Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 10. Mai 2016 - W 1 K 16.209

bei uns veröffentlicht am10.05.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Kostenbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin steht als aktive Beamtin mit einem Beihilfebemessungssatz von 70% im Dienste des Beklagten. Sie ist als freiwilliges Mitglied bei der gesetzlichen Krankenkasse (Techniker-Krankenkasse) krankenversichert.

Mit Beihilfeantrag vom 15. Dezember 2015 beantragte die Klägerin Beihilfe für ihr entstandene Aufwendungen für osteopathische Behandlungen am 2. Oktober 2015, 23. Oktober 2015, 12. November 2015 sowie 11. Dezember 2015. Die Aufwendungen wurden durch Rechnungen vom 23. Oktober 2015 (171,64 EUR), vom 16. November 2015 (85,99 EUR) und 14. Dezember 2015 (85,99 EUR) nachgewiesen. Alle drei Rechnungen wurden durch die Ärztin und Osteopathin A. in W... ausgestellt, wobei die erbrachten osteopathischen Leistungen jeweils nach GOÄ-Ziffern abgerechnet wurden.

Mit Beihilfebescheid vom 28. Dezember 2015 lehnte der Beklagte die Aufwendungen über insgesamt 343,62 EUR als nicht beihilfefähig ab. Zur Begründung wurde angeführt, der Anspruch auf Beihilfeleistungen sei sowohl bei pflicht- als auch bei freiwillig versicherten Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung beschränkt auf Leistungen für Zahnersatz, für Heilpraktiker und auf Wahlleistungen im Krankenhaus (Art. 96 Abs. 2 Sätze 3 bis 5 Bayerisches Beamtengesetz - BayBeamtG).

Gegen den Beihilfebescheid erhob die Klägerin mit Schreiben vom 11. Januar 2016, eingegangen beim Beklagten am 13. Januar 2016, Widerspruch. Es sei für sie weder nachvollziehbar noch akzeptabel, dass im Falle der Erbringung osteopathischer Leistungen durch einen Heilpraktiker ein Beihilfeanspruch bestehe, bei Erbringung derselben Leistung durch eine Ärztin, wie in ihrem Falle, jedoch nicht. Eine Ungleichbehandlung gegenüber nicht gesetzlich Versicherten sei für sie nicht akzeptabel.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2016, zugestellt am 11. Februar 2016, zurück. Seien die finanziellen Folgen von Krankheit, Geburt, Pflege und Gesundheitsvorsorge durch Leistungen aus anderen Sicherungssystemen dem Grunde nach abgesichert, erfolge nach Art. 96 Abs. 2 Satz 3 BayBeamtG keine zusätzliche Gewährung von Beihilfeleistungen. Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung - wie die Klägerin - hätten u. a. bei Krankheit Anspruch auf ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungen, die das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (§ 12 Abs. 1 SGB V). Eine Ausnahme vom Grundsatz des Verweises auf die Sach- und Dienstleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe nur bei den in Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBeamtG genannten Leistungen für Zahnersatz, für Heilpraktiker und Heilpraktikerinnen und Wahlleistungen im Krankenhaus. Nachdem sich die Klägerin laut der Arztrechnungen vom 23. Oktober 2015, 16. November 2015 und 14. Dezember 2015 in der Praxis für Osteopathie A. in ambulanter ärztlicher Behandlung befunden habe, habe es sich nicht um eine Behandlung bei einer Heilpraktikerin gehandelt, so dass der Widerspruch habe zurückgewiesen werden müssen.

Mit Schreiben vom 24. Februar 2016, eingegangen beim Verwaltungsgericht Würzburg am selben Tage, erhob die Klägerin

Klage „gegen den Widerspruchsbescheid“.

Zur Begründung verwies die Klägerin darauf, dass sie vom Beklagten auf die gesetzliche Krankenversicherung verwiesen worden sei, diese jedoch vorbringe, es handele sich bei einer osteopathischen Leistung unabhängig von der Profession des Erbringers der Leistung um keine ärztliche - da nicht anerkannte schulmedizinische - Leistung. Die Techniker-Krankenkasse übernehme satzungsgemäß nur einen Kostenanteil von 40,00 EUR je Sitzung, allerdings für maximal drei Sitzungen pro Jahr. Die Klägerin verwies darüber hinaus darauf, dass sie sich aus diversen Gründen in der gesetzlichen Krankenkasse habe freiwillig versichern müssen und den Beitrag hierfür vollständig selbst zahle. Im Übrigen schlage die osteopathische Behandlung sehr gut an und habe zu einer deutlichen Reduzierung der gesundheitlichen Beschwerden geführt.

Mit Schriftsatz vom 4. April 2016 beantragte der Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass die Rechtsansicht bzw. Satzung der gesetzlichen Krankenversicherung für die Prüfung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen ohne Belang sei. Hierfür seien ausschließlich das Bayerische Beamtengesetz bzw. die Bayerische Beihilfeverordnung maßgebend. Aufwendungen für osteopathische Behandlungen seien bei gesetzlich Versicherten nur dann beihilfefähig, wenn die Behandlung durch einen Heilpraktiker durchgeführt und nach der Gebührenordnung für Heilpraktiker abgerechnet werde. Ärztliche Leistungen bestimmten sich dagegen gemäß § 1 Abs. 1 GOÄ nach der Gebührenordnung für Ärzte. Die Behandlerin der Klägerin sei ausweislich der Rechnungsbelege keine Heilpraktikerin, sondern Ärztin und Osteopathin und habe dementsprechend auch nach der GOÄ liquidiert, so dass die geltend gemachten Aufwendungen nicht beihilfefähig seien. Ein Vergleich zwischen Beihilfe und gesetzlicher Krankenversicherung sei nicht angebracht, da es sich bei der Beihilfe und der gesetzlichen Krankenversicherung um zwei völlig verschiedene Sicherungssysteme handele. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe mit Urteil vom 3. August 2015 festgestellt, dass die Beschränkungen der Beihilfeleistungen für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung rechtmäßig sei. Der Dienstherr sei auch nicht verpflichtet, für eine vollständige Absicherung des Beamten in Krankheitsfällen Sorge zu tragen, da die Beihilfe lediglich eine ergänzende Hilfe darstelle. Wenn die Beihilfevorschriften für bestimmte Aufwendungen die Gewährung einer Beihilfe ausschließen oder begrenzen, könne daher grundsätzlich ein Beihilfeanspruch auch nicht unmittelbar aus der Fürsorgepflicht hergeleitet werden.

Der Beklagte erklärte mit Schriftsatz vom 4. April 2016, die Klägerin mit Schreiben vom 20. April 2016 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Über die Klage konnte mit Zustimmung der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

Die mit Schreiben der Klägerin vom 24. Februar 2016 erhobene Klage „gegen den Widerspruchsbescheid“ ist gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass die Klägerin die Verpflichtung des Beklagten begehrt, ihr unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2016 Beihilfe unter Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen für osteopathische Behandlungen durch die Ärztin Frau ... zu gewähren.

Die so verstandene Klage ist zulässig, jedoch in der Sache ohne Erfolg. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Beihilfe für die von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übernommenen Aufwendungen für osteopathische Behandlungen durch ihre behandelnde Ärztin, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Maßgeblich für die Entscheidung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die jeweilige Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der streitbefangenen Aufwendungen (vgl. BVerwG, U. v. 8.11.2012 - 5 C 4.12 - juris m. w. N.). Demzufolge ist der Entscheidung das Bayerische Beamtengesetz (BayBG) in der ab dem 01.08.2015 gültigen Fassung sowie die Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) in der ab dem 01.10.2014 gültigen Fassung zugrunde zu legen.

Vorliegend richtet sich die Gewährung von Beihilfe nach Art. 96 BayBG. Zwar ist die Klägerin grundsätzlich beihilfeberechtigt mit einem Bemessungssatz von 70% für nachgewiesene medizinisch notwendige und angemessene Aufwendungen im Krankheitsfall, Art. 96 Abs. 2, Abs. 3 BayBG. Der Beihilfeanspruch der Klägerin unterliegt jedoch wegen ihrer Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung der Beschränkung des Art. 96 Abs. 2 Satz 3 BayBG. Nach dieser Vorschrift erfolgt keine zusätzliche Gewährung von Beihilfeleistungen, wenn die finanziellen Folgen von Krankheit, Geburt, Pflege und Gesundheitsvorsorge durch Leistungen aus anderen Sicherungssystemen dem Grunde nach abgesichert sind; Sachleistungen sind vorrangig in Anspruch zu nehmen. Die gesetzlichen Krankenkassen stellen ein solches auf Sachleistungen aufgebautes Sicherungssystem dar (§ 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch V - SGB V). Damit ist die Beihilfe für gesetzlich Versicherte grundsätzlich subsidiär. Eine Ausnahme hiervon macht lediglich Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG. Nach dieser Vorschrift ist der Anspruch auf Beihilfeleistungen für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung allerdings abschließend auf Leistungen für Zahnersatz, für Heilpraktiker und Heilpraktikerinnen und auf Wahlleistungen im Krankenhaus beschränkt.

Gemessen hieran hat der Beklagte die Beihilfefähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen zu Recht verneint, denn die geltend gemachten Aufwendungen fallen nicht unter den Ausnahmetatbestand des Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG. Insbesondere handelt es sich bei den vorliegend geltend gemachten Kosten für osteopathische Behandlungen nicht um Leistungen eines Heilpraktikers bzw. einer Heilpraktikerin, sondern um ärztliche Leistungen. Zwar ist der Klägerin darin Recht zu geben, dass gleichartige osteopathische Leistungen auch durch Heilpraktiker erbracht werden können mit der Folge der Beihilfefähigkeit nach Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ist es jedoch nicht möglich, die durch die behandelnde Ärztin Frau ... erbrachten osteopathischen Leistungen als beihilfefähig anzuerkennen. Bei Frau ... handelt es sich um eine approbierte Ärztin, welche folgerichtig ihre erbrachten osteopathischen Leistungen auch nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abgerechnet hat. Die Klägerin muss sich demzufolge, wenn sie osteopathische Leistungen in Anspruch nehmen und hierfür eine Beihilfe erhalten will, auf entsprechende Leistungen durch Heilpraktiker/Heilpraktikerinnen verweisen lassen.

Der Gesetzgeber verfolgt mit der Regelung des Art. 96 Abs. 2 Satz 3 BayBG den Grundsatz der Subsidiarität von Beihilfeleistungen und verweist daher den gesetzlich versicherten Beamten grundsätzlich auf das System der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Krankheitsfolgen der Klägerin sind durch dieses System der gesetzlichen Krankenversicherung auch generell dem Grunde nach abgesichert. Eine ergänzende Beihilfe hat der Gesetzgeber nur für die in Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG abschließend aufgezählten Leistungen vorgesehen, u. a. für Leistungen eines Heilpraktikers/einer Heilpraktikerin, so dass es nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin entscheidend darauf ankommt, durch welche Berufsgruppe (Arzt oder Heilpraktiker) eine osteopathische Leistung erbracht wird. Der Gesetzgeber verfolgt mit der Beihilfegewährung für durch Heilpraktiker erbrachte Leistungen gerade eine Besserstellung der beihilfeberechtigten gesetzlich krankenversicherten Beamten, da in der gesetzlichen Krankenversicherung Heilpraktikerleistungen als gesetzliche Pflichtleistungen nicht erbracht werden.

Darauf, dass im konkreten Fall osteopathische Leistungen generell keine anerkannte Krankenbehandlung im Sinne des SGB V darstellen und daher in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erstattungsfähig sind bzw. im Falle der Krankenkasse der Klägerin infolge einer satzungsrechtlichen Besserstellung zumindest anteilig, jedoch nur in begrenztem Umfang übernommen werden (40,00 EUR je Behandlung begrenzt auf 3 Behandlungen pro Kalenderjahr), kommt es entgegen der Ansicht der Klägerin nicht an. Eine Einzelfallprüfung durch den Beklagten ist angesichts der allgemein gefassten Regelung des Art. 96 Abs. 2 Satz 3 und Satz 5 BayBG weder möglich noch veranlasst (vgl. BayVGH, B. v. 26.5.2011- 14 BV 09.3028; VG Bayreuth, U. v. 27.10.2015 - B 5 K 14.717).

Die Beihilfebeschränkung des Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG steht auch mit höherrangigem Recht in Einklang; insbesondere gebietet die Fürsorgepflicht des Dienstherrn kein anderes Ergebnis. Angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers im Beihilferecht sind Beihilfeausschlüsse bzw. -beschränkungen, wie sie etwa Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG vorsieht, mit Bundes- und Landesverfassungsrecht - namentlich mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn aus Art. 33 Abs. 5 GG bzw. Art. 95 Abs. 1 Satz 2 der Bayerischen Verfassung (BV), dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 118 Abs. 1 BV und dem aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG bzw. Art. 3 Abs. 1 BV folgenden Grundsatz des Vertrauensschutzes - vereinbar (st. Rspr.; vgl. BayVerfGH, E. v. 8.10.2012 - Vf. 14-VII-07 - BayVBl 2013, 367; BVerwG, U. v. 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21; BVerfG-K, B. v. 13.2.2008 - 2 BvR 613/06 - NVwZ 2008, 1004; BayVGH, B. v. 3.8.2015 - 14 ZB 14.1178 - juris; BayVGH, B. v. 26.5.2011 - 14 BV 09.3028 - juris).

Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber den Beamten ist durch Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG nicht verletzt. Die Fürsorgepflicht ergibt sich aus dem Wesen des Berufsbeamtentums und entspricht dessen hergebrachten Grundsätzen (BVerfG, B. v. 13.11.1990 BVerfGE 83, 89/98). Bei der Konkretisierung der Fürsorgepflicht kommt dem Gesetzgeber ein weiter Beurteilungsspielraum zu (BVerfG, B. v. 11.6.1958 BVerfGE 8, 1/16). Für den Bereich der Beihilfe bedeutet dies u. a., dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehindert ist, den Beihilfeanspruch als einen strikt subsidiären Anspruch - wie vorliegend gegenüber dem System der gesetzlichen Krankenversicherung - auszugestalten. Die Fürsorgepflicht erfordert nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Krankheit, Geburt, Pflege und Gesundheitsvorsorge entstandenen Aufwendungen und auch nicht deren Erstattung in jeweils vollem Umfang (BVerwG, U. v. 21.12.2000, BVerwGE 112, 308/310 f.). Die Grenzen des dem Gesetzgeber zustehenden Ermessens sind durch Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG nicht überschritten. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Aufwendungen für aus dem Leistungsprogramm der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossene Arznei-, Hilfs- und Heilmittel von dem gesetzlich krankenversicherten Beihilfeberechtigten auch im Rahmen der Beihilfe nicht geltend gemacht werden können und dass dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn unbedenklich sei. Der gesetzlich krankenversicherte Beihilfeberechtigte werde hierdurch nicht mit erheblichen, ihm nicht zumutbaren Aufwendungen belastet. Ihm verbleibe lediglich ein Aufwand, der auch allen anderen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung zugemutet werde (vgl. BVerfG, B. v. 13.2.2008 - juris). Diese Erwägungen gelten nach Auffassung des Gerichts ebenso für den Fall des Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG.

Zwar muss der Dienstherr Vorkehrungen dafür treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen etwa durch Krankheitsfälle nicht gefährdet wird (BayVGH, U. v.14. 7.2015 - 14 B 13.654 - juris). Eine den Wesenskern der Fürsorgepflicht betreffende unzumutbare Belastung ist vorliegend jedoch nicht erkennbar angesichts der Höhe der entstandenen Aufwendungen von 343,62 EUR. Zudem kann die Klägerin die begehrte und nach eigenen Aussagen ihrer Gesundheit förderliche osteopathische Behandlung vorliegend auch durch eine/n Heilpraktiker/in in Anspruch nehmen und hierfür nach Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBeamtG Beihilfeleistungen des Beklagten erhalten.

Ebenso wenig ergibt sich aus der Fürsorgepflicht eine Verpflichtung des Dienstherrn, sich an den Versicherungsbeiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung zu beteiligen (BayVerfGH, E. v. 8.10.2012 - Vf. 14-VII-07).

Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz der Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV. Der Gleichheitssatz untersagt dem Normgeber, gleich liegende Sachverhalte, die aus der Natur der Sache und unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit eine gleichartige Regelung erfordern, ungleich zu behandeln; dagegen ist wesentlich Ungleiches nach seiner Eigenart verschieden zu regeln. Der Gleichheitssatz verlangt aber keine schematische Gleichbehandlung, sondern lässt Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind. Er verbietet Willkür. Der Gesetzgeber handelt jedoch nicht schon dann willkürlich, wenn er unter mehreren Lösungen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste gewählt hat. Es bleibt vielmehr dem Ermessen des Gesetzgebers überlassen zu entscheiden, in welcher Weise dem allgemeinen Gedanken der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung zu tragen ist. Nur wenn die äußersten Grenzen dieses Ermessens überschritten sind, wenn für die getroffene Regelung jeder vernünftige und sachlich einleuchtende Grund fehlt, ist der Gleichheitssatz verletzt (vgl. VerfGH, E. v. 28.10.2004 VerfGH 57, 156/158; VerfGH, E. v. 4.5.2007 VerfGH 60, 101/112).

Bei der Regelung des Beihilferechts besteht eine weitgehende Gestaltungsfreiheit des Normgebers. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Klägerin für die Aufwendungen, die aufgrund osteopathischer Behandlung durch eine Ärztin entstanden sind und nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, keine Beihilfeleistungen des Beklagten erhält. Mit dem Ausschluss bestimmter Beihilfeleistungen werden die verschiedenen Krankenversorgungssysteme voneinander abgegrenzt. Den unterschiedlichen Systemen der gesetzlichen Krankenversicherung und der beamtenrechtlichen Beihilfegewährung würde es widersprechen, wenn Aufwendungen, die nach dem Willen des Gesetzgebers in dem einen Leistungssystem aus Gründen der Kostendämpfung und Eigenbeteiligung von einem dem Grunde nach Berechtigten getragen werden sollen, auf ein anderes Leistungssystem, nämlich die beamtenrechtliche Beihilfe, übergewälzt würden. Soweit das freiwillige Mitglied bei einer gesetzlichen Krankenkasse einen eigenen Kostenanteil zu tragen hat, wie im vorliegenden Fall, der einem privat versicherten Beihilfeberechtigten erstattet würde, beruht dies auf den grundlegenden Strukturunterschieden der verschiedenen Sicherungssysteme und verletzt deshalb nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung handelt es sich um Leistungen aus öffentlichen Kassen, die der grundsätzlich umfassenden Sicherung des Betroffenen und seiner Familie in Krankheitsfällen dienen. Die gesetzliche Krankenversicherung steht im Gegensatz zu der privaten Eigenvorsorge des Beamten und der ergänzenden nachrangigen Unterstützung durch den Dienstherrn. Die Krankheitsvorsorge aufgrund von Beihilfe und Privatversicherung unterscheidet sich von der gesetzlichen Krankenversicherung im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen. Prägende Grundsätze der gesetzlichen Krankenversicherung sind vor allem die solidarische Finanzierung, der soziale Ausgleich, die Sach- und Dienstleistung als Leistungsform sowie die Organisation ihrer Träger als Selbstverwaltungskörperschaften des öffentlichen Rechts (BVerwG, U. v. 15.12.2005, RiA 2006, 140/142). Der Beamte, der von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern, hat eine Systementscheidung getroffen, die sich sowohl auf die Vor- als auch auf die Nachteile dieser Form der Eigenvorsorge insgesamt bezieht. Er muss ebenso wie derjenige, der bewusst von einem ergänzenden Versicherungsschutz ganz oder teilweise abgesehen hat, in Kauf nehmen, dass nach den jeweiligen Besonderheiten des Systems krankheitsbedingte Aufwendungen ungedeckt bleiben (BVerfG, B. v. 13.2.2008 a. a. O.; BVerwG vom 15.12.2005 a. a. O., S. 143).

Die Klage war nach alledem abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach die Klägerin als unterlegene Beteiligte die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bun- desverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bun- des oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel gel- tend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 240,53 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 52 Abs. 3 GKG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

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(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Ärzte bestimmen sich nach dieser Verordnung, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Vergütungen darf der Arzt nur für Leistungen berechnen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind. Leistungen, die über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgehen, darf er nur berechnen, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Beihilfeleistungen für seine Ehefrau.

1. Der im Jahr 1957 geborene Kläger steht als Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe A 15 der Bayerischen Besoldungsordnung - BayBesO -) im Dienst des Beklagten. Er ist für sich und seine berücksichtigungsfähigen Angehörigen - darunter seine in geringem Umfang berufstätige Ehefrau - beihilfeberechtigt. Seine Ehefrau, für die Aufwendungen geltend gemacht werden, ist pflichtversichertes Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse (DAK). Ihr Beihilfebemessungssatz beträgt 70%.

2. Mit Beihilfeantrag vom 27. Januar 2014, beim Landesamt für Finanzen, Dienststelle Bayreuth, Bezügestelle Beihilfe (im Folgenden: Landesamt) am 31. Januar 2014 eingegangen, beantragte der Kläger Beihilfe zu den für seine Ehefrau entstandenen Aufwendungen für professionelle Zahnreinigungen am 1. Februar 2013, 21. Juni 2013 und 21. November 2013 in Höhe von insgesamt 656,22 EUR (Rechnungen des Zahnarztes Dr. L. vom 1.2.2013, 24.6.2013 und 22.11.2013 über jeweils 218,74 EUR). Des Weiteren beantragte er die Gewährung von Beihilfe für eine Laboruntersuchung zur Vitamin D-Bestimmung über 28,48 EUR (Rechnung des praktischen Arztes M. vom 5.12.2013).

Mit Beihilfebescheid vom 17. Februar 2014 lehnte das Landesamt die Aufwendungen über insgesamt 684,70 EUR als nicht beihilfefähig ab. Zur Begründung hieß es, der Anspruch auf Beihilfeleistungen sei sowohl bei pflichtversicherten als auch bei freiwillig versicherten Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung beschränkt auf Leistungen für Zahnersatz, für Heilpraktiker und auf Wahlleistungen im Krankenhaus (Art. 96 Abs. 2 Sätze 3 bis 5 des Bayerischen Beamtengesetzes - BayBG -).

3. Gegen den Festsetzungsbescheid erhob der Kläger am 17. März 2014 Widerspruch, den er mit Schreiben vom 24. Juli 2014 begründete. Er trug vor, dass die ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen medizinisch notwendig seien und die gesetzliche Krankenversicherung seiner Ehefrau hierfür keine Leistungen vorsehe. Beigefügt war ein Schreiben des Zahnarztes Dr. L. vom 7. März 2014, wonach bei der Ehefrau des Klägers eine chronische Parodontitis vorliege und die Zahnbehandlung medizinisch notwendig sei.

Das Landesamt wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2014 zurück, der am 24. September 2014 versandt wurde. Zu den Grundzügen des bayerischen Beihilferechts zähle u. a., dass grundsätzlich keine ergänzende Gewährung von Beihilfeleistungen erfolge, sofern durch andere Krankenfürsorgesysteme ein umfassender Krankenfürsorgeschutz dem Grunde nach bestehe (strenger Sachleistungsverweis). Freiwillige Mitglieder und Pflichtmitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung seien daher auf die Inanspruchnahme von Sach- und Dienstleistungen der Krankenkassen verwiesen, durch die das Krankheitsrisiko umfassend abgesichert sei. Beihilfeleistungen seien bei den in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Personen auf Leistungen für Zahnersatz, für Heilpraktiker und auf Wahlleistungen im Krankenhaus beschränkt. Man habe die Aufwendungen für die zahnärztlichen Leistungen nicht als beihilfefähig berücksichtigen können, da es sich hierbei nicht um „Zahnersatz“ (also den Ersatz fehlender natürlicher Zähne wie Kronen, Brücken oder Prothesen) handele. Ebenso fielen die ambulanten ärztlichen Leistungen für eine Vitamin D-Untersuchung nicht unter die genannten Ausnahmen.

4. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2014, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am 23. Oktober 2014 eingegangen, erhob der Kläger Klage. Er beantragt zuletzt:

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. September 2014 verpflichtet, dem Kläger eine Beihilfe zu den für seine Ehefrau entstandenen Aufwendungen in Höhe von 479,29 EUR zu gewähren.

Zur Klagebegründung führte er mit Schreiben vom 4. Februar 2015 aus, bei den Zahnarztrechnungen für seine Ehefrau handele es sich um medizinisch notwendige und angemessene Aufwendungen für den Krankheitsfall und für die Gesundheitsvorsorge (Verhinderung der Verschlechterung der chronischen Parodontitis sowie Verringerung des hierdurch bedingten sehr hohen Risikos des Zahnverlustes). Der mit einer drei- bis viermaligen Behandlung jährlich verbundene Kostenaufwand von 656,22 EUR bzw. 874,96 EUR stelle eine erhebliche zusätzliche Kostenbelastung dar, deren Absicherung durch eine entsprechende Privatversicherung hohe Kosten verursachen würde. Die Kosten für die Prophylaxe-Behandlung würden ausweislich des beigefügten Schreibens der DAK-Gesundheit vom 13. Januar 2015 nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Da somit für seine Ehefrau kein umfassender Krankenfürsorgeschutz bei ihrer gesetzlichen Krankenversicherung bestehe, seien die Kosten aufgrund der Fürsorgepflicht des Dienstherrn von der Beihilfe zu übernehmen. Während die gesetzliche Krankenversicherung an wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientiert sei, müsse die Beihilfe für die Familie des Beamten die gleichen Leistungen wie für den Beamten selbst erbringen. Gleiches gelte für die Kosten der Vitamin D-Untersuchung, die nur von einem Arzt durchgeführt werden könne und aus unerfindlichen Gründen nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre. Die Annahme des Bundesverfassungsgerichts, dass gesetzlich krankenversicherte Beihilfeberechtigte durch eine Behandlung, die nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehörten, nicht mit unzumutbaren Aufwendungen belastet würden, sei fragwürdig. Vielmehr müsse der Dienstherr in jedem Einzelfall die tatsächlichen Mehrbelastungen für den Beamten und seinen Ehegatten prüfen und bewerten. Schließlich sei im bayerischen Beihilferecht die Beihilfeberechtigung für Ehegatten ohnehin auf Personen mit geringen Einkünften begrenzt.

Das Landesamt beantragt für den Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurden zunächst die Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid wiederholt. Ergänzend wurde vorgetragen, dass der weitgehende Ausschluss von Beihilfeansprüchen gesetzlich Versicherter nach der Rechtsprechung nicht zu beanstanden sei. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, bei deren Konkretisierung dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zukomme, gebiete keinen vollständigen Ausgleich aller Aufwendungen. Soweit Mitglieder einer gesetzlichen Krankenversicherung zu Behandlungen, die nicht bzw. nicht vollständig zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehörten, keine Beihilfe erhielten, würde der Beihilfeberechtigte dadurch nicht mit erheblichen, ihm nicht zumutbaren Aufwendungen belastet. Es verbleibe ihm lediglich ein Aufwand, der auch allen anderen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung zugemutet werde.

Der Kläger erwiderte, bei Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung erfolge keine umfassende Absicherung des Krankheitskostenrisikos. Seiner Ehefrau entstünden jährliche Mehraufwendungen von ca. 656,00 bis 875,00 EUR und ggf. zusätzlich ca. 28,00 EUR für Vitamin D-Diagnostik-Untersuchungen, die nicht durch zumutbare Eigenvorsorge abgesichert werden könnten. Dies verletze die Fürsorgepflicht des Dienstherrn in ihrem Wesenskern. Die jüngste Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach bayerische Beamte mit gravierender Sehschwäche Anspruch auf Beihilfe für ihre Sehhilfe hätten, sei auf den hiesigen Fall übertragbar.

5. In der mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2015 wurde mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert. Der Kläger beantragte, zum Beweis der Tatsache, dass die professionelle Zahnreinigung bei seiner Ehefrau medizinisch notwendig und angemessen ist, den behandelnden Zahnarzt Dr. L. als Zeugen zu vernehmen. Das Gericht lehnte den Beweisantrag ab. Hinsichtlich der Begründung des Beweisantrags sowie des Verlaufs der mündlichen Verhandlung im Übrigen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27. Oktober 2015 verwiesen. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

1. Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Bescheid vom 17. Februar 2014 und der Widerspruchsbescheid vom 23. September 2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf Gewährung von Beihilfeleistungen für die von der gesetzlichen Krankenversicherung seiner Ehefrau nicht übernommenen Aufwendungen in Höhe von 479,29 EUR (§ 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Dies betrifft sowohl die Kosten der professionellen Zahnreinigung als auch die Rechnung für die Laboruntersuchung zur Vitamin D-Bestimmung.

a) Die Gewährung von Beihilfe richtet sich für den Kläger als bayerischen Beamten nach Art. 96 BayBG i. V. m. der Bayerischen Beihilfeverordnung (BayBhV). Seine Ehefrau gehört grundsätzlich zum Kreis der berücksichtigungsfähigen Angehörigen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV. Da ihre Einkünfte im maßgeblichen Zeitraum den Gesamtbetrag von 18.000,00 EUR nicht überstiegen, entfällt die Beihilfefähigkeit der für sie entstandenen Aufwendungen nicht nach Art. 96 Abs. 1 BayBG i. V. m. § 7 Abs. 4 Nr. 2 BayBhV. Ihr Bemessungssatz beträgt 70% (vgl. Art. 96 Abs. 3 Satz 2 BayBG). Der Beihilfeanspruch unterliegt wegen ihrer Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenversicherung allerdings den Beschränkungen des Art. 96 Abs. 2 Satz 3 BayBG. Nach dieser Vorschrift erfolgt keine zusätzliche Gewährung von Beihilfeleistungen, wenn die finanziellen Folgen von Krankheit, Geburt, Pflege und Gesundheitsvorsorge durch Leistungen aus anderen Sicherungssystemen dem Grunde nach abgesichert sind; Sachleistungen sind vorrangig in Anspruch zu nehmen. Die gesetzlichen Krankenkassen stellen ein auf Sachleistungen aufgebautes System dar (§ 2 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - SGB V -). Damit ist die Beihilfe für gesetzlich Versicherte - sei es für (freiwillig) gesetzlich krankenversicherte Beamte oder für ihre (pflichtversicherten oder freiwillig versicherten) Ehegatten - grundsätzlich subsidiär. Gemäß Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG ist der Anspruch auf Beihilfeleistungen bei Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung auf Leistungen für Zahnersatz, für Heilpraktiker und auf Wahlleistungen im Krankenhaus beschränkt.

b) Hieran gemessen hat das Landesamt die Beihilfefähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen zu Recht verneint. Weder die Kosten für die Vitamin D-Untersuchung noch die Kosten für die professionelle Zahnreinigung fallen unter den Ausnahmetatbestand des Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG. Insbesondere handelt es sich bei den Kosten für die professionelle Zahnreinigung ausweislich der Rechnungen des Zahnarztes Dr. L. nicht um „Leistungen für Zahnersatz“ im Sinn kurativer Leistungen, sondern um eine Prophylaxe-Maßnahme, so dass es bei dem strengen Sachleistungsverweis des Art. 96 Abs. 2 Satz 3 BayBG verbleibt. Die Krankheitsfolgen der Ehefrau des Klägers sind durch ihre gesetzliche Krankenversicherung generell dem Grunde nach abgesichert. Darauf, dass im konkreten Fall Prophylaxe-Maßnahmen von der gesetzlichen Krankenkasse nicht erstattet werden (vgl. § 22 SGB V sowie das vom Kläger vorgelegte Schreiben der DAK-Gesundheit vom 13.1.2015) kommt es entgegen der Ansicht des Klägers nicht an. Eine Einzelfallprüfung durch die Beihilfestelle ist angesichts der allgemein gefassten Regelung des Art. 96 Abs. 2 Satz 3 und Satz 5 BayBG weder möglich noch veranlasst. Vor dem Hintergrund der generellen Beihilfebeschränkung war auch der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisantrag abzulehnen, der sich auf Zeugenvernehmung des behandelnden Zahnarztes zur medizinischen Notwendigkeit und Angemessenheit der professionellen Zahnreinigung bei seiner Ehefrau richtete. Auf die medizinische Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen kommt es bei Art. 96 Abs. 2 Satz 3 und Satz 5 BayBG gerade nicht an, so dass sich die vom Kläger unter Beweis gestellte Tatsache als nicht entscheidungserheblich erwies und als wahr unterstellt werden konnte.

c) Die Beihilfebeschränkung des Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG steht auch mit höherrangigem Recht in Einklang; insbesondere gebietet die Fürsorgepflicht des Dienstherrn kein anderes Ergebnis. Angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers im Beihilferecht sind Beihilfeausschlüsse bzw. -beschränkungen, wie sie Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG vorsieht, mit Bundes- und Landesverfassungsrecht - namentlich mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn aus Art. 33 Abs. 5 GG bzw. Art. 95 Abs. 1 Satz 2 der Bayerischen Verfassung (BV), dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 118 Abs. 1 BV und dem aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG bzw. Art. 3 Abs. 1 BV folgenden Grundsatz des Vertrauensschutzes - vereinbar (st. Rspr.; vgl. BayVerfGH, E. v. 8.10.2012 - Vf. 14-VII-07 - BayVBl 2013, 367; BVerwG, U. v. 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21; BVerfG-K, B. v. 13.2.2008 - 2 BvR 613/06 - NVwZ 2008, 1004; BayVGH, B. v. 3.8.2015 - 14 ZB 14.1178 - juris). Mit dem in Art. 96 Abs. 2 Satz 3 BayBG vorgesehenen grundsätzlichen Vorrang der Sachleistungen und der ergänzend in Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG enthaltenen Ausnahme für die Gewährung bestimmter Beihilfeleistungen werden die verschiedenen Krankenversorgungssysteme voneinander abgegrenzt. Den unterschiedlichen Systemen der gesetzlichen Krankenversicherung und der beamtenrechtlichen Beihilfegewährung würde es widersprechen, wenn Aufwendungen, die nach dem Willen des Gesetzgebers aus Gründen der Kostendämpfung und Eigenbeteiligung von einem dem Grunde nach Berechtigten selbst getragen werden sollen, auf ein anderes Leistungssystem, die beamtenrechtliche Beihilfe, übergewälzt würden (BayVGH, B. v. 3.8.2015 - 14 ZB 14.1178 - juris Rn. 8 m. w. N.). Der Ausschluss bzw. die Beschränkung von Beihilfeleistungen für gesetzlich Versicherte sind durch die Systemunterschiede zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und privater Gesundheitsvorsorge einschließlich ergänzender Beihilfe gerechtfertigt (BVerwG, U. v. 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21).

Entgegen der Ansicht des Klägers verstößt die Beschränkung des Beihilfeanspruchs auch nicht gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn aus Art. 33 Abs. 5 GG. Der gesetzlich krankenversicherte Beihilfeberechtigte wird dadurch nicht mit erheblichen, ihm nicht zumutbaren Aufwendungen belastet. Ihm verbleibt lediglich ein Aufwand, der auch allen anderen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung zugemutet wird (BayVerfGH, E. v. 8.10.2012 - Vf. 14-VII-07 - BayVBl 2013, 367; BayVGH, B. v. 3.8.2015 - 14 ZB 14.1178 - juris Rn. 9). Zwar muss der Dienstherr Vorkehrungen dafür treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen etwa durch Krankheitsfälle nicht gefährdet wird. Eine den Wesenskern der Fürsorgepflicht betreffende unzumutbare Belastung entsteht aber schon nach den eigenen Angaben des Klägers nicht, der die Kosten für die Prophylaxe-Maßnahme mit jährlich 656,22 EUR (bzw. bei viermaliger Durchführung mit 874,96 EUR) beziffert. Eine lückenlose Erstattung von Aufwendungen, die durch Leistungen einer Krankenversicherung - sei es beim Beamten selbst oder bei seinen Angehörigen - nicht gedeckt sind, gebietet die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn gerade nicht (BVerfG-K, B. v. 27.9.2011 - 2 BvR 86/11 - BayVBl 2012, 205; BayVGH, U. v. 14.7.2015 - 14 B 13.654 - juris Rn. 23).

2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der Kläger als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der - wenn überhaupt anfallenden - dann allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht, zumal dieser auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eventuell eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.

3. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 16.650 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinn liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548).

Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers, eines Versorgungsempfängers des Beklagten und freiwilligen Mitglieds einer gesetzlichen Krankenversicherung, auf Beihilfeleistungen für von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übernommene Aufwendungen mit der Begründung abgewiesen, es erfolge gemäß Art. 96 Abs. 2 Satz 3 BayBG keine zusätzliche Gewährung von Beihilfeleistungen, wenn die finanziellen Folgen von Krankheit, Geburt, Pflege und Gesundheitsvorsorge durch Leistungen aus anderen Sicherungssystemen dem Grunde nach abgesichert seien; Sachleistungen seien vorrangig in Anspruch zu nehmen. Bei Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung sei gemäß Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG der Anspruch auf Beihilfe beschränkt auf Leistungen für Zahnersatz, für Heilpraktiker und Heilprakterinnen und auf Wahlleistungen im Krankenhaus. Diese Einschränkungen hätten auch für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung Geltung. Denn auch bei diesen seien die finanziellen Folgen einer Erkrankung dem Grunde nach abgesichert. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21) sah das Verwaltungsgericht in der gesetzlichen Regelung keinen Verstoß gegen höherrangiges Recht. Wer von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern, habe eine Systementscheidung getroffen, die sich sowohl auf die Vor- als auch auf die Nachteile dieser Form der Eigenvorsorge insgesamt beziehe.

Durch das Vorbringen des Klägers werden die Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.

Der Kläger meint, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass es dem Gleichheitsgrundsatz zuwider laufe, danach zu differenzieren, wie ein Beamter selbst gegen sein Krankheitsrisiko vorsorge. Das Verwaltungsgericht übersehe auch die Umstände, die den Kläger seinerzeit zu dieser „Systementscheidung“ veranlasst hätten. Der Kläger habe diese mit Blick auf die vor der Beihilfenovellierung im Jahre 2007 geltenden Regelungen des Beihilferechts getroffen, die eine Einbeziehung auch derjenigen Beamten in die Leistungsgewährung vorsahen, die sich für eine Absicherung im Rahmen des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung entschieden hätten. Auf die Gesetzesänderung habe der Kläger nicht reagieren können. Wegen seines Alters (73 Jahre) wäre ein Wechsel - wenn überhaupt - nur mit erheblichen Risikoausschlüssen aufgrund bestehender Vorerkrankungen und unzumutbar hohen Versicherungsbeiträgen möglich gewesen. Dasselbe gelte für seine nicht selbst versicherte Ehefrau und seinen schwerbehinderten und erwerbsunfähigen Sohn. Er müsse sich die Krankenfürsorge durch einen vollständig selbstständig zu tragenden Versicherungsbeitrag „erkaufen“. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gebiete es, die Versicherungsbeiträge als beihilfefähig anzuerkennen oder einen Zuschuss in Höhe des Arbeitgeberanteils zu gewähren. Andernfalls müsse es dabei verbleiben, dass jedenfalls diejenigen Beamten, die ihre „Systementscheidung“ unter einem anderen Rechtszustand getroffen hätten und die daran gehindert gewesen seien, diese Entscheidung wieder zu revidieren, im Rahmen der Fürsorgepflicht weiterhin so zu behandeln seien wie vor der Beihilfereform des Jahres 2007.

Diese Erwägungen können die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht ernsthaft in Frage stellen. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht erkennbar. Der Gleichheitsgrundsatz untersagt dem Normgeber, gleich liegende Sachverhalte, die aus der Natur der Sache und unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit eine gleichartige Regelung erfordern, ungleich zu behandeln; dagegen ist wesentlich Ungleiches nach seiner Eigenart verschieden zu regeln. Der Gleichheitssatz verlangt aber keine schematische Gleichbehandlung, sondern lässt Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind. Er verbietet Willkür. Der Gesetzgeber handelt aber nicht schon dann willkürlich, wenn er unter mehreren Lösungen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste gewählt hat. Es bleibt vielmehr seinem Ermessen überlassen zu entscheiden, in welcher Weise dem allgemeinen Gedanken der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung zu tragen ist. Nur wenn die äußeren Grenzen dieses Ermessens überschritten sind, wenn für die getroffene Regelung jeder vernünftige und sachlich einleuchtende Grund fehlt, ist der Gleichheitssatz verletzt (vgl. BayVerfGH, E.v. 8.10.2012 - Vf. 14-VII-07 - BayVBl 2013, 367).

Auch bei der Regelung des Beihilferechts besteht eine weitgehende Gestaltungsfreiheit des Normgebers. Mit dem in Art. 96 Abs. 2 Satz 3 BayBG vorgesehenen grundsätzlichen Vorrang der Sachleistungen und der ergänzend in Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG enthaltenen Ausnahme für die Gewährung bestimmter Beihilfeleistungen werden die verschiedenen Krankenversorgungssysteme voneinander abgegrenzt. Die in der strengen Sachleistungsverweisung liegende Beschränkung der Beihilfegewährung dient nach dem Willen des Gesetzgebers der Vermeidung einer mehrfachen Gewährung von Leistungen aus demselben Anlass sowie einer Entflechtung der eigenständigen Krankenfürsorgesysteme (vgl. LT-Drs. 15/6302 S. 6). Den unterschiedlichen Systemen der gesetzlichen Krankenversicherung und der beamtenrechtlichen Beihilfegewährung würde es widersprechen, wenn Aufwendungen, die nach dem Willen des Gesetzgebers in dem einen Leistungssystem aus Gründen der Kostendämpfung und Eigenbeteiligung von einem dem Grunde nach Berechtigten getragen werden sollen, auf ein anderes Leistungssystem, die beamtenrechtliche Beihilfe, übergewälzt würden (BayVGH, B.v. 26.5.2011 - 14 BV 09.3028 - juris Rn. 21).

Die Beschränkungen des Beihilfeanspruchs für Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse verstoßen auch für freiwillig gesetzlich Krankenversicherte nicht gegen den Fürsorgegrundsatz (Art. 33 Abs. 5 GG). Denn der gesetzlich krankenversicherte Beihilfeberechtigte wird dadurch nicht mit erheblichen, ihm nicht zumutbaren Aufwendungen belastet; ihm verbleibt lediglich ein Aufwand, der auch allen anderen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung zugemutet wird (BayVerfGH, E.v. 8.10.2012 - Vf. 14-VII-07 - BayVBl 2013, 367). Ebenso wenig begründet die Fürsorgepflicht des Dienstherrn einen Anspruch des Beamten auf Übernahme von Kosten der privaten Krankenversicherung oder eine Verpflichtung des Dienstherrn, sich an den Versicherungsbeiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung zu beteiligen (BayVerfGH, E.v. 8.10.2012 a. a. O.).

Der im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) angelegte Vertrauensschutz ist ebenfalls nicht verletzt. Der Beamte darf gerade im Beihilferecht, wo schon in der Vergangenheit vielfach Änderungen eingetreten sind und mit weiteren Änderungen zu rechnen war, nicht ohne Weiteres auf den unveränderten Fortbestand einer ihm günstigen Regelung vertrauen (BVerfG, B.v. 7.11.2002 - 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225; BayVerfGH, E.v. 8.10.2012 a. a. O.; E.v. 24.6.2008 - Vf. 3-VII-07 - VerfGHE 61,140). Im Übrigen bestand für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und deren familienversicherte Angehörige - und so auch für den Kläger und seine Angehörigen - die Möglichkeit, im Rahmen einer dauernden Öffnungsaktion des Verbandes der privaten Krankenversicherungen eine private Krankenversicherung abzuschließen. Die an der Öffnungsaktion beteiligten privaten Krankenversicherungsunternehmen sahen dabei keine altersmäßige Begrenzung vor; zudem wurde kein Antragsteller aus Risikogründen abgelehnt und ggf. erforderliche Risikozuschläge wurden auf maximal 30 v. H. begrenzt. Auch wenn im Einzelfall die Beiträge zu einer beihilfekonformen privaten Krankenversicherung im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung höher sein können, wird dafür auch ein höherer Leistungsstandard versichert (vgl. LT-Drs. 15/6302 S. 6 f.).

2. Soweit der Kläger einen Verfahrensverstoß gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO rügt, indem er geltend macht, die Gründe seien - soweit sie überhaupt aus dem Gesamtergebnis der Verhandlung gewonnen wurden, § 108 VwGO - im Urteil nicht vollständig ausgeführt, hat er diesen Zulassungsgrund schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt. Denn über die konkrete Bezeichnung des Verfahrensmangels hinaus ist auch darzulegen, inwiefern die Entscheidung des Verwaltungsgerichts - abgesehen von den Fällen des § 138 VwGO - auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Daran fehlt es hier. Unabhängig davon ist ein Verfahrensverstoß nicht ersichtlich, da das Verwaltungsgericht über den gemäß § 117 Abs. 5 VwGO zulässigen Verweis auf die zutreffende Begründung in den jeweiligen Widerspruchsbescheiden hinaus den entscheidungserheblichen Vortrag unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gewürdigt hat. Ein Eingehen auf sämtliche im Verlauf des Verfahrens vorgebrachten Aspekte, wie vom Kläger ohne konkrete Darlegung derselben gefordert, ist nicht erforderlich.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Festsetzung des Streitwerts: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG (mangels anderweitiger Anhaltspunkte wie Vorinstanz).

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 14 B 13.654

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 14. Juli 2015

14. Senat

(VG München, Entscheidung vom 12. August 2010, Az.: M 17 K 10.939)

Sachgebietsschlüssel: 1335

Hauptpunkte: Beihilfe für Beamte des Freistaats ...; Zulässigkeit eines grundsätzlichen Ausschlusses der Beihilfefähigkeit von Brillen für Erwachsene (verneint).

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Freistaat ...,

vertreten durch: Landesanwaltschaft ..., L-str. ..., M.,

- Beklagter -

wegen Beihilfe (Aufwendungen für Sehhilfe);

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 14. Senat, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Klein, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Siller aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Juli 2015 am 14. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 15. September 2009 verpflichtet‚ dem Kläger für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille Beihilfe in Höhe von 232‚40 Euro zu gewähren.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der zum maßgeblichen Zeitpunkt mit einem Bemessungssatz von 70% beihilfeberechtigte Kläger‚ ein zwischenzeitlich im Ruhestand befindlicher Universitätsprofessor‚ begehrt Beihilfeleistungen für eine Gleitsichtbrille.

Der vom Kläger aufgesuchte Arzt für Augenheilkunde hat mit Datum 22. Juli 2009 Gleitsichtgläser mit folgenden Werten verordnet: Ferne Rechts: Sph -12.5, cyl -1.5, A 140°, RA 4 Prismen Basis innen; Ferne Links: Sph -4.5, cyl -1.25, A 34°, LA 6 Prismen Basis unten; Nähe Rechts: Sph -10.0, cyl -1.5, A 140°, RA 4 Prismen Basis innen; Nähe Links: Sph -2.0, cyl -1.25, A 34°, LA 6 Prismen Basis unten. Dem augenärztlichen Attest vom 22. Dezember 2009 ist zu entnehmen, dass beim Kläger eine Myopia per magna (ca. -13 dpt.) bestehe, zusätzlich orthoptisch eine Exophorie in der Nähe -8°, Ferne -3° und eine musculus obliquus inferior overaction links mehr als rechts sowie eine Hyotropie, die eine Prismenkorrektur erforderlich mache, da sonst Doppelbilder entstünden. Bei bester Korrektur betrage die Sehschärfe rechts 0.8, links 1.0. Ohne Brille sei der Kläger nicht arbeitsfähig und wesentlich sehbehindert.

Der Kläger beantragte am 10. September 2009 Beihilfe für eine Nah-‚ eine Fern- und eine Gleitsichtbrille unter Vorlage von drei Rechnungen jeweils vom 14. August 2009 in Höhe von 336‚50 Euro‚ 296 Euro und 923‚50 Euro. Mit Bescheid vom 15. September 2009 lehnte der Beklagte die Gewährung von Beihilfe für die genannten Rechnungen unter Hinweis auf die Nichterstattungsfähigkeit der Aufwendungen für Sehhilfen gemäß § 22 Abs. 1 BayBhV ab. Eine der Indikationen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV, die ausnahmsweise die Erstattung der Aufwendungen für Sehhilfen nach Vollendung des 18. Lebensjahres erlaube‚ liege nicht vor. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch half der Beklagte mit Schreiben vom 19. Februar 2010 nicht ab; vom Erlass eines förmlichen Widerspruchsbescheids wurde abgesehen.

Die vom Kläger erhobene Verpflichtungsklage auf Beihilfegewährung „für die Sehhilfe“ wies das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 12. August 2010 ab. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die Sehhilfen zu. Die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 BayBhV‚ der eine Gewährung von Beihilfe für Sehhilfen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen vorsehe‚ lägen nicht vor. Das Gericht halte die Vorschrift nicht für verfassungswidrig und verneine einen Anspruch des Klägers aus der Fürsorgepflicht. Das gegenwärtig praktizierte System der Beihilfe gehöre nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und werde daher nicht durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistet. Die Fürsorgepflicht ergänze die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Sie erfordere‚ dass der Dienstherr den amtsangemessen Lebensunterhalt der Beamten und deren Familien auch in besonderen Belastungssituationen‚ wie Krankheit und Pflegebedürftigkeit, sichere. Er müsse dafür Sorge tragen‚ dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet blieben‚ die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten könnten. Dies sei auf Grundlage des gegenwärtig praktizierten „Mischsystems“ zu beurteilen‚ in dem zur Eigenvorsorge des Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung trete. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlange weder‚ dass Aufwendungen der Beamten im Krankheitsfall durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und der ergänzenden Beihilfe vollständig abgedeckt würden‚ noch dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar seien. Der Dienstherr sei durch die Fürsorgepflicht in ihrem von Art. 33 Abs. 5 GG erfassten Kernbereich grundsätzlich nicht daran gehindert‚ im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Brillen halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens. Die Leistungsbegrenzung für erwachsene Personen überfordere einen Beamten (speziell auch den Kläger) finanziell grundsätzlich nicht, zumal Aufwendungen für Sehhilfen nur in größeren zeitlichen Abständen anfielen und durch eine private Krankenversicherung grundsätzlich versichert werden könnten. Unter dem Gesichtspunkt des Sparzwangs der öffentlichen Haushalte sowie unter dem Gesichtspunkt‚ dass für die zu leistende ergänzende Beihilfe nicht auf ein traditionelles Anspruchsniveau der Beamtenschaft abgestellt werden könne‚ könne die Leistungsbegrenzung für erwachsene Personen bzw. die Einschränkung auf sehr schwere Augenleiden nicht als Verletzung der Fürsorgepflicht im Wesenskern angesehen werden. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen‚ dass die Beihilfevorschriften der Beschränkung für Sehhilfen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nachgebildet worden seien.

Im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beschränkte der Kläger seine Klage auf die Gewährung von Beihilfe für die Gleitsichtbrille in bestimmter Höhe.

Der Kläger beantragt‚

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 abzuändern und unter Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 15. September 2009 den Beklagten zu verpflichten‚ für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille Beihilfe in Höhe von 232‚40 Euro zu gewähren.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zwinge die Verfassung den Verordnungsgeber neben der „quantitativen“ auch zur Beachtung einer „qualitativen“ Belastungsgrenze. Der Ausschluss gewisser Hilfsmittel von der Beihilfe liege mindestens dann außerhalb des ihm zustehenden Ermessensspielraums‚ wenn sie unmittelbar die Dienstfähigkeit sicher stellten‚ deren Erhalt der Kläger - wie jeder Beamte - seinem Dienstherrn unabhängig von seiner Besoldung schon unter Treuegesichtspunkten schulde. Der Verweis auf einen angeblichen „öffentlichen Sparzwang“ sei kein stichhaltiges Argument. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts‚ es bestehe keine verfassungsrechtliche Verpflichtung‚ den Beamten in Krankheitsfällen Unterstützungen in Form von Beihilfen oder gar von Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren‚ werde nicht beigepflichtet. Vielmehr sei eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Dienstherrn zur Gewährung von Beihilfe unbestritten und er habe lediglich ein Ermessen‚ solange er die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern nicht verletze. Auch aus Gründen des „Sparzwangs der öffentlichen Haushalte“ dürfe den Beamten kein Sonderopfer zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auferlegt werden. Nicht ersichtlich sei‚ auf welches „traditionelle Anspruchsniveau“ sich das Verwaltungsgericht berufe. Das Argument‚ die Beschränkung der Beihilfe nur für „sehr schwere Augenleiden“ sei der Angleichung an die gesetzliche Krankenversicherung geschuldet‚ könne keine Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht rechtfertigen. Im Rahmen der Beihilfe sei zu beachten‚ dass der Kläger die Sehhilfe zur Herstellung seiner Dienstfähigkeit benötige. Der Dienstherr habe sich prinzipiell an den Kosten aller Hilfsmittel zu beteiligen‚ die zum Ausgleich einer Behinderung erforderlich seien‚ erst recht wenn sie zur Herstellung der Dienstfähigkeit unerlässlich seien. Der Verordnungsgeber habe indessen unsachlich und willkürlich zwischen verschiedenen Stufen der Blindheit differenziert‚ wobei ohne Hilfsmittel weder in den im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV berücksichtigten Indikationen noch im Falle des Klägers eine Dienstfähigkeit gegeben sei. Einschränkungen der Beihilfe seien nur dann möglich‚ wenn dadurch die Dienstfähigkeit nicht in Frage gestellt werde.

Der Beklagte beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert, das Verwaltungsgericht habe die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Brillen durch § 22 BayBhV mit zutreffenden Erwägungen für verfassungsgemäß gehalten. Die Begrenzung halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums abgeleiteten Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens, ohne die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern zu verletzen. Denn die Fürsorgepflicht verpflichte den Dienstherrn nicht, zu jeglichen Aufwendungen, die aus Anlass einer Krankheit oder Behinderung entstünden, Beihilfen zu leisten. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass bereits nach „alter“ Rechtslage (bis zum 1.1.2004) erhebliche Beschränkungen im Hinblick auf die Beihilfegewährung bei Sehhilfen bestanden hätten. So seien schon damals Höchstbeträge für Brillengläser festgesetzt gewesen und es habe zeitliche Grenzen und medizinische Voraussetzungen für die Neubeschaffung von Sehhilfen gegeben. Damit hätten Beihilfeberechtigte erhebliche Aufwendungen bei der Anschaffung von Sehhilfen selbst tragen bzw. sich auf das Entstehen solcher Aufwendungen z. B. durch den Abschluss privater Versicherungen einstellen müssen. Es könne davon ausgegangen werden, dass die weitgehende Leistungsausgrenzung von erwachsenen Personen bei der Beihilfegewährung im Bereich der Sehhilfen diese grundsätzlich finanziell nicht überfordere, zumal die Aufwendungen nur in größeren zeitlichen Abständen anfielen und Sehhilfen auch relativ günstig zu erwerben bzw. durch Ergänzungstarife bei privaten Versicherungen abzudecken seien. Es sei auch zu beachten, dass die „neuen“ Beihilfevorschriften im Bereich der Sehhilfen denjenigen der gesetzlichen Krankenversicherung nachgebildet seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand der Entscheidung ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Antrag des Klägers, ihm Beihilfe für die Aufwendungen für die Gleitsichtbrille, beschränkt auf die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge, zu gewähren. Darin liegt - bezogen auf den vorangegangenen Sachantrag - keine Teilrücknahme der Berufung oder der Klage. Das Klage- und Berufungsbegehren des Klägers zielt im Kern darauf, die Wirksamkeit des Ausschlusses der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen durch die Beihilfeverordnung gerichtlich klären zu lassen. Dabei ging es ihm von Anfang an maßgeblich um die Erstattungsfähigkeit der Gleitsichtbrille, die er für die Ausübung seiner Tätigkeit als Dozent als unabdingbar erachtet. Von daher ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Sachantrag lediglich als Konkretisierung des Begehrens des Klägers zu verstehen.

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die Aufwendungen zur Anschaffung der Gleitsichtbrille in Höhe von 232,40 Euro (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts war entsprechend abzuändern und der Bescheid vom 15. September 2009 insoweit aufzuheben.

I.

Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (st. Rspr., vgl. statt aller BVerwG, U. v. 2.4.2014 - 5 C 40.12 - NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9). Ob und inwieweit der Kläger für die von ihm geltend gemachten Aufwendungen die Gewährung einer Beihilfe beanspruchen kann, beurteilt sich daher nach der auf der Grundlage des Art. 86a des Bayerischen Beamtengesetzes (i. d. F. d. Bek. v. 8.12.2006, GVBl. S. 987 - BayBG a. F.) erlassenen Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl. S. 15), die in den hier einschlägigen Teilen bis heute unverändert geblieben ist.

II.

Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf Beihilfe für die ihm ärztlich verordnete Sehhilfe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 und § 22 Abs. 1 BayBhV. Ein wirksamer Ausschluss der Beihilfefähigkeit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV liegt nicht vor.

1. Der Kläger war zum maßgeblichen Zeitpunkt als aktiver Beamter zu 70% beihilfeberechtigt (§ 46 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV).

2. Die Aufwendungen des Klägers sind beihilfefähig gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BayBhV. Die Beihilfefähigkeit erstreckt sich danach grundsätzlich nur auf medizinisch notwendige und der Höhe nach angemessene Aufwendungen. Die Notwendigkeit der Aufwendungen für die dem Kläger schriftlich verordnete (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 2 BayBhV) Gleitsichtbrille sowie die wirtschaftliche Angemessenheit dieser Aufwendungen stehen zwischen den Beteiligten - wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof bestätigt hat - nicht in Streit. Diese in Zweifel zu ziehen hat der Senat keinen Anlass.

3. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayBhV sind medizinisch notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen nur unter der Voraussetzung beihilfefähig, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sieht die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen - beschränkt auf die in Absätzen 2 bis 6 genannten Höchstbeträge - nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres vor (Nr. 1 der Vorschrift). Für Volljährige sind Aufwendungen für Sehhilfen nur bei Vorliegen bestimmter Diagnosen beihilfefähig (Nr. 2 der Vorschrift). Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Diagnosen: Buchst. a - Blindheit beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.0; Buchst. b - Blindheit eines Auges und Sehschwäche des anderen Auges - Diagnoseschlüssel H 54.1; Buchst. c - gravierende Sehschwäche beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.2; Buchst. d - erhebliche Gesichtsfeldausfälle. Es besteht Einigkeit zwischen den Beteiligten, dass keiner dieser Diagnoseschlüssel auf den Kläger zutrifft. Auch hier hat der Senat keinen Anlass, dies in Zweifel zu ziehen.

4. Die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV vorgenommene Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen führt im Ergebnis zu einem grundsätzlichen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene. Dieser Ausschluss ist nicht wirksam.

a) Die Wirksamkeit des Ausschlusses bzw. der Beschränkung ist nicht, wie der Kläger meint, unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, dass er nur unter Einsatz der Gleitsichtbrille Vorlesungen halten könne und infolgedessen der Dienstherr aus Gründen der Fürsorge verpflichtet sei, dieses Hilfsmittel im Rahmen der Beihilfe zu berücksichtigen, um die Dienstfähigkeit des Klägers zu erhalten. Denn die Notwendigkeit einer medizinischen Maßnahme beurteilt sich ausschließlich nach dem allgemeinen Lebensbereich des Beihilfeberechtigten, d. h. nach den gewöhnlichen, im Regelfall vorkommenden Lebensverhältnissen und Aktivitäten. Auf besondere berufliche Anforderungen ist hierbei nicht abzustellen (vgl. BayVGH, B. v. 14.5.2014 - 14 ZB 13.2658 - juris Rn. 10; BVerwG, U. v. 15.12.1983 - 2 C 66.81 - ZBR 1984, 274; OVG NW, B. v. 3.2.2012 - 1 A 1249/10 - juris Rn. 6).

b) Der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit für Sehhilfen für Volljährige nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV bzw. deren Beschränkung auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV verstößt jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche - wie sie beim Kläger laut augenärztlichem Attest vom 22. Dezember 2009 unzweifelhaft vorliegt - gegen das in § 45 Satz 1 BeamtStG für die Beamten der Länder einfachgesetzlich geregelte und in Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgeprinzip, wonach der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten (auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses) zu sorgen hat.

aa) Die Gewährung von Beihilfen findet ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (st. Rspr., vgl. z. B. BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89/99; BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 18; B. v. 18.1.2013 - 5 B 44.12 - juris Rn. 7). Dieser muss Vorkehrungen treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfälle nicht gefährdet wird. Ob er diese Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen. Entscheidet sich der Dienstherr, seiner Fürsorgepflicht durch die Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, so muss er gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann. Die verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgepflicht hindert den Dienstherrn grundsätzlich nicht, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Denn die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht fordert keine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheits-, Geburts-, Pflege- oder Todesfällen, die durch die Leistungen einer beihilfenkonformen Krankenversicherung nicht gedeckt sind (st. Rspr., vgl. u. a. BVerfG, B. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89/101; BVerwG, U. v. 28.5.2008 - 2 C 1.07 - Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 26; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23).

Eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall zu gewährleisten bedeutet nicht, dass der Dienstherr die Aufwendungen eines ärztlich verordneten Hilfsmittels in jedem Fall erstatten muss. Er kann grundsätzlich bestimmte Hilfsmittel ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet. Nach dem gegenwärtigen System aber nicht ausschließbar sind Aufwendungen, wenn der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existenzieller Bedeutung oder notwendig ist, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 20; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23; U. v. 31.1.2002 - 2 C 1.01 - Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1 S. 3). In diesen Fällen ist der nicht zur Disposition des Dienstherrn stehende Wesenskern der Fürsorgepflicht mit der Folge betroffen, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen werden darf. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht ist wegen des Zusammenhangs mit der sich ebenfalls aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Alimentationspflicht des Dienstherrn außerdem verletzt, wenn der Beihilfeberechtigte infolge eines für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen vorgesehenen Leistungsausschlusses oder einer Leistungsbegrenzung mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (BVerwG, U. v. 26.3.2015 - 5 C 8.14 - juris Rn. 36 m. w. N.).

bb) Dies zugrunde gelegt, ist der in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommene Beihilfeausschluss im Hinblick auf den Personenkreis der Erwachsenen, der wie der Kläger eine gravierende Sehschwäche hat, unwirksam. Die Aufwendungen des Klägers für die Gleitsichtbrille sind erforderlich, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigen zu können. Der Kläger hat gravierende Sehbeeinträchtigungen sowohl im Nah- als auch im Fernbereich. Ohne die entsprechende Korrektur wäre er nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Er wäre weder in der Lage, elementarer Körperpflege incl. Rasur hinreichend nachzukommen, noch hätte er ausreichende Mobilität, um Erledigungen innerhalb und außerhalb seiner häuslichen Umgebung wie auch Einkäufe tätigen zu können. Die Fähigkeit, das jeweilige Umfeld bzw. Dinge visuell ausreichend wahrnehmen zu können, zu lesen, fernzusehen und den Computer zu bedienen und sich damit visuell die erforderlichen Informationen verschaffen zu können bzw. auch schriftlich zu kommunizieren, sind grundlegend und unverzichtbar, um am täglichen Leben, das auch das berufliche Aufgabenfeld umfasst, teilnehmen zu können. Ohne die erforderliche Sehhilfe wäre all dies für den Kläger nicht gewährleistet. Nach eigenem Bekunden ist sein erster Griff nach dem Aufwachen der zu seiner Brille, da er sich ansonsten nur tastend durch die eigene Wohnung fortbewegen könne. Bei den Aufwendungen des Klägers handelt es sich nicht um Kosten, die ihrer Art nach bei typisierender Betrachtung dem Bereich der allgemeinen Lebensführung bzw. des allgemeinen Wohlbefindens zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 21; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl. 2008, 1193 Rn. 23). Sie dienen vielmehr dem Ausgleich einer gravierenden Sehbehinderung. Die Aufwendungen für eine Sehhilfe sind auch nicht nur mittelbare Folgekosten einer Krankheit (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 a. a. O.). Das Erfordernis einer Sehhilfe stellt sich vielmehr als unmittelbare Folge einer gravierenden Sehschwäche dar. Sehhilfen sind Hilfsmittel, deren Beihilfefähigkeit die Beihilfeverordnung selbst - jedenfalls im Grundsatz - vorsieht (vgl. § 22 BayBhV).

Anders als bei der vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten weiteren Fallgruppe eines unzulässigen Leistungsausschlusses, wonach der Beihilfeberechtigte nicht mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleiben darf, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (vgl. z. B. U. v. 26.3.2015 - 5 C 8.14 - juris Rn. 36 m. w. N.), darf bei zur Bewältigung der wesentlichen Verrichtungen des täglichen Lebens unverzichtbaren Hilfsmitteln nicht auf die Höhe der Beschaffungskosten für das Hilfsmittel abgestellt werden. Würde man die Beihilfefähigkeit von unverzichtbaren Hilfsmitteln von der Höhe der jeweiligen Beschaffungskosten abhängig machen, könnte dies zu einer vollständigen Aushöhlung dieser vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten Fallgruppe führen. Denn dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber würde die Möglichkeit eröffnet, unverzichtbare, aber verhältnismäßig billige oder langlebige Hilfsmittel wie z. B. Anzieh-/Ausziehhilfen, Aufrichteschlaufen oder Gehhilfen (vgl. Anlage 4 zu § 21 Abs. 1 BayBhV) von der Beihilfefähigkeit auszuschließen. Dies wäre mit dem Fürsorgegrundsatz nicht zu vereinbaren. Die Kosten einer Brille stellen zudem, jedenfalls bei gravierender Sehschwäche, keine der Höhe nach zu vernachlässigenden Aufwendungen dar, wie im Falle des Klägers - ca. 930 Euro nur für die Gläser - deutlich wird.

cc) An den genannten Anforderungen an die Fürsorgepflicht ändert nichts, dass nach dem Vortrag des Beklagten in dem zum 1. Januar 2007 eingeführten bayerischen Beihilferecht die für die Erstattungsfähigkeit von Sehhilfen geltenden Beihilferegelungen des Bundes übernommen worden sind, die seit dem Jahr 2004 aus Gründen der Gleichbehandlung der Beihilfeberechtigten mit den gesetzlich Krankenversicherten eine Erstattung von Aufwendungen für Sehhilfen für Erwachsene nur bei Vorliegen bestimmter Indikationen vorsahen. Denn die Sicherungssysteme „gesetzliche Krankenversicherung“ und „private Eigenvorsorge mit ergänzender Beihilfe“ weisen grundlegende Strukturunterschiede auf (vgl. BVerfG (Kammer), B. v. 28.2.2008 - 1 BvR 1778/05 - juris Rn. 3; BVerwG, U. v. 5.5.2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 17). Sie unterscheiden sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen. Aus diesem Grund wird das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG durch Unterschiede bei der Leistungsgewährung in aller Regel nicht verletzt. Erst recht vermag das Bestreben nach einer Angleichung der Systeme Eingriffe in den durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht nicht zu rechtfertigen (BVerwG, U. v. 26.6.2008 - 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 Rn. 18). Zudem gilt es zu bedenken, dass Art. 96 BayBG bzw. die Vorgängerregelung Art. 86a BayBG a. F. im Gegensatz zu der entsprechenden bundesgesetzlichen Regelung des § 80 BBG (siehe dort Absatz 4) keinen völligen oder teilweisen Ausschluss von Arznei- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Recht der Krankenversicherung - vorsieht.

c) Nach alledem ist der Teilausschluss jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche nichtig. Dies kann der Senat selbst feststellen. Eine Vorlage an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof, der auch bayerische Gesetze im materiellen Sinn überprüft (Art. 65, 92 BV), ist nicht erforderlich, weil § 22 Abs. 1 BayBhV zwar gegen die Bayerische Verfassung verstößt (Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV), aber auch bereits wegen eines Verstoßes gegen die einfachgesetzlich in § 45 BeamtStG geregelte Fürsorgepflicht unwirksam ist (vgl. Schulz in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 92 BV Rn. 14).

III.

Der Kläger hat auch Anspruch auf Gewährung von Beihilfe in der begehrten Höhe für die Anschaffung der Gleitsichtbrille. Nicht entscheidungserheblich und daher nicht zu klären ist vorliegend, ob die in § 22 Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge mit höherrangigem Recht vereinbar sind, weil der Kläger seinen Antrag entsprechend beschränkt hat. Der für den Kläger einschlägige Höchstbetrag errechnet sich nach übereinstimmender Auffassung der Parteien wie folgt:

Rechtes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BayBhV Mehrstärkenglas cyl. - 92,50 €; § 22 Abs. 2 Nr. 2 BayBhV Gläserstärke über +/- 6 dpt. - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 3 BayBhV - Multifokalglas - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 4 BayBhV Glas mit prismatischer Wirkung - 21 €; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayBhV Mehraufwendungen für Leichtglas bei Gläserstärke ab +/- 6 dpt. - 21 €, insgesamt 176,50 €.

Linkes Brillenglas: § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BayBhV Mehrstärkenglas cyl. - 92,50 €; § 22 Abs. 2 Nr. 3 BayBhV - Multifokalglas - 21 €; § 22 Abs. 2 Nr. 4 BayBhV Glas mit prismatischer Wirkung - 21 €; § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayBhV bei Anisometropie ab 2 dpt. - 21 €, insgesamt 155,50 €. Der Höchstbetrag beläuft sich damit auf 332 Euro. Unter Zugrundelegung des Beihilfesatzes von 70% ergibt sich die dem Kläger zustehende und beantragte Beihilfeleistung von 232,40 Euro.

IV.

Offenbleiben - weil nicht mehr entscheidungserheblich - kann, ob die in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV geregelte Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene nur für die dort aufgenommenen Diagnosen bzw. der daraus folgende Beihilfeausschluss für alle anderen Arten der Sehschwäche gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob Art. 86a Abs. 5 BayBG a. F., der dem Art. 96 Abs. 5 BayBG entspricht, eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für den in § 22 Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommenen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Volljährige bzw. die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf das Vorliegen einiger weniger Diagnosen darstellt.

Nach alledem war der Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2010 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 232,40 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.