Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 16. Okt. 2017 - W 8 K 17.31567

bei uns veröffentlicht am16.10.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Nrn. 1 und 3 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 4. April 2017 werden aufgehoben, soweit sie sich auf die Klägerin beziehen.

Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin und ihre minderjährige Tochter – die vormalige Klägerin zu 2) – sind iranische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten nach eigenen Angaben am 1. Juli 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 28. September 2015 Asylanträge. Die Klägerin gab im Wesentlichen an, sie sei Mitglied der Demokratischen Partei Kurdistan (PDK) und sei für die Partei politisch aktiv gewesen.

Mit Bescheid vom 4. April 2017 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der Klägerin (und ihrer Tochter) die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (Nr. 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Nr. 2) und erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3). Weiter stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Die Klägerin (und ihre Tochter) wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung, im Falle der Klageerhebung innerhalb von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens, zu verlassen. Die Abschiebung in dem Iran oder in einem Staat wurde angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe ihre Beweggründe für den Eintritt in die Partei nicht von sich aus ausführlich und detailreicher darzulegen vermocht. Es bestünden begründete Zweifel an den vorgetragenen politischen Aktivitäten. Es wäre zu erwarten gewesen, dass die Klägerin detaillierter auf ihre Tätigkeit eingehe. Sie habe sich bezüglich ihrer Aufgabe in der Partei im Rahmen der persönlichen Anhörung widersprochen. Die Aussage in der vorgelegten Bescheinigung decke sich nicht mit dem Sachvortrag, sie sei im Geheimdienst tätig gewesen. Sie habe bei ihrer Anhörung nicht erwähnt, dass sie Mitglied der Frauenunion gewesen sein solle. Die von der Klägerin vorgetragene untergeordnete exilpolitische Betätigung für die PDK führe nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer flüchtlingsrelevanten Verfolgung.

Am 7. April 2017 ließen die Klägerin und ihre Tochter Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben.

Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2017 ließ die Klägerin zur Klagebegründung eine Mitgliedsbescheinigung der Demokratischen Partei Kurdistans sowie Fotos über ihre Teilnahme an Veranstaltungen in Deutschland vorlegen.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 12. April 2017,

die Klage abzuweisen.

Die Kammer übertrug den Rechtsstreit mit Beschluss vom 10. April 2017 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung.

Mit Beschluss vom 13. September 2017 lehnte das Gericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten ab.

In der mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2017 beantragte der Klägerbevollmächtigte,

die Beklagte unter Aufhebung der Nrn. 1 und 3 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 4. April 2017 zu verpflichten, den Klägerinnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;

hilfsweise den Klägerinnen den subsidiären Schutz zuzuerkennen;

hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Das Gericht hörte die Klägerin informatorisch an. Außerdem trennte sie das Verfahren ihrer Tochter – der vormaligen Klägerin zu 2) – ab, führt es unter dem Aktenzeichen W 8 K 17.33537 fort und setzte letzteres Verfahren aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage, über die entschieden werden konnte, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erschienen sind (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und begründet.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 4. April 2017 ist in seinen Nrn. 1 und 3 bis 6 rechtswidrig, soweit er sich auf die Klägerin bezieht, und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG). Aus diesem Grund war der streitgegenständliche Bescheid, wie zuletzt beantragt, insoweit aufzuheben. Über die hilfsweise gestellten Anträge zum subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) bzw. zu den nationalen Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG) war nicht zu entscheiden.

Unter Berücksichtigung der aktuellen abschiebungsrelevanten Lage im Iran hat die Klägerin einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG.

Gemäß §§ 3 ff. AsylG darf ein Ausländer in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Eine Bedrohung liegt dann vor, wenn anknüpfend an Verfolgungsgründe (vgl. dazu Art. 10 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 – so genannte Anerkennungsrichtlinie oder Qualifikationsrichtlinie bzw. § 3b AsylG) Verfolgungshandlungen im Sinne von Art. 9 der Anerkennungsrichtlinie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (§ 3a AsylG).

Eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit (siehe zum einheitlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab BVerwG, U.v. 1.6.2011 – 10 C 25/10 – BVerwGE 140, 22; U.v. 27.4.2010 – 10 C 5/09 – BVerwGE 136, 377) liegt dann vor, wenn die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Maßgebend ist letztlich, ob es zumutbar erscheint, dass der Ausländer in sein Heimatland zurückkehrt (BVerwG, U.v. 3.11.1992 – 9 C 21/92 – BVerwGE 91, 150; U.v. 5.11.199 – 9 C 118/90 – BVerwGE 89, 162). Über das Vorliegen einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gegebenen Gefahr politischer Verfolgung entscheidet eine wertende Gesamtbetrachtung aller möglichen verfolgungsauslösenden Gesichtspunkte, wobei in die Gesamtschau alle Verfolgungsumstände einzubeziehen sind, unabhängig davon, ob diese schon im Verfolgerstaat bestanden oder erst in Deutschland entstanden und von dem Ausländer selbst geschaffen wurden oder ob ein Kausalzusammenhang zwischen dem nach der Flucht eingetretenen Verfolgungsgrund und entsprechend den schon in dem Heimatland bestehenden Umständen gegeben ist (BVerwG, U.v. 18.2.1992 – 9 C 59/91 – Buchholz 402.25, § 7 AsylVfG Nr. 1).

Aufgrund seiner prozessualen Mitwirkungspflicht hat ein Kläger (oder eine Klägerin) seine (ihre) Gründe für seine politische Verfolgung schlüssig und vollständig vorzutragen (§ 25 Abs. 1 und 2 AsylG, § 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO). Er muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich – als wahr unterstellt – bei verständiger Würdigung die behauptete Verfolgung ergibt. Bei den in die eigene Sphäre des Klägers fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen, muss er eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, den Abschiebungsschutz lückenlos zu tragen. Unauflösbare Widersprüche und erhebliche Steigerungen des Vorbringens sind hiermit nicht vereinbar und können dazu führen, dass dem Vortrag im Ganzen nicht geglaubt werden kann. Bleibt ein Kläger hinsichtlich seiner eigenen Erlebnisse konkrete Angaben schuldig, so ist das Gericht nicht verpflichtet, insofern eigene Nachforschungen durch weitere Fragen anzustellen. Das Gericht hat sich für seine Entscheidung die volle Überzeugung von der Wahrheit, nicht bloß von der Wahrscheinlichkeit zu verschaffen (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 106.84 – BVerwGE 71, 180).

Nach Überzeugung des Gerichts besteht für die Klägerin aufgrund ihrer Aktivitäten für die Demokratische Partei Kurdistan (PDK) im Iran und fortgesetzt in der Bundesrepublik Deutschland eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran.

Der Klägerin ist es gelungen, die für ihre Ansprüche relevanten Gründe in der dargelegten Art und Weise geltend zu machen. Unter Zugrundelegung der glaubhaften Angaben der Klägerin ist das Gericht davon überzeugt, dass eine begründete Gefahr politischer Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestand bzw. besteht. Das Gericht ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, insbesondere dem persönlichen Eindruck von der Klägerin davon überzeugt, dass ihre von ihr geschilderten Aktivitäten im Zusammenhang mit der PDK zutreffen, insbesondere auch was ihre Tätigkeit im Iran anbelangt. Gerade in Bezug auf die Klägerin spricht nicht nur der Inhalt ihrer Angaben in der mündlichen Verhandlung, sondern vor allem auch die dabei gebrauchte Wortwahl sowie die gezeigte Mimik und Gestik, auch verbunden mit einem Einblick in ihre Gefühlslage und Gedankenwelt für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben. Gerade die Elemente bei der Aussage (Körpersprache, Gestik, Mimik usw.) sprechen gewichtig für die Ehrlichkeit der Klägerin und für den wahren Inhalt ihrer Angaben. Nach der vorliegenden Erkenntnislage und der darauf fußenden Rechtsprechung ist bei der Klägerin wegen der von ihr vorgebrachten (exil) politischen Aktivitäten mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer Verfolgung aus politischen Gründen bei einer Rückkehr in den Iran zu rechnen.

Denn nach der Rechtsprechung ist – allgemein – maßgeblich für eine beachtliche wahrscheinliche Verfolgungsgefahr darauf abzustellen, ob die im Asylverfahren geltend gemachten (exil) politischen Aktivitäten als untergeordnete Handlungen eingestuft werden, die dem Betreffenden nicht als ernsthaften und gefährlichen Regimegegner in Erscheinung treten lassen oder umgekehrt. Die Gefahr politischer Verfolgung wegen exilpolitischer Aktivitäten ist anzunehmen, wenn ein iranischer Bürger bei seinen Aktivitäten besonders hervortritt und sein gesamtes Verhalten den iranischen Stellen als ernsthaften, auf die Verhältnisse im Iran einwirkenden Regimegegner erscheinen lässt (vgl. etwa m.w.N. OVG NRW, B.v. 16.1.2017 – 13 A 1793/16.A – juris; B.v. 6.1.2014 – 13 A 1474/13.A – juris; BayVGH, B.v. 29.7.2013 – 14 ZB 13.30084 – juris; B.v. 9.8.2012 – 14 ZB 12.30263 – juris; sowie VG Bayreuth, U.v. 2.4.2016 – B 3 K 15.30486 – juris; VG Stuttgart, U.v. 15.2.2016 – A 11 K 1658/15 – juris; VG Würzburg, U.v. 26.8.2015 – W 6 K 15.30206 – juris; jeweils m.w.N.; vgl. auch schon VG Würzburg, U.v. 19.12.2012 – W 6 K 12.30171 – juris). Erforderlich ist im Regelfall ein exponiertes exilpolitisches Engagement, das den Betreffenden aus dem Kreis der standardmäßig exilpolitisch Aktiven heraushebt und im iranischen Staat als ernsthaften Regimegegner erscheinen lässt, so dass wegen der von ihm ausgehenden Gefahr eines Verfolgungsinteresses seitens des iranischen Staates besteht (vgl. auch HessVGH, U.v. 21.9.2011 – 6 A 1005/10.A – EzAR-NF 63 Nr. 4).

Diese Voraussetzungen sind im Ergebnis bei der Klägerin erfüllt, zumal wenn man zu ihren Gunsten davon ausgeht, dass bei Mitgliedern der PDK im Einzelfall eine womöglich größere Verfolgungsgefahr bestehen kann als bei anderen (nur) exilpolitisch aktiven Iranern.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass die exilpolitischen Organisationen im Ausland sowie deren Aktivitäten durch den iranischen Sicherheitsdienst genauestens überwacht werden. Dies ist allgemein bekannt und unstrittig (Schweizerische Flüchtlingshilfe – SFH –, Länderanalyse Iran vom 04.04.2006, S. 6). Die Mitgliedschaft in verbotenen politischen Gruppierungen, z.B. der Kurdenpartei PDKI (PDK) bzw. DPKI oder Komalah, kann zu staatlichen Zwangsmaßnahmen führen. Da die DPKI und die Komalah eine ähnliche Stellung in der iranischen Opposition einnehmen, können nach Ansicht des Gerichts jeweils betreffende Auskünfte entsprechend herangezogen werden, um eine Verfolgungsgefahr für jeweilige Aktivitäten zu ermitteln. Dies gilt insbesondere deshalb, da die Geschichte der beiden Organisationen miteinander verknüpft ist und auch die Auskünfte selbst meist nicht differenzieren, sondern von einer ähnlichen Verfolgungsgefahr ausgehen (vgl. z.B. Deutsches Orient-Institut an HessVGH vom 25.01.2007; Amnesty International an VG Köln vom 29.05.2007; GIGA an VG Köln vom 06.03.2007 und an VG Karlsruhe vom 01.06.2007). Beide Organisationen sind angesiedelt im politisch linken kurdischen Spektrum (GIGA an VG Karlsruhe vom 01.06.2007, S. 3; Deutsches Orient-Institut an HessVGH vom 25.01.2007, S. 7), haben früher einen gewaltsamen Kampf gegen das iranische Regime geführt (GIGA, a.a.O., S. 3; Deutsches Orient-Institut, a.a.O., S. 6), mittlerweile abgeschworen und den bewaffneten Kampf abgelehnt (GIGA an VG Karlsruhe vom 01.06.2007, S. 11; Auswärtiges Amt an HessVGH vom 04.04.2007, S. 2). Heute treten beide Organisationen für ein föderales System im Iran sowie Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit ein (Auswärtiges Amt, a.a.O., S. 2; Amnesty International an VG Köln vom 29.05.2007, S. 2). Kurdische Gruppierungen, denen die Regierung separatistische Tendenzen unterstellt, stehen weiterhin im Zentrum der Aufmerksamkeit der iranischen Sicherheitskräfte (Bundesamt, Informations-zentrum Asyl und Migration, Iran – Online Loseblattwerk – 3. Gesellschaft und Bevölkerung, Oktober 2004, S. 14). Zwar ist der innenpolitische Einfluss der kurdischen Exilorganisationen vergleichsweise gering, da im Iran verbotene Organisationen nur im Untergrund und ohne ein offen hervortretendes Netz arbeiten können; gleichwohl sind diese im Land präsent (Deutsches Orient-Institut an HessVGH vom 25.01.2007, S. 17). Die Bedeutung der DPKI nimmt zu (GIGA an VG Karlsruhe vom 01.06.2007, S. 11). Denn die kurdisch oppositionellen Gruppen haben – ohne innenpolitisch Einfluss ausüben zu können – eine lebendig-wirksame Entsprechung im Iran (GIGA an VG Köln vom 06.03.2007, S. 10). Seit 2004 mit Spitzen Anfang und Mitte 2006 kam es in zahlreichen kurdischen Städten zu Demonstrationen, in deren Folge es Verhaftungen und Tote gab. Infolgedessen kam es zu verstärkten Verhaftungen von Mitgliedern kurdischer Organisationen, da die iranischen Sicherheitsbehörden den Grund für solche Aktionen in politischen Gruppen der Kurden im Iran sehen, auch wenn diese nicht unmittelbar gewalttätig sind (GIGA an VG Karlsruhe vom 01.06.2007, S. 10). Es gab Berichte über Auseinandersetzungen zwischen iranischen Sicherheitskräften und kurdischen Extremisten. Die iranischen Sicherheitsbehörden versuchen, den politischen Hinter- und Untergrund solcher Aktivitäten auszuräuchern. Es gibt eine Vielzahl gut belegter Übergriffe, Verhaftungen, Verurteilungen und sogar Todesfälle beim „Umkippen“ der Demonstrationen (GIGA, a.a.O., S. 10). Die Aufstachelung und Anheizung dieser Konflikte kann auch zu einer verschärften Gefährdung der kurdischen Exilopposition führen (GIGA an VG Köln vom 06.03.2007, S. 10). Soweit Aktivitäten von Mitgliedern und Aktivisten der Komalah im Iran bekannt werden, sind die Betreffenden unnachsichtiger staatlicher Verfolgung ausgesetzt (Beschluss des HessVGH vom 24.07.2007, Az.: 6 UE 3107/05.A). Das Auswärtige Amt und das Bundesamt stellten bereits seit Herbst 2002 ein verschärftes Vorgehen gegen die Komalah und andere kurdische Organisationen fest (Auswärtiges Amt an HessVGH vom 04.04.2007; Bundesamt, a.a.O., S. 15).

Die eben skizzierte (ältere) Erkenntnislage wird durch neuere vorliegende Erkenntnisse in der Sache bestätigt.

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe vermerkt in ihrer Länderanalyse vom 16. November 2010 (Iran: Illegale Ausreise/Situation von Mitgliedern der PDKI/politische Aktivitäten im Exil), dass die PDKI (KDPI, DPIK, DPKI) die älteste kurdische Oppositionsgruppe ist. Sie hat 1991 den bewaffneten Kampf aufgegeben und strebt die staatliche Anerkennung kurdischer Rechte in einer föderalen iranischen Republik an. Im Iran haben sich die Repressionen gegen politische Aktivisten und Gegnern des Regimes verstärkt. Kurdische oppositionelle Gruppen, die wie die PDKI in Verdacht stehen, separatistische Ziele zu verfolgen, werden brutal unterdrückt. Aktivisten werden in unfairen Verfahren zu harten Gefängnisstrafen verurteilt. Die Verfolgung kurdischer Oppositioneller beschränkt sich nicht ausschließlich auf Parteimitglieder in hohen Positionen. Der Besitz einer Broschüre oder einer CD mit Informationen zur Partei kann als ein die nationale Sicherheit bedrohender Akt aufgefasst werden. Angesichts des zunehmenden Drucks auf die kurdische Minderheit werden kurdische Iraner, die mehrere Jahre im Ausland gelebt haben, bei einer Rückkehr mit großer Wahrscheinlichkeit von den Geheimdiensten intensiv verhört. Iranische Sicherheitsdienste beobachten und erfassen seit Jahren die politischen Aktivitäten von Exiliranern. Allerdings ist es äußerst schwierig, den Grad der Überwachung von unregelmäßig aktiven Demonstrierenden oder von Personen, die ohne Schlüsselposition an Sitzungen der regierungskritischen Organisationen teilnehmen, einzuschätzen. Die Überwachung von exilierten Regierungskritikern scheint seit den Unruhen im Jahr 2009 zugenommen zu haben. Die, die sich öffentlich kritisch zu den Vorgängen im Iran äußern, müssen bei einer Rückkehr mit Problemen rechnen. Bis heute ist die PDKI eine der großen Oppositionsparteien des iranischen Regimes. Asylbewerber, die an Demonstrationen einer großen Oppositionsgruppe wie der PDKI teilgenommen haben, riskieren bei einer Rückkehr verfolgt zu werden. Für die PDKI aktive Personen laufen Gefahr, bei einer Rückkehr verfolgt und verhört zu werden.

Nach einer Stellungnahme von ACCORD (ACCORD, Anfragebeantwortung zum Iran: Lage von Mitgliedern der Democratic Party of Kurdistan Iran, Verfolgung von Mitgliedern durch iranische Behörden im Nordirak vom 18.11.2013) ist es unmöglich zu sagen, wo die Reizschwelle der Regierung gegenüber kurdischen Aktivitäten liegt. Es gibt keine klare Logik und keine kIare rote Linie. Grundsätzlich gibt es keine Toleranz des iranischen Regimes für irgendwelche Aktivitäten in Verbindung mit kurdischen politischen Parteien. Allerdings ist das System im Iran so kompliziert, dass man nicht vorhersagen kann, welche Gruppe am meisten gefährdet ist; dies ändert sich auch ständig. Des Weiteren hat der iranische Geheimdienst eine starke Präsenz in der kurdischen Region im Nordirak.

Eine Verfolgungsgefahr besteht, wenn sich Asylbewerber im Ausland exponiert haben (vgl. Amnesty International, Auskunft an das VG Würzburg vom 20.3.2014). Seit Herbst 2009 gibt es verstärkte Hinweise auf eine gesteigerte Aufmerksamkeit der iranischen Sicherheitsdienste bezüglich der exilpolitischen Tätigkeit iranischer Staatsangehöriger. Dazu gehört auch, dass verstärkt Personen, die an solchen Tätigkeiten beteiligt gewesen sind, bei späteren Besuchen in den Iran seitens des Sicherheitsdienstes zu ihren Aktionen befragt werden (Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Würzburg vom 24.2.2014).

Nach einer weiteren Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 22.1.2016 zu Iran: Gefährdung eines Mitglieds der KDP bei der Rückkehr in den Iran) werden kurdische Oppositionsgruppen, welche separatistischer Aspirationen verdächtigt werden, im Iran brutal unterdrückt, sie können dort nicht legal tätig sein. Diese Mitglieder werden oftmals unter falschem Vorwand verhaftet und unfairen Gerichtsverfahren unterworfen sowie zu schweren Strafen verurteilt. Die iranische Regierung duldet keinerlei Aktivitäten im Zusammenhang mit kurdischen politischen Parteien im Iran. Im Iran müssen auch Unterstützer mit niedrigem Profil mit ernsthaften Konsequenzen rechnen. Des Weiteren sind Rückkehrer aus dem Irak, die dort in Kontakt mit kurdischen Exilparteien gestanden haben, Gefährdungen ausgesetzt. Der iranische Geheimdienst zeigt in den kurdischen Gebieten im Irak eine starke Präsenz. Iranische Behörden überprüften Rückkehrende, ob sie im Irak gelebt hätten. Alle Personen aus diesem Bereich seien für die Behörden verdächtigt. Sie würden von den iranischen Behörden eine genaue Überprüfung unterzogen, ob ihre dortigen Aktivitäten herauszufinden. Wenn eine Person in Kontakt mit der KDPI oder anderen politischen Parteien war, ist davon auszugehen, dass sie in Schwierigkeiten gerät.

In den vorliegenden Lageberichten des Auswärtigen Amtes (zuletzt Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 8.12.2016, Stand: Oktober 2016 sowie vom 9.12.2015, Stand: November 2015) ist vermerkt, dass die Mitgliedschaft in verbotenen politischen Gruppierungen zu staatlichen Zwangsmaßnahmen führen kann. Zu diesen verbotenen Organisationen zählen unter anderem die Kurdenparteien (z.B. DPIK, Komalah). Den Lageberichten ist weiter zu entnehmen, dass es zunehmend Hinweise auf Diskriminierung von im Iran lebenden Kurden hinsichtlich ihrer kulturellen Eigenständigkeit, Meinungs- und Versammlungsfreiheit in den Fällen gibt, in denen die Zentralregierung separatistische Tendenzen vermutet. Einzelne kurdische Gruppierungen, denen die Regierung separatistische Tendenzen unterstellt, stehen im Zentrum der Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte. Hierzu zählen insbesondere die marxistische Komalah-Partei und die Democratic Party of Iranian Kurdistan (DPIK bzw. DPKI). Diese werden von der Regierung als konterrevolutionäre und terroristische Gruppen betrachtet, die vom Irak aus das Regime bekämpfen. Festnahmen und Verurteilungen zu hohen Gefängnisstrafen einschließlich der Todesstrafe gegen mutmaßliche radikale Mitglieder kommen weiterhin vor. Weiter ist zu den exilpolitischen Tätigkeiten ausgeführt, dass davon auszugehen ist, dass die iranischen Stellen die im Ausland tätigen Oppositionsgruppen genau beobachten. Einer realen Gefährdung bei einer Rückkehr in den Iran setzen sich daher solche führenden Persönlichkeiten der Oppositionsgruppen aus, die öffentlich und öffentlichkeitswirksam (z.B. Redner, Verantwortliche oder leitende Funktionsträger) in Erscheinung treten und zum Sturz des Regimes aufrufen. Im Ausland lebende prominente Vertreter im Iran verbotener Oppositionsgruppen haben im Fall einer Rückführung mit sofortiger Inhaftierung zu rechnen.

Im aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 8.12.2016, Stand Oktober 2016) ist noch angemerkt, dass die PDKI zu den militanten separatistischen Gruppen im Irak zählt, kurdischen Aktivisten von der Zentralregierung separatistische Tendenzen vorgeworfen und diese entsprechend geahndet werden. Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann in den Iran zurückkehrten, können von Repressionen bedroht sein.

Amnesty International (Amnesty, Report 2017, Länderbericht Iran) berichtet, dass zahlreiche Kurden wegen tatsächlicher und vermeintlicher Verbindungen zur Demokratischen Partei Kurdistan – Iran ohne Haftbefehl festgenommen worden sind, nachdem diese im März 2016 angekündigt hatte, ihren bewaffneten Widerstand gegen die iranischen Behörden wieder aufzunehmen. Viele Kurden mussten Gefängnisstrafen verbüßen und sind zum Tod verurteilt worden, weil sie verbotenen kurdischen Oppositionsgruppen angehörten oder mit ihnen sympathisierten.

Das Österreichische Bundesamt für Fremdenwesen (BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Iran vom 22.5.2017 und vom 31.3.2016) führt aus, dass kurdische Gruppierungen wie auch die PDKI aufgrund der unterstellten separatistischen Tendenzen im Zentrum der Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte stehen. Gerade die PDKI wird von der iranischen Regierung als konterrevolutionäre und terroristische Gruppe betrachtet, die vom Irak aus das Regime bekämpft. Einer realen Gefährdung bei einer Rückkehr in den Iran setzen sich solche führende Persönlichkeiten der Oppositionsgruppen aus, die öffentlich und öffentlichkeitswirksam in Erscheinung träten und zum Sturz des Regimes aufrufen. Im Ausland lebende prominente Vertreter im Iran verbotener Oppositionsgruppen haben im Fall einer Rückführung mit sofortiger Inhaftierung zu rechnen. Des Weiteren ist zu beobachten, dass Teilnehmer an irankritischen Demonstrationen bei späteren Besuchen im Iran seitens des Sicherheitsdienstes zu ihren Aktionen befragt werden. Nach Erkenntnissen deutscher Sicherheitsbehörden arbeitet der iranische Geheimdienst primär gegen oppositionelle Exil-Aktivitäten. Im Fokus stehen vor allem Aktivitäten, die als Angriff auf das politische System empfunden werden und die islamischen Grundsätze in Frage stellen.

Ausgehend von dieser Erkenntnislage kommt die Rechtsprechung zum Ergebnis, dass auch nicht radikale Mitglieder kurdischer Oppositionsparteien im Iran flüchtlingsrelevant verfolgt werden können. Gefährdet sind nicht ausschließlich Mitglieder der Partei, sondern auch einfache Anhänger. Auch solche Personen sind im Iran gezielter politischer Repression ausgesetzt, die sich als überzeugte und aktive Mitglieder der Oppositionspartei offenbart haben. Der Grad der Gefährdung wegen exilpolitischer Betätigung übersteigt damit für Mitglieder der Komalah oder auch der PDKI denjenigen, der für Mitglieder und Anhänger anderer Exilorganisationen, wie etwa der Monarchisten, angenommen wird. Abzustellen ist auf eine Einzelfallbeurteilung (vgl. HessVGH, B.v. 24.7.2007 – 6 UE 3108/05.A – juris sowie OVG NRW, B.v. 6.8.2010 – 13 A 829/09.A – juris; VG Bremen U.v. 01.02.2012 – 1 K 173/09.A – juris; VG Karlsruhe, U.v. 28.7.2011 – A 6 K 671/11 – Asylmagazin 2011, 287; VG Ansbach, U.v. 21.7.2011 – AN 18 K 11.30194 – juris; VG Düsseldorf, U.v. 18.8.2010 – 5 K 3884/10.A – juris; VG Oldenburg, U.v. 26.1.2010 – 3 A 135/09 – juris; VG Dresden, U.v. 6.8.2003 – 14 A 30558/00.A – juris; vgl. auch HessVGH, U.v. 21.9.2011 – 6 A 1005/10.A – EzAR-NF 63 Nr. 4; BayVGH, B.v. 9.8.2012 – 14 ZB 12.30263 – juris).

Nach alledem ist festzuhalten, dass bei Mitgliedern, Anhängern oder Sympathisanten der kurdischen Oppositionsgruppen eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit nicht voraussetzt, dass diese in exponierter Stellung nachhaltig als Regimefeinde in die Öffentlichkeit getreten sind. Vielmehr ist auch bei einer abgeschwächten Form oppositioneller Aktivitäten – gerade auch schon im Iran selbst – eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit möglich. Ob eine solche vorliegt, richtet sich weitgehend nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Bei einfachen Mitgliedern und untergeordneten Tätigkeiten für kurdische (exil) oppositionelle Gruppen ist es nach Ansicht des Gerichts erforderlich für die Begründung einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit, dass diese Mitglieder oder Personen erkennbar und identifizierbar derart in die Öffentlichkeit getreten sind, dass sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von den iranischen Behörden und Sicherheitskräften erkannt und identifiziert worden sind und zudem wegen der von ihnen ausgehenden Gefahr ein Verfolgungsinteresse des iranischen Staates besteht. Dafür genügt nicht allein die passive Mitgliedschaft oder die vereinzelte Teilnahme an Demonstrationen. Denn es ist nicht als realistisch anzusehen, dass jede Person, welche an Veranstaltungen der kurdischen Exilopposition teilnimmt, als möglicher Regimefeind erkannt und verfolgt wird. Denn ein bloßer Mitläufer ist nicht gefährdet. Auch bei Mitgliedern der PDKI ist nach dem Gesamtbild der Aktivitäten die Einzelfallbeurteilung das maßgebliche Kriterium für die Bewertung der Verfolgungsrelevanz exilpolitischer Aktivitäten. Das Bestehen einer beachtlichen wahrscheinlichen Verfolgungsgefahr ist nach den konkret-individuellen Gesamtumständen des Einzelfalles zu beurteilen. Entscheidend ist dabei, ob die Aktivitäten den jeweiligen Asylsuchenden aus der Masse der mit dem Regime im Teheran Unzufriedenen herausheben und ihn als ernsthaften (und gefährlichen) Regimegegner erscheinen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2012 – 14 ZB 12.30263 – juris; OVG NRW, B.v. 6.8.2010 – 13 A 829/09.A – juris).

Vor diesem Hintergrund besteht für die Klägerin nach derzeitiger Auskunftslage aufgrund des Gesamtbildes ihrer oppositionellen und auch exilpolitischen Tätigkeiten eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung bei einer Rückkehr in den Iran. Denn nach dem persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung hat das Gericht keine Zweifel, dass die Klägerin über Jahre hinweg zunächst im Iran sowie jetzt auch in der Bundesrepublik Deutschland aktiv gewesen ist und noch aktiv ist. Dies hat sie glaubhaft und nachvollziehbar unter Hinweis auf verschiedene Belege vorgebracht.

Die in der mündlichen Verhandlung auf Kurdisch angehörte Klägerin hat vorab betont, dass sie bei der Bundesamtsanhörung trotz eines entsprechenden Hinweises ihrer Seite auf Persisch angehört worden sei. Darauf beruhten auch möglicherweise Missverständnisse. Das Protokoll sei auch nicht ganz zurückübersetzt worden. Hauptmissverständnis sei, dass sie gegenüber dem Bundesamt nicht behauptet habe, im Geheimdienst der Partei aktiv gewesen sei, sondern sie sei vielmehr im Geheimen für die Partei aktiv gewesen bzw. heimlich für die Partei aktiv gewesen und habe so Informationen weitergegeben.

Die Klägerin schilderte, dass sie Mitglied einer regimekritischen kurdischen Familie gewesen sei und in dieser Familie aufgewachsen sei, so dass sie automatisch für kurdische Partei gewesen sei. Sie räumte weiter ehrlich ein, dass sie lediglich zu Studienzwecken in den Irak gegangen sei und dort zwar schon für die Partei sympathisiert habe, aber nicht aktiv gewesen sei. Auch die Reisen vom Irak in den Iran hätten nur aus persönlichen Gründen stattgefunden. Erst nach dem Studium und der Scheidung sei sie im Jahr 2013 in den Iran zurückgekehrt. Im Iran sei sie dann erst der Partei beigetreten. Sie sei förmlich beigetreten, habe aber lediglich aus Sicherheitsgründen kein Ausweisdokument erhalten. Hauptbeweggrund für den Beitritt sei nicht der eine Bruder gewesen, wenn er ihr auch den Parteibeitritt erleichtert habe. Vielmehr deckten sich – ausgehend vom Herkommen – die Ziele der Partei mit ihrem sozialen und persönlichen Glauben, etwa zu Gerechtigkeit und den Rechten der Frauen. Hauptziel der Partei sei es junge Leute und auch Frauen wieder aufzubauen und zu motivieren. Da sie studiert habe, habe sie sich dafür als nützlich angesehen.

Glaubhaft sind des Weiteren die Angaben der Klägerin zu ihren Aktivitäten im Iran. Auf Nachfrage konnte sie auch Details berichten. Sie beschrieb dass wiederholt Personen zu ihr kamen mit einem USB-Stick. Sie habe als Bauingenieurin in einem eigenen Büro gearbeitet. Dort seien die Daten von diesem Stick auf ihren PC übertragen worden und die betreffende Person habe den Stick sogleich wieder mitgenommen. Ihre Aufgabe sei es dann gewesen die Daten auf eine CD bzw. auf mehrere CDs zu brennen oder auch auf Papier auszudrucken. Manchmal habe sie die Daten anschließend gleich von ihrem PC gelöscht und manchmal erst nach zwei Wochen oder 20 Tagen. Sie habe sich sicher gefühlt, weil es ihr Büro gewesen sei. Die CDs und auch das von ihr bedruckte Papier seien dann von anderen Personen wieder abgeholt worden. Die Klägerin betonte wiederholt, dass sie heimlich tätig gewesen sei, aber nicht im Geheimdienst der kurdischen Partei.

Weiter schilderte die Klägerin ihre Aktivitäten in der Frauenunion, die auch in der vorgelegten Bescheinigung der Partei erwähnt sind. Entgegen der Aussage im streitgegenständlichen Bescheid – der dies offenbar übersehen hatte – hatte die Klägerin ihre Aktivitäten für die Frauenunion auch bei der Anhörung beim Bundesamt schon verlautbart. Auf Seite 5 ist insofern ausdrücklich in der Niederschrift zur Anhörung festgehalten, dass das Ziel der Partei gewesen sei, Frauen und junge Leute zu informieren, damit diese die Partei kennenlernten. Sie sei im „Frauenverein“ gewesen (siehe Seite 5 der Bundesamtsanhörung, Bl. 133 der Bundesamtsakte). In der mündlichen Verhandlung erläuterte die Klägerin nachvollziehbar, dass sie in dieser Funktion für die Frauenbildung, die Frauenrechte und deren Gleichberechtigung gekämpft habe. Insoweit passten diese Aktivitäten im Rahmen der Parteimitgliedschaft zu ihrem persönlichen Glauben. Die Klägerin räumte insofern ehrlich ein, dass sie nur ausnahmsweise direkten Kontakt mit anderen Frauen bei Zivilversammlungen gehabt habe. Ansonsten habe sie für die Frauen und deren Motivation heimlich gekämpft, ohne direkten Kontakt zu haben, sondern über die von ihr gefertigten CDs und Papiere, die sie ausgedruckt habe.

Die Klägerin beschrieb des Weiteren die Verfolgungsmaßnahmen, einerseits die Durchsuchung ihres Büros und ihr anschließendes Untertauchen, andererseits die Aktivitäten der Behörden nach ihrer Ausreise. Die Behörden hätten ihre Familie einige Zeit beobachtet und hätten auch ihren Bruder befragt und sogar geprügelt („ein bisschen gefoltert“). Der Bruder habe nichts gesagt. Über lange Zeit seien die Behörden immer wieder gekommen. Auch der andere Bruder sei befragt worden sowie die Mutter. Ehrlich räumte die Klägerin ein, dass es momentan etwas ruhiger geworden sei. Vorladungen oder sonstiges Schriftliches habe sie nicht bekommen. Die Sicherheitskräfte würden keinen gesetzlichen Umgang mit ihnen pflegen. Sie würden ohne Vorwarnung kommen. Politische Aktivisten würden ohne Gerichte und ohne Urteil hingerichtet oder verschwinden.

Die Klägerin hat ihre Aktivitäten für die PDK in Deutschland fortgeführt, wie die teilweise gegenüber dem Bundesamt, teilweise im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen belegen. Die Klägerin hat dazu weiter Fotos vorgelegt. Auch insofern gab die Klägerin aufrichtig und, ohne aufzubauschen, an, dass sie zwar zweimal etwas vorgelesen habe, aber innerhalb der Partei keine besondere Funktionen habe und auch nicht an allen Parteiveranstaltungen teilnehmen könne. Sie habe so ca. dreimal 2016 und dreimal 2017 an Parteiveranstaltungen teilgenommen, wie auch mit Lichtbildern dokumentiert sei. Es gebe noch mehr Parteiaktivitäten, aber aus ihren persönlichen und finanziellen Gründen und wegen ihrer familiären Umstände (mit ihrer minderjährigen Tochter) könne sie nicht öfter teilnehmen. Die Veranstaltungen, an denen sie teilgenommen hätte, seien etwa der Gründungstag der Partei am 16. August oder der Gründungstag der Republik am 21. Januar sowie das kurdische Neujahrsfest gewesen.

Hinzu kommen die Internet-Aktivitäten im Zusammenhang mit der PDK. Die Partei würde über das Internet allgemein ihr Programm und ihre Ziele und Aktivitäten auch nach Kurdistan schicken. Im Internet seien Fotos von ihr. Es gebe einen öffentlichen und einen nicht-öffentlichen Bereich. Der nicht-öffentliche Bereich sei den Parteimitgliedern vorbehalten. Im öffentlichen Bereich könnten auch Externe Beträge reinschreiben. Sie sei auch im nicht-öffentlichen Bereich mit Namen und Foto erkennbar. Wenn der iranische Geheimdienst nachschauen würde, würde er auch auf dieser Seite ihren Namen finden. Der iranische Geheimdienst habe aber ohnehin ihren Namen.

Gerade durch das Internet hat sich die Klägerin gegenüber dem iranischen Regime als Regimekritikerin zusätzlich identifizierbar gemacht.

Dabei sind die Internetaktivitäten nicht isoliert zu würdigen, sondern im Zusammenhang mit den übrigen (exil) politischen Aktivitäten. Anderes als eine Vielzahl iranischer Asylbewerber setzt sich die Klägerin vorliegend dem ernsthaften Risiko einer politischen Verfolgung bei einer Rückkehr in ihr Heimatland aus, weil ihre Veröffentlichungen im Zusammenhang mit der den Aktivitäten für die PDK stehen. Der Zusammenhang mit der PDK begründet ein ernsthaftes Verfolgungsrisiko, weil dadurch ein Verfolgungsinteresse des iranischen Staates geweckt wird. Denn bei den irakischen Sicherheitsbehörden kann dadurch konkret der Verdacht hervorgerufen werden, dass die Aktivitäten der Organisation oppositioneller Strömungen dienen. So hat etwa das Deutsche Orientinstitut in einer Auskunft vom 22. Oktober 2010 an den HessVGH ausgeführt, dass kritische Äußerungen im Internet eine Verfolgungsgefahr begründen, sofern weitere Kontakte und Verbindungen zu Oppositionsgruppen vorhanden sind und das Internet zur Organisation oppositioneller Strömungen dienen kann (vgl. HessVGH, U.v. 21.9.2011 – 6 A 1005/10.A – EzAR-NF 63 Nr. 4 unter Bezugnahme auf eine Auskunft des Deutschen Orientinstituts vom 21.10.2010 an den HessVGH).

Insgesamt betrachtet ist das Gericht überzeugt, dass die Klägerin sowohl qualitativ als auch quantitativ gerade durch ihre Aktivitäten für die PDK ein oppositionelles Engagement an den Tag gelegt, das eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit begründet. Aufgrund der Infiltrierung der PDK sowohl im Irak/Iran als auch in Deutschland ist davon auszugehen, dass die Klägerin durch ihre Aktivitäten mit beachtlicher Wahrscheinlichkeiten von den iranischen Behörden und der Sicherheitskräften erkannt und identifiziert worden ist, so dass sie bei einer Rückkehr in den Iran mit Verfolgung rechnen muss. Aufgrund ihrer Aktivitäten und aufgrund ihres regimekritischen Verhaltens im Zusammenhang mit der PDK ist das Gericht auch vom Vorhandensein eines Verfolgungsinteresses des iranischen Staates überzeugt. Bei einer eventuellen Rückkehr in den Iran müsste die Klägerin unter Gesamtwürdigung aller Umstände mit Verfolgungsmaßnahmen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit rechnen.

Nach § 28 Abs. 1 AsylG kann sich die Klägerin bei der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG schließlich auch auf Umstände stützen, die nach Verlassen ihres Herkunftslandes entstanden sind.

Nach alledem ist der Klägerin unter Aufhebung der sie betreffenden Antragsablehnung in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides – soweit sich dieser auf die Klägerin bezieht – die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen. Infolgedessen besteht kein Anlass für eine weitere Entscheidung über die Zuerkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG oder sonstige Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG, so dass die Nrn. 3 und 4 des Bescheides des Bundesamtes ebenfalls aufzuheben waren (vgl. § 31 Abs. 2 Satz 1 AsylG [„oder“] und § 31 Abs. 3 Satz 2 AsylG). Über die hilfsweise gestellten Anträge, insbesondere zum subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) bzw. zu den nationalen Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG), war nicht zu entscheiden.

Des Weiteren sind auch die verfügte Abschiebungsandrohung und die Ausreisefristbestimmung (Nr. 5 des Bundesamtsbescheids) rechtswidrig und daher – bezogen auf die Klägerin – aufzuheben. Denn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erlässt nach § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 und § 60 Abs. 10 AufenthG die Abschiebungsandrohung nur, wenn der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt und ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt wird. Umgekehrt darf im Fall der Flüchtlingszuerkennung eine Abschiebungsandrohung nicht ergehen. Letzteres ist im gerichtlichen Verfahren – wenn auch noch nicht rechtskräftig – festgestellt.

Schließlich war auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG (Nr. 6 des Bundesamtsbescheids) aufzuheben, weil mit der Aufhebung der Abschiebungsandrohung auch die Voraussetzungen für die Entscheidung über die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 2 AufenthG entfallen (vgl. § 75 Nr. 12 AufenthG).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 16. Okt. 2017 - W 8 K 17.31567 zitiert 21 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3a Verfolgungshandlungen


(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3b Verfolgungsgründe


(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen: 1. der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;2. der Begrif

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 25 Anhörung


(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über W

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 31 Entscheidung des Bundesamtes über Asylanträge


(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 28 Nachfluchttatbestände


(1) Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 75 Aufgaben


Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat unbeschadet der Aufgaben nach anderen Gesetzen folgende Aufgaben: 1. Koordinierung der Informationen über den Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit zwischen den Ausländerbehörden, der Bundesagentur

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 15. Feb. 2016 - A 11 K 1658/15

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Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Tatbestand   1 Der am ...1986 geborene Kläger ist iranischer Staatsangehöriger. Er reiste am 26.09.2012 in das Bundesgebiet ein. Am 10.10.2012

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bei uns veröffentlicht am 27.04.2010

Tatbestand 1 Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, begehrt Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG.

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein 1960 geborener algerischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung.

2

Er stellte im Oktober 1992 einen Asylantrag. Nachdem er unbekannt verzogen war, lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge - jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) - den Antrag mit Bescheid vom 8. November 1993 als offensichtlich unbegründet ab. Einen weiteren Asylantrag unter einem Aliasnamen lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 24. September 1993 ab.

3

Im November 1994 wurde der Kläger von den französischen Behörden wegen des Verdachts der Vorbereitung terroristischer Aktionen in Algerien festgenommen. Das Tribunal de Grande Instance de Paris verurteilte ihn am 22. Januar 1999 u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu einer Gefängnisstrafe von acht Jahren.

4

Nachdem der Kläger im März 2001 aus französischer Haft entlassen worden war, stellte er im Juli 2001 in Deutschland einen Asylfolgeantrag, den er auf die überregionale Berichterstattung über den Strafprozess in Frankreich und die daraus resultierende Verfolgungsgefahr in Algerien stützte. Er gab an, nie für eine terroristische Vereinigung aktiv gewesen zu sein; der Prozess in Frankreich sei eine Farce gewesen. Mit Bescheid vom 15. Oktober 2002 lehnte das Bundesamt die Anerkennung als Asylberechtigter ab, stellte jedoch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich Algeriens fest. Angesichts der Berichterstattung über den Strafprozess müsse davon ausgegangen werden, dass der algerische Auslandsgeheimdienst den Prozess beobachtet habe und der Kläger in das Blickfeld algerischer Behörden geraten sei. Bei einer Rückkehr nach Algerien bestehe deshalb die beachtliche Gefahr von Folter und Haft.

5

Mit Bescheid vom 1. Juni 2005 nahm das Bundesamt den Anerkennungsbescheid vom 15. Oktober 2002 mit Wirkung für die Zukunft zurück. Die Feststellung sei von Anfang an fehlerhaft gewesen, da das Vorliegen der Ausnahmetatbestände in § 51 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 und Satz 2 Alt. 3 AuslG verkannt worden sei. Angesichts der rechtskräftigen Verurteilung in Frankreich stehe fest, dass der Kläger eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle. Das Verwaltungsgericht hat den Rücknahmebescheid mit rechtskräftigem Urteil vom 27. Oktober 2006 aufgehoben, da das Bundesamt die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG versäumt habe.

6

Mit Schreiben vom 10. Juli 2007 leitete das Bundesamt ein Widerrufsverfahren ein, in dessen Verlauf der Kläger bestritt, dass sich die Verhältnisse in Algerien entscheidungserheblich geändert hätten. Mit Bescheid vom 21. Dezember 2007 widerrief das Bundesamt die mit Bescheid vom 15. Oktober 2002 getroffene Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG. Darüber hinaus stellte es fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen. Durch die im September 2005 per Referendum angenommene "Charta für Frieden und nationale Aussöhnung" sowie die zu deren Umsetzung erlassenen Vorschriften habe Algerien weitgehende Straferlasse für Mitglieder islamistischer Terrorgruppen eingeführt. Die Amnestieregelungen würden konsequent und großzügig umgesetzt und fänden auch nach Ablauf des vorgesehenen Stichtags weiter Anwendung. Der Kläger habe daher im Falle seiner Rückkehr nach Algerien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politisch motivierte Verfolgung zu befürchten.

7

Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid durch Urteil vom 20. Mai 2008 aufgehoben, da dem Widerruf bereits die Rechtskraft des Urteils vom 27. Oktober 2006 entgegenstehe. Der angefochtene Widerruf erweise sich im Ergebnis als eine die Rücknahme vom 1. Juni 2005 ersetzende Entscheidung.

8

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 15. Dezember 2009 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zwar stehe die Rechtskraft des die Rücknahme aufhebenden Urteils dem Widerruf nicht entgegen, denn die Streitgegenstände dieser beiden Verwaltungsakte seien nicht identisch. Dennoch erweise sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis als richtig, da die Voraussetzungen für den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung nicht vorlägen. Dieser sei gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nur möglich, wenn der Betroffene wegen zwischenzeitlicher Veränderungen im Heimatstaat vor künftiger Verfolgung hinreichend sicher sei. Das sei beim Kläger nicht der Fall. Er falle nicht unter die Stichtagsregelung der Amnestieregelung; ob die Anwendungspraxis auch den Fall des Klägers erfasse, sei unsicher. Angesichts der weiterhin bestehenden Repressionsstrukturen seien ausreichende Anhaltspunkte für eine allgemeine Liberalisierung in Algerien nicht vorhanden.

9

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte, das Berufungsgericht sei zu Unrecht von dem abgesenkten Wahrscheinlichkeitsmaßstab ausgegangen. Unter Geltung der Qualifikationsrichtlinie würde selbst ein Vorverfolgter nur durch die widerlegbare Verfolgungsvermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie privilegiert. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH sei beim Widerruf eines nicht Vorverfolgten der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen.

10

Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil aus den Gründen der Ausgangsentscheidung. Darüber hinaus macht er geltend, dass einem anerkannten Flüchtling aufgrund seines Aufenthalts in der Bundesrepublik und des Vertrauens auf seinen gefestigten Status ein größerer Schutz zu gewähren sei als einem Asylbewerber bei der Entscheidung über seine Anerkennung.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet, denn das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Zwar hat das Berufungsgericht den Widerrufsbescheid zu Recht sachlich geprüft und nicht bereits wegen des aus der Rechtskraft folgenden Wiederholungsverbots aufgehoben (1.). Es hat aber der Verfolgungsprognose, die es bei Prüfung der Voraussetzungen für den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung gestellt hat, einen unzutreffenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab zugrunde gelegt (2.). Mangels der für eine abschließende Entscheidung notwendigen tatsächlichen Feststellungen kann der Senat in der Sache weder in positiver noch in negativer Hinsicht selbst entscheiden. Die Sache ist daher an den Verwaltungsgerichtshof zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

12

1. Dem Erlass des streitgegenständlichen Widerrufsbescheids steht nicht entgegen, dass die zuvor verfügte Rücknahme der Flüchtlingsanerkennung im Vorprozess rechtskräftig aufgehoben worden ist. Nach § 121 Nr. 1 VwGO binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Soweit der personelle und sachliche Umfang der Rechtskraft reicht, ist die im Vorprozess unterlegene Behörde bei unveränderter Sach- und Rechtslage daran gehindert, einen neuen Verwaltungsakt aus den vom Gericht missbilligten Gründen zu erlassen (vgl. Urteile vom 8. Dezember 1992 - BVerwG 1 C 12.92 - BVerwGE 91, 256 <257 f.> = Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 63 und vom 28. Januar 2010 - BVerwG 4 C 6.08 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 99). Das Wiederholungsverbot erfasst aber nur inhaltsgleiche Verwaltungsakte, d.h. die Regelung desselben Sachverhalts durch Anordnung der gleichen Rechtsfolge (Urteil vom 30. August 1962 - BVerwG 1 C 161.58 - BVerwGE 14, 359 <362> = Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 4 und Beschluss vom 15. März 1968 - BVerwG 7 C 183.65 - BVerwGE 29, 210 <213 f.>).

13

In Anwendung dieser Kriterien erweisen sich Rücknahme einer Flüchtlingsanerkennung wegen Nichtbeachtung zwingender Ausschlussgründe und deren Widerruf wegen Wegfalls der sie begründenden Umstände nicht als inhaltsgleich. Zwar erfolgte die Rücknahme im Fall des Klägers nur mit Wirkung für die Zukunft, so dass die beiden Verwaltungsakte auf dieselbe Rechtsfolge gerichtet waren (vgl. aus einer anderen Perspektive Urteil vom 24. November 1998 - BVerwG 9 C 53.97 - BVerwGE 108, 30 <35>). Aber die den beiden Aufhebungsakten zugrunde liegenden rechtlichen Voraussetzungen und die hierbei zu berücksichtigenden Tatsachen unterscheiden sich: Während die Rücknahme auf einer anderen rechtlichen Beurteilung eines vergangenen Sachverhalts beruht, stützt sich der Widerruf nach § 73 Abs. 1 AsylVfG auf eine nach der Anerkennung eingetretene Sachverhaltsänderung. Daher greift das Wiederholungsverbot im vorliegenden Fall nicht.

14

2. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Widerrufs ist § 73 AsylVfG in der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) - Richtlinienumsetzungsgesetz - am 28. August 2007 geltenden Fassung (Bekanntmachung der Neufassung des Asylverfahrensgesetzes vom 2. September 2008, BGBl I S. 1798). Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Dies ist gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG insbesondere der Fall, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt.

15

Mit § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 11 Abs. 1 Buchst. e und f der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 304 vom 30. September 2004 S. 12; berichtigt ABl EU Nr. L 204 vom 5. August 2005 S. 24) über das Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft nach Wegfall der die Anerkennung begründenden Umstände umgesetzt. Daher sind die Widerrufsvoraussetzungen in § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG unionsrechtskonform im Sinne der entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie auszulegen, die sich ihrerseits an Art. 1 C Nr. 5 und 6 der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - orientieren. Dies gilt auch für Fälle, in denen die zugrunde liegenden Schutzanträge - wie hier - vor dem Inkrafttreten der Richtlinie gestellt worden sind (vgl. Urteil vom 24. Februar 2011 - BVerwG 10 C 3.10 - juris Rn. 9; zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE vorgesehen).

16

Der angefochtene Bescheid erweist sich nicht deshalb als rechtswidrig, weil das Bundesamt bei seiner Widerrufsentscheidung kein Ermessen ausgeübt hat. Durch die klarstellende Neuregelung in § 73 Abs. 7 AsylVfG ist geklärt, dass in den Fällen, in denen - wie vorliegend - die Entscheidung über die Flüchtlingsanerkennung vor dem 1. Januar 2005 unanfechtbar geworden ist, die Prüfung nach § 73 Abs. 2a Satz 1 AsylVfG spätestens bis zum 31. Dezember 2008 zu erfolgen hat. Damit hat der Gesetzgeber eine Übergangsregelung für vor dem 1. Januar 2005 unanfechtbar gewordene Altanerkennungen getroffen und festgelegt, bis wann diese auf einen Widerruf oder eine Rücknahme zu überprüfen sind. Daraus folgt, dass es vor einer solchen Prüfung und Verneinung der Widerrufs- und Rücknahmevoraussetzungen in dem seit dem 1. Januar 2005 vorgeschriebenen Verfahren (Negativentscheidung) keiner Ermessensentscheidung bedarf (Urteil vom 25. November 2008 - BVerwG 10 C 53.07 - Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 31 Rn. 13 ff.).

17

Das Berufungsurteil ist aber hinsichtlich der materiellen Widerrufsvoraussetzungen und speziell mit Blick auf den der Verfolgungsprognose zugrunde gelegten Wahrscheinlichkeitsmaßstab nicht mit § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG zu vereinbaren, der im Lichte der Richtlinie 2004/83/EG auszulegen ist. Nach Art. 11 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie ist ein Drittstaatsangehöriger nicht mehr Flüchtling, wenn er nach Wegfall der Umstände, aufgrund derer er als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Bei der Prüfung dieses Erlöschensgrundes haben die Mitgliedstaaten zu untersuchen, ob die Veränderung der Umstände erheblich und nicht nur vorübergehend ist, so dass die Furcht des Flüchtlings vor Verfolgung nicht länger als begründet angesehen werden kann (Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie). Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie regelt die Beweislastverteilung dahingehend, dass der Mitgliedstaat - unbeschadet der Pflicht des Flüchtlings, gemäß Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie alle maßgeblichen Tatsachen offenzulegen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen - in jedem Einzelfall nachweist, dass die betreffende Person nicht länger Flüchtling ist oder es nie gewesen ist.

18

a) Diese unionsrechtlichen Vorgaben hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 2. März 2010 (Rs. C-175/08 u.a., Abdulla u.a. - NVwZ 2010, 505) dahingehend konkretisiert, dass der in Art. 11 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie angesprochene "Schutz des Landes" sich nur auf den bis dahin fehlenden Schutz vor den in der Richtlinie aufgeführten Verfolgungshandlungen bezieht (EuGH, Urteil vom 2. März 2010 a.a.O. Rn. 67, 76, 78 f.). Dazu hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass sich die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft wegen Veränderungen im Herkunftsland grundsätzlich spiegelbildlich zur Anerkennung verhält. Art. 11 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG sieht - ebenso wie Art. 1 C Nr. 5 GFK - vor, dass die Flüchtlingseigenschaft erlischt, wenn die Umstände, aufgrund derer sie zuerkannt wurde, weggefallen sind, wenn also die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling nicht mehr vorliegen (EuGH, Urteil vom 2. März 2010 a.a.O. Rn. 65). Nach Art. 2 Buchst. c der Richtlinie ist Flüchtling, wer sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, außerhalb des Landes seiner Staatsangehörigkeit befindet, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Ändern sich die der Anerkennung zugrunde liegenden Umstände und erscheint die ursprüngliche Furcht vor Verfolgung im Sinne des Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG deshalb nicht mehr als begründet, kann der Betreffende es nicht mehr ablehnen, den Schutz seines Herkunftslands in Anspruch zu nehmen (EuGH, Urteil vom 2. März 2010 a.a.O. Rn. 66), soweit er auch nicht aus anderen Gründen Furcht vor "Verfolgung" im Sinne des Art. 2 Buchst. c der Richtlinie haben muss (ebd. Rn. 76). Die Umstände, die zur Zuerkennung oder umgekehrt zum Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft führen, stehen sich mithin in symmetrischer Weise gegenüber (so EuGH, Urteil vom 2. März 2010 a.a.O. Rn. 68).

19

Mit Blick auf die Maßstäbe für das Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchst. e und Abs. 2 der Richtlinie hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die Veränderung der Umstände erheblich und nicht nur vorübergehend sein muss, so dass die Furcht des Flüchtlings vor Verfolgung nicht länger als begründet angesehen werden kann (EuGH, Urteil vom 2. März 2010 a.a.O. Rn. 72). Dafür muss feststehen, dass die Faktoren, die die Furcht des Flüchtlings vor Verfolgung begründeten und zur Flüchtlingsanerkennung führten, beseitigt sind und diese Beseitigung als dauerhaft angesehen werden kann (EuGH, Urteil vom 2. März 2010 a.a.O. Rn. 73).

20

aa) Eine erhebliche Veränderung der verfolgungsbegründenden Umstände setzt voraus, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse im Herkunftsland mit Blick auf die Faktoren, aus denen die zur Flüchtlingsanerkennung führende Verfolgungsgefahr hergeleitet worden ist, deutlich und wesentlich geändert haben. In der vergleichenden Betrachtung der Umstände im Zeitpunkt der Flüchtlingsanerkennung und der für den Widerruf gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Sachlage muss sich durch neue Tatsachen eine signifikant und entscheidungserheblich veränderte Grundlage für die Verfolgungsprognose ergeben. Die Neubeurteilung einer im Kern unveränderten Sachlage reicht nicht aus, denn reiner Zeitablauf bewirkt für sich genommen keine Sachlagenänderung. Allerdings sind wegen der Zeit- und Faktizitätsbedingtheit einer asylrechtlichen Gefahrenprognose Fallkonstellationen denkbar, in denen der Ablauf einer längeren Zeitspanne ohne besondere Ereignisse im Verfolgerstaat im Zusammenhang mit anderen Faktoren eine vergleichsweise höhere Bedeutung als in anderen Rechtsgebieten zukommt (vgl. Urteile vom 19. September 2000 - BVerwG 9 C 12.00 - BVerwGE 112, 80 <84> und vom 18. September 2001 - BVerwG 1 C 7.01 - BVerwGE 115, 118 <124 f.>).

21

Wegen der Symmetrie der Maßstäbe für die Anerkennung und das Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft kann seit Umsetzung der in Art. 11 und Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG enthaltenen unionsrechtlichen Vorgaben an der bisherigen, unterschiedliche Prognosemaßstäbe heranziehenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 73 AsylVfG nicht festgehalten werden. Danach setzte der Widerruf der Flüchtlingsanerkennung voraus, dass sich die zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse nachträglich so verändert haben, dass bei einer Rückkehr des Ausländers in seinen Herkunftsstaat eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist (Urteile vom 1. November 2005 - BVerwG 1 C 21.04 - BVerwGE 124, 277 <281> und vom 12. Juni 2007 - BVerwG 10 C 24.07 - Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 28 Rn. 18; so auch das Berufungsgericht in der angefochtenen Entscheidung). Dieser gegenüber der beachtlichen Wahrscheinlichkeit abgesenkte Maßstab ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zum Asylgrundrecht für Fälle der Vorverfolgung entwickelt worden. Er wurde dann auf den Flüchtlingsschutz übertragen und hat schließlich Eingang in die Widerrufsvoraussetzungen gefunden, soweit nicht eine gänzlich neue oder andersartige Verfolgung geltend gemacht wird, die in keinem inneren Zusammenhang mehr mit der früheren steht (Urteil vom 18. Juli 2006 - BVerwG 1 C 15.05 - BVerwGE 126, 243 Rn. 26).

22

Dieses materiellrechtliche Konzept unterschiedlicher Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe für die Verfolgungsprognose ist der Richtlinie 2004/83/EG fremd. Sie verfolgt vielmehr bei einheitlichem Prognosemaßstab für die Begründung und das Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft einen beweisrechtlichen Ansatz, wie er bei der Nachweispflicht der Mitgliedstaaten nach Art. 14 Abs. 2 und der tatsächlichen Verfolgungsvermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie zum Ausdruck kommt (Urteile vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 20 ff. und vom 7. September 2010 - BVerwG 10 C 11.09 - juris Rn. 15). Das ergibt sich neben dem Wortlaut der zuletzt genannten Vorschrift auch aus der Entstehungsgeschichte, denn die Bundesrepublik Deutschland konnte sich mit ihrem Vorschlag, zwischen den unterschiedlichen Prognosemaßstäben der beachtlichen Wahrscheinlichkeit und der hinreichenden Sicherheit zu differenzieren, nicht durchsetzen (vgl. die Beratungsergebnisse der Gruppe "Asyl" vom 25. September 2002, Ratsdokument 12199/02 S. 8 f.). Demzufolge gilt unionsrechtlich beim Flüchtlingsschutz für die Verfolgungsprognose ein einheitlicher Wahrscheinlichkeitsmaßstab, auch wenn der Antragsteller bereits Vorverfolgung erlitten hat. Dieser in dem Tatbestandsmerkmal "... aus der begründeten Furcht vor Verfolgung ..." des Art. 2 Buchst. c der Richtlinie enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Er stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab ("real risk"; vgl. nur EGMR, Große Kammer, Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi - NVwZ 2008, 1330 ); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (Urteil vom 18. April 1996 - BVerwG 9 C 77.95 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 4; Beschluss vom 7. Februar 2008 - BVerwG 10 C 33.07 - ZAR 2008, 192 ; Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 22).

23

Aus der konstruktiven Spiegelbildlichkeit von Anerkennungs- und Erlöschensprüfung, in der die gleiche Frage des Vorliegens einer begründeten Furcht vor Verfolgung im Sinne des Art. 9 i.V.m. Art. 10 der Richtlinie zu beurteilen ist, ergibt sich, dass sich der Maßstab der Erheblichkeit für die Veränderung der Umstände danach bestimmt, ob noch eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung besteht (vgl. EuGH, Urteil vom 2. März 2010 a.a.O. Rn. 84 ff., 98 f.). Die Richtlinie kennt nur diesen einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zur Beurteilung der Verfolgungsgefahr unabhängig davon, in welchem Stadium - Zuerkennen oder Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft - diese geprüft wird. Es spricht viel dafür, dass die Mitgliedstaaten hiervon in Widerrufsverfahren nicht nach Art. 3 der Richtlinie zugunsten des Betroffenen abweichen können. Denn die zwingenden Erlöschensgründe dürften zu den Kernregelungen zählen, die in allen Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen sind, um das von der Richtlinie 2004/83/EG geschaffene System nicht zu beeinträchtigen (vgl. EuGH, Urteil vom 9. November 2010 - Rs. C-57/09 und C-101/09, B und D - NVwZ 2011, 285 Rn. 120 zu den Ausschlussgründen). Das kann aber hier dahinstehen, da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der deutsche Gesetzgeber mit dem Richtlinienumsetzungsgesetz vom 19. August 2007 bei der Flüchtlingsanerkennung an den oben dargelegten unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstäben des nationalen Rechts festhalten wollte. Vielmehr belegt der neu eingefügte § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG, demzufolge für die Feststellung einer Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG u.a. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie ergänzend anzuwenden ist, dass der Gesetzgeber sich den beweisrechtlichen Ansatz der Richtlinie zu eigen gemacht hat.

24

bb) Des Weiteren darf die Veränderung der der Flüchtlingsanerkennung zugrunde liegenden Umstände nach Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG nicht nur vorübergehender Natur sein. Vielmehr muss festgestellt werden, dass die Faktoren, die die Furcht des Flüchtlings vor Verfolgung begründen und zur Flüchtlingsanerkennung geführt haben, als dauerhaft beseitigt angesehen werden können (EuGH, Urteil vom 2. März 2010 a.a.O. Rn. 72 ff.). Für den nach Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie dem Mitgliedstaat obliegenden Nachweis, dass eine Person nicht länger Flüchtling ist, reicht nicht aus, dass im maßgeblichen Zeitpunkt kurzzeitig keine begründete Furcht vor Verfolgung (mehr) besteht. Die erforderliche dauerhafte Veränderung verlangt dem Mitgliedstaat vielmehr den Nachweis der tatsächlichen Grundlagen für die Prognose ab, dass sich die Veränderung der Umstände als stabil erweist, d.h. dass der Wegfall der verfolgungsbegründenden Faktoren auf absehbare Zeit anhält. Der Senat hat in einem Fall, in dem ein verfolgendes Regime gestürzt worden ist (Irak), bereits entschieden, dass eine Veränderung in der Regel nur dann als dauerhaft angesehen werden kann, wenn im Herkunftsland ein Staat oder ein sonstiger Schutzakteur im Sinne des Art. 7 der Richtlinie 2004/83/EG vorhanden ist, der geeignete Schritte eingeleitet hat, um die der Anerkennung zugrunde liegende Verfolgung zu verhindern (Urteil vom 24. Februar 2011 a.a.O. Rn. 17). Denn der Widerruf der Flüchtlingseigenschaft ist nur gerechtfertigt, wenn dem Betroffenen im Herkunftsstaat nachhaltiger Schutz geboten wird, nicht (erneut) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt zu werden. So wie die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung im Rahmen der Verfolgungsprognose eine "qualifizierende" Betrachtungsweise im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung aus der Sicht eines vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen nicht zuletzt unter Einbeziehung der Schwere des befürchteten Eingriffs verlangt und damit dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit Rechnung trägt (Urteil vom 5. November 1991 - BVerwG 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162 <169 f.>; Beschluss vom 7. Februar 2008 a.a.O. juris Rn. 37), gilt dies auch für das Kriterium der Dauerhaftigkeit. Je größer das Risiko einer auch unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit verbleibenden Verfolgung ist, desto nachhaltiger muss die Stabilität der Veränderung der Verhältnisse sein und prognostiziert werden können. Sind - wie hier - Veränderungen innerhalb eines fortbestehenden Regimes zu beurteilen, die zum Wegfall der Flüchtlingseigenschaft führen sollen, sind an deren Dauerhaftigkeit ebenfalls hohe Anforderungen zu stellen. Unionsrecht gebietet, dass die Beurteilung der Größe der Gefahr von Verfolgung mit Wachsamkeit und Vorsicht vorzunehmen ist, da Fragen der Integrität der menschlichen Person und der individuellen Freiheiten betroffen sind, die zu den Grundwerten der Europäischen Union gehören (EuGH, Urteil vom 2. März 2010 a.a.O. Rn. 90). Eine Garantie der Kontinuität veränderter politischer Verhältnisse auf unabsehbare Zeit kann indes nicht verlangt werden.

25

b) Das Berufungsgericht hat vorliegend bei seiner Verfolgungsprognose den Maßstab der hinreichenden Sicherheit zugrunde gelegt. Damit hat es § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG verletzt; auf dieser Verletzung beruht die Berufungsentscheidung. Da das Berufungsgericht seine tatsächlichen Feststellungen unter einem - wie dargelegt - rechtlich unzutreffenden Maßstab getroffen hat, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Denn es ist Aufgabe des Berufungsgerichts als Tatsacheninstanz, die Verhältnisse im Herkunftsland auf der Grundlage einer Gesamtschau zu würdigen und mit Blick auf die Umstände, die der Flüchtlingsanerkennung des Betroffenen zugrunde lagen, eine Gefahrenprognose unter Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte zu erstellen.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, begehrt Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG.

2

Der 1972 geborene Kläger wurde im November 2004 in M. aufgegriffen und beantragte daraufhin Asyl. Zur Begründung gab der Kläger an, er habe sich am bewaffneten Kampf der PKK beteiligt. Im Juni 1991 sei er festgenommen und einen Monat lang von türkischen Sicherheitskräften unter Folter verhört worden. Nach seiner Verurteilung zu zwölfeinhalb Jahren Haft sei er bis Dezember 2000 weiter im Gefängnis gewesen und dann vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Anschließend habe er sich erneut der PKK angeschlossen. Später habe er an deren politischer Linie gezweifelt und sich im Juli 2004 von der PKK getrennt. In der Türkei sei sein Leben trotz des Reuegesetzes gefährdet gewesen, da er keinen Wehrdienst abgeleistet und deswegen gesucht worden sei. Zudem hätten die Sicherheitskräfte erfahren, dass er sich nach seiner Entlassung aus der Haft wieder der PKK angeschlossen habe.

3

Der Kläger hat dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (nunmehr: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt) unter anderem die Kopie eines Urteils des Staatssicherheitsgerichts D. vom 24. Januar 1992 übergeben, wonach er u.a. wegen "Mitgliedschaft in der illegalen Organisation PKK" gemäß § 168/2 tStGB zu einer Haftstrafe von 12 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden ist. Das Auswärtige Amt bestätigte die Echtheit der Urkunden und teilte mit, dass nach dem Kläger in der Türkei wegen Mitgliedschaft in der PKK gefahndet werde. Sein Bruder habe ausgesagt, dass der Kläger sich nach der Entlassung aus der Strafhaft wieder der PKK angeschlossen habe. Außerdem sei bekannt, dass er sich in einem Ausbildungscamp im Iran aufgehalten habe. Würde er wegen Mitgliedschaft in der PKK zu einer Haftstrafe verurteilt, würde zusätzlich die auf Bewährung ausgesetzte Reststrafe vollstreckt werden.

4

Mit Bescheid vom 28. Juli 2005 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG offensichtlich nicht und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, und drohte dem Kläger für den Fall nicht fristgerechter Ausreise die Abschiebung in die Türkei an. Der Asylantrag sei gemäß § 30 Abs. 4 AsylVfG offensichtlich unbegründet, da der Kläger eine schwere nichtpolitische Straftat begangen und den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider gehandelt habe. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG lägen nicht vor.

5

Im Klageverfahren hat der Kläger seinen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter nicht weiter verfolgt. Mit Urteil vom 22. November 2005 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zur Flüchtlingsanerkennung des Klägers verpflichtet. Im Berufungsverfahren hat das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz mitgeteilt, der Kläger sei im Bundesgebiet für die Nachfolgeorganisation der PKK, den KONGRA-GEL aktiv und habe im Januar 2005 an einer Aktivistenversammlung in N. teilgenommen. Er habe im Jahr 2006 als Leiter des KONGRA-GEL in Offenbach fungiert und ab diesem Zeitpunkt eine Kontrollfunktion innerhalb des KONGRA-GEL in A. ausgeübt. Der Kläger hat das bestritten.

6

Mit Urteil vom 21. Oktober 2008 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger nach Rückkehr in die Türkei gemäß § 314 Abs. 2 tStGB 2005 zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt und die Aussetzung der Vollstreckung des Strafrests widerrufen würde. Auch wenn dies politische Verfolgung darstellen sollte, stünde § 3 Abs. 2 AsylVfG der Flüchtlingsanerkennung entgegen. Die terroristischen Taten der PKK seien als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzusehen, stellten schwere nichtpolitische Straftaten dar und stünden in Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen. Der Kläger habe sich daran zumindest "in sonstiger Weise" beteiligt. Selbst wenn für das Vorliegen von Ausschlussgründen gemäß § 3 Abs. 2 AsylVfG von dem Ausländer weiterhin eine Gefahr ausgehen müsse, sei das beim Kläger der Fall. Denn er habe sich weder äußerlich von der PKK abgewandt noch innerlich von seiner früheren Verstrickung in den Terror gelöst. Dahinstehen könne, ob § 3 Abs. 2 AsylVfG eine Verhältnismäßigkeitsprüfung voraussetze, denn der Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung bedeute keine unbillige Härte für den Kläger.

7

Abschiebungshindernisse lägen nicht vor. Die Todesstrafe sei in der Türkei vollständig abgeschafft. Wegen der dem Kläger in der Türkei drohenden langjährigen Haftstrafe sei ausgeschlossen, dass er im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG einer erheblichen individuellen Gefahr ausgesetzt sei. Ein Abschiebungsverbot ergebe sich auch nicht aus § 60 Abs. 2 AufenthG und § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK. Zwar greife zugunsten des Klägers, der im Anschluss an seine Festnahme im Juni 1991 Folter erlitten habe, die Beweiserleichterung des § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Dennoch sprächen aufgrund der Angaben des Auswärtigen Amtes sowie türkischer Menschenrechtsorganisationen stichhaltige Gründe dagegen, dass er bis zum Abschluss des Strafverfahrens Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu befürchten habe. Misshandlungen durch türkische Sicherheitskräfte lägen ganz überwiegend Fälle zugrunde, in denen sich der Betroffene nicht offiziell in Gewahrsam befunden habe; das wäre beim Kläger jedoch der Fall. Angesichts bereits vorhandener Beweise bestünde auch keine Notwendigkeit, durch Folter ein Geständnis zu erzwingen. Schließlich lebten in seiner Heimat zahlreiche Personen, die sich seiner annehmen und ihm bereits bei seiner Ankunft anwaltlichen Beistand verschaffen könnten. Zudem würden die PKK oder andere prokurdische Organisationen das Schicksal des Klägers verfolgen und etwaige Übergriffe auf seine Person publik machen. Ein Schutz durch "Herstellen von Öffentlichkeit" lasse sich zwar nicht während der gesamten Dauer der Strafhaft gewährleisten. Aber auch für diese Zeitspanne sprächen stichhaltige Gründe dagegen, dass der Kläger, der in einem Gefängnis des Typs F untergebracht würde, Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen ausgesetzt sein würde, die irreparable körperliche oder seelische Folgen nach sich ziehen könnten. Dahinstehen könne, ob das auch für unter dieser Schwelle liegende Maßnahmen gelte, denn derartige Umstände stünden einer Abschiebung des Klägers in die Türkei als Unterzeichnerstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 3 EMRK stehe bei einer Abschiebung in einen Signatarstaat dessen eigene Verantwortung für die Einhaltung der Konventionsrechte im Vordergrund. Eine Mitverantwortung des abschiebenden Landes bestehe nur, wenn dem Ausländer nach seiner Abschiebung Folter oder sonstige schwere und irreparable Misshandlungen drohten und effektiver Rechtsschutz - auch durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - nicht rechtzeitig zu erreichen sei. Diese Voraussetzungen lägen angesichts der Verhältnisse in der Türkei nicht vor. Da sich Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG an Art. 3 EMRK orientiere, beanspruchten diese Grundsätze auch im Rahmen des § 60 Abs. 2 AufenthG Geltung. Stünden im Herkunftsland ausreichende und effektive Möglichkeiten zur Abwehr drohender Gefahren zur Verfügung, benötige der Betreffende keinen internationalen Schutz. Auch § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG greife nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision - beschränkt auf das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 2 AufenthG - zugelassen.

8

Mit der Revision rügt der Kläger vor allem eine Verletzung des § 60 Abs. 2 AufenthG. Das Berufungsgericht habe im Rahmen seiner Beweiswürdigung die Quellen selektiv ausgewertet und zu Lasten des Klägers ohne Aufklärung unterstellt, dass seine Familie einen Rechtsanwalt besorgen könne und die Nachfolgeorganisationen der PKK für ihn Öffentlichkeitsarbeit machen würden. Angesichts der umfassenden Geltung des Art. 3 EMRK reiche die Erkenntnislage nicht aus, um ein Abschiebungshindernis auszuschließen. Insofern werde auch eine Gehörsverletzung gerügt, denn wenn das Gericht zu erkennen gegeben hätte, dass es aus tatsächlichen Gründen für den Kläger keine Gefahr einer Misshandlung sehe, hätte der Kläger dazu weiter vorgetragen und Beweisanträge gestellt. Schließlich sei die Auslegung der in Art. 17 der Richtlinie 2004/83/EG enthaltenen Ausschlussgründe ungeklärt.

9

Innerhalb der bis einschließlich 4. Juni 2009 verlängerten Revisionsbegründungsfrist ist der Begründungsschriftsatz nicht vollständig per Fax eingegangen. Die Bevollmächtigte des Klägers hat Wiedereinsetzung beantragt und zur Begründung Probleme bei der Faxübertragung geltend gemacht.

10

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die tatsächlichen Feststellungen und Bewertungen des Berufungsgerichts seien einer Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen. Nicht ersichtlich sei, warum der Kläger angesichts der tatsächlichen Würdigung des Berufungsgerichts nicht den Schutz seines Heimatlandes durch Anrufung türkischer Gerichte bzw. eine Individualbeschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Anspruch nehmen könne.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision hat Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), da er bei der Prüfung des in § 60 Abs. 2 AufenthG enthaltenen Abschiebungsverbots diejenigen erniedrigenden Behandlungsmaßnahmen übergangen hat, die keine irreparablen oder sonst schweren körperlichen und seelischen Folgen hinterlassen. Der Senat kann über das geltend gemachte Abschiebungsverbot mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts weder in positiver noch in negativer Hinsicht abschließend selbst entscheiden. Daher ist die Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

12

1. Die Revision ist zulässig. Wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren, da seine Prozessbevollmächtigte ohne Verschulden verhindert war, die Revisionsbegründungsfrist einzuhalten. Diese durfte nach mehreren nur teilweise erfolgreichen Versuchen einer Faxübertragung infolge der fernmündlich erteilten unrichtigen Auskunft des Gerichtspförtners, es seien alle Seiten angekommen, davon ausgehen, dass der Revisionsbegründungsschriftsatz innerhalb der Frist vollständig eingegangen sei.

13

2. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die unionsrechtlich vorgezeichneten Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG. Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Beschränkung der Revisionszulassung auf das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG erweist sich als unwirksam. Denn der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Verpflichtung zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG (entsprechend den Voraussetzungen für den subsidiären Schutz in Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes - ABl EU Nr. L 304 S. 12; ber. ABl EU vom 5. August 2005 Nr. L 204 S. 24) bildet nach dem dafür maßgeblichen materiellen Recht einen einheitlichen Streitgegenstand bzw. selbständigen Streitgegenstandsteil (Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 ). Die Revisionszulassung kann daher nicht wirksam auf einzelne materielle Anspruchsgrundlagen dieses einheitlichen prozessualen Anspruchs beschränkt werden (vgl. Urteil vom 1. April 1976 - BVerwG 2 C 39.73 - BVerwGE 50, 292 <295>; BGH, Urteil vom 21. September 2006 - I ZR 2/04 - NJW-RR 2007, 182 <183>).

14

Für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens, das auf Feststellung der Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG zielt, ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Berufungsinstanz am 15. Oktober 2008 abzustellen. Deshalb sind die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162) von Bedeutung, die - soweit hier einschlägig - auch derzeit noch unverändert gelten und die Rechtsänderungen durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) - Richtlinienumsetzungsgesetz - berücksichtigen.

15

3. Gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Mit diesem durch das Richtlinienumsetzungsgesetz ergänzten Abschiebungsverbot, das bereits in § 53 Abs. 1 AuslG 1990 und § 53 Abs. 4 AuslG 1990 i.V.m. Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685 - EMRK) enthalten war, wird Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG umgesetzt. Die Europäische Kommission hat sich bei der Formulierung dieser Richtlinienbestimmung an Art. 3 EMRK orientiert und in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Bezug genommen (Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen vom 12. September 2001 KOM(2001) 510 endgültig S. 6, 30).

16

Die Vorschriften zum subsidiären Schutz sind im Aufenthaltsgesetz insoweit "überschießend" umgesetzt worden, als die in Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG enthaltenen Varianten des ernsthaften Schadens in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG als absolute Abschiebungsverbote ausgestaltet worden sind. Denn die in Art. 17 dieser Richtlinie vorgesehenen Ausschlussgründe greifen nach nationalem Recht gemäß § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG erst auf einer nachgelagerten Ebene als Versagungsgründe für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Daher kommt es entgegen der Annahme der Revision auf die Interpretation der Ausschlussgründe gemäß Art. 17 der Richtlinie im vorliegenden Fall nicht an.

17

Bei der Auslegung des § 60 Abs. 2 AufenthG ist der während des Revisionsverfahrens in Kraft getretene Art. 19 Abs. 2 der Grundrechte-Charta (ABl EU 2010 Nr. C 83 S. 389 - GR-Charta) als verbindlicher Teil des primären Unionsrechts (Art. 6 Abs. 1 EUV) zu berücksichtigen. Danach darf niemand in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert werden, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht. Die Vorschrift gilt nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Nach den gemäß Art. 52 Abs. 7 GR-Charta bei ihrer Auslegung gebührend zu berücksichtigenden Erläuterungen (ABl EU 2007 Nr. C 303 S. 17 = EuGRZ 2008, 92) wird durch diese Bestimmung die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK in Auslieferungs-, Ausweisungs- und Abschiebungsfällen übernommen.

18

a) Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Prüfung des § 60 Abs. 2 AufenthG in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der Kläger vor seiner Ausreise in der Türkei gefoltert worden ist. Dennoch hat das Berufungsgericht seiner Prognose den Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit und nicht den sog. herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab hinreichender Sicherheit zugrunde gelegt. Es hat aber zugunsten des Klägers die in Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG enthaltene Beweiserleichterung angewendet (UA Rn. 90). Das hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.

19

Gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG gilt für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG u.a. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird.

20

Diese Vorschrift greift sowohl bei der Entscheidung über die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz für einen Vorverfolgten (bzw. von Verfolgung unmittelbar Bedrohten) als auch bei der Prüfung der Gewährung subsidiären Schutzes zugunsten desjenigen, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. davon unmittelbar bedroht war. In beiden Varianten des internationalen Schutzes privilegiert sie den von ihr erfassten Personenkreis durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wie er in der deutschen asylrechtlichen Rechtsprechung entwickelt worden ist. Das ergibt sich neben dem Wortlaut auch aus der Entstehungsgeschichte des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Denn die Bundesrepublik Deutschland konnte sich mit ihrem Vorschlag, zwischen den unterschiedlichen Prognosemaßstäben der beachtlichen Wahrscheinlichkeit und der hinreichenden Sicherheit zu differenzieren, nicht durchsetzen (vgl. die Beratungsergebnisse der Gruppe "Asyl" vom 25. September 2002, Ratsdokument 12199/02 S. 8 f.). Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Antragsteller eine widerlegbare tatsächliche Vermutung dafür, dass sie erneut von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht sind.

21

Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG ist Ausdruck des auch der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zum Asylgrundrecht zugrunde liegenden Gedankens, die Zumutbarkeit der Rückkehr danach differenzierend zu beurteilen, ob der Antragsteller bereits verfolgt worden ist oder nicht (grundlegend BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 1980 - 1 BvR 147, 181, 182/80 - BVerfGE 54, 341 <360 f.>; dem folgend Urteil vom 31. März 1981 - BVerwG 9 C 237.80 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 27; stRspr). Die Nachweiserleichterung, die einen inneren Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und befürchteter erneuter Verfolgung voraussetzt (Urteil vom 18. Februar 1997 - BVerwG 9 C 9.96 - BVerwGE 104, 97 <101 ff.>), beruht zum einen auf der tatsächlichen Erfahrung, dass sich Verfolgung nicht selten und Pogrome sogar typischerweise in gleicher oder ähnlicher Form wiederholen (Urteil vom 27. April 1982 - BVerwG 9 C 308.81 - BVerwGE 65, 250 <252>). Zum anderen widerspricht es dem humanitären Charakter des Asyls, demjenigen, der das Schicksal der Verfolgung bereits erlitten hat, wegen der meist schweren und bleibenden - auch seelischen - Folgen das Risiko einer Wiederholung aufzubürden (Urteil vom 18. Februar 1997 - BVerwG 9 C 9.96 - a.a.O. S. 99). Diese zum Asylgrundrecht entwickelte Rechtsprechung (zusammenfassend Urteile vom 25. September 1984 - BVerwG 9 C 17.84 - BVerwGE 70, 169 <170 f.> und vom 5. November 1991 - BVerwG 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162 <169 f.>) wurde auf den Flüchtlingsschutz (Abschiebungsschutz aus politischen Gründen) gemäß § 51 Abs. 1 AuslG 1990 (Urteil vom 3. November 1992 - BVerwG 9 C 21.92 - BVerwGE 91, 150 <154 f.>), nicht jedoch auf die Abschiebungsverbote des § 53 AuslG 1990 übertragen (vgl. Urteile vom 17. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 9.95 - BVerwGE 99, 324 <330> zu § 53 Abs. 6 AuslG und vom 4. Juni 1996 - BVerwG 9 C 134.95 - InfAuslR 1996, 289 zu § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK).

22

Die Richtlinie 2004/83/EG modifiziert diese Nachweiserleichterung in Art. 4 Abs. 4: Zum einen wird ihr Anwendungsbereich über den Flüchtlingsschutz hinaus auf alle Tatbestände des unionsrechtlich geregelten subsidiären Schutzes ausgeweitet. Sie erfasst demzufolge auch das im vorliegenden Fall zu prüfende Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 2 AufenthG. Zum anderen bleibt der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab unverändert, auch wenn der Antragsteller bereits Vorverfolgung oder einen ernsthaften Schaden im Sinne des Art. 15 der Richtlinie erlitten hat (vgl. EuGH, Urteil vom 2. März 2010 - Rs. C-175/08 u.a., Abdulla - Rn. 84 ff. zum Widerruf der Flüchtlingsanerkennung). Der in dem Tatbestandsmerkmal "... tatsächlich Gefahr liefe ..." des Art. 2 Buchst. e der Richtlinie enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab ("real risk"; vgl. nur EGMR, Große Kammer, Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi - NVwZ 2008, 1330 ); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (Urteil vom 18. April 1996 - BVerwG 9 C 77.95 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 4; Beschluss vom 7. Februar 2008 - BVerwG 10 C 33.07 - ZAR 2008, 192 stRspr).

23

Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG privilegiert den Vorverfolgten bzw. Geschädigten auf andere Weise: Wer bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten hat, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, Urteil vom 2. März 2010 - Rs. C-175/08 u.a., Abdulla - Rn. 92 ff.). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden. Es gelten nicht die strengen Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind (EGMR, Große Kammer, Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi - a.a.O. Rn. 128 m.w.N.). Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung. Die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG kann im Einzelfall selbst dann widerlegt sein, wenn nach herkömmlicher Betrachtung keine hinreichende Sicherheit im Sinne des herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabes bestünde. Dieser Maßstab hat bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung und des subsidiären Schutzes keine Bedeutung (mehr).

24

b) Das Berufungsgericht hat bei der Prüfung, ob stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass der Kläger während der Strafhaft erniedrigenden Behandlungen ausgesetzt sein wird, den Maßstab des § 60 Abs. 2 AufenthG auf diejenigen tatbestandsmäßigen Verhaltensweisen verengt, die irreparable körperliche oder seelische Folgen nach sich ziehen können, zur Verursachung bleibender Schäden geeignet oder aus sonstigen Gründen als gravierend anzusehen sind (UA Rn. 106). Erniedrigende Behandlungsmaßnahmen im Sinne des Art. 3 EMRK, die keine irreparablen oder sonst schweren Folgen hinterlassen, hat es bei der Prognoseerstellung ausdrücklich nicht geprüft (UA Rn. 111). Insoweit hat der Verwaltungsgerichtshof die eigene Verantwortung der Türkei als Signatarstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention betont und daraus gefolgert, dass sich der Kläger darauf verweisen lassen müsse, seine Rechte gegen diese Arten von Konventionsverletzungen in der Türkei und von der Türkei aus selbst zu verfolgen (UA Rn. 112). Diese Annahme verletzt Bundesrecht.

25

Die Auslegung des § 60 Abs. 2 AufenthG hat sich nach den unionsrechtlichen Vorgaben - wie oben bereits ausgeführt - an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK zu orientieren. Dieser betont in seinen Entscheidungen zur Verantwortlichkeit eines Vertragsstaates für die mittelbaren Folgen einer Abschiebung, wenn dem Betroffenen im Zielstaat Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht, immer wieder den absoluten und ausnahmslosen Schutz des Art. 3 EMRK (EGMR, Urteile vom 7. Juli 1989 - Nr. 1/1989/161/217, Soering - NJW 1990, 2183 ; vom 15. November 1996 - Nr. 70/1995/576/662, Chahal - NVwZ 1997, 1093 und vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi - a.a.O. ). Damit erweist es sich als unvereinbar, den Schutzbereich des Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG zu verengen, und bei einer Abschiebung in einen Signatarstaat der Konvention erniedrigende Behandlungsmaßnahmen von vornherein auszunehmen, die keine irreparablen oder sonst schweren Folgen hinterlassen. Sonst käme Rechtsschutz durch türkische Gerichte oder den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu spät und könnte eine bereits eingetretene Rechtsverletzung nicht ungeschehen machen. Das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 2 AufenthG gilt mithin uneingeschränkt auch bei der Abschiebung in einen Signatarstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention.

26

Der Verwaltungsgerichtshof beruft sich für seine Auffassung zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 53 Abs. 4 AuslG 1990 (nunmehr: § 60 Abs. 5 AufenthG) i.V.m. Art. 3 EMRK. Der damals für die Feststellung von Abschiebungshindernissen durch das Bundesamt zuständige 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat entschieden, dass eine Mitverantwortung des abschiebenden Vertragsstaates, den menschenrechtlichen Mindeststandard in einem anderen Signatarstaat als Zielstaat der Abschiebung zu wahren, nur dann besteht, wenn dem Ausländer nach seiner Abschiebung Folter oder sonstige schwere und irreparable Misshandlungen drohen und effektiver Rechtsschutz - auch durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen ist (Urteil vom 7. Dezember 2004 - BVerwG 1 C 14.04 - BVerwGE 122, 271 <277>). Dieser Rechtssatz schränkt jedoch nicht den Schutzbereich des Art. 3 EMRK ein. Vielmehr werden - insbesondere mit Blick auf die von dem damaligen Kläger angeführten Haftbedingungen in der Türkei - nur Maßnahmen erfasst, die erst durch Zeitablauf oder Wiederholung in den Tatbestand einer erniedrigenden Behandlung und damit den Schutzbereich des Art. 3 EMRK hineinwachsen. Nur in derartigen Fällen kann der Betroffene auf Rechtsschutz im Abschiebezielstaat oder durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verwiesen werden.

27

4. Das Berufungsgericht hat die Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 3 und Abs. 7 Satz 2 AufenthG geprüft und aus tatsächlichen Gründen abgelehnt (UA Rn. 86 f.). Dagegen bestehen aus revisionsgerichtlicher Sicht keine Bedenken.

28

5. Der Senat kann über das geltend gemachte Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts weder zugunsten noch zulasten des Klägers abschließend entscheiden. Die Sache ist daher gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Damit bedarf es keiner Entscheidung über die Gehörsrüge. Der Senat bemerkt aber dazu, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht gegen das Verbot einer Überraschungsentscheidung verstoßen hat. Denn grundsätzlich ist ein Gericht nicht verpflichtet, die abschließende Sachverhalts- und Beweiswürdigung vorab mit den Beteiligten zu erörtern (Beschlüsse vom 21. Januar 2000 - BVerwG 9 B 614.99 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 46 und vom 26. November 2001 - BVerwG 1 B 347.01 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 52; stRspr). Etwas anderes gilt nur dann, wenn es einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (vgl. Urteil vom 10. April 1991 - BVerwG 8 C 106.89 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 235). Dafür ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich, da der Kläger selbst in der Berufungsbegründung zur Gefahr der Folter in der Türkei vorgetragen hatte.

29

Der Verwaltungsgerichtshof wird in dem neuen Berufungsverfahren die Prognose, ob die konkrete Gefahr besteht, dass der Kläger in der Türkei der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen wird, auf aktueller tatsächlicher Grundlage erneut stellen müssen. Dabei besteht auch Gelegenheit, dem Vorbringen des Klägers weiter nachzugehen, dass die ihn belastende Aussage seines Bruders die Gefahr von Folter nicht ausschließe. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände im Rahmen der tatsächlichen Feststellung, ob die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG widerlegt ist, kann das Berufungsgericht auch der Tatsache Bedeutung beimessen, dass die Türkei als Abschiebezielstaat ein Vertragsstaat der Konvention ist, der sich verpflichtet hat, die darin garantierten Rechte und Grundsätze zu achten. Die Berücksichtigung dieses Umstands im Rahmen der Prognose entspricht ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK (Entscheidungen vom 7. Oktober 2004 - Nr. 33743/03, Dragan - NVwZ 2005, 1043 <1045> und vom 15. Dezember 2009 - Nr. 43212/05, Kaplan - ) und ist durch Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG mit dem darin enthaltenen Kriterium ausreichender Schutzgewährleistung abgedeckt.

(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und darüber, ob bereits in anderen Staaten oder im Bundesgebiet ein Verfahren mit dem Ziel der Anerkennung als ausländischer Flüchtling, auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 oder ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt ist.

(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.

(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.

(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.

(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.

(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.

(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.

(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, geb. ..., iranischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volks- und islamischer Glaubenszugehörigkeit, reiste eigenen Angaben zufolge am 02.11.2011 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 25.11.2011 einen Asylantrag.

Er gab am 31.01.2012 an, er sei mit seiner Familie in …/Irak aufgewachsen. Als seine Familie 2006 nach dem Tod seines Vaters in den Iran zurückgekehrt sei, sei er mit einem Bruder und zwei Onkeln im Irak geblieben. Er habe sich 2009 der Demokratischen Partei von Iranisch Kurdistan (Democratic Party of Iranian Kurdistan, DPIK), der bereits sein Vater angehört habe, angeschlossen, Zeitungen und Zeitschriften unter kurdischen Flüchtlingen verteilt sowie bei Versammlungen zur Aufklärung kurdischer Jugendlicher und deren sozialer Betreuung mitgearbeitet. Der iranische Geheimdienst habe davon gewusst und seine Familie im Iran befragt und unter Druck gesetzt. Er selbst sei jedoch weder von iranischen noch von irakischen staatlichen Stellen bedroht oder angegriffen worden. Er habe den Irak 2011 verlassen, weil er Furcht vor dem iranischen Geheimdienst gehabt habe. In den Iran könne er nicht einreisen, weil die DPIK dort verboten sei und er deswegen seine Hinrichtung befürchten müsse.

Er legte einen Ausweis zur Identifizierung der iranischen Flüchtlinge im Al-Anbar Gouverneursamt („Iranian Refugees Identification in Al-anbar Governorate“), ausgestellt von „Republic of Iraq, Ministry of Internal Affairs, Directorate Of Internal Affairs, Al-Tash Camp Administration“ auf den Namen „... vom 25.01.2005 (Bl. 95-98 Beiakte), sowie einen UNHCR Flüchtlingsausweis („UNHCR Refugee Certificate“) vom 10.06.2011 (Bl. 64 Beiakte) vor. Darin ist an erster Stelle sein Bruder …, ..., geb. ..., mit Bild und als Anlage der Kläger, ..., geb. ..., mit Bild aufgeführt. In den Akten befindet sich auch ein Ausweis zur Identifizierung der iranischen Flüchtlinge im Al-Anbar Gouverneursamt („Iranian Refugees Identification in Al-anbar Governorate“), ausgestellt von „Republic of Iraq, Ministry of Internal Affairs, Directorate Of Internal Affairs, Al-Tash Camp Administration“, ausgestellt auf den Vater des Klägers, vom 25.01.2005 (Bl. 138-139 Beiakte).

In den Akten befinden sich auch ein Attest des Klinikums … - ... - vom 24.02.2012 (Bl. 68 Beiakte), wonach sich der Kläger vom 06.12. - 13.02.2012 wegen einer Gastroenteritis in stationärer Behandlung befunden hat, ein vorläufiger Arztbrief der … vom 29.03.2013, wonach er sich vom 21.03.2013 bis 30.04.2013 wegen einer „schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome“ in stationärer Behandlung befunden hat, und ein Arztbrief des Facharztzentrums ... vom 03.03.2015, wonach sich der Kläger nach der ersten Praxisvorstellung am 19.03.2013 ein weiteres Mal wegen „Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik (F43.2) und Spannungskopfschmerz (G44.2)“ aufgrund von Problemen am Arbeits-/Ausbildungsplatz vorgestellt habe; eine andauernde Arbeitsunfähigkeit wurde festgestellt.

Mit Bescheid vom 09.07.2015 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag ab und forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen zu verlassen, widrigenfalls werde er on den Iran abgeschoben.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger lediglich untergeordnete exilpolitische Tätigkeiten ausgeübt habe, die ihn nicht als ernsthaften und gefährlichen Regimegegner erscheinen ließen. Deshalb sei er für die iranischen Behörden von geringerem Interesse.

Ein Zustellungsnachweis befindet sich nicht in den Akten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 07.09.2015, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht am 08.09.2015, Klage. Er beantragt:

1.Der Bescheid der Beklagten vom 09.07.2015 mit Ausnahme der Ziffer 2 wird aufgehoben.

2.Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG, der subsidiäre Schutz nach § 3 AsylG und die nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wird im Schriftsatz vom 02.03.2016 im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger in der DKIP für die Jugendarbeit zuständig gewesen sei und direkt mit dem Chef des Stabes, Herrn ..., zusammengearbeitet habe. Er habe im Irak die Flüchtlingsanerkennung durch den UNHCR erhalten. Dieser komme besonderes Gewicht zu. Trotz seines Schutzes als UNHCR-Flüchtling habe der Kläger als iranischer Kurde sowohl im Iran als auch dem Irak Probleme gehabt. Die Behörden hätten durch Spitzel von seinem politischen Engagement erfahren, bei seiner Mutter nach ihm gefragt und eine Liste mit Namen und Bildern gezeigt. Der Iran gehe gegen Kurden, die sich in irgendeiner Weise politisch engagierten, radikal vor.

Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 14.09.2015,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss vom 02.03.2016 übertrug das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth der Berichterstatterin den Rechtsstreit zur Entscheidung als Einzelrichterin.

In der mündlichen Verhandlung stellte der Kläger folgenden bedingten Beweisantrag:

Zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger bereits vom UNHCR im Irak als Flüchtling anerkannt wurde (siehe Anlage vom UNHCR vom 11.06.2011), beantrage ich die Einholung einer Auskunft über den UNHCR, Frankenstraße 210, in 90461 Nürnberg.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

1. Der Bescheid der Beklagten vom 09.07.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Er hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG und auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1.1. Nach § 3 Abs.1 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 1 AufenthG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II Seite 559), wenn er sich

- aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe

- außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,

- dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder

- wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Verfolgung in diesem Sinne kann zum einen vom Staat ausgehen, zum anderen von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staates beherrschen. Sie kann aber auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder die genannten Gruppierungen einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, es sei denn, es besteht eine inländische Fluchtalternative (§ 3c AsylG).

Zwischen den in § 3 Abs. 1 Nummer 1 AsylG genannten asylrelevanten Merkmalen, den in § 3a AsylG genannten Verfolgungshandlungen und den in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründe muss eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG, vgl. dazu BVerfG vom 10.07.1989 BVerfGE 80, 315/334 f.).

Wegen der teilweisen parallelen Voraussetzungen von Art. 16a Abs. 1 GG und § 3 Abs. 1 und 2 AsylG i. V. m. § 60 AufenthG kann Abschiebungsschutz nur erhalten, wer als politisch Verfolgter ausgereist ist bzw. bei dem die politische Verfolgung unmittelbar bevorstand (Vorverfolgter), sowie derjenige, der zwar unverfolgt ausgereist ist, sich aber auf Nachfluchtgründe berufen kann. Das Schutzbegehren eines Vorverfolgten darf nur abgewiesen werden, wenn sich eine erneute Verfolgung ohne ernsthafte Zweifel an dessen Sicherheit im Falle der Rückkehr in die Heimat ausschließen lässt. Wer unverfolgt ausgereist ist, hat hingegen glaubhaft zu machen, dass bei einer Rückkehr in sein Heimatland die Gefahr politischer Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerwG vom 25.09.1984 BVerwGE 70, 169/171).

Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen, sachtypischen Beweisnotstand befindet, genügt bezüglich dieser Vorgänge für die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene richterliche Überzeugungsgewissheit in der Regel die Glaubhaftmachung. Dies bedeutet, dass das Gericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen darf, sondern sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen muss, die auch nicht völlig auszuschließende Zweifel mit umfasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.1977, Buchholz 402.24, § 28 AuslG Nr. 11; Urteile vom 16.04., 01.10. und 12.11.1985, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nrn. 32, 37 und 41).

Dabei ist der Beweiswert der Aussage des Asylbewerbers im Rahmen des Möglichen wohlwollend zu beurteilen. Er muss jedoch andererseits von sich aus unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen, widerspruchsfreien Sachverhalt schildern. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann ihm nur bei einer überzeugenden Auflösung der Unstimmigkeiten geglaubt werden (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 20.10.1987, Buchholz 310, § 86 Abs. 3 VwGO, Nr. 37; Beschluss vom 21.07.1989, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG, Nr. 113).

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.11.1990, lnfAusIR 1991, 94, 95; BVerwG, Urteil vom 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; Beschluss vom 21.07.1989, Buchholz a. a. O., Nr. 113).

Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung des Flüchtlingsschutzes nach § 3 AsylG. Das Gericht verweist zunächst auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides und sieht insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

Auch in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nicht glaubhaft machen können, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 1 AufenthG trotz des vorgelegten „UNHCR Refugee Certificate“ vom 10.06.2011 gegeben sind.

1.1.1. Aus dem vorgelegten „UNHCR Refugee Certificate“ vom 10.06.2011 kann der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ableiten.

Zum einen ist darin lediglich eine UNHCR Registrierungsnummer an seinen jüngeren Bruder (Geburtsdatum ...) vergeben und der ältere Kläger (Geburtsdatum ...) ist in dem als Anlage bezeichneten Dokumententeil nur nachrichtlich mit aufgeführt. Es ist deshalb nicht eindeutig ersichtlich, ob darin ein Nachweis einer Flüchtlingsanerkennung für den Kläger erblickt werden kann; erschwerend kommt hinzu, dass das dort genannte Geburtsdatum des Klägers nicht mit dem in der Bundesrepublik Deutschland genannten übereinstimmt.

Unabhängig davon würde die Registrierung des Klägers als Flüchtling durch den UNHCR nicht die - von Art. 28 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 (GFK) i. V. m. dem Protokoll vom 31.01.1967 - für die Wirksamkeit der Anerkennung erforderliche staatliche Entscheidung beinhalten und deshalb keine Bindungswirkung entfalten. Das Gericht nimmt diesbezüglich Bezug auf die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 07.12.2005, Az. 11 LB 193/04, in juris, und schließt sich diesen Ausführungen umfänglich an. Diesem Urteil ist zu entnehmen, dass der UNHCR in einer Stellungnahme vom 27.12.2004 auf Nachfrage erklärt habe, dass „diejenigen Personen, die nach der Satzung des UNHCR die völkerrechtlichen Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft erfüllten, … den Ausweis erhalten ungeachtet dessen, dass der Irak weder Vertragspartei des Abkommens von 1951 noch des Protokolls von 1967 sei. Der Flüchtlingsausweis dokumentiere die Anerkennung als Mandatsflüchtling. Grundlage dieser Mandatsanerkennung sei die Satzung des UNHCR. Die Voraussetzungen für die Anerkennung als Mandatsflüchtling entsprächen im Wesentlichen dem Flüchtlingsbegriff der Genfer Konvention. Die Mandatsanerkennung durch den UNHCR habe zur Folge, dass der Flüchtling internationalen Rechtsschutz genieße und der UNHCR sich gegenüber Regierungen und nichtstaatlichen Organisationen dafür einsetze, dass dem Mandatsflüchtling wirksamer Rechtsschutz gewährt werde. Zwar entfalte die UNHCR-Mandatsanerkennung keine Bindungswirkung für ein in der Bundesrepublik Deutschland betriebenes Asylverfahren, ihr komme jedoch eine starke Indizwirkung zu.“ Die Entscheidung des UNHCR ist damit nicht bindend (vgl. dazu auch NdsOVG 08.07.2010, Az. A 3 A 503/07 mit weiteren Nachweisen und BVerwG vom 26.10.2010, Az. 10 B 28.10, sowie vom 03.11.2006, Az. 1 B 30.06, alle in juris).

Aufgrund dieser Ausführungen des UNHCR ist der beantragten Beweiserhebung nicht nachzukommen; die Frage, ob der Kläger durch den UNHCR als Flüchtling anerkannt wurde, ist nicht entscheidungserheblich. Denn selbst wenn er durch den UNHCR als Flüchtling registriert gewesen sein sollte, so käme dieser Entscheidung aufgrund der obigen Ausführungen für den vorliegenden Fall über eine gewisse Indizwirkung hinaus keine Bindungswirkung zu.

Trotz dieser Indizwirkung überwiegen die substantiellen Zweifel angesichts der folgenden Ausführungen (siehe dazu unten Nr. 1.1.2.; vgl. UK Supreme Court, U. vom 29.01.2014 (2014) in https://www.supremecourt.uk/cases/docs/uksc-2012-0157-press-summary.pdf).

Der vorgelegte Ausweis zur Identifizierung der iranischen Flüchtlinge im Al-Anbar Gouverneursamt vom 25.01.2005, ausgestellt auf eine Person mit dem Namen …, geb. …, in …, lässt schon aufgrund des Namens nicht erkennen, ob es sich um den Kläger, der den Namen … trägt (vgl. Übersetzung Bl. 96 Beiakte), handelt. Darüber hinaus lässt sich diesem Identitätsausweis insbesondere keine Bindungswirkung hinsichtlich einer Flüchtlingsanerkennung entnehmen.

1.1.2. Die deshalb zu prüfenden Voraussetzungen des § 3 AsylG liegen nicht vor.

1.1.2.1. Der Kläger konnte in der mündlichen Verhandlung nicht glaubhaft darlegen, dass eine asylrelevante Verfolgungssituation Auslöser für seine Flucht in die Bundesrepublik Deutschland war. Sein diesbezügliches Vorbringen ist nicht glaubhaft, so dass ihm insoweit auch keine Beweiserleichterung nach § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG i. V. m. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG zugutekommt.

Das Gericht ist aufgrund der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Kläger den Irak unverfolgt verlassen hat. Er gab weder beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge noch in der mündlichen Verhandlung eine Verfolgungssituation oder -handlungen an. Vielmehr erklärte er lediglich pauschal, wegen des iranischen Geheimdienstes Angst gehabt zu haben, sowohl Angst um seine Familie im Iran als auch um seine Person im Irak, da der iranische Geheimdienst auch im Irak tätig sei. Da er allerdings gleichzeitig erklärte, dass sein Chef …, sich nicht verfolgt gefühlt habe, weil dessen Familie in Barika im Irak gelebt habe, lässt sich die Angst um seine eigene Person damit nicht in Übereinstimmung bringen. Wenn sich schon sein Chef im Irak, seinen Angaben zufolge der Leiter der Jugendorganisation, nicht von dem iranischen Geheimdienst verfolgt gefühlt hat (auch unter Berücksichtigung der Formulierungsdefizite der Dolmetscherin waren seine auch auf Nachfragen des Gerichts bestätigten Angaben in der mündlichen Verhandlung insoweit deutlich verständlich und zweifelsfrei), dann ist seine Angst vor diesem erst recht nicht plausibel. Eine politische Verfolgung ist damit gerade nicht dargelegt, auch wenn in der Auskunft des Europäischen Zentrums für kurdische Studien vom 20.11.2007 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe mitgeteilt wird (S. 18), dass Repräsentanten der KDPI (hier DPIK) die Gefahr von iranischer Seite durchaus ernst nahmen: sie hätten sich rund um die Uhr von bewaffneten Peschmerga schützen lassen und ihr Büro habe sich an einem versteckten Ort befunden. Offenbar jedoch zählte nicht einmal der Chef des Klägers zu diesem Personenkreis.

Darüber hinaus ist seine Darlegung in der mündlichen Verhandlung, er habe befürchtet, sein Aufenthalt im Irak könnte über die Sterbeurkunde seines Vaters dem iranischen Geheimdienst bekannt werden, nicht plausibel. Denn aus dem Umstand, dass neben der irakischen auch ein Sterbeurkunde, ausgestellt im Iran, in den Akten zu finden ist, lässt sich entnehmen, dass der iranische Staat sehr wohl, ohne jemanden zu fragen, von dem früheren Aufenthaltsort des Vaters und damit dessen Familie informiert gewesen ist. Eine Verfolgung oder eine unmittelbar drohende Verfolgung des Klägers im Irak, ist damit nicht glaubhaft.

1.1.2.2. Der Kläger hat nicht glaubhaft machen können, dass ihm wegen exilpolitischer Tätigkeit bei der DPIK im Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr politischer Verfolgung im Falle einer Einreise oder Überführung in den Iran droht.

Die aktuelle politische Situation im Iran stellt sich nach den zugrunde gelegten Unterlagen wie folgt dar:

Eine organisierte politische Opposition gibt es nicht. Die Führer der Oppositionsbewegung, die sich 2009 nach der Wiederwahl Ahmadinejads gebildet hat, Mehdi Karroubi und Mir Hossein Moussavi sowie dessen Ehefrau befinden sind seit dem 14.02.2011 unter Hausarrest. Viele Anhänger der Oppositionsbewegung wurden verhaftet, haben den Iran verlassen bzw. sind nicht mehr politisch aktiv. Ohne entsprechende Führung und angesichts umfassender Überwachung der Kommunikationskanäle spielen die verbleibenden Oppositionellen kaum eine Rolle (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage der Islamischen Republik Iran, Stand November 2015, - Lagebericht - S. 11).

Angehörige von Minderheiten machen insgesamt die Hälfte der iranischen Bevölkerung aus. Kurden, Gilaki und Mazandarani, Turkomanen, Luren, Belutschen, Zaza sowie Armenier, Assyrer und Georgier bilden ca. 27% der Bevölkerung (Lagebericht S. 13). Die an der Grenze zum Irak und zur Türkei lebenden Kurden bilden etwa 8% der gesamtiranischen Bevölkerung (nach Angabe der kurdischen NGO Kurdish Human Rights Projekt). Sie sind hinsichtlich ihrer kulturellen Eigenständigkeit und der Meinungs- und Versammlungsfreiheit staatlicher Diskriminierung ausgesetzt. Zwar werden Kurden in größerer Zahl in hohe Ämter der Provinzverwaltungen berufen, gleichzeitig bleiben aber Regierungsversprechen, etwa Unterricht in kurdischer Sprache an Schulen und Universitäten einzurichten, unerfüllt. In vielen Fällen werden kurdischen Aktivisten von der Zentralregierung separatistische Tendenzen vorgeworfen und diese entsprechend geahndet. Der Vorwurf wird dabei in den letzten Jahren zunehmend umfassender ausgelegt. So wurden kurdisch-sprachige Zeitschriften verboten und politisch aktive Studenten in Kurdistan aufgrund ihrer Tätigkeit exmatrikuliert. Verhafteten Kurden wurde zumeist „Kampf gegen Gott“ oder Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Dies gilt insbesondere für Mitglieder der PJAK, die als iranischer Ableger der türkischen PKK gilt. Neben der PJAK stehen weitere kurdische Gruppierungen, denen die Regierung separatistische Tendenzen unterstellt, im Zentrum der Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte. Hierzu zählen insbesondere die marxistische Komalah-Partei und die DPIK. Letztere wird von der Regierung als konterrevolutionäre und terroristische Gruppe betrachtet, die vom Irak aus das Regime bekämpft. Berichten zufolge wurde der Kurde Mansour Arvand am 14.06.2015 erhängt, nachdem er wegen angeblicher Zusammenarbeit mit der DPIK unter dem Vorwurf „Kampf gegen Gott“ verurteilt wurde (vgl. Lagebericht S. 14).

Nach den Ausführungen von „Immigration and Refugee Board of Canada“ vom 20.01.2014 (Az. IRN104730.E) ist die Behandlung von Aktivisten, die in den Iran zurückkehren, nach den Ausführungen mehrerer verwerteter Quellen vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Ein Professor der Politikwissenschaften habe dargelegt, dass Menschen, deren regierungsfeindliche Aktivitäten außerhalb Irans bekannt seien, grob behandelt würden. Ein Direktor eines kleinen Senders habe sich ähnlich geäußert und erklärt, dass ein dem Staat bekannter Aktivist sehr wahrscheinlich beobachtet würde und eine Strafverfolgung zu befürchten hätte. IHRDC habe festgestellt, dass es einige Berichte über die Verhaftung von zurückgekehrten Iranern gebe. So sei ein Student aus Belgien verhaftet, der Spionage sowie des Kontaktes mit Staatsfeinden bezichtigt und zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Risiko einer Verfolgung nach einer Rückkehr in den Iran hänge davon ab, in welcher Weise der Betreffende nach außen erkennbar tätig geworden ist. Falls der Betreffende nicht außenwirksam tätig gewesen sei, gehe er möglicherweise kein Risiko ein. Trotzdem sei ein gewisses Risiko nie auszuschließen, weil die Staatsmacht ziemlich willkürlich vorgehe. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EHCR, S.F. und andere gegen Schweden, vom 15.08.2012) habe festgestellt, dass zurückkehrende Iraner, vor allem Kurden iranischer Abstammung, die kulturell aktiv und hoch gebildet seien, bei ihrer Ankunft überprüft würden. Ein Professor habe erklärt, wenn jemand als Mitglied einer bewaffneten oder militärischen Opposition erkannt werde, werde er wahrscheinlich befragt und inhaftiert.

Austrian Red Cross, Accord, (Iran: Political Opposition Groups, Sucurity Forces, Selected Human Rights Issues, Rule of Law vom Juli 2015, S. 43 f.), berichtet von UNHCR Aussagen, wonach Mitglieder der KDPI (hier DKIP) zwischen zwei und zehn Jahren Gefängnis drohten. Falls jemand, der aktiv die Partei unterstütze, inhaftiert werde, müsse er mit ernsthaften Schwierigkeiten rechnen. Auch weniger wichtige Tätigkeiten für die KDPI (hier DKIP) würden zu einer mehrtägigen Inhaftierung führen. Manchmal würde während der Befragung zur Erhaltung eines Geständnisses auch Folter angewendet. Später vor Gericht würden die Personen angehalten eine Erklärung zu unterzeichnen, sich in Zukunft keiner politischen Partei anzuschließen.

Es ist weiter davon auszugehen, dass iranische Stellen die im Ausland tätigen Oppositionsgruppen genau beobachten (vgl. Lagebericht S. 24). Einer realen Gefährdung bei einer Rückkehr in den Iran setzen sich daher solche führenden Persönlichkeiten der Oppositionsgruppen aus, die öffentlich und öffentlichkeitswirksam in Erscheinung treten und zum Sturz des Regimes aufrufen (so auch Schweizerische Flüchtlingshilfe, Iran: Illegale Ausreise /Situation von Mitgliedern der PDKI/Politische Aktivitäten im Exil, vom 16.11.2010, Nr. 3 mit weiteren Nachweisen). Im Ausland lebende prominente Vertreter von im Iran verbotenen Oppositionsgruppen haben im Fall einer Rückführung mit sofortiger Inhaftierung zu rechnen. Ab Herbst 2009 gab es verstärkt Hinweise auf gezielte Einschüchterungsmaßnahmen von Oppositionellen im Ausland seitens iranischer Sicherheitsbehörden (z. B. in Deutschland und Großbritannien mittels anrufen und Droh-E-Mails, in der Türkei auch durch physische Angriffe).

Ähnliches ist auch den Ausführungen von „Immigration and Refugee Board of Canada“ vom 20.01.2014 (Az. IRN104730.E) zu entnehmen, wenn darin von Mitteilungen eines Geschichtsprofessors berichtet wird, wonach die iranische Regierung sich meist auf die Überwachung von Aktivitäten der Personen konzentriert, von denen sie annehmen, dass sie das Regime stürzen wollten. Dazu zählten jedoch nicht nur Personen, die militärisch vorgehen wollen, sondern auch jede reale oder als solche wahrgenommene Oppositionsorganisation.

Der Kläger gibt an, Mitglied der DPIK zu sein.

Ausweislich der Auskunft des Europäischen Zentrums für Kurdische Studien vom 20.11.2007 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat sich die Demokratische Partei Kurdistan Iran im Jahr 1993 in Koysandjak in der Provinz Suleymania, Irak, niedergelassen, nachdem ihre Peschmerga respektive ihre Führungskräfte immer wieder Zuflucht vor dem Zugriff des iranischen Regimes in den kurdischen Gebieten des Irak gesucht und teilweise gefunden hatten. Etwa in diesem Zeitraum erfolgte die Einstellung bewaffneter Auseinandersetzungen. Seit 2006 gibt es einen Flügel der Partei, der sich als Demokratische Partei Iranisch-Kurdistan bezeichnet und vom bereits zuvor amtierenden Mustafa Hicri geführt wird. Der andere Flügel bezeichnet sich als Demokratische Partei Kurdistan Iran und steht unter dem Vorsitz von Abdullah Hassanzade. Beide Gruppierungen stehen für die Erlangung nationaler Rechte der Kurden in einem demokratisch föderalen Iran. Ohnehin betrachtet die iranische Seite kritisch, dass die irakischen Kurden diversen oppositionellen Parteien wie z. B. der PDKI, der iranischen Arbeiterpartei oder der Kommunistischen Partei Asyl auf ihrem Territorium gewährt und sogar militärische Trainingscamps zulassen.

Nach den Ausführungen von Austrian Red Cross, Accord, (Iran: Political Opposition Groups, Sucurity Forces, Selected Human Rights Issues, Rule of Law vom Juli 2015, S. 43 f.), ist das höchste Entscheidungsgremium der „Democratic Party of Iranian Kurdistan“ der Kongress, der alle vier Jahre tagt. In der Zwischenzeit ist das Zentralkomitee, das vom Kongress gewählt wird und aus 25 ständigen Mitgliedern und 10 Vertretungspersonen besteht, das höchste Entscheidungsorgan und führt die Geschäfte. Das Zentralkomitee wählt wiederum sieben seiner Mitglieder in das Politikbüro („Political Bureau“), wozu auch der Generalsekretär zählt. Die Vorsitzenden der der DPIK angegliederten Organisationen, wie die „Democratic Women‘s Union of Iranian Kurdistan“, die „Democratic Youth Union of Kurdistan“ und die „Democratic Students Union of Kurdistan“ sind automatisch Mitglieder des Zentralkomitees.

Eine Gefährdung des Klägers mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit besteht nach Überzeugung des Gerichts im Falle einer Rückkehr in den Iran wegen der angegebenen Mitgliedschaft in der DPIK allerdings nicht.

Der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG; Urteil vom 20.02.2013, Az. 10 C 22/12). Im vorliegenden Fall kommt es für die Prognoseentscheidung, ob dem Kläger eine Verletzungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie droht, darauf an, ob er berechtigterweise befürchten muss, dass ihm im Fall einer Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine schwere Rechtsgutverletzung droht, insbesondere die Gefahr, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden.

So ist einerseits bereits eine Mitgliedschaft in der Partei selbst nicht glaubhaft gemacht (vgl. unten Buchstabe a). Aber selbst wenn eine Mitgliedschaft in der Democratic Youth Union of Kurdistan unterstellt würde, so wären seine dargestellten Tätigkeit derart unauffällig und von untergeordneter Bedeutung (vgl. unten Buchstabe b), dass eine konkrete Verfolgungsgefahr jedenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlich bestünde. Insoweit wird auch auf die zutreffenden Angaben im streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

a. Der Kläger konnte schon nicht glaubhaft machen, dass er tatsächlich Mitglied der Partei DPIK ist. Er legte zwar einen - nicht fälschungssicheren - Ausweis der Democratic Youth Union of Iranian Kurdistan vor; aber nach den Ausführungen des Berichts des „Danish Refugee Council, Iranian Kurds“, vom September 2013 (S. 28) ist die Mitgliedschaft in der Jugendorganisation nicht gleichbedeutend mit der Mitgliedschaft in der Partei selbst. Nach dem genannten Bericht existiert im Iran eine entsprechende Jugendorganisation. Sie stelle eine Art „NGO“ dar. Deren Mitglieder sind zwischen 13 und 30 Jahre alt. Die Organisation verfügt im Iran über ein eigenes Magazin „Lawan“, eine eigene Webseite, einen Radiosender und ein Satellitenprogramm. Sie führt z. B. Kampagnen gegen Drogen und zu anderen sozialen Themen durch, mit denen die kurdischen Jugendlichen konfrontiert sind.

Es ist davon auszugehen, dass auch im Irak eine entsprechende Jugendorganisation neben der Partei DKIP besteht. Es ist aber in gleicher Weise davon auszugehen, dass eine dortige Mitgliedschaft genauso wenig automatisch mit einer Mitgliedschaft der Partei gleichzusetzen ist. Lediglich die Vorsitzenden dieser Jugendorganisation nehmen bei Bedarf an Sitzungen der Partei teil und stellen so den Kontakt mit der Partei her (vgl. Austrian Red Cross, Accord, Iran: Political Opposition Groups etc. (vom Juli 2015, S. 41 ff.).

Weiterhin wusste der Kläger in der mündlichen Verhandlung - wie auch beim Bundesamt - nur sehr wenig über die Partei. Er konnte keine Angaben zum Aufbau, bzw. der Parteistruktur der DPIK (vgl. dazu Austrian Red Cross, Accord, Iran: Political Opposition Groups etc. vom Juli 2015, S. 41 ff.) geben. Die Aufnahmevoraussetzungen, wie sie von der Danish Refugee Council unter der Ziffer 2.1.3. „Recruitment to and membership of KDPI“ (hier DKIP) auf S. 32 dargestellt werden, sind dem Kläger offenbar völlig unbekannt.

Er nannte außer dem Namen des Parteivorsitzenden Mustafa Hicri (oder Hajri) nur noch zwei weitere Namen, über die Entscheidungsgremien der Partei war er in keiner Weise informiert, sondern erklärte vielmehr, dass der Vorsitzende Mustafa Hicri in eigener Entscheidung Personen absetzen und Neuwahlen ansetzen könne. Ihm war zwar noch bekannt, dass die DPIK in zwei unterschiedliche Lager aufgespalten ist, und ihm war der Name des Vorsitzenden der abgespaltenen Organisation bekannt, doch wiegen diese Einzelkenntnisse die mangelnde Kenntnis über grundsätzliche organisatorische Abläufe und Entscheidungsgremien der Partei, der er angehören will, nicht auf. Zudem sind seine Angaben in der mündlichen Verhandlung, dass Wahlen alle vier, aber auch alle zwei Jahre stattfänden, oder dass der Vorsitzende Mustafa Hicri gewählte Personen, die keine gute Arbeit leisteten, einfach absetzen und Neuwahlen ansetzen könne, wenig plausibel.

Auch die Nennung der Ziele der Organisation (Frieden und Freiheit, Gleichberechtigung, kein Morden) blieb schlagwortartig, farblos und pauschal; er legte zwar noch Wert auf die Feststellung, dass die Durchsetzung der Ziele durch Reden und vor allem nicht durch Gewalt beabsichtigt ist, eine persönliche Identifikation mit diesen Zielen war für das Gericht allerdings nicht zu erkennen.

Auch war eine nur rudimentäre Kenntnis der Youth Union, der er angehört haben will, festzustellen. So nannte der Kläger als Grund für seinen Eintritt 2009 gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dass Personen erst ab einem Alter von 18 Jahren, aufgenommen würden. Dies trifft zwar durchaus auf die Mitgliedschaft in der Partei zu (vgl. Auskunft des Europäischen Zentrums für Kurdische Studien vom 20.11.2007 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe, S. 4, Fußnote 5), gilt jedoch grundsätzlich nicht für die Jugendorganisation im Iran. Nach den Ausführungen der Danish Refugee Council vom September 2013 (S. 28) gilt dort ein Mitgliedsalter von 13 bis 30 Jahre. Es erscheint unwahrscheinlich, dass im Irak gerade bei einer Jugendorganisation eine grundsätzlich andere Regelung gilt.

Dem Kläger war zwar noch der Name Foad Xaki Bagi - laut Danisch Refugee Council vom September 2013 (S. 28) Generalsekretär der Youth Union der KDPI (hier DPIK) - bekannt, nicht jedoch dessen konkrete Funktion. Vielmehr erklärte er dessen Funktion als eine Art Vizechef der DPIK. Wenn der Kläger allerdings selbst Mitglied dieser Jugendorganisation mit gewissen Aufgaben gewesen sein will, so wäre zu erwarten gewesen, dass er zumindest Namen und Funktion miteinander verknüpfen kann.

Auch wenn die Übersetzung nicht flüssig erfolgte, hat das Gericht doch keinerlei Anhaltspunkte, dass die Übersetzung in den wesentlichen Punkten unzutreffend gewesen wäre.

b. Selbst wenn man zugunsten des Klägers eine Mitgliedschaft in der Youth Union unterstellen würde, wären seine geschilderten Tätigkeiten, die er für die Partei bzw. die Jugendorganisation erbracht haben will, sehr untergeordneter Natur gewesen und der Kläger hätte sich schon eigenen Angaben zufolge gerade nicht in einer herausgehobenen Position befunden. Deshalb wäre auch nicht dargelegt, dass es sich bei ihm um einen engagierten, bei Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gefährdeten Anhänger der DPIK handelt.

Eine exilpolitische Betätigung ist im Hinblick auf den Iran nur dann geeignet, eine Verfolgungswahrscheinlichkeit zu begründen, wenn diese sich aus der Masse dieser Betätigungen abhebt und eine exponierte Stellung einnimmt. Dies ergibt sich aus den oben genannten Unterlagen. Der Kläger erfüllt diese Kriterien nicht. Er hätte nicht zu den führenden Persönlichkeiten der Oppositionsgruppen gehört, die öffentlich und öffentlichkeitswirksam in Erscheinung treten und zum Sturz des Regimes aufrufen (vgl. Lagebericht S. 24 und Schweizerische Flüchtlingshilfe, Iran: Illegale Ausreise /Situation von Mitgliedern der PDKI/Politische Aktivitäten im Exil, vom 16.11.2010, Nr. 3 mit weiteren Nachweisen; vgl. VG Augsburg vom 12.11.2012 Az. Au 7 K 12.30225, VG Würzburg vom 04.01.2012 Az. W 6 K 10.30331; VG Regensburg vom 21.08.2012 Az. RO 4 K 12.30081; SächsOVG vom 11.11.2011 Az. A 2 A 855/10; HessVGH vom 21.09.2011 Az. 6 A 1005/10.A; OVG NRW vom 06.08.2010 Az. 13 A 829/09.A, alle in juris). Zur Beurteilung ist u. a. auf Art, Dauer und Intensität der exilpolitischen Betätigung abzustellen.

Allein das Austragen von Einladungen, Zeitungen und Broschüren in Barika im Irak stellt jedenfalls keine derart herausgehobene Tätigkeit dar, die den Kläger öffentlichkeitswirksam aus der Masse anderer Mitglieder hervorheben könnte. Diese Tätigkeit beschränkte sich seinen eigenen Angaben zufolge auf den Ort Barika, im Wesentlichen ein Flüchtlingscamp für Kurden, so dass nicht von einer öffentlichkeitswirksamen Außenwirkung, d. h. Erkennbarkeit der Tätigkeit für Außenstehende, ausgegangen werden könnte. Gleiches gälte hinsichtlich einer mündlichen Einladung. Dabei wäre darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Versammlungen in größeren Orten wie Koya oder in Baktiari abgehalten worden sein sollen; deshalb hätte es denknotwendig mehrere Personen auch in anderen Ortschaften geben müssen, die eingeladen haben. Auch deshalb könnte nicht von einer herausgehobenen Tätigkeit ausgegangen werden.

Auch eine besondere Funktion innerhalb der Partei, ob DPIK oder der Youth Union, hätte der Kläger eigenen Angaben zufolge nicht innegehabt. Soweit er angab, Versammlungen „geleitet“ zu haben, schränkte er auf Nachfrage ein, dass er nie allein tätig gewesen sei, sondern sein Chef bei den Versammlungen immer anwesend gewesen sei. Dies würde keinesfalls eine herausgehobene Stellung darstellen.

Seine Angaben hierzu ließen zudem nicht den Eindruck entstehen, dass der Kläger diese Versammlungen selbst erlebt hat. Auch unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten der Übersetzung, waren die Angaben des Klägers aber insoweit durch etliche Nachfragen und Verständnisfragen zweifelsfrei erkennbar.

Zwar lässt sich den Erkenntnisunterlagen entnehmen, dass eine Verfolgung von bloßen Mitläufern der DPIK wegen der Willkür der Staatsapparates nicht ausgeschlossen werden kann; der Grad der beachtlichen Wahrscheinlichkeit wird damit jedoch nicht erreicht.

c. Da die Asylantragstellung in der Bundesrepublik Deutschland keine staatlichen Repressionen bei einer Einreise in den Iran auslöst (vgl. Lagebericht S. 30), führt auch dieser Umstand nicht zur Flüchtlingsanerkennung.

1.2. Die Klage ist weiterhin unbegründet, soweit der Kläger subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG begehrt. Das Gericht verweist auf die zutreffenden Ausführungen hierzu im Bescheid der Beklagten vom 09.07.2015 (§ 77 Abs. 2 AsylG).

1.3. Gründe für die Feststellung von (nationalen) Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG sind nicht vorhanden.

Den vorgelegten Attesten lässt sich kein Abschiebungshindernis entnehmen. Die Gastroenteritis ist offenbar ausgeheilt, die depressive Symptomatik und der Kopfschmerz werden mit Medikamenten behandelt und können entsprechend auch im Iran, der über ein staatliches Versicherungswesen verfügt, das prinzipiell auch die Deckung von Krankheitskosten umfasst (vgl. Lagebericht S. 30, medizinische Versorgung), weiter behandelt werden.

Die Grundversorgung der Bevölkerung im Iran ist gewährleistet, so dass die Abschiebung des Klägers keine Gefährdung von Leib und Leben befürchten lässt. Zwar hält sich seine Familie eigenen Angaben zufolge seit Februar 2016 ebenfalls in der Bundesrepublik Deutschland auf und kann ihn deshalb nicht unterstützen, doch existieren wohltätige Organisationen, die eine Grundversorgung bereitstellen (Lagebericht S. 30, Grundversorgung).

1.4. Der Bescheid der Beklagten gibt auch hinsichtlich seiner Ziffer 5, wonach der Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert worden ist, keinerlei Anlass zu Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich, denn er ist, wie oben ausgeführt, weder als Flüchtling anzuerkennen noch stehen ihm subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG zu; er besitzt auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 AsylG).

1.5. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit des von der Beklagten festgesetzten gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben. Die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Der am ...1986 geborene Kläger ist iranischer Staatsangehöriger. Er reiste am 26.09.2012 in das Bundesgebiet ein. Am 10.10.2012 beantragte er die Gewährung von Asyl.
Mit Schriftsatz vom 20.02.2014 trug er vor, er habe im Iran, in der Türkei und in Deutschland umfangreiche politische Aktivitäten betrieben; im Iran allerdings großteils unter verschiedenen Pseudonymen. Seit 2006 sei er Mitglied der Oppositionsorganisation Djombesh-e Iran-e Farda (SOS Iran). Er sei Verantwortlicher der Gruppe 3162 gewesen, habe oppositionelle Meldungen ins Internet gestellt, habe Flugblätter verbreitet und sich an der Organisation von Demonstrationen beteiligt. Am 14. Bahman 1388 (03.02.2010) sei er festgenommen worden, offensichtlich im Zusammenhang damit, dass an seiner Universität in Abadan für den 22. Bahman 1388 eine weitere Demonstration geplant gewesen sei, an deren Organisation er beteiligt gewesen sei. Ihm sei vorgeworfen worden, monarchistische Fahnen gehisst zu haben; dies habe er auch eingestanden. Am 31.04.1389 (22.07.2010) sei ein erstinstanzliches Urteil gegen ihn ergangen; hierdurch sei er zu einem Jahr Haftstrafe verurteilt worden, wovon sechs Monate zur Bewährung ausgesetzt worden seien. Diese Entscheidung sei durch das Urteil der Rechtsmittelinstanz vom 01.10.1389 (20.12.2010) bestätigt worden. Nach seiner Freilassung habe er sich regelmäßig melden müssen, und zwar häufiger, als im Urteil vorgesehen gewesen sei. Die Strafe sei relativ niedrig ausgefallen, weil er sich unter Druck bereit erklärt habe, mit den iranischen Behörden zusammenzuarbeiten. Man habe von ihm immer wieder neue Informationen in Bezug auf bestimmte Internetmeldungen, in Bezug auf die Aktivitäten anlässlich eines Fußballspiels und in Bezug auf die Identität politisch aktiver Personen verlangt. Weiter habe man von ihm verlangt, dass er eine bestimmte Person bespitzeln solle. Entgegen einem ausdrücklichen Verbot habe er sich nicht in der Lage gesehen, auf politische Aktivitäten zu verzichten. Vielmehr habe er an seiner Universität eine oppositionelle Gruppe mit dem Namen „Anjoman e Rahaye Iran“ gegründet. Aus Furcht, dass seine Aktivitäten den staatlichen Behörden bekannt werden könnten, habe er im September 2011 den Iran auf dem Landweg in Richtung Türkei verlassen. In der Türkei sei er als Asylbewerber der Stadt Van zugewiesen worden. Da er jedoch Telefonanrufe mit Todesdrohungen erhalten habe, habe er sich in der grenznahen Stadt Van nicht mehr sicher gefühlt und sei über Griechenland und andere Länder nach Deutschland gereist. In regierungsnahen Verlautbarungen aus dem Jahr 1391 sei er als Monarchist verunglimpft und als Separatist beschimpft worden.
Bei der Anhörung im Rahmen der Vorprüfung in Karlsruhe am 28.07.2014 trug der Kläger vor, im Jahr 1381 habe er das Abitur abgeschlossen. Anschließend habe er in einem Computergeschäft gearbeitet und Nachhilfe in IT-Dingen an einer Privatschule gegeben. Von 1384 bis 1390 habe er an der Freien Universität in Abadan Informatik studiert; das erste Semester habe er allerdings in der Stadt Tabriz zugebracht. Von 1384 bis 1387 habe er parallel zum Studium in einer Firma für Internetdienste gearbeitet. Von 1387 bis 1389 habe er ein eigenes Geschäft geführt. Im Iran lebten noch zwei Brüder und seine Eltern. Seinen Wehrdienst habe er nicht geleistet; er sei auch nicht freigestellt gewesen. Seit dem Jahr 1384 sei er ein Web-Blogger und ein politischer Aktivist gegen die iranische Regierung. Er habe unter einem Pseudonym viele Interviews mit ausländischen TV-Sendern über politische Probleme des Landes geführt. Bei diesen Interviews habe er mit den Sendern per Skype Kontakt gehabt, nur seine Stimme sei zu hören gewesen, Bilder seien nie übertragen worden. Er habe immer angegeben, dass er aus Teheran stamme. Seit dem Jahr 1385 sei er Mitglied der Bewegung Iran Farda unter dem Namen SOS Iran. Der Hauptsitz dieser Bewegung sei in Los Angeles. Im Jahr 1386 habe er Flyer für Reza Pahlawi in Shiraz und Teheran verteilt. Auf den Flyern seien die Reden und Bilder von Pahlawi abgedruckt gewesen. Seit dem Jahr 1387 sei er aktives Mitglied der Foundation Ma Hastim. Auch diese Bewegung habe ihren Sitz in den USA. Zweimal habe er zusammen mit seinem jüngeren Bruder in der Stadt Abadan auf der Fußgängerbrücke die alte Fahne aus der Schah-Zeit aufgehängt. Auf der Flagge habe gestanden, dass die islamische Regierung nicht mehr bleiben dürfe. Beim zweiten Mal habe er „Ma hastim“ auf die Flagge geschrieben. Er habe auch den Web-Blog der Bewegung Ma hastim sowie von Azadi + Demokratie organisiert. In einem anderen Blog habe er vier Tage vor der Wahl über die Manipulationen der Wahl geschrieben. Die diversen Web-Blogs habe er von seinem eigenen PC aus betrieben. Dabei habe er nie den richtigen Namen angegeben. Er habe auch den Blog Enghelab Sabz gegründet. Dabei habe er über die Demonstrationen berichtet, wie diese im Iran verlaufen seien. Weiter habe er diverse Aufrufe zu Demonstrationen verbreitet und Aufrufe an Universitäten unter seinem Namen verschickt. Am 13.08.1388 sei er zu einer Demonstration nach Teheran gegangen. Am 16.09.1388 habe man versucht, eine Demonstration an der Universität in Abadan zu organisieren. Nach diesem Tag seien sie verdächtigt worden. Für den 22.10.1388 hätten sie erneut Aufrufe zur Demonstration organisiert. Am 14.10.1388 seien er, sein Bruder und viele Freunde verhaftet worden. Er und sein Bruder seien festgenommen worden, als sie sich bei ihrer Oma aufgehalten hätten. Sein kleiner Bruder sei einundzwanzig Tage in Einzelhaft gewesen. Er selbst sei eineinhalb Monate im Gefängnis in einer Einzelzelle gewesen und massiv gefoltert worden. Die ersten eineinhalb Monate sei er in Ahwaz in Untersuchungshaft beim Geheimdienst gewesen. Während dieser Zeit sei er aufgefordert worden, seine Freunde zu verraten. Er habe jedoch immer mitgeteilt, dass er allein gearbeitet habe. Ihm sei mitgeteilt worden, dass sein Bruder erzählt habe, dass er Flaggen aufgehängt habe. Nach viel Folter habe man ihm mitgeteilt, dass man ihn unter Bedingungen freilassen werde. Auf Vorhalt: Es habe Ohrfeigen gegeben und er habe sich in einem 2 x 2 m großen Zimmer alleine aufhalten müssen. Seine Augen seien immer verbunden gewesen, wenn er auf die Toilette gegangen sei. Auch beim Essen seien ihm die Augen verbunden gewesen. Die Vernehmungen seien von drei Männern durchgeführt worden. Zwei bis drei Tage lang sei ein Freund in seiner Zelle gewesen. Dieser habe ihm mitgeteilt, er solle alles erzählen. Zwanzig Tage lang habe es keinen Kontakt zu seiner Familie gegeben. Nach zwanzig Tagen habe er seine Mutter kontaktieren können. Diese habe ihn angefleht, bei den Vernehmungen alles zu sagen. Die ersten zwei bis drei Wochen habe er nur mitgeteilt, dass er die königliche Flagge aufgehängt habe. Nach zwei bis drei Wochen, als sein PC kontrolliert gewesen sei, hätten sie ihm einen Ausdruck von seinem Web-Blog vorgelegt. Danach habe er alles gestanden. Er habe Namen von Aktivisten außerhalb des Landes genannt. Gegen eine Kaution von 100 Mio. Tuman und gegen weitere Bedingungen sei er freigelassen worden. Bei der Kaution habe es sich um einen Grundbuchauszug seines Onkels mütterlicherseits gehandelt. Weitere Bedingung sei gewesen, dass eine Videoaufnahme mit einer Entschuldigung, die im iranischen Fernsehen gezeigt werde, gemacht werde; dieses Video sei tatsächlich gemacht worden, aber im iranischen Fernsehen nie gezeigt worden. Außerdem sei Bedingung gewesen, dass er eine Verpflichtungserklärung unterschreibe, wonach er nach der Freilassung keine Aktivitäten mehr gegen das Regime ausübe, dass er mit der Regierung zusammenarbeite und dass er Leute, die politisch aktiv seien, verrate. Ein Jahr habe es gedauert, bis er vom Revolutionsgericht sein Urteil erhalten habe. Innerhalb diesen Jahres habe er dreimal bei Gericht erscheinen müssen. Vom Revolutionsgericht sei er zu sechs Monaten Haft und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Außerdem sei er verpflichtet worden, sich alle drei Monate beim Geheimdienst zu melden. Alle zwei Wochen habe er den Inspekteur besuchen und ihm Informationen zu politischen Aktivitäten vermitteln müssen. Vom Inspekteur sei er aufgefordert worden, einen neuen E-Mail-Account zu aktivieren und mit alten Freunden Kontakt aufzunehmen. In dieser Zeit, als er unter Aufsicht gestanden habe und als Spitzel für die Regierung tätig gewesen sei, habe er seine politischen Aktivitäten verschärft. Am 22.03.1389 bzw. zehn Tage davor hätten sie Flyer verteilt und zu Demonstrationen aufgerufen. Seit dem Jahr 1389 sei er Mitglied von Nahed Nardomi. Im zehnten Monat des Jahres 1389 habe er seine eigene Organisation Anjoman Rahaee Iran gegründet. Nach einer Demonstration am 25.10.1389, bei der zwei Demonstranten getötet worden seien, habe er in fünfzig Städten des Landes Demonstrationen organisiert. Das von ihm organisierte Video sei im TV-Sender Nahad Mardomi gezeigt worden. Da seine Berufung gegen das Urteil des Revolutionsgerichts erfolglos gewesen sei, habe er im zwölften Monat 1389 im Gefängnis von Ahwaz die Gefängnisstrafe angetreten. Nach drei Monaten sei er im dritten Monat des Jahres 1390 freigelassen worden. Er habe jedoch eine weitere Verpflichtungserklärung unterschreiben müssen. Die Bewährung sei auf neun Monate verlängert worden und er habe sich nunmehr einmal monatlich melden müssen. Der Inspekteur habe von ihm verlangt, verdächtigen Personen Freundschaft anzubieten und deren Aktivitäten herauszufinden und sie zu verraten. Er habe versucht, in der letzten Zeit unauffällig zu bleiben. Gelegentlich habe es Kontakte zu dem Ingenieur gegeben. Er habe dies aber nicht länger ertragen können und habe nicht länger als Spitzel tätig sein wollen. Deshalb habe er das Land verlassen. Die ersten zwei Wochen nach seiner Ausreise seien sein Vater, seine Mutter, sein Bruder und seine Freundin festgenommen und verhört worden. Die ersten zwei Wochen seien seine Eltern oft mitgenommen und nach seinem Aufenthalt befragt worden. Sein Bruder habe sich innerhalb von fünf Jahren alle drei Monate beim Geheimdienst melden müssen. Seine Angehörigen seien nur verhört, aber nicht länger festgehalten worden. Am 18./19.06.1390 sei er von Khoy nach Van zu Fuß, mit dem PKW und mit dem Pferd gereist. In Van habe er bei der UN Asyl beantragt. Eineinhalb Monate sei er in Van gewesen. Wegen eines Erdbebens habe er die Stadt verlassen müssen. Er sei dann fünf Monate in Kayseri gewesen. Zweimal sei er in dieser Zeit bei der UN in Van, zweimal in Ankara gewesen. In Ankara, in Nefsheyre und in Kayseri habe er Demonstrationen organisiert. Der Aufruf zu Demonstrationen sei über das Internet per Skype und per E-Mail gegangen. Da er keinen Aufenthalt gehabt habe, keinen absehbaren Termin zum Interview bekommen habe, habe er die Türkei verlassen. In Begleitung eines Schleppers sei er nach Griechenland gereist. In Komotini sei er einhundertachtzehn Tage im Gefängnis gewesen. Nach der Freilassung habe er noch neun Tage auf der Insel zugebracht. Mit dem Boot sei er dann nach Italien gereist. Schließlich sei er mit dem Zug über Frankreich nach Deutschland gefahren. Für die Reise vom Iran in die Türkei habe er 1500 US Dollar bezahlen müssen, den gleichen Betrag für die Fahrt nach Griechenland und 3.200,00 EUR für die Fahrt von Griechenland nach Italien und 500,00 EUR für die Fahrt von Italien nach Deutschland. Hierbei habe es sich um eigene Ersparnisse und Ersparnisse seiner Eltern und von Freunden gehandelt. Seit er in Deutschland sei, sei er Mitglied der Organisation von Dr. B. Auf Vorhalt: Mit dieser Gruppe bestehe nur eine Zusammenarbeit, er sei aber kein Mitglied. In Deutschland habe er einen Text geschrieben und nur drei bis vier Tage später sei der Text in einer iranischen Zeitung, die für die Regierung arbeite, abgedruckt worden. Als Verfasser sei er jedoch nicht erkennbar gewesen. Acht bis neun Monate vor den aktuellen Wahlen im Iran habe er erneut seine Interpretationen zur Wahl und zur Zukunft geschrieben. Das sei drei bis vier Tage später in verschiedenen iranischen Zeitungen abgedruckt gewesen. Hierbei sei sein Name und sein Bild veröffentlicht worden. Seit er das Land Iran verlassen habe, habe er alle Artikel unter seinem Namen veröffentlicht.
Mit Schriftsatz vom 27.10.2014 trug der Kläger vor, er habe seine exilpolitischen Aktivitäten in Deutschland fortgesetzt. Am 25.10.2014 und am 31.10.2014 habe er zwei Demonstrationen gegen das iranische Regime organisiert, die auf der Stuttgarter Königstraße stattgefunden hätten. Außerdem habe er sich am 13.11.2014 in einem Interview mit dem Schweizer Radio Lora und am 17.11.2014 in einem Interview mit Voice of Amerika gegen das iranische Regime ausgesprochen.
Am 02.04.2015 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben und zur Begründung vorgetragen, er sei überzeugter Monarchist. Seit dem Jahr 1384 (2005) habe er sich unter Pseudonymen als Web-Blogger für monarchistische Organisationen und eigene Web-Blogs betätigt und im Jahr 1386 (2007) Flyer für Prinz Reza Pahlawi verteilt. Außerdem habe er zweimal eine Fahne des Schah in der Stadt Abadan auf der Fußgängerbrücke aufgehängt. Die Fahnen seien mit der Forderung beschriftet gewesen, dass die islamische Regierung zu verschwinden habe, beim zweiten Mal mit den Worten „Ma hastim“ (wir existieren). Darüber hinaus habe er an seiner Universität Aufrufe zu Demonstrationen getätigt, auch unter seinem Namen. Weiter habe er eine eigene Gruppierung (Anjoman-e Raha-e Iran) gegründet. Diese Gruppe habe Protestdemonstrationen organisiert und habe Video-Clips u. a. über die Ermordung von zwei Studenten bei einer Demonstration hergestellt, die auch vom TV-Sender Nahad Mardomi gezeigt worden seien. Am 14. Bahman 1389 (03.02.2010) sei er festgenommen worden, offensichtlich im Zusammenhang damit, dass an seiner Universität in Abadan für den 22. Bahman 1388 eine weitere Demonstration geplant gewesen sei, an deren Organisation er beteiligt gewesen sei. Ihm sei zum Vorwurf gemacht worden, dass er monarchistische Fahnen gehisst habe. Hinsichtlich seiner weiteren Aktivitäten habe offensichtlich nur ein Verdacht bestanden. Er sei vor allem psychischer Folter ausgesetzt gewesen. Die Haft habe fünfundvierzig Tage gedauert. Am 31.04.2014 sei das Urteil erster Instanz ergangen, mit dem er zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bei einer weiteren Bewährungszeit von fünf Jahren verurteilt worden sei. Davon seien sechs Monate abzusitzen gewesen, sechs Monate seien auf Bewährung gewesen. Das Urteil sei am 01.10.2014 von der zweiten Instanz bestätigt worden. Im zwölften Monat des Jahres 1389 (Februar/März 2011) habe er die Haft angetreten und sei nach drei Monaten, also im dritten Monat 1390 (Mai/Juni 2011) wieder freigekommen. Dadurch habe sich die sechsmonatige Bewährungsstrafe auf neun Monate erhöht. Die vorzeitige Haftentlassung nach Abbüßung der halben vorgesehenen Zeit der Strafhaft sei aufgrund guter Führung sowie der Tatsache erfolgt, dass es sich um die erste Haftstrafe gehandelt habe. Hinzu komme, dass man von ihm Spitzeldienste verlangt habe. Nach seiner Entlassung habe er einer regelmäßigen Meldepflicht unterlegen. Da es ihm immer schwerer gefallen sei, den Aufforderungen zur Bespitzelung nachzukommen, ohne viele Fakten preiszugeben, habe er das Land verlassen. In der Türkei habe er Telefongespräche mit Todesdrohungen erhalten, deshalb habe er sich in der Türkei nicht mehr sicher gefühlt und sei nach Deutschland geflohen. In der Türkei und in Deutschland habe er umfangreiche exilpolitische Aktivitäten entfaltet. Bei regimegegnerischen Demonstrationen am 16.01.2015 vor dem iranischen Konsulat in Berlin und am 21.02.2015 in Frankfurt habe er jeweils monarchistisch ausgerichtete Redebeiträge im Namen der von ihm selbst gegründeten Organisation gehalten.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen;
höchst hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger vorgetragen, die Schule habe er mit dem Abitur im Jahr 1382 abgeschlossen. Von 1384 bis 1389 habe er an der Universität Abadan das Studienfach Informatik studiert. Während dieser Zeit habe er bei seinen Eltern gewohnt. Schon während des Studiums habe er in einer Computerfirma gearbeitet. Von 1387 bis 1389 habe er ein eigenes Geschäft geführt; er habe Computer repariert und verkauft. Seinen Wehrdienst habe er nicht geleistet. Immer wieder habe er einen Aufschub wegen seines Studiums beantragt, der auch bewilligt worden sei. Im Iran sei er zweimal festgenommen worden. Die erste Festnahme sei am 14.11.1388 gewesen. Im Haus seiner Oma sei er zusammen mit seinem Bruder vom Geheimdienst festgenommen worden. 45 Tage lang sei er in der Haftanstalt des Geheimdienstes in Ahwaz festgehalten worden. Die ganze Zeit habe er in einer Einzelzelle zugebracht; lediglich zwei bis drei Tage sei ein Freund in der Zelle untergebracht worden. Die Verhöre seien regelmäßig durch mehrere Beamte durchgeführt worden. Zwei Beamte seien immer konstant anwesend gewesen, die anderen hätten gewechselt. Er sei befragt worden, welche Verbindungen er in das Ausland habe und wer für den Inhalt des Web Blogs verantwortlich sei. Außerdem hätten sie die Namen von Mitstreitern wissen wollen. Den Vernehmungsbeamten sei bekannt gewesen, dass er die Fahne des Schah aufgehängt habe. Zunächst habe er sich dahin eingelassen, dass er keine Verbindungen in das Ausland habe. Als ihm gedroht worden sei, dass sein Bruder nicht freigelassen würde, wenn er nicht kooperiere, habe er eingeräumt, dass er Verbindungen in das Ausland habe. Er habe auch die Namen der im Ausland befindlichen Freunde, mit denen er in Kontakt gestanden habe, preisgegeben. Die Frage, ob die Kampagnen vom Ausland aus finanziert seien, habe er bis zuletzt verneint. Da sein Computer eingezogen worden sei, sei er zu den darin enthaltenen Karikaturen befragt worden, wer diese angefertigt habe. Er habe geantwortet, er habe diese im Internet gefunden. Das Aufhängen der Schahfahne habe er eingeräumt, nachdem ihm mitgeteilt worden sei, sein Bruder habe dieses Vergehen gestanden. Am letzten Tag der Haft habe er zudem sein Passwort zum Zugang seiner Emails preisgegeben. Während der Haft habe er zweimal telefonischen Kontakt mit seiner Mutter gehabt. Sie habe ihm mitgeteilt, er solle alles gestehen. Während der Haft sei es zu Ohrfeigen gekommen, weitere Misshandlungen seien nicht erfolgt. Unter verschiedenen Bedingungen sei er freigekommen. Am letzten Hafttag sei im Verhörraum der Haftanstalt ein Schuldeingeständnis von ihm aufgenommen worden. Dieses hätte veröffentlicht werden sollen; ihm sei jedoch nicht bekannt, dass es veröffentlicht worden ist. Außerdem habe er mündlich zusichern müssen, dass er dem Sicherheitsdienst Informationen über Freunde mitteile. Unterschrieben habe er nichts. Schließlich habe der Bruder seiner Mutter einen Grundschuldbrief seines Hauses als Kaution im Wert von 100 Millionen Tuman hinterlegt; vorher habe der Vernehmungsbeamte Kontakt mit seiner Mutter aufgenommen und ihr den Verfahrensweg aufgezeigt. Im Anschluss habe es lediglich einmal, im Monat Tir 1389, eine Gerichtsverhandlung gegeben, bei der er anwesend gewesen sei. Die Verhandlung habe nur 2 Minuten gedauert. Man habe von ihm wissen wollen, ob er seine Taten bereue; dies habe er bejaht. Am 31.04.1389 sei das Urteil ergangen. Am 25.06.1389 habe er das Urteil bei Gericht abgeholt. Wegen illegaler Aktivitäten gegen die islamische Republik, wegen der Veröffentlichung illegaler Materialien, wegen der Anbringung der Schahfahne und wegen der Veröffentlichung von Slogans sei er zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Da er Jugendlicher gewesen sei, sei die Haft auf sechs Monate reduziert worden. Der Rest der Haft sei zur Bewährung auf fünf Jahre ausgesetzt worden. Außerdem habe er sich in den folgenden fünf Jahren alle drei Monate beim Geheimdienst melden müssen. Weiter habe er alle Reisen vorher dem Geheimdienst mitteilen müssen. Gegen dieses Urteil habe er Revision eingelegt. Diese habe jedoch keinen Erfolg gehabt. Das Revisionsurteil sei am 01.10.1389 ergangen. Die zweite Festnahme sei im zwölften Monat 1389 gewesen. Die Polizei habe ihn im Haus der Eltern zum Zweck des Haftantritts festgenommen. Im Gefängnis von Ahwaz habe er drei Monate verbüßt; während dieser Zeit habe es keine Verhöre gegeben. Während der Haftzeit sei er nicht in einer Einzelzelle gewesen. Er habe dann einen Antrag auf vorzeitige Freilassung wegen guter Führung gestellt. Dem Antrag sei stattgegeben worden. Man habe ihm jedoch auferlegt, sich beim Geheimdienst monatlich anstatt alle drei Monate zu melden. Der Auflage, sich beim Geheimdienst zu melden, sei er nach der ersten Festnahme regelmäßig nachgekommen. Nach Verbüßung der Haftstrafe habe er sich jedoch nur noch dreimal beim Geheimdienst gemeldet und danach das Land verlassen. Die Meldung beim Geheimdienst habe lediglich darin bestanden, dort ein Papier zu unterschreiben; dies habe jeweils nicht mehr als 5 Minuten gedauert. Der Verbindungsmann beim Geheimdienst namens S habe ihm jedoch immer wieder telefonische Aufträge erteilt. So habe er einmal einem Fußballspiel beiwohnen müssen, da der Verbindungsmann den Verdacht gehabt habe, dass dort Aktivitäten gegen die Regierung liefen. Er habe das Fußballspiel angeschaut, jedoch nichts festgestellt. Der Verbindungsmann habe ihn auch sonst einbestellt und von ihm verlangt, Informationen zu liefern. Solche Informationen habe er erteilt über Kontaktpersonen, die sich im Ausland aufhielten, und über im Internet mitgeteilte Zeitangaben zu Demonstrationen. Seit dem Jahr 1385 habe er Web Blogs erstellt. Außerdem sei er per E-Mail Mitglied in der Bewegung Ma Hastim, deren Organisation im Ausland bestehe, geworden. Zu dieser Bewegung habe er unter einem Pseudonym Kontakt gehalten. Auch mit der Organisation SOS Iran habe er in Kontakt gestanden. Im Jahr 1389 habe er eine eigene Organisation namens Anjoman Rahaei Iran (“junge Menschen für Freiheit im Iran“) gegründet. Diese Organisation habe 30 Mitglieder gehabt, die sich im Iran unter einem Pseudonym gemeldet hätten. Persönlich habe er die Mitglieder nie getroffen, sie hätten nur über das Internet Kontakt gehabt. Auch in der „Grünen Revolution“ sei er sehr aktiv gewesen. Im ersten und im zweiten Monat des Jahres 1388 habe er an einer Fußgängerbrücke in Abadan eine Schahfahne mit Seilen am Geländer zusammen mit seinem Bruder morgens um 6:00 Uhr angebracht. Sie seien dabei von niemandem beobachtet worden. Im Iran habe er weiter an vielen Demonstrationen teilgenommen, u.a. am 13.08.1388 in Teheran. Am 16.09.1388 hätten vor 200 Universitäten Demonstrationen stattfinden sollen. Die Sicherheitskräfte in Abadan hätten hiervon aber Wind bekommen. An diesem Tag sei deshalb die Universität geschlossen geblieben. Für den 22.11.1388 habe er zusammen mit seinem Bruder und weiteren Freunden eine große Demonstration in Abadan organisiert. Er habe in seinem Laden Flugblätter hergestellt, die seine Freunde in den Häusern hinterlassen hätten. Auf den Flugblättern sei zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen worden; genannt worden seien noch der Ort, das Datum und die Uhrzeit der Demonstration. Er habe auch Videoclips hergestellt und die Menschen aufgerufen, an bestimmten Demonstrationen teilzunehmen. In den Videoclips sei sein richtiger Name nicht enthalten gewesen, man habe nur seine Stimme gehört. Über das Internet habe er auch in ständigem Kontakt mit der Opposition im Ausland gestanden. Von in Amerika ansässigen Fernsehsendern sei er öfters unter einem Pseudonym interviewt worden, sein Bild sei dabei aber nicht gezeigt worden. Den Iran habe er verlassen, da der Verbindungsmann konkrete Taten habe sehen wollen. Er habe von ihm verlangt, andere Menschen auszuspionieren. Außerdem habe er Sorge gehabt, dass seine politischen Aktivitäten bekannt werden. Ein in der Türkei lebender Freund habe ihm einen Schlepper empfohlen. Im sechsten Monat 1390 habe er diesen Schlepper in der Nähe von Orumiyeh aufgesucht. Mit ihm zusammen habe er den Iran auf dem Landweg über das Gebirge verlassen. Sieben Monate habe er in der Türkei verbracht; zwei Monate in Van und fünf Monate in Kayseri. Van habe er verlassen wegen des Erdbebens. Aus dem Iran habe er das erforderliche Geld erhalten. Gegen Ende seines Aufenthaltes habe er auch in einer Fabrik gearbeitet, die Kopfkissen herstelle. In der Türkei habe er auch politische Aktivitäten entfaltet. Am 16.09.1390 habe er eine Demonstration vor der iranischen Botschaft in Ankara organisiert. In der Stadt, in der er sich aufgehalten habe, habe er für diese Demonstration Werbung gemacht, außerdem habe er mit einem Kleintransporter Leute nach Ankara transportiert. Auch Menschen aus Ankara seien anwesend gewesen, da er auch über das Internet Werbung gemacht habe. Außerdem habe er per Skype amerikanischen Sendern Interviews gegeben; dabei sei sein richtiger Name genannt worden. Deshalb habe der Geheimdienst zu seinen Eltern Kontakt aufgenommen und ihn zur Rückkehr aufgefordert. Er habe weiter Todesdrohungen über das Telefon bekommen. Daraufhin habe er sich an die türkische Polizei gewandt und um Schutz gebeten; dies sei jedoch abgelehnt worden. Deshalb habe er die Türkei verlassen und sei mit Hilfe eines Schleppers nach Griechenland gegangen. Dort sei er vier Monate inhaftiert gewesen. Mit Hilfe eines weiteren Schleppers sei er über Italien und Frankreich nach Deutschland gereist. Die gesamte Reise habe zwischen 4000 und 5000 EUR gekostet. Das Geld stamme von ihm selbst, von seiner Mutter und von im Ausland aufhältigen Freunden. Seine Mutter habe ihm im elften Monat 1390 mitgeteilt, sie sei zusammen mit seinem Vater zum Geheimdienst gebracht und dort einen Tag lang verhört worden. Sie seien befragt worden, wie er (der Kläger) ins Ausland gekommen sei und von was er lebe. Seine Eltern hätten nur ein einziges Mal beim Geheimdienst erscheinen müssen. Über weitere Nachstellungen habe seine Familie nichts berichtet. Während seines Aufenthaltes in Deutschland habe er von den Familienangehörigen erfahren, dass sich sein Bruder alle drei Monate beim Geheimdienst melden müsse. Dies habe jedoch nichts mit ihm (dem Kläger) zu tun; denn seiner Bruder habe eine eigene Strafe erhalten. Auch in Deutschland sei er politisch aktiv. Mit der von ihm gegründeten eigenen Organisation Anjoman Rahaie Iran habe er über das Internet Versammlungen organisiert. An der Kundgebung in Stuttgart am 22.11.1391 hätten 10 bis 15 Leute teilgenommen, an den Kundgebungen in Frankfurt am 24.03.1392 ca. 50 Leute und im Juli 2015 ca. 30 Leute sowie an der Kundgebung in Berlin im Februar 2015 zwischen 20 und 30 Leute. Bei den Kundgebungen seien Transparente getragen worden. In Frankfurt habe er einmal eine vierminütige Rede gehalten und dabei die Botschaft der politischen Gefangenen vorgelesen. Es seien dort aber auch noch andere Reden gehalten worden. Weiter habe er per Skype Fernsehsendern Interviews gegeben, die zwischen 10 Minuten und einer Stunde gedauert hätten. Auch Radiosendern in England und in der Schweiz habe er Interviews gegeben. Auf verschiedenen Nachrichtenseiten im Internet schreibe er Artikel. In Deutschland sei er nicht Mitglied einer politischen Gruppierung, er habe ja eine eigene Organisation. Derzeit gehörten seiner Organisation 50 Menschen an, die in den europäischen Ländern lebten. Die Mitgliedschaft erfolge per E-Mail. Es gebe keine Ausweise und keine Mitgliedsbeiträge. Die Namen der Mitglieder erschienen jedoch auf der Homepage. Seine Aktivitäten im Ausland seien der iranischen Regierung bekannt und hätten Reaktionen ausgelöst. In einer iranischen Zeitung sei ihm vorgeworfen worden, Mitglied einer terroristischen Organisation zu sein.
11 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die zur Sache gehörende Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
13 
Die Klage ist als Untätigkeitsklage zulässig. Zwar lag bei Klageerhebung ein zureichender Grund für die Nichtentscheidung der Beklagten vor, weshalb das Verfahren mit Beschluss vom 01.06.2015 bis zum 02.11.2015 ausgesetzt wurde. Nach - erfolglosem - Ablauf dieser Frist ist das Gericht nicht mehr an einer sachlichen Entscheidung gehindert.
14 
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG.
15 
Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) -, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a), oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b).
16 
Als Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG gelten Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Die Maßnahmen im Sinne von Nr. 2 können Menschenrechtsverletzungen, aber auch Diskriminierungen sein, die für sich allein nicht die Qualität einer Menschenrechtsverletzung aufweisen; sie müssen aber in ihrer Gesamtheit eine Betroffenheit des Einzelnen bewirken, die der Eingriffsintensität einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung im Sinne von Nr. 1 entspricht (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - BVerwGE 146, 67).
17 
Die Verfolgung kann nach § 3c AsylG ausgehen von dem Staat (Nr. 1), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
18 
Der Charakter einer Verfolgungshandlung erfordert, dass das Verhalten des betreffenden Akteurs im Sinne einer objektiven Gerichtetheit auf die Verletzung eines nach § 3a AsylG geschützten Rechtsguts selbst zielt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - BVerwGE 146, 67).
19 
Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht aller festgestellten Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.11.1991 - 9 C 118/90 - BVerwGE 89, 162 und Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - BVerwGE 146, 67).
20 
Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU). Zwar bleibt der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab unverändert, auch wenn der Antragsteller bereits Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden i.S.d. Art. 15 RL 2011/95/EU erlitten hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377). Hat ein Antragsteller indes bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten, für den streitet die widerlegbare tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, Urt. v. 02.03.2010 - Rs. C-175/08 u. a., Abdulla-, NVwZ 2010, 505). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - a.a.O.). Die Vermutung nach Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - a.a.O.). Maßgebend ist, ob stichhaltige Gründe gegen eine erneute Verfolgung sprechen, die in einem inneren Zusammenhang mit der vor der Ausreise erlittenen oder unmittelbar drohenden Verfolgung stünde (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.11.2011 - 10 B 32/11 - juris -; VGH Mannheim, Urt. v. 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 - juris -).
21 
Ob ein Verfolgungsgrund zu bejahen ist, ist in einem eigenen Prüfungsschritt zu ermitteln und beurteilt sich nach den Vorgaben des § 3b AsylG.
22 
Es ist Sache des Antragstellers, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich - als wahr unterstellt - ergibt, dass ihm bei verständiger Würdigung Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Hierzu gehört, dass der Antragsteller zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.1983 - 9 C 68/81 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 44; Urt. v. 24.03.1987 - 9 C 321/85 - NVwZ 1987, 701 und Beschl. v. 19.03.1991 - 9 B 56/91 - NVwZ-RR 1991). Ein im Laufe des Verfahrens sich widersprechendes oder sich steigerndes Vorbringen kann die Glaubwürdigkeit des Antragstellers in Frage stellen; ändert der Antragsteller in einem späteren Vortrag sein früheres Vorbringen, so muss er überzeugende Gründe darlegen, weshalb sein früheres Vorbringen falsch gewesen ist, will er nicht den Eindruck der Unglaubwürdigkeit erwecken (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.11.1985 - 9 C 26/85 - juris -; Urt. v. 23.02.1988 - 9 C 32/87 - DVBl 1988, 653 und Beschl. v. 21.07.1989 - 9 B 239/89 - NVwZ 1990, 171; BVerfG, Beschl. v. 29.11.1990 - 2 BvR 1095/90 - InfAuslR 1991, 94).
23 
Die Gefahr einer Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG kann schließlich nur festgestellt werden, wenn sich das Gericht in vollem Umfang die Überzeugung von der Wahrheit - und nicht nur von der Wahrscheinlichkeit - des von dem Antragsteller behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals verschafft (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.04.1985 - 9 C 109/84 - BVerwGE 71, 180 und Urt. v. 12.11.1985 - 9 C 26/85 - InfAuslR 1986, 79).
24 
In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben ist dem Kläger nicht aus individuellen Verfolgungsgründen die Flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen. Denn er war zum Zeitpunkt seiner Ausreise keiner anlassgeprägten Einzelverfolgung ausgesetzt, weshalb ihm die Privilegierung aus Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG nicht zu Gute kommt.
25 
Das Gericht konnte sich aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und des in ihr gewonnenen Eindrucks von der Person des Klägers nicht die erforderliche volle Überzeugung davon gewinnen, dass die von ihm behaupteten Vorfluchtgründe der Wahrheit entsprechen. Denn das Vorbringen des Klägers zu den geltend gemachten Vorfluchtgründen enthält zahlreiche Widersprüche.
26 
Schon zum nicht geleisteten Wehrdienst gibt es unterschiedliche Angaben. Bei der Anhörung in Karlsruhe gab der Kläger an, er habe den Wehrdienst nicht geleistet und er sei auch nicht freigestellt gewesen. Abweichend hiervon trug der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor, er habe immer wieder einen Aufschub wegen seines Studiums beantragt, der auch bewilligt worden sei.
27 
Zahlreiche Widersprüche enthalten die Angaben des Klägers zu der geltend gemachten ersten Festnahme und Haft. So trug er in seinem Schriftsatz vom 20.02.2014 und in der mündlichen Verhandlung vor, die Festnahme sei am 03.02.2010 erfolgt. Demgegenüber machte er bei der Anhörung in Karlsruhe geltend, er sei am 14.10.1388 (04.01.2010) festgenommen worden. Weiter gab der Kläger bei der Anhörung in Karlsruhe an, er sei während der Haft massiv gefoltert worden. Abweichend hiervon ließ sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung dahin ein, es sei während der Haft zu Ohrfeigen gekommen, weitere Misshandlungen seien nicht erfolgt. Auch in der Klagebegründung machte der Kläger lediglich geltend, er sei psychischer Folter ausgesetzt gewesen. Bei der Anhörung in Karlsruhe trug der Kläger weiter vor, die Vernehmungen seien von drei Männern durchgeführt worden. In der mündlichen Verhandlung wusste er hingegen zu berichten, die Verhöre seien regelmäßig durch mehrere Beamte durchgeführt worden, zwei Beamte seien immer konstant anwesend gewesen, die anderen hätten gewechselt. Widersprüchlich ist weiter das Vorbringen des Klägers zu den geltend gemachten Bedingungen seiner Freilassung. Bei der Anhörung in Karlsruhe gab er diesbezüglich an, eine Bedingung sei gewesen, dass er eine Verpflichtungserklärung unterschreibe, wonach er mit der Regierung zusammenarbeite und politisch aktive Leute verrate. Demgegenüber teilte der Kläger in der mündlichen Verhandlung mit, er habe lediglich mündlich zusichern müssen, dass er dem Sicherheitsdienst Informationen über Freunde mitteile, unterschrieben habe er nichts.
28 
Widersprüchliche Angaben enthält das Vorbringen des Klägers auch zu der Zeit zwischen der geltend gemachten Freilassung und der Ausreise aus dem Iran. Bei der Anhörung im Rahmen der Vorprüfung in Karlsruhe trug der Kläger vor, ein Jahr habe es gedauert, bis er vom Revolutionsgericht sein Urteil erhalten habe; innerhalb diesen Jahres habe er dreimal bei Gericht erscheinen müssen. In der mündlichen Verhandlung wusste er hingegen zu berichten, dass es lediglich eine einzige mündliche Gerichtsverhandlung gegeben habe, bei der er anwesend gewesen sei und die Verhandlung habe nur 2 Minuten gedauert. Auch zu den Daten der Gerichtsentscheidungen machte der Kläger unterschiedliche Angaben. In der Klagebegründung und in der mündlichen Verhandlung trug der Kläger vor, das erstinstanzliche Urteil datiere vom 22.07.2010 und das Urteil der Rechtsmittelinstanz sei am 20.12.2010 ergangen; abweichend hiervon machte er in der Klagebegründung geltend, das Urteil erster Instanz sei am 31.04.2014 ergangen und das Urteil der zweiten Instanz stamme vom 01.10.2014. In der mündlichen Verhandlung berichtete der Kläger auch erstmals von einer zweiten Festnahme im zwölften Monat des Jahres 1389. Nach der dreimonatigen Haftverbüßung will der Kläger nach seinem Vorbringen in Karlsruhe eine weitere Verpflichtungserklärung unterschrieben haben. Hiervon wusste er in der mündlichen Verhandlung jedoch nichts zu berichten. Die in Kopie vorgelegten Dokumente über angebliche Urteile eines Revolutionsgerichts und eines Berufungsgerichts sind kein Beleg für das Vorbringen des Klägers. Denn es ist für iranische Staatsangehörige relativ leicht, an gefälschte Dokumente zu gelangen; dies schließt Gerichtsurteile ein (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015). Eine Vorlage an das Auswärtige Amt zur Prüfung der Echtheit der vorgelegten Dokumente scheidet aus, da bei in Kopie vorgelegten Dokumenten eine Überprüfung von deren Echtheit dem Auswärtigen Amt nicht möglich ist (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 07.07.2015 an VG Schwerin).
29 
Widersprüchlich ist weiter das Vorbringen des Klägers zu den behaupteten Nachstellungen gegenüber seinen Familienangehörigen. Insoweit trug er bei der Anhörung in Karlsruhe vor, die ersten zwei Wochen nach seiner Ausreise seien sein Vater, seine Mutter, sein Bruder und dessen Freundin festgenommen und verhört worden, die ersten zwei Wochen seien seine Eltern oft mitgenommen und nach seinem Aufenthalt befragt worden, sein Bruder habe sich innerhalb von fünf Jahren alle drei Monate beim Geheimdienst melden müssen. In der mündlichen Verhandlung wusste der Kläger jedoch lediglich zu berichten, seine Mutter habe ihm im elften Monat 1390 mitgeteilt, sie sei zusammen mit seinem Vater zum Geheimdienst gebracht und dort einen Tag lang verhört worden, seine Eltern hätten nur ein einziges Mal beim Geheimdienst erscheinen müssen und über weitere Nachstellungen habe seine Familie nichts berichtet. Im Hinblick auf seinen Bruder trug der Kläger in der mündlichen Verhandlung weiter vor, während seines Aufenthaltes in Deutschland habe er von den Familienangehörigen erfahren, dass sich sein Bruder alle drei Monate beim Geheimdienst melden müsse; dies habe jedoch nichts mit ihm (dem Kläger) zu tun, denn sein Bruder habe eine eigene Strafe erhalten.
30 
Lediglich am Rande verdient noch Erwähnung, dass auch die Angaben des Klägers in Karlsruhe und in der mündlichen Verhandlung zum Jahr des Ablegen des Abiturs und zur Dauer seines Studiums widersprüchlich sind.
31 
Aufgrund der aufgezeigten Widersprüche hat das Gericht nicht die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger im Iran einer menschenrechtswidrigen Verfolgung ausgesetzt war und dieses Land in einer ausweglosen Lage verlassen hat.
32 
Auch die geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten des Klägers führen nicht dazu, dass ihm mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne von § 3a Abs. 1 AsylG droht.
33 
Zwar ist nach wie vor davon auszugehen, dass iranische Stellen die im Ausland tätigen Oppositionsgruppen genau beobachten. Einer realen Gefährdung bei einer Rückkehr in den Iran setzen sich solche führenden Persönlichkeiten der Oppositionsgruppen aus, die öffentlich und öffentlichkeitswirksam in Erscheinung treten und zum Sturz des Regimes aufrufen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 9. Dezember 2015). Danach kann eine Verfolgungsgefahr wegen exilpolitischer Aktivitäten nur dann angenommen werden, wenn der iranische Bürger bei seinen Aktivitäten besonders hervorgetreten ist und sein Gesamtverhalten ihn den iranischen Stellen als ernsthaften, auf die Verhältnisse im Iran einwirkenden Regimegegner erscheinen lässt (vgl. VGH München, Beschl. v. 29.07.2013 - 14 ZB 13.30084 - juris -; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.09.2009 - 3 B 12.07 - juris -). Eine herausgehobene Betätigung ist dann anzunehmen, wenn die Aktivitäten über den Rahmen massentypischer exilpolitischer Proteste hinausgehen und im Iran bekannt werden (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 24.02.2014 an VG Würzburg).
34 
Bei Anlegung dieser Maßstäbe kann nicht festgestellt werden, dass dem Kläger wegen seiner exilpolitischen Aktivitäten im Iran eine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.
35 
Die vorgetragenen Aktivitäten können weder einzeln betrachtet noch in einer Gesamtschau als herausgehoben im erwähnten Sinne angesehen werden. Bei der ausführlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger das Gericht nicht davon überzeugen können, dass er wegen herausgehobener Aktivitäten als ernsthafter und gefährlicher Gegner des iranischen Staates erscheinen könnte. Vielmehr hat das Gericht aufgrund des Eindrucks aus der mündlichen Verhandlung die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger zum Kreis derjenigen gehört, die im Exil in nicht exponierter Weise ihren Unmut gegen das iranische Regime zum Ausdruck bringen.
36 
Der Kläger hat nach seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung über das Internet mehrere Versammlungen in deutschen Städten organisiert und dabei einmal eine vierminütige Rede gehalten. Weiter macht er geltend, er habe per Skype Fernsehsendern Interviews gegeben, die zwischen 10 Minuten und einer Stunde gedauert hätten, auch Radiosendern in England und in der Schweiz habe er Interviews gegeben. Schließlich schreibe er auf verschiedenen Nachrichtenseiten im Internet Artikel. Diese Aktivitäten halten sich im Rahmen massentypischer Proteste. Auch durch Wiederholung werden Aktivitäten dieser Art nicht zu hervorgehobenen. Der Kläger ist mit weitergehenden Aufgaben mit überörtlicher oder überregionaler Bedeutung, etwa der Wahrnehmung überregionaler Führungs- und Funktionsaufgaben nicht betreut. Er war nicht an bedeutsamen, nur Führungspersönlichkeiten vorbehaltenen Veranstaltungen beteiligt und hält nicht an verantwortlicher Stellung Kontakt zu den Zentralen der monarchistischen Exilopposition in den USA.
37 
Dass der Kläger anlässlich einer Demonstration eine Rede gehalten hat, begründet noch keine herausgehobene Aktivität. Es handelt sich um eine kurze, recht allgemein gehaltene Rede, die weder nach dem Inhalt noch nach den sonstigen Umständen erkennen lässt, dass der Kläger ein besonderer, sich von der Masse abhebender, gefährlicher Regimegegner sein könnte. Im Übrigen hat der Kläger vorgetragen, dass er nur einer von mehreren Rednern bei der Demonstration gewesen sei, so dass er nur als einer von vielen in Erscheinung trat.
38 
Die wiederholten Veröffentlichungen des Klägers im Internet (auch unter Namensnennung) führen ebenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer Rückkehrgefährdung. Denn auch insoweit gilt nach wie vor die Erkenntnis, dass die iranischen Sicherheitsbehörden die Regimekritik, die aus dem europäischen Ausland geäußert wird, dem „gottlosen“ und „dekadenten“ Aufenthaltsstaat zuschreiben und als eine Handlungsweise bewerten, die nicht fortgesetzt wird, sobald der Betreffende in den Iran zurückgekehrt ist. Zudem wissen die iranischen Stellen, dass viele iranische Asylbewerber in Deutschland Oppositionsaktivitäten entwickeln, um in ihrem Asylverfahren einen Nachfluchtgrund geltend machen zu können (vgl. VGH München, Beschl. v. 29.07.2013 - 14 ZB 13.30084 - juris -; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.09.2009 - 3 B 12.07 - juris -; Deutsches Orient-Institut, Gutachten vom 05.07.2006 an VG Stuttgart; Gutachten vom 03.02.2006 an VG Wiesbaden; Gutachten vom 04.01.2006 an VG Münster; Gutachten vom 05.10.2005 an VG Ansbach und Gutachten vom 19.10.2004 an VG Karlsruhe; Brocks, Gutachten vom 15.07.2009 an OVG Berlin-Brandenburg). Dementsprechend spricht viel dafür, dass die iranischen Sicherheitskräfte – sollten sie von den Internetaktivitäten des Klägers Kenntnis erlangt haben – diese Aktivitäten nicht als herausgehoben einstufen, sondern dem Bereich zuordnen, in dem eine Vielzahl von Asylbewerbern im westlichen Ausland agiert, um einen Asylgrund zu schaffen. Diese Einschätzung wird nicht dadurch verändert, dass der Kläger solche Artikel im Internet wiederholt verfasst hat. Denn Aktivitäten werden allein durch Wiederholung nicht zu solchen hervorgehobener Art. Selbst wenn der Kläger für die iranischen Sicherheitsbehörden identifizierbar geworden sein sollte, hat er doch nicht die Stellung als Verantwortlicher oder leitender Funktionsträger mit überörtlicher Bedeutung, die ihn als an führender Stelle Verantwortlichen qualifizieren lässt. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die vom Kläger im Internet verbreiteten Äußerungen und Stellungnahmen sich etwa durch besonders pointierte, das iranische Regime beleidigende oder gegebenenfalls aufwieglerische oder hetzerische Inhalte oder Formen von der Vielzahl anderer im Internet kursierender Protestbeiträge abgehoben hätten und den iranischen Behörden deshalb überhaupt schon aufgefallen sein müssten.
39 
Auch aus einer Gesamtschau der geltend gemachten Exilaktivitäten des Klägers ergibt sich nicht, dass ihm im Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine beachtliche Verfolgung im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylG droht. Zwar ist der Kläger auf unterschiedliche Weise wiederholt exilpolitisch aktiv gewesen. Das Gericht hält auch angesichts des Umstandes, dass das iranische Regime die exilpolitischen Aktivitäten iranischer Staatsangehöriger intensiv beobachtet, durchaus für denkbar, dass der Kläger dabei entsprechenden Spitzeln aufgefallen ist. Die politischen Aktivitäten halten sich jedoch im Bereich der Aktivitäten, die von vielen mit dem iranischen System unzufriedenen Exiliranern unternommen werden und niedrigen Profils sind und den Kläger deshalb nicht als gefährlichen Regimegegner ausweisen. Hinzu kommt, dass von Seiten des iranischen Regimes die „Monarchisten“ nicht mehr als ernsthafte und ernst zu nehmende Opposition im Lande angesehen werden. Denn die Monarchie ist im Iran nicht mehrheitsfähig, und zwar weder in der klassischen Form der orientalischen Despotie, die die iranischen Monarchisten im Ausland so nicht vertreten, aber auch nicht in der Form einer konstitutionellen Monarchie (vgl. Deutsches Orient-Institut, Gutachten vom 03.02.2006 an VG München und Gutachten vom 10.10.2005 an VG Sigmaringen). Die Aktivitäten der Monarchisten im Ausland sind in den Augen der iranischen Sicherheitsbehörden deshalb nicht geeignet, zu einer Destabilisierung des politischen Systems im Iran beizutragen oder eine solche Destabilisierung herbeizuführen und diese Aktivitäten werden deshalb nicht als Gefahr für den Bestand des Regimes eingeschätzt (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 10.11.2009 - A 2 A 571/08 - juris -; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.09.2009 - 3 B 12.07 - juris -; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 19.03.2007 an VG Münster und Auskunft vom 18.09.2007 an VGH Kassel). Auch aus dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er agiere (mittlerweile) unabhängig von politischen Gruppierungen, folgt nichts anderes. Selbst wenn seine Berichte und Kommentare in den Interviews und im Internet zu den Verhältnissen im Iran mit seinem Foto und seinem Namen regimefeindlich sein sollten und dem Kläger zugeordnet werden könnten, lassen sie keinen Bezug zu einer politisch bedeutsamen Kraft erkennen, deren Bekämpfung für den iranischen Staat nahe liegt. Damit gehören sie zu den zahllosen oppositionellen Statements, die sich mit den Notwendigkeiten eines Asylverfahrens erklären lassen. Den iranischen Stellen ist bekannt, dass mit solchen Aktivitäten auch eine drohende Verfolgungsgefahr heraufbeschworen und damit ein Verbleiben in Deutschland ermöglicht werden soll. Eine andere Einschätzung käme nur in Betracht, wenn der Kläger schon im Iran als Regimegegner aufgefallen wäre. Hiervon kann jedoch nicht ausgegangen werden, da sein Vorbringen zu dem Vorverfolgungsgeschehen – wie bereits dargelegt – unglaubhaft ist. Schließlich hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf mehrmaliges Befragen erklärt, seine Eltern seien im elften Monat des Jahres 1390 nur ein einziges Mal vom Geheimdienst befragt worden, über weitere Nachstellungen habe seine Familie nicht berichtet. Den Erkenntnisquellen kann indessen entnommen werden, dass Familienangehörige von Oppositionellen häufig Opfer von staatlichen Maßnahmen wie Schikanen, Drohungen, kurzzeitigen Festnahmen, Misshandlungen und Haftstrafen werden; damit scheint die Regierung zu bezwecken, einerseits die Familienangehörigen so einzuschüchtern, dass sie das Schicksal ihrer Verwandten nicht öffentlich machen, andererseits aber auch die politischen Aktivisten dazu zu bewegen, sich den Behörden zu stellen bzw. zu kooperieren (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 11.12.2014 an VG Schwerin; ai vom Juni 2010: Verfolgung und Repression gegen Familienangehörige politischer Aktivisten und Aktivistinnen). Dass der Kläger von derartigen Beeinflussungsversuchen im Hinblick auf seine Familie nichts zu berichten weiß, wertet das Gericht als weiteren Anhaltspunkt dafür, dass er tatsächlich nicht in den Fokus iranischer Behörden geraten ist.
40 
Auch die Tatsache, dass der Kläger in Deutschland Asyl beantragt hat, löst noch keine staatlichen Repressionen nach einer Rückkehr in den Iran aus (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015). Denn den iranischen Sicherheitsbehörden ist bekannt, dass Asylbewerber aus dem Iran überwiegend aus anderen als politischen Gründen versuchen, in Deutschland einen dauernden Aufenthalt zu erreichen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 15.04.2015 - A 2 S 1923/14).
41 
Der mehrjährige Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland rechtfertigt gleichfalls nicht die Annahme, die iranischen Staatsbürger würden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran staatlichen Repressionen ausgesetzt sein. Zwar kann es bei einer Rückkehr in den Iran in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, insbesondere zu Kontakten während dieser Zeit. Die Befragung geht in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung einher. Keiner westlichen Botschaft ist aber bislang ein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte darüber hinaus staatlichen Repressionen ausgesetzt waren oder psychisch oder physisch gefoltert wurden. Es gibt derzeit auch keine Hinweise auf eine Veränderung dieser Praxis (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015). Schließlich können Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, von der iranischen Vertretung ein Passersatzpapier erhalten und in den Iran zurückkehren. Mit dieser gesetzlichen Wiedereinreise wird die frühere illegale Ausreise legalisiert (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015).
42 
Umstände, die die iranischen Sicherheitsbehörden dazu veranlassen könnten, den Kläger der politischen Oppositionsbewegung zuzurechnen und ihn deshalb bei einer Rückkehr in den Iran abweichend von dem sonst üblichen Verfahren einer verschärften Befragung über die näheren Umstände ihrer Ausreise und ihres anschließenden Aufenthalts in Deutschland zu unterziehen, sind nicht erkennbar. Das Vorbringen des Klägers zu seinen Vorfluchtgründen ist – wie dargelegt – nicht glaubhaft und seine exilpolitischen Aktivitäten führen - wie oben ausgeführt - zu keiner Rückkehrgefährdung.
43 
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG.
44 
Nach dieser Bestimmung ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).
45 
Bei der Prognose, ob für den Ausländer im Drittstaat die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden, ist der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377). Dass sich eine Vielzahl von Personen in derselben Situation befinden können, schließt die Anwendung des § 4 Abs. 1 AsylG nicht aus.
46 
§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG schützt indes nur vor Misshandlungen, die ein Mindestmaß an Schwere aufweisen. Damit eine Bestrafung oder Behandlung tatsächlich mit den Begriffen unmenschlich oder erniedrigend verbunden werden kann, müssen die damit verbundenen Leiden oder Erniedrigungen über das in rechtmäßigen Bestrafungsmethoden enthaltene, unausweichliche Leidens- oder Erniedrigungselement hinausgehen. Kriterien hierfür sind aus allen Umständen des Falles abzuleiten wie beispielsweise aus der Art der Behandlung oder Bestrafung und dem Zusammenhang, in dem sie erfolgt (vgl. EGMR, Urt. v. 07.07.1989 - 1/1989/161/217 -, Fall Soering, NJW 1990, 2183). Bei der Feststellung ob im Falle einer Abschiebung die Gefahr einer Misshandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 AsylG im Zielstaat besteht, ist sowohl die allgemeine Lage in diesem Staat als auch die persönliche Situation des Ausländers zu berücksichtigen (vgl. EGMR, Urt. v. 30.10.1991 - 45/1990/236/302-306 -, Fall Vilvarajah, NVwZ 1992, 869).
47 
Anhaltspunkte für das Vorliegen der genannten Voraussetzungen sind mit Blick auf die Ausführungen zur Flüchtlingszuerkennung nicht ersichtlich.
48 
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG. Für die Frage, ob für den Kläger in seinem Heimatland eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG besteht, gilt das eben Ausgeführte entsprechend.
49 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Gründe

 
12 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
13 
Die Klage ist als Untätigkeitsklage zulässig. Zwar lag bei Klageerhebung ein zureichender Grund für die Nichtentscheidung der Beklagten vor, weshalb das Verfahren mit Beschluss vom 01.06.2015 bis zum 02.11.2015 ausgesetzt wurde. Nach - erfolglosem - Ablauf dieser Frist ist das Gericht nicht mehr an einer sachlichen Entscheidung gehindert.
14 
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG.
15 
Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) -, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a), oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b).
16 
Als Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG gelten Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Die Maßnahmen im Sinne von Nr. 2 können Menschenrechtsverletzungen, aber auch Diskriminierungen sein, die für sich allein nicht die Qualität einer Menschenrechtsverletzung aufweisen; sie müssen aber in ihrer Gesamtheit eine Betroffenheit des Einzelnen bewirken, die der Eingriffsintensität einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung im Sinne von Nr. 1 entspricht (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - BVerwGE 146, 67).
17 
Die Verfolgung kann nach § 3c AsylG ausgehen von dem Staat (Nr. 1), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
18 
Der Charakter einer Verfolgungshandlung erfordert, dass das Verhalten des betreffenden Akteurs im Sinne einer objektiven Gerichtetheit auf die Verletzung eines nach § 3a AsylG geschützten Rechtsguts selbst zielt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - BVerwGE 146, 67).
19 
Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht aller festgestellten Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.11.1991 - 9 C 118/90 - BVerwGE 89, 162 und Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - BVerwGE 146, 67).
20 
Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU). Zwar bleibt der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab unverändert, auch wenn der Antragsteller bereits Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden i.S.d. Art. 15 RL 2011/95/EU erlitten hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377). Hat ein Antragsteller indes bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten, für den streitet die widerlegbare tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, Urt. v. 02.03.2010 - Rs. C-175/08 u. a., Abdulla-, NVwZ 2010, 505). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - a.a.O.). Die Vermutung nach Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - a.a.O.). Maßgebend ist, ob stichhaltige Gründe gegen eine erneute Verfolgung sprechen, die in einem inneren Zusammenhang mit der vor der Ausreise erlittenen oder unmittelbar drohenden Verfolgung stünde (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.11.2011 - 10 B 32/11 - juris -; VGH Mannheim, Urt. v. 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 - juris -).
21 
Ob ein Verfolgungsgrund zu bejahen ist, ist in einem eigenen Prüfungsschritt zu ermitteln und beurteilt sich nach den Vorgaben des § 3b AsylG.
22 
Es ist Sache des Antragstellers, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich - als wahr unterstellt - ergibt, dass ihm bei verständiger Würdigung Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Hierzu gehört, dass der Antragsteller zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.1983 - 9 C 68/81 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 44; Urt. v. 24.03.1987 - 9 C 321/85 - NVwZ 1987, 701 und Beschl. v. 19.03.1991 - 9 B 56/91 - NVwZ-RR 1991). Ein im Laufe des Verfahrens sich widersprechendes oder sich steigerndes Vorbringen kann die Glaubwürdigkeit des Antragstellers in Frage stellen; ändert der Antragsteller in einem späteren Vortrag sein früheres Vorbringen, so muss er überzeugende Gründe darlegen, weshalb sein früheres Vorbringen falsch gewesen ist, will er nicht den Eindruck der Unglaubwürdigkeit erwecken (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.11.1985 - 9 C 26/85 - juris -; Urt. v. 23.02.1988 - 9 C 32/87 - DVBl 1988, 653 und Beschl. v. 21.07.1989 - 9 B 239/89 - NVwZ 1990, 171; BVerfG, Beschl. v. 29.11.1990 - 2 BvR 1095/90 - InfAuslR 1991, 94).
23 
Die Gefahr einer Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG kann schließlich nur festgestellt werden, wenn sich das Gericht in vollem Umfang die Überzeugung von der Wahrheit - und nicht nur von der Wahrscheinlichkeit - des von dem Antragsteller behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals verschafft (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.04.1985 - 9 C 109/84 - BVerwGE 71, 180 und Urt. v. 12.11.1985 - 9 C 26/85 - InfAuslR 1986, 79).
24 
In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben ist dem Kläger nicht aus individuellen Verfolgungsgründen die Flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen. Denn er war zum Zeitpunkt seiner Ausreise keiner anlassgeprägten Einzelverfolgung ausgesetzt, weshalb ihm die Privilegierung aus Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG nicht zu Gute kommt.
25 
Das Gericht konnte sich aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und des in ihr gewonnenen Eindrucks von der Person des Klägers nicht die erforderliche volle Überzeugung davon gewinnen, dass die von ihm behaupteten Vorfluchtgründe der Wahrheit entsprechen. Denn das Vorbringen des Klägers zu den geltend gemachten Vorfluchtgründen enthält zahlreiche Widersprüche.
26 
Schon zum nicht geleisteten Wehrdienst gibt es unterschiedliche Angaben. Bei der Anhörung in Karlsruhe gab der Kläger an, er habe den Wehrdienst nicht geleistet und er sei auch nicht freigestellt gewesen. Abweichend hiervon trug der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor, er habe immer wieder einen Aufschub wegen seines Studiums beantragt, der auch bewilligt worden sei.
27 
Zahlreiche Widersprüche enthalten die Angaben des Klägers zu der geltend gemachten ersten Festnahme und Haft. So trug er in seinem Schriftsatz vom 20.02.2014 und in der mündlichen Verhandlung vor, die Festnahme sei am 03.02.2010 erfolgt. Demgegenüber machte er bei der Anhörung in Karlsruhe geltend, er sei am 14.10.1388 (04.01.2010) festgenommen worden. Weiter gab der Kläger bei der Anhörung in Karlsruhe an, er sei während der Haft massiv gefoltert worden. Abweichend hiervon ließ sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung dahin ein, es sei während der Haft zu Ohrfeigen gekommen, weitere Misshandlungen seien nicht erfolgt. Auch in der Klagebegründung machte der Kläger lediglich geltend, er sei psychischer Folter ausgesetzt gewesen. Bei der Anhörung in Karlsruhe trug der Kläger weiter vor, die Vernehmungen seien von drei Männern durchgeführt worden. In der mündlichen Verhandlung wusste er hingegen zu berichten, die Verhöre seien regelmäßig durch mehrere Beamte durchgeführt worden, zwei Beamte seien immer konstant anwesend gewesen, die anderen hätten gewechselt. Widersprüchlich ist weiter das Vorbringen des Klägers zu den geltend gemachten Bedingungen seiner Freilassung. Bei der Anhörung in Karlsruhe gab er diesbezüglich an, eine Bedingung sei gewesen, dass er eine Verpflichtungserklärung unterschreibe, wonach er mit der Regierung zusammenarbeite und politisch aktive Leute verrate. Demgegenüber teilte der Kläger in der mündlichen Verhandlung mit, er habe lediglich mündlich zusichern müssen, dass er dem Sicherheitsdienst Informationen über Freunde mitteile, unterschrieben habe er nichts.
28 
Widersprüchliche Angaben enthält das Vorbringen des Klägers auch zu der Zeit zwischen der geltend gemachten Freilassung und der Ausreise aus dem Iran. Bei der Anhörung im Rahmen der Vorprüfung in Karlsruhe trug der Kläger vor, ein Jahr habe es gedauert, bis er vom Revolutionsgericht sein Urteil erhalten habe; innerhalb diesen Jahres habe er dreimal bei Gericht erscheinen müssen. In der mündlichen Verhandlung wusste er hingegen zu berichten, dass es lediglich eine einzige mündliche Gerichtsverhandlung gegeben habe, bei der er anwesend gewesen sei und die Verhandlung habe nur 2 Minuten gedauert. Auch zu den Daten der Gerichtsentscheidungen machte der Kläger unterschiedliche Angaben. In der Klagebegründung und in der mündlichen Verhandlung trug der Kläger vor, das erstinstanzliche Urteil datiere vom 22.07.2010 und das Urteil der Rechtsmittelinstanz sei am 20.12.2010 ergangen; abweichend hiervon machte er in der Klagebegründung geltend, das Urteil erster Instanz sei am 31.04.2014 ergangen und das Urteil der zweiten Instanz stamme vom 01.10.2014. In der mündlichen Verhandlung berichtete der Kläger auch erstmals von einer zweiten Festnahme im zwölften Monat des Jahres 1389. Nach der dreimonatigen Haftverbüßung will der Kläger nach seinem Vorbringen in Karlsruhe eine weitere Verpflichtungserklärung unterschrieben haben. Hiervon wusste er in der mündlichen Verhandlung jedoch nichts zu berichten. Die in Kopie vorgelegten Dokumente über angebliche Urteile eines Revolutionsgerichts und eines Berufungsgerichts sind kein Beleg für das Vorbringen des Klägers. Denn es ist für iranische Staatsangehörige relativ leicht, an gefälschte Dokumente zu gelangen; dies schließt Gerichtsurteile ein (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015). Eine Vorlage an das Auswärtige Amt zur Prüfung der Echtheit der vorgelegten Dokumente scheidet aus, da bei in Kopie vorgelegten Dokumenten eine Überprüfung von deren Echtheit dem Auswärtigen Amt nicht möglich ist (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 07.07.2015 an VG Schwerin).
29 
Widersprüchlich ist weiter das Vorbringen des Klägers zu den behaupteten Nachstellungen gegenüber seinen Familienangehörigen. Insoweit trug er bei der Anhörung in Karlsruhe vor, die ersten zwei Wochen nach seiner Ausreise seien sein Vater, seine Mutter, sein Bruder und dessen Freundin festgenommen und verhört worden, die ersten zwei Wochen seien seine Eltern oft mitgenommen und nach seinem Aufenthalt befragt worden, sein Bruder habe sich innerhalb von fünf Jahren alle drei Monate beim Geheimdienst melden müssen. In der mündlichen Verhandlung wusste der Kläger jedoch lediglich zu berichten, seine Mutter habe ihm im elften Monat 1390 mitgeteilt, sie sei zusammen mit seinem Vater zum Geheimdienst gebracht und dort einen Tag lang verhört worden, seine Eltern hätten nur ein einziges Mal beim Geheimdienst erscheinen müssen und über weitere Nachstellungen habe seine Familie nichts berichtet. Im Hinblick auf seinen Bruder trug der Kläger in der mündlichen Verhandlung weiter vor, während seines Aufenthaltes in Deutschland habe er von den Familienangehörigen erfahren, dass sich sein Bruder alle drei Monate beim Geheimdienst melden müsse; dies habe jedoch nichts mit ihm (dem Kläger) zu tun, denn sein Bruder habe eine eigene Strafe erhalten.
30 
Lediglich am Rande verdient noch Erwähnung, dass auch die Angaben des Klägers in Karlsruhe und in der mündlichen Verhandlung zum Jahr des Ablegen des Abiturs und zur Dauer seines Studiums widersprüchlich sind.
31 
Aufgrund der aufgezeigten Widersprüche hat das Gericht nicht die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger im Iran einer menschenrechtswidrigen Verfolgung ausgesetzt war und dieses Land in einer ausweglosen Lage verlassen hat.
32 
Auch die geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten des Klägers führen nicht dazu, dass ihm mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne von § 3a Abs. 1 AsylG droht.
33 
Zwar ist nach wie vor davon auszugehen, dass iranische Stellen die im Ausland tätigen Oppositionsgruppen genau beobachten. Einer realen Gefährdung bei einer Rückkehr in den Iran setzen sich solche führenden Persönlichkeiten der Oppositionsgruppen aus, die öffentlich und öffentlichkeitswirksam in Erscheinung treten und zum Sturz des Regimes aufrufen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 9. Dezember 2015). Danach kann eine Verfolgungsgefahr wegen exilpolitischer Aktivitäten nur dann angenommen werden, wenn der iranische Bürger bei seinen Aktivitäten besonders hervorgetreten ist und sein Gesamtverhalten ihn den iranischen Stellen als ernsthaften, auf die Verhältnisse im Iran einwirkenden Regimegegner erscheinen lässt (vgl. VGH München, Beschl. v. 29.07.2013 - 14 ZB 13.30084 - juris -; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.09.2009 - 3 B 12.07 - juris -). Eine herausgehobene Betätigung ist dann anzunehmen, wenn die Aktivitäten über den Rahmen massentypischer exilpolitischer Proteste hinausgehen und im Iran bekannt werden (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 24.02.2014 an VG Würzburg).
34 
Bei Anlegung dieser Maßstäbe kann nicht festgestellt werden, dass dem Kläger wegen seiner exilpolitischen Aktivitäten im Iran eine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.
35 
Die vorgetragenen Aktivitäten können weder einzeln betrachtet noch in einer Gesamtschau als herausgehoben im erwähnten Sinne angesehen werden. Bei der ausführlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger das Gericht nicht davon überzeugen können, dass er wegen herausgehobener Aktivitäten als ernsthafter und gefährlicher Gegner des iranischen Staates erscheinen könnte. Vielmehr hat das Gericht aufgrund des Eindrucks aus der mündlichen Verhandlung die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger zum Kreis derjenigen gehört, die im Exil in nicht exponierter Weise ihren Unmut gegen das iranische Regime zum Ausdruck bringen.
36 
Der Kläger hat nach seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung über das Internet mehrere Versammlungen in deutschen Städten organisiert und dabei einmal eine vierminütige Rede gehalten. Weiter macht er geltend, er habe per Skype Fernsehsendern Interviews gegeben, die zwischen 10 Minuten und einer Stunde gedauert hätten, auch Radiosendern in England und in der Schweiz habe er Interviews gegeben. Schließlich schreibe er auf verschiedenen Nachrichtenseiten im Internet Artikel. Diese Aktivitäten halten sich im Rahmen massentypischer Proteste. Auch durch Wiederholung werden Aktivitäten dieser Art nicht zu hervorgehobenen. Der Kläger ist mit weitergehenden Aufgaben mit überörtlicher oder überregionaler Bedeutung, etwa der Wahrnehmung überregionaler Führungs- und Funktionsaufgaben nicht betreut. Er war nicht an bedeutsamen, nur Führungspersönlichkeiten vorbehaltenen Veranstaltungen beteiligt und hält nicht an verantwortlicher Stellung Kontakt zu den Zentralen der monarchistischen Exilopposition in den USA.
37 
Dass der Kläger anlässlich einer Demonstration eine Rede gehalten hat, begründet noch keine herausgehobene Aktivität. Es handelt sich um eine kurze, recht allgemein gehaltene Rede, die weder nach dem Inhalt noch nach den sonstigen Umständen erkennen lässt, dass der Kläger ein besonderer, sich von der Masse abhebender, gefährlicher Regimegegner sein könnte. Im Übrigen hat der Kläger vorgetragen, dass er nur einer von mehreren Rednern bei der Demonstration gewesen sei, so dass er nur als einer von vielen in Erscheinung trat.
38 
Die wiederholten Veröffentlichungen des Klägers im Internet (auch unter Namensnennung) führen ebenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer Rückkehrgefährdung. Denn auch insoweit gilt nach wie vor die Erkenntnis, dass die iranischen Sicherheitsbehörden die Regimekritik, die aus dem europäischen Ausland geäußert wird, dem „gottlosen“ und „dekadenten“ Aufenthaltsstaat zuschreiben und als eine Handlungsweise bewerten, die nicht fortgesetzt wird, sobald der Betreffende in den Iran zurückgekehrt ist. Zudem wissen die iranischen Stellen, dass viele iranische Asylbewerber in Deutschland Oppositionsaktivitäten entwickeln, um in ihrem Asylverfahren einen Nachfluchtgrund geltend machen zu können (vgl. VGH München, Beschl. v. 29.07.2013 - 14 ZB 13.30084 - juris -; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.09.2009 - 3 B 12.07 - juris -; Deutsches Orient-Institut, Gutachten vom 05.07.2006 an VG Stuttgart; Gutachten vom 03.02.2006 an VG Wiesbaden; Gutachten vom 04.01.2006 an VG Münster; Gutachten vom 05.10.2005 an VG Ansbach und Gutachten vom 19.10.2004 an VG Karlsruhe; Brocks, Gutachten vom 15.07.2009 an OVG Berlin-Brandenburg). Dementsprechend spricht viel dafür, dass die iranischen Sicherheitskräfte – sollten sie von den Internetaktivitäten des Klägers Kenntnis erlangt haben – diese Aktivitäten nicht als herausgehoben einstufen, sondern dem Bereich zuordnen, in dem eine Vielzahl von Asylbewerbern im westlichen Ausland agiert, um einen Asylgrund zu schaffen. Diese Einschätzung wird nicht dadurch verändert, dass der Kläger solche Artikel im Internet wiederholt verfasst hat. Denn Aktivitäten werden allein durch Wiederholung nicht zu solchen hervorgehobener Art. Selbst wenn der Kläger für die iranischen Sicherheitsbehörden identifizierbar geworden sein sollte, hat er doch nicht die Stellung als Verantwortlicher oder leitender Funktionsträger mit überörtlicher Bedeutung, die ihn als an führender Stelle Verantwortlichen qualifizieren lässt. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die vom Kläger im Internet verbreiteten Äußerungen und Stellungnahmen sich etwa durch besonders pointierte, das iranische Regime beleidigende oder gegebenenfalls aufwieglerische oder hetzerische Inhalte oder Formen von der Vielzahl anderer im Internet kursierender Protestbeiträge abgehoben hätten und den iranischen Behörden deshalb überhaupt schon aufgefallen sein müssten.
39 
Auch aus einer Gesamtschau der geltend gemachten Exilaktivitäten des Klägers ergibt sich nicht, dass ihm im Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine beachtliche Verfolgung im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylG droht. Zwar ist der Kläger auf unterschiedliche Weise wiederholt exilpolitisch aktiv gewesen. Das Gericht hält auch angesichts des Umstandes, dass das iranische Regime die exilpolitischen Aktivitäten iranischer Staatsangehöriger intensiv beobachtet, durchaus für denkbar, dass der Kläger dabei entsprechenden Spitzeln aufgefallen ist. Die politischen Aktivitäten halten sich jedoch im Bereich der Aktivitäten, die von vielen mit dem iranischen System unzufriedenen Exiliranern unternommen werden und niedrigen Profils sind und den Kläger deshalb nicht als gefährlichen Regimegegner ausweisen. Hinzu kommt, dass von Seiten des iranischen Regimes die „Monarchisten“ nicht mehr als ernsthafte und ernst zu nehmende Opposition im Lande angesehen werden. Denn die Monarchie ist im Iran nicht mehrheitsfähig, und zwar weder in der klassischen Form der orientalischen Despotie, die die iranischen Monarchisten im Ausland so nicht vertreten, aber auch nicht in der Form einer konstitutionellen Monarchie (vgl. Deutsches Orient-Institut, Gutachten vom 03.02.2006 an VG München und Gutachten vom 10.10.2005 an VG Sigmaringen). Die Aktivitäten der Monarchisten im Ausland sind in den Augen der iranischen Sicherheitsbehörden deshalb nicht geeignet, zu einer Destabilisierung des politischen Systems im Iran beizutragen oder eine solche Destabilisierung herbeizuführen und diese Aktivitäten werden deshalb nicht als Gefahr für den Bestand des Regimes eingeschätzt (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 10.11.2009 - A 2 A 571/08 - juris -; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.09.2009 - 3 B 12.07 - juris -; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 19.03.2007 an VG Münster und Auskunft vom 18.09.2007 an VGH Kassel). Auch aus dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er agiere (mittlerweile) unabhängig von politischen Gruppierungen, folgt nichts anderes. Selbst wenn seine Berichte und Kommentare in den Interviews und im Internet zu den Verhältnissen im Iran mit seinem Foto und seinem Namen regimefeindlich sein sollten und dem Kläger zugeordnet werden könnten, lassen sie keinen Bezug zu einer politisch bedeutsamen Kraft erkennen, deren Bekämpfung für den iranischen Staat nahe liegt. Damit gehören sie zu den zahllosen oppositionellen Statements, die sich mit den Notwendigkeiten eines Asylverfahrens erklären lassen. Den iranischen Stellen ist bekannt, dass mit solchen Aktivitäten auch eine drohende Verfolgungsgefahr heraufbeschworen und damit ein Verbleiben in Deutschland ermöglicht werden soll. Eine andere Einschätzung käme nur in Betracht, wenn der Kläger schon im Iran als Regimegegner aufgefallen wäre. Hiervon kann jedoch nicht ausgegangen werden, da sein Vorbringen zu dem Vorverfolgungsgeschehen – wie bereits dargelegt – unglaubhaft ist. Schließlich hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf mehrmaliges Befragen erklärt, seine Eltern seien im elften Monat des Jahres 1390 nur ein einziges Mal vom Geheimdienst befragt worden, über weitere Nachstellungen habe seine Familie nicht berichtet. Den Erkenntnisquellen kann indessen entnommen werden, dass Familienangehörige von Oppositionellen häufig Opfer von staatlichen Maßnahmen wie Schikanen, Drohungen, kurzzeitigen Festnahmen, Misshandlungen und Haftstrafen werden; damit scheint die Regierung zu bezwecken, einerseits die Familienangehörigen so einzuschüchtern, dass sie das Schicksal ihrer Verwandten nicht öffentlich machen, andererseits aber auch die politischen Aktivisten dazu zu bewegen, sich den Behörden zu stellen bzw. zu kooperieren (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 11.12.2014 an VG Schwerin; ai vom Juni 2010: Verfolgung und Repression gegen Familienangehörige politischer Aktivisten und Aktivistinnen). Dass der Kläger von derartigen Beeinflussungsversuchen im Hinblick auf seine Familie nichts zu berichten weiß, wertet das Gericht als weiteren Anhaltspunkt dafür, dass er tatsächlich nicht in den Fokus iranischer Behörden geraten ist.
40 
Auch die Tatsache, dass der Kläger in Deutschland Asyl beantragt hat, löst noch keine staatlichen Repressionen nach einer Rückkehr in den Iran aus (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015). Denn den iranischen Sicherheitsbehörden ist bekannt, dass Asylbewerber aus dem Iran überwiegend aus anderen als politischen Gründen versuchen, in Deutschland einen dauernden Aufenthalt zu erreichen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 15.04.2015 - A 2 S 1923/14).
41 
Der mehrjährige Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland rechtfertigt gleichfalls nicht die Annahme, die iranischen Staatsbürger würden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran staatlichen Repressionen ausgesetzt sein. Zwar kann es bei einer Rückkehr in den Iran in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, insbesondere zu Kontakten während dieser Zeit. Die Befragung geht in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung einher. Keiner westlichen Botschaft ist aber bislang ein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte darüber hinaus staatlichen Repressionen ausgesetzt waren oder psychisch oder physisch gefoltert wurden. Es gibt derzeit auch keine Hinweise auf eine Veränderung dieser Praxis (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015). Schließlich können Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, von der iranischen Vertretung ein Passersatzpapier erhalten und in den Iran zurückkehren. Mit dieser gesetzlichen Wiedereinreise wird die frühere illegale Ausreise legalisiert (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015).
42 
Umstände, die die iranischen Sicherheitsbehörden dazu veranlassen könnten, den Kläger der politischen Oppositionsbewegung zuzurechnen und ihn deshalb bei einer Rückkehr in den Iran abweichend von dem sonst üblichen Verfahren einer verschärften Befragung über die näheren Umstände ihrer Ausreise und ihres anschließenden Aufenthalts in Deutschland zu unterziehen, sind nicht erkennbar. Das Vorbringen des Klägers zu seinen Vorfluchtgründen ist – wie dargelegt – nicht glaubhaft und seine exilpolitischen Aktivitäten führen - wie oben ausgeführt - zu keiner Rückkehrgefährdung.
43 
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG.
44 
Nach dieser Bestimmung ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).
45 
Bei der Prognose, ob für den Ausländer im Drittstaat die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden, ist der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377). Dass sich eine Vielzahl von Personen in derselben Situation befinden können, schließt die Anwendung des § 4 Abs. 1 AsylG nicht aus.
46 
§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG schützt indes nur vor Misshandlungen, die ein Mindestmaß an Schwere aufweisen. Damit eine Bestrafung oder Behandlung tatsächlich mit den Begriffen unmenschlich oder erniedrigend verbunden werden kann, müssen die damit verbundenen Leiden oder Erniedrigungen über das in rechtmäßigen Bestrafungsmethoden enthaltene, unausweichliche Leidens- oder Erniedrigungselement hinausgehen. Kriterien hierfür sind aus allen Umständen des Falles abzuleiten wie beispielsweise aus der Art der Behandlung oder Bestrafung und dem Zusammenhang, in dem sie erfolgt (vgl. EGMR, Urt. v. 07.07.1989 - 1/1989/161/217 -, Fall Soering, NJW 1990, 2183). Bei der Feststellung ob im Falle einer Abschiebung die Gefahr einer Misshandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 AsylG im Zielstaat besteht, ist sowohl die allgemeine Lage in diesem Staat als auch die persönliche Situation des Ausländers zu berücksichtigen (vgl. EGMR, Urt. v. 30.10.1991 - 45/1990/236/302-306 -, Fall Vilvarajah, NVwZ 1992, 869).
47 
Anhaltspunkte für das Vorliegen der genannten Voraussetzungen sind mit Blick auf die Ausführungen zur Flüchtlingszuerkennung nicht ersichtlich.
48 
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG. Für die Frage, ob für den Kläger in seinem Heimatland eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG besteht, gilt das eben Ausgeführte entsprechend.
49 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

1. Der Kläger ist nach eigenen Angaben ein am ... 1984 geborener iranischer Staatsangehöriger. Er reiste angeblich am 10. September 2012 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 5. November 2012 einen Asylantrag. Zur Begründung seines Asylantrags gab der Kläger im Wesentlichen an, er habe im Iran regimekritische Artikel verfasst. Zwei Freunde, die seine Artikel verbreitet hätten, seien festgenommen worden. Seine Wohnung sei durchsucht worden.

Mit Bescheid vom 10. März 2015 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), den Antrag auf Asylanerkennung (Nr. 2) und die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (Nr. 3) ab. Weiter stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung, im Falle einer Klageerhebung innerhalb von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Die Abschiebung in den Iran oder in einen anderen Staat wurde angedroht (Nr. 5). Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe eine begründete Furcht vor Verfolgung durch die iranischen Behörden nicht glaubhaft gemacht. Der Kläger habe auf Nachfragen zu konkreten Ereignissen keine klaren und nachvollziehbaren Angaben gemacht, die eine ihm drohende politische Verfolgung wahrscheinlich erscheinen ließen.

2. Am 23. März 2015 ließ der Kläger Klage erheben und beantragen,

1. die Beklagte zu verpflichten, den Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 10. März 2015, zugestellt am 13. März 2015, die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylVfG zuzuerkennen,

2. den Kläger als asylberechtigt im Sinne des Art. 16a GG anzuerkennen,

3. festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus vorliegen,

4. festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Mit Schriftsatz vom „19.05.2015“, eingegangen bei Gericht am 14. Juli 2015, ließ der Kläger zur Klagebegründung vorbringen: Im angefochtenen Bescheid werde der Sachverhalt nicht detailliert angegeben, zudem sei dort ein Missverständnis festzustellen. Der Kläger habe Artikel geschrieben, die fluchtauslösender Grund für ihn gewesen seien. Aus diesem Grund sei er in das Visier des islamischen Regimes gefallen. Seit seiner Ankunft in Deutschland sei der Kläger weiterhin politisch aktiv. Er habe eine Internetseite. Seit seiner Ankunft nehme der Kläger Veröffentlichungen auf dieser Webseite bis heute vor. Der Kläger habe sich nicht in Widersprüche verwickelt. Vielmehr habe der Einzelentscheider die Schließung der Internetseite der Zeitschrift „A.“ mit der Inhaftierung der Freunde verwechselt. Der Vorwurf, er sei zufälliger Weise nicht zu Hause gewesen, sei falsch. Er habe angegeben, dass er zwei Tage vor der Hausdurchsuchung sein Familienhaus verlassen habe, um einen Freund bei Computerarbeiten zu helfen. Der Kläger habe sich im Iran zumindest in einer latenten Gefährdungslage befunden. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland und der Veröffentlichung der den Kernpunkt des islamischen Regimes angreifenden Artikel habe der Kläger den Beweis dafür erbracht, dass er gegen das islamische Regime eingestellt und bei einer Rückkehr in Leib und Leben gefährdet sei. Dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes sei die Einschätzung einer Gefährdung des Klägers zu entnehmen. Weiteren Erkenntnisquellen sei zu entnehmen, dass besonders die Aktivitäten oppositioneller Journalisten und Blogger im Internet in den Fokus gerückt seien. Den exilpolitischen Aktivitäten des Klägers sei damit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu entnehmen, dass der Kläger bei Rückkehr Gefahren für sein Leib und Leben ausgesetzt werde.

3. Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 26. März 2015

die Klage abzuweisen.

4. Eine zunächst erhobene Untätigkeitsklage stellte das Gericht mit Beschluss vom 31. März 2015 (W 6 K 15.30024) ein.

Die Kammer übertrug den Rechtsstreit mit Beschluss vom 6. Mai 2015 dem Berichterstatter zur Entscheidung.

Mit Beschluss vom 12. Mai 2015 lehnte das Gericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten ab.

In der mündlichen Verhandlung am 26. August 2015 nahm der Klägerbevollmächtigte die Klage auf Aufhebung der Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheides vom 10. März 2015 und auf Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten zurück. Das Gericht trennte diesen Klageteil ab, führte ihn unter dem Aktenzeichen W 6 K 15.30613 fort und stellte ihn auf Kosten des Klägers ein. Der Klägerbevollmächtigte beantragte sodann,

die Beklagte unter Aufhebung der Nrn. 1 und 3 bis 5 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10. März 2015 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;

hilfsweise, dem Kläger den subsidiären Schutz zuzuerkennen;

hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Das Gericht hörte den Kläger informatorisch an. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird verwiesen.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akten der Verfahren W 6 K 15.30024 und W 6 K 15.30613) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage, über die entschieden werden konnte, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erschienen sind (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10. März 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG sowie für die Feststellung von Abschiebungsverboten nach des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Gericht folgt im Ergebnis sowie in der wesentlichen Begründung dem angefochtenen Bescheid und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Das Gericht ist insbesondere auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht davon überzeugt, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in den Iran politische Verfolgung oder sonst eine ernsthafte Gefahr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.

2. Ein Ausländer darf gemäß § 3 ff. AsylVfG nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Verfolgungshandlungen müssen an diese Gründe anknüpfend mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (siehe zum einheitlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25/10 - BVerwGE 140, 22; U.v. 27.4.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377). Eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit liegt dann vor, wenn die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Maßgebend ist letztlich, ob es zumutbar erscheint, dass der Ausländer in sein Heimatland zurückkehrt (BVerwG, U.v. 3.11.1992 - 9 C 21/92 - BVerwGE 91, 150; U.v. 5.11.1991 - 9 C 118/90 - BVerwGE 89, 162). Über das Vorliegen einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gegebenen Gefahr politischer Verfolgung entscheidet eine wertende Gesamtbetrachtung aller möglichen verfolgungsauslösenden Gesichtspunkte, wobei in die Gesamtschau alle Verfolgungsumstände einzubeziehen sind, unabhängig davon, ob diese schon im Verfolgerstaat bestanden oder erst in Deutschland entstanden und von dem Ausländer selbst geschaffen wurden oder ob ein Kausalzusammenhang zwischen dem nach der Flucht eingetretenen Verfolgungsgrund und entsprechend den schon in dem Heimatland bestehenden Umständen gegeben ist (BVerwG, U.v. 18.2.1992 - 9 C 59/91 - Buchholz 402.25, § 7 AsylVfG Nr. 1).

Aufgrund seiner prozessualen Mitwirkungspflicht hat ein Kläger (oder eine Klägerin) seine (ihre) Gründe für seine politische Verfolgung schlüssig und vollständig vorzutragen (§ 25 Abs. 1 und 2 AsylVfG, § 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO). Er muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich - als wahr unterstellt - bei verständiger Würdigung die behauptete Verfolgung ergibt. Bei den in die eigene Sphäre des Klägers fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen, muss er eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, den Abschiebungsschutz lückenlos zu tragen. Unauflösbare Widersprüche und erhebliche Steigerungen des Vorbringens sind hiermit nicht vereinbar und können dazu führen, dass dem Vortrag im Ganzen nicht geglaubt werden kann. Bleibt ein Kläger hinsichtlich seiner eigenen Erlebnisse konkrete Angaben schuldig, so ist das Gericht nicht verpflichtet, insofern eigene Nachforschungen durch weitere Fragen anzustellen. Das Gericht hat sich für seine Entscheidung die volle Überzeugung von der Wahrheit, nicht bloß von der Wahrscheinlichkeit zu verschaffen (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 106.84 - BVerwGE 71, 180).

3. Dem Kläger ist es nicht gelungen, die für seine Ansprüche relevanten Gründe - zu seinem Vorfluchtschicksal - in der dargelegten Art und Weise geltend zu machen. Unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass eine begründete Gefahr politischer Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestand bzw. besteht. Der Kläger hat im Verlauf des Behördenverfahrens sowie des gerichtlichen Verfahrens, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, teils in frappierender Weise ungereimte und widersprüchliche Angaben gemacht, die er zum Teil auch noch gesteigert hat. Demgegenüber ließ er eine zweifelsfreie, in sich stimmige Verfolgungsgeschichte vermissen. Weiter stützt er seine Verfolgungsfurcht im Wesentlichen auf Vermutungen und Spekulationen.

Gerade aufgrund Aussageverhaltens des Klägers und seiner Angaben in der mündlichen Verhandlung drängt sich dem Gericht der Eindruck auf, dass der Kläger die von ihm geschilderte Geschichte nicht selbst erlebt hat, sondern dass er ein konstruiertes und ausgedachtes Verfolgungsschicksals ohne eigenen Erlebnishintergrund vorgibt. Anders lassen sich die zahlreichen Widersprüche im Vergleich zu den Angaben beim Bundesamt sowie seine Unfähigkeit, auf Fragen konkret und in Einzelheiten zu antworten, wie es einem Verfolgten, der seine Geschichte wirklich so erlebt hat, ohne weiteres möglich wäre, nicht erklären. Stattdessen gab der Kläger ausweichende Antworten und berief sich wiederholt auf Erinnerungslücken. So bleiben letztlich nicht ausräumbare, durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit des klägerischen Vorbringens zu seinem Vorfluchtschicksal.

So konnte schon aufgrund widersprüchlicher Angaben des Klägers nicht festgestellt werden, welche politischen Aktivitäten er in den Iran als fluchtauslösenden Grund getätigt haben will. Zwar hat er Auszüge aus der Zeitschrift „A.“ vorgelegt. Die Zeitschrift wurde jedoch schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers im Jahr 2010 im Iran eingestellt. Allein aufgrund dessen sind gegen den Kläger bis zu seiner Ausreise im Jahr 2012 keine Maßnahmen ergriffen worden. Das weitere Vorbringen, er sei auch noch in der Zeit nach der Einstellung der Zeitschrift mit regimekritischen Artikeln aktiv gewesen, ist nicht glaubhaft. Abgesehen von den entsprechenden Ungereimtheiten zu deren Verbreitung über seinen Freund M., auf die schon im ablehnenden Bundesamtsbescheid hingewiesen ist, gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung an, bis kurz vor seiner Ausreise im Jahr 2012 keinen Kontakt mit seinen beiden Freunden gehabt zu haben, obwohl er laut Aussage bei der Bundesamtsanhörung über seinen Freund M. im Zeitraum von 2010 bis 2012 die regimekritischen Artikel publik gemacht haben will. Auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts erklärte der Kläger - wie des Öfteren - pauschal, er könne sich nicht mehr an alles erinnern. Später gab er auf explizite Nachfrage ohne weiteren Kommentar nur an: ja, es sei richtig, dass er vom Jahr 2010 bis 2012 mit einem Freund regimekritische Artikel verfasst habe.

Widersprüchlich sind des Weiteren die Angaben zur Verhaftung seines Freundes H. Im Rahmen der Bundesamtsanhörung erklärte der Kläger ausdrücklich, die Zeitschrift „A.“ sei am 28.12.1388 (19.3.2010) geschlossen worden. Sein Freund H. sei acht Tage zuvor festgenommen worden; der zweite Freund (M.) sei im Jahr 2012 festgenommen worden. Demgegenüber ließ der Kläger im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 19. Mai 2015 vorbringen, die Beklagte habe die Schließung der Internetseite (2010) mit der Inhaftierung der Freunde des Klägers (2012) verwechselt. Davon wiederum abweichend erklärte der Kläger in der mündlichen Verhandlung, er habe einen Monat vor seiner Ausreise erfahren, dass es zu einer Festnahme von beiden Freunden gekommen sei. Demgegenüber gab er beim Bundesamt an, nach der Schließung der Zeitung hätten sie (der Kläger und sein Freund M.) ein Jahr lang nichts über den Verbleib des Freundes H. erfahren. Auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts, verwies der Kläger schlicht auf Erinnerungslücken.

Gleichermaßen nicht aufklärbar sind die widersprüchlichen Angaben des Klägers zur Verhaftung seines zweiten Freundes M.. Während er beim Bundesamt noch angegeben hatte, nach der Schließung der Zeitung und der Verhaftung des Freundes H. habe er zusammen mit dem zweiten Freund M. regimekritische Aktivitäten betrieben, bestritt er dies zunächst in der mündlichen Verhandlung und gab an, er habe mit keinem seiner beiden Freunde bis kurz vor der Ausreise Kontakt gehabt. Er habe einen Monat vor seiner Ausreise erfahren, dass seine beiden Freunde festgenommen worden seien. Demgegenüber hatte er im Rahmen der Bundesamtsanhörung ausdrücklich angegeben, sein Freund M., sei am 14.2.1391 (3.2.2012) festgenommen worden. Erst auf Vorhalt des Gerichts erklärte der Kläger, er habe mit seinem M. von 2010 bis 2012 regimekritische Artikel verfasst. Er habe mit 19 Jahren angefangen regimekritische Artikel zu schreiben bis zum Jahr 2010. Auch danach habe er gelegentlich etwas gemacht, aber er könne sich nicht mehr daran erinnern.

Weiteren Anlass zu durchgreifenden Zweifeln geben die Aussagen des Klägers in der mündlichen Verhandlung zu den angeblich erfolgten Durchsuchungen. Der Kläger wiederholte zwar in der mündlichen Verhandlung, während seiner Abwesenheit von seiner Mutter erfahren zu haben, dass staatliche Sicherheitskräfte im Iran einmal seine Wohnung durchsucht hätten. Auf Vorhalt des Gerichts, er habe bei der Bundesamtsanhörung zwei Durchsuchungen angegeben, erklärte er, es könne sein, aber er könne sich heute nicht mehr daran erinnern. Auf Hinweis des Gerichts, dass der Kläger bei seiner Bundesamtsanhörung angegeben habe, bei der zweiten Durchsuchung sei sein behinderter Bruder mitgenommen worden, entgegnete der Kläger abweichend davon und gesteigert, sein Bruder sei gleich beim ersten Mal mitgenommen worden und auch später noch einmal an einem anderen Tag. Insoweit lässt es der Kläger erneut an einem stimmigen Vorbringen vermissen, welches als Grundlage einer Gefährdungsbeurteilung dienen könnte.

Der Kläger stützt seine Verfolgungsfurcht zudem nur auf Vermutungen und Spekulationen, da weitere mit Tatsachen untermauerte Angaben des Klägers zu konkreten Verfolgungsmaßnahmen fehlen. Auf Frage des Gerichts nach weiteren Maßnahmen des iranischen Staates gegen ihn erklärte der Kläger, er habe zwar Kontakt mit seiner Mutter, aber seine Mutter habe nicht mit ihm über eventuelle weitere staatliche Maßnahme gesprochen. Sie habe gesagt, weil er Stress bekomme. Weiterhin erklärte der Kläger auf Frage des Gerichts zu möglichen schriftlichen Unterlagen bzw. Vorladungen seitens des iranischen Staates. Die gebe es wohl. Er müsse aber seine Mutter fragen. Er habe sie nicht. Der Kläger hat demnach nicht von sich aus von weiteren, insbesondere auch aktuellen Verfolgungsmaßnahme berichtet, geschweige denn von konkreten schriftlichen Dokumenten, die er auch dem Gericht hätte vorlegen können. Auch über das weitere Schicksal seiner Freunde wusste er nichts. Es erscheint lebensfremd und nicht nachvollziehbar, dass der Kläger nicht aus eigenem Antrieb weitere konkretere Erkundigungen eingezogen hat, die auf einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestehenden Verfolgungsgefahr für ihn hindeuten. Gerade wenn jemand verfolgt wird - und damit sein Asylbegehren in Deutschland begründet -, wäre es lebensnah, sich weitere konkrete Informationen über ein Fortbestehen der Verfolgungsgefahr zu besorgen und entsprechende Belege von sich aus unaufgefordert den deutschen Behörden bzw. dem Gericht vorzulegen. In diese Richtung hat der Kläger nichts Substanzielles vorgetragen. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 26. März 2014 an das VG Würzburg erfolgen von Geheimdienst veranlasste Verhaftungen und Durchsuchungen in der Regel aufgrund von Haftbefehlen und Durchsuchungsbeschlüssen unter anderem der Revolutionsgerichte oder aufgrund schriftlicher Anordnungen der Sicherheitskräfte. Danach drängt sich dem Gericht der Eindruck auf, dass gegen den Kläger überhaupt keine relevanten Verfolgungsmaßnahmen seitens der staatlichen Behörden im Iran erfolgt sind und auch bei einer Rückkehr nicht drohen. Die ausweichende Antwort, seine Mutter habe Stress vermeiden wollen, er müsse sie gegebenenfalls nochmals fragen, überzeugt nicht.

Zusammenfassend ist das Gericht nach dem Gesamtbild, wie es sich dem Gericht aufgrund der Angaben des Kläger im behördlichen Verfahren und im Gerichtsverfahren unter Einbeziehung der vorgelegten bzw. sonst zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Unterlagen darstellt, gerade auch nach dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung nicht davon überzeugt, dass dem Kläger aufgrund des von ihm geschilderten Vorfluchtschicksals eine (politische) Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohte oder heute noch droht.

4. Das Gericht ist des Weiteren nicht davon überzeugt, dass für den Kläger eine ernsthafte Verfolgungsgefahr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit aufgrund seiner Nachfluchtaktivitäten droht. Die als Nachfluchtgründe geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten bewegen sich insgesamt betrachtet noch auf einem niedrigen oppositionellen Niveau, so dass nach Überzeugung des Gerichts nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger in Deutschland derart nach Außen in Erscheinung getreten ist, dass er zum einen durch die iranischen Sicherheitsbehörden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit als ernsthafter Regimegegner, welche auf die Verhältnisse im Iran einzuwirken vermag, identifiziert und qualifiziert worden ist und dass zum anderen wegen der von ihm ausgehenden Gefahr ein Verfolgungsinteresse des iranischen Staates besteht.

Hinsichtlich der Verfolgung aufgrund von exilpolitischen Aktivitäten kann zunächst aufgrund der vorliegenden Erkenntnis- und Auskunftslage als gegeben unterstellt werden, dass die exilpolitischen Organisationen im Ausland sowie deren Aktivitäten durch die iranischen Sicherheitsdienste genauestens überwacht werden. Dies ist allgemein bekannt und unstreitig (SFH, Länderanalyse Iran vom 4.4.2006, S. 6 und vom 16.11.2010; amnesty international vom 18.6.2012 an das SächsOVG, S. 1 ff.). Entscheidend für die Frage, ob eine Verfolgungsgefahr vorliegt oder nicht, ist nach übereinstimmenden Auskünften, ob die Aktivitäten dem Geheimdienst bekannt geworden sind, etwa weil der Asylbewerber über die massentypischen und niedrig profilierten Erscheinungsformen exilpolitischer Proteste hinaus Funktionen wahrgenommen und/oder Aktivitäten entwickelt hat, welche ihn aus der Masse der mit dem Regime im Teheran Unzufriedenen heraushebt und als ernsthaften und gefährlichen Regimegegner erscheinen lässt. Die Indizien hierfür sind Tätigkeiten in herausgehobener Position, öffentliche Aktivitäten, namentliche Kennzeichnung von Publikationen, das in Erscheinung Treten als Organisator von Demonstrationen, Kundgebungen und Veranstaltungen, Dauer, Kontinuität und Intensität der Aktivitäten (vgl. Deutsches Orient-Institut vom 3.2.2006 an das VG Wiesbaden, S. 4; SFH, Länderanalyse Iran vom 4.4.2006, S. 7). Das Deutsche Orient-Institut führt in einer Stellungnahme an das VG Wiesbaden hierzu aus, dass exilpolitische Betätigung nicht besonders verfolgungsrelevant ist, sofern sie nicht an exponierter Stelle und mit ständiger, auch medialer Öffentlichkeitspräsenz verbunden ist (Deutsches Orient-Institut vom 3.2.2006 an das VG Wiesbaden, S. 4; vom 4.1.2006 an VG Münster, S. 4). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe äußerte zwar Bedenken, dass sich mögliche Auswirkungen des Amtsantritts Ahmadinejads zeigen werden (SFH, Länderanalyse Iran vom 4.4.2006, S. 11 ff.). Das Deutsche Orient-Institut weist jedoch in seiner späteren Stellungnahme darauf hin, dass auch nach dem Amtsantritt Ahmadinejads noch von der bisherigen Lage auszugehen und das Verhältnis Irans zu nicht exponierten regimefeindlichen Betätigungen von Iranern in Europa unverändert ist (Deutsches Orient-Institut vom 5.7.2007 an VG Stuttgart, S. 7). Zudem sehen die iranischen Sicherheitsbehörden das Asylverfahren als zulässige Möglichkeit an, einen rechtmäßigen Aufenthaltstitel in Europa zu erhalten (Deutsches Orient-Institut vom 5.7.2007 an VG Stuttgart, S. 10; vom 3.2.2006 an VG Wiesbaden, S. 4). Sie wissen insofern auch, dass ein solches Verfahren betrieben werden muss und dass als eine Möglichkeit des Betreibens des Verfahrens exilpolitische Aktivitäten aufgenommen werden müssen, um einen Nachfluchtgrund geltend machen zu können (Deutsches Orient-Institut vom 5.7.2006 an VG Stuttgart, S. 10; vom 4.1.2006 an VG Münster, S. 5; Auswärtiges Amt vom 4.4.2007 an HessVGH). Auch wissen die iranischen Behörden genau zu unterscheiden zwischen innerstaatlicher Opposition und exilpolitischer Opposition, so dass ihnen klar ist, dass zwischen exilpolitischen Aktivitäten und iranischer Wirklichkeit kein Zusammenhang besteht (Deutsches Orient-Institut vom 3.2.2006 an VG Wiesbaden, S. 7). Insofern ist es unrealistisch, die untergeordneten standardmäßigen exilpolitischen Aktivitäten mit derselben Härte zu bestrafen, wie sie zu bestrafen wären, wenn sie im Iran stattfinden würden (Deutsches Orient-Institut vom 5.7.2006 an VG Stuttgart, S. 11). Der iranische Geheimdienst als Teil des Staatsapparates ist nicht daran interessiert, den Iranern das „Aufenthaltsrecht in Europa“ kaputt zu machen, sondern interessiert sich nur für oppositionelle Aktivitäten, die die Interessen der islamischen Republik Iran in irgendeiner Weise berühren oder in den Iran hineinwirken können (Deutsches Orient-Institut vom 3.2.2006 an VG Wiesbaden, S. 7).

Die soeben skizzierten Aussagen werden durch die neueren vorliegenden Erkenntnisse bestätigt. So führt etwa das Auswärtige Amt aus, dass iranische Staatsangehörige nach langjährigem Aufenthalt in Westeuropa teilweise befragt werden können, soweit deren exilpolitischen Aktivitäten den iranischen Sicherheitsbehörden bekannt werden (vgl. Auswärtiges Amt vom 9.8.2010 an VG Wiesbaden und vom 22.11.2010 an VG Hamburg). Iranische Stellen beobachten genau die im Ausland tätigen Oppositionsgruppen. Einer realen Gefährdung bei einer Rückkehr in den Iran setzen sich daher solche führende Persönlichkeiten der Oppositionsgruppen aus, die öffentlich und öffentlichkeitswirksam (z. B. als Redner, Verantwortlicher oder in leitender Funktion) in Erscheinung treten und zum Sturz des Regimes aufrufen. Im Ausland lebende prominente Vertreter vom Iran verbotener Oppositionsgruppen haben im Fall einer Rückkehr mit sofortiger Inhaftierung zu rechnen. Normale Teilnehmer an irankritischen Demonstrationen können bei späteren Besuchen im Iran seitens der Sicherheitsdienste befragt werden, wenn ihre Aktivitäten bekannt sind (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 24.2.2015, Stand: September 2014; vgl. auch Deutsches Orient-Institut vom 22.4.2011 an VG Regensburg; SFH, Länderanalyse vom 16.11.2010, S. 7 und 10; amnesty international vom 1.6.2012 an HessVGH und vom 18.6.2012 an SächsOVG; Erlanger Zentrum für Asyl und Recht vom 27.7.2012 an VG Hannover).

Das Auswärtige Amt bestätigt zwar weiter im aktuellen Lagebericht (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 24.2.2015, Stand September 2014) konkret das verstärkte Vorgehen des iranischen Staates gegen oppositionelle Internetaktivitäten. Danach werden Blogger, Hompage-Betreiber und sonstige Netzbürger zunehmend systematisch verfolgt und müssen mit hohen Gefängnisstrafen bis hin zur Todesstrafe rechnen. Praktisch alle oppositionellen Webseiten würden durch die Behörden gefiltert. Verboten seien alle Seiten, deren Inhalt sich gegen die soziale Moral, religiöse Werte und den sozialen Frieden richteten oder die als regierungsfeindlich einzustufen seien. Gleichwohl hält es bei seiner Einschätzung zu den exilpolitischen Tätigkeiten an der Aussage fest, dass sich einer realen Gefährdung bei einer Rückkehr in den Iran (nur) solche führenden Persönlichkeiten und Oppositionsgruppen aussetzen, die öffentlich und öffentlichkeitswirksam in Erscheinung treten und zum Sturz des Regimes aufrufen. Im Ausland lebende prominente Vertreter im Iran verbotener Oppositionsgruppen haben im Fall einer Rückführung mit sofortiger Inhaftierung zu rechnen. Seit Herbst 2009 gebe es verstärkt Hinweise auf gezielte Einschüchterungsmaßnahmen von Oppositionellen im Ausland seitens iranischer Sicherheitsbehörden. Des Weiteren sei zu beobachten, dass Teilnehmer an irankritischen Demonstrationen bei späteren Besuchen im Iran seitens der Sicherheitskräfte zu ihren Aktionen befragt würden. Eine herausgehobene Betätigung ist nach Aussage des Auswärtigen Amt dann anzunehmen, wenn die Aktivitäten über den Rahmen massentypischer exilpolitischer Proteste hinausgehen und im Iran bekannt werden (Auswärtiges Amt vom 24.2.2014 an das VG Würzburg). Nach Auskunft von amnesty international sind die möglichen Folgen politischer Aktivitäten von Asylsuchenden in Deutschland bei deren Rückkehr in den Iran nur schwer vorherzusagen. Falls die exilpolitische Tätigkeit bekannt werde, bestehe jedoch das Risiko, bei einer Rückkehr in den Iran Verfolgungen ausgesetzt zu sein (vgl. amnesty international vom 20.3.2014 an das VG Würzburg). Ähnlich äußerte sich das Deutsche Orientinstitut, dass bei einem Bekanntwerden von Nachfluchtaktivitäten repressive Maßnahme möglich seien, aber nicht zwangsläufig vorkommen müssten (vgl. Deutsches Orientinstitut vom 19.2.2013 an das VG Würzburg). Aus einer kritischen Haltung gegenüber der politischen Situation im Iran eine direkte Gefährdung eines Individuums abzuleiten, wäre eindimensional. Verschiedene Faktoren spielten eine Rolle. Eine eindeutige Aussage über eine mögliche Gefährdungslage sei nicht möglich (vgl. Deutsches Orientinstitut vom 22.8.2011 an das VG Regensburg).

Auch nach der Rechtsprechung ist - gerade angesichts der großen Anzahl regimekritisch aktiver Exiliraner - maßgeblich für eine Verfolgungsgefahr darauf abzustellen, ob die im Asylverfahren geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten als untergeordnete Handlungen eingestuft werden, die den Betreffenden nicht als ernsthaften und gefährlichen Regimegegner in Erscheinung treten lassen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 11.5.2010 - 14 ZB 10.30114 - Asylmagazin 2011, 17). Demgegenüber ist eine Gefahr politischer Verfolgung wegen exilpolitischer Aktivitäten nur anzunehmen, wenn der iranische Bürger bei seinen Aktivitäten besonders hervortritt und sein gesamtes Verhalten den iranischen Stellen als ernsthaften, auf die Verhältnisse im Iran hineinwirkenden Regimegegner erscheinen lässt (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2012 - 14 ZB 12.30263 - juris; B.v. 17.10.2009 - 14 ZB 09.30257 - juris). Selbst für linksextreme Gruppen und deren Unterstützer ist mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von einer politischen Verfolgung nur auszugehen, wenn sie nicht lediglich als bloße Mitläufer bei Veranstaltungen dieser Oppositionsgruppe in Erscheinung getreten sind, sondern durch ihr Engagement und durch die von ihr entfalteten Aktivitäten aus der Masse oppositioneller Iraner herausgetreten sind, sie sich insoweit exponiert haben (OVG Bremen vom 8.11.2010 - 2 A 209/08.A - juris). Dafür reichen Aktivitäten als Demonstrationsteilnehmer nicht aus (SächsOVG, U.v. 9.7.2008 - A 2 B 296/07, Entscheidungen Asyl 9/2008, S. 3). Untergeordnete exilpolitische Aktivitäten führen nicht zu asyl- und abschiebungsrelevanten Repressalien im Iran (OVG Berlin-Bbg, U.v. 16.9.2009 - OVG 3 B 12.07 - juris). Regimekritische Veröffentlichungen im Internet und sonstigen Medien können ausnahmsweise eine Verfolgungsgefahr begründen, wenn damit zu rechnen ist, dass sie den iranischen Sicherheitsbehörden bekannt werden und der Betreffende als überzeugter und besonders aktiver Regimegegner erscheint, der aus Sicht der iranischen Behörden wegen der von ihm ausgehenden Gefahr für den islamischen Staat nachhaltig zu bekämpfen ist (HessVGH, U.v. 21.9.2011 - 6 A 1005/10.A - EzAR-NF 63 Nr. 4).

Auch nach der aktuellen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist maßgeblich für eine Verfolgungsgefahr darauf abzustellen, ob die im Asylverfahren geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten als untergeordnete Handlungen eingestuft werden, die dem Betroffenen nicht als ernsthaften und gefährlichen Regimegegner in Erscheinung treten lassen, oder nicht. Die Gefahr politischer Verfolgung wegen exilpolitischer Aktivitäten ist anzunehmen, wenn ein iranischer Bürger bei seinen Aktivitäten besonders hervortritt und sein gesamtes Verhalten den iranischen Stellen als ernsthaften, auf die Verhältnisse im Iran hineinwirkenden Regimegegner erscheinen lässt (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2013 - 14 ZB 13.30084 - juris; B.v. 25.1.2013 - 14 ZB 12.30326 - juris; B.v. 15.1.2013 - 14 ZB 12.30220 - juris; B.v. 7.12.2012 - 14 ZB 12.30385 - juris; so wie etwa VG Würzburg, U.v. 19.12.2012 - W 6 K 12.30171 - Beck-Online, BeckRS 2013, 45668).

Ausgehend von der Rechtsprechung, die auf der aktuellen Erkenntnislage beruht, begründen die vom Kläger geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten unter Würdigung der Gesamtumstände seines Falles keine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgungsgefahr. Der Kläger hat sich nach Überzeugung des Gerichts nicht in einer exponierten Weise exilpolitisch engagiert, die ihn aus dem Kreis der standardmäßigen exilpolitischen Aktiven heraushebt und dem iranischen Staat als ernsthaften Regimegegner erscheinen lässt, so dass wegen der von ihm ausgehenden Gefahr ein Verfolgungsinteresse seitens des iranischen Staates bestehen würde.

Bei der Einschätzung der Verfolgungswahrscheinlichkeit ist zu dabei zu berücksichtigen, dass die klägerischen Angaben zu seinem Vorfluchtschicksal weitgehend unglaubhaft sind. Glaubhaft sind nur seine Veröffentlichungen in der Zeitschrift „A.“ bis zum Jahr 2010, die aber keine Verfolgungsmaßnahmen seitens des iranischen Staates nach sich zogen. Die Aktivitäten des Klägers in Deutschland erreichen nicht die erforderliche Qualität, die eine wahrscheinliche Verfolgungsgefahr seitens des iranischen Staates nach sich ziehen würde. So ist schon zweifelhaft, dass der Kläger mit seinen exilpolitischen Aktivitäten, gerade im Internet, den iranischen Behörden und Sicherheitskräften bekannt ist. Selbst wenn die Internetveröffentlichungen dem iranischen Staat bekannt werden sollten, hat der Kläger doch nicht die Stellung als Verantwortlicher oder leitender Funktionsträger mit überörtlicher Bedeutung, die ihn an führender Stelle als Verantwortlichen qualifizieren lässt. Gerade im Vergleich zu einer Vielzahl - auch im Internet - exilpolitisch aktiver Iraner ist der Kläger nicht besonders hervorgetreten. Es ist nicht anzunehmen, dass der iranische Staat ein Verfolgungsinteresse an der Person des Klägers hat. An die Aktivitäten im Internet ist in gleicher Weise der Maßstab der Herausgehobenheit und Exponiertheit anzulegen, wie er für sonstige exilpolitische Aktivitäten. Untergeordnete exilpolitische Aktivitäten, die nicht geeignet sind, auf die Verhältnisse im Iran ernsthaft einzuwirken und aus der Sicht des Irans eine Gefahr zu begründen, stehen auf einer anderen Qualitätsstufe. Insbesondere hebt sich der Kläger mit seinen Internetauftritten nicht aus der Masse der iranischen Asylbewerber hervor, die ebenfalls im Internet präsent sind. Denn schon die Masse der von iranischen Oppositionellen betriebene Internetportale und Blogs spricht dagegen, für alle gleichermaßen eine Verfolgungsgefahr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Die Zahl derartiger Internetseiten wird auf 60.000 geschätzt (vgl. HessVGH, U.v. 21.9.2011 - 6 A 1005/10.A - EzAR-NF 63 Nr. 4 unter Bezugnahme auf die Auskunft des Deutschen Orientinstituts vom 21.10.2010 an den HessVGH). Anders als in den soeben zitierten Verfahren des hessischen Verwaltungsgerichtshof setzt sich der Kläger nicht dem ernsthaften Risiko einer politischen Verfolgung im Fall der Rückkehr in sein Heimatland aus, weil er nach eigenem Vorbringen nicht zugleich Kontakte zu oppositionellen iranischen Exilgruppen unterhält, so dass das Verhalten des Betreffenden bei den iranischen Sicherheitsbehörden nicht den Verdacht hervorrufen muss, dass seine Aktivitäten der Organisation oppositioneller Strömungen dienen. Das Deutsche Orientinstitut führt in seiner Auskunft vom 22. Oktober 2010 an den hessischen Verwaltungsgerichtshof aus, dass kritische Äußerungen in Internetartikeln für sich keine Verfolgungsgefahr begründen, sofern keine weiteren Kontakte und organisatorischen Verbindungen zu Oppositionsgruppen vorhanden sind und das Internet auch nicht zur Organisierung oppositioneller Strömungen dient. Vielmehr ist es nach dieser Auskunft unrealistisch, anzunehmen, dass jegliche private unorganisierte letztlich unprofessionelle und gleichwohl regimekritische Verbreitungsaktivitäten zu persönlichen Konsequenzen führen würden (Deutsches Orientinstitut vom 22.10.2010 an den HessVGH, S. 10). Der Kläger hat selbst eingeräumt, keinen Kontakt zu einer politischen Organisation zu haben. Er kenne nur ein bis zwei Leute, die sich für Menschenrechte einsetzten. Auch zu den in Deutschland lebenden Bruder sowie seiner in Deutschland lebenden Cousine, die als Flüchtlinge anerkannt sind, hat der Kläger in dem Zusammenhang keine Verbindung hergestellt. Mangels Sippenhaft im Iran (vgl. Auswärtiges Amt vom 23.7.2015an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) bedeutet die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für Verwandte in Deutschland keine Gefahrerhöhung, zumal sich der Kläger zu den Umständen deren Flüchtlingsanerkennung nicht ausgelassen hat.

Auch wenn eine mögliche Verfolgung des Klägers bei einer potenziellen Rückkehr in den Iran nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, besteht nach dieser Auskunftslage und der darauf basierenden Rechtsprechung, insbesondere auch der Obergerichte nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls keine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung bei einer Rückkehr in den Iran. Da nach Überzeugung des Gerichts nicht davon auszugehen ist, dass die exilpolitischen Aktivitäten des Klägers den iranischen Sicherheitsbehörden bekannt sind oder werden und zusätzlich ein Verfolgungsinteresse des iranischen Staates begründen. Der Kläger hat zudem in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass aufgrund seiner seit 2012 in Deutschland praktizierten Internetaktivitäten keine gegen ihn gerichteten Maßnahmen seitens des iranischen Staates bekannt seien. Weder sei seine Internetseite blockiert oder sonstigen Angriffen (z. B. Droh-E-Mails, vgl. Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 24.2.2015, Stand September 2014) ausgesetzt gewesen, noch wusste er aus seinem Kontakt mit seiner Heimat von weiteren, gegen ihn ergriffenen Maßnahmen der iranischen Sicherheitskräfte zu berichten. Hinzu kommt, dass mit der von ihm selbst geschätzten Zahl von etwa mehreren Hundert Zugriffen auf seine Seite seit 2012 bis heute sein Internetauftritt auch nicht übermäßig bekannt und verbreitet scheint. Das Fehlen von Maßnahmen, etwa auch Befragungen von Angehörigen im Iran zu exilpolitischen Aktivitäten, insbesondere Internetaktivitäten (vgl. dazu amnesty international an das VG Würzburg vom 20.3.2014; Deutsches Orientinstitut an das VG Würzburg vom 19.2.2013) ist ein weiteres Indiz dafür, für die fehlende Kenntnis des iranischen Staates von Internetaktivitäten sowie ein fehlendes Verfolgungsinteresse.

Schließlich ist auch nicht anzunehmen, dass dem Kläger sonst bei einer Rückkehr politische Verfolgung droht, etwa wegen ihres Auslandsaufenthalts oder ihrer Asylantragstellung in Deutschland. Auslandsaufenthalte sind nicht verboten. Zwar kann es bei der Rückkehr in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen; die Befragung geht in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung einher. Darüber hinaus kommt es jedoch zu keinen staatlichen Repressionen. Keiner westlichen Botschaft ist bisher ein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte darüber hinaus staatlichen Repressionen ausgesetzt waren. Zudem wurde auch kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Zurzeit gibt es keine Hinweise auf eine Veränderung dieser Praxis. Schließlich können Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, von der iranischen Vertretung ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren. Mit dieser „gesetzlichen Wiedereinreise“ werden die früheren illegalen Ausreisen legalisiert (vgl. Auswärtiges Amt an das VG Würzburg vom 11.12.2013; Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 24.2.2015, Stand: September 2014). Vorstehendes gilt auch in Bezug auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 9. März 2010 (R.C./Sweden, Nr. 41827/07). Denn die dort entschiedene Fallkonstellation ist nicht mit der hier vorliegenden vergleichbar, weil der Europäische Gerichtshof in jenem Fall seiner Beurteilung eine Vorverfolgung (Demonstrationsteilnahme mit anschließender Verhaftung und Folter) als substanziiert glaubhaft gemacht zugrunde gelegt hat (BayVGH, B.v. 25.2.2013 - 14 ZB 13.30023 - juris; B. v. 21.1.2013 - 14 ZB 12.30456 - juris; OVG NRW, B.v. 16.6.2011 - 13 A 1188/11. A - Asylmagazin 2011, 246; OVG Lüneburg, B.v. 13.5.2011 - 13 LA 176/10 - AuAS 2011, 174).

5. Nach dem vorstehend Gesagten sind weiter insgesamt betrachtet keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG oder von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfüllt wären. Im Übrigen wird auf den angefochtenen Bundesamtsbescheid Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Gründe abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Dies gilt auch hinsichtlich der Begründung für die Abschiebungsandrohung und die Ausreisefrist.

6. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG abzuweisen.

(1) Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss entspricht einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung. Satz 1 findet insbesondere keine Anwendung, wenn der Ausländer sich auf Grund seines Alters und Entwicklungsstandes im Herkunftsland noch keine feste Überzeugung bilden konnte.

(1a) Die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 zu erleiden, kann auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist.

(2) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Asylantrags erneut einen Asylantrag und stützt diesen auf Umstände, die er nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines früheren Antrags selbst geschaffen hat, kann in einem Folgeverfahren in der Regel die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat unbeschadet der Aufgaben nach anderen Gesetzen folgende Aufgaben:

1.
Koordinierung der Informationen über den Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit zwischen den Ausländerbehörden, der Bundesagentur für Arbeit und der für Pass- und Visaangelegenheiten vom Auswärtigen Amt ermächtigten deutschen Auslandsvertretungen;
2.
a)
Entwicklung von Grundstruktur und Lerninhalten des Integrationskurses nach § 43 Abs. 3 und der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a,
b)
deren Durchführung und
c)
Maßnahmen nach § 9 Abs. 5 des Bundesvertriebenengesetzes;
3.
fachliche Zuarbeit für die Bundesregierung auf dem Gebiet der Integrationsförderung und der Erstellung von Informationsmaterial über Integrationsangebote von Bund, Ländern und Kommunen für Ausländer und Spätaussiedler;
4.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Migrationsfragen (Begleitforschung) zur Gewinnung analytischer Aussagen für die Steuerung der Zuwanderung;
4a.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Integrationsfragen;
5.
Zusammenarbeit mit den Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Nationale Kontaktstelle und zuständige Behörde nach Artikel 27 der Richtlinie 2001/55/EG, Artikel 25 der Richtlinie 2003/109/EG, Artikel 22 Absatz 1 der Richtlinie 2009/50/EG, Artikel 26 der Richtlinie 2014/66/EU und Artikel 37 der Richtlinie (EU) 2016/801 sowie für Mitteilungen nach § 51 Absatz 8a;
5a.
Prüfung der Mitteilungen nach § 16c Absatz 1, § 18e Absatz 1 und § 19a Absatz 1 sowie Ausstellung der Bescheinigungen nach § 16c Absatz 4, § 18e Absatz 5 und § 19a Absatz 4 oder Ablehnung der Einreise und des Aufenthalts;
6.
Führung des Registers nach § 91a;
7.
Koordinierung der Programme und Mitwirkung an Projekten zur Förderung der freiwilligen Rückkehr sowie Auszahlung hierfür bewilligter Mittel;
8.
die Durchführung des Aufnahmeverfahrens nach § 23 Abs. 2 und 4 und die Verteilung der nach § 23 sowie der nach § 22 Satz 2 aufgenommenen Ausländer auf die Länder;
9.
Durchführung einer migrationsspezifischen Beratung nach § 45 Satz 1, soweit sie nicht durch andere Stellen wahrgenommen wird; hierzu kann es sich privater oder öffentlicher Träger bedienen;
10.
Anerkennung von Forschungseinrichtungen zum Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d; hierbei wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durch einen Beirat für Forschungsmigration unterstützt;
11.
Koordinierung der Informationsübermittlung und Auswertung von Erkenntnissen der Bundesbehörden, insbesondere des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz, zu Ausländern, bei denen wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausländer-, asyl- oder staatsangehörigkeitsrechtliche Maßnahmen in Betracht kommen;
12.
Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 1 im Fall einer Abschiebungsandrohung nach den §§ 34, 35 des Asylgesetzes oder einer Abschiebungsanordnung nach § 34a des Asylgesetzes sowie die Anordnung und Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7;
13.
unbeschadet des § 71 Absatz 3 Nummer 7 die Beschaffung von Heimreisedokumenten für Ausländer im Wege der Amtshilfe.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.