfungsausschusses und damit grundsätzlich auch die Mitglieder der Fachausschüsse gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 BGVO (bzw. § 18 Abs. 3 Satz 1 NGVO) bei ihrer Prüfungstätigkeit unabhängig sind. Mit dieser rechtlichen Sicherung hat der Normgeber dafür Sorge getragen, dass die Mitglieder eines Fachausschusses sich durch ein Hierarchieverhältnis zum Schulleiter als stellvertretendem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nicht beeinflussen lassen, wenn dieser die Aufgaben nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO wahrnimmt.
29 
Abzugrenzen ist allerdings die Tätigkeit des Vorsitzenden bzw. stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO von derjenigen des Fachausschusses nach § 23 Abs. 3 bis 7 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 3 bis 8 BGVO). Für die Durchführung der mündlichen Prüfung und fachliche Bewertung der Leistung des Prüflings ist allein der Fachausschuss zuständig (vgl. dazu: VG Hamburg, Beschluss vom 23.12.2002 - 14 VG 4116/2002 -, Juris Rn. 20). Es widerspricht nämlich dem Wesen der Beurteilungsermächtigung und dem rechtsstaatlichen Gebot sachlicher Unabhängigkeit der Prüfer, außenstehende Dritte in einer Weise zu beteiligen, dass ihnen ein bestimmender Einfluss auf das Prüfungsergebnis eingeräumt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 16.01.1990 - 9 S 3071/88 -, Juris Rn. 36). Daher darf der Vorsitzende des Prüfungsausschusses und im oben dargelegten Umfang sein Stellvertreter nur soweit Einfluss nehmen, als ihm dies durch die Prüfungsordnung, also hier § 18 Abs. 2 BGVO, gestattet ist (vgl. dazu auch: Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 371).
30 
b) Damit steht zunächst fest, dass OStD E. als Schulleiter und stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses bei der Prüfung und Beratung anwesend sein durfte. Darüber hinaus steht fest, dass er als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses auch die in § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO normierten Aufgaben und Befugnisse in Vertretung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses ausüben und sich insoweit äußern durfte.
31 
Ein Vertretungsfall war hier gegeben. Der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses, OStD E., hat sowohl im Rahmen seiner in der ersten Instanz durchgeführten Vernehmung als Zeuge als auch in seiner erneuten Vernehmung vor dem Senat glaubhaft bekundet, dass er - einer ständigen Übung entsprechend - vom Prüfungsausschussvorsitzenden OStD S. von den Z.-Schulen gebeten worden sei, an der mündlichen Prüfung des Klägers im Fach Katholische Religion teilzunehmen. Der Prüfungsausschussvorsitzende selbst habe an den mündlichen Prüfungen des Klägers in den Fächern Mathematik und Biotechnologie teilgenommen. Die Behauptung des Klägers, OStD E. habe allein auf Bitten des Fachausschussvorsitzenden StR i.K. S. an der Prüfung teilgenommen, ist unplausibel und nicht glaubhaft. Die Behauptung des Klägers beruht wohl auf einer Verwechslung oder fehlenden Unterscheidung zwischen dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGVO und dem Vorsitzenden des Fachausschusses nach § 18 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 BGVO (vgl. auch die Anlage zur Niederschrift vom 27.09.2012, S. 19, Kläger: „Dann habe ich die Namen verwechselt.“).
32 
2. Ausgehend von den dargestellten rechtlichen Befugnissen des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses und dessen Stellvertreter verstoßen auch die konkreten, nach der Beweisaufnahme festgestellten Äußerungen des OStD E. in der Beratung über das Ergebnis der streitgegenständlichen mündlichen Prüfung nicht gegen § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 und § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002.
33 
a) Die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von OStD E. während der Beratung des Fachausschusses gegebenen Hinweise sind von § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO gedeckt.
34 
aa) Dies gilt zunächst für den Hinweis, mit dem er sinngemäß allein die Bewertung der konkreten Prüfungsleistung durch den Fachausschuss angemahnt und deutlich gemacht hat, dass es nicht in erster Linie darum gehe, mit Blick auf das Gesamtergebnis des Abiturs in der einzelnen mündlichen Prüfung eine bestimmte Punktzahl zu erreichen, sondern die Prüfungsleistung als solche zu bewerten. Dieser Hinweis stellt eine Erklärung zu den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen dar, der rechtlich nicht zu beanstanden ist, sondern den Vorgaben aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 sowie § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) entspricht.
35 
Dass OStD E. diesen Hinweis gegeben hat, stand bereits für das Verwaltungsgericht nach der vor diesem durchgeführten Beweisaufnahme fest. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts hierzu haben sich in der Beweisaufnahme des Senats bestätigt. OStD E. gab in seiner Vernehmung als Zeuge an, er habe während der Beratung des Fachausschusses gesagt, es gehe jetzt in erster Linie darum, die Prüfungsleistung zu bewerten und nicht darum, das Bestehen oder das Nichtbestehen des Abiturs zu debattieren. Diese Äußerung habe er bereits relativ früh von sich gegeben, weil er den Eindruck gehabt habe, dass die ersten Äußerungen der Mitglieder des Fachausschusses um die Frage gegangen seien, ob das Abitur bestanden werde oder nicht. Seine Äußerung sei nicht während eines Gesprächs zwischen den Mitgliedern des Fachausschusses gefallen. Vielmehr habe er bereits nach den ersten ein oder zwei Sätzen eingegriffen. Er erinnere sich jedoch nicht mehr, wer diese Sätze gesagt habe. Als erstes habe sich der Fachlehrer, OStR B., geäußert. Er meine, dass er bereits hier eingegriffen habe. Die anderen Mitglieder des Fachausschusses konnten sich in ihrer Vernehmung als Zeugen an diese Äußerung von OStD E. nicht konkret erinnern. Der Zeuge OStR A. hielt es jedoch für möglich, dass diese Aussage von OStD E. gefallen sei. Allerdings sei es allgemein klar, dass es nur um die Bewertung der Einzelprüfung gehen könne. Auch der Zeuge OStR B. hielt es für möglich, dass OStD E. den genannten Hinweis gegeben habe. All diese Aussagen sind für den Senat glaubhaft. Damit kann vorliegend davon ausgegangen werden, dass OStD E. den oben genannten, rechtlich zulässigen Hinweis gegeben hat.
36 
bb) Auch soweit von OStD E. gegen Ende der lange dauernden Beratung ein Hinweis gegeben wurde, die Beratung solle wegen der nachfolgenden Prüfung zum Ende kommen, war dies von § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO gedeckt. Denn der Hinweis diente der Wahrung der Chancengleichheit der Prüflinge sowohl mit Blick auf die Länge der Beratung als auch mit Blick darauf, dass nachfolgende Prüflinge, die sich in der Zwischenzeit anhand einer Prüfungsaufgabe auf ihre mündliche Prüfung vorbereiteten, nicht unnötig lange auf den Beginn der Prüfung warten und nicht zu viel Vorbereitungszeit zur Verfügung haben sollten.
37 
Dass OStD E. auf die Dauer der Beratung hingewiesen hat, ergibt sich aus den Aussagen der Zeugen StR i.K. S., OStR A. und OStR B. Diese haben bekundet, dass OStD E. gegen Ende der Beratung einen Hinweis auf die Uhrzeit gegeben habe. So hat StR i.K. S. wie bereits bei der Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht angegeben, er glaube, OStD E. habe am Ende der Beratung gesagt, man solle auf die Uhr schauen, weil der nächste Kandidat warte. Der Zeuge OStR A. gab ebenfalls an, dass es nach seiner Erinnerung einen solchen Hinweis gegeben habe. Allerdings wisse er nicht mehr genau, ob OStD E. einen verbalen Hinweis gegeben habe oder lediglich auf die Uhr geblickt habe. Auch OStR B. hat bekundet, OStD E. habe gegen Ende der Prüfung gesagt, man solle die Zeit nicht ganz aus den Augen lassen. Lediglich OStD E. selbst konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, ob er einen Hinweis gegeben habe, dass man angesichts der fortgeschrittenen Zeit zum Schluss der Beratung komme müsse. Er hielt es in seiner Vernehmung jedoch für möglich, weil er als Schulleiter grundsätzlich darauf achte, dass der Zeitplan einer Prüfung nicht aus den Fugen gerate. Diese im Kern übereinstimmenden Aussagen sind für den Senat glaubhaft. Daher kann davon ausgegangen werden, dass OStD E. einen rechtlich grundsätzlich zulässigen Hinweis auf die Zeit gegeben hat.
38 
b) Über die Befugnisse des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO hinaus gehende Eingriffe des stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden OStD E. in die Zuständigkeit des Fachausschusses nach § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) konnten nach dem Ergebnis der umfassenden Beweisaufnahme nicht festgestellt werden.
39 
aa) Es wäre wohl als unzulässiger Eingriff des stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden in die Befugnisse des Fachausschusses nach § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) zu werten, wenn OStD E. während der Beratung des Fachausschusses gesagt hätte, man solle sich gut überlegen, ob man dem Kläger sechs oder sieben Punkte gebe. Denn mit einer solchen Äußerung wäre der Fachausschuss indirekt dazu aufgefordert worden, die Auswirkungen der Notengebung in der mündlichen Prüfung in einem einzelnen Prüfungsfach mit Blick auf das Bestehen der gesamten Abiturprüfung zu berücksichtigen. Dies ist nach § 23 Abs. 6 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) jedoch nicht Sinn der Bewertung der einzelnen Prüfungsleistung.
40 
Nach der Beweisaufnahme ist der Senat jedoch nicht davon überzeugt, dass eine solche Aussage von OStD E. getroffen wurde. Daher kann ein solcher Verfahrensfehler hier nicht angenommen werden.
41 
Keiner der Zeugen, die bei der Beratung unmittelbar dabei waren, hat in der Beweisaufnahme vor dem Verwaltungsgericht oder dem Senat bekundet, dass sich OStD E. in der Beratung in dieser Weise geäußert habe. Von OStD E. wurde sogar ausdrücklich bestritten, dass er sich so geäußert habe. Auch auf Vorhalt der vom Zeugen StR i.K. S. in der erstinstanzlichen Vernehmung getroffenen Aussagen, er - StR i.K. S. - sei mit Bauchschmerzen bereit, dem Kläger sieben Punkte zu geben, sowie auf Vorhalt der Angaben des Klägers blieb der Zeuge OStD E. bei seiner Aussage. Der Zeuge OStR A. bekundete, er könne sich nicht daran erinnern, dass OStD E. die behauptete Äußerung getätigt habe. Vor dem Hintergrund seiner Erfahrung wäre ihm eine solche Äußerung jedoch aufgefallen. Er erklärte in nachvollziehbarer Weise, eine solche Einmischung hätte er nicht unkommentiert gelassen, weil er wegen seines Berufsethos darauf achte, dass die Schüler zu ihrem Recht kämen. Der Zeuge OStR B. konnte sich nach vier Jahren nicht mehr daran erinnern, dass eine solche Aussage von OStD E. gefallen sei. Demgegenüber gab der Kläger an, OStR B. habe in einem Telefonat etwa drei Tage nach der Prüfung ihm gegenüber mitgeteilt, OStD E. habe während der Beratung gesagt, man solle sich gut überlegen, ob man sechs oder sieben Punkte gebe. In dem Telefonat habe er - der Kläger - sich zuvor bei OStR B. bedankt und zu ihm gemeint, dass er die sieben Punkte bekommen hätte, wenn OStD E. nicht dabei gewesen wäre. Der Zeuge OStR B. konnte sich in der Vernehmung jedoch nicht daran erinnern, dass in dem betreffenden Telefonat überhaupt über das Verhalten von OStD E. gesprochen wurde. Nach seiner Erinnerung habe sich der Kläger für den Unterricht bedankt. Er habe den Eindruck gehabt, dass für den Kläger die Situation Schule abgeschlossen gewesen sei, und habe ihn auf die Möglichkeit der Fachhochschulreife hingewiesen. Der Kläger habe ihn nicht dafür verantwortlich gemacht, dass er das Abitur nicht bestanden habe. Schließlich hätten die sechs Punkte in der mündlichen Prüfung im Fach Religion grundsätzlich dazu reichen können, das Abitur zu bestehen. Die Punkte hätten in anderen Fächern gefehlt.
42 
Damit bestehen zwar gewisse Unsicherheiten hinsichtlich des Inhalts des Telefongesprächs zwischen dem Kläger und OStR B. Aber selbst wenn letzterer sich dort so geäußert haben sollte, wie es der Kläger gehört und verstanden haben will, wäre dies nur ein Indiz dafür, dass die Äußerung tatsächlich in der Beratung so gefallen ist. Dieses Indiz wäre hier jedoch durch das im Wesentlichen übereinstimmende Zeugnis der unmittelbar bei der Beratung anwesenden Zeugen entkräftet.
43 
Abgesehen davon ist es auch nicht fernliegend, dass der Kläger bei dem Telefongespräch etwas anderes verstanden hat, als tatsächlich von OStR B. gesagt worden ist. Solche Missverständnisse kommen in Telefonaten häufiger vor, zumal wenn diese von Emotionen beeinflusst sind, wie der Anruf bei einem der Prüfer nach einer nicht bestandenen Abiturprüfung. Auf ein Missverständnis deutet auch der Umstand hin, dass der Kläger nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung im Rahmen des Telefonats zunächst selbst die Vermutung geäußert haben will, dass er sieben Punkte erhalten hätte, wenn OStD E. in der Prüfung und Beratung nicht anwesend gewesen wäre. Möglicherweise hat er verstanden, was er gerne hören wollte.
44 
bb) Auch im Übrigen konnte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden, dass OStD E. als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses in unzulässiger Weise auf die Beratung des Fachausschusses Einfluss genommen hat.
45 
Eine unzulässige Einflussnahme durch den Vorsitzenden bzw. den stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses kann dann vorliegen, wenn er durch die Wahrnehmung seiner Rechte aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO gezielt aus sachfremden Erwägungen heraus die fachliche Beratung beeinflusst, mit dem Ziel, den Prüfling durchfallen zu lassen. Durch eine solche Verhaltensweise kann das Sachlichkeitsgebot verletzt sein, das auch für den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses sowie seinen Stellvertreter bei der Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO gilt (zum Sachlichkeitsgebot: Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 331 ff.).
46 
Ein solches Verhalten des OStD E. lässt sich vorliegend jedoch nicht erkennen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass OStD E. den Kläger bewusst durchfallen lassen wollte. Keiner der Zeugen hat bekundet, dass es zwischen dem Kläger und OStD E. vor der Prüfung Probleme gegeben hätte. Dies wird noch nicht einmal vom Kläger behauptet.
47 
Es hat sich in der Beweisaufnahme ferner nicht zur Überzeugung des Senats ergeben, dass OStD E. mit seinem Hinweis auf die lange Dauer der Beratung und die fortgeschrittene Uhrzeit inhaltlich auf das Ergebnis der Beratung Einfluss genommen hat. Keiner der Zeugen hat bekundet, dass er sich durch den Hinweis unter Druck gesetzt gefühlt hat oder dass ihm die Möglichkeit genommen worden sei, sich für einen andere Benotung einzusetzen.
48 
Des Weiteren konnte sich der Senat in der Beweisaufnahme nicht davon überzeugen, dass OStD E. unmittelbar nach einer Äußerung des StR i.K. S. eingegriffen hat, der gesagt haben soll, er sei bereit, dem Kläger „mit Bauchschmerzen“ sieben Punkte zu geben. Denn es ist schon nicht erwiesen, dass die Äußerung des StR i.K. S. überhaupt gefallen ist. Selbst wenn sie gefallen ist, fehlt es in den Aussagen der Zeugen an jeglichem Hinweis, dass OStD E. auf diese Äußerung reagiert hat. So konnte sich nur StR i.K. S. daran erinnern, dass er gesagt habe, er sei bereit dem Kläger „mit Bauchschmerzen“ sieben Punkte zu geben. Nach dessen Erinnerung hat jedoch OStD E. auf diese Äußerung gar nicht reagiert. Vielmehr hätten die Zeugen OStR A. und OStR B. gesagt, man habe auch in Religion keine Punkte zu verschenken. Der Zeuge OStD E. hat als Zeuge bekundet, er erinnere sich nicht an diese Äußerung von StR i.K. S. und auch nicht an eine Reaktion seinerseits. Seinen allgemeinen Hinweis, dass es allein um die Bewertung der einzelnen Prüfungsleistung gehe, habe er gleich zu Beginn - wohl nach einer ersten Äußerung des Fachlehrers OStR B. - gegeben, als noch gar nicht über Noten und Punkte, sondern nur über die Situation des Klägers gesprochen worden sei. Der Zeuge OStR A. konnte sich weder an die genannte Äußerung des Kollegen StR i.K. S., er sei bereit sieben Punkte zu geben, noch an die Antwort, man verschenke keine Punkte, erinnern. Auch der Zeuge OStR B. gab an, er könne sich nach vier Jahren nicht mehr darin erinnern, ob StR i.K. S. in der Beratung bereit gewesen sei, „mit Bauchschmerzen“ dem Kläger sieben Punkte zu geben.
49 
Abgesehen davon läge wohl selbst dann keine unzulässige Einflussnahme des stellvertretenden Prüfungsausschussvorsitzenden OStD E. vor, wenn er tatsächlich als Antwort auf die Aussage des Fachausschussvorsitzenden StR i.K. S., er sei bereit „mit Bauchschmerzen“ sieben Punkte zu geben, eingegriffen hätte. Denn eine solche Äußerung des Fachausschussvorsitzenden StR i.K. S., sollte sie so gefallen sein, wäre tatsächlich rechtlich bedenklich. Sie lässt vermuten, dass vor allem das Gesamtergebnis der Abiturprüfung und nicht die einzelne Prüfungsleistung für die Beurteilung maßgeblich sein solle. Daher hielte sich der von OStD E. bereits eingeräumte Hinweis, man möge die einzelne Prüfungsleistung bewerten, auch dann in den Grenzen der Befugnisse des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses sowie dessen Stellvertreters aus § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO, wenn er nach der fraglichen Äußerung von StR i.K. S. gegeben worden wäre. Entgegen der Meinung des Klägers wäre auch die Äußerung eines Mitglieds des Fachausschusses mit dem sinngemäßen Inhalt, man verschenke keine Punkte, rechtlich nicht zu beanstanden. Denn eine solche Äußerung ist nicht sachwidrig. Zudem ist der Fachausschuss für die Notenbildung zuständig.
50 
Ob OStD E. sinngemäß einen Vergleich mit knappen Ergebnissen im Fußball, die man ebenfalls akzeptieren müsse, gezogen habe, kann dahinstehen. Denn jedenfalls ist dieser Satz auch nach Angaben des Zeugen StR i.K. S., der ihn als Einziger gehört haben will, erst „ganz am Schluss“, „gegen Ende der Beratung“ geäußert worden. In der ersten Instanz hatte der Zeuge StR i.K. S. noch ergänzend präzisiert, der Satz sei „ganz am Ende nach der Festsetzung der Note gefallen.“ Die übrigen Zeugen konnten sich noch nicht einmal daran erinnern, dass der Satz überhaupt so gefallen sei. Nach Bekunden des Zeugen OStD E. gehöre die Äußerung auch nicht zu dem von ihm üblicherweise verwendeten Vokabular. Damit ist jedenfalls nicht erwiesen, dass die betreffende Äußerung zu einem Zeitpunkt gefallen ist, zu dem sie Einfluss auf die Notenbildung gehabt haben könnte. Es kann daher weiter offen bleiben, ob der betreffende Satz - sollte er gefallen sein - überhaupt einen unsachlichen und damit rechtswidrigen Eingriff darstellen würde.
51 
cc) Die vorstehend genannten Aussagen der Zeugen sind für den Senat glaubhaft. Dabei ist es nach mittlerweile vier Jahren verständlich, dass sich nicht jeder Zeuge an das Gleiche erinnert und Erinnerungslücken vorhanden sind. Im Kerngeschehen stimmen die Zeugenaussagen jedoch überein. Die Aussagen zeichnen sich durch lebensnahe und teilweise substantiierte Schilderungen aus. Für die Glaubhaftigkeit der Zeugen spricht weiter, dass bei keinem Belastungstendenzen gegenüber dem Kläger erkennbar waren. So konnte sich insbesondere der Zeuge OStD E. an zwei Äußerungen von sich erinnern, mit denen er - freilich im Einklang mit den Befugnissen des stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGVO - in die Beratung eingegriffen hat. Mit den grundsätzlichen Ausführungen zu seinem Verständnis von den Aufgaben des stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses hat der Zeuge eindrucksvoll und für den Senat überzeugend dargelegt, dass ihm die Wahrung der Bestimmungen der Abiturverordnung berufliche Gymnasien ein echtes Anliegen war. Eine Beeidung der Zeugen war vor diesem Hintergrund nach Abwägung aller Umstände und mit Blick auf den Zeitablauf nicht geboten, insbesondere auch nicht um eine wahrheitsgemäße Aussage herbeizuführen.
52 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme wurde auch bei der Durchführung der mündlichen Prüfung das Fairnessgebot nicht verletzt.
53 
Während das Sachlichkeitsgebot für die Bewertung der Leistungen des Prüflings durch den einzelnen Prüfer oder die Prüfungskommission gilt, zielt das Fairnessgebot auf den Schutz des Prüflings im Rahmen des Prüfverfahrens (vgl. Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 331). Das Fairnessgebot verpflichtet den Prüfer, darauf Bedacht zunehmen, dass auch der Prüfungsstil, der Ablauf des Prüfungsverfahrens und die Prüfungsatmosphäre nach Möglichkeit leistungsverfälschende Verunsicherungen des Prüflings ausschließen. Der Prüfling soll nicht durch ein unangemessenes Verhalten des Prüfers einer psychischen Belastung ausgesetzt werden, die das Bild seiner Leistungsfähigkeit verfälscht und dadurch seine Chancen mindert. Ob sich das Verhalten eines Prüfers so hätte auswirken können, ist anhand einer objektiven Betrachtung aus der Sicht eines verständigen Prüflings zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteile vom 11.11.1998 - 6 C 8.97 -, BVerwGE 107, 363, und vom 20.09.1984 - 7 C 57/83 -, BVerwGE 70, 143). Verstöße gegen die Gebote der Fairness und der Sachlichkeit lassen sich nicht allein aus den subjektiven Empfindungen der Prüflinge über eine „bedrückende“ Prüfungsatmosphäre herleiten. Vielmehr bedarf es insoweit präziser Feststellungen über das Verhalten der Prüfer, aus dem sich nachvollziehbar Schlussfolgerungen auf die Verwirrung oder Verunsicherung der Prüflinge ziehen lassen (vgl. FG Bremen, Urteil vom 22.11.1994 - 2 93 086 K 2 -, Juris). Je nach Qualität der Leistung eines Prüflings können allerdings auch eindeutig kritische Reaktionen eines Prüfers das Gebot der Sachlichkeit und Fairness noch wahren (vgl. Senatsbeschluss vom 20.09.1994 - 9 S 2484/93 -, NVwZ-RR 1995, 275). Das Fairnessgebot gilt nicht nur für Prüfer, sondern auch für gemäß § 18 Abs. 2 Satz 3 BGVO anwesende Personen.
54 
Es mag zwar sein, dass der Kläger aufgrund der für ihn kritischen Prüfungssituation durch die von der Abiturverordnung berufliche Gymnasien vorgesehene und generell übliche Anwesenheit seines Schulleiters verunsichert war. Dieser Umstand allein stellt jedoch noch keine Verletzung des Fairnessgebots dar.
55 
Dass OStD E. darüber hinausgehend die Prüfung durch Missfallensbekundungen gestört hat, hat jedoch die Beweisaufnahme durch den Senat - wie schon die Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht - nicht ergeben. Der Kläger behauptet zwar, OStD E. habe gestikuliert und Ausrufe wie „Ah“ und „Oh“ von sich gegeben. Entsprechendes konnte jedoch von keinem der Zeugen bestätigt werden. Die Aussagen des Klägers diesbezüglich waren inhaltsarm und beschränkten sich nahezu wörtlich auf die Wiederholung dessen, was er schon im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu Protokoll geben hatte. Wäre er tatsächlich durch ein Verhalten des OStD E. objektiv gestört worden, hätte er die Situation detaillierter beschreiben können. Die übereinstimmenden Angaben der Zeugen erscheinen dagegen glaubhaft. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zur Würdigung der Glaubwürdigkeit der Zeugen und die Begründung für die unterbliebene Beeidigung verwiesen werden.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
57 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Es liegt keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vor. Denn die Auslegung von §§ 18 und 23 BGVO in der Fassung vom 05.12.2002 (heute: § 24 Abs. 7 BGVO) stellt keine Frage des revisiblen Rechts dar. Vielmehr handelt es sich lediglich um die Auslegung irrevisiblen Landesrechts.
58 
Beschluss vom 27. September 2012
59 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 38.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).

Der Zeugenbeweis wird durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Oberverwaltungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Verwaltungsgericht nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist oder
2.
wenn das Verwaltungsgericht noch nicht in der Sache selbst entschieden hat
und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt.

(3) Das Verwaltungsgericht ist an die rechtliche Beurteilung der Berufungsentscheidung gebunden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Oberverwaltungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Oberverwaltungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Verwaltungsgericht nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist oder
2.
wenn das Verwaltungsgericht noch nicht in der Sache selbst entschieden hat
und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt.

(3) Das Verwaltungsgericht ist an die rechtliche Beurteilung der Berufungsentscheidung gebunden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.