Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Juni 2015 - 3 K 3859/14 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 4.315,20 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der auf die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Ent-scheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der jeweils dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl. 2004, 838).
Das Zulassungsvorbringen, auf dessen Prüfung der Senat beschränkt ist, rechtfertigt nicht die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, mit der die Klage abgewiesen wurde. Mit dieser hatte die Klägerin, eine eingetragene Genossenschaft mit dem satzungsmäßigen Ziel der Entwicklung, Planung und des Baus einer öko-sozialen Modellsiedlung, die Aufhebung des Bescheids vom 13.02.2014 und des Widerspruchbescheids vom 28.07.2014 begehrt sowie hilfsweise die Feststellung, dass sie eine Gemeinschaftsunterkunft im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV betreibt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die mit dem Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage sei unzulässig, da den es sich bei dem Schreiben vom 13.02.2014 um ein bloßes Hinweisschreiben handele, dem mangels Regelungscharakter keine Verwaltungsaktsqualität zukomme. Die hilfsweise erhobene Feststellungslage sei zulässig, aber unbegründet, da die Betriebsstätte der Klägerin nicht über eine Gemeinschaftsunterkunft im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV verfüge. Eine Gemeinschaftsunterkunft weise folgende Merkmale auf: eine besonders enge Beziehung zwischen den untergebrachten Personen und dem Träger der Einrichtung, die Zuordnung der Zimmer durch die Einrichtung verbunden mit der Möglichkeit einer jederzeitigen Verlegung, die gemeinschaftliche Nutzung von Küchen und sanitären Einrichtungen, einen besonders niedrigen Grad an Privatsphäre durch weitreichende Kontrollbefugnisse und Betretungsrechte, die Möglichkeit der Sanktionierung von Verstößen gegen Anordnungen und Auflagen durch den Einrichtungsträger sowie die Beaufsichtigung der untergebrachten Personen durch die Einrichtung. Die in § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV beispielhaft aufgezählten Unterbringungsformen (Kaserne, Unterkünfte für Asylbewerber und Internate) seien insgesamt mit einem geringen Grad an Privatsphäre verbunden und bezögen sich auf Bereiche, die sich als besondere öffentliche Gewaltverhältnisse charakterisieren ließen. Die Beziehungen zwischen der Klägerin und ihren Mitgliedern sei zwar unter Beachtung der zwischen ihnen geltenden Regelungen von einem geringen Grad an Privatsphäre geprägt, jedoch seien die Einschränkungen der Privatsphäre nicht denjenigen im Falle des Vorliegens eines besonderen Gewaltverhältnisses vergleichbar.
Die Klägerin wendet hiergegen ein, dass das Verwaltungsgericht zur Bestimmung des Begriffs der Gemeinschaftsunterkunft zu Unrecht (auch) auf das Vorliegen eines besonderen Gewaltverhältnisses abgestellt habe. Zum einen seien zur Auslegung des Begriffs „Gemeinschaftsunterkunft“ sämtliche Ausnahmetatbestände in § 3 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 RBStV heranzuziehen. Das Vorliegen ein öffentlichen Gewaltverhältnisses als gemeinsames Kriterium lasse sich den Ausnahmetatbeständen nicht entnehmen. Zum anderen basiere bei dem Regelbeispiel „Internat“ nur der Unterrichtsbereich auf öffentlichem Recht, nicht jedoch der auf einem privatrechtlichen Vertrag basierende Unterkunftsteil. Hiermit habe sich das verwaltungsgerichtliche Urteil nicht auseinandergesetzt, obwohl hierzu auf Grund des von ihm als maßgeblich angenommenen Kriteriums des besonderen Gewaltverhältnisses Anlass bestanden habe (dazu a). Die im Übrigen vom Verwaltungsgericht für eine Gemeinschaftsunterkunft angeführten Merkmale seien - ausgenommen des Vorliegens eines besonderen Gewaltverhältnisses - vorliegend gegeben: Die Zuweisungs- und Kontrollrechte der Klägerin seien weitreichend und die hiermit für die Mitglieder der Klägerin verbundenen Einschränkungen mit denjenigen in einem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis vergleichbar. Ein neues Mitglied der Klägerin müsse sich nach dessen Eintritt den bereits bestehenden Einschränkungen durch die Klägerin ebenso fügen wie dies im Fall der Unterbringung in einer Kaserne oder in einem Internat der Fall wäre. Es sei auch kein wesentlicher Unterschied hinsichtlich möglicher Sanktionen erkennbar, da von der Intensität des Eingriffs durchaus vergleichbar sei, ob bei einem wiederholten Verstoß gegen Regelungen oder Auflagen ein Verweis bspw. aus einem Internat oder aus den Unterkünften der Klägerin erfolge. Eventuelle beamtenrechtliche Konsequenzen stellten auch innerhalb des Ausnahmetatbestands in § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV eine Besonderheit dar und seien daher als unterscheidendes Kriterium ungeeignet (dazu b).
a) Der Einwand der Klägerin, wonach das Verwaltungsgericht zur Konturierung und Umschreibung des Begriffs der Gemeinschaftsunterkunft zu Unrecht auf das Vorliegen eines besonderen Gewaltverhältnisses zurückgegriffen habe, begründet im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass im Falle der Klägerin eine Betriebsstätte im Sinne von § 6 RBStV vorliegt; ferner ist unstreitig, dass den einzelnen Genossen der Klägerin auf Grund ihrer Wohnberechtigung ortsfeste, baulich abgeschlossene und (zumindest) zum Schlafen geeignete und genutzte Raumeinheiten zur Verfügung stehen, die durch einen Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen betreten werden können, mithin Wohnungen im Sinne von § 3 Abs. 1 RBStV vorliegen. Allein streitig ist, ob diese in einer Betriebsstätte belegenen Wohnungen nach der Ausnahmeregelung von § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV als eine Gemeinschaftsunterkunft angesehen und mit den dort genannten Regelbeispielen als vergleichbar angesehen werden können.
Gemäß der normgeberischen Fiktion in § 3 Abs. 2 RBStV gelten nicht als Wohnung Raumeinheiten in Betriebsstätten, wobei von Nr. 1 dieser Vorschrift Raumeinheiten in Gemeinschaftsunterkünften erfasst werden, insbesondere in Kasernen, Unterkünften für Asylbewerber und Internaten. Demnach setzt eine Gemeinschaftsunterkunft eine Raumeinheit „in einer Betriebsstätte“ bzw. das Vorliegen (auch) einer Betriebsstätte voraus. Nach der Legaldefinition in § 6 Abs. 1 RBStV ist Betriebsstätte jede zu einem eigenständigen, nicht ausschließlich privaten Zweck bestimmte oder genutzte ortsfeste Raumeinheit oder Fläche innerhalb einer Raumeinheit. § 6 Abs. 1 Satz 3 RBStV stellt klar, dass es auf den Umfang der Nutzung zu den jeweiligen nicht privaten Zwecken sowie auf eine Gewinnerzielungsabsicht oder eine steuerliche Veranlagung des Beitragsschuldners nicht ankommt. Ferner ergibt sich aus der die Verbeitragung im nicht privaten Bereich regelnden Vorschrift des § 5 Abs. 3 RBStV, dass es sich bei den vom Normgeber als Betriebsstätten angesehenen Einrichtungen um gemeinnützige (§ 5 Abs. 3 Nrn. 1 bis 4 RBStV) oder sonstigen öffentlichen Zwecken dienenden Einrichtungen handeln kann (§ 5 Abs. 3 Nrn. 5 und 6 RBStV). Die Betriebsstätte wird damit finalitätsbezogen durch einen nicht privaten Zweck umschrieben, der ein gewerblicher, sozialer oder auch ein öffentlich-rechtlicher Zweck sein kann. Demgegenüber stellt die in § 2 RBStV geregelte Verbeitragung für den privaten Bereich auf das Innehaben einer in § 3 Abs. 1 RBStV legaldefinierten Wohnung, mithin auf einen (zumindest auch, vgl. § 5 Abs. 5 Nr. 3 RBStV) privaten Zweck ab.
Die Vorschriften in § 3 Abs. 2 RBStV und § 5 Abs. 5 Nr. 3 RBStV dienen daher systematisch mit unterschiedlicher Akzentuierung der Abgrenzung von Wohnung und Betriebsstätte bzw. der Beitragspflicht im privaten und nicht privaten Bereich (vgl. Gesetzesbegründung des baden-württembergischen Landesgesetzgebers, BWLT-.Drs. 15/197, S. 38; ebenso der BayLT-Drs. 16/7001, S. 15; VG Hamburg, Urteil vom 12.11.2014 - 3 K 159/14 - juris Rn. 26 a.E.). § 3 Abs. 2 RBStV ist seinen Voraussetzungen nach durch eine Überlagerung von bestimmten Aufenthalts- und Wohnformen „in“ bzw. mit einer Betriebsstätte gekennzeichnet, bei denen ein funktionaler Bezug zwischen einer grundsätzlich zum Wohnen im Sinne von § 3 Abs. 1 RBStV geeigneten oder genutzten Raumeinheit mit einer zu nicht privaten Zwecken dienenden Betriebsstätte vorliegt. Die Sach- und Interessenlage der räumlich manifestierten Verschränkung von privaten und nicht privaten Zwecken wird in § 3 Abs. 2 RBStV nach der Wertungsentscheidung des Normgebers einer Verbeitragung nach § 5 RBStV zugeordnet und hierbei die begrifflich als Wohnung fassbaren Raumeinheiten in einer Betriebsstätte als (untergeordneter) Teil der Betriebsstätte behandelt. Hierbei wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Unterbringung der Erfüllung und Gewährleistung des im Vordergrund stehenden nicht privaten Zwecks der Betriebsstätte dient. Darüber hinaus wird eine Verbeitragung nach dem Regelungsregime des § 5 RBStV erreicht und so gewährleistet, dass die dort vorgenommene differenzierte Ausgestaltung einer Verbeitragung von Betriebsstätten mit der Staffelung in § 5 Abs. 1 RBStV sowie insbesondere die Privilegierung gemeinnützigen Zwecken dienender Betriebsstätten (§ 5 Abs. 3 RBStV), nicht durch eine zusätzliche Verbeitragung im privaten Bereich verwässert und - wie z.B. mit Blick auf die in § 5 Abs. 3 RBStV enthaltenen Privilegierungstatbestände - in Frage gestellt wird. Zusammenfassend liegt in den Fällen des § 3 Abs. 2 RBStV ein Aufenthalt bzw. Wohnen in einer als Betriebsstätte verbeitragten Raumeinheit vor (Wohnen in nach § 5 RBStV zu verbeitragender Betriebsstätte), während in § 5 Abs. 5 Nr. 3 RBStV eine Betriebsstätte in einer als Wohnung verbeitragten Raumeinheit vorliegt (Betriebsstätte in nach § 2 RBStV verbeitragter Wohnung).
Diese anhand wertender Kriterien vorgenommene Abgrenzung von privater und nicht privater Beitragspflicht hat in § 3 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 RBStV eine differenzierte Ausgestaltung erfahren. Hierbei hat der Normgeber als einen der (grundsätzlich eng auszulegenden) Ausnahmetatbestände in § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV Raumeinheiten in Gemeinschaftsunterkünften als besonders qualifizierte Teilmenge von Raumeinheiten in Betriebsstätten angesehen und diese Teilmenge durch die mittels des Wortes „insbesondere“ eingeleitete nicht abschließende beispielhafte Aufzählung (Kaserne, Unterkünfte für Asylbewerber, Internate) charakterisiert. Darüber hinaus ist der Gesetzesbegründung des baden-württembergischen Landesgesetzgebers zu entnehmen, dass Studenten- und Schwesternwohnheime nicht als Gemeinschaftsunterkünfte anzusehen sind (BWLT-.Drs. 15/197, S. 38). Den hiernach im Normtext als Positiv- sowie in der Gesetzesbegründung als Negativbeispiele genannten Gemeinschaftsunterkünften sind - wie die Beispielfälle zeigen - solche Betriebsstätten zuordenbar, die allesamt einem zumindest einfachgesetzlich anerkannten öffentlich-rechtlichen Zweck dienen und zur Erfüllung diesen Zwecks in einer geschlossenen, weil nicht jedermann offenstehenden Einrichtung geboten sind. So steht die Unterbringung in Kasernen in Zusammenhang mit der Gewährleistung der Wehrfähigkeit (Art. 87a GG; s. auch § 18 SG, § 59 Abs. 1 BeamtStG), dient die Unterbringung von Asylbewerbern der Durchführung des Asylverfahrens (Art. 16a GG; s. § 53 AsylG) und flankiert die Unterbringung in Internaten die schulische Ausbildung (Art. 7 GG; s. auch § 1 BWPSchG). Hinsichtlich des Bestehens und der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Zwecks sind die Trägerschaft sowie die gewählte rechtliche Organisationsform der Einrichtung ohne Belang.
10 
Das Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Zwecks sowie Belange der öffentlichen Wohlfahrt und sozialen Fürsorge hat das Verwaltungsgericht mit der Bezugnahme auf die in der Grundrechtsdogmatik zur Anwendung gebrachte Rechtsfigur des besonderen Gewaltverhältnisses bzw. des Sonderstatusverhältnis, das ebenfalls durch eine Verflechtung von staatlichen Belangen und individuellen Interessen gekennzeichnet ist (s. Loschelder in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl., § 202 Rn. 56), im Ergebnis zutreffend zum Ausdruck gebracht.
11 
Die Betriebsstätte der Klägerin ist nach dem Vorgesagten offenkundig von § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV nicht erfasst; auch die Nrn. 2 bis 5 liegen nach dem unstreitigen Vortrag der Beteiligten nicht vor.
12 
b) Die übrigen vom Verwaltungsgericht genannten Charakteristika einer Gemeinschaftsunterkunft (besonders enge Beziehung zwischen den untergebrachten Personen und dem Träger der Einrichtung, Zuordnung der Zimmer durch die Einrichtung verbunden mit der Möglichkeit einer jederzeitigen Verlegung, gemeinschaftliche Nutzung von Küchen und sanitären Einrichtungen, besonders niedriger Grad an Privatsphäre durch weitreichende Kontrollbefugnisse und Betretungsrechte, Möglichkeit der Sanktionierung von Verstößen gegen Anordnungen und Auflagen durch den Einrichtungsträger sowie die Beaufsichtigung der untergebrachten Personen durch die Einrichtung, so bereits VG Hamburg, Urteil vom 12.11.2014 - 3 K 159/14 - juris Rn. 26 f.), wie auch weitere typischerweise vorliegende Umstände (Unfreiwilligkeit, Eigenständigkeit oder Dauerhaftigkeit) der Unterbringung können in einem typologisch verstanden Sinn mehr oder weniger vorliegen oder gänzlich fehlen (z.B. verpflichtende oder freiwillige Unterbringung eines Soldaten in einer Kaserne, s, hierzu Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. § 18 Rn 16 ff.), sind jedoch lediglich Folgen und Ausprägungen des im Vordergrund stehenden und für die Begriffsbestimmung letztlich maßgebenden prägenden Hauptzwecks der Einrichtung. Daher kommt es auf diese Umstände, deren Vorliegen die Antragstellerin im Sinne einer Vergleichbarkeit mit den in § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV aufgezählten Beispielsfällen behauptet, nicht (mehr) an. Dies nicht nur, weil die einzelnen Merkmale der als Typusbegriff zu verstehenden Gemeinschaftsunterkunft (s. zum Typusbegriff Senatsurteil vom 28.01.2016 - 2 S 1019/15 - juris Rn. 52) mehr oder weniger ausgeprägt sein können oder einzelne hiervon gänzlich fehlen können, sondern auch und vor allem, weil im Abgabenrecht das Verwenden von formalen, nach außen leicht erkennbaren Voraussetzungen (wie z.B. des Vorliegens einer Kaserne mit darin untergebrachten Soldaten, einer Unterkunft für Asylbewerber mit darin untergebrachten Asylbewerbern sowie eines Internats mit darin untergebrachten Schülern) aus Gründen der zulässigen Typisierungsbefugnis sowie der Verwaltungspraktikabilität allgemein anerkannt ist (s. zu dieser Erwägung auch BWLT-Drs. 15/197, S. 37). Eine materielle Anreicherung mit einer Mehrzahl von Art und Umfang nicht überschaubaren mittelbaren Kriterien wird dem nicht gerecht.
13 
2. Der weiter geltend gemachte Zulassungsgrund besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist ebenfalls nicht gegeben.
14 
Er setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommen. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfällen deutlich abhebt und sich gerade die diesbezüglichen - nach wie vor offen oder unbeantwortet bzw. unzureichend beantwortet gebliebenen - Fragen im Berufungsverfahren stellen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 21.09.2005 - 9 S 437/05 - NVwZ-RR 2006, 255 und vom 22.04.1997 - 14 S 913/97 - NVwZ 1997, 1230; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163).
15 
Soweit die Klägerin vorträgt, der Begriff der Gemeinschaftsunterkunft in § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV sei nicht legaldefiniert, das Verwaltungsgericht Hamburg hätte auf einen Vergleich mit einem zivilrechtlichen Mietverhältnis abgestellt, die angefochtenen Entscheidung das Vorliegen eines besonderen Gewaltverhältnisses als relevant angesehen, genügt dies nicht der Darlegung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Insbesondere führen die hiermit letztlich an der verwaltungsgerichtlichen Auslegung des Begriffs der Gemeinschaftsunterkunft geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht gleichsam automatisch dazu, dass es sich um eine rechtlich und/oder tatsächlich schwierige Rechtssache handeln würde. Darüber hinaus lässt sich dem klägerischen Vorbringen nicht entnehmen, dass es sich hier nicht lediglich um einen Fall von durchschnittlicher Komplexität handelt, wie er von erstinstanzlichen Verwaltungsgerichten typischerweise zu bearbeiten und zu bewältigen ist. Eine solche überdurchschnittliche Komplexität der entscheidungserheblichen Sach- und Rechtsfragen besteht auch inhaltlich nicht.
16 
3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
17 
Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine grundsätzliche, obergerichtlich oder höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre und deren Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 28.05.1997 - A 16 S 1388/97 - AuAS 1997, 261; Beschluss vom 18.01.2007 - 13 S 1576/06 - juris). Im Antrag auf Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung ist die Rechtsfrage, die grundsätzlich geklärt werden soll, zu bezeichnen und zu formulieren. Es ist darüber hinaus näher substantiiert zu begründen, warum sie für grundsätzlich und klärungsbedürftig gehalten wird und weshalb die Rechtsfrage entscheidungserheblich und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 124 Rn. 10).
18 
Die Klägerin ist der Auffassung, die Entscheidung über die Anerkennung der von ihr betriebenen Gemeinschaftsunterkunft als Gemeinschaftsunterkunft sei auch für andere Gemeinschaften von Bedeutung. Die gesellschaftliche Weiterentwicklung gemeinschaftlicher Wohnformen stelle grundsätzliche Fragen an deren Einordnung in das bestehende Recht bzw. an dessen Weiterentwicklung. Die Klägerin formuliert damit schon keine konkrete Frage, die ihrer Ansicht nach grundsätzliche Bedeutung haben soll. Der von ihr umschriebene Fragekreis ist in seiner Allgemeinheit und Pauschalität schon nicht klärungsfähig, da ihm aufgrund der Abstraktheit der entscheidungserhebliche Fallbezug fehlt. Der bloße apodiktische Hinweis auf die besondere Tragweite der Entscheidung genügt nicht den Darlegungsanforderungen. Es wird nicht erläutert, weshalb die Klärung der Probleme des vorliegenden Einzelfalls zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint.
19 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 3, 52 Abs. 3 GKG.
20 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 11. Mai 2016 - 2 S 1621/15

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 53 Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften


(1) Ausländer, die einen Asylantrag gestellt haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, sollen in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden. Hierbei sind sowohl das öffentliche Interes

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 87a


(1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben. (1a) Zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit kann der Bund ein Sonderverm

Soldatengesetz - SG | § 18 Gemeinschaftsunterkunft und Gemeinschaftsverpflegung


Der Soldat ist auf dienstliche Anordnung verpflichtet, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen und an einer Gemeinschaftsverpflegung teilzunehmen. Die zur Durchführung erforderlichen Verwaltungsvorschriften erlässt das Bundesministerium der Vertei

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 59 Verpflichtung zur Gemeinschaftsunterkunft und Mehrarbeit


(1) Wenn dienstliche Gründe es erfordern, können Beamtinnen und Beamte für Zwecke der Verteidigung verpflichtet werden, vorübergehend in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen und an einer Gemeinschaftsverpflegung teilzunehmen. (2) Beamtinnen und B

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Rundfunkbeiträgen für ihr Zimmer im Studentenwohnheim.

2

Die Klägerin ist seit Dezember 2006 als Rundfunkteilnehmerin (jetzt: Beitragsschuldnerin) gemeldet (Teilnehmernummer: ...). Bis zum 31. Dezember 2012 war sie mit einem Radio gemeldet. Von Januar 2007 bis einschließlich September 2011 war sie von der Rundfunkgebührenpflicht befreit. Das Gebühren- bzw. Beitragskonto ist bis 31. Dezember 2012 ausgeglichen.

3

Die Klägerin bewohnt seit dem ... unter der Anschrift ... ein Zimmer in einem Studentenwohnheim des ... In dem Mietvertrag heißt es u.a.: „§ 1 (1) [Die Klägerin] mietet vom... an zum vorübergehenden Gebrauch und zu dem besonderen Zweck des Studiums an einer Hochschule in Hamburg im ... das Einzelzimmer Nr. …. Das Zimmer ist möbliert. (2) Der Mieter ist berechtigt, die Gemeinschaftsräume und die Gemeinschaftseinrichtung zu benutzen. (3) Je ein Zimmer-, Postkasten-, Haustür- und Küchenschrankschlüssel werden gegen Hinterlegung eines Schlüsselpfandes (€ 60,00) ausgegeben. § 2 (1) Das Mietverhältnis wird für die Dauer eines Semesters abgeschlossen. Es beginnt mit dem in § 1 bezeichneten Tag und endet jeweils am nachfolgenden 31. März oder Sept. (Semesterschluss). (2) Das Mietverhältnis wird in der Regel, ohne dass hierzu eine Rechtspflicht des Vermieters besteht, stillschweigend siebenmal um je ein Semester verlängert. (3) Legt der Mieter/die Mieterin auf eine Verlängerung des Mietverhältnisses gemäß § 2 (2) keinen Wert, so ist er/sie verpflichtet, sechs Wochen vor Semesterschluss schriftlich zu kündigen. (…) § 6 Vertreter oder Beauftragte des Vermieters dürfen das Zimmer zu angemessener Tageszeit und nach vorheriger Unterrichtung bei Anwesenheit des Mieters/der Mieterin betreten. Vertreter oder Beauftragte des Vermieters dürfen das Zimmer auch in Abwesenheit des Mieters/der Mieterin betreten, wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt. Die Mieter sind unverzüglich hiervon nachträglich zu unterrichten. Die vom Vermieter eingebauten Schlösser dürfen nicht durch andere ersetzt werden.“ Ausweislich der gleichlautenden Schreiben des ... vom 19. und vom 25. November 2013 stellt sich die Wohnsituation wie folgt dar: „In unseren Wohnheimen haben die Studierenden ein Zimmer auf einem Flur, auf dem zwischen 8 und 14 Personen je ein Zimmer bewohnen. Die Flurbewohner teilen sich eine Gemeinschaftsküche sowie gemeinsame Sanitäreinrichtungen (1 – 3 Duschen sowie 2 – 4 Toiletten pro Flur). Die Sanitäranlagen befinden sich in einem Raum (Duschen und WCs zusammen) oder zwei Räumen (Duschen und WCs getrennt). Eine Geschlechtertrennung innerhalb der Waschräume findet nicht statt. Kochgelegenheiten in den Zimmern sind nicht vorhanden und aus Brandschutzgründen auch nicht erlaubt. Jeder Bewohner hat zwar einen eigenen Schlüssel für das Zimmer, die Heimleitung und der Hausmeister verfügen aber über einen Generalschlüssel. Es werden regelmäßig Kontrollen auf Einhaltung der bei Einzug unterschriebenen Hausordnung durchgeführt. Bei Zuwiderhandlungen erfolgen Abmahnungen und ggf. sogar Kündigungen. Auch fristlose Kündigungen sind bei schweren Verstößen bereits erfolgt.“

4

Mit Schreiben vom 5. April 2013 forderte der Beklagte die Klägerin zur Zahlung der Rundfunkbeiträge für das erste Quartal 2013 auf.

5

Mit Beitragsbescheid vom 1. Juni 2013 setzte der Beklagte Rundfunkbeiträge für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. März 2013 in Höhe von 53,94 Euro sowie einen Säumniszuschlag in Höhe von 8,-- Euro, insgesamt 61,94 Euro fest.

6

Mit Schreiben vom 15. Juni 2013 bat die Klägerin unter Hinweis darauf, dass sie in einem Wohnheim lebe und es Gespräche zwischen dem Beklagten und dem Studentenwerk bzw. der Wohnheimleitung zur Klärung etwaiger „Zahlungsmodalitäten“ gebe, um einen rechtsmittelfähigen Bescheid.

7

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2013 teilte der Beklagte mit, dass er das Schreiben als Widerspruch gegen den Beitragsbescheid vom 1. Juni 2013 werte. Im privaten Bereich sei für jede Wohnung von deren Inhaber ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Eine Wohnung sei eine ortsfeste, baulich abgeschlossene Einheit, die zum Wohnen oder Schlafen geeignet sei oder genutzt werde, einen eigenen Eingang habe und nicht ausschließlich über eine andere Wohnung betreten werden könne. Zimmer in Studentenwohnheimen würden als Wohnung gelten. Demnach sei für jedes Wohnheimzimmer der volle Rundfunkbeitrag zu zahlen. Diese Regelung gelte dann, wenn die Zimmer von einem allgemein zugänglichen Flur abgingen – unabhängig davon, ob sie über ein eigenes Bad oder eine Küche verfügten. Seien die Räumlichkeiten eines Studentenwohnheims so gestaltet, dass sie denen einer privaten Wohnung bzw. Wohngemeinschaft ähnelten, sei jeweils nur ein Beitrag pro Wohnung zu zahlen. Dies gelte dann, wenn die Zimmer durch eine eigene Wohnungstür von einem allgemein zugänglichen Flur oder Treppenhaus abgetrennt seien, zu der nur die Bewohner der WG einen Schlüssel hätten. Zur weiteren Prüfung des Widerspruchs bat der Beklagte um Erläuterung, um welche Wohnform es sich im Falle der Klägerin handele, und für den Fall, dass sie nicht über eine beitragspflichtige Wohnung verfüge, um eine entsprechende Bestätigung der Wohnheimleitung.

8

In einem auf den 19. bzw. 25. November 2013 datierten, gleichlautenden Schreiben an den Beklagten erläuterte der ... die Wohnverhältnisse in den Wohnheimen des Trägers und wies darauf hin, dass aus seiner Sicht ein „Mangel an Privatsphäre“ in den Räumlichkeiten gegeben sei wie er für Gemeinschaftsanlagen und Kasernen aus Sicht des Beklagten im Kontext anderer rundfunkbeitragsrechtlicher Vorgänge als typisch angesehen werde. Der Befreiungstatbestand, den der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag für Gemeinschaftsunterkünfte in § 3 Abs. 2 vorsehe, sei daher erfüllt. Auch unabhängig hiervon könne ein einzelnes Zimmer in einem Wohnheim nicht als Wohnung angesehen werden. Für den Wohnungsbegriff sei nach der Begründung des Staatsvertrags auf „vorhandene Rechtsinstitute des Melde- und Mietrechts“ zurückzugreifen. Mit Blick auf das Mietrecht gelte insoweit, dass eine Wohnung sowohl eine Kochgelegenheit als auch eine Toilette haben müsse. Dass jedes einzelne Zimmer in den Studentenwohnheimen des ... eine Wohnung darstelle, sei daher nicht nachvollziehbar.

9

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 2 Abs. 1 RBStV sei im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Inhaber einer Wohnung sei jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohne. Bei dem Zimmer der Klägerin im Wohnheim handele es sich um eine beitragspflichtige Wohnung. Gemeinschaftsunterkünften i.S.d. § 3 Abs. 2 RBStV und Unterkünften in Wohnheimen sei gemeinsam, dass sie in der Regel einen einfachen Standard hätten und durch die gemeinschaftliche Nutzung von sanitären Anlagen und Kochgelegenheiten gekennzeichnet seien. Eine Gemeinschaftsunterkunft i.S.d. § 3 Abs. 2 RBStV sei darüber hinaus durch einen besonderen Mangel an Privatsphäre charakterisiert. Es bestehe eine besonders enge Beziehung zwischen der untergebrachten Person und dem Träger der jeweiligen Einrichtung. Dem Träger stünden weitreichende Kontrollbefugnisse und die Möglichkeit von Sanktionen bei Verstößen gegen Anordnungen und Auflagen zu. Bewohner von Raumeinheiten in Wohnheimen unterlägen derartigen Betretungsrechten und Kontrollen nicht. Sie nutzten zwar Kochmöglichkeiten und ggf. sanitäre Einrichtungen gemeinsam, eine Einschränkung ihrer Privatsphäre erfolge jedoch nicht. Diese Raumeinheiten seien grundsätzlich auf selbstbestimmtes Wohnen ausgerichtet.

10

Am 16. Januar 2014 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie wiederholt das Vorbringen des ... im Schreiben vom 19. bzw. 25. November 2013 und führt ergänzend aus, dass sie so behandelt werden müsse wie Bewohner anderer Gemeinschaftsanlagen wie etwa Alterswohnheime. Zumindest müsse sie so behandelt werden wie die Mitglieder privater Wohngemeinschaften, die lediglich einen Beitrag zu zahlen hätten ohne Rücksicht auf die Anzahl der Bewohner.

11

Die Klägerin beantragt,

12

den Beitragsbescheid vom 1. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Dezember 2013 aufzuheben.

13

Der Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Der Beklagte verweist zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass eine Raumeinheit in einer Gemeinschaftsunterkunft nur dann nicht als Wohnung zu qualifizieren sei, wenn kumulativ folgende Voraussetzungen vorlägen: Eine besonders enge Beziehung zwischen den untergebrachten Personen und dem Träger der Einrichtung (1), eine Beaufsichtigung der untergebrachten Personen durch die Einrichtung (2), ein besonders niedriger Grad an Privatsphäre durch weitreichende Kontrollbefugnisse und Betretungsrechte (3), eine gemeinschaftliche Nutzung z. B. von Küchen und sanitären Einrichtungen (4), die Zuweisung der Zimmer durch die jeweilige Einrichtung und die jederzeitige Verlegung der untergebrachten Personen in andere Raumeinheiten (5) und die Sanktionierung von Verstößen gegen Anordnungen und Auflagen durch den Einrichtungsträger (6). Diese Voraussetzungen seien im Falle des Zimmers der Klägerin nicht erfüllt. Bewohner von Unterkünften in Wohnheimen wiesen weder eine besonders enge Beziehung zu dem Träger der jeweiligen Einrichtung auf, noch erfolge eine Einschränkung ihrer Privatsphäre durch den Einrichtungsträger. Die von der Klägerin geschilderten Überprüfungen im Rahmen der Einhaltung der Hausordnung seien keine mit den Betretungsrechten und Kontrollen der Träger von Gemeinschaftseinrichtungen nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV vergleichbaren Einschränkungen.

16

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Rechtsstandes wird auf die Gerichtsakte sowie Sachakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

I.

17

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

18

Der Beitragsbescheid vom 1. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Dezember 2013 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte hat die Rundfunkbeiträge für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. März 2013 einschließlich eines Säumniszuschlags in Höhe von insgesamt 61,94 Euro zu Recht erhoben.

19

1. Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrags in Höhe von monatlich 17,98 Euro sind die Regelungen in §§ 2 Abs. 1, 7 Abs. 1, 10 Abs. 5 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) i. V. m. § 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV).

20

Nach § 2 Abs. 1 RBStV ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV ist der Beklagte als Anstalt öffentlichen Rechts berechtigt, die rückständigen Rundfunkbeiträge durch Bescheid festzusetzen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor: Die Rundfunkbeiträge für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. März 2013 waren bei Erlass des Beitragsbescheids trotz Fälligkeit gemäß § 7 Abs. 3 RBStV noch nicht gezahlt worden und damit rückständig. Die Klägerin ist auch Inhaberin einer Wohnung i. S. v. §§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 1 RBStV. Das Zimmer der Klägerin im Studentenwohnheim erfüllt die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 RBStV (hierzu unter a.). Der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV, wonach Raumeinheiten in Gemeinschaftsunterkünften nicht als Wohnung gelten, ist nicht einschlägig (hierzu unter b.).

21

a. Das Zimmer der Klägerin ist eine Wohnung i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 RBStV. Wohnung ist danach unabhängig von der Zahl der darin enthaltenen Räume jede ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit, die 1. zum Wohnen und Schlafen geeignet ist oder genutzt wird und 2. durch einen eigenen Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen, nicht ausschließlich über eine andere Wohnung, betreten werden kann. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt: Das von der Klägerin bewohnte Zimmer ist ein in sich abgeschlossener Raum, der zum Wohnen und Schlafen geeignet und hierfür genutzt wird. Es kann über eine verschließbare Tür, d. h. einen eigenen Eingang von einem Vorraum betreten werden. Der Zutritt erfolgt dabei zwar über einen gemeinschaftlichen Flur, nicht jedoch über eine andere Wohnung. Eine solche andere Wohnung ist insbesondere nicht das Wohnheim bzw. der Gemeinschaftsflur mit den gemeinsamen Küchen und sanitären Einrichtungen sowie der Wohnheimzimmer. Die Zimmer stellen in sich abgeschlossene und abschließbare Wohneinheiten dar, die bei einer wertenden Betrachtung nicht Teil einer gemeinsamen Wohnung bzw. Wohngemeinschaft sind. Anders als in Wohngemeinschaften, in denen ein gemeinsamer Mietvertrag mit dem Vermieter geschlossen wird und der einzelne Bewohner nicht ohne Zustimmung der anderen Bewohner einziehen darf, schließt im vorliegenden Fall jeder Wohnheimzimmerbewohner unabhängig von allen anderen Wohnheimzimmerbewohnern einen eigenen Mietvertrag mit dem Träger der Einrichtung. Der Wohnheimflur stellt auch keine eigene in sich abgeschlossene und abschließbare Wohneinheit dar und verfügt – anders als üblicherweise eine Wohngemeinschaft – weder über einen gemeinsamen Briefkasten noch über eine gemeinsame Türklingel.

22

Für die Frage der Rundfunkbeitragspflicht ist – anders als von der Klägerin angenommen – auch nicht ein mietrechtlicher Begriff der Wohnung zugrunde zu legen, wonach eine Wohnung erst dann vorliegt, wenn eine eigene Kochstelle und eigene sanitäre Einrichtungen vorhanden sind. Ausweislich der Gesetzesbegründung handelt es sich bei dem Begriff der Wohnung um eine eigenständige Definition für den Bereich des Rundfunkbeitragsrechts, die an den Abgrenzungserfordernissen des Beitragsrechts ausgerichtet und im Lichte des Beitragsmodells auszulegen ist (s. Gesetzesbegründung des bayerischen Landesgesetzgebers zu der entsprechenden Vorschrift, BayLT-Drs. 16/7001, S. 14). Nichts anderes folgt aus § 2 Abs. 2 Satz 2 RBStV, wonach als Inhaber [einer Wohnung] jede Person vermutet wird, die 1. dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder 2. im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist. § 2 Abs. 2 Satz 2 RBStV zielt ersichtlich auf die Frage der Inhaberschaft und stellt diesbezüglich eine gesetzliche Vermutung auf, die der Beweiserleichterung gilt (Göhmann/Schneider/Siekmann, in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, Kommentar, 3. Aufl. 2012, § 2 RBStV Rn. 15). § 2 Abs. 2 Satz 2 RBStV ist jedoch nicht dahingehend zu verstehen, dass der Begriff der Wohnung im Sinne des Melde- und Mietrechts auszulegen ist. Auch der in der Gesetzesbegründung zu § 3 RBStV zu findende Verweis auf die vorhandenen Rechtsinstitute des Melde- und Mietrechts, auf den die Klägerin Bezug nimmt, betrifft lediglich die Inhaberschaft einer Wohnung: Danach „[kann] auch das Innehaben einer Wohnung (…) – anders als die Mitgliedschaft in einem Haushalt – anhand objektiver Kriterien abgegrenzt werden, indem mit Hilfe der in § 2 Abs. 2 Satz 2 formulierten Vermutungen auf vorhandene Rechtsinstitute des Melde- und des Mietrechts zurückgegriffen wird“ (Gesetzesbegründung des bayerischen Landesgesetzgebers, BayLT-Drs. 16/7001, S. 14). Eine Auslegung des Wohnungsbegriffes anhand des Miet- und Melderechts würde im Übrigen auch der Intention des Gesetzgebers, mit der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 Satz 1 RBStV ein klares Begriffsverständnis zu schaffen, zuwiderlaufen.

23

b. Der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV ist nicht einschlägig. Nach § 3 Abs. 2 RBStV gelten im Einzelnen benannte Raumeinheiten in Betriebsstätten nicht als Wohnung. Dazu zählen u. a. nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV Raumeinheiten in Gemeinschaftsunterkünften, insbesondere Kasernen, Unterkünfte für Asylbewerber, Internate. Das Studentenwohnheim, in dem die Klägerin wohnt, ist nicht als Gemeinschaftsunterkunft i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV zu qualifizieren.

24

aa. Der Begriff der „Gemeinschaftsunterkunft“ i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV ist im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag nicht legal definiert. Es werden lediglich beispielhaft Kasernen, Unterkünfte für Asylbewerber und Internate aufgezählt. Studentenwohnheime werden indes nicht genannt. Im Gegenteil heißt es in der Gesetzesbegründung: „Studenten- und Schwesternwohnheime sind demgegenüber keine Gemeinschaftsunterkünfte im Sinne der Ausnahme nach Nummer 1“ (Gesetzesbegründung des bayerischen Landesgesetzgebers, BayLT-Drs. 16/7001, S. 15).

25

Gleichwohl handelt es sich bei den genannten Raumeinheiten – Kasernen, Unterkünfte für Asylbewerber und Internate – lediglich um eine beispielhafte Aufzählung, die nicht abschließend ist. Auch im Hinblick auf die negativ genannten Studenten- und Schwesternwohnheime wird angesichts der unterschiedlichen Wohnformen in der Gesetzesbegründung klargestellt, dass es „zur individuellen Abgrenzung auf die räumliche Gestaltung ankommt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, s.o.)“ (Gesetzesbegründung des bayerischen Landesgesetzgebers, BayLT-Drs. 16/7001, S. 15), wobei über den Verweis auf § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RBStV hinaus keinerlei Abgrenzungskriterien genannt werden.

26

Aus den ausdrücklich aufgezählten Beispielen kann jedoch auf Merkmale geschlossen werden, die die genannten Raumeinheiten prägen und anhand deren der Begriff der „Gemeinschaftsunterkunft“ i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV näher akzentuiert werden kann. Bei den beispielhaft aufgezählten Raumeinheiten handelt es sich nämlich um Unterbringungsformen, in denen nicht als Hauptzweck das selbstbestimmte Wohnen, sondern ein weitergehendes, auch den Aufenthalt prägendes Abhängigkeits- oder Fürsorgeverhältnis und damit einhergehend ein geringer Grad an Privatsphäre im Vordergrund steht. Dementsprechend weisen „Gemeinschaftsunterkünfte“ folgende – auch vom Beklagten genannte – Merkmale auf: Eine über das Mietverhältnis hinausgehende besonders enge Beziehung zwischen den untergebrachten Personen und dem Träger der Einrichtung, die Zuordnung der Zimmer durch die Einrichtung verbunden mit der Möglichkeit einer jederzeitigen Verlegung, die gemeinschaftliche Nutzung von Küchen und sanitären Einrichtungen, ein besonders niedriger Grad an Privatsphäre durch weitreichende Kontrollbefugnisse und Betretungsrechte sowie die Möglichkeit der Sanktionierung von Verstößen gegen Anordnungen und Auflagen durch den Einrichtungsträger. Dass für die Auslegung des Begriffs „Gemeinschaftsunterkunft“ die Unterscheidung zwischen „privaten“ und „nicht privaten“ Raumeinheiten und damit Merkmale wie das Ausmaß und die Form der Bindung zwischen Bewohnern und Träger der Einrichtung sowie die Ausprägung der Privatsphäre entscheidend sind, folgt auch aus dem Zweck des Ausnahmetatbestandes. Denn die Ausnahme dient der Vermeidung von tatbestandlichen Überschneidungen mit dem nicht privaten Bereich und damit der Abgrenzung von der Rundfunkbeitragspflicht im nicht privaten Bereich. Aus diesem Grund sind lediglich Raumeinheiten aus dem Wohnungsbegriff ausgenommen, die entsprechenden Betriebsstätten zuzuordnen, insbesondere in diesen Betriebsstätten gelegen oder selbst als Betriebsstätte zu qualifizieren sind (Gesetzesbegründung des bayerischen Landesgesetzgebers, BayLT-Drs. 16/7001, S. 15).

27

bb. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs handelt es sich bei dem Studentenwohnheim, in dem die Klägerin wohnhaft ist, nicht um eine „Gemeinschaftsunterkunft“ i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV. Zwar weist das Studentenwohnheim namentlich mit der gemeinschaftlichen Nutzung von Küche und sanitären Einrichtungen auch Merkmale auf, die die in § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV genannten Beispielsfälle einer „Gemeinschaftsunterkunft“ prägen. Gleichwohl wird das Wohnverhältnis in der ganz überwiegenden Anzahl nicht von den oben genannten Merkmalen geprägt: Die Beziehung zwischen dem Träger der Einrichtung sowie den Studierenden geht nicht über ein mietrechtliches Verhältnis hinaus. Ein weitergehendes, auch den Aufenthalt prägendes Abhängigkeits- bzw. Fürsorgeverhältnis, wie es zwischen Soldaten und ihrem Dienstherrn, zwischen Schülerinnen und Schülern und dem Schulträger sowie Asylbewerbern und den Trägern der Unterkünfte gibt, liegt nicht vor. Weitergehende Verpflichtungen, die über die sich aus dem Mietvertrag ergebenden Pflichten hinausgehen, bestehen sowohl für die Studierenden als auch für den Träger des Wohnheims nicht. Die Zuordnung der Zimmer erfolgt nicht durch einseitige Weisung, sondern ergibt sich – wie auf dem normalen Mietmarkt – aufgrund von Angebot und Nachfrage. Hat der Studierende über ein Zimmer einen Mietvertrag abgeschlossen, ist es dem Träger verwehrt, den Bewohnern ein anderes Zimmer zuzuweisen. Ein besonders niedriger Grad an Privatsphäre ist ebenfalls nicht gegeben. Sicherlich führt die gemeinschaftliche Nutzung von Küche und sanitären Einrichtungen zu einer gewissen Einschränkung der Privatsphäre. Gleichwohl wird die Privatsphäre in der hier maßgeblichen Raumeinheit Zimmer nicht stärker eingeschränkt als dies auch bei anderen Mietverhältnissen der Fall sein kann. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführten Kontrollen durch die Heimleitung zur Sicherstellung der Hausordnung mögen zwar im Einzelfall als eine Störung der Privatsphäre wahrgenommen werden. Diese Kontrollen gehen jedoch in der zugelassenen Art und Weise nicht über das hinaus, was auch einem Vermieter einer Wohnung außerhalb eines Studentenwohnheims gestattet wäre. Vertreter oder Beauftragte des Vermieters dürfen das Zimmer zu angemessener Tageszeit und nach vorheriger Unterrichtung bei Anwesenheit des Mieters betreten. Das Zimmer darf auch in Abwesenheit des Mieters betreten werden, wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt; die Mieter sind unverzüglich hiervon nachträglich zu unterrichten (§ 6 des Mietvertrages). Anders als in den vom Gesetzgeber genannten Gemeinschaftsunterkünften wurzelt die Kontrollbefugnis zudem allein in der mietrechtlichen Verbindung. Auch die vorgesehenen „Sanktionsmöglichkeiten“ – Kündigungsrechte bei der Verletzung von Vertragspflichten, insbesondere bei der nachhaltigen Störung des Heimfriedens, sowie bei der Nichtentrichtung der Miete – gehen über die in einem Mietvertrag typischerweise vorgesehenen Reaktionsmöglichkeiten auf Vertragsverletzungen nicht hinaus.

28

2. Die Festsetzung des Rundfunkbeitrags verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Die durch den Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag neu gefassten Rechtsgrundlagen des Rundfunkbeitrags sowie das Zustimmungsgesetz der Freien und Hansestadt Hamburg zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 15. Februar 2011 (Gesetz zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, HmbGVBl. 2011, S. 63 ff.) sind mit verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Vorgaben zu vereinbaren (VG Hamburg, Urt. v. 17.7.2014, 3 K 5371/13, juris, m. w. N.).

29

Insbesondere führt die Erhebung eines Rundfunkbeitrags für ein Zimmer im Studentenwohnheim – in der vorliegenden räumlichen Ausgestaltung – nicht zu einer Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG).

30

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Bei der Anwendung des Gleichheitssatzes ist daher zunächst zu fragen, ob eine Person oder Gruppe durch die als gleichheitswidrig angegriffene Vorschrift anders (schlechter) gestellt wird als eine andere Personengruppe, die man ihr als vergleichbar gegenüberstellt. Art. 3 Abs. 1 GG schließt nicht jede Differenzierung aus und ist nur dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfG, Beschl. v. 30.11.2011, 1 BvR 3269/08 u. a., juris Rn. 14 f., m. w. N. – zur Gleichbehandlung bei der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht).

31

Soweit die Klägerin darauf verweist, dass sie so behandelt werden müsse wie Bewohner in Alterswohnheimen, liegt bereits keine Ungleichbehandlung vor: Auch bei Alterswohnheimen wird es im Einzelfall auf die genaue Ausgestaltung ankommen, ob eine Gemeinschaftsunterkunft vorliegt oder ob dies nicht der Fall ist.

32

Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist nicht dadurch verletzt, dass für die Inhaber von Zimmern in Studentenwohnheimen – jedenfalls in der vorliegenden räumlichen Ausgestaltung – ein Rundfunkbeitrag anfällt, während dies für die Inhaber einer der in § 3 Abs. 2 RBStV genannten Raumeinheiten nicht der Fall ist. Diese Ungleichbehandlung ist aufgrund der unterschiedlichen Merkmale, die diese Raumeinheiten prägen, gerechtfertigt. Die in § 3 Abs. 2 RBStV genannten Raumeinheiten sind anders als die Wohnsituation der Klägerin davon geprägt, dass diese entweder einen in der Regel kurzfristigen, nicht auf Dauer angelegten Aufenthalt (z. B. Hotel- und Gästezimmer) betreffen oder es sich um Unterbringungsformen handelt, in denen nicht das selbstbestimmte Wohnen, sondern ein weitergehendes, auch den Aufenthalt prägendes Abhängigkeits- oder Fürsorgeverhältnis und damit einhergehend ein geringer Grad an Privatsphäre im Vordergrund steht. Die gesetzgeberische Entscheidung, solche Raumeinheiten in Betriebsstätten, in denen nicht das von einem hohen Maß an Privatsphäre geprägte, auf gewisse Dauer angelegte „Wohnen“ im Vordergrund steht, als „nicht privat“ zu qualifizieren und damit aus dem Begriff der „Wohnung“ herauszunehmen, ist nicht zu beanstanden.

33

Es liegt auch nicht deshalb ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, weil bei Wohngemeinschaften ohne Rücksicht auf die Anzahl der Mitbewohner ein einheitlicher Rundfunkbeitrag anfällt, wie dies auch bei sämtlichen Zimmern in dem Wohnheim der Klägerin der Fall ist. Der Gesetzgeber durfte das Modell des wohnungsbezogenen Rundfunkbeitrags im privaten Bereich (§ 2 Abs. 1 RBStV) wählen, ohne gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zu verstoßen (VG Hamburg, Urt. v. 17.7.2014, 3 K 5371/13, juris, m. w. N.). Als Ausfluss dieses Modells ist die Gleichbehandlung von Wohngemeinschaften unabhängig von der Anzahl ihrer Mitbewohner und dem einzelnen Bewohner eines Zimmers in dem Studentenwohnheim der Klägerin als folgerichtig und damit als sachgerecht zu beurteilen. In diesem Zusammenhang bedarf es keiner Entscheidung, ob der Gesetzgeber eine Rundfunkabgabe nicht wohnungs-, sondern auch personenbezogen als „Pro-Kopf-Abgabe“ erheben könnte. Die Kammer hat ausschließlich zu beurteilen, ob das durch den Gesetzgeber gewählte Modell des wohnungsbezogenen Rundfunkbeitrags im privaten Bereich (§ 2 Abs. 1 RBStV) mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung zu vereinbaren ist. Die Recht- und Verfassungsmäßigkeit alternativer Modelle für eine Rundfunk-abgabe ist nicht zu bewerten (VG Hamburg, Urt. v. 17.7.2014, 3 K 5371/13, juris Rn. 49). Vor diesem Hintergrund ist auch nicht zu entscheiden, ob der Gesetzgeber in Studentenwohnheimen der vorliegenden räumlichen Ausgestaltung einen Rundfunkbeitrag nicht wohnungs-, d. h. zimmerbezogen, sondern auch von der „Flurgemeinschaft“ erheben könnte. Jedenfalls im Rahmen des derzeitigen Modells ist eine solche Abgabenerhebung nicht möglich, da die „Flurgemeinschaft“ wie bereits ausgeführt keine eigene Wohnung bzw. Wohngemeinschaft darstellt. Dem von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführten Einwand, dass die Bewohner in Studentenwohnheimen häufig finanziell bedürftig seien, ist der Gesetzgeber durch die in § 4 RBStV genannten Befreiungsmöglichkeiten, wonach namentlich u. a. die Empfänger von Bundesausbildungsförderung von der Beitragspflicht befreit sind (§ 4 Abs. 1 Nr. 5 RBStV), begegnet.

34

3. Der Beklagte war gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV i. V. m. § 11 Abs. 1 der Satzung des Norddeutschen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (NDR-Beitragssatzung) auch berechtigt, einen Säumniszuschlag in Höhe von 8,-- Euro festzusetzen. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV ist die zuständige Landesrundfunkanstalt ermächtigt, die Erhebung von Zinsen, Kosten und Säumniszuschlägen durch Satzung zu regeln. Nach § 11 Abs. 1 NDR-Beitragssatzung wird ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,-- Euro fällig und zusammen mit dem Beitragsbescheid festgesetzt, wenn geschuldete Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden. Die Klägerin hat vorliegend die nach § 7 Abs. 3 RBStV fälligen Rundfunkbeiträge innerhalb der Frist von vier Wochen nicht entrichtet. Der danach gemäß § 11 Abs. 1 NDR-Beitragssatzung festgesetzte Mindestbeitrag in Höhe von 8,-- Euro ist nach Ansicht der Kammer mit Blick auf die Funktion des Säumniszuschlags noch als verhältnismäßig zu erachten (VG Hamburg, Urt. v. 17.7.2014, 3 K 5371/13, juris, Rn. 68 f.).

II.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

36

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.

III.

37

Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.

(1a) Zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit kann der Bund ein Sondervermögen für die Bundeswehr mit eigener Kreditermächtigung in Höhe von einmalig bis zu 100 Milliarden Euro errichten. Auf die Kreditermächtigung sind Artikel 109 Absatz 3 und Artikel 115 Absatz 2 nicht anzuwenden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.

(3) Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle die Befugnis, zivile Objekte zu schützen und Aufgaben der Verkehrsregelung wahrzunehmen, soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist. Außerdem kann den Streitkräften im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle der Schutz ziviler Objekte auch zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen übertragen werden; die Streitkräfte wirken dabei mit den zuständigen Behörden zusammen.

(4) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung, wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. Der Einsatz von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen.

Der Soldat ist auf dienstliche Anordnung verpflichtet, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen und an einer Gemeinschaftsverpflegung teilzunehmen. Die zur Durchführung erforderlichen Verwaltungsvorschriften erlässt das Bundesministerium der Verteidigung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

(1) Wenn dienstliche Gründe es erfordern, können Beamtinnen und Beamte für Zwecke der Verteidigung verpflichtet werden, vorübergehend in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen und an einer Gemeinschaftsverpflegung teilzunehmen.

(2) Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, für Zwecke der Verteidigung über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus ohne besondere Vergütung Dienst zu tun. Für die Mehrbeanspruchung wird ein Freizeitausgleich nur gewährt, soweit es die dienstlichen Erfordernisse gestatten.

(1) Ausländer, die einen Asylantrag gestellt haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, sollen in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden. Hierbei sind sowohl das öffentliche Interesse als auch Belange des Ausländers zu berücksichtigen.

(2) Eine Verpflichtung, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen, endet, wenn das Bundesamt einen Ausländer als Asylberechtigten anerkannt oder ein Gericht das Bundesamt zur Anerkennung verpflichtet hat, auch wenn ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, sofern durch den Ausländer eine anderweitige Unterkunft nachgewiesen wird und der öffentlichen Hand dadurch Mehrkosten nicht entstehen. Das Gleiche gilt, wenn das Bundesamt oder ein Gericht einem Ausländer internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt hat. In den Fällen der Sätze 1 und 2 endet die Verpflichtung auch für die Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 des Ausländers.

(3) § 44 Absatz 2a und 3 gilt entsprechend.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Rundfunkbeiträgen für ihr Zimmer im Studentenwohnheim.

2

Die Klägerin ist seit Dezember 2006 als Rundfunkteilnehmerin (jetzt: Beitragsschuldnerin) gemeldet (Teilnehmernummer: ...). Bis zum 31. Dezember 2012 war sie mit einem Radio gemeldet. Von Januar 2007 bis einschließlich September 2011 war sie von der Rundfunkgebührenpflicht befreit. Das Gebühren- bzw. Beitragskonto ist bis 31. Dezember 2012 ausgeglichen.

3

Die Klägerin bewohnt seit dem ... unter der Anschrift ... ein Zimmer in einem Studentenwohnheim des ... In dem Mietvertrag heißt es u.a.: „§ 1 (1) [Die Klägerin] mietet vom... an zum vorübergehenden Gebrauch und zu dem besonderen Zweck des Studiums an einer Hochschule in Hamburg im ... das Einzelzimmer Nr. …. Das Zimmer ist möbliert. (2) Der Mieter ist berechtigt, die Gemeinschaftsräume und die Gemeinschaftseinrichtung zu benutzen. (3) Je ein Zimmer-, Postkasten-, Haustür- und Küchenschrankschlüssel werden gegen Hinterlegung eines Schlüsselpfandes (€ 60,00) ausgegeben. § 2 (1) Das Mietverhältnis wird für die Dauer eines Semesters abgeschlossen. Es beginnt mit dem in § 1 bezeichneten Tag und endet jeweils am nachfolgenden 31. März oder Sept. (Semesterschluss). (2) Das Mietverhältnis wird in der Regel, ohne dass hierzu eine Rechtspflicht des Vermieters besteht, stillschweigend siebenmal um je ein Semester verlängert. (3) Legt der Mieter/die Mieterin auf eine Verlängerung des Mietverhältnisses gemäß § 2 (2) keinen Wert, so ist er/sie verpflichtet, sechs Wochen vor Semesterschluss schriftlich zu kündigen. (…) § 6 Vertreter oder Beauftragte des Vermieters dürfen das Zimmer zu angemessener Tageszeit und nach vorheriger Unterrichtung bei Anwesenheit des Mieters/der Mieterin betreten. Vertreter oder Beauftragte des Vermieters dürfen das Zimmer auch in Abwesenheit des Mieters/der Mieterin betreten, wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt. Die Mieter sind unverzüglich hiervon nachträglich zu unterrichten. Die vom Vermieter eingebauten Schlösser dürfen nicht durch andere ersetzt werden.“ Ausweislich der gleichlautenden Schreiben des ... vom 19. und vom 25. November 2013 stellt sich die Wohnsituation wie folgt dar: „In unseren Wohnheimen haben die Studierenden ein Zimmer auf einem Flur, auf dem zwischen 8 und 14 Personen je ein Zimmer bewohnen. Die Flurbewohner teilen sich eine Gemeinschaftsküche sowie gemeinsame Sanitäreinrichtungen (1 – 3 Duschen sowie 2 – 4 Toiletten pro Flur). Die Sanitäranlagen befinden sich in einem Raum (Duschen und WCs zusammen) oder zwei Räumen (Duschen und WCs getrennt). Eine Geschlechtertrennung innerhalb der Waschräume findet nicht statt. Kochgelegenheiten in den Zimmern sind nicht vorhanden und aus Brandschutzgründen auch nicht erlaubt. Jeder Bewohner hat zwar einen eigenen Schlüssel für das Zimmer, die Heimleitung und der Hausmeister verfügen aber über einen Generalschlüssel. Es werden regelmäßig Kontrollen auf Einhaltung der bei Einzug unterschriebenen Hausordnung durchgeführt. Bei Zuwiderhandlungen erfolgen Abmahnungen und ggf. sogar Kündigungen. Auch fristlose Kündigungen sind bei schweren Verstößen bereits erfolgt.“

4

Mit Schreiben vom 5. April 2013 forderte der Beklagte die Klägerin zur Zahlung der Rundfunkbeiträge für das erste Quartal 2013 auf.

5

Mit Beitragsbescheid vom 1. Juni 2013 setzte der Beklagte Rundfunkbeiträge für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. März 2013 in Höhe von 53,94 Euro sowie einen Säumniszuschlag in Höhe von 8,-- Euro, insgesamt 61,94 Euro fest.

6

Mit Schreiben vom 15. Juni 2013 bat die Klägerin unter Hinweis darauf, dass sie in einem Wohnheim lebe und es Gespräche zwischen dem Beklagten und dem Studentenwerk bzw. der Wohnheimleitung zur Klärung etwaiger „Zahlungsmodalitäten“ gebe, um einen rechtsmittelfähigen Bescheid.

7

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2013 teilte der Beklagte mit, dass er das Schreiben als Widerspruch gegen den Beitragsbescheid vom 1. Juni 2013 werte. Im privaten Bereich sei für jede Wohnung von deren Inhaber ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Eine Wohnung sei eine ortsfeste, baulich abgeschlossene Einheit, die zum Wohnen oder Schlafen geeignet sei oder genutzt werde, einen eigenen Eingang habe und nicht ausschließlich über eine andere Wohnung betreten werden könne. Zimmer in Studentenwohnheimen würden als Wohnung gelten. Demnach sei für jedes Wohnheimzimmer der volle Rundfunkbeitrag zu zahlen. Diese Regelung gelte dann, wenn die Zimmer von einem allgemein zugänglichen Flur abgingen – unabhängig davon, ob sie über ein eigenes Bad oder eine Küche verfügten. Seien die Räumlichkeiten eines Studentenwohnheims so gestaltet, dass sie denen einer privaten Wohnung bzw. Wohngemeinschaft ähnelten, sei jeweils nur ein Beitrag pro Wohnung zu zahlen. Dies gelte dann, wenn die Zimmer durch eine eigene Wohnungstür von einem allgemein zugänglichen Flur oder Treppenhaus abgetrennt seien, zu der nur die Bewohner der WG einen Schlüssel hätten. Zur weiteren Prüfung des Widerspruchs bat der Beklagte um Erläuterung, um welche Wohnform es sich im Falle der Klägerin handele, und für den Fall, dass sie nicht über eine beitragspflichtige Wohnung verfüge, um eine entsprechende Bestätigung der Wohnheimleitung.

8

In einem auf den 19. bzw. 25. November 2013 datierten, gleichlautenden Schreiben an den Beklagten erläuterte der ... die Wohnverhältnisse in den Wohnheimen des Trägers und wies darauf hin, dass aus seiner Sicht ein „Mangel an Privatsphäre“ in den Räumlichkeiten gegeben sei wie er für Gemeinschaftsanlagen und Kasernen aus Sicht des Beklagten im Kontext anderer rundfunkbeitragsrechtlicher Vorgänge als typisch angesehen werde. Der Befreiungstatbestand, den der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag für Gemeinschaftsunterkünfte in § 3 Abs. 2 vorsehe, sei daher erfüllt. Auch unabhängig hiervon könne ein einzelnes Zimmer in einem Wohnheim nicht als Wohnung angesehen werden. Für den Wohnungsbegriff sei nach der Begründung des Staatsvertrags auf „vorhandene Rechtsinstitute des Melde- und Mietrechts“ zurückzugreifen. Mit Blick auf das Mietrecht gelte insoweit, dass eine Wohnung sowohl eine Kochgelegenheit als auch eine Toilette haben müsse. Dass jedes einzelne Zimmer in den Studentenwohnheimen des ... eine Wohnung darstelle, sei daher nicht nachvollziehbar.

9

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 2 Abs. 1 RBStV sei im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Inhaber einer Wohnung sei jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohne. Bei dem Zimmer der Klägerin im Wohnheim handele es sich um eine beitragspflichtige Wohnung. Gemeinschaftsunterkünften i.S.d. § 3 Abs. 2 RBStV und Unterkünften in Wohnheimen sei gemeinsam, dass sie in der Regel einen einfachen Standard hätten und durch die gemeinschaftliche Nutzung von sanitären Anlagen und Kochgelegenheiten gekennzeichnet seien. Eine Gemeinschaftsunterkunft i.S.d. § 3 Abs. 2 RBStV sei darüber hinaus durch einen besonderen Mangel an Privatsphäre charakterisiert. Es bestehe eine besonders enge Beziehung zwischen der untergebrachten Person und dem Träger der jeweiligen Einrichtung. Dem Träger stünden weitreichende Kontrollbefugnisse und die Möglichkeit von Sanktionen bei Verstößen gegen Anordnungen und Auflagen zu. Bewohner von Raumeinheiten in Wohnheimen unterlägen derartigen Betretungsrechten und Kontrollen nicht. Sie nutzten zwar Kochmöglichkeiten und ggf. sanitäre Einrichtungen gemeinsam, eine Einschränkung ihrer Privatsphäre erfolge jedoch nicht. Diese Raumeinheiten seien grundsätzlich auf selbstbestimmtes Wohnen ausgerichtet.

10

Am 16. Januar 2014 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie wiederholt das Vorbringen des ... im Schreiben vom 19. bzw. 25. November 2013 und führt ergänzend aus, dass sie so behandelt werden müsse wie Bewohner anderer Gemeinschaftsanlagen wie etwa Alterswohnheime. Zumindest müsse sie so behandelt werden wie die Mitglieder privater Wohngemeinschaften, die lediglich einen Beitrag zu zahlen hätten ohne Rücksicht auf die Anzahl der Bewohner.

11

Die Klägerin beantragt,

12

den Beitragsbescheid vom 1. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Dezember 2013 aufzuheben.

13

Der Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Der Beklagte verweist zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass eine Raumeinheit in einer Gemeinschaftsunterkunft nur dann nicht als Wohnung zu qualifizieren sei, wenn kumulativ folgende Voraussetzungen vorlägen: Eine besonders enge Beziehung zwischen den untergebrachten Personen und dem Träger der Einrichtung (1), eine Beaufsichtigung der untergebrachten Personen durch die Einrichtung (2), ein besonders niedriger Grad an Privatsphäre durch weitreichende Kontrollbefugnisse und Betretungsrechte (3), eine gemeinschaftliche Nutzung z. B. von Küchen und sanitären Einrichtungen (4), die Zuweisung der Zimmer durch die jeweilige Einrichtung und die jederzeitige Verlegung der untergebrachten Personen in andere Raumeinheiten (5) und die Sanktionierung von Verstößen gegen Anordnungen und Auflagen durch den Einrichtungsträger (6). Diese Voraussetzungen seien im Falle des Zimmers der Klägerin nicht erfüllt. Bewohner von Unterkünften in Wohnheimen wiesen weder eine besonders enge Beziehung zu dem Träger der jeweiligen Einrichtung auf, noch erfolge eine Einschränkung ihrer Privatsphäre durch den Einrichtungsträger. Die von der Klägerin geschilderten Überprüfungen im Rahmen der Einhaltung der Hausordnung seien keine mit den Betretungsrechten und Kontrollen der Träger von Gemeinschaftseinrichtungen nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV vergleichbaren Einschränkungen.

16

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Rechtsstandes wird auf die Gerichtsakte sowie Sachakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

I.

17

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

18

Der Beitragsbescheid vom 1. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Dezember 2013 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte hat die Rundfunkbeiträge für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. März 2013 einschließlich eines Säumniszuschlags in Höhe von insgesamt 61,94 Euro zu Recht erhoben.

19

1. Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrags in Höhe von monatlich 17,98 Euro sind die Regelungen in §§ 2 Abs. 1, 7 Abs. 1, 10 Abs. 5 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) i. V. m. § 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV).

20

Nach § 2 Abs. 1 RBStV ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV ist der Beklagte als Anstalt öffentlichen Rechts berechtigt, die rückständigen Rundfunkbeiträge durch Bescheid festzusetzen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor: Die Rundfunkbeiträge für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. März 2013 waren bei Erlass des Beitragsbescheids trotz Fälligkeit gemäß § 7 Abs. 3 RBStV noch nicht gezahlt worden und damit rückständig. Die Klägerin ist auch Inhaberin einer Wohnung i. S. v. §§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 1 RBStV. Das Zimmer der Klägerin im Studentenwohnheim erfüllt die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 RBStV (hierzu unter a.). Der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV, wonach Raumeinheiten in Gemeinschaftsunterkünften nicht als Wohnung gelten, ist nicht einschlägig (hierzu unter b.).

21

a. Das Zimmer der Klägerin ist eine Wohnung i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 RBStV. Wohnung ist danach unabhängig von der Zahl der darin enthaltenen Räume jede ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit, die 1. zum Wohnen und Schlafen geeignet ist oder genutzt wird und 2. durch einen eigenen Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen, nicht ausschließlich über eine andere Wohnung, betreten werden kann. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt: Das von der Klägerin bewohnte Zimmer ist ein in sich abgeschlossener Raum, der zum Wohnen und Schlafen geeignet und hierfür genutzt wird. Es kann über eine verschließbare Tür, d. h. einen eigenen Eingang von einem Vorraum betreten werden. Der Zutritt erfolgt dabei zwar über einen gemeinschaftlichen Flur, nicht jedoch über eine andere Wohnung. Eine solche andere Wohnung ist insbesondere nicht das Wohnheim bzw. der Gemeinschaftsflur mit den gemeinsamen Küchen und sanitären Einrichtungen sowie der Wohnheimzimmer. Die Zimmer stellen in sich abgeschlossene und abschließbare Wohneinheiten dar, die bei einer wertenden Betrachtung nicht Teil einer gemeinsamen Wohnung bzw. Wohngemeinschaft sind. Anders als in Wohngemeinschaften, in denen ein gemeinsamer Mietvertrag mit dem Vermieter geschlossen wird und der einzelne Bewohner nicht ohne Zustimmung der anderen Bewohner einziehen darf, schließt im vorliegenden Fall jeder Wohnheimzimmerbewohner unabhängig von allen anderen Wohnheimzimmerbewohnern einen eigenen Mietvertrag mit dem Träger der Einrichtung. Der Wohnheimflur stellt auch keine eigene in sich abgeschlossene und abschließbare Wohneinheit dar und verfügt – anders als üblicherweise eine Wohngemeinschaft – weder über einen gemeinsamen Briefkasten noch über eine gemeinsame Türklingel.

22

Für die Frage der Rundfunkbeitragspflicht ist – anders als von der Klägerin angenommen – auch nicht ein mietrechtlicher Begriff der Wohnung zugrunde zu legen, wonach eine Wohnung erst dann vorliegt, wenn eine eigene Kochstelle und eigene sanitäre Einrichtungen vorhanden sind. Ausweislich der Gesetzesbegründung handelt es sich bei dem Begriff der Wohnung um eine eigenständige Definition für den Bereich des Rundfunkbeitragsrechts, die an den Abgrenzungserfordernissen des Beitragsrechts ausgerichtet und im Lichte des Beitragsmodells auszulegen ist (s. Gesetzesbegründung des bayerischen Landesgesetzgebers zu der entsprechenden Vorschrift, BayLT-Drs. 16/7001, S. 14). Nichts anderes folgt aus § 2 Abs. 2 Satz 2 RBStV, wonach als Inhaber [einer Wohnung] jede Person vermutet wird, die 1. dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder 2. im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist. § 2 Abs. 2 Satz 2 RBStV zielt ersichtlich auf die Frage der Inhaberschaft und stellt diesbezüglich eine gesetzliche Vermutung auf, die der Beweiserleichterung gilt (Göhmann/Schneider/Siekmann, in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, Kommentar, 3. Aufl. 2012, § 2 RBStV Rn. 15). § 2 Abs. 2 Satz 2 RBStV ist jedoch nicht dahingehend zu verstehen, dass der Begriff der Wohnung im Sinne des Melde- und Mietrechts auszulegen ist. Auch der in der Gesetzesbegründung zu § 3 RBStV zu findende Verweis auf die vorhandenen Rechtsinstitute des Melde- und Mietrechts, auf den die Klägerin Bezug nimmt, betrifft lediglich die Inhaberschaft einer Wohnung: Danach „[kann] auch das Innehaben einer Wohnung (…) – anders als die Mitgliedschaft in einem Haushalt – anhand objektiver Kriterien abgegrenzt werden, indem mit Hilfe der in § 2 Abs. 2 Satz 2 formulierten Vermutungen auf vorhandene Rechtsinstitute des Melde- und des Mietrechts zurückgegriffen wird“ (Gesetzesbegründung des bayerischen Landesgesetzgebers, BayLT-Drs. 16/7001, S. 14). Eine Auslegung des Wohnungsbegriffes anhand des Miet- und Melderechts würde im Übrigen auch der Intention des Gesetzgebers, mit der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 Satz 1 RBStV ein klares Begriffsverständnis zu schaffen, zuwiderlaufen.

23

b. Der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV ist nicht einschlägig. Nach § 3 Abs. 2 RBStV gelten im Einzelnen benannte Raumeinheiten in Betriebsstätten nicht als Wohnung. Dazu zählen u. a. nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV Raumeinheiten in Gemeinschaftsunterkünften, insbesondere Kasernen, Unterkünfte für Asylbewerber, Internate. Das Studentenwohnheim, in dem die Klägerin wohnt, ist nicht als Gemeinschaftsunterkunft i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV zu qualifizieren.

24

aa. Der Begriff der „Gemeinschaftsunterkunft“ i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV ist im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag nicht legal definiert. Es werden lediglich beispielhaft Kasernen, Unterkünfte für Asylbewerber und Internate aufgezählt. Studentenwohnheime werden indes nicht genannt. Im Gegenteil heißt es in der Gesetzesbegründung: „Studenten- und Schwesternwohnheime sind demgegenüber keine Gemeinschaftsunterkünfte im Sinne der Ausnahme nach Nummer 1“ (Gesetzesbegründung des bayerischen Landesgesetzgebers, BayLT-Drs. 16/7001, S. 15).

25

Gleichwohl handelt es sich bei den genannten Raumeinheiten – Kasernen, Unterkünfte für Asylbewerber und Internate – lediglich um eine beispielhafte Aufzählung, die nicht abschließend ist. Auch im Hinblick auf die negativ genannten Studenten- und Schwesternwohnheime wird angesichts der unterschiedlichen Wohnformen in der Gesetzesbegründung klargestellt, dass es „zur individuellen Abgrenzung auf die räumliche Gestaltung ankommt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, s.o.)“ (Gesetzesbegründung des bayerischen Landesgesetzgebers, BayLT-Drs. 16/7001, S. 15), wobei über den Verweis auf § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RBStV hinaus keinerlei Abgrenzungskriterien genannt werden.

26

Aus den ausdrücklich aufgezählten Beispielen kann jedoch auf Merkmale geschlossen werden, die die genannten Raumeinheiten prägen und anhand deren der Begriff der „Gemeinschaftsunterkunft“ i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV näher akzentuiert werden kann. Bei den beispielhaft aufgezählten Raumeinheiten handelt es sich nämlich um Unterbringungsformen, in denen nicht als Hauptzweck das selbstbestimmte Wohnen, sondern ein weitergehendes, auch den Aufenthalt prägendes Abhängigkeits- oder Fürsorgeverhältnis und damit einhergehend ein geringer Grad an Privatsphäre im Vordergrund steht. Dementsprechend weisen „Gemeinschaftsunterkünfte“ folgende – auch vom Beklagten genannte – Merkmale auf: Eine über das Mietverhältnis hinausgehende besonders enge Beziehung zwischen den untergebrachten Personen und dem Träger der Einrichtung, die Zuordnung der Zimmer durch die Einrichtung verbunden mit der Möglichkeit einer jederzeitigen Verlegung, die gemeinschaftliche Nutzung von Küchen und sanitären Einrichtungen, ein besonders niedriger Grad an Privatsphäre durch weitreichende Kontrollbefugnisse und Betretungsrechte sowie die Möglichkeit der Sanktionierung von Verstößen gegen Anordnungen und Auflagen durch den Einrichtungsträger. Dass für die Auslegung des Begriffs „Gemeinschaftsunterkunft“ die Unterscheidung zwischen „privaten“ und „nicht privaten“ Raumeinheiten und damit Merkmale wie das Ausmaß und die Form der Bindung zwischen Bewohnern und Träger der Einrichtung sowie die Ausprägung der Privatsphäre entscheidend sind, folgt auch aus dem Zweck des Ausnahmetatbestandes. Denn die Ausnahme dient der Vermeidung von tatbestandlichen Überschneidungen mit dem nicht privaten Bereich und damit der Abgrenzung von der Rundfunkbeitragspflicht im nicht privaten Bereich. Aus diesem Grund sind lediglich Raumeinheiten aus dem Wohnungsbegriff ausgenommen, die entsprechenden Betriebsstätten zuzuordnen, insbesondere in diesen Betriebsstätten gelegen oder selbst als Betriebsstätte zu qualifizieren sind (Gesetzesbegründung des bayerischen Landesgesetzgebers, BayLT-Drs. 16/7001, S. 15).

27

bb. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs handelt es sich bei dem Studentenwohnheim, in dem die Klägerin wohnhaft ist, nicht um eine „Gemeinschaftsunterkunft“ i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV. Zwar weist das Studentenwohnheim namentlich mit der gemeinschaftlichen Nutzung von Küche und sanitären Einrichtungen auch Merkmale auf, die die in § 3 Abs. 2 Nr. 1 RBStV genannten Beispielsfälle einer „Gemeinschaftsunterkunft“ prägen. Gleichwohl wird das Wohnverhältnis in der ganz überwiegenden Anzahl nicht von den oben genannten Merkmalen geprägt: Die Beziehung zwischen dem Träger der Einrichtung sowie den Studierenden geht nicht über ein mietrechtliches Verhältnis hinaus. Ein weitergehendes, auch den Aufenthalt prägendes Abhängigkeits- bzw. Fürsorgeverhältnis, wie es zwischen Soldaten und ihrem Dienstherrn, zwischen Schülerinnen und Schülern und dem Schulträger sowie Asylbewerbern und den Trägern der Unterkünfte gibt, liegt nicht vor. Weitergehende Verpflichtungen, die über die sich aus dem Mietvertrag ergebenden Pflichten hinausgehen, bestehen sowohl für die Studierenden als auch für den Träger des Wohnheims nicht. Die Zuordnung der Zimmer erfolgt nicht durch einseitige Weisung, sondern ergibt sich – wie auf dem normalen Mietmarkt – aufgrund von Angebot und Nachfrage. Hat der Studierende über ein Zimmer einen Mietvertrag abgeschlossen, ist es dem Träger verwehrt, den Bewohnern ein anderes Zimmer zuzuweisen. Ein besonders niedriger Grad an Privatsphäre ist ebenfalls nicht gegeben. Sicherlich führt die gemeinschaftliche Nutzung von Küche und sanitären Einrichtungen zu einer gewissen Einschränkung der Privatsphäre. Gleichwohl wird die Privatsphäre in der hier maßgeblichen Raumeinheit Zimmer nicht stärker eingeschränkt als dies auch bei anderen Mietverhältnissen der Fall sein kann. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführten Kontrollen durch die Heimleitung zur Sicherstellung der Hausordnung mögen zwar im Einzelfall als eine Störung der Privatsphäre wahrgenommen werden. Diese Kontrollen gehen jedoch in der zugelassenen Art und Weise nicht über das hinaus, was auch einem Vermieter einer Wohnung außerhalb eines Studentenwohnheims gestattet wäre. Vertreter oder Beauftragte des Vermieters dürfen das Zimmer zu angemessener Tageszeit und nach vorheriger Unterrichtung bei Anwesenheit des Mieters betreten. Das Zimmer darf auch in Abwesenheit des Mieters betreten werden, wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt; die Mieter sind unverzüglich hiervon nachträglich zu unterrichten (§ 6 des Mietvertrages). Anders als in den vom Gesetzgeber genannten Gemeinschaftsunterkünften wurzelt die Kontrollbefugnis zudem allein in der mietrechtlichen Verbindung. Auch die vorgesehenen „Sanktionsmöglichkeiten“ – Kündigungsrechte bei der Verletzung von Vertragspflichten, insbesondere bei der nachhaltigen Störung des Heimfriedens, sowie bei der Nichtentrichtung der Miete – gehen über die in einem Mietvertrag typischerweise vorgesehenen Reaktionsmöglichkeiten auf Vertragsverletzungen nicht hinaus.

28

2. Die Festsetzung des Rundfunkbeitrags verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Die durch den Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag neu gefassten Rechtsgrundlagen des Rundfunkbeitrags sowie das Zustimmungsgesetz der Freien und Hansestadt Hamburg zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 15. Februar 2011 (Gesetz zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, HmbGVBl. 2011, S. 63 ff.) sind mit verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Vorgaben zu vereinbaren (VG Hamburg, Urt. v. 17.7.2014, 3 K 5371/13, juris, m. w. N.).

29

Insbesondere führt die Erhebung eines Rundfunkbeitrags für ein Zimmer im Studentenwohnheim – in der vorliegenden räumlichen Ausgestaltung – nicht zu einer Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG).

30

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Bei der Anwendung des Gleichheitssatzes ist daher zunächst zu fragen, ob eine Person oder Gruppe durch die als gleichheitswidrig angegriffene Vorschrift anders (schlechter) gestellt wird als eine andere Personengruppe, die man ihr als vergleichbar gegenüberstellt. Art. 3 Abs. 1 GG schließt nicht jede Differenzierung aus und ist nur dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfG, Beschl. v. 30.11.2011, 1 BvR 3269/08 u. a., juris Rn. 14 f., m. w. N. – zur Gleichbehandlung bei der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht).

31

Soweit die Klägerin darauf verweist, dass sie so behandelt werden müsse wie Bewohner in Alterswohnheimen, liegt bereits keine Ungleichbehandlung vor: Auch bei Alterswohnheimen wird es im Einzelfall auf die genaue Ausgestaltung ankommen, ob eine Gemeinschaftsunterkunft vorliegt oder ob dies nicht der Fall ist.

32

Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist nicht dadurch verletzt, dass für die Inhaber von Zimmern in Studentenwohnheimen – jedenfalls in der vorliegenden räumlichen Ausgestaltung – ein Rundfunkbeitrag anfällt, während dies für die Inhaber einer der in § 3 Abs. 2 RBStV genannten Raumeinheiten nicht der Fall ist. Diese Ungleichbehandlung ist aufgrund der unterschiedlichen Merkmale, die diese Raumeinheiten prägen, gerechtfertigt. Die in § 3 Abs. 2 RBStV genannten Raumeinheiten sind anders als die Wohnsituation der Klägerin davon geprägt, dass diese entweder einen in der Regel kurzfristigen, nicht auf Dauer angelegten Aufenthalt (z. B. Hotel- und Gästezimmer) betreffen oder es sich um Unterbringungsformen handelt, in denen nicht das selbstbestimmte Wohnen, sondern ein weitergehendes, auch den Aufenthalt prägendes Abhängigkeits- oder Fürsorgeverhältnis und damit einhergehend ein geringer Grad an Privatsphäre im Vordergrund steht. Die gesetzgeberische Entscheidung, solche Raumeinheiten in Betriebsstätten, in denen nicht das von einem hohen Maß an Privatsphäre geprägte, auf gewisse Dauer angelegte „Wohnen“ im Vordergrund steht, als „nicht privat“ zu qualifizieren und damit aus dem Begriff der „Wohnung“ herauszunehmen, ist nicht zu beanstanden.

33

Es liegt auch nicht deshalb ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, weil bei Wohngemeinschaften ohne Rücksicht auf die Anzahl der Mitbewohner ein einheitlicher Rundfunkbeitrag anfällt, wie dies auch bei sämtlichen Zimmern in dem Wohnheim der Klägerin der Fall ist. Der Gesetzgeber durfte das Modell des wohnungsbezogenen Rundfunkbeitrags im privaten Bereich (§ 2 Abs. 1 RBStV) wählen, ohne gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zu verstoßen (VG Hamburg, Urt. v. 17.7.2014, 3 K 5371/13, juris, m. w. N.). Als Ausfluss dieses Modells ist die Gleichbehandlung von Wohngemeinschaften unabhängig von der Anzahl ihrer Mitbewohner und dem einzelnen Bewohner eines Zimmers in dem Studentenwohnheim der Klägerin als folgerichtig und damit als sachgerecht zu beurteilen. In diesem Zusammenhang bedarf es keiner Entscheidung, ob der Gesetzgeber eine Rundfunkabgabe nicht wohnungs-, sondern auch personenbezogen als „Pro-Kopf-Abgabe“ erheben könnte. Die Kammer hat ausschließlich zu beurteilen, ob das durch den Gesetzgeber gewählte Modell des wohnungsbezogenen Rundfunkbeitrags im privaten Bereich (§ 2 Abs. 1 RBStV) mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung zu vereinbaren ist. Die Recht- und Verfassungsmäßigkeit alternativer Modelle für eine Rundfunk-abgabe ist nicht zu bewerten (VG Hamburg, Urt. v. 17.7.2014, 3 K 5371/13, juris Rn. 49). Vor diesem Hintergrund ist auch nicht zu entscheiden, ob der Gesetzgeber in Studentenwohnheimen der vorliegenden räumlichen Ausgestaltung einen Rundfunkbeitrag nicht wohnungs-, d. h. zimmerbezogen, sondern auch von der „Flurgemeinschaft“ erheben könnte. Jedenfalls im Rahmen des derzeitigen Modells ist eine solche Abgabenerhebung nicht möglich, da die „Flurgemeinschaft“ wie bereits ausgeführt keine eigene Wohnung bzw. Wohngemeinschaft darstellt. Dem von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführten Einwand, dass die Bewohner in Studentenwohnheimen häufig finanziell bedürftig seien, ist der Gesetzgeber durch die in § 4 RBStV genannten Befreiungsmöglichkeiten, wonach namentlich u. a. die Empfänger von Bundesausbildungsförderung von der Beitragspflicht befreit sind (§ 4 Abs. 1 Nr. 5 RBStV), begegnet.

34

3. Der Beklagte war gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV i. V. m. § 11 Abs. 1 der Satzung des Norddeutschen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (NDR-Beitragssatzung) auch berechtigt, einen Säumniszuschlag in Höhe von 8,-- Euro festzusetzen. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV ist die zuständige Landesrundfunkanstalt ermächtigt, die Erhebung von Zinsen, Kosten und Säumniszuschlägen durch Satzung zu regeln. Nach § 11 Abs. 1 NDR-Beitragssatzung wird ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,-- Euro fällig und zusammen mit dem Beitragsbescheid festgesetzt, wenn geschuldete Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden. Die Klägerin hat vorliegend die nach § 7 Abs. 3 RBStV fälligen Rundfunkbeiträge innerhalb der Frist von vier Wochen nicht entrichtet. Der danach gemäß § 11 Abs. 1 NDR-Beitragssatzung festgesetzte Mindestbeitrag in Höhe von 8,-- Euro ist nach Ansicht der Kammer mit Blick auf die Funktion des Säumniszuschlags noch als verhältnismäßig zu erachten (VG Hamburg, Urt. v. 17.7.2014, 3 K 5371/13, juris, Rn. 68 f.).

II.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

36

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.

III.

37

Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

Tenor

Die Satzung über die Erhebung der Vergnügungssteuer auf das Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Wettbüros in Mannheim vom 03.06.2014 mit Ausnahme von § 9 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin ist Betreiberin eines Wettbüros im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Sie wendet sich im Rahmen eines am 18.05.2015 eingeleiteten Normenkontrollverfahrens gegen die Gültigkeit der Satzung über die Erhebung der Vergnügungssteuer auf das Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Wettbüros in Mannheim.
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat die Satzung in seiner Sitzung vom 03.06.2014 beschlossen; sie wurde am selben Tag vom Oberbürgermeister ausgefertigt und am 19.06.2014 im Amtsblatt amtlich bekannt gemacht. Der Satzungstext lautet wie folgt:
„§1 Steuergegenstand
Das Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Wettbüros, die neben der Annahme von Wettscheinen auch das Mitverfolgen der Wettereignisse ermöglichen, unterliegt der Vergnügungssteuer nach den Vorschriften dieser Satzung.
§2 Steuerschuldner und Haftung
Steuerschuldner ist der Betreiber des Wettbüros. Soweit eine Heranziehung des Steuerschuldners zur Zahlung der Steuerschuld nicht möglich ist, kann der Konzessionsnehmer im Sinne von Artikel 1 § 4a Abs. 4 Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in Haftung genommen werden.
§3 Bemessungsgrundlage
Für das Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Wettbüros wird die Vergnügungssteuer nach der Fläche (qm) des benutzten Raumes erhoben. Als Fläche des benutzten Raumes gilt die Fläche der für die Besucher bestimmten Räume ausschließlich Theken, Toiletten und ähnlicher Nebenräume.
§4 Steuersatz
10 
Die Steuer beträgt je angefangenem qm nach § 3 11,50 EUR je angefangenem Monat.
11 
§5 Beginn und Ende der Steuerpflicht
12 
Die Steuerpflicht beginnt am Ersten des Kalendermonats, in dem die Tätigkeit des Vermittelns oder Veranstaltens von Pferde- und Sportwetten aufgenommen wird. Sie endet mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Tätigkeit des Vermittelns oder Veranstaltens von Pferde- und Sportwetten eingestellt wird.
13 
§6 Erhebungszeitraum, Entstehung der Steuerschuld
14 
(1) Erhebungszeitraum ist das Kalenderjahr.
15 
(2) Die Steuerschuld für ein Kalenderjahr entsteht mit Beginn des Kalenderjahres. Beginnt die Steuerpflicht im Laufe eines Kalenderjahres, so entsteht die Steuerschuld mit dem Beginn der Steuerpflicht.
16 
§7 Festsetzung und Fälligkeit
17 
Die Steuer wird monatlich durch Steuerbescheid festgesetzt und ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten.
18 
§8 Anzeigepflichten
19 
(1) Alle am 1. Januar eines Jahres bestehenden Wettbüros im Sinne von § 1 sind der Stadt Mannheim -Steueramt- bis 15. Januar dieses Jahres anzuzeigen.
20 
(2) Wird ein Wettbüro im Sinne von § 1 während des Kalenderjahres eröffnet, ist dies der Stadt Mannheim -Steueramt- bis zum 15. des auf den Monat der Eröffnung folgenden Monats anzuzeigen.
21 
(3) Stellt ein Wettbüro im Sinne von § 1 während des Kalenderjahres die Tätigkeit des Vermittels oder Veranstaltens von Pferde- und Sportwetten ein, ist dies der Stadt Mannheim - Steueramt- bis zum 15. des auf den Monat der Einstellung folgenden Monats anzuzeigen.
22 
(4) Die Anzeige nach Absatz 2 muss folgende Angaben enthalten:
23 
Anschrift des Wettbüros
Zeitpunkt der Eröffnung des Wettbüros
Anschrift des Betreibers des Wettbüros
Konzessionsnehmer im Sinne von § 2 Satz 2
24 
Fläche des benutzten Raums; die Fläche ist durch die Vorlage eines Mietvertrags oder eines maßstabsgerechten Grundrissplans zu belegen.
25 
(5) Die Anzeige nach Absatz 3 muss folgende Angaben enthalten:
26 
Anschrift des Wettbüros
Anschrift des Betreibers des Wettbüros
27 
Zeitpunkt der Einstellung des Vermittels oder Veranstaltens von Pferde- und Sportwetten
28 
§9 Ordnungswidrigkeiten
29 
[…]
30 
§10 Inkrafttreten
31 
Diese Satzung tritt am Tag nach Bekanntgabe in Kraft.
32 
Vergnügungssteuer nach dieser Satzung wird ab dem Kalenderjahr 2015 erhoben.“
33 
Zur Begründung ihres Normenkontrollantrags führt die Antragstellerin im Wesentlichen aus: Die streitgegenständliche Satzung sei nicht mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere verstoße sie gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Die angefochtene Besteuerung von Wettbüros nehme Einfluss auf die Art und Weise der Berufsausübung der Buchmacher und der Sportwettenvermittler. Wegen der erdrosselnden Wirkung der Wettbürosteuer sei darüber hinaus ein Eingriff in die Berufswahl gegeben, da die angefochtene Steuer es ihrer objektiven Gestaltung und Höhe nach in aller Regel unmöglich mache, den Beruf des stationär tätigen Buchmachers ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen. Der Eingriff in Art. 12 GG sei nicht durch die angefochtene Satzung gerechtfertigt. Die Satzung sei kompetenzwidrig zustande gekommen. Es fehle an einem Aufwand im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG und § 9 Abs. 4 KAG. Ferner liege ein Verstoß gegen das Gleichartigkeitsgebot vor, da die Wettbürosteuer auf die identische Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit wie die Steuern nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz abhebe. Die Wettbürosteuer laufe in ihrer Ausgestaltung (auch) als Lenkungssteuer den bundesrechtlichen und landesrechtlichen Vorgaben des Glücksspielrechts zuwider, insbesondere dem Kanalisierungsauftrag zum stationären legalen Glücksspiel. Insoweit habe der Landesgesetzgeber die von ihm an die Kommunen delegierte Steuergesetzgebungskompetenz des Art. 105 Abs. 2a GG nicht in der Art und Weise ausüben dürfen, dass ihre Lenkungswirkungen den rechtsverbindlichen Vorgaben der Glücksspielgesetze widersprechen. Der Spieltrieb sei von Vertriebskanälen mit hohen zu stationären Vertriebswegen mit geringeren Spielsuchtrisiken zu lenken. Die angegriffene Satzung setze unter dem Aspekt des Spielerschutzes die falschen Impulse. Die Satzung sei daher nicht folgerichtig und erfülle nicht die Vorgaben zur praktischen Konkordanz, sich bei nicht ausschließlich fiskalischen Zielen an höherrangigem Recht auszurichten. Damit sei auch die Angemessenheit des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG nicht (mehr) gegeben.
34 
Die Antragstellerin macht weiter geltend, der Gleichheitssatz sei durch die angefochtene Satzung verletzt. Der Flächenmaßstab sei untauglich, da er Wettveranstalter und Wettvermittler je nach Vertriebsart in nicht zu rechtfertigender Weise ungleich belaste. Der besteuerte Aufwand bzgl. der Veranstaltung und Vermittlung entstehe unabhängig davon, ob ein Wettschein mit oder ohne die Möglichkeit einer Mitverfolgung des Wettergebnisses abgegeben werde. Ferner müsse die Steuer abwälzbar sein. Im Gegensatz zu anderen Kommunen habe sich die Antragsgegnerin in § 2 ihrer Satzung dafür entschieden, nicht etwa nur den Vermittler, sondern auch den Veranstalter als Steuerschuldner heranzuziehen. Der Veranstalter könne über die Preisgestaltung eine Überwälzung vornehmen, der bloße Wettvermittler hingegen könne im Regelfall den Wetteinsatz nicht verteuern und somit nicht überwälzen, da der Wettvertrag zwischen dem Veranstalter und dem Spieler geschlossen werde. Der Vermittler werde gegenüber dem Veranstalter grundlos schlechter gestellt. Die danach festzustellende Ungleichbehandlung sei ungerechtfertigt, da sie dem bundes- und landesrechtlichen Kanalisierungszweck zuwider laufe.
35 
Die Antragstellerin beantragt,
36 
die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung einer Vergnügungssteuer auf das Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Wettbüros in Mannheim vom 03.06.2014 mit Ausnahme von § 9 für unwirksam zu erklären.
37 
Die Antragsgegnerin beantragt,
38 
den Antrag abzuweisen.
39 
Sie trägt vor, der zulässige Normenkontrollantrag sei unbegründet. Die Vergnügungssteuer entspreche den Vorgaben von § 9 Abs. 4 KAG und sei auch mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar. Die Wettbürosteuer sei eine örtliche Aufwandssteuer, welche die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf im örtlichen Bereich des Steuergläubigers zum Ausdruck kommende erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden besteuere. Für die Teilnahme an Sportwetten sei ein finanzieller Aufwand erforderlich, der über den allgemeinen und unerlässlichen Lebensbedarf hinausgehe. Die Vergnügungssteuer erfasse die im Gemeindegebiet entgeltlich veranstalteten Vergnügungen. Hierbei sei denkbar, bereits den Abschluss der Wette selbst als ein Vergnügen zu qualifizieren, da das Spannungselement ein wesentlicher Grund für den Abschluss der Wette sei. Jedenfalls im Zusammenspiel mit der Möglichkeit des Mitverfolgens des bewetteten Ereignisses liege ein Vergnügen vor. Das Wettbüro diene nicht nur dem Abschluss der Wette, sondern auch in wesentlichem Umfang der Unterhaltung. Das gemeinsame Verfolgen eines sportlichen Wettkampfes auf Bildschirmen und das gespannte Warten auf den Wettausgang seien geeignet, ein Bedürfnis nach Zerstreuung zu befriedigen. Das Verfolgen von Wettereignissen auf aufgestellten Bildschirmen sei für die Kunden des Wettbüros auch nicht kostenfrei. Es liege ein Vergnügen vor, für das ein besonderer Aufwand, nämlich die Erbringung von Wetteinsätzen betrieben werde. Der Spieleinsatz der Wetter umfasse auch die Ausgaben des Betreibers für den Betrieb des Wettbüros und damit für die Aufenthaltsqualität des Wetters, so dass der Wetter diese Kosten mittrage und es sich jedenfalls um eine entgeltliche Veranstaltung handele. Die angegriffene Vergnügungssteuersatzung weise auch den notwendigen Ortsbezug auf. Entscheidend sei insoweit, dass der Aufwand im Gebiet der Antragsgegnerin erbracht werde und das Vergnügen dort stattfinde. Dieser besondere Aufwand für die Mitverfolgung vor Ort stelle den notwendigen Ortsbezug her. Unerheblich sei, ob der Wettende den Aufwand für die Wette samt Mitverfolgung des Wettereignisses (zumindest kalkulatorisch) dadurch trage, dass er direkt eine Zahlung an den Betreiber des Wettbüros tätige, oder dieser vom Wettveranstalter eine Zahlung erhalte und der Wettveranstalter in seiner Preisgestaltung gegenüber dem Wettenden dies einkalkuliere. Dies obliege allein der Vertragsfreiheit der Beteiligten. Maßgeblich sei, dass der Aufwand vom Wettenden vor Ort erbracht werde und das Vergnügen im Wettbüro stattfinde, d.h. an Ort und Stelle. Die von der Antragsgegnerin erhobene Vergnügungssteuer verstoße auch nicht gegen das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG. Insbesondere sei sie nicht mit der Rennwett- und Lotteriesteuer gleichartig. Dies folge aus einer wertenden Gesamtbetrachtung von Gegenstand und Maßstab der Steuer, der Erhebungstechnik und der wirtschaftlichen Auswirkungen. Die beiden Abgabentatbestände unterschieden sich in allen für eine Steuer maßgeblichen Kriterien. Schließlich stelle die Rennwett- und Lotteriesteuer auch nicht eine die Vergnügungssteuerregelung der Antragsgegnerin ausschließende bundesrechtlich abschließende Regelung dar. Dies könne schon deswegen nicht der Fall sein, da die (ausschließliche) Gesetzgebungskompetenz für nicht mit bundesgesetzlichen Steuern gleichartige Verbrauch- und Aufwandsteuern bei den Ländern liege und der Bund in diese Gesetzgebungskompetenz nicht durch eine abschließende Gesetzesregelung eingreifen könne. Die angefochtene Vergnügungssteuersatzung genüge auch den Anforderungen an die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung. Der Wettbürobetreiber könne als im Regelfall unabhängiger Unternehmer die Vergnügungssteuer in seine wirtschaftliche Kalkulation einbeziehen und auf der Kostenseite reagieren, indem er die Größe seines Wettbüros anpasse, billigere Räume anmiete, die Kosten für Einrichtung und Personal kalkuliere etc. Auch könne er seine Preisgestaltung auf die Vergnügungssteuer einrichten. Es sei ihm unbenommen, Eintrittsgelder für das Wettbüro zu erheben. Auch in der Frage, welche Provision er für das Vermitteln der Wetten erhalte, sei er frei. Es sei ihm dabei auch rechtlich und tatsächlich möglich, unterschiedliche Regelungen für das reine Schaltergeschäft und für die Fälle, in denen das Wettereignis mitverfolgt werde, zu schaffen.
40 
Auch der für die Erhebung der Steuer gewählte Flächenmaßstab sei rechtmäßig. Die tatbestandliche Ausgestaltung einer Aufwandsteuer müsse sich mit Blick auf den Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten regelmäßig an der in der Vermögensaufwendung zum Ausdruck kommenden Leistungsfähigkeit orientieren. Regelmäßig sei daher der wirkliche Vergnügungsaufwand der sachgerechteste Maßstab. Der Satzungsgeber sei allerdings nicht auf einen solchen Wirklichkeitsmaßstab beschränkt. Er habe vielmehr einen weiten Gestaltungsspielraum, der aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität eine Pauschalierung zulasse. Der Satzungsgeber sei dabei nicht gehalten, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen; der weite Gestaltungsspielraum werde erst dann überschritten, wenn ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehle und die Steuererhebung daher willkürlich wäre. Der Rechtfertigungsbedarf für die Wahl eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabes sei umso höher, je weiter sich dieser von dem Belastungsgrund des Vergnügungsaufwandes des einzelnen Spielers entferne. Wähle der Gesetzgeber im Vergnügungssteuerrecht einen Ersatzmaßstab, so sei er bei der Auswahl auf einen solchen Maßstab beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich mache. In jedem Fall verlange der Grundsatz der Belastungsgleichheit einen zumindest lockeren Bezug des Steuermaßstabs zum Vergnügungsaufwand des Spielers. Ein solch lockerer Bezug zum Vergnügungsaufwand ergebe sich vorliegend daraus, dass es wahrscheinlich sei, dass der Umfang des Vergnügungsaufwands mit der Größe des Wettbüros wachse. Die Größe der genutzten Räumlichkeiten korrespondiere mit der Umsatzerwartung des Veranstalters. So werde die Entscheidung, welche Flächen der Betreiber für die Vergnügung zur Verfügung stelle, sich im Wesentlichen danach richten, welche Einnahmen und Gewinne er durch diesen Flächeneinsatz zu realisieren hoffe. Damit habe die Antragsgegnerin auch eine Bemessungsgrundlage gewählt, in der der Aufwand sachgerecht erfasst werde. Die Erhebung der Vergnügungssteuer sei auch in der festgesetzten Höhe nicht zu beanstanden. Schließlich erweise sich der von der Antragsgegnerin festgelegte Steuersatz auch deshalb nicht als rechtswidrig, weil die Steuerpflicht nach § 5 am 1. des Kalendermonats, in dem die Tätigkeit des Vermittelns oder Veranstaltens von Pferde- und Sportwetten aufgenommen werde, beginne und mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Tätigkeit des Vermittelns oder Veranstaltens von Pferde- und Sportwetten eingestellt werde, ende. Diese Regelung sei zum einen aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität gewählt worden und, um Streitfälle bei der Ermittlung des maßgeblichen Zeitraums zu reduzieren.
41 
Die angefochtene Satzung halte die Schranken des Übermaßverbotes ein und entfalte keine erdrosselnde Wirkung. Die Antragstellerin habe den ihr obliegenden Nachweis dafür, dass es ihr nicht möglich sei, die durchschnittlichen Kosten unter Berücksichtigung aller anfallenden Steuern einschließlich eines angemessenen Betrags für Eigenkapitalverzinsung und Unternehmerlohn abzudecken, nicht erbracht. Zudem sei eine Tendenz zum Absterben von Wettbüros im Gebiet der Antragsgegnerin nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Schließlich verstoße die Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Verfolgung von Lenkungszwecken nicht gegen die Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Die Regelung widerspreche insbesondere nicht dem Glücksspielstaatsvertrag, da die angefochtene Vergnügungssteuer nur den Aufwand für Wetten bei Mitverfolgung des Wettereignisses besteuere, die Konzessionsabgabe aber auf alle Wetteinsätze erhoben werde und zudem der Abgabenmaßstab unterschiedlich sei. Darüber hinaus entspreche die Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin dem Gebot der Folgerichtigkeit. Der Antragsgegnerin sei es nicht verwehrt, einen Lenkungszweck im Hinblick auf die Eindämmung von Wettbüros auf ihrem Gebiet zu verfolgen.
42 
Die Akten der Antragsgegnerin waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
A.
43 
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
44 
Er ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. mit § 4 AGVwGO statthaft, denn er ist auf die Überprüfung der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin und damit einer unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift gerichtet.
45 
§ 47 Abs. 3 VwGO steht der Überprüfung nicht entgegen, weil das Landesrecht keine ausschließliche landesverfassungsgerichtliche Zuständigkeit normiert hat. Vielmehr geht § 49 Abs. 1 StGHG von der Konkurrenz von landesverfassungsgerichtlicher (Art. 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LV) und verwaltungsgerichtlicher Normenkontrolle aus (Ziekow in NKVwGO, 4. Aufl., § 47 Rn. 316).
46 
Die Antragstellerin ist als Betreiberin eines Wettbüros nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, denn sie macht geltend, durch die für nichtig gehaltenen Satzungsregelungen bzw. deren Anwendung in ihren Rechten (u.a. Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt zu sein, da sie als Steuerschuldnerin herangezogen worden sei.
47 
Die in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannte Frist von einem Jahr nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift ist gewahrt. Die Satzung wurde am 19.06.2014 amtlich bekannt gemacht, der Normenkontrollantrag datiert vom 11.05.2015 und ist am 18.05.2015 beim erkennenden Gerichtshof eingegangen.
B.
48 
Der Normenkontrollantrag ist begründet. Die streitgegenständlichen Satzungsregelungen der Vergnügungssteuersatzung zur Besteuerung von Wettbüros, die neben der Annahme von Wettscheinen auch das Mitverfolgen der Wettereignisse ermöglichen, sind rechtswidrig, weil sie weder den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes genügen noch mit sonstigem höherrangigem Recht in Übereinstimmung stehen.
49 
Nach § 9 Abs. 4 KAG können die Gemeinden örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, nicht jedoch Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadt- und Landkreisen vorbehalten sind. Der Landesgesetzgeber hat damit einen Teil der ihm gemäß Art. 105 Abs. 2a GG zustehenden Gesetzgebungskompetenz für die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, die nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, an die Gemeinden weitergegeben und den Gemeinden insoweit ein prinzipielles Steuerfindungsrecht eingeräumt. Mit diesem Recht ist die Befugnis der Gemeinden verbunden, sich selbst eigene Steuerquellen zu erschließen. Die Befugnis steht unter den sich aus § 9 Abs. 4 KAG ergebenden Vorbehalten. Bei ihrer Ausübung haben die Gemeinden ferner die aus verfassungsrechtlichen und anderen höherrangigen Vorschriften folgenden Grenzen für die Erhebung von Steuern und anderen Abgaben zu beachten. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist es aber der einzelnen Gemeinde überlassen, ob und gegebenenfalls welche örtlichen Verbrauch- oder Aufwandsteuern sie zur Deckung ihres Finanzbedarfs erheben möchte sowie den jeweiligen Steuersatz und damit die Höhe der Steuer nach ihrem Ermessen zu bestimmen (Senatsurteil vom 11.06.2015 - 2 S 2555/13 - juris).
50 
Der Senat qualifiziert den Begriff der Aufwandsteuer im Sinne von § 9 Abs. 4 KAG, welcher die sich aus Art. 105 Abs. 2a GG ergebende Kompetenz an die Kommunen weiterleitet, als einen sog. Typusbegriff (s. zu Art. 105 Abs. 2a GG BVerfG, Urteil vom 10.05.1961 - 1 BvL 31/58; Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - juris Rn. 71; Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - juris Rn. 50; BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 - juris Rn. 17; OVG Sachs.-Anh., Urteil vom 23.08.2011 - 4 L 323/09 - juris Rn. 22; FG Hamburg, Beschluss vom 16.09.2011 - 4 V 133/11 - juris Rn. 22). Bei dem Typusbegriff handelt es sich um einen komplexen Sammelbegriff, welcher die Erfassung einer Vielzahl unterschiedlicher Phänomene gewährleistet. Der Senat kann hierbei offenlassen, ob die grundlegende Kritik, welche hinsichtlich des Typusbegriffs v. a. im rechtswissenschaftlichen Schrifttum geübt wird (vgl. zu den zentralen Einwänden Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung, 1997, S. 307 ff.; Kuhlen, Typuskonzeptionen in der Rechtstheorie, 1977, S. 87 ff.; Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, 1982, § 9), berechtigt ist; jedenfalls vermag der Senat diese Bedenken im Kontext der zutreffenden dogmatischen Erfassung der steuerrechtlichen Kompetenztitel des Grundgesetzes nicht zu teilen. Denn dies widerspräche der in der Rechtsprechung (v.a. des Bundesverfassungsgerichts, s.o.) und in der Rechtswissenschaft vorgenommenen Einordnung und begrifflichen Erfassung der steuerlichen Kompetenzordnung des Grundgesetzes (s. hierzu Vogel/Walter in Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rn. 94 ff., 99 ff. mit weiteren Nachw.; s. zur Kompetenz als Typus auch Isensee in Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl., Bd. VI, § 133 Rn. 62; Hartmann, Ein neuer Blick auf die Steuergesetzgebungskompetenzen des Grundgesetzes, DStZ 2012, 205, 206 mit weiteren Nachw.). Ungeachtet der bestehenden rechtstheoretischen Kontroversen ermöglicht das methodengerechte Verstehen und Anwenden der grundgesetzlich geregelten steuerrechtlichen Zuständigkeiten als Typusbegriffe jedenfalls eine rechtsdogmatisch an den Erfordernissen der Zweckmäßigkeit ausgerichtete sachgerechte Erfassung der einzelnen Kompetenztitel, da die so vorgenommene Erfassung gleichermaßen im Sinne einer Variabilität dem historisch gewachsenen - und nicht systematisch rational aufeinander abgestimmten - Bestand der einzelnen Steuerarten ebenso Rechnung trägt wie durch eine gewisse Offenheit der steuerrechtlichen Systematik einer Versteinerung des Steuersystems entgegenwirkt (Isensee in Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl., Bd. VI, § 133 Rn. 62, 65, 68).
51 
Das Bundesverfassungsgericht hat die Aufwandsteuer als Steuer auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit definiert (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - juris Rn. 68 f.; ebenso BVerwG, Urteil vom 11.07.2012 - 9 CN 1.11 - juris Rn. 13). Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 105 Abs. 2a GG knüpft die Kompetenz zum Erlass einer Aufwandsteuer im Sinne von § 9 Abs. 4 KAG nach Auffassung des Senats an folgende den Typus prägenden Merkmale an (vgl. Englisch in Leitgedanken des Rechts, Festschrift für Paul Kirchhof, 2013, Bd. II § 190 Rn. 9 ff. mit weiteren Nachweisen): 1. an den Einsatz finanzieller Mittel unter Verwendung von Einkommen und/oder Vermögen für das Halten einer Sache oder die Aufrechterhaltung eines tatsächlichen oder rechtlichen Zustands, welcher den privaten Gebrauch von Gütern oder Leistungen ermöglicht (Aufwand); 2. zielt eine Aufwandsteuer darauf ab, die in der Einkommens- und/oder Vermögensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf als privater Konsum zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit zu erfassen, was bei einem ausschließlich betrieblichen Aufwand oder im Falle der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (BVerwG, Urteil vom 27.06.2012 - 9 C 2.12 - juris Rn. 11) zu verneinen ist; 3. können Aufwandsteuern als direkte oder indirekte Steuern erhoben werden, weshalb - was sich bei der direkten Erhebung zeigt - die Überwälzbarkeit sich nicht als typusprägendes Merkmal im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG, sondern als materielles Rechtsmäßigkeitsmerkmal darstellt (FG Bad.-Württ., Urteil vom 11.01.2012 - 11 V 2661/11 - juris - unter Anknüpfung an BVerfG, Urteil vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - juris Rn. 53).
52 
Der Typusbegriff stellt ein elastisches Merkmalsgefüge dar, welches Eigenschaften nach Maßgabe von Merkmalen ordnend gruppiert, wobei grundsätzlich nicht alle Merkmale zugleich erfüllt sein müssen. Es können auch einige von ihnen im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein oder gar fehlen, ohne dass deshalb die Zugehörigkeit zum Typus entfiele (vgl. NdsOVG, Urteil vom 16.05.2012 - 7 LC 15/10 - juris Rn. 29 mit weiteren Nachw.; FG Hamburg, Beschluss vom 16.09.2011 - 4 V 133/11 - juris Rn. 22). Im Falle der typusbegrifflichen Erfassung von - wie vorliegend - Kompetenznormen ist jedoch, um einer Kompetenzbeliebigkeit entgegenzuwirken und dem Grundsatz der Formenbindung und Formenstrenge von Kompetenznormen (s. hierzu BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - juris Rn. 52) Rechnung zu tragen, jedenfalls das gänzliche Fehlen eines der oben angeführten typenprägenden Merkmale für den Erlass einer Aufwandsteuer i.S.d. § 9 Abs. 4 KAG - hier insbesondere des Merkmals Aufwand - unzulässig. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht bei Unentgeltlichkeit einen Aufwand (nur) dann angenommen, wenn ein (vorliegend nicht gegebener, s. dazu unten I.2.) zurechenbarer Drittaufwand vorliegt (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - juris Rn. 77). Das Bundesverwaltungsgericht hat die Frage nach der Besteuerbarkeit von unentgeltlichen Vergnügen zunächst offengelassen (BVerwG, Urteil vom 28.06.1974 - VII C 22.73 - juris Rn. 25), jedoch inzwischen eine Aufwandsteuer bei fehlendem Aufwand ebenfalls verneint (BVerwG, Urteil vom 29.11.1991 - 8 C 107.89 - juris). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, wonach eine fehlende Entgeltlichkeit und damit das Nichtvorliegen eines Aufwands mit dem Charakter einer Aufwandsteuer nicht zu vereinbaren ist (Senatsurteile vom 07.06.1994 - 2 S 2219/93, Seite 5, und vom 03.07.2014 - 2 S 3/14 - juris Rn. 24; ebenso ThürOVG, Urteil vom 22.09.2008 - 3 KO 247/04 - juris Rn. 73; Beschluss vom 25.05.2004 - 4 ZKO 890/00; VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 11.04.2014 - 1 L 215/14.NW - juris Rn. 7).
53 
Unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze ergibt sich bei - wie vorliegend - fehlendem Aufwand insoweit die formelle Rechtswidrigkeit und damit Unwirksamkeit der angefochtenen kommunalen Satzungsregelungen (dazu I.). Eine geltungserhaltende Reduktion auf einen besteuerbaren Aufwand scheidet letztlich wegen des gewählten Steuermaßstabs aus (dazu II.).
I.
54 
Vorliegend ist ein durch eine Aufwandsteuer besteuerbarer Aufwand im Sinne von § 9 Abs. 4 KAG i.V.m. Art. 105 Abs. 2a GG nicht gegeben.
55 
1. Aufwandsteuern besteuern das Halten bzw. den Gebrauch von Gütern und Dienstleistungen. Sie sind Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - juris Rn. 68 f.). Die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist „maßgebend für den Charakter“ der Aufwandsteuer und „das wesentliche Merkmal des Begriffs der Aufwandsteuer“ (BVerfG, aaO, Rn. 68, 73). Die Einkommensverwendung umfasst die Verwendung jeglicher finanzieller Mittel und ist nicht auf die Verwendung von Einkommen im steuerrechtlichen oder finanzwissenschaftlichen Sinn beschränkt. Angesichts der Vielfalt der wirtschaftlichen Vorgänge und rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten wäre eine an die Einkommensverwendung anknüpfende Steuer nicht praktikabel, falls in jedem Fall die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen festgestellt werden müsste. Daher ist ausschlaggebendes Merkmal der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient. Im Konsum äußert sich in der Regel die Leistungsfähigkeit (BVerfG, aaO, Rn. 73).
56 
2. Die Satzung der Antragsgegnerin enthält nicht explizit das Merkmal der Entgeltlichkeit, sondern knüpft in dem streitgegenständlichen Tatbestand an die Wettvermittlung/-veranstaltung in Kombination mit der Möglichkeit des Mitverfolgens von Wettereignissen an. Hinsichtlich des Elements des Mitverfolgens der Wettereignisse ist rein tatsächlich weder (substantiiert) dargetan noch ersichtlich, dass hiermit typischerweise bzw. in der Regel ein Aufwand im Sinne von offener und/oder verdeckter Entgeltlichkeit einhergeht (zur Wettvermittlung/-veranstaltung s. unten II.). Eine solche im Sinne eines „Aufwands“ grundsätzlich erforderliche Entgeltlichkeit kann in rechtlich zulässiger Weise insbesondere weder im Drittaufwand des Wettbürobetreibers - in Gestalt der Kosten für Anschaffung und Betrieb der Monitore, der Kosten für das Ausstrahlen von Wettereignissen u.a. - noch in den spiegelbildlich hierzu ersparten Aufwendungen des Wettenden bzw. sich Vergnügenden zum Anknüpfungspunkt einer Steuer im Sinne von § 9 Abs. 4 KAG i.V.m. Art. 105 Abs. 2a GG gemacht werden.
57 
Die Besteuerung von Unentgeltlichem als Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit findet sich zwar als Phänomen im Steuerrecht (z.B. in § 3 Abs. 1b sowie Abs. 9a i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG; § 21 Abs. 2 EStG), bedarf jedoch als Ausnahmeerscheinung einer (besonderen) sachlichen Rechtfertigung, um so mit der jeweiligen steuerlichen Kompetenznorm in Einklang gebracht werden zu können. So zählt beispielsweise zu den nach § 21 Abs. 2 EStG besteuerbaren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch der Nutzwert eines der dort genannten, dem Steuerpflichtigen unentgeltlich überlassenen Wirtschaftsgüter. Der Normgeber behandelt hierbei unter Berücksichtigung wertender Kriterien - etwa dem Interesse der Steuergerechtigkeit - die ersparten Aufwendungen des unentgeltlichen Nutzers als „Leistungen an sich selbst“ bzw. ihm zuzurechnende Einkünfte (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - juris Rn. 86). Die sachlich-kompetenzielle Rechtfertigung liegt darin, dass Entstehung und Verwendung uno actu bei derselben Besteuerungseinheit erfolgen, Einkommensentstehung und Einkommensverwendung in sachlicher und/oder persönlicher Hinsicht zusammenfallen und nach wertenden Gesichtspunkten mit einer Einkommens(entstehungs)steuer besteuerbar behandelt werden können.
58 
Mit vergleichbaren Erwägungen kann jedoch nicht eine an das unentgeltliche Mitverfolgen von Wettereignissen anknüpfende Vergnügungssteuer gerechtfertigt werden. Zwar genügt grundsätzlich auch ein sog. Drittaufwand zur Bejahung eines Aufwands (BVerfG, Beschluss vom 07.05.1963 - 2 BvL 8/61, 2 BvL 12 BvL 10/61 - juris Rn. 42; Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - juris Rn. 73; BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 C 7.08 - juris Rn. 26; Urteil vom 11.07.2012 - 9 CN 1.11 - juris Rn. 13). Der Drittaufwand des Wettbürobetreibers kann vorliegend jedoch unter wertenden Gesichtspunkten nicht dem sich - bezogen auf das Mitverfolgen von Wettereignissen - unentgeltlich Vergnügenden zugerechnet werden.
59 
Bei der unter dem Gesichtspunkt der Finalität der Aufwendungen feststellbaren Gemengelage von Einkommensentstehung bzw. Einkommenserzielung auf Seiten des Wettbürobetreibers einerseits und vorliegend streitiger Einkommensverwendung auf Seiten der ersparten Aufwendungen des sich Vergnügenden andererseits liegt - im Gegensatz zu dem oben angeführten Fall des § 21 Abs. 2 EStG - keine personelle Identität der Besteuerungseinheit vor. Der Wettbürobetreiber, welcher den zur Einkommenserzielung dienenden (Dritt-)Aufwand betreibt, und der sich mit fremdem bzw. erspartem Aufwand Vergnügende sind personenverschieden.
60 
Der Zurechnung der Aufwendungen des Wettbürobetreibers als fiktive Aufwendungen des sich Vergnügenden steht auch entgegen, dass es sich bei dem mit einer Aufwandsteuer besteuerbaren Aufwand stets um einen privaten, mit der persönlichen Lebensführung zusammenhängenden Aufwand und nicht um eine gewerbliche Investition handeln muss.
61 
Bei wertender Betrachtung steht bei dem Aufwand des Wettbürobetreibers der Zweck der Einkommenserzielung im Vordergrund und bildet dessen Schwerpunkt (s. zur finalitätsbezogenen Bestimmung des Aufwands: BVerwG, Urteil vom 11.07.2012 - 9 CN 1.11 - juris Rn. 14 ff.). Die Einkommensverwendung des sich Vergnügenden in Gestalt fiktiver bzw. ersparter Aufwendungen ist bloße Folge des bei finaler Betrachtung zunächst rein einkommenserzielenden Zwecken dienenden Drittaufwands des Wettbürobetreibers. Es bedeutete die Verkehrung von Grund und Folge, wenn man in den gewerblichen Aufwendungen für die Ermöglichung des Mitverfolgens von Wettereignissen auch dem sich Vergnügenden zurechenbare Aufwendungen sähe.
62 
Gegen die Zulässigkeit der Berücksichtigungsfähigkeit eines solchen Doppelzwecks bzw. einer Doppelnatur spricht die allgemein anerkannte kategoriale Scheidung steuerrechtlicher Systematik, welche eine eindeutige Zuordenbarkeit von Einkommensverwendungs- und Einkommensentstehungssteuern nach Zielsetzung und Zweck voraussetzt. Die Anerkennung von Mischformen in der Art eines melangeartigen Ineinanders von Einkommenserzielung und Einkommensverwendung würde eine nicht zuletzt aus Kompetenzgründen erforderliche eindeutige Grenzziehung der einzelnen Steuerarten verwischen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.07.2012 - 9 CN 1.11 - juris Rn. 19). Unter Beachtung dessen ist der Aufwand des Wettbürobetreibers als allein einkommenserzielend anzusehen.
63 
Es besteht sonach keine Berechtigung des kommunalen Satzungsgebers einer Aufwandsteuer, im Falle eines unentgeltlichen Aufwands dessen Entgeltlichkeit (wertend) zu fingieren. Die Anerkennung einer solchen Kompetenz des kommunalen Steuernormgebers verwischte und überschritte die steuersystematische Scheidung zwischen Einkommensentstehungs- und Einkommensverwendungssteuern und liefe auf eine unzulässige, weil kompetenzwidrige Aufwandsteuer hinaus. Ansonsten könnte der kommunale Normgeber entgegen der verfassungsrechtlichen Konzeption die in Art. 105 Abs. 2a GG aufgeführte und durch § 9 Abs. 4 KAG weitergeleitete Kompetenz für den Bereich der örtlichen Aufwandsteuern selbst herbeiführen. Das Bundesverfassungsgericht hat in kompetenzrechtlichem Zusammenhang hinsichtlich der Zulässigkeit von Fiktionen darauf hingewiesen, dass sich der Normgeber nicht beliebig Fiktionen bedienen könne. Dem Normgeber seien u.a. Grenzen dadurch gesetzt, dass bei Bezugnahme auf bestehende Begriffe der allgemeinen Rechtsordnung diese nicht mit beliebigem Inhalt ausgefüllt werden könnten (BVerfG, Urteil vom 27.07.1971 - 2 BvF 1/68, 2 BvR 702/68 - juris). Das Merkmal des Aufwands ist wesentliches Merkmal des Begriffs der Aufwandsteuer (s. bereits oben unter I.1.) und kann dementsprechend bei seinem Fehlen - wie vorliegend - auch nicht im Wege einer Fiktion bejaht werden.
II.
64 
Eine geltungserhaltende Reduktion auf Fallkonstellationen mit entgeltlichem Aufwand scheidet aus.
65 
Es ist zwar nicht ausgeschlossen, eine - wie vorliegend - rechtswidrige, weil an einen unentgeltlichen Aufwand anknüpfende Aufwandsteuer geltungserhaltend auf eine grundsätzlich insoweit rechtlich zulässige Aufwandsteuer, welche an einen entgeltlichen Aufwand anknüpft, zu reduzieren. Denn grundsätzlich ist der Umstand, dass eine Vergnügungssteuer sich - wie vorliegend -nicht ausdrücklich auf entgeltliche Veranstaltungen beschränkt, unerheblich (Senatsurteil vom 23.02.2011 - 2 S 196/10 - juris Rn. 53). Sie kann ggf. dahingehend ausgelegt werden, dass von dem Tatbestand allein ein entgeltliches Vergnügen erfasst wird (Senatsurteil vom 23.02.2011, aaO). Eine entsprechende Satzung, welche nicht explizit das Merkmal der Entgeltlichkeit des Vergnügens enthält und sonach dem Wortlaut nach entgeltliche und unentgeltliche Vergnügungen gleichermaßen erfasst, kann daher, soweit sie zumindest auch das Merkmal der Entgeltlichkeit enthält, insoweit teilweise gültig sein (Senatsurteil vom 07.06.1994 - 2 S 2219/93, Seite 5). Voraussetzung hierfür ist, dass der gültige, entgeltliche Vergnügen umfassende Teil der Satzung mit dem ungültigen, weil unentgeltliche Vergnügen regelnden Teil der Satzung keine untrennbare Einheit bildet (Senatsurteil vom 07.06.1994, aaO). Von einem entsprechenden hypothetischen Willen des Satzungsgebers wird zwar - ohne dass dies vorliegend entschieden zu werden braucht - mit Blick auf die in § 9 Abs. 4 KAG enthaltene Ermächtigung, welche lediglich die Besteuerung von entgeltlichen Vergnügen gestattet, in der Regel auszugehen sein (Senatsurteil vom 07.06.1994, aaO).
66 
Eine geltungserhaltende Reduktion des streitgegenständlichen Steuertatbestands auf Wettbüros, in denen entgeltlich das Mitverfolgen von Wettereignissen ermöglicht wird, scheidet jedoch aus, da die streitgegenständliche Satzung in der vorliegenden Form auch dann - aus anderen Gründen - rechtswidrig ist. Nach allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen kommt im Wege der geltungserhaltenden Reduktion nur die Rückführung eines rechtsfehlerhaften Rechtsakts auf einen rechtsfehlerfreien Rechtsakt in Betracht. Daran fehlt es im Fall der geltungserhaltenden Reduktion auf einen entgeltlichen Aufwand. Denn auch das Abstellen auf das Element der Wettvermittlung/-veranstaltung bzw. auf ein Entgelt in Form eines Wetteinsatzes oder sonstigen Entgelts rechtfertigt keine kommunale Besteuerung. Die Erfassung von Wetteinsätzen in Wettbüros unter Ausscheiden der Wetteinsätze bei reiner Wettannahme knüpft in einer für eine Aufwandsteuer systemwidrigen Weise an einen mit dem besteuerten Aufwand verfolgten (weiteren) Zweck an (dazu 1.). Ein entgeltlicher Aufwand wäre im Übrigen nur durch einen wirklichkeitsnäheren, an das jeweilige Entgelt anknüpfenden Steuermaßstab besteuerbar (dazu 2.).
67 
1. Die streitgegenständliche Vergnügungssteuer knüpft an die Wettvermittlung/-veranstaltung in Kombination mit dem Ermöglichen des Mitverfolgens von Wettereignissen in Wettbüros an. Weder der Wortlaut der streitgegenständlichen Satzung enthält explizit ein Erfordernis der Entgeltlichkeit, noch ist ersichtlich oder substantiiert dargetan, dass - das Mitverfolgen der Wettereignisse als Vergnügen unterstellt - das besteuerte Vergnügen tatsächlich entgeltlich ist. Vielmehr leistet der sich Vergnügende als (ggf. zugleich) Wettender einen Wetteinsatz. Dieser Einsatz kann offen und/oder verdeckt geleistet werden. Offen ist ein Einsatz hierbei, wenn objektiv für jeden erkennbar ein Vermögenswert des Teilnehmers der Wette an den Veranstalter der Wette und/oder den Betreiber des Wettbüros als Vermittler fließt, und subjektiv der Teilnehmer diesen Einsatz gezielt u.a. für die Teilnahme an der Wette aufwendet. Verdeckt ist eine Einsatzleistung, wenn nicht ohne weiteres objektiv und/oder subjektiv erkennbar ist, dass ein Vermögenswert u.a. für die Teilnahme an der Wette fließt (vgl. Koch, Gewinnspiele im Steuerrecht, 2006, S. 25 ff.; Birk/Brüggemann in Dietlein u.a., Glücksspielrecht, 2. Aufl., RennwLottG § 17 Rn. 8 f.). Für das Vorliegen einer Entgeltlichkeit ist entscheidend, ob und inwieweit ein Vermögenswert in Form eines offenen und/oder verdeckten Wetteinsatzes nicht nur als Gegenleistung für die eingeräumte Gewinnmöglichkeit, sondern auch für das Mitverfolgen der Wettereignisse zu qualifizieren ist. Eine Entgeltlichkeit in diesem Sinne scheidet somit aus, wenn die Möglichkeit des Mitverfolgens auch ohne Wette besteht und genutzt wird.
68 
Soweit der Besuch und das Verweilen im Wettbüro zum Abschluss einer Wette verpflichtet oder rein tatsächlich auf Grund eines Entschlusses des Wettkunden dazu führt, könnten im Wetteinsatz (s. zum Inhalt des Wettverträgen Brüggemann, Die Besteuerung von Sportwetten im Rennwett- und Lotteriegesetz, 2015, S. 37 ff.) offen und/oder verdeckt als Nebenleistung zur Wette Dienstleistungen wie das Mitverfolgen der Wettereignisse mit enthalten und abgegolten sein.
69 
Für diesen Fall einer Entgeltlichkeit in Form eines Wetteinsatzes gilt Folgendes: Unbesehen davon, ob die Leistungen im Wettbüro (des Veranstalters/Vermittlers der Wette und/oder des Betreibers des Wettbüros) überhaupt in Einzelleistungen zerlegt werden können (vgl. hierzu Birk/Brüggemann in Dietlein u.a., Glücksspielrecht, 2. Aufl., RennwLottG § 17 Rn. 9 f. mit weiteren Nachw.), bildet die Wette bzw. die Einräumung der Gewinnmöglichkeit (unabhängig von der Höhe des Einsatzes und der Höhe der Gewinnmöglichkeit) bei wertender Betrachtung als Hauptleistung den Schwerpunkt der Leistungen. Das Mitverfolgen der Wettereignisse tritt demgegenüber als bloße Nebenleistung zurück. Der Zweck des Wettbüros besteht in erster Linie in der Veranstaltung bzw. dem Vermitteln von Wetten. Das Ermöglichen des Mitverfolgens der Wettereignisse soll diesen Zweck fördern durch die Steigerung der Attraktivität des Wettbüros sowie der Wettumsätze und erfolgt gleichsam bei Gelegenheit des Wettgeschäfts. Abzustellen ist hierbei auf den Gesamtcharakter der Veranstaltung (OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 26.08.2009 - 14 B 86/09 - juris Rn. 6). Der Wettkunde betreibt den Wettaufwand primär wegen der Teilnahme an der Wette und nicht wegen des im Hintergrund ermöglichten Mitverfolgens der Wettereignisse.
70 
Zudem gilt der steuerrechtliche Grundsatz, wonach Nebenleistungen das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen (BFH, Urteil vom 23.02.1961 - V 262/58 U - juris Rn. 14 mit weiteren Nachw.). Dies muss insbesondere im vorliegenden Kontext beachtet werden, da mit der Qualifikation als Wetteinsatz und damit der Besteuerung nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz eine Befreiung von der Umsatzsteuer einhergeht (§ 4 Nr. 9 lit. b Satz 1 UStG). Dementsprechend ist anerkannt, dass neben offenen auch verdeckte Wetteinsätze (z.B. in Form einer Bearbeitungsgebühr, Schreib- und Kollektionsgebühr, Servicegebühr o. ä. für Vermittlungs- und/oder Serviceleistungen) bei der Bemessung der Steuer nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz zu berücksichtigen sind (BFH, Urteil vom 19.08.2009 - II R 16/07 - juris Rn. 10; FG Hannover, Urteil vom 27.02.2007 - 3 K 91/06 - juris; Englisch in Streinz u.a., Glücks- und Gewinnspielrecht in den Medien, 2014, Syst. Darst. Rn. 73; ausführlich Brüggemann, Die Besteuerung von Sportwetten im Rennwett- und Lotteriegesetz, 2015, S. 194 ff., 284 ff.).
71 
Demnach ist auch ein Entgelt für das Mitverfolgen der Wettereignisse in Form eines (erhöhten) Wetteinsatzes wertungsmäßig dem Wetteinsatz zuzurechnen und kann aus diesem Grund nicht als Anknüpfungspunkt für das Vorliegen eines mit einer Vergnügungssteuer besteuerbaren Aufwands herangezogen werden. Denn dadurch würde gleichheitswidrig und bezogen auf eine Aufwandsteuer systemfremd der mit dem Wetteinsatz über die Teilnahme an der Wette hinaus weiter verfolgte Zweck zum Grund der Steuerpflicht. Dies zeigt sich in den Fällen, in welchen zugleich eine reine Wettannahme und daneben ein Wettbüro betrieben wird und der Preis bzw. Einsatz für die Wetten gleich hoch sind. Steckt in dem Wetteinsatz offen und/oder verdeckt ein Anteil für das ermöglichte Mitverfolgen der Wettereignisse und soll letztlich nur eine Besteuerung des Vergnügens der Wettbürokunden erreicht werden, so müsste auf den verfolgten Zweck - also die beabsichtigte Nutzung des Wettbüros mit Aufenthalt oder beabsichtigte Nutzung der reinen Wettannahme ohne Aufenthalt - derjenigen abgestellt werden, welche den Wetteinsatz leisten. Das Wesen der Aufwandsteuer schließt jedoch aus, für die Steuerpflicht auf eine wertende Betrachtung der Absichten und verfolgten ferneren Zwecke, die dem Aufwand zu Grunde liegen, abzustellen. Maßgeblich darf allein der isolierte Vorgang des Konsums als Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -juris Rn. 97; ebenso BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 C 7.08 - juris Rn. 16).
72 
Daher braucht die (weitere) Frage, ob angesichts der in solchen Fällen bereits erfolgenden Besteuerung nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz eine unzulässige Doppelbesteuerung unter dem Gesichtspunkt der Gleichartigkeit vorliegen würde, nicht (mehr) entschieden zu werden.
73 
2. Soweit für den Besuch und das Verweilen im Wettbüro ein sonstiges Entgelt, z.B. in Form eines Eintrittsgeldes, einer Verzehrpflicht u.a., erhoben wird, gilt - wie auch für die Fälle der Entgeltlichkeit in Form von Wetteinsatz - Folgendes: Die Vergnügungssteuer in Form der Wettbürosteuer knüpft an die Wettvermittlung/-veranstaltung in Kombination mit dem Ermöglichen des Mitverfolgens von Wettereignissen in Wettbüros an. Steuerschuldner ist der Veranstalter des Vergnügens. Eigentliches Steuergut ist gleichwohl der (vorauszusetzende) Vergnügungsaufwand des einzelnen Spielers, da die Vergnügungssteuer darauf abzielt, die mit der Einkommensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Damit ist der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand der sachgerechteste Maßstab für eine derartige Steuer.
74 
Der Gesetzgeber ist indes verfassungsrechtlich nicht auf einen derartigen Wirklichkeitsmaßstab beschränkt. Der weitgehenden Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber bei der Erschließung einer Steuerquelle in Form des Vergnügungsaufwands des Einzelnen gerade auch bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabs hat, wird durch Art. 3 Abs. 1 GG erst dort eine Grenze gesetzt, wo eine gleiche oder ungleiche Behandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre. Die Gerichte haben nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen nachzuprüfen, nicht aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat. Wählt der Satzungsgeber im Vergnügungssteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabs einen anderen (Ersatz- bzw. Wahrscheinlichkeits-)Maßstab, so ist er allerdings auf einen solchen beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich macht, weil ein anderer Maßstab dem Wesen der Vergnügungssteuer fremd, also nicht sachgerecht und deshalb mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nicht zu vereinbaren wäre. Der Rechtfertigungsbedarf für die Wahl eines Ersatzmaßstabs wird dabei umso höher, je weiter sich der im Einzelfall gewählte Maßstab von dem eigentlichen Belastungsgrund entfernt. Der Ersatzmaßstab muss jedenfalls einen zumindest lockeren Bezug zu dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers der Einrichtung aufweisen, der die Erfassung seines Vergnügungsaufwands wenigstens wahrscheinlich macht. Der Ersatzmaßstab muss darüber hinaus auch sachlich gerechtfertigt sein, d.h. dem Satzungsgeber darf kein evident sachnäherer Wahrscheinlichkeitsmaßstab zur Verfügung stehen. (Senatsurteile vom 23.02.2011 - 2 S 196/10 - juris Rn. 59 ff. und vom 13.12.2012 - 2 S 1010/12 - juris Rn. 56 mit weiteren Nachw.).
75 
Der in der streitgegenständlichen Satzung gewählte Flächenmaßstab genügt diesen Voraussetzungen weder bei einem sonstigen Entgelt noch bei einem Entgelt als Teil des Wetteinsatzes. Denn der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand ist der sachgerechteste Maßstab für eine derartige Steuer (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - juris Rn. 56 ff.). Bei einem sonstigen Entgelt liegt dies bereits auf der Hand. Zudem ist weder (substantiiert) dargetan noch ersichtlich, dass der Fall einer Entgeltlichkeit in Form von sonstigem Entgelt rein tatsächlich einen typischen Fall beim Betrieb von Wettbüros darstellt (s. zur Branchenunüblichkeit bereits versteckter Einsätze Englisch in Streinz u.a., Glücks- und Gewinnspielrecht in den Medien, 2014, Syst. Darst. Rn. 73). Es braucht daher nicht entschieden zu werden, ob auch unter diesem Gesichtspunkt eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt. Denn der Satzungsgeber darf im Falle einer Typisierung nicht einen atypischen Fall als Leitbild wählen (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - juris Rn. 55).
76 
Auch bezüglich des Wetteinsatzes als Entgelt wäre - unbesehen der bereits oben (s. II.1.) festgestellten Systemwidrigkeit - eine Besteuerung nach dem gewählten Flächenmaßstab unzulässig. Der Wetteinsatz hinsichtlich der Steuer nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz könnte auch hinsichtlich der Vergnügungssteuer als das betragsmäßig jeweils feststehende Entgelt für das Mitverfolgen der Wettereignisse zur Bemessungsrundlage und zum Steuermaßstab gemacht werden. Durch einen Flächenmaßstab würde dagegen der unterstellte entgeltliche Vergnügungsaufwand nicht hinreichend realitätsnah abgebildet.
77 
Auch einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab rechtfertigende Manipulationsmöglichkeiten (s. hierzu Senatsurteil vom 24.08.2006 - 2 S 1218/05 - juris Rn. 37 ff.) sind weder bei sonstigem Entgelt noch bei Entgelt in Form des Wetteinsatzes substantiiert dargetan oder ersichtlich. Denn besteuerbar ist nach dem streitgegenständlichen Steuertatbestand nicht das tatsächliche Mitverfolgen, sondern das Vermitteln und/oder Veranstalten von Pferde- oder Sportwetten in Einrichtungen (Wettbüros), die neben der Annahme von Wettscheinen auch das Mitverfolgen der Wettereignisse ermöglichen. Insoweit besteht kein sachlicher Unterschied zwischen den als Bemessungsgrundlage der Steuer nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz zu erfassenden Wetteinsätzen und den vergnügungssteuerlich zu erfassenden Entgelten für das Mitverfolgen der Wettereignisse. Der Wetteinsatz bzw. ein sonstiges Entgelt stehen beide betragsmäßig fest und können demgemäß erfasst werden. Bedenken mit Blick auf die Manipulationssicherheit bestehen im Rahmen der Steuer nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz insoweit nicht (s. zum Steuerverfahren ausf. Brüggemann, Die Besteuerung von Sportwetten im Rennwett- und Lotteriegesetz, 2015, S. 239 ff., u.a. zum Anmeldeverfahren gemäß § 31a Abs. 3 RennwLottGABest, den umfassenden Aufzeichnungspflichten gemäß § 20 RennwLottG sowie der Wahrung des Steuervollzugs). Von daher besteht kein Anlass, hiervon bei der realitätsgerechteren Erfassung von sonstigen Entgelten - deren Vorhandensein als gegeben unterstellt - abzuweichen.
78 
Die Wahl des danach nicht wirklichkeitsgerechten Besteuerungsmaßstabs ist für das Vorliegen der Kompetenz aus § 9 Abs. 4 KAG i.V.m. Art. 105 Abs. 2a GG (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - juris Rn. 44, 52) zwar ohne Einfluss, jedoch materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung. Dies bedeutet, dass im Falle der Entgeltlichkeit bei nicht realitätsgerechtem Maßstab die entsprechende Aufwandsteuer zwar kompetenzgemäß, jedoch materiell rechtswidrig ist und bereits damit eine geltungserhaltende Reduktion ausscheidet. Auf die materielle Rechtmäßigkeit im Übrigen (u.a. Abwälzbarkeit, fehlende Gleichartigkeit) kommt es nach dem Vorgesagten nicht mehr an.
III.
79 
Die vorliegende Entscheidung ist allgemein verbindlich und von der Antragsgegnerin gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Hs. 2 VwGO ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre.
80 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil einer der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegt.

Gründe

 
A.
43 
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
44 
Er ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. mit § 4 AGVwGO statthaft, denn er ist auf die Überprüfung der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin und damit einer unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift gerichtet.
45 
§ 47 Abs. 3 VwGO steht der Überprüfung nicht entgegen, weil das Landesrecht keine ausschließliche landesverfassungsgerichtliche Zuständigkeit normiert hat. Vielmehr geht § 49 Abs. 1 StGHG von der Konkurrenz von landesverfassungsgerichtlicher (Art. 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LV) und verwaltungsgerichtlicher Normenkontrolle aus (Ziekow in NKVwGO, 4. Aufl., § 47 Rn. 316).
46 
Die Antragstellerin ist als Betreiberin eines Wettbüros nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, denn sie macht geltend, durch die für nichtig gehaltenen Satzungsregelungen bzw. deren Anwendung in ihren Rechten (u.a. Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt zu sein, da sie als Steuerschuldnerin herangezogen worden sei.
47 
Die in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannte Frist von einem Jahr nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift ist gewahrt. Die Satzung wurde am 19.06.2014 amtlich bekannt gemacht, der Normenkontrollantrag datiert vom 11.05.2015 und ist am 18.05.2015 beim erkennenden Gerichtshof eingegangen.
B.
48 
Der Normenkontrollantrag ist begründet. Die streitgegenständlichen Satzungsregelungen der Vergnügungssteuersatzung zur Besteuerung von Wettbüros, die neben der Annahme von Wettscheinen auch das Mitverfolgen der Wettereignisse ermöglichen, sind rechtswidrig, weil sie weder den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes genügen noch mit sonstigem höherrangigem Recht in Übereinstimmung stehen.
49 
Nach § 9 Abs. 4 KAG können die Gemeinden örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, nicht jedoch Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadt- und Landkreisen vorbehalten sind. Der Landesgesetzgeber hat damit einen Teil der ihm gemäß Art. 105 Abs. 2a GG zustehenden Gesetzgebungskompetenz für die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, die nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, an die Gemeinden weitergegeben und den Gemeinden insoweit ein prinzipielles Steuerfindungsrecht eingeräumt. Mit diesem Recht ist die Befugnis der Gemeinden verbunden, sich selbst eigene Steuerquellen zu erschließen. Die Befugnis steht unter den sich aus § 9 Abs. 4 KAG ergebenden Vorbehalten. Bei ihrer Ausübung haben die Gemeinden ferner die aus verfassungsrechtlichen und anderen höherrangigen Vorschriften folgenden Grenzen für die Erhebung von Steuern und anderen Abgaben zu beachten. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist es aber der einzelnen Gemeinde überlassen, ob und gegebenenfalls welche örtlichen Verbrauch- oder Aufwandsteuern sie zur Deckung ihres Finanzbedarfs erheben möchte sowie den jeweiligen Steuersatz und damit die Höhe der Steuer nach ihrem Ermessen zu bestimmen (Senatsurteil vom 11.06.2015 - 2 S 2555/13 - juris).
50 
Der Senat qualifiziert den Begriff der Aufwandsteuer im Sinne von § 9 Abs. 4 KAG, welcher die sich aus Art. 105 Abs. 2a GG ergebende Kompetenz an die Kommunen weiterleitet, als einen sog. Typusbegriff (s. zu Art. 105 Abs. 2a GG BVerfG, Urteil vom 10.05.1961 - 1 BvL 31/58; Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - juris Rn. 71; Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - juris Rn. 50; BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 - juris Rn. 17; OVG Sachs.-Anh., Urteil vom 23.08.2011 - 4 L 323/09 - juris Rn. 22; FG Hamburg, Beschluss vom 16.09.2011 - 4 V 133/11 - juris Rn. 22). Bei dem Typusbegriff handelt es sich um einen komplexen Sammelbegriff, welcher die Erfassung einer Vielzahl unterschiedlicher Phänomene gewährleistet. Der Senat kann hierbei offenlassen, ob die grundlegende Kritik, welche hinsichtlich des Typusbegriffs v. a. im rechtswissenschaftlichen Schrifttum geübt wird (vgl. zu den zentralen Einwänden Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung, 1997, S. 307 ff.; Kuhlen, Typuskonzeptionen in der Rechtstheorie, 1977, S. 87 ff.; Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, 1982, § 9), berechtigt ist; jedenfalls vermag der Senat diese Bedenken im Kontext der zutreffenden dogmatischen Erfassung der steuerrechtlichen Kompetenztitel des Grundgesetzes nicht zu teilen. Denn dies widerspräche der in der Rechtsprechung (v.a. des Bundesverfassungsgerichts, s.o.) und in der Rechtswissenschaft vorgenommenen Einordnung und begrifflichen Erfassung der steuerlichen Kompetenzordnung des Grundgesetzes (s. hierzu Vogel/Walter in Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rn. 94 ff., 99 ff. mit weiteren Nachw.; s. zur Kompetenz als Typus auch Isensee in Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl., Bd. VI, § 133 Rn. 62; Hartmann, Ein neuer Blick auf die Steuergesetzgebungskompetenzen des Grundgesetzes, DStZ 2012, 205, 206 mit weiteren Nachw.). Ungeachtet der bestehenden rechtstheoretischen Kontroversen ermöglicht das methodengerechte Verstehen und Anwenden der grundgesetzlich geregelten steuerrechtlichen Zuständigkeiten als Typusbegriffe jedenfalls eine rechtsdogmatisch an den Erfordernissen der Zweckmäßigkeit ausgerichtete sachgerechte Erfassung der einzelnen Kompetenztitel, da die so vorgenommene Erfassung gleichermaßen im Sinne einer Variabilität dem historisch gewachsenen - und nicht systematisch rational aufeinander abgestimmten - Bestand der einzelnen Steuerarten ebenso Rechnung trägt wie durch eine gewisse Offenheit der steuerrechtlichen Systematik einer Versteinerung des Steuersystems entgegenwirkt (Isensee in Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl., Bd. VI, § 133 Rn. 62, 65, 68).
51 
Das Bundesverfassungsgericht hat die Aufwandsteuer als Steuer auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit definiert (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - juris Rn. 68 f.; ebenso BVerwG, Urteil vom 11.07.2012 - 9 CN 1.11 - juris Rn. 13). Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 105 Abs. 2a GG knüpft die Kompetenz zum Erlass einer Aufwandsteuer im Sinne von § 9 Abs. 4 KAG nach Auffassung des Senats an folgende den Typus prägenden Merkmale an (vgl. Englisch in Leitgedanken des Rechts, Festschrift für Paul Kirchhof, 2013, Bd. II § 190 Rn. 9 ff. mit weiteren Nachweisen): 1. an den Einsatz finanzieller Mittel unter Verwendung von Einkommen und/oder Vermögen für das Halten einer Sache oder die Aufrechterhaltung eines tatsächlichen oder rechtlichen Zustands, welcher den privaten Gebrauch von Gütern oder Leistungen ermöglicht (Aufwand); 2. zielt eine Aufwandsteuer darauf ab, die in der Einkommens- und/oder Vermögensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf als privater Konsum zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit zu erfassen, was bei einem ausschließlich betrieblichen Aufwand oder im Falle der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (BVerwG, Urteil vom 27.06.2012 - 9 C 2.12 - juris Rn. 11) zu verneinen ist; 3. können Aufwandsteuern als direkte oder indirekte Steuern erhoben werden, weshalb - was sich bei der direkten Erhebung zeigt - die Überwälzbarkeit sich nicht als typusprägendes Merkmal im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG, sondern als materielles Rechtsmäßigkeitsmerkmal darstellt (FG Bad.-Württ., Urteil vom 11.01.2012 - 11 V 2661/11 - juris - unter Anknüpfung an BVerfG, Urteil vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - juris Rn. 53).
52 
Der Typusbegriff stellt ein elastisches Merkmalsgefüge dar, welches Eigenschaften nach Maßgabe von Merkmalen ordnend gruppiert, wobei grundsätzlich nicht alle Merkmale zugleich erfüllt sein müssen. Es können auch einige von ihnen im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein oder gar fehlen, ohne dass deshalb die Zugehörigkeit zum Typus entfiele (vgl. NdsOVG, Urteil vom 16.05.2012 - 7 LC 15/10 - juris Rn. 29 mit weiteren Nachw.; FG Hamburg, Beschluss vom 16.09.2011 - 4 V 133/11 - juris Rn. 22). Im Falle der typusbegrifflichen Erfassung von - wie vorliegend - Kompetenznormen ist jedoch, um einer Kompetenzbeliebigkeit entgegenzuwirken und dem Grundsatz der Formenbindung und Formenstrenge von Kompetenznormen (s. hierzu BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - juris Rn. 52) Rechnung zu tragen, jedenfalls das gänzliche Fehlen eines der oben angeführten typenprägenden Merkmale für den Erlass einer Aufwandsteuer i.S.d. § 9 Abs. 4 KAG - hier insbesondere des Merkmals Aufwand - unzulässig. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht bei Unentgeltlichkeit einen Aufwand (nur) dann angenommen, wenn ein (vorliegend nicht gegebener, s. dazu unten I.2.) zurechenbarer Drittaufwand vorliegt (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - juris Rn. 77). Das Bundesverwaltungsgericht hat die Frage nach der Besteuerbarkeit von unentgeltlichen Vergnügen zunächst offengelassen (BVerwG, Urteil vom 28.06.1974 - VII C 22.73 - juris Rn. 25), jedoch inzwischen eine Aufwandsteuer bei fehlendem Aufwand ebenfalls verneint (BVerwG, Urteil vom 29.11.1991 - 8 C 107.89 - juris). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, wonach eine fehlende Entgeltlichkeit und damit das Nichtvorliegen eines Aufwands mit dem Charakter einer Aufwandsteuer nicht zu vereinbaren ist (Senatsurteile vom 07.06.1994 - 2 S 2219/93, Seite 5, und vom 03.07.2014 - 2 S 3/14 - juris Rn. 24; ebenso ThürOVG, Urteil vom 22.09.2008 - 3 KO 247/04 - juris Rn. 73; Beschluss vom 25.05.2004 - 4 ZKO 890/00; VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 11.04.2014 - 1 L 215/14.NW - juris Rn. 7).
53 
Unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze ergibt sich bei - wie vorliegend - fehlendem Aufwand insoweit die formelle Rechtswidrigkeit und damit Unwirksamkeit der angefochtenen kommunalen Satzungsregelungen (dazu I.). Eine geltungserhaltende Reduktion auf einen besteuerbaren Aufwand scheidet letztlich wegen des gewählten Steuermaßstabs aus (dazu II.).
I.
54 
Vorliegend ist ein durch eine Aufwandsteuer besteuerbarer Aufwand im Sinne von § 9 Abs. 4 KAG i.V.m. Art. 105 Abs. 2a GG nicht gegeben.
55 
1. Aufwandsteuern besteuern das Halten bzw. den Gebrauch von Gütern und Dienstleistungen. Sie sind Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - juris Rn. 68 f.). Die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist „maßgebend für den Charakter“ der Aufwandsteuer und „das wesentliche Merkmal des Begriffs der Aufwandsteuer“ (BVerfG, aaO, Rn. 68, 73). Die Einkommensverwendung umfasst die Verwendung jeglicher finanzieller Mittel und ist nicht auf die Verwendung von Einkommen im steuerrechtlichen oder finanzwissenschaftlichen Sinn beschränkt. Angesichts der Vielfalt der wirtschaftlichen Vorgänge und rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten wäre eine an die Einkommensverwendung anknüpfende Steuer nicht praktikabel, falls in jedem Fall die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen festgestellt werden müsste. Daher ist ausschlaggebendes Merkmal der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient. Im Konsum äußert sich in der Regel die Leistungsfähigkeit (BVerfG, aaO, Rn. 73).
56 
2. Die Satzung der Antragsgegnerin enthält nicht explizit das Merkmal der Entgeltlichkeit, sondern knüpft in dem streitgegenständlichen Tatbestand an die Wettvermittlung/-veranstaltung in Kombination mit der Möglichkeit des Mitverfolgens von Wettereignissen an. Hinsichtlich des Elements des Mitverfolgens der Wettereignisse ist rein tatsächlich weder (substantiiert) dargetan noch ersichtlich, dass hiermit typischerweise bzw. in der Regel ein Aufwand im Sinne von offener und/oder verdeckter Entgeltlichkeit einhergeht (zur Wettvermittlung/-veranstaltung s. unten II.). Eine solche im Sinne eines „Aufwands“ grundsätzlich erforderliche Entgeltlichkeit kann in rechtlich zulässiger Weise insbesondere weder im Drittaufwand des Wettbürobetreibers - in Gestalt der Kosten für Anschaffung und Betrieb der Monitore, der Kosten für das Ausstrahlen von Wettereignissen u.a. - noch in den spiegelbildlich hierzu ersparten Aufwendungen des Wettenden bzw. sich Vergnügenden zum Anknüpfungspunkt einer Steuer im Sinne von § 9 Abs. 4 KAG i.V.m. Art. 105 Abs. 2a GG gemacht werden.
57 
Die Besteuerung von Unentgeltlichem als Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit findet sich zwar als Phänomen im Steuerrecht (z.B. in § 3 Abs. 1b sowie Abs. 9a i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG; § 21 Abs. 2 EStG), bedarf jedoch als Ausnahmeerscheinung einer (besonderen) sachlichen Rechtfertigung, um so mit der jeweiligen steuerlichen Kompetenznorm in Einklang gebracht werden zu können. So zählt beispielsweise zu den nach § 21 Abs. 2 EStG besteuerbaren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch der Nutzwert eines der dort genannten, dem Steuerpflichtigen unentgeltlich überlassenen Wirtschaftsgüter. Der Normgeber behandelt hierbei unter Berücksichtigung wertender Kriterien - etwa dem Interesse der Steuergerechtigkeit - die ersparten Aufwendungen des unentgeltlichen Nutzers als „Leistungen an sich selbst“ bzw. ihm zuzurechnende Einkünfte (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - juris Rn. 86). Die sachlich-kompetenzielle Rechtfertigung liegt darin, dass Entstehung und Verwendung uno actu bei derselben Besteuerungseinheit erfolgen, Einkommensentstehung und Einkommensverwendung in sachlicher und/oder persönlicher Hinsicht zusammenfallen und nach wertenden Gesichtspunkten mit einer Einkommens(entstehungs)steuer besteuerbar behandelt werden können.
58 
Mit vergleichbaren Erwägungen kann jedoch nicht eine an das unentgeltliche Mitverfolgen von Wettereignissen anknüpfende Vergnügungssteuer gerechtfertigt werden. Zwar genügt grundsätzlich auch ein sog. Drittaufwand zur Bejahung eines Aufwands (BVerfG, Beschluss vom 07.05.1963 - 2 BvL 8/61, 2 BvL 12 BvL 10/61 - juris Rn. 42; Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - juris Rn. 73; BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 C 7.08 - juris Rn. 26; Urteil vom 11.07.2012 - 9 CN 1.11 - juris Rn. 13). Der Drittaufwand des Wettbürobetreibers kann vorliegend jedoch unter wertenden Gesichtspunkten nicht dem sich - bezogen auf das Mitverfolgen von Wettereignissen - unentgeltlich Vergnügenden zugerechnet werden.
59 
Bei der unter dem Gesichtspunkt der Finalität der Aufwendungen feststellbaren Gemengelage von Einkommensentstehung bzw. Einkommenserzielung auf Seiten des Wettbürobetreibers einerseits und vorliegend streitiger Einkommensverwendung auf Seiten der ersparten Aufwendungen des sich Vergnügenden andererseits liegt - im Gegensatz zu dem oben angeführten Fall des § 21 Abs. 2 EStG - keine personelle Identität der Besteuerungseinheit vor. Der Wettbürobetreiber, welcher den zur Einkommenserzielung dienenden (Dritt-)Aufwand betreibt, und der sich mit fremdem bzw. erspartem Aufwand Vergnügende sind personenverschieden.
60 
Der Zurechnung der Aufwendungen des Wettbürobetreibers als fiktive Aufwendungen des sich Vergnügenden steht auch entgegen, dass es sich bei dem mit einer Aufwandsteuer besteuerbaren Aufwand stets um einen privaten, mit der persönlichen Lebensführung zusammenhängenden Aufwand und nicht um eine gewerbliche Investition handeln muss.
61 
Bei wertender Betrachtung steht bei dem Aufwand des Wettbürobetreibers der Zweck der Einkommenserzielung im Vordergrund und bildet dessen Schwerpunkt (s. zur finalitätsbezogenen Bestimmung des Aufwands: BVerwG, Urteil vom 11.07.2012 - 9 CN 1.11 - juris Rn. 14 ff.). Die Einkommensverwendung des sich Vergnügenden in Gestalt fiktiver bzw. ersparter Aufwendungen ist bloße Folge des bei finaler Betrachtung zunächst rein einkommenserzielenden Zwecken dienenden Drittaufwands des Wettbürobetreibers. Es bedeutete die Verkehrung von Grund und Folge, wenn man in den gewerblichen Aufwendungen für die Ermöglichung des Mitverfolgens von Wettereignissen auch dem sich Vergnügenden zurechenbare Aufwendungen sähe.
62 
Gegen die Zulässigkeit der Berücksichtigungsfähigkeit eines solchen Doppelzwecks bzw. einer Doppelnatur spricht die allgemein anerkannte kategoriale Scheidung steuerrechtlicher Systematik, welche eine eindeutige Zuordenbarkeit von Einkommensverwendungs- und Einkommensentstehungssteuern nach Zielsetzung und Zweck voraussetzt. Die Anerkennung von Mischformen in der Art eines melangeartigen Ineinanders von Einkommenserzielung und Einkommensverwendung würde eine nicht zuletzt aus Kompetenzgründen erforderliche eindeutige Grenzziehung der einzelnen Steuerarten verwischen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.07.2012 - 9 CN 1.11 - juris Rn. 19). Unter Beachtung dessen ist der Aufwand des Wettbürobetreibers als allein einkommenserzielend anzusehen.
63 
Es besteht sonach keine Berechtigung des kommunalen Satzungsgebers einer Aufwandsteuer, im Falle eines unentgeltlichen Aufwands dessen Entgeltlichkeit (wertend) zu fingieren. Die Anerkennung einer solchen Kompetenz des kommunalen Steuernormgebers verwischte und überschritte die steuersystematische Scheidung zwischen Einkommensentstehungs- und Einkommensverwendungssteuern und liefe auf eine unzulässige, weil kompetenzwidrige Aufwandsteuer hinaus. Ansonsten könnte der kommunale Normgeber entgegen der verfassungsrechtlichen Konzeption die in Art. 105 Abs. 2a GG aufgeführte und durch § 9 Abs. 4 KAG weitergeleitete Kompetenz für den Bereich der örtlichen Aufwandsteuern selbst herbeiführen. Das Bundesverfassungsgericht hat in kompetenzrechtlichem Zusammenhang hinsichtlich der Zulässigkeit von Fiktionen darauf hingewiesen, dass sich der Normgeber nicht beliebig Fiktionen bedienen könne. Dem Normgeber seien u.a. Grenzen dadurch gesetzt, dass bei Bezugnahme auf bestehende Begriffe der allgemeinen Rechtsordnung diese nicht mit beliebigem Inhalt ausgefüllt werden könnten (BVerfG, Urteil vom 27.07.1971 - 2 BvF 1/68, 2 BvR 702/68 - juris). Das Merkmal des Aufwands ist wesentliches Merkmal des Begriffs der Aufwandsteuer (s. bereits oben unter I.1.) und kann dementsprechend bei seinem Fehlen - wie vorliegend - auch nicht im Wege einer Fiktion bejaht werden.
II.
64 
Eine geltungserhaltende Reduktion auf Fallkonstellationen mit entgeltlichem Aufwand scheidet aus.
65 
Es ist zwar nicht ausgeschlossen, eine - wie vorliegend - rechtswidrige, weil an einen unentgeltlichen Aufwand anknüpfende Aufwandsteuer geltungserhaltend auf eine grundsätzlich insoweit rechtlich zulässige Aufwandsteuer, welche an einen entgeltlichen Aufwand anknüpft, zu reduzieren. Denn grundsätzlich ist der Umstand, dass eine Vergnügungssteuer sich - wie vorliegend -nicht ausdrücklich auf entgeltliche Veranstaltungen beschränkt, unerheblich (Senatsurteil vom 23.02.2011 - 2 S 196/10 - juris Rn. 53). Sie kann ggf. dahingehend ausgelegt werden, dass von dem Tatbestand allein ein entgeltliches Vergnügen erfasst wird (Senatsurteil vom 23.02.2011, aaO). Eine entsprechende Satzung, welche nicht explizit das Merkmal der Entgeltlichkeit des Vergnügens enthält und sonach dem Wortlaut nach entgeltliche und unentgeltliche Vergnügungen gleichermaßen erfasst, kann daher, soweit sie zumindest auch das Merkmal der Entgeltlichkeit enthält, insoweit teilweise gültig sein (Senatsurteil vom 07.06.1994 - 2 S 2219/93, Seite 5). Voraussetzung hierfür ist, dass der gültige, entgeltliche Vergnügen umfassende Teil der Satzung mit dem ungültigen, weil unentgeltliche Vergnügen regelnden Teil der Satzung keine untrennbare Einheit bildet (Senatsurteil vom 07.06.1994, aaO). Von einem entsprechenden hypothetischen Willen des Satzungsgebers wird zwar - ohne dass dies vorliegend entschieden zu werden braucht - mit Blick auf die in § 9 Abs. 4 KAG enthaltene Ermächtigung, welche lediglich die Besteuerung von entgeltlichen Vergnügen gestattet, in der Regel auszugehen sein (Senatsurteil vom 07.06.1994, aaO).
66 
Eine geltungserhaltende Reduktion des streitgegenständlichen Steuertatbestands auf Wettbüros, in denen entgeltlich das Mitverfolgen von Wettereignissen ermöglicht wird, scheidet jedoch aus, da die streitgegenständliche Satzung in der vorliegenden Form auch dann - aus anderen Gründen - rechtswidrig ist. Nach allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen kommt im Wege der geltungserhaltenden Reduktion nur die Rückführung eines rechtsfehlerhaften Rechtsakts auf einen rechtsfehlerfreien Rechtsakt in Betracht. Daran fehlt es im Fall der geltungserhaltenden Reduktion auf einen entgeltlichen Aufwand. Denn auch das Abstellen auf das Element der Wettvermittlung/-veranstaltung bzw. auf ein Entgelt in Form eines Wetteinsatzes oder sonstigen Entgelts rechtfertigt keine kommunale Besteuerung. Die Erfassung von Wetteinsätzen in Wettbüros unter Ausscheiden der Wetteinsätze bei reiner Wettannahme knüpft in einer für eine Aufwandsteuer systemwidrigen Weise an einen mit dem besteuerten Aufwand verfolgten (weiteren) Zweck an (dazu 1.). Ein entgeltlicher Aufwand wäre im Übrigen nur durch einen wirklichkeitsnäheren, an das jeweilige Entgelt anknüpfenden Steuermaßstab besteuerbar (dazu 2.).
67 
1. Die streitgegenständliche Vergnügungssteuer knüpft an die Wettvermittlung/-veranstaltung in Kombination mit dem Ermöglichen des Mitverfolgens von Wettereignissen in Wettbüros an. Weder der Wortlaut der streitgegenständlichen Satzung enthält explizit ein Erfordernis der Entgeltlichkeit, noch ist ersichtlich oder substantiiert dargetan, dass - das Mitverfolgen der Wettereignisse als Vergnügen unterstellt - das besteuerte Vergnügen tatsächlich entgeltlich ist. Vielmehr leistet der sich Vergnügende als (ggf. zugleich) Wettender einen Wetteinsatz. Dieser Einsatz kann offen und/oder verdeckt geleistet werden. Offen ist ein Einsatz hierbei, wenn objektiv für jeden erkennbar ein Vermögenswert des Teilnehmers der Wette an den Veranstalter der Wette und/oder den Betreiber des Wettbüros als Vermittler fließt, und subjektiv der Teilnehmer diesen Einsatz gezielt u.a. für die Teilnahme an der Wette aufwendet. Verdeckt ist eine Einsatzleistung, wenn nicht ohne weiteres objektiv und/oder subjektiv erkennbar ist, dass ein Vermögenswert u.a. für die Teilnahme an der Wette fließt (vgl. Koch, Gewinnspiele im Steuerrecht, 2006, S. 25 ff.; Birk/Brüggemann in Dietlein u.a., Glücksspielrecht, 2. Aufl., RennwLottG § 17 Rn. 8 f.). Für das Vorliegen einer Entgeltlichkeit ist entscheidend, ob und inwieweit ein Vermögenswert in Form eines offenen und/oder verdeckten Wetteinsatzes nicht nur als Gegenleistung für die eingeräumte Gewinnmöglichkeit, sondern auch für das Mitverfolgen der Wettereignisse zu qualifizieren ist. Eine Entgeltlichkeit in diesem Sinne scheidet somit aus, wenn die Möglichkeit des Mitverfolgens auch ohne Wette besteht und genutzt wird.
68 
Soweit der Besuch und das Verweilen im Wettbüro zum Abschluss einer Wette verpflichtet oder rein tatsächlich auf Grund eines Entschlusses des Wettkunden dazu führt, könnten im Wetteinsatz (s. zum Inhalt des Wettverträgen Brüggemann, Die Besteuerung von Sportwetten im Rennwett- und Lotteriegesetz, 2015, S. 37 ff.) offen und/oder verdeckt als Nebenleistung zur Wette Dienstleistungen wie das Mitverfolgen der Wettereignisse mit enthalten und abgegolten sein.
69 
Für diesen Fall einer Entgeltlichkeit in Form eines Wetteinsatzes gilt Folgendes: Unbesehen davon, ob die Leistungen im Wettbüro (des Veranstalters/Vermittlers der Wette und/oder des Betreibers des Wettbüros) überhaupt in Einzelleistungen zerlegt werden können (vgl. hierzu Birk/Brüggemann in Dietlein u.a., Glücksspielrecht, 2. Aufl., RennwLottG § 17 Rn. 9 f. mit weiteren Nachw.), bildet die Wette bzw. die Einräumung der Gewinnmöglichkeit (unabhängig von der Höhe des Einsatzes und der Höhe der Gewinnmöglichkeit) bei wertender Betrachtung als Hauptleistung den Schwerpunkt der Leistungen. Das Mitverfolgen der Wettereignisse tritt demgegenüber als bloße Nebenleistung zurück. Der Zweck des Wettbüros besteht in erster Linie in der Veranstaltung bzw. dem Vermitteln von Wetten. Das Ermöglichen des Mitverfolgens der Wettereignisse soll diesen Zweck fördern durch die Steigerung der Attraktivität des Wettbüros sowie der Wettumsätze und erfolgt gleichsam bei Gelegenheit des Wettgeschäfts. Abzustellen ist hierbei auf den Gesamtcharakter der Veranstaltung (OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 26.08.2009 - 14 B 86/09 - juris Rn. 6). Der Wettkunde betreibt den Wettaufwand primär wegen der Teilnahme an der Wette und nicht wegen des im Hintergrund ermöglichten Mitverfolgens der Wettereignisse.
70 
Zudem gilt der steuerrechtliche Grundsatz, wonach Nebenleistungen das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen (BFH, Urteil vom 23.02.1961 - V 262/58 U - juris Rn. 14 mit weiteren Nachw.). Dies muss insbesondere im vorliegenden Kontext beachtet werden, da mit der Qualifikation als Wetteinsatz und damit der Besteuerung nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz eine Befreiung von der Umsatzsteuer einhergeht (§ 4 Nr. 9 lit. b Satz 1 UStG). Dementsprechend ist anerkannt, dass neben offenen auch verdeckte Wetteinsätze (z.B. in Form einer Bearbeitungsgebühr, Schreib- und Kollektionsgebühr, Servicegebühr o. ä. für Vermittlungs- und/oder Serviceleistungen) bei der Bemessung der Steuer nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz zu berücksichtigen sind (BFH, Urteil vom 19.08.2009 - II R 16/07 - juris Rn. 10; FG Hannover, Urteil vom 27.02.2007 - 3 K 91/06 - juris; Englisch in Streinz u.a., Glücks- und Gewinnspielrecht in den Medien, 2014, Syst. Darst. Rn. 73; ausführlich Brüggemann, Die Besteuerung von Sportwetten im Rennwett- und Lotteriegesetz, 2015, S. 194 ff., 284 ff.).
71 
Demnach ist auch ein Entgelt für das Mitverfolgen der Wettereignisse in Form eines (erhöhten) Wetteinsatzes wertungsmäßig dem Wetteinsatz zuzurechnen und kann aus diesem Grund nicht als Anknüpfungspunkt für das Vorliegen eines mit einer Vergnügungssteuer besteuerbaren Aufwands herangezogen werden. Denn dadurch würde gleichheitswidrig und bezogen auf eine Aufwandsteuer systemfremd der mit dem Wetteinsatz über die Teilnahme an der Wette hinaus weiter verfolgte Zweck zum Grund der Steuerpflicht. Dies zeigt sich in den Fällen, in welchen zugleich eine reine Wettannahme und daneben ein Wettbüro betrieben wird und der Preis bzw. Einsatz für die Wetten gleich hoch sind. Steckt in dem Wetteinsatz offen und/oder verdeckt ein Anteil für das ermöglichte Mitverfolgen der Wettereignisse und soll letztlich nur eine Besteuerung des Vergnügens der Wettbürokunden erreicht werden, so müsste auf den verfolgten Zweck - also die beabsichtigte Nutzung des Wettbüros mit Aufenthalt oder beabsichtigte Nutzung der reinen Wettannahme ohne Aufenthalt - derjenigen abgestellt werden, welche den Wetteinsatz leisten. Das Wesen der Aufwandsteuer schließt jedoch aus, für die Steuerpflicht auf eine wertende Betrachtung der Absichten und verfolgten ferneren Zwecke, die dem Aufwand zu Grunde liegen, abzustellen. Maßgeblich darf allein der isolierte Vorgang des Konsums als Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -juris Rn. 97; ebenso BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 C 7.08 - juris Rn. 16).
72 
Daher braucht die (weitere) Frage, ob angesichts der in solchen Fällen bereits erfolgenden Besteuerung nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz eine unzulässige Doppelbesteuerung unter dem Gesichtspunkt der Gleichartigkeit vorliegen würde, nicht (mehr) entschieden zu werden.
73 
2. Soweit für den Besuch und das Verweilen im Wettbüro ein sonstiges Entgelt, z.B. in Form eines Eintrittsgeldes, einer Verzehrpflicht u.a., erhoben wird, gilt - wie auch für die Fälle der Entgeltlichkeit in Form von Wetteinsatz - Folgendes: Die Vergnügungssteuer in Form der Wettbürosteuer knüpft an die Wettvermittlung/-veranstaltung in Kombination mit dem Ermöglichen des Mitverfolgens von Wettereignissen in Wettbüros an. Steuerschuldner ist der Veranstalter des Vergnügens. Eigentliches Steuergut ist gleichwohl der (vorauszusetzende) Vergnügungsaufwand des einzelnen Spielers, da die Vergnügungssteuer darauf abzielt, die mit der Einkommensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Damit ist der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand der sachgerechteste Maßstab für eine derartige Steuer.
74 
Der Gesetzgeber ist indes verfassungsrechtlich nicht auf einen derartigen Wirklichkeitsmaßstab beschränkt. Der weitgehenden Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber bei der Erschließung einer Steuerquelle in Form des Vergnügungsaufwands des Einzelnen gerade auch bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabs hat, wird durch Art. 3 Abs. 1 GG erst dort eine Grenze gesetzt, wo eine gleiche oder ungleiche Behandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre. Die Gerichte haben nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen nachzuprüfen, nicht aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat. Wählt der Satzungsgeber im Vergnügungssteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabs einen anderen (Ersatz- bzw. Wahrscheinlichkeits-)Maßstab, so ist er allerdings auf einen solchen beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich macht, weil ein anderer Maßstab dem Wesen der Vergnügungssteuer fremd, also nicht sachgerecht und deshalb mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nicht zu vereinbaren wäre. Der Rechtfertigungsbedarf für die Wahl eines Ersatzmaßstabs wird dabei umso höher, je weiter sich der im Einzelfall gewählte Maßstab von dem eigentlichen Belastungsgrund entfernt. Der Ersatzmaßstab muss jedenfalls einen zumindest lockeren Bezug zu dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers der Einrichtung aufweisen, der die Erfassung seines Vergnügungsaufwands wenigstens wahrscheinlich macht. Der Ersatzmaßstab muss darüber hinaus auch sachlich gerechtfertigt sein, d.h. dem Satzungsgeber darf kein evident sachnäherer Wahrscheinlichkeitsmaßstab zur Verfügung stehen. (Senatsurteile vom 23.02.2011 - 2 S 196/10 - juris Rn. 59 ff. und vom 13.12.2012 - 2 S 1010/12 - juris Rn. 56 mit weiteren Nachw.).
75 
Der in der streitgegenständlichen Satzung gewählte Flächenmaßstab genügt diesen Voraussetzungen weder bei einem sonstigen Entgelt noch bei einem Entgelt als Teil des Wetteinsatzes. Denn der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand ist der sachgerechteste Maßstab für eine derartige Steuer (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - juris Rn. 56 ff.). Bei einem sonstigen Entgelt liegt dies bereits auf der Hand. Zudem ist weder (substantiiert) dargetan noch ersichtlich, dass der Fall einer Entgeltlichkeit in Form von sonstigem Entgelt rein tatsächlich einen typischen Fall beim Betrieb von Wettbüros darstellt (s. zur Branchenunüblichkeit bereits versteckter Einsätze Englisch in Streinz u.a., Glücks- und Gewinnspielrecht in den Medien, 2014, Syst. Darst. Rn. 73). Es braucht daher nicht entschieden zu werden, ob auch unter diesem Gesichtspunkt eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt. Denn der Satzungsgeber darf im Falle einer Typisierung nicht einen atypischen Fall als Leitbild wählen (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - juris Rn. 55).
76 
Auch bezüglich des Wetteinsatzes als Entgelt wäre - unbesehen der bereits oben (s. II.1.) festgestellten Systemwidrigkeit - eine Besteuerung nach dem gewählten Flächenmaßstab unzulässig. Der Wetteinsatz hinsichtlich der Steuer nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz könnte auch hinsichtlich der Vergnügungssteuer als das betragsmäßig jeweils feststehende Entgelt für das Mitverfolgen der Wettereignisse zur Bemessungsrundlage und zum Steuermaßstab gemacht werden. Durch einen Flächenmaßstab würde dagegen der unterstellte entgeltliche Vergnügungsaufwand nicht hinreichend realitätsnah abgebildet.
77 
Auch einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab rechtfertigende Manipulationsmöglichkeiten (s. hierzu Senatsurteil vom 24.08.2006 - 2 S 1218/05 - juris Rn. 37 ff.) sind weder bei sonstigem Entgelt noch bei Entgelt in Form des Wetteinsatzes substantiiert dargetan oder ersichtlich. Denn besteuerbar ist nach dem streitgegenständlichen Steuertatbestand nicht das tatsächliche Mitverfolgen, sondern das Vermitteln und/oder Veranstalten von Pferde- oder Sportwetten in Einrichtungen (Wettbüros), die neben der Annahme von Wettscheinen auch das Mitverfolgen der Wettereignisse ermöglichen. Insoweit besteht kein sachlicher Unterschied zwischen den als Bemessungsgrundlage der Steuer nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz zu erfassenden Wetteinsätzen und den vergnügungssteuerlich zu erfassenden Entgelten für das Mitverfolgen der Wettereignisse. Der Wetteinsatz bzw. ein sonstiges Entgelt stehen beide betragsmäßig fest und können demgemäß erfasst werden. Bedenken mit Blick auf die Manipulationssicherheit bestehen im Rahmen der Steuer nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz insoweit nicht (s. zum Steuerverfahren ausf. Brüggemann, Die Besteuerung von Sportwetten im Rennwett- und Lotteriegesetz, 2015, S. 239 ff., u.a. zum Anmeldeverfahren gemäß § 31a Abs. 3 RennwLottGABest, den umfassenden Aufzeichnungspflichten gemäß § 20 RennwLottG sowie der Wahrung des Steuervollzugs). Von daher besteht kein Anlass, hiervon bei der realitätsgerechteren Erfassung von sonstigen Entgelten - deren Vorhandensein als gegeben unterstellt - abzuweichen.
78 
Die Wahl des danach nicht wirklichkeitsgerechten Besteuerungsmaßstabs ist für das Vorliegen der Kompetenz aus § 9 Abs. 4 KAG i.V.m. Art. 105 Abs. 2a GG (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - juris Rn. 44, 52) zwar ohne Einfluss, jedoch materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung. Dies bedeutet, dass im Falle der Entgeltlichkeit bei nicht realitätsgerechtem Maßstab die entsprechende Aufwandsteuer zwar kompetenzgemäß, jedoch materiell rechtswidrig ist und bereits damit eine geltungserhaltende Reduktion ausscheidet. Auf die materielle Rechtmäßigkeit im Übrigen (u.a. Abwälzbarkeit, fehlende Gleichartigkeit) kommt es nach dem Vorgesagten nicht mehr an.
III.
79 
Die vorliegende Entscheidung ist allgemein verbindlich und von der Antragsgegnerin gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Hs. 2 VwGO ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre.
80 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil einer der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Mai 2006 - 16 K 4146/05 - wird abgelehnt.

Dem Kläger wird für das Berufungszulassungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt ..., Stuttgart, beigeordnet. Ratenzahlungen sind nicht zu leisten.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der auf das Bestehen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils und auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO) gestützte Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht gestellt und begründet worden (vgl. § 124 a Abs. 4 VwGO). Der Antrag ist jedoch nicht begründet, da keiner der behaupteten Zulassungsgründe vorliegt (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Der Rechtssache kommt zunächst nicht die von der Beklagten behauptete grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu. Dieser Zulassungsgrund liegt vor, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine grundsätzliche, obergerichtlich oder höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre und deren Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Im Antrag auf Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung ist die Rechtsfrage, die grundsätzlich geklärt werden soll, zu bezeichnen und zu formulieren. Es ist darüber hinaus näher substantiiert zu begründen, warum sie für grundsätzlich und klärungsbedürftig gehalten wird und weshalb die Rechtsfrage entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 124 Rn. 10; Marx, AsylVfG, 6. Aufl., Rn. 56 f. zu § 78 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.05.1997 - 16 S 1388/97 -, AuAS 1997, 261). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Als grundsätzlich klärungsbedürftig wirft die Beklagte die Frage auf,
„ob ein Widerruf des einem Ausländer erteilten Aufenthaltstitels nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG bereits erfolgen kann, bevor der Widerruf der hinsichtlich des Ausländers getroffenen Feststellung zu § 60 Abs. 1 AufenthG bestandskräftig geworden ist.“
Diese Frage ermöglicht dem Senat die Zulassung der Berufung nicht. Denn sie würde sich dem Senat in dem von der Beklagten angestrebten Berufungsverfahren so nicht stellen. Der Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 14.04.2004, mit dem die mit Bescheid vom 11.01.1996 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG im Fall des Klägers vorliegen, widerrufen worden ist, war im Zeitpunkt der die Widerrufsverfügung der Beklagten nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG bestätigenden Widerspruchsentscheidung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.11.2005 - und ist im übrigen auch bislang - nicht unanfechtbar geworden. Der Kläger hat dagegen nämlich rechtzeitig Klage erhoben, über die noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Der Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 11.04.2004 war - und ist - auch nicht, was zulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.05.2003 - 1 C 15.02 -, AuAS 2006, 56 und Schäfer in: GK-AsylVfG, Stand: Juni 2006, § 73 Rn. 143), im Hinblick auf die nach § 75 AsylVfG gegebene aufschiebende Wirkung einer solchen Klage für sofort vollziehbar erklärt worden. Bei dieser Sachlage würde sich dem Senat in dem von der Beklagten angestrebten Berufungsverfahren jedoch lediglich die vom Verwaltungsgericht im bejahenden Sinne entschiedene Frage stellen, ob der Widerrufsentscheidung der Beklagten nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG nicht (bereits) der Umstand entgegensteht, dass die Widerrufsentscheidung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 11.04.2004 angesichts der aufschiebenden Wirkung der dagegen erhobenen Klage zum maßgeblichen Zeitpunkt ( 17.11.2005 ) nicht vollziehbar war. Diese Frage ist jedoch von der Rechtsprechung bereits grundsätzlich im Sinne der vom Verwaltungsgericht vertretenen Rechtsauffassung entschieden worden. So hat bereits der 11. Senat des beschließenden Gerichtshofs in seinem Urteil vom 13.03.2001 - 11 S 2374/99 - (InfAuslR 2001, 410) zu § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG (der wortgleichen Vorgängerregelung des § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG) folgendes ausgeführt:
„Jedenfalls in Anbetracht der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 23.12.1997 war der Tatbestand des § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG für einen Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnisse der Kläger (Hauptverwaltungsakt) im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung vom 14.10.1998 nicht erfüllt. Das gilt nicht etwa nur bei einem Verständnis der aufschiebenden Wirkung als vorläufige Hemmung der Wirksamkeit des angefochtenen Verwaltungsakts. Begreift man die aufschiebende Wirkung als vorläufige Hemmung der Vollziehbarkeit des angefochtenen Verwaltungsakts, besteht ihre Bedeutung insbesondere darin, dass sie die Behörde einstweilen verpflichtet, Maßnahmen zu unterlassen, welche die Wirksamkeit des angefochtenen Verwaltungsakts voraussetzen (siehe zu der aufschiebenden Wirkung - von der nach § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt erfasst wird - im Sinn der sog. Vollziehbarkeitstheorie BVerwG, Urteil vom 21.06.1991, BVerwGE 13, 1; zu dem Theorienstreit mit weiteren Nachweisen Eyermann/Schmidt, VwGO, 11. Aufl., 2000, § 80 Rn. 6). Auch insoweit konnte daher im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung vom 14.10.1998 nicht von einer Gestaltungswirkung der Entscheidung des Bundesamtes ausgegangen werden, die als tatbestandliche Grundlage für einen Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnisse der Kläger aktuell hätte herangezogen werden können. Aus der Regelung in § 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG ergibt sich nichts Gegenteiliges. Danach lassen Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen Verwaltungsakts, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Das betrifft Verwaltungsakte nach dem Ausländergesetz. Die Regelung kann nicht - ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage - mittelbar auf Verwaltungsakte nach dem Asylverfahrensgesetz ausgedehnt werden (so mit Recht: Westphal, in: Huber, Handbuch des Ausländer- und Asylrechts, § 43 AuslG RdNr. 72; offenbar anders: Hailbronner, Ausländerrecht, § 43 AuslG RdNr. 16 a). Im übrigen ist ein Widerruf der Asylanerkennung kein Verwaltungsakt, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet. Er führt als solcher keineswegs zu Beendigung des Aufenthaltsrechts. Die Norm des § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG zeigt gerade, dass es zur Beendigung des Aufenthaltsrechts eines konstitutiven Verwaltungsakts der Ausländerbehörde bedarf, wobei insoweit zudem Ermessenserwägungen anzustellen sind."
Dieser vom 11. Senat des beschließenden Gerichtshofs zu § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG vertretenen Auffassung, die angesichts der Tatsache, dass § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG mit § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG wörtlich übereinstimmt und nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 15/420 [90] zu Abs. 1) inhaltlich dieser Regelung entsprechen sollte, ohne weiteres auch im Rahmen des § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG zugrunde gelegt werden kann, hat sich der Senat bereits mit Beschluss vom 08.02.2006 - 13 S 18/06 -, ZAR 2006, 112) angeschlossen. Sie wird in der Sache erkennbar auch vom Bundesverwaltungsgericht geteilt. Dies ergibt sich eindeutig aus dessen Urteil vom 13.12.2005 - 1 C 36.04 -, InfAuslR 2006, 289; denn dort führt es ausdrücklich aus:
„Der Kläger, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nach bestandskräftiger Ausweisung geduldet wird, ist aufgrund der unanfechtbaren Feststellung, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (jetzt: § 60 Abs. 1 AufenthG) vorliegen (vgl. §§ 3, 4 AsylVfG), Flüchtling im Sinne dieser Bestimmung. Diese Rechtsstellung hat der Widerruf seiner Flüchtlingsanerkennung durch den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15.08.2005 wegen der gemäß § 75 AsylVfG aufschiebenden Wirkung der vom Kläger hiergegen erhobenen Klage noch nicht beseitigt.“
Die Verbindlichkeit der Entscheidung des Bundesamtes über den Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG/§ 60 Abs. 1 AufenthG für die Ausländerbehörde hat das Bundesverwaltungsgericht ferner auch in seinem Urteil vom 08.05.2003 (a.a.O.) betont, in dem es ausgeführt hat:
„In Fällen wie dem vorliegenden liegt es vielmehr gerade im Interesse des Asylbewerbers, dass das Bundesamt zu seinen Gunsten zunächst die konstitutiv wirkende ... Anerkennung ausspricht. Nur dann kommt er nämlich in den Genuss sämtlicher Rechtswirkungen der Flüchtlingsanerkennung, die über die erwähnten Begünstigungen durch die gerichtliche Entscheidung weit hinausgehen und die ihm auch bei einem späteren Widerruf durch die aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln (§ 75 AsylVfG) oder im Falle der Anordnung sofortiger Vollziehung durch die erfolgreiche Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes bis zur Entscheidung in der Hauptsache vorläufig erhalten bleiben.“
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Auch die weitere von der Beklagten sinngemäß als grundsätzlich bezeichnete Frage, ob es § 4 AsylVfG tatsächlich gebiete, vom Widerruf der Aufenthaltserlaubnis bis zum Eintritt der Bestandskraft des Widerrufs einer Flüchtlingsanerkennung abzusehen, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Auch sie würde sich dem Senat in dem angestrebten Berufungsverfahren angesichts der aufschiebenden Wirkung der vom Kläger gegen die Widerrufsentscheidung des Bundesamtes erhobenen Klage so nicht stellen (vgl. die Ausführungen weiter oben). Überdies hätte der Senat in dem vom Beklagten erstrebten Berufungsverfahren über diese Frage auch nicht zu befinden, da sie für ihn nicht entscheidungserheblich wäre.
11 
Auch eine Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils kommt nicht in Betracht; denn letztlich hat sich die Beklagte in der Antragsbegründung lediglich gegen die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung gewendet, dass ein Widerruf des einem Ausländer erteilten Aufenthaltstitels nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG jedenfalls dann nicht erfolgen kann, solange die Widerrufsentscheidung der Flüchtlingsanerkennung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht vollziehbar ist. Diese vom Verwaltungsgericht vertretene Ansicht erweist sich jedoch als frei von Rechtsfehlern (vgl. die Ausführung weiter oben).
12 
Dem Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war zu entsprechen, weil er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen und es auf die hinreichende Erfolgsaussicht seiner Klage nicht ankommt (vgl. § 166 VwGO i.V.m. § 119 ZPO).
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 39 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.