Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 23. Aug. 2016 - 11 S 1225/16

bei uns veröffentlicht am23.08.2016

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 9. Juni 2016 - 8 K 16/16 - wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Die aufschiebende Wirkung der vom Antragssteller gegen die Ziffer 2 der Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 10.12.2015 erhobenen Klage wird angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.
Der im Beschwerdeverfahren erstmals ausdrücklich formulierte Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, der sich allerdings allein auf die Ziffer 2 der Verfügung vom 10.12.2015 beziehen kann, war bei sachgerechtem Verständnis des Vorbringens im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bereits dort gestellt worden, sodass sich die Frage einer Antragsänderung im Beschwerdeverfahren von vornherein nicht stellt. Zwar mag zunächst das erstrebte Rechtsschutzziel unklar gewesen sein, die im Schriftsatz vom 14.01.2016 erfolgte ausdrückliche Bezugnahme auf die in Ziffer 2 enthaltene Abschiebungsandrohung und die Rüge deren Rechtswidrigkeit, ließ kein anderes Verständnis des Rechtsschutzziels zu.
Der Senat ordnet die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf die Ziffer 2 der Verfügung an, weil nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand erhebliche rechtliche Bedenken gegen deren Rechtmäßigkeit bestehen, die es rechtfertigen, den Antragsteller vorläufig bis zur Entscheidung der Hauptsache von gesetzlichen Vollzugsfolgen (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO) freizustellen. Denn es ist zumindest offen, ob der Antragsteller überhaupt ausreisepflichtig ist (vgl. § 50 Abs. 1 AufenthG) und daher die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 AufenthG vorliegen.
Dieses ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen dahin gehend, dass der Antragsteller mit seiner Geburt und dem anschließenden gemeinsamen Wohnen auf die Dauer von drei Jahren bei seinen Eltern im Bundesgebiet die Rechtsstellung nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 erworben hatte. Der Senat vermag nach Aktenlage auch keine dagegen sprechenden Anhaltspunkte zu erkennen. Nach Aktenlage erwarb der Antragsteller zum 12.04.2001 gem. § 40b StAG neben der weiter bestehenden türkischen Staatsangehörigkeit die deutsche Staatsangehörigkeit und wurde deshalb nach § 29 Abs. 1 StAG in der bis 19.12.2014 geltenden Fassung optionspflichtig. Hiernach hätte er bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres, d.h. bis zum Ablauf des 28.11.2013 eine Erklärung nach § 29 Abs. 2 StAG abgeben und die Aufgabe der türkischen Staatsangehörigkeit nachweisen müssen (vgl. auch Absatz 3), um die deutsche Staatsangehörigkeit beizubehalten. Da er bis zum Ablauf dieser Frist keine Erklärung abgegeben hatte, ging gem. § 29 Abs. 2 Satz 2 a.F. die deutsche Staatsangehörigkeit verloren.
Es muss aber in Betracht gezogen werden, dass der Antragsteller infolge dieses gesetzlich angeordneten Wegfalls der deutschen Staatsangehörigkeit wieder die Rechtsstellung nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 und damit ein Aufenthaltsrecht erworben hat. Zwar ist dem Antragsgegner und dem Verwaltungsgericht im Ausgangspunkt beizupflichten, dass derjenige, der zumindest auch die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, nicht mehr des besonderen Schutzes, den die Rechtstellung nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 für den Familienangehörigen des türkischen Arbeitnehmers begründen soll, bedarf. Die mit der besonderen Rechtsstellung verfolgte Integration des Familienmitglieds (wie aber auch des türkischen Arbeitnehmers, der mit seiner Familie im Aufnahmestaat leben kann) wird in gewisser Weise mit der Einbürgerung vollendet (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2015 - C-171/13 -, juris). Diese Sichtweise ist aber nur dann ohne weiteres konsequent und schlüssig, wenn die Einbürgerung auf Dauer angelegt ist (vgl. auch VG Freiburg, Urteil vom 19.01.2010 - 3 K 2399/08 -, juris), auch wenn sicherlich ein späterer Verlust, etwa im Falle des Erwerbs einer anderen Staatsangehörigkeit (vgl. etwa § 25 StAG) eintreten kann; dieses ändert aber nichts daran, dass die Einbürgerung zunächst auf Dauer angelegt ist. Ist diese aber, wie hier, nur auflösend bedingt durch die unterlassene Abgabe einer entsprechenden Erklärung bis zur Vollendung des 23. Lebensjahrs, so drängt sich die Frage auf, ob der unwiederbringliche Verlust der assoziationsrechtlichen Rechtsstellung noch mit deren Geltungsgrund zu vereinbaren ist; dieses gilt umso mehr, wenn der Erwerb der auflösend bedingten deutschen Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 StAG kraft Gesetzes erfolgt. Aus der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union lassen sich keine eindeutige Aussagen entnehmen, die einen hinreichenden sicheren Schluss in die eine oder andere Richtung zulassen. Der Senat neigt allerdings zu der Sichtweise, dass ausgehend von den mit Art. 7 ARB 1/80 verfolgten Zielen und Zwecke mehr dafür spricht, von einem Wiederaufleben der Rechtsstellung auszugehen. Jedenfalls bedarf es hier im Hauptsacheverfahren zur abschließenden Klärung die Einholung eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs, sofern nicht die hier zugleich erfolgte Ausweisung die Rechtstellung zum Erlöschen gebracht haben sollte (vgl. hierzu im Folgenden).
Allerdings kann die Rechtsstellung nach Art. 7 ARB 1/80 grundsätzlich durch eine Ausweisung, die den Anforderungen des Art. 14 ARB 1/80 i.V.m. Art. 12 Abs. 3 Daueraufenthaltsrichtlinie (entspr.) genügt (vgl. hierzu EuGH, U.v. 08.12.2011 - C-371/08 -, juris; vgl. auch § 53 Abs. 3 AufenthG), zum Erlöschen gebracht werden. Zwar wurde der Antragsteller hier zugleich ausgewiesen. Bislang wurde jedoch die Ausweisung und der der Ausweisung zugrundeliegende Sachverhalt zu keinem Zeitpunkt unter diesem Aspekt des besonderen Ausweisungsschutzes geprüft. Es kann nicht Sache des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes sein, diese Prüfung erstmals vorzunehmen und vollständig nachzuholen, sie muss daher dem Hauptsachverfahren vorbehalten bleiben. Die Tatsache allein, dass die Ausweisung verfügt wurde, genügt hier jedoch nicht, da nach der Rechtsprechung des Senats im Falle einer assoziationsrechtlichen Rechtsstellung § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht anzuwenden ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.11.2010 - 11 S 2328/10 -, juris).
Abschließend weist der Senat den Antragsteller darauf hin, dass der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bindend durch einen auf § 29 Abs. 6 StAG beruhenden unanfechtbaren Bescheid vom 04.12.2013 festgestellt wurde, sodass es auf die Gründe im Einzelnen, weshalb eine Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit nicht rechtzeitig erfolgte, nicht mehr ankommt. Abgesehen davon ist nach Aktenlage auch nicht erkennbar, dass dem Antragsteller in der Haft eine Vorführung zum Generalkonsulat vor Ablauf der Frist endgültig verweigert worden sein könnte. Insbesondere hat der Antragsteller auch nicht um entsprechenden Rechtsschutz nachgesucht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG.
10 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 53 Ausweisung


(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 50 Ausreisepflicht


(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht. (2) Der Ausländer hat da

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(1) Widerspruch und Klage gegen 1. die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels,1a. Maßnahmen nach § 49,2. die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen,2a. Auflagen zur Sicherun

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 4


(1) Durch die Geburt erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ist bei der Geburt des Kindes nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und ist zur Begründung der Abstammung nach d

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 29


(1) Optionspflichtig ist, wer 1. die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 4 Absatz 3 oder § 40b erworben hat,2. nicht nach Absatz 1a im Inland aufgewachsen ist,3. eine andere ausländische Staatsangehörigkeit als die eines anderen Mitgliedstaates der E

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 25


(1) Ein Deutscher verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag oder auf den Antrag des gesetzlichen Vertreters erfolgt, der Vertretene jedoch nur, wenn die Voraussetzu

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 40b


Ein Ausländer, der am 1. Januar 2000 rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist auf Antrag einzubürgern, wenn bei seiner Geburt die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 1 vorgelegen habe

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Tenor Die Klagen werden abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte. Tatbestand   1  Der 1968 geborene Kläger Ziff. 1 und die 1969 geborene Klägerin Zif

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht.

(2) Der Ausländer hat das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen.

(2a) (weggefallen)

(3) Durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen anderen Schengen-Staat genügt der Ausländer seiner Ausreisepflicht nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben.

(4) Ein ausreisepflichtiger Ausländer, der seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will, hat dies der Ausländerbehörde vorher anzuzeigen.

(5) Der Pass oder Passersatz eines ausreisepflichtigen Ausländers soll bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden.

(6) Ein Ausländer kann zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Ein Ausländer, gegen den ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 besteht, kann zum Zweck der Einreiseverweigerung zur Zurückweisung und für den Fall des Antreffens im Bundesgebiet zur Festnahme ausgeschrieben werden. Für Ausländer, die gemäß § 15a verteilt worden sind, gilt § 66 des Asylgesetzes entsprechend.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

Ein Ausländer, der am 1. Januar 2000 rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist auf Antrag einzubürgern, wenn bei seiner Geburt die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 1 vorgelegen haben und weiter vorliegen. Der Antrag kann bis zum 31. Dezember 2000 gestellt werden.

(1) Optionspflichtig ist, wer

1.
die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 4 Absatz 3 oder § 40b erworben hat,
2.
nicht nach Absatz 1a im Inland aufgewachsen ist,
3.
eine andere ausländische Staatsangehörigkeit als die eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt und
4.
innerhalb eines Jahres nach Vollendung seines 21. Lebensjahres einen Hinweis nach Absatz 5 Satz 5 über seine Erklärungspflicht erhalten hat.
Der Optionspflichtige hat nach Vollendung des 21. Lebensjahres zu erklären, ob er die deutsche oder die ausländische Staatsangehörigkeit behalten will. Die Erklärung bedarf der Schriftform.

(1a) Ein Deutscher nach Absatz 1 ist im Inland aufgewachsen, wenn er bis zur Vollendung seines 21. Lebensjahres

1.
sich acht Jahre gewöhnlich im Inland aufgehalten hat,
2.
sechs Jahre im Inland eine Schule besucht hat oder
3.
über einen im Inland erworbenen Schulabschluss oder eine im Inland abgeschlossene Berufsausbildung verfügt.
Als im Inland aufgewachsen nach Satz 1 gilt auch, wer im Einzelfall einen vergleichbar engen Bezug zu Deutschland hat und für den die Optionspflicht nach den Umständen des Falles eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Erklärt der Deutsche nach Absatz 1, dass er die ausländische Staatsangehörigkeit behalten will, so geht die deutsche Staatsangehörigkeit mit dem Zugang der Erklärung bei der zuständigen Behörde verloren.

(3) Will der Deutsche nach Absatz 1 die deutsche Staatsangehörigkeit behalten, so ist er verpflichtet, die Aufgabe oder den Verlust der ausländischen Staatsangehörigkeit nachzuweisen. Tritt dieser Verlust nicht bis zwei Jahre nach Zustellung des Hinweises auf die Erklärungspflicht nach Absatz 5 ein, so geht die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, es sei denn, dass dem Deutschen nach Absatz 1 vorher die schriftliche Genehmigung der zuständigen Behörde zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit (Beibehaltungsgenehmigung) erteilt wurde. Ein Antrag auf Erteilung der Beibehaltungsgenehmigung kann, auch vorsorglich, nur bis ein Jahr nach Zustellung des Hinweises auf die Erklärungspflicht nach Absatz 5 gestellt werden (Ausschlussfrist). Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit tritt erst ein, wenn der Antrag bestandskräftig abgelehnt wird. Einstweiliger Rechtsschutz nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(4) Die Beibehaltungsgenehmigung nach Absatz 3 ist zu erteilen, wenn die Aufgabe oder der Verlust der ausländischen Staatsangehörigkeit nicht möglich oder nicht zumutbar ist oder bei einer Einbürgerung nach Maßgabe von § 12 Mehrstaatigkeit hinzunehmen wäre.

(5) Auf Antrag eines Deutschen, der die Staatsangehörigkeit nach § 4 Absatz 3 oder § 40b erworben hat, stellt die zuständige Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen den Fortbestand der deutschen Staatsangehörigkeit nach Absatz 6 fest. Ist eine solche Feststellung nicht bis zur Vollendung seines 21. Lebensjahres erfolgt, prüft die zuständige Behörde anhand der Meldedaten, ob die Voraussetzungen nach Absatz 1a Satz 1 Nummer 1 vorliegen. Ist dies danach nicht feststellbar, weist sie den Betroffenen auf die Möglichkeit hin, die Erfüllung der Voraussetzungen des Absatzes 1a nachzuweisen. Wird ein solcher Nachweis erbracht, stellt die zuständige Behörde den Fortbestand der deutschen Staatsangehörigkeit nach Absatz 6 fest. Liegt kein Nachweis vor, hat sie den Betroffenen auf seine Verpflichtungen und die nach den Absätzen 2 bis 4 möglichen Rechtsfolgen hinzuweisen. Der Hinweis ist zuzustellen. Die Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes finden Anwendung.

(6) Der Fortbestand oder Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nach dieser Vorschrift wird von Amts wegen festgestellt. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über das Verfahren zur Feststellung des Fortbestands oder Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit erlassen.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Tatbestand

 
Der 1968 geborene Kläger Ziff. 1 und die 1969 geborene Klägerin Ziff. 2 sind Eheleute türkischer Staatsangehörigkeit und halten sich seit 1991 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Nachdem sie am 16.12.1997 durch Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hatten, verloren sie am 22.12.1997 die türkische Staatsangehörigkeit. Auf ihren am 22.04.1999 gestellten Wiedereinbürgerungsantrag erlangten sie am 09.08.2000 die türkische Staatsbürgerschaft zurück. Dadurch verloren sie gem. § 25 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) die deutsche Staatsangehörigkeit wieder. In der Folgezeit waren sie zunächst nicht im Besitz von Aufenthaltserlaubnissen. Erst am 28.04.2006 wurde ihnen gem. § 38 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 5 AufenthG eine für zwei Jahre gültige Aufenthaltserlaubnis erteilt. Am 08.04.2008 wurde die Aufenthaltserlaubnis verlängert. Die Aufenthaltserlaubnis des Klägers Ziff. 1 ist gültig bis 27.08.2011, die der Klägerin Ziff. 2 bis 27.04.2011.
Unter dem 25.04.2008 beantragten die Kläger die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gem. § 9 Abs. 2 AufenthG. Mit Bescheid vom 21.07.2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG sei Voraussetzung für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, dass der Betroffene bei Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit seit fünf Jahren als Deutscher seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet gehabt habe. Dies sei hier nicht der Fall. Auch nach § 9 Abs. 2 AufenthG könne keine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, da die Kläger nicht ununterbrochen seit fünf Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis seien. Auch seien assoziationsberechtigte türkische Arbeitnehmer und deren Familienangehörige hinsichtlich des ununterbrochenen Besitzes der Aufenthaltserlaubnis nicht besser gestellt als andere Ausländer. Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs trugen die Kläger vor, die Zeiten, in denen sie über ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 und 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG Türkei (ARB 1/80) verfügt hätten, müssten als Zeiten eines rechtmäßigen Aufenthalts hinzugerechnet werden. Die Aufenthaltserlaubnis für die Anerkennung des Aufenthaltsrechtes nach ARB 1/80 habe nur deklaratorischen Charakter. Daher seien die Kläger seit mehr als 8 Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis.
Mit Bescheid vom 28.10.2008 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch zurück und verwies zur Begründung im Wesentlichen auf die angefochtene Entscheidung.
Die Kläger haben am 26.11.2008 einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt und zur Begründung auf den Entwurf einer Klage verwiesen. Nachdem die Kammer mit Beschluss vom 18.08.2009, den Klägern am 31.08.2009 zugestellt, Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Prozessbevollmächtigten der Kläger bewilligt hat, haben die Kläger am 03.09.2009 Klage erhoben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung führen sie aus, sie hielten sich seit 01.09.1991 rechtmäßig in Deutschland auf. Der Kläger Ziff. 1 sei seit 1991 bei der Firma ... und ... ... in ... mit einer kurzen Unterbrechung, während der er bei einer anderen Firma gearbeitet habe, beruflich tätig. Als sie die türkische Staatsangehörigkeit wieder erlangt hätten, sei aufgrund der zum 01.01.2000 geänderten Rechtslage der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit eingetreten. Sie hätten weder die neue Rechtslage noch die dadurch entstandenen Konsequenzen gekannt. Als die Beklagte im Jahr 2006 Kenntnis von der türkischen Staatsangehörigkeit erlangt habe, hätten sie eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Die Zeiten der sich aus dem Assoziationsratsbeschluss ergebenden Aufenthaltsrechte seien anzuerkennen. Da sie nichts von dem Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit gewusst hätten, hätten sie auch nicht früher einen Antrag nach § 38 AufenthG gestellt und auch keine Arbeitsgenehmigung beantragt. Das Aufenthaltsrecht aus dem Assoziationsratsbeschluss gehe nur dann wieder verloren, wenn die Berechtigten Deutschland für einen nicht unerheblichen Zeitraum verließen. Entscheidend für die Anwendbarkeit des ARB 1/80 sei die kontinuierlich gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt. Diese bestehe bei vorübergehender Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit fort. Der Kläger habe einen Anspruch auf Erteilung der Arbeitsgenehmigung gehabt. Es liefe daher auf einen reinen Formalismus hinaus, würde man hier einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis vom Vorliegen einer Arbeitsgenehmigung abhängig machen.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 28.10.2008 zu verpflichten, ihnen eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie ergänzend aus, § 9 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG verlange neben der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes außerdem, dass das Recht auch in Form einer Aufenthaltserlaubnis nachgewiesen sei. Die Verpflichtung ergebe sich für die Kläger auch aus § 4 Abs. 5 AufenthG. Der Aufenthaltstitel, den die Kläger vor ihrer 1997 erfolgten Einbürgerung innegehabt hätten, sei mit der Einbürgerung gegenstandslos geworden. Mit dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit seien die sich bis dahin aus Art. 6, 7 ARB 1/80 ergebenden Rechte erloschen. Da sie nicht mehr Ausländer gewesen seien, sei auf sie das Ausländerrecht und damit auch der ARB 1/80 nicht mehr anwendbar gewesen. Dies würde auch gelten, sofern sie die türkische Staatsangehörigkeit neben der deutschen behalten hätten. Auch die Arbeitsgenehmigung, welche vom Bestehen eines Aufenthaltstitels abhängig sei, sei mit der Einbürgerung in den deutschen Staatsverband erloschen. Nach dem Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit habe mangels Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zunächst keine ordnungsgemäße Beschäftigung vorgelegen. Dies habe sich erst ab Erteilung der Aufenthaltserlaubnis im April 2006 geändert. Dass die Kläger von dem automatischen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nach (Wieder)Annahme der türkischen Staatsangehörigkeit nichts gewusst hätten, werde angesichts der damals breiten Diskussion in den Medien stark bezweifelt. Zum anderen ergebe sich aus der damals erfolgten Belehrung im Einbürgerungsverfahren, dass ihnen im Falle des Wiedererwerbs der türkischen Staatsangehörigkeit bewusst gewesen sein müsste, dass sich hieraus negative Folgen - in Form des Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit - für sie ergeben könnten.
10 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Freiburg vor.

Entscheidungsgründe

 
11 
Die Kammer kann mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
12 
Die Klage ist zulässig. Nachdem den Klägern mit dem ihnen am 31.08.2009 zugestellten Beschluss Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten bewilligt worden war, haben sie am 03.09.2009 und damit innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und gleichzeitig Klage erhoben. Auch liegt ein Wiedereinsetzungsgrund vor, da sie wegen Mittellosigkeit zunächst gehindert waren, Klage zu erheben, bevor über ihren Prozesskostenhilfeantrag entschieden wurde. Es ist daher Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Klagefrist zu gewähren.
13 
Die Klage ist aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 21.07.2008 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 28.10.2008 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
14 
Den Klägern steht kein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Danach ist einem ehemaligen Deutschen eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er bei Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit seit 5 Jahren als Deutscher seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte. Diese Voraussetzungen liegen bei den Klägern nicht vor, da sie zum Zeitpunkt des durch Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit eingetretenen Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit (vgl. § 25 StAG) noch nicht einmal drei Jahre lang als Deutsche ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatten.
15 
Ein Anspruch auf Erteilung der Niederlassungserlaubnis folgt auch nicht aus § 9 Abs. 2 AufenthG. Denn es fehlt an der Voraussetzung des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, wonach der Ausländer seit 5 Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sein muss. Zwar stehen - wie die Kammer bereits im Beschluss vom 18.08.2009 ausgeführt hat - nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 08.05.2003 - 1 C 4.02 -, BVerwGE 118, 166, Urt. v. 22.01.2002 - 1 C 6.01 -, BVerwGE 115, 352 und Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 14.97 -, NVwZ 1999, 306 = InfAuslR 1999, 69) dem ununterbrochenen Besitz einer Aufenthaltserlaubnis diejenigen Zeiten gleich, in denen der Ausländer zwar keinen Aufenthaltstitel besessen, aber nach der vom Gericht inzident vorzunehmenden Prüfung einen Rechtsanspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis gehabt hat. Der Verpflichtung zur nachträglichen Erteilung einer befristeten Erlaubnis für die Vergangenheit bedarf es nicht, weil dies auf eine reine Förmlichkeit hinausliefe. Den Klägern stand aber nach Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Dezember 1997 bis zum 27.04.2006, als sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragten, kein Aufenthaltsrecht oder Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu. Zwar lagen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem am 01.01.2005 in Kraft getretenen § 38 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG wohl vor. Die Kläger haben aber den nach §§ 38 Abs. 1 Satz 2, 81 Abs. 1 AufenthG erforderlichen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erst am 27.04.2006 gestellt, so dass für die Zeit davor kein Anspruch auf (nachträgliche) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis besteht. Ein Aufenthaltsrecht aus § 38 AufenthG kann aber nur unter der Bedingung hergeleitet werden, dass ein entsprechender Aufenthaltstitel erteilt wurde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Entsprechendes gilt für die Zeit vor dem 01.01.2005. Zwar kam die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 27 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AuslG in Betracht. Auch insoweit fehlte es aber am erforderlichen Antrag (vgl. §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1 AuslG).
16 
Den Klägern stand auch weder für die Zeit nach Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Dezember 1997 noch für die Zeit nach dem durch den Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit eingetretenen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit im August 2000 eine - antragsunabhängige - Rechtsposition aus Art. 6 oder Art. 7 ARB 1/80 bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis im April 2006 zu. Zunächst sind durch den Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit am 22.12.1997 die sich möglicherweise aus dem Assoziationsratsbeschluss 1/80 ergebenden Rechte der Kläger erloschen (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 22.02.2007 - 1 K 1889/06 -, DVBl 2008, 135; VG Aachen, Beschl. v. 28.08.2006 - 6 L 328/06 -, ; VG Würzburg, Urt. v. 15.10.2008 - W 6 K 07.1028 -, ; a.A. Bayerisches Staatsministerium des Innern, vgl. dessen von den Klägern vorgelegtes Schreiben v. 20.04.2005, IA2/2080.10-178; a.A. auch Marx, Folgen des einbürgerungsrechtlichen Rücknahmebescheids für Dritte und für die erworbene assoziationsrechtliche Rechtsstellung - Teil 2 -, InfAuslR 2009, 357, 361 ff.). So wie das Entstehen der Rechte aus dem Assoziationsratsbeschluss 1/80 davon abhängig ist, dass der Arbeitnehmer die türkische Staatsangehörigkeit bzw. im Falle des Art. 7 ARB 1/80 der Familienangehörige zumindest eine ausländische, nicht notwendigerweise die türkische Staatsangehörigkeit besitzt (vgl. Armbruster, HTK-AuslR/ ARB 1/80/ Allgemeines/2009 Nr. 2), ist auch der Fortbestand dieser Rechte nur unter dieser Voraussetzung denkbar. Mit dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit bedarf der Betreffende weder eines Beschäftigungs- noch eines davon abhängigen Aufenthaltsrechts nach dem Assoziationsratsbeschluss. Wegen des Erwerbs des Inländerstatus und des Verlusts der türkischen Staatsangehörigkeit kann er für seinen Aufenthalt in Deutschland keine Rechte mehr aus dem Assoziationsratsabkommen herleiten, denn Art. 6 ARB 1/80 dient der Verbesserung der beschäftigungsrechtlichen Situation türkischer Arbeitsnehmer, Art. 7 ARB 1/80 der Integration deren Familienangehörigen im Mitgliedstaat (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 6.08 -, NVwZ 2009, 1162). Beide Zwecke haben sich aber mit dem Erwerb der deutschen und dem gleichzeitigen Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit erledigt. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Betreffenden die türkische bzw. die ausländische Staatsangehörigkeit wieder erwerben und dadurch die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren könnten und dann wieder auf die Rechtsstellung aus dem Assoziationsratsbeschluss angewiesen sein könnten. Denn die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband ist auf Dauer angelegt und hat grundsätzlich - wie auch im vorliegenden Fall - eine Entlassung aus der früheren Staatsangehörigkeit zur Voraussetzung, mit allen aus dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erwachsenden günstigen sowie aus dem Verlust der türkischen bzw. ausländischen Staatsangehörigkeit sich ergebenden negativen Folgen für die Betroffenen. Dazu zählt auch der Verlust der Rechtsstellung aus dem Assoziationsratsbeschluss.
17 
Für den Verlust der Rechtsstellung aus Art. 6 ARB 1/80 durch Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit spricht auch, dass das Entstehen eines Anspruchs nach Art. 7 ARB 1/80 nur möglich ist, wenn der Arbeitnehmer, zu dem ein Familienangehöriger nachzieht, die türkische Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt des Nachzugs (noch) besitzt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 29.06.2009 - 7 B 10454/09 -, NVwZ-RR 2009, 978; Hess. VGH, Beschl. v. 23.07.2007 - 11 ZU 601/07 -, InfAuslR 2008, 7; vgl. auch EuGH, Urt. v. 11.11.1999 - Rs. C-179/89 - Mesbah -, InfAuslR 2000, 56 zum Kooperationsabkommen mit Marokko, wonach sich der Familienangehörige eines marokkanischen Wanderarbeitnehmers, der die Staatsangehörigkeit des Aufnahmemitgliedstaates erwirbt, bevor der Familienangehörige beginnt, mit ihm in dem betreffenden Mitgliedsstaat zusammenzuleben, nicht auf das Abkommen berufen kann). Daraus folgt, dass die Rechtsposition aus Art. 6 ARB 1/80 durch die Einbürgerung des Arbeitsnehmers untergegangen ist. Denn wäre dies nicht der Fall, müsste auch ein Erwerb der Rechtsstellung nach Art. 7 ARB 1/80 möglich sein.
18 
Dass die Rechtsstellung nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 nicht erlischt, wenn nach dem Zuzug zu einem türkischen Arbeitnehmer dieser die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.10.2006 - 13 S 192/06 -, InfAuslR 2007, 49 = VBlBW 2007, 272; Gutmann, GK-AufenthG, IX - 1 Art. 7 ARB Nr. 1/80, Rn. 58 ff.; Marx, a.a.O.) führt ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn es geht im vorliegenden Fall nicht um die Frage, ob ein Ausländer sein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 ARB 1/80 als Familienangehöriger eines türkischen Arbeitnehmers mit dem Wechsel der Staatsangehörigkeit des stammberechtigten Arbeitnehmers verloren hat, sondern darum, ob sein Aufenthaltsrecht erloschen ist, nachdem er selbst die türkische Staatsangehörigkeit verloren hat. Auch die Rechtsprechung zum Erlöschen der Rechtsstellung nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 zwingt nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar können nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs der europäischen Gemeinschaften die Aufenthaltsrechte nach Art. 7 ARB 1/80 nur unter zwei Voraussetzungen beschränkt werden. Entweder stellt die Anwesenheit des türkischen Wanderarbeitnehmers im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaates wegen seines persönlichen Verhaltens eine tatsächliche und schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit i.S. von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 dar, oder der Betroffene hat das Hoheitsgebiet des Staates für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlassen. Dabei ist grundsätzlich vom abschließenden Charakter der beiden genannten Verlustgründe auszugehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.04.2009, a.a.O., m.w.N.; EuGH, Urt. v. 25.09.2008 - C-453/07-Hakan Er-, NVwZ 2008, 1337). Diese Rechtsprechung betrifft aber lediglich Fälle, in denen der Ausländer, der sich auf eine Rechtsstellung nach Art. 7 ARB 1/80 berief, (noch) die türkische bzw. eine sonstige ausländische Staatsangehörigkeit besaß. Es bestand daher kein Anlass, Fälle der vorliegenden Art in den Blick zu nehmen.
19 
Die Kläger haben auch nach dem Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit bis zum 28.04.2006, als ihnen nach § 38 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde, kein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 und Art. 7 ARB 1/80 erworben. Ein Wiederaufleben ehemaliger Rechte nach dem Assoziationsratsbeschluss sieht dieser nicht vor (vgl. VG Karlsruhe, VG Aachen und VG Würzburg, a.a.O.). Der (Wieder)Erwerb von Rechten nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 setzt vielmehr voraus, dass der türkische Arbeitnehmer ordnungsgemäß beschäftigt gewesen ist. Daran fehlte es beim Kläger Ziff. 1 jedoch schon deshalb, weil die bis zur Einbürgerung in den deutschen Staatsverband bestehende Aufenthaltsgenehmigung durch die Einbürgerung erloschen war (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 31.01.2008 - 18 A 4547/06 -, InfAuslR 2008, 208 = AuAS 2008, 62; Hamburg. OVG, Beschl. v. 28.08.2001 - 3 Bs 102/01 -, InfAuslR 2002, 81). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob der Kläger im Besitz der erforderlichen Arbeitserlaubnis gewesen ist. Ein Erwerb der Rechtsstellung nach Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 seitens der Klägerin Ziff. 2 scheidet aus, da sie jedenfalls in der Zeit nach Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit nicht die Genehmigung erhalten hat, zum Kläger Ziff. 1 zu ziehen.
20 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.

Gründe

 
11 
Die Kammer kann mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
12 
Die Klage ist zulässig. Nachdem den Klägern mit dem ihnen am 31.08.2009 zugestellten Beschluss Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten bewilligt worden war, haben sie am 03.09.2009 und damit innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und gleichzeitig Klage erhoben. Auch liegt ein Wiedereinsetzungsgrund vor, da sie wegen Mittellosigkeit zunächst gehindert waren, Klage zu erheben, bevor über ihren Prozesskostenhilfeantrag entschieden wurde. Es ist daher Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Klagefrist zu gewähren.
13 
Die Klage ist aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 21.07.2008 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 28.10.2008 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
14 
Den Klägern steht kein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Danach ist einem ehemaligen Deutschen eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er bei Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit seit 5 Jahren als Deutscher seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte. Diese Voraussetzungen liegen bei den Klägern nicht vor, da sie zum Zeitpunkt des durch Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit eingetretenen Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit (vgl. § 25 StAG) noch nicht einmal drei Jahre lang als Deutsche ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatten.
15 
Ein Anspruch auf Erteilung der Niederlassungserlaubnis folgt auch nicht aus § 9 Abs. 2 AufenthG. Denn es fehlt an der Voraussetzung des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, wonach der Ausländer seit 5 Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sein muss. Zwar stehen - wie die Kammer bereits im Beschluss vom 18.08.2009 ausgeführt hat - nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 08.05.2003 - 1 C 4.02 -, BVerwGE 118, 166, Urt. v. 22.01.2002 - 1 C 6.01 -, BVerwGE 115, 352 und Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 14.97 -, NVwZ 1999, 306 = InfAuslR 1999, 69) dem ununterbrochenen Besitz einer Aufenthaltserlaubnis diejenigen Zeiten gleich, in denen der Ausländer zwar keinen Aufenthaltstitel besessen, aber nach der vom Gericht inzident vorzunehmenden Prüfung einen Rechtsanspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis gehabt hat. Der Verpflichtung zur nachträglichen Erteilung einer befristeten Erlaubnis für die Vergangenheit bedarf es nicht, weil dies auf eine reine Förmlichkeit hinausliefe. Den Klägern stand aber nach Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Dezember 1997 bis zum 27.04.2006, als sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragten, kein Aufenthaltsrecht oder Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu. Zwar lagen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem am 01.01.2005 in Kraft getretenen § 38 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG wohl vor. Die Kläger haben aber den nach §§ 38 Abs. 1 Satz 2, 81 Abs. 1 AufenthG erforderlichen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erst am 27.04.2006 gestellt, so dass für die Zeit davor kein Anspruch auf (nachträgliche) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis besteht. Ein Aufenthaltsrecht aus § 38 AufenthG kann aber nur unter der Bedingung hergeleitet werden, dass ein entsprechender Aufenthaltstitel erteilt wurde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Entsprechendes gilt für die Zeit vor dem 01.01.2005. Zwar kam die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 27 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AuslG in Betracht. Auch insoweit fehlte es aber am erforderlichen Antrag (vgl. §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1 AuslG).
16 
Den Klägern stand auch weder für die Zeit nach Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Dezember 1997 noch für die Zeit nach dem durch den Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit eingetretenen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit im August 2000 eine - antragsunabhängige - Rechtsposition aus Art. 6 oder Art. 7 ARB 1/80 bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis im April 2006 zu. Zunächst sind durch den Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit am 22.12.1997 die sich möglicherweise aus dem Assoziationsratsbeschluss 1/80 ergebenden Rechte der Kläger erloschen (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 22.02.2007 - 1 K 1889/06 -, DVBl 2008, 135; VG Aachen, Beschl. v. 28.08.2006 - 6 L 328/06 -, ; VG Würzburg, Urt. v. 15.10.2008 - W 6 K 07.1028 -, ; a.A. Bayerisches Staatsministerium des Innern, vgl. dessen von den Klägern vorgelegtes Schreiben v. 20.04.2005, IA2/2080.10-178; a.A. auch Marx, Folgen des einbürgerungsrechtlichen Rücknahmebescheids für Dritte und für die erworbene assoziationsrechtliche Rechtsstellung - Teil 2 -, InfAuslR 2009, 357, 361 ff.). So wie das Entstehen der Rechte aus dem Assoziationsratsbeschluss 1/80 davon abhängig ist, dass der Arbeitnehmer die türkische Staatsangehörigkeit bzw. im Falle des Art. 7 ARB 1/80 der Familienangehörige zumindest eine ausländische, nicht notwendigerweise die türkische Staatsangehörigkeit besitzt (vgl. Armbruster, HTK-AuslR/ ARB 1/80/ Allgemeines/2009 Nr. 2), ist auch der Fortbestand dieser Rechte nur unter dieser Voraussetzung denkbar. Mit dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit bedarf der Betreffende weder eines Beschäftigungs- noch eines davon abhängigen Aufenthaltsrechts nach dem Assoziationsratsbeschluss. Wegen des Erwerbs des Inländerstatus und des Verlusts der türkischen Staatsangehörigkeit kann er für seinen Aufenthalt in Deutschland keine Rechte mehr aus dem Assoziationsratsabkommen herleiten, denn Art. 6 ARB 1/80 dient der Verbesserung der beschäftigungsrechtlichen Situation türkischer Arbeitsnehmer, Art. 7 ARB 1/80 der Integration deren Familienangehörigen im Mitgliedstaat (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 6.08 -, NVwZ 2009, 1162). Beide Zwecke haben sich aber mit dem Erwerb der deutschen und dem gleichzeitigen Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit erledigt. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Betreffenden die türkische bzw. die ausländische Staatsangehörigkeit wieder erwerben und dadurch die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren könnten und dann wieder auf die Rechtsstellung aus dem Assoziationsratsbeschluss angewiesen sein könnten. Denn die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband ist auf Dauer angelegt und hat grundsätzlich - wie auch im vorliegenden Fall - eine Entlassung aus der früheren Staatsangehörigkeit zur Voraussetzung, mit allen aus dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erwachsenden günstigen sowie aus dem Verlust der türkischen bzw. ausländischen Staatsangehörigkeit sich ergebenden negativen Folgen für die Betroffenen. Dazu zählt auch der Verlust der Rechtsstellung aus dem Assoziationsratsbeschluss.
17 
Für den Verlust der Rechtsstellung aus Art. 6 ARB 1/80 durch Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit spricht auch, dass das Entstehen eines Anspruchs nach Art. 7 ARB 1/80 nur möglich ist, wenn der Arbeitnehmer, zu dem ein Familienangehöriger nachzieht, die türkische Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt des Nachzugs (noch) besitzt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 29.06.2009 - 7 B 10454/09 -, NVwZ-RR 2009, 978; Hess. VGH, Beschl. v. 23.07.2007 - 11 ZU 601/07 -, InfAuslR 2008, 7; vgl. auch EuGH, Urt. v. 11.11.1999 - Rs. C-179/89 - Mesbah -, InfAuslR 2000, 56 zum Kooperationsabkommen mit Marokko, wonach sich der Familienangehörige eines marokkanischen Wanderarbeitnehmers, der die Staatsangehörigkeit des Aufnahmemitgliedstaates erwirbt, bevor der Familienangehörige beginnt, mit ihm in dem betreffenden Mitgliedsstaat zusammenzuleben, nicht auf das Abkommen berufen kann). Daraus folgt, dass die Rechtsposition aus Art. 6 ARB 1/80 durch die Einbürgerung des Arbeitsnehmers untergegangen ist. Denn wäre dies nicht der Fall, müsste auch ein Erwerb der Rechtsstellung nach Art. 7 ARB 1/80 möglich sein.
18 
Dass die Rechtsstellung nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 nicht erlischt, wenn nach dem Zuzug zu einem türkischen Arbeitnehmer dieser die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.10.2006 - 13 S 192/06 -, InfAuslR 2007, 49 = VBlBW 2007, 272; Gutmann, GK-AufenthG, IX - 1 Art. 7 ARB Nr. 1/80, Rn. 58 ff.; Marx, a.a.O.) führt ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn es geht im vorliegenden Fall nicht um die Frage, ob ein Ausländer sein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 ARB 1/80 als Familienangehöriger eines türkischen Arbeitnehmers mit dem Wechsel der Staatsangehörigkeit des stammberechtigten Arbeitnehmers verloren hat, sondern darum, ob sein Aufenthaltsrecht erloschen ist, nachdem er selbst die türkische Staatsangehörigkeit verloren hat. Auch die Rechtsprechung zum Erlöschen der Rechtsstellung nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 zwingt nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar können nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs der europäischen Gemeinschaften die Aufenthaltsrechte nach Art. 7 ARB 1/80 nur unter zwei Voraussetzungen beschränkt werden. Entweder stellt die Anwesenheit des türkischen Wanderarbeitnehmers im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaates wegen seines persönlichen Verhaltens eine tatsächliche und schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit i.S. von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 dar, oder der Betroffene hat das Hoheitsgebiet des Staates für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlassen. Dabei ist grundsätzlich vom abschließenden Charakter der beiden genannten Verlustgründe auszugehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.04.2009, a.a.O., m.w.N.; EuGH, Urt. v. 25.09.2008 - C-453/07-Hakan Er-, NVwZ 2008, 1337). Diese Rechtsprechung betrifft aber lediglich Fälle, in denen der Ausländer, der sich auf eine Rechtsstellung nach Art. 7 ARB 1/80 berief, (noch) die türkische bzw. eine sonstige ausländische Staatsangehörigkeit besaß. Es bestand daher kein Anlass, Fälle der vorliegenden Art in den Blick zu nehmen.
19 
Die Kläger haben auch nach dem Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit bis zum 28.04.2006, als ihnen nach § 38 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde, kein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 und Art. 7 ARB 1/80 erworben. Ein Wiederaufleben ehemaliger Rechte nach dem Assoziationsratsbeschluss sieht dieser nicht vor (vgl. VG Karlsruhe, VG Aachen und VG Würzburg, a.a.O.). Der (Wieder)Erwerb von Rechten nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 setzt vielmehr voraus, dass der türkische Arbeitnehmer ordnungsgemäß beschäftigt gewesen ist. Daran fehlte es beim Kläger Ziff. 1 jedoch schon deshalb, weil die bis zur Einbürgerung in den deutschen Staatsverband bestehende Aufenthaltsgenehmigung durch die Einbürgerung erloschen war (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 31.01.2008 - 18 A 4547/06 -, InfAuslR 2008, 208 = AuAS 2008, 62; Hamburg. OVG, Beschl. v. 28.08.2001 - 3 Bs 102/01 -, InfAuslR 2002, 81). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob der Kläger im Besitz der erforderlichen Arbeitserlaubnis gewesen ist. Ein Erwerb der Rechtsstellung nach Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 seitens der Klägerin Ziff. 2 scheidet aus, da sie jedenfalls in der Zeit nach Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit nicht die Genehmigung erhalten hat, zum Kläger Ziff. 1 zu ziehen.
20 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.

(1) Ein Deutscher verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag oder auf den Antrag des gesetzlichen Vertreters erfolgt, der Vertretene jedoch nur, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach § 19 die Entlassung beantragt werden könnte. Der Verlust nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn ein Deutscher die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Schweiz oder eines Staates erwirbt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag nach § 12 Abs. 3 abgeschlossen hat.

(2) Die Staatsangehörigkeit verliert nicht, wer vor dem Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit auf seinen Antrag die schriftliche Genehmigung der zuständigen Behörde zur Beibehaltung seiner Staatsangehörigkeit erhalten hat. Hat ein Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, ist die deutsche Auslandsvertretung zu hören. Bei der Entscheidung über einen Antrag nach Satz 1 sind die öffentlichen und privaten Belange abzuwägen. Bei einem Antragsteller, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob er fortbestehende Bindungen an Deutschland glaubhaft machen kann.

(3) (weggefallen)

(1) Durch die Geburt erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ist bei der Geburt des Kindes nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und ist zur Begründung der Abstammung nach den deutschen Gesetzen die Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft erforderlich, so bedarf es zur Geltendmachung des Erwerbs einer nach den deutschen Gesetzen wirksamen Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft; die Anerkennungserklärung muß abgegeben oder das Feststellungsverfahren muß eingeleitet sein, bevor das Kind das 23. Lebensjahr vollendet hat.

(2) Ein Kind, das im Inland aufgefunden wird (Findelkind), gilt bis zum Beweis des Gegenteils als Kind eines Deutschen. Satz 1 ist auf ein vertraulich geborenes Kind nach § 25 Absatz 1 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes entsprechend anzuwenden.

(3) Durch die Geburt im Inland erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil

1.
seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (BGBl. 2001 II S. 810) besitzt.
Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit wird in dem Geburtenregister, in dem die Geburt des Kindes beurkundet ist, eingetragen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorschriften über das Verfahren zur Eintragung des Erwerbs der Staatsangehörigkeit nach Satz 1 zu erlassen.

(4) Die deutsche Staatsangehörigkeit wird nicht nach Absatz 1 erworben bei Geburt im Ausland, wenn der deutsche Elternteil nach dem 31. Dezember 1999 im Ausland geboren wurde und dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, es sei denn, das Kind würde sonst staatenlos. Die Rechtsfolge nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes ein Antrag nach § 36 des Personenstandsgesetzes auf Beurkundung der Geburt im Geburtenregister gestellt wird; zur Fristwahrung genügt es auch, wenn der Antrag in dieser Frist bei der zuständigen Auslandsvertretung eingeht. Sind beide Elternteile deutsche Staatsangehörige, so tritt die Rechtsfolge des Satzes 1 nur ein, wenn beide die dort genannten Voraussetzungen erfüllen. Für den Anspruch nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes und nach § 15 ist die Rechtsfolge nach Satz 1 unbeachtlich.

(5) Absatz 4 Satz 1 gilt nicht

1.
für Abkömmlinge eines deutschen Staatsangehörigen, der die deutsche Staatsangehörigkeit nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes oder nach § 15 erworben hat, und
2.
für Abkömmlinge eines deutschen Staatsangehörigen, wenn dieser ohne den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit einen Anspruch nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes oder nach § 15 gehabt hätte.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Widerspruch und Klage gegen

1.
die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels,
1a.
Maßnahmen nach § 49,
2.
die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen,
2a.
Auflagen zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht nach § 61 Absatz 1e,
3.
die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung, die die Ausübung einer Erwerbstätigkeit betrifft,
4.
den Widerruf des Aufenthaltstitels des Ausländers nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in den Fällen des § 75 Absatz 2 Satz 1 des Asylgesetzes,
5.
den Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung von Forschungseinrichtungen für den Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d,
6.
die Ausreiseuntersagung nach § 46 Absatz 2 Satz 1,
7.
die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11,
8.
die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 6 sowie
9.
die Feststellung nach § 85a Absatz 1 Satz 2
haben keine aufschiebende Wirkung.

Die Klage gegen die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7 hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Klage lassen unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit gilt der Aufenthaltstitel als fortbestehend, solange die Frist zur Erhebung des Widerspruchs oder der Klage noch nicht abgelaufen ist, während eines gerichtlichen Verfahrens über einen zulässigen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder solange der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts tritt nicht ein, wenn der Verwaltungsakt durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 1. September 2010 - 8 K 456/10 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht eingelegte (§ 147 Abs. 1 VwGO) und den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO entsprechend begründete Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 1. September 2010, mit dem der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet wurde, den türkischen Nationalpass des Antragstellers an diesen herauszugeben, bleibt ohne Erfolg. Die vom Antragsgegner vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung sich das Beschwerdeverfahren grundsätzlich zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gebieten keine andere Entscheidung.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist statthaft, da es sich bei der amtlichen Verwahrung des Passes um einen Realakt handelt (vgl. hierzu GK-AufenthG, § 50 Rn. 55; Hailbronner, AuslR, § 50 AufenthG Rn. 42); eine Verfügung auf der Grundlage des § 48 AufenthG ist vorliegend nicht ergangen. Nach den vom Verwaltungsgericht eingeholten Auskünften bei der Bundespolizeiinspektion Stuttgart und dem Gemeinsamen Zentrum der deutsch-französischen Polizei- und Zollzusammenarbeit bestehen auch keine Zweifel am Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses. Dem Antragsteller ist eine Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit als Kraftfahrer für eine international tätige Spedition unabhängig von der europarechtskonform zu beurteilenden Frage etwaiger Visumspflichten im grenzüberschreitenden Güterverkehr (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 19.02.2009, Rs. C-228/06 , Slg. 2009, 1031) nur mit einem gültigen Pass möglich.
Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend dargelegt, dass der Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Es besteht ein Anordnungsgrund. Nach den vorgelegten Bescheinigungen des Arbeitgebers des Antragstellers vom 04.06.2010 und 26.07.2010 ist es aufgrund der internationalen Ausrichtung des Arbeitgebers unbedingt erforderlich, dass der Antragsteller auch Fahrten in benachbarte Länder der Bundesrepublik Deutschland durchführen kann. Ein Einsatz des Antragstellers ausschließlich im Inland führt zu erheblichen organisatorischen Problemen und Kosten. Dem Antragsteller droht der Verlust des Arbeitsplatzes, wenn er nicht die notwendigen Papiere - insbesondere den Pass - vorlegen kann.
Der Antragsteller hat auch einen Anspruch auf Herausgabe des in Verwahrung genommenen Passes glaubhaft gemacht. Dem Antragsgegner fehlt ein rechtlicher Grund, den Pass des Antragstellers einzubehalten. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) gebietet hier ausnahmsweise die einstweilige Vorwegnahme der Hauptsache.
Nach § 50 Abs. 6 AufenthG soll der Pass eines ausreisepflichtigen Ausländers bis zur Ausreise in Verwahrung genommen werden. Damit soll verhindert werden, dass ausreisepflichtige Ausländer durch Vernichtung ihres Passes oder durch die Behauptung des Passverlustes ihre Ausreise oder Abschiebung zu verhindern oder verzögern suchen. Die Behörde wird in die Lage versetzt, die Erfüllung der Ausreisepflicht zu kontrollieren (vgl. BT-Drs. 15/420, 89; BT-Drs. 11/6321, 71; Hailbronner, AuslR, § 50 AufenthG Rn. 41). Auf die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht kommt es insoweit nicht an (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.06.2001 - 13 S 542/01 - juris).
1. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung fehlt es derzeit am Vorliegen einer Ausreisepflicht. Der Antragsteller ist nicht nach § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig, denn sein Aufenthaltsrecht nach ARB 1/80 ist (bislang) nicht erloschen. Die Klage gegen die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 31.08.2008 entfaltet insoweit „echte“ aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO). Die vom Antragsgegner in Bezug genommene Bestimmung des § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, wonach Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung unberührt lassen, findet vorliegend keine Anwendung.
Der 1965 in der Türkei geborene Antragsteller hat das Bestehen einer Rechtsposition nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 glaubhaft gemacht: Er ist als Minderjähriger im Jahre 1979 im Wege der Familienzusammenführung zu seinen hier lebenden Eltern gezogen. Sein Vater, ebenfalls türkischer Staatsangehöriger, hielt sich zu diesem Zeitpunkt bereits seit längerem rechtmäßig als Arbeitnehmer in Deutschland auf. Der Antragsteller dürfte damit als Familienangehöriger eines jedenfalls in der Vergangenheit dem regulären deutschen Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmers - seines Vaters - nach über fünfjährigem ordnungsgemäßem Wohnsitz in Deutschland eine Rechtsposition nach Art. 7 Satz 1 zweiter Spiegelstrich ARB 1/80 besitzen (vgl. zu den Voraussetzungen des Art. 7 Satz 1 im Einzelnen: Hailbronner, AuslR D 5.2, Art. 7 ARB 1/80).
Ein türkischer Staatsangehöriger, der - wie der Antragsteller - als Kind im Wege der Familienzusammenführung in einen Mitgliedstaat einreisen durfte und das Recht auf freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis nach Art. 7 Satz 1 zweiter Spiegelstrich ARB 1/80 erworben hat, verliert das von diesem Recht auf freien Zugang abgeleitete Aufenthaltsrecht im Aufnahmemitgliedstaat lediglich in zwei Fallgruppen, nämlich in den Fällen des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 oder bei Verlassen des Aufnahmemitgliedstaates für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe. Dies gilt auch dann, wenn er älter als 21 Jahre ist, von seinen Eltern keinen Unterhalt mehr erhält, sondern im betreffenden Mitgliedstaat ein selbständiges Leben führt, und dem Arbeitsmarkt mehrere Jahre lang wegen der Verbüßung einer gegen ihn verhängten und nicht zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von solcher Dauer nicht zu Verfügung gestanden hat (vgl. EuGH, Urteil vom 04.10.2007, Rs. C-349/06 , NVwZ 2008, 59; Urteil vom 18.07.2007, Rs. C-325/05 , NVwZ 2007, 1393 m.w.N.). Das Erlöschen des assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts bestimmt sich nicht nach den nationalen Bestimmungen, sondern nach Assoziationsrecht bzw. unionsrechtlichen Vorgaben (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.07.2007 - 11 S 723/07 - juris).
10 
Das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht des Antragstellers kann materiell-rechtlich nur erloschen sein, wenn es in Übereinstimmung mit 14 Abs. 1 ARB 1/80 aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit beschränkt worden ist. Ob die gegen den Antragsteller verfügte Ausweisung nach Maßgabe des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 in der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung im Ergebnis rechtmäßig ist, ist jedoch derzeit offen. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat das gegen die Ausweisungsverfügung anhängige Klageverfahren mit Beschluss vom 20.05.2010 - 8 K 636/08 - bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.08.2009 - 1 C 25/08 - sowie das Vorabentscheidungsersuchen des OVG Nordrhein-Westfalen vom 20.08.2009 - 18 A 2263/08 - ausgesetzt. Die dort aufgeworfenen Fragen dazu, ob Art. 28 Abs. 3a der Unionsbürger-RL 2004/38/EG auf türkische Staatsangehörige, die eine Rechtsposition nach dem ARB 1/80 besitzen, Anwendung findet und wie Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie auszulegen ist, sind auch im Fall des Antragstellers, der sich seit über 10 Jahren in Deutschland aufhält, ungeachtet der Tatsache, dass seine Verurteilung wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren (vgl. rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 22.06.2004 - 1 Ks 31 Js 18788/03 -) die Tatbestandsvoraussetzungen der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit nach § 6 Abs. 5 Satz 3 FreizügG/EU in der Fassung vom 19.08.2007 grundsätzlich erfüllt, entscheidungserheblich (vgl. zu den aufzuwerfenden Fragen auch die Vorlagebeschlüsse des VGH Baden-Württemberg vom 22.07.2008 - 13 S 1917/07 - juris und vom 09.04.2009 - 13 S 342/09 - juris; s. hierzu nunmehr auch die Schlussanträge des Generalanwaltes vom 08.06.2010 im anhängigen Verfahren beim EuGH C-145/09 „Tsakouridis“, der sich gegen eine enge Auslegung des Begriffs der öffentlichen Sicherheit ausspricht; zur engen Auslegung des Begriffs der öffentlichen Sicherheit und zur gebotenen Einzelfallprüfung vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.09.2008 - 13 S 2380/07 - InfAuslR 2008, 439).
11 
Die Tatsache, dass das Erlöschen des assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts weder bestandskräftig feststeht, noch die sofortige Vollziehbarkeit der Ausweisungsverfügung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet worden ist, führt im Ergebnis dazu, dass derzeit nicht zulasten des Antragstellers vom Erlöschen des assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts ausgegangen werden kann. Mangels Ausreisepflicht kommt damit eine Passeinbehaltung nach § 50 Abs. 6 AufenthG derzeit nicht in Betracht.
12 
Die hier einschlägigen nationalen Bestimmungen unterscheiden in Übereinstimmung mit den unionsrechtlichen Vorgaben ausdrücklich zwischen dem Bestehen des assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts und der Gültigkeit eines Aufenthaltstitels. Nach § 50 Abs. 1 AufenthG ist ein Ausländer zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitztund ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht. Letzteres aber ist im Falle des Antragstellers derzeit (noch) nicht der Fall. Das Nichtbestehen des Aufenthaltsrechts lässt sich mangels Bestandskraft der Ausweisungsverfügung gerade nicht feststellen. Auch eine sofortige Vollziehbarkeit der Ausweisung, die es rechtfertigen könnte, vom Erlöschen des Aufenthaltsrechts nach ARB 1/80 wenigstens vorläufig auszugehen, wurde nicht angeordnet. Die in § 50 Abs. 1 AufenthG vorgenommene Unterscheidung von assoziationsrechtlichem Aufenthaltsrecht und Aufenthaltstitel findet sich auch in § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG. Danach erlischt (nur) der Aufenthaltstitel im Falle der Ausweisung des Ausländers; eine Regelung zum Erlöschen des Aufenthaltsrechts aus ARB 1/80 ist damit gerade nicht getroffen worden. Der Unterscheidung des kraft Gesetzes bestehenden Aufenthaltsrechts und der insoweit lediglich deklaratorischen Aufenthaltserlaubnis tragen nicht zuletzt auch § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 AufenthG Rechnung (vgl. hierzu auch EuGH, Urteil vom 16.03.2000, Rs. C-329/97 , Slg. 2000, 1487; Urteil vom 22.06.2000, Rs. C-65/98 , Slg. 2000, 4747; vgl. auch BT-Drs. 15/420, 69).
13 
Dem Antragsteller kann die Bestimmung des § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht entgegen gehalten werden. Danach lassen Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung unberührt. Die zwar wirksame, aber nicht vollziehbare Ausweisung führt bei assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen nach dem europarechtlichen Grundsatz des „effet utile“ nicht zum Erlöschen des Aufenthaltsrechts aus ARB 1/80.
14 
Dem Verwaltungsgericht ist allerdings wohl nicht darin zu folgen, dass der Anwendung des § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG das Verschlechterungsverbot des Art. 13 ARB 1/80 entgegensteht, denn ungeachtet der Frage, wie weit der Schutzbereich von Art. 13 ARB 1/80 im Einzelfall reicht (vgl. zur Reichweite des Verschlechterungsverbots: EuGH, Urteil vom 17.09.2009, Rs. C-242/06 , juris; das Bundesverwaltungsgericht hat die Frage, ob die auf den Zugang zum Arbeits- bzw. Binnenmarkt zugeschnittenen Standstill-Klauseln sachlich überhaupt die Erlöschenstatbestände für Aufenthaltstitel erfassen, offen gelassen im Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 6.08 - BVerwGE 134, 27), dürfte es an einer Verschlechterung fehlen. Bei der Prüfung eines Verstoßes gegen das Verschlechterungsverbot ist darauf abzustellen, ob die von den zuständigen Behörden angewandte innerstaatliche Regelung die rechtliche Situation des türkischen Staatsangehörigen im Verhältnis zu den Vorschriften, die beim Inkrafttreten des Verbots am 01.12.1980 (Art. 16 Abs. 1 ARB 1/80) galten, erschwert, für ihn also ungünstiger ist. Dabei sind die Rechtsprechung zu den damaligen Vorschriften und eine mit dieser in Einklang stehende Verwaltungspraxis zu berücksichtigen (vgl. m.w.N. BVerwG, Urteil vom 26.02.2002 - 1 C 21.00 - BVerwGE 116, 55; Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 6.08 - BVerwGE 134, 27).
15 
Soweit das Verwaltungsgericht ausführt, dass nach dem 1980 noch geltenden Ausländergesetz 1965 die Klage gegen eine Ausweisung eine gesetzlich nicht eingeschränkte aufschiebende Wirkung gehabt habe und das Aufenthaltsrecht nach Art. 7 ARB 1/80 vor Entscheidung über die Klage nicht erloschen sei, lässt sich dies nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht bestätigen, denn § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist nach wohl überwiegender Ansicht und dem im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers Ausdruck der seit langem herrschenden sog. „Vollziehbarkeitstheorie“ und soll die ohnehin bestehende Rechtslage nur nachzeichnen (vgl. zur insoweit lediglich beabsichtigten Klarstellung durch Einführung der wortgleichen Vorgängerbestimmung des § 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG 1990: BT-Drs. 11/6321, 81 und 11/6960, 26; vgl. dazu, dass § 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG nichts anderes ist als eine gesetzliche Formulierung der damals in der Praxis der Gerichte ohnehin schon herrschenden Vollziehbarkeitstheorie: Jacob, Ausländerrechtliche Eilverfahren - Ein Überblick, VBlBW 2008, 418<424>). So vertritt insbesondere das Bundesverwaltungsgericht bereits seit den 50er Jahren in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die aufschiebende Wirkung nicht die Wirksamkeit des angefochtenen Verwaltungsakts beseitigt (vgl. hierzu m.w.N. BVerwG, Urteil vom 27.10.1982 - 3 C 6.82 - BVerwGE 66, 218). Die Rechtsprechung im Ausländerrecht war und ist zwar uneinheitlich, insbesondere ist umstritten, was im Einzelfall „Vollziehung“ ist, doch wurde bereits zum AuslG 1965 vertreten, dass die wirksame Ausweisung das jeweilige Aufenthaltsrecht entfallen lässt und es nicht auf die Vollziehbarkeit ankommt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 14.02.1985 - 13 S 2749/84 - und vom 19.02.1986 - 13 S 2750/85 -; anders VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.07.1979 - XI 403/79 - juris; s. a. Kanein, AuslG 3. Aufl. 1980, § 10 A Nr. 5; unscharf zum AuslG 1990 bleibt BVerwG, Beschluss vom 09.09.1992 - 1 B 71.92 - InfAuslR 1993, 12). Eine Rechtspraxis dahingehend, dass 1980 im Unterschied zu heute überwiegend davon ausgegangen worden wäre, dass erst mit Eintritt der Vollziehbarkeit der Ausweisung das Aufenthaltsrecht erlischt, lässt sich vor diesem Hintergrund wohl nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen.
16 
§ 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist auf türkische Staatsangehörige, die ein Aufenthaltsrecht nach ARB 1/80 besitzen, jedoch aus Gründen des Unionsrechts nicht anwendbar. Denn dieses verbietet es, im Zusammenhang mit einer nicht bestandskräftigen Ausweisung einen schematischen, sofort wirksamen Verlust des assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts anzuerkennen, der keine Rechtfertigung im konkreten Einzelfall hat.
17 
Die Ausweisung stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Verneinung des durch den Beschluss Nr. 1/80 verliehenen und garantierten Aufenthaltsrechts dar (vgl. hierzu etwa EuGH, Urteil vom 16.03.2000 a.a.O.). Die unionsrechtskonforme Auslegung des Ausweisungsrechts gebietet vor diesem Hintergrund eine Einzelfallbetrachtung, bei der insbesondere die jeweilige Gefahrenlage gebührend berücksichtigt wird (vgl. hierzu bereits EuGH, Urteil vom 29.04.2004, Rs. C-482/01 , Slg. 2004, 5257). Eine Anwendung des § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG würde jedoch dazu führen, dass ungeachtet des Suspensiveffekts zulasten des Ausländers Maßnahmen getroffen werden könnten - hier: Einbehaltung des Passes nach § 50 Abs. 6 AufenthG -, ohne dass in der Sache geprüft werden muss, ob die Ausweisung überhaupt den Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 Rechnung trägt und ob ein besonderes öffentliches Vollziehungsinteresse besteht. Das dürfte dem unionsrechtlichen Erfordernis der notwendigen Einzelfallprüfung zuwiderlaufen.
18 
Die Mitgliedstaaten sind nicht befugt, das dem türkischen Staatsangehörigen unmittelbar durch das Unionsrecht verliehene Recht auf freien Zugang zu jeder beruflichen Tätigkeit und das korrelierende Recht, sich zu diesem Zweck im Aufnahmemitgliedstaat aufzuhalten derart zu beschränken, dass eine Einzelfallprüfung nicht gewährleistet ist. Der Eintritt des Suspensiveffekts führt daher in Übereinstimmung mit § 80 Abs. 1 VwGO dazu, dass aus der bloß wirksamen, aber nicht vollziehbaren Ausweisung keine negativen Folgerungen für den assoziationsberechtigten Ausländer abgeleitet werden dürfen. Die zuständige Ausländerbehörde hat es - insoweit in Übereinstimmung mit Unionsrecht - in der Hand, bei Vorliegen der hierfür notwendigen Voraussetzungen die sofortige Vollziehbarkeit der Ausweisungsverfügung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO aufgrund besonderer öffentlicher Interessen im Einzelfall anzuordnen. Insoweit ist dann auch die erforderliche Einzelfallprüfung im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO gewährleistet. Denn hierbei kommt es maßgeblich auf die materiell-rechtliche Frage der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Ausweisung vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 an. Wird jedoch die sofortige Vollziehbarkeit nicht angeordnet, dürfen bis zum Eintritt der Bestandskraft keine nachteiligen Folgen aus der nicht vollziehbaren Ausweisungsverfügung abgeleitet werden. Nur bei dieser Auslegung wird dem europarechtlichen „effet-utile“-Grundsatz hinreichend Rechnung getragen.
19 
Das Besserstellungsverbot aus Art. 59 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen EWG-Türkei dürfte dem nicht entgegenstehen. Türkische Staatsangehörige dürfen danach keine günstigere Behandlung erhalten als Unionsbürger, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden. Zwar gilt für Unionsbürger nach § 11 Abs. 1 FreizügG/EU die Bestimmung des § 84 AufenthG nicht, doch regelt § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU in der seit dem 28.08.2007 gültigen Fassung, dass Unionsbürger ausreisepflichtig sind, wenn die Ausländerbehörde festgestellt hat, dass das Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht. Danach soll bereits die wirksame Verlustfeststellung zur Ausreisepflicht führen. Soweit in der Folge nach § 11 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU i.V.m. § 50 Abs. 6 AufenthG die Verwahrung des Passes vor Eintritt der Bestandskraft und ohne Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der feststellenden Verfügung vorgesehen ist, dürften hiergegen jedoch durchgreifende europarechtliche Bedenken bestehen (vgl. hierzu näher GK-AufenthG § 50 Rn. 54.1; Hofmann, HK-AuslR § 11 FreizügG/EU Rn. 18; Möller, HK-AuslR § 50 Rn. 24). Eine unzulässige Besserstellung der türkischen Staatsangehörigen ist vor diesem Hintergrund jedenfalls in der vorliegenden Konstellation nicht hinreichend erkennbar.
20 
Besteht das Aufenthaltsrecht nach ARB 1/80 damit noch fort, können ungeachtet der wirksam ergangenen Ausweisungsverfügung auch die Sperrwirkungen des § 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AufenthG im Ergebnis nicht gelten. Dem Antragsteller ist bis zur Bestandskraft der Ausweisung oder Anordnung des Sofortvollzugs eine Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 Satz 2 AufenthG auszustellen.
21 
2. Selbst wenn man die Bestimmung des § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorliegend für anwendbar halten wollte, muss die Beschwerde letztlich im Hinblick auf die Regelung des § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG erfolglos bleiben. Denn es liegt ein atypischer Fall vor, der der Einbehaltung des Passes nach § 50 Abs. 6 AufenthG im Einzelfall entgegensteht.
22 
Nach § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG gilt der Aufenthaltstitel für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit als fortbestehend, solange die Frist zur Erhebung des Widerspruchs oder der Klage noch nicht abgelaufen ist, während eines gerichtlichen Verfahrens über einen zulässigen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder solange der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Mit dieser Bestimmung wird der Fortbestand des Aufenthaltstitels - hier: Niederlassungserlaubnis des Antragstellers - zu Erwerbszwecken fingiert. Nach dem Regelungsgehalt des § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ist der Antragsteller für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit so zu stellen, als ob er noch im Besitz der Niederlassungserlaubnis wäre. Die hierüber auszustellende Bescheinigung muss ihm insoweit auch die Ausreise und Wiedereinreise in das Bundesgebiet für Zwecke der Erwerbstätigkeit ermöglichen (vgl. zum Anspruch auf Ausstellung einer Fiktionsbescheinigung entsprechend Anlage D 3 zur AufenthV in einem vergleichbaren Fall: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.03.2008 - 11 S 167/08 - InfAuslR 2008, 355; vgl. zu Inhalt und Rechtsnatur einer entsprechenden Bescheinigung auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.04.2009 - 13 S 3086/08 - juris; BVerwG, Beschluss vom 21.01.2010 - 1 B 17.09 - NVwZ-RR 2010, 330). Eine etwaige Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann dem Antragsteller insoweit ebenfalls nicht entgegen gehalten werden.
23 
Ob die dem Antragsteller unter dem 13.04.2010 ausgestellte Bescheinigung, wonach eine Erwerbstätigkeit uneingeschränkt gestattet ist, diesen Anforderungen genügt und eine Tätigkeit als Fernfahrer auch im internationalen Verkehr tatsächlich ermöglicht, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Sinn und Zweck der Norm gebieten es jedoch, dass die Fiktionswirkung des § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht deshalb leerlaufen darf, weil der Antragsteller durch die Einbehaltung seines Nationalpasses an der Ausübung seiner grenzüberschreitenden beruflichen Tätigkeit gehindert wird. Im Hinblick auf die hier angewandte Bestimmung des § 50 Abs. 6 AufenthG bedeutet dies, dass vorliegend ein atypischer Fall anzunehmen ist, der der im Regelfall vorzunehmenden Einbehaltung des Passes im Einzelfall entgegensteht, nachdem auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Antragsteller durch Vernichtung oder Unbrauchbarmachung seines Passes einer späteren Vollziehung seiner eventuellen Ausreispflicht entgegen zu wirken versucht.
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
25 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Angesichts der im Raum stehenden Vorwegnahme der Hauptsache war der volle Regelstreitwert anzusetzen.
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Optionspflichtig ist, wer

1.
die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 4 Absatz 3 oder § 40b erworben hat,
2.
nicht nach Absatz 1a im Inland aufgewachsen ist,
3.
eine andere ausländische Staatsangehörigkeit als die eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt und
4.
innerhalb eines Jahres nach Vollendung seines 21. Lebensjahres einen Hinweis nach Absatz 5 Satz 5 über seine Erklärungspflicht erhalten hat.
Der Optionspflichtige hat nach Vollendung des 21. Lebensjahres zu erklären, ob er die deutsche oder die ausländische Staatsangehörigkeit behalten will. Die Erklärung bedarf der Schriftform.

(1a) Ein Deutscher nach Absatz 1 ist im Inland aufgewachsen, wenn er bis zur Vollendung seines 21. Lebensjahres

1.
sich acht Jahre gewöhnlich im Inland aufgehalten hat,
2.
sechs Jahre im Inland eine Schule besucht hat oder
3.
über einen im Inland erworbenen Schulabschluss oder eine im Inland abgeschlossene Berufsausbildung verfügt.
Als im Inland aufgewachsen nach Satz 1 gilt auch, wer im Einzelfall einen vergleichbar engen Bezug zu Deutschland hat und für den die Optionspflicht nach den Umständen des Falles eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Erklärt der Deutsche nach Absatz 1, dass er die ausländische Staatsangehörigkeit behalten will, so geht die deutsche Staatsangehörigkeit mit dem Zugang der Erklärung bei der zuständigen Behörde verloren.

(3) Will der Deutsche nach Absatz 1 die deutsche Staatsangehörigkeit behalten, so ist er verpflichtet, die Aufgabe oder den Verlust der ausländischen Staatsangehörigkeit nachzuweisen. Tritt dieser Verlust nicht bis zwei Jahre nach Zustellung des Hinweises auf die Erklärungspflicht nach Absatz 5 ein, so geht die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, es sei denn, dass dem Deutschen nach Absatz 1 vorher die schriftliche Genehmigung der zuständigen Behörde zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit (Beibehaltungsgenehmigung) erteilt wurde. Ein Antrag auf Erteilung der Beibehaltungsgenehmigung kann, auch vorsorglich, nur bis ein Jahr nach Zustellung des Hinweises auf die Erklärungspflicht nach Absatz 5 gestellt werden (Ausschlussfrist). Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit tritt erst ein, wenn der Antrag bestandskräftig abgelehnt wird. Einstweiliger Rechtsschutz nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(4) Die Beibehaltungsgenehmigung nach Absatz 3 ist zu erteilen, wenn die Aufgabe oder der Verlust der ausländischen Staatsangehörigkeit nicht möglich oder nicht zumutbar ist oder bei einer Einbürgerung nach Maßgabe von § 12 Mehrstaatigkeit hinzunehmen wäre.

(5) Auf Antrag eines Deutschen, der die Staatsangehörigkeit nach § 4 Absatz 3 oder § 40b erworben hat, stellt die zuständige Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen den Fortbestand der deutschen Staatsangehörigkeit nach Absatz 6 fest. Ist eine solche Feststellung nicht bis zur Vollendung seines 21. Lebensjahres erfolgt, prüft die zuständige Behörde anhand der Meldedaten, ob die Voraussetzungen nach Absatz 1a Satz 1 Nummer 1 vorliegen. Ist dies danach nicht feststellbar, weist sie den Betroffenen auf die Möglichkeit hin, die Erfüllung der Voraussetzungen des Absatzes 1a nachzuweisen. Wird ein solcher Nachweis erbracht, stellt die zuständige Behörde den Fortbestand der deutschen Staatsangehörigkeit nach Absatz 6 fest. Liegt kein Nachweis vor, hat sie den Betroffenen auf seine Verpflichtungen und die nach den Absätzen 2 bis 4 möglichen Rechtsfolgen hinzuweisen. Der Hinweis ist zuzustellen. Die Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes finden Anwendung.

(6) Der Fortbestand oder Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nach dieser Vorschrift wird von Amts wegen festgestellt. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über das Verfahren zur Feststellung des Fortbestands oder Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit erlassen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.