Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 22. Nov. 2016 - W 4 K 16.261

bei uns veröffentlicht am22.11.2016

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen einen Bescheid der Stadt Aschaffenburg, mit dem sie zur Zahlung von 10.139,20 EUR für eine durchgeführte Ersatzvornahme verpflichtet wurden.

1. Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. *45/4 der Gemarkung D* …, H* …straße 22 in Aschaffenburg-D* …

Mit Bescheid vom 28. Juli 2005 verpflichtete die Beklagte die Kläger, das auf dem Grundstück Fl.Nr. *45/4 befindliche Vorderhaus bis zum 30. November 2005 von einer fachlich geeigneten Firma so abtragen zu lassen, dass auf Dauer keine Einsturzgefahr mehr besteht. Dieser Bescheid war Gegenstand des Klageverfahrens W 4 K 05.1103. Die Klage wurde mit Urteil des Bayer. Verwaltungsgerichts Würzburg vom 24. Juli 2007 abgewiesen. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (Az. 9 ZB 07.2789) abgelehnt.

Im Rahmen der Ersatzvornahme des Abbruchs des Hauptgebäudes auf dem Grundstück der Kläger wurde durch die Ingenieurgesellschaft S* … eine Beurteilung der Standfestigkeit des unmittelbar angrenzenden Nachbaranwesens Fl.Nr. *48 (H* …straße 24, Anwesen G* …*) vorgenommen. Dabei wurde festgestellt, dass sich die Vermörtelung in einem schlechten Zustand befinde. Um ein Einstürzen der Nachbarwand zu verhindern, wurde die linke Außenwand des abzubrechenden Hauptgebäudes der Kläger zunächst belassen. Soweit die Außenwand des Nachbaranwesens G* … durch den Teilabbruch des Gebäudes der Kläger freigelegt war, wurde diese mittels eines Holzsprießes abgestützt. In der Folgezeit wurde die Giebelwand des Nachbaranwesens G* … ebenfalls im Wege der Ersatzvornahme saniert. Im Rahmen dieser Arbeiten wurde auch die verbliebene Außenwand des Anwesens der Kläger abgebrochen.

Mit Bescheid vom 9. Mai 2012, den Kläger am 18. Mai 2012 zugestellt, verpflichtete die Beklagte die Kläger, die im Rahmen des Abbruchs des Anwesens Fl.Nr. *45/4 der Gemarkung D* … angefallenen Kosten bzw. Kostenanteile aus den Rechnungen der Fa. Ho* … Br* …, Fa. H* …- … Gerüstbau G* …, Architekt B* … und Statiker w* … in Höhe von 10.135,60 EUR zu tragen und ab 23. Mai 2012 mit 6% zu verzinsen. Einschließlich der angefallenen Auslagen für die Anforderung der Ersatzvornahme in Höhe von 3,60 EUR für die Postzustellungsurkunde beläuft sich der geforderte Betrag auf 10.139,20 EUR

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Erhebung der Kosten für die Wiederherstellung der Standsicherheit der Außenwand beruhe auf

Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 Kostengesetz (KG). Bei dem geltend gemachten Betrag handele es sich um die Kosten, die erforderlich gewesen seien, um den mit Bescheid vom 28. Juli 2005 geforderten Zustand des vollkommenen Abbruchs des Vorderhauses H* …straße 22 herbeizuführen. Der Abbruch der restlichen Außenwand des klägerischen Anwesens sei erst möglich gewesen, als gleichzeitig die schadhafte Giebelwand des Nachbaranwesens saniert worden sei. Eine getrennte Durchführung der beiden Maßnahmen derart, dass zuerst die Mauer der Kläger abgebrochen und in einem zweiten Schritt die Mauer des Nachbaranwesens saniert worden wäre, sei aus bautechnischen Gründen nicht möglich gewesen. Die Kosten für die jeweiligen Maßnahmen betreffend das Nachbargrundstück (Wiederherstellung der Standsicherheit der Mauer des Anwesens G* … und Restabbruch der Giebelwand des Anwesens G* …*) sei aus den vorliegenden Rechnungen herausgerechnet und den jeweiligen Kostenschuldnern zugerechnet worden.

3. Mit Schreiben vom 5. Juni 2012 erhoben die Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 9. Mai 2012. Zur Begründung wurde mit Schreiben vom 7. Juni 2012 ausgeführt, dass die Kosten insgesamt die Familie G* … zu tragen hätte. Das Nachbaranwesen befände sich schon seit vielen Jahren in baufäl ligem Zustand und es sei nichts zur Sanierung getan worden. Die erforderlichen Baumaßnahmen beträfen nur die Mauer des Anwesens G* … Die vorhandene Restmauer wäre mittels eines Hubsteigers in einer Stunde abgerissen gewesen. Im Übrigen sei die Baustelle immer zugänglich gewesen. Die Sanierung des Anwesens G* … hätte daher jederzeit ohne Behinderung erfolgen können.

4. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 2015, den Kläger jeweils zugestellt am 18. März 2015, wies die Regierung von Unterfranken den Widerspruch der Kläger als unbegründet zurück.

Der angefochtene Bescheid finde seine Rechtsgrundlage in Art. 32 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG). Danach habe die Vollstreckungsbehörde einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Pflichtigen auf Bezahlung aller aufgewendeten Kosten. Dazu gehörten auch die Kosten für die Sicherung der schadhaften Mauer des Nachbaranwesens. Das Abstützen der Wand mittels eines Holzsprießes und die durchgeführten Spenglerarbeiten seien durch den Abbruch des Anwesens der Kläger bedingt gewesen, ebenso der nötige Abbruch Zug um Zug zur Sanierung des Nachbaranwesens aus sicherheitsrechtlichen Gründen. Die im streitgegenständlichen Bescheid geltend gemachten Kosten seien zudem von der Höhe her nicht zu beanstanden, da sie anhand der vorgelegten Gutachten nachvollziehbar aufgeschlüsselt und hiergegen keine fundierten Einwendungen geltend gemacht worden seien.

5. Mit Schreiben vom 6. April 2015, bei Gericht eingegangen am 8. April 2015, erhoben die Kläger Klage gegen den Bescheid vom 9. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. März 2015. Eine Klagebegründung legten die Kläger nicht vor.

Mit der Eingangsmitteilung des Gerichts vom 9. April 2015 wurden die Kläger gebeten, die Klage binnen drei Wochen zu begründen. Mit weiterem Schrei ben des Gerichts vom 3. Juni 2015 wurden die Kläger aufgefordert, die Klage nunmehr umgehend zu begründen. Nachdem in der Folgezeit wiederum keine Klagebegründung einging, forderte das Gericht die Kläger mit Schreiben vom 8. Oktober 2015, den Klägern zugestellt am 14. Oktober 2015, erneut auf, die Klage unverzüglich zu begründen. Für den Fall der nicht fristgemäßen Klagebegründung wurde darauf hingewiesen, dass die Klage dann gemäß § 92 Abs. 2 VwGO als zurückgenommen gelte.

Das Gericht stellte das Verfahren W 4 K 15.299 mit Beschluss vom 18. Februar 2016 ein, erlegte die Verfahrenskosten den Klägern auf und stellte fest, dass die Klage als zurückgenommen gelte. Nachdem die Klagepartei der Aufforderung vom 8. Oktober 2015 nicht innerhalb der gesetzlichen Frist nachgekommen sei, gelte die Klage als zurückgenommen (§ 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Gemäß § 92 Abs. 3 VwGO sei daher das Verfahren mit der Kostenfolge nach § 155 Abs. 2 VwGO einzustellen.

Mit Schreiben vom 23. Februar 2016 legten die Kläger „Berufung“ gegen den Beschluss vom 18. Februar 2016 ein und beantragten „Einsetzung in den vorigen Stand“. Das Verfahren wurde daraufhin unter dem Aktenzeichen W 4 K 16.261 fortgeführt.

In der mündlichen Verhandlung am 22. November 2016 beantragte der Kläger zu 2), dass die Kosten der Ersatzvornahme komplett die Nachbarin Frau G* … trage.

6. Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen die Begründung des Bescheids vom 9. Mai 2012 und des Widerspruchsbescheids vom 11. März 2015 wiederholt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Der Klageantrag der Kläger, der dahingehend auszulegen ist (vgl. § 88 VwGO), dass die Aufhebung des Bescheids vom 9. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. März 2015 begehrt wird, hat keinen Erfolg.

Zum Zeitpunkt des Einstellungsbeschlusses vom 18. Februar 2016 lagen die Voraussetzungen der Klagerücknahmefiktion nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO vor, sodass die Kläger dem Grunde nach eine Entscheidung in der Sache nicht verlangen konnten. Dem ungeachtet ist die Anfechtungsklage unbegründet, da der Bescheid vom 9. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. März 2015 rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I.

Entsteht über das Vorliegen der Voraussetzungen der gesetzlichen Rücknahmefiktion nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO Streit, so hat das Gericht das Verfahren fortzusetzen und über die Frage der Beendigung des Verfahrens aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil zu entscheiden, wenn ein Beteiligter dies beantragt (vgl. BayVGH, B.v. 19.1.1999 - 1 C 97.1542 - juris Rn. 16).

Vorliegend sind die Betreibensaufforderung vom 8. Oktober 2015 und der Einstellungsbeschluss des Gerichts vom 18. Februar 2016 zu Recht ergangen. Die Voraussetzungen für eine Klagerücknahmefiktion nach § 92 Abs. 2 VwGO waren gegeben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann eine Betreibensaufforderung ergehen, wenn die Untätigkeit des Klägers vermuten lässt, dass das Rechtsschutzinteresse entfallen ist (vgl. bspw. B.v. 5.7.2000 - 8 B 119/00 - NVwZ 2000, 1297, juris Rn. 3; U.v. 23.4.1985 - 9 C 48/84 - BVerwGE 71, 213; B.v. 12.4.2001 - 8 B 2/01 - NVwZ 2001, 918). Jedoch erfordern die verfassungsrechtlichen Grundsätze eines effektiven Rechtsschutzschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) wegen des Entzuges des gerichtlichen Rechtsschutzes das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger kein Interesse mehr an der Fortführung des Rechtsstreits hat. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn prozessuale Mitwirkungspflichten verletzt werden (BVerwG, B.v. 5.7.2000, a.a.O., juris Rn. 3).

Zwar ist die Vorlage einer Klagebegründung keine zwingende Voraussetzung für die wirksame Erhebung einer Klage. Auch ist der Kläger im normalen Verwaltungsprozess - anders als im Asylverfahrensprozess - nicht gesetzlich zur Klagebegründung innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet. Gleichwohl gehört es zu den Mitwirkungspflichten des Klägers, die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Dazu kann er auch vom Gericht unter Fristsetzung aufgefordert werden. Dies ergibt sich aus § 82 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 VwGO und § 86 Abs. 4 VwGO.

Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Betreibensaufforderung am 8. Oktober 2015 (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2012 - 1 BvR 2254/11 - juris Rn. 29; BVerwG, B.v. 7.7.2005 - 10 BN 1/05 - juris Rn. 4) bestanden sachlich begründete Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei den Klägern. Auf ein Desinteresse deutete insbesondere hin, dass die Kläger an der weiteren Rechtsverfolgung trotz gerichtlicher Aufforderung die Klage nicht begründet haben. Zwar reicht allgemein allein das Ausbleiben einer Klagebegründung für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses nicht aus. Zweifel am Fortbestand des Rechtsschutzinteresses sind jedoch dann angebracht, wenn der Kläger einer richterlichen Aufforderung gemäß § 86 Abs. 4 Satz 2, § 87 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Begründung der Klage nicht nachkommt (BVerwG, U.v. 15.1.1991 - 9 C 96/89 - NVwZ-RR 1991, 443; vgl. auch Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Oktober 2015, § 92 Rn. 46; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 92 Rn. 18, jeweils m.w.N.).

Vorliegend sind die Kläger den Aufforderungen des Gerichts zur Klagebegründung über einen erheblichen Zeitraum nicht nachgekommen. Seit Ablauf der ursprünglichen Klagebegründungsfrist von drei Wochen waren zum Zeitpunkt der Betreibensaufforderung mehr als fünf Monate vergangen. Zudem hat das Gericht die Kläger mit weiterem Schreiben vom 3. Juni 2015 zur umgehenden Klagebegründung aufgefordert. Hierauf reagierten die Kläger bis zur ca. vier Monate später erfolgten Betreibensaufforderung ebenfalls nicht. Maßgeblich ist im vorliegenden Zusammenhang, dass das Gericht eine Klagebegründung für den weiteren Fortgang der Verwaltungsstreitsache - z.B. im Hinblick auf eine Terminierung mit der Entscheidung über die Notwendigkeit der Ladung von Zeugen oder auf eine sonst notwendige Beweiserhebung - für erforderlich hielt, und die Kläger der entsprechenden Aufforderung über einen erheblichen Zeitraum nicht nachkamen, ohne dass hierfür erhebliche, nachvollziehbare Gründe ersichtlich gewesen wären. Demnach bestand im Zeitpunkt der Betreibensaufforderung am 8. Oktober 2015 begründeter Anlass für die Annahme, dass das Interesse der Kläger an der Fortführung des Verfahrens entfallen war.

2. Die weiteren formalen Voraussetzungen für eine zulässige Betreibensaufforderung des Gerichts nach § 92 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwGO liegen vor.

Die Aufforderung ist den Klägern ausweislich der Postzustellungsurkunden (Bl. 38 f. d. Akte) jeweils am 14. Oktober 2015 zugestellt worden.

Die Kläger haben das Verfahren innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht betrieben. Insbesondere stellt der mit Schreiben vom 25. Oktober 2015 (konkludent) gestellte Prozesskostenhilfeantrag kein Betreiben in diesem Sinne dar. Um der Betreibensaufforderung zu entsprechen, hätten die Kläger sich so substantiiert äußern müssen, dass Zweifel am Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses beseitigt worden wären und der äußere Anschein einer Vernachlässigung ihrer prozessualen Mitwirkungspflicht entfallen wäre. Wann diese Voraussetzungen gegeben sind, lässt sich naturgemäß nicht abstrakt umschreiben, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den Gründen für die Betreibensaufforderung und den konkret erbetenen Verfahrenshandlungen ab (BVerwG, B.v. 7.7.2005 - 10 BN 1/05 - juris Rn. 7). Der Anforderung eines substantiierten Vorbringens genügt es jedenfalls nicht, wenn der Kläger auf eine konkrete Aufforderung hin lediglich mitteilt, er wolle das Verfahren weiter betreiben, oder bei mehreren erbetenen Verfahrenshandlungen nur diejenige vornimmt, die zur Erfüllung seiner prozessualen Mitwirkungspflicht offensichtlich von nur untergeordneter Bedeutung ist (BVerwG, U.v. 13.1.1987 - 9 C 259/86 - juris Rn. 12). Daraus folgt, dass wenn - wie hier - der Kläger eine fehlende Klagebegründung nachholen soll, er auf die entsprechende Betreibensaufforderung wenigstens mit einem Mindestmaß an Sach- und Rechtsvortrag reagieren muss (vgl. Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 92 Rn. 58). Diesen Anforderungen genügt der innerhalb der Zwei-Monats-Frist gestellte Prozesskostenhilfeantrag - auch wenn man berücksichtigt, dass es sich vorliegend um nicht anwaltlich vertretene Kläger handelt - nicht. Der Prozesskostenhilfeantrag der Kläger vom 25. Oktober 2015 (Bl. 40 d.A.) enthält keinerlei Sach- oder Rechtsvortrag. Die Kläger haben sich dort zur Sache überhaupt nicht geäußert. Auch von nicht anwaltlich vertretenen Klägern kann jedoch erwartet werden, dass diese auf gerichtliche Aufforderung - wenn auch laienhaft - in kurzen Worten die Tatsachen darstellen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren sie sich beschwert fühlen (vgl. § 87b Abs. 1 VwGO).

II.

Im Übrigen ist die Klage auch in der Sache unbegründet, da der angegriffene Bescheid der Stadt Aschaffenburg vom 9. Mai 2012 rechtmäßig ist und die Kläger daher nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage der geltend gemachten Kosten für die Ersatzvornahme ist Art. 32 Satz 1 VwZVG. Danach kann die Vollstreckungsbehörde die vertretbare Handlung auf Kosten des Pflichtigen vornehmen lassen, wenn diese nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit erfüllt wird. Diese Vorschrift ermächtigt die Stadt Aschaffenburg als Vollstreckungsbehörde, die aufgewendeten Kosten der Ersatzvornahme vom Pflichtigen durch Leistungsbescheid zu fordern.

2. Voraussetzung des Kostenerstattungsanspruchs ist zunächst die Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme (Engelhardt/App, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz/Verwaltungszustellungsgesetz, 9. Aufl. 2011, § 10 Rn. 12 m.w.N.). Diese hängt davon ab, ob ein unanfechtbarer bzw. vollziehbarer Verwaltungsakt i.S.d. Art. 18 Abs. 1, 19 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 32 Satz 1 VwZVG (Grundverwaltungsakt) sowie eine wirksame Androhung des Vollzugs dieses Verwaltungsakts im Wege der Ersatzvornahme nach Art. 36 VwZVG vorliegen.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 2005, mit dem die Kläger verpflichtet wurden, das auf ihrem Grundstück befindliche Vorderhaus soweit abzutragen, dass auf Dauer keine Einsturzgefahr mehr besteht, ist unanfechtbar geworden. Das Bayer. Verwaltungsgericht Würzburg hat die hiergegen gerichtete Klage mit Urteil vom 24. Juli 2007 abgewiesen; der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (Az. 9 ZB 07.2789) abgelehnt.

Der Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 2005 enthält eine vollziehbare Androhung des Vollzugs i.S.v. Art. 36 VwZVG. Die Androhung erfolgte schriftlich, es wurde eine angemessene Frist i.S.v. Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG gesetzt. Die Beklagte hat ein bestimmtes Zwangsmittel i.S.v. Art. 36 Abs. 3 VwZVG angedroht und eine vorläufige Veranschlagung eines Kostenbetrags i.S.v. Art. 36 Abs. 4 VwZVG vorgenommen. Zur Vermeidung unnötiger Wie derholungen wird insoweit auf das Urteil des Bayer. Verwaltungsgerichts Würzburg vom 24. Juli 2007 im Verfahren W 4 K 05.1103 Bezug genommen.

Die Kläger sind auch Pflichtige i.S.v. Art. 32 Satz 1 VwZVG und damit Kostenschuldner und materiell auch richtige Adressaten des Leistungsbescheids. Nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 VwZVG ist Kostenschuldner grundsätzlich der Vollstreckungsschuldner, also der Pflichtige, dem die Verpflichtung zum Handeln angesonnen wurde (vgl. Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, 2. Aufl., Art. 32 VwZVG, Anm. 7). Dies sind vorliegend die Kläger als Adressaten des Bescheids vom 28. Juli 2005.

3. Die Kosten für die Sicherung der schadhaften Mauer des Nachbaranwesens Gries sind auch von den Kosten für die Ersatzvornahme der Abbruchanordnung vom 28. Juli 2005 umfasst.

Kosten im Sinne des Art. 32 Satz 1 VwZVG sind die durch die Ersatzvornahme notwendigerweise erwachsenen Aufwendungen der Vollstreckungsbehörde selbst oder die sie an den Dritten oder die amtshilfeleistende Behörde nach Art. 8 BayVwVfG abzuführen hat. Der Anspruch richtet sich auf die Erstattung des gesamten Aufwands, der bei der Ausführung der Ersatzvornahme entstanden ist. Infrage kommen etwa Aufwendungen für technisches Personal, Geräteeinsatz, Materialkosten, für Abbruch, Beseitigung, Herstellung, Deponiekosten, auch Gutachterkosten (Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, 2. Aufl., Art. 32 VwZVG, Anm. 7; Giehl, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, VwZVG, Art. 32 S. 9). Zu diesem Gesamtaufwand gehören auch die mit dem streitgegenständlichen Bescheid geltend gemachten Kosten, da diese durch den Abbruch des klägerischen Gebäudes und nicht etwa durch die Eigentümerin des Nachbaranwesens veranlasst waren.

Gem. Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 3 BayBO sind bauliche Anlagen so zu beseitigen, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit, nicht gefährdet und die technischen Regeln einge halten werden. Danach müssen bei der Beseitigung baulicher Anlagen bestimmte Sicherheitserfordernisse und Belange der Baugestaltung eingehalten werden. Insbesondere ist im Rahmen von Baustellen Art. 9 BayBO zu beachten; während der Beseitigung ist sicher zu stellen, dass die Standsicherheit auch von Teilen der Anlage jederzeit gewährleistet ist (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand: August 2016, Art. 3 Rn. 96).

Daraus folgt, dass vorliegend diejenigen Maßnahmen, die zur Sicherung der Giebelwand des Nachbaranwesens H* …straße 24 erforderlich waren, um diese gegen ein Einstürzen auf Grund des Abbruchs der Grenzwand der Kläger abzusichern, als Kosten der Ersatzvornahme von den Klägern zu tragen sind. Denn das Abstützen der Wand mittels eines Holzsprießes und die durchgeführten Spenglerarbeiten waren durch den Abbruch des Gebäudes der Kläger bedingt, da die Standsicherheit der Wand des Nachbaranwesens gerade auf Grund des Abbruchs der Grenzwand der Kläger nach dem von den Klägern nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten nicht mehr gewährleistest war. Dass die Beklagte zunächst den Abbruch der klägerischen Giebelwand gestoppt und die Wand des Nachbaranwesens gesichert hat, ist daher nicht zu beanstanden. Vielmehr war die Stadt im Rahmen ihrer Pflichten als Bauaufsichts- und Ordnungsbehörde gehalten, jede nur erdenkliche Sorgfalt anzuwenden (vgl. BayVGH, U.v. 13.5.1996 - 15 B 94.1256 - BeckRS 1996, 16921).

Von den Kosten für die Sicherung der Grenzwand des Nachbaranwesens zu unterscheiden sind die Kosten für die Sanierung der schadhaften Wand des Nachbaranwesens, welche jedoch mit dem streitgegenständlichen Bescheid nicht gegenüber den Klägern geltend gemacht wurden. Die Aufteilung einerseits der zur Sicherung der Grenzwand des Nachbaranwesens erforderlichen Kosten und andererseits der durch für die Sanierung dieser Grenzwand der Nachbarn verursachten Kosten hat die Beklagte tatsächlich und auch für die Kammer nachvollziehbar vorgenommen, sodass auch eindeutig ersichtlich ist, dass die Beklagte den Klägern ausschließlich erstere Kosten in Rechnung gestellt hat. Die in der Bauakte befindlichen Rechnungen sind jeweils nachvollziehbar nach den auf die Anwesen G* … und r* … entfallenden Kosten aufgeschlüsselt (Bl. 29 ff. d. Behördenakte). Gegen diese Aufteilung haben die Kläger auch keine substantiierten Einwendungen vorgebracht. Vielmehr hat der Kläger zu 2) in der mündlichen Verhandlung lediglich pauschal verlangt, dass die Eigentümerin des Nachbaranwesens alle Kosten tragen solle. Eine solche Kostenregelung konnte und durfte die Beklagte aus den oben genannten Gründen nicht treffen.

4. Der Kostenbescheid vom 9. Mai 2012 ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden.

Die Verzinsung des Kostenbetrags der Ersatzvornahme mit einem Zinssatz von sechs v.H. ergibt sich aus Art. 41a VwZVG.

Die Erhebung der Auslagen für die Postzustellung beruht auf Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 Kostengesetz.

III.

Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 22. Nov. 2016 - W 4 K 16.261

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 22. Nov. 2016 - W 4 K 16.261

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 22. Nov. 2016 - W 4 K 16.261 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 82


(1) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Wid

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 87b


(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit d

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 87


(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter hat schon vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Er kann insbesondere1.die Beteiligten

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 22. Nov. 2016 - W 4 K 16.261 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 22. Nov. 2016 - W 4 K 16.261 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 28. Okt. 2015 - W 4 K 15.299

bei uns veröffentlicht am 28.10.2015

Tenor Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. Gründe Der Antrag der Kläger auf „Beiordnung eines Rechtsanwalts im Wege des Armenrechts“ ist als Antrag auf Bewilligung von

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 17. Sept. 2012 - 1 BvR 2254/11

bei uns veröffentlicht am 17.09.2012

Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 16. Dezember 2010 - 5 A 1349/07 - und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 1. Juni 2011 - 3 L 44/11 - ve

Referenzen

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

Der Antrag der Kläger auf „Beiordnung eines Rechtsanwalts im Wege des Armenrechts“ ist als Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe auszulegen (§ 133 BGB analog), da das frühere Armenrecht der heutigen Prozesskostenhilfe entspricht (vgl. Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 28. Ergänzungslieferung 2015, § 166, Rn. 1).

Rechtsgrundlage für die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO.

Danach ist Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, neben weiteren Voraussetzungen, dass der Antragsteller nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten des Rechtsstreits nicht oder nur zum Teil aufbringen kann und dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung wenigstens „hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet“. Diese beiden Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Die Kläger haben ihre wirtschaftlichen Verhältnisse nicht nachgewiesen. Ein Antrag nach § 166 VwGO i.V.m. § 117 ZPO erfordert die Darstellung des gesamten Einkommens und Vermögens, das gem. § 115 ZPO für einen Einsatz zum Zweck der Finanzierung des Prozesses in Betracht kommt (Mu-sielakA/oit, ZPO, 12. Auflage 2015, § 117, Rn. 3). Die Kläger haben jedoch keinerlei Angeben zu ihrem Einkommen und verwertbaren Vermögen gemacht. Allein die Behauptung der Mittellosigkeit genügt insoweit nicht.

Zudem bietet die Rechtsverfolgung nach dem derzeitigen Stand keine hinreichende Aussicht auf Erfolg; auch wenn berücksichtigt wird, dass die Anforderungen an die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten nicht über spannt werden dürfen. Die Kläger haben sich bislang nicht zur Sache eingelassen, insbesondere keine Anhaltspunkte geliefert, inwiefern der angegriffene Bescheid rechtswidrig ist und die Kläger in ihren Rechten verletzt. Die Voraussetzungen für einen Erfolg der vorliegenden Klage gem. § 113 Abs. 1 VwGO liegen daher nach derzeitigem Stand nicht vor.

Der Antrag ist demnach abzulehnen.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Abschrift beigefügt werden.

(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der nach § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Berufsrichter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt § 60 entsprechend.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 16. Dezember 2010 - 5 A 1349/07 - und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 1. Juni 2011 - 3 L 44/11 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil und der Beschluss werden aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Greifswald zurückverwiesen.

Damit wird der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. Juli 2011 - 3 L 44/11 - gegenstandslos.

...

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ablehnung eines Antrags auf Fortsetzung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, nachdem dieses wegen Nichtbetreibens durch den Kläger mit einem Beschluss gemäß § 92 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 VwGO eingestellt worden ist.

I.

2

1. a) Der Beschwerdeführer erwarb im Jahr 1992 von der Bundesrepublik Deutschland das Eigentum an einem Grundstück auf der Insel H … . Zuvor war das Grundstück durch einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur abgemarkt worden.

3

Im Zusammenhang mit der beabsichtigten Veräußerung eines an das Grundstück des Beschwerdeführers angrenzenden Grundstücks führte der öffentlich bestellte Vermessungsingenieur U., der Beklagte des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagter), Vermessungen zur Bestimmung der Flurstücksgrenze durch. Diese ergaben eine Grenzfeststellung, die nach Auffassung des Beschwerdeführers nicht mit derjenigen von 1992, durch einen Grenzstein dokumentierten, übereinstimmt.

4

Gegen die Grenzfeststellung erhob der Beschwerdeführer Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. September 2007 zurückwies. Die im Grenzfeststellungs- und Abmarkungsverfahren bekannt gegebenen Vermessungsergebnisse seien rechtmäßig erlassen, weil ein Vergleich der Ist-Lage der vorgefundenen und wiederhergestellten Abmarkungen der Grenzpunkte Übereinstimmung mit der Soll-Lage des Katasternachweises ergeben habe und weil der vom Beschwerdeführer angezeigte Granitgrenzstein in seiner Lage tatsächlich nicht mit dem Katasternachweis übereinstimme und keine unterirdische Vermarkung habe.

5

b) Der Beschwerdeführer erhob beim Verwaltungsgericht Klage gegen die Entscheidungen des Beklagten und begründete diese im Wesentlichen damit, die im Jahr 1992 festgestellte Grenze sei bindend. In einem Schriftsatz vom 16. Juni 2008 benannte er unter anderem seinen Vater als Zeugen für seine Behauptung, der strittige Grenzstein sei der 1992 gesetzte. Hierauf erwiderte der Beklagte mit Schriftsatz vom 3. Juli 2008; er legte dar, weshalb es sich bei dem strittigen Grenzstein nicht um den 1992 gesetzten handeln könne. Bitten des Verwaltungsgerichts an den Beschwerdeführer um Stellungnahme hierzu blieben unbeantwortet. Daraufhin erließ das Verwaltungsgericht eine Betreibensaufforderung nach § 92 Abs. 2 VwGO, die dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 16. Januar 2009 zugestellt wurde. Am 16. März 2009 übermittelte der Prozessbevollmächtigte einen Schriftsatz, in der zur Betreibensaufforderung wie folgt Stellung genommen wurde:

6

"Der Kläger hat seine Klage begründet und hält daran fest.

7

Der Beklagte tritt der Klage entgegen.

8

Dessen ungeachtet regen wir namens des Klägers an, in der Sache eine gerichtsnahe Mediation durchzuführen.

9

Es hat sich zur Kenntnis des Unterzeichneten erwiesen, dass das Angebot u.a. des Verwaltungsgerichts Greifswald insoweit mitunter zu Erfolgen führt."

10

c) Mit Beschluss vom 18. März 2009 entschied das Verwaltungsgericht, dass die Klage als zurückgenommen gilt, und stellte das Verfahren ein. Die Klage gelte nach § 92 Abs. 2 VwGO als zurückgenommen, da der Beschwerdeführer das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate seit Zustellung der Aufforderung nicht im Sinne dieser Aufforderung, wonach zum Vortrag des Beklagten vom 3. Juli 2008 Stellung genommen werden sollte, betrieben habe.

11

d) Mit Schreiben eines neu bestellten Prozessbevollmächtigten vom 3. Februar 2010 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, das Verfahren fortzusetzen.

12

2. Mit dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Urteil vom 16. Dezember 2010 bestätigte das Verwaltungsgericht den Eintritt der Rücknahmefiktion nach § 92 Abs. 2 VwGO. Der Beschwerdeführer habe das Verfahren trotz Aufforderung mehr als zwei Monate nicht im Sinne der Verfügung betrieben.

13

Die Betreibensaufforderung habe am 14. Januar 2009 an den Beschwerdeführer ergehen dürfen. Im Zeitpunkt der Betreibensaufforderung hätten konkrete Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Beschwerdeführers bestanden.

14

Innerhalb der zweimonatigen Betreibensfrist habe sich der Beschwerdeführer lediglich mit dem am 16. März 2009 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz geäußert. Ein Betreiben im Sinne des § 92 Abs. 2 VwGO bedeute dieser Schriftsatz nicht. Soweit der damalige Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 16. März 2009 mitgeteilt habe, dass der Beschwerdeführer an seiner Klage festhalte, habe diese Erklärung keinen substantiellen Aussagewert. Die gerichtliche Verfügung vom 14. Januar 2009 habe erkennbar darauf abgezielt, dass der Beschwerdeführer zu den vom Beklagten im Schreiben vom 3. Juli 2008 vorgebrachten verschiedenen Tatsachen, die den vom Beschwerdeführer als maßgeblich angesehenen Granitgrenzstein betroffen hätten, Stellung nehmen sollte. Hierzu enthalte der Schriftsatz vom 16. März 2009 aber keine Aussage. Vor dem prozessualen Hintergrund dieser Aufforderung könne der Schriftsatz letztlich nur als ein Nichtbetreiben gewertet werden.

15

3. Mit dem mit der Verfassungsbeschwerde ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 1. Juni 2011 lehnte das Oberverwaltungsgericht den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab. Die Berufung sei nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zuzulassen.

16

Das Verwaltungsgericht habe an den Beschwerdeführer eine Betreibensaufforderung richten dürfen, denn im Zeitpunkt der Aufforderung am 5. Januar 2009 hätten sachlich begründete Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses bestanden. Da am 8. Juli 2008 eine sechswöchige Frist für die erbetene Stellungnahme gesetzt worden sei, an deren Erledigung durch Verfügungen vom 20. Oktober und 21. November 2008 erinnert worden sei, habe der Beschwerdeführer mit dem Unterlassen jeglicher Antwort über einen Zeitraum von circa sechs Monaten seit der Aufforderung zur Stellungnahme seine prozessuale Mitwirkungspflicht in einer Weise verletzt, die geeignet gewesen sei, die durch Stellungnahme des Beklagten zur Sache ausgelösten Zweifel an einem fortbestehenden Rechtsschutzinteresse zu verfestigen. Es sei nicht ersichtlich, warum es dem Beschwerdeführer in dem genannten Zeitraum nicht hätte möglich sein sollen, zu antworten. Zumindest aber habe von ihm eine Mitteilung erwartet werden können, aus welchen Gründen eine Antwort nicht möglich sei. Sein völliges Verschweigen habe deshalb den Rückschluss auf ein Desinteresse am weiteren Verfahren zugelassen.

17

Die weiteren Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO seien ebenfalls erfüllt gewesen. Um der Aufforderung zu entsprechen, hätte sich der Beschwerdeführer so substantiiert äußern müssen, dass Zweifel am Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses beseitigt worden wären und der äußere Anschein einer Vernachlässigung prozessualer Mitwirkungspflichten entfallen wäre. Der Anforderung an ein substantielles Vorbringen genüge es jedenfalls nicht, wenn ein Kläger auf eine konkrete Aufforderung hin lediglich mitteile, er wolle das Verfahren weiter betreiben. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer die erbetenen Verfahrenshandlungen auch deswegen nicht vorgenommen, weil das Gericht eine inhaltliche Stellungnahme zu dem Vortrag des Beklagten mit Schriftsatz vom 3. Juli 2008 erbeten gehabt habe. Die Erklärung vom 16. März 2009 habe für ein substantielles Betreiben umso weniger ausgereicht, als dem Antwortschreiben nicht zu entnehmen gewesen sei, welche Gründe den Beschwerdeführer gehindert haben sollten und noch hinderten, sich inhaltlich zu erklären.

18

4. Die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers wies das Oberveraltungsgericht mit dem schließlich auch mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss vom 20. Juli 2011 zurück.

II.

19

1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer im Wesentlichen eine Verletzung seines Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und seines Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht seien zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 VwGO und zwar sowohl hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Betreibensaufforderung als auch hinsichtlich der Annahme des Nichtbetreibens vorgelegen hätten.

20

2. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens und das Land Mecklenburg-Vorpommern hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten des gerichtlichen Ausgangsverfahrens wurden beigezogen.

21

3. Der 4. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts äußert sich in seiner Stellungnahme dahingehend, dem Verwaltungsgericht dürfte die Einstellung des Verfahrens nach § 92 Abs. 2 VwGO verwehrt gewesen sein, nachdem der Beschwerdeführer deutlich gemacht habe, dass er an seiner Klage festhalte. Der Beschwerdeführer habe hier seine Klage substantiiert und unter Beweisantritt begründet. Sein Interesse an einer weiteren Rechtsverfolgung habe er hinreichend dargetan. Es sei Sache des Gerichts, das unterschiedliche Vorbringen der Beteiligten zu bewerten.

III.

22

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Annahme ist zur Durchsetzung eines in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechts des Beschwerdeführers angezeigt (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden, die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

23

Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2010 und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 1. Juni 2011 verletzen die Garantie wirksamen Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG (dazu 1.). Ob sie darüber hinaus auch den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzen, kann offen bleiben (dazu 2.). Damit wird der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Anhörungsrüge gegenstandslos.

24

1. Das Verwaltungsgericht hat durch die Ablehnung des Antrags des Beschwerdeführers auf Fortsetzung des Verfahrens gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verstoßen; das Oberverwaltungsgericht durfte die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht bestätigen.

25

a) aa) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet den Rechtsweg im Rahmen der jeweiligen einfachgesetzlichen Prozessordnungen. Der Weg zu den Gerichten, insbesondere auch zur inhaltlichen Überprüfung einer Verwaltungsentscheidung, darf von der Erfüllung und dem Fortbestand bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht werden (vgl. BVerfGE 9, 194 <199 f.>; 10, 264 <267 f.>; 27, 297 <310>; 35, 65 <72 f.>). Die dem Gesetzgeber obliegende normative Ausgestaltung des Rechtswegs muss aber das Ziel dieser Rechtsgewährleistung, nämlich den wirkungsvollen Rechtsschutz, auch tatsächlich verfolgen und ermöglichen (vgl. BVerfGE 110, 77 <85>). Sie muss im Hinblick darauf geeignet und angemessen sowie für den Rechtsuchenden zumutbar sein (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>). Der Zugang zu den Gerichten und zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 78, 88 <99>; 110, 77 <85>; stRspr). Dieser Grundsatz gilt auch innerhalb des jeweils eingeleiteten Verfahrens selbst, soweit es darum geht, sich dort effektiv Gehör verschaffen zu können, und nicht nur für die Eröffnung des Zugangs zum Gericht selbst (BVerfGE 81, 123 <129>). Der gerichtlichen Durchsetzung des materiellen Anspruchs dürfen auch hier nicht unangemessen hohe verfahrensrechtliche Hindernisse in den Weg gelegt werden (BVerfGE 53, 115 <127 f.>).

26

bb) Im Einklang mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG setzt jede an einen Antrag gebundene gerichtliche Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis voraus (vgl. BVerfGE 61, 126 <135>; 96, 27 <39 f.>; 110, 77 <85>). Nur derjenige, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, hat einen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung; fehlt es daran, so ist das prozessuale Begehren als unzulässig abzuweisen.

27

Das erforderliche Rechtsschutzinteresse kann im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens entfallen. Vom Wegfall eines ursprünglich gegebenen Rechtsschutzinteresses kann ein Gericht im Einzelfall auch dann ausgehen, wenn das Verhalten eines rechtsschutzsuchenden Verfahrensbeteiligten Anlass zu der Annahme bietet, dass ihm an einer Sachentscheidung mangels Sachbescheidungsinteresses nicht mehr gelegen ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Oktober 1998 - 2 BvR 2662/95 -, juris Rn. 17).

28

cc) Eine Regelung über eine Verfahrensbeendigung wegen unterstellten Wegfalls des Rechtsschutzinteresses ist grundsätzlich von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 1993 - 2 BvR 1972/92 -, NVwZ 1994, S. 62 <63>). Allerdings führt die Rücknahmefiktion des § 92 Abs. 2 VwGO zur Beendigung des Rechtsschutzverfahrens mit möglicherweise irreversiblen Folgen, insbesondere wenn behördliche Ausgangsentscheidungen dadurch in Bestandskraft erwachsen, ohne dass der Kläger dies durch ausdrückliche Erklärung in bewusster Entscheidung herbeigeführt hätte. Die Handhabung eines solch scharfen prozessualen Instruments muss daher im Lichte der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unter strikter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben erfolgen, verstanden als Ausnahme von dem Grundsatz, dass ein Kläger oder Antragsteller das von ihm eingeleitete Verfahren auch durchführen will. Namentlich darf § 92 Abs. 2 VwGO nicht als Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten oder unkooperatives Verhalten eines Beteiligten gedeutet oder eingesetzt werden. Hierfür ist die Rücknahmefiktion nicht konzipiert. Sie soll vielmehr nur die Voraussetzungen für die Annahme eines weggefallenen Rechtsschutzinteresses festlegen und gesetzlich legitimieren (vgl. zu § 81 AsylVfG, auf den § 92 Abs. 2 VwGO zurückgeht [BTDrucks 13/3993, S. 12], BTDrucks 12/2062, S. 42: vereinfachte Beendigung eines Verfahrens, "an dessen Fortführung der Kläger erkennbar kein Interesse mehr hat"; ferner Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 92 Rn. 3 und 46 [Stand: Januar 2012], Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 92 Rn. 18).

29

Zwar gilt auch für die Rücknahmefiktion des § 92 Abs. 2 VwGO, dass nicht jede fehlerhafte Anwendung des einfachen Rechts einen Verfassungsverstoß darstellt. Angesichts der gravierenden, den Rechtsschutz jedenfalls im konkreten Verfahren ohne Sachprüfung abschneidenden Wirkung dieser Vorschrift gebietet Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG jedoch eine strenge Prüfung der fachgerichtlichen Auslegung und Anwendung des § 92 Abs. 2 VwGO durch das Bundesverfassungsgericht. Insbesondere hat es zu kontrollieren, ob die von den Verwaltungsgerichten mit Rücksicht auf die Rechtsschutzgarantie herausgearbeiteten Anforderungen an eine zulässige Betreibensaufforderung nach § 92 Abs. 2 Satz 1 und 3 VwGO gewahrt und die Voraussetzungen für die Annahme eines Nichtbetreibens nicht verfehlt, insbesondere der Vorschrift hierbei keine falsche Zielrichtung gegeben wurden. Hiernach müssen zum einen zum Zeitpunkt der Betreibensaufforderung sachlich begründete Anhaltspunkte vorliegen, die den späteren Eintritt der Fiktion als gerechtfertigt erscheinen lassen. Solche Anhaltspunkte sind insbesondere dann gegeben, wenn der Kläger seine prozessualen Mitwirkungspflichten nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2000 - BVerwG 8 B 119.00 -, NVwZ 2000, S. 1297 <1298>; Beschluss vom 12. April 2001 - BVerwG 8 B 2.01 -, NVwZ 2001, S. 918; Beschluss vom 7. Juli 2005 - BVerwG 10 BN 1.05 -, juris Rn. 4). Zum anderen hat ein Kläger das Verfahren nur dann nicht mehr im Sinne von § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO betrieben, wenn er innerhalb der Zwei-Monatsfrist nicht substantiiert dargetan hat, dass und warum das Rechtsschutzbedürfnis trotz des Zweifels an seinem Fortbestehen, aus dem sich die Betreibensaufforderung ergeben hat, nicht entfallen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2005 - BVerwG 10 BN 1.05 -, juris Rn. 7).

30

b) Hieran gemessen ist die Auffassung der Ausgangsgerichte, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer Betreibensaufforderung gemäß § 92 Abs. 2 VwGO im Januar 2009 vorlagen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

31

Im Schriftsatz vom 16. Juni 2008 führt der damalige Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers aus, dessen Vater sei bei der seinerzeitigen Abmarkung anwesend gewesen und habe mit eigenen Augen gesehen, wie Mitarbeiter des Vermessungsingenieurs hinsichtlich des strittigen Grenzpunkts einen Aushub von circa 1 Meter vorgenommen, dort eine Flasche hineingelegt und diese zerstoßen hätten. Die Scherben der damals zerstoßenen Flasche würden sich an Ort und Stelle finden lassen.

32

In seiner Erwiderung vom 3. Juli 2008 hierauf trägt der Beklagte im Wesentlichen vor, ein Zerstoßen der Flasche sei in der Niederschrift von 1992 nicht vermerkt und wäre aus fachlicher Hinsicht auch nicht nachvollziehbar. Im August 2007 sei in Anwesenheit des Beschwerdeführers der Granitgrenzstein freigelegt worden; eine Flasche als Unterlage sei nicht vorgefunden worden. Hiervon hätten sich die Beteiligten vor Ort durch Betrachtung des Loches überzeugen können. Es müsse davon ausgegangen werden, dass dieser Granitgrenzstein nicht identisch sei mit dem 1992 verhandelten Grenzpunkt.

33

Angesichts dessen, dass der Beklagte auch unter Hinweis auf einen Ortstermin, an dem der Beschwerdeführer selbst teilnahm, die Richtigkeit einer zentralen Behauptung im Vorbringen des Beschwerdeführers in Frage stellte, lag es nahe, dass der Beschwerdeführer sich zu den Ausführungen des Beklagten äußerte. Dass er sich hierzu trotz entsprechender Bitte des Verwaltungsgerichts vom 8. Juli 2008 und zweimaliger Erinnerung (vom 20. Oktober und 21. November 2008) hieran nicht veranlasst sah, durfte das Verwaltungsgericht zum Anlass nehmen, am Fortbestand des Rechtsschutzinteresses des Beschwerdeführers ernsthaft zu zweifeln.

34

c) Nicht mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar ist hingegen die Annahme, der Beschwerdeführer habe das Verfahren entgegen der darauf ergangenen Aufforderung des Verwaltungsgerichts nicht betrieben. Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht haben damit ein unangemessen hohes Hindernis bei der gerichtlichen Verfolgung des geltend gemachten Anspruchs errichtet.

35

Die Ausgangsgerichte haben sich bei ihren Ausführungen nicht vom Zweck des § 92 Abs. 2 VwGO leiten lassen. Dieser besteht nicht darin, den Kläger zu einer Substantiierung seines Klagebegehrens anzuhalten, sondern in der Klärung der aufgekommenen Zweifel am Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 1993 - 2 BvR 1972/92 -, NVwZ 1994, S. 62 <63>).

36

Dass der Beschwerdeführer an der Verfolgung seines Rechtsschutzziels festhalten wollte, ergibt sich eindeutig aus seinem Schriftsatz vom 16. März 2009. Die Motivation des Beschwerdeführers hierfür liegt auch auf der Hand, geht es ihm im Ausgangsverfahren doch um die Klärung der Größe seines Grundstücks, die nach den Feststellungen des Beklagten um circa 1.900 Quadratmeter kleiner sein soll als von ihm angenommen.

37

Der Beschwerdeführer war angesichts der Umstände des Falles nicht verpflichtet, über den Hinweis, dass er an seiner Klage festhalte, hinausgehende Ausführungen zu machen, um den Eintritt der Rücknahmefiktion zu verhindern. Der Beschwerdeführer hatte seine Klage bereits begründet und zum Beweis der von ihm vorgebrachten Tatsachenbehauptungen seinen Vater und den im Jahr 1992 tätig gewordenen Vermessungsingenieur als Zeugen angeboten. Der Beklagte hatte die Richtigkeit der tatsächlichen Behauptungen bestritten. In einer solchen Situation ist es Aufgabe des - im Übrigen zur Amtsermittlung verpflichteten - Verwaltungsgerichts, den Sachverhalt, soweit es ihn für entscheidungserheblich hält, durch eine Beweisaufnahme aufzuklären und danach zu entscheiden. Der Weg, aufgrund einer vorweggenommenen Beweiswürdigung auf einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers zu schließen und auf diese Weise das Verfahren ohne mündlichen Verhandlung und gegebenenfalls ohne Beweisaufnahme zu beendigen, ist dem Gericht hingegen verwehrt.

38

d) Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf dem festgestellten Verfassungsverstoß. Da die Verwaltungsgerichte bisher noch nicht in der Sache entschieden und auch den Sachverhalt, soweit entscheidungserheblich, nicht aufgeklärt haben, ist nicht erkennbar, dass die Entscheidung in der Sache mit Sicherheit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausfällt.

39

e) Das Urteil des Verwaltungsgerichts und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 1. Juni 2011 sind aufzuheben; der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 20. Juli 2011 wird dadurch gegenstandslos. Die Sache ist an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

40

2. Da das Verwaltungsgericht aus verfassungsrechtlichen Gründen gehindert war, den Eintritt der Erledigungsfiktion anzunehmen, kommt es auf die Frage, ob die Ausgangsgerichte bei ihren Entscheidungen auch den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt haben, nicht mehr an.

41

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung ergibt sich aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts erfolgt nach § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

42

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter hat schon vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Er kann insbesondere

1.
die Beteiligten zur Erörterung des Sach- und Streitstandes und zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits laden und einen Vergleich entgegennehmen;
2.
den Beteiligten die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze, die Vorlegung von Urkunden, die Übermittlung von elektronischen Dokumenten und die Vorlegung von anderen zur Niederlegung bei Gericht geeigneten Gegenständen aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen;
3.
Auskünfte einholen;
4.
die Vorlage von Urkunden oder die Übermittlung von elektronischen Dokumenten anordnen;
5.
das persönliche Erscheinen der Beteiligten anordnen; § 95 gilt entsprechend;
6.
Zeugen und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden.
7.
(weggefallen)

(2) Die Beteiligten sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen.

(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einzelne Beweise erheben. Dies darf nur insoweit geschehen, als es zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem Gericht sachdienlich und von vornherein anzunehmen ist, daß das Gericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit der Fristsetzung nach § 82 Abs. 2 Satz 2 verbunden werden.

(2) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einem Beteiligten unter Fristsetzung aufgeben, zu bestimmten Vorgängen

1.
Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen,
2.
Urkunden oder andere bewegliche Sachen vorzulegen sowie elektronische Dokumente zu übermitteln, soweit der Beteiligte dazu verpflichtet ist.

(3) Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und
2.
der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 1 gilt nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln.

(4) Abweichend von Absatz 3 hat das Gericht in Verfahren nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 und § 50 Absatz 1 Nummer 6 Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückzuweisen und ohne weitere Ermittlungen zu entscheiden, wenn der Beteiligte

1.
die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
2.
über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.