Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 29. Okt. 2018 - W 8 K 18.31774

bei uns veröffentlicht am29.10.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Nummern 1 und 3 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. Januar 2018 werden aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Asylantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger, ein iranischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen Angaben am 18. März 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 3. Juni 2016 einen Asylantrag. Zur Begründung seines Asylantrags gab der Kläger im Wesentlichen an: Er habe im Jahr 2009 im Rahmen der grünen Revolution demonstriert. Mitte April 2010 sei er ins Gefängnis gekommen. April 2014 sei er aus dem Gefängnis entlassen und am 3. August 2014 erneut inhaftiert worden bis November 2015. Außerdem habe er sich in der Bundesrepublik Deutschland dem Christentum zugewandt und wolle konvertieren.

Mit Bescheid vom 12. Januar 2018 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (Nr. 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Nr. 2) und erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3). Weiter stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung, im Falle der Klageerhebung innerhalb von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens, zu verlassen. Die Abschiebung in den Iran oder einen anderen Staat wurde angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 60 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger sei es nicht gelungen, eine begründete Furcht vor Verfolgung authentisch und somit nachvollziehbar und glaubhaft zu machen. Zum Vorbringen betreffend die Hinwendung zum Christentum in der Bundesrepublik Deutschland sei zu keinem Zeitpunkt des Sachvortrags zu erkennen oder zu erahnen, dass der Kläger den Qualitätsumschlag vom Islam zum Christentum, also den Wandel von bloßer Sympathie zu einer festen Glaubensüberzeugung vollzogen habe. Eine prägende Identifikation mit den christlichen Werten könne auch im Kontext zur rechtskräftigen Verurteilung zu 1 Jahr und 10 Monaten Freiheitsentziehung aufgrund der versuchten sexuellen Nötigung nicht erkannt werden. Vielmehr entstehe der Eindruck, dass die vorgetragene beabsichtigte Konversion lediglich aus Opportunitätsgründen erfolgt sei. Konkrete Absichten einer Taufe habe der Kläger nicht vorgetragen.

Mit Schreiben vom 27. Januar 2018, bei Gericht eingegangen am 31. Januar 2018, erhob der Kläger Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid. Er führte zur Klagebegründung im Wesentlichen aus: Bis zu seiner Verhaftung habe er regelmäßig die Gemeinde Bauhaus in Kitzingen besucht. In der Zeit der Haft sei er regelmäßig vom Gottesdienstbeauftragten der katholischen Kirche besucht worden und habe geistliche Seelsorge und Begleitung empfangen. Über die evangelische Pfarrerin im Gefängnis habe er geistliche Literatur erhalten. In dieser Zeit habe er eine ernsthafte und wirksame Bekehrung erfahren. Im Gefängnis habe er sich noch nicht taufen lassen können. Dass er in Deutschland wegen eines Sexualdelikts schuldig geworden sei, bereue er zutiefst. Er sei dem deutschen Staat zutiefst dankbar, dass er seine Strafe in Deutschland habe verbüßen dürfen. Die Gefängnisse im Iran seien furchtbar. Er habe dies infolge seines Gefängnisaufenthalts im Iran aus politischen Gründen viele Jahre erleben müssen, weshalb er auch geflüchtet sei.

Zur weiteren Klagebegründung ließ der Kläger mit Schriftsatz vom 26. September 2018 zwei Dokumente auf Farsi zu einem Selbstmordversuch im Gefängnis sowie über seinen schlechten Gesundheitszustand vorlegen und weiter ausführen: Es gebe eine kurze Videoaufnahme vom Besuch im Gefängnis. Diese Dokumente bzw. Aufnahme ergäben, dass der Kläger bereits aus politischen Gründen inhaftiert gewesen und vorverfolgt ausgereist sei. Der Kläger sei außerdem vom muslimischen Glauben abgefallen und habe sich dem christlichen Glauben zugewandt. Die Hinwendung zum christlichen Glauben habe der Kläger durch den Empfang der Taufe am 9. September 2018 endgültig vollzogen, wie das Taufzeugnis vom 12. September 2018 belege. Aus einer Bestätigung der Pfarrerin vom 11. September 2018 sei ersichtlich, dass der Taufe eine Taufvorbereitung und Selbstprüfung vorausgegangen sei. Der Kläger lebe seinen christlichen Glauben weiterhin gemeinsam mit anderen Gläubigen. Beim Kläger liege eine ernsthafte und unwiderrufliche Hinwendung zum christlichen Glauben vor. Für den Kläger bestehe bei einer Rückkehr in den Iran als zum christlichen Glauben konvertierten früheren Muslim mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verfolgung.

Die Kammer übertrug den Rechtsstreit mit Beschluss vom 31. Januar 2018 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung.

Mit Beschluss vom 29. August 2018 lehnte das Gericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten ab.

Der Kläger wurde mit Urteil des Amtsgerichts Würzburg vom 27. April 2017 (rechtskräftig am 4.7.2017) wegen versuchter sexueller Nötigung nach § 177 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Kläger war ab 26. November 2016 (zunächst Untersuchungshaft) inhaftiert und wurde am 20. September 2018 aus der Haft entlassen.

In der mündlichen Verhandlung am 29. Oktober 2018 beantragte der Klägerbevollmächtigte,

die Beklagte unter Aufhebung der Nummern 1 und 3 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. Januar 2018 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;

hilfsweise dem Kläger den subsidiären Schutz zuzuerkennen;

hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen;

hilfsweise das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf null Monate zu befristen;

hilfsweise unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Antrag des Klägers zu entscheiden.

Die Beklagtenvertreterin beantragte,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hörte den Kläger informatisch an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte sowie die ebenfalls beigezogene Ausländerakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet; im Übrigen ist sie unbegründet.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. Januar 2018 ist in seinen Nrn. 1 und 3 bis 6 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger erfüllt im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) grundsätzlich die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG). Allerdings war nicht durchzuentscheiden, weil das Bundesamt nach § 3 Abs. 4 Alt. 2 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG eine Ermessensentscheidung darüber zu treffen hat, ob es von der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft absieht, sofern der Kläger eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er eine Sexualstraftat nach § 177 StGB begangen hat und deshalb zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten ohne Bewährung verurteilt worden ist. Vor diesem Hintergrund war der streitgegenständliche Bescheid, wie zuletzt beantragt, insoweit aufzuheben. Über die weiteren, hilfsweise gestellten Anträge zum subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) bzw. zu den nationalen Abschiebungsverboten in § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG sowie zur Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG war seitens des Gerichts zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht positiv zu entscheiden, weil zunächst die Ermessensentscheidung des Bundesamtes zu erfolgen hat.

Unter Berücksichtigung der aktuellen abschiebungsrelevanten Lage im Iran hat der Kläger grundsätzlich die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG.

Gemäß §§ 3 ff. AsylG darf ein Ausländer in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Eine Bedrohung liegt dann vor, wenn anknüpfend an Verfolgungsgründe wie die Religion (vgl. dazu Art. 10 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 - so genannte Anerkennungsrichtlinie oder Qualifikationsrichtlinie bzw. § 3b AsylG) Verfolgungshandlungen im Sinne von Art. 9 der Anerkennungsrichtlinie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (§ 3a AsylG). Eine schwerwiegende Verletzung der Religionsfreiheit kann eine Verfolgungshandlung darstellen, wenn der Betreffende auf Grund der Ausübung dieser Freiheit tatsächlich Gefahr läuft, verfolgt oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Dabei ist es nicht zumutbar, von seinen religiösen Betätigungen Abstand zu nehmen, um nicht verfolgt zu werden (EuGH, U.v. 5.9.2012 - C-71/11 und C-99/11 - ABl. EU 2012, Nr. C 331 S. 5 - NVwZ 2012, 1612).

Nach Überzeugung des Gerichts besteht für den Kläger aufgrund seiner Konversion vom Islam zum Christentum eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran.

Denn aufgrund der aktuellen Lage, welche sich aus den in den Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln ergibt, besteht im Iran für christliche Konvertiten, die ihren Glauben in Gemeinschaft mit anderen ausüben sowie insbesondere, wenn sie nach außen erkennbar eine missionarische Tätigkeit entfalten, eine herausgehobene Rolle einnehmen, in Ausübung ihres Glaubens an öffentlichen Riten wie etwa Gottesdiensten teilnehmen oder zumindest ihren neu angenommenen Glauben - und die damit verbundene Abkehr vom Islam - nach außen zeigen wollen, die beachtliche Gefahr von Verfolgungshandlungen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts (vgl. im Einzelnen VG Würzburg, U.v. 11.7.2012 - W 6 K 11.30392) sowie verschiedener Obergerichte (vgl. BayVGH, B.v. 19.7.2018 - 14 ZB 17.31218; B.v. 9.7.2018 - 14 ZB 17.30670 - juris; B.v. 16.11.2015 - 14 ZB 13.30207 - juris; OVG NRW, B.v. 28.6.2018 - 13 A 3261/17.A - juris; B.v. 7.11.2012 - 13 A 1999/07.A - DÖV 2013, 323; U.v. 30.7.2009 - 5 A 982/07.A - EzAR-NF 62 Nr. 19; HessVGH, U.v. 18.11.2009 - 6 A 2105/08.A - ESVGH 60, 248; SächsOVG, U.v. 3.4.2008 - A 2 B 36/06 - juris; OVG Saarl, U.v. 26.6.2007 - 1 A 222/07 - InfAuslR 2008, 183 - jeweils mit weiteren Nachweisen) unter-liegen iranische Staatsangehörige, die vom Islam zum Christentum konver-tiert sind, bereits dann mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung im Sinne des Art. 9 der Anerkennungsrichtlinie, wenn sie im Iran lediglich ihren Glauben ausüben und an öffentlichen Riten teilnehmen. Insgesamt betrachtet ist eine religiöse Betätigung von muslimischen Konvertiten, die einer evangelikalen oder freikirchlichen Gruppierung angehören, im Iran selbst im häuslich-privaten oder nachbarschaftlich-kommunikativen Bereich nicht mehr gefahrlos möglich (vgl. HessVGH, U.v. 18.11.2009 - 6 A 2105/08.A - ESVGH 60, 248; B.v. 23.2.2010 - 6 A 2067/08.A - Entscheiderbrief 10/2010, 3; B.v. 11.2.2013 - 6 A 2279/12.Z.A - Entscheiderbrief 3/2013, 5).

Aufgrund des persönlichen Eindrucks in der mündlichen Verhandlung besteht nach Überzeugung des Gerichts für den Kläger eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran, da der Kläger aufgrund einer tiefen inneren Glaubensüberzeugung lebensgeschichtlich nachvollziehbar den christlichen Glauben angenommen hat. Das Gericht ist weiterhin davon überzeugt, dass der Kläger aufgrund seiner persönlichen religiösen Prägung entsprechend seiner neu gewonnenen Glaubens- und Moralvorstellungen das unbedingte Bedürfnis hat, seinen Glauben auch in Gemeinschaft mit anderen Gläubigen öffentlich auszuüben, und dass er ihn auch tatsächlich ausübt. Das Gerichtet erachtet weiter als glaubhaft, dass eine andauernde christliche Prägung des Klägers vorliegt und dass er auch bei einer Rückkehr in den Iran seinen christlichen Glauben leben will. Das Gericht hat nach der Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht den Eindruck, dass sich der Kläger bezogen auf den entscheidungserheblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 AsylG) nur vorgeschoben aus opportunistischen, asyltaktischen Gründen dem Christentum zugewandt hat. Die Würdigung der Angaben des Klägers zu seiner Konversion ist ureigene Aufgabe des Gerichts im Rahmen seiner Überzeugungsbildung gemäß § 108 VwGO (BVerwG, B.v. 25.8.2015 - 1 B 40.15 - Buchholz 402.25 § 3 AsylVfG Nr. 19 sowie BayVGH, B.v. 9.7.2018 - 14 ZB 17.30670 - juris; B.v. 16.11.2015 - 14 ZB 13.30207 - juris; B.v. 9.4.2015 - 14 ZB 14.30444 - NVwZ-RR 2015, 677; OVG NRW, B.v. 28.6.2018 - 13 A 3261/17.A - juris; B.v. 10.2.2017 - 13 A 2648/16.A - juris; OVG SH, B.v. 29.9.2017 - 2 LA 67/16 - juris; NdsOVG, B.v. 16.9.2014 - 13 LA 93/14 - KuR 2014, 263; VGH BW, B.v. 19.2.2014 - A 3 S 2023/12 - NVwZ-RR 2014, 576), wobei keine überzogenen Anforderungen zu stellen sind, zumal Glaubens- und Konversionsprozesse individuell sehr unterschiedlich verlaufen können und nicht zuletzt von der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seiner religiösen und kulturellen Prägung und seiner intellektuellen Disposition abhängen (Berlit, jurisPR-BVerwG 22/2015, Anm. 6).

Das Gericht ist nach informatorischer Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung sowie aufgrund der schriftlich vorgelegten Unterlagen davon überzeugt, dass dieser ernsthaft vom Islam zum Christentum konvertiert ist. So legte der Kläger ein persönliches Bekenntnis zum Christentum ab. Der Kläger schilderte weiter nachvollziehbar und ohne Widersprüche glaubhaft seinen Weg vom Islam zum Christentum, Inhalte des christlichen Glaubens und seine christlichen Aktivitäten. Die Schilderungen des Klägers sind plausibel und in sich schlüssig. Der Kläger legte verschiedene Unterlagen vor. In diesen Unterlagen werden die Taufe des Klägers, seine Konversion zum Christentum sowie seine christlichen Aktivitäten bestätigt. Außerdem bekräftigte seine christliche Gemeinde seine Angaben und den Eindruck einer ehrlichen und aufrichtigen Konversion zum Christentum.

Der Kläger hat glaubhaft seinen Weg vom Islam zum Christentum dargetan. Der Kläger erklärte, er sei als Moslem geboren. Er habe schon im Iran Kontakt zum Christentum gehabt. Der Kläger räumte aber ehrlich ein, dass sei ihm damals noch nicht so wichtig gewesen. Außerdem habe er im Gefängnis im Iran nicht weitermachen können, weil er sonst als Ungläubiger gegolten hätte. In Deutschland habe er zunächst die Kirche in Nürnberg besucht und dann die Christliche Gemeinde Bauhaus in Kitzingen. Er habe deutsche und iranische Freunde kennengelernt und deren Verhalten festgestellt. Er habe zunächst nicht so oft in der Bibel gelesen. Erst im Gefängnis sei es mehr geworden. Sein Wunsch, keine Zigaretten mehr zu rauchen, sei erfüllt worden. Er habe im Gefängnis eine Bibel auf Farsi gehabt und auch andere Bücher, quasi Interpretationen davon. Während seines Gefängnisaufenthalts habe er einmal im Monat Besuch von einem Seelsorger erhalten, einem Katholiken. Teilweise seien sie zu zweit besucht worden, ein iranischer Freund habe den Seelsorger begleitet, um auch zu übersetzen. Er habe sich gut behandelt gefühlt und die Entfernung zu Gott sei immer kürzer geworden. Er sei schließlich von seinem Gott überzeugt gewesen. Er habe die Entscheidung getroffen, sich taufen zu lassen. Während der Zeit im Gefängnis seien Termine vereinbart worden. Einmal in der Woche sei er mit zwei Deutschen und einem iranischen Freund zur dortigen Pfarrerin gegangen. Am 9. September 2018 sei er im Gefängnis getauft worden. Im Gefängnis habe es evangelischen und katholischen Gottesdienst gegeben. Zu beiden sei er hingegangen. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis habe er in seinem Wohnort wieder Kontakt zur dortigen Kirche aufgenommen. Er besuche dort die christliche Gesangsstunde sowie den Gottesdienst. Der dortige Pfarrer, der als Beistand in der mündlichen Verhandlung anwesend war, erklärte, der Seelsorger habe den Kontakt geknüpft und mitgeteilt, dass der Kläger Anschluss suche. Er, der Pfarrer, habe sich mit dem Kläger getroffen. Der Kläger habe sich interessiert gezeigt. Der Kläger sei in den Gottesdienst gekommen und habe auch Interesse an Liedern gezeigt. Deshalb sei der Kläger auch donnerstags zum zweiwöchig stattfindenden Gesangskreis gekommen. Auch bei einer Veranstaltung, bei der ein Taizé-Gebet gesprochen worden sei, sei der Kläger gewesen. Außerdem wende sich der Kläger mit konkreten thematischen christlichen Fragen an ihn, etwa wie zur Geschichte mit dem barmherzigen Samariter. So sei es auch mit anderen Bibelstellen. Außerdem habe der Kläger auch Verständnis bei der Frage, wenn der Glaube in Ethik übergehe. Der Kläger glaube an die Kraft des Gebetes. Der Kläger sei ein festes Mitglied der Gemeinde. Er, der Beistand, wolle den Kläger auch mit festen Aufgaben weiter ins Gemeindeleben einbinden.

Besonders zu erwähnen ist in dem Zusammenhang, dass der Kläger seinen Glauben nicht nur öffentlich und nach außen hin lebt, sondern dass er sich auch für seinen Glauben engagiert. Der Kläger erklärte: Er habe im Gefängnis auch einen anderen Häftling missioniert, nachdem dieser gesehen habe, dass er, der Kläger, mit dem Glauben angefangen habe und auch mit dem Rauchen aufgehört habe. Im Iran wüssten auch seine Geschwister und seine Eltern von seiner Konversion und Taufe. Er sei in einer Familie groß geworden, die vor der Entscheidung anderer Respekt habe. Mit seinem Bruder in Deutschland rede er jeden Tag. Der Bruder in Deutschland sei auch getauft und Christ geworden, ebenso sein Bruder in Australien. Vor diesem Hintergrund wird der Eindruck bestätigt, dass der Kläger bei seiner Glaubensbetätigung auch nicht vor seiner Heimat Halt macht, was für eine nachhaltige und ehrliche Konversion sowie für eine entsprechende Glaubensbestätigung auch bei einer eventuellen Rückkehr in den Iran spricht.

Der Kläger verdeutlichte in der mündlichen Verhandlung des Weiteren plausibel und glaubhaft seine Beweggründe für die Abkehr vom Islam und die Hinwendung zum Christentum. In dem Zusammenhang legte er - in seinen Worten und im Rahmen seiner Persönlichkeit und intellektuellen Disposition (vgl. BVerwG, B.v. 25.8.2015 - 1 B 40.15 - Buchholz 402.25 § 3 AsylVfG Nr. 19; Berlit, jurisPR-BVerwG 22/2015, Anm. 6) - auch zentrale Elemente des christlichen Glaubens als für sich wichtig dar. Gerade mit seinen Aussagen zur Stellung von Jesus Christus im Christentum sowie zur Erbsünde machte der Kläger zentrale Elemente des christlichen Glaubens und den fundamentalen Unterschied zwischen Islam und Christentum deutlich und zeigte, dass er dies verinnerlicht hat. Der Kläger erklärte: Im Iran habe er sich schon als Moslem nicht wohlgefühlt. Ihm sei klar geworden, wie Moslems mit ihm umgingen, wie sie ihn folterten. Er sei Christ geworden, um zu lernen, wie man richtig lebe. Im Christentum sei es so, wenn man die Sünden bekenne und ein gläubiger Christ sei, dann sei man nicht mehr sündig. Im Islam werde nach dem Tod verhandelt und geschaut, was man gemacht habe. Danach würde man bestraft. Im Christentum sei Gott aufgrund unserer Sünden gekreuzigt worden. Gott habe gewünscht, dass Jesus Christus, sein Sohn, gekreuzigt werde, um die Sünden zu vergeben. Im Koran gehe es um Mohammed. In der Bibel gehe es um Jesus Christus. Jesus Christus sei von Gott gesandt worden, er sei auch der Sohn Gottes, er sei Gott.

Der Kläger offenbarte weiter konkrete wesentliche Glaubensinhalte und Glaubenskenntnisse, die seine Glaubensentscheidung und seinen Gewissensschritt zusätzlich belegen. Der Kläger benannte in dem Zusammenhang einzelne christliche Feiertage sowie christliche Gebote. Des Weiteren kannte der Kläger auch christliche Gebete, wie das „Vater unser“. Der Kläger bezog sich zudem auf die Bibel und auf einzelne Bibelstellen.

Der Kläger erklärte glaubhaft weiter, er könne sich nicht vorstellen, vom Christentum wieder zum Islam zurückkehren. Vom Herzen wolle er Christ bleiben. Er könne auch nicht in den Iran zurück, denn er werde als Ungläubiger mit der Todesstrafe bestraft. Auf gerichtliche Frage, ob er möglicherweise bei einer Rückkehr in den Iran seine Konversion verheimlichen würde, um nicht verfolgt zu werden, gab der Kläger ehrlich an: Das sei eine gute Theorie. Aber er habe sich noch keine Gedanken gemacht. Er wolle aber Christ bleiben. Dazu ist anzumerken, dass eine Verheimlichung der Konversion aus Angst vor Gefahr die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht hindert. Gefahrerhöhend kommt darüber hinaus beim Kläger zur Geltung, dass er aufgrund seiner Vorfluchtgeschichte ohnehin im Fokus der Sicherheitskräfte steht, wie nachfolgend noch auszuführen sein wird.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das gesamte Verhalten des Klägers vor und nach seiner Ausreise im Zusammenhang mit der Konversion zum Christentum sowie die von ihm vorgetragenen Glaubensinhalte und Glaubenskenntnisse über die christliche Religion - auch in Abgrenzung zum Islam - eine ehrliche Konversion glaubhaft machen und erwarten lassen, dass der Kläger bei einer angenommenen Rückkehr in seine Heimat seiner neu gewonnenen Religion entsprechend leben würde. Der Kläger hat lebensgeschichtlich nachvollziehbar seine Motive für die Abkehr vom Islam und seine Hinwendung zum christlichen Glauben dargestellt. Er hat seine Konversion anhand der von ihm gezeigten Glaubenskenntnisse über das Christentum und durch seine Glaubensbetätigung gerade auch in Bezug zur Öffentlichkeit nachhaltig und glaubhaft vorgebracht. Der Eindruck einer ernsthaften Konversion wird dadurch verstärkt, dass der Kläger missionarische Aktivitäten entwickelt, indem er bei anderen für den christlichen Glauben wirbt. Weiter ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger bei einer theoretischen Rückkehr in den Iran seine Konversion ohne Not verheimlichen würde, da prognostisch von einer andauernden christlichen Prägung auszugehen ist. Abgesehen davon kann einem Gläubigen nicht als nachteilig entgegengehalten werden, wenn er aus Furcht vor Verfolgung auf eine Glaubensbetätigung verzichtet, sofern die verfolgungsrelevante Glaubensbetätigung wie hier die religiöse Identität des Schutzsuchenden kennzeichnet. Ein so unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungener Verzicht auf die Glaubensbetätigung kann die Qualität einer Verfolgung erreichen und hindert nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. BVerwG, B.v. 25.8.2015 - 1 B 14.15 - Buchholz 402.25 § 3 AsylVfG Nr. 19; U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - BVerwGE 146, 67; Berlit, juris PR-BVerwG 22/2015, Anm. 6 und 11/2013, Anm. 1; Marx, Anmerkung, InfAuslR 2013, 308). Umgekehrt kann einem Gläubigen von den deutschen Behörden bzw. Gerichten nicht zugemutet werden, bei einer Rückkehr in den Iran von seiner religiösen Betätigung Abstand zu nehmen, um nicht verfolgt zu werden (EuGH, U.v. 5.9.2012 - C-71/11 und C-99/11 - ABl EU 2012, Nr. C 331 S. 5 - NVwZ 2012, 1612).

Der Kläger hat insgesamt durch sein Auftreten in der mündlichen Verhandlung und durch die Darlegung seiner Beweggründe nicht den Eindruck hinterlassen, dass er nur aus opportunistischen und asyltaktischen Gründen motiviert dem christlichen Glauben nähergetreten ist, sondern aufgrund einer ernsthaften Gewissensentscheidung und aus einer tiefen Überzeugung heraus den religiösen Einstellungswandel vollzogen hat. Dieser Eindruck erhärtet sich durch das schriftliche Vorbringen sowie die vorgelegten Unterlagen.

Dazu tragen auch die Ausführungen seines Beistandes aus der christlichen Gemeinde in der mündlichen Verhandlung bei. Der Beistand erklärte: Der Kläger habe sich sehr interessiert gezeigt, auch mit konkreten christlichen Fragen und thematischen Fragen über Bibelstellen. Der Kläger habe Angst gehabt. Aber er habe geglaubt und dies habe ihm Sicherheit verliehen. Der Kläger sei des Weiteren mit seiner Straftat offen umgegangen und habe es auch erzählt. Der Kläger wolle einen Neuanfang, ein neues Leben beginnen. Er, der Beistand, glaube dem Kläger auch, dass er seine Chance nütze und im Glauben weiter wachse. Es sei nur wichtig, dass der Kläger, wenn er in Deutschland bleibe, nicht abstürze. In der kurzen Zeit, in der er Kontakt mit dem Kläger gehabt habe, habe er den Kläger mehrere Schritte tun sehen. Dies sei ein Anfang. Wichtig sei auch, dass der Kläger noch einen „nachgeholten Taufunterricht“ bekomme.

Nach § 28 Abs. 1a AsylG kann sich ein Kläger bzw. eine Klägerin bei der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG auch auf Umstände stützen, die nach Verlassen des Herkunftslandes entstanden sind. Dies gilt gerade, wenn wie hier vorliegend ein Iraner seine religiöse Überzeugung aufgrund ernsthafter Erwägungen wechselt und nach gewissenhafter Prüfung vom Islam zum Christentum übertritt (Bergmann in Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Aufl. 2018, § 28 AsylG Rn. 17).

Unabhängig vom Vorstehenden droht dem Kläger auch aufgrund seines Vorfluchtschicksals bei einer Rückkehr in den Iran staatliche Verfolgung aus politischen Gründen. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Kläger im Iran, weil er in den Verdacht geraten war, zur Opposition zu gehören, längere Zeit im Gefängnis gewesen ist und auch Selbstmordversuche begangen hat. Der Kläger machte in der mündlichen Verhandlung insoweit nicht den Eindruck, dass er eine ausgedachte Geschichte erzählt, sondern, dass er - gerade auch unterstrichen durch seine Gestik und Mimik - wirklich im Iran im Gefängnis war und dort Misshandlungen und Folterungen erlitten hat. Der Kläger beschrieb etwa anschaulich, wie er aus der Gemeinschaftszelle zur Wache fortgebracht wurde und dort ein Tuch auf den Kopf aufgesetzt erhalten hat, damit er nicht wisse wohin. Er sei in einen weiteren Raum gebracht worden, in dem er gefoltert worden sei. Sie hätten ihn geschlagen, auf die Rippen gedrückt oder die Hände auf den Rücken gefesselt und ihn daran aufgehängt. Die Narben der Handschellen, auf die der Kläger in der mündlichen Verhandlung wiederholt hinwies, seien noch erkennbar, genauso wie eine Narbe hinter seinem linken Ohr. Weiter beschrieb er, wie er nach den Folterungen nicht gleich zurück in die Gemeinschaftszelle gebracht worden, sondern zunächst in eine Einzelzelle gekommen sei, bis seine Wunde verheilt gewesen sei. Er habe auch starke Medikamente nehmen müssen. Ein Indiz für die Wahrheit seines Vorbringens ist des Weiteren der in der mündlichen Verhandlung vorgeführte Filmausschnitt über einen Besuch seiner Schwester im Gefängnis, der ihn hinter einer Glasscheibe und mit Telefonhörer ohne obere Vorderzähne zeigt. Auch die weiteren schriftlichen Unterlagen geben einen Anhaltspunkt durch ihren Bezug auf einen Selbstmordversuch in Verbindung mit einem Gefängnisaufenthalt. Schließlich spricht auch der Klageschriftsatz des Klägers vom 27. Januar 2018 dafür, dass er tatsächlich längere Zeit inhaftiert gewesen, in dem er unter anderen - uninspiriert - den Gefängnisaufenthalt in Deutschland mit dem in Iran verglich. Der Kläger führte insoweit aus: Er sei dem deutschen Staat zutiefst dankbar, dass er seine Strafe in Deutschland habe verbüßen dürfen. Die Gefängnisse im Iran seien furchtbar. Er habe dies infolge seines Gefängnisaufenthalts im Iran aus politischen Gründen viele Jahre erleben müssen, weshalb er auch geflüchtet sei. Zudem ist der Kläger - wenn auch niederschwellig - exilpolitisch aktiv. Vor diesem Hintergrund ist bei einer Rückkehr in den Iran nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass der Kläger erneut als vermeintlicher Oppositioneller inhaftiert und dort auch erneut gefoltert wird. Der Kläger erklärte insoweit, dass Sicherheitskräfte während seiner Abwesenheit auch wiederholt bei seinen Eltern nach ihm gefragt hätten.

Nach alledem geht das Gericht davon aus, dass dem Kläger bei den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht und dass des Weiteren eine Abschiebung des Klägers in den Iran gegen Art. 3 EMRK sowie gegen Art. 9 EMRK verstoßen würde.

Gleichwohl konnte das Gericht nicht abschließend über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, den subsidiären Schutz oder nationale Abschiebungsverbote entscheiden, weil aufgrund der Gesetzeslage vorrangig eine Ermessensentscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 3 Abs. 4 Alt. 2 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG zu erfolgen hat, ob das Bundesamt infolge der vom Kläger begangenen und mit einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung geahndeten Verstoßes gegen § 177 StGB von der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft absieht.

§ 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG ist einschlägig. Denn der Kläger wurde mit Urteil des Amtsgerichts Würzburg vom 27. April 2017 (rechtskräftig am 4.7.2017) wegen versuchter sexueller Nötigung nach § 177 StGB zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Kläger hat damit gleichzeitig eine vorsätzliche Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung unter Anwendung von Gewalt begangen. Liegen diese Voraussetzungen vor, führt dies indes nicht etwa automatisch zu einem Absehen von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG bzw. von der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG. Die Entscheidung ist vielmehr ins Ermessen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gestellt, das im Einzelfall zu prüfen hat, ob der Kläger mit der abgeurteilten Straftat die Schwelle zur „Gefahr für die Allgemeinheit“ überschritten hat. Erforderlich ist insofern eine zukunftsgerichtete Prognose (vgl. Koch in Beck Online Kommentar, Ausländerrecht, Kluth/Heusch 19. Edition, Stand 15.8.2016, § 60 AufenthG Rn. 56 f.; Thym, Die Auswirkungen des Asylpakets II, NVwZ 2016, 409, 415).

§ 60 Abs. 8 AufenthG ist dabei verfassungskonform eng auszulegen. Es ist zu prüfen, ob eine echte Gefahr für die Allgemeinheit besteht. Die Prüfung hat streng am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen. Dabei ist unter anderem darauf zu achten, dass die Abschiebung eines politisch Verfolgten in den Machtbereich des Verfolgers unweigerlich als Hinnahme der Verfolgung wirkt. Sie kann deshalb nur die Ultima Ratio darstellen, was insbesondere bei der Anwendung von § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG zu berücksichtigen ist. Auch im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist die Vorschrift restriktiv auszulegen, weil es um eine Ausnahme von dem fundamentalen Grundsatz der Nichtzurückweisung des Flüchtlings in den Verfolgerstaat geht. Allerdings ist bei der Auslegung auch zu berücksichtigen, dass die sexuelle Selbstbestimmung und der Gewalteinsatz zentrale Wertentscheidungen im heutigen Westeuropa berühren. Außerdem ist zu beachten, dass zwischen Flüchtlingsanerkennung, Ausweisung und Abschiebung zu unterscheiden ist. Insofern gelten unterschiedliche Rechtsmaßstäbe. Der Entzug des Aufenthaltstitels bei Flüchtlingen, etwa durch einen Ausweisung, folgt weniger strengen Vorgaben als der Ausschluss vom Flüchtlingsstatus. Ein Flüchtling kann auch dann ausgewiesen werden, wenn der Ausschluss vom Flüchtlingsstatus scheitert. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse. Darüber hinaus ist eigenständig zu beurteilen, ob ein absolutes Abschiebeverbot etwa nach Art. 3 EMRK besteht. Im jedem Einzelfall ist eine Entscheidung im Hinblick auf die Umstände im Heimatstaat vorzunehmen. Nur, wenn bei der hierbei vorzunehmenden Interessenabwägung - öffentliches Interesse an der Ausreise versus privates Interesse des Ausländers am Verbleib - ergibt, dass das öffentliche Interesse überwiegt, greift das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht (Thym, Die Auswirkungen des Asylpakets II, NVwZ 2016, 409, 415; Bergmann in Bergmann/Dienelt, AuslR 12. Aufl. 2018, § 60 AufenthG Rn. 26 ff.).

Ausgehend davon wird bei der zu treffenden Ermessensentscheidung unter anderem zu berücksichtigen sein, dass gegen den Kläger zwar ein Ausweisungsbescheid mit Datum vom 27. April 2018 ergangen ist. Über die dagegen im Verfahren W 7 K 18.618 erhobene Klage ist seitens des Verwaltungsgerichts noch nicht entschieden. In dem Ausweisungsbescheid ist aber ausdrücklich festgehalten, dass die negativen Konsequenzen bei einer Abschiebung in den Iran als sogenannte zielstaatsbezogene Aspekte nicht geprüft wurden, sondern diese Prüfung ausschließlich dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Rahmen des Asylverfahrens vorbehalten ist. Hinsichtlich des Strafurteils des Amtsgerichts Würzburg vom 27. April 2017 ist anzumerken, dass die Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde, da keine günstige Sozialprognose im Sinne von § 56 Abs. 1 StGB gestellt wurde, weil das Strafgericht nicht davon ausging, dass sich der Angeklagte schon allein die Verurteilung zur Bewährungsstrafe zu Warnung dienen lasse und künftig auch ohne Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen werde. Umgekehrt ging das Strafgericht aber offenbar davon aus, dass mit Einwirkung des Strafvollzugs die spezialpräventiven Wirkungen erzielt werden können. Außerdem spielten beim Absehen von der Aussetzung zur Bewährung auch generalpräventive Gründe eine Rolle.

Für den Kläger sprechen weiter unter anderem seine durchaus glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung sowohl zu seinem Vorfluchtschicksal als auch zu seiner Religionskonversion und den bei ihm erfolgten Wandel, die nach der Begehung der Straftat stattgefunden haben. Abgesehen davon, dass auch eine ärztliche Therapie erfolgt, erklärte der Kläger glaubhaft insbesondere, dass er seine Straftat bereue und dass er sich geändert habe. Der Kläger erklärte, er dürfe die Frau, die Opfer gewesen sei, nicht treffen. Er wisse nicht, wie er sich bei ihr entschuldigen könne. Er habe für sie gebetet und hoffe, dass auch sie wieder zur Ruhe komme. Wenn er wüsste, dass die andere Frau, also das Opfer seiner Straftat, ihm verzeihe, dann könne er besser leben. Er wolle alles für die Frau machen, damit es auch dieser wieder besser gehe. Er habe sich zum Positiven hin verändert. Letzteres bestätigte auch sein geistlicher Beistand in der mündlichen Verhandlung. Der Kläger sei offen mit seiner Straftat umgegangen. Er wolle einen Neuanfang und ein neues Leben als Christ beginnen.

Die erforderliche Ermessensentscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bleibt abzuwarten.

Nach alledem konnte der streitgegenständliche Bescheid insgesamt keinen Bestand habe und war daher, wie beantragt, in seinen Nummern 1 und 3 bis 6 aufzuheben.

In Abhängigkeit von der Ermessensentscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wird über die einzelnen weiteren Aspekte (subsidiärer Schutz, nationale Abschiebungsverbote, Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung) zunächst vom Bundesamt erneut zu entscheiden sein, sodass insoweit die Verpflichtungsklage abzuweisen war. Eine erneute Ermessensentscheidung hat - wenn überhaupt insoweit noch relevant - gegebenenfalls auch zur Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG zu erfolgen. Dazu ist noch anzumerken, dass das Gericht auch insoweit Bedenken an der Ermessensausübung des Bundesamts hat, weil es mit 60 Monaten die Fünfjahresfrist des Regelfalles ausschöpft, ohne dies aber im streitgegenständlichen Bescheid näher zu begründen. Insbesondere wird die gegen den Kläger verhängte Straftat in dem Zusammenhang überhaupt nicht erwähnt und auch nicht konkret bezogen auf den vorliegenden Einzelfall auf die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 2 und 3 AufenthG eingegangen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und folgt dem jeweiligen Unterliegen bzw. Obsiegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3a Verfolgungshandlungen


(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3b Verfolgungsgründe


(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen: 1. der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;2. der Begrif

Strafgesetzbuch - StGB | § 177 Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung


(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei

Strafgesetzbuch - StGB | § 56 Strafaussetzung


(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig au

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 28 Nachfluchttatbestände


(1) Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

1. Vorliegend geltend gemacht ist allein der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG). Zwar wird in der Einleitungspassage des Zulassungsantrags (dort S. 2) auch § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG zitiert, inhaltlich ist aber dort ebenfalls ausschließlich vom Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung die Rede. Außerdem äußert sich die Antragsbegründung auch im Folgenden nur zu diesem Zulassungsgrund, nicht aber zu dem der Divergenz. Schließlich wird in der Schlusspassage des Zulassungsantrags (dort S. 11) ausschließlich § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zitiert. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Art und Weise dargelegt.

2. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S.v. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG erfordert, dass eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerwG, B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – BayVBl 2016, 104 Rn. 6 m.w.N.; BayVGH, B.v. 4.6.2018 – 14 ZB 17.390 – juris Rn. 14 m.w.N.). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 78 Abs. 4 Satz 1 AsylG (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 7.2.2017 – 14 ZB 16.1867 – juris Rn. 15 m.w.N.).

3. Klägerseits wird zunächst die Frage als grundsätzlich erachtet,

ob das Verwaltungsgericht im Rahmen des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO zulässigerweise aus einer nach seiner Überzeugung fehlenden Auseinandersetzung des Betroffenen mit einer von ihm zuvor begangenen Straftat schließen kann, dass seine geltend gemachte Konversion zum Christentum nicht ernsthaft und deshalb unbeachtlich ist.

Allerdings legt die Begründung der Antragsschrift nicht hinreichend i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dar, weshalb gerade diese Frage im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich sein sollte. In der Antragsbegründung (dort S. 4) wird unter anderem ausgeführt, das Verwaltungsgericht habe seine Überzeugung „allein“ auf die seiner Überzeugung nach fehlende ernsthafte Auseinandersetzung des Klägers mit der von ihm begangenen Straftat gestützt. Zur Begründung seiner Auffassung, dass eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Straftat fehle, stütze sich das Verwaltungsgericht „wiederum“ auf eine Stellungnahme einer Justizvollzugsanstalt, während es den gegenteiligen Stellungnahmen der Bewährungshelferin und des Klägers keine Bedeutung beigemessen habe. Vor allem habe das Verwaltungsgericht auf eine fehlende Absicht des Klägers abgestellt, sich nach seiner Haftentlassung bei dem Opfer der von ihm verübten Straftat zu entschuldigen.

Diese Darlegung bildet den Argumentationsweg des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend ab, weswegen damit hinsichtlich der ersten Frage auch nicht hinreichend i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt ist, weshalb die aufgeworfene erste Frage entscheidungserheblich sein sollte. So hat das Verwaltungsgericht die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt gerade nicht nur als Indiz hinsichtlich der Frage der Auseinandersetzung mit der vom Kläger begangenen Straftat – einer Vergewaltigung – herangezogen (UA S. 20), sondern bereits zuvor allgemeiner in dem von der Justizvollzugsanstalt angenommenen manipulativen Vorgehen des Klägers ein Indiz für die verwaltungsgerichtliche Annahme einer verfahrenstaktischen Motivation der Konversion zum Christentum gesehen (UA S. 19). Außerdem ging es dem Verwaltungsgericht nach der Begründung des angegriffenen Urteils (UA S. 3, 20) nicht um die fehlende Auseinandersetzung mit „einer zuvor begangenen Straftat“ im Allgemeinen, sondern um die fehlende Auseinandersetzung mit den „Folgen“ der gerade vom Kläger begangenen Straftat der Vergewaltigung für das Vergewaltigungsopfer. Mithin hat das Verwaltungsgericht gerade nicht „allein“ aus einer „fehlenden Auseinandersetzung mit einer zuvor begangenen Straftat“, sondern vielmehr aus mehreren Aspekten – Aussage der Justizvollzugsanstalt zur manipulativen Vorgehensweise des Klägers und Unterlassen einer Entschuldigung beim Opfer – auf die fehlende Ernsthaftigkeit der Konversion zum Christentum geschlossen. Deshalb wird mit der klägerischen Begründung die Entscheidungserheblichkeit gerade der ersten klägerseits formulierten Frage nicht hinreichend i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt.

Unabhängig davon ist zu sehen, dass die Prüfung, ob in der Person des jeweiligen Asylantragstellers ein beachtlicher ernsthafter Glaubenswechsel vorliegt oder nicht, nur anhand der individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Sachverhalts erfolgen kann, was sich vorwiegend nach der individuellen Disposition des jeweiligen Schutzsuchenden richtet und deshalb nur anhand der individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls geklärt werden kann, was gegen eine grundsätzliche Bedeutung diesbezüglicher Fragen spricht (vgl. BayVGH, B.v. 16.11.2015 – 14 ZB 13.30207 – juris Rn. 15 m.w.N.). Zwar befasst sich die hier aufgeworfene erste Frage nicht direkt mit dem Einzelfallaspekt, ob beim Kläger ein ernsthafter Glaubenswechsel vorliegt, sondern zielt auf die Klärung ab, ob ein Tatsachengericht einen bestimmten indiziellen Schluss zulässigerweise vornehmen darf. Allerdings wird dabei explizit auch auf § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO abgestellt und damit eine untrennbare Anbindung an den jeweiligen konkreten Einzelfall vorgenommen. Dies wiederum führt dazu, dass die Frage in dieser Form nicht allgemein klärungsfähig ist, sondern ihrerseits nur im Einzelfall geprüft werden kann und deshalb einer grundsätzlichen Klärung jedenfalls in dieser Formulierung nicht zugänglich ist. Dabei ist zu sehen, dass es der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO unterliegt und insoweit keiner weiteren grundsätzlichen Klärung zugänglich ist, auf welche Weise der Tatrichter versucht, sich die erforderliche Überzeugungsgewissheit vom Vorliegen der entscheidungserheblichen Tatsache der Wahrung der religiösen Identität des Asylbewerbers zu verschaffen (BVerwG, B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – BayVBl 2016, 104 Rn. 14).

4. Als zweite grundsätzliche Frage wird klägerseits aufgeworfen,

ob das Verwaltungsgericht im Rahmen des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO zulässigerweise aus einem vorangegangenen, nach seiner Überzeugung asyltaktisch motivierten Religionswechsel des Betroffenen per se schließen kann, dass seine geltend gemachte nachfolgende Konversion zum Christentum nicht ernsthaft erfolgt und deshalb unbeachtlich ist.

Hierzu wird unter anderem ausgeführt, richtiger Weise sei davon auszugehen, dass selbst ein mögliches asyltaktisches Vorgehen des Klägers bei seinem Beitritt zur Religionsgemeinschaft der Bahai nicht den vom Verwaltungsgericht gezogenen Schluss auf entsprechende taktische Erwägungen bei der Taufe des Klägers zulasse.

Auch insoweit legt die Begründung der Antragsschrift nicht hinreichend dar, weshalb gerade die formulierte Frage im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich sein sollte, und zwar im Hinblick auf den Aspekt, ob „per se“ aus früheren asyltaktisch motivierten Religionswechseln auf die asyltaktische Motivation auch eines späteren geschlossen werden kann. Es ist zu sehen, dass das Verwaltungsgericht gerade nicht „per se“ von dem aus seiner Sicht asyltaktisch motivierten früheren Religionswechsel zu den Bahai auf die asyltaktische Motivation auch des späteren Wechsels zum Christentum geschlossen hat – eine derart allgemeine Aussage lässt sich dem angegriffenen Urteil nicht entnehmen. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht auch in diesem Kontext (UA S. 20 f.) gerade mit den Besonderheiten des Einzelfalls argumentiert. So hat es explizit offen gelassen, ob bereits der mehrfache Religionswechsel (erst zum Bahaitum, dann zum Christentum) für eine mangelnde Ernsthaftigkeit spricht. Sodann hat es zunächst für den speziellen Fall des Klägers begründet, weshalb – aus seiner Sicht – der frühere Wechsel des Klägers zu den Bahai nicht auf einer inneren Überzeugung basiere, sondern aus asyltaktischer Motivation erfolgt sei (UA S. 21 oben). Auch seine Bewertung, die zweite Konversion des Klägers (zum Christentum) sei durch asyltaktische Erwägungen des Klägers motiviert gewesen, hat es unter anderem mit Hinweis auf das klägerische Vorgehen bei Stellung des Folgeantrags (UA S. 21 oben), also anhand der konkreten Umstände des vorliegenden Falls, begründet. Vor diesem Hintergrund wird nicht hinreichend i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt, weshalb sich angesichts dieser verwaltungsgerichtlichen Argumentation der in der formulierten abstrakten Frage enthaltene Aspekt, ob „per se“ wie beschrieben geschlussfolgert werden könne, im konkreten Fall überhaupt stellen sollte.

Unabhängig davon ist auch die zweite Frage jedenfalls in der gewählten Formulierung einer über den Einzelfall hinausgehenden grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. Zwar geht es auch insoweit nicht unmittelbar um die Ernsthaftigkeit einer Konversion, sondern um die Klärung der Zulässigkeit eines bestimmten gerichtlichen Schlusses darauf. Allerdings wird auch insoweit schon wegen der Einbindung von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO in die Fragestellung ein untrennbarer Zusammenhang mit den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls hergestellt, wobei – wie gezeigt – die Frage der Ernsthaftigkeit der Konversion ihrerseits nicht verallgemeinerungsfähig ist, sondern nur im Einzelfall geklärt werden kann (s.o.).

5. Schließlich wird als grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage aufgeworfen,

ob einem iranischen Asylbewerber unabhängig von der Ernsthaftigkeit seiner Konversion zum Christentum bei Rückkehr in den Iran wegen seines öffentlichkeitswirksamen Auftretens als christlicher Konvertit in Deutschland Verfolgung droht.

In der zugehörigen Begründung wird unter anderem ausgeführt, es sei entgegen der verwaltungsgerichtlichen Würdigung davon auszugehen, dass die öffentlichen Äußerungen der Klägers zu seinem Glaubenswechsel zum Christentum von den iranischen Behörden durchaus ernst genommen und sogar als missionarische Tätigkeit gewertet würden. Mit seinen Äußerungen in einem Fernsehbeitrag über zum Christentum konvertierte Flüchtlinge, bei dem sich der Kläger – als einziger betroffener Interviewpartner nicht unkenntlich gemacht – zu seinem Glaubenswechsel dahin geäußert habe, dass ihn der Weg zu Jesus Christus innerlich beruhigt habe, dass er aus Sicht vieler Muslime ein Ungläubiger, ihm dies aber egal sei – dies sei sein Glaube, er sei glücklich damit und es interessiere ihn nicht, was die anderen Menschen über seinen Glauben denken würden –, habe der Kläger sich nicht nur gegen die islamische Religion, sondern auch gegen das geltende iranische Gesetz gestellt. Wäre das Verwaltungsgericht richtiger Weise davon ausgegangen, dass dieser öffentliche Auftritt des Klägers den iranischen staatlichen Stellen bekannt geworden sei und von diesen als missionarische Tätigkeit bewertet werde, hätte es auch eine für den Kläger bestehende Verfolgungsgefahr bejahen müssen.

Auch insoweit genügt der klägerische Vortrag nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, weil die Argumentation in der Antragsbegründung nicht mit der abstrakten Formulierung der klägerseits aufgeworfenen Frage korrespondiert. In der formulierten Frage geht es explizit um eine Verfolgungsgefahr „unabhängig von der Ernsthaftigkeit“ einer Konversion. Demgegenüber setzt die Begründung bei dem ganz konkreten, aus Sicht der Klageseite „missionarischen“, medialen Auftreten des Klägers an. Gerade dieser von der Begründung betonte „missionarische“ Aspekt wiederum wird in der formulierten Frage aber nicht aufgegriffen. Ganz im Gegenteil wird dort viel unspezifischer die Vokabel „öffentlichkeitswirksam“ verwendet, so dass die Reichweite der Frage deutlich über die Begründung hinausgeht und deshalb mittels dieser Begründung auch nicht hinreichend i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt wird.

Unabhängig davon setzt sich die Begründung der angeblichen Klärungsbedürftigkeit dieser Tatsachenfrage nicht hinreichend mit der zwischenzeitlich gefestigten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur (formalen) Konversion iranischer Schutzsuchender als Nachfluchtgrund auseinander.

Es ist geklärt, dass den iranischen Behörden bekannt ist, dass eine große Zahl iranischer Asylbewerber aus wirtschaftlichen oder anderen unpolitischen Gründen versucht, im westlichen Ausland einschließlich Deutschlands dauernden Aufenthalt zu finden, und dass im Verlauf hierzu betriebener Asylverfahren bestimmte Asylgründe geltend gemacht werden und diesbezügliche Betätigungen stattfinden, die häufig, wenn nicht vorwiegend, dazu dienen, Nachfluchtgründe zu belegen (BayVGH, B.v. 2.3.2010 – 14 ZB 10.30050 – juris Rn. 5; B.v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 12 m.w.N.). Geklärt ist weiter, dass seitens der iranischen Behörden Nachfluchtaktivitäten iranischer Asylbewerber in Deutschland realistisch eingeschätzt werden und aus einer solchen Asylantragstellung kein Rückschluss auf die politische Einstellung oder religiöse Gesinnung des Asylbewerbers gezogen wird (BayVGH, B.v. 25.2.2013 – 14 ZB 13.30023 – juris Rn. 3; B.v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 12).

Geklärt ist außerdem, dass es keine Erkenntnisse dahingehend gibt, dass allein wegen einer bisherigen religiösen Betätigung oder gar schon wegen eines bloß formalen Glaubenswechsels zum christlichen Glauben einem Übergetretenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran eine asylrechtlich relevante Verfolgung drohen könnte (BayVGH, B.v. 16.11.2015 – 14 ZB 13.30207 – juris Rn. 5 f. m.w.N.; B.v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 7).

Schließlich ist geklärt, dass es für die Frage einer Verfolgungsgefahr im Iran wegen Konversion maßgeblich darauf ankommt, ob im Fall einer Rückkehr einer konvertierten Person in den Iran davon auszugehen ist, dass diese ihren neu aufgenommenen Glauben – und die damit verbundene Abkehr vom Islam – aktiv im Iran ausüben (BayVGH, B.v. 16.11.2015 – 14 ZB 13.30207 – juris Rn. 6 m.w.N.; B.v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 7) oder nur erzwungener Maßen, unter dem Druck drohender Verfolgung, auf eine Glaubensbetätigung verzichten wird (vgl. BVerwG, B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – BayVBl 2016, 104 Rn. 11 m.w.N.).

Vor diesem Hintergrund ist die klägerseits aufgeworfene Tatsachenfrage so nicht klärungsbedürftig, weil bereits aus der besagten Rechtsprechung hervorgeht, dass eine Verfolgungsgefahr nicht allein – losgelöst von der Ernsthaftigkeit der Konversion und einer aufgrund dessen zu erwartenden aktiven Glaubensbetätigung auch im Iran oder einem erst durch dortigen Verfolgungsdruck erzwungenen Verzicht hierauf – aus einem in Deutschland erfolgenden öffentlichkeitswirksamen Auftreten als Konvertit abgeleitet werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 5). Dabei hat die Klagepartei auch keine aktuellen Erkenntnisquellen benannt, die in Abweichung von dieser Rechtsprechung eine verfolgungsrelevante Gefährdung schon bei einem rein formal durch Taufe erfolgten Übertritt zum Christentum und einer Äußerung hierzu im deutschen Fernsehen als annähernd wahrscheinlich erscheinen ließen.

6. Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger, der dieses Rechtsmittel vorliegend ohne Erfolg eingelegt hat (§ 154 Abs. 2 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die angegriffene Entscheidung rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG i.V.m. § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die ausdrücklich bzw. sinngemäß geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) und der Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) sind nicht in der gebotenen Weise (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) dargelegt bzw. liegen nicht vor.

I. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder - bei tatsächlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen - durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (st. Rspr., z. B. BayVGH, B. v. 25.2.2013 - 14 ZB 13.30023 - juris Rn. 2 m. w. N.; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36 ff. m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

1. Die vom Kläger gestellte (Tatsachen)Frage,

„ob ein iranischer Staatsangehöriger, der in Deutschland um Asyl ersucht hat und gegen seinen Willen in den Iran zurückgeführt wird, bei Bekanntwerden des Glaubensübertritts während seines Aufenthalts in Deutschland im Iran keinerlei relevanten Verfolgungsmaßnahmen unterliegt“,

hat keine grundsätzliche Bedeutung. Der Kläger hat bereits nicht dargelegt, dass es eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür gibt, dass sein formaler Glaubenswechsel durch seine in Deutschland lebenden Verwandten im Iran bekannt werden könnte. Zudem fehlt es dieser Frage an der erforderlichen Entscheidungserheblichkeit. Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass das Bekenntnis des Klägers zum Christentum nicht auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruhe; es sei der Eindruck entstanden, der Kläger sei nur formal und aus asyltaktischen Gründen zum christlichen Glauben übergetreten. Die aufgeworfene Frage könnte in einem Berufungsverfahren daher nur dann entscheidungserheblich sein, wenn allein der formale Akt des Übertritts zum christlichen Glauben - vorliegend also die durch die Taufe des Klägers bewirkte Mitgliedschaft in der evangelischen Landeskirche Bayern - zu Repressionen seitens des iranischen Staates führen könnte, ohne dass der christliche Glaube nach einer Rückkehr in den Iran gelebt würde. Der Kläger nennt zwar mögliche Lebensbereiche, in denen es nach seiner Ansicht für ihn zu Repressionen kommen könnte, die - aufgrund der Kumulation - als Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b RL 2011/95/EU - Qualifikationsrichtlinie - anzusehen seien. Nachvollziehbare Belege, die die Möglichkeit derartiger Repressionen bestätigen, benennt er jedoch nicht.

Es gibt auch keine entsprechenden Erkenntnisse, dass dem Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran allein wegen des formalen Glaubenswechsels oder wegen seiner bisherigen religiösen Betätigung in Deutschland eine asylrechtlich relevante und/oder abschiebungsrelevante Verfolgung drohen könnte. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat unter Auswertung zahlreicher Erkenntnisquellen zur Frage einer Verfolgungsgefahr wegen Apostasie in seinem Urteil vom 7. November 2012 - 13 A 1999/07.A - (juris Rn. 49 ff.) festgestellt, dass der Abfall vom Islam im Iran nach wie vor nach weltlichem Recht nicht mit Strafe bedroht ist und dass trotz des im September 2008 in erster Lesung beschlossenen Apostasiestrafgesetzes jedenfalls bei Apostaten, die nicht exponiert tätig sind, Verurteilungen zu Todesstrafen nicht erfolgen. Andere staatliche oder nichtstaatliche Repressionen sind demnach auch nur für solche konvertierten Christen festzustellen, die in Ausübung ihres Glaubens an öffentlichen Riten wie etwa Gottesdiensten teilnehmen, oder zumindest ihren neu angenommenen Glauben - und die damit verbundene Abkehr vom Islam - nach außen zeigen wollen. Diese Situation wird durch den aktuellen Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrechtliche Lage in der Islamischen Republik Iran vom 24. Februar 2015 bestätigt (vgl. S. 16 ff.). Erkennbar beziehen sich die dortigen Aussagen auf solche Konvertiten, die die neue Religion aktiv im Iran ausüben (so im Ergebnis auch: BayVGH, B. v. 9.4.2015 - 14 ZB 13.30120 - juris Rn. 6; VGH BW, B. v. 19.2.2014 - A 3 S 2023/12 - juris Rn. 14; U. v. 15.4.2015 - A 3 S 1923/14 - n. v. UA S. 21; OVG NW, B. v. 27.8.2012 - 13 A 1703/12.A - juris Rn. 8; B. v. 27.4.2015 - 13 A 440/15.A - juris Rn. 10 f.).

2. Aus den gleichen Gründen sind auch die zweite (Tatsachen)Frage,

„ob ein zum Christentum konvertierter iranischer Staatsangehöriger, der im Falle einer Rückkehr sich weigert, den (nicht gelebten) christlichen Glauben formal abzulegen und sich wieder zum Islam zu bekennen, verfolgungsrelevante Maßnahmen im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie zu befürchten hat, wenn der Glaubensübertritt bekannt wird“,

sowie die vierte (Tatsachen)Frage,

‚ob ein „Taufscheinchrist“, wie vorher beschrieben, der also keine innere tiefe Glaubensüberzeugung besitzt, gleichwohl aber Mitglied der Glaubensgemeinschaft sein will und im Falle der Rückkehr auch sein wird, bei einem Bekenntnis zu dieser Art von Mitgliedschaft im Iran eine Verfolgung zu befürchten hat, wenn er sich weigert, wieder Moslem zu werden‘,

nicht klärungsbedürftig.

Bei einem, ohne innere Glaubensüberzeugung lediglich formal konvertierten Christen, steht weder im Raum, dass er seine religiöse Identität nach Rückkehr in sein Heimatland unterdrücken müsste, noch dass er sich im Heimatland religiös betätigen wird. Wie zuvor ausgeführt, stellt sich somit die Frage asylrelevanter Verfolgung des lediglich formal Getauften nicht. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob es einem, ohne innere Glaubensüberzeugung lediglich formal konvertierten Christen zumutbar ist, seine (formale) Mitgliedschaft in einer christlichen Religionsgemeinschaft aufzugeben, ohne in sein durch Art. 10 Abs. 1 GR-Charta garantiertes Recht auf Religionsfreiheit einzugreifen. Ungeachtet dessen ist zweifelhaft, warum sich der Kläger als lediglich formaler Christ weigern könnte, dem Christentum abzuschwören bzw. wieder Moslem zu werden, zumal er nur vorträgt, nach „seiner inneren Überzeugung (wie sei das Gericht versteht)“ lediglich „möglicherweise“ Atheist zu sein.

3. Auch die vom Kläger gestellte Rechtsfrage,

„ob die ‚innere identitätsprägende Überzeugung‘ eines Glaubens, wie vom VG verlangt, ein ‚Verständnis der Glaubensinhalte‘ erfordert oder ob die identitätsprägende Überzeugung allein in dem Willen der Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft, getragen von sonstigen Motiven z. B. einer Emotionalität, dem Wunsch der kulturellen Zugehörigkeit ect. bestehen kann“

bedarf keiner grundsätzlichen Klärung. Zum einen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 Rn. 30 im Anschluss an EuGH, U. v. 5.9.2012 - C-71/11 u. C-99/11 - NVwZ 2012, 1612; U. v. 9.12.2010 - 10 C 13.09 - BVerwGE 138, 289 Rn. 19), dass der Schutzsuchende, der nicht bereits wegen seiner Religion verfolgt oder unmittelbar mit Verfolgung bedroht war und bei dem nicht bereits die Taufe als solche zu einer Verfolgung führt, die inneren Beweggründe, die ihn zur Konversion veranlasst haben, glaubhaft machen muss, wenn er sich auf eine Verfolgungsgefährdung mit der Begründung beruft, er sei in Deutschland zu einer in seinem Herkunftsland bekämpften Religion übergetreten. Es muss festgestellt werden können, dass die Hinwendung zu der angenommenen Religion auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht auf Opportunitätserwägungen beruht, und der Glaubenswechsel nunmehr die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt. Zum anderen kommt der Frage regelmäßig keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Die Prüfung, ob ein (identitätsprägender) Glaubenswechsel vorliegt, kann jeweils nur anhand der individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Sachverhalts erfolgen (BVerwG, B. v. 25.8.2015 - 1 B 40.15 - Asylmagazin 2015, 345 Rn. 11; BayVGH, B. v. 9.4.2015 - 14 ZB 13.30444 - juris Rn. 5 m. w. N.). Wann eine solche Prägung anzuerkennen ist und welche Anforderungen im Einzelnen zu stellen sind, lässt sich nicht allgemein beschreiben, sondern richtet sich vorwiegend nach der Persönlichkeit des Schutzsuchenden und seiner intellektuellen Disposition (OVG NW, U. v. 7.11.2012 - 13 A 1999/07.A - juris Rn. 39). Es ist ureigene Sache des Gerichts, im Rahmen der Beweiswürdigung anhand der individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu klären, ob ein Glaubenswechsel vorliegt.

II. Soweit der Kläger den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) geltend machen wollte mit seinem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe gegen die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätze verstoßen, wonach es im Hinblick auf die Gefahrenprognose auf das persönliche Glaubensverständnis des Individuums und das Selbstverständnis der Glaubensgemeinschaft ankomme, ist er bereits seinen diesbezüglichen Darlegungspflichten (vgl. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) nicht nachgekommen. Mit seinem Einwand, das Verwaltungsgericht habe entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seiner Entscheidung vom 20. März 2013 - 10 C 23.12 - auf das „Verständnis der Glaubensinhalte“ und auf die „innere identitätsprägende Überzeugung“ abgestellt, hat er keinen abstrakten Rechtssatz dargelegt, sondern lediglich eine - seiner Ansicht nach fehlerhafte - gerichtliche Bewertung des Einzelfalls aufgezeigt. Den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sieht § 78 Abs. 3 AsylG nicht vor.

III. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 9. November 2015 vorgetragen hat, dass er seine am 6. März 2015 geborene Tochter entsprechend seiner Glaubensüberzeugung am 25. Oktober 2015 hat taufen lassen, kann dies im Zulassungsverfahren gemäß § 78 Abs. 4 Satz 1 und 4 AsylG nicht mehr berücksichtigt werden.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der 1978 geborene Kläger ist iranischer Staatsangehöriger. Zur Zeit seiner am 19.8.2002 auf dem Landweg erfolgten Einreise in das Bundesgebiet war er muslimischer Religionszugehöriger.

Unmittelbar nach seiner Einreise wurde er von der Bundesgrenzschutzinspektion A-Stadt im Zug von Paris nach Frankfurt/Main wegen der Verwendung eines manipulierten niederländischen Reisepasses aufgegriffen und vernommen. Er gab an, sich im Iran vom Islam abgewandt und zum Christentum bekannt zu haben, weswegen er in Schwierigkeiten geraten sei und sich entschlossen habe, in Deutschland Asyl zu beantragen. Vor ca. 14 Monaten habe er den Iran zu Fuß in Richtung Türkei verlassen und sei mit kurdischer Hilfe in einem LKW nach Istanbul gebracht worden. Dort sei er etwa drei Monate geblieben, bis er zusammen mit anderen Flüchtlingen in einem verplombten Sattelschlepper habe ausreisen können. Die Fahrt habe ca. 10 bis 15 Tage gedauert und am 17.8.2002 in der Nähe von Paris geendet. Von dort habe er mit dem Zug nach Frankfurt fahren wollen.

Am 12.9.2002 beantragte der Kläger Asyl und begründete dies mit Schwierigkeiten infolge seines Interesses für den christlichen Glauben. Zu den Modalitäten der Ausreise gab er an, im Juni 2002 mit vier Freunden mit dem Auto von seiner Heimatstadt Teheran nach Urumijee, einer iranischen Stadt nahe der türkischen Grenze, gefahren zu sein. Schlepper hätten sie mit Wagen und Pferden durch die Berge in die Türkei, dann mit einem Auto nach Istanbul und nach zweimonatigem Aufenthalt dort mit einem LKW nach Frankreich gebracht. Im Verlauf der Anhörung korrigierte er seine Angaben dahingehend, Teheran bereits im Februar 2002 verlassen und sich ca. vier bis fünf Monate in Urumijee aufgehalten zu haben. Zur Sache führte er aus, nach Ableistung seines zweijährigen Militärdienstes habe er ein Jahr studiert und sich im Jahr 2000 mit fünf Studienkollegen angefreundet, von denen einer armenischer Christ gewesen sei. Dieser habe ihnen viel von seiner Religion erzählt, woraufhin sie auch ein paar Mal mit in die Kirche gegangen seien. Er - der Kläger - habe seinem Vater, der streng religiös sei, von dem christlichen Freund erzählt, was diesen veranlasst habe, seine Lehrer an der Universität zu informieren und sie zu bitten, auf ihn aufzupassen. Seitens der Universität sei ihm und seinen Freunden sodann vorgeworfen worden, religiöse Agitationen auszuüben. Im Februar 2002 sei er exmatrikuliert worden. Zwei oder drei Tage später, am 9.2.2002, habe er eine Vorladung vor Gericht erhalten, da es im Iran ein Verbrechen sei, die Religion wechseln zu wollen. Hieraufhin seien er und die Freunde, die ebenfalls vorgeladen worden seien, sofort nach Urumijee geflohen, wo einer von ihnen zu Hause gewesen sei. Dort habe er von seinem Vater die Nachricht erhalten, dass er immer noch gesucht werde und dass ihm eine zweite Vorladung zugestellt worden sei. Er müsse damit rechnen, zum Tode verurteilt und gesteinigt zu werden. Das Geld für die Ausreise habe sein Vater ihm nach Urumijee überwiesen, weil er ihn vor dem Tod habe retten wollen. Zur christlichen Religion befragt gab der Kläger an, diese sei freier als der Islam. Am Islam störe ihn, dass alles unter Zwang geschehe; man werde gezwungen, zu beten und bestimmte Dinge zu tun. Der ständige Zwang verhindere auch die Entstehung einer Demokratie. Jeden Samstag habe er mit seinem armenischen Freund die Kirche in Madjihe, einer armenischen Siedlung in Teheran, besucht. In der Kirche habe jeder zunächst das Kreuz geschlagen, sich dann hingesetzt und gebetet. Da er kein Armenisch verstanden habe, habe der armenische Freund immer Anleitungen gegeben, was zu tun sei. Die armenische Gemeinde sei sehr zurückhaltend gewesen. Man habe nicht gerne gesehen, dass Muslime mit in der Kirche sitzen. Er habe auch christliche Bücher in persischer Sprache gelesen, die sein armenischer Freund ihm besorgt habe. Zu Hause in seinem Zimmer habe er Kreuze hängen gehabt, was seinen Vater, als er dies bemerkt habe, sehr erzürnt habe.

Durch Bescheid vom 14.10.2002, zugestellt am 17.10.2002, wurde der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter unter Hinweis auf die Einreisemodalitäten abgelehnt, festgestellt, dass die Voraussetzungen der §§ 51 Abs. 1 bzw. 53 AuslG nicht vorliegen, und der Kläger unter Androhung seiner Abschiebung in den Iran zur Ausreise aufgefordert. Zur Begründung wurde unter Aufzeigen verschiedener Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten ausgeführt, dass der behauptete Entschluss, zum Christentum zu konvertieren, nicht glaubhaft sei. Der Kläger habe trotz seines guten Bildungsstandes nicht klar und deutlich darlegen können, warum er sich zum Christentum hingezogen fühle und wo die Unterschiede beider Religionen liegen. Ebenso wenig habe er nähere Angaben zum Ablauf der Gottesdienste machen können. Christliche Bücher in persischer Sprache, die der Kläger gelesen haben wolle, seien im Iran verboten. Ferner sei nicht anzunehmen, dass armenische Christen Schwierigkeiten mit den iranischen Behörden riskiert hätten, indem sie geduldet hätten, dass der Kläger und seine Freunde mehrmals an einem Gottesdienst teilnehmen. Auch sei das behauptete Verhalten seines Vaters untypisch für einen strengreligiösen Moslem. Schließlich spreche gegen das Vorliegen wahrer Verfolgungsfurcht, dass der Kläger nicht bereits in Frankreich Asyl beantragt habe, sondern über Deutschland in die Niederlande habe reisen wollen.

Mit seiner hiergegen am 24.10.2002 erhobenen Klage hat der Kläger behauptet, die vermeintlichen Widersprüchlichkeiten fänden ihre Ursache in Verständigungsschwierigkeiten mit der vom Bundesamt eingesetzten Dolmetscherin. In der Sache habe die Beklagte verkannt, dass er bereits im Iran wegen seines bekannt gewordenen Interesses für den christlichen Glauben gefährdet gewesen sei und dass er hinsichtlich der christlichen Glaubensinhalte und der Entscheidung über eine Konversion noch im Lern- beziehungsweise Entscheidungsprozess begriffen gewesen sei. Dass christliche Bücher in armenischer Sprache im Iran verboten seien, bedeute nicht, dass es sie nicht gebe. Die Zweifel an den geschilderten Verhaltensweisen seines Vaters seien nicht berechtigt; sein Vater habe gemeint, ihn durch sein Vorgehen von einer Konversion abhalten zu können. Keinesfalls könne daraus, dass der Schlepper ihm einen niederländischen Pass gegeben habe, geschlossen werden, dass er beabsichtigt habe, in die Niederlande weiterzureisen. Infolge der Asylantragstellung müsse er im Falle der Rückkehr mit einer eingehenden Befragung durch die iranischen Behörden unter Anwendung der „ortsüblichen Vernehmungsmethoden“ rechnen.

Mit Schriftsatz vom 14.12.2004 hat der Kläger unter Vorlage einer pfarramtlichen Bescheinigung der Evangelischen Kirchengemeinde B-Stadt vom 8.12.2004 mitgeteilt, dass er am 11.4.2004 getauft worden und damit zum christlichen Glauben konvertiert sei. In der Bescheinigung heißt es weiter, der Kläger habe im Vorfeld der Taufvorbereitungen erzählt, sein Großvater sei evangelischer Christ gewesen; mit diesem sei er bereits im Iran zum Gottesdienst gegangen. Seit Mitte 2003 nehme der Kläger aktiv am Gemeindeleben teil und besuche regelmäßig die Gottesdienste, zu denen er immer wieder muslimische Freunde mitbringe, um ihnen den christlichen Glauben nahe zu bringen. Bei Festen der Gemeinde helfe er tatkräftig mit.

Ergänzend hat der Kläger behauptet, die Konversion sei seinem Vater zwischenzeitlich bekannt geworden; auch von dessen Seite drohten ihm Repressionen. Zudem habe sich die allgemeine Lage im Iran infolge der Zugewinne fundamentalistischer Muslime bei den letzten Parlamentswahlen verschärft.

Im Rahmen seiner Anhörung durch das Verwaltungsgericht hat der Kläger angegeben, die Annahme, sein Großvater sei evangelischer Christ gewesen, müsse auf einem Missverständnis beruhen. Er stamme aus einem streng muslimischen Elternhaus und habe deshalb eine Abneigung gegenüber dem Islam entwickelt. Ungefähr ein Jahr lang sei er mit seinem armenischen Freund etwa jeden zweiten Samstag zur Kirche gegangen. Die Messe sei nur sonntags gewesen; auch diese habe er bei besonderen Gelegenheiten mit seinem Freund zusammen besucht. Ohne diesen hätte man ihn nicht in die Kirche gelassen. Mit seinem Vater habe er ständig über Religion diskutiert. Schließlich sei diesem sein Interesse am christlichen Glauben verdächtig erschienen und er habe die Universität informiert. Irgendwann habe der Vater auch ein Kreuz in seinem Zimmer entdeckt und dieses hängen lassen, um einen Beweis gegen ihn zu haben. Der Vater, der im Sicherheitsministerium arbeite, habe den Fund dort Ende 2001 gemeldet, um seinen guten Ruf zu schützen. Ende 2001 - nicht erst im Februar 2002 - sei auch die Exmatrikulation erfolgt. Es sei nicht auszuschließen, dass ihm zu Beginn seines Aufenthalts in Deutschland bei der Berechnung von Daten Fehler unterlaufen seien.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter entsprechender teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 14.10.2002 zu verpflichten, festzustellen, dass hinsichtlich einer Abschiebung in den Iran die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,

hilfsweise,

festzustellen, dass einer Abschiebung in den Iran Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2-7 AufenthG entgegenstehen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre Auffassung, das Vorbringen des Klägers sei unglaubhaft, bekräftigt und darauf hingewiesen, dass der Kläger anlässlich seiner Anhörung vom 12.9.2002 bestätigt habe, keine Verständigungsschwierigkeiten mit der Dolmetscherin gehabt zu haben. Nach Auskunftslage werde ein Konvertit im Iran nicht gehindert, den christlichen Glauben im privaten Bereich auszuüben, solange er nicht versuche, missionierend tätig zu werden.

Der Beteiligte hat sich zu der Klage nicht geäußert.

Durch Urteil vom 14.9.2005, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 6.10.2005, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe seine Heimat unverfolgt verlassen. Seine Angaben zur behaupteten Vorverfolgung seien auch unter Berücksichtigung seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung unglaubhaft, zumal er sein Vorbringen teilweise gesteigert und sich in neue Widersprüchlichkeiten verwickelt habe. Der Kläger habe nach der Auskunftslage auch wegen seiner im Bundesgebiet erfolgten Konversion zum christlichen Glauben im Falle der Rückkehr keine Verfolgung zu befürchten. Er sei weder in herausgehobener Funktion für den angenommenen christlichen Glauben tätig noch sei er für die muslimische Gesellschaft wahrnehmbar missionarisch tätig. Dem Kläger sei nach der obergerichtlichen Rechtsprechung zuzumuten, die Religionsausübung außerhalb des häuslich-privaten Umfeldes zu unterlassen und seinen Glauben nur abseits der Öffentlichkeit in persönlicher Gemeinschaft mit anderen gleichgesinnten Gläubigen zu leben. Beschränke er sich hierauf, so seien asylrelevante staatliche Repressionen nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Zwar könne es vorkommen, dass iranische Moslems, die zum Christentum übergetreten sind, Benachteiligungen aus dem gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen - insbesondere dem familiären - Umfeld ausgesetzt seien. Es gebe jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass diese Benachteiligungen jeden zum Christentum konvertierten Moslem im Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit treffen und darüber hinaus einen Schweregrad erreichen, der die Schwelle zur politischen Verfolgung beziehungsweise menschenrechtswidrigen Behandlung überschreitet. Die behauptete Gefährdung durch seinen Vater sei nicht glaubhaft. Sein diesbezügliches Vorbringen sei grob widersprüchlich und durch Steigerung des Sachvortrags gekennzeichnet. Schließlich sei die Asylantragstellung als solche nicht asylrelevant.

Auf den Zulassungsantrag des Klägers vom 12.10.2005 hat der Senat die Berufung durch Beschluss vom 16.5.2007 mit Blick auf die seit dem 11.10.2006 unmittelbare Geltung beanspruchenden Vorschriften der Richtlinie 2004/83/EG des Rates der Europäischen Union vom 29.4.2004 wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die am 8.6.2007 bei Gericht eingegangene Berufungsbegründung setzt sich mit den Vorgaben der genannten EG-Richtlinie auseinander. Der Kläger ist der Auffassung, dass er seit Wirksamwerden des Art. 10 Abs. 1 b RL nicht mehr darauf verwiesen werden dürfe, die Praktizierung seines Glaubens auf den häuslich-privaten Bereich zu beschränken. Weil er aber seinen Glauben im Iran öffentlich bekennen würde, müsste er mit staatlichen Verfolgungsmaßnahmen rechnen. Dies habe zwischenzeitlich mehrere im Einzelnen aufgeführte Verwaltungsgerichte veranlasst, von der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung abzurücken und den Betroffenen Schutz zu gewähren.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14.9.2005 - 5 K 5/05.A - sowie unter entsprechender Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 14.10.2002 - - zu verpflichten, festzustellen, dass hinsichtlich einer Abschiebung in den Iran die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,

hilfsweise,

festzustellen, dass einer Abschiebung in den Iran Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG entgegenstehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beteiligte hat sich zur Sache geäußert und mit eingehender Begründung die Auffassung vertreten, Art. 10 Abs. 1 b der Richtlinie 2004/83/EG erfordere für Fallgestaltungen der vorliegenden Art keine grundlegende Änderung der bisherigen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen, unter denen ein im europäischen Ausland vollzogener Glaubenswechsel eines iranischen Moslems zum Christentum von asylrechtlicher Relevanz sein könne.

Der Senat hat den Kläger zu seinem Verfolgungsschicksal informatorisch angehört.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte 1. und 2. Instanz und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten, der ebenso wie die im Einzelnen benannten Auszüge aus der Dokumentation Iran Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Das Ausbleiben des Beteiligten im Termin stand einer Verhandlung und Entscheidung in der Sache nicht entgegen, da er ordnungsgemäß und unter Hinweis auf § 102 Abs. 2 VwGO zur mündlichen Verhandlung geladen worden war.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig; der Kläger hat weder einen Anspruch auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (I) noch stehen seiner Abschiebung in den Iran Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG entgegen (II).

I.

Ein Anspruch auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich des Herkunftslandes setzt nach genannter Vorschrift voraus, dass Leben oder Freiheit des Ausländers in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist, wobei die drohende Verfolgung ausgehen kann von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) - unter bestimmten Voraussetzungen - nichtstaatlichen Akteuren.

Hinsichtlich des in § 60 Abs. 1 AufenthG verwendeten Begriffs der Verfolgung sind spätestens seit dem 11.10.2006 die Vorgaben der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12, berichtigt im ABl. L 204 vom 5.8.2005, S. 24) (so genannte Qualifikationsrichtlinie) - nachfolgend: RL - zu beachten. Durch Art. 38 RL wurden die Mitgliedstaaten verpflichtet, die zur Umsetzung der Richtlinie erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften spätestens bis zum 10.10.2006 zu erlassen. Dieser Verpflichtung ist die Bundesrepublik Deutschland nicht gerecht geworden, was nach der auf Art. 189 Abs. 3 und Art. 5 EWG-Vertrag verweisenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteile vom 5.4.1979 - Rs. 148/78 - , Slg. 1979, 1629 Rdnr. 23, und vom 20.9.1988 - 190/87 -, Slg. 1988, 4689) zur Folge hat, dass die Vorgaben der Qualifikationsrichtlinie seit dem 11.10.2006 im Bundesgebiet unmittelbar Anwendung finden, soweit sie von ihrem Regelungsgehalt her einer unmittelbaren Anwendung zugänglich sind. Dies ist hinsichtlich der Vorschriften, die die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft festlegen, ohne Einschränkung zu bejahen. (BVerwG, Urteile vom 21.11.2006 - 1 C 10/06 -, NVwZ 2007, 465 ff. = DVBl. 2007, 446 ff. = InfAuslR 2007, 213 ff., und vom 20.3.2007 - 1 C 21/06 -, amtl. Abdr. S. 14)

Nach Art. 13 RL erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die Flüchtlingseigenschaft zu, wenn er die Voraussetzungen der Kapitel II und III der Richtlinie erfüllt. Der Begriff des Flüchtlings ist in Art. 2 c RL hinsichtlich eines Drittstaatsangehörigen dahingehend definiert, dass dieser sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen der Furcht nicht in Anspruch nehmen will, sofern die Ausschlussgründe des Art. 12 RL auf ihn keine Anwendung finden. Maßgeblich ist damit, ob der Betroffene sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatstaates aufhält. Dieser Ansatz ist bei der Auslegung des § 60 Abs. 1 AufenthG, der auf eine Bedrohung von Leben oder Freiheit abstellt, zu beachten, da die Bundesrepublik als Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft gehalten ist, den als Mindestnormen für die Flüchtlingsanerkennung (vgl. Art. 1 und 3 RL) konzipierten Vorschriften der Richtlinie im Bundesgebiet Geltung zu verschaffen.

Ob die Furcht vor Verfolgung im Heimatstaat im Sinne des Art. 2 c RL begründet ist, ist unter Berücksichtigung der Vorgaben des Art. 4 Abs. 3 RL individuell zu prüfen und richtet sich materiell-rechtlich nach den in Art. 4 bis 10 RL vorgegebenen objektiven Kriterien.

Nach Art. 4 Abs. 4 RL ist die Tatsache, dass der Schutzsuchende in seiner Heimat bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat beziehungsweise von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, beziehungsweise dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründen sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Im Zusammenspiel mit Art. 8 Abs. 1 RL, der die Notwendigkeit internationalen Schutzes im Falle einer inländischen Fluchtalternative entfallen lässt, entspricht dies der bisherigen bundesdeutschen Rechtsprechung, wonach einem Schutzsuchenden, der seine Heimat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender Verfolgung verlassen hat, ein Schutzanspruch zusteht, wenn ihm ein Ausweichen innerhalb seines Heimatstaates unzumutbar war und die fluchtbegründenden Umstände zum Zeitpunkt der Entscheidung ohne wesentliche Änderungen fortbestehen oder mit ihrem Wiederaufleben zu rechnen ist, so dass an seiner Sicherheit vor abermals einsetzender Verfolgung bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ernsthafte Zweifel bestehen. (BVerwG, Urteil vom 3.12.1985 - 9 C 22.85 -, NVwZ 1986, 760,761)

Wer hingegen unverfolgt ausgereist ist, kann die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL nicht für sich in Anspruch nehmen. Er muss - so auch die bisherige Rechtsprechung - glaubhaft machen, dass beachtliche Nachfluchttatbestände gegeben sind, was bedeutet, dass ihm bei Rückkehr in seinen Heimatstaat die Gefahr der Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. (BVerwG, Urteil vom 20.3.2007 - 1 C 21/06 -, amtl. Abdr. S. 15) Dies ist anzunehmen, wenn bei zusammenfassender Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Die insofern erforderliche Zukunftsprognose muss auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abstellen und auf einen absehbaren Zeitraum ausgerichtet sein. (BVerfG, Beschlüsse vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315, 345 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 3.12.1985, a.a.O., S. 760 f.)

Zentrale Bedeutung kommt im Rahmen der asylrechtlichen Prüfung seit dem Verbindlichwerden der Richtlinie 2004/83/EG dem in Art. 9 Abs. 1 und 2 RL umschriebenen Begriff der Verfolgungshandlungen sowie den in Art. 10 RL aufgelisteten Verfolgungsgründen und schließlich dem Erfordernis des Art. 9 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 c RL zu, wonach eine Verknüpfung zwischen den in Art. 10 RL genannten Gründen und den in Art. 9 Abs. 1 RL als Verfolgung eingestuften Handlungen bestehen muss.

Angesichts des durch Art. 9 und Art. 10 RL vorgegebenen Prüfungsrasters ist nicht auszuschließen, dass verschiedene durch die deutsche höchstrichterliche Asylrechtsprechung entwickelte Grundsätze der Hinterfragung auf ihre Vereinbarkeit mit den europarechtlichen Vorgaben bedürfen, sofern die jeweiligen Grundsätze fallbezogen entscheidungsrelevant sind. So spricht die in Art. 9 und Art. 10 RL zum Ausdruck kommende Systematik dafür, dass das Vorliegen beziehungsweise Nichtvorliegen einer Verfolgungshandlung anhand der Kriterien des Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 RL zu prüfen ist, ohne dass in diesem Zusammenhang der eventuelle Verfolgungsgrund eine Rolle spielt. Ob ein Verfolgungsgrund zu bejahen ist, ist in einem eigenen Prüfungsschritt zu ermitteln und beurteilt sich nach den Vorgaben des Art. 10 RL. Sodann ist gemäß Art. 9 Abs. 3 RL erforderlichenfalls festzustellen, ob die Verfolgungshandlung dem Schutzsuchenden wegen des bejahten Verfolgungsgrundes droht. Diese Systematik wirft die Frage auf, ob die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung, die differenziert zwischen politisch-motivierten Eingriffen in die Schutzgüter Leib, Leben oder persönliche Freiheit, die stets als Verfolgung anerkannt wurden, und Beeinträchtigungen sonstiger Rechtsgüter wie der freien Religionsausübung oder der ungehinderten beruflichen und wirtschaftlichen Betätigung, die den Flüchtlingsstatus bisher nur begründen konnten, wenn sie nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Heimatstaates aufgrund des dort herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben, richtlinienkonform ist. (BVerwG, Urteil vom 24.3.1987 - 9 C 321.85 -, NVwZ 1987, 701 f. und Beschluss vom 3.4.1995 - 9 B 758/94 -, NVwZ-RR 1995, 607) Angesichts der Regelung des Art. 9 Abs. 1 b RL, der unter bestimmten Voraussetzungen eine Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen als Verfolgungshandlung definiert, ohne zu fordern, dass jeweils dasselbe Schutzgut durch die verschiedenen Maßnahmen betroffen wird, stellt sich die weitere Frage, ob die bisherige deutsche Rechtsprechung, nach der mehrere Eingriffe, von denen jeder seiner Intensität nach allein nicht als Verfolgung zu qualifizieren ist, auch nicht als ein „insgesamt“ die erforderliche Intensität erreichendes Verfolgungsgeschehen angesehen werden können, wenn die Eingriffe sich gegen unterschiedliche Schutzgüter richten, (BVerwG, Beschluss vom 3.4.1995, a.a.O.) mit den europarechtlichen Vorgaben der genannten Vorschrift zu vereinbaren ist.

Diese Fragen bedürfen allerdings in vorliegend relevantem Zusammenhang keiner rechtsgrundsätzlichen Klärung, da das Begehren des Klägers gemessen an den Vorgaben des Art. 10 Abs. 1 b RL daran scheitert, dass sein durch die im Bundesgebiet erfolgte Taufe zum evangelischen Christ vollzogener Glaubenswechsel ihm unter den konkreten Gegebenheiten mangels religiös-motivierter Entscheidung für das Christentum nicht die Möglichkeit eröffnet, sich auf den Verfolgungsgrund der Religion zu berufen.

Art. 10 RL definiert die Verfolgungsgründe, indem er die in Art. 2 c RL abschließend aufgeführten Verfolgungsgründe aufgreift, und hinsichtlich jedes einzelnen Verfolgungsgrundes vorgibt, was die Mitgliedstaaten bei der jeweiligen Prüfung in materiell-rechtlicher Hinsicht zu berücksichtigen haben.

Im vorliegenden Zusammenhang ist Art. 10 Abs. 1 b RL maßgeblich. Nach dieser Vorschrift umfasst der Begriff der Religion insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme beziehungsweise Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Dabei sind unter religiösen Riten die in einer Religionsgemeinschaft üblichen oder geregelten Praktiken oder Rituale zu verstehen, die der religiösen Lebensführung dienen, insbesondere Gottesdienste, kulturelle Handlungen und religiöse Feste. (VG Düsseldorf, Urteil vom 8.2.2007 - 9 K 2278/06.A -, juris)

Unter Einbeziehung dieser Definition ist die in Art. 2 c RL als Merkmal eines Flüchtlings aufgeführte begründete Furcht vor Verfolgung wegen seiner Religion tatbestandlich gegeben, wenn der Schutzsuchende wegen seiner theistischen, nichttheistischen oder atheistischen Glaubensüberzeugung oder wegen der alleinigen oder gemeinschaftlichen Teilnahme beziehungsweise Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich oder wegen sonstiger religiöser Betätigungen beziehungsweise Meinungsäußerungen oder wegen eigener oder gemeinschaftlicher Verhaltensweisen, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind, befürchten muss, in seiner Heimat von Verfolgungshandlungen betroffen zu werden.

Das Verständnis des durch Art. 10 Abs. 1 b RL gewährleisteten Schutzes muss sich am Normalfall eines Schutzsuchenden orientieren, der die Religion der Religionsgemeinschaft, in die er hineingeboren ist, in der Heimat ausüben will, weswegen zunächst festzustellen ist, welche religiösen Betätigungen grundsätzlich vom Schutzbereich umfasst werden und welchen Schranken die Religionsausübung gegebenenfalls unterliegt. In einem zweiten Schritt ist der Sonderfall des Konvertiten in den Blick zu nehmen und zu klären, ob insoweit Besonderheiten gelten. Vermengt man diese beiden Fragen, so läuft man Gefahr, den Schutzbereich religiöser Betätigung aus dem Bestreben, der Gefahr nur formal erfolgender Glaubensübertritte entgegen zu wirken, im allgemeinen zu eng zu umgrenzen.

Art. 10 Abs. 1 b RL bietet dem Einzelnen sehr weitgehenden Schutz, indem er sowohl die Entscheidung, aus innerer Überzeugung religiös zu leben, wie auch die Entscheidung, aufgrund religiösen Desinteresses jegliche religiöse Betätigung zu unterlassen, schützt und dem Einzelnen zubilligt, dass er sich zu seiner religiösen Grundentscheidung auch nach außen bekennen darf. Unter das geschützte Verhalten fällt auch der Glaubenswechsel, wobei dahinstehen kann, ob man diesen als sonstige religiöse Betätigung oder Verhaltensweise eines Einzelnen, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützt, begreift oder ob man - wie dies der Kläger und die Beklagte in der mündlichen Verhandlung befürwortet haben - den Glaubenswechsel als geschützt ansieht, weil Art. 10 Abs. 1 b RL sowohl theistische wie auch nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen erfasst. Auch unter letzterer Prämisse muss der Glaubenswechsel seinen Grund in einer wie auch immer gearteten Glaubensüberzeugung finden (vgl. hierzu S. 24 des Urteils).

Nach Art. 10 Abs. 1 b RL umfasst der Begriff der Religion auch die Teilnahme an religiösen Riten im öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen. Die Vorschrift geht damit ihrem Wortlaut nach über den Schutz hinaus, der nach der bisherigen Rechtsprechung unter dem Stichwort des religiösen Existenzminimums zuerkannt wurde. (BVerfG, Beschluss vom 1.7.1987 - 2 BvR 478, 962/86 -, BVerfGE 76, 143, 158 ff.; BVerwG, Ur- teil vom 20.1.2004 - 1 C 9/03 - , BVerwGE 120, 16 ff. = NVwZ 2004, 1000 ff. = InfAuslR 2004, 319 ff.) Dafür, dass der europäische Richtliniengeber die religiöse Betätigung im öffentlichen Bereich auch inhaltlich als geschützt verstanden wissen will, spricht die Betrachtung der historischen Wurzeln der Vorschrift.

Bereits im Minderheitenschutzabkommen des Völkerbundes findet sich ein Vorläufer, der die rechtliche Verpflichtung enthielt, die freie Religionsausübung im öffentlichen und privaten Bereich zu gewährleisten. (Marx, Handbuch zur Flüchtlingsanerkennung, Erläuterungen zur Richtlinie 2004/83/EG, 13. Ak-tualisierungslieferung November 2006, § 17 Rdnr. 7) Ebenso schützt Art. 18 des Internationalen Paktes vom 19.12.1966 über bürgerliche und politische Rechte - IpbpR -, der durch Bundesgesetz vom 15.11.1973 (BGBl. II, S. 1533) in innerstaatliches Recht transformiert wurde, die private und die öffentliche Glaubenspraxis. Nach Art. 18 Abs. 1 IPbpR umfasst das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit die Freiheit, eine Religion oder eine Weltanschauung eigener Wahl zu haben oder anzunehmen, und die Freiheit, seine Religion oder eine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Beachtung religiöser Bräuche, Ausübung und Unterricht zu bekunden. Aus völkerrechtlicher Sicht ist daher festzustellen, dass das Recht auf private und öffentliche Religionsausübung als fundamentales Menschenrecht allgemein anerkannt ist. (vgl. auch Art. 1 der Erklärung Nr. 36/55 der Generalversammlung der Vereinten Nationen über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion und der Überzeugung vom 25.11.1981)

Europarechtlich wird die Ausübung der Religionsfreiheit auch in der Öffentlichkeit bereits durch Art. 9 EMRK gewährleistet. Geschützt ist hiernach die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht oder Praktizieren von Bräuchen und Riten zu bekennen.

Art. 10 Abs. 1 b RL ist die konsequente Fortschreibung dieser Garantien bezogen auf den (Mindest-)Schutz, der Flüchtlingen seitens der Mitgliedstaaten zu gewähren ist. Angesichts des weiten Schutzbereichs der Vorschrift, die selbst keine Schranken vorgibt, liegt es nahe, die Schranken des Art. 18 IPbpR beziehungsweise des Art. 9 EMRK als immanente Schranken zu begreifen. Sowohl Art. 18 IPbpR wie auch Art. 9 EMRK differenzieren zwischen der Uneinschränkbarkeit der Freiheit, eine Religion eigener Wahl zu haben oder anzunehmen, und der an bestimmte Voraussetzungen gebundenen Einschränkbarkeit der freien Religionsausübung und bieten auch im Flüchtlingsrecht eine angemessene Handhabe zur Abschichtung zulässiger Einschränkungen der in Art. 10 Abs. 1 b RL definierten Religionsfreiheit. Dies bedeutet, dass die Freiheit eines Asylbewerbers, eine Religion eigener Wahl zu haben oder anzunehmen, nicht beschränkbar ist, während die Freiheit, seine Religion im privaten wie im öffentlichen Bereich zu bekennen beziehungsweise zu bekunden, den immanenten Schranken unterliegt, die in Art. 18 Abs. 3 IPbpR beziehungsweise Art. 9 Abs. 2 EMRK Ausdruck gefunden haben. Dementsprechend darf die religiöse Betätigung Einzelner oder der Gemeinschaft nur zum Schutz der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, der Gesundheit, der Sittlichkeit (Moral) und der Rechte und Freiheiten anderer verboten oder reglementiert werden. Dabei ist - wie auch in Art. 18 Abs. 3 IPbpR und Art. 9 Abs. 2 EMRK vorgeschrieben - zu fordern, dass das Gesetz, das verbietet oder reglementiert beziehungsweise aufgrund dessen verboten oder reglementiert wird, allgemeiner Natur ist, d.h. es muss für alle Staatsbürger - egal welcher religiösen Ausrichtung sie angehören - gleichmäßig Geltung entfalten, darf daher nicht auf bestimmte religiöse Gruppen zielen und ausschließlich für diese Einschränkungen vorsehen. Gemessen hieran sind beispielsweise Meldepflichten oder Sicherheitsauflagen für die Veranstaltung einer Prozession ebenso unbedenklich wie Vorschriften über Impfpflichten oder das Verbot religiöser Bräuche oder Riten, die die Sittlichkeit verletzen oder die Gesundheit der Teilnehmer gefährden. (Marx, a.a.O., § 17 Rdnr. 25)

Festzuhalten bleibt damit zunächst, dass das Recht des Einzelnen, seinen Glauben aus innerer Überzeugung zu wechseln, keinen Einschränkungen unterliegt, d.h. die Mitgliedstaaten haben die Entscheidung des Einzelnen, aus religiöser Überzeugung einen anderen Glauben anzunehmen, zu respektieren und ihm - wenn dies die Verhältnisse im Heimatstaat erforderlich machen - nach Maßgabe der Richtlinie Schutz zu gewähren. Hinsichtlich des Rechts eines Gläubigen auf Teilnahme an religiösen Riten im öffentlichen Bereich gilt auch im Flüchtlingsrecht, dass Beschränkungen nur nach Maßgabe der aufgezeigten der Religionsfreiheit immanenten Schranken durch allgemeine Gesetze zulässig sind.

Gesetze oder religiöse Vorschriften beziehungsweise die behördlichen Praktiken des Heimatstaates zu ihrer Umsetzung, die die aufgezeigten Grenzen nicht respektieren, sind an Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 RL zu messen. Als Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 a oder b RL sind sie zu qualifizieren, wenn sie allein oder in Kumulierung mit anderen Maßnahmen eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte bewirken. Hat der Asylbewerber eine schwer menschenrechtswidrige Behandlung in seiner Heimat bereits erfahren oder droht ihm eine solche für den Fall seiner Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, so bedarf es gemäß Art. 9 Abs. 3, Art. 2 c RL der Feststellung, ob diese Behandlung wegen der in Art. 10 Abs. 1 b RL definierten Religion des Asylbewerbers erfolgt ist oder droht. Bejahendenfalls ist ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Fehlt es hingegen an einer Verknüpfung mit einem in Art. 10 Abs. 1 RL aufgeführten Verfolgungsgrund, so sind die Voraussetzungen eines Anspruchs auf subsidiären Schutz nach Maßgabe des Art. 18 in Verbindung mit Art. 15 RL zu prüfen. (Marx, a.a.O., Teil 2, Subsidiärer Schutz, I.4)

Die den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 b RL enger fassende Auslegung des Beteiligten überzeugt nicht. Er meint, der die Vorschrift des Art. 10 Abs. 1 b RL abschließende Relativsatz „die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind“ beziehe sich auf alle aufgeführten Fallgruppen und schränke den Verfolgungsgrund der „Religion“ dahingehend ein, dass nicht jedwede Form der - zum Beispiel öffentlichen - Glaubensbetätigung, sondern nur die aus religiöser Sicht glaubensprägenden beziehungsweise unverzichtbar gebotenen Verhaltensweisen geschützt werden. Dem kann nicht gefolgt werden. Art. 10 Abs. 1 b RL schützt ausdrücklich etwa auch die Nichtteilnahme an religiösen Riten, also die Entscheidung des Einzelnen, sich religiöser Betätigungen zu enthalten, indem er Dinge, die die Religion als Verhaltensweise zu bestimmten Anlässen vorgibt, gerade nicht tut. Dies zeigt, dass die seitens des Beteiligten vorgeschlagene einschränkende Auslegung, die Vorschrift schütze nur die aus religiöser Sicht glaubensprägenden beziehungsweise unverzichtbar gebotenen Verhaltensweisen, nicht richtlinienkonform sein kann. Dass der Beteiligte zur Stützung seiner Auffassung auf den derzeitigen Stand des laufenden Gesetzgebungsverfahrens zur Umsetzung der Richtlinie verweist, ändert nichts daran, dass der Gesetzgeber durch die Vorgaben der Richtlinie gebunden ist und diesen nur gerecht werden wird, wenn er sie vollständig umsetzt.

Soweit erkennbar ist das Sächsische Oberverwaltungsgericht bisher das einzige Obergericht, das nach Verbindlichwerden der Richtlinie 2004/83/EG über die Verfolgungsgefährdung konvertierter Christen im Iran entschieden hat. (Sächsisches OVG, Urteile vom 27.3.2007 - A 2 B 38/06 - und vom 24.4.2007 - A 2 B 832/05 -, beide nicht veröffentlicht) Es nimmt ebenfalls an, dass der Wortlaut des Art. 10 Abs. 1 b RL auf einen weit gefassten Schutzbereich schließen lasse, und meint, im Ergebnis gingen Art. 9 und Art. 10 Abs. 1 b RL über die bisherige, nur das religiöse Existenzminimum sicherstellende Rechtsprechung hinaus, da unter der Geltung der Richtlinie grundsätzlich auch der Schutz des „forum externum“ in Betracht komme. Die weitere Argumentation, wonach wegen der in Art. 9 Abs. 3 RL vorgesehenen Verknüpfung zu fordern sei, dass sich der Eingriff in die Religionsausübung als mit der Wahrung der Menschenwürde unvereinbar darstelle, überzeugt hingegen nicht uneingeschränkt, da der Verfolgungsgrund der Religion in die Prüfung des Vorliegens einer Verfolgungshandlung einbezogen wird. Die erste sich hieran anschließende Feststellung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, dass ein - flüchtlingsrechtsrelevanter - Eingriff in die Religionsausübung vorliege, wenn die Religionsausübung mit Sanktionen verbunden ist, die bereits selbst den Charakter einer Verfolgungshandlung aufweisen, spiegelt den Verordnungstext wider und ist daher zweifelsohne zutreffend. Allerdings folgt dieser Feststellung keine Prüfung, ob einem Konvertiten im Iran Sanktionen drohen, die im Sinne des Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 RL als Verfolgungshandlung zu bewerten sind. Dies, obwohl sich nach der Auskunftslage beispielsweise die Frage aufdrängt, ob die Verfahrensweise, einen etwa wegen Gottesdienstbesuchen auffällig gewordenen Konvertiten mit Hilfe konstruierter Vorwürfe vor Gericht zu stellen, um ihn so einer Bestrafung für den Abfall vom islamischen Glauben zuzuführen, den Charakter einer Verfolgungshandlung aufweist. Einen Menschen zur Ahndung erfundener Straftaten der Justiz auszuliefern, um ihn aus religiösen Gründen zu bestrafen beziehungsweise ihn zumindest gefügig zu machen, beinhaltet eine bereits als solche diskriminierende polizeiliche Maßnahme im Sinne des Art. 9 Abs. 2 b RL, die es nahe legt, eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte anzunehmen, zumal die Vernehmungsmethoden und Bedingungen einer etwaigen Haft im Iran dem internationalen Standard bei weitem nicht genügen, weil körperliche und/oder psychische Übergriffe nie auszuschließen sind. (Auswärtiges Amt, Lagebericht, S. 5, 6, 15, 23, 35) Noch problematischer erscheint die weitere Feststellung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, die bloße Unterbindung bestimmter Formen der religiösen Betätigung könne eine Verfolgungshandlung (nur) darstellen, wenn unabdingbare Elemente des religiösen Selbstverständnisses des Betroffenen in Rede stünden. Dass diese Einschränkung des nach der Richtlinie zu gewährenden Schutzes durch Art. 9 Abs. 3 RL vorgegeben wird, ist aus der Sicht des Senats zu verneinen, wobei die Frage aber im vorliegenden Zusammenhang mangels Entscheidungsrelevanz keiner Vertiefung bedarf.

Das seitens des Beteiligten in Bezug genommene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.1.2004 (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20.1.2004 - 1 C 9/03 -, a.a.O.) spricht ebenfalls nicht gegen die hier vertretene Auslegung des Art. 10 Abs. 1 b RL. Das die langjährige bundesdeutsche Rechtsprechung fortführende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erging vor Erlass der Richtlinie 2004/83/EG vom 29.4.2004 und konnte deren Vorgaben daher naturgemäß nicht berücksichtigen. Das Bundesverwaltungsgericht hielt damals Feststellungen für erforderlich, ob die Teilnahme an Gottesdiensten gemeinsam mit anderen Christen, insbesondere anderen Apostaten, abseits der Öffentlichkeit nach dem Selbstverständnis der evangelischen Kirche, der der Kläger jenes Verfahrens angehörte, unter den besonderen Bedingungen der Diaspora in einem Land wie dem Iran zum schlechthin unverzichtbaren Bestandteil des religiösen Lebens gehöre. Des Weiteren seien Feststellungen zu treffen, ob jener Kläger durch die Beschränkung von derartigen Gottesdienstbesuchen selbst in seiner religiös-personalen Identität betroffen ist, da das religiöse Existenzminimum für jeden Gläubigen je nach dem Grad seiner praktizierten religiösen Betätigung unterschiedlich zu bestimmen und daher zu prüfen sei, ob der Besuch von Gottesdiensten abseits der Öffentlichkeit gerade für jenen Kläger selbst unverzichtbar sei.

Diese Rechtsprechung ist nach Verbindlichwerden der Richtlinie 2004/83/EG in deren Licht zu sehen. Dabei ist auch nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass Art. 10 Abs. 1 b RL nur religiöse Verhaltensweisen im öffentlichen Bereich schützt, die der Religion des Schutzsuchenden entsprechen. Zutreffend hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes kürzlich hinsichtlich eines irakischen Schutzsuchenden yezidischer Religionszugehörigkeit darauf abgestellt, dass nach der yezidischen Religion keine religiösen Riten vor den Augen Ungläubiger praktiziert werden dürfen. Da die yezidische Religion die Vornahme religiöser Riten vor den Augen der moslemischen Öffentlichkeit verbiete, sei hinsichtlich dieser Religion ein genereller Konflikt zwischen einem Öffentlichkeitsanspruch der Religion und einer dieser feindlichen islamischen Öffentlichkeit ausgeschlossen. (OVG des Saarlandes, Beschluss vom 26.3.2007 - 3 A 30/07 -, juris) Demgegenüber steht hinsichtlich evangelischer Christen außer Frage, dass der Besuch öffentlicher Gottesdienste nach dem Selbstverständnis der evangelischen Kirche unverzichtbarer Bestandteil des religiösen Lebens ist. Nach Verbindlichwerden der Richtlinie 2004/83/EG ist die weitere vom Bundesverwaltungsgericht formulierte Frage, ob dies auch in einem Land wie dem Iran gelte, nicht mehr erheblich. Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 b RL richtet sich gerade gegen staatliche Einschränkungen der Religionsfreiheit, was es verbietet, ihn nach dem zu bestimmen, was einzelne Staaten nach ihrer bisherigen Praxis an religiösen Freiheiten und damit an religiösem Selbstverständnis religiöser Minderheiten zugelassen haben. Die anschließend vom Bundesverwaltungsgericht angesprochene Frage, ob etwa die Teilnahme an Gottesdiensten für den Schutzsuchenden von unverzichtbarer Bedeutung sei, stellt sich demgegenüber nach wie vor. Nur wenn ein Schutzsuchender seinen Glauben aufgrund seiner religiösen Überzeugung in der Heimat auch praktizieren will, kann er in flüchtlingsrechtsrelevante Schwierigkeiten mit staatlichen Behörden, die ihm dies verbieten wollen, geraten. Allerdings wird man einem Schutzsuchenden, der sozusagen von Geburt an einer bestimmten Religionsgemeinschaft angehört, nicht ohne konkrete Anhaltspunkte im Einzelfall unterstellen können, dass er seinen Glauben in der Heimat nicht praktizieren will, weswegen die angesprochene, vom Bundesverwaltungsgericht aufgeworfene Frage sich insbesondere stellt, wenn der Schutz des Art. 10 Abs. 1 b RL von einem Konvertiten beansprucht wird.

Wie bereits ausgeführt erkennt Art. 10 Abs. 1 b RL dem Einzelnen auch das Recht zu, sich aus religiöser Überzeugung/aus Glaubensüberzeugung für eine andere als die bisherige Religion zu entscheiden und sich zu der angenommenen Religion zu bekennen. Die Garantien des Art. 10 Abs. 1 b RL - etwa das Recht auf Teilnahme an religiösen Riten im öffentlichen Bereich - gelten für Konvertiten, die ihren Glauben aus religiöser Überzeugung gewechselt haben, in gleichem Umfang wie für Gläubige, die ihre praktisch durch Geburt erworbene Religion beibehalten. Voraussetzung des Schutzes der Ausübung der „neuen“ Religion ist nach der Konzeption des Art. 10 Abs. 1 b RL allein, dass der Glaubenswechsel aufgrund religiöser Überzeugung/aus Glaubensüberzeugung erfolgt ist.

Damit bedarf es im Falle einer Konversion einer eingehenden Prüfung, ob der Konvertit seinen Glauben nicht nur - etwa aus auf ein Bleiberecht bezogenen taktischen Gründen - durch einen bloß formalen Akt, sondern aus religiöser Überzeugung gewechselt hat und durch den neuen Glauben in seiner religiösen Identität geprägt wird. Ist letzteres der Fall, kommt ihm der Schutz des Art. 10 Abs. 1 b RL in vollem Umfang zugute. Drohen ihm in der Heimat Verfolgungshandlungen im Sinne des Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 RL, wenn er dort durch Art. 10 Abs. 1 b RL geschützte Verhaltensweisen praktiziert, so ist ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Ob einem zum Christentum konvertierten Moslem im Iran Verfolgungshandlungen drohen, beurteilt sich nach den sich in der aktuellen Auskunftslage widerspiegelnden Verhältnissen vor Ort.

Zur allgemeinen Lage der Christen im zu 99 % muslimisch bevölkerten Iran ist festzustellen, dass die iranische Verfassung den Islam und die schiitische Glaubensschule als Staatsreligion bestimmt (Art. 12) und die Zoroastrier, die Juden und die Christen als staatlich anerkannte religiöse Minderheiten benennt (Art. 13), wobei den Angehörigen dieser Religionsgemeinschaften als Nichtmuslimen der Zugang zu Ämtern in der iranischen Exekutive, dem Richteramt sowie höheren Offiziersrängen in der iranischen Armee verwehrt ist. Anstellungen in der Verwaltung sind selten und werden zumeist niedriger entlohnt als bei Muslimen. Vertreter anerkannter religiöser Minderheiten können nicht regulär ins Parlament gewählt werden, sondern haben nur die Möglichkeit, sich für einen der insgesamt fünf jeweils für spezielle Religionsgemeinschaften reservierten Sitze zu bewerben. In religiöser Hinsicht wird den anerkannten religiösen Minderheiten innerhalb des gesetzlichen Rahmens das Recht zugestanden, ihre jeweiligen religiösen Gebräuche zu pflegen und sich in persönlichen und glaubensspezifischen Belangen gemäß ihrer religiösen Vorschriften zu verhalten. Die alteingesessenen christlichen Nationalkirchen Irans, insbesondere die armenisch-orthodoxe Kirche, die assyrische Kirche und die chaldäischen Katholiken sind staatlicherseits anerkannte Religionsgemeinschaften; ihre Mitglieder unterscheiden sich nicht nur von ihrer religiösen, sondern auch von ihrer ethnischen Herkunft her von der weit überwiegend muslimischen Bevölkerung Irans. Ihnen ist es solange unbenommen, ihre Religion - etwa durch den Besuch von Gottesdiensten und die Teilnahme an sonstigen religiösen Riten - zu praktizieren, wie sie grundlegende Prinzipien der islamischen Gesellschaft, etwa die strengen Vorschriften über die zu tragende Bekleidung, beachten und sich jeglicher auf die muslimische Bevölkerung zielenden Missionierungstätigkeit enthalten. Die christliche Mission ist im Iran verboten, was seitens der traditionellen christlichen Kirchen respektiert wird. Der iranische Staat versteht jegliche Missionsversuche als Angriff auf die Staatssicherheit, da der Islam für die muslimische Bevölkerung nicht nur religiöse Bedeutung hat, sondern gleichzeitig die staatstragende Religion ist. Der Islam kennt keine legale Möglichkeit, vom Islam zum Christentum überzutreten. Ein Konvertit bleibt daher aus islamischer Sicht weiterhin Muslim, der sich allerdings religionsschädlich verhält, indem er eine andere - aus islamischer Sicht nicht religiöse - Gruppe unterstützt und sich dadurch dem Verdacht aussetzt, das auf muslimischer Grundlage etablierte Mullah-Regime schwächen zu wollen. Die Konversion zum Christentum begründet in der muslimisch-iranischen Öffentlichkeit den Verdacht einer regimekritischen Haltung. Es kommt vor, dass auch nicht missionierende zum Christentum konvertierte Iraner wirtschaftlich, etwa bei der Arbeitssuche, oder gesellschaftlich bis hin zur Ausgrenzung benachteiligt werden. Der Abfall vom Islam (Apostasie) ist nach islamisch-religiösem Recht mit der Todesstrafe bedroht. Obwohl das kodifizierte iranische Strafrecht die Todesstrafe im Fall der Apostasie nicht vorsieht, erging wegen dieses Vorwurfs zuletzt im November 2002 ein - später in eine Haftstrafe umgewandeltes - Todesurteil. Fälle einer Vollstreckung der Todesstrafe wegen Apostasie wurden in den letzten Jahren nicht mehr aktenkundig. Bei Bekanntwerden der Konversion tritt neben die Gefahr staatlicher Repressionen die Möglichkeit einer Verfolgung durch fanatische Muslime, da Konvertiten gemäß islamischem Recht von allen Muslimen getötet werden dürfen. Die christlichen Kirchen werden staatlicherseits dazu angehalten, muslimischen Interessenten Zugang zu ihren religiösen Veranstaltungen zu verweigern und Versuche muslimischer Personen, mit ihren Gemeinden in Kontakt zu treten, zurückzuweisen. Da die Konversion zum Christentum im Iran seit jeher ein Tabu und auch aus christlicher Sicht sehr ungewöhnlich ist, stößt ein Konvertit bei den traditionellen christlichen Kirchen Irans auf starke Vorbehalte und setzt sich dem Verdacht aus, ein Spitzel zu sein. Ein Konvertit kann vor diesem Hintergrund nicht erwarten, als neues Gemeindemitglied anerkannt und aufgenommen zu werden. (Deutsches Orient-Institut, Stellungnahmen vom 6.9.2004 - 531 i/br - und vom 6.12.2004 – 585 i/br -; SFH, Christen und Christinnen im Iran, Themenpapier vom 18.10.2005, S. 4 f., 7 -11; SFH, Iran-Reformen und Repression, Update der Entwicklungen seit Juni 2001, vom 20.1.2004, S. 11 f.; Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 21.9.2006 - 508-516.80/3 IRN -, S. 6, 15, 20 f., 23, 33 f.) Anders als die traditionellen christlichen Kirchen Irans betreiben einige, zu neueren christlichen Strömungen zu zählende protestantisch-evangelische Glaubensgemeinschaften mit westlicher Unterstützung insbesondere der protestantischen Kirche beziehungsweise (frei-)kirch-lich-evangelischer Gruppierungen im Iran auch Missionsarbeit und zeigen sich bereit, muslimische Konvertiten in ihre Kirchengemeinde aufzunehmen. Folge sind häufige Schwierigkeiten mit den iranischen Behörden, von denen sie überwacht werden, wobei sie mit harten Sanktionen rechnen müssen. Immer wieder sind in der Vergangenheit missionarisch tätig gewesene Priester dieser Religionsgemeinschaften verschwunden und oftmals später tot aufgefunden worden. Nach Erkenntnissen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe werden Konvertiten, deren Übertritt den iranischen Behörden bekannt wird, zunächst zum Informationsministerium zitiert, wo sie scharf verwarnt werden. Sollten sie weiter in der Öffentlichkeit auffallen, etwa durch Besuche von Gottesdiensten oder Missionsaktivitäten, müssen sie damit rechnen, mit Hilfe konstruierter Vorwürfe wie Spionage oder Aktivitäten in einer illegalen Gruppe vor Gericht gestellt zu werden. Unbehelligt blieben Konvertiten im Iran, solange es ihnen gelinge, ihren Glauben - etwa in einer der ca. 100 christlichen Hausgemeinschaften - unbemerkt von den iranischen Behörden beziehungsweise von Familienangehörigen, Nachbarn und Bekannten auszuüben. Gerade fanatische muslimische Familienangehörige seien ein Risikofaktor, da sie den Übertritt als Hochverrat, Staatsverrat beziehungsweise Abfall von der eigenen Sippe und dem eigenen Stamm sähen und es daher häufig zu Anzeigen an die iranischen Sicherheitsbehörden komme, die schwere körperliche Misshandlungen und unter Umständen längere Verhaftungen zur Folge haben könnten. (SFH, Christen und Christinnen im Iran, a.a.O., S. 11 - 18)

Die vor dem Hintergrund dieser tatsächlichen Gegebenheiten zu klärende Frage, ob der Kläger glaubhaft gemacht hat, seine Heimat im Sinne des Art. 4 Abs. 4 RL wegen unmittelbar drohender Verfolgung verlassen zu haben oder - verneinendenfalls - ob er infolge der zwischenzeitlichen Konversion zum Christentum im Falle seiner Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung zu befürchten hat, ist zu verneinen.

Der Kläger hat seine Heimat unverfolgt verlassen.

Er hat nicht glaubhaft gemacht, auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender Verfolgung aus dem Iran ausgereist zu sein. Wie bereits das Verwaltungsgericht festgestellt hat, weist sein diesbezügliches Vorbringen eine Vielzahl von Ungereimtheiten, Widersprüchlichkeiten und auch Steigerungen des Sachvortrags auf und ist daher nicht zur Vermittlung der notwendigen Überzeugungsgewissheit betreffend das Bestehen begründeter Verfolgungsfurcht geeignet. Anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger sein angebliches Verfolgungsschicksal in verschiedenen Punkten erneut umgestaltet, was seine Bekundungen zu den Geschehnissen in seiner Heimat vollends unglaubhaft macht.

So behauptet er nun erstmals, das Geld für die Ausreise stamme nicht von seinem Vater (so aber Anhörungsprotokoll vom 12.9.2002, S. 5 und 6), sondern aus eigenen Ersparnissen, die er sich als Inhaber einer eigenen - neben dem Studium betriebenen - Kleiderfirma erwirtschaftet haben will, sowie dass er von Urumijee aus nur mit seinem jüngeren Bruder, nicht mit seinem Vater (so aber Anhörungsprotokoll vom 12.9.2002, S. 4), telefonischen Kontakt gehabt habe. Soweit der Kläger auf entsprechenden Vorhalt durch den Senat gemeint hat, es müsse sich um einen Übersetzungsfehler handeln, überzeugt dies nicht. So hat er gegenüber der Beklagten mehrfach zu Protokoll (S. 5 und 6) erklärt, sein Vater habe die Ausreise finanziert; von einer eigenen selbständigen Tätigkeit war bisher auch nicht ansatzweise die Rede. Der Grund für seine nunmehrige völlig neue Darstellung dürfte vielmehr darin liegen, dass das Verwaltungsgericht ihm das angebliche Verhalten des Vaters - einerseits Anzeige bei der Staatssicherheit und Hängenlassen der Kreuze als Beweis gegen den Kläger und andererseits Finanzierung der Ausreise und Aufrechterhaltung telefonischen Kontakts, um den Kläger jeweils über den aktuellen Stand der Dinge zu informieren - als nicht nachvollziehbar und daher unglaubhaft vorgehalten hat.

Neu ist auch die Darstellung des Klägers, er sei nicht, wie anlässlich seiner Anhörung durch die Beklagte behauptet, im Februar 2002 und nicht, wie vor dem Verwaltungsgericht angegeben, Ende 2001, sondern erst während seines Aufenthalts in Urumijee exmatrikuliert worden. Ebenfalls neu ist die Behauptung, er sei nach Urumijee geflohen, nachdem er an der Universität mündlich aufgefordert worden sei, bei der ideologischen - der staatlichen Schutzbehörde unterstehenden - Stelle der Universität zu erscheinen, und ein dort tätiger Freund ihm deshalb geraten habe, besser zu fliehen. Die schriftliche Vorladung sei erst zu Hause eingegangen, als er bereits in Urumijee gewesen sei. Vor der Beklagten und dem Verwaltungsgericht hatte der Kläger demgegenüber noch bekundet, sich nach Erhalt der ersten schriftlichen Ladung direkt (Anhörung durch die Beklagte) beziehungsweise nach einigen Tagen (Anhörung durch das Verwaltungsgericht) nach Urumijee begeben zu haben.

Schließlich gab er anlässlich seiner nunmehrigen Anhörung hinsichtlich seiner angeblichen Kirchenbesuche im Iran als Adresse der armenischen Kirche, die er des Öfteren aufgesucht haben will, eine andere (Baharistanstraße) als gegenüber der Beklagten (Schunsde Metrie 2 in der 9. Straße Hausnummer 23) an. Auch behauptet er nun, anlässlich der Kirchenbesuche das Gefühl gehabt zu haben, dass die Armenier ihn eher positiv aufgenommen hätten, während er früher bekundet hatte, die armenischen Gemeindemitglieder seien sehr zurückhaltend gewesen, weil es verschiedene Vorfälle, auch Todesfälle, gegeben habe; sie hätten nicht so gerne gewollt, dass er und seine Freunde mit in der Kirche sitzen.

Insgesamt bekräftigen die Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung den schon im Vorfeld nach der Aktenlage naheliegenden Eindruck, dass der Kläger sich immer wieder in neue Widersprüche und Ungereimtheiten verstrickt, weil er kein selbst erlebtes, sondern ein zur Zeit der Einreise vor ca. viereinhalb Jahren frei erfundenes Geschehen schildert.

Demnach ist davon auszugehen, dass der Kläger den Iran unverfolgt verlassen hat, weswegen ihm hinsichtlich der Frage, ob er im Falle seiner Rückkehr wegen der zwischenzeitlichen Entwicklung trotzdem gefährdet wäre, die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL nicht zugute kommt.

Ein Anspruch aus § 60 Abs. 1 AufenthG setzt daher voraus, dass bei zusammenfassender Bewertung des zur Prüfung gestellten Sachverhalts die im Falle der Rückkehr für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und daher gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen, der Kläger also mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung zu befürchten hat. Dies ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht der Fall.

Die im Bundesgebiet erfolgte Konversion des Klägers zum Christentum begründet unter den konkreten Gegebenheiten nicht die Annahme, dass ihm im Falle seiner Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr droht, wegen der Annahme des christlichen Glaubens Verfolgung seitens des iranischen Staates oder seitens nichtstaatlicher Akteure befürchten zu müssen.

Wie bereits ausgeführt, schützt Art. 10 Abs. 1 b RL unter anderem die Freiheit, einen anderen Glauben anzunehmen, sowie die Freiheit, den ursprünglichen oder den angenommenen Glauben durch Teilnahme an religiösen Riten im öffentlichen Bereich zu betätigen.

Der Umfang des durch Art. 10 Abs. 1 b RL im Falle der Annahme eines anderen Glaubens garantierten Schutzes hängt nach der Konzeption der Vorschrift nicht davon ab, ob der Glaubenswechsel im Heimatstaat oder im Ausland vollzogen wurde. In beiden Konstellationen kann er eine Verfolgungsgefahr nur auslösen, wenn er dem Heimatstaat beziehungsweise nichtstaatlichen Akteuren in der Heimat bekannt wird und aus deren Sicht Anlass gibt, auf den Konvertiten einzuwirken. Lediglich im Rahmen der Prüfung, ob der Glaubenswechsel unter Berücksichtigung der landesspezifischen Gegebenheiten ein derartiges Verfolgungsinteresse zu begründen vermag, kann es eine Rolle spielen, wo der Wechsel vollzogen wurde, wobei diese Frage sich erst stellt, wenn feststeht, dass der seitens des Schutzsuchenden behauptete Glaubenswechsel durch Art. 10 Abs. 1 b RL geschützt wird.

Wie bereits ausgeführt löst ein Glaubenswechsel den Schutz des Art. 10 Abs. 1 b RL aus, wenn er aus religiöser Überzeugung erfolgt ist und den Schutzsuchenden in seiner religiösen Identität prägt.

Vorliegend hat der Kläger den Glaubenswechsel förmlich vollzogen, als er am 11.4.2004 in der evangelischen Kirche in B-Stadt getauft wurde. Ob dieser Wechsel zum Christentum für den Kläger auch eine Glaubenssache war, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Klägers unter Einbeziehung des Eindruckes, den er in der mündlichen Verhandlung vermittelt hat, zu überprüfen und vorliegend im Ergebnis zu verneinen.

Die Bekundungen des Klägers lassen zwar vermuten, dass er sich innerlich vom Islam abgewandt hat und diesen nicht mehr als „seine“ Religion empfindet. In diese Richtung deuten etwa seine Ausführungen zu den Inhalten der mit seinem Vater geführten Diskussionen und seine Bekundung, sich nach der Taufe „befreit“ gefühlt zu haben. Hinsichtlich seiner behaupteten kritischen Einstellung zu den Einflüssen des Islam auf die gesellschaftlichen, politischen und rechtlichen Verhältnisse im Iran ist der Kläger im Übrigen kein Einzelfall, da sich nach der Auskunftslage viele junge Iraner aus den gleichen Gründen wie der Kläger dem Islam entfremden. (Deutsches Orient-Institut, Stellungnahme vom 11.12.2003 - 494 i/br -)

Dem Vorbringen des Klägers ist allerdings nicht zu entnehmen, dass seine Entscheidung für eine Konversion zum Christentum eine religiöse Grundüberzeugung widerspiegelt. Die Gründe, aus denen er sich angeblich zum Christentum hingezogen fühlt und diese Religion als künftig für ihn maßgeblich gewählt haben will, sind weder anlässlich seiner Anhörung durch den Senat noch anlässlich der Anhörung durch die Beklagte (Bl. 5 des Anhörungsprotokolls vom 12.9.2002) noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht (Bl. 3 des Sitzungsprotokolls vom 14.9.2005) deutlich geworden.

So antwortete der Kläger auf die Frage des Verwaltungsgerichts, warum er sich für den christlichen Glauben interessiere, dass er aus einer streng moslemischen Familie stamme. Alle seine Familienmitglieder seien Moslems, und zwar Schiiten. Ähnlich war seine Reaktion auf die im Rahmen der Anhörung durch die Beklagte gestellte Frage, was er an der christlichen Religion besser als an der islamischen finde. Damals beschrieb er, was ihn am Islam störe und betonte seinen Wunsch, dass die Religion frei sein solle. Im Rahmen seiner Anhörung durch den Senat hat er beteuert, er fühle sich seit seiner Taufe frei, da er keinen Pflichten mehr nachgehen müsse, die ihm nicht logisch erschienen. Nach diesen Bekundungen scheint der Kläger keine konkreten Vorstellungen von christlichen Glaubensinhalten zu haben. Zu den Auswirkungen des Religionswechsels auf seine Lebensführung befragt gab er an, an kirchlichen Feiertagen den Gottesdienst grundsätzlich und an Sonntagen, wenn er nicht zu arbeiten habe, zu besuchen. Er sei bei einer Kleiderreinigung beschäftigt und arbeite dort von montags bis donnerstags und manchmal auch samstags. Die Woche über gehe er - von eventuellen Feiertagen abgesehen - nicht zur Kirche. Der letzte Gottesdienstbesuch sei am Sonntag vor zwei Wochen gewesen. Diese Angaben lassen nicht erkennen, dass der Gottesdienstbesuch dem Kläger im täglichen Leben ein Bedürfnis ist beziehungsweise dass seine Lebensführung in sonstiger Weise durch christliche Glaubensinhalte verändert worden ist. All das, was der Kläger vor dem Senat zum Christentum vorbrachte, wurde ohne innere Anteilnahme und ohne Engagement, in weiten Teilen schleppend, gleichsam gleichgültig, wiedergegeben.

Sein Interesse für religiöse Dinge stellt sich auch im Übrigen als eher gering dar. Beispielsweise stimmen seine nunmehrigen Angaben zur Taufvorbereitung nicht mehr mit denjenigen in der von ihm vorgelegten pfarramtlichen Bescheinigung vom 8.12.2004 überein. Dort heißt es, der Kläger habe im Januar 2004 in der Pfarrei vorgesprochen, weil er nicht wie andere Iraner aus B-Stadt zum Taufunterricht und zur Taufe nach Hannover fahren, sondern in B-Stadt Taufunterricht nehmen wollte. Nach einem dreimonatigen Taufunterricht sei er in der evangelischen Kirche in B-Stadt getauft worden. In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger demgegenüber an, einige Monate nach seiner Ankunft in B-Stadt habe er Kontakt mit der persisch-sprachigen Kirche in Bad Kreuznach aufgenommen, von dort Unterrichtsmaterial und Fragen dazu übersandt bekommen, sich mit diesen Materialien befasst und die Fragen beantwortet zurückgesandt. Die Taufe sei dann in B-Stadt erfolgt. Der Lebacher Pfarrer habe sich zuvor mehrfach mit ihm unterhalten und ihn zu seinem Wunsch, Christ zu werden, befragt. Ein Taufunterricht habe in B-Stadt nicht mehr stattgefunden. Aus Sicht des Senats deutet die von der selbst vorgelegten Bescheinigung doch in zentralen Punkten abweichende heutige Darstellung des Klägers darauf hin, dass die Umstände der Taufvorbereitung in seiner Erinnerung bereits verblasst sind, was nicht heißen soll, dass der Senat die Kontakte nach Bad Kreuznach nicht glaubt. Bedenklich ist vielmehr, dass der ihm pfarramtlich bescheinigte dreimonatige Taufunterricht in B-Stadt in der Erinnerung des Klägers nur als „einige Unterhaltungen mit dem Pfarrer“ haften geblieben ist, was nicht von intensivem Interesse für die christliche Sache zeugt.

Den gleichen Eindruck vermittelt der Versuch des Klägers, sich an seinen Taufspruch zu erinnern. Die Auswahl des Taufspruches ist für einen erst als Erwachsenen getauften evangelischen Christen ebenso wie die Auswahl eines Spruches für einen Konfirmanden eine ganz persönliche Angelegenheit, wobei der individuell gewählte Taufspruch auf der Taufurkunde wörtlich wiedergegeben wird, was seine religiöse Bedeutung für den Täufling widerspiegelt. Angesprochen auf seinen Taufspruch gab der Kläger an, sich an diesen zu erinnern und reihte sodann - nicht wörtlich, sondern ihrem Sinn nach - rudimentäre Auszüge aus dem Anfang des christlichen Glaubensbekenntnisses aneinander. Berücksichtigt man, dass auch das Glaubensbekenntnis im Rahmen der Erwachsenentaufe eine zentrale Rolle spielt, was äußerlich darin zum Ausdruck kommt, dass es ebenfalls textlicher Bestandteil der Taufurkunde ist, wird deutlich, dass die Erinnerung des Klägers an Inhalte des Taufunterrichts und die Taufe selbst bereits sehr verblasst ist.

Auf die Gründe angesprochen, aus denen er den in der Taufurkunde vermerkten zusätzlichen christlichen Vornamen „Josef“ gewählt hat, antwortete der Kläger, sein eigentlicher Vorname „“ deute auf einen arabischen Stamm hin. Damit wolle er nichts mehr zu tun haben. Warum er sich gerade für „Josef“ entschieden hatte, erläuterte er nicht. Dass er im Bekanntenkreis weiterhin „“ genannt werde, weil das so in seinen Papieren stünde, missfalle ihm zwar; er behauptet aber nicht, seine Bekannten gebeten zu haben, ihn mit dem neuen Vornamen zu rufen. Dass die Entscheidung für einen zusätzlichen christlichen Vornamen nicht nur ein formales Zeichen, sondern für den Kläger von religiöser Bedeutung war, lässt sich diesen Bekundungen nicht entnehmen.

Alles in allem konnte der Kläger nicht den Eindruck vermitteln, dass seine Entscheidung, sich evangelisch taufen zu lassen, religiös motiviert war. Der einzige christliche Wert, den er konkret benannte, war das Gebot der Nächstenliebe, was insofern nicht verwundert, als seine gegen den Islam gerichteten Äußerungen durchaus belegen, dass er durch eine humanitäre Grundeinstellung geprägt wird. Das Bekenntnis zur Nächstenliebe reicht allerdings als einziger konkreter Anknüpfungspunkt der Kenntnis christlichen Gedankengutes nicht zur Bejahung einer religiös motivierten Annahme des christlichen Glaubens aus, da nach allem Gesagten nicht erkennbar ist, dass der christliche Glaube den Kläger in seiner religiösen Identität prägt.

Fehlt es - wie vorliegend - an einer seine religiöse Identität prägenden christlichen Glaubensüberzeugung des Schutzsuchenden, so vermittelt der rein formal durch die Taufe vollzogene Akt des Glaubenswechsels nicht den Schutz des Art. 10 Abs. 1 b RL. Der Kläger kann nicht unter Hinweis auf diese Vorschrift und die tatsächlichen Gegebenheiten in seinem Heimatstaat Iran verlangen, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird. Diesem Begehren steht entgegen, dass er im Iran wegen des nur formal angenommenen christlichen Glaubens keine Verfolgungshandlungen zu befürchten hat.

So steht schon nicht zu erwarten, dass die Tatsache der evangelischen Taufe den iranischen Behörden überhaupt bekannt geworden ist beziehungsweise noch bekannt werden könnte. Der Kläger hat sich bislang in keiner irgendwie auffälligen Weise christlich-religiös betätigt. Dass er an Feiertagen und, wenn er Zeit hat, an Sonntagen die evangelische Kirche in B-Stadt besucht, ist kein Verhalten, das ausreicht, um die Aufmerksamkeit iranischer Spitzel in Deutschland zu erregen. Selbst wenn er insoweit irgendwann aufgefallen und daraufhin beobachtet worden sein sollte, wäre nicht anzunehmen, dass die gelegentlichen Kirchgänge aus Sicht der Beobachter von nachhaltigem Interesse sein könnten. Insbesondere kann sein Bekunden, er habe im Laufe der Zeit - wobei seit seiner Taufe bereits mehr als drei Jahre verstrichen sind - etwa acht bis zehn Iraner mit zur Kirche genommen, nicht als missionarische Tätigkeit gewertet werden. Dies gilt ungeachtet dessen, dass angeblich mindestens zwei dieser Personen zum christlichen Glauben konvertiert sein sollen. Der Kläger hat hierzu weder schriftsätzlich vorgetragen noch in der mündlichen Verhandlung den Versuch unternommen, nähere Angaben zu machen, insbesondere darzulegen, dass deren angebliche Konversion auf seine christliche Überzeugungsarbeit zurückgeht.

Selbst wenn die Tatsache der christlichen Taufe im Iran bekannt geworden wäre beziehungsweise im Falle der Rückkehr bekannt würde, ist nach der Auskunftslage und der auf dieser basierenden obergerichtlichen Rechtsprechung (Sächsisches OVG, Urteil vom 28.3.2007, amtl. Abdr. S 10 f.; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 27.4.2006 - 5 LB 106/02 -, juris, m.w.N.; Hamburgisches OVG, Urteil vom 24.3.2006 - 1 Bf 15/98.A-, juris; OVG des Saarlandes, Urteil vom 23.10.2002 -9 R 3/00-, juris, amtl. Abdr. S. 38 f.) nicht anzunehmen, dass der im Ausland im Verlauf eines Asylverfahrens vollzogene Glaubenswechsel für sich genommen die iranischen Behörden veranlassen könnte, asylrelevante Maßnahmen gegenüber dem Rückkehrer zu ergreifen. Durch eine Konversion im Ausland fühlt der iranische Staat sich in der Regel nicht bedroht, wenn es sich um eine einfache Mitgliedschaft handelt, die weder mit - ernstzunehmender - missionarischer Tätigkeit noch mit Leitungsaufgaben oder anderen hervorgehobenen Funktionen verbunden ist.

Damit gibt der Sachverhalt keine Veranlassung zur Klärung, ob die Konsequenzen, die ein religiös motivierter und den Konvertiten in seiner religiösen Identität prägender Glaubenswechsel vom Islam zum Christentum nach der Erkenntnislage im Falle der Rückkehr und der Praktizierung des neuen Glaubens in der Heimat auslöst, gemessen an Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 RL einzeln oder in Kumulation als asylrechtliche Verfolgungshandlung zu qualifizieren sind.

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung steht auch nicht zu befürchten, dass dem Kläger im Falle seiner Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Repressalien seitens nichtstaatlicher Akteure im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 4 c AufenthG in Verbindung mit Art. 6 c RL drohen.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend macht, sein Vater sei strenggläubiger Moslem und mit der Hinwendung des Klägers zum Christentum nicht einverstanden, genügt dies nicht zur Annahme, dass vom Vater eine Gefährdung für Leib oder Leben des Klägers ausgehen könnte. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zwar einerseits behauptet, der Familie seine Adresse aus Angst vor seinem Vater nicht mitzuteilen, andererseits aber bekundet, mit dem Vater telefonischen Kontakt zu haben. Grundsätzlich rede er mit seinem Vater nicht über religiöse, sondern nur über persönliche Dinge, da der Vater einen Herzinfarkt gehabt habe und er ihn nicht aufregen wolle. So frage der Vater etwa, wie es ihm gehe, ob er schon eine Familie habe und ob er nicht zurückkommen wolle. Dass er letzteres wegen seiner Konversion verneine, könne der Vater nicht akzeptieren. Der Kläger behauptet aber nicht, dass es wegen derartiger Antworten zu religiösen Streitgesprächen oder massiven Vorwürfen seitens des Vaters käme, und beim nächsten Telefonat scheinen wieder persönliche Dinge besprochen zu werden.

Die so aktuell in der mündlichen Verhandlung beschriebene Haltung des Vaters zu dem Kläger lässt nicht erwarten, dass der Vater ihm im Falle der Rückkehr Schaden an Leib oder Leben zufügen würde. Dasselbe gilt für andere Familienmitglieder und Bekannte, hinsichtlich derer der Kläger keine Bedrohung geltend gemacht hat.

Ebenso wenig ist beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger allein aufgrund der Asylantragstellung mit abschiebungsschutzrechtlich relevanten Übergriffen rechnen müsste. Insoweit teilt der erkennende Senat die Einschätzung des früher für das Herkunftsland Iran zuständig gewesenen 3. Senats des Gerichts (OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 16.8.2006 - 3 Q 78/06 - und vom 9.8.2006 - 3 Q 23/06-, jeweils juris, sowie Urteil vom 23.10.2002, a.a.O., S. 24 ff., jeweils m.w.N.) , der in Fortführung der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung ebenso wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, Beschluss vom 14.5.2007 - 14 ZB 07.30240 -, juris, m.w.N.) in einer kürzlich ergangenen Entscheidung eine allein auf die Asylantragstellung gründende Verfolgungsgefahr verneint. Der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes hat in den zitierten Beschlüssen vom August 2006 unter Berücksichtigung der neueren Auskunftslage und zahlreicher Presseberichte über das aktuelle Geschehen im Iran überzeugend dargelegt, dass zwar infolge der letzten Wahlen die fundamentalistischen Kräfte im Verhältnis zu den reformorientierten Kreisen die Oberhand gewonnen und mit dem neuen Staatspräsidenten Ahmadinadschad ein konservatives Staatsoberhaupt an ihrer Spitze haben, es aber keine Anzeichen dafür gebe, dass sich infolge dieser Entwicklung die Situation für zurückkehrende Asylbewerber verschlechtert habe und diese nun alleine wegen der Asylantragstellung und der Entfaltung gewisser Exilaktivitäten zur Untermauerung ihres Begehrens abschiebungsschutzrechtlich relevante Maßnahmen zu befürchten hätten. Den iranischen Amtswaltern sei bekannt, dass ein Asylverfahren für die meisten in Europa lebenden Iraner die einzige Möglichkeit sei, ein - wenn auch nur zeitweiliges - Aufenthaltsrecht zu erlangen. Der neueste Lagebericht (Auswärtiges Amt, Lagebericht, S. 37 f.) und die aktuelle Auskunftslage geben keine Veranlassung zu einer geänderten Einschätzung.

Da der Kläger nicht glaubhaft machen konnte, seine Heimat aus begründeter Furcht vor Verfolgung verlassen zu haben, und ihm auch wegen seiner Nachfluchtaktivitäten nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen des iranischen Staates beziehungsweise seitens seines Vaters oder sonstiger Verwandter oder Bekannter drohen, ist die Berufung hinsichtlich des Hauptantrags, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG festzustellen, unbegründet und unterliegt daher der Zurückweisung.

II.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die hilfsweise begehrte Feststellung, dass ihm Abschiebungsschutz nach Maßgabe des § 60 Abs. 2 bis Abs. 7 AufenthG zu gewähren ist. Sein Vorbringen ist - wie im Einzelnen dargelegt - nicht glaubhaft, so dass ihm Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG nicht zusteht.

Nichts anderes ergibt sich unter Berücksichtigung der auch in diesem Zusammenhang zu beachtenden Vorgaben der Richtlinie 2004/83/EG. Nach Art. 2 e RL hat ein Drittstaatsangehöriger, der die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllt, Anspruch auf subsidiären Schutz, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorbringt, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, einen ernsthaften Schaden im Sinne des Art. 15 RL zu erleiden, sofern auf ihn die Ausschlussgründe des Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 RL keine Anwendung finden und er den Schutz seines Herkunftslandes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Gefahr nicht in Anspruch nehmen will.

Voraussetzung der Gewährung subsidiären Schutzes ist demnach, dass der Kläger stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass er bei Rückkehr in den Iran tatsächlich Gefahr liefe, dass ihm gegenüber die Todesstrafe verhängt oder vollstreckt würde oder dass ihm Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung drohen (Art. 15 a und b RL). Aus welchen Gründen ihm eine derartige Behandlung droht, spielt dabei nach der in Art. 18 und Art. 2 e RL zum Ausdruck kommenden Konzeption der Richtlinie - anders als bei der an einen Verfolgungsgrund anknüpfenden Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft - keine Rolle. Ausreichend ist, dass stichhaltige Gründe für die tatsächliche Gefahr, im Falle der Rückkehr einen ernsthaften Schaden zu erleiden, vorgebracht sind. Dies ist im Falle des Klägers zu verneinen, da der von ihm geschilderte Lebenssachverhalt entweder nicht glaubhaft oder (so die im Bundesgebiet erfolgte Taufe zum evangelischen Christen) unter den konkreten Gegebenheiten nicht geeignet ist, die Gefahr, von einem ernsthaften Schaden bedroht zu werden, zu begründen.

Die Berufung ist daher insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83 b Abs. 1 AsylVfG.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Zwar geht das seitens des Senats mit Blick auf Art. 10 Abs. 1 b RL befürwortete Verständnis des nach § 60 Abs. 1 AufenthG zu gewährenden Schutzes vor Verfolgungshandlungen wegen der Religion über das hinaus, was nach der bisherigen bundesdeutschen Rechtsprechung als Inhalt eines religiös bedingten Schutzanspruchs anerkannt ist. Diese grundsätzlichen Erwägungen zu den aus dem Inkrafttreten der Richtlinie zu ziehenden Konsequenzen sind indes für die getroffene Entscheidung, die Berufung zurückzuweisen, nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Das Begehren des Klägers hätte unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung erst recht keine Erfolgsaussichten gehabt. Insoweit wird hinsichtlich der Bewertung der Relevanz der geltend gemachten Konversion zum Christentum auf die Darstellung der bis zum Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG unangefochtenen Rechtsprechung in dem gegenüber dem Kläger ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts verwiesen.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG und beträgt nach der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschlüsse vom 21.12.2006 - 1 C 29/03 - und vom 14.2.2007 - 1 C 22/04 -, jeweils juris) zur Auslegung dieser Vorschrift 3.000 EUR.

Gründe

Das Ausbleiben des Beteiligten im Termin stand einer Verhandlung und Entscheidung in der Sache nicht entgegen, da er ordnungsgemäß und unter Hinweis auf § 102 Abs. 2 VwGO zur mündlichen Verhandlung geladen worden war.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig; der Kläger hat weder einen Anspruch auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (I) noch stehen seiner Abschiebung in den Iran Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG entgegen (II).

I.

Ein Anspruch auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich des Herkunftslandes setzt nach genannter Vorschrift voraus, dass Leben oder Freiheit des Ausländers in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist, wobei die drohende Verfolgung ausgehen kann von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) - unter bestimmten Voraussetzungen - nichtstaatlichen Akteuren.

Hinsichtlich des in § 60 Abs. 1 AufenthG verwendeten Begriffs der Verfolgung sind spätestens seit dem 11.10.2006 die Vorgaben der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12, berichtigt im ABl. L 204 vom 5.8.2005, S. 24) (so genannte Qualifikationsrichtlinie) - nachfolgend: RL - zu beachten. Durch Art. 38 RL wurden die Mitgliedstaaten verpflichtet, die zur Umsetzung der Richtlinie erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften spätestens bis zum 10.10.2006 zu erlassen. Dieser Verpflichtung ist die Bundesrepublik Deutschland nicht gerecht geworden, was nach der auf Art. 189 Abs. 3 und Art. 5 EWG-Vertrag verweisenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteile vom 5.4.1979 - Rs. 148/78 - , Slg. 1979, 1629 Rdnr. 23, und vom 20.9.1988 - 190/87 -, Slg. 1988, 4689) zur Folge hat, dass die Vorgaben der Qualifikationsrichtlinie seit dem 11.10.2006 im Bundesgebiet unmittelbar Anwendung finden, soweit sie von ihrem Regelungsgehalt her einer unmittelbaren Anwendung zugänglich sind. Dies ist hinsichtlich der Vorschriften, die die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft festlegen, ohne Einschränkung zu bejahen. (BVerwG, Urteile vom 21.11.2006 - 1 C 10/06 -, NVwZ 2007, 465 ff. = DVBl. 2007, 446 ff. = InfAuslR 2007, 213 ff., und vom 20.3.2007 - 1 C 21/06 -, amtl. Abdr. S. 14)

Nach Art. 13 RL erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die Flüchtlingseigenschaft zu, wenn er die Voraussetzungen der Kapitel II und III der Richtlinie erfüllt. Der Begriff des Flüchtlings ist in Art. 2 c RL hinsichtlich eines Drittstaatsangehörigen dahingehend definiert, dass dieser sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen der Furcht nicht in Anspruch nehmen will, sofern die Ausschlussgründe des Art. 12 RL auf ihn keine Anwendung finden. Maßgeblich ist damit, ob der Betroffene sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatstaates aufhält. Dieser Ansatz ist bei der Auslegung des § 60 Abs. 1 AufenthG, der auf eine Bedrohung von Leben oder Freiheit abstellt, zu beachten, da die Bundesrepublik als Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft gehalten ist, den als Mindestnormen für die Flüchtlingsanerkennung (vgl. Art. 1 und 3 RL) konzipierten Vorschriften der Richtlinie im Bundesgebiet Geltung zu verschaffen.

Ob die Furcht vor Verfolgung im Heimatstaat im Sinne des Art. 2 c RL begründet ist, ist unter Berücksichtigung der Vorgaben des Art. 4 Abs. 3 RL individuell zu prüfen und richtet sich materiell-rechtlich nach den in Art. 4 bis 10 RL vorgegebenen objektiven Kriterien.

Nach Art. 4 Abs. 4 RL ist die Tatsache, dass der Schutzsuchende in seiner Heimat bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat beziehungsweise von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, beziehungsweise dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründen sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Im Zusammenspiel mit Art. 8 Abs. 1 RL, der die Notwendigkeit internationalen Schutzes im Falle einer inländischen Fluchtalternative entfallen lässt, entspricht dies der bisherigen bundesdeutschen Rechtsprechung, wonach einem Schutzsuchenden, der seine Heimat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender Verfolgung verlassen hat, ein Schutzanspruch zusteht, wenn ihm ein Ausweichen innerhalb seines Heimatstaates unzumutbar war und die fluchtbegründenden Umstände zum Zeitpunkt der Entscheidung ohne wesentliche Änderungen fortbestehen oder mit ihrem Wiederaufleben zu rechnen ist, so dass an seiner Sicherheit vor abermals einsetzender Verfolgung bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ernsthafte Zweifel bestehen. (BVerwG, Urteil vom 3.12.1985 - 9 C 22.85 -, NVwZ 1986, 760,761)

Wer hingegen unverfolgt ausgereist ist, kann die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL nicht für sich in Anspruch nehmen. Er muss - so auch die bisherige Rechtsprechung - glaubhaft machen, dass beachtliche Nachfluchttatbestände gegeben sind, was bedeutet, dass ihm bei Rückkehr in seinen Heimatstaat die Gefahr der Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. (BVerwG, Urteil vom 20.3.2007 - 1 C 21/06 -, amtl. Abdr. S. 15) Dies ist anzunehmen, wenn bei zusammenfassender Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Die insofern erforderliche Zukunftsprognose muss auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abstellen und auf einen absehbaren Zeitraum ausgerichtet sein. (BVerfG, Beschlüsse vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315, 345 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 3.12.1985, a.a.O., S. 760 f.)

Zentrale Bedeutung kommt im Rahmen der asylrechtlichen Prüfung seit dem Verbindlichwerden der Richtlinie 2004/83/EG dem in Art. 9 Abs. 1 und 2 RL umschriebenen Begriff der Verfolgungshandlungen sowie den in Art. 10 RL aufgelisteten Verfolgungsgründen und schließlich dem Erfordernis des Art. 9 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 c RL zu, wonach eine Verknüpfung zwischen den in Art. 10 RL genannten Gründen und den in Art. 9 Abs. 1 RL als Verfolgung eingestuften Handlungen bestehen muss.

Angesichts des durch Art. 9 und Art. 10 RL vorgegebenen Prüfungsrasters ist nicht auszuschließen, dass verschiedene durch die deutsche höchstrichterliche Asylrechtsprechung entwickelte Grundsätze der Hinterfragung auf ihre Vereinbarkeit mit den europarechtlichen Vorgaben bedürfen, sofern die jeweiligen Grundsätze fallbezogen entscheidungsrelevant sind. So spricht die in Art. 9 und Art. 10 RL zum Ausdruck kommende Systematik dafür, dass das Vorliegen beziehungsweise Nichtvorliegen einer Verfolgungshandlung anhand der Kriterien des Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 RL zu prüfen ist, ohne dass in diesem Zusammenhang der eventuelle Verfolgungsgrund eine Rolle spielt. Ob ein Verfolgungsgrund zu bejahen ist, ist in einem eigenen Prüfungsschritt zu ermitteln und beurteilt sich nach den Vorgaben des Art. 10 RL. Sodann ist gemäß Art. 9 Abs. 3 RL erforderlichenfalls festzustellen, ob die Verfolgungshandlung dem Schutzsuchenden wegen des bejahten Verfolgungsgrundes droht. Diese Systematik wirft die Frage auf, ob die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung, die differenziert zwischen politisch-motivierten Eingriffen in die Schutzgüter Leib, Leben oder persönliche Freiheit, die stets als Verfolgung anerkannt wurden, und Beeinträchtigungen sonstiger Rechtsgüter wie der freien Religionsausübung oder der ungehinderten beruflichen und wirtschaftlichen Betätigung, die den Flüchtlingsstatus bisher nur begründen konnten, wenn sie nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Heimatstaates aufgrund des dort herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben, richtlinienkonform ist. (BVerwG, Urteil vom 24.3.1987 - 9 C 321.85 -, NVwZ 1987, 701 f. und Beschluss vom 3.4.1995 - 9 B 758/94 -, NVwZ-RR 1995, 607) Angesichts der Regelung des Art. 9 Abs. 1 b RL, der unter bestimmten Voraussetzungen eine Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen als Verfolgungshandlung definiert, ohne zu fordern, dass jeweils dasselbe Schutzgut durch die verschiedenen Maßnahmen betroffen wird, stellt sich die weitere Frage, ob die bisherige deutsche Rechtsprechung, nach der mehrere Eingriffe, von denen jeder seiner Intensität nach allein nicht als Verfolgung zu qualifizieren ist, auch nicht als ein „insgesamt“ die erforderliche Intensität erreichendes Verfolgungsgeschehen angesehen werden können, wenn die Eingriffe sich gegen unterschiedliche Schutzgüter richten, (BVerwG, Beschluss vom 3.4.1995, a.a.O.) mit den europarechtlichen Vorgaben der genannten Vorschrift zu vereinbaren ist.

Diese Fragen bedürfen allerdings in vorliegend relevantem Zusammenhang keiner rechtsgrundsätzlichen Klärung, da das Begehren des Klägers gemessen an den Vorgaben des Art. 10 Abs. 1 b RL daran scheitert, dass sein durch die im Bundesgebiet erfolgte Taufe zum evangelischen Christ vollzogener Glaubenswechsel ihm unter den konkreten Gegebenheiten mangels religiös-motivierter Entscheidung für das Christentum nicht die Möglichkeit eröffnet, sich auf den Verfolgungsgrund der Religion zu berufen.

Art. 10 RL definiert die Verfolgungsgründe, indem er die in Art. 2 c RL abschließend aufgeführten Verfolgungsgründe aufgreift, und hinsichtlich jedes einzelnen Verfolgungsgrundes vorgibt, was die Mitgliedstaaten bei der jeweiligen Prüfung in materiell-rechtlicher Hinsicht zu berücksichtigen haben.

Im vorliegenden Zusammenhang ist Art. 10 Abs. 1 b RL maßgeblich. Nach dieser Vorschrift umfasst der Begriff der Religion insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme beziehungsweise Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Dabei sind unter religiösen Riten die in einer Religionsgemeinschaft üblichen oder geregelten Praktiken oder Rituale zu verstehen, die der religiösen Lebensführung dienen, insbesondere Gottesdienste, kulturelle Handlungen und religiöse Feste. (VG Düsseldorf, Urteil vom 8.2.2007 - 9 K 2278/06.A -, juris)

Unter Einbeziehung dieser Definition ist die in Art. 2 c RL als Merkmal eines Flüchtlings aufgeführte begründete Furcht vor Verfolgung wegen seiner Religion tatbestandlich gegeben, wenn der Schutzsuchende wegen seiner theistischen, nichttheistischen oder atheistischen Glaubensüberzeugung oder wegen der alleinigen oder gemeinschaftlichen Teilnahme beziehungsweise Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich oder wegen sonstiger religiöser Betätigungen beziehungsweise Meinungsäußerungen oder wegen eigener oder gemeinschaftlicher Verhaltensweisen, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind, befürchten muss, in seiner Heimat von Verfolgungshandlungen betroffen zu werden.

Das Verständnis des durch Art. 10 Abs. 1 b RL gewährleisteten Schutzes muss sich am Normalfall eines Schutzsuchenden orientieren, der die Religion der Religionsgemeinschaft, in die er hineingeboren ist, in der Heimat ausüben will, weswegen zunächst festzustellen ist, welche religiösen Betätigungen grundsätzlich vom Schutzbereich umfasst werden und welchen Schranken die Religionsausübung gegebenenfalls unterliegt. In einem zweiten Schritt ist der Sonderfall des Konvertiten in den Blick zu nehmen und zu klären, ob insoweit Besonderheiten gelten. Vermengt man diese beiden Fragen, so läuft man Gefahr, den Schutzbereich religiöser Betätigung aus dem Bestreben, der Gefahr nur formal erfolgender Glaubensübertritte entgegen zu wirken, im allgemeinen zu eng zu umgrenzen.

Art. 10 Abs. 1 b RL bietet dem Einzelnen sehr weitgehenden Schutz, indem er sowohl die Entscheidung, aus innerer Überzeugung religiös zu leben, wie auch die Entscheidung, aufgrund religiösen Desinteresses jegliche religiöse Betätigung zu unterlassen, schützt und dem Einzelnen zubilligt, dass er sich zu seiner religiösen Grundentscheidung auch nach außen bekennen darf. Unter das geschützte Verhalten fällt auch der Glaubenswechsel, wobei dahinstehen kann, ob man diesen als sonstige religiöse Betätigung oder Verhaltensweise eines Einzelnen, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützt, begreift oder ob man - wie dies der Kläger und die Beklagte in der mündlichen Verhandlung befürwortet haben - den Glaubenswechsel als geschützt ansieht, weil Art. 10 Abs. 1 b RL sowohl theistische wie auch nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen erfasst. Auch unter letzterer Prämisse muss der Glaubenswechsel seinen Grund in einer wie auch immer gearteten Glaubensüberzeugung finden (vgl. hierzu S. 24 des Urteils).

Nach Art. 10 Abs. 1 b RL umfasst der Begriff der Religion auch die Teilnahme an religiösen Riten im öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen. Die Vorschrift geht damit ihrem Wortlaut nach über den Schutz hinaus, der nach der bisherigen Rechtsprechung unter dem Stichwort des religiösen Existenzminimums zuerkannt wurde. (BVerfG, Beschluss vom 1.7.1987 - 2 BvR 478, 962/86 -, BVerfGE 76, 143, 158 ff.; BVerwG, Ur- teil vom 20.1.2004 - 1 C 9/03 - , BVerwGE 120, 16 ff. = NVwZ 2004, 1000 ff. = InfAuslR 2004, 319 ff.) Dafür, dass der europäische Richtliniengeber die religiöse Betätigung im öffentlichen Bereich auch inhaltlich als geschützt verstanden wissen will, spricht die Betrachtung der historischen Wurzeln der Vorschrift.

Bereits im Minderheitenschutzabkommen des Völkerbundes findet sich ein Vorläufer, der die rechtliche Verpflichtung enthielt, die freie Religionsausübung im öffentlichen und privaten Bereich zu gewährleisten. (Marx, Handbuch zur Flüchtlingsanerkennung, Erläuterungen zur Richtlinie 2004/83/EG, 13. Ak-tualisierungslieferung November 2006, § 17 Rdnr. 7) Ebenso schützt Art. 18 des Internationalen Paktes vom 19.12.1966 über bürgerliche und politische Rechte - IpbpR -, der durch Bundesgesetz vom 15.11.1973 (BGBl. II, S. 1533) in innerstaatliches Recht transformiert wurde, die private und die öffentliche Glaubenspraxis. Nach Art. 18 Abs. 1 IPbpR umfasst das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit die Freiheit, eine Religion oder eine Weltanschauung eigener Wahl zu haben oder anzunehmen, und die Freiheit, seine Religion oder eine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Beachtung religiöser Bräuche, Ausübung und Unterricht zu bekunden. Aus völkerrechtlicher Sicht ist daher festzustellen, dass das Recht auf private und öffentliche Religionsausübung als fundamentales Menschenrecht allgemein anerkannt ist. (vgl. auch Art. 1 der Erklärung Nr. 36/55 der Generalversammlung der Vereinten Nationen über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion und der Überzeugung vom 25.11.1981)

Europarechtlich wird die Ausübung der Religionsfreiheit auch in der Öffentlichkeit bereits durch Art. 9 EMRK gewährleistet. Geschützt ist hiernach die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht oder Praktizieren von Bräuchen und Riten zu bekennen.

Art. 10 Abs. 1 b RL ist die konsequente Fortschreibung dieser Garantien bezogen auf den (Mindest-)Schutz, der Flüchtlingen seitens der Mitgliedstaaten zu gewähren ist. Angesichts des weiten Schutzbereichs der Vorschrift, die selbst keine Schranken vorgibt, liegt es nahe, die Schranken des Art. 18 IPbpR beziehungsweise des Art. 9 EMRK als immanente Schranken zu begreifen. Sowohl Art. 18 IPbpR wie auch Art. 9 EMRK differenzieren zwischen der Uneinschränkbarkeit der Freiheit, eine Religion eigener Wahl zu haben oder anzunehmen, und der an bestimmte Voraussetzungen gebundenen Einschränkbarkeit der freien Religionsausübung und bieten auch im Flüchtlingsrecht eine angemessene Handhabe zur Abschichtung zulässiger Einschränkungen der in Art. 10 Abs. 1 b RL definierten Religionsfreiheit. Dies bedeutet, dass die Freiheit eines Asylbewerbers, eine Religion eigener Wahl zu haben oder anzunehmen, nicht beschränkbar ist, während die Freiheit, seine Religion im privaten wie im öffentlichen Bereich zu bekennen beziehungsweise zu bekunden, den immanenten Schranken unterliegt, die in Art. 18 Abs. 3 IPbpR beziehungsweise Art. 9 Abs. 2 EMRK Ausdruck gefunden haben. Dementsprechend darf die religiöse Betätigung Einzelner oder der Gemeinschaft nur zum Schutz der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, der Gesundheit, der Sittlichkeit (Moral) und der Rechte und Freiheiten anderer verboten oder reglementiert werden. Dabei ist - wie auch in Art. 18 Abs. 3 IPbpR und Art. 9 Abs. 2 EMRK vorgeschrieben - zu fordern, dass das Gesetz, das verbietet oder reglementiert beziehungsweise aufgrund dessen verboten oder reglementiert wird, allgemeiner Natur ist, d.h. es muss für alle Staatsbürger - egal welcher religiösen Ausrichtung sie angehören - gleichmäßig Geltung entfalten, darf daher nicht auf bestimmte religiöse Gruppen zielen und ausschließlich für diese Einschränkungen vorsehen. Gemessen hieran sind beispielsweise Meldepflichten oder Sicherheitsauflagen für die Veranstaltung einer Prozession ebenso unbedenklich wie Vorschriften über Impfpflichten oder das Verbot religiöser Bräuche oder Riten, die die Sittlichkeit verletzen oder die Gesundheit der Teilnehmer gefährden. (Marx, a.a.O., § 17 Rdnr. 25)

Festzuhalten bleibt damit zunächst, dass das Recht des Einzelnen, seinen Glauben aus innerer Überzeugung zu wechseln, keinen Einschränkungen unterliegt, d.h. die Mitgliedstaaten haben die Entscheidung des Einzelnen, aus religiöser Überzeugung einen anderen Glauben anzunehmen, zu respektieren und ihm - wenn dies die Verhältnisse im Heimatstaat erforderlich machen - nach Maßgabe der Richtlinie Schutz zu gewähren. Hinsichtlich des Rechts eines Gläubigen auf Teilnahme an religiösen Riten im öffentlichen Bereich gilt auch im Flüchtlingsrecht, dass Beschränkungen nur nach Maßgabe der aufgezeigten der Religionsfreiheit immanenten Schranken durch allgemeine Gesetze zulässig sind.

Gesetze oder religiöse Vorschriften beziehungsweise die behördlichen Praktiken des Heimatstaates zu ihrer Umsetzung, die die aufgezeigten Grenzen nicht respektieren, sind an Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 RL zu messen. Als Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 a oder b RL sind sie zu qualifizieren, wenn sie allein oder in Kumulierung mit anderen Maßnahmen eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte bewirken. Hat der Asylbewerber eine schwer menschenrechtswidrige Behandlung in seiner Heimat bereits erfahren oder droht ihm eine solche für den Fall seiner Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, so bedarf es gemäß Art. 9 Abs. 3, Art. 2 c RL der Feststellung, ob diese Behandlung wegen der in Art. 10 Abs. 1 b RL definierten Religion des Asylbewerbers erfolgt ist oder droht. Bejahendenfalls ist ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Fehlt es hingegen an einer Verknüpfung mit einem in Art. 10 Abs. 1 RL aufgeführten Verfolgungsgrund, so sind die Voraussetzungen eines Anspruchs auf subsidiären Schutz nach Maßgabe des Art. 18 in Verbindung mit Art. 15 RL zu prüfen. (Marx, a.a.O., Teil 2, Subsidiärer Schutz, I.4)

Die den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 b RL enger fassende Auslegung des Beteiligten überzeugt nicht. Er meint, der die Vorschrift des Art. 10 Abs. 1 b RL abschließende Relativsatz „die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind“ beziehe sich auf alle aufgeführten Fallgruppen und schränke den Verfolgungsgrund der „Religion“ dahingehend ein, dass nicht jedwede Form der - zum Beispiel öffentlichen - Glaubensbetätigung, sondern nur die aus religiöser Sicht glaubensprägenden beziehungsweise unverzichtbar gebotenen Verhaltensweisen geschützt werden. Dem kann nicht gefolgt werden. Art. 10 Abs. 1 b RL schützt ausdrücklich etwa auch die Nichtteilnahme an religiösen Riten, also die Entscheidung des Einzelnen, sich religiöser Betätigungen zu enthalten, indem er Dinge, die die Religion als Verhaltensweise zu bestimmten Anlässen vorgibt, gerade nicht tut. Dies zeigt, dass die seitens des Beteiligten vorgeschlagene einschränkende Auslegung, die Vorschrift schütze nur die aus religiöser Sicht glaubensprägenden beziehungsweise unverzichtbar gebotenen Verhaltensweisen, nicht richtlinienkonform sein kann. Dass der Beteiligte zur Stützung seiner Auffassung auf den derzeitigen Stand des laufenden Gesetzgebungsverfahrens zur Umsetzung der Richtlinie verweist, ändert nichts daran, dass der Gesetzgeber durch die Vorgaben der Richtlinie gebunden ist und diesen nur gerecht werden wird, wenn er sie vollständig umsetzt.

Soweit erkennbar ist das Sächsische Oberverwaltungsgericht bisher das einzige Obergericht, das nach Verbindlichwerden der Richtlinie 2004/83/EG über die Verfolgungsgefährdung konvertierter Christen im Iran entschieden hat. (Sächsisches OVG, Urteile vom 27.3.2007 - A 2 B 38/06 - und vom 24.4.2007 - A 2 B 832/05 -, beide nicht veröffentlicht) Es nimmt ebenfalls an, dass der Wortlaut des Art. 10 Abs. 1 b RL auf einen weit gefassten Schutzbereich schließen lasse, und meint, im Ergebnis gingen Art. 9 und Art. 10 Abs. 1 b RL über die bisherige, nur das religiöse Existenzminimum sicherstellende Rechtsprechung hinaus, da unter der Geltung der Richtlinie grundsätzlich auch der Schutz des „forum externum“ in Betracht komme. Die weitere Argumentation, wonach wegen der in Art. 9 Abs. 3 RL vorgesehenen Verknüpfung zu fordern sei, dass sich der Eingriff in die Religionsausübung als mit der Wahrung der Menschenwürde unvereinbar darstelle, überzeugt hingegen nicht uneingeschränkt, da der Verfolgungsgrund der Religion in die Prüfung des Vorliegens einer Verfolgungshandlung einbezogen wird. Die erste sich hieran anschließende Feststellung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, dass ein - flüchtlingsrechtsrelevanter - Eingriff in die Religionsausübung vorliege, wenn die Religionsausübung mit Sanktionen verbunden ist, die bereits selbst den Charakter einer Verfolgungshandlung aufweisen, spiegelt den Verordnungstext wider und ist daher zweifelsohne zutreffend. Allerdings folgt dieser Feststellung keine Prüfung, ob einem Konvertiten im Iran Sanktionen drohen, die im Sinne des Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 RL als Verfolgungshandlung zu bewerten sind. Dies, obwohl sich nach der Auskunftslage beispielsweise die Frage aufdrängt, ob die Verfahrensweise, einen etwa wegen Gottesdienstbesuchen auffällig gewordenen Konvertiten mit Hilfe konstruierter Vorwürfe vor Gericht zu stellen, um ihn so einer Bestrafung für den Abfall vom islamischen Glauben zuzuführen, den Charakter einer Verfolgungshandlung aufweist. Einen Menschen zur Ahndung erfundener Straftaten der Justiz auszuliefern, um ihn aus religiösen Gründen zu bestrafen beziehungsweise ihn zumindest gefügig zu machen, beinhaltet eine bereits als solche diskriminierende polizeiliche Maßnahme im Sinne des Art. 9 Abs. 2 b RL, die es nahe legt, eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte anzunehmen, zumal die Vernehmungsmethoden und Bedingungen einer etwaigen Haft im Iran dem internationalen Standard bei weitem nicht genügen, weil körperliche und/oder psychische Übergriffe nie auszuschließen sind. (Auswärtiges Amt, Lagebericht, S. 5, 6, 15, 23, 35) Noch problematischer erscheint die weitere Feststellung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, die bloße Unterbindung bestimmter Formen der religiösen Betätigung könne eine Verfolgungshandlung (nur) darstellen, wenn unabdingbare Elemente des religiösen Selbstverständnisses des Betroffenen in Rede stünden. Dass diese Einschränkung des nach der Richtlinie zu gewährenden Schutzes durch Art. 9 Abs. 3 RL vorgegeben wird, ist aus der Sicht des Senats zu verneinen, wobei die Frage aber im vorliegenden Zusammenhang mangels Entscheidungsrelevanz keiner Vertiefung bedarf.

Das seitens des Beteiligten in Bezug genommene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.1.2004 (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20.1.2004 - 1 C 9/03 -, a.a.O.) spricht ebenfalls nicht gegen die hier vertretene Auslegung des Art. 10 Abs. 1 b RL. Das die langjährige bundesdeutsche Rechtsprechung fortführende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erging vor Erlass der Richtlinie 2004/83/EG vom 29.4.2004 und konnte deren Vorgaben daher naturgemäß nicht berücksichtigen. Das Bundesverwaltungsgericht hielt damals Feststellungen für erforderlich, ob die Teilnahme an Gottesdiensten gemeinsam mit anderen Christen, insbesondere anderen Apostaten, abseits der Öffentlichkeit nach dem Selbstverständnis der evangelischen Kirche, der der Kläger jenes Verfahrens angehörte, unter den besonderen Bedingungen der Diaspora in einem Land wie dem Iran zum schlechthin unverzichtbaren Bestandteil des religiösen Lebens gehöre. Des Weiteren seien Feststellungen zu treffen, ob jener Kläger durch die Beschränkung von derartigen Gottesdienstbesuchen selbst in seiner religiös-personalen Identität betroffen ist, da das religiöse Existenzminimum für jeden Gläubigen je nach dem Grad seiner praktizierten religiösen Betätigung unterschiedlich zu bestimmen und daher zu prüfen sei, ob der Besuch von Gottesdiensten abseits der Öffentlichkeit gerade für jenen Kläger selbst unverzichtbar sei.

Diese Rechtsprechung ist nach Verbindlichwerden der Richtlinie 2004/83/EG in deren Licht zu sehen. Dabei ist auch nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass Art. 10 Abs. 1 b RL nur religiöse Verhaltensweisen im öffentlichen Bereich schützt, die der Religion des Schutzsuchenden entsprechen. Zutreffend hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes kürzlich hinsichtlich eines irakischen Schutzsuchenden yezidischer Religionszugehörigkeit darauf abgestellt, dass nach der yezidischen Religion keine religiösen Riten vor den Augen Ungläubiger praktiziert werden dürfen. Da die yezidische Religion die Vornahme religiöser Riten vor den Augen der moslemischen Öffentlichkeit verbiete, sei hinsichtlich dieser Religion ein genereller Konflikt zwischen einem Öffentlichkeitsanspruch der Religion und einer dieser feindlichen islamischen Öffentlichkeit ausgeschlossen. (OVG des Saarlandes, Beschluss vom 26.3.2007 - 3 A 30/07 -, juris) Demgegenüber steht hinsichtlich evangelischer Christen außer Frage, dass der Besuch öffentlicher Gottesdienste nach dem Selbstverständnis der evangelischen Kirche unverzichtbarer Bestandteil des religiösen Lebens ist. Nach Verbindlichwerden der Richtlinie 2004/83/EG ist die weitere vom Bundesverwaltungsgericht formulierte Frage, ob dies auch in einem Land wie dem Iran gelte, nicht mehr erheblich. Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 b RL richtet sich gerade gegen staatliche Einschränkungen der Religionsfreiheit, was es verbietet, ihn nach dem zu bestimmen, was einzelne Staaten nach ihrer bisherigen Praxis an religiösen Freiheiten und damit an religiösem Selbstverständnis religiöser Minderheiten zugelassen haben. Die anschließend vom Bundesverwaltungsgericht angesprochene Frage, ob etwa die Teilnahme an Gottesdiensten für den Schutzsuchenden von unverzichtbarer Bedeutung sei, stellt sich demgegenüber nach wie vor. Nur wenn ein Schutzsuchender seinen Glauben aufgrund seiner religiösen Überzeugung in der Heimat auch praktizieren will, kann er in flüchtlingsrechtsrelevante Schwierigkeiten mit staatlichen Behörden, die ihm dies verbieten wollen, geraten. Allerdings wird man einem Schutzsuchenden, der sozusagen von Geburt an einer bestimmten Religionsgemeinschaft angehört, nicht ohne konkrete Anhaltspunkte im Einzelfall unterstellen können, dass er seinen Glauben in der Heimat nicht praktizieren will, weswegen die angesprochene, vom Bundesverwaltungsgericht aufgeworfene Frage sich insbesondere stellt, wenn der Schutz des Art. 10 Abs. 1 b RL von einem Konvertiten beansprucht wird.

Wie bereits ausgeführt erkennt Art. 10 Abs. 1 b RL dem Einzelnen auch das Recht zu, sich aus religiöser Überzeugung/aus Glaubensüberzeugung für eine andere als die bisherige Religion zu entscheiden und sich zu der angenommenen Religion zu bekennen. Die Garantien des Art. 10 Abs. 1 b RL - etwa das Recht auf Teilnahme an religiösen Riten im öffentlichen Bereich - gelten für Konvertiten, die ihren Glauben aus religiöser Überzeugung gewechselt haben, in gleichem Umfang wie für Gläubige, die ihre praktisch durch Geburt erworbene Religion beibehalten. Voraussetzung des Schutzes der Ausübung der „neuen“ Religion ist nach der Konzeption des Art. 10 Abs. 1 b RL allein, dass der Glaubenswechsel aufgrund religiöser Überzeugung/aus Glaubensüberzeugung erfolgt ist.

Damit bedarf es im Falle einer Konversion einer eingehenden Prüfung, ob der Konvertit seinen Glauben nicht nur - etwa aus auf ein Bleiberecht bezogenen taktischen Gründen - durch einen bloß formalen Akt, sondern aus religiöser Überzeugung gewechselt hat und durch den neuen Glauben in seiner religiösen Identität geprägt wird. Ist letzteres der Fall, kommt ihm der Schutz des Art. 10 Abs. 1 b RL in vollem Umfang zugute. Drohen ihm in der Heimat Verfolgungshandlungen im Sinne des Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 RL, wenn er dort durch Art. 10 Abs. 1 b RL geschützte Verhaltensweisen praktiziert, so ist ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Ob einem zum Christentum konvertierten Moslem im Iran Verfolgungshandlungen drohen, beurteilt sich nach den sich in der aktuellen Auskunftslage widerspiegelnden Verhältnissen vor Ort.

Zur allgemeinen Lage der Christen im zu 99 % muslimisch bevölkerten Iran ist festzustellen, dass die iranische Verfassung den Islam und die schiitische Glaubensschule als Staatsreligion bestimmt (Art. 12) und die Zoroastrier, die Juden und die Christen als staatlich anerkannte religiöse Minderheiten benennt (Art. 13), wobei den Angehörigen dieser Religionsgemeinschaften als Nichtmuslimen der Zugang zu Ämtern in der iranischen Exekutive, dem Richteramt sowie höheren Offiziersrängen in der iranischen Armee verwehrt ist. Anstellungen in der Verwaltung sind selten und werden zumeist niedriger entlohnt als bei Muslimen. Vertreter anerkannter religiöser Minderheiten können nicht regulär ins Parlament gewählt werden, sondern haben nur die Möglichkeit, sich für einen der insgesamt fünf jeweils für spezielle Religionsgemeinschaften reservierten Sitze zu bewerben. In religiöser Hinsicht wird den anerkannten religiösen Minderheiten innerhalb des gesetzlichen Rahmens das Recht zugestanden, ihre jeweiligen religiösen Gebräuche zu pflegen und sich in persönlichen und glaubensspezifischen Belangen gemäß ihrer religiösen Vorschriften zu verhalten. Die alteingesessenen christlichen Nationalkirchen Irans, insbesondere die armenisch-orthodoxe Kirche, die assyrische Kirche und die chaldäischen Katholiken sind staatlicherseits anerkannte Religionsgemeinschaften; ihre Mitglieder unterscheiden sich nicht nur von ihrer religiösen, sondern auch von ihrer ethnischen Herkunft her von der weit überwiegend muslimischen Bevölkerung Irans. Ihnen ist es solange unbenommen, ihre Religion - etwa durch den Besuch von Gottesdiensten und die Teilnahme an sonstigen religiösen Riten - zu praktizieren, wie sie grundlegende Prinzipien der islamischen Gesellschaft, etwa die strengen Vorschriften über die zu tragende Bekleidung, beachten und sich jeglicher auf die muslimische Bevölkerung zielenden Missionierungstätigkeit enthalten. Die christliche Mission ist im Iran verboten, was seitens der traditionellen christlichen Kirchen respektiert wird. Der iranische Staat versteht jegliche Missionsversuche als Angriff auf die Staatssicherheit, da der Islam für die muslimische Bevölkerung nicht nur religiöse Bedeutung hat, sondern gleichzeitig die staatstragende Religion ist. Der Islam kennt keine legale Möglichkeit, vom Islam zum Christentum überzutreten. Ein Konvertit bleibt daher aus islamischer Sicht weiterhin Muslim, der sich allerdings religionsschädlich verhält, indem er eine andere - aus islamischer Sicht nicht religiöse - Gruppe unterstützt und sich dadurch dem Verdacht aussetzt, das auf muslimischer Grundlage etablierte Mullah-Regime schwächen zu wollen. Die Konversion zum Christentum begründet in der muslimisch-iranischen Öffentlichkeit den Verdacht einer regimekritischen Haltung. Es kommt vor, dass auch nicht missionierende zum Christentum konvertierte Iraner wirtschaftlich, etwa bei der Arbeitssuche, oder gesellschaftlich bis hin zur Ausgrenzung benachteiligt werden. Der Abfall vom Islam (Apostasie) ist nach islamisch-religiösem Recht mit der Todesstrafe bedroht. Obwohl das kodifizierte iranische Strafrecht die Todesstrafe im Fall der Apostasie nicht vorsieht, erging wegen dieses Vorwurfs zuletzt im November 2002 ein - später in eine Haftstrafe umgewandeltes - Todesurteil. Fälle einer Vollstreckung der Todesstrafe wegen Apostasie wurden in den letzten Jahren nicht mehr aktenkundig. Bei Bekanntwerden der Konversion tritt neben die Gefahr staatlicher Repressionen die Möglichkeit einer Verfolgung durch fanatische Muslime, da Konvertiten gemäß islamischem Recht von allen Muslimen getötet werden dürfen. Die christlichen Kirchen werden staatlicherseits dazu angehalten, muslimischen Interessenten Zugang zu ihren religiösen Veranstaltungen zu verweigern und Versuche muslimischer Personen, mit ihren Gemeinden in Kontakt zu treten, zurückzuweisen. Da die Konversion zum Christentum im Iran seit jeher ein Tabu und auch aus christlicher Sicht sehr ungewöhnlich ist, stößt ein Konvertit bei den traditionellen christlichen Kirchen Irans auf starke Vorbehalte und setzt sich dem Verdacht aus, ein Spitzel zu sein. Ein Konvertit kann vor diesem Hintergrund nicht erwarten, als neues Gemeindemitglied anerkannt und aufgenommen zu werden. (Deutsches Orient-Institut, Stellungnahmen vom 6.9.2004 - 531 i/br - und vom 6.12.2004 – 585 i/br -; SFH, Christen und Christinnen im Iran, Themenpapier vom 18.10.2005, S. 4 f., 7 -11; SFH, Iran-Reformen und Repression, Update der Entwicklungen seit Juni 2001, vom 20.1.2004, S. 11 f.; Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 21.9.2006 - 508-516.80/3 IRN -, S. 6, 15, 20 f., 23, 33 f.) Anders als die traditionellen christlichen Kirchen Irans betreiben einige, zu neueren christlichen Strömungen zu zählende protestantisch-evangelische Glaubensgemeinschaften mit westlicher Unterstützung insbesondere der protestantischen Kirche beziehungsweise (frei-)kirch-lich-evangelischer Gruppierungen im Iran auch Missionsarbeit und zeigen sich bereit, muslimische Konvertiten in ihre Kirchengemeinde aufzunehmen. Folge sind häufige Schwierigkeiten mit den iranischen Behörden, von denen sie überwacht werden, wobei sie mit harten Sanktionen rechnen müssen. Immer wieder sind in der Vergangenheit missionarisch tätig gewesene Priester dieser Religionsgemeinschaften verschwunden und oftmals später tot aufgefunden worden. Nach Erkenntnissen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe werden Konvertiten, deren Übertritt den iranischen Behörden bekannt wird, zunächst zum Informationsministerium zitiert, wo sie scharf verwarnt werden. Sollten sie weiter in der Öffentlichkeit auffallen, etwa durch Besuche von Gottesdiensten oder Missionsaktivitäten, müssen sie damit rechnen, mit Hilfe konstruierter Vorwürfe wie Spionage oder Aktivitäten in einer illegalen Gruppe vor Gericht gestellt zu werden. Unbehelligt blieben Konvertiten im Iran, solange es ihnen gelinge, ihren Glauben - etwa in einer der ca. 100 christlichen Hausgemeinschaften - unbemerkt von den iranischen Behörden beziehungsweise von Familienangehörigen, Nachbarn und Bekannten auszuüben. Gerade fanatische muslimische Familienangehörige seien ein Risikofaktor, da sie den Übertritt als Hochverrat, Staatsverrat beziehungsweise Abfall von der eigenen Sippe und dem eigenen Stamm sähen und es daher häufig zu Anzeigen an die iranischen Sicherheitsbehörden komme, die schwere körperliche Misshandlungen und unter Umständen längere Verhaftungen zur Folge haben könnten. (SFH, Christen und Christinnen im Iran, a.a.O., S. 11 - 18)

Die vor dem Hintergrund dieser tatsächlichen Gegebenheiten zu klärende Frage, ob der Kläger glaubhaft gemacht hat, seine Heimat im Sinne des Art. 4 Abs. 4 RL wegen unmittelbar drohender Verfolgung verlassen zu haben oder - verneinendenfalls - ob er infolge der zwischenzeitlichen Konversion zum Christentum im Falle seiner Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung zu befürchten hat, ist zu verneinen.

Der Kläger hat seine Heimat unverfolgt verlassen.

Er hat nicht glaubhaft gemacht, auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender Verfolgung aus dem Iran ausgereist zu sein. Wie bereits das Verwaltungsgericht festgestellt hat, weist sein diesbezügliches Vorbringen eine Vielzahl von Ungereimtheiten, Widersprüchlichkeiten und auch Steigerungen des Sachvortrags auf und ist daher nicht zur Vermittlung der notwendigen Überzeugungsgewissheit betreffend das Bestehen begründeter Verfolgungsfurcht geeignet. Anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger sein angebliches Verfolgungsschicksal in verschiedenen Punkten erneut umgestaltet, was seine Bekundungen zu den Geschehnissen in seiner Heimat vollends unglaubhaft macht.

So behauptet er nun erstmals, das Geld für die Ausreise stamme nicht von seinem Vater (so aber Anhörungsprotokoll vom 12.9.2002, S. 5 und 6), sondern aus eigenen Ersparnissen, die er sich als Inhaber einer eigenen - neben dem Studium betriebenen - Kleiderfirma erwirtschaftet haben will, sowie dass er von Urumijee aus nur mit seinem jüngeren Bruder, nicht mit seinem Vater (so aber Anhörungsprotokoll vom 12.9.2002, S. 4), telefonischen Kontakt gehabt habe. Soweit der Kläger auf entsprechenden Vorhalt durch den Senat gemeint hat, es müsse sich um einen Übersetzungsfehler handeln, überzeugt dies nicht. So hat er gegenüber der Beklagten mehrfach zu Protokoll (S. 5 und 6) erklärt, sein Vater habe die Ausreise finanziert; von einer eigenen selbständigen Tätigkeit war bisher auch nicht ansatzweise die Rede. Der Grund für seine nunmehrige völlig neue Darstellung dürfte vielmehr darin liegen, dass das Verwaltungsgericht ihm das angebliche Verhalten des Vaters - einerseits Anzeige bei der Staatssicherheit und Hängenlassen der Kreuze als Beweis gegen den Kläger und andererseits Finanzierung der Ausreise und Aufrechterhaltung telefonischen Kontakts, um den Kläger jeweils über den aktuellen Stand der Dinge zu informieren - als nicht nachvollziehbar und daher unglaubhaft vorgehalten hat.

Neu ist auch die Darstellung des Klägers, er sei nicht, wie anlässlich seiner Anhörung durch die Beklagte behauptet, im Februar 2002 und nicht, wie vor dem Verwaltungsgericht angegeben, Ende 2001, sondern erst während seines Aufenthalts in Urumijee exmatrikuliert worden. Ebenfalls neu ist die Behauptung, er sei nach Urumijee geflohen, nachdem er an der Universität mündlich aufgefordert worden sei, bei der ideologischen - der staatlichen Schutzbehörde unterstehenden - Stelle der Universität zu erscheinen, und ein dort tätiger Freund ihm deshalb geraten habe, besser zu fliehen. Die schriftliche Vorladung sei erst zu Hause eingegangen, als er bereits in Urumijee gewesen sei. Vor der Beklagten und dem Verwaltungsgericht hatte der Kläger demgegenüber noch bekundet, sich nach Erhalt der ersten schriftlichen Ladung direkt (Anhörung durch die Beklagte) beziehungsweise nach einigen Tagen (Anhörung durch das Verwaltungsgericht) nach Urumijee begeben zu haben.

Schließlich gab er anlässlich seiner nunmehrigen Anhörung hinsichtlich seiner angeblichen Kirchenbesuche im Iran als Adresse der armenischen Kirche, die er des Öfteren aufgesucht haben will, eine andere (Baharistanstraße) als gegenüber der Beklagten (Schunsde Metrie 2 in der 9. Straße Hausnummer 23) an. Auch behauptet er nun, anlässlich der Kirchenbesuche das Gefühl gehabt zu haben, dass die Armenier ihn eher positiv aufgenommen hätten, während er früher bekundet hatte, die armenischen Gemeindemitglieder seien sehr zurückhaltend gewesen, weil es verschiedene Vorfälle, auch Todesfälle, gegeben habe; sie hätten nicht so gerne gewollt, dass er und seine Freunde mit in der Kirche sitzen.

Insgesamt bekräftigen die Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung den schon im Vorfeld nach der Aktenlage naheliegenden Eindruck, dass der Kläger sich immer wieder in neue Widersprüche und Ungereimtheiten verstrickt, weil er kein selbst erlebtes, sondern ein zur Zeit der Einreise vor ca. viereinhalb Jahren frei erfundenes Geschehen schildert.

Demnach ist davon auszugehen, dass der Kläger den Iran unverfolgt verlassen hat, weswegen ihm hinsichtlich der Frage, ob er im Falle seiner Rückkehr wegen der zwischenzeitlichen Entwicklung trotzdem gefährdet wäre, die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL nicht zugute kommt.

Ein Anspruch aus § 60 Abs. 1 AufenthG setzt daher voraus, dass bei zusammenfassender Bewertung des zur Prüfung gestellten Sachverhalts die im Falle der Rückkehr für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und daher gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen, der Kläger also mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung zu befürchten hat. Dies ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht der Fall.

Die im Bundesgebiet erfolgte Konversion des Klägers zum Christentum begründet unter den konkreten Gegebenheiten nicht die Annahme, dass ihm im Falle seiner Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr droht, wegen der Annahme des christlichen Glaubens Verfolgung seitens des iranischen Staates oder seitens nichtstaatlicher Akteure befürchten zu müssen.

Wie bereits ausgeführt, schützt Art. 10 Abs. 1 b RL unter anderem die Freiheit, einen anderen Glauben anzunehmen, sowie die Freiheit, den ursprünglichen oder den angenommenen Glauben durch Teilnahme an religiösen Riten im öffentlichen Bereich zu betätigen.

Der Umfang des durch Art. 10 Abs. 1 b RL im Falle der Annahme eines anderen Glaubens garantierten Schutzes hängt nach der Konzeption der Vorschrift nicht davon ab, ob der Glaubenswechsel im Heimatstaat oder im Ausland vollzogen wurde. In beiden Konstellationen kann er eine Verfolgungsgefahr nur auslösen, wenn er dem Heimatstaat beziehungsweise nichtstaatlichen Akteuren in der Heimat bekannt wird und aus deren Sicht Anlass gibt, auf den Konvertiten einzuwirken. Lediglich im Rahmen der Prüfung, ob der Glaubenswechsel unter Berücksichtigung der landesspezifischen Gegebenheiten ein derartiges Verfolgungsinteresse zu begründen vermag, kann es eine Rolle spielen, wo der Wechsel vollzogen wurde, wobei diese Frage sich erst stellt, wenn feststeht, dass der seitens des Schutzsuchenden behauptete Glaubenswechsel durch Art. 10 Abs. 1 b RL geschützt wird.

Wie bereits ausgeführt löst ein Glaubenswechsel den Schutz des Art. 10 Abs. 1 b RL aus, wenn er aus religiöser Überzeugung erfolgt ist und den Schutzsuchenden in seiner religiösen Identität prägt.

Vorliegend hat der Kläger den Glaubenswechsel förmlich vollzogen, als er am 11.4.2004 in der evangelischen Kirche in B-Stadt getauft wurde. Ob dieser Wechsel zum Christentum für den Kläger auch eine Glaubenssache war, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Klägers unter Einbeziehung des Eindruckes, den er in der mündlichen Verhandlung vermittelt hat, zu überprüfen und vorliegend im Ergebnis zu verneinen.

Die Bekundungen des Klägers lassen zwar vermuten, dass er sich innerlich vom Islam abgewandt hat und diesen nicht mehr als „seine“ Religion empfindet. In diese Richtung deuten etwa seine Ausführungen zu den Inhalten der mit seinem Vater geführten Diskussionen und seine Bekundung, sich nach der Taufe „befreit“ gefühlt zu haben. Hinsichtlich seiner behaupteten kritischen Einstellung zu den Einflüssen des Islam auf die gesellschaftlichen, politischen und rechtlichen Verhältnisse im Iran ist der Kläger im Übrigen kein Einzelfall, da sich nach der Auskunftslage viele junge Iraner aus den gleichen Gründen wie der Kläger dem Islam entfremden. (Deutsches Orient-Institut, Stellungnahme vom 11.12.2003 - 494 i/br -)

Dem Vorbringen des Klägers ist allerdings nicht zu entnehmen, dass seine Entscheidung für eine Konversion zum Christentum eine religiöse Grundüberzeugung widerspiegelt. Die Gründe, aus denen er sich angeblich zum Christentum hingezogen fühlt und diese Religion als künftig für ihn maßgeblich gewählt haben will, sind weder anlässlich seiner Anhörung durch den Senat noch anlässlich der Anhörung durch die Beklagte (Bl. 5 des Anhörungsprotokolls vom 12.9.2002) noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht (Bl. 3 des Sitzungsprotokolls vom 14.9.2005) deutlich geworden.

So antwortete der Kläger auf die Frage des Verwaltungsgerichts, warum er sich für den christlichen Glauben interessiere, dass er aus einer streng moslemischen Familie stamme. Alle seine Familienmitglieder seien Moslems, und zwar Schiiten. Ähnlich war seine Reaktion auf die im Rahmen der Anhörung durch die Beklagte gestellte Frage, was er an der christlichen Religion besser als an der islamischen finde. Damals beschrieb er, was ihn am Islam störe und betonte seinen Wunsch, dass die Religion frei sein solle. Im Rahmen seiner Anhörung durch den Senat hat er beteuert, er fühle sich seit seiner Taufe frei, da er keinen Pflichten mehr nachgehen müsse, die ihm nicht logisch erschienen. Nach diesen Bekundungen scheint der Kläger keine konkreten Vorstellungen von christlichen Glaubensinhalten zu haben. Zu den Auswirkungen des Religionswechsels auf seine Lebensführung befragt gab er an, an kirchlichen Feiertagen den Gottesdienst grundsätzlich und an Sonntagen, wenn er nicht zu arbeiten habe, zu besuchen. Er sei bei einer Kleiderreinigung beschäftigt und arbeite dort von montags bis donnerstags und manchmal auch samstags. Die Woche über gehe er - von eventuellen Feiertagen abgesehen - nicht zur Kirche. Der letzte Gottesdienstbesuch sei am Sonntag vor zwei Wochen gewesen. Diese Angaben lassen nicht erkennen, dass der Gottesdienstbesuch dem Kläger im täglichen Leben ein Bedürfnis ist beziehungsweise dass seine Lebensführung in sonstiger Weise durch christliche Glaubensinhalte verändert worden ist. All das, was der Kläger vor dem Senat zum Christentum vorbrachte, wurde ohne innere Anteilnahme und ohne Engagement, in weiten Teilen schleppend, gleichsam gleichgültig, wiedergegeben.

Sein Interesse für religiöse Dinge stellt sich auch im Übrigen als eher gering dar. Beispielsweise stimmen seine nunmehrigen Angaben zur Taufvorbereitung nicht mehr mit denjenigen in der von ihm vorgelegten pfarramtlichen Bescheinigung vom 8.12.2004 überein. Dort heißt es, der Kläger habe im Januar 2004 in der Pfarrei vorgesprochen, weil er nicht wie andere Iraner aus B-Stadt zum Taufunterricht und zur Taufe nach Hannover fahren, sondern in B-Stadt Taufunterricht nehmen wollte. Nach einem dreimonatigen Taufunterricht sei er in der evangelischen Kirche in B-Stadt getauft worden. In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger demgegenüber an, einige Monate nach seiner Ankunft in B-Stadt habe er Kontakt mit der persisch-sprachigen Kirche in Bad Kreuznach aufgenommen, von dort Unterrichtsmaterial und Fragen dazu übersandt bekommen, sich mit diesen Materialien befasst und die Fragen beantwortet zurückgesandt. Die Taufe sei dann in B-Stadt erfolgt. Der Lebacher Pfarrer habe sich zuvor mehrfach mit ihm unterhalten und ihn zu seinem Wunsch, Christ zu werden, befragt. Ein Taufunterricht habe in B-Stadt nicht mehr stattgefunden. Aus Sicht des Senats deutet die von der selbst vorgelegten Bescheinigung doch in zentralen Punkten abweichende heutige Darstellung des Klägers darauf hin, dass die Umstände der Taufvorbereitung in seiner Erinnerung bereits verblasst sind, was nicht heißen soll, dass der Senat die Kontakte nach Bad Kreuznach nicht glaubt. Bedenklich ist vielmehr, dass der ihm pfarramtlich bescheinigte dreimonatige Taufunterricht in B-Stadt in der Erinnerung des Klägers nur als „einige Unterhaltungen mit dem Pfarrer“ haften geblieben ist, was nicht von intensivem Interesse für die christliche Sache zeugt.

Den gleichen Eindruck vermittelt der Versuch des Klägers, sich an seinen Taufspruch zu erinnern. Die Auswahl des Taufspruches ist für einen erst als Erwachsenen getauften evangelischen Christen ebenso wie die Auswahl eines Spruches für einen Konfirmanden eine ganz persönliche Angelegenheit, wobei der individuell gewählte Taufspruch auf der Taufurkunde wörtlich wiedergegeben wird, was seine religiöse Bedeutung für den Täufling widerspiegelt. Angesprochen auf seinen Taufspruch gab der Kläger an, sich an diesen zu erinnern und reihte sodann - nicht wörtlich, sondern ihrem Sinn nach - rudimentäre Auszüge aus dem Anfang des christlichen Glaubensbekenntnisses aneinander. Berücksichtigt man, dass auch das Glaubensbekenntnis im Rahmen der Erwachsenentaufe eine zentrale Rolle spielt, was äußerlich darin zum Ausdruck kommt, dass es ebenfalls textlicher Bestandteil der Taufurkunde ist, wird deutlich, dass die Erinnerung des Klägers an Inhalte des Taufunterrichts und die Taufe selbst bereits sehr verblasst ist.

Auf die Gründe angesprochen, aus denen er den in der Taufurkunde vermerkten zusätzlichen christlichen Vornamen „Josef“ gewählt hat, antwortete der Kläger, sein eigentlicher Vorname „“ deute auf einen arabischen Stamm hin. Damit wolle er nichts mehr zu tun haben. Warum er sich gerade für „Josef“ entschieden hatte, erläuterte er nicht. Dass er im Bekanntenkreis weiterhin „“ genannt werde, weil das so in seinen Papieren stünde, missfalle ihm zwar; er behauptet aber nicht, seine Bekannten gebeten zu haben, ihn mit dem neuen Vornamen zu rufen. Dass die Entscheidung für einen zusätzlichen christlichen Vornamen nicht nur ein formales Zeichen, sondern für den Kläger von religiöser Bedeutung war, lässt sich diesen Bekundungen nicht entnehmen.

Alles in allem konnte der Kläger nicht den Eindruck vermitteln, dass seine Entscheidung, sich evangelisch taufen zu lassen, religiös motiviert war. Der einzige christliche Wert, den er konkret benannte, war das Gebot der Nächstenliebe, was insofern nicht verwundert, als seine gegen den Islam gerichteten Äußerungen durchaus belegen, dass er durch eine humanitäre Grundeinstellung geprägt wird. Das Bekenntnis zur Nächstenliebe reicht allerdings als einziger konkreter Anknüpfungspunkt der Kenntnis christlichen Gedankengutes nicht zur Bejahung einer religiös motivierten Annahme des christlichen Glaubens aus, da nach allem Gesagten nicht erkennbar ist, dass der christliche Glaube den Kläger in seiner religiösen Identität prägt.

Fehlt es - wie vorliegend - an einer seine religiöse Identität prägenden christlichen Glaubensüberzeugung des Schutzsuchenden, so vermittelt der rein formal durch die Taufe vollzogene Akt des Glaubenswechsels nicht den Schutz des Art. 10 Abs. 1 b RL. Der Kläger kann nicht unter Hinweis auf diese Vorschrift und die tatsächlichen Gegebenheiten in seinem Heimatstaat Iran verlangen, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird. Diesem Begehren steht entgegen, dass er im Iran wegen des nur formal angenommenen christlichen Glaubens keine Verfolgungshandlungen zu befürchten hat.

So steht schon nicht zu erwarten, dass die Tatsache der evangelischen Taufe den iranischen Behörden überhaupt bekannt geworden ist beziehungsweise noch bekannt werden könnte. Der Kläger hat sich bislang in keiner irgendwie auffälligen Weise christlich-religiös betätigt. Dass er an Feiertagen und, wenn er Zeit hat, an Sonntagen die evangelische Kirche in B-Stadt besucht, ist kein Verhalten, das ausreicht, um die Aufmerksamkeit iranischer Spitzel in Deutschland zu erregen. Selbst wenn er insoweit irgendwann aufgefallen und daraufhin beobachtet worden sein sollte, wäre nicht anzunehmen, dass die gelegentlichen Kirchgänge aus Sicht der Beobachter von nachhaltigem Interesse sein könnten. Insbesondere kann sein Bekunden, er habe im Laufe der Zeit - wobei seit seiner Taufe bereits mehr als drei Jahre verstrichen sind - etwa acht bis zehn Iraner mit zur Kirche genommen, nicht als missionarische Tätigkeit gewertet werden. Dies gilt ungeachtet dessen, dass angeblich mindestens zwei dieser Personen zum christlichen Glauben konvertiert sein sollen. Der Kläger hat hierzu weder schriftsätzlich vorgetragen noch in der mündlichen Verhandlung den Versuch unternommen, nähere Angaben zu machen, insbesondere darzulegen, dass deren angebliche Konversion auf seine christliche Überzeugungsarbeit zurückgeht.

Selbst wenn die Tatsache der christlichen Taufe im Iran bekannt geworden wäre beziehungsweise im Falle der Rückkehr bekannt würde, ist nach der Auskunftslage und der auf dieser basierenden obergerichtlichen Rechtsprechung (Sächsisches OVG, Urteil vom 28.3.2007, amtl. Abdr. S 10 f.; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 27.4.2006 - 5 LB 106/02 -, juris, m.w.N.; Hamburgisches OVG, Urteil vom 24.3.2006 - 1 Bf 15/98.A-, juris; OVG des Saarlandes, Urteil vom 23.10.2002 -9 R 3/00-, juris, amtl. Abdr. S. 38 f.) nicht anzunehmen, dass der im Ausland im Verlauf eines Asylverfahrens vollzogene Glaubenswechsel für sich genommen die iranischen Behörden veranlassen könnte, asylrelevante Maßnahmen gegenüber dem Rückkehrer zu ergreifen. Durch eine Konversion im Ausland fühlt der iranische Staat sich in der Regel nicht bedroht, wenn es sich um eine einfache Mitgliedschaft handelt, die weder mit - ernstzunehmender - missionarischer Tätigkeit noch mit Leitungsaufgaben oder anderen hervorgehobenen Funktionen verbunden ist.

Damit gibt der Sachverhalt keine Veranlassung zur Klärung, ob die Konsequenzen, die ein religiös motivierter und den Konvertiten in seiner religiösen Identität prägender Glaubenswechsel vom Islam zum Christentum nach der Erkenntnislage im Falle der Rückkehr und der Praktizierung des neuen Glaubens in der Heimat auslöst, gemessen an Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 RL einzeln oder in Kumulation als asylrechtliche Verfolgungshandlung zu qualifizieren sind.

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung steht auch nicht zu befürchten, dass dem Kläger im Falle seiner Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Repressalien seitens nichtstaatlicher Akteure im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 4 c AufenthG in Verbindung mit Art. 6 c RL drohen.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend macht, sein Vater sei strenggläubiger Moslem und mit der Hinwendung des Klägers zum Christentum nicht einverstanden, genügt dies nicht zur Annahme, dass vom Vater eine Gefährdung für Leib oder Leben des Klägers ausgehen könnte. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zwar einerseits behauptet, der Familie seine Adresse aus Angst vor seinem Vater nicht mitzuteilen, andererseits aber bekundet, mit dem Vater telefonischen Kontakt zu haben. Grundsätzlich rede er mit seinem Vater nicht über religiöse, sondern nur über persönliche Dinge, da der Vater einen Herzinfarkt gehabt habe und er ihn nicht aufregen wolle. So frage der Vater etwa, wie es ihm gehe, ob er schon eine Familie habe und ob er nicht zurückkommen wolle. Dass er letzteres wegen seiner Konversion verneine, könne der Vater nicht akzeptieren. Der Kläger behauptet aber nicht, dass es wegen derartiger Antworten zu religiösen Streitgesprächen oder massiven Vorwürfen seitens des Vaters käme, und beim nächsten Telefonat scheinen wieder persönliche Dinge besprochen zu werden.

Die so aktuell in der mündlichen Verhandlung beschriebene Haltung des Vaters zu dem Kläger lässt nicht erwarten, dass der Vater ihm im Falle der Rückkehr Schaden an Leib oder Leben zufügen würde. Dasselbe gilt für andere Familienmitglieder und Bekannte, hinsichtlich derer der Kläger keine Bedrohung geltend gemacht hat.

Ebenso wenig ist beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger allein aufgrund der Asylantragstellung mit abschiebungsschutzrechtlich relevanten Übergriffen rechnen müsste. Insoweit teilt der erkennende Senat die Einschätzung des früher für das Herkunftsland Iran zuständig gewesenen 3. Senats des Gerichts (OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 16.8.2006 - 3 Q 78/06 - und vom 9.8.2006 - 3 Q 23/06-, jeweils juris, sowie Urteil vom 23.10.2002, a.a.O., S. 24 ff., jeweils m.w.N.) , der in Fortführung der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung ebenso wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, Beschluss vom 14.5.2007 - 14 ZB 07.30240 -, juris, m.w.N.) in einer kürzlich ergangenen Entscheidung eine allein auf die Asylantragstellung gründende Verfolgungsgefahr verneint. Der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes hat in den zitierten Beschlüssen vom August 2006 unter Berücksichtigung der neueren Auskunftslage und zahlreicher Presseberichte über das aktuelle Geschehen im Iran überzeugend dargelegt, dass zwar infolge der letzten Wahlen die fundamentalistischen Kräfte im Verhältnis zu den reformorientierten Kreisen die Oberhand gewonnen und mit dem neuen Staatspräsidenten Ahmadinadschad ein konservatives Staatsoberhaupt an ihrer Spitze haben, es aber keine Anzeichen dafür gebe, dass sich infolge dieser Entwicklung die Situation für zurückkehrende Asylbewerber verschlechtert habe und diese nun alleine wegen der Asylantragstellung und der Entfaltung gewisser Exilaktivitäten zur Untermauerung ihres Begehrens abschiebungsschutzrechtlich relevante Maßnahmen zu befürchten hätten. Den iranischen Amtswaltern sei bekannt, dass ein Asylverfahren für die meisten in Europa lebenden Iraner die einzige Möglichkeit sei, ein - wenn auch nur zeitweiliges - Aufenthaltsrecht zu erlangen. Der neueste Lagebericht (Auswärtiges Amt, Lagebericht, S. 37 f.) und die aktuelle Auskunftslage geben keine Veranlassung zu einer geänderten Einschätzung.

Da der Kläger nicht glaubhaft machen konnte, seine Heimat aus begründeter Furcht vor Verfolgung verlassen zu haben, und ihm auch wegen seiner Nachfluchtaktivitäten nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen des iranischen Staates beziehungsweise seitens seines Vaters oder sonstiger Verwandter oder Bekannter drohen, ist die Berufung hinsichtlich des Hauptantrags, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG festzustellen, unbegründet und unterliegt daher der Zurückweisung.

II.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die hilfsweise begehrte Feststellung, dass ihm Abschiebungsschutz nach Maßgabe des § 60 Abs. 2 bis Abs. 7 AufenthG zu gewähren ist. Sein Vorbringen ist - wie im Einzelnen dargelegt - nicht glaubhaft, so dass ihm Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG nicht zusteht.

Nichts anderes ergibt sich unter Berücksichtigung der auch in diesem Zusammenhang zu beachtenden Vorgaben der Richtlinie 2004/83/EG. Nach Art. 2 e RL hat ein Drittstaatsangehöriger, der die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllt, Anspruch auf subsidiären Schutz, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorbringt, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, einen ernsthaften Schaden im Sinne des Art. 15 RL zu erleiden, sofern auf ihn die Ausschlussgründe des Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 RL keine Anwendung finden und er den Schutz seines Herkunftslandes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Gefahr nicht in Anspruch nehmen will.

Voraussetzung der Gewährung subsidiären Schutzes ist demnach, dass der Kläger stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass er bei Rückkehr in den Iran tatsächlich Gefahr liefe, dass ihm gegenüber die Todesstrafe verhängt oder vollstreckt würde oder dass ihm Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung drohen (Art. 15 a und b RL). Aus welchen Gründen ihm eine derartige Behandlung droht, spielt dabei nach der in Art. 18 und Art. 2 e RL zum Ausdruck kommenden Konzeption der Richtlinie - anders als bei der an einen Verfolgungsgrund anknüpfenden Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft - keine Rolle. Ausreichend ist, dass stichhaltige Gründe für die tatsächliche Gefahr, im Falle der Rückkehr einen ernsthaften Schaden zu erleiden, vorgebracht sind. Dies ist im Falle des Klägers zu verneinen, da der von ihm geschilderte Lebenssachverhalt entweder nicht glaubhaft oder (so die im Bundesgebiet erfolgte Taufe zum evangelischen Christen) unter den konkreten Gegebenheiten nicht geeignet ist, die Gefahr, von einem ernsthaften Schaden bedroht zu werden, zu begründen.

Die Berufung ist daher insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83 b Abs. 1 AsylVfG.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Zwar geht das seitens des Senats mit Blick auf Art. 10 Abs. 1 b RL befürwortete Verständnis des nach § 60 Abs. 1 AufenthG zu gewährenden Schutzes vor Verfolgungshandlungen wegen der Religion über das hinaus, was nach der bisherigen bundesdeutschen Rechtsprechung als Inhalt eines religiös bedingten Schutzanspruchs anerkannt ist. Diese grundsätzlichen Erwägungen zu den aus dem Inkrafttreten der Richtlinie zu ziehenden Konsequenzen sind indes für die getroffene Entscheidung, die Berufung zurückzuweisen, nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Das Begehren des Klägers hätte unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung erst recht keine Erfolgsaussichten gehabt. Insoweit wird hinsichtlich der Bewertung der Relevanz der geltend gemachten Konversion zum Christentum auf die Darstellung der bis zum Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG unangefochtenen Rechtsprechung in dem gegenüber dem Kläger ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts verwiesen.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG und beträgt nach der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschlüsse vom 21.12.2006 - 1 C 29/03 - und vom 14.2.2007 - 1 C 22/04 -, jeweils juris) zur Auslegung dieser Vorschrift 3.000 EUR.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

1. Vorliegend geltend gemacht ist allein der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG). Zwar wird in der Einleitungspassage des Zulassungsantrags (dort S. 2) auch § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG zitiert, inhaltlich ist aber dort ebenfalls ausschließlich vom Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung die Rede. Außerdem äußert sich die Antragsbegründung auch im Folgenden nur zu diesem Zulassungsgrund, nicht aber zu dem der Divergenz. Schließlich wird in der Schlusspassage des Zulassungsantrags (dort S. 11) ausschließlich § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zitiert. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Art und Weise dargelegt.

2. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S.v. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG erfordert, dass eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerwG, B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – BayVBl 2016, 104 Rn. 6 m.w.N.; BayVGH, B.v. 4.6.2018 – 14 ZB 17.390 – juris Rn. 14 m.w.N.). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 78 Abs. 4 Satz 1 AsylG (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 7.2.2017 – 14 ZB 16.1867 – juris Rn. 15 m.w.N.).

3. Klägerseits wird zunächst die Frage als grundsätzlich erachtet,

ob das Verwaltungsgericht im Rahmen des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO zulässigerweise aus einer nach seiner Überzeugung fehlenden Auseinandersetzung des Betroffenen mit einer von ihm zuvor begangenen Straftat schließen kann, dass seine geltend gemachte Konversion zum Christentum nicht ernsthaft und deshalb unbeachtlich ist.

Allerdings legt die Begründung der Antragsschrift nicht hinreichend i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dar, weshalb gerade diese Frage im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich sein sollte. In der Antragsbegründung (dort S. 4) wird unter anderem ausgeführt, das Verwaltungsgericht habe seine Überzeugung „allein“ auf die seiner Überzeugung nach fehlende ernsthafte Auseinandersetzung des Klägers mit der von ihm begangenen Straftat gestützt. Zur Begründung seiner Auffassung, dass eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Straftat fehle, stütze sich das Verwaltungsgericht „wiederum“ auf eine Stellungnahme einer Justizvollzugsanstalt, während es den gegenteiligen Stellungnahmen der Bewährungshelferin und des Klägers keine Bedeutung beigemessen habe. Vor allem habe das Verwaltungsgericht auf eine fehlende Absicht des Klägers abgestellt, sich nach seiner Haftentlassung bei dem Opfer der von ihm verübten Straftat zu entschuldigen.

Diese Darlegung bildet den Argumentationsweg des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend ab, weswegen damit hinsichtlich der ersten Frage auch nicht hinreichend i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt ist, weshalb die aufgeworfene erste Frage entscheidungserheblich sein sollte. So hat das Verwaltungsgericht die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt gerade nicht nur als Indiz hinsichtlich der Frage der Auseinandersetzung mit der vom Kläger begangenen Straftat – einer Vergewaltigung – herangezogen (UA S. 20), sondern bereits zuvor allgemeiner in dem von der Justizvollzugsanstalt angenommenen manipulativen Vorgehen des Klägers ein Indiz für die verwaltungsgerichtliche Annahme einer verfahrenstaktischen Motivation der Konversion zum Christentum gesehen (UA S. 19). Außerdem ging es dem Verwaltungsgericht nach der Begründung des angegriffenen Urteils (UA S. 3, 20) nicht um die fehlende Auseinandersetzung mit „einer zuvor begangenen Straftat“ im Allgemeinen, sondern um die fehlende Auseinandersetzung mit den „Folgen“ der gerade vom Kläger begangenen Straftat der Vergewaltigung für das Vergewaltigungsopfer. Mithin hat das Verwaltungsgericht gerade nicht „allein“ aus einer „fehlenden Auseinandersetzung mit einer zuvor begangenen Straftat“, sondern vielmehr aus mehreren Aspekten – Aussage der Justizvollzugsanstalt zur manipulativen Vorgehensweise des Klägers und Unterlassen einer Entschuldigung beim Opfer – auf die fehlende Ernsthaftigkeit der Konversion zum Christentum geschlossen. Deshalb wird mit der klägerischen Begründung die Entscheidungserheblichkeit gerade der ersten klägerseits formulierten Frage nicht hinreichend i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt.

Unabhängig davon ist zu sehen, dass die Prüfung, ob in der Person des jeweiligen Asylantragstellers ein beachtlicher ernsthafter Glaubenswechsel vorliegt oder nicht, nur anhand der individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Sachverhalts erfolgen kann, was sich vorwiegend nach der individuellen Disposition des jeweiligen Schutzsuchenden richtet und deshalb nur anhand der individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls geklärt werden kann, was gegen eine grundsätzliche Bedeutung diesbezüglicher Fragen spricht (vgl. BayVGH, B.v. 16.11.2015 – 14 ZB 13.30207 – juris Rn. 15 m.w.N.). Zwar befasst sich die hier aufgeworfene erste Frage nicht direkt mit dem Einzelfallaspekt, ob beim Kläger ein ernsthafter Glaubenswechsel vorliegt, sondern zielt auf die Klärung ab, ob ein Tatsachengericht einen bestimmten indiziellen Schluss zulässigerweise vornehmen darf. Allerdings wird dabei explizit auch auf § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO abgestellt und damit eine untrennbare Anbindung an den jeweiligen konkreten Einzelfall vorgenommen. Dies wiederum führt dazu, dass die Frage in dieser Form nicht allgemein klärungsfähig ist, sondern ihrerseits nur im Einzelfall geprüft werden kann und deshalb einer grundsätzlichen Klärung jedenfalls in dieser Formulierung nicht zugänglich ist. Dabei ist zu sehen, dass es der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO unterliegt und insoweit keiner weiteren grundsätzlichen Klärung zugänglich ist, auf welche Weise der Tatrichter versucht, sich die erforderliche Überzeugungsgewissheit vom Vorliegen der entscheidungserheblichen Tatsache der Wahrung der religiösen Identität des Asylbewerbers zu verschaffen (BVerwG, B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – BayVBl 2016, 104 Rn. 14).

4. Als zweite grundsätzliche Frage wird klägerseits aufgeworfen,

ob das Verwaltungsgericht im Rahmen des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO zulässigerweise aus einem vorangegangenen, nach seiner Überzeugung asyltaktisch motivierten Religionswechsel des Betroffenen per se schließen kann, dass seine geltend gemachte nachfolgende Konversion zum Christentum nicht ernsthaft erfolgt und deshalb unbeachtlich ist.

Hierzu wird unter anderem ausgeführt, richtiger Weise sei davon auszugehen, dass selbst ein mögliches asyltaktisches Vorgehen des Klägers bei seinem Beitritt zur Religionsgemeinschaft der Bahai nicht den vom Verwaltungsgericht gezogenen Schluss auf entsprechende taktische Erwägungen bei der Taufe des Klägers zulasse.

Auch insoweit legt die Begründung der Antragsschrift nicht hinreichend dar, weshalb gerade die formulierte Frage im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich sein sollte, und zwar im Hinblick auf den Aspekt, ob „per se“ aus früheren asyltaktisch motivierten Religionswechseln auf die asyltaktische Motivation auch eines späteren geschlossen werden kann. Es ist zu sehen, dass das Verwaltungsgericht gerade nicht „per se“ von dem aus seiner Sicht asyltaktisch motivierten früheren Religionswechsel zu den Bahai auf die asyltaktische Motivation auch des späteren Wechsels zum Christentum geschlossen hat – eine derart allgemeine Aussage lässt sich dem angegriffenen Urteil nicht entnehmen. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht auch in diesem Kontext (UA S. 20 f.) gerade mit den Besonderheiten des Einzelfalls argumentiert. So hat es explizit offen gelassen, ob bereits der mehrfache Religionswechsel (erst zum Bahaitum, dann zum Christentum) für eine mangelnde Ernsthaftigkeit spricht. Sodann hat es zunächst für den speziellen Fall des Klägers begründet, weshalb – aus seiner Sicht – der frühere Wechsel des Klägers zu den Bahai nicht auf einer inneren Überzeugung basiere, sondern aus asyltaktischer Motivation erfolgt sei (UA S. 21 oben). Auch seine Bewertung, die zweite Konversion des Klägers (zum Christentum) sei durch asyltaktische Erwägungen des Klägers motiviert gewesen, hat es unter anderem mit Hinweis auf das klägerische Vorgehen bei Stellung des Folgeantrags (UA S. 21 oben), also anhand der konkreten Umstände des vorliegenden Falls, begründet. Vor diesem Hintergrund wird nicht hinreichend i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt, weshalb sich angesichts dieser verwaltungsgerichtlichen Argumentation der in der formulierten abstrakten Frage enthaltene Aspekt, ob „per se“ wie beschrieben geschlussfolgert werden könne, im konkreten Fall überhaupt stellen sollte.

Unabhängig davon ist auch die zweite Frage jedenfalls in der gewählten Formulierung einer über den Einzelfall hinausgehenden grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. Zwar geht es auch insoweit nicht unmittelbar um die Ernsthaftigkeit einer Konversion, sondern um die Klärung der Zulässigkeit eines bestimmten gerichtlichen Schlusses darauf. Allerdings wird auch insoweit schon wegen der Einbindung von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO in die Fragestellung ein untrennbarer Zusammenhang mit den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls hergestellt, wobei – wie gezeigt – die Frage der Ernsthaftigkeit der Konversion ihrerseits nicht verallgemeinerungsfähig ist, sondern nur im Einzelfall geklärt werden kann (s.o.).

5. Schließlich wird als grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage aufgeworfen,

ob einem iranischen Asylbewerber unabhängig von der Ernsthaftigkeit seiner Konversion zum Christentum bei Rückkehr in den Iran wegen seines öffentlichkeitswirksamen Auftretens als christlicher Konvertit in Deutschland Verfolgung droht.

In der zugehörigen Begründung wird unter anderem ausgeführt, es sei entgegen der verwaltungsgerichtlichen Würdigung davon auszugehen, dass die öffentlichen Äußerungen der Klägers zu seinem Glaubenswechsel zum Christentum von den iranischen Behörden durchaus ernst genommen und sogar als missionarische Tätigkeit gewertet würden. Mit seinen Äußerungen in einem Fernsehbeitrag über zum Christentum konvertierte Flüchtlinge, bei dem sich der Kläger – als einziger betroffener Interviewpartner nicht unkenntlich gemacht – zu seinem Glaubenswechsel dahin geäußert habe, dass ihn der Weg zu Jesus Christus innerlich beruhigt habe, dass er aus Sicht vieler Muslime ein Ungläubiger, ihm dies aber egal sei – dies sei sein Glaube, er sei glücklich damit und es interessiere ihn nicht, was die anderen Menschen über seinen Glauben denken würden –, habe der Kläger sich nicht nur gegen die islamische Religion, sondern auch gegen das geltende iranische Gesetz gestellt. Wäre das Verwaltungsgericht richtiger Weise davon ausgegangen, dass dieser öffentliche Auftritt des Klägers den iranischen staatlichen Stellen bekannt geworden sei und von diesen als missionarische Tätigkeit bewertet werde, hätte es auch eine für den Kläger bestehende Verfolgungsgefahr bejahen müssen.

Auch insoweit genügt der klägerische Vortrag nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, weil die Argumentation in der Antragsbegründung nicht mit der abstrakten Formulierung der klägerseits aufgeworfenen Frage korrespondiert. In der formulierten Frage geht es explizit um eine Verfolgungsgefahr „unabhängig von der Ernsthaftigkeit“ einer Konversion. Demgegenüber setzt die Begründung bei dem ganz konkreten, aus Sicht der Klageseite „missionarischen“, medialen Auftreten des Klägers an. Gerade dieser von der Begründung betonte „missionarische“ Aspekt wiederum wird in der formulierten Frage aber nicht aufgegriffen. Ganz im Gegenteil wird dort viel unspezifischer die Vokabel „öffentlichkeitswirksam“ verwendet, so dass die Reichweite der Frage deutlich über die Begründung hinausgeht und deshalb mittels dieser Begründung auch nicht hinreichend i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt wird.

Unabhängig davon setzt sich die Begründung der angeblichen Klärungsbedürftigkeit dieser Tatsachenfrage nicht hinreichend mit der zwischenzeitlich gefestigten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur (formalen) Konversion iranischer Schutzsuchender als Nachfluchtgrund auseinander.

Es ist geklärt, dass den iranischen Behörden bekannt ist, dass eine große Zahl iranischer Asylbewerber aus wirtschaftlichen oder anderen unpolitischen Gründen versucht, im westlichen Ausland einschließlich Deutschlands dauernden Aufenthalt zu finden, und dass im Verlauf hierzu betriebener Asylverfahren bestimmte Asylgründe geltend gemacht werden und diesbezügliche Betätigungen stattfinden, die häufig, wenn nicht vorwiegend, dazu dienen, Nachfluchtgründe zu belegen (BayVGH, B.v. 2.3.2010 – 14 ZB 10.30050 – juris Rn. 5; B.v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 12 m.w.N.). Geklärt ist weiter, dass seitens der iranischen Behörden Nachfluchtaktivitäten iranischer Asylbewerber in Deutschland realistisch eingeschätzt werden und aus einer solchen Asylantragstellung kein Rückschluss auf die politische Einstellung oder religiöse Gesinnung des Asylbewerbers gezogen wird (BayVGH, B.v. 25.2.2013 – 14 ZB 13.30023 – juris Rn. 3; B.v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 12).

Geklärt ist außerdem, dass es keine Erkenntnisse dahingehend gibt, dass allein wegen einer bisherigen religiösen Betätigung oder gar schon wegen eines bloß formalen Glaubenswechsels zum christlichen Glauben einem Übergetretenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran eine asylrechtlich relevante Verfolgung drohen könnte (BayVGH, B.v. 16.11.2015 – 14 ZB 13.30207 – juris Rn. 5 f. m.w.N.; B.v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 7).

Schließlich ist geklärt, dass es für die Frage einer Verfolgungsgefahr im Iran wegen Konversion maßgeblich darauf ankommt, ob im Fall einer Rückkehr einer konvertierten Person in den Iran davon auszugehen ist, dass diese ihren neu aufgenommenen Glauben – und die damit verbundene Abkehr vom Islam – aktiv im Iran ausüben (BayVGH, B.v. 16.11.2015 – 14 ZB 13.30207 – juris Rn. 6 m.w.N.; B.v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 7) oder nur erzwungener Maßen, unter dem Druck drohender Verfolgung, auf eine Glaubensbetätigung verzichten wird (vgl. BVerwG, B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – BayVBl 2016, 104 Rn. 11 m.w.N.).

Vor diesem Hintergrund ist die klägerseits aufgeworfene Tatsachenfrage so nicht klärungsbedürftig, weil bereits aus der besagten Rechtsprechung hervorgeht, dass eine Verfolgungsgefahr nicht allein – losgelöst von der Ernsthaftigkeit der Konversion und einer aufgrund dessen zu erwartenden aktiven Glaubensbetätigung auch im Iran oder einem erst durch dortigen Verfolgungsdruck erzwungenen Verzicht hierauf – aus einem in Deutschland erfolgenden öffentlichkeitswirksamen Auftreten als Konvertit abgeleitet werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 5). Dabei hat die Klagepartei auch keine aktuellen Erkenntnisquellen benannt, die in Abweichung von dieser Rechtsprechung eine verfolgungsrelevante Gefährdung schon bei einem rein formal durch Taufe erfolgten Übertritt zum Christentum und einer Äußerung hierzu im deutschen Fernsehen als annähernd wahrscheinlich erscheinen ließen.

6. Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger, der dieses Rechtsmittel vorliegend ohne Erfolg eingelegt hat (§ 154 Abs. 2 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die angegriffene Entscheidung rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG i.V.m. § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die ausdrücklich bzw. sinngemäß geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) und der Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) sind nicht in der gebotenen Weise (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) dargelegt bzw. liegen nicht vor.

I. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder - bei tatsächlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen - durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (st. Rspr., z. B. BayVGH, B. v. 25.2.2013 - 14 ZB 13.30023 - juris Rn. 2 m. w. N.; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36 ff. m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

1. Die vom Kläger gestellte (Tatsachen)Frage,

„ob ein iranischer Staatsangehöriger, der in Deutschland um Asyl ersucht hat und gegen seinen Willen in den Iran zurückgeführt wird, bei Bekanntwerden des Glaubensübertritts während seines Aufenthalts in Deutschland im Iran keinerlei relevanten Verfolgungsmaßnahmen unterliegt“,

hat keine grundsätzliche Bedeutung. Der Kläger hat bereits nicht dargelegt, dass es eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür gibt, dass sein formaler Glaubenswechsel durch seine in Deutschland lebenden Verwandten im Iran bekannt werden könnte. Zudem fehlt es dieser Frage an der erforderlichen Entscheidungserheblichkeit. Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass das Bekenntnis des Klägers zum Christentum nicht auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruhe; es sei der Eindruck entstanden, der Kläger sei nur formal und aus asyltaktischen Gründen zum christlichen Glauben übergetreten. Die aufgeworfene Frage könnte in einem Berufungsverfahren daher nur dann entscheidungserheblich sein, wenn allein der formale Akt des Übertritts zum christlichen Glauben - vorliegend also die durch die Taufe des Klägers bewirkte Mitgliedschaft in der evangelischen Landeskirche Bayern - zu Repressionen seitens des iranischen Staates führen könnte, ohne dass der christliche Glaube nach einer Rückkehr in den Iran gelebt würde. Der Kläger nennt zwar mögliche Lebensbereiche, in denen es nach seiner Ansicht für ihn zu Repressionen kommen könnte, die - aufgrund der Kumulation - als Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b RL 2011/95/EU - Qualifikationsrichtlinie - anzusehen seien. Nachvollziehbare Belege, die die Möglichkeit derartiger Repressionen bestätigen, benennt er jedoch nicht.

Es gibt auch keine entsprechenden Erkenntnisse, dass dem Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran allein wegen des formalen Glaubenswechsels oder wegen seiner bisherigen religiösen Betätigung in Deutschland eine asylrechtlich relevante und/oder abschiebungsrelevante Verfolgung drohen könnte. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat unter Auswertung zahlreicher Erkenntnisquellen zur Frage einer Verfolgungsgefahr wegen Apostasie in seinem Urteil vom 7. November 2012 - 13 A 1999/07.A - (juris Rn. 49 ff.) festgestellt, dass der Abfall vom Islam im Iran nach wie vor nach weltlichem Recht nicht mit Strafe bedroht ist und dass trotz des im September 2008 in erster Lesung beschlossenen Apostasiestrafgesetzes jedenfalls bei Apostaten, die nicht exponiert tätig sind, Verurteilungen zu Todesstrafen nicht erfolgen. Andere staatliche oder nichtstaatliche Repressionen sind demnach auch nur für solche konvertierten Christen festzustellen, die in Ausübung ihres Glaubens an öffentlichen Riten wie etwa Gottesdiensten teilnehmen, oder zumindest ihren neu angenommenen Glauben - und die damit verbundene Abkehr vom Islam - nach außen zeigen wollen. Diese Situation wird durch den aktuellen Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrechtliche Lage in der Islamischen Republik Iran vom 24. Februar 2015 bestätigt (vgl. S. 16 ff.). Erkennbar beziehen sich die dortigen Aussagen auf solche Konvertiten, die die neue Religion aktiv im Iran ausüben (so im Ergebnis auch: BayVGH, B. v. 9.4.2015 - 14 ZB 13.30120 - juris Rn. 6; VGH BW, B. v. 19.2.2014 - A 3 S 2023/12 - juris Rn. 14; U. v. 15.4.2015 - A 3 S 1923/14 - n. v. UA S. 21; OVG NW, B. v. 27.8.2012 - 13 A 1703/12.A - juris Rn. 8; B. v. 27.4.2015 - 13 A 440/15.A - juris Rn. 10 f.).

2. Aus den gleichen Gründen sind auch die zweite (Tatsachen)Frage,

„ob ein zum Christentum konvertierter iranischer Staatsangehöriger, der im Falle einer Rückkehr sich weigert, den (nicht gelebten) christlichen Glauben formal abzulegen und sich wieder zum Islam zu bekennen, verfolgungsrelevante Maßnahmen im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie zu befürchten hat, wenn der Glaubensübertritt bekannt wird“,

sowie die vierte (Tatsachen)Frage,

‚ob ein „Taufscheinchrist“, wie vorher beschrieben, der also keine innere tiefe Glaubensüberzeugung besitzt, gleichwohl aber Mitglied der Glaubensgemeinschaft sein will und im Falle der Rückkehr auch sein wird, bei einem Bekenntnis zu dieser Art von Mitgliedschaft im Iran eine Verfolgung zu befürchten hat, wenn er sich weigert, wieder Moslem zu werden‘,

nicht klärungsbedürftig.

Bei einem, ohne innere Glaubensüberzeugung lediglich formal konvertierten Christen, steht weder im Raum, dass er seine religiöse Identität nach Rückkehr in sein Heimatland unterdrücken müsste, noch dass er sich im Heimatland religiös betätigen wird. Wie zuvor ausgeführt, stellt sich somit die Frage asylrelevanter Verfolgung des lediglich formal Getauften nicht. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob es einem, ohne innere Glaubensüberzeugung lediglich formal konvertierten Christen zumutbar ist, seine (formale) Mitgliedschaft in einer christlichen Religionsgemeinschaft aufzugeben, ohne in sein durch Art. 10 Abs. 1 GR-Charta garantiertes Recht auf Religionsfreiheit einzugreifen. Ungeachtet dessen ist zweifelhaft, warum sich der Kläger als lediglich formaler Christ weigern könnte, dem Christentum abzuschwören bzw. wieder Moslem zu werden, zumal er nur vorträgt, nach „seiner inneren Überzeugung (wie sei das Gericht versteht)“ lediglich „möglicherweise“ Atheist zu sein.

3. Auch die vom Kläger gestellte Rechtsfrage,

„ob die ‚innere identitätsprägende Überzeugung‘ eines Glaubens, wie vom VG verlangt, ein ‚Verständnis der Glaubensinhalte‘ erfordert oder ob die identitätsprägende Überzeugung allein in dem Willen der Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft, getragen von sonstigen Motiven z. B. einer Emotionalität, dem Wunsch der kulturellen Zugehörigkeit ect. bestehen kann“

bedarf keiner grundsätzlichen Klärung. Zum einen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 Rn. 30 im Anschluss an EuGH, U. v. 5.9.2012 - C-71/11 u. C-99/11 - NVwZ 2012, 1612; U. v. 9.12.2010 - 10 C 13.09 - BVerwGE 138, 289 Rn. 19), dass der Schutzsuchende, der nicht bereits wegen seiner Religion verfolgt oder unmittelbar mit Verfolgung bedroht war und bei dem nicht bereits die Taufe als solche zu einer Verfolgung führt, die inneren Beweggründe, die ihn zur Konversion veranlasst haben, glaubhaft machen muss, wenn er sich auf eine Verfolgungsgefährdung mit der Begründung beruft, er sei in Deutschland zu einer in seinem Herkunftsland bekämpften Religion übergetreten. Es muss festgestellt werden können, dass die Hinwendung zu der angenommenen Religion auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht auf Opportunitätserwägungen beruht, und der Glaubenswechsel nunmehr die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt. Zum anderen kommt der Frage regelmäßig keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Die Prüfung, ob ein (identitätsprägender) Glaubenswechsel vorliegt, kann jeweils nur anhand der individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Sachverhalts erfolgen (BVerwG, B. v. 25.8.2015 - 1 B 40.15 - Asylmagazin 2015, 345 Rn. 11; BayVGH, B. v. 9.4.2015 - 14 ZB 13.30444 - juris Rn. 5 m. w. N.). Wann eine solche Prägung anzuerkennen ist und welche Anforderungen im Einzelnen zu stellen sind, lässt sich nicht allgemein beschreiben, sondern richtet sich vorwiegend nach der Persönlichkeit des Schutzsuchenden und seiner intellektuellen Disposition (OVG NW, U. v. 7.11.2012 - 13 A 1999/07.A - juris Rn. 39). Es ist ureigene Sache des Gerichts, im Rahmen der Beweiswürdigung anhand der individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu klären, ob ein Glaubenswechsel vorliegt.

II. Soweit der Kläger den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) geltend machen wollte mit seinem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe gegen die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätze verstoßen, wonach es im Hinblick auf die Gefahrenprognose auf das persönliche Glaubensverständnis des Individuums und das Selbstverständnis der Glaubensgemeinschaft ankomme, ist er bereits seinen diesbezüglichen Darlegungspflichten (vgl. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) nicht nachgekommen. Mit seinem Einwand, das Verwaltungsgericht habe entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seiner Entscheidung vom 20. März 2013 - 10 C 23.12 - auf das „Verständnis der Glaubensinhalte“ und auf die „innere identitätsprägende Überzeugung“ abgestellt, hat er keinen abstrakten Rechtssatz dargelegt, sondern lediglich eine - seiner Ansicht nach fehlerhafte - gerichtliche Bewertung des Einzelfalls aufgezeigt. Den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sieht § 78 Abs. 3 AsylG nicht vor.

III. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 9. November 2015 vorgetragen hat, dass er seine am 6. März 2015 geborene Tochter entsprechend seiner Glaubensüberzeugung am 25. Oktober 2015 hat taufen lassen, kann dies im Zulassungsverfahren gemäß § 78 Abs. 4 Satz 1 und 4 AsylG nicht mehr berücksichtigt werden.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) und des Vorliegens eines Verfahrensmangels (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 VwGO) sind nicht in der gebotenen Weise (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG) dargelegt bzw. liegen jedenfalls nicht vor.

1. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) wurde bereits nicht in der gebotenen Weise dargelegt und liegt im Übrigen auch nicht vor.

Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Rechtsfrage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt; Darlegungen zu offensichtlichen Punkten sind dabei entbehrlich (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72 m. w. N.). Hiervon ausgehend haben die Kläger schon keine den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG genügende Rechtsfrage formuliert.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung liegt aber auch nicht vor. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder - bei tatsächlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen - durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (st. Rspr., z. B. BayVGH, B. v. 25.2.2013 - 14 ZB 13.30023 - juris Rn. 2 m. w. N.; Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 36 ff. m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass ein in Deutschland zum Christentum übergetretener Asylbewerber, der sich darauf beruft, wegen der Betätigung seines christlichen Glaubens in seinem Heimatland von Verfolgung bedroht zu sein, die innere Tatsache, dass er die unterdrückte religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren, zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen muss (vgl. BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 Rn. 30). Der formale, kirchenrechtlich wirksam vollzogene Übertritt zum Christentum in Gestalt der Taufe reicht für die Gewinnung dieser Überzeugung jedenfalls im Regelfall nicht aus (BayVGH, B. v. 12.1.2012 - 14 ZB 11.30346 - juris Rn. 4). Welcher Beweiswert der Taufbestätigung einer Religionsgemeinschaft für die Frage der Ernsthaftigkeit eines Glaubenswechsels zukommt ist ebenso wenig klärungsbedürftig wie die Frage, ob die Überprüfung der Ernsthaftigkeit des Glaubensübertritts die nach innerkirchlichem Recht zuständige Stelle vorzunehmen hat und staatliche Behörden und Gerichte daran staatskirchenrechtlich gebunden sind. Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass es für die Frage, ob ein ernsthafter Glaubenswechsel vorliegt, entscheidend auf die Glaubhaftigkeit der Schilderung und die Glaubwürdigkeit der Person des Asylbewerbers ankommt, die das Gericht selbst im Rahmen einer persönlichen Anhörung des Asylbewerbers zu überprüfen und tatrichterlich zu würdigen hat (BVerwG, U. v. 9.12.2010 - 10 C 13.09 - juris Rn. 19; BayVGH, B. v. 8.8.2013 - 14 ZB 13.30199 - juris Rn. 8 m. w. N.). Dies ist ureigene Aufgabe des Gerichts. An die Ausstellung eines Taufscheins sowie an die Einschätzung der Glaubensüberzeugung eines Konvertiten durch eine Kirchengemeinde bzw. einen Pastor ist das Gericht nicht gebunden (vgl. BayVGH a. a. O.). Da die Klärung, ob ein Glaubenswechsel vorliegt, jeweils nur anhand der individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Sachverhalts erfolgen kann, kommt diesen Fragen regelmäßig auch keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (BayVGH a. a. O.; vgl. auch OVG NW, B. v. 24.5.2013 - 5 A 062/12.A - juris Rn. 10).

2. Soweit die Kläger zudem rügen, das Urteil sei i. S. v. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 (wohl Nr. 6 gemeint) VwGO nicht mit Gründen versehen, da sich das Verwaltungsgericht in der Urteilsbegründung nicht mit der Grundgesetzproblematik des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften auseinandergesetzt habe und daher dem Urteil jedwede Begründung für die Verneinung der Nachfluchtgründe fehle, können sie ebenfalls nicht durchdringen.

Ein Verfahrensmangel nach § 138 Nr. 6 VwGO (Fehlen von Entscheidungsgründen) scheidet bei einer - wie hier - auf den allein entscheidungserheblichen Vortrag der Klägerin zu 1 eingehenden und die maßgeblichen Gründe erläuternden Begründung des Urteils aus. Ein solcher Verfahrensmangel wäre nur gegeben, wenn dem Tenor der Entscheidung überhaupt keine Gründe beigegeben sind oder die Begründung völlig unverständlich und verworren ist, so dass sie in Wirklichkeit nicht erkennen lässt, welche Überlegungen für die Entscheidung maßgebend gewesen sind (vgl. BayVGH, B. v. 23.6.2014 - 14 ZB 14.30157 - juris Rn. 3 m. w. N.). Das Verwaltungsgericht hat vorliegend auf den Seiten 25 bis 27 seines Urteils begründet, warum es aufgrund des - allein maßgeblichen - Vortrags der Klägerin zu 1 die notwendige Überzeugungsgewissheit nicht gewinnen konnte, dass die behauptete Hinwendung zum christlichen Glauben auf einer ernsthaften Gewissensentscheidung, d. h. auf einem ernstgemeinten religiösen Einstellungswandel mit identitätsprägender fester Überzeugung beruht. Die Kläger legen nichts dafür dar, inwieweit dies nicht in verständlicher Form geschehen sein sollte. Mit dem in diesem Zusammenhang allein erfolgten Hinweis auf das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften ist nicht dargetan, warum die Bewertungen des Verwaltungsgerichts nicht nachvollziehbar sein sollten.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 7. Kammer, Einzelrichterin - vom 12. April 2016 wird abgelehnt.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

1

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen, da die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG (1.) und der Verletzung rechtlichen Gehörs gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG (2.) nicht vorliegen bzw. nicht dargelegt sind (vgl. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG).

2

1. Voraussetzung für den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder - bei tatsächlichen Fragen oder revisiblen Rechtsfragen - durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (vgl. VGH München, Beschluss vom 8. August 2013 - 14 ZP 13.30199 -, juris, Rn 7 m.w.N.).

3

Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist daher nur dann im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren. Des Weiteren muss substantiiert dargelegt werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte und - im Falle einer Tatsachenfrage - welche neuen Erkenntnismittel eine anderslautende Entscheidung nahelegen (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 1. September 2016 - 2 LA 85/16 -, juris, Rn 5 f.).

4

Diese Anforderungen erfüllen die von den Klägern aufgeworfenen Fragen,

ob

5

1. vor dem Hintergrund der gestiegenen Verfolgung von Konvertiten insbesondere bei Beitritt zu evangelikalen und evangelisch-freikirchlichen Gruppierungen in Iran, das Gericht erster Instanz gehalten ist, zur Bildung der eigenen Überzeugung von der identitätsprägenden Religionsausübung, als sachverständige Zeugen den Taufpastor und gegebenenfalls den Pastor der aktuellen Gemeinde der Asylsuchenden einzuvernehmen hat,

6

2. bezüglich der Frage, ob und inwieweit den Asylsuchenden Verfolgung in Iran nach Konversion und lebhafter Teilnahme am Gemeindeleben einer evangelikalen oder evangelisch-freikirchlichen Gemeinde droht, ein Hinweis auf den Allgemeinplatz genügt, dass Rückkehrer in der Regel lediglich eine Befragung der Sicherheitsdienste über sich ergehen zu lassen haben oder vielmehr konkret zu prüfen ist, ob die religiöse Betätigung in Deutschland nicht Anlass genug für eine Verfolgung darstellt,

7

und

8

3. in Fällen der angegebenen Konversion bei Herkunftsstaaten, die bekannter- und erwiesenermaßen Christen verfolgen, das Gericht gehalten ist, durch gezielte Nachfrage bezüglich der Reaktion der im Herkunftsstaat verbliebenen Verwandten auf die Konversion, die Bedeutung der Konversion für die Asylsuchenden zu ergründen und zu hinterfragen hat, wie die Asylsuchenden gedenken in ihren Herkunftsländern den Glauben weiterzuleben

9

nicht.

10

Die erste Frage ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits geklärt.

11

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. August 2015 – 1 B 40.15 – juris LS und Rn 9, vgl. auch OVG Schleswig, Beschlüsse vom 19. März 2015 – 3 LA 17/15 –, vom 30. März 2015 – 2 LA 65/14 – und vom 19. Januar 2016 – 2 LA 2/16 -, jeweils m.w.N.) ist es ureigene Aufgabe des Gerichts, die Ernsthaftigkeit eines vom Asylbewerber behaupteten Glaubenswechsels zu würdigen (vgl. dazu auch OVG Münster, Beschluss vom 18. März 2014 – 13 A1 080/13. A –, Rn. 11, 20 m.w.N., VGH München, Beschluss vom 8. August 2013 – 14 ZP 13. 30199 –, Rn. 5 mwN; jeweils zitiert nach juris). Danach ist die Frage, ob der von einem Asylbewerber behauptete Glaubensübertritt auf einer ernsthaften und innerlich gefestigten Überzeugung beruht, höchstpersönlicher Natur und kann (und muss) allein vom Asylbewerber glaubhaft gemacht werden. Hierbei kommt es entscheidend auf die Glaubhaftigkeit der Schilderung und die Glaubwürdigkeit der Person des Asylbewerbers an, die das Gericht selbst im Rahmen einer persönlichen Anhörung des Asylbewerbers zu überprüfen und tatrichterlich zu würdigen hat (BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2010 – 10 C 13.09 –, Rn. 19, juris).

12

Gemessen an diesen Grundsätzen kann eine Einschätzung eines Dritten, auch wenn dieser Taufpastor oder Pastor der aktuellen Gemeinde des Asylsuchenden ist, die vom Gericht zu beurteilende Ernsthaftigkeit einer vom Asylbewerber behaupteten Konversion nicht ersetzen. Soweit die Kläger sich auf ein an die Gemeindeverantwortlichen gerichtetes Papier des EKD Evangelische Kirchen in Deutschland aus dem Jahre 2013, nach welchem die Prüfung der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Konversion von den verantwortlichen Gemeindeträgern sorgfältig und verantwortungsvoll sowie deutlich umfassender als von den Gerichten und Behörden geprüft werde und dementsprechend auch Instanzgerichte standardmäßig Gemeindepastoren und Taufpastoren befragten, überzeugt dies nicht und wirft keine erneute Klärungsbedürftigkeit auf (vgl. dazu BVerwG, aaO., OVG Münster, aaO, juris, Rn. 22f.). Dies gilt auch bei verbleibenden Zweifeln des Gerichts an der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Konversion. Auch in einem solchen Fall ist die „ergänzende“ Einschätzung der Tauf- oder Gemeindepastoren nicht geeignet, die Würdigung des Gerichts zu ersetzen.

13

Die von den Klägern zu 2. aufgeworfene Frage ist eine in das Gewand einer Grundsatzfrage gekleidete Verfahrensrüge, mit der die Begründung nicht für ausreichend erachtet wird („ob ein Hinweis auf den Allgemeinplatz … genügt“, Verstoß gegen § 117 Abs. 2 Nr. 5, § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Abgesehen davon, dass eine Entscheidung nur dann nicht mit Gründen versehen ist, wenn sie so mangelhaft begründet ist, dass die Entscheidungsgründe ihre beiden Funktionen nicht mehr erfüllen können, die Beteiligten über die der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen zu unterrichten und dem Rechtsmittelgericht die Nachprüfung der inhaltlichen Richtigkeit in prozessrechtlicher und materiell-rechtlicher Hinsicht zu ermöglichen, wofür einfache Unzulänglichkeiten der Begründung nicht genügen (stRspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Oktober 2013 - 6 B 13.13 -, juris Rn. 13), ist zum vom Verwaltungsgericht zugrundelegten „Allgemeinplatz“ weder dargelegt, weshalb es weiterer Ausführungen bedurfte, noch – sollte es sich um eine Tatsachenfrage handeln – welche Auskünfte entgegenstehen (vgl. zu Letzterem: Senatsbeschluss vom 1. September 2016 - 2 LA 85/16 -, juris Rn. 6).

14

Das Verwaltungsgericht hat eine dauerhafte Hinwendung der Kläger zum Christentum nicht als glaubhaft erachtet (UA Seite 9-12). Demgemäß könnte die aufgeworfene Tatsachenfrage nur dann entscheidungserheblich sein, wenn allein der formale Akt des Übertritts zum christlichen Glauben im Ausland, auch wenn dieser nach einer Rückkehr in den Iran nicht mehr gelebt wird, Repressalien seitens des iranischen Staates nach sich zöge. Dafür benennen die Kläger aber keine Belege. Soweit sie die Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA Seite 12) in Bezug auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 11. Februar 2014, Seite 31, welcher sich mit im Ausland tätigen Oppositionsgruppen beschäftigt, als nicht auf den Fall im Ausland tätiger „Konvertiten“ für anwendbar halten, ist dies unerheblich. Denn zum einen lässt der Bericht jedenfalls Rückschlüsse in Bezug auch auf die Beobachtung von im Ausland zum Christentum „konvertierten“ Asylbewerbern zu. So hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht bereits entschieden, dass dem Umstand, dass Asylbewerber sich durch Riten wie etwa der Taufe oder dem Besuch von Gottesdienst nach außen hin zur christlichen Kirche bekannt haben, allein nicht ausreichend ist für die Annahme von Verfolgungsmaßnahmen seitens des iranischen Staates. Den iranischen Behörden ist ein asyltaktisches Vorgehen ihrer Staatsbürger im westlichen Ausland durchaus gegenwärtig (OVG Schleswig, Beschlüsse vom 22. Juli 2015 – 3 LA 41/15 – und vom 19. März 2015 – 3 LA 17/15 -). Zum anderen legen die Kläger dagegen keine gegenteiligen Auskünfte vor.

15

Schließlich betrifft die zuletzt zur grundsätzlichen Bedeutung gestellte Frage weder tatsächliche noch rechtliche Fragen, sondern stellt einen Versuch dar, den Instanzgerichten einen Fragenkatalog zur Überprüfung eines Glaubensübertritts vorzuschreiben.

16

Die Kläger rügen damit der Sache nach, das Verwaltungsgericht sei seiner Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO nicht nachgekommen, indem es sie nicht zur Feststellung eines Glaubensübertritts „gezielt hinsichtlich der Reaktion der im Herkunftsstaat verbliebenen Verwandten auf die Konversion“ befragt habe und erheben damit sinngemäß die Verfahrensrüge einer nicht ordnungsgemäßen Aufklärung des Sachverhalts. Diese stellt aber keinen Berufungzulassungsgrund im asylverfahrensrechtlichen Sinn dar (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG iVm § 138 VwGO, vgl. auch OVG Bremen, Beschluss vom 9. Juni 2017 – 2 LA 88/17 – juris LS 2 und Rn. 6, OVG Münster, Beschluss vom 17. Mai 2017 – 11 A 682/16.A – juris Rn. 13, VGH München, Beschluss vom 20. April 2017 – 13a ZB 16.30368 – juris Rn. 5 und OVG Schleswig, Beschluss vom 20. Juli 2017 – 3 LA 145/16 – LS und Rn. 6). Eine unterbliebene, allerdings gebotene Sachverhaltsaufklärung kann zwar im Einzelfall einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör darstellen. Die anwaltlich vertretenen Kläger haben jedoch einen derart schwerwiegenden Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO, der eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht des Gerichtes in eine Verletzung des Anspruchs auf „rechtliches Gehör“ umschlagen ließe (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 27. April 2004 - 2 BvR 1318/03 -), nicht substantiiert dargelegt.

17

Das rechtliche Gehör gewährleistet im Sinn der Wahrung eines verfassungsrechtlich gebotenen Mindestmaßes, dass ein Kläger die Möglichkeit haben muss, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (BVerfG, Beschluss vom 21. April 1982 – 2 BvR 810/81 – BVerGE 60, 305/310). Die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO berührt den Regelungsgehalt des Art. 103 Abs. 1 GG indes nicht; denn der Grundsatz des rechtlichen Gehörs stellt nur sicher, dass das Gericht die Ausführungen der Beteiligten würdigt. Art. 103 Abs. 1 GG gibt den am Prozess Beteiligten jedoch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht Tatsachen erst beschafft oder von sich aus Beweis erhebt (BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 1969 – 2 BvR 320/69- BVerfGE 27, 248/251). Aufklärungspflichten, die über den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen hinausgehen, sich zu dem der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt zu äußern, sind, auch wenn sie im einfachen Prozessrecht verankert sind, nicht von der Schutzwirkung des Rechts auf Gehörs umfasst (Bay
VerfGH, Entscheidung vom 29. Januar 2014 – Vf. 18-VI-12 -, BayVBl 2014, 448), zitiert nach VGH München, Beschluss vom 20. April 2017 - 13a ZB 16.30368 -,
juris, Rn 5).

18

2. Die Klägerin kann sich auch nicht auf den Zulassungsgrund der Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) berufen. Ein danach beachtlicher Verfahrensfehler ist nicht dargelegt.

19

Mit dem Vortrag, das Verwaltungsgericht habe sie mit der Bewertung ihrer Ausführungen zur Konversion, in dem es auf das Fehlen eines Erweckungserlebnisses und auf das wiederkehrende und gleichförmige Vorbringen der in … getauften Konvertiten abgestellt habe sowie bezüglich der Einschätzung der Darlegungen des Gemeindepastors überrascht, ohne dass sie sich nach einem gebotenen Hinweis hätten erklären können, wird die allein in Betracht kommende Verletzung im Recht auf rechtliches Gehör (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) nicht dargelegt.

20

Der aus Art. 103 Abs. 1 GG folgende Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, und soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung des Gerichts frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben (BVerfG, Beschlüsse vom 30. Januar 1985 - 1 BvR 393/84 -, juris Rn. 10 und vom 18. Januar 2011 - 1 BvR 2441/10 -, juris Rn. 10 f.). Er gewährleistet den Beteiligten zudem, sich vor einer gerichtlichen Entscheidung zum zugrundeliegenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern. Der Entscheidung dürfen deshalb nur Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden, zu den sich die Beteiligten äußern konnten (§ 108 Abs. 2 VwGO). Die Entscheidung darf zudem - zur Vermeidung einer unzulässigen Überraschungsentscheidung - nicht auf Gesichtspunkte abstellen, mit denen ein gewissenhafter und sachkundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensablauf nicht zu rechnen brauchte (BVerwG, Beschluss vom 16. Februar 2010 - 10 B 34.09 -, juris Rn. 6).

21

Gemessen an diesen höchstrichterlichen Grundsätzen war den Klägern das rechtliche Gehör nicht versagt.

22

Das Verwaltungsgericht hat die Kläger zu ihrer Hinwendung zum christlichen Glauben befragt (Sitzungsprotokoll S. 2 bis 5). Aus den Urteilserwägungen (UA S. 9/10) ergibt sich sodann, dass das Verwaltungsgericht die Verfolgungsgeschichte der Kläger vor allem deshalb als unglaubhaft erachtet hat, weil ihre Darlegungen in der mündlichen Verhandlung in wesentlichen Punkten voneinander abwichen und sich zudem teilweise von den vor dem Bundesamt gemachten Angaben unterschieden. Zudem haben die Kläger es vor dem Hintergrund ihrer unglaubhaften Verfolgungsgeschichte nicht vermocht, davon zu überzeugen, dass von einem echten Glaubenswechsel auszugehen sei. Der behauptete Glaubenswechsel sei aus Sicht der Einzelrichterin nur vorgeschoben, habe sich nicht in identitätsprägender Weise manifestiert und sei als rein asyltaktisches Verhalten vieler iranischer Staatsbürger anzusehen (UA 11/12). Angesichts dieses Verfahrensverlaufs hat das Verwaltungsgericht auch nicht etwa Anforderungen an den Sachvortrag gestellt, mit denen ein gewissenhafter und sachkundiger Prozessbeteiligter nicht rechnen musste. Es entspricht vielmehr ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. August 2015 – 1 B 40.15 – juris LS u. Rn. 9 m.w.N.), dass der Betroffene von sich aus schlüssige und nachvollziehbare Angaben zu den inneren Beweggründen für die Konversion macht und im Rahmen seiner Persönlichkeit und intellektuellen Disposition mit den Grundzügen seiner neuen Religion vertraut ist. Der Sache nach wenden sich die Kläger daher vielmehr erneut gegen die gerichtliche Würdigung. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist aber von vornherein nicht geeignet, eine – vermeintlich – fehlerhafte Feststellung und Bewertung des Sachverhalts einschließlich seiner rechtlichen Würdigung zu beanstanden (vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 17. Mai 2017, aaO, juris, Rn 15).

23

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

24

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

25

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 9. August 2012 - A 6 K 1056/12 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.

Gründe

 
Der zulässige Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 9.8.2012 hat keinen Erfolg.
I.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte mit Bescheid vom 24.4.2012 den Antrag der Klägerin - einer iranischen Staatsangehörigen - auf Anerkennung als Asylberechtigte ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen und drohte der Klägerin bei nicht freiwilliger Ausreise innerhalb von 30 Tagen die Abschiebung in den Iran unter dem Hinweis an, dass sie auch in einen anderen Staat abgeschoben werden könne, in den sie einreisen könne oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei.
Die hiergegen von der Klägerin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 9.8.2012 - A 6 K 1046/12 - abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Angaben der Klägerin zu ihren Vorfluchtgründen seien nicht glaubhaft. Der in der Bundesrepublik Deutschland erfolgte Übertritt der Klägerin zum Christentum und ihre Taufe begründe gleichfalls weder einen Asylanspruch noch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG. Gleiches gelte für die Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG. Nach Überzeugung des Gerichts sei die Klägerin nicht aufgrund eines ernsthaften Willensentschlusses zum christlichen Glauben konvertiert. Die Konversion diene alleine dazu, missbräuchlich ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland zu erwerben. Der Glaubenswechsel habe in keiner Weise auch nur im Ansatz prägenden Einfluss auf ihre Persönlichkeit erlangt. Allein der Umstand, dass eine Person in Deutschland einen Asylantrag gestellt habe, führe zu keinen staatlichen Repressionen nach der Rückkehr in den Irak. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als die Klägerin den Iran legal verlassen habe. Die Geltendmachung einer posttraumatischen Belastungsstörung - PTBS -, die durch eine Stellungnahme von Lic. Ing. Lic. Psych. M. ... - Psychologische Beratungsstelle für politisch Verfolgte und Vertriebene - PBV Stuttgart - vom 2.7.2011 belegt werden solle, führe gleichfalls nicht zum Vorliegen von Abschiebungsverboten. Angesichts des widersprüchlichen Vorbringens der Klägerin blieben durchgreifende Zweifel am Wahrheitsgehalt derjenigen Schilderung, die der Stellungnahme vom 2.7.2011 zugrunde gelegen habe. Ferner genüge die Stellungnahme nicht den Mindestanforderungen, die an die Substantiierung eines PTBS-Leidens zu stellen seien.
II.
Der von der Klägerin allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG (grundsätzliche Bedeutung) rechtfertigt aus den mit dem Antrag genannten Gründen nicht die Zulassung der Berufung.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG kommt einer Rechtssache zu, wenn das erstrebte weitere Gerichtsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen oder im Bereich der Tatsachenebene nicht geklärten Fragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts höhergerichtlicher Klärung bedürfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 364; Bay. VGH, Beschl. v. 9.8.2011 - 13a ZB 11.30007 - AuAS 2011, 250). Das Darlegungsgebot nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG verlangt bei diesem Zulassungsgrund entweder in rechtlicher oder in tatsächlicher Hinsicht die Formulierung einer bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärten konkreten Frage und außerdem die Angabe, worin diese Bedeutung bestehen soll (BVerwG, Beschl. v. 6.7.2012 - 10 B 18.12 - juris). Schließlich muss dargelegt werden, warum die aufgeworfene konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage für das Verwaltungsgericht erheblich war und warum sie sich auch im Berufungsverfahren als entscheidungserheblich stellen würde (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.9.2009 - BvR 814/09 - NJW 2009, 3642; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 24.9.2008 - 2 L 86/08 - NVwZ 2009, 192). Insoweit ist es erforderlich, dass die aufgeworfene Grundsatzfrage rechtlich derart aufbereitet wird, wie dies nach Maßgabe der Begründung in der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts erforderlich ist. Damit ist eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts notwendig, die verdeutlicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dem Klärungsbedarf nicht gerecht wird.
Wird eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Bereich der Tatsachenfeststellung geltend gemacht, erfordert das Darlegungsgebot insbesondere, dass die Antragsbegründung erkennen lässt, warum das Verwaltungsgericht die tatsächlichen Verhältnisse in einer über den Einzelfall hinausgehenden Weise unzutreffend beurteilt haben soll, dass also z.B. einschlägige Erkenntnisquellen unberücksichtigt geblieben sind, das Gewicht einer abweichenden Meinung verkannt worden ist und die Bewertungen des Verwaltungsgerichts deshalb nicht haltbar sind (OVG Sachsen, Beschl. v. 18.9.2009 - A 1 A 498/09 - NVwZ-RR 2010, 167; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 21.3.2007 - 15 A 750/07.A - juris).
1. Die Klägerin hält zunächst die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam,
ob eine fehlende tiefe Überzeugung geeignet sein könnte, einen vom Islam zum Christentum übergetretenen Iraner auf eine Geheimhaltung seiner Religionszugehörigkeit oder sogar auf einen möglichen Übertritt wieder zurück zum Islam zu verweisen.
Sie trägt in diesem Zusammenhang vor, das Verwaltungsgericht habe behauptet, dass den Betroffenen ein Verschweigen, ein Verleugnen oder die Aufgabe der neuen Glaubenszugehörigkeit zur Vermeidung staatlicher oder nichtstaatlicher Repressionen im Heimatland zugemutet werden könne, wenn eine Konversion nicht auf einer glaubhaften Zuwendung zum christlichen Glauben im Sinne einer ernsthaften Gewissensentscheidung und nicht auf einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel mit einer Identitätsprägenden festen Überzeugung, sondern lediglich auf bloßen Opportunitätsgründen beruhe. Gegen diesen allgemeinen Rechtssatz bestünden durchgreifende die Berufung eröffnende Bedenken.
10 
Mit ihrem Vorbringen übersieht die Klägerin jedoch, dass die von ihr aufgeworfene Rechtsfrage für das angestrebte Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich ist. Zur Beurteilung einer der Klägerin drohenden Verfolgung im Sinne des Art. 16a GG oder des § 60 Abs. 1 AufenthG aus religiösen Gründen kommt es nicht entscheidend darauf an, ob zum Zeitpunkt der Taufe der Klägerin eine ernsthafte Hinwendung zum Christentum stattgefunden hat. Wie der Senat schon mehrfach entschieden hat (vgl. Beschl. v. 23.4.2013 - 3 S 2022/12 -, v. 3.4.2013 - A 3 S 2021/12 -, v. 13.3.2013 - A 3 S 103/12 -, v. 25.2.2013 - A 3 S 3081/11 -, 17.9.2013 - A 3 S 2306/12 -), hätte er vielmehr in einem Berufungsverfahren in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urt. v. 5.9.2012 - C-71/11 und C-99/11 - InfAuslR 2012, 444) und des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - InfAuslR 2013, 300) zu prüfen, ob im Hinblick auf die persönlichen Umstände der Klägerin vernünftigerweise anzunehmen ist, dass sie nach einer Rückkehr in ihr Herkunftsland dort religiöse Betätigungen vornehmen wird (so EuGH, a.a.O.) bzw. dort unterdrückte religiöse Betätigungen ihres Glaubens für sich selbst als verpflichtend empfindet, um ihre religiöse Identität zu wahren (BVerwG, a.a.O.). Aus einer ernsthaften Hinwendung zum christlichen Glauben im Zeitpunkt der Taufe folgt jedoch noch nicht, dass diese Hinwendung fortdauern wird. Die Verwaltungsgerichte sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 9.12.2010 - 10 C 13.09 - BVerwGE 138, 289), des Senats (vgl. Beschl. v. 9.2.2010 - 3 S 474/08 -) und anderer Oberverwaltungsgerichte (vgl. nur OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.7.2009 - 5 A 982/07.A - juris) berechtigt und verpflichtet, das Vorliegen einer voraussichtlich andauernden christlichen Prägung des Konvertierten nachzuprüfen (a. A., soweit ersichtlich, nur VG Schwerin, Urt. v. 13.2.2013 - 3 A 1877/10 As - juris). Der formale, kirchenrechtlich wirksam vollzogene Übertritt zum Christentum in Gestalt der Taufe reicht für die Gewinnung der dafür erforderlichen Überzeugungsgewissheit im Regelfall nicht aus, insbesondere kommt ihm für die zu bildende Prognose keine bindende präjudizielle Wirkung zu (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 9.1.2014 - 2 S 1812/13 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 24.5.2013 - 5 A 1062/12.A - juris).
11 
2. Die Klägerin hält ferner die Tatsachenfrage für von grundsätzlicher Bedeutung,
12 
ob es einem in Deutschland abgelehnten und in den Iran abgeschobenen Asylbewerber möglich ist, seinen Übertritt zum Christentum zu verheimlichen.
13 
Das Verwaltungsgericht habe entscheidend darauf abgestellt, dass es der Klägerin zumutbar sei, ihren Übertritt zum Christentum zu verheimlichen, womit es vorausgesetzt habe, dass sie es allein in der Hand habe, dass ihr Glaubenswechsel im Iran nicht bekannt werde. Die dieser Annahme zugrunde liegende Tatsache, dass eine in Deutschland stattgefundene Taufe nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit im Iran bekannt würde, gehe angesichts eines hervorragend organisierten Spitzelnetzes des iranischen Regimes im Ausland fehl. Außerdem würden erfolglose Asylbewerber bei der Ankunft in den Iran einer Befragung auch dann unterzogen, wenn sie „legal“ ausgereist seien. Hierbei würden auch nach internationalen Standards unzulässige Befragungsmethoden angewandt.
14 
Der Tatsachenfrage fehlt es ebenfalls an der erforderlichen Entscheidungserheblichkeit (vgl. auch insoweit VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.4.2013 - 3 S 2022/12 -, v. 3.4.2013 - A 3 S 2021/12 -, v. 13.3.2013 - A 3 S 103/12 -, v. 25.2.2013 - A 3 S 3081/11 -, 17.9.2013 - A 3 S 2306/12 -). Da das Verwaltungsgericht eine dauerhafte Hinwendung der Klägerin zum Christentum nicht als glaubhaft erachtet hat, könnte die aufgeworfene Frage nur dann entscheidungserheblich sein, wenn allein der formale Akt des Übertritts zum christlichen Glauben im Ausland, auch wenn dieser nach einer Rückkehr in den Iran nicht mehr gelebt wird, Repressionen seitens des iranischen Staates nach sich zöge. Dafür benennt die Klägerin jedoch keine nachvollziehbaren Belege (anders auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27.8.2012 - 13 A 1703/12.A -; Urt. v. 7.11.2012 - 13 A 1999/07.A - beide in juris). Sie zitiert zwar aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 4.11.2011, dass Konvertiten Verfolgung und Bestrafung bis hin zur Todesstrafe drohten, übersieht aber, dass es sich bei diesem Zitat um eine allgemeine Äußerung zur Religionsfreiheit im Iran handelt und dass es in demselben Lagebericht zur Situation der Christen heißt, Repressionen träfen missionierende Christen unabhängig davon, ob diese zuvor konvertiert seien.
15 
3. Schließlich ist nach Auffassung der Klägerin auch die Tatsachenfrage von grundsätzlicher Bedeutung,
16 
ob iranische Staatsangehörige, die nach erfolglosem Ausgang ihres Asylverfahrens in den Iran abgeschoben werden, einem beachtlichen Risiko unterliegen, dort bereits bei der Ankunft verhaftet und unter Folter zu ihrem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland befragt zu werden.
17 
Das Verwaltungsgericht habe - so die Klägerin - diese Frage ohne hinreichende Tatsachengrundlage verneint. Denn die letzte Rückführung aus Deutschland in den Iran habe im Mai 2010 stattgefunden. Sie berufe sich insoweit auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 9.3.2010 (- 41827/07 - R.C. v. Sweden).
18 
Mit diesem Vorbringen wird die Klärungsbedürftigkeit der für rechtsgrundsätzlich angesehenen Tatsachenfrage nicht hinreichend dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung auf die Einschätzung des Auswärtigen Amts in den Lageberichten vom 18.3.2008, 23.2.2009, 28.7.2010, 27.2.2011 und 4.11.2011 gestützt, wonach allein die Stellung eines Asylantrags im Ausland keine staatlichen Repressionen nach der Rückkehr in den Iran auslöst. Dem setzt die Klägerin nur entgegen, diese Einschätzung entbehre einer hinreichenden Tatsachengrundlage, weil die letzte Rückführung aus Deutschland in den Iran im Mai 2010 stattgefunden habe. Belege für eine gegenteilige Einschätzung werden von ihr nicht genannt. Die von ihr angeführte Auskunft der Schweizer Flüchtlingshilfe vom 18.8.2011 berichtet zwar von zwei namentlich genannten, nach Abschiebung misshandelten Rückkehrern in den Iran. Diese haben aber im Ausland nicht nur einen Asylantrag gestellt, sondern - anders als die Klägerin - sich dort auch regimekritisch politisch betätigt. Auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Urt. v. 9.3.2010 - 41827/07 - R.C. v. Sweden), auf die die Klägerin sich beruft, hat eine Rückkehrgefährdung für den dortigen iranischen Beschwerdeführer nicht allein wegen seiner Asylantragstellung, sondern wegen des Zusammentreffens verschiedener Umstände, insbesondere auch einer individuellen Vorverfolgung des Beschwerdeführers angenommen. Eine Vorverfolgung der Klägerin hat das Verwaltungsgericht dagegen nicht als glaubhaft erachtet (vgl. zu alledem wiederum VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.4.2013 - 3 S 2022/12 -, v. 3.4.2013 - A 3 S 2021/12 -, v. 13.3.2013 - A 3 S 103/12 -, v. 25.2.2013 - A 3 S 3081/11 -, 17.9.2013 - A 3 S 2306/12 -).
19 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO sowie § 83b AsylVfG.
20 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss entspricht einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung. Satz 1 findet insbesondere keine Anwendung, wenn der Ausländer sich auf Grund seines Alters und Entwicklungsstandes im Herkunftsland noch keine feste Überzeugung bilden konnte.

(1a) Die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 zu erleiden, kann auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist.

(2) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Asylantrags erneut einen Asylantrag und stützt diesen auf Umstände, die er nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines früheren Antrags selbst geschaffen hat, kann in einem Folgeverfahren in der Regel die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.