Verwaltungsgericht Trier Urteil, 01. Feb. 2018 - 2 K 12306/17.TR

bei uns veröffentlicht am01.02.2018

Es wird festgestellt, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, dem Kläger zu untersagen, bei der Etikettierung von deutschem Qualitätswein des Anbaugebietes „Pfalz" die Angaben „K.B." oder „Sankt Paul” bzw. „S.P." zu verwenden, wenn auf dem Rückenetikett angegeben ist „...Schweigener Sonnenberg...", „...Gewachsen auf Kalksteinfelsen mit schwer lehmigtoniger Auflage. Vergoren in offenen Bottichen. Gereift in besten Eichenholzfässern" bzw. „Eichenfässchen", „Gefüllt ohne Filtration...".

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 V. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten darum, ob der Beklagte berechtigt ist, dem Kläger zu untersagen, in der Etikettierung von deutschem Qualitätswein des Anbaugebietes Pfalz die Angaben „K.B." oder „Sankt Paul" bzw. „S.P." zu verwenden.

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Der Kläger betreibt ein Weingut in Schweigen (Pfalz), das unmittelbar an der französischen Grenze liegt. Einige der vom Kläger bewirtschafteten Weinberge befinden sich jenseits der Grenze auf französischem Boden. Der Beklagte gestattete dem Kläger zuletzt mit Bescheid vom 18. Juli 2012, seine von französischen Weinbergen stammenden Weine, die er in seinem Betrieb in der Pfalz ausbaut, als Qualitätswein aus der Pfalz zu vermarkten. Er legte zugleich die Lagenbezeichnung „Schweigener Sonnenberg" für diese Weine fest und erlaubte dem Kläger, die bewirtschafteten Rebflächen und die daraus gewonnenen Erzeugnisse mit für die Gemeinde Schweigen zulässigen Bezeichnungen (Ortswein, Großlage und Bereich) zu vermarkten.

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Der Kläger vermarktete seine Weine, die aus Trauben aus der Katasterlage „Kammerberg“ in Frankreich hergestellt wurden, in der Vergangenheit unter der Bezeichnung „Kammerberg“. Weine, die aus Trauben der französischen Katasterlage „Paulin“ stammten, bezeichnete er als „Sankt Paul“. Im Internet wies er zudem darauf hin, dass die Weine von den gleichnamigen französischen Lagen stammten. Die Verwendung dieser Bezeichnungen war Gegenstand eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger. Das Verfahren wegen Vergehens gegen das Weingesetz, insbesondere wegen des Verwendens von unzulässigen geografischen Angaben, wurde im März 2017 gegen Geldzahlung eingestellt. Der Kläger stellte die Vermarktung seiner Weine von den Parzellen „Kammerberg“ und „Paulin“ unter den Bezeichnungen „Kammerberg“ und „Sankt Paul“ ein.

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Unter dem 22. Februar 2017 fragte der Kläger beim Beklagten schriftlich an, ob er seine Weine, die aus Trauben von den französischen Parzellen „Kammerberg“ und „Paulin“ hergestellt werden, mit den Angaben „K.B.“ sowie „Sankt Paul“ bzw. „S.P.“ kennzeichnen dürfe. Er beschrieb zugleich, welche Begleittexte er für die Präsentation der Weine im Internet vorsah. „Sankt Paul“ sei lediglich ein Heiligenname, der für sich genommen nicht auf eine geografische Herkunft des Weines hindeute. Es gebe auch keine Gewanne, die so heiße. Schon deswegen scheide eine geografische Herkunftsbezeichnung aus. Auf dem Rückenetikett der Weine sei zudem die genehmigte Lagenbezeichnung „Schweigener Sonnenberg“ aufgebracht, sodass der Verbraucher keine Veranlassung dazu habe, unter den vorgesehenen Bezeichnungen weitere Herkunftsangaben zu verstehen.

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Der Beklagte beantwortete die Anfrage des Klägers unter dem 6. April 2017, indem er ausführte, dass es sich bei den vom Kläger vorgesehenen Bezeichnungen nicht um Fantasiebezeichnungen handle. Unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Außendarstellung der Weine durch den Kläger selbst sowie durch Dritte folge, dass es Herkunftsangaben seien. Zudem erfolge die Verwendung französischer Lagenbegriffe entgegen § 4 Abs. 3 WeinG und sei damit unzulässig.

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Der Kläger hat am 2. Oktober 2017 Klage erhoben und verfolgt sein Begehren aus dem Verwaltungsverfahren weiter. Er führt zur Begründung der Klage weiter aus, dass die Angabe „K.B.“ aus sich heraus nicht als geografische Herkunftsangabe zu verstehen sei, denn es handle sich schlicht um zwei Buchstaben, die nichts weiter aussagten. Ihre Bedeutung lasse sich allenfalls aus dem Kontext erschließen. Auf der Etikettierung selbst lasse sich hierzu jedoch nichts ableiten, denn auf dem Rückenetikett heiße es: „K.B. gewachsen auf Kalksteinfelsen mit schwer lehmig- toniger Auflage. Vergoren in offenen Bottichen. Gereift in besten Eichenholzfässern. Gefüllt ohne Filtration." Im Internet finde sich die Beschreibung: „Der K.B. stammt von französischen Boden. Ein steil nach Süden geneigte Hang führt nach Weißenburg hinunter, auf das frühe mittelalterliche Benediktinerkloster zu. Seinen Äbten verdankt dieser besondere Wein seinen außergewöhnlichen Ruf - und seinen Namen. Sie schätzten seine Qualität so sehr, dass sie die Weine als ihre „Kammerweine" im Klosterkeller lagerten. (...)“. Ein Hinweis auf eine bestimmte Herkunft, etwa eine Parzelle, lasse sich hieraus nicht ableiten. So verhalte es sich auch mit den Angaben „Sankt Paul“ oder „S.P“. Aus der Etikettierung der so benannten Weine ergebe sich nichts, was auf die geografische Herkunft der Weine schließen lasse. Die Bewerbung der Weine unter Bezugnahme auf die geografischen Einheiten „Kammerberg“ und „Paulin“ habe er eingestellt, nachdem das strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen ihn durchgeführt worden sei. Er habe auch veranlasst, dass die Werbung Dritter unter Hinweise auf diese Parzellen gelöscht werde. Für die Ermittlung dessen, was nach § 23 WeinG auf dem Etikett stehen dürfe, könne die Werbung im Internet nicht herangezogen werden.

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Der Kläger beantragt,

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festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, ihm zu untersagen, in der Etikettierung von deutschem Qualitätswein des Anbaugebietes „Pfalz“ die Angaben „K.B.“ oder „Sankt Paul“ bzw. „S.P.“ zu verwenden, wenn dies auf dem Etikett wie nachstehend abgebildet geschieht:

Abbildung

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen

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Es liege ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Weingesetzes vor, weil die Genehmigung zur Vermarktung der Weine aus französischen Anbaugebieten sich lediglich auf die Einzellagenbezeichnung „Schweigener Sonnenberg“ beziehe. Es würden Namen kleinerer geografische Einheiten genannt, die nicht genannt werden dürften. Die Bezeichnungen „K.B“. sowie „Sankt Paul“ bzw. „S.P.“ seien unzulässige geografische Herkunftsangaben. Der Kläger habe die Bezeichnungen „Kammerberg“ und „Sankt Paul“ in der Vergangenheit in der Außendarstellung seiner Weine im Internet selbst als Lagenamen verwendet. Im Rahmen einer Gesamtschau seines Internetauftritts sowie der Beschreibung der Weine auf der Internetseite des Verbandes Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) handle es sich bei den Bezeichnungen um die Abkürzungen der auf französischem Boden belegenen Gewannen bzw. Lagen und nicht um bloße Fantasiebezeichnungen. Darüber hinaus liege ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot vor. Der Hinweis auf eine engere geografische Herkunft sei, selbst wenn sie in der Sache zutreffend sein sollte und der Wein von diesem Teil der Erdoberfläche stamme, dann irreführend, wenn dem Erzeugnis die Angabe rein rechtlich nicht zustehe, da hiermit der Wein innerhalb des seit 2009 geltenden Qualitätssystems falsch positioniert werde. Das Qualitätssystem sei dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher bekannt und für seine Kaufentscheidung mitbestimmend. Hinzu komme, dass Fantasiebezeichnungen ohnehin nicht verwendet werden dürften, wenn sie irreführend seien.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die Gegenstand mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig (1.) und begründet (2.).

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1. Die Klage, über die die Kammer gem. § 52 Nr. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - als örtlich zuständiges Gericht zu entscheiden hat, ist als Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Hiernach kann vom Kläger die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Vorliegend begehrt der Kläger die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, also einer rechtlichen Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache (vgl. OVG RP, Urteil vom 7. Dezember 2016 - 8 A 10482/16 -, juris Rn. 23; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 23. Auflage, 2017, § 43 VwGO, Rn. 11, m.w.N.). Er möchte feststellen lassen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, ihm zu untersagen, die von ihm vorgesehenen Bezeichnungen „K.B.“ sowie „Sankt Paul" bzw. „S.P.“ bei der Etikettierung von Qualitätsweinen zu verwenden, die aus Trauben aus den in Frankreich belegenen Parzellen „Kammerberg“ und „Paulin“ hergestellt worden sind und unter der Ursprungsbezeichnung „Pfalz“ vermarktet werden.

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Die Klage ist auch nicht gem. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO ausgeschlossen, weil der Kläger seine Rechte durch eine Gestaltungsklage verfolgen könnte oder hätte verfolgen können, die gegen die am 18. Juli 2012 erteilte Genehmigung zu richten wäre. Die Feststellungsklage wird trotz der allgemeinen Fassung des Absatzes 2 der Vorschrift durch die genannte Klageart nur dann ausgeschlossen, wenn der Rechtsschutz des Klägers durch sie in zumindest gleichem Umfang und mit gleicher Effektivität erreicht würde (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 VwGO, Rn. 29, m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Kläger konnte einerseits weder aufgrund des Wortlautes bzw. der Systematik des § 4 Abs. 3 WeinG noch aufgrund des Inhaltes der ihm gem. § 4 Abs. 3 WeinG erteilten Genehmigung erkennen, dass es der Genehmigung von Fantasiebezeichnungen bedürfe, was letztlich auch nicht der Fall ist. Der Beklagte hat die zur Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Begriffe gestellte Anfrage des Klägers auch lediglich im Rahmen einer „Auskunft“ beantwortet und ihn nicht auf ein etwaiges Genehmigungserfordernis hingewiesen (vgl. Bl. 25ff. der Verwaltungsakte, insbesondere Bl. 29). Hier kommt hinzu, dass dem Kläger spätestens nach seiner Anfrage bekannt war, dass es sich bei den streitgegenständlichen Bezeichnungen nach Ansicht des Beklagten nicht um Fantasiebezeichnungen, sondern um geografische Herkunftsangaben handeln soll. Zur Klärung der Rechtsnatur der Bezeichnungen einerseits, sowie der Frage eines etwaigen Genehmigungserfordernisses andererseits, war die Feststellungsklage für den Kläger das effektivste Instrument.

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Der Kläger verfügt auch über das erforderliche Rechtsschutzinteresse, weil er nicht in zumutbarerer Weise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann. Der Verweis auf ein repressives Verfahren kommt vor dem Hintergrund der Garantie wirksamen Rechtsschutzes in Artikel 19 Abs. 4 GG insbesondere dann nicht in Betracht, soweit der Kläger damit auf die ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe in einem eingeleiteten Straf- oder Bußgeldverfahren verwiesen würde. Es ist ihm nicht zuzumuten, die Klärung einer verwaltungsrechtlichen Zweifelsfrage „von der Anklagebank herab" zu führen (vgl. OVG RP, Urteil vom 7. Dezember 2016 - 8 A 10482/16 -, juris Rn. 25, m.w.N.). Der Beklagte ist der Auffassung, dass der Kläger durch die Angaben der Bezeichnungen „K.B." sowie „Sankt Paul" bzw. „S.P." auf den Etiketten seiner von den französischen Parzellen „Kammerberg" und „Paulin" stammenden Weine gegen weinrechtliche Vorschriften verstößt und sieht damit den Tatbestand zumindest einer Ordnungswidrigkeit nach § 50 Weingesetz vom 1. September 1994 in der Fassung vom 18. Januar 2011 (BGBl I 2011,66) - WeinG - verwirklicht.

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2. Die Klage ist auch begründet. Der Beklagte ist nicht berechtigt, dem Kläger die streitgegenständliche Ausstattung der betreffenden Weine zu untersagen. Das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Präsidenten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier, ist richtiger Beklagter (a.). Die vom Kläger verwandte Etikettierung ist nicht zu beanstanden (b.).

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a. Richtiger Beklagter für das Begehren des Klägers ist das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Präsidenten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier. Diese Behörde wäre gemäß § 1 Abs. 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Weinrechts vom 12. Oktober 2011 (GVBl. S. 382) - WeinRZuStV - für den Erlass einer Untersagungsverfügung zuständig. Nach § 31 Abs. 7 WeinG i.V.m. den dort genannten Bestimmungen des § 39 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches - LFGB - trifft die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zum Schutz vor Täuschung erforderlich sind. Sie kann gem. § 39 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 LFGB insbesondere das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken (vgl. OVG RP, Urteil vom 11. September 2013 - 8 A 10219/13. OVG -; VG Trier, Urteil vom 9. März 2016 - 5 K 3540/15.TR -, Rn. 23; jeweils juris). Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 WeinG dürfen Erzeugnisse, die den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft, dem Weingesetz oder den aufgrund des Weingesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht entsprechen, nicht in Verkehr gebracht, eingeführt oder ausgeführt werden, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. Eine hier denkbare Untersagungsverfügung wäre auf diese Vorschrift zu stützen, weshalb der Beklagte zuständig wäre.

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b. Vorliegend geben die vom Kläger beim Vertrieb seiner Weine vorgesehenen Bezeichnungen indessen keinen Anlass zu rechtlichen Beanstandungen durch den Beklagten, weil sie nicht gegen das Verkehrsverbot des § 27 Abs. 1 Satz 1 WeinG verstoßen. Hiernach dürfen Erzeugnisse, die den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union, dem Weingesetz oder den auf Grund des Weingesetztes erlassenen Rechtsverordnungen nicht entsprechen, nicht in den Verkehr gebracht, eingeführt oder ausgeführt werden, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. Die Angaben „K.B." bzw. „Sankt Paul" und „S.P." werden nicht durch die Vorgaben des § 23 Abs. 1 WeinG ausgeschlossen (aa.). Ihre Verwendung verstößt auch nicht gegen § 4 Abs. 3 Satz 3 WeinG (bb.). Die streitgegenständlichen Bezeichnungen sind schließlich auch mit den Vorschriften über das Verbot der Irreführung vereinbar (cc.).

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aa. Die vom Kläger vorgesehenen Bezeichnungen sind nicht durch § 23 WeinG ausgeschlossen, weil es sich hierbei nicht um die Namensangaben bestimmter geografischer Einheiten handelt. Alleine deren Verwendung wird jedoch durch § 23 WeinG eingeschränkt.

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Die Etikettierung der streitgegenständlichen Weine des Klägers muss § 23 WeinG entsprechen, weil sie als Qualitätsweine aus dem Anbaugebiet „Pfalz" im Sinne des § 3 Abs. 1 WeinG gekennzeichnet sind. Nach § 23 WeinG dürfen bei Erzeugnissen, die mit dem Namen eines bestimmten Anbaugebietes gekennzeichnet sind, der, wie hier, als Ursprungsbezeichnung geschützt ist, zusätzlich zu den aufgrund der für den Weinbau und die Weinwirtschaft anwendbaren Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorgesehenen Namen des bestimmten Anbaubaugebietes nach Artikel 120 Absatz 1 Buchstabe g) der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, nur die in § 23 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 WeinG genannten Angaben gemacht werden.

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Gemäß Artikel 120 Verordnung (EG) Nr. 1308/2013 können bei Erzeugnissen, die eine geschützte Ursprungsbezeichnung verwenden, zusätzlich bestimmte Angaben „fakultativ", also freiwillig, auf das Erzeugnis - hier den Wein - (vgl. Anhang VII Teil II Nummer 1) aufgebracht werden. Nach § 120 Abs. 1 Buchst. g) der Verordnung kann die Kennzeichnung und Aufmachung von Wein, insbesondere für Weine mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung, den Namen einer anderen geografischen Einheit umfassen, die kleiner oder größer ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung oder geografischen Angabe zugrunde liegt. Artikel 120 der Verordnung ist im Zusammenhang mit Artikel 119 der Verordnung zu verstehen, der die obligatorischen Angaben für bestimmte Erzeugnisse vorsieht.

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Der nationale Gesetzgeber hat die Kennzeichnungsvorschriften in § 23 WeinG auf der Grundlage der Artikel 67 Abs. 2 Satz 2 und 70 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 der Kommission vom 14. Juli 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates hinsichtlich der geschützten Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben, der traditionellen Begriffe sowie der Kennzeichnung und Aufmachung bestimmter Weinbauerzeugnisse (ABl. L 193 S. 60), zuletzt geändert durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 753/2013 der Kommission vom 2. August 2013 (ABl. L 210 S. 21), erlassen, die Artikel 120 Abs. 1 Buchst. g der VO (EG) Nr. 607/2009 ergänzen. Artikel 70 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 607/2009 ermöglicht es den Mitgliedstaaten für in ihrem Hoheitsgebiet hergestellte Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung oder geografischer Angabe, dass die Angaben nach Artikel 67 der Verordnung zwingend vorgeschrieben, verboten oder hinsichtlich ihrer Verwendung eingeschränkt werden, indem mit den jeweiligen Produktspezifikationen der Weine Bedingungen eingeführt werden, die strenger sind als diejenigen, die die Verordnung selbst vorsieht (vgl. dazu Rathke/Boch, in: Lebensmittelrecht, Band I, Juni 2017, 166. Ergänzungslieferung, Vor 22b WeinG, Rnrn. 11 und 117ff.). Artikel 67 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 enthält Ausführungsvorschriften für die gemäß Artikel 120 Abs. 1 Buchst. g) der Verordnung (EG) Nr. 1308/2013 geregelten fakultativen Angaben des Namens einer anderen geografischen Einheit, die kleiner oder größer ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung oder geografischen Angabe zugrunde liegt, für Weine mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung oder einer geschützten geografischen Angabe. Aus Artikel 67 Abs. 3 der Verordnung folgt, dass der „Name einer geografischen Einheit" die namentliche Bezeichnung einer der unter Artikel 67 Abs. 3 Buchstaben a) bis d) der Verordnung genannten geografischen Einheiten meint.

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Wegen des Vorrangs gemeinschaftsrechtlicher Regelungen sowie des Grundsatzes der Warenverkehrsfreiheit sind Kennzeichnungsvorschriften der Mitgliedsstaaten nur zulässig, soweit den Mitgliedstaaten eine entsprechende Befugnis eingeräumt worden ist (vgl. Rathke/Boch, a.a.O., Vor § 22b WeinG, Rn. 117). Daher regelt § 23 WeinG lediglich die Angabe weiterer geografischer Namensabgaben im Bereich geschützter geografischer Ursprungsbezeichnungen. Nach § 22b Abs.1 b) WeinG ist die geografische Bezeichnung gekennzeichnet durch die Namensangabe einer geografischen Einheit. Eine geografische Angabe ist hiernach im Sinne des Artikels 93 der Verordnung Nr. 1308/2013 nur anzunehmen, wenn sie den Namen einer Gegend, eines bestimmten Ortes oder in gerechtfertigten Ausnahmefällen auch eines Landes meint, der zur Bezeichnung eines Erzeugnisses im Sinne des Artikels 92 Abs. 1 der Verordnung dient und bestimmte Vorgaben erfüllt - Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347, S. 671), geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 1310/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 (ABl. L 347, S. 865) und berichtigt (ABl. L 189, S. 261) - (vgl. hierzu auch VG Würzburg, Urteil vom 30. April 2015 - W 3 K 13.534 -, juris Rnrn. 47ff.).

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Hiervon ausgehend sind die streitgegenständlichen Angaben keine geografischen Herkunftsbezeichnungen. Insbesondere nach Artikel 67 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 besteht der Name einer geografischen Einheit, die kleiner oder größer ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung zugrunde liegt, aus zwei Elementen: (1.) einem Namen und (2.) einer bestimmten geografischen Einheit im Sinne von Art. 67 Abs. 3 a) - d) der Verordnung, auf die sich der Name bezieht. Es handelt sich weder bei „K.B." noch bei „Sankt Paul" bzw. „S.P." um die Namen bestimmter geografischer Einheiten. Namen sind nach einer aktuellen wissenschaftlichen Definition „verbale Zugriffindizes auf eine bestimmte Informationsmenge über ein Individuum. Sie sind einer Person, einem Gegenstand oder einer organisatorischen Einheit zugeordnete Informationen, die der Identifizierung und Individualisierung dienen sollen" (vgl. Internet: https://de.wikipedia.org/wiki/Name, zuletzt besucht am 1. Februar 2018). Die Namen der geografischen Einheiten, von denen die Weine stammen, sind - so ist es auch in der Kartierung des französischen Weinbaugebietes erkennbar (vgl. Bl. 36 der Strafakte) - „Kammerberg" bzw. „Paulin". Die Buchstabenkombinationen „K.B." und „S.P." bzw. der Namen „Sankt Paul" dienen im Gegensatz dazu allgemein nicht der Bezeichnung dieser Parzellen. Zumindest bei isolierter Betrachtung ist auch nicht erkennbar, dass diese Bezeichnungen sich auf die benannten Parzellen beziehen. Die Buchstabenkombinationen sind zwar durchaus als Abkürzungen erkennbar. Für sich genommen ist jedoch nicht ersichtlich, für welche Worte die Abkürzungen stehen sollen. So könnte man ohne weitere Information beispielsweise auch eine Anlehnung an den Namen einer Person vermuten. Bei der Bezeichnung „Sankt Paul" kommt hinzu, dass sie dem Namen „Paulin" auch in seiner Übersetzung aus dem Französischen ins Deutsche nicht entspricht. „Sankt Paul" heißt auf Französisch nicht „Paulin", sondern „Saint Paul". Damit fehlt den vom Kläger verwandten Bezeichnungen ohne Berücksichtigung eines weiteren Kontextes der notwendige Konnex zwischen dem Namen und der damit bezeichneten geografischen Einheit.

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Grundsätzlich ist zwar zu erwarten, dass der Verkehr einen Lagenamen geografischer Herkunftsangaben aus sich heraus als eine ihm geläufige Lagenbezeichnung identifizieren oder aus anderen Gründen ohne unmittelbaren örtlichen Bezug als geografischen Herkunftshinweis auffassen kann (BGH, Urteil vom 10. August 2000 - I ZR 126/98 -, juris Rn. 38, m.w.N.). Auch dann jedoch, wenn ein weiterer Kontext für die Beurteilung dieser Frage berücksichtigt würde und die gesamte Etikettierung zur Interpretation der Bezeichnungen in den Blick genommen würde (vgl. BayVGH, Urteil vom 11. Mai 2017 - 20 B 16.203 -, juris Rn. 45; VG Trier, Urteil vom 9. März 2016 - 5 K 3540/15.TR -, juris Rn. 39), könnten die streitgegenständlichen Bezeichnungen nicht als geografische Bezeichnungen verstanden werden.

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Für das Verständnis der Angaben der Etikettierung kommt es - wie auch im Rahmen der Irreführungseignung derselben - hauptsächlich auf die mutmaßlichen Erwartungen eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers mit einer gewissen Allgemeinbildung an. Es zählt also weder das Verständnis des flüchtigen Verbrauchers noch - dies ist vorliegend entscheidend - dasjenige des Weinkenners (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2008 - 3 C 5.08 -, Rn. 32; OVG RP, Urteil vom 22. Oktober 2008 - 8 A 10809/08.OVG -, Rn. 23, jeweils juris). Dem durchschnittlichen Verbraucher wird, auch unter Berücksichtigung der gesamten Ausstattungen der entsprechenden Weine, ein Konnex zwischen den streitgegenständlichen Bezeichnungen und bestimmten geografischen Einheiten nicht erkennbar. Der Verbraucher findet auf dem Rückenetikett lediglich eine allgemein gehaltene Beschreibung der Qualität der Böden sowie Hinweise zur Methode der Herstellung, die für sich genommen keine Rückschlüsse auf eine bestimmte geografische Einheit zulassen. Hieraus sowie der ebenfalls vorhandenen Lagenbezeichnung „Schweigener Sonnenberg“ ist nicht einmal erkennbar, dass die Weintrauben aus Frankreich stammen.

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Es ist allein aufgrund einer Inaugenscheinnahme der Ausstattung des Weines zu beurteilen, ob es sich bei einer Bezeichnung um eine geografische Herkunftsangabe handelt oder nicht. Soweit aus den Informationen zu den Weinen im Internet folgt, dass es sich bei den streitgegenständlichen Bezeichnungen um geografische Herkunftsangaben handle, sind diese nicht zu berücksichtigen. Der durchschnittliche Verbraucher wird ohne die zusätzlichen Informationen zur Beschreibung im Internet, die der Kläger sowie Dritte in der Vergangenheit verwendet haben, den Zusammenhang zwischen der streitgegenständlichen Bezeichnung und bestimmten geografischen Einheiten nicht erkennen. Die Kennzeichnungsvorschriften erfassen solche Informationen nicht, die sich im Internet befinden und dem Verbraucher bei seiner Kaufentscheidung damit nicht unmittelbar zugänglich sind. Dies folgt aus der Tatsache, dass sich die Artikel 117ff. der VO (EU) 1308/2013 auf die Kennzeichnung der Waren beziehen, zu der die Angaben im Internet nicht zählen. Nach der Definition in Artikel 117 Buchst. a) der VO (EU) 1308/2013 sind Kennzeichnungen die Angaben, Bezeichnungen, Hersteller- oder Handelsmarken, Abbildungen oder Zeichen auf Verpackungen, Dokumenten, Schildern, Etiketten, Ringen oder Verschlüssen, die einem Erzeugnis beigefügt sind oder sich auf dieses beziehen. Beigefügt sind Dokumente immer dann, wenn sie dem Zugriff in gleicher Weise unterliegen, wie die Ware selbst (vgl. Rathke/Boch, a.a.O., Vor § 22 b WeinG, Rn. 24.). Auf ein Erzeugnis beziehen sich Dokumente usw., wenn sie eine Aussage mit einer allgemein erkennbaren Bedeutung enthalten, die im sachlichen Zusammenhang mit dem betreffenden Erzeugnis steht. Nicht erfasst ist Werbung, die sich, wie hier, nicht auf Dokumenten, Schildern, Etiketten, Ringen oder Verschlüssen - also bspw. im Internet - befindet (vgl. Rathke/Boch, a.a.O., Vor § 22 b WeinG, Rn. 24). Hier kommt hinzu, dass der Kläger die Information aufgrund des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, das gegen ihn geführt worden ist, eingestellt und zusätzlich darauf hingewirkt hat, dass auch Dritte dies tun.

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bb. Es handelt sich bei den vom Kläger vorgesehenen Bezeichnungen um Fantasiebezeichnungen. Durch ihre Verwendung verstößt der Kläger nicht gegen § 4 Abs. 3 Satz 3 WeinG, weil die Verwendung von Fantasiebezeichnungen nicht genehmigungsbedürftig im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 1 WeinG ist.

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Bei den streitgegenständlichen Bezeichnungen, die keinen geografischen Bezug aufweisen, handelt es sich um Fantasiebezeichnungen, also um solche Bezeichnungen, die nach dem allgemeinen Sprachgebrauch für den Gegenstand der Bezeichnung nicht üblich, sondern erfunden sind (vgl. zu Sankt Paul: VG Würzburg, Urteil vom 30. April 2015 - W 3 K 13.534 -, juris Rn. 75). Da sie nicht auf eine geografische Herkunft verweisen, bleibt ihre Bedeutung auf eine Bezeichnung des Weines selbst beschränkt. Die Verwendung solcher Bezeichnungen ist grundsätzlich erlaubt, soweit sie nicht irreführend ist. Dies gilt insbesondere auch, soweit dem Kläger vorliegend eine Erlaubnis zur Verarbeitung von französischen Trauben erteilt worden ist.

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Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 WeinG kann die zuständige Behörde des Landes, in dem der Wein hergestellt werden soll, dem Inhaber eines grenznahen Weinbau- oder Weinherstellungsbetriebes, der eine jenseits der Grenze belegene grenznahe Rebfläche bewirtschaftet, genehmigen, dass dieser oder der Inhaber eines anderen grenznahen Weinherstellungsbetriebes die im Ausland geernteten Weintrauben im Inland zur Herstellung von Wein verwendet. Nach § 4 Abs. 3 Satz 3 WeinG wird die Bezeichnung des Weines in der Genehmigung festgelegt.

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Durch Bescheid vom 18. Juli 2012 hat der Beklagte dem Kläger gem. § 4 Abs. 3 WeinG für die Bewirtschaftung grenznaher Rebflächen in der französischen Gemeinde Wissembourg (Weißenburg), in Erweiterung des Bescheides vom 21. November 2000, mit dem ihm erlaubt worden war, die aus grenznahen Rebflächen in der französischen Gemeinde Weißenburg unter der Einzellagenbezeichnung „Schweigener Sonnenberg“ zu vermarkten, erlaubt, die bewirtschafteten Flächen und die hieraus gewonnenen Erzeugnisse mit für die Gemeinde Schweigen zulässigen Bezeichnungen (Ortswein, Großlage und Bereich) zu vermarkten.

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Zwar wird hier gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3 WeinG in der Genehmigung die Bezeichnung des Weines festgelegt. Diese Festlegung bezieht sich jedoch ausschließlich auf geografische Bezeichnungen (vgl. auch Rathke/Boch, a.a.O., § 4 WeinG, Rn. 15a) und schließt die Rechtmäßigkeit der Verwendung etwaiger vom Genehmigungsinhaber gewünschter Fantasiebezeichnungen nicht aus. Da der Wortlaut der Norm offen ist und lediglich die Festlegung der „Bezeichnung“ des Weines erwähnt, sind Sinn und Zweck der Regelung in den Blick zu nehmen. § 4 Abs. 3 WeinG ist als Ausnahme zu § 4 Abs. 1 WeinG zu verstehen, wonach zur Herstellung von inländischem Wein und anderen Erzeugnissen aus inländischen Weintrauben für andere Zwecke als zur Destillation nur solche Weintrauben verwendet werden dürfen, die auf Rebflächen im Inland erzeugt wurden, die zulässigerweise mit Reben bepflanzt sind. Die Besonderheit des § 4 Abs. 3 WeinG besteht darin, dass es hiernach (ausnahmsweise) möglich ist, Wein, der aus Trauben hergestellt worden ist, die von im Ausland belegenen grenznahen Rebflächen stammen (hier: Weissenburg/Elsaß) und in der Bundesrepublik Deutschland zu Wein verarbeitet worden sind (hier: Schweigen/Pfalz), als inländischer Wein bezeichnet werden darf (vgl. Rathke/Boch, a.a.O., § 4 WeinG, Rn. 9). In diesem Zusammenhang - die Vorschrift befindet sich im Abschnitt über die Anbauregeln - ist auch die gem. § 4 Abs. 3 Satz 3 WeinG vorgesehene Festlegung der Bezeichnung des Weines zu verstehen, die ob der Besonderheit der geografischen Herkunft der Weintrauben von außerhalb der Bundesrepublik Deutschland die behördliche Festlegung einer Herkunftsbezeichnung überhaupt erst erforderlich macht. Es ist kein Bedürfnis erkennbar, darüberhinausgehend auch Fantasiebezeichnungen zu genehmigen und festzulegen. Vor dem Hintergrund, dass die Verpflichtung zur Einholung einer Genehmigung hinsichtlich der Bezeichnung grundsätzlich einen Eingriff in die subjektiven Rechte des Klägers darstellt, wäre ein legitimer Zeck einer solchen Regelung jedoch erforderlich. Auch der Beklagte hat in seinem Bescheid vom 18. Juli 2012 lediglich eine Festlegung hinsichtlich der geografischen Herkunftsbezeichnung des Weines, getroffen (Ortswein, Großlage und Bereich), sich mit der Bezeichnung des Weines im Übrigen jedoch nicht auseinandergesetzt und eine diesbezügliche Regelung damit auch nicht getroffen.

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cc. Von den streitgegenständlichen Fantasiebezeichnungen geht die Gefahr einer Irreführung des Verbrauchers nicht aus. Die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Bezeichnungen unterliegt den Vorschriften über das Verbot der Irreführung von Verbrauchern. Fantasiebezeichnungen sind als „nicht geregelte fakultative Angaben" (vgl. hierzu Rathke/Boch, a.a.O., Vor § 22b WeinG, Rnrn. 8, 116) ausschließlich an den Vorgaben über die Irreführungseignung zu messen. Nicht geregelte fakultative Angaben sollen nach den europarechtlichen Vorschriften grundsätzlich zulässig sein, es sei denn sie sind irreführend.

35

§ 25 WeinG ist zwar nicht anwendbar und für den Begriff der Irreführung kommt es auf dessen gemeinschaftsrechtliche Bedeutung an, weil die gemeinschaftsrechtliche Regelung durch europäisches Verordnungsrecht getroffen ist, das unmittelbar gilt; sie ist abschließend und lässt damit keinen Raum für nationale Regelungen (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2008 - 3 C 5/08 - juris Rn. 32). § 25 WeinG gilt jedoch zumindest weiter als tatbestandliche Grundlage der Straf- und Bußgeldvorschriften des Weingesetzes, die durch europarechtliche Vorschriften nicht verdrängt werden (vgl. OVG RP, Urteil vom 21. April 2015 - 8 A 10050/15 -, juris Rn. 36; Rathke/Boch, a.a.O., § 25 WeinG, Rn. 9). Überdies stimmt das bundesrechtliche Irreführungsverbot weitgehend mit dem europarechtlichen Irreführungsverbot überein (vgl. auch VG Würzburg, a.a.O., Rn. 88). Ein Verstoß gegen § 25 WeinG schließt einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 ein, auf die Art. 118 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1308/2013 verweist (Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (ABl. L 304, S. 18), zuletzt geändert durch die delegierte Verordnung (EU) Nr. 78/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014 (ABl. L 27, S. 7; vgl. OVG RP, a.a.O.). Dabei wird auf den Durchschnittsverbraucher abgestellt und auch die Werbung im Internet berücksichtigt (vgl. Rathke/Boch, a.a.O., § 25 WeinG, Rn. 46).

36

Hiervon ausgehend sind die vom Kläger verwandten Bezeichnungen für den maßgeblichen Verbraucher nicht irreführend. Die Angaben sind insbesondere keine Fantasiebezeichnungen, die geeignet sind, fälschlich den Eindruck einer geografischen Herkunftsangabe zu erwecken, § 25 Abs. 3 Nr. 3 a) WeinG. Mit diesem Tatbestand soll verhindert werden, dass durch eine Fantasiebezeichnung der Adressat dieser Bezeichnung den Eindruck gewinnt, das Erzeugnis stamme aus einem bestimmten geografischen Gebiet, obgleich dies unzutreffend ist (vgl. Rathke/Boch, a.a.O., § 25 WeinG, Rn. 128). Die geografische Herkunft ist bei zahlreichen Erzeugnisses für ihre Wertschätzung von erheblicher Bedeutung. Die Fantasiebezeichnungen des Klägers lassen bei entsprechendem Hintergrundwissen zwar erkennen, dass die durch sie bezeichneten Weine aus den Trauben bestimmter geografischer Einheiten stammen. Der Verbraucher wird diesbezüglich jedoch nicht getäuscht, weil die Weine tatsächlich diesen Einheiten entstammen. Der Kläger nimmt gerade keine Angabe vor, die auf andere geografische Einheiten hindeuten und dem Verbraucher damit fälschlich „vorgaukeln“, der Wein stamme einer bestimmten „Adresse" (vgl. hierzu VG Würzburg, a.a.O., Rn. 69). Durch die Verwendung des Heiligennamens „Sankt Paul“ wird keine Irreführung über die geografische Herkunft ausgelöst. Es gibt im Inland zwar zahlreiche Weinorte, die nach Heiligen benannt sind (vgl. Rathke/Boch, a.a.O., § 25 WeinG, Rn. 132). Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass es einen Ort gibt, der als „Sankt Paul“ bezeichnet wird. Soweit einige Heiligennamen auch als Lagenbezeichnung verwendet werden, genügt dies für sich genommen nicht für die Annahme, jeglicher Heiligenname erwecke automatisch den Eindruck einer geografischen Herkunftsbezeichnung, weil der Bedeutungsgehalt eines Heiligennamens ein weiterer ist.

37

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

38

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11,711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.

39

Es liegen keine Gründe vor, nach § 124a Abs. 1 VwGO die Berufung zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch liegt eine Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vor.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

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Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:1.In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder

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Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.


Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie einen aromatisierten weinhaltigen Cocktail, der mit der Angabe „Hugo mit Chardonnay-Sekt mit natürlichem Holunderblütensaft, aromatisierter weinhaltiger Cocktail mit mindestens 51 % Chardonnay-Sekt“ versehen ist, vertreiben darf.

2

Die Klägerin betreibt eine Sektkellerei. In diesem Rahmen stellt sie auch aromatisierte Weinerzeugnisse her. Hierzu gehört ein aromatisierter weinhaltiger Cocktail, der zu 51 % aus Chardonnay-Sekt besteht. Dem Produkt werden darüber hinaus 0,5 % Holunderblütensirup und weitere Aromen zugesetzt. Das Getränk ist allgemein unter der Bezeichnung „Hugo“ bekannt. Das Vorderetikett trägt die Aufschrift „Hugo mit Chardonnay-Sekt und natürlichem Holunderblütensirup“. Auf dem Rückenetikett der Getränkeflaschen findet sich ebenfalls die Angabe „Hugo mit Chardonnay-Sekt und natürlichem Holunderblütensirup“. Darunter ist in kleinerer Schrift ausgeführt: „Aromatisierter weinhaltiger Cocktail mit mindestens 51 % Chardonnay-Sekt“.

3

Mit Schreiben vom 25. Januar 2016 wandte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin an den Beklagten und wies darauf hin, dass er die entsprechende Ausstattung der Klägerin gegenüber freigegeben habe. Die Auffassung des Beklagten, dass aromatisierte Weinerzeugnisse ein Zutatenverzeichnis tragen müssten, wenn in der Etikettierung nicht nur auf die Hauptgeschmacksrichtung hingewiesen werde, sondern einzelne Zutaten benannt würden, sei ihm nicht bekannt gewesen. Mit Schreiben vom 3. Februar 2016 verwies der Beklagte unter Hinweis auf den Schriftwechsel bezüglich des Produktes „F...“ darauf, dass der Klägerin die Anforderungen an die Etikettierung vor Abfüllung des Produktes „Hugo“ bekannt gewesen seien. Unter der Bezeichnung „F...“ vertreibt die Klägerin einen aromatisierten weinhaltigen Cocktail, der neben Sekt als Zutat Holunderblüte, Himbeere oder Erdbeere enthält. Hierzu hatte der Beklagte ihr gegenüber im September 2015 die Auffassung vertreten, dass bei Aufzählung mehrerer Zutaten auf dem Vorderetikett ein Zutatenverzeichnis erforderlich sei, das alle Zutaten in absteigender Menge bezeichne. Bezüglich des Produkts „Hugo“ könne er daher einem unbeschränkten Abverkauf nicht zustimmen. Zudem habe er seine Rechtsauffassung in einem Schreiben vom 25. September 2015 an den Bundeskellereienverband dargelegt. Da er in einem unvollständigen Zutatenverzeichnis die Möglichkeit einer Irreführung sehe, behalte er sich die Abgabe des Falles an die Staatsanwaltschaft vor. Die Klägerin vertrat demgegenüber mit Schreiben vom 11. Februar 2016 die Auffassung, dass nicht jede Angabe einer oder mehrerer Zutaten ein Zutatenverzeichnis im Sinne der Lebensmittelinformationsverordnung darstelle. Die Benennung einzelner Zutaten lasse kein Zutatenverzeichnis entstehen, soweit es sich um freiwillige zusätzliche Informationen handele.

4

Am 22. Februar 2016 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie dargelegt hat, die Rechtsauffassung des Beklagten sei unzutreffend. Für das von ihr hergestellte Produkt „Hugo“ sei ein Zutatenverzeichnis nicht erforderlich. Es unterliege lediglich dem Erfordernis der mengenmäßigen Angabe von Zutaten. Durch diese Angabe entstehe aber kein unvollständiges Zutatenverzeichnis, das nur dann vorliege, wenn sämtliche Zutaten des Lebensmittels in absteigender Reihenfolge aufgezählt würden. Die Ausstattung des Produktes führe auch nicht zu einer Irreführung des Verbrauchers. Die Lebensmittelinformationsverordnung erwähne die Benennung einer oder mehrerer Zutaten in unterschiedlichen Zusammenhängen. So sei in der Verordnung einerseits vom Verzeichnis der Zutaten die Rede. Andererseits kenne die Verordnung die Angabe der „Menge bestimmter Zutaten oder Klassen von Zutaten“. Nicht jede Erwähnung einer oder mehrerer Zutaten lasse ein verkapptes Zutatenverzeichnis entstehen. Unstreitig sei, dass bei Angabe eines „Zutatenverzeichnisses“ auf dem Etikett dieses vollständig sein müsse. Gerade bei alkoholischen Getränken habe der Verordnungsgeber indessen keine Notwendigkeit für die Angabe eines Zutatenverzeichnisses gesehen. Daher spielten in diesem Zusammenhang weder der Gesundheitsschutz noch das Informationsbedürfnis des Verbrauchers eine Rolle.

5

Die Klägerin hat beantragt,

6

festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, die Ausstattung eines aromatisieren weinhaltigen Cocktails zu beanstanden, der mit der Angabe „Hugo mit Chardonnay-Sekt und natürlichem Holunderblütensirup, aromatisierter weinhaltiger Cocktail mit mindestens 51 % Chardonnay-Sekt“ gekennzeichnet ist, aber über kein ein Zutatenverzeichnis verfügt.

7

Der Beklagte hat beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Er vertritt die Auffassung, dass die freiwillige Angabe von Zutaten in gleicher Weise erfolgen müsse, wie die entsprechende Pflichtinformation. Die Lebensmittelinformationsverordnung kenne keine beschränkte Zutatenaufzählung. Ein Zutatenverzeichnis liege hiernach bereits dann vor, wenn eine Aufzählung von mindestens zwei Zutaten erfolge.

10

Das Verwaltungsgericht hat die beantragte Feststellung mit Urteil vom 14. April 2016 getroffen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage als allgemeine Feststellungsklage zulässig sei. Die Klage sei auch begründet. Die Lebensmittelinformationsverordnung enthalte keine normative Vorgabe dahingehend, dass bei Benennung von zwei Bestandteilen eines aromatisierten weinhaltigen Cocktails die Auflistung sämtlicher verwendeter Zutaten erforderlich sei. Ein Zutatenverzeichnis müsse für alkoholische Getränke ab 1,2 % vol. grundsätzlich nicht angebracht werden. Bei den von der Klägerin verwendeten Angaben handele es sich nicht um eine Pflichtinformation. Sie habe auch kein Zutatenverzeichnis erstellt. Die selektive Angabe zweier Bestandteile sei kein Zutatenverzeichnis. Die Verordnung sehe die Nennung einzelner Zutaten beispielsweise bei der Mengenangabe von Zutaten vor. Sie enthalte hingegen keine Regelung, wonach die Nennung einzelner Bestandteile die Pflichtangabe des Zutatenverzeichnisses auslöse. Die Etiketten und die Aufmachung des Produktes erwiesen sich auch nicht als irreführend. Der verständige Verbraucher werte die Angaben auf dem Etikett des Getränks nicht als Zutatenverzeichnis. Er erwarte auch nicht, dass das Produkt lediglich aus Sekt und Holunderblütensirup bestehe.

11

Am 23. Mai 2016 hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Er führt zur Begründung aus, dass die Ausstattung des von der Klägerin hergestellten aromatisierten weinhaltigen Cocktails nicht vollständig gewesen sei. Die freiwillige Angabe einer ansonsten obligatorischen Information müsse den Anforderungen an die verpflichtenden Angaben genügen. Sobald Zutaten aufgezählt würden, handele es sich um ein Zutatenverzeichnis, das den Anforderungen der Lebensmittelinformationsverordnung entsprechen müsse. Ein Zutatenverzeichnis sei immer dann anzunehmen, wenn eine Aufzählung von Zutaten vorliege. Dies sei indessen bei der Benennung von mindestens zwei Zutaten stets der Fall. Die aufgeworfene Rechtsfrage bedürfe einer Klärung durch den Europäischen Gerichtshof in einem Vorabentscheidungsverfahren.

12

Der Beklagte beantragt,

13

unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Trier die Klage abzuweisen.

14

Die Klägerin beantragt,

15

die Berufung zurückzuweisen.

16

Sie stellt darauf ab, dass maßgeblich sei, ob bei der Etikettierung das „Zutatenverzeichnis“ angegeben sei. Ein solches Verzeichnis liege nicht bereits bei Angabe einzelner Zutaten vor. Für die Nährwertdeklaration treffe Art. 30 Abs. 4 Lebensmittelinformationsverordnung eine Sonderregelung, die für das Zutatenverzeichnis nicht existiere.

17

Das Zutatenverzeichnis sei zudem in der Lebensmittelinformationsverordnung derart definiert, dass es aus einer Aufzählung sämtlicher Zutaten des Lebensmittels bestehe. Die Verordnung sehe als Korrektiv vor, dass freiwillige Angaben nicht irreführend sein dürften.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsakte verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Berufung bleibt erfolglos.

20

Das Verwaltungsgericht hat dem zulässigerweise geltend gemachten Feststellungsbegehren der Klägerin zu Recht stattgegeben.

21

1. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage ist zulässig.

22

a) Die Feststellungsklage ist nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Nach § 43 Abs. 1 kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

23

Die Klägerin begehrt die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Unter einem solchen Rechtsverhältnis ist die rechtliche Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache zu verstehen (W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 43 Rn. 11 m.w.N.). Die Klägerin will festgestellt wissen, dass das von ihr hergestellte und vertriebene Produkt „Hugo mit Chardonnay-Sekt und natürlichem Holunderblütensirup“ nicht mit einem vollständigen Zutatenverzeichnis zu versehen ist, und zielt damit auf das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab.

24

b) Ihr steht auch das Rechtsschutzinteresse zu, eine vorbeugende Feststellungsklage zu erheben.

25

Das Rechtsschutzinteresse für eine derartige Klage ist ausnahmsweise dann gegeben, wenn der Betroffene nicht in zumutbarerer Weise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann. Der Verweis auf ein repressives Verfahren kommt vor dem Hintergrund der Garantie wirksamen Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG insbesondere dann nicht in Betracht, wenn der Kläger damit auf die ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe in einem eingeleiteten Straf- oder Bußgeldverfahren verwiesen würde. Es ist ihm nicht zuzumuten, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen „von der Anklagebank herab“ zu führen. In diesem Fall besteht ein als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse, den Verwaltungsrechtsweg als sachnähere und fachspezifische Rechtsschutzform einzuschlagen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. April 2003 – 1 BvR 2129/02 –, NVwZ 2003, 856 und juris, Rn. 14; BVerwG, Beschluss vom 8. August 1988 – 3 B 91.87 –, LRE 22, 341 und juris, Rn. 4; Beschluss vom 24. Oktober 2013 – 7 C 13.12 –, LRE 67, 16 und juris, Rn. 41; VGH BW, Urteil vom 11. Februar 2010 – 9 S 1130/08 –, VBl. BW 2010, 325 und juris, Rn. 16; Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 31. EL 2016, § 43 Rn. 9 und 40; W.-R. Schenke, a.a.O., § 43 Rn. 24). Der Beklagte sieht den Tatbestand einer Strafvorschrift nach den §§ 48 und 49 WeinG oder zumindest einer Ordnungswidrigkeit nach § 50 WeinG verwirklicht, wenn die Klägerin den von ihr hergestellten aromatisierten weinhaltigen Cocktail mit der bisherigen Aufmachung in Verkehr bringen sollte, da er der Verwendung des aus seiner Sicht unvollständigen Zutatenverzeichnisses irreführenden Charakter beimisst. Der Klägerin ist es vor diesem Hintergrund aber nicht zuzumuten, den Ausgang eines Straf- oder Bußgeldverfahrens abzuwarten, um die von dem Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage zu klären.

26

2. Die Klage ist auch begründet.

27

Das Verwaltungsgericht hat die von der Klägerin beantragte Feststellung zu Recht getroffen. Die Klägerin war nicht verpflichtet, den von ihr hergestellten aromatisierten weinhaltigen Cocktail, der mit der Angabe „Hugo mit Chardonnay-Sekt und natürlichem Holunderblütensirup“ vertrieben wird, mit einem vollständigen Zutatenverzeichnis auszustatten.

28

a) Für dieses Produkt bestand auf der Grundlage des Art. 16 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel – Lebensmittelinformationsverordnung – LMIV – (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S 18) grundsätzlich keine Verpflichtung, ein Zutatenverzeichnis nach Art. 9 Abs. 1 Buchstabe b LMIV anzugeben. Nach dieser Bestimmung sind die Angaben des Verzeichnisses der Zutaten (Art. 9 Abs. 1 Buchstabe b LMIV) und die Nährwertdeklaration (Art. 9 Abs. 1 Buchstabe l LMIV) nicht verpflichtend für Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 % vol. Der von der Klägerin hergestellte aromatisierte weinhaltige Cocktail weist einen Alkoholgehalt von 5,9 % vol auf.

29

Das Produkt der Klägerin unterfällt auch der LMIV. Nach Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 251/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen sowie den Schutz geografischer Angaben für aromatisierte Weinerzeugnisse – VO (EU) Nr. 251/2014 – (ABl. L 84 vom 20.März 2014, S. 14) gilt die LMIV für die Aufmachung und Etikettierung aromatisierter Weinerzeugnisse, soweit in der VO (EU) Nr. 251/2014 keine abweichenden Bestimmungen festgelegt sind. Bei dem von der Klägerin hergestellten Getränk handelt es sich um einen aromatisierten weinhaltigen Cocktail i.S.v. Art. 3 Abs. 4 VO (EU) Nr. 251/2014 und damit um ein aromatisiertes Weinerzeugnis im Sinne dieser Vorschrift.

30

b) Besteht hiernach grundsätzlich keine Verpflichtung, für das von der Klägerin hergestellte aromatisierte Weinerzeugnis ein Zutatenverzeichnis anzugeben, so ergibt sich eine derartige Verpflichtung auch nicht aus anderen Vorschriften der LMIV.

31

aa) Die Verpflichtung zur Angabe eines Zutatenverzeichnisses ergibt sich insbesondere nicht aus Art. 36 Abs. 1 LMIV.

32

Art. 36 Abs. 1 LMIV sieht vor, dass Informationen über Lebensmittel, die gemäß den Art. 9 und 10 LMIV freiwillig bereitgestellt werden, den Anforderungen des Kapitels IV Abschnitte 2 und 3 der Verordnung entsprechen müssen. Eine Verpflichtung der Klägerin, ein vollständiges Zutatenverzeichnis zu erstellen, besteht indessen deshalb nicht, weil sie kein „Verzeichnis der Zutaten“ im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchstabe b LMIV freiwillig bereitgestellt hat.

33

Ein Zutatenverzeichnis ist nach Art. 18 Abs. 1 LMIV dadurch gekennzeichnet, dass ihm eine Überschrift oder eine geeignete Bezeichnung vorangestellt wird, in der das Wort „Zutaten“ erscheint. Zudem besteht das Zutatenverzeichnis aus einer Aufzählung sämtlicher Zutaten des Lebensmittels in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Herstellung des Lebensmittels. Hiernach kann von der freiwilligen Angabe eines Zutatenverzeichnisses nur dann gesprochen werden, wenn der Begriff „Zutaten“ in der Überschrift oder in einer dem Verzeichnis vorangestellten geeigneten Bezeichnung verwandt wird oder wenn ansonsten aus Sicht des Verbrauchers der Eindruck entsteht, dass der Lebensmittelunternehmer mit den bereitgestellten Informationen sämtliche Zutaten des Lebensmittels angegeben hat. Die Annahme eines freiwillig angegebenen Zutatenverzeichnisses kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf den Fall beschränkt werden, dass tatsächlich alle Zutaten eines Lebensmittels in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils aufgeführt werden.

34

Vielmehr ist auf den Verständnishorizont des Verbrauchers abzustellen, der mit den Angaben auf dem Etikett konfrontiert wird. Die Bestimmungen der LMIV sollen gerade der Information des Verbrauchers dienen. Er soll sich umfassend insbesondere über die gesundheitlichen Auswirkungen eines Produktes informieren können zwecks Vorbereitung einer fundierten Entscheidung für den Erwerb eines Produktes auf der Grundlage der für ihn hierfür maßgeblichen Erwägungen, die etwa gesundheitsbezogen, wirtschaftlich, umweltbezogen, sozial oder ethisch sein können (vgl. Art. 3 Abs. 1 LMIV und Erwägungsgrund Nr. 3 zur LMIV). Zudem sollen die Etiketten von Lebensmitteln klar und verständlich sein, um dem Verbraucher die erforderlichen Informationen als Grundlage seiner Entscheidung für bestimmte Lebensmittel und die gewünschte Ernährungsweise zu verschaffen (vgl. Erwägungsgrund Nr. 26 zur LMIV). Dieser auf den Verbraucher zugeschnittene und auf seine klare und umfassende Information abstellende Ansatz der LMIV legt es aber nahe, bei der Frage, ob ein freiwillig bereitgestelltes Zutatenverzeichnis gemäß Art. 36 Art. LMIV vorliegt, auf den Empfängerhorizont des – informierten und verständigen – Durchschnittsverbrauchers abzustellen (vgl. Voit/Grube, LMIV, 2. Aufl. 2016 Art. 7, Rn. 48 f.). Liegt aus seiner Sicht eines der Kriterien des Art. 18 Abs. 1 LMIV für ein Zutatenverzeichnis vor, so muss die Aufzählung insgesamt den Anforderungen dieser Vorschrift genügen. Nur so kann im Interesse des Verbrauchers die von Art. 36 Abs. 1 LMIV geforderte Einhaltung der Anforderungen insbesondere des 2. Abschnitts des Kapitels IV der LMIV sichergestellt werden.

35

Insoweit ist aber nicht allein auf das in Art. 36 Abs. 2 LMIV vorgesehene Irreführungsverbot abzustellen. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine allgemeine Anforderung an die Informationen über Lebensmittel, die neben spezielle, konkret formulierte Anforderungen an bestimmte Angaben über Lebensmittel treten. Dies wird auch an der Systematik der LMIV bei den verpflichtenden Angaben deutlich. Dem entsprechenden Kapitel IV werden in Kapitel III allgemeine Anforderungen an die Informationen über Lebensmittel vorangestellt, zu denen nach Art. 7 Abs. 1 LMIV auch das Irreführungsverbot gehört.

36

Stellt man hiernach auf den Verständnishorizont eines verständigen Verbrauchers ab, so ist hinsichtlich der von der Klägerin verwendeten Angaben nicht von der freiwilligen Bereitstellung eines „Verzeichnisses der Zutaten“ auszugehen.

37

Die Klägerin hat weder eine den Begriff der Zutaten enthaltende Überschrift verwandt. Noch entsteht aus Verbrauchersicht der Eindruck, dass sie sämtliche Zutaten des von ihr hergestellten aromatisierten weinhaltigen Getränks angegeben hat. Die beiden benannten Bestandteile des aromatisierten weinhaltigen Cocktails „Hugo“, nämlich Chardonnay-Sekt und Holunderblütensirup, lassen angesichts des Umstandes, dass der Anteil des Chardonnay-Sektes mit 51 % des Gesamtproduktes angegeben wird, nicht die Erwartung entstehen, dass der Holunderblütensirup in nahezu entsprechender Menge (49 %) vorhanden ist. Vielmehr entsteht bei einem informierten Verbraucher die Vorstellung, dass der Holunderblütensirup lediglich als Zugabe zur Geschmacksgebung verwendet wurde. Hierfür spricht auch der Umstand, dass bei der Benennung dieser Zutaten die Präposition „mit“ verwendet wurde. Diese Präposition bringt unmissverständlich zum Ausdruck, dass die beiden genannten Zutaten neben anderen Zutaten verwendet wurden.

38

Der Angabe von Chardonnay-Sekt und Holunderblütensirup kommt hiernach lediglich die Funktion zu, einzelne Bestandteile des Getränks hervorzuheben. Insoweit findet die der Rechtsauffassung des Beklagten zugrunde liegende pauschalierende Überlegung, dass bei Benennung von mehr als einem Bestandteil eines Produkts stets ein (unvollständiges) Zutatenverzeichnis vorliegt, in der Lebensmittelinformationsverordnung keine Stütze.

39

Gegen eine solche Annahme lässt sich wiederum die Systematik der LMIV anführen. So kennt diese Verordnung in Art. 9 Abs. 1 LMIV neben dem Zutatenverzeichnis weitere verpflichtende Angaben in Bezug auf Zutaten, ohne dass damit ein Zutatenverzeichnis erstellt würde. Art. 9 Abs. 1 Buchstabe d LMIV bestimmt etwa, dass die Menge bestimmter Zutaten oder Klassen von Zutaten verpflichtend anzugeben ist. Hiernach legt aber die Verordnung losgelöst vom Begriff des Zutatenverzeichnisses fest, dass auch mehrere Bestandteile eines Produktes als Zutaten angegeben werden können, ohne dass damit ein Zutatenverzeichnis erstellt wird. Die Angabe der Menge einer Zutat hat nach Art. 22 LMIV u.a. dann zu erfolgen, wenn die betreffende Zutat oder Zutatenklasse auf der Kennzeichnung durch Worte, Bilder oder eine grafische Darstellung hervorgehoben ist (Buchstabe b). Auf der Grundlage dieser Bestimmung war die Klägerin verpflichtet, die Menge des bei der Herstellung ihres aromatisierten weinhaltigen Cocktails „Hugo“ verwendeten Chardonnay-Sektes anzugeben, da dieser auf den Etiketten besonders erwähnt und drucktechnisch hervorgehoben wird. Nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten war eine Mengenangabe für den Holunderblütensirup, der in gleicher Weise hervorgehoben wird, gemäß Art. 22 Abs. 2 i.V.m. Anhang 8 LMIV nicht erforderlich, da es sich um eine Zutat handelt, die in kleinen Mengen zur Geschmacksgebung verwendet wird (Nr. 1 Buchstabe a, Nr. iii).

40

Im Übrigen ist der pauschalierende Ansatz des Beklagten, wonach ein Zutatenverzeichnis immer bei der Benennung von mindestens zwei Bestandteilen eines Produkts vorliegt, auch im Hinblick auf Art. 19 Abs. 1 Buchstabe e LMIV nicht zwingend. Hiernach ist ein Zutatenverzeichnis – ausnahmsweise – nicht erforderlich bei Lebensmitteln, die aus einer einzigen Zutat bestehen, soweit die Bezeichnung des Lebensmittels mit der Zutatenbezeichnung identisch ist oder die Bezeichnung des Lebensmittels eindeutig auf die Art der Zutat schließen lässt. Aus dieser Vorschrift kann demnach gefolgert werden, dass auch Zutatenverzeichnisse vorstellbar sind, wenn ein Produkt lediglich aus einer Zutat besteht und die genannten Voraussetzungen nicht vorliegen.

41

bb) Ein vollständiges Zutatenverzeichnis ist im Falle der Klägerin auch nicht im Hinblick nach Art. 36 Abs. 2 Buchstabe a LMIV erforderlich. Hiernach dürfen freiwillig bereitgestellte Informationen über Lebensmittel für die Verbraucher nicht irreführend i.S.d. Art. 7 LMIV sein. Art. 7 Abs. 1 Buchstabe a LMIV bezieht diese Vorgabe insbesondere auf die Eigenschaften des Lebensmittels. Es ist indessen nicht erkennbar, dass die Angaben auf den Etiketten des von der Klägerin vertriebenen Produktes „Hugo“ im Hinblick auf dessen Eigenschaften irreführend wären.

42

Was die Frage der Irreführung angeht, so ist auf die mutmaßliche Erwartung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen, die dieser in Bezug auf den Ursprung, die Herkunft und die Qualität des Lebensmittels hegt, wobei es hauptsächlich darauf ankommt, dass der Verbraucher nicht irregeführt und nicht zu der irrtümlichen Annahme verleitet wird, dass das Erzeugnis einen anderen Ursprung, eine andere Herkunft oder eine andere Eigenschaft als in Wirklichkeit hat (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015, Rechtssache C-195/14 [Amtsbl. C 236 vom 20. Juli 2015, S. 16, Rn. 36]; BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2012 – 3 B 87.11 –, LRE 64, 17 und juris, Rn. 4; VGH BW, Urteil vom 11. Februar 2010, a.a.O., juris, Rn. 31).

43

Nach dem oben Gesagten unterliegt der informierte und verständige Durchschnittsverbraucher keinem Irrtum in dem Sinne, dass die Vorstellung hervorgerufen wird, der aromatisierte weinhaltige Cocktail „Hugo“ bestehe ausschließlich aus den angegebenen Zutaten Chardonnay-Sekt und Holunderblütensirup. Zudem liegt keine Irreführung dahingehend vor, dass eine Fehlvorstellung über die Qualität der nicht erwähnten Zutaten und damit über die Wertigkeit des Gesamtproduktes hervorgerufen würde. Vielmehr wird der Verbraucher über die Zutaten informiert, die er als Bestandteile eines unter der Bezeichnung „Hugo“ vertriebenen Produktes erwartet, nämlich Sekt und Holunderblütensirup. Dass darüber hinaus eine Erwartung an bestimmte Eigenschaften und damit an die Qualität weiterer Zutaten besteht, die nicht ausdrücklich erwähnt werden, ist hingegen nicht ersichtlich.

44

3. Der Senat sieht auch keine Veranlassung, die streitgegenständliche Rechtsfrage dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV vorzulegen.

45

Nach dieser Vorschrift entscheidet der Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung der Verträge (Buchstabe a) und über die Gültigkeit und Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union (Buchstabe b). Dabei kann ein Gericht des Mitgliedsstaates, dem eine derartige Frage gestellt wird, diese Frage dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Entscheidung vorlegen, wenn es eine Entscheidung darüber für erforderlich hält. Eine Verpflichtung zur Vorlage besteht bei einem einzelstaatlichen Gericht, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechtes angefochten werden können. Im Falle der von dem Beklagten aufgeworfenen Frage, ob ein Zutatenverzeichnis immer dann anzunehmen ist, wenn mindestens zwei Zutaten eines Produktes genannt werden, bestand indessen kein Erfordernis für eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, da die richtige Anwendung des Europäischen Rechts offenkundig und zweifelsfrei ist. Hiernach besteht kein Raum für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2005, Rechtssache C-461/03, Rn. 16; Karpenstein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: Juli 2016, Art. 267 AEUV, Rn. 57 f.).

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

47

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.

48

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der hierfür in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

49

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 10.000,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.


Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie einen aromatisierten weinhaltigen Cocktail, der mit der Angabe „Hugo mit Chardonnay-Sekt mit natürlichem Holunderblütensaft, aromatisierter weinhaltiger Cocktail mit mindestens 51 % Chardonnay-Sekt“ versehen ist, vertreiben darf.

2

Die Klägerin betreibt eine Sektkellerei. In diesem Rahmen stellt sie auch aromatisierte Weinerzeugnisse her. Hierzu gehört ein aromatisierter weinhaltiger Cocktail, der zu 51 % aus Chardonnay-Sekt besteht. Dem Produkt werden darüber hinaus 0,5 % Holunderblütensirup und weitere Aromen zugesetzt. Das Getränk ist allgemein unter der Bezeichnung „Hugo“ bekannt. Das Vorderetikett trägt die Aufschrift „Hugo mit Chardonnay-Sekt und natürlichem Holunderblütensirup“. Auf dem Rückenetikett der Getränkeflaschen findet sich ebenfalls die Angabe „Hugo mit Chardonnay-Sekt und natürlichem Holunderblütensirup“. Darunter ist in kleinerer Schrift ausgeführt: „Aromatisierter weinhaltiger Cocktail mit mindestens 51 % Chardonnay-Sekt“.

3

Mit Schreiben vom 25. Januar 2016 wandte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin an den Beklagten und wies darauf hin, dass er die entsprechende Ausstattung der Klägerin gegenüber freigegeben habe. Die Auffassung des Beklagten, dass aromatisierte Weinerzeugnisse ein Zutatenverzeichnis tragen müssten, wenn in der Etikettierung nicht nur auf die Hauptgeschmacksrichtung hingewiesen werde, sondern einzelne Zutaten benannt würden, sei ihm nicht bekannt gewesen. Mit Schreiben vom 3. Februar 2016 verwies der Beklagte unter Hinweis auf den Schriftwechsel bezüglich des Produktes „F...“ darauf, dass der Klägerin die Anforderungen an die Etikettierung vor Abfüllung des Produktes „Hugo“ bekannt gewesen seien. Unter der Bezeichnung „F...“ vertreibt die Klägerin einen aromatisierten weinhaltigen Cocktail, der neben Sekt als Zutat Holunderblüte, Himbeere oder Erdbeere enthält. Hierzu hatte der Beklagte ihr gegenüber im September 2015 die Auffassung vertreten, dass bei Aufzählung mehrerer Zutaten auf dem Vorderetikett ein Zutatenverzeichnis erforderlich sei, das alle Zutaten in absteigender Menge bezeichne. Bezüglich des Produkts „Hugo“ könne er daher einem unbeschränkten Abverkauf nicht zustimmen. Zudem habe er seine Rechtsauffassung in einem Schreiben vom 25. September 2015 an den Bundeskellereienverband dargelegt. Da er in einem unvollständigen Zutatenverzeichnis die Möglichkeit einer Irreführung sehe, behalte er sich die Abgabe des Falles an die Staatsanwaltschaft vor. Die Klägerin vertrat demgegenüber mit Schreiben vom 11. Februar 2016 die Auffassung, dass nicht jede Angabe einer oder mehrerer Zutaten ein Zutatenverzeichnis im Sinne der Lebensmittelinformationsverordnung darstelle. Die Benennung einzelner Zutaten lasse kein Zutatenverzeichnis entstehen, soweit es sich um freiwillige zusätzliche Informationen handele.

4

Am 22. Februar 2016 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie dargelegt hat, die Rechtsauffassung des Beklagten sei unzutreffend. Für das von ihr hergestellte Produkt „Hugo“ sei ein Zutatenverzeichnis nicht erforderlich. Es unterliege lediglich dem Erfordernis der mengenmäßigen Angabe von Zutaten. Durch diese Angabe entstehe aber kein unvollständiges Zutatenverzeichnis, das nur dann vorliege, wenn sämtliche Zutaten des Lebensmittels in absteigender Reihenfolge aufgezählt würden. Die Ausstattung des Produktes führe auch nicht zu einer Irreführung des Verbrauchers. Die Lebensmittelinformationsverordnung erwähne die Benennung einer oder mehrerer Zutaten in unterschiedlichen Zusammenhängen. So sei in der Verordnung einerseits vom Verzeichnis der Zutaten die Rede. Andererseits kenne die Verordnung die Angabe der „Menge bestimmter Zutaten oder Klassen von Zutaten“. Nicht jede Erwähnung einer oder mehrerer Zutaten lasse ein verkapptes Zutatenverzeichnis entstehen. Unstreitig sei, dass bei Angabe eines „Zutatenverzeichnisses“ auf dem Etikett dieses vollständig sein müsse. Gerade bei alkoholischen Getränken habe der Verordnungsgeber indessen keine Notwendigkeit für die Angabe eines Zutatenverzeichnisses gesehen. Daher spielten in diesem Zusammenhang weder der Gesundheitsschutz noch das Informationsbedürfnis des Verbrauchers eine Rolle.

5

Die Klägerin hat beantragt,

6

festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, die Ausstattung eines aromatisieren weinhaltigen Cocktails zu beanstanden, der mit der Angabe „Hugo mit Chardonnay-Sekt und natürlichem Holunderblütensirup, aromatisierter weinhaltiger Cocktail mit mindestens 51 % Chardonnay-Sekt“ gekennzeichnet ist, aber über kein ein Zutatenverzeichnis verfügt.

7

Der Beklagte hat beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Er vertritt die Auffassung, dass die freiwillige Angabe von Zutaten in gleicher Weise erfolgen müsse, wie die entsprechende Pflichtinformation. Die Lebensmittelinformationsverordnung kenne keine beschränkte Zutatenaufzählung. Ein Zutatenverzeichnis liege hiernach bereits dann vor, wenn eine Aufzählung von mindestens zwei Zutaten erfolge.

10

Das Verwaltungsgericht hat die beantragte Feststellung mit Urteil vom 14. April 2016 getroffen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage als allgemeine Feststellungsklage zulässig sei. Die Klage sei auch begründet. Die Lebensmittelinformationsverordnung enthalte keine normative Vorgabe dahingehend, dass bei Benennung von zwei Bestandteilen eines aromatisierten weinhaltigen Cocktails die Auflistung sämtlicher verwendeter Zutaten erforderlich sei. Ein Zutatenverzeichnis müsse für alkoholische Getränke ab 1,2 % vol. grundsätzlich nicht angebracht werden. Bei den von der Klägerin verwendeten Angaben handele es sich nicht um eine Pflichtinformation. Sie habe auch kein Zutatenverzeichnis erstellt. Die selektive Angabe zweier Bestandteile sei kein Zutatenverzeichnis. Die Verordnung sehe die Nennung einzelner Zutaten beispielsweise bei der Mengenangabe von Zutaten vor. Sie enthalte hingegen keine Regelung, wonach die Nennung einzelner Bestandteile die Pflichtangabe des Zutatenverzeichnisses auslöse. Die Etiketten und die Aufmachung des Produktes erwiesen sich auch nicht als irreführend. Der verständige Verbraucher werte die Angaben auf dem Etikett des Getränks nicht als Zutatenverzeichnis. Er erwarte auch nicht, dass das Produkt lediglich aus Sekt und Holunderblütensirup bestehe.

11

Am 23. Mai 2016 hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Er führt zur Begründung aus, dass die Ausstattung des von der Klägerin hergestellten aromatisierten weinhaltigen Cocktails nicht vollständig gewesen sei. Die freiwillige Angabe einer ansonsten obligatorischen Information müsse den Anforderungen an die verpflichtenden Angaben genügen. Sobald Zutaten aufgezählt würden, handele es sich um ein Zutatenverzeichnis, das den Anforderungen der Lebensmittelinformationsverordnung entsprechen müsse. Ein Zutatenverzeichnis sei immer dann anzunehmen, wenn eine Aufzählung von Zutaten vorliege. Dies sei indessen bei der Benennung von mindestens zwei Zutaten stets der Fall. Die aufgeworfene Rechtsfrage bedürfe einer Klärung durch den Europäischen Gerichtshof in einem Vorabentscheidungsverfahren.

12

Der Beklagte beantragt,

13

unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Trier die Klage abzuweisen.

14

Die Klägerin beantragt,

15

die Berufung zurückzuweisen.

16

Sie stellt darauf ab, dass maßgeblich sei, ob bei der Etikettierung das „Zutatenverzeichnis“ angegeben sei. Ein solches Verzeichnis liege nicht bereits bei Angabe einzelner Zutaten vor. Für die Nährwertdeklaration treffe Art. 30 Abs. 4 Lebensmittelinformationsverordnung eine Sonderregelung, die für das Zutatenverzeichnis nicht existiere.

17

Das Zutatenverzeichnis sei zudem in der Lebensmittelinformationsverordnung derart definiert, dass es aus einer Aufzählung sämtlicher Zutaten des Lebensmittels bestehe. Die Verordnung sehe als Korrektiv vor, dass freiwillige Angaben nicht irreführend sein dürften.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsakte verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Berufung bleibt erfolglos.

20

Das Verwaltungsgericht hat dem zulässigerweise geltend gemachten Feststellungsbegehren der Klägerin zu Recht stattgegeben.

21

1. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage ist zulässig.

22

a) Die Feststellungsklage ist nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Nach § 43 Abs. 1 kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

23

Die Klägerin begehrt die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Unter einem solchen Rechtsverhältnis ist die rechtliche Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache zu verstehen (W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 43 Rn. 11 m.w.N.). Die Klägerin will festgestellt wissen, dass das von ihr hergestellte und vertriebene Produkt „Hugo mit Chardonnay-Sekt und natürlichem Holunderblütensirup“ nicht mit einem vollständigen Zutatenverzeichnis zu versehen ist, und zielt damit auf das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab.

24

b) Ihr steht auch das Rechtsschutzinteresse zu, eine vorbeugende Feststellungsklage zu erheben.

25

Das Rechtsschutzinteresse für eine derartige Klage ist ausnahmsweise dann gegeben, wenn der Betroffene nicht in zumutbarerer Weise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann. Der Verweis auf ein repressives Verfahren kommt vor dem Hintergrund der Garantie wirksamen Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG insbesondere dann nicht in Betracht, wenn der Kläger damit auf die ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe in einem eingeleiteten Straf- oder Bußgeldverfahren verwiesen würde. Es ist ihm nicht zuzumuten, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen „von der Anklagebank herab“ zu führen. In diesem Fall besteht ein als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse, den Verwaltungsrechtsweg als sachnähere und fachspezifische Rechtsschutzform einzuschlagen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. April 2003 – 1 BvR 2129/02 –, NVwZ 2003, 856 und juris, Rn. 14; BVerwG, Beschluss vom 8. August 1988 – 3 B 91.87 –, LRE 22, 341 und juris, Rn. 4; Beschluss vom 24. Oktober 2013 – 7 C 13.12 –, LRE 67, 16 und juris, Rn. 41; VGH BW, Urteil vom 11. Februar 2010 – 9 S 1130/08 –, VBl. BW 2010, 325 und juris, Rn. 16; Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 31. EL 2016, § 43 Rn. 9 und 40; W.-R. Schenke, a.a.O., § 43 Rn. 24). Der Beklagte sieht den Tatbestand einer Strafvorschrift nach den §§ 48 und 49 WeinG oder zumindest einer Ordnungswidrigkeit nach § 50 WeinG verwirklicht, wenn die Klägerin den von ihr hergestellten aromatisierten weinhaltigen Cocktail mit der bisherigen Aufmachung in Verkehr bringen sollte, da er der Verwendung des aus seiner Sicht unvollständigen Zutatenverzeichnisses irreführenden Charakter beimisst. Der Klägerin ist es vor diesem Hintergrund aber nicht zuzumuten, den Ausgang eines Straf- oder Bußgeldverfahrens abzuwarten, um die von dem Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage zu klären.

26

2. Die Klage ist auch begründet.

27

Das Verwaltungsgericht hat die von der Klägerin beantragte Feststellung zu Recht getroffen. Die Klägerin war nicht verpflichtet, den von ihr hergestellten aromatisierten weinhaltigen Cocktail, der mit der Angabe „Hugo mit Chardonnay-Sekt und natürlichem Holunderblütensirup“ vertrieben wird, mit einem vollständigen Zutatenverzeichnis auszustatten.

28

a) Für dieses Produkt bestand auf der Grundlage des Art. 16 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel – Lebensmittelinformationsverordnung – LMIV – (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S 18) grundsätzlich keine Verpflichtung, ein Zutatenverzeichnis nach Art. 9 Abs. 1 Buchstabe b LMIV anzugeben. Nach dieser Bestimmung sind die Angaben des Verzeichnisses der Zutaten (Art. 9 Abs. 1 Buchstabe b LMIV) und die Nährwertdeklaration (Art. 9 Abs. 1 Buchstabe l LMIV) nicht verpflichtend für Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 % vol. Der von der Klägerin hergestellte aromatisierte weinhaltige Cocktail weist einen Alkoholgehalt von 5,9 % vol auf.

29

Das Produkt der Klägerin unterfällt auch der LMIV. Nach Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 251/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen sowie den Schutz geografischer Angaben für aromatisierte Weinerzeugnisse – VO (EU) Nr. 251/2014 – (ABl. L 84 vom 20.März 2014, S. 14) gilt die LMIV für die Aufmachung und Etikettierung aromatisierter Weinerzeugnisse, soweit in der VO (EU) Nr. 251/2014 keine abweichenden Bestimmungen festgelegt sind. Bei dem von der Klägerin hergestellten Getränk handelt es sich um einen aromatisierten weinhaltigen Cocktail i.S.v. Art. 3 Abs. 4 VO (EU) Nr. 251/2014 und damit um ein aromatisiertes Weinerzeugnis im Sinne dieser Vorschrift.

30

b) Besteht hiernach grundsätzlich keine Verpflichtung, für das von der Klägerin hergestellte aromatisierte Weinerzeugnis ein Zutatenverzeichnis anzugeben, so ergibt sich eine derartige Verpflichtung auch nicht aus anderen Vorschriften der LMIV.

31

aa) Die Verpflichtung zur Angabe eines Zutatenverzeichnisses ergibt sich insbesondere nicht aus Art. 36 Abs. 1 LMIV.

32

Art. 36 Abs. 1 LMIV sieht vor, dass Informationen über Lebensmittel, die gemäß den Art. 9 und 10 LMIV freiwillig bereitgestellt werden, den Anforderungen des Kapitels IV Abschnitte 2 und 3 der Verordnung entsprechen müssen. Eine Verpflichtung der Klägerin, ein vollständiges Zutatenverzeichnis zu erstellen, besteht indessen deshalb nicht, weil sie kein „Verzeichnis der Zutaten“ im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchstabe b LMIV freiwillig bereitgestellt hat.

33

Ein Zutatenverzeichnis ist nach Art. 18 Abs. 1 LMIV dadurch gekennzeichnet, dass ihm eine Überschrift oder eine geeignete Bezeichnung vorangestellt wird, in der das Wort „Zutaten“ erscheint. Zudem besteht das Zutatenverzeichnis aus einer Aufzählung sämtlicher Zutaten des Lebensmittels in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Herstellung des Lebensmittels. Hiernach kann von der freiwilligen Angabe eines Zutatenverzeichnisses nur dann gesprochen werden, wenn der Begriff „Zutaten“ in der Überschrift oder in einer dem Verzeichnis vorangestellten geeigneten Bezeichnung verwandt wird oder wenn ansonsten aus Sicht des Verbrauchers der Eindruck entsteht, dass der Lebensmittelunternehmer mit den bereitgestellten Informationen sämtliche Zutaten des Lebensmittels angegeben hat. Die Annahme eines freiwillig angegebenen Zutatenverzeichnisses kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf den Fall beschränkt werden, dass tatsächlich alle Zutaten eines Lebensmittels in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils aufgeführt werden.

34

Vielmehr ist auf den Verständnishorizont des Verbrauchers abzustellen, der mit den Angaben auf dem Etikett konfrontiert wird. Die Bestimmungen der LMIV sollen gerade der Information des Verbrauchers dienen. Er soll sich umfassend insbesondere über die gesundheitlichen Auswirkungen eines Produktes informieren können zwecks Vorbereitung einer fundierten Entscheidung für den Erwerb eines Produktes auf der Grundlage der für ihn hierfür maßgeblichen Erwägungen, die etwa gesundheitsbezogen, wirtschaftlich, umweltbezogen, sozial oder ethisch sein können (vgl. Art. 3 Abs. 1 LMIV und Erwägungsgrund Nr. 3 zur LMIV). Zudem sollen die Etiketten von Lebensmitteln klar und verständlich sein, um dem Verbraucher die erforderlichen Informationen als Grundlage seiner Entscheidung für bestimmte Lebensmittel und die gewünschte Ernährungsweise zu verschaffen (vgl. Erwägungsgrund Nr. 26 zur LMIV). Dieser auf den Verbraucher zugeschnittene und auf seine klare und umfassende Information abstellende Ansatz der LMIV legt es aber nahe, bei der Frage, ob ein freiwillig bereitgestelltes Zutatenverzeichnis gemäß Art. 36 Art. LMIV vorliegt, auf den Empfängerhorizont des – informierten und verständigen – Durchschnittsverbrauchers abzustellen (vgl. Voit/Grube, LMIV, 2. Aufl. 2016 Art. 7, Rn. 48 f.). Liegt aus seiner Sicht eines der Kriterien des Art. 18 Abs. 1 LMIV für ein Zutatenverzeichnis vor, so muss die Aufzählung insgesamt den Anforderungen dieser Vorschrift genügen. Nur so kann im Interesse des Verbrauchers die von Art. 36 Abs. 1 LMIV geforderte Einhaltung der Anforderungen insbesondere des 2. Abschnitts des Kapitels IV der LMIV sichergestellt werden.

35

Insoweit ist aber nicht allein auf das in Art. 36 Abs. 2 LMIV vorgesehene Irreführungsverbot abzustellen. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine allgemeine Anforderung an die Informationen über Lebensmittel, die neben spezielle, konkret formulierte Anforderungen an bestimmte Angaben über Lebensmittel treten. Dies wird auch an der Systematik der LMIV bei den verpflichtenden Angaben deutlich. Dem entsprechenden Kapitel IV werden in Kapitel III allgemeine Anforderungen an die Informationen über Lebensmittel vorangestellt, zu denen nach Art. 7 Abs. 1 LMIV auch das Irreführungsverbot gehört.

36

Stellt man hiernach auf den Verständnishorizont eines verständigen Verbrauchers ab, so ist hinsichtlich der von der Klägerin verwendeten Angaben nicht von der freiwilligen Bereitstellung eines „Verzeichnisses der Zutaten“ auszugehen.

37

Die Klägerin hat weder eine den Begriff der Zutaten enthaltende Überschrift verwandt. Noch entsteht aus Verbrauchersicht der Eindruck, dass sie sämtliche Zutaten des von ihr hergestellten aromatisierten weinhaltigen Getränks angegeben hat. Die beiden benannten Bestandteile des aromatisierten weinhaltigen Cocktails „Hugo“, nämlich Chardonnay-Sekt und Holunderblütensirup, lassen angesichts des Umstandes, dass der Anteil des Chardonnay-Sektes mit 51 % des Gesamtproduktes angegeben wird, nicht die Erwartung entstehen, dass der Holunderblütensirup in nahezu entsprechender Menge (49 %) vorhanden ist. Vielmehr entsteht bei einem informierten Verbraucher die Vorstellung, dass der Holunderblütensirup lediglich als Zugabe zur Geschmacksgebung verwendet wurde. Hierfür spricht auch der Umstand, dass bei der Benennung dieser Zutaten die Präposition „mit“ verwendet wurde. Diese Präposition bringt unmissverständlich zum Ausdruck, dass die beiden genannten Zutaten neben anderen Zutaten verwendet wurden.

38

Der Angabe von Chardonnay-Sekt und Holunderblütensirup kommt hiernach lediglich die Funktion zu, einzelne Bestandteile des Getränks hervorzuheben. Insoweit findet die der Rechtsauffassung des Beklagten zugrunde liegende pauschalierende Überlegung, dass bei Benennung von mehr als einem Bestandteil eines Produkts stets ein (unvollständiges) Zutatenverzeichnis vorliegt, in der Lebensmittelinformationsverordnung keine Stütze.

39

Gegen eine solche Annahme lässt sich wiederum die Systematik der LMIV anführen. So kennt diese Verordnung in Art. 9 Abs. 1 LMIV neben dem Zutatenverzeichnis weitere verpflichtende Angaben in Bezug auf Zutaten, ohne dass damit ein Zutatenverzeichnis erstellt würde. Art. 9 Abs. 1 Buchstabe d LMIV bestimmt etwa, dass die Menge bestimmter Zutaten oder Klassen von Zutaten verpflichtend anzugeben ist. Hiernach legt aber die Verordnung losgelöst vom Begriff des Zutatenverzeichnisses fest, dass auch mehrere Bestandteile eines Produktes als Zutaten angegeben werden können, ohne dass damit ein Zutatenverzeichnis erstellt wird. Die Angabe der Menge einer Zutat hat nach Art. 22 LMIV u.a. dann zu erfolgen, wenn die betreffende Zutat oder Zutatenklasse auf der Kennzeichnung durch Worte, Bilder oder eine grafische Darstellung hervorgehoben ist (Buchstabe b). Auf der Grundlage dieser Bestimmung war die Klägerin verpflichtet, die Menge des bei der Herstellung ihres aromatisierten weinhaltigen Cocktails „Hugo“ verwendeten Chardonnay-Sektes anzugeben, da dieser auf den Etiketten besonders erwähnt und drucktechnisch hervorgehoben wird. Nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten war eine Mengenangabe für den Holunderblütensirup, der in gleicher Weise hervorgehoben wird, gemäß Art. 22 Abs. 2 i.V.m. Anhang 8 LMIV nicht erforderlich, da es sich um eine Zutat handelt, die in kleinen Mengen zur Geschmacksgebung verwendet wird (Nr. 1 Buchstabe a, Nr. iii).

40

Im Übrigen ist der pauschalierende Ansatz des Beklagten, wonach ein Zutatenverzeichnis immer bei der Benennung von mindestens zwei Bestandteilen eines Produkts vorliegt, auch im Hinblick auf Art. 19 Abs. 1 Buchstabe e LMIV nicht zwingend. Hiernach ist ein Zutatenverzeichnis – ausnahmsweise – nicht erforderlich bei Lebensmitteln, die aus einer einzigen Zutat bestehen, soweit die Bezeichnung des Lebensmittels mit der Zutatenbezeichnung identisch ist oder die Bezeichnung des Lebensmittels eindeutig auf die Art der Zutat schließen lässt. Aus dieser Vorschrift kann demnach gefolgert werden, dass auch Zutatenverzeichnisse vorstellbar sind, wenn ein Produkt lediglich aus einer Zutat besteht und die genannten Voraussetzungen nicht vorliegen.

41

bb) Ein vollständiges Zutatenverzeichnis ist im Falle der Klägerin auch nicht im Hinblick nach Art. 36 Abs. 2 Buchstabe a LMIV erforderlich. Hiernach dürfen freiwillig bereitgestellte Informationen über Lebensmittel für die Verbraucher nicht irreführend i.S.d. Art. 7 LMIV sein. Art. 7 Abs. 1 Buchstabe a LMIV bezieht diese Vorgabe insbesondere auf die Eigenschaften des Lebensmittels. Es ist indessen nicht erkennbar, dass die Angaben auf den Etiketten des von der Klägerin vertriebenen Produktes „Hugo“ im Hinblick auf dessen Eigenschaften irreführend wären.

42

Was die Frage der Irreführung angeht, so ist auf die mutmaßliche Erwartung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen, die dieser in Bezug auf den Ursprung, die Herkunft und die Qualität des Lebensmittels hegt, wobei es hauptsächlich darauf ankommt, dass der Verbraucher nicht irregeführt und nicht zu der irrtümlichen Annahme verleitet wird, dass das Erzeugnis einen anderen Ursprung, eine andere Herkunft oder eine andere Eigenschaft als in Wirklichkeit hat (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015, Rechtssache C-195/14 [Amtsbl. C 236 vom 20. Juli 2015, S. 16, Rn. 36]; BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2012 – 3 B 87.11 –, LRE 64, 17 und juris, Rn. 4; VGH BW, Urteil vom 11. Februar 2010, a.a.O., juris, Rn. 31).

43

Nach dem oben Gesagten unterliegt der informierte und verständige Durchschnittsverbraucher keinem Irrtum in dem Sinne, dass die Vorstellung hervorgerufen wird, der aromatisierte weinhaltige Cocktail „Hugo“ bestehe ausschließlich aus den angegebenen Zutaten Chardonnay-Sekt und Holunderblütensirup. Zudem liegt keine Irreführung dahingehend vor, dass eine Fehlvorstellung über die Qualität der nicht erwähnten Zutaten und damit über die Wertigkeit des Gesamtproduktes hervorgerufen würde. Vielmehr wird der Verbraucher über die Zutaten informiert, die er als Bestandteile eines unter der Bezeichnung „Hugo“ vertriebenen Produktes erwartet, nämlich Sekt und Holunderblütensirup. Dass darüber hinaus eine Erwartung an bestimmte Eigenschaften und damit an die Qualität weiterer Zutaten besteht, die nicht ausdrücklich erwähnt werden, ist hingegen nicht ersichtlich.

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3. Der Senat sieht auch keine Veranlassung, die streitgegenständliche Rechtsfrage dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV vorzulegen.

45

Nach dieser Vorschrift entscheidet der Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung der Verträge (Buchstabe a) und über die Gültigkeit und Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union (Buchstabe b). Dabei kann ein Gericht des Mitgliedsstaates, dem eine derartige Frage gestellt wird, diese Frage dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Entscheidung vorlegen, wenn es eine Entscheidung darüber für erforderlich hält. Eine Verpflichtung zur Vorlage besteht bei einem einzelstaatlichen Gericht, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechtes angefochten werden können. Im Falle der von dem Beklagten aufgeworfenen Frage, ob ein Zutatenverzeichnis immer dann anzunehmen ist, wenn mindestens zwei Zutaten eines Produktes genannt werden, bestand indessen kein Erfordernis für eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, da die richtige Anwendung des Europäischen Rechts offenkundig und zweifelsfrei ist. Hiernach besteht kein Raum für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2005, Rechtssache C-461/03, Rn. 16; Karpenstein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: Juli 2016, Art. 267 AEUV, Rn. 57 f.).

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

47

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.

48

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der hierfür in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

49

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 10.000,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).


Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 28. November 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn die Kostengläubiger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ein Verkaufsverbot für als Winzerschorle bezeichnete Weinschorle.

2

Sie ist Lebensmitteleinzelhändler und vertreibt die von der Beigeladenen hergestellte Weinschorle, die auf dem Etikett gekennzeichnet ist als „ Die Original Winzerschorle, Riesling-Weinschorle“. Auf dem Rücketikett findet sich der Hinweis, dass es sich um ein weinhaltiges Getränk mit 51 % deutschem Rieslingwein und 49 % natürlichem Mineralwasser handelt, außerdem ist der Hersteller angegeben mit „K… Weinkellerei Mineralbrunnen Fruchtsaft GmbH & Co. KG, D-… D…“.

3

Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) wies mit Schreiben vom 22. September 2011 den von der Klägerin betriebenen real-Markt K... darauf hin, dass die Bezeichnung der Weinschorle als Winzerschorle unzulässig sei, weil dadurch der Eindruck erweckt werde, dass es sich um ein in einem Weingut hergestelltes Erzeugnis handele. Dies treffe aber nicht zu. Von der Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens werde abgesehen, weil den Markt an der fehlerhaften Etikettierung kein Verschulden treffe. Es werde jedoch auf die geltenden Rechtsvorschriften hingewiesen, damit die Mängel behoben würden. Noch vorhandene Erzeugnisse mit unzulässiger Etikettierung seien aus den Regalen zu entfernen.

4

Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 23. November 2011 Stellungnahmen der Beigeladenen und den Beschluss des Landratsamtes Aichach-Friedberg vom 14. November 2011 über die Einstellung des Bußgeldverfahrens gegen die Beigeladene vorgelegt hatte, untersagte die ADD mit Verfügung vom 17. Januar 2011 den Verkauf des Erzeugnisses „Winzerschorle, Riesling-Weinschorle, weinhaltiges Getränk, Abfüller K…, Weinkellerei GmbH & Co. KG, D-… D…“. Die Angabe „Winzerschorle“ sei unzulässig, denn die Bezeichnung „Winzer“ suggeriere dem Verbraucher, dass die Weinschorle unter den Voraussetzungen des Art. 57 VO (EG) Nr. 607/2009 hergestellt und abgefüllt worden sei. Der Begriff Winzer sei betriebsbezogen und stehe in Verbindung mit einer Verkehrsbezeichnung. Es genüge entgegen der in Bayern vertretenen Auffassung nicht, wenn der Wein aus Trauben des Betriebes hergestellt werde, die weitere Verarbeitung aber in einem anderen Betrieb erfolge. Erst durch die Zugabe des Wassers entstehe das weinhaltige Getränk. Der Begriff Winzerschorle sei deshalb zur Irreführung geeignet. Die Verfügung wurde auf §§ 27 Abs. 1 und 25 Abs. 1 und Abs. 2 WeinG sowie § 9 Abs. 1 POG gestützt.

5

Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2012 zurück. Das Inverkehrbringen der Weinschorle mit der Bezeichnung Winzerschorle stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit gemäß § 9 Abs. 1 POG dar, weil es gegen § 25 WeinG in Verbindung mit Art. 57 Abs. 1 VO (EG) Nr. 607/2009 sowie § 38 Abs. 1 WeinV verstoße. Die Bezeichnung als „Winzerschorle“ sei irreführend. Der Begriff „Winzer“ dürfe nur für Wein verwendet werden, der ausschließlich aus Trauben von Rebflächen dieses Betriebes stamme, wenn die Weinbereitung vollständig in dem Betrieb erfolgt sei. Die Verwendung des Begriffes Winzer sei im Übrigen auf die geregelten Kategorien beschränkt und dürfe deshalb für andere Kategorien, wie weinhaltige Getränke, nicht verwendet werden. Außerdem lägen die Herstellungsbedingungen nicht vor, da die Weinschorle erst durch den Wasserzusatz entstehe, dieser aber nicht im Weinbaubetrieb vorgenommen werde. Die Verwendung des Begriffes „Winzer“ sei auch in Wortverbindungen irreführend, wie durch die Rechtsprechung des BGH bestätigt werde. Die Klägerin werde als für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses Verantwortliche in Anspruch genommen, denn sie habe das Erzeugnis in Rheinland-Pfalz zum Verkauf vorrätig gehalten. Angesichts des hohen Gewichts, das dem Schutz des Verbrauchers vor Irreführung zukomme, sei das Einschreiten recht- und zweckmäßig.

6

Daraufhin hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung in Übereinstimmung mit der Beigeladenen vorgetragen: Die Untersagungsverfügung sei rechtsfehlerhaft auf § 9 Abs. 1 POG gestützt, vorrangig sei § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 LFGB anzuwenden. Die Angabe „Winzerschorle“ beruhe auf einer Marke, die das Bundespatentgericht als eintragsfähig beurteilt habe (Beschluss vom 1. August 2011 - 26 W (PAT) 43/0 -). Es habe damit inzident eine Irreführung verneint. Die Marke „Winzerschorle“ werde auch seit 15 Jahren unbeanstandet gebraucht. Die für die Beigeladene zuständige Lebensmittelkontrollbehörde in Bayern habe die Angabe „Winzerschorle“ als zulässig bestätigt. Ein auf Rheinland-Pfalz beschränktes Verkaufsverbot sei kleinkariert und unverhältnismäßig. Ein Vorgehen alleine gegen die Klägerin sei unangemessen und unverhältnismäßig, weil dieser kein Verschulden anzulasten sei. Ein Verstoß gegen Art. 57 VO (EG) Nr. 607/05 liege nicht vor, weil diese Vorschrift auf die Etikettierung von weinhaltigen Getränken nicht anwendbar sei, entsprechendes gelte für § 38 Abs. 1 WeinV. Im Übrigen sei die Angabe „Winzerschorle“ auch keine Angabe zum Betrieb. Auch unabhängig davon liege eine Irreführung nicht vor, wie sich aus der Markenzulassung ergebe. Aus dem Begriff „Winzerschorle“ könne aus Verbrauchersicht keine konkrete Eigenschaft entnommen werden, über die er irregeführt werde. Auch in der Literatur werde eine Irreführung bei Begriffen wie „Winzerschoppen“, „Winzertanz“ und „Winzertrunk“ verneint. Der Verbraucher wisse, dass ein Weinbauer Weintrauben anbaue und, wenn überhaupt, auch Wein herstelle, dass es aber völlig atypisch wäre, wenn ein Winzer auch noch Weinschorle herstellen und abfüllen würde.

7

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und die Untersagungsverfügung mit Urteil vom 28. November 2012 aufgehoben:

8

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 POG könne zwar die Beklagte die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden. Die beanstandete Verwendung der Bezeichnung „Winzerschorle“ gefährde jedoch nicht die öffentliche Sicherheit, denn sie verstoße, anders als der Beklagte angenommen habe, nicht gegen § 25 WeinG. Ein Verstoß gegen Art. 57 Abs. 1 VO (EG) Nr. 607/2009 liege schon deshalb nicht vor, weil es sich dabei um eine Durchführungsverordnung zur Verordnung (EG) Nr. 629/2008 handele, die nach ihrem Art. 1 Abs. 1 besondere Bestimmungen für die Erzeugung und Vermarktung der Erzeugnisse gemäß Anhang 1 Teil XII der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 betreffe. Weinschorle sei jedoch ein nicht aromatisiertes weinhaltiges Getränk, das nicht zu den dort aufgeführten Erzeugnissen zähle und nicht Gegenstand europarechtlicher Bestimmungen sei. Art. 5 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 3201/90, wonach der auf dem Etikett angegebene Name oder Firmenname den Begriff „Winzer“ nur dann enthalten dürfe, wenn die Weinbereitung in diesem Betrieb und aus Trauben aus Weinbergen dieses Betriebes erzeugt werde, sei seit 2003 außer Kraft getreten und lasse angesichts des nunmehr geltenden Missbrauchsprinzips auch keine Schlussfolgerungen auf die Zulässigkeit von Bezeichnungen mehr zu.

9

Dem Zusatz „Winzer“ könne auch kein irreführender Hinweis darauf entnommen werden, dass die Schorle in einem Winzerbetrieb hergestellt worden sei, denn der Begriff „Winzer“ werde im gesamten Lebensmittelbereich nicht nur für von einem Winzer hergestellte Produkte verwandt, sondern auch für Produkte anderer Hersteller mit einer bestimmten Geschmacksnote, etwa „Winzersteak“, „Winzerschnitzel“, „Winzeressig“, „Winzersalat“. Es könne deshalb dahinstehen, ob die Verbotsverfügung unverhältnismäßig oder deshalb ermessensfehlerhaft sei, weil die Verfügung nur an einen Händler, nicht aber an andere Händler oder die Beigeladene als Hersteller adressiert sei oder weil der Beklagte fälschlich davon ausgegangen sei, es seien italienische Grundweine verwendet worden.

10

Der Beklagte trägt zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung vor:

11

Die Angabe „Winzerschorle“ sei geeignet, den Verbraucher irrezuführen. Irreführend seien Bezeichnungen, die den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprächen oder geeignet seien, falsche Vorstellungen zu erwecken. Dabei komme es auf das Verständnis des Verbrauchers an.

12

Mit der Verwendung des Begriffs „Winzer“ sei der Aussagegehalt Eigenerzeugnis verknüpft. Dies ergebe sich aus Art. 57 VO (EG) Nr. 607/2009, wo festgelegt werde, unter welchen Bedingungen im Anwendungsbereich dieser Verordnung der Begriff verwendet werden dürfe. Es sei davon auszugehen, dass der durchschnittliche Verbraucher dem Begriff „Winzer“ diesen Aussagegehalt für alle Weinerzeugnisse beimesse. Die Verwendung des Begriffs bei anderen Warengruppen, wie Fleisch und Milcherzeugnissen, sei für das Verständnis bei Weinerzeugnissen nicht maßgeblich. Das Verwaltungsgericht setze sich auch unzureichend mit den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Bundespatentgerichts auseinander.

13

Der Beklagte beantragt,

14

das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 28. November 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

15

Der Kläger beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Der Ausgangsbescheid sei schon deshalb fehlerhaft, weil er auf § 9 Abs. 1 Satz 1 POG gestützt sei, während § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB vorrangig anzuwenden sei. Ein Verstoß gegen Art. 57 VO (EG) Nr. 607/2009 liege nicht vor, wie auch der Beklagte nunmehr einräume. Die Angabe „Winzerschorle“ sei nicht irreführend im Sinne von § 25 WeinG. Zwar treffe es zu, dass im Rahmen des Anwendungsbereichs von Art. 57 VO (EG) Nr. 607/2009 der Begriff „Winzer“ Betrieben vorbehalten sei, die eigene Trauben für das Erzeugnis verwendeten. Hier gehe es jedoch nicht um Wein, sondern um ein weinhaltiges Getränk, für das es atypisch wäre, wenn es vom Winzer hergestellt würde, denn das Herstellen abgefüllter weinhaltiger Getränke gehöre gerade nicht zum traditionellen Geschäft eines Winzers. Wenn der Gesetzgeber die Verwendung des Begriffes „Winzer“ bei weinhaltigen Getränken nicht geregelt habe, liege darin eine bewusste Differenzierung durch eine auf Wein beschränkte Sonderregelung, die den Schluss zulasse, dass die Angabe „Winzer“ für weinhaltige Getränke gerade nicht dem Weinbauer vorbehalten sein soll. Weil die Herstellung weinhaltiger Getränke für einen Winzer untypisch sei, sei es auch unwahrscheinlich, dass ein Verbraucher aus der Verwendung der Bezeichnung „Winzer“ ableite, dass das weinhaltige Getränk von einem Winzer aus eigenen Trauben in seinem Betrieb hergestellt worden sei.

18

Das Verwaltungsgericht habe sich ausreichend mit der Entscheidung des Bundespatentgerichts auseinandergesetzt, das ebenfalls festgestellt habe, „Winzer“- Wortverbindungen seien zu indifferent, um daraus ableiten zu können, der Verbraucher erwarte, dass das Produkt von dem Winzer hergestellt worden sei. Das Verkaufsverbot sei ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig. Die Störerauswahl sei fehlerhaft, denn der Beklagte sei nicht gegen den Hersteller vorgegangen und habe die Klägerin aus zahlreichen anderen Vertreibern herausgepickt. Diese Vorgehensweise führe zu Rechtsunsicherheit, bewirke eine Ungleichbehandlung gegenüber Wettbewerbern und sei auch deshalb nicht geboten, weil die Bedeutung der umstrittenen Bezeichnung gering sei, eine Gesundheitsbeeinträchtigung nicht drohe und die Klägerin Vertrauensschutz genieße, zumal die Etikettierung nicht von ihr stamme und von der Bayerischen Kontrollbehörde nicht beanstandet worden sei.

19

Die Beigeladene beantragt gleichfalls,

20

die Berufung zurückzuweisen

21

und schließt sich den Ausführungen der Klägerin an.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und 1 Heft Verwaltungsakten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

23

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

24

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben, denn die angefochtene Untersagungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt dadurch die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

25

Die Rechtswidrigkeit ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass sich der Beklagte mit § 9 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) auf die falsche Ermächtigungsgrundlage gestützt hat. Für die Überwachung der Einhaltung weinrechtlicher Vorschriften gilt, soweit dies nicht gesondert geregelt ist, gemäß § 31 Abs. 7 WeinG die - bei Erlass des Widerspruchsbescheides - geltende Vorschrift in § 39 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 4 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) entsprechend. Danach trifft die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zum Schutz vor Täuschung erforderlich sind. Sie kann insbesondere das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken. Angesichts dieser spezielleren Regelung ist kein Raum dafür, § 9 POG als Ermächtigungsgrundlage für die Untersagungsverfügung heranzuziehen. Andererseits ist es aber unschädlich, dass der Beklagte die falsche Ermächtigungsgrundlage benannt hat, da sich seine Ermächtigung jedenfalls aus § 39 LFGB ergibt und dessen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Auch hinsichtlich der Ermessensausübung gibt es keine wesentlichen Unterschiede.

26

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Verwendung des Wortes „Winzer“ in der Wortverbindung „Winzerschorle“ nicht gegen das Irreführungsverbot nach § 25 WeinG verstößt.

27

§ 25 WeinG ist auf die umstrittene Weinschorle anwendbar. Es handelt sich dabei um ein weinhaltiges Getränk im Sinne von § 2 Abs. 2 WeinG, das mehr als 50 %, nämlich 51 % Wein enthält, und somit um ein Erzeugnis des Weinbaus gemäß § 2 Abs. 1 WeinG, dessen Inverkehrbringen durch das Weingesetz geregelt ist (§ 1 Abs. 1 WeinG).

28

§ 25 WeinG wird nicht wegen der unmittelbar geltende Regelung in Art. 118 x VO(EG) Nr. 1234/ 2007 verdrängt, denn diese gilt nicht für nicht aromatisierte weinhaltige Getränke wie Weinschorle (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe l dieser Verordnung in Verbindung mit Anhang I Teil ...II). Vielmehr ist europarechtlich nur Art. 16 VO(EWG) Nr. 178/2002 einschlägig, der § 25 WeinG nicht ausschließt (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand 1.3.2013, C 400 Rn. 8 zu § 25 WeinG).

29

Nach § 25 Abs. 1 WeinG dürfen Erzeugnisse nicht mit irreführenden Angaben oder Aufmachungen in den Verkehr gebracht werden.

30

Die Angabe „Winzerschorle“ ist nicht schon deshalb gemäß § 25 Abs. 2 Nr. 1 WeinG irreführend, weil sie gebraucht wird, ohne dass das Erzeugnis den in den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft, im Weingesetz oder Rechtsverordnungen auf Grund des Weingesetzes dafür festgesetzten Anforderungen entspricht. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass entgegen der ursprünglichen Auffassung des Beklagten kein Verstoß gegen Art. 57 Abs. 1 VO (EG) Nr. 607/2009 in Verbindung mit Anhang XIII vorliegt. Danach ist der Begriff „Winzer“ Weinen mit geschützter Ursprungsbezeichnung oder geografischer Angabe vorbehalten, sofern der Wein ausschließlich aus Trauben gewonnen wurde, die von Rebflächen dieses Betriebes stammen und die Weinbereitung vollständig in diesem Betrieb erfolgt ist. Nicht aromatisierte weinhaltige Getränke werden von dieser Regelung nicht erfasst, wie die Beklagte inzwischen auch einräumt. Daraus folgt, dass die innerhalb des Regelungsbereiches der Verordnung geltende Einschränkung der Verwendung des Begriffes „Winzer“ außerhalb ihres Regelungsbereiches, etwa in der Wortverbindung „Winzerschorle“ für Weinschorle, nicht gilt. § 38 WeinV, der in Abs. 8 ausdrücklich auch Regelungen für weinhaltige Getränke trifft, verweist zwar in Abs. 1 auf Art. 57 Abs. 1 VO (EG) Nr. 607/2009, jedoch nur als Angabe zum Betrieb für Federweißer und andere abschließend aufgeführte Erzeugnisse, nicht aber für Weinschorle oder allgemein weinhaltige Getränke. Entsprechend wird auch durch diese Regelung die Verwendung des Begriffes „Winzer“ für Weinschorle nicht ausgeschlossen.

31

Die Angabe „Winzerschorle“ ist auch nicht unabhängig davon irreführend. Nach dem gemeinschaftsrechtlichen Begriff der Irreführung ist darauf abzustellen, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die fragliche Angabe wahrscheinlich auffassen wird. Es kommt also weder auf den flüchtigen Verbraucher noch umgekehrt auf den Weinkenner an (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2008 - 3 C 5.08 -, GewArch 2008, 501 und juris, Rn. 32, OVG RP Urteil vom 22. Oktober 2008 - 8 A 10809/08.OVG - DVBl. 2009, 1587 und juris, Rn. 23). Es besteht keine Veranlassung, im Geltungsbereich von § 25 WeinG von einem abweichenden Irreführungsbegriff auszugehen (Zipfel/Rathke, a.a.O., Rn. 17, 88 zu § 25 WeinG).

32

Maßgeblich für die Irreführungsgefahr ist danach die Verkehrsauffassung. Diese kann vom Gericht in eigener Sachkunde beurteilt werden, wenn es sich um einen Begriff handelt, dessen Verständnis in einem bestimmten Sinn einfach und naheliegend ist, die Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören und sich die Angabe auf Gegenstände des allgemeinen Bedarfs bezieht (BGH, Urteil vom 10. August 2000 - I ZR 126/98 - NJW-RR 2000, 1640 und juris, Rn. 29). Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

33

In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht ist der Senat der Auffassung, dass die Angabe „Winzerschorle“ im Zusammenhang mit der gesamten Aufmachung für die in Flaschen abgefüllte Weinschorle der Beigeladenen nicht geeignet ist, den Verbraucher irrezuführen.

34

Der Wortbestandteil „Winzer“ in dem Wort „Winzerschorle“ weckt bei dem Verbraucher nicht die Vorstellung, dass es sich um das Eigenerzeugnis eines Winzers handelt. Das Wort „Winzerschorle“ wird im allgemeinen Sprachgebrauch, außer für das Produkt der Beigeladenen, nur selten verwendet. Die Vorstellung, dass es sich um eine vom Winzer hergestellte Weinschorle handelt, wird damit nicht verbunden. Zwar ist das Wort „Winzer“ nach Art. 57 VO (EG) Nr. 607/ 2009 bei Wein Eigenerzeugnissen vorbehalten. Auch Verbraucher, denen dies bekannt ist, werden jedoch nicht annehmen, dass dies auch für Weinschorle gilt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass der Verbraucher auch bei Verwendung der Angaben „Winzertrunk“ oder „Winzerschoppen“ nicht von einem Eigenerzeugnis des Winzers ausgeht (vgl. Koch, Weinrecht, Kommentar, 4. Auflage Stand Mai 2008, Stichwort Marke Anm. 5.2.1.2). Dies gilt entsprechend und erst recht auch für die Angabe „Winzerschorle“, denn unter Winzer wird zwar ein Hersteller von Wein verstanden, nicht aber ein Hersteller von Weinschorle. Dem Beklagten ist allerdings einzuräumen, dass die vom Verwaltungsgericht gleichfalls zum Vergleich herangezogenen Begriffe „Winzersteak“, „Winzerschnitzel“ oder „Winzersalat“ sich auf dem Weinrecht nicht unterliegende Erzeugnisse beziehen und deshalb für das Verständnis des Wortes „Winzer“ für dem Weinrecht unterliegende Erzeugnisse nicht aussagekräftig sind, zumal der Bereich des Weinbezeichnungsrechts als besonders intensiv geregelt gilt (vgl. Zipfel/Rathke a.a.O, Rn. 31 zu § 25 WeinG). Auch der Begriff „Winzersekt“, unter dem der Verbraucher ein Eigenerzeugnis des Winzers versteht, ist zum Vergleich nicht geeignet. Hier besteht anders als bei „Winzerschorle“ eine gesetzliche Regelung (§ 34a WeinV) und eine darauf beruhende konkrete Verbrauchervorstellung, die vom Verbraucher aber wegen der erheblichen Unterschiede der Produkte Sekt und Schorle nicht auf „Winzerschorle“ übertragen wird.

35

Unabhängig von der Eigenschaft Eigenerzeugnis ist mit der Verwendung des Wortbestandteiles „Winzer“ auch nicht die Erwartung einer besonderen Qualität verknüpft, die das bezeichnete Produkt nicht erfüllt. Auch hierzu kann auf die Bedeutung der Begriffe „Winzerschoppen“ und „Winzertrunk“ verwiesen werden, die nicht für eine herausgehobene Qualität stehen (Koch, a.a.O.).

36

Für das Verständnis des Verbrauchers ist im Übrigen die Angabe „Winzerschorle“ in ihrem Zusammenhang zu betrachten. Ob eine Angabe irreführend ist, ist nicht abstrakt anhand einer isolierten Betrachtung zu beurteilen, sondern nach den Umständen des konkreten Einzelfalles und unter Einbeziehung des Kontextes, in dem die Verwendung der Angabe steht (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2012 - 3 B 87/11 - juris, Rn. 4).

37

Hierbei ist zunächst der Gebrauch für eine in Flaschen abgefüllte Weinschorle zu berücksichtigen.

38

Wenn das Wort Winzerschorle etwa auf einem Weinfest mit Ständen einzelner Winzer für dort ausgeschenkte Weinschorlen verwendet wird, mag nicht ausgeschlossen sein, dass der Verbraucher annimmt, der Winzer habe selbst erzeugten Wein mit Wasser gemischt. Etwas anderes gilt aber für in Flaschen abgefüllte Weinschorle. Dabei handelt es sich um ein, jedenfalls im hier maßgeblichen Gebiet des Weinlandes Rheinland-Pfalz, nicht häufig angebotenes Produkt, dessen Herstellung von dem Verbraucher auch nicht mit einem Winzer in Verbindung gebracht wird. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass das Herstellen und Abfüllen von Weinschorle in Flaschen nach der Vorstellung des Verbrauchers nicht zum Tätigkeitsbereich eines Winzers gehört. Daher verbindet ein verständiger Durchschnittsverbraucher mit dem Begriff „Winzerschorle“ auch nicht deren Herstellung durch einen bestimmten Winzer, nimmt ihn vielmehr als allgemeine Produktbezeichnung wahr, wie etwa diejenige des „Bauernbrotes“. Ob etwas anderes für den Vertrieb von „Winzer-Glühwein“ gilt, wie der Beklagte annimmt, braucht hier nicht entschieden zu werden.

39

Darüber hinaus sind die Gestaltung des Etiketts und die weitere Ausstattung zu berücksichtigen.

40

So ist erkennbar, dass die Angabe „Winzerschorle“ als Marke verwendet wird. Dies wird deutlich aus der emblemartigen Gestaltung des in Größe und Farbe von der übrigen Beschriftung abweichenden Schriftzugs, über dem die Worte „Die“ und „Original“ ein „W“ einrahmen, das eine stilisierte Weintraube umschlingt. Auf dem Hauptetikett findet sich dieses Emblem über der das Etikett durch Größe und Kontrast beherrschenden Angabe „Riesling-Weinschorle“. Wiederholt wird dieses Emblem auf dem Rücketikett sowie in abgewandelter Form als Beschriftung einer siegelartigen roten Kreisfläche auf der Flaschenbanderole und einem der Flasche angehängten Faltblatt.

41

Diese Verwendung als Marke verringert die Täuschungsgefahr. Zwar kann auch eine Marke das Publikum täuschen, weshalb sie in einem solchen Fall nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG nicht eintragungsfähig ist. Ferner ist die Täuschungseignung auch nicht ausgeschlossen, wenn die Marke „Winzerschorle“ im Markenregister eingetragen ist, (Zipfel/Rathke, a.a.O. Rn. 27 zu § 25 WeinG). So hat das Bundespatentgericht, das hier letztlich über die Eintragung entschieden hat, sich mit der Täuschungseignung gar nicht auseinandergesetzt, sondern lediglich das Freihaltungsbedürfnis geprüft (Beschluss vom 1. August 2001 - 26 W (pat) 43/01 -, juris, Rn. 12). Die Täuschungseignung der Marke „Winzerschorle“ ist hier aber aufgrund der gesamten Etikettgestaltung zu verneinen. Abgesehen davon, dass im Verkehr Markennamen wenig Informationsgehalt über die Marke hinaus beigemessen wird (Phantasiebezeichnung, vgl. § 25 Abs. 3 Nr. 3 WeinG, vgl. auch Koch, a.a.O.), vermag die Bezeichnung „Winzerschorle“ schon deshalb nicht mit der Tätigkeit eines einzelnen Winzers in Verbindung gebracht zu werden, weil das Etikett keinen bestimmten Winzer nennt. Stattdessen gibt das Rücketikett die Beigeladene als Herstellerin des Getränkes an, und zwar ausdrücklich als Weinkellerei (vgl. zum „irrtumsausschließenden“ Zusatz „e.G.“: BGH, Urteil vom 10. August 2000, a.a.O., juris, Rn. 26).

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es ist billig, dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

43

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

44

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

45

Beschluss

46

Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt (§§ 63, 52 Abs. 1 GKG).

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, der Klägerin zu untersagen, in der Etikettierung von Wein die Angabe „Weinbiet 554 N.N.“ zu verwenden, wenn sie im Zusammenhang mit dem weiteren rückseitigen Etikett mit dem Zusatz „Wir leben und arbeiten am Fuße des Weinbiets. Stolz tragen wir den Namen des 554 m hohen Berges, der schützend über uns thront.“ verwendet wird.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darum, ob der Beklagte berechtigt ist, der Klägerin zu untersagen, aus der Pfalz stammenden und von der Klägerin abgefüllten Wein unter Angabe des Begriffs „554 N.N. Weinbiet“ auf dem so genannten Vorder- oder Schauetikett in Verkehr zu bringen. Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

2

Nachdem das Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz, Institut für Lebensmittelchemie Speyer diese Etikettierung als problematisch angesehen hatten, weil der Begriff „Weinbiet“ einen geographischen Bezug habe, wies die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. September 2015 im Rahmen einer Anhörung darauf hin, dass der Begriff nach § 23 Weingesetz – WeinG – nicht verwandt werden dürfe; im Hinblick auf den weiteren Verfahrensablauf werde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

3

Hierzu vertrat die Klägerin sodann die Auffassung, dass sich aus dem Kontext der von ihr verwandten Etikettierung ergebe, dass sich die streitige Angabe auf die Genossenschaft als den Wein herstellen Betrieb beziehe, aber keine Herkunftsbezeichnung in Bezug auf den Wein darstelle. § 23 WeinG nehme Bezug auf Artikel 120 Absatz 1g der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, demzufolge bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Weinen mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung oder einer geschützten geographischen Angabe als fakultative Angaben Namen einer anderen geographischen Einheit, die kleiner oder größer ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung oder geographischen Angabe zugrunde liegt, zulässig seien. Hinsichtlich der danach zulässigen Bezeichnungen sei auf Art. 67 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 der Kommission vom 14. Juli 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates hinsichtlich der geschützten Ursprungsbezeichnungen und geographischen Angaben, der traditionellen Begriffe sowie der Kennzeichnung und Aufmachung bestimmter Weinbauerzeugnisse abzustellen, der laute: „Für die Verwendung des Namens einer geographischen Einheit, die kleiner ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung oder geographischen Angabe zugrunde liegt, muss das Gebiet der betreffenden geographischen Einheit genau definiert sein. Die Mitgliedstaaten können Vorschriften für die Verwendung dieser geographischen Einheiten erlassen. Mindestens 85 % der Trauben, aus denen der Wein gewonnen wurde, müssen aus dieser kleineren geographischen Einheit stammen. Die restlichen 15 % der Trauben müssen aus dem abgegrenzten geographischen Gebiet der betreffenden Ursprungsbezeichnung oder geographischen Angabe stammen.“ Die in Absatz 1 der Norm in Bezug genommene Bestimmung des Art. 60 Abs. 1g der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 sei zwischenzeitlich wortgleich ersetzt worden durch Artikel 120 Absatz 1g der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, so dass § 23 WeinG der vorliegend streitigen Angabe nicht entgegenstehe, weil sie nicht auf die Herkunft des Weines, sondern auf den erzeugenden Betrieb verweise.

4

Am 12. November 2015 hat die Klägerin sodann Klage erhoben. Sie begehrt unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens die Feststellung, dass der Beklagte nicht berechtigt sei, ihr zu untersagen, in der Etikettierung von Wein die streitige Angabe zu verwenden.

5

Die Angabe erfolge auf dem Schauetikett unter Hinweis auf z.B. „Riesling Classik“. Das rückseitige Etikett enthalte den Zusatz

6

„Wir leben und arbeiten am Fuße des Weinbiets. Stolz tragen wir den Namen des 554 m hohen Berges, der schützend über uns thront.“

7

und einen Hinweis, dass es sich um eine Erzeugerabfüllung der Winzergenossenschaft ... eG handele, außerdem wird dort das Wort „Pfalz“ verwandt.

8

Bei der vorliegend streitigen Angabe gehe es um eine Angabe zum Betrieb der Klägerin, die als Winzergenossenschaft ihren Sitz in A... habe, das am Fuße des Weinbiets, eines 554 m hohen Berges, auf dem kein Wein angebaut werde, liege. Bei dieser Angabe handele es sich nicht um eine Herkunftsangabe im geographischen Sinne zur Herkunft der Trauben oder des Weins. Insoweit müsse der Begriff „Weinbiet“ im Zusammenhang mit der weiteren Etikettierung gesehen werden, die eindeutig auf die Winzergenossenschaft Weinbiet hinweise, nicht aber isoliert betrachtet werden. Von daher bestehe auch keine Irreführungsgefahr. Hinzu komme, dass die Grafik mit der Angabe „Weinbiet 554 N.N.“ beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 30 2015 217 171 als Wort-/Bildmarke eingetragen sei.

9

Soweit der Beklagte auf Art. 93 Abs. 1b der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 Bezug nehme, sei diese Norm nicht einschlägig, denn nicht jede Angabe, die einen geographischen Bezug herstelle, stelle eine geographische Angabe im Sinne der Verordnung dar. Insoweit werde auf den Schlussantrag des Generalanwalts Jacobs vom 25. Mai 2000 in der EuGH-Rechtssache C-312/98, Rn. 2, verwiesen.

10

Im Übrigen müsse gesehen werden, dass die Winzergenossenschaft „Deutsches Weintor“ in ihren Schauetiketten stets nur die Angabe „Deutsches Weintor“ führe, ohne dass jemand auf die Idee komme, dass das fragliche Erzeugnis aus der unmittelbaren Umgebung des an der deutsch-französischen Grenze gelegenen Bauwerks „Deutsches Weintor“ stamme. Ebenso verhalte es sich bei Weinen, die unter den Angaben „ODINSTAL“ und „FORSTER“ vermarktet würden, und bei Sekten der Sektkellereien, „Schloss Wachenheim“, „Schloss Koblenz“ und „Schloss Vollrads“.

11

Die Klägerin beantragt,

12

festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, der Klägerin zu untersagen, in der Etikettierung von Wein die Angabe „Weinbiet 554 N.N.“ zu verwenden, insbesondere dann nicht, wenn sie im Zusammenhang mit dem dargestellten weiteren Etikett verwendet wird.

13

Der Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Der Beklagte ist der Auffassung, dass der Begriff „Weinbiet“ eine geographische Angabe im weinrechtlichen Sinne sei, denn darunter fielen nach Art. 93 Abs. 1b der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 Namen einer Gegend, eines bestimmten Ortes oder in Ausnahmefällen eines Landes, die zur Bezeichnung eines Erzeugnisses dienten, auf das diese Verordnung Anwendung finde. Von daher werde ein direkter Bezug auf den gleichnamigen Berg hergestellt. Nicht durch den Verordnungsgeber geschützte geographische Angaben dürften in der Etikettierung nur unter den Voraussetzungen des § 23 WeinG verwandt werden. Danach sei bei Erzeugnissen, die – wie vorliegend – mit dem Namen des Anbaugebietes Pfalz gekennzeichnet seien – nur die Angabe von Namen von in die Weinbergsrolle eingetragenen Lagen und Bereichen, kleinerer geographische Einheiten, die in der Liegenschaftskarte abgegrenzt und in einem geregelten Verfahren in die Weinbergsrolle eingetragen seien und die Angabe von Namen von Gemeinden und Ortsteilen zulässig. Diese Voraussetzungen lägen bei dem Begriff Weinbiet nicht vor. Soweit die Klägerin die Auffassung vertrete, dass mit dem Begriff auf den Namen ihrer Winzergenossenschaft hingewiesen werde, könne man sich dem nicht anschließen. Insoweit komme dem Umstand, dass das Wort Weinbiet auf dem Schauetikett besonders hervorgehoben sei und erst auf dem Rückseitenetikett auf die Winzergenossenschaft verwiesen werde, besondere Bedeutung zu. Im Übrigen sei die Angabe Weinbiet auch als irreführend anzusehen, weil sie auf einen Wein mit geographischer Angabe hinweise.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungsvorgänge, des Beklagten, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

17

Die Klage, über die die Kammer nach § 52 Nr. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - als örtlich zuständiges Gericht zu entscheiden hat, ist als Feststellungsklage nach § 43 VwGO zulässig.

18

Sie bezieht sich auf das Bestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis im Sinne dieser Norm sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben und verlangen, dass eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 - 8 C 19/94 –, BVerwGE 100, S. 262 ff. m.w.N.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 30. September 1999 - 3 C 39/98 -, DVBI. 2000, S. 636 m.w.N.) haben sich rechtliche Beziehungen dann zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist. Das Erfordernis einer Verdichtung der Rechtsbeziehungen zu einem „konkreten” Rechtsverhältnis rechtfertigt sich aus dem Anliegen, den Verwaltungsgerichten nicht die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen aufzubürden. Die Beantwortung solcher abstrakter Rechtsfragen, von denen unsicher ist, ob und wann sie für die Rechtsstellung des Betroffenen relevant werden, ist nicht Teil des den Gerichten vom Grundgesetz erteilten Rechtsschutzauftrages.

19

Bei Anwendung dieser Kriterien steht in tatsächlicher Hinsicht außer Frage, dass die Klägerin mit der Feststellungsklage einen konkreten Sachverhalt zur Beurteilung unterbreitet hat, denn die begehrte Feststellung bezieht sich auf die Zulässigkeit der Verwendung des Begriffs „Weinbiet“ in der Etikettierung bestimmter Weine.

20

Ferner steht der Klägerin ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des streitigen Rechtsverhältnisses zur Seite. Mit der Feststellungsklage erstrebt sie zwar letztlich vorbeugenden Rechtsschutz, der als Zulässigkeitserfordernis das Vorhandensein qualifizierter Rechtsschutzvoraussetzungen verlangt. Es muss ein spezielles auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse bestehen, das heißt, es muss eine begründete Besorgnis bestehen, bei der Vornahme der beabsichtigten Handlung nicht zumutbaren Rechtsfolgen ausgesetzt zu sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. September 1999 a.a.O.). Vorliegend ist ein derartiges besonderes Feststellungsinteresse zu bejahen, weil sich die gesetzlichen Vertreter der. Klägerin im Falle der Verwendung einer unzulässigen Angabe auf den Etiketten von Weinen möglicherweise nach §§ 48, 49 WeinG in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2011 (BGBl. I S. 66), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Januar 2016 (BGBl. I S. 52), strafbar machen oder eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 50 WeinG begehen könnten (vgl. zum Feststellungsinteresse auch BVerwG, Urteil vom 13. Januar 1969 - 1 C 86.64 -, BVerwGE 31, S. 177).

21

Des Weiteren steht der Zulässigkeit der Klage die Bestimmung des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen, der zufolge eine Feststellung nicht begehrt werden kann, wenn die Klägerin ihre Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Vorliegend stand der Klägerin indessen die Möglichkeit der Erhebung einer Anfechtungsklage, die allein in Betracht kommen könnte, bislang nicht offen, denn in den gegenüber der Klägerin ergangenen Stellungnahmen des Beklagten kann noch kein anfechtbarer Verwaltungsakt im Sinne des gemäß § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz - LVwVfG - anwendbaren § 35 des Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes - VwVfG - gesehen werden; insbesondere können die ergangenen Schriftsätze des Beklagten aufgrund der in ihnen enthaltenen Formulierungen weder als feststellender Verwaltungsakt noch als Verbotsverfügung qualifiziert werden.

22

Die demnach zulässige Klage ist auch in der Sache begründet.

23

Richtiger Beklagter für das Begehren der Klägerin ist dabei das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch die Präsidentin der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier, denn diese Behörde wäre gemäß § 1 Abs. 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Weinrechts – WeinRZustV - vom 12. Oktober 2011 (GVBl. S. 382) für den Erlass einer eventuellen Untersagungsverfügung, die ihre Rechtsgrundlage in § 31 Abs. 7 WeinG in Verbindung mit den dort genannten Bestimmungen des § 39 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) finden würde, zuständig. Nach diesen Bestimmungen trifft die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zum Schutz vor Täuschung erforderlich sind; sie kann insbesondere das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. September 2013 – 8 A 10219/13.OVG -, juris).

24

Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 WeinG dürfen Erzeugnisse, die den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft, dem Weingesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht entsprechen, nicht in den Verkehr gebracht, eingeführt oder ausgeführt werden, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist.

25

Vorliegend gibt die von der Klägerin beim Vertrieb Ihrer Weine benutzte Etikettierung indessen keinen Anlass zu rechtlichen Beanstandungen durch den Beklagten.

26

Rechtsgrundlage für die Kennzeichnung und Aufmachung im Weinsektor ist die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347, S. 671) – Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 –, geändert durch Verordnung (EU) Nr. 1310/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 (ABl. L 347, S. 865 berichtigt in ABl. L 189, S. 261).

27

Nach Art. 117 Halbsatz a) der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 bezeichnet der Ausdruck „Kennzeichnung“ u.a. die Angaben, Bezeichnungen, Hersteller- oder Handelsmarken, Abbildungen oder Zeichen auf Etiketten, wobei die Etikettierung gemäß Art. 118 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 3a der Richtlinie 2000/13 alle Angaben, Kennzeichnungen, Hersteller- oder Handelsmarken, Abbildungen oder Zeichen umfasst, die sich auf ein Lebensmittel beziehen und auf jeglicher Art von Verpackung, Schriftstück, Tafel, Etikett, Ring oder Verschluss angebracht sind und dieses Lebensmittel begleiten oder sich auf dieses Lebensmittel beziehen, so dass auf die gesamte Etikettierung des Weins, also sowohl auf das so genannte Schauetikett als auch auf das Rückenseitenetikett abzustellen ist (vgl. insoweit auch EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015 – C-195/14 –, juris Rd.-Nr. 41 und BGH, Urteil vom 10. Dezember 2015 – I ZR 222/13 –, juris Rd.-Nr. 44).

28

Nach Art. 119 Abs. 1e der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 gehört bei der Kennzeichnung von Wein, der gemäß Anhang VII Nr. 1 der Verordnung zu den von dieser Norm erfassten Erzeugnissen gehört, die Angaben der Herkunft und des Abfüllers zu den obligatorischen Angaben bei der Kennzeichnung, wobei sich die Herkunft des Weines im Sinne dieser Bestimmung danach richtet, wo die Trauben gewachsen sind, nicht aber danach, wo der Wein erzeugt und abgefüllt wurde. Des Weiteren gehört bei Weinen, die den Zusatz „Classik“ tragen und bei denen es sich von daher um Qualitätsweine bestimmter Anbaugebiete und damit um einen Wein mit geschützter Ursprungsbezeichnung handeln muss [vgl. Art. 40 und Anhang XII, Teil A der Verordnung (EG) Nr. 607/2009, §§ 3 Abs. 1 und 5 WeinG, 32a WeinverordnungWeinV – in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. April 2009 (BGBl. I S. 827), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. April 2015 (BGBl. I S. 614)], gemäß Art. 119 Abs. 1b ii der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 der Name der geschützten Ursprungsbezeichnung zu den obligatorischen Angaben.

29

Ausgehend hiervon stellen die auf dem von der Klägerin so genannten Rückenetikett angebrachten Angaben des Abfüllers – Winzergenossenschaft ... eG – und des Anbaugebiets – Pfalz – obligatorische Angaben bei der Etikettierung dar.

30

Des Weiteren darf gemäß Art. 120 Abs. 1g der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 bei Weinen der vorliegenden Art als fakultative Angabe der Name einer anderen geographischen Einheit, die kleiner oder größer ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung oder geographischen Angabe zugrunde liegt – hier also Pfalz –, angegeben werden. Diese Vorschrift wird indessen durch Art. 67 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 der Kommission vom 14. Juli 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates hinsichtlich der geschützten Ursprungsbezeichnungen und geographischen Angaben, der traditionellen Begriffe sowie der Kennzeichnung und Aufmachung bestimmter Weinbauerzeugnisse (ABl. L 193, S. 60), zuletzt geändert durch Durchführungsverordnung (EU) Nr. 753/2013 der Kommission vom 2. August 2013 (ABl. L 210, S. 21), ergänzt. Diese Verordnung (EG) Nr. 607/2009 ist im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 anwendbar. Dies ergibt sich aus den Bezugnahmen in Art. 49 ff. der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 auf die Verordnung (EG) Nr. 479/2008, die durch Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 491/2009 mit der Maßgabe aufgehoben wurde, dass Verweise auf die aufgehobene Verordnung als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 gelten, wobei gemäß Art. 230 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1308/2013 Verweise auf diese Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 wiederum als Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 gelten.

31

Nach Art. 67 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 dürfen der Name einer geographischen Einheit und Bezugnahmen auf geographische Gebiete nur auf dem Etikett von Weinen mit geschützter Ursprungsbezeichnung stehen. Gemäß Art. 67 Abs. 2 Satz 1 der Bestimmung muss für die Verwendung des Namens einer geographischen Einheit, die kleiner ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung zugrunde liegt, das Gebiet der betreffenden geographischen Einheit genau definiert sein. Gemäß Art. 67 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 können die Mitgliedstaaten Vorschriften für die Verwendung dieser geographischen Einheiten erlassen. Art. 67 Abs. 3 der Verordnung legt dabei fest, dass der Name einer geographischen Einheit, die kleiner oder größer ist das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung zugrunde liegt, bestehen muss aus dem Namen a) einer Lage oder einer Einheit, die mehrere Lagen umfasst, b) einer Gemeinde oder eines Ortsteils, c) eines Untergebiets oder des Teils eines Untergebiets, d) einer Verwaltungseinheit. Art. 70 Abs. 1 der Verordnung legt des Weiteren fest, dass von den Mitgliedstaaten für in ihrem Hoheitsgebiet hergestellte Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung die Angaben gemäß Art. 67 zwingend vorgeschrieben, verboten oder hinsichtlich ihrer Verwendung eingeschränkt werden können.

32

Auf der Grundlage von Art. 67 Abs. 2 Satz 2, Art. 70 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 607/2009 hat der nationale Gesetzgeber weitere Regelungen geschaffen.

33

Nach § 3 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 5 WeinG werden u.a. für Qualitätsweine bestimmte Anbaugebiete festgelegt, darunter auch das Anbaugebiet Pfalz. Soweit diese Bezeichnungen der bestimmten Anbaugebiete nach europäischem Recht geschützt sind, gelten u.a. für die Qualitätsweine dieser Anbaugebiete die Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union über Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung, sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

34

Auf dieser Grundlage dürfen nach § 23 Abs. 1 WeinG u.a. bei Qualitätsweinen, die mit dem Namen eines bestimmten Anbaugebietes i.S.d. § 3 Abs. 1 WeinG benannt sind, zusätzlich nur angegeben werden 1) die Namen von in die Weinbergsrolle eingetragenen Lagen und Bereichen, 2) die Namen kleinerer geographischer Einheiten, die in der Liegenschaftskarte abgegrenzt sind, soweit diese Namen in die Weinbergsrolle eingetragen sind, 3) die Namen von Gemeinden und Ortsteilen.

35

Gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 5 WeinG wird der Verordnungsgeber außerdem ermächtigt, Vorschriften über geographische Bezeichnungen zu erlassen und zu regeln, in welcher Weise vorgeschriebene Bezeichnungen und sonstige Angaben auf Behältnissen angebracht sein müssen. Auf dieser Grundlage enthält § 39 WeinV weitere – vorliegend allerdings nicht einschlägige – Bestimmungen, weil es vorliegend nicht um eine Verwendung der in § 23 WeinG genannten geographischen Angaben geht, denn zur Überzeugung der Kammer stellt nicht jedes Wort, das einen geographischen Bezug hat, stets eine geographische Angabe im vorbezeichneten Sinn dar.

36

So verweist z.B. Koch in seiner Kommentierung zum Weinrecht unter dem Stichwort „Herkunftsangaben“ u.a. – nach Auffassung der Kammer zutreffend – darauf hin, dass Herkunftsangaben sich sowohl auf das Erzeugnis als solches als auch auf den Sitz einer Betriebsstätte beziehen können und von daher an sich wertneutral sind.

37

Des Weiteren merkt der Generalanwalt Jacobs in seinem Schlussantrag vom 25. Mai 2000 im Verfahren C-312/08 vor dem Europäischen Gerichtshof zutreffend an, dass die Terminologie in diesem Bereich selbst die Gefahr birgt, eine ergiebige Quelle für Verwechslungen zu sein; geographische Angaben könnten sowohl einen Hinweis auf die Eigenschaft eines Weines als auch auf seine Herkunft enthalten.

38

Von daher könnte das einen Berg bezeichnende Wort „Weinbiet“ bei isolierter Betrachtung grundsätzlich sowohl dahingehend verstanden werden, dass der fragliche Wein aus einem Weinanbaugebiet mit diesem Namen stammt, als auch dahingehend, dass der Wein an einem Ort oder von einem Betrieb mit diesem Namen abgefüllt wurde.

39

Allerdings muss bei der Beantwortung der Frage, ob ein bei der Etikettierung verwandter Begriff eine geographische Angabe darstellt, die gesamte Etikettierung, also Vorderseiten- und Rückseitenetikett in den Blick genommen werden. Die gesamte Etikettierung soll nämlich vor allem der Unterrichtung und dem Schutz der Verbraucher dienen, sie soll Auskunft über die genaue Art und die Merkmale der Erzeugnisse geben und es so dem Verbraucher ermöglichen, sachkundig seine Wahl zu treffen. Der Käufer soll über korrekte, neutrale und objektive Informationen verfügen, durch die er nicht irregeführt wird. Dabei muss bei der Beurteilung der Frage, ob eine Etikettierung den Käufer irreführen kann, hauptsächlich auf die mutmaßliche Erwartung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers mit einer gewissen Allgemeinbildung (vgl. insoweit EuGH, Urteil vom 12. September 2007 – T-304/05 –) abgestellt werden, die dieser in Bezug auf den Ursprung, die Herkunft und die Qualität des Erzeugnisses hegt. Es kommt also weder auf den flüchtigen Verbraucher noch umgekehrt auf den Weinkenner und auch nicht auf den beruflich mit weinrechtlichen Fragen befassten Bediensteten einer Behörde an (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Oktober 2008 - 8 A 10809/08.OVG -, ESOVGRP). Abzustellen ist vielmehr auf den gelegentlichen Weinkäufer, der gewisse Elementarkenntnisse über Weinsorten und Weinlagen wie überhaupt über den Weinbau hat (vgl. Zipfel, Lebensmittelrecht, § 25 WeinG Rn. 16). Aufgabe der Etikettierung ist demnach vor allem, dass der wie vorstehend beschriebene Durchschnittsverbraucher nicht irregeführt und nicht zu der irrtümlichen Annahme verleitet wird, dass das Erzeugnis einen anderen Ursprung, eine andere Herkunft oder eine andere Eigenschaft als in Wirklichkeit hat (vgl. zu alledem auch EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015 – C-195/14 – zur Richtlinie Nr. 2000/13/EG, auf die Art. 118 Abs. 1 der vorliegend einschlägigen Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 verweist).

40

Von daher kann angesichts dessen, dass auf dem Vorderetikett des Weins die Angabe Weinbiet mit dem Zusatz 554 N.N. versehen ist, von einem Durchschnittsverbraucher erwartet werden, dass er das Schauetikett nicht isoliert betrachtet, sondern auch das Rückenseitenetikett in Augenschein nimmt, denn aufgrund der allgemein verständlichen Höhenangabe 554 N.N. muss sich ihm der Eindruck aufdrängen, dass in Deutschland in einer derartigen Höhe üblicherweise kein Wein angepflanzt wird, so dass diese Angabe von vornherein als geographische Angabe zur Herkunft des Weines, der Anbaufläche des Weins, ausscheidet. Bei einer Betrachtung des rückseitigen Etiketts wird indessen zweifelsfrei deutlich, dass das Wort Weinbiet Teil des Namens der Klägerin ist, die ihren Betriebssitz am Fuße des Berges Weinbiet hat.

41

Wenn dann weiter berücksichtigt wird, dass die in der Etikettierung verwandte Grafik mit der Angabe Weinbiet und einer einen Berg darstellenden Zeichnung mit dem Zusatz 554 N.N. als Marke geschützt ist, die Eintragung einer Marke aber gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen – Markengesetz – nicht erfolgen darf, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung der geographischen Herkunft dienen können, spricht auch diese Markeneintragung gegen die Annahme einer geographischen Angabe in Bezug auf die Herkunft des Weins.

42

Ausgehend von alledem vermag das Gericht die Angabe „Weinbiet“ nicht als geographische Angabe im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 zu qualifizieren, weil sie bei einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher keinen Rückschluss auf einen bestimmten, konkreten Ort, an dem die Trauben gewachsen sind, und erst recht nicht auf eine bestimmte Weinlage ermöglicht.

43

Des Weiteren ist die von der Klägerin verwandte Etikettierung auch nicht irreführend im Sinne des Art. 118 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 a, i der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür. Sie ist nämlich aus den vorstehend dargelegten Gründen nicht geeignet, den Verbraucher irrezuführen in Bezug auf Ursprung oder Herkunft des Weins.

44

Von daher erweist sich die streitige Angabe als zulässig, so dass die Klage begründet ist.

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

46

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.

47

Gründe, nach § 124a Abs. 1 VwGO die Berufung zuzulassen, sind nicht gegeben, denn die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch liegt eine Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vor.

48

Beschluss

49

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG auf 10.000,00 € festgesetzt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 10. Dezember 2003 - 7 E 11665/03.OVG – und vom 11. September 2013 - 8 A 10219/13.OVG -).

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Der Kläger betreibt als Einzelhandelskaufmann ein Weingut in ..., zu dessen Rebflächen u. a. Flächen in der in der Weinbergsrolle eingetragenen in der Gemeinde I. gelegenen Einzellage „... -Berg“ gehören. Die Parteien streiten um die Bezeichnung von in dieser Weinlage erzeugtem Wein.

Die Regierung von Unterfranken erteilte für einen Wein der Rebsorte Riesling aus dem Jahrgang 2011, der in der Weinlage I. ...-Berg erzeugt worden war, die amtliche Prüfungsnummer. Der Kläger beabsichtigte, diesen Wein mit folgender Etikettierung in den Verkehr zu bringen:

„Frontetikett“:

Weingut

...

Franken

2011er

...-Berg

Riesling

Gutsabfüllung ...

„Rückenetikett“:

2011er I. ...-Berg

Riesling trocken

Deutscher Qualitätswein ∙ Enthält Sulfite

Weingut ... Gutsabfüllung

AP-Nr. ...

0,75 L alc. 12,5% vol

FRANKEN

Am 21. Juni 2012 nahm das Landratsamt K. - Verbraucherschutz und Veterinärwesen - gemäß § 42 LFGB eine Probe dieses auf die beschriebene Weise etikettierten Weines und leitete diese an das Bayer. Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit weiter. Dieses kam unter dem 24. Juli 2012 zu der Beurteilung, auf der Grundlage von Art. 67 Abs. 1 und Abs. 2 Verordnung (EG) 607/2009 und § 23 Abs. 1 WeinG bestimme § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV, dass bei der Verwendung des Namens einer Lage in der Bezeichnung eines Qualitätsweines b. A. diesem Namen der Name der Gemeinde oder des Ortsteiles hinzuzufügen sei. Auf dem Etikett des untersuchten Qualitätsweines b.A. mit der g. U. „Franken“ sei auf dem Rückenetikett die Lage „...-Berg“ zusammen mit der Gemeinde „I.“ angegeben. Auf dem Frontetikett sei die Lage „...-Berg“ ohne die nach Weinbergsrolle zugehörige Gemeinde bzw. den zugehörigen Ortsteil gekennzeichnet. Da auf dem Frontetikett der Name der Lage „...-Berg“ ohne die Hinzufügung des Namens der Gemeinde oder des Ortsteils gekennzeichnet sei, entspreche diese Angabe nicht § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV. Die korrekte Angabe von Lage und Gemeinde auf dem Rückenetikett sei nicht ausreichend, da der Bezeichnung des Lagenamens auf dem Front-tikett die vorgeschriebene Hinzufügung des Gemeindenamens fehle. Nach § 27 Abs. 1 WeinG dürften Erzeugnisse, die u. a. diesem Gesetz nicht entsprächen, nicht in den Verkehr gebracht, eingeführt oder ausgeführt werden, soweit nichts Abweichendes bestimmt sei (z. B. durch Ausnahmegenehmigung).

Daraufhin brachte der Kläger den Wein nicht unter dieser Etikettierung in den Verkehr.

II.

Am 26. Juni 2013 ließ der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben und beantragen, festzustellen:

Der Kläger ist berechtigt, zur Kennzeichnung der auf seinen Rebflächen erzeugten und in den Verkehr zu bringenden bzw. gebrachten Qualitätsweinen b.A. der Lage „...-Berg“ dahingehend zu verfahren, dass die Ortsbezeichnung „I.“ bzw. „I.“ als Name der Gemeinde oder des Ortsteils i. S. von § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV nicht zusammen mit dem Lagenamen auf dem Frontetikett, sondern auf dem Rückenetikett aufgeführt ist.

Zur Begründung wurde ausgeführt, auf der Grundlage einer Anfrage des Fränkischen Weinbauverbandes e.V. habe sich das Bayer. Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit mit Schreiben vom 3. Dezember 2012 dahingehend geäußert, aus der Formulierung des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV gehe unmissverständlich hervor, dass beim Lagenamen auch immer der Gemeinde-/Ortsteilname dabeistehen müsse. Durch die Vorschrift werde einer möglichen Irreführung der Verbraucher durch die undifferenzierte Verwendung von gleichlautenden Lagenamen in Alleinstellung entgegengewirkt.

Die vorliegende Feststellungsklage sei zulässig, insbesondere stehe der in § 43 Abs. 2 VwGO normierte Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage deren Zulässigkeit nicht entgegen, da die vorrangige Gestaltungs- oder Leistungsklage im vorliegenden Fall ausgeschlossen sei. Dies ergebe sich daraus, dass der Kläger im Fall des Inverkehrbringens des Weines mit der begehrten Etikettierung den Erlass eines Bußgeldbescheides riskiere.

Entgegen der durch den Beklagten vertretenen Rechtsauffassung sei der Kläger berechtigt, zur Kennzeichnung des genannten Weines die Ortsbezeichnung „I.“ bzw. „I.“ als Namen der Gemeinde oder eines Ortsteiles i. S.v. § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV nicht zusammen mit dem Lage-namen auf dem Frontetikett, sondern auf dem Rückenetikett zu verwenden. Der Beklagte lege § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV dahin aus, dass bei Verwendung des Namens einer Lage zur Bezeichnung eines Qualitätsweins b.A. der Name der Gemeinde oder des Ortsteiles immer hinzuzufügen sei. Diese Auslegung sei mit den Vorgaben des Weingesetzes und mit europarechtlichen Vorgaben nicht vereinbar.

§ 22b WeinG regele den Schutz geographischer Bezeichnungen dahingehend, dass geographische Bezeichnungen die Ursprungsbezeichnungen und die geographischen Angaben i. S. d. Art. 118b Abs. 1 Buchst. a) und b) Verordnung (EG) Nr. 1234/2007, die Namen von in die Weinbergsrolle eingetragenen Lagen und Bereichen (§ 22b Nr. 2 WeinG) sowie Namen von Gemeinden und Ortsteilen, die im geschäftlichen Verkehr zur Bezeichnung eines Erzeugnisses genutzt würden (§ 22b Nr. 3 WeinG), seien. Gemäß § 23 Abs. 1 WeinG dürften zusätzlich zum Namen des Anbaugebietes nur die Namen von in die Weinbergsrolle eingetragenen Lagen und Bereichen und die Namen von Gemeinden und Ortsteilen angegeben werden. Hieraus ergebe sich, dass den Erzeugern dieser Weine das alternative Recht eingeräumt sei, Lage- und Gemeindenamen entweder unabhängig voneinander oder in Kombination miteinander zu verwenden. Dem widerspreche die in § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV erfolgte Maßgabe, wonach bei der Verwendung des Namens einer Lage zur Bezeichnung eines Qualitätsweins b. A. dem Lagenamen der Name der Gemeinde oder des Ortsteils hinzuzufügen sei.

§ 23 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 WeinG mit der aufgezeigten Alternativität entspreche den Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts. Für bestehende geschützte Weinnamen sei gemäß Art. 118s Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 der automatische Schutz im Rahmen dieser Verordnung angeordnet. Diese nehme auf die Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 Bezug, deren Art. 51 Namen kleinerer geographischer Einheiten bestimme. Es handele sich um den Namen einer Lage oder einer Einheit, die mehrere Lagen umfasse, um eine Gemeinde oder einen Teil einer Gemeinde, um ein Weinbauuntergebiet oder einen Teil eines Weinbauuntergebietes oder um ein anderes Gebiet als ein bestimmtes Anbaugebiet. Aus dieser vierfachen Alternativität zur Bestimmung des Namens einer kleineren geographischen Einheit ergebe sich, dass die Kategorie der Weinkennzeichnung nicht notwendigerweise von der Angabe des Namens einer Gemeinde oder eines Teils einer Gemeinde abhängig sei.

Die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 differenziere im Rahmen der Kennzeichnung und Aufmachung im Weinsektor zwischen obligatorischen Angaben einerseits, fakultativen Angaben andererseits, zudem hebe sie ab auf die in der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 getroffenen Regelungen. Diese stellten darauf ab, dass die obligatorischen Angaben zusammen im gleichen Sichtbereich auf dem Behältnis anzubringen seien, so dass sie gleichzeitig gelesen werden könnten, ohne dass es erforderlich sei, dass Behältnis umzudrehen. Da es sich bei dem Namen der Lage einerseits, dem Namen einer Gemeinde andererseits um fakultative Angaben handele, unterlägen sie nicht diesem strengen Gebot.

Die vom Beklagten vertretene Auffassung könne auch nicht mit wettbewerbsrechtlichen Argumenten gestützt werden, da die Lage „...-Berg“ im internationalen Wettbewerb der Weinerzeuger als Alleinstellungsmerkmal anerkannt und verwendbar sei, so dass es sich mangels Verwechselbarkeit nicht um eine irreführende Herkunftsangabe handeln könne. Damit sei die vom Beklagten vertretene Auslegung des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV nicht hinnehmbar, dies auch im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses habe festgestellt, dass die Eintragung von Lagenamen in die Weinbergsrolle eine nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zulässige Berufsausübungsregelung darstelle. Das Bundesverfassungsgericht gehe in seiner Entscheidung vom 22. Mai 1979 weiter davon aus, dass die Lage als Qualitätskennzeichen eines Weines im Lichte der Wettbewerbsfreiheit der Erzeuger zu interpretieren sei. Auf dieser Basis sei § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die „Hinzufügung eines Gemeindenamens“ nicht notwendigerweise im „gleichen Sichtbereich“ auf dem Behältnis, d. h. im Frontetikett erfolgen müsse. Vielmehr sei es verfassungsrechtlich geboten, zuzulassen, den Lagenamen auf dem Frontetikett, den Gemeindenamen hingegen auf dem Rückenetikett anzubringen.

In wettbewerbsrechtlicher Hinsicht sei eine irreführende Herkunftsangabe durch diese Praxis nicht gegeben. Anders sei dies beispielsweise bei dem Lagenamen „Stein“, der sowohl für Würzburger wie für Stettener Rebanlagen Verwendung finde.

Zugleich ließ der Kläger ein Gutachten von Prof. Dr. ... mit dem Titel „Die Lage als weinrechtliches Qualitätskennzeichen“ zur weiteren Begründung der Klage vorlegen.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde vorgebracht, aus der Formulierung des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV ergebe sich, dass beim Lagenamen grundsätzlich immer der Gemeinde-/Ortsteilname dabeizustehen habe. Bei der Auslegung dieser Vorschrift sei vom Wortlaut der Norm auszugehen, welcher die unmittelbare räumliche Verbindung von Lagenamen und Gemeinde-/Ortsteilnamen vorschreibe. Nichts anderes ergebe sich aus der Systematik der Weinverordnung beim Vergleich von § 39 Abs. 1 Nr. 2 und § 39 Abs. 1 Nr. 1 WeinV.

Auch die Entstehungsgeschichte bestätige dies. § 10 Abs. 11 Satz 2 WeinG 1971 (BGBl I S. 893) habe gelautet: „Bei der Wahl eines Lagenamens ist außerdem die Gemeinde oder der Ortsteil anzugeben“. Diese Regelung sei im Jahr 1994 durch § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV ersetzt worden.

Der Wortlaut des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV sei von der Ermächtigungsgrundlage des § 24 Abs. 2 WeinG gedeckt.

Europarechtlich handele es sich bei der Angabe der Lage um die Angabe einer geographischen Einheit, die kleiner sei als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung oder der geographischen Angabe zugrunde liege. Allerdings sei es europarechtlich nicht geboten, Lage und Gemeinde gemeinsam und räumlich verbunden anzugeben. Andererseits sei es europarechtlich den Mitgliedsstaaten der EU auch nicht ausdrücklich untersagt, zusätzliche Vorschriften für die auf ihrem Gebiet erzeugten Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung oder geographischer Angabe über die Etikettierung und Aufmachung zu erlassen. Dies ergebe sich aus Art. 67 Verordnung (EG) Nr. 607/2009.

Der Kläger stelle auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. ... die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV in den Raum. Gemäß der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes enthielten die Vorschriften zur geographischen Herkunftsbezeichnung eine Berufsausübungsregelung. Diese könne durch jede sachgerechte und vernünftige Erwägung des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Die vom Gesetzgeber gewählten Mittel müssten aber zur Zielerreichung geeignet und erforderlich sein und die Grenzen des Zumutbaren einhalten.

Die zusätzliche Angabe des Gemeindenamens zur Lagebezeichnung diene der Information und dem Schutz des Verbrauchers. Erst die Angabe des Gemeindenamens zusammen mit dem Lagenamen ermögliche dem Verbraucher die genaue geographische Zuordnung des Weines, dies nicht zuletzt wegen der vorhandenen Namensgleichheit von Lagen. Es gebe auch kein weniger belastendes Mittel. Demgegenüber sei die vom Kläger beanstandete Regelung aber zumutbar.

An der zumutbaren Regelung ließe sich nur dann zweifeln, wenn man davon ausginge, dass der angesprochene Kundenkreis keines Schutzes bedürfe, weil er nicht irregeführt werde. Allerdings verhindere erst die Kombination von Lage- und Gemeindenamen für den Verbraucher eine Irreführung, da erst dann eine ausreichende Information vorhanden sei. Dies ergebe sich daraus, dass der Verbraucher durch die stets erforderliche Hinzufügung des Gemeindenamens zum Lagenamen scheingeographische Phantasiebezeichnungen i.d.R. als solche erkenne und diese deshalb nicht geeignet seien, ihn irrezuführen und einen Lagenamen vorzutäuschen, was demgegenüber bei der Möglichkeit der alleinigen Angabe der Lagenamen geschehen könnte.

Zudem diene die Regelung auch der Unterscheidung von gleichlautenden Lagenamen. Demgegenüber stelle der Vorschlag im vorgelegten Gutachten, der jeweils bekannteren Lage den Vorzug einzuräumen und nur die weniger bekannte Lage zwingend mit dem Gemeindenamen zu kombinieren, keine sachgerechte Lösung dar. Durch eine derartige Regelung käme es zu einer nicht hinnehmbaren Wettbewerbsverzerrung.

Zudem bestehe Verwechslungsgefahr auch bei Namensgleichheiten von Lagen und Gemeinden (Homburger Kallmuth einerseits, Gössenheimer Homburg andererseits).

Hieraus ergebe sich, dass das in § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV festgeschriebene Erfordernis des Hinzufügens des Gemeindenamens sowohl für das „Schauetikett“ als auch für das „gesetzliche Etikett“ gelte.

Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 30. April 2015, auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf die einschlägigen Verwaltungsakten des Beklagten, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Gründe

Gegenstand des Klagebegehrens ist die Feststellung, dass der Kläger dazu berechtigt ist, zur Kennzeichnung der auf seinen Rebflächen der in I. gelegenen Lage ...-Berg erzeugten und in den Verkehr zu bringenden Qualitätsweinen b. A. neben der Angabe der Lagebezeichnung „...-Berg“ unter Hinzufügung des Ortsnamens „I.“ bzw. „I.“ auf einem Flaschenetikett auf einem weiteren auf der anderen Flaschenseite angebrachten Etikett lediglich die Lagebezeichnung „...-Berg“ anzugeben, ohne den Ortsnamen „I.“ bzw. „I.“ hinzuzufügen.

Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO zulässig; es geht um einen Meinungsstreit zwischen den Beteiligten hinsichtlich eines konkreten die Bezeichnung bestimmter Weine betreffenden Sachverhalts, der durch öffentlich-rechtliche Normen geregelt ist und der Auswirkungen auf ein bestimmtes Tun des Klägers hat (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 43 Rn. 12 ff.). Das berechtigte Interesse des Klägers an der Feststellung ergibt sich daraus, dass die gerichtliche Entscheidung dazu geeignet sein kann, seine Rechtsposition beim Streit um die genannte Bezeichnung bestimmter Weine zu verbessern (Happ, a. a. O., § 43 Rn. 30). Das vorliegende Verfahren ist dazu geeignet, den erforderlichen Rechtsschutz auf ein einziges gerichtliches Verfahren zu konzentrieren (Happ, a. a. O., § 43 Rn. 41), zumal es bei öffentlich-rechtlichen Körperschaften wie dem Beklagten nicht der unmittelbaren Rechtsgestaltung oder des Vollstreckungsdrucks aufgrund eines Leistungs- oder Gestaltungsurteils bedarf (Happ, a. a. O., § 43 Rn. 43).

Die Klage erweist sich jedoch als unbegründet. Der Kläger hat gemäß der Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (Schmidt in Eyermann, VwGO, Kommentar, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 46 f.) keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Feststellung durch das Gericht, bei der Etikettierung von in der Lage ...-Berg erzeugten Weinen neben der Angabe des Lagenamens unter Hinzufügung des Gemeindenamens auf dem einen Etikett auf einem weiteren auf der anderen Flaschenseite angebrachten Etikett lediglich den Lagenamen ...-Berg ohne Hinzufügung des Gemeindenamens angeben zu dürfen.

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Rechtsgrundlage für die Kennzeichnung und Aufmachung im Weinsektor ist die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347, S. 671) - Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 - geändert durch Verordnung (EU) Nr. 1310/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 (ABl. L 347, S. 865 berichtigt in ABl. L 189, S. 261). Diese ab dem 20. Dezember 2013 in Kraft getretene und im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung anwendbare Verordnung hat gemäß ihrem Art. 230 Abs. 1 die vom Kläger zitierte Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 aufgehoben und ersetzt.

Nach Art. 119 Abs. 1 Buchst. b) i. V. m. Abs. 3 Buchst. a) Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 umfasst die Kennzeichnung und Aufmachung von Wein mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung den Begriff der geschützten Ursprungsbezeichnung und den Namen der geschützten Ursprungsbezeichnung, ggf. stattdessen einen traditionellen Begriff i. S. d. Art. 112 Verordnung (EU) Nr. 1308/2013. Hierbei handelt es sich u. a. um den Begriff „Qualitätswein b.A.“ (vgl. Art. 112 Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 i. V. m. Verordnung (EG) Nr. 607/2009, Anhang XII Teil A - Deutschland; vgl. hierzu auch Rathke/Boch, Weinrecht, Kommentar, 2012, § 22b WeinG Rn. 46 ff.). Diesen Begriff „Qualitätswein b.A.“ in Verbindung mit dem Weinnamen Franken (Art. 107 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1308/2013; Rathke/Boch, a. a. O. Rn. 59) verwendet der Kläger bei der Etikettierung seiner Weine.

Nach Art. 120 Abs. 1 Buchst. g) Verordnung (EG) Nr. 1308/2013 kann die Kennzeichnung und Aufmachung von Wein neben anderen Angaben insbesondere für Weine mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung den Namen einer anderen geografischen Einheit, die kleiner oder größer ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung zugrunde liegt, als fakultative Angabe umfassen.

Diese Vorschrift wird durch Art. 67 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 der Kommission vom 14. Juli 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates hinsichtlich der geschützten Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben, der traditionellen Begriffe sowie der Kennzeichnung und Aufmachung bestimmter Weinbauerzeugnisse (ABl. L 193, S. 60), zuletzt geändert durch Durchführungsverordnung (EU) Nr. 753/2013 der Kommission vom 2. August 2013 (ABl. L 210, S. 21) - Verordnung (EG) Nr. 607/2009 - ergänzt. Diese Verordnung ist im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 anwendbar. Dies ergibt sich aus den Bezugnahmen in Art. 49 ff. Verordnung (EG) Nr. 607/2009 auf die Verordnung (EG) Nr. 479/2008. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 491/2009 wird die Verordnung (EG) Nr. 479/2008 aufgehoben, Verweise auf die aufgehobene Verordnung gelten als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007. Gemäß Art. 230 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1308/2013 gelten Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 als Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013.

Nach Art. 67 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 607/2009 dürfen der Name einer geografischen Einheit und Bezugnahmen auf geografische Gebiete nur auf dem Etikett von Weinen mit geschützter Ursprungsbezeichnung stehen. Gemäß Art. 67 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung muss für die Verwendung des Namens einer geografischen Einheit, die kleiner ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung zugrunde liegt, das Gebiet der betreffenden geografischen Einheit genau definiert sein. Gemäß Art. 67 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EG) Nr. 607/2009 können die Mitgliedstaaten Vorschriften für die Verwendung dieser geografischen Einheiten erlassen. Art. 67 Abs. 3 der Verordnung legt fest, dass der Name einer geografischen Einheit, die kleiner oder größer ist das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung zugrunde liegt, aus dem Namen einer Lage oder einer Einheit, die mehrere Lagen umfasst (Buchst. a)), einer Gemeinde oder eines Ortsteils (Buchst. b)), eines Untergebiets oder des Teils eines Untergebiets (Buchst. c)), einer Verwaltungseinheit (Buchst. d)) bestehen muss. Art. 70 Abs. 1 der Verordnung legt fest, dass von den Mitgliedstaaten für in ihrem Hoheitsgebiet hergestellte Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung die Angaben gemäß Art. 67 zwingend vorgeschrieben, verboten oder hinsichtlich ihrer Verwendung eingeschränkt werden können.

Auf der Grundlage von Art. 67 Abs. 2 Satz 2, Art. 70 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 607/2009 hat der nationale Gesetzgeber weitere Regelungen geschaffen.

Nach § 3 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 des Weingesetzes (WeinG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2011 (BGBl. I S. 66), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Oktober 2014 (BGBl. I S. 1586), werden u. a. für Qualitätsweine bestimmte Anbaugebiete festgelegt, darunter auch das Anbaugebiet Franken. Soweit diese Bezeichnungen der bestimmten Anbaugebiete nach europäischem Recht geschützt sind, gelten u. a. für die Qualitätsweine dieser Anbaugebiete die Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union über Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung, sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

Auf dieser Grundlage dürfen nach § 23 Abs. 1 WeinG u. a. bei Qualitätsweinen, die mit dem Namen eines bestimmten Anbaugebietes i. S. d. § 3 Abs. 1 WeinG benannt sind, zusätzlich nur angegeben werden (1.) die Namen von in die Weinbergsrolle eingetragenen Lagen und Bereichen (2.) die Namen kleinerer geographischer Einheiten, die in der Liegenschaftskarte abgegrenzt sind, soweit diese Namen in die Weinbergsrolle eingetragen sind (3.) die Namen von Gemeinden und Ortsteilen.

Nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 5 WeinG wird der Verordnungsgeber ermächtigt, Vorschriften über geografische Bezeichnungen zu erlassen und zu regeln, in welcher Weise vorgeschriebene Bezeichnungen und sonstige Angaben auf Behältnissen angebracht sein müssen.

Auf dieser Grundlage enthält § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Weinverordnung (WeinV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. April 2009 (BGBl. I S. 827), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. April 2015 (BGBl. I S. 614), diejenige Regelung, auf die sich der Beklagte im vorliegenden Verfahren beruft. Wird hiernach zur Bezeichnung eines Qualitätsweines der Name einer Lage oder einer kleineren geografischen Einheit gem. § 23 Abs. 1 WeinG verwendet, ist diesem (sic!) der Name der Gemeinde oder des Ortsteils hinzuzufügen.

Aus den zitierten Vorschriften ergibt sich somit, dass der Kläger bei einem Wein mit geschützter Ursprungsbezeichnung bzw. mit einem traditionellen Begriff, also auch bei einem Qualitätswein aus dem Anbaugebiet Franken, eine gegenüber diesem Anbaugebiet kleinere geografische Einheit, also auch eine in die Weinbergsrolle eingetragene Lagebezeichnung wie z. B. die Einzellage ...-Berg angeben darf. Weder in den zitierten europäischen Vorschriften noch in den einschlägigen Vorschriften des Weingesetzes ist direkt und ausdrücklich geregelt, dass der Bezeichnung einer Einzellage der Name der Gemeinde oder des Ortsteils hinzuzufügen ist. Diese Regelung ergibt sich ausschließlich aus § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV. Allerdings kann das Gericht der Argumentation des Klägers, damit widerspreche die in § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV festgelegte Regelung höherrangigem Recht, insbesondere § 23 Abs. 1 WeinG, nicht folgen. Vielmehr räumen § 24 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 5 WeinG dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Ermächtigung ein, durch Rechtsvorschriften Vorschriften u. a. über geografische Bezeichnungen zu erlassen und zu regeln, in welcher Weise vorgeschriebene Bezeichnungen und sonstige Angaben auf den Behältnissen angebracht sein müssen und damit die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 WeinG zu ergänzen.

Zudem kann das Gericht nicht der Argumentation des Klägers folgen, bei der Angabe von Lagenamen und Gemeindenamen handele es sich nicht um obligatorische Angaben nach Art. 119 Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, sondern um fakultative Angaben gemäß Art. 120 dieser Verordnung, weshalb aus dem Gegenschluss zu Art. 50 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 607/2009 zu folgern sei, dass diese beiden Angaben (Lagename; Gemeindename) nicht zusammen im gleichen Sichtbereich auf dem Behältnis angebracht werden müssen. Denn maßgeblich sind im vorliegenden Fall nicht diese vom Kläger zitierten Vorschriften, sondern § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV, der die „Hinzufügung“ des Ortsnamens zum Gemeindenamen anordnet.

Auf § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV beruft sich der Beklagte zu Recht mit seiner Beurteilung, dass der Kläger nicht dazu berechtigt ist, den Lagenamen „...-Berg“ ohne Hinzufügung des Ortsnamens auf einem Etikett zur Bezeichnung des Weines zu verwenden, obwohl auf einem weiteren auf der gegenüberliegenden Flaschenseite vorhandenen Etikett der Lagebezeichnung „...-Berg“ der Gemeindenamen „I.“ bzw. „I.“ hinzugefügt wird.

Auf der Grundlage eines Gutachtens von Prof. Dr. ... mit dem Titel „Die Lage als weinrechtliches Qualitätskennzeichen“ (Schriften des Hellmuth-Loening-Zentrums für Staatswissenschaften e.V. Jena, Band 19, 2010, Berliner Wissenschaftsverlag GmbH) beruft sich der Kläger auf eine verfassungskonforme Auslegung des seine Berufsfreiheit einschränkenden § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV. Auf dieser Basis ist der Kläger der Meinung, es sei nur erforderlich, dem Lagenamen überhaupt einen Gemeindenamen hinzuzufügen, nicht aber, beides im selben Sichtbereich des Etiketts anzubringen. Die Vorschrift sei so zu interpretieren, dass die Lage auf dem „Schauetikett“, die Gemeinde dagegen auf dem „Rückenetikett“ angegeben werden dürfe. Damit werde die Berufsfreiheit der Erzeuger gewahrt, qualitativ hochwertige Weine durch die Angabe altbekannter Lagenamen werbewirksam zu vermarkten. Dies müsse zumindest für einmalig in der Weinwelt vorhandene Lagenamen gelten, bei denen irreführende Angaben im Sinne des Irreführungsverbotes nicht möglich seien. Es spreche eine Vermutung für die Freiheit der Weinerzeuger, ihre Erzeugnisse im Bereich der fakultativen Angaben so kennzeichnen zu dürfen, dass damit der von ihnen gewählte Adressatenkreis - und sei es ein noch so kleiner Kreis von Kennern - angesprochen werde.

Dem kann das Gericht nicht folgen.

Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist, wie das vom Kläger vorgelegte Gutachten zutreffend darlegt, die sog. Schloßberg-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1979 (BVerfGE 51, 193). Gegenstand dieser Entscheidung war u. a. die Frage, ob die Vorschriften des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 10 Abs. 3 Satz 2 des Weingesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1971 (BGBl. I, S. 893) mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Vorschrift in der damals gültigen Fassung dürfen als geografische Herkunftsbezeichnungen nur Lagenamen verwendet werden, die in die Weinbergsrolle eingetragen sind. Eintragungsfähig sind nach § 10 Abs. 3 Satz 1 der Vorschrift nur solche Lagen, die mindestens fünf Hektar groß sind. Von diesem Grundsatz sind Ausnahmen nach § 10 Abs. 3 Satz 2 zulässig, wonach die zuständige Behörde ermächtigt ist, unter bestimmten Voraussetzungen die Eintragung einer kleineren Fläche zuzulassen. Hintergrund des Verfahrens war der verwaltungsrechtliche Streit um die Aufnahme des Lagenamens B. Sch., betreffend ein Grundstück der Gemarkung B. mit 0,44 ha Größe, in die Weinbergsrolle.

In diesem Rechtsstreit hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass das Weinbezeichnungsrecht vorwiegend wirtschaftslenkende Bedeutung hat. Seine Vorschriften dienen vorrangig der Sicherung des Absatzes und dem Schutz der Winzer im Rahmen des Europäischen Marktes sowie dem Schutz des Verbrauchers. Verfassungsrechtlich gesehen enthalten die Vorschriften zur geografischen Herkunftsbezeichnung des Weines eine Berufsausübungsregelung i. S. d. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Sie greifen nur ein, wenn der Winzer den von ihm produzierten Wein in den Verkehr bringt (BVerfGE 51, 193, 207).

Diese Feststellung gilt auch für die vorliegende Problematik, obwohl es hier nicht um die Eintragung einer Weinlage in die Weinbergsrolle geht. Jedoch streiten die Parteien um die Art der Etikettierung von Wein hinsichtlich der Frage, wie die Lage auf dem Etikett bezeichnet bzw. dargestellt wird. Diese Problematik kommt - ebenso wie diejenige in der Schloßberg-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - dann zum Tragen, wenn der Winzer den von ihm produzierten Wein in den Verkehr bringt (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 WeinG), so dass auch die weinbezeichnungsrechtliche Vorschrift des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV eine Berufsausübungsregelung i. S. d. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG ist. Nach dieser Vorschrift kann die Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden.

Im Rahmen der sog. Stufenlehre (BVerfGE 25, 1, 11 f.) stellt die Berufsausübungsbeschränkung im Vergleich zu einer subjektiven Berufswahlbeschränkung und einer objektiven Berufswahlbeschränkung den geringsten Eingriff in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG dar. Dennoch muss auch eine derartige Beeinträchtigung der Berufsfreiheit verhältnismäßig sein, also geeignet, erforderlich und angemessen. Vor dieser Prüfung ist jedoch zu klären, ob ein legitimer Zweck der Regelung vorliegt (Jarass in Jarass/Pieroth, GG, Kommentar, 13. Aufl. 2014, Art. 12 Rn. 33 m. w. N.).

Eine derartige Überprüfung des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV ergibt, dass die Regelung - wendet man sie wie der Beklagte gemäß ihrem Wortlaut an - als Berufsausübungsregelung nicht zu beanstanden ist und demzufolge auch nicht die vom Kläger in den Raum gestellte verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, um der Regelung überhaupt zur Verfassungskonformität und damit zur Anwendbarkeit zu verhelfen.

Dies ergibt sich daraus, dass der Regelung des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV ein legitimer Zweck zugrunde liegt, sie also durch sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt ist (BVerfGE 115, 276, 304 ff.).

Zur Bestimmung des Ziels des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV sind sowohl dessen nationale Grundlage, also die einschlägigen Regelungen des Weingesetzes, als auch insbesondere die europarechtliche Grundlage heranzuziehen, hier in erster Linie die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013. Hinsichtlich der hier zu beurteilenden Problematik ist insbesondere auf deren Erwägung 72 abzustellen, wonach es angesichts des Interesses der Erzeuger, die Erzeugnis- und Anbaumerkmale mitzuteilen, und des Interesses der Verbraucher an einer angemessenen und transparenten Produktinformation möglich sein sollte, den Erzeugungsort und/oder den Ursprungsort je nach Fall auf der geeigneten geografischen Ebene zu bestimmen. Nach Erwägung 78 ist es wichtig sicherzustellen, dass die Marktteilnehmer und die Mitgliedstaaten ein klares und richtiges Verständnis von den Begriffsbestimmungen und Verkehrsbezeichnungen haben. Nach Erwägung 85 sollten fakultative Qualitätsangaben festgelegt werden, um sicherzustellen, dass Begriffe, die Erzeugnis- bzw. Anbau- oder Verarbeitungsmerkmale beschreiben, auf dem Markt nicht missbräuchlich verwendet werden und der Verbraucher auf diese Begriffe vertrauen kann, wenn es um die Feststellung einzelner Erzeugniseigenschaften geht. Nach Erwägung 97 sollten eingetragene Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben vor Verwendungen geschützt werden, die sich den Ruf zunutze machen, den vorschriftskonforme Erzeugnisse genießen. Zudem sollten gemäß Erwägung 93 zur Erhaltung der besonderen Qualitätsmerkmale von Weinen mit geschützter Ursprungsbezeichnung oder geschützter geografischer Angabe die Mitgliedstaaten strengere Vorschriften anwenden dürfen. Auf dieser Grundlage bestimmt Art. 120 Abs. 1 Buchst. g) Verordnung (EU) 1308/2013, dass fakultativ die Kennzeichnung und Aufmachung von Wein mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung den Namen einer anderen geografischen Einheit, die kleiner ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung zugrunde liegt, umfassen darf. Zudem ist auf die schon zitierten Art. 67 Abs. 1 bis Abs. 3 und Art. 70 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 abzustellen und § 23 Abs. 1 WeinG zu beachten.

Aus diesen Materialien ergeben sich zwei Zwecke des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV: Zum einen soll auf der Grundlage dieser Regelung auf dem Weinetikett erkennbar sein, um welche von mehreren namensgleichen in die Weinbergsrolle eingetragenen Lagenamen es sich handelt. Dies ergibt sich insbesondere aus der oben genannten Erwägung 72 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 und aus Art. 67 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009. Zum anderen ist es gleichermaßen Zweck des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV, durch die Etikettierung des Weins für den Verbraucher eindeutig erkennbar zu machen, ob es sich bei der Angabe auf dem Etikett um eine Lagebezeichnung oder um eine Fantasiebezeichnung (ggf. eine Marke) handelt. Dies ergibt sich ebenfalls aus der Forderung nach einer transparenten Produktinformation (Erwägung 72 Verordnung (EU) Nr. 1308/2013), aus der Forderung nach einem klaren und richtigen Verständnis von den Begriffsbestimmungen (Erwägung 78) und aus der Forderung sicherzustellen, dass Begriffe, die Erzeugnismerkmale (also im vorliegenden Fall auch das Merkmal der Erzeugung in einer bestimmten kleineren geografischen Einheit) beschreiben, auf dem Markt nicht missbräuchlich verwendet werden (Erwägung 85). Insbesondere heranzuziehen ist hier auch Erwägung 97, wonach geografische Angaben vor Verwendungen geschützt werden sollten, die sich den Ruf zunutze machen, den vorschriftskonforme Erzeugnisse genießen. Damit soll also verhindert werden, dass eine Fantasiebezeichnung „im Kleid“ einer vorschriftskonformen geografischen Angabe, also einer Lagebezeichnung, „vorgaukelt“, eine solche zu sein. Zudem ist es Intention der Regelungen in Art. 67 Verordnung (EG) Nr. 607/2009, die kleinere geografische Einheit als solche eindeutig erkennbar zu machen (Forderung nach genauer Definition des Gebietes; Festlegung, welche geografischen Einheiten überhaupt als kleinere geografische Einheiten in Frage kommen), die gleichermaßen auch in § 23 Abs. 1 WeinG erkennbar ist.

Die so definierten Zwecke des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV sind als legitime Gemeinwohlziele anzusehen, da eine eindeutige und transparente Bezeichnung von Lebensmitteln zum Schutz der Verbraucher immer ein wichtiges Gemeinwohlziel ist.

Insbesondere ist es sachgerecht, auf eine klare Unterscheidbarkeit zwischen einer Lagebezeichnung (geografische Einheit) und einer Fantasiebezeichnung (ggf. eine Marke) hinzuarbeiten. Dies ergibt sich schon aus der oben dargestellten „Schloßberg-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 51, 193). Hiernach ist die geografische Herkunftsangabe neben anderen Angaben ein werbliches Kennzeichnungsmittel, das der Individualisierung der Ware, der Herstellung einer Beziehung zwischen der gekennzeichneten Ware einerseits und Qualitäts- und Preisvorstellungen der Kunden andererseits dient. Sie ist ein für die Kaufentscheidung des Verbrauchers bedeutsamer Informationsträger. Dies gilt in besonderem Maße für den Wein: Die Bezeichnung der geografischen Herkunft ist beim Wein zunächst die Mitteilung, aus welchem Anbaugebiet der Wein stammt. Der Käufer kann zwischen Weinen der verschiedenen Anbaugebiete und Lagen wählen. Die durch die Herkunftsangabe begründeten Unterscheidungsmerkmale ermöglichen dem Kunden, die Auswahl nach seiner Wertschätzung vorzunehmen. Der Kennzeichnungsfunktion der geografischen Lage kommt damit über die reine „Adressenangabe“ hinaus erhebliche Bedeutung für den Wettbewerb zu. Sie ist Hinweis auf bestimmte Eigenheiten, die den einen Wein von einem anderen unterscheiden. Diese Unterscheidungsfunktion hat besonderes Gewicht für den deutschen Wein, der weitgehend durch seine Vielfalt gekennzeichnet ist, zumal die Qualität eines Weines maßgeblich vom Standort der Rebflächen mitbestimmt wird. Die Verwendung geografischer Herkunftsangaben ist also ein Mittel, den Wettbewerb zu beeinflussen (BVerfGE 51, 193, 213).

Aber auch aus einer anderen Blickrichtung sind die Zwecke des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV sachgerecht und vernünftig: Denn Fantasiebezeichnungen können für den Fall, dass sie Verkehrsgeltung erlangen, dem Markenbegriff zuzuordnen sein. Demzufolge ist es auch unter diesem Aspekt sachgerecht, zum Schutz von Fantasiebezeichnungen, die zu Marken „mutieren“ können, deren eindeutige Erkennbarkeit sicherzustellen (vgl. Koch, Weinrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2008, Stichwort: Marke, Ziffer 4.2.2 und Ziffer 5.2.2).

Eine eindeutige Unterscheidbarkeit zwischen gleichlautenden Lagenamen einerseits und zwischen Lagenamen und Fantasiebezeichnungen andererseits ist jedoch ohne eine entsprechende Regelung zur näheren (eindeutigen) Kennzeichnung der entsprechenden Begriffe nicht hinreichend gegeben.

Hinsichtlich der Unterscheidbarkeit von gleichlautenden Lagenamen liegt dies auf der Hand. Aber auch hinsichtlich der Unterscheidbarkeit zwischen Lagenamen einerseits und Fantasiebezeichnungen (ggf. Marken) andererseits ist nicht immer eine eindeutige Unterscheidbarkeit ohne weitere Kennzeichnung möglich. Dies ergibt sich daraus, dass viele in die Weinbergsrolle eingetragene Lagenamen vielen von deutschen Weingütern verwendeten Fantasiebezeichnungen ähnlich sind (und umgekehrt), so dass eine eindeutige Unterscheidbarkeit ohne ein zusätzliches Merkmal (wie die Hinzufügung des Ortsnamens zur Lagebezeichnung) nicht möglich erscheint. Dies gilt umso mehr, als gerade renommierte deutsche Weingüter vermehrt dazu übergehen, bestimmte Weine mit Gewann-Namen als Fantasiebezeichnung zu benennen; diese konnten vor Geltung des Weingesetzes 1971 noch als Lagenamen verwendet werden, wurden aber aus verschiedenen Gründen nicht in die Weinbergsrolle eingetragen. Beispielhaft für die problematische Unterscheidung zwischen Lagenamen und Fantasiebezeichnung seien folgende derzeit in die Weinbergsrolle eingetragene Lagenamen (in Klammern die Ortsbezeichnung) und derzeit von deutschen Weingütern verwendete Fantasiebezeichnungen (in Klammern: Angabe des Weinguts) genannt:

Schwarzer Letten (Edelkoben), Kalkmergel (Weingut Becker, Schweigen), Kreidenstein (Weingut Wöhrwag, Untertürkheim), Gips (Untertürkheim), Lössriedel (Weingut Siegrist, Leinsweiler), Eierfels (Weingut Diehl, Burg Layen), Klamm (Niederhausen), Oberklamm (Weingut Seger, Leimen), La Borne (Weingut Wittmann, Westhofen), La Roche (Uffhofen), Unter der Mauer (Weingut Luckert, Sulzfeld), In den Siebzehn Morgen (Bad Kreuznach), Zuckerle (Bad Canstatt), Frühlingsplätzchen (Monzingen), Monte Jup (Bad Hönningen), St. Lamprecht (Weingut Bergoldt, Duttweiler), Maria Magdalena (Klingenmünster), St. Paul (Weingut Becker, Schweigen; Anm.: Der Weinberg ist auf französischem Territorium gelegen), Uhlen (Winningen).

Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass der Durchschnittsweinverbraucher zwischen derartigen Lagenamen und Fantasiebezeichnungen ohne ein weiteres Unterscheidungsmerkmal wie die Hinzufügung des Ortsnamens bei Lagebezeichnungen kaum unterscheiden kann.

Damit steht fest, dass den Zwecken bzw. Zielen des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls zugrunde liegen.

Die Regelung ist zudem geeignet, die Ziele zu erreichen. Mit der Kombination aus Orts- und Lagename wird eindeutig erkennbar, dass es sich um eine Weinlage handelt. Umgekehrt wird eindeutig ein Begriff ohne hinzugefügten Ortsnamen als Fantasiebezeichnung (ggf. Marke) gekennzeichnet. Darüber hinaus wird durch die Hinzufügung des Ortsnamens zum Lagenamen eindeutig erkennbar, um welche von mehreren gleichnamigen Lagen es sich handelt.

Die Regelung ist erforderlich, da kein milderes, mindestens ebenso wirksames Mittel zur Verfügung steht.

Insbesondere ist die vom Kläger angestrebte Verfahrensweise, auf dem einen Etikett (vom Kläger als „Rückenetikett“ bezeichnet) den Lagenamen unter Hinzufügung des Ortsnamens anzugeben, auf einem anderen auf der gegenüberliegenden Flaschenseite angebrachten Etikett (vom Kläger als „Schauetikett“ bezeichnet) lediglich die Lagebezeichnung ohne den Ortsnamen anzugeben, kein gleichwertiges milderes Mittel. Denn diese Methode der Weinbezeichnung ist deshalb ungeeignet, weil sich hieraus die Gefahr einer Irreführung des Verbrauchers, also die Gefahr einer Verbrauchertäuschung ergäbe.

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Regelungen zum Irreführungsverbot sind in der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. L 109, S. 29), zuletzt geändert durch Richtlinie 2013/20/EU des Rates vom 13. Mai 2013 (ABl. L 158, S. 234) - Richtlinie 2000/13/EG - festgehalten.

Die Richtlinie ist gemäß Art. 118 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 unmittelbar anwendbar.

Nach deren Erwägung 6 soll jede Regelung der Etikettierung von Lebensmitteln vor allem der Unterrichtung und dem Schutz der Verbraucher dienen. Erwägung 8 verlangt eine detaillierte Etikettierung, die über die genaue Art und die Merkmale des Erzeugnisses Auskunft gibt und somit dem Verbraucher eine sachkundige Wahl ermöglicht. Nach Erwägung 14 müssen die Regeln für die Etikettierung auch das Verbot enthalten, den Käufer zu täuschen. Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a) Nr. i) dieser Richtlinie dürfen die Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, nicht geeignet sein, den Käufer irrezuführen, und zwar insbesondere nicht u. a. über den Ursprung oder die Herkunft.

Dabei sind die Begriffe Ursprung und Herkunft sowohl geografisch als auch betrieblich zu verstehen. Angaben zu Ursprung und Herkunft enthalten insbesondere die geschützten Herkunftsbezeichnungen und geografischen Angaben sowie Angaben zu größeren oder kleineren geografischen Einheiten. Wird eine der vorgeschriebenen oder fakultativen geografischen Herkunftsangaben verwendet, ohne dass die an die Angabe geknüpften gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, liegt eine irreführende Angabe über den Ursprung vor. Das gilt gleichermaßen bei der Benutzung von falschen oder nicht existierenden Lagebezeichnungen (Rathke/Boch, Weinrecht, Kommentar, 2012, § 25 WeinG Rn. 59 m. Erläuterungen zu Art. 2 Abs. 1 Buchst. a) Ziffer i) Richtlinie 2000/13/EG).

Weitere Grundlagen des Irreführungsverbotes ergeben sich aus der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (ABl. L 304, S. 18), zuletzt geändert durch die delegierte Verordnung (EU) Nr. 78/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014 (ABl. L 27, S. 7) - Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 -. Auf diese Verordnung verweist Art. 118 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1308/2013. Nach ihrer Erwägung 4 ist es allgemeiner Grundsatz des Lebensmittelrechts, den Verbrauchern die Möglichkeit zu bieten, in Bezug auf die Lebensmittel, die sie verzehren, eine fundierte Wahl zu treffen, und alle Praktiken, die die Verbraucher irreführen können, zu verhindern. Nach Erwägung 5 der Verordnung sind irreführende Verhaltensweisen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit Informationen zu verhindern. Nach Erwägung 9 dient diese Verordnung auch den Bürgern, in dem sie eine klare, verständliche und lesbare Kennzeichnung von Lebensmitteln vorschreibt. Nach Erwägung 20 sollte das Lebensmittelinformationsrecht die Verwendung von Informationen verbieten, die die Verbraucher irreführen würden. Nach Erwägung 26 sollten die Etiketten von Lebensmitteln klar und verständlich sein, um Verbraucher zu unterstützen, die sich auf der Grundlage besserer Informationen für bestimmte Lebensmittel entscheiden möchten. Dabei spielt gute Lesbarkeit eine erhebliche Rolle, wie stark sich die Kunden durch die Informationen auf den Etiketten beeinflussen lassen. Nach Erwägung 29 sollte die Angabe des Ursprungslandes oder des Herkunftsorts so gestaltet sein, dass die Verbraucher nicht getäuscht werden. Auf dieser Basis bestimmt Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) Verordnung (EU) Nr. 1169/2011, dass Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein dürfen, insbesondere u. a. in Bezug auf Ursprungsland oder Herkunftsort. Zudem müssen nach Art. 7 Abs. 2 der Vorschrift Informationen über Lebensmittel zutreffend, klar und für die Verbraucher leicht verständlich sein. Gemäß Art. 36 Abs. 2 Buchst. a) und Buchst. b) der Vorschrift dürfen freiwillig bereit gestellte Informationen über Lebensmittel für die Verbraucher nicht irreführend i. S. d. Art. 7 sein, zudem dürfen sie für die Verbraucher nicht zweideutig oder missverständlich sein.

Die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern (ABl. L 149, S. 22) - Richtlinie 2005/29/EG - (vgl. hierzu Rathke/Boch, Weinrecht, Kommentar, 2012, § 25 WeinG Rn. 10 und Rn. 11) bestimmt in ihrem Art. 6 Abs. 1, dass eine Geschäftspraxis u. a. dann als irreführend gilt, wenn sie in irgendeiner Weise, einschließlich sämtlicher Umstände ihrer Präsentation, selbst mit sachlich richtigen Angaben den Durchschnittsverbraucher in Bezug u. a. auf die geografische Herkunft eines Produkts täuscht oder ihn zu täuschen geeignet ist und ihn in jedem Fall tatsächlich oder voraussichtlich zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Nach Art. 7 Abs. 1 der Vorschrift gilt eine Geschäftspraxis als irreführend, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen vorenthält, die der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Nach Art. 7 Abs. 2 Richtlinie 2005/29/EG gilt es als irreführende Unterlassung auch, wenn ein Gewerbetreibender wesentliche Informationen gemäß Abs. 1 unter Berücksichtigung der darin beschriebenen Einzelheiten verheimlicht oder auf unklare, unverständliche, zweideutige Weise oder nicht rechtzeitig bereitstellt.

Zwar ist das Irreführungsverbot des § 25 WeinG im vorliegenden Fall nicht anwendbar; für den Begriff der Irreführung kommt es auf dessen gemeinschaftsrechtliche Bedeutung an (BVerwG, U.v. 18.6.2008 - 3 C 5/08 - juris Rn. 32); das Irreführungsverbot des § 25 WeinG entspricht jedoch inhaltlich dem gemeinschaftsrechtlichen Irreführungsverbot, so dass die Konkretisierung des § 25 Abs. 2 und Abs. 3 WeinG auch für die Anwendung des gemeinschaftsrechtlichen Irreführungsverbots relevant ist (Rathke/Boch, Weinrecht, Kommentar, 2012, § 25 WeinG Rn. 89 ff., Rn. 91). Diesbezüglich ist der rechtliche Gehalt von § 25 Abs. 3 Nr. 1 WeinG zu berücksichtigen, wonach als irreführend anzusehen sind Aufmachungen, Darstellungen oder zutreffende Angaben, die geeignet sind, falsche Vorstellungen über die geografische Herkunft zu erwecken. Gemäß § 25 Abs. 3 Nr. 3 WeinG sind ferner als irreführend anzusehen Fantasiebezeichnungen, die geeignet sind, fälschlich den Eindruck einer geografischen Herkunftsangabe zu erwecken.

Auf dieser Grundlage ist zunächst festzuhalten, dass im Rahmen des Irreführungsverbots die Täuschungseignung maßgeblich ist, nicht dagegen die tatsächliche Täuschung oder Täuschungshandlung (Rathke/Boch, Weinrecht, Kommentar, 2012, § 25 WeinG Rn. 24). Maßstab für die Prüfung, ob einem bestimmten Sachverhalt eine Täuschungseignung innewohnt und damit die Gefahr einer Verbrauchertäuschung besteht, ist der Durchschnittsverbraucher. Es muss auf den aufmerksamen gelegentlichen Weinkäufer abgestellt werden, der gewisse Elementarkenntnisse über Weinsorten und Weinlagen wie überhaupt über den Weinbau hat (vgl. Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 Richtlinie 2005/29/EG). Auszuscheiden ist damit einerseits der Weinkenner und andererseits der Verbraucher, dem es nur auf die Weinmenge im Verhältnis zum Preis ankommt (Rathke/Boch, a. a. O., § 25 WeinG Rn. 22). Das Gericht kann damit der Auffassung des vom Kläger vorgelegten Gutachtens des Prof. Gröschner (S. 38) nicht folgen, es komme auf den vom Erzeuger ausgewählten Adressatenkreis an. Dies ergibt sich zudem daraus, dass der Weinerzeuger keinen Einfluss darauf hat, welchen Verbrauchern sein Erzeugnis angeboten werden könnte (vgl. zur gesamten Problematik OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 11.2.2015 - 8 A 10959/14 - juris Rn. 32 m. w. N.).

Im Rahmen der Frage, ob der durchschnittliche Verbraucher durch die vom Kläger angestrebte Etikettierung seiner Weine in die Gefahr einer Irreführung gerät, ist zu beachten, dass es sich bei dem Begriff der Irreführung um einen Rechtsbegriff handelt, der vom Gericht nach allgemeinen Erfahrungssätzen, vergleichbaren Regelungen sowie dem Schutzzweck der Norm zu prüfen ist (Rathke/Boch, a. a. O., § 25 WeinG Rn. 26; Koch, Weinrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2008, Stichwort: Irreführungsverbot Ziffer 5.1). Allerdings setzt die Beurteilung dieser Rechtsfrage die Feststellung der Verkehrsauffassung bzw. Verbrauchererwartung voraus (Koch, a. a. O., Ziffer 5.1 und Ziffer 6). Hierbei handelt es sich um eine vom Gericht zu ermittelnde Tatsache. Hierbei darf das Gericht seine eigene Sachkunde zugrunde legen.

Auf dieser Grundlage ist das Gericht im vorliegenden Fall dazu befähigt, aufgrund eigener Sachkunde die Verbrauchererwartung bzw. Verkehrsauffassung zu ermitteln. Denn es handelt sich im vorliegenden Fall um Begrifflichkeiten und um eine Problematik, deren Verständnis in einem bestimmten Sinn einfach und naheliegend ist, die Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören und sich die Angabe auf Gegenstände des allgemeinen Bedarfs bezieht (OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 11.9.2013 - 8 A 10219/13 - juris Rn. 32 m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Zudem hat der Kammervorsitzende weiterreichende Sachkunde hinsichtlich der Weinbezeichnungen im deutschen und europäischen Kontext und hinsichtlich der Kenntnisse des durchschnittlichen Verbrauchers. Diese ergibt sich durch langjährige regelmäßige Teilnahme an Weinverkostungen, Weinmessen und verdeckten Weinproben unter professioneller Anleitung, durch langjährige regelmäßige Lektüre verschiedener einschlägiger Weinliteratur, durch die gelegentliche Durchführung eigener Weinproben und durch die Kommunikation mit interessierten Durchschnittsverbrauchern.

Die Verbrauchererwartung geht nach Überzeugung des Gerichts davon aus, dass bei der geografischen Kennzeichnung eines Qualitätsweins b.A. das Anbaugebiet erkennbar ist und mit einem der in § 3 Abs. 1 WeinG genannten Begriffe gekennzeichnet ist. Darüber hinaus geht die Verbrauchererwartung nach Überzeugung des Gerichts davon aus, dass bei der Angabe einer Lagebezeichnung (und hier unterscheidet der Durchschnittsverbraucher nicht zwischen Einzellage und Großlage) immer auch die Angabe des Ortes oder des Ortsteils zu finden ist, in dem die Weinlage gelegen ist. Der Durchschnittsverbraucher erwartet also regelmäßig einen Doppelbegriff, bestehend aus Orts- und Lagenamen (Beispiel: I. ...-Berg; Randersackerer Pfülben). Diese Erwartung ist durch eine jahrzehntelange Praxis der Verbindung von Gemeinde- und Lagenamen geprägt, auch wenn nach dem ab dem Jahr 1930 geltenden Weinrecht keine entsprechende zwingende gesetzliche Vorschrift bestand. Die vor 1971 bestehende Praxis ist dem Gericht aus eigener Kenntnis und aus Gesprächen mit deutlich älteren Durchschnittsverbrauchern bekannt. Durch die zwingende Vorgabe des § 10 Abs. 11 Satz 2 WeinG in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1971 (BGBl. I, S. 893) hat sich diese Praxis unter dem ab 1971 geltenden Weinrecht weiter verfestigt. Auch die entsprechende intensive Aufklärung der Verbraucher durch die Weinwerbung hat dies gefördert (Koch, Weinrecht, 4. Aufl. 2008, Stichwort: Marke, Ziffer 5.2.2.2). Durch diese jahrzehntelange Praxis hat sich eine „optische Erwartung“ des Verbrauchers herausgebildet; eine alleinstehende Bezeichnung wird nicht als Lagenamen wahrgenommen (Koch, a. a. O.). Demgegenüber signalisiert schon der visuelle Eindruck eines aus zwei Wörtern stehenden Begriffes auf einem Weinetikett, dass es sich hier um die Angabe von Ort und Lage handelt. Dieser Ansicht ist der Sache nach auch das Bundespatentgericht und die Kommission der Europäischen Union (vgl. die Ausführungen hierzu bei Koch, a. a. O., m. w. N.).

Zudem haben die Mitglieder des Gerichts im Rahmen ihrer teilweise jahrzehntelangen Beschäftigung mit Wein und seinem Umfeld die bis vor wenigen Jahren fast ausnahmslose Praxis der Kombination von Orts- und Gemeindenamen wahrgenommen und im alltäglichen Umgang mit Wein erfahren. Demgegenüber stößt insbesondere der Kammervorsitzende in Gesprächen mit Durchschnittsverbrauchern regelmäßig auf Verunsicherung, wenn auf dem Etikett einer Weinflasche lediglich ein einziger geografischer Begriff ohne Hinzufügung des Ortsnamens erkennbar ist, der dem Verbraucher eigentlich als Lagenamen (in Kombination mit einem Ortsnamen) bekannt ist. Ist dem Durchschnittsverbraucher dieser Begriff unbekannt, wird er - weil allein stehend - zusätzlich zu der entstehenden Verunsicherung oft nicht als Lagenamen erkannt.

An dieser Verkehrsauffassung bzw. Verbrauchererwartung des Durchschnittsverbrauchers hat sich durch die seit knapp zehn Jahren gängige Praxis mancher (insbesondere in den Anbaugebieten Pfalz, Rheinhessen und nahe gelegener) Weinerzeuger (insbesondere solcher, die einem bestimmten Verband zugehörig sind), ihren Wein so zu etikettieren, wie der Kläger dies im vorliegenden Verfahren begehrt, nichts geändert. Zwar mag sich in Kennerkreisen deren Art der Weinbezeichnung ohne Hinzufügung des Ortsnamens zum Lagenamen herumgesprochen oder teilweise sogar etabliert haben; auf den Weinkenner darf das Gericht, wie oben ausgeführt, jedoch nicht abstellen.

Aus alledem ergibt sich die Verkehrsauffassung bzw. Verbrauchererwartung, dass bei einem Wein aus einer bestimmten Lage der Lagename immer in unmittelbarer Kombination mit dem Ortsnamen angegeben wird.

Auf der Grundlage dieser Verbrauchererwartung entsteht die Gefahr einer Täuschung des Durchschnittsverbrauchers durch die vom Kläger angestrebte Etikettierung.

Die oben dargestellten Vorschriften und Vorgaben, in denen das Irreführungsverbot enthalten ist, wollen gewährleisten, dass der Verbraucher klare, eindeutige und schnell erkennbare Informationen über die geografische Herkunft des Weins erhält. Dabei spielt auch die schnelle optische Erkennbarkeit der Information eine Rolle; der Verbraucher soll nicht mit zweideutigen oder missverständlichen Angaben konfrontiert sein. Dies gilt auch für eigentlich sachlich richtige Angaben. Zudem ist eine Überprüfbarkeit der geografischen Angaben auf dem Etikett gewollt. Auf der Grundlage der Vorschriften zum Irreführungsverbot soll also gewährleistet sein, dass eine auf einem Etikett angegebene Lagebezeichnung einerseits und eine Fantasiebezeichnung andererseits eindeutig, schnell und umfassend als solche erkannt und verifiziert wird.

Bei der Weinauswahl ist der Durchschnittsverbraucher zunächst auf dasjenige Etikett ausgerichtet, mit welchem der Wein präsentiert wird; denn Zweck dieses vom Kläger als „Schauetikett“ bezeichneten Etiketts ist es, dem Verbraucher schnell und klar erfassbar zu signalisieren, um welchen Wein es sich handelt. Wird dem Verbraucher hier der Name einer Lage ohne Ortsbezeichnung präsentiert, besteht schon die Gefahr, dass der Verbraucher diesen aufgrund des Fehlens der Ortsbezeichnung für einen Fantasiebegriff (insbesondere für eine Marke) hält und keinen Anlass dafür sieht, an anderer Stelle der Flasche nach weiteren Informationen zu suchen. Die Gefahr der Irreführung wird in diesem Fall schon durch den Blickfang dieses Etiketts verstärkt (Rathke/Boch, Weinrecht, Kommentar, 2012, § 25 WeinG Rn. 35). Zudem besteht in diesem Fall die Gefahr, dass der Durchschnittsverbraucher einen einem Lagenamen phonetisch oder inhaltlich ähnlich klingenden Fantasiebegriff irrtümlich für eine Lagebezeichnung hält (vgl. z. B. die oben genannten Lagenamen und Fantasiebegriffe Schwarzer Letten, Kalkmergel, Kreidenstein, Gips, Lössriedel), weil für ihn generell keine Eindeutigkeit mehr in der geografischen Bezeichnung von Wein erkennbar ist.

Eine Verbrauchertäuschung kann in dem Fall, in dem der Verbraucher nicht einmal auf die Idee kommt, an anderer Stelle der Flasche nach weiteren Angaben zu suchen, deswegen entstehen, weil eine zutreffende Angabe mit einer anderen Angabe verwechselt werden kann, die ebenfalls theoretisch zutreffen könnte. Dem Gericht ist ein Fall bekannt, in dem ein Weingut zur Weinbezeichnung eine Fantasiebezeichnung verwendet, die in einem anderen Weinanbaugebiet als in die Weinbergsrolle eingetragene Lagebezeichnung existiert (vgl. zu dieser Problematik auch Rathke/Boch, a. a. O., § 25 WeinG Rn. 107).

Ist der Verbraucher, der einen aus Orts- und Lagenamen zusammengesetzten Begriff erwartet, aufgrund des Fehlens der Ortsbezeichnung verunsichert, kann nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass dem Verbraucher die Möglichkeit bekannt ist, weitere Informationen auf einem anderen Etikett zu finden, so dass seine Verunsicherung bleibt.

Entdeckt er jedoch das weitere Etikett, ergibt sich für ihn möglicherweise ein - gegebenenfalls scheinbarer - Widerspruch zwischen den unterschiedlichen Angaben auf den beiden unterschiedlichen Etiketten. Ist aber eine der beiden möglichen Bedeutungen der Etikettierung unrichtig, ohne dass für den durchschnittlichen Verbraucher offensichtlich ist, dass die Produktbezeichnung nicht auf diese (unrichtige) Bedeutung Bezug nimmt, ist dies geeignet, den Verbraucher in die Irre zu führen (Rathke/Boch, a. a. O., § 25 WeinG Rn. 34).

Zudem ergibt sich die Gefahr einer Verbrauchertäuschung auch daraus, dass es bei einer größeren Auswahl an Weinen mit der vom Kläger angestrebten Etikettierung dem Verbraucher zu mühsam werden kann, sich jeweils erst auf dem anderen auf der gegenüberliegenden Flaschenseite angebrachten Etikett genauer zu informieren. Damit ist es dem Durchschnittsverbraucher auf der Grundlage der dargestellten Regelungen zum Irreführungsverbot nicht „ohne weiteres zuzumuten, das Behältnis umzudrehen“ (vgl. das Gutachten von Prof. ... S. 33).

Auch das vom Kläger zusätzlich vorgeschlagene Mittel, die Hinzufügung des Ortsnamens zum Lagenamen nur in Zweifelsfällen zu verlangen und bei „Lagenamen, die im internationalen Wettbewerb der Weinerzeuger als Alleinstellungsmerkmal verwendbar sind“ (vgl. das vom Kläger vorgelegte Gutachten von Prof. ..., Die Lage als weinrechtliches Qualitätskennzeichen, S. 40) darauf zu verzichten, führt nicht weiter. Schon das Bundesverfassungsgericht weist in seiner „Schloßberg-Entscheidung“ (BVerfGE 51, 193, 209) auf die Notwendigkeit der Effektivität des Weinbezeichnungsrechts hin. Eine individuelle Prüfung, bei welchen Lagenamen es sich um solche mit Alleinstellungsmerkmal handelt, erscheint aufwendig und deshalb problematisch. Dies macht schon das vom Kläger vorgelegte Gutachten selber deutlich. Es nennt (S. 40) als Lagenamen mit Alleinstellungsmerkmal u. a. die Lage „Lump“ und meint damit (wohl) die in Escherndorf befindliche Lage; dabei übersieht der Gutachter jedoch die Existenz der in Kirschroth (Nahe) gelegenen Lage Lump, so dass schon bei diesem scheinbar eindeutigen Fall keine eindeutige Unterscheidbarkeit vorliegt.

In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass es um eine einheitliche Anwendung des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV geht. Ergibt die Überprüfung anhand der Bestimmungen des Grundgesetzes, dass eine Regelung in einer bestimmten Weise anwendbar ist, gilt die Anwendbarkeit für alle diese Regelung betreffenden Fälle einheitlich. Eine Überprüfung der Anwendbarkeit der Regelung allein bezogen auf einen einzelnen konkreten Fall ist zu kurz gegriffen.

Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass die Nennung des Lagenamens ohne die Hinzufügung der Ortsbezeichnung auf dem einen Etikett auch dann zu einer Gefahr der Irreführung des Durchschnittsverbrauchers führt, wenn auf der anderen Flaschenseite auf einem weiteren Etikett die Lagebezeichnung in Zusammenhang mit dem Ortsnamen genannt ist.

Dem kann der Kläger auch nicht mit dem von ihm vorgelegten Gutachten des Prof. ... entgegenhalten, im italienischen oder französischen Weinbezeichnungsrecht sei der Verzicht auf den Gemeindenamen möglich (vgl. S. 12 des Gutachtens). Das französische Weinbezeichnungsrecht, auf das das Gutachten maßgeblich abstellt, beruht auf einem grundlegend anderen Weinbezeichnungssystem als das deutsche. Das System der „appellation d´órigine contrôlée“ (A.O.C.) bzw. „appellation contrôlée“ (A.C.) geht davon aus, dass bestimmte Weinbauflächen bei bestimmten (begrenzten) Hektarerträgen und der Verwendung bestimmter Traubensorten grundsätzlich bestimmte Qualitäten hervorbringen. Diese bestimmte Weinbaufläche wird mit einer „appellation contrôlée“ versehen und bezeichnet. Demgegenüber geht der deutsche Gesetzgeber davon aus, dass es in Deutschland keine Anbaugebiete oder kleineren geografischen Einheiten gibt, die stets oder solche, die nie Qualitätswein hervorbringen. Infolgedessen gibt es auch keine an den Ursprung gebundene Qualität, also keine „geborene Qualität“, sondern nur eine „gekorene Qualität“, nämlich die „Qualität im Glase“, wie sie bei Qualitätswein b.A. in jedem Einzelfall aufgrund der amtlichen Qualitätsweinprüfung festgestellt wird. Eine Ursprungsbezeichnung im Sinne der französischen appellation contrôlée enthält bereits als solche eine Qualitätsgarantie, während das bestimmte Anbaugebiet in Deutschland lediglich die qualitative Eignung ausweist und es der Hinzufügung einer Qualitätsbezeichnung (z. B. Qualitätswein b.A.) zu der Herkunftsangabe bedarf, die eine individuelle Prüfung voraussetzt (vgl. ausführlich Koch, Weinrecht, 4. Aufl. 2008, Stichwort: Herkunftsangabe, Ziffer 3.3.1.1 und Ziffer 3.3.1.2). Demzufolge besteht im französischen Weinbezeichnungsrecht die Möglichkeit, auch kleinen Einzelparzellen eine appellation contrôlée zuzuerkennen. Dies muss auf dem französischen Weinetikett angegeben werden, womit für den Verbraucher klargestellt wird, dass es sich bei dem dem Begriff appellation contrôlée beigefügten geografischen Begriff um eine geografische Angabe handelt (z. B. A. Clos de la Roche C.). Fehl geht in diesem Zusammenhang allerdings das Gutachten (S. 19), wenn es behauptet, das önologische Auge sehe hinter der Ursprungsbezeichnung „Romanée“ (gemeint wohl: La Romanée) den weltberühmten Weinberg „Romanée-Conti“ (gemeint wohl: La Romanée-Conti), denn hierbei handelt es sich um zwei unterschiedliche geografische Angaben.

Da im vorliegenden Fall die geschützte Ursprungsbezeichnung bzw. der dieser gleichgestellte traditionelle Begriff lediglich „Qualitätswein Franken“ lautet und alle kleineren geografischen Einheiten, also auch die in die Weinbergsrolle eingetragene Lagebezeichnung, „kleinere geografische Einheiten“ i. S. d. Art. 120 Abs. 1 Buchst. g) Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, Art. 67 Verordnung (EG) Nr. 607/2009 und § 23 Abs. 1 WeinG sind, können diese nicht mit einer französischen appellation contrôlée gleichgesetzt werden, die zwar in bestimmten Fällen eine sehr kleine Einzelparzelle bezeichnen kann und bezeichnet, jedoch - für den Verbraucher durch die Angabe „A. … C.“ deutlich gemacht - die geschützte Ursprungsbezeichnung bzw. der traditionelle Begriff selbst ist und nicht eine „kleinere geografische Einheit“, so dass damit auch keine Irreführungsgefahr für den Verbraucher gegeben ist.

Weiterhin kann das Gericht nicht dem Argument des vom Kläger vorgelegten Gutachtens (S. 22 und S. 35) folgen, die Lageangabe bleibe „ohne Weinbergswanderungen, Kellerbesichtigungen (sic!) und Degustationen“ „Zeichen ohne önologischen Sinn“; lagebewusste Weinerzeuger hätten alle Möglichkeiten, für ihre Lage zu werben und angehende Weinkenner zu Weinbergswanderungen zu animieren. Mit diesen Ausführungen stellt der Kläger auf den Weinkenner ab, nicht dagegen auf den Durchschnittsverbraucher, der für eine derart intensive Beschäftigung mit Weinlagen keine Möglichkeit hat, insbesondere nicht, wenn Weinverkauf oder -konsum nicht direkt beim Weinerzeuger (im Weingut) stattfindet.

Aus diesen Gründen ist das Gericht davon überzeugt, dass das vom Kläger angestrebte Etikettierungssystem kein milderes Mittel im oben genannten Sinne darstellt, da es zu einer Gefahr der Irreführung des Durchschnittsverbrauchers führt. Demgegenüber ist § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV dahingehend anzuwenden, dass überall dort, wo im Rahmen der Bezeichnung des Weines auf der Weinflasche ein Lagenamen verwendet wird, diesem immer der Name der Gemeinde oder des Ortsteils hinzuzufügen ist.

Die Regelung des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV ist angemessen, weil durch die o.a. vernünftigen Erwägungen des Allgemeinwohls legitimiert. Angemessenheit in diesem Sinne bedeutet auch, dass die Regelung den Betroffenen nicht übermäßig belasten darf. Eingriffszweck und Eingriffsintensität müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen (vgl. im Einzelnen: Jarras in Jarras/Pieroth, GG, Kommentar, 13. Aufl. 2014, Art. 12 Rn. 45 m. w. N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Eine übermäßige Belastung hat der Kläger im Verfahren nicht darlegen können; auch ansonsten ist eine solche für das Gericht nicht erkennbar. Insbesondere konkrete wirtschaftliche Belastungen hat der Kläger nicht vorgetragen. Eingriffszweck und Eingriffsintensität stehen somit in einem angemessenen Verhältnis (BVerfG, B.v. 3.7.2003 - 1 BvR 238/01 - BVerfGE 108, 151, 160).

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 126/98 Verkündet am:
10. August 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Stich den Buben
MarkenG §§ 2, 127; UWG §§ 1, 3; WeinVO § 39 Abs. 1 Nr. 2

a) Der Name einer im Verkehr bekannten (Weinbergs-)Lage kann - auch ohne
die weinbezeichnungsrechtlich vorgesehene Beifügung einer Ortsbezeichnung
(§ 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinVO) - eine (mittelbare) geographische Herkunftsangabe
darstellen.

b) Wird eine geographische Herkunftsangabe oder eine der Herkunftsangabe
ähnliche Bezeichnung als Firmenbestandteil verwendet, so liegt allein darin
noch keine Benutzung "für Waren" im Sinne von § 127 MarkenG. Ein wettbewerbsrechtlicher
Schutz vor unlauterer bzw. irreführender Verwendung ei-
ner geographischen Herkunftsangabe kann sich in einem solchen Fall aber
aus §§ 1, 3 UWG ergeben (§ 2 MarkenG).

c) Unabhängig von einer Irreführung kommt jedenfalls bei mittelbaren Herkunftsangaben
in Betracht, daß die Benutzung als Bestandteil der Firma eines
einzelnen Unternehmens zu einer individuellen Behinderung (§ 1 UWG)
derjenigen Wettbewerber führt, die die Herkunftsangabe (ebenfalls) berechtigt
als Hinweis auf ein bestimmtes geographisches Gebiet verwenden. Insbesondere
kann die Kennzeichnungskraft einer geographischen Herkunftsangabe
dadurch beeinträchtigt werden, daß sie in anderer Weise (hier als
Unternehmenskennzeichen) benutzt und dadurch ihre Funktion, als Hinweis
auf die Herkunft aus einem bestimmten geographischen Gebiet zu dienen,
gefährdet wird. Eine Benutzung als Firmenbestandteil kann zudem infolge
Verkehrsverwirrung den Werbewert der geographischen Herkunftsangabe
empfindlich schwächen und die Gefahr einer Umwandlung in einen betrieblichen
Herkunftshinweis begründen.

d) Zu der Frage, ob der Verkehr aufgrund einer Verwendung des Bestandteils
"Winzerhaus" in der Firma einer Winzergenossenschaft über den Charakter
des Unternehmens als ein weinanbauendes Einzelunternehmen irregeführt
wird, wenn nur die Mitglieder der Genossenschaft über Rebflächen verfügen
und die Genossenschaft den Wein ihrer Mitglieder ausbaut und vertreibt.

e) Zu der weiteren Frage, ob beachtliche Teile des Verkehrs aufgrund einer
Benutzung des Firmenbestandteils "Hans StichdenBuben" über den ausschließlichen
Vertrieb von Weinen aus der im Verkehr bekannten Lage
"Stich den Buben" sowie über einen Alleinbesitz der so firmierenden Winzergenossenschaft
an dieser Lage getäuscht werden, wenn die Genossen-
schaft überwiegend, aber nicht ausschließlich Wein aus der Lage "Stich den
Buben" vertreibt und die Lage weder im Alleinbesitz der Genossenschaft
noch dem ihrer Mitglieder steht.
BGH, Urteil vom 10. August 2000 - I ZR 126/98 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. April 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger betreibt in Baden-Baden ein Weingut. Zu seinem Grundbesitz gehören Flurstücke in der im Verkehr bekannten Lage "Stich den Buben".
Die Beklagte ist eine Winzergenossenschaft mit Sitz in Baden-Baden. Ihr gehören Winzer aus den Gemarkungen Steinbach und Umweg an. Ein Großteil der Rebflächen der Lage "Stich den Buben" steht im Eigentum dieser Mitglieder. Die Beklagte selbst verfügt nicht über Rebflächen. Sie befaßt sich mit dem Ausbau und Vertrieb von Wein ihrer Mitglieder, der vorwiegend aus
der Lage "Stich den Buben", aber auch aus anderen Lagen stammt. Seit 1936 benutzt die Beklagte für Weine die Bezeichnung "Stich den Buben". Im Jahre 1959 wurde für die Beklagte das Wort-/Bildzeichen "Stich den Buben" als Warenzeichen eingetragen. Seit 1996 firmiert sie mit "Winzerhaus Hans StichdenBuben eG".
Der Kläger hat die neue Firma der Beklagten als wettbewerbswidrig beanstandet. Hierzu hat er vorgetragen, der Firmenbestandteil "Winzerhaus" vermittle dem Verkehr den irreführenden Eindruck, er habe es mit einem Einzelunternehmen zu tun, das sich nicht nur mit dem Vertrieb, sondern auch mit dem Anbau von Wein befasse.
Darüber hinaus hat sich der Kläger gegen die Verwendung des weiteren Namensbestandteils "Hans StichdenBuben" gewandt. Er hat die Ansicht vertreten , die Benutzung des Firmenbestandteils "StichdenBuben" sei irreführend, weil die Beklagte auch Weine aus anderen Lagen ausbaue und unter dieser Firma vertreibe. Dadurch werde bei diesen Weinen eine tatsächlich nicht bestehende Verbindung zur Lage "Stich den Buben" hergestellt. Darüber hinaus erwecke die Firma der Beklagten die unzutreffende Vorstellung, die Lage stehe im Alleinbesitz der Beklagten bzw. nur die Beklagte vertreibe Wein aus dieser Lage.
Der Kläger hat beantragt,
der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung ihres Unternehmens die Bezeichnung "Winzerhaus Hans StichdenBuben" zu benutzen und unter dieser Firmenbezeichnung im Geschäftsverkehr sonst tätig zu werden.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat die Ansicht vertreten, ihre Firma sei weder irreführend noch verstoße sie gegen § 1 UWG.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und dabei die Unterlassungsanordnung auf die (vollständige) Firmenbezeichnung "Winzerhaus Hans StichdenBuben eG" (unter Einschluß des Rechtsformzusatzes eG) erstreckt.
Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen (OLG-Report Karlsruhe 1998, 418, nur Leitsatz

).


Mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Ein Verstoß gegen § 3 UWG liege nicht vor. Der Gebrauch einer Unternehmenskennzeichnung könne zwar irreführend sein, wenn sie geeignet sei, beim Verkehr unzutreffende Vorstellungen über die geschäftlichen Verhältnisse des Unternehmens hervorzurufen. Davon könne im Streitfall aber nicht ausgegangen werden.
Die angesprochenen Verkehrskreise - Endverbraucher und Wiederverkäufer aus dem Einzelhandel oder der Gastronomie - gingen aufgrund der an-
gegriffenen Firma, die in der Berufungsinstanz ausschließlich in ihrer vollständigen Form, also mit Rechtsformzusatz (eG), zu beurteilen sei, nicht davon aus, es mit dem Betrieb eines selbst vermarktenden Winzers zu tun zu haben. Eine solche Vorstellung scheide schon deshalb aus, weil dem Verkehr die Bedeutung der Abkürzung "eG" bekannt sei. Auch wenn - was nahe liege - das Publikum die Firma der Beklagten abkürze, komme es nicht zu der behaupteten Fehlvorstellung. Der Begriff "Winzerhaus" deute nach dem Verkehrsverständnis nicht auf den Betrieb eines einzelnen Winzers hin. Bislang sei es nicht üblich, daß sich weinproduzierende Unternehmen des Begriffs "Winzerhaus" als Bestandteil der Firma oder in der Werbung bedienten. Der angesprochene Verkehr orientiere sich daher am sprachlichen Sinn des Wortes sowie seiner Bestandteile und an dem Zusammenhang, in dem es benutzt werde. Sofern der Begriff, der nicht zur Umgangssprache gehöre, zur Kennzeichnung eines Unternehmens gebraucht werde, bringe der Verkehr ihn mit der Erzeugung und Vermarktung von Wein in Verbindung, wobei er bei einem Handelsunternehmen , das sich als "Haus" bezeichne, von einem vollkaufmännischen Geschäft größeren Umfangs ausgehe. Darüber hinaus sei das Publikum seit langem daran gewöhnt, daß der Begriff "Winzer" in der Firma eines weinvertreibenden Unternehmens auf einen Zusammenschluß von Weinproduzenten hinweise.
In der aufgrund der verwendeten Bezeichnung "Winzer" bestehenden Erwartung, daß sich die Beklagte jedenfalls weit überwiegend mit der Herstellung von Wein aus eigenem Anbau befasse, werde der Verkehr nicht enttäuscht , weil die Beklagte unstreitig nur solchen Wein ausbaue und abfülle, der von ihren Mitgliedern stamme. Dies rechtfertige nach den einschlägigen EGVerordnungen die Bezeichnung der Weine als "Erzeugerabfüllung" und die Aufnahme des Begriffs "Winzer" (in der Mehrzahl) in die Firmenbezeichnung,
zumal die Verbraucher seit langem mit der Existenz von Winzergenossenschaften vertraut seien.
Die angegriffene Firma sei auch nicht aufgrund des Bestandteils "Hans StichdenBuben" irreführend. Fehlvorstellungen über die geographische Herkunft der von der Beklagten vertriebenen Weine würden nicht erweckt. Zwar gehe ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Interessenten aufgrund der Ä hnlichkeit mit der bekannten Lage "Stich den Buben" von einer Herkunftsangabe aus. Denkbar sei auch, daß ein Teil der Interessenten daraus den Schluß ziehe, das Sortiment der Beklagten umfasse im wesentlichen Wein aus der betreffenden Lage. Darin liege jedoch keine Irreführung, da der weit überwiegende Teil der Weine der Beklagten unstreitig aus Trauben der Lage "Stich den Buben" hergestellt werde. Die Auffassung des Landgerichts, wonach der Verkehr annehme, sämtliche Weine der Beklagten stammten aus dieser Lage, finde weder im Vortrag der Parteien noch in der Lebenserfahrung eine Grundlage.
Eine Irreführung werde auch nicht dadurch begründet, daß die Beklagte auch Weine aus anderen Lagen ausbaue und vermarkte. Selbst wenn dies zur Irreführung des Verkehrs führen könne, rechtfertige dies nicht die beantragte Untersagung einer Benutzung der Firma schlechthin. Allenfalls käme ein - vom Kläger jedoch nicht erstrebtes - Verbot, Wein aus anderen Lagen unter der angegriffenen Firma auf den Markt zu bringen, in Betracht. Darüber hinaus erwecke nicht jede Nennung der Firma auf einem Etikett - unabhängig von der sonstigen Ausgestaltung des Etiketts - beim Verkehr den Eindruck, der Wein stamme aus der Lage "Stich den Buben". Denn der Interessent, der die Lagebezeichnung erkenne, wisse ausnahmslos, daß es auch andere Weinlagen gebe und in welcher Form auf diese üblicherweise hingewiesen werde. Der
Kläger habe nicht unter Beweis gestellt, daß die Beklagte Weine, die nicht aus der Lage "Stich den Buben" stammten, ohne Orts- oder Lagebezeichnung vertreibe.
Der beanstandete Firmenbestandteil "Hans StichdenBuben" begründe schließlich auch keine - unzutreffende - Alleinstellungsbehauptung. Soweit der Verkehr mit Lagenamen eine Vorstellung verbinde, sei ihm geläufig, daß es zahlreiche Lagen gebe, die nicht im Alleinbesitz eines Winzers oder eines Zusammenschlusses von Winzern stünden. Dies gelte auch, wenn ein oder mehrere Hersteller einen auf diese Lage hinweisenden Firmenbestandteil führten.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung auf der bislang festgestellten Tatsachengrundlage nicht in allen Punkten stand. Die Angriffe der Revision führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings dagegen, daß das Berufungsgericht die Gefahr einer Irreführung des Verkehrs durch Verwendung des Firmenbestandteils "Winzerhaus" verneint hat.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Gebrauch eines Unternehmenskennzeichens irreführend sein kann, wenn ein Firmenbestandteil oder -zusatz geeignet ist, beim Verkehr unzutreffende Vorstellungen über die geschäftlichen Verhältnisse des Unternehmens hervorzurufen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 53, 339, 343 - Euro-Spirituosen; BGH, Urt. v. 10.3.1961 - I ZR 142/59, GRUR 1961, 425, 426 = WRP 1961, 188 - Möbelhaus des Handwerks; Urt. v. 7.6.1996 - I ZR 103/94, GRUR 1996, 802 = WRP 1996, 1032 - Klinik; Urt. v. 16.1.1997 - I ZR 225/94, GRUR 1997, 669 = WRP 1997, 731 - Euromint). Zu Recht hat es dabei den Unterlassungsanspruch in erster
Linie nach § 3 UWG beurteilt, weil aus den gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Weinbezeichnungsvorschriften unmittelbar wettbewerbsrechtliche Ansprüche nicht herzuleiten sind (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 86/97, WRP 2000, 628, 629 = MarkenR 2000, 175, 176 - Lorch Premium). Daran hat sich durch die seit dem 1. August 2000 geltende Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates über die Gemeinsame Marktorganisation für Wein vom 7. Mai 1999 (ABl. L Nr. 179, S. 1, im folgenden: GMO), die in erster Linie eine flexiblere Ausgestaltung der bislang geltenden marktordnenden Regeln bezweckt und für den Bereich des Weinbezeichnungsrechts - in Abkehr vom bisherigen Verbotsprinzip - eine Öffnung auch für nicht ausdrücklich zugelassene Angaben vorsieht (vgl. Hieronimi, WRP 2000, 458), nichts geändert.

a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erweckt der Bestandteil "Winzerhaus" in der Firma der Beklagten nicht den unzutreffenden Eindruck eines von einer Einzelperson betriebenen privaten Weingutes. Diese Beurteilung des Verkehrsverständnisses läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
aa) Entgegen der Ansicht der Revision steht die Feststellung des Berufungsgerichts , daß der Begriff "Winzerhaus" kein Wort der Umgangssprache, sondern eine Wortzusammensetzung sei, die im üblichen Sprachgebrauch so nicht vorkomme, nicht im Widerspruch zu seinen weiteren Ausführungen, wonach Anhaltspunkte dafür fehlten, daß die Bezeichnung anders als in dem "gewohnten Sinne" verstanden werde.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß sich ein üblicher Gebrauch der Wortzusammensetzung "Winzerhaus" als Unternehmenskennzeichnung nicht feststellen lasse und sich die Vorstellung des Publikums in einem solchen Fall am sprachlichen Sinn des Wortes und seiner Bestandteile
sowie an dem Zusammenhang, in dem es benutzt werde, orientiere. In bezug auf den Wortbestandteil "Haus" hat es angenommen, der Verkehr habe sich seit langem daran gewöhnt, daß dieser Begriff von Unternehmen mit einer gewissen (örtlichen) Bedeutung beansprucht werde. Hinsichtlich des Bestandteils "Winzer" hat das Berufungsgericht festgestellt, daß diese Bezeichnung häufig in Unternehmenskennzeichen einer Gemeinschaft von zusammengeschlossenen Weinproduzenten ("Winzergenossenschaft", "Winzerkeller") vorkomme. Im Zusammenhang mit diesen - unbeanstandeten - Tatsachenfeststellungen zum Verkehrsverständnis der Wortbestandteile "Winzer" und "Haus" hat das Berufungsgericht weiter ausgeführt, die Wortkombination werde nicht anders als in dem gewohnten Sinne der Einzelbegriffe verstanden. Dies widerspricht weder Denkgesetzen noch der Lebenserfahrung.
Begegnet dem Verkehr - wie vom Berufungsgericht unangegriffen festgestellt - die im Singular und Plural identische Berufsbezeichnung "Winzer" in Unternehmenskennzeichen in Wortzusammensetzungen, die auf einen Zusammenschluß mehrerer Winzer hindeuten ("Winzergenossenschaft", "Winzerkeller" ), so liegt es nicht fern, daß er auch bei der Wortkombination "Winzerhaus" eher an eine Vereinigung mehrerer Winzer als an das Unternehmen eines einzelnen Angehörigen dieser Berufsgruppe erinnert wird. Dafür spricht auch, daß für den landwirtschaftlichen Betrieb eines einzelnen Winzers die Bezeichnung "Weingut" gebräuchlich ist (vgl. BayObLG GRUR 1972, 659; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Aufl., § 3 UWG Rdn. 386; Koch, Weinrecht, 4. Aufl., Stand: Oktober 1999, Stichwort "Weingut", Ziff. 3.3.1) und der Firmenbestandteil "Haus" nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls traditionell von Unternehmen mit gewisser (örtlicher) Bedeutung verwendet wird (vgl. BGH, Urt. v. 6.7.1979 - I ZR 96/77, GRUR 1980, 60, 61 - 10 Häuser erwarten Sie; Urt. v. 10.2.1982 - I ZR 65/80, GRUR 1982, 491, 492
- Möbel-Haus; BayObLG BB 1990, 2357; Baumbach/Hefermehl aaO § 3 UWG Rdn. 376; Bokelmann, Firmen- und Geschäftsbezeichnungen, 4. Aufl. 1997, Rdn. 182 a, 205 f.).
bb) Soweit der Wortbestandteil "Winzer" auf Weinerzeugnisse "aus eigenem Anbau" hindeutet, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, daß es nach der durch die Existenz von Winzergenossenschaften mitgeprägten Vorstellung des Publikums genügt, wenn die Inhaber bzw. Mitglieder des Unternehmens den eigenen Weinanbau betreiben. Dies stand - worauf sich das Berufungsgericht zutreffend berufen hat - in Einklang mit der Regelung in Art. 5 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 3201/90 der Kommission über Durchführungsbestimmungen für die Bezeichnung und Aufmachung der Weine und der Traubenmoste vom 16. Oktober 1990 (ABl. Nr. L 309, S. 1; zuletzt geändert durch VO (EG) Nr. 1470/1999 vom 5. Juli 1999, ABl. Nr. L 170, S. 16), die eine Verwendung der Bezeichnung "Winzer" (in der Mehrzahl) im Firmennamen einer Vereinigung von Weinbaubetrieben oder einer Personenvereinigung ausdrücklich gestattete, wenn der von dem Unternehmen angebotene Wein - wie vorliegend - ausschließlich aus Trauben gewonnen wurde, die aus Weinbergen der Mitglieder stammten (vgl. jetzt zum - fakultativen - Hinweis über die Abfüllung in einem Zusammenschluß von Weinbaubetrieben: Anh. VII, Abschn. B Nr. 1 Buchst. b GMO). Dementsprechend durfte die Beklagte, wie die Revision nicht in Zweifel zieht, ihre Weine nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der vorbezeichneten Verordnung i.V. mit Art. 2 Abs. 3 Buchst. f, Art. 11 Abs. 2 Buchst. q WeinbezeichnungsVO auch als Erzeugerabfüllung bezeichnen. Was aber das Weinbezeichnungsrecht erlaubt, ist wettbewerbsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. Koch aaO Stichwort "Irreführungsverbot", Ziff. 4.4, S. 13, m.w.N.; Stichwort "Bezeichnungsrecht", Ziff. 3.2.1, S. 8; vgl. hierzu auch v. Gamm, GRUR 1984, 165, 168).

Die gegenteilige Ansicht des Landgerichts, der Begriff "Winzerhaus" weise auf die Tätigkeit eines einzelnen, mit der Weinerzeugung von der Arbeit am Weinberg bis zur Kellerverarbeitung befaßten Winzers hin, läßt erkennbar außer acht, daß die in Rede stehende Bezeichnung nicht in Alleinstellung, sondern lediglich als Teil einer aus weiteren Elementen bestehenden Unternehmenskennzeichnung benutzt wird. Seine Annahme, der Zusatz "eG" sei nicht geeignet, Fehlvorstellungen des Verkehrs über die Unternehmensstruktur zu verhindern, entbehrt einer Begründung und erweist sich zudem als erfahrungswidrig. Die von der Revision insoweit erhobene Rüge, die Ansicht des Berufungsgerichts, wonach der Zusatz "eG" klarstellend wirke, sei unzutreffend , geht fehl. Das Berufungsgericht hat ausführlich dargelegt, daß der Zusatz "eG" dem angesprochenen Verkehr als Abkürzung für "eingetragene Genossenschaft" bekannt sei und deshalb irrtumsausschließend wirke. Dies steht auch, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, mit der in § 3 Abs. 2 GenG (jetzt § 3 Abs. 1 GenG) zum Ausdruck gelangten gesetzgeberischen Wertung in Einklang, wonach die aufklärenden Rechtsformzusätze "eG" und "eingetragene Genossenschaft" einander gleichgestellt sind.
cc) Ebensowenig ist aus Rechtsgründen zu beanstanden, daß das Berufungsgericht die vom Kläger dargelegten und durch einen Zeitungsbericht über die Umfirmierung untermauerten Beweggründe der Beklagten für ihre Umbenennung für unbeachtlich gehalten hat. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt es für die Beurteilung der angegriffenen Firma als irreführend allein darauf an, welche Vorstellungen sie hervorruft und ob dieser Eindruck mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Unerheblich ist demgegenüber , welchen Eindruck der Unternehmensinhaber mit der Firmenwahl zu erzeugen beabsichtigt. Die nach dem Vorbringen des Klägers bestehende Ab-
sicht der Beklagten, mit ihrer Firma den Eindruck eines privaten Weinguts hervorzurufen , stellt noch kein ausreichendes Indiz dafür dar, daß die neue Firma diesen Eindruck auch tatsächlich erweckt.

b) Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die erforderlichen Feststellungen zum Verkehrsverständnis des Firmenbestandteils "Winzerhaus" nicht aus eigener Sachkunde und Lebenserfahrung treffen dürfen, hat keinen Erfolg.
Die Beurteilung der Verkehrsauffassung aus eigener Sachkunde setzt u.a. voraus, daß es sich bei dem verwendeten Begriff um einen solchen handelt , dessen Verständnis in einem bestimmten Sinn einfach und naheliegend ist, und daß keine Gründe vorliegen, die Zweifel an dem vom Gericht angenommenen Verkehrsverständnis wecken (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.1983 - I ZR 64/81, GRUR 1984, 467, 468 = WRP 1984, 62 - Das unmögliche Möbelhaus ; Urt. v. 17.10.1984 - I ZR 187/82, GRUR 1985, 140, 141 = WRP 1985, 72 - Größtes Teppichhaus der Welt; Urt. v. 19.1.1995 - I ZR 197/92, GRUR 1995, 354, 357 = WRP 1995, 398 - Rügenwalder Teewurst II; Urt. v. 17.6.1999 - I ZR 149/97, GRUR 2000, 239, 240 = WRP 2000, 92 - Last-Minute-Reise). Diese Annahme liegt um so näher, wenn die Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören und sich die Angabe auf Gegenstände des allgemeinen Bedarfs bezieht. Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ist das Berufungsgericht bei der Beurteilung des Verkehrsverständnisses betreffend den Firmenbestandteil "Winzerhaus" rechtsfehlerfrei ausgegangen.
aa) Zu Unrecht macht die Revision geltend, die Mitglieder des Berufungsgerichts repräsentierten nicht uneingeschränkt den angesprochenen Verkehr , so daß ihnen im Hinblick darauf die für die Beurteilung des Streitfalls er-
forderliche Sachkunde fehle. Auch wenn zu den beteiligten Verkehrskreisen nach den zutreffenden und unbeanstandet gebliebenen Ausführungen des Berufungsgerichts nicht nur Endverbraucher, sondern auch Wiederverkäufer aus dem Bereich des Einzelhandels und der Gastronomie gehören und diese ferner nicht immer über überragende, Irrtümer von vornherein ausschließende Kenntnisse verfügen sollten, war das Berufungsgericht dadurch nicht an eigenen Feststellungen gehindert. Denn es ist nicht ersichtlich, daß sich das Verständnis dieser nicht mit Sonderwissen ausgestatteten Zwischenhändler von dem der Gruppe der Endverbraucher, zu der die Mitglieder des Berufungsgerichts zählen, unterscheidet.
bb) Soweit die Revision auf Entscheidungen verschiedener Instanzgerichte verweist, die bei der Beurteilung des Verkehrsverständnisses zu scheinbar abweichenden Ergebnissen gelangt sind, verkennt sie, daß den angeführten Urteilen der Landgerichte Hamburg ("Winzer Martin's Weindepot") und Baden -Baden (Firmenbestandteil "Winzerhaus" ohne den Zusatz "eG") andere Sachverhalte und Klageanträge zugrunde gelegen haben. Dies steht einer Übertragung auf den Streitfall entgegen. Aus gleichen Gründen mußte das Berufungsgericht auch dem Vorbringen des Klägers zur Beurteilung einer Umbenennung der "Zentralkellerei der badischen Winzergenossenschaften" in "Badischer Winzerkeller" nicht weiter nachgehen.
2. Mit Recht wendet sich die Revision aber dagegen, daß das Berufungsgericht auch den Firmenbestandteil "Hans StichdenBuben" als wettbewerbsrechtlich unbedenklich beurteilt hat. Die bisherigen Feststellungen hierzu vermögen die Abweisung der Klage nicht in jeder Hinsicht zu rechtfertigen.

a) Dem Berufungsgericht kann allerdings darin beigetreten werden, daß der Bestandteil "Hans StichdenBuben" in der Firma der Beklagten nicht den irreführenden Eindruck hervorruft, die Beklagte vertreibe ausnahmslos Weine, die aus in der Lage "Stich den Buben" gewonnenen Trauben hergestellt werden.
aa) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß es sich bei dem Firmenbestandteil "Hans StichdenBuben" um eine (mittelbare) geographische Herkunftsangabe handelt, die auf die Lage "Stich den Buben" im Baden-Badener Rebland hinweist.
Auch Personenbezeichnungen - wie hier der Name "Hans StichdenBuben" des Leibkochs des Markgrafen zu Baden, dem der Markgraf nach dem unstreitigen Parteivorbringen im 15. Jahrhundert Rebflächen zu Lehen überlassen hatte - können im Verkehr Hinweis auf eine bestimmte geographische Herkunft sein (vgl. BGH, Urt. v. 9.4.1987 - I ZR 201/84, GRUR 1987, 535 = WRP 1987, 625 - Wodka Woronoff; Klaka in: Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 5. Aufl., § 126 Rdn. 11). So verhält es sich hier.
Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt, daß "Stich den Buben" eine im Verkehr bekannte Lage bezeichnet und der Verkehr diese Lagebezeichnung aufgrund der Ä hnlichkeit der Wortzeichen in dem Firmenbestandteil "Hans StichdenBuben" wiedererkennt.
Eine Lage ist eine bestimmte Rebfläche (Einzellage) oder die Zusammenfassung solcher Flächen (Großlage), aus deren Erträgen gleichwertige Weine gleichartiger Geschmacksrichtungen hergestellt zu werden pflegen und die in einer Gemeinde oder in mehreren Gemeinden desselben bestimmten
Anbaugebietes belegen sind (§ 2 Nr. 22 WeinG 1994). Danach stellt die auf eine bestimmte Rebfläche bezogene Lagebezeichnung (hier: "Stich den Buben" ) eine geographische Herkunftsangabe dar (vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WeinG 1994).
Dem steht nicht entgegen, daß nach § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinVO (i.d.F. v. 28.8.1998, BGBl. I, 2609) dem Namen der Lage der entsprechende Name der Gemeinde oder des Ortsteils hinzuzufügen ist, wenn er zur Bezeichnung eines Qualitätsweins b.A. verwendet wird. Denn diese Rechtslage schließt es nicht aus, daß der Verkehr einen Lagenamen auch ohne Ortsangabe als eine ihm geläufige Lagebezeichnung identifiziert oder aus anderen Gründen ohne unmittelbaren örtlichen Bezug als geographischen Herkunftshinweis auffaßt (vgl. EuGH, Urt. v. 25.2.1981 - 56/80, GRUR 1981, 430, 431 - Schloßdoktor/Klosterdoktor ; BGH, Urt. v. 30.10.1981 - I ZR 149/77, GRUR 1982, 423, 424 - Schloßdoktor /Klosterdoktor; Beschl. v. 28.9.1979 - I ZB 2/78, GRUR 1980, 173, 174 - FÜRSTENTHALER). Die Revision hat sich hiergegen auch nicht gewandt.
bb) Es begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht den Firmenbestandteil "Hans StichdenBuben" unter dem Gesichtspunkt des Vertriebes von Weinen aus anderen Lagen nach § 3 UWG beurteilt hat.
(1) Ein wettbewerbsrechtlicher Schutz von Mitbewerbern läßt sich auch hinsichtlich der hier in Rede stehenden geographischen Herkunftsangabe nicht aus den gemeinschaftsrechtlichen oder nationalen Bestimmungen des Weinbezeichnungsrechts herleiten (vgl. Koch aaO Stichwort "Irreführungsverbot", Ziff. 4.4, S. 13 a.E.). Zwar findet der Begriff der Lage als "Name einer kleineren geographischen Einheit als der Mitgliedstaat" auch im Gemeinschaftsrecht
Niederschlag (vgl. Art. 51 Abs. 1, 1. Spiegelstrich GMO). Die nähere Ausgestaltung des Rechts der Lagebezeichnungen bleibt aber - bei weitem Spielraum - den nationalen Rechtsetzungsakten der Mitgliedstaaten überlassen (vgl. Koch aaO Stichwort "Lage", Ziff. 3.1, S. 5). So kann etwa die Bezeichnung von Qualitätsweinen b.A. "nach Maßgabe der Vorschriften des Erzeugermitgliedstaats" um die Angabe einer geographischen Einheit, die kleiner ist als das bestimmte Anbaugebiet, also um eine Lage (vgl. Hieronimi, WRP 2000, 458, 463), ergänzt werden (vgl. Anh. VII Abschn. B Nr. 1 Buchst. c, 1. Spiegelstrich GMO; zur Rechtslage bis zum 1. August 2000: Art. 11 Abs. 2 Buchst. l, Art. 13 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 2392/89 v. 24. Juli 1989). Soweit die gegenüber dem allgemeinen Irreführungsschutz nach § 3 UWG spezielleren Regelungen des Weinbezeichnungsrechts, wie in Art. 48 GMO (früher Art. 40 VO (EWG) Nr. 2392/89 v. 24. Juli 1989) und - auf nationaler Ebene - § 25 WeinG 1994, Irreführungsverbote enthalten, sind diese zivilrechtlich nicht sanktioniert und unterstellen grundsätzlich keine strengeren Anforderungen als das Irreführungsverbot nach § 3 UWG (Koch aaO Stichwort "Irreführungsverbot", Ziff. 4.4, S. 13 m.w.N.). Die Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. Nr. L 208, S. 1) findet nach der ausdrücklichen Regelung des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 auf - hier allein in Rede stehende - Weinbauerzeugnisse keine Anwendung.
(2) Ebensowenig werden die Bestimmungen des UWG vorliegend durch vorrangige Regelungen aus dem Markengesetz verdrängt.
Zwar hat der wettbewerbsrechtlich begründete Schutz der geographischen Herkunftsangabe im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes durch die Bestimmungen der §§ 126 ff. des zum 1. Januar 1995 in Kraft getretenen
Markengesetzes eine sondergesetzliche Ausgestaltung erfahren (vgl. BGHZ 139, 138, 139 - Warsteiner II; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, Vor §§ 126-139, Rdn. 2). Dies bedeutet, daß die genannten Vorschriften grundsätzlich als leges speciales gegenüber den Regelungen der §§ 1, 3 UWG anzusehen sind. Allerdings können, wie sich § 2 MarkenG entnehmen läßt, die Vorschriften der §§ 1, 3 UWG weiterhin ergänzend für Sachverhalte herangezogen werden, die nicht unter §§ 126 ff. MarkenG fallen. So liegt es hier.
Gemäß § 128 Abs. 1 i.V. mit § 127 Abs. 1 MarkenG ist zur Unterlassung verpflichtet, wer geographische Herkunftsangaben im geschäftlichen Verkehr für Waren benutzt, die nicht aus dem Ort stammen, der durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung für Waren anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht. Im Streitfall geht es jedoch nicht um eine Benutzung der geographischen Herkunftsangabe "Stich den Buben" bzw. der ähnlichen Bezeichnung (vgl. § 127 Abs. 4 Nr. 1 MarkenG) "Hans StichdenBuben" für Waren, sondern um eine Verwendung in der Firma der Beklagten. Darüber hinaus ist das generell formulierte Begehren des Klägers auf Unterlassung einer Benutzung der Firma nicht (nur) im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Waren anderer Herkunft gerichtet; vielmehr wendet sich der Kläger - wenn auch mit Blick auf den Vertrieb von Weinen anderer Herkunft - gegen eine Benutzung des Firmenbestandteils schlechthin. Dieser Fall wird von § 127 Abs. 1 MarkenG nicht erfaßt.
Entsprechendes gilt auch für die Regelung des § 127 Abs. 2 MarkenG, die qualifizierte Herkunftsangaben zum Gegenstand hat. Zwar gewährt diese Bestimmung einen Irreführungsschutz auch im Zusammenhang mit der Benutzung für Waren derselben Herkunft, wenn diese nicht bestimmte Eigenschaften oder eine bestimmte Qualität aufweisen (vgl. Reinhard, Die geographische
Herkunftsangabe nach dem Markengesetz, 1999, S. 95; Klaka in: Althammer /Ströbele/Klaka aaO § 127 Rdn. 2). Ebenso wie § 127 Abs. 1 MarkenG verlangt sie aber eine Benutzung der geographischen Herkunftsangabe für Waren. Daran fehlt es im Streitfall, weil der angegriffene Firmenbestandteil nicht stets sowie allenfalls mittelbar "für Waren", d.h. warenkennzeichnend oder -beschreibend, gebraucht wird. Ist aber - wie im Streitfall - der Anwendungsbereich des § 127 Abs. 1 und 2 MarkenG nicht betroffen, so bestehen gegen eine ergänzende Heranziehung von §§ 1, 3 UWG keine durchgreifenden Bedenken (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, S. 117; Ingerl/Rohnke aaO Vor §§ 126-139 Rdn. 2). Nichts anderes gilt für den Fall des § 127 Abs. 3 MarkenG.
cc) Dem Berufungsgericht ist auch bei der eigentlichen Prüfung des § 3 UWG unter dem Gesichtspunkt des Vertriebs von Wein aus anderen Lagen kein Rechtsfehler unterlaufen.
Welchen Inhalt ein bestimmter Begriff in seiner konkreten Benutzungsform hat, insbesondere, ob der Verkehr darin einen Hinweis auf das gesamte Sortiment, auf eine besondere Spezialisierung unter Verzicht auf ein breiteres Sortiment oder nur als Hinweis auf einen Teil des Sortiments sieht, unterliegt der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall (vgl. BGH, Urt. v. 2.2.1984 - I ZR 219/81, GRUR 1984, 465, 466 f. - Natursaft; v. Gamm, Wettbewerbsrecht , 5. Aufl. 1987, Bd. 1, Kap. 37 Rdn. 55, Rdn. 87). Im Wirtschaftsleben kommt es nicht selten vor, daß ein Unternehmen in seiner Firma nur auf einen Teil seines Sortiments hinweist, der, sei es historisch, sei es der Abkürzung wegen oder aus sonstigen Gründen, in den Mittelpunkt gerückt wird (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.1976 - I ZR 23/75, GRUR 1977, 159 f. - Ostfriesische Tee Gesell-
schaft; BGH GRUR 1984, 465, 466 f. - Natursaft). Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte wolle aus Sicht des Verkehrs mit dem Firmenbestandteil "Hans StichdenBuben" (lediglich) darauf hinweisen , daß der weit überwiegende Teil ihrer Weine aus dieser Lage stammt, sie sich also im Schwerpunkt mit dem Vertrieb von "Stich den Buben"-Weinen befaßt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

b) Erfolglos bleiben die Angriffe der Revision auch, soweit sie sich dagegen richten, daß das Berufungsgericht dem Kläger Ansprüche aus § 3 UWG unter dem Gesichtspunkt einer Täuschung des Verkehrs über einen Alleinbesitz der Beklagten bzw. ihrer Mitglieder an der Lage "Stich den Buben" versagt hat.
Die Annahme des Berufungsgerichts, der Verkehr wisse, daß es zahlreiche Lagen gebe, die nicht im Alleinbesitz stünden, und gehe deshalb auch dann, wenn ein Hersteller - wie die Beklagte - einen auf eine bestimmte Lage hinweisenden Firmenbestandteil führe, grundsätzlich davon aus, daß Wein aus derselben Lage von verschiedenen Produzenten vermarktet werden kann, ist weder denkgesetz- noch erfahrungswidrig. Für ihren gegenteiligen Standpunkt, wonach der Verkehr aufgrund des Firmenbestandteils "Hans StichdenBuben" eine Lage im Alleinbesitz der Beklagten oder ihrer Mitglieder annehme, hat die Beklagte keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgebracht.

c) Mit Erfolg rügt die Revision jedoch, das Berufungsgericht habe sich mit dem Vorbringen des Klägers zur Frage einer Monopolisierung der geographischen Lagebezeichnung "Stich den Buben" durch Benutzung einer ähnlichen Bezeichnung als Firmenbestandteil nicht ausreichend auseinandergesetzt. Dieses Vorbringen hätte eine Prüfung nach § 1 UWG unter dem Ge-
sichtspunkt der von § 127 MarkenG nicht erfaßten individuellen Behinderung erfordert.
Nach dem Vortrag des Klägers begründet die Verwendung des Lagenamens als Firmenbestandteil die unmittelbare Gefahr einer Wettbewerbsbeeinträchtigung zu seinen Lasten, weil er in der Lage "Stich den Buben" ebenfalls über Grundbesitz verfügt und Weine aus dieser Lage unter der Lagebezeichnung in Verkehr bringt. Ferner hat er vorgebracht, es liege in seinem Interesse als Wettbewerber, eine Verwässerung des bekannten und berühmten Lagenamens "Stich den Buben" zu verhindern, die dadurch drohe, daß die Beklagte den Qualitätsbegriff im Sinne einer wettbewerbsrechtlich zu beanstandenden Alleinstellung für ihre Handelsfirma verwende und damit (auch) einen Zusammenhang zu Weinen aus anderen, qualitativ nicht vergleichbaren Lagen herstelle.
aa) Nach diesem Vorbringen des Klägers zur Verwendung des Bestandteils "Hans StichdenBuben" in der Firma der Beklagten kommt eine Beeinträchtigung oder Schwächung der Lagebezeichnung "Stich den Buben" in Betracht, die die Prüfung eines Verstoßes gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt einer individuellen Behinderung nahelegt. Denn es kann wettbewerbswidrig sein, die Werbe- und Kennzeichnungskraft einer geographischen Herkunftsangabe dadurch zu beeinträchtigen, daß sie in anderer Weise (hier als Unternehmenskennzeichen) benutzt und dadurch ihre Funktion, als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten geographischen Gebiet zu dienen, gefährdet wird. In derartigen Fällen kann vor allem der Werbewert der Herkunftsangabe infolge Verkehrsverwirrung empfindlich geschwächt und die Gefahr der Umwandlung in eine betriebliche Herkunftsangabe begründet werden (vgl. auch Baumbach/Hefermehl aaO § 1 UWG Rdn. 227 f.). Dies kommt jedenfalls
- anders als bei der unmittelbaren - bei der mittelbaren geographischen Herkunftsangabe in Betracht, bei der der Verkehr nicht aus der direkten Benennung eines geographischen Gebietes, sondern erst aufgrund anderer Hinweise auf ein bestimmtes Gebiet schließt.
Geographische Herkunftsangaben, insbesondere Lagebezeichnungen, können für die Vermarktung von aus der bezeichneten Gegend stammenden Produkten, vor allem bei Naturprodukten, von großer Bedeutung und - im Sinne eines preisbildenden Faktors - von hohem Wert sein (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Markenrechts, BT-Drucks. 12/6581, S. 116; Koch aaO Stichwort "Lage", Ziff. 3.1.3.2, S. 8/9). Zwar sind geographische Herkunftsangaben, auch in die Weinbergsrolle eingetragene Lagebezeichnungen, mangels Zuordnung der Kennzeichnung zu einem bestimmten (ausschließlichen) Rechtsträger grundsätzlich nicht mit individuellen Schutz- oder subjektiven Kennzeichenrechten verknüpft (vgl. BVerfGE 51, 193, 215 - Weinbergsrolle; BGHZ 139, 138, 140 - Warsteiner II). Ein wettbewerbsrechtlicher Schutz ergibt sich aber mittelbar aufgrund einer Reflexwirkung des objektiven Rechts in dem Sinne, daß jedes Unternehmen, das Wein aus der bezeichneten Lage herstellt oder vertreibt, in gleichem Maße zur Benutzung der geographischen Herkunftsangabe berechtigt ist. Geographische Herkunftsangaben verkörpern dabei eine Art "kollektiven Goodwill", der allen berechtigten Unternehmen gemeinsam zusteht (Begr. zum Regierungsentwurf, BTDrucks. 12/6581, S. 116). In dieses Gefüge greift ein, wer dazu übergeht, die geographische Herkunftsangabe als Bestandteil in seine Firma zu übernehmen und damit als individuelles Unternehmenskennzeichen zu verwenden. Dabei darf die Möglichkeit eines Wandels der Verkehrsauffassung dahin nicht außer acht gelassen werden, daß der Verkehr die geographische Herkunftsangabe in der Firma der Beklagten eines Tages nur noch als Hinweis auf die betriebliche
Herkunft bzw. auf ein bestimmtes Unternehmen - die Beklagte - versteht (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 17.9.1957 - I ZR 105/56, GRUR 1958, 39, 40 - Rosenheimer Gummimäntel; Urt. v. 26.9.1980 - I ZR 19/78, GRUR 1981, 57, 59 - Jena). Eine derartige Monopolisierung der geographischen Herkunftsangabe müssen die übrigen Beteiligten nicht ohne weiteres hinnehmen. Sie ist vergleichbar mit der Eintragung des Namens einer Lage als Warenzeichen oder Marke, deren Zulässigkeit - auch wenn die Markeneintragung bei Lagen im Alleinbesitz diskutiert und größtenteils befürwortet wird (vgl. BGH, Beschl. v. 3.6.1993 - I ZB 6/91, GRUR 1993, 832, 833 - Piesporter Goldtröpfchen; Beschl. v. 14.5.1992 - I ZB 12/90, GRUR 1993, 43, 44 f. - Römigberg; Beschl. v. 21.1.1982 - I ZB 7/81, GRUR 1983, 440, 441 - Burkheimer Schloßberg) - nach allgemeiner Ansicht jedenfalls bei nicht im Alleinbesitz stehenden Lagen mit Rücksicht auf das hohe Freihaltebedürfnis der übrigen Weinbauunternehmen mit Rebflächen in der bezeichneten Lage abzulehnen ist (vgl. hierzu Haß, GRUR 1980, 87, 89). Zwar verliert selbst eine Ortsangabe, die sich aufgrund ihrer Benutzung durch einen bestimmten Betrieb für diesen durchgesetzt hat, dadurch noch nicht von selbst ihre ursprüngliche Eigenschaft als geographische Angabe (vgl. BGHZ 139, 138, 142 - Warsteiner II, m.w.N.). Es besteht aber grundsätzlich die Gefahr einer Verwässerung der Herkunftsangabe als Lagebezeichnung und - verbunden damit - einer Verkehrsverwirrung, wenn aufgrund der Verwendung als Firmenbestandteil die ursprünglich der Lage entgegengebrachte Wertschätzung nunmehr ganz oder zum Teil auf das mit der Lagebezeichnung firmierende Unternehmen abgeleitet wird.
bb) Das Berufungsgericht hat zur Frage einer individuellen Behinderung nach § 1 UWG durch Benutzung der Lagebezeichnung "Stich den Buben" in der Firma der Beklagten bislang keine Feststellungen getroffen. Mangels einer
ausreichenden Tatsachengrundlage ist der Senat zu einer eigenen Sachentscheidung nicht in der Lage. Das Berufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen im wiedereröffneten Berufungsrechtszug, in dem die Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen haben, nachzuholen haben.
III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 30. April 2015 wird geändert. Es wird festgestellt, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, dem Kläger zu untersagen, zur Kennzeichnung der auf seinen Rebflächen erzeugten und in den Verkehr zu bringenden bzw. gebrachten Qualitätsweine b.A. der Lage „J…“, die Ortsbezeichnung „I… bzw. „I…r“ als Name der Gemeinde oder des Ortsteils i.S. von § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV nicht zusammen mit dem Lagenamen auf dem Frontetikett, sondern auf dem Rückenetikett aufzuführen.

II. Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Beklagte.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger betreibt als Einzelhandelskaufmann ein Weingut in I… zu dessen Rebflächen u.a. Flächen in der in der Weinbergsrolle eingetragenen, in der Gemeinde I… gelegenen Einzellage „J…“ gehören.

Die Regierung von Unterfranken erteilte für einen Wein der Rebsorte Riesling aus dem Jahrgang 2011, der in der Weinlage I…r J… erzeugt worden war, die amtliche Prüfungsnummer. Der Kläger beabsichtigte, diesen Wein mit folgender Etikettierung in den Verkehr zu bringen:

„Frontetikett“:

Weingut

J. R.

I…

Franken

2011er

J…

Riesling

Gutsabfüllung …

„Rückenetikett“:

2011er I…r J…

Riesling trocken

Deutscher Qualitätswein Enthält Sulfite

Weingut ... Gutsabfüllung

AP-Nr. …

0,75 L alc. 12,5% vol

FRANKEN

Aufgrund einer Probenahme kam das Bayer. Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit unter dem 24. Juli 2012 zu der Beurteilung, auf der Grundlage von Art. 67 Abs. 1 und Abs. 2 Verordnung (EG) 607/2009 und § 23 Abs. 1 WeinG bestimme § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV, dass bei der Verwendung des Namens einer Lage in der Bezeichnung eines Qualitätsweines b.A. diesem Namen der Name der Gemeinde oder des Ortsteiles hinzuzufügen sei. Auf dem Etikett des untersuchten Qualitätsweines b.A. mit der g.U. „Franken“ sei auf dem Rückenetikett die Lage „J…“ zusammen mit der Gemeinde „I…“ angegeben. Auf dem Frontetikett sei die Lage „J…“ ohne die nach Weinbergsrolle zugehörige Gemeinde bzw. den zugehörigen Ortsteil gekennzeichnet. Da auf dem Frontetikett der Name der Lage „J…“ ohne die Hinzufügung des Namens der Gemeinde oder des Ortsteils gekennzeichnet sei, entspreche diese Angabe nicht § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV. Die korrekte Angabe von Lage und Gemeinde auf dem Rückenetikett sei nicht ausreichend, da der Bezeichnung des Lagenamens auf dem Frontetikett die vorgeschriebene Hinzufügung des Gemeindenamens fehle. Nach § 27 Abs. 1 WeinG dürften Erzeugnisse, die u.a. diesem Gesetz nicht entsprächen, nicht in den Verkehr gebracht, eingeführt oder ausgeführt werden, soweit nichts Abweichendes bestimmt sei (z.B. durch Ausnahmegenehmigung).

Daraufhin brachte der Kläger den Wein nicht unter dieser Etikettierung in den Verkehr.

Am 26. Juni 2013 ließ der Kläger Feststellungsklage erheben.

Mit Urteil vom 30. April 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Feststellung. Auf der Grundlage der einschlägigen europäischen Normen und denen des Weingesetzes enthalte § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Weinverordnung (WeinV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. April 2009 (BGBl. I S. 827), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. April 2015 (BGBl. I S. 614), diejenige Regelung, auf die sich der Beklagte im vorliegenden Verfahren berufe. Wird hiernach zur Bezeichnung eines Qualitätsweines der Name einer Lage oder einer kleineren geografischen Einheit gem. § 23 Abs. 1 WeinG verwendet, ist diesem der Name der Gemeinde oder des Ortsteils hinzuzufügen. Aus den zitierten Vorschriften ergebe sich somit, dass der Kläger bei einem Wein mit geschützter Ursprungsbezeichnung bzw. mit einem traditionellen Begriff, also auch bei einem Qualitätswein aus dem Anbaugebiet Franken, eine gegenüber diesem Anbaugebiet kleinere geografische Einheit, also auch eine in die Weinbergsrolle eingetragene Lagebezeichnung wie z.B. die Einzellage angeben darf. Eine Überprüfung des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV ergebe, dass die Regelung als Berufsausübungsregelung nicht zu beanstanden sei und demzufolge auch nicht die vom Kläger in den Raum gestellte verfassungskonforme Auslegung erforderlich sei, um der Regelung überhaupt zur Verfassungskonformität und damit zur Anwendbarkeit zu verhelfen. Die Zwecke des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV seien als legitime Gemeinwohlziele anzusehen, da eine eindeutige und transparente Bezeichnung von Lebensmitteln zum Schutz der Verbraucher immer ein wichtiges Gemeinwohlziel sei. Insbesondere sei es sachgerecht, auf eine klare Unterscheidbarkeit zwischen einer Lagebezeichnung (geografische Einheit) und einer Fantasiebezeichnung (ggf. eine Marke) hinzuarbeiten. Dies ergebe sich schon aus der oben dargestellten „Schloßberg-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 51, 193). Hiernach sei die geografische Herkunftsangabe neben anderen Angaben ein werbliches Kennzeichnungsmittel, das der Individualisierung der Ware, der Herstellung einer Beziehung zwischen der gekennzeichneten Ware einerseits und Qualitäts- und Preisvorstellungen der Kunden andererseits diene. Sie sei ein für die Kaufentscheidung des Verbrauchers bedeutsamer Informationsträger. Der Kennzeichnungsfunktion der geografischen Lage komme damit über die reine „Adressenangabe“ hinaus erhebliche Bedeutung für den Wettbewerb zu. Aber auch aus einer anderen Blickrichtung seien die Zwecke des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV sachgerecht und vernünftig: Denn Fantasiebezeichnungen könnten für den Fall, dass sie Verkehrsgeltung erlangen, dem Markenbegriff zuzuordnen sein. Demzufolge sei es auch unter diesem Aspekt sachgerecht, zum Schutz von Fantasiebezeichnungen, die zu Marken „mutieren“ könnten, deren eindeutige Erkennbarkeit sicherzustellen. Eine eindeutige Unterscheidbarkeit zwischen gleichlautenden Lagenamen einerseits und zwischen Lagenamen und Fantasiebezeichnungen andererseits sei jedoch ohne eine entsprechende Regelung zur näheren (eindeutigen) Kennzeichnung der entsprechenden Begriffe nicht hinreichend gegeben. Hinsichtlich der Unterscheidbarkeit von gleichlautenden Lagenamen liege dies auf der Hand. Aber auch hinsichtlich der Unterscheidbarkeit zwischen Lagenamen einerseits und Fantasiebezeichnungen (ggf. Marken) andererseits sei nicht immer eine eindeutige Unterscheidbarkeit ohne weitere Kennzeichnung möglich. Dies ergebe sich daraus, dass viele in die Weinbergsrolle eingetragene Lagenamen vielen von deutschen Weingütern verwendeten Fantasiebezeichnungen ähnlich sind (und umgekehrt), so dass eine eindeutige Unterscheidbarkeit ohne ein zusätzliches Merkmal (wie die Hinzufügung des Ortsnamens zur Lagebezeichnung) nicht möglich erscheine. Es bedürfe keiner weiteren Erörterung, dass der Durchschnittsweinverbraucher zwischen derartigen Lagenamen und Fantasiebezeichnungen ohne ein weiteres Unterscheidungsmerkmal wie die Hinzufügung des Ortsnamens bei Lagebezeichnungen kaum unterscheiden könne. Mit der Kombination aus Orts- und Lagename werde eindeutig erkennbar, dass es sich um eine Weinlage handelt. Umgekehrt werde eindeutig ein Begriff ohne hinzugefügten Ortsnamen als Fantasiebezeichnung (ggf. Marke) gekennzeichnet. Die vom Kläger angestrebte Verfahrensweise, auf dem einen Etikett (vom Kläger als „Rückenetikett“ bezeichnet) den Lagenamen unter Hinzufügung des Ortsnamens anzugeben, auf einem anderen auf der gegenüberliegenden Flaschenseite angebrachten Etikett (vom Kläger als „Schauetikett“ bezeichnet) lediglich die Lagebezeichnung ohne den Ortsnamen anzugeben, sei ungeeignet, weil sich hieraus die Gefahr einer Irreführung des Verbrauchers, also die Gefahr einer Verbrauchertäuschung ergäbe.

Die Verbrauchererwartung gehe nach Überzeugung des Gerichts davon aus, dass bei der geografischen Kennzeichnung eines Qualitätsweins b.A. das Anbaugebiet erkennbar sei und mit einem der in § 3 Abs. 1 WeinG genannten Begriffe gekennzeichnet sei. Darüber hinaus gehe die Verbrauchererwartung nach Überzeugung des Gerichts davon aus, dass bei der Angabe einer Lagebezeichnung (und hier unterscheidet der Durchschnittsverbraucher nicht zwischen Einzellage und Großlage) immer auch die Angabe des Ortes oder des Ortsteils zu finden sei, in dem die Weinlage gelegen sei. Der Durchschnittsverbraucher erwarte also regelmäßig einen Doppelbegriff, bestehend aus Orts- und Lagenamen. Diese Erwartung sei durch eine jahrzehntelange Praxis der Verbindung von Gemeinde- und Lagenamen geprägt, auch wenn nach dem ab dem Jahr 1930 geltenden Weinrecht keine entsprechende zwingende gesetzliche Vorschrift bestand. Durch die jahrzehntelange Praxis habe sich eine „optische Erwartung“ des Verbrauchers herausgebildet; eine alleinstehende Bezeichnung wird nicht als Lagenamen wahrgenommen (Koch, a.a.O.). Demgegenüber signalisiere schon der visuelle Eindruck eines aus zwei Wörtern stehenden Begriffes auf einem Weinetikett, dass es sich hier um die Angabe von Ort und Lage handelt.

An dieser Verkehrsauffassung bzw. Verbrauchererwartung des Durchschnittsverbrauchers habe sich durch die seit knapp zehn Jahren gängige Praxis mancher Weinerzeuger, ihren Wein so zu etikettieren nichts geändert, weil dies nur dem Weinkenner bekannt sei, auf den nicht abzustellen sei. Das Irreführungsverbot wolle aber gewährleisten, dass der Verbraucher klare, eindeutige und schnell erkennbare Informationen über die geografische Herkunft des Weines erhalte. Sofortige Erkennbarkeit solle gewährleistet und missverständliche Angaben, auch wenn sie sachlich richtig seien, verhindert werden. Bei der Weinauswahl sei der Verbraucher auf das Frontetikett ausgerichtet. Hier bestehe im Falle des Klägers die Gefahr, dass der Verbraucher die Lageangabe ohne Ortsbezeichnung als Fantasiebegriff verstehe und keinen Anlass sehe, die Flasche umzudrehen. Soweit er die Flasche dennoch umdrehe, könne er durch die widersprüchlichen Etikettierungen verwirrt werden. Die einheitliche Rechtsanwendung der Vorschrift gebiete eine generalisierende Betrachtungsweise ohne jeden Einzelfall gesondert zu bewerten.

Mit seiner wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung beantragt der Kläger:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 30. April 2015 wird geändert. Es wird festgestellt, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, dem Kläger zu untersagen, zur Kennzeichnung der auf seinen Rebflächen erzeugten und in den Verkehr zu bringenden bzw. gebrachten Qualitätsweinen b.A. der Lage „J…“, die Ortsbezeichnung „I…“ bzw. „I…r“ als Name der Gemeinde oder des Ortsteils i.S. von § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV nicht zusammen mit dem Lagenamen auf dem Frontetikett, sondern auf dem Rückenetikett aufzuführen.

§ 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV sei nicht von der Verordnungsermächtigung des § 24 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 5 WeinG gedeckt. Aufgrund der Tatsache, dass § 23 Abs. 1 Nr. 3 WeinG bezüglich des Namens von Gemeinden und Ortsteilen zusätzliche Angaben betreffe, die Verordnungsermächtigung gemäß § 24 Abs. 3 Nr. 5 WeinG vorgeschriebene Bezeichnungen und sonstige Angaben auf Behältnissen zum Schutz des Verbrauchers enthalte, ergebe sich, dass die in § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV getroffene Regelung - ausgestaltet als zwingende Voraussetzungen für das Inverkehrbringen, einführen oder ausführen von Erzeugnissen gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 WeinG - die Ermächtigungsgrundlage gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 5 WeinG überschreite, somit bereits aus diesem Grunde rechtswidrig sei.

Weiter sei § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV nicht mit der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 vereinbar. Diese Verordnung eröffne zwei unterschiedliche Tatbestandskonstellationen. Zum einen hinsichtlich der Anbringung der obligatorischen Angaben gemäß Art. 58 der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 sowie derjenigen gemäß Art. 59 dieser Verordnung, die gemäß Art. 50 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 zusammen im gleichen Sichtbereich auf dem Behältnis so anzubringen, dass sie gleichzeitig gelesen werden könnten, ohne dass es erforderlich sei, das Behältnis umzudrehen. Zum anderen hinsichtlich des Namens einer geographischen Einheit folgender Bezugnahmen auf geographische Punkte, die gemäß Art. 67 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 nur auf dem Etikett von Weinen mit geschützter Ursprungsbezeichnung oder geographischer Angabe stehen dürften, sodass bereits nach dem Wortlaut von Art. 67 Abs. 3 der Verordnung Nr. 607/2009 alternativ, nicht jedoch kumulativ, zur Verfügung stünden die Bezeichnung einer Lage oder einer Einheit, die mehrere Lagen umfasse, einer Gemeinde oder eines Ortsteils, eines Untergebiets oder des Teils eines Untergebiets sowie einer Gemeinde. Art. 50 der VO 607/2009 i.V.m. Art. 58 und 59 der VO 479/2008 beträfen also obligatorische Angaben, Art. 67 der 607/2009 fakultative Angaben. Letztere unterlägen nicht dem für die Anbringung obligatorischer Angaben gemäß Art. 50 Abs. 1 Satz 1 VO 607/2009 bestehenden Maßgabe der Anbringung im gleichen Sichtbereich auf dem Behältnis.

Schließlich sei die Voraussetzung des gemeinschaftsrechtlichen Irreführungsverbots nicht erfüllt. Das Urteil der Vorinstanz verkenne nicht nur das nach den Gesetzen der Lebenserfahrung zu qualifizierende und erwartbare Kaufverhalten des Durchschnittsverbrauchers, sondern darüber hinaus, dass sich auf dem Rückenetikett obligatorische Angaben wie zum Beispiel der Alkoholgehalt oder das Flaschenvolumen befänden. Wolle der Verbraucher diese Angaben zur Kenntnis nehmen, müsse er die Flasche umdrehen und könne in diesem Zusammenhang auch die Lagebezeichnung in Kombination mit dem Ort wahrnehmen. Weiter müssten nach Art. 50 Abs. 1 Satz 2, Art. 51 Abs. 1 der VO 607/2009 die obligatorischen Angaben sowie diejenigen gemäß Art. 51 und Art. 56 Abs. 4 VO 607/2009 außerhalb des Sichtbereichs angebracht werden, in dem sich die anderen obligatorischen Angaben befänden, wovon unter anderen betroffen seien die Angabe des Alkoholgehalts, das Flaschenvolumen sowie die Angabe „enthält Sulfite“. Die vorbezeichneten Angaben befänden sich regelmäßig auf dem Rückenetikett des Behältnisses, so wie das auch vom Kläger gehandhabt werde. Nach der Lebenserfahrung müsse angenommen werden, dass der Durchschnittsverbraucher das Behältnis umdrehe, um sich Vergewisserung hinsichtlich des Alkoholgehalts zu verschaffen. Des Weiteren werde auf die Verwaltungspraxis der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier hingewiesen, welche die vom Kläger angestrebte Praxis in ihrem Zuständigkeitsbereich ausdrücklich erlaube.

Der Beklagte beantragte,

die Berufung zurückzuweisen.

Tatsächlich benenne § 23 Abs. 1 WeinG in Nummer 1 unter anderem die Namen von Lagen und die Nummer 3 unter anderen die Namen von Gemeinden als zusätzlich zur Angabe des Anbaugebiets im Sinne von § 3 Abs. 1 WeinG zulässige Angaben, ohne zu bestimmen, ob und welche Kombinationsmöglichkeiten dabei offen stehen oder versagt sein sollten. § 23 Abs. 1 WeinG sei somit hinsichtlich der in § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV getroffenen Regelung neutral. Die Vorgaben in Art. 50 der VO 607/2009 schlössen nicht aus, dass im nationalen Weinrecht wie zum Beispiel in § 39 Abs. 1 Satz 1 WeinV strengere Anforderungen an die Etikettierung gestellt würden. Dies werde vielmehr durch Art. 67 Abs. 2 Satz 2 und Art. 70 Abs. 1 der VO 607/2009 gerade ermöglicht. Zum Irreführungsverbot sei festzuhalten, dass Art. 50, Art. 51 und Art. 56 der VO 607/2009 sich nicht mit der Frage auseinandersetzten, auf welchem von mehreren Etiketten obligatorische Angaben sich zu befinden hätten. Sinn und Zweck dieser Vorschriften sei es vielmehr, dass obligatorische Angaben grundsätzlich auf einen Blick zu sehen sein sollten, ohne sich dazu zu verhalten, auf welchem Etikett sich diese Angaben befinden sollten. Für die Auslegung des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV seien diese Vorschriften nicht hilfreich. Die Überlegungen des Verwaltungsgerichtes seien nicht von der Hand zu weisen. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der Unterscheidbarkeit und Fantasiebezeichnungen. Die abweichende Verwaltungspraxis des Landes Rheinland-Pfalz treffe keine Aussage über die Richtigkeit der rechtlichen Einschätzung durch den Beklagten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten verwiesen. Hinsichtlich des Verlaufes der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die von dem Kläger erhobene Feststellungsklage ist zulässig und begründet. Deswegen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die begehrte Feststellung getroffen.

Die Klage ist zulässig. Die Feststellungsklage ist nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Nach § 43 Abs. 1 kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

Der Kläger begehrt die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Unter einem solchen Rechtsverhältnis ist die rechtliche Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache zu verstehen (W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 43 Rn. 11 m.w.N.). Der Kläger will festgestellt wissen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, ihm zu untersagen, dass er seinen Wein nur mit dem Lagenamen auf dem Frontetikett und den Lagenamen mit der Ortsbezeichnung lediglich auf dem Rückenetikett im Geschäftsverkehr verwendet. Damit zielt er auf das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses.

Ihm steht auch das Rechtsschutzinteresse zu, weil der Beklagte der Auffassung ist, dass die vom Kläger etikettierten Weinflaschen unter das Verkehrsverbot des § 27 WeinG fallen. Zudem kommt bei einer gesetzeswidrigen Bezeichnung eine Ahndung nach Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht nach §§ 48f. WeinG in Betracht (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 7.12.2016 - 8 A 10482/16 - juris Rn 25).

Die Klage ist auch begründet. Der Kläger ist gegenüber dem Beklagten nicht verpflichtet, die Ortsbezeichnung dem Lagenamen auf dem Frontetikett hinzuzufügen. Das Verwaltungsgericht hat die vom Kläger beantragte Feststellung zu Unrecht nicht getroffen. Der Kläger ist nicht verpflichtet, auf dem Frontetikett dem Lagenamen die Ortsbezeichnung hinzuzufügen, wenn er dies auf dem Rückenetikett vornimmt.

Rechtsgrundlage für die Kennzeichnung und Aufmachung im Weinsektor ist die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347, S. 671) - Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 -, geändert durch Verordnung (EU) Nr. 1310/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 (ABl. L 347, S. 865 berichtigt in ABl. L 189, S. 261).

Nach Art. 117 Halbsatz a) der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 bezeichnet der Ausdruck „Kennzeichnung“ u.a. die Angaben, Bezeichnungen, Hersteller- oder Handelsmarken, Abbildungen oder Zeichen auf Etiketten, wobei die Etikettierung gemäß Art. 118 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 3a der Richtlinie 2000/13/EG alle Angaben, Kennzeichnungen, Hersteller- oder Handelsmarken, Abbildungen oder Zeichen umfasst, die sich auf ein Lebensmittel beziehen und auf jeglicher Art von Verpackung, Schriftstück, Tafel, Etikett, Ring oder Verschluss angebracht sind und dieses Lebensmittel begleiten oder sich auf dieses Lebensmittel beziehen, so dass auf die gesamte Etikettierung des Weins, also sowohl auf das so genannte Schauetikett als auch auf das Rückenetikett abzustellen ist (vgl. insoweit auch EuGH, Urteil vom 4.6.2015 - C-195/14 -, juris Rn. 41 und BGH, Urteil vom 10.12.2015 - I ZR 222/13 -, juris Rn. 44).

Nach Art. 119 Abs. 1e der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 gehört bei der Kennzeichnung von Wein, der gemäß Anhang VII Nr. 1 der Verordnung zu den von dieser Norm erfassten Erzeugnissen gehört, die Angabe der Herkunft und des Abfüllers zu den obligatorischen Angaben bei der Kennzeichnung, wobei sich die Herkunft des Weines im Sinne dieser Bestimmung danach richtet, wo die Trauben gewachsen sind, nicht aber danach, wo der Wein erzeugt und abgefüllt wurde.

Nach Art. 120 Abs. 1 Buchst. g) Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 kann die Kennzeichnung und Aufmachung von Wein neben anderen Angaben insbesondere für Weine mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung den Namen einer anderen geografischen Einheit, die kleiner oder größer ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung zugrunde liegt, als fakultative Angabe umfassen.

Diese Vorschrift wird durch Art. 67 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 der Kommission vom 14. Juli 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates hinsichtlich der geschützten Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben, der traditionellen Begriffe sowie der Kennzeichnung und Aufmachung bestimmter Weinbauerzeugnisse (ABl. L 193, S. 60), zuletzt geändert durch Durchführungsverordnung (EU) Nr. 753/2013 der Kommission vom 2. August 2013 (ABl. L 210, S. 21) - Verordnung (EG) Nr. 607/2009 - ergänzt. Diese Verordnung ist im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 anwendbar. Dies ergibt sich aus den Bezugnahmen in Art. 49 ff. Verordnung (EG) Nr. 607/2009 auf die Verordnung (EG) Nr. 479/2008. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 491/2009 wird die Verordnung (EG) Nr. 479/2008 aufgehoben, Verweise auf die aufgehobene Verordnung gelten als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007. Gemäß Art. 230 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 gelten Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 als Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013.

Nach Art. 67 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 607/2009 dürfen der Name einer geografischen Einheit und Bezugnahmen auf geografische Gebiete nur auf dem Etikett von Weinen mit geschützter Ursprungsbezeichnung stehen. Gemäß Art. 67 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung muss für die Verwendung des Namens einer geografischen Einheit, die kleiner ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung zugrunde liegt, das Gebiet der betreffenden geografischen Einheit genau definiert sein. Gemäß Art. 67 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EG) Nr. 607/2009 können die Mitgliedstaaten Vorschriften für die Verwendung dieser geografischen Einheiten erlassen. Art. 67 Abs. 3 der Verordnung legt fest, dass der Name einer geografischen Einheit, die kleiner oder größer ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung zugrunde liegt, aus dem Namen einer Lage oder einer Einheit, die mehrere Lagen umfasst (Buchst. a)), einer Gemeinde oder eines Ortsteils (Buchst. b)), eines Untergebiets oder des Teils eines Untergebiets (Buchst. c)), einer Verwaltungseinheit (Buchst. d)) bestehen muss. Art. 70 Abs. 1 der Verordnung legt fest, dass von den Mitgliedstaaten für in ihrem Hoheitsgebiet hergestellte Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung die Angaben gemäß Art. 67 zwingend vorgeschrieben, verboten oder hinsichtlich ihrer Verwendung eingeschränkt werden können.

Auf der Grundlage von Art. 67 Abs. 2 Satz 2, Art. 70 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 607/2009 hat der nationale Gesetzgeber weitere Regelungen geschaffen. Nach § 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 des Weingesetzes (WeinG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2011 (BGBl. I S. 66), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Oktober 2014 (BGBl. I S. 1586), werden u.a. für Qualitätsweine bestimmte Anbaugebiete festgelegt, darunter auch das Anbaugebiet Franken. Soweit diese Bezeichnungen der bestimmten Anbaugebiete nach europäischem Recht geschützt sind, gelten u.a. für die Qualitätsweine dieser Anbaugebiete die Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union über Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung, sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

Nach § 23 Abs. 1 WeinG dürfen u.a. bei Qualitätsweinen, die mit dem Namen eines bestimmten Anbaugebietes i.S.d. § 3 Abs. 1 WeinG benannt sind, zusätzlich nur angegeben werden (1.) die Namen von in die Weinbergsrolle eingetragenen Lagen und Bereichen (2.) die Namen kleinerer geographischer Einheiten, die in der Liegenschaftskarte abgegrenzt sind, soweit diese Namen in die Weinbergsrolle eingetragen sind, (3.) die Namen von Gemeinden und Ortsteilen.

Nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 5 WeinG wird der Verordnungsgeber ermächtigt, Vorschriften über geografische Bezeichnungen zu erlassen und zu regeln, in welcher Weise vorgeschriebene Bezeichnungen und sonstige Angaben auf Behältnissen angebracht sein müssen.

Auf dieser Grundlage enthält § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Weinverordnung (WeinV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. April 2009 (BGBl. I S. 827), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. April 2015 (BGBl. I S. 614), diejenige Regelung, auf die sich der Beklagte im vorliegenden Verfahren beruft. Wird hiernach zur Bezeichnung eines Qualitätsweines der Name einer Lage oder einer kleineren geografischen Einheit gem. § 23 Abs. 1 WeinG verwendet, ist diesem der Name der Gemeinde oder des Ortsteils hinzuzufügen.

Nach dem Wortlaut der Rechtsverordnung besteht, wie vom Beklagten vertreten, die Auslegungsmöglichkeit, dass immer dann, wenn, wie hier, die Lage zur Bezeichnung eines Qualitätsweines verwendet wird, stets die Ortsbezeichnung dem Lagenamen hinzuzufügen ist. Auf der anderen Seite schließt aber der Wortlaut des Gesetzes nicht aus, dass die Verwendung ausschließlich des Lagenamens gestattet ist, soweit an anderer Stelle der Lagenamen mit der entsprechenden Ortsbezeichnung vorhanden ist. Insoweit ist es entscheidend, ob man § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV als Handlungsgebot oder als umfassendes Handlungsverbot versteht.

Maßgebend für die Auslegung von Gesetzen ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (BVerfG, U.v. 19.3.2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11 - BVerfGE 133, 168 - 241 Rn. 66). Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen (BVerfG, U.v. 20.3.2002 - 2 BvR 794/95 - BVerfGE 105, 135 - 185, Rn. 79; BVerfG, B.v. 17.5.1960 - 2 BvL 11/59, 2 BvL 11/60 - BVerfGE 11, 126 - 136, Rn. 18). Ausgangspunkt der Auslegung ist zwar der Wortlaut der Vorschrift. Er gibt allerdings nicht immer hinreichende Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers. Für die Beantwortung der Frage, welche Regelungskonzeption dem Gesetz zugrunde liegt, kommt daneben den Gesetzesmaterialien und der Systematik des Gesetzes eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu (BVerfG, U.v. 19.3.2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11 - BVerfGE 133, 168 - 241, Rn. 66).

Bei der Auslegung des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV geben die zugrundeliegenden Gesetzesmaterialien entscheidende Hinweise für eine den Wortlaut einschränkende Auslegung, die eine Nennung nur des Lagenamens erlaubt, soweit an anderer Stelle dem Lagenamen die Ortsbezeichnung hinzugefügt worden ist. § 39 WeinV ist am 1. September 1995 in Kraft getreten. Aufgrund des Weingesetzes vom 8. Juli 1994 wurde die Weinverordnung 1995 völlig neu gefasst. Teilweise wurden Vorschriften der Weinverordnung 1971 übernommen, geändert und ergänzt. Außerdem wurden in der Neufassung der Weinverordnung Regelungen aus dem Weingesetz 1982 übernommen, um eine schnellere Anpassung an Änderungen der Weinmarktordnung sowie an veränderte Markterfordernisse zu ermöglichen (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 401 Rn. 4).

Im Verordnungsentwurf des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 17. Februar 1995 (BR-Drs. 112/95 S. 30) hatte § 39 Abs. 1 Satz 1 WeinV noch folgende Fassung:

(1) Wird zur Bezeichnung eines Qualitätsweines b.A. der Name

1. eines Bereichs verwendet, ist diesem, soweit er mit einer sonstigen geographischen Bezeichnung identisch oder verwechselbar ist, die Angabe „Bereich“,

2. einer Lage verwendet, ist diesem der Name der Gemeinde oder des Ortsteils

in Schriftzeichen gleicher Art, Größe und Farbe voranzustellen…

Im ursprünglichen Verordnungsentwurf war also festgelegt, dass sowohl dem Bereich als auch der Lage der Name der Gemeinde oder des Ortsteils in gleicher Art, Größe und Farbe vorangestellt werden musste. Zwar ging der Verordnungsentwurf davon aus, dass § 39 Abs. 1 Satz 1 WeinV dem § 10 Abs. 4 Satz 2 erster Halbsatz und Abs. 11 Satz 1 des Weingesetzes (1982) entsprach. Der Bundesrat hat in seinem Beschluss vom 31. März 2015 (BR-Drs. 112/95 Beschluss S.13) aber darauf hingewiesen, dass die vorgeschlagene Fassung, bei Verwendung des Namens einer Lage diesem der Name der Gemeinde oder des Ortsteils in Schriftzeichen gleicher Art, Größe und Farbe voranzustellen sei, gegenüber bisher geltendem Recht eine nicht gerechtfertigte Verschärfung bedeute. Hierdurch würden die den Wein vermarktenden Betriebe in unnötiger Weise belastet. Es sollte daher bei der bisherigen Rechtslage bleiben. Mit diesem Hinweis wurde die noch heute geltende Fassung des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV beschlossen. In § 10 Abs. 11 Satz 2 WeinG (1982) war nämlich lediglich geregelt, dass bei der Wahl eines Lagenamens außerdem die Gemeinde oder der Ortsteil anzugeben ist. Damit zeigt sich, dass der Gesetzgeber eine immerwährende, stete Verbindung von Lagenamen und Namen der Gemeinde oder des Ortsteils nicht gewollt hat. Deswegen ist der vom Kläger gewählte Weg, auf dem Frontetikett nur den Lagenamen zu verwenden und auf dem Rückenetikett, den Lagenamen unter Hinzufügung des Namens der Gemeinde im Hinblick auf die gesetzliche Regelung des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV nicht zu beanstanden.

Zu prüfen bleibt aber, ob die Gefahr besteht, dass der Verbraucher irregeführt wird. Hierbei hat das Verwaltungsgericht die Anforderungen, die durch das Irreführungsverbot an die Kennzeichnung für das Produkt des Klägers gestellt werden, überspannt. Für den Begriff der Irreführung kommt es auf dessen unionsrechtliche Bedeutung an; § 25 WeinG ist demgegenüber nicht anwendbar. Die unionsrechtliche Regelung ist durch europäisches Verordnungsrecht getroffen, das unmittelbar gilt; sie ist abschließend und lässt damit keinen Raum für nationale Regelungen (vgl. § 1 Abs. 1 WeinG). Nach dem Unions- bzw. Gemeinschaftsrecht aber ist für die Frage der Irreführung darauf abzustellen, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die fragliche Angabe wahrscheinlich auffassen wird (EuGH, Urteile v. 16.7.1998 - Rs. C-210/96, Gut Springenheide und Tusky - Slg. I-4657, 4681 Rn. 31 und vom 28.1.1999 - Rs. C-303/97, Sektkellerei Kessler - Slg. I-513, 532 Rn. 38; vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak vom 25.10.2007 Rn. 57). Es kommt also darauf an, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die fragliche Angabe wahrscheinlich auffassen wird. Damit ist weder auf den flüchtigen Verbraucher noch umgekehrt auf den Weinkenner oder den mit weinrechtlichen Fragen befassten Beamten einer Behörde abzustellen (BVerwG, U.v. 18.6.2008 - 3 C 5.08 -, GewArch 2008, 501 und juris Rn. 32; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 22.10.2008 - 8 A 10809/08.OVG - DVBl. 2009, 1587 und juris Rn. 23). Entscheidend ist vielmehr der gelegentliche Weinkäufer, der gewisse Elementarkenntnisse über Weinsorten und Weinlagen wie überhaupt über den Weinbau hat (Zipfel, Lebensmittelrecht, § 25 WeinG Rn. 16). Maßgeblich für die Irreführungsgefahr ist damit die Verkehrsauffassung. Diese kann vom Gericht in eigener Sachkunde beurteilt werden, wenn es sich um einen Begriff handelt, dessen Verständnis in einem bestimmten Sinn einfach und naheliegend ist, die Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören und sich die Angabe auf Gegenstände des allgemeinen Bedarfs bezieht (BGH, U.v. 10.8.2000 - I ZR 126/98 - NJW-RR 2000, 1640 und juris, Rn. 29; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 11.9.2013 - 8 A 10219/13.OVG - LKRZ 2013, 524 sowie DÖV 2014, 45). Diese Voraussetzungen sind im Falle des erkennenden Senats erfüllt.

Bei der Beantwortung der Frage der Irreführung des Verbrauchers muss hinsichtlich der Etikettierung die gesamte Etikettierung, also Vorderseiten- und Rückseitenetikett in den Blick genommen werden. Die gesamte Etikettierung soll nämlich vor allem der Unterrichtung und dem Schutz der Verbraucher dienen, sie soll Auskunft über die genaue Art und die Merkmale der Erzeugnisse geben und es so dem Verbraucher ermöglichen, sachkundig seine Wahl zu treffen. Der Käufer soll über korrekte, neutrale und objektive Informationen verfügen, durch die er nicht irregeführt wird. Von ihm kann erwartet werden, dass er das Schauetikett nicht isoliert betrachtet, sondern auch das Rückenetikett in Augenschein nimmt (VG Trier, U.v. 9.3.2016 - 5 K 3540/15.TR - juris). Ein durchschnittlich informierter Verbraucher, der an zusätzlichen Informationen interessiert ist, weiß, dass er auf dem Rückenetikett zusätzliche Informationen findet (BGH, U. v. 19.9.2001 - I ZR 54/96 - juris Rn. 38; OLG Nürnberg, U.v. 7.2.2017 - 3 U 1537/16 - juris Rn. 24). Macht er hiervon Gebrauch, findet er bei der vom Kläger gewünschten Etikettierung ohne weiteres die nach § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV gebotene Weinbezeichnung. Gerade bei geographischen Herkunftsangaben kann der Verkehr einen Lagenamen auch ohne Ortsangabe als eine ihm geläufige Lagebezeichnung identifizieren oder aus anderen Gründen ohne unmittelbaren örtlichen Bezug als geographischen Herkunftshinweis auffassen (BGH, U.v. 10.8.2000 - I ZR 126/98 - juris Rn. 38). Es mag zwar auch sein, dass im Einzelfall durch die Nennung der Lage unter dem Hinweglassen der Ortsbezeichnung auf dem Vorderetikett eine Täuschung des Verbrauchers hinsichtlich der genauen Herkunft des Weines entstehen kann. Dies ist aber eine Frage des Einzelfalles und von den besonderen örtlichen Verhältnissen und der Gestaltung der Etikettierung im Einzelfall abhängig. Im Falle des streitgegenständlichen Weins des Klägers ist jedenfalls keine Täuschung des Verbrauchers zu besorgen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

Die Revision wird zugelassen, weil die Frage, ob dem Lagenamen nach § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV der Name der Gemeinde oder des Ortsteils stets hinzuzufügen ist grundsätzliche Bedeutung besitzt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, der Klägerin zu untersagen, in der Etikettierung von Wein die Angabe „Weinbiet 554 N.N.“ zu verwenden, wenn sie im Zusammenhang mit dem weiteren rückseitigen Etikett mit dem Zusatz „Wir leben und arbeiten am Fuße des Weinbiets. Stolz tragen wir den Namen des 554 m hohen Berges, der schützend über uns thront.“ verwendet wird.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darum, ob der Beklagte berechtigt ist, der Klägerin zu untersagen, aus der Pfalz stammenden und von der Klägerin abgefüllten Wein unter Angabe des Begriffs „554 N.N. Weinbiet“ auf dem so genannten Vorder- oder Schauetikett in Verkehr zu bringen. Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

2

Nachdem das Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz, Institut für Lebensmittelchemie Speyer diese Etikettierung als problematisch angesehen hatten, weil der Begriff „Weinbiet“ einen geographischen Bezug habe, wies die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. September 2015 im Rahmen einer Anhörung darauf hin, dass der Begriff nach § 23 Weingesetz – WeinG – nicht verwandt werden dürfe; im Hinblick auf den weiteren Verfahrensablauf werde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

3

Hierzu vertrat die Klägerin sodann die Auffassung, dass sich aus dem Kontext der von ihr verwandten Etikettierung ergebe, dass sich die streitige Angabe auf die Genossenschaft als den Wein herstellen Betrieb beziehe, aber keine Herkunftsbezeichnung in Bezug auf den Wein darstelle. § 23 WeinG nehme Bezug auf Artikel 120 Absatz 1g der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, demzufolge bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Weinen mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung oder einer geschützten geographischen Angabe als fakultative Angaben Namen einer anderen geographischen Einheit, die kleiner oder größer ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung oder geographischen Angabe zugrunde liegt, zulässig seien. Hinsichtlich der danach zulässigen Bezeichnungen sei auf Art. 67 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 der Kommission vom 14. Juli 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates hinsichtlich der geschützten Ursprungsbezeichnungen und geographischen Angaben, der traditionellen Begriffe sowie der Kennzeichnung und Aufmachung bestimmter Weinbauerzeugnisse abzustellen, der laute: „Für die Verwendung des Namens einer geographischen Einheit, die kleiner ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung oder geographischen Angabe zugrunde liegt, muss das Gebiet der betreffenden geographischen Einheit genau definiert sein. Die Mitgliedstaaten können Vorschriften für die Verwendung dieser geographischen Einheiten erlassen. Mindestens 85 % der Trauben, aus denen der Wein gewonnen wurde, müssen aus dieser kleineren geographischen Einheit stammen. Die restlichen 15 % der Trauben müssen aus dem abgegrenzten geographischen Gebiet der betreffenden Ursprungsbezeichnung oder geographischen Angabe stammen.“ Die in Absatz 1 der Norm in Bezug genommene Bestimmung des Art. 60 Abs. 1g der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 sei zwischenzeitlich wortgleich ersetzt worden durch Artikel 120 Absatz 1g der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, so dass § 23 WeinG der vorliegend streitigen Angabe nicht entgegenstehe, weil sie nicht auf die Herkunft des Weines, sondern auf den erzeugenden Betrieb verweise.

4

Am 12. November 2015 hat die Klägerin sodann Klage erhoben. Sie begehrt unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens die Feststellung, dass der Beklagte nicht berechtigt sei, ihr zu untersagen, in der Etikettierung von Wein die streitige Angabe zu verwenden.

5

Die Angabe erfolge auf dem Schauetikett unter Hinweis auf z.B. „Riesling Classik“. Das rückseitige Etikett enthalte den Zusatz

6

„Wir leben und arbeiten am Fuße des Weinbiets. Stolz tragen wir den Namen des 554 m hohen Berges, der schützend über uns thront.“

7

und einen Hinweis, dass es sich um eine Erzeugerabfüllung der Winzergenossenschaft ... eG handele, außerdem wird dort das Wort „Pfalz“ verwandt.

8

Bei der vorliegend streitigen Angabe gehe es um eine Angabe zum Betrieb der Klägerin, die als Winzergenossenschaft ihren Sitz in A... habe, das am Fuße des Weinbiets, eines 554 m hohen Berges, auf dem kein Wein angebaut werde, liege. Bei dieser Angabe handele es sich nicht um eine Herkunftsangabe im geographischen Sinne zur Herkunft der Trauben oder des Weins. Insoweit müsse der Begriff „Weinbiet“ im Zusammenhang mit der weiteren Etikettierung gesehen werden, die eindeutig auf die Winzergenossenschaft Weinbiet hinweise, nicht aber isoliert betrachtet werden. Von daher bestehe auch keine Irreführungsgefahr. Hinzu komme, dass die Grafik mit der Angabe „Weinbiet 554 N.N.“ beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 30 2015 217 171 als Wort-/Bildmarke eingetragen sei.

9

Soweit der Beklagte auf Art. 93 Abs. 1b der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 Bezug nehme, sei diese Norm nicht einschlägig, denn nicht jede Angabe, die einen geographischen Bezug herstelle, stelle eine geographische Angabe im Sinne der Verordnung dar. Insoweit werde auf den Schlussantrag des Generalanwalts Jacobs vom 25. Mai 2000 in der EuGH-Rechtssache C-312/98, Rn. 2, verwiesen.

10

Im Übrigen müsse gesehen werden, dass die Winzergenossenschaft „Deutsches Weintor“ in ihren Schauetiketten stets nur die Angabe „Deutsches Weintor“ führe, ohne dass jemand auf die Idee komme, dass das fragliche Erzeugnis aus der unmittelbaren Umgebung des an der deutsch-französischen Grenze gelegenen Bauwerks „Deutsches Weintor“ stamme. Ebenso verhalte es sich bei Weinen, die unter den Angaben „ODINSTAL“ und „FORSTER“ vermarktet würden, und bei Sekten der Sektkellereien, „Schloss Wachenheim“, „Schloss Koblenz“ und „Schloss Vollrads“.

11

Die Klägerin beantragt,

12

festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, der Klägerin zu untersagen, in der Etikettierung von Wein die Angabe „Weinbiet 554 N.N.“ zu verwenden, insbesondere dann nicht, wenn sie im Zusammenhang mit dem dargestellten weiteren Etikett verwendet wird.

13

Der Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Der Beklagte ist der Auffassung, dass der Begriff „Weinbiet“ eine geographische Angabe im weinrechtlichen Sinne sei, denn darunter fielen nach Art. 93 Abs. 1b der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 Namen einer Gegend, eines bestimmten Ortes oder in Ausnahmefällen eines Landes, die zur Bezeichnung eines Erzeugnisses dienten, auf das diese Verordnung Anwendung finde. Von daher werde ein direkter Bezug auf den gleichnamigen Berg hergestellt. Nicht durch den Verordnungsgeber geschützte geographische Angaben dürften in der Etikettierung nur unter den Voraussetzungen des § 23 WeinG verwandt werden. Danach sei bei Erzeugnissen, die – wie vorliegend – mit dem Namen des Anbaugebietes Pfalz gekennzeichnet seien – nur die Angabe von Namen von in die Weinbergsrolle eingetragenen Lagen und Bereichen, kleinerer geographische Einheiten, die in der Liegenschaftskarte abgegrenzt und in einem geregelten Verfahren in die Weinbergsrolle eingetragen seien und die Angabe von Namen von Gemeinden und Ortsteilen zulässig. Diese Voraussetzungen lägen bei dem Begriff Weinbiet nicht vor. Soweit die Klägerin die Auffassung vertrete, dass mit dem Begriff auf den Namen ihrer Winzergenossenschaft hingewiesen werde, könne man sich dem nicht anschließen. Insoweit komme dem Umstand, dass das Wort Weinbiet auf dem Schauetikett besonders hervorgehoben sei und erst auf dem Rückseitenetikett auf die Winzergenossenschaft verwiesen werde, besondere Bedeutung zu. Im Übrigen sei die Angabe Weinbiet auch als irreführend anzusehen, weil sie auf einen Wein mit geographischer Angabe hinweise.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungsvorgänge, des Beklagten, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

17

Die Klage, über die die Kammer nach § 52 Nr. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - als örtlich zuständiges Gericht zu entscheiden hat, ist als Feststellungsklage nach § 43 VwGO zulässig.

18

Sie bezieht sich auf das Bestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis im Sinne dieser Norm sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben und verlangen, dass eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 - 8 C 19/94 –, BVerwGE 100, S. 262 ff. m.w.N.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 30. September 1999 - 3 C 39/98 -, DVBI. 2000, S. 636 m.w.N.) haben sich rechtliche Beziehungen dann zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist. Das Erfordernis einer Verdichtung der Rechtsbeziehungen zu einem „konkreten” Rechtsverhältnis rechtfertigt sich aus dem Anliegen, den Verwaltungsgerichten nicht die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen aufzubürden. Die Beantwortung solcher abstrakter Rechtsfragen, von denen unsicher ist, ob und wann sie für die Rechtsstellung des Betroffenen relevant werden, ist nicht Teil des den Gerichten vom Grundgesetz erteilten Rechtsschutzauftrages.

19

Bei Anwendung dieser Kriterien steht in tatsächlicher Hinsicht außer Frage, dass die Klägerin mit der Feststellungsklage einen konkreten Sachverhalt zur Beurteilung unterbreitet hat, denn die begehrte Feststellung bezieht sich auf die Zulässigkeit der Verwendung des Begriffs „Weinbiet“ in der Etikettierung bestimmter Weine.

20

Ferner steht der Klägerin ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des streitigen Rechtsverhältnisses zur Seite. Mit der Feststellungsklage erstrebt sie zwar letztlich vorbeugenden Rechtsschutz, der als Zulässigkeitserfordernis das Vorhandensein qualifizierter Rechtsschutzvoraussetzungen verlangt. Es muss ein spezielles auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse bestehen, das heißt, es muss eine begründete Besorgnis bestehen, bei der Vornahme der beabsichtigten Handlung nicht zumutbaren Rechtsfolgen ausgesetzt zu sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. September 1999 a.a.O.). Vorliegend ist ein derartiges besonderes Feststellungsinteresse zu bejahen, weil sich die gesetzlichen Vertreter der. Klägerin im Falle der Verwendung einer unzulässigen Angabe auf den Etiketten von Weinen möglicherweise nach §§ 48, 49 WeinG in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2011 (BGBl. I S. 66), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Januar 2016 (BGBl. I S. 52), strafbar machen oder eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 50 WeinG begehen könnten (vgl. zum Feststellungsinteresse auch BVerwG, Urteil vom 13. Januar 1969 - 1 C 86.64 -, BVerwGE 31, S. 177).

21

Des Weiteren steht der Zulässigkeit der Klage die Bestimmung des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen, der zufolge eine Feststellung nicht begehrt werden kann, wenn die Klägerin ihre Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Vorliegend stand der Klägerin indessen die Möglichkeit der Erhebung einer Anfechtungsklage, die allein in Betracht kommen könnte, bislang nicht offen, denn in den gegenüber der Klägerin ergangenen Stellungnahmen des Beklagten kann noch kein anfechtbarer Verwaltungsakt im Sinne des gemäß § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz - LVwVfG - anwendbaren § 35 des Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes - VwVfG - gesehen werden; insbesondere können die ergangenen Schriftsätze des Beklagten aufgrund der in ihnen enthaltenen Formulierungen weder als feststellender Verwaltungsakt noch als Verbotsverfügung qualifiziert werden.

22

Die demnach zulässige Klage ist auch in der Sache begründet.

23

Richtiger Beklagter für das Begehren der Klägerin ist dabei das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch die Präsidentin der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier, denn diese Behörde wäre gemäß § 1 Abs. 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Weinrechts – WeinRZustV - vom 12. Oktober 2011 (GVBl. S. 382) für den Erlass einer eventuellen Untersagungsverfügung, die ihre Rechtsgrundlage in § 31 Abs. 7 WeinG in Verbindung mit den dort genannten Bestimmungen des § 39 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) finden würde, zuständig. Nach diesen Bestimmungen trifft die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zum Schutz vor Täuschung erforderlich sind; sie kann insbesondere das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. September 2013 – 8 A 10219/13.OVG -, juris).

24

Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 WeinG dürfen Erzeugnisse, die den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft, dem Weingesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht entsprechen, nicht in den Verkehr gebracht, eingeführt oder ausgeführt werden, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist.

25

Vorliegend gibt die von der Klägerin beim Vertrieb Ihrer Weine benutzte Etikettierung indessen keinen Anlass zu rechtlichen Beanstandungen durch den Beklagten.

26

Rechtsgrundlage für die Kennzeichnung und Aufmachung im Weinsektor ist die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347, S. 671) – Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 –, geändert durch Verordnung (EU) Nr. 1310/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 (ABl. L 347, S. 865 berichtigt in ABl. L 189, S. 261).

27

Nach Art. 117 Halbsatz a) der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 bezeichnet der Ausdruck „Kennzeichnung“ u.a. die Angaben, Bezeichnungen, Hersteller- oder Handelsmarken, Abbildungen oder Zeichen auf Etiketten, wobei die Etikettierung gemäß Art. 118 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 3a der Richtlinie 2000/13 alle Angaben, Kennzeichnungen, Hersteller- oder Handelsmarken, Abbildungen oder Zeichen umfasst, die sich auf ein Lebensmittel beziehen und auf jeglicher Art von Verpackung, Schriftstück, Tafel, Etikett, Ring oder Verschluss angebracht sind und dieses Lebensmittel begleiten oder sich auf dieses Lebensmittel beziehen, so dass auf die gesamte Etikettierung des Weins, also sowohl auf das so genannte Schauetikett als auch auf das Rückenseitenetikett abzustellen ist (vgl. insoweit auch EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015 – C-195/14 –, juris Rd.-Nr. 41 und BGH, Urteil vom 10. Dezember 2015 – I ZR 222/13 –, juris Rd.-Nr. 44).

28

Nach Art. 119 Abs. 1e der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 gehört bei der Kennzeichnung von Wein, der gemäß Anhang VII Nr. 1 der Verordnung zu den von dieser Norm erfassten Erzeugnissen gehört, die Angaben der Herkunft und des Abfüllers zu den obligatorischen Angaben bei der Kennzeichnung, wobei sich die Herkunft des Weines im Sinne dieser Bestimmung danach richtet, wo die Trauben gewachsen sind, nicht aber danach, wo der Wein erzeugt und abgefüllt wurde. Des Weiteren gehört bei Weinen, die den Zusatz „Classik“ tragen und bei denen es sich von daher um Qualitätsweine bestimmter Anbaugebiete und damit um einen Wein mit geschützter Ursprungsbezeichnung handeln muss [vgl. Art. 40 und Anhang XII, Teil A der Verordnung (EG) Nr. 607/2009, §§ 3 Abs. 1 und 5 WeinG, 32a WeinverordnungWeinV – in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. April 2009 (BGBl. I S. 827), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. April 2015 (BGBl. I S. 614)], gemäß Art. 119 Abs. 1b ii der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 der Name der geschützten Ursprungsbezeichnung zu den obligatorischen Angaben.

29

Ausgehend hiervon stellen die auf dem von der Klägerin so genannten Rückenetikett angebrachten Angaben des Abfüllers – Winzergenossenschaft ... eG – und des Anbaugebiets – Pfalz – obligatorische Angaben bei der Etikettierung dar.

30

Des Weiteren darf gemäß Art. 120 Abs. 1g der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 bei Weinen der vorliegenden Art als fakultative Angabe der Name einer anderen geographischen Einheit, die kleiner oder größer ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung oder geographischen Angabe zugrunde liegt – hier also Pfalz –, angegeben werden. Diese Vorschrift wird indessen durch Art. 67 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 der Kommission vom 14. Juli 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates hinsichtlich der geschützten Ursprungsbezeichnungen und geographischen Angaben, der traditionellen Begriffe sowie der Kennzeichnung und Aufmachung bestimmter Weinbauerzeugnisse (ABl. L 193, S. 60), zuletzt geändert durch Durchführungsverordnung (EU) Nr. 753/2013 der Kommission vom 2. August 2013 (ABl. L 210, S. 21), ergänzt. Diese Verordnung (EG) Nr. 607/2009 ist im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 anwendbar. Dies ergibt sich aus den Bezugnahmen in Art. 49 ff. der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 auf die Verordnung (EG) Nr. 479/2008, die durch Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 491/2009 mit der Maßgabe aufgehoben wurde, dass Verweise auf die aufgehobene Verordnung als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 gelten, wobei gemäß Art. 230 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1308/2013 Verweise auf diese Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 wiederum als Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 gelten.

31

Nach Art. 67 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 dürfen der Name einer geographischen Einheit und Bezugnahmen auf geographische Gebiete nur auf dem Etikett von Weinen mit geschützter Ursprungsbezeichnung stehen. Gemäß Art. 67 Abs. 2 Satz 1 der Bestimmung muss für die Verwendung des Namens einer geographischen Einheit, die kleiner ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung zugrunde liegt, das Gebiet der betreffenden geographischen Einheit genau definiert sein. Gemäß Art. 67 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 können die Mitgliedstaaten Vorschriften für die Verwendung dieser geographischen Einheiten erlassen. Art. 67 Abs. 3 der Verordnung legt dabei fest, dass der Name einer geographischen Einheit, die kleiner oder größer ist das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung zugrunde liegt, bestehen muss aus dem Namen a) einer Lage oder einer Einheit, die mehrere Lagen umfasst, b) einer Gemeinde oder eines Ortsteils, c) eines Untergebiets oder des Teils eines Untergebiets, d) einer Verwaltungseinheit. Art. 70 Abs. 1 der Verordnung legt des Weiteren fest, dass von den Mitgliedstaaten für in ihrem Hoheitsgebiet hergestellte Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung die Angaben gemäß Art. 67 zwingend vorgeschrieben, verboten oder hinsichtlich ihrer Verwendung eingeschränkt werden können.

32

Auf der Grundlage von Art. 67 Abs. 2 Satz 2, Art. 70 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 607/2009 hat der nationale Gesetzgeber weitere Regelungen geschaffen.

33

Nach § 3 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 5 WeinG werden u.a. für Qualitätsweine bestimmte Anbaugebiete festgelegt, darunter auch das Anbaugebiet Pfalz. Soweit diese Bezeichnungen der bestimmten Anbaugebiete nach europäischem Recht geschützt sind, gelten u.a. für die Qualitätsweine dieser Anbaugebiete die Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union über Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung, sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

34

Auf dieser Grundlage dürfen nach § 23 Abs. 1 WeinG u.a. bei Qualitätsweinen, die mit dem Namen eines bestimmten Anbaugebietes i.S.d. § 3 Abs. 1 WeinG benannt sind, zusätzlich nur angegeben werden 1) die Namen von in die Weinbergsrolle eingetragenen Lagen und Bereichen, 2) die Namen kleinerer geographischer Einheiten, die in der Liegenschaftskarte abgegrenzt sind, soweit diese Namen in die Weinbergsrolle eingetragen sind, 3) die Namen von Gemeinden und Ortsteilen.

35

Gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 5 WeinG wird der Verordnungsgeber außerdem ermächtigt, Vorschriften über geographische Bezeichnungen zu erlassen und zu regeln, in welcher Weise vorgeschriebene Bezeichnungen und sonstige Angaben auf Behältnissen angebracht sein müssen. Auf dieser Grundlage enthält § 39 WeinV weitere – vorliegend allerdings nicht einschlägige – Bestimmungen, weil es vorliegend nicht um eine Verwendung der in § 23 WeinG genannten geographischen Angaben geht, denn zur Überzeugung der Kammer stellt nicht jedes Wort, das einen geographischen Bezug hat, stets eine geographische Angabe im vorbezeichneten Sinn dar.

36

So verweist z.B. Koch in seiner Kommentierung zum Weinrecht unter dem Stichwort „Herkunftsangaben“ u.a. – nach Auffassung der Kammer zutreffend – darauf hin, dass Herkunftsangaben sich sowohl auf das Erzeugnis als solches als auch auf den Sitz einer Betriebsstätte beziehen können und von daher an sich wertneutral sind.

37

Des Weiteren merkt der Generalanwalt Jacobs in seinem Schlussantrag vom 25. Mai 2000 im Verfahren C-312/08 vor dem Europäischen Gerichtshof zutreffend an, dass die Terminologie in diesem Bereich selbst die Gefahr birgt, eine ergiebige Quelle für Verwechslungen zu sein; geographische Angaben könnten sowohl einen Hinweis auf die Eigenschaft eines Weines als auch auf seine Herkunft enthalten.

38

Von daher könnte das einen Berg bezeichnende Wort „Weinbiet“ bei isolierter Betrachtung grundsätzlich sowohl dahingehend verstanden werden, dass der fragliche Wein aus einem Weinanbaugebiet mit diesem Namen stammt, als auch dahingehend, dass der Wein an einem Ort oder von einem Betrieb mit diesem Namen abgefüllt wurde.

39

Allerdings muss bei der Beantwortung der Frage, ob ein bei der Etikettierung verwandter Begriff eine geographische Angabe darstellt, die gesamte Etikettierung, also Vorderseiten- und Rückseitenetikett in den Blick genommen werden. Die gesamte Etikettierung soll nämlich vor allem der Unterrichtung und dem Schutz der Verbraucher dienen, sie soll Auskunft über die genaue Art und die Merkmale der Erzeugnisse geben und es so dem Verbraucher ermöglichen, sachkundig seine Wahl zu treffen. Der Käufer soll über korrekte, neutrale und objektive Informationen verfügen, durch die er nicht irregeführt wird. Dabei muss bei der Beurteilung der Frage, ob eine Etikettierung den Käufer irreführen kann, hauptsächlich auf die mutmaßliche Erwartung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers mit einer gewissen Allgemeinbildung (vgl. insoweit EuGH, Urteil vom 12. September 2007 – T-304/05 –) abgestellt werden, die dieser in Bezug auf den Ursprung, die Herkunft und die Qualität des Erzeugnisses hegt. Es kommt also weder auf den flüchtigen Verbraucher noch umgekehrt auf den Weinkenner und auch nicht auf den beruflich mit weinrechtlichen Fragen befassten Bediensteten einer Behörde an (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Oktober 2008 - 8 A 10809/08.OVG -, ESOVGRP). Abzustellen ist vielmehr auf den gelegentlichen Weinkäufer, der gewisse Elementarkenntnisse über Weinsorten und Weinlagen wie überhaupt über den Weinbau hat (vgl. Zipfel, Lebensmittelrecht, § 25 WeinG Rn. 16). Aufgabe der Etikettierung ist demnach vor allem, dass der wie vorstehend beschriebene Durchschnittsverbraucher nicht irregeführt und nicht zu der irrtümlichen Annahme verleitet wird, dass das Erzeugnis einen anderen Ursprung, eine andere Herkunft oder eine andere Eigenschaft als in Wirklichkeit hat (vgl. zu alledem auch EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015 – C-195/14 – zur Richtlinie Nr. 2000/13/EG, auf die Art. 118 Abs. 1 der vorliegend einschlägigen Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 verweist).

40

Von daher kann angesichts dessen, dass auf dem Vorderetikett des Weins die Angabe Weinbiet mit dem Zusatz 554 N.N. versehen ist, von einem Durchschnittsverbraucher erwartet werden, dass er das Schauetikett nicht isoliert betrachtet, sondern auch das Rückenseitenetikett in Augenschein nimmt, denn aufgrund der allgemein verständlichen Höhenangabe 554 N.N. muss sich ihm der Eindruck aufdrängen, dass in Deutschland in einer derartigen Höhe üblicherweise kein Wein angepflanzt wird, so dass diese Angabe von vornherein als geographische Angabe zur Herkunft des Weines, der Anbaufläche des Weins, ausscheidet. Bei einer Betrachtung des rückseitigen Etiketts wird indessen zweifelsfrei deutlich, dass das Wort Weinbiet Teil des Namens der Klägerin ist, die ihren Betriebssitz am Fuße des Berges Weinbiet hat.

41

Wenn dann weiter berücksichtigt wird, dass die in der Etikettierung verwandte Grafik mit der Angabe Weinbiet und einer einen Berg darstellenden Zeichnung mit dem Zusatz 554 N.N. als Marke geschützt ist, die Eintragung einer Marke aber gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen – Markengesetz – nicht erfolgen darf, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung der geographischen Herkunft dienen können, spricht auch diese Markeneintragung gegen die Annahme einer geographischen Angabe in Bezug auf die Herkunft des Weins.

42

Ausgehend von alledem vermag das Gericht die Angabe „Weinbiet“ nicht als geographische Angabe im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 zu qualifizieren, weil sie bei einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher keinen Rückschluss auf einen bestimmten, konkreten Ort, an dem die Trauben gewachsen sind, und erst recht nicht auf eine bestimmte Weinlage ermöglicht.

43

Des Weiteren ist die von der Klägerin verwandte Etikettierung auch nicht irreführend im Sinne des Art. 118 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 a, i der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür. Sie ist nämlich aus den vorstehend dargelegten Gründen nicht geeignet, den Verbraucher irrezuführen in Bezug auf Ursprung oder Herkunft des Weins.

44

Von daher erweist sich die streitige Angabe als zulässig, so dass die Klage begründet ist.

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

46

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.

47

Gründe, nach § 124a Abs. 1 VwGO die Berufung zuzulassen, sind nicht gegeben, denn die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch liegt eine Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vor.

48

Beschluss

49

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG auf 10.000,00 € festgesetzt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 10. Dezember 2003 - 7 E 11665/03.OVG – und vom 11. September 2013 - 8 A 10219/13.OVG -).

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Der Kläger betreibt als Einzelhandelskaufmann ein Weingut in ..., zu dessen Rebflächen u. a. Flächen in der in der Weinbergsrolle eingetragenen in der Gemeinde I. gelegenen Einzellage „... -Berg“ gehören. Die Parteien streiten um die Bezeichnung von in dieser Weinlage erzeugtem Wein.

Die Regierung von Unterfranken erteilte für einen Wein der Rebsorte Riesling aus dem Jahrgang 2011, der in der Weinlage I. ...-Berg erzeugt worden war, die amtliche Prüfungsnummer. Der Kläger beabsichtigte, diesen Wein mit folgender Etikettierung in den Verkehr zu bringen:

„Frontetikett“:

Weingut

...

Franken

2011er

...-Berg

Riesling

Gutsabfüllung ...

„Rückenetikett“:

2011er I. ...-Berg

Riesling trocken

Deutscher Qualitätswein ∙ Enthält Sulfite

Weingut ... Gutsabfüllung

AP-Nr. ...

0,75 L alc. 12,5% vol

FRANKEN

Am 21. Juni 2012 nahm das Landratsamt K. - Verbraucherschutz und Veterinärwesen - gemäß § 42 LFGB eine Probe dieses auf die beschriebene Weise etikettierten Weines und leitete diese an das Bayer. Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit weiter. Dieses kam unter dem 24. Juli 2012 zu der Beurteilung, auf der Grundlage von Art. 67 Abs. 1 und Abs. 2 Verordnung (EG) 607/2009 und § 23 Abs. 1 WeinG bestimme § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV, dass bei der Verwendung des Namens einer Lage in der Bezeichnung eines Qualitätsweines b. A. diesem Namen der Name der Gemeinde oder des Ortsteiles hinzuzufügen sei. Auf dem Etikett des untersuchten Qualitätsweines b.A. mit der g. U. „Franken“ sei auf dem Rückenetikett die Lage „...-Berg“ zusammen mit der Gemeinde „I.“ angegeben. Auf dem Frontetikett sei die Lage „...-Berg“ ohne die nach Weinbergsrolle zugehörige Gemeinde bzw. den zugehörigen Ortsteil gekennzeichnet. Da auf dem Frontetikett der Name der Lage „...-Berg“ ohne die Hinzufügung des Namens der Gemeinde oder des Ortsteils gekennzeichnet sei, entspreche diese Angabe nicht § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV. Die korrekte Angabe von Lage und Gemeinde auf dem Rückenetikett sei nicht ausreichend, da der Bezeichnung des Lagenamens auf dem Front-tikett die vorgeschriebene Hinzufügung des Gemeindenamens fehle. Nach § 27 Abs. 1 WeinG dürften Erzeugnisse, die u. a. diesem Gesetz nicht entsprächen, nicht in den Verkehr gebracht, eingeführt oder ausgeführt werden, soweit nichts Abweichendes bestimmt sei (z. B. durch Ausnahmegenehmigung).

Daraufhin brachte der Kläger den Wein nicht unter dieser Etikettierung in den Verkehr.

II.

Am 26. Juni 2013 ließ der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben und beantragen, festzustellen:

Der Kläger ist berechtigt, zur Kennzeichnung der auf seinen Rebflächen erzeugten und in den Verkehr zu bringenden bzw. gebrachten Qualitätsweinen b.A. der Lage „...-Berg“ dahingehend zu verfahren, dass die Ortsbezeichnung „I.“ bzw. „I.“ als Name der Gemeinde oder des Ortsteils i. S. von § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV nicht zusammen mit dem Lagenamen auf dem Frontetikett, sondern auf dem Rückenetikett aufgeführt ist.

Zur Begründung wurde ausgeführt, auf der Grundlage einer Anfrage des Fränkischen Weinbauverbandes e.V. habe sich das Bayer. Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit mit Schreiben vom 3. Dezember 2012 dahingehend geäußert, aus der Formulierung des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV gehe unmissverständlich hervor, dass beim Lagenamen auch immer der Gemeinde-/Ortsteilname dabeistehen müsse. Durch die Vorschrift werde einer möglichen Irreführung der Verbraucher durch die undifferenzierte Verwendung von gleichlautenden Lagenamen in Alleinstellung entgegengewirkt.

Die vorliegende Feststellungsklage sei zulässig, insbesondere stehe der in § 43 Abs. 2 VwGO normierte Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage deren Zulässigkeit nicht entgegen, da die vorrangige Gestaltungs- oder Leistungsklage im vorliegenden Fall ausgeschlossen sei. Dies ergebe sich daraus, dass der Kläger im Fall des Inverkehrbringens des Weines mit der begehrten Etikettierung den Erlass eines Bußgeldbescheides riskiere.

Entgegen der durch den Beklagten vertretenen Rechtsauffassung sei der Kläger berechtigt, zur Kennzeichnung des genannten Weines die Ortsbezeichnung „I.“ bzw. „I.“ als Namen der Gemeinde oder eines Ortsteiles i. S.v. § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV nicht zusammen mit dem Lage-namen auf dem Frontetikett, sondern auf dem Rückenetikett zu verwenden. Der Beklagte lege § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV dahin aus, dass bei Verwendung des Namens einer Lage zur Bezeichnung eines Qualitätsweins b.A. der Name der Gemeinde oder des Ortsteiles immer hinzuzufügen sei. Diese Auslegung sei mit den Vorgaben des Weingesetzes und mit europarechtlichen Vorgaben nicht vereinbar.

§ 22b WeinG regele den Schutz geographischer Bezeichnungen dahingehend, dass geographische Bezeichnungen die Ursprungsbezeichnungen und die geographischen Angaben i. S. d. Art. 118b Abs. 1 Buchst. a) und b) Verordnung (EG) Nr. 1234/2007, die Namen von in die Weinbergsrolle eingetragenen Lagen und Bereichen (§ 22b Nr. 2 WeinG) sowie Namen von Gemeinden und Ortsteilen, die im geschäftlichen Verkehr zur Bezeichnung eines Erzeugnisses genutzt würden (§ 22b Nr. 3 WeinG), seien. Gemäß § 23 Abs. 1 WeinG dürften zusätzlich zum Namen des Anbaugebietes nur die Namen von in die Weinbergsrolle eingetragenen Lagen und Bereichen und die Namen von Gemeinden und Ortsteilen angegeben werden. Hieraus ergebe sich, dass den Erzeugern dieser Weine das alternative Recht eingeräumt sei, Lage- und Gemeindenamen entweder unabhängig voneinander oder in Kombination miteinander zu verwenden. Dem widerspreche die in § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV erfolgte Maßgabe, wonach bei der Verwendung des Namens einer Lage zur Bezeichnung eines Qualitätsweins b. A. dem Lagenamen der Name der Gemeinde oder des Ortsteils hinzuzufügen sei.

§ 23 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 WeinG mit der aufgezeigten Alternativität entspreche den Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts. Für bestehende geschützte Weinnamen sei gemäß Art. 118s Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 der automatische Schutz im Rahmen dieser Verordnung angeordnet. Diese nehme auf die Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 Bezug, deren Art. 51 Namen kleinerer geographischer Einheiten bestimme. Es handele sich um den Namen einer Lage oder einer Einheit, die mehrere Lagen umfasse, um eine Gemeinde oder einen Teil einer Gemeinde, um ein Weinbauuntergebiet oder einen Teil eines Weinbauuntergebietes oder um ein anderes Gebiet als ein bestimmtes Anbaugebiet. Aus dieser vierfachen Alternativität zur Bestimmung des Namens einer kleineren geographischen Einheit ergebe sich, dass die Kategorie der Weinkennzeichnung nicht notwendigerweise von der Angabe des Namens einer Gemeinde oder eines Teils einer Gemeinde abhängig sei.

Die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 differenziere im Rahmen der Kennzeichnung und Aufmachung im Weinsektor zwischen obligatorischen Angaben einerseits, fakultativen Angaben andererseits, zudem hebe sie ab auf die in der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 getroffenen Regelungen. Diese stellten darauf ab, dass die obligatorischen Angaben zusammen im gleichen Sichtbereich auf dem Behältnis anzubringen seien, so dass sie gleichzeitig gelesen werden könnten, ohne dass es erforderlich sei, dass Behältnis umzudrehen. Da es sich bei dem Namen der Lage einerseits, dem Namen einer Gemeinde andererseits um fakultative Angaben handele, unterlägen sie nicht diesem strengen Gebot.

Die vom Beklagten vertretene Auffassung könne auch nicht mit wettbewerbsrechtlichen Argumenten gestützt werden, da die Lage „...-Berg“ im internationalen Wettbewerb der Weinerzeuger als Alleinstellungsmerkmal anerkannt und verwendbar sei, so dass es sich mangels Verwechselbarkeit nicht um eine irreführende Herkunftsangabe handeln könne. Damit sei die vom Beklagten vertretene Auslegung des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV nicht hinnehmbar, dies auch im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses habe festgestellt, dass die Eintragung von Lagenamen in die Weinbergsrolle eine nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zulässige Berufsausübungsregelung darstelle. Das Bundesverfassungsgericht gehe in seiner Entscheidung vom 22. Mai 1979 weiter davon aus, dass die Lage als Qualitätskennzeichen eines Weines im Lichte der Wettbewerbsfreiheit der Erzeuger zu interpretieren sei. Auf dieser Basis sei § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die „Hinzufügung eines Gemeindenamens“ nicht notwendigerweise im „gleichen Sichtbereich“ auf dem Behältnis, d. h. im Frontetikett erfolgen müsse. Vielmehr sei es verfassungsrechtlich geboten, zuzulassen, den Lagenamen auf dem Frontetikett, den Gemeindenamen hingegen auf dem Rückenetikett anzubringen.

In wettbewerbsrechtlicher Hinsicht sei eine irreführende Herkunftsangabe durch diese Praxis nicht gegeben. Anders sei dies beispielsweise bei dem Lagenamen „Stein“, der sowohl für Würzburger wie für Stettener Rebanlagen Verwendung finde.

Zugleich ließ der Kläger ein Gutachten von Prof. Dr. ... mit dem Titel „Die Lage als weinrechtliches Qualitätskennzeichen“ zur weiteren Begründung der Klage vorlegen.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde vorgebracht, aus der Formulierung des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV ergebe sich, dass beim Lagenamen grundsätzlich immer der Gemeinde-/Ortsteilname dabeizustehen habe. Bei der Auslegung dieser Vorschrift sei vom Wortlaut der Norm auszugehen, welcher die unmittelbare räumliche Verbindung von Lagenamen und Gemeinde-/Ortsteilnamen vorschreibe. Nichts anderes ergebe sich aus der Systematik der Weinverordnung beim Vergleich von § 39 Abs. 1 Nr. 2 und § 39 Abs. 1 Nr. 1 WeinV.

Auch die Entstehungsgeschichte bestätige dies. § 10 Abs. 11 Satz 2 WeinG 1971 (BGBl I S. 893) habe gelautet: „Bei der Wahl eines Lagenamens ist außerdem die Gemeinde oder der Ortsteil anzugeben“. Diese Regelung sei im Jahr 1994 durch § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV ersetzt worden.

Der Wortlaut des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV sei von der Ermächtigungsgrundlage des § 24 Abs. 2 WeinG gedeckt.

Europarechtlich handele es sich bei der Angabe der Lage um die Angabe einer geographischen Einheit, die kleiner sei als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung oder der geographischen Angabe zugrunde liege. Allerdings sei es europarechtlich nicht geboten, Lage und Gemeinde gemeinsam und räumlich verbunden anzugeben. Andererseits sei es europarechtlich den Mitgliedsstaaten der EU auch nicht ausdrücklich untersagt, zusätzliche Vorschriften für die auf ihrem Gebiet erzeugten Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung oder geographischer Angabe über die Etikettierung und Aufmachung zu erlassen. Dies ergebe sich aus Art. 67 Verordnung (EG) Nr. 607/2009.

Der Kläger stelle auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. ... die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV in den Raum. Gemäß der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes enthielten die Vorschriften zur geographischen Herkunftsbezeichnung eine Berufsausübungsregelung. Diese könne durch jede sachgerechte und vernünftige Erwägung des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Die vom Gesetzgeber gewählten Mittel müssten aber zur Zielerreichung geeignet und erforderlich sein und die Grenzen des Zumutbaren einhalten.

Die zusätzliche Angabe des Gemeindenamens zur Lagebezeichnung diene der Information und dem Schutz des Verbrauchers. Erst die Angabe des Gemeindenamens zusammen mit dem Lagenamen ermögliche dem Verbraucher die genaue geographische Zuordnung des Weines, dies nicht zuletzt wegen der vorhandenen Namensgleichheit von Lagen. Es gebe auch kein weniger belastendes Mittel. Demgegenüber sei die vom Kläger beanstandete Regelung aber zumutbar.

An der zumutbaren Regelung ließe sich nur dann zweifeln, wenn man davon ausginge, dass der angesprochene Kundenkreis keines Schutzes bedürfe, weil er nicht irregeführt werde. Allerdings verhindere erst die Kombination von Lage- und Gemeindenamen für den Verbraucher eine Irreführung, da erst dann eine ausreichende Information vorhanden sei. Dies ergebe sich daraus, dass der Verbraucher durch die stets erforderliche Hinzufügung des Gemeindenamens zum Lagenamen scheingeographische Phantasiebezeichnungen i.d.R. als solche erkenne und diese deshalb nicht geeignet seien, ihn irrezuführen und einen Lagenamen vorzutäuschen, was demgegenüber bei der Möglichkeit der alleinigen Angabe der Lagenamen geschehen könnte.

Zudem diene die Regelung auch der Unterscheidung von gleichlautenden Lagenamen. Demgegenüber stelle der Vorschlag im vorgelegten Gutachten, der jeweils bekannteren Lage den Vorzug einzuräumen und nur die weniger bekannte Lage zwingend mit dem Gemeindenamen zu kombinieren, keine sachgerechte Lösung dar. Durch eine derartige Regelung käme es zu einer nicht hinnehmbaren Wettbewerbsverzerrung.

Zudem bestehe Verwechslungsgefahr auch bei Namensgleichheiten von Lagen und Gemeinden (Homburger Kallmuth einerseits, Gössenheimer Homburg andererseits).

Hieraus ergebe sich, dass das in § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV festgeschriebene Erfordernis des Hinzufügens des Gemeindenamens sowohl für das „Schauetikett“ als auch für das „gesetzliche Etikett“ gelte.

Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 30. April 2015, auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf die einschlägigen Verwaltungsakten des Beklagten, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Gründe

Gegenstand des Klagebegehrens ist die Feststellung, dass der Kläger dazu berechtigt ist, zur Kennzeichnung der auf seinen Rebflächen der in I. gelegenen Lage ...-Berg erzeugten und in den Verkehr zu bringenden Qualitätsweinen b. A. neben der Angabe der Lagebezeichnung „...-Berg“ unter Hinzufügung des Ortsnamens „I.“ bzw. „I.“ auf einem Flaschenetikett auf einem weiteren auf der anderen Flaschenseite angebrachten Etikett lediglich die Lagebezeichnung „...-Berg“ anzugeben, ohne den Ortsnamen „I.“ bzw. „I.“ hinzuzufügen.

Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO zulässig; es geht um einen Meinungsstreit zwischen den Beteiligten hinsichtlich eines konkreten die Bezeichnung bestimmter Weine betreffenden Sachverhalts, der durch öffentlich-rechtliche Normen geregelt ist und der Auswirkungen auf ein bestimmtes Tun des Klägers hat (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 43 Rn. 12 ff.). Das berechtigte Interesse des Klägers an der Feststellung ergibt sich daraus, dass die gerichtliche Entscheidung dazu geeignet sein kann, seine Rechtsposition beim Streit um die genannte Bezeichnung bestimmter Weine zu verbessern (Happ, a. a. O., § 43 Rn. 30). Das vorliegende Verfahren ist dazu geeignet, den erforderlichen Rechtsschutz auf ein einziges gerichtliches Verfahren zu konzentrieren (Happ, a. a. O., § 43 Rn. 41), zumal es bei öffentlich-rechtlichen Körperschaften wie dem Beklagten nicht der unmittelbaren Rechtsgestaltung oder des Vollstreckungsdrucks aufgrund eines Leistungs- oder Gestaltungsurteils bedarf (Happ, a. a. O., § 43 Rn. 43).

Die Klage erweist sich jedoch als unbegründet. Der Kläger hat gemäß der Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (Schmidt in Eyermann, VwGO, Kommentar, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 46 f.) keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Feststellung durch das Gericht, bei der Etikettierung von in der Lage ...-Berg erzeugten Weinen neben der Angabe des Lagenamens unter Hinzufügung des Gemeindenamens auf dem einen Etikett auf einem weiteren auf der anderen Flaschenseite angebrachten Etikett lediglich den Lagenamen ...-Berg ohne Hinzufügung des Gemeindenamens angeben zu dürfen.

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Rechtsgrundlage für die Kennzeichnung und Aufmachung im Weinsektor ist die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347, S. 671) - Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 - geändert durch Verordnung (EU) Nr. 1310/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 (ABl. L 347, S. 865 berichtigt in ABl. L 189, S. 261). Diese ab dem 20. Dezember 2013 in Kraft getretene und im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung anwendbare Verordnung hat gemäß ihrem Art. 230 Abs. 1 die vom Kläger zitierte Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 aufgehoben und ersetzt.

Nach Art. 119 Abs. 1 Buchst. b) i. V. m. Abs. 3 Buchst. a) Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 umfasst die Kennzeichnung und Aufmachung von Wein mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung den Begriff der geschützten Ursprungsbezeichnung und den Namen der geschützten Ursprungsbezeichnung, ggf. stattdessen einen traditionellen Begriff i. S. d. Art. 112 Verordnung (EU) Nr. 1308/2013. Hierbei handelt es sich u. a. um den Begriff „Qualitätswein b.A.“ (vgl. Art. 112 Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 i. V. m. Verordnung (EG) Nr. 607/2009, Anhang XII Teil A - Deutschland; vgl. hierzu auch Rathke/Boch, Weinrecht, Kommentar, 2012, § 22b WeinG Rn. 46 ff.). Diesen Begriff „Qualitätswein b.A.“ in Verbindung mit dem Weinnamen Franken (Art. 107 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1308/2013; Rathke/Boch, a. a. O. Rn. 59) verwendet der Kläger bei der Etikettierung seiner Weine.

Nach Art. 120 Abs. 1 Buchst. g) Verordnung (EG) Nr. 1308/2013 kann die Kennzeichnung und Aufmachung von Wein neben anderen Angaben insbesondere für Weine mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung den Namen einer anderen geografischen Einheit, die kleiner oder größer ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung zugrunde liegt, als fakultative Angabe umfassen.

Diese Vorschrift wird durch Art. 67 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 der Kommission vom 14. Juli 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates hinsichtlich der geschützten Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben, der traditionellen Begriffe sowie der Kennzeichnung und Aufmachung bestimmter Weinbauerzeugnisse (ABl. L 193, S. 60), zuletzt geändert durch Durchführungsverordnung (EU) Nr. 753/2013 der Kommission vom 2. August 2013 (ABl. L 210, S. 21) - Verordnung (EG) Nr. 607/2009 - ergänzt. Diese Verordnung ist im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 anwendbar. Dies ergibt sich aus den Bezugnahmen in Art. 49 ff. Verordnung (EG) Nr. 607/2009 auf die Verordnung (EG) Nr. 479/2008. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 491/2009 wird die Verordnung (EG) Nr. 479/2008 aufgehoben, Verweise auf die aufgehobene Verordnung gelten als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007. Gemäß Art. 230 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1308/2013 gelten Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 als Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013.

Nach Art. 67 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 607/2009 dürfen der Name einer geografischen Einheit und Bezugnahmen auf geografische Gebiete nur auf dem Etikett von Weinen mit geschützter Ursprungsbezeichnung stehen. Gemäß Art. 67 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung muss für die Verwendung des Namens einer geografischen Einheit, die kleiner ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung zugrunde liegt, das Gebiet der betreffenden geografischen Einheit genau definiert sein. Gemäß Art. 67 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EG) Nr. 607/2009 können die Mitgliedstaaten Vorschriften für die Verwendung dieser geografischen Einheiten erlassen. Art. 67 Abs. 3 der Verordnung legt fest, dass der Name einer geografischen Einheit, die kleiner oder größer ist das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung zugrunde liegt, aus dem Namen einer Lage oder einer Einheit, die mehrere Lagen umfasst (Buchst. a)), einer Gemeinde oder eines Ortsteils (Buchst. b)), eines Untergebiets oder des Teils eines Untergebiets (Buchst. c)), einer Verwaltungseinheit (Buchst. d)) bestehen muss. Art. 70 Abs. 1 der Verordnung legt fest, dass von den Mitgliedstaaten für in ihrem Hoheitsgebiet hergestellte Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung die Angaben gemäß Art. 67 zwingend vorgeschrieben, verboten oder hinsichtlich ihrer Verwendung eingeschränkt werden können.

Auf der Grundlage von Art. 67 Abs. 2 Satz 2, Art. 70 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 607/2009 hat der nationale Gesetzgeber weitere Regelungen geschaffen.

Nach § 3 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 des Weingesetzes (WeinG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2011 (BGBl. I S. 66), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Oktober 2014 (BGBl. I S. 1586), werden u. a. für Qualitätsweine bestimmte Anbaugebiete festgelegt, darunter auch das Anbaugebiet Franken. Soweit diese Bezeichnungen der bestimmten Anbaugebiete nach europäischem Recht geschützt sind, gelten u. a. für die Qualitätsweine dieser Anbaugebiete die Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union über Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung, sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

Auf dieser Grundlage dürfen nach § 23 Abs. 1 WeinG u. a. bei Qualitätsweinen, die mit dem Namen eines bestimmten Anbaugebietes i. S. d. § 3 Abs. 1 WeinG benannt sind, zusätzlich nur angegeben werden (1.) die Namen von in die Weinbergsrolle eingetragenen Lagen und Bereichen (2.) die Namen kleinerer geographischer Einheiten, die in der Liegenschaftskarte abgegrenzt sind, soweit diese Namen in die Weinbergsrolle eingetragen sind (3.) die Namen von Gemeinden und Ortsteilen.

Nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 5 WeinG wird der Verordnungsgeber ermächtigt, Vorschriften über geografische Bezeichnungen zu erlassen und zu regeln, in welcher Weise vorgeschriebene Bezeichnungen und sonstige Angaben auf Behältnissen angebracht sein müssen.

Auf dieser Grundlage enthält § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Weinverordnung (WeinV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. April 2009 (BGBl. I S. 827), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. April 2015 (BGBl. I S. 614), diejenige Regelung, auf die sich der Beklagte im vorliegenden Verfahren beruft. Wird hiernach zur Bezeichnung eines Qualitätsweines der Name einer Lage oder einer kleineren geografischen Einheit gem. § 23 Abs. 1 WeinG verwendet, ist diesem (sic!) der Name der Gemeinde oder des Ortsteils hinzuzufügen.

Aus den zitierten Vorschriften ergibt sich somit, dass der Kläger bei einem Wein mit geschützter Ursprungsbezeichnung bzw. mit einem traditionellen Begriff, also auch bei einem Qualitätswein aus dem Anbaugebiet Franken, eine gegenüber diesem Anbaugebiet kleinere geografische Einheit, also auch eine in die Weinbergsrolle eingetragene Lagebezeichnung wie z. B. die Einzellage ...-Berg angeben darf. Weder in den zitierten europäischen Vorschriften noch in den einschlägigen Vorschriften des Weingesetzes ist direkt und ausdrücklich geregelt, dass der Bezeichnung einer Einzellage der Name der Gemeinde oder des Ortsteils hinzuzufügen ist. Diese Regelung ergibt sich ausschließlich aus § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV. Allerdings kann das Gericht der Argumentation des Klägers, damit widerspreche die in § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV festgelegte Regelung höherrangigem Recht, insbesondere § 23 Abs. 1 WeinG, nicht folgen. Vielmehr räumen § 24 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 5 WeinG dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Ermächtigung ein, durch Rechtsvorschriften Vorschriften u. a. über geografische Bezeichnungen zu erlassen und zu regeln, in welcher Weise vorgeschriebene Bezeichnungen und sonstige Angaben auf den Behältnissen angebracht sein müssen und damit die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 WeinG zu ergänzen.

Zudem kann das Gericht nicht der Argumentation des Klägers folgen, bei der Angabe von Lagenamen und Gemeindenamen handele es sich nicht um obligatorische Angaben nach Art. 119 Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, sondern um fakultative Angaben gemäß Art. 120 dieser Verordnung, weshalb aus dem Gegenschluss zu Art. 50 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 607/2009 zu folgern sei, dass diese beiden Angaben (Lagename; Gemeindename) nicht zusammen im gleichen Sichtbereich auf dem Behältnis angebracht werden müssen. Denn maßgeblich sind im vorliegenden Fall nicht diese vom Kläger zitierten Vorschriften, sondern § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV, der die „Hinzufügung“ des Ortsnamens zum Gemeindenamen anordnet.

Auf § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV beruft sich der Beklagte zu Recht mit seiner Beurteilung, dass der Kläger nicht dazu berechtigt ist, den Lagenamen „...-Berg“ ohne Hinzufügung des Ortsnamens auf einem Etikett zur Bezeichnung des Weines zu verwenden, obwohl auf einem weiteren auf der gegenüberliegenden Flaschenseite vorhandenen Etikett der Lagebezeichnung „...-Berg“ der Gemeindenamen „I.“ bzw. „I.“ hinzugefügt wird.

Auf der Grundlage eines Gutachtens von Prof. Dr. ... mit dem Titel „Die Lage als weinrechtliches Qualitätskennzeichen“ (Schriften des Hellmuth-Loening-Zentrums für Staatswissenschaften e.V. Jena, Band 19, 2010, Berliner Wissenschaftsverlag GmbH) beruft sich der Kläger auf eine verfassungskonforme Auslegung des seine Berufsfreiheit einschränkenden § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV. Auf dieser Basis ist der Kläger der Meinung, es sei nur erforderlich, dem Lagenamen überhaupt einen Gemeindenamen hinzuzufügen, nicht aber, beides im selben Sichtbereich des Etiketts anzubringen. Die Vorschrift sei so zu interpretieren, dass die Lage auf dem „Schauetikett“, die Gemeinde dagegen auf dem „Rückenetikett“ angegeben werden dürfe. Damit werde die Berufsfreiheit der Erzeuger gewahrt, qualitativ hochwertige Weine durch die Angabe altbekannter Lagenamen werbewirksam zu vermarkten. Dies müsse zumindest für einmalig in der Weinwelt vorhandene Lagenamen gelten, bei denen irreführende Angaben im Sinne des Irreführungsverbotes nicht möglich seien. Es spreche eine Vermutung für die Freiheit der Weinerzeuger, ihre Erzeugnisse im Bereich der fakultativen Angaben so kennzeichnen zu dürfen, dass damit der von ihnen gewählte Adressatenkreis - und sei es ein noch so kleiner Kreis von Kennern - angesprochen werde.

Dem kann das Gericht nicht folgen.

Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist, wie das vom Kläger vorgelegte Gutachten zutreffend darlegt, die sog. Schloßberg-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1979 (BVerfGE 51, 193). Gegenstand dieser Entscheidung war u. a. die Frage, ob die Vorschriften des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 10 Abs. 3 Satz 2 des Weingesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1971 (BGBl. I, S. 893) mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Vorschrift in der damals gültigen Fassung dürfen als geografische Herkunftsbezeichnungen nur Lagenamen verwendet werden, die in die Weinbergsrolle eingetragen sind. Eintragungsfähig sind nach § 10 Abs. 3 Satz 1 der Vorschrift nur solche Lagen, die mindestens fünf Hektar groß sind. Von diesem Grundsatz sind Ausnahmen nach § 10 Abs. 3 Satz 2 zulässig, wonach die zuständige Behörde ermächtigt ist, unter bestimmten Voraussetzungen die Eintragung einer kleineren Fläche zuzulassen. Hintergrund des Verfahrens war der verwaltungsrechtliche Streit um die Aufnahme des Lagenamens B. Sch., betreffend ein Grundstück der Gemarkung B. mit 0,44 ha Größe, in die Weinbergsrolle.

In diesem Rechtsstreit hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass das Weinbezeichnungsrecht vorwiegend wirtschaftslenkende Bedeutung hat. Seine Vorschriften dienen vorrangig der Sicherung des Absatzes und dem Schutz der Winzer im Rahmen des Europäischen Marktes sowie dem Schutz des Verbrauchers. Verfassungsrechtlich gesehen enthalten die Vorschriften zur geografischen Herkunftsbezeichnung des Weines eine Berufsausübungsregelung i. S. d. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Sie greifen nur ein, wenn der Winzer den von ihm produzierten Wein in den Verkehr bringt (BVerfGE 51, 193, 207).

Diese Feststellung gilt auch für die vorliegende Problematik, obwohl es hier nicht um die Eintragung einer Weinlage in die Weinbergsrolle geht. Jedoch streiten die Parteien um die Art der Etikettierung von Wein hinsichtlich der Frage, wie die Lage auf dem Etikett bezeichnet bzw. dargestellt wird. Diese Problematik kommt - ebenso wie diejenige in der Schloßberg-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - dann zum Tragen, wenn der Winzer den von ihm produzierten Wein in den Verkehr bringt (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 WeinG), so dass auch die weinbezeichnungsrechtliche Vorschrift des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV eine Berufsausübungsregelung i. S. d. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG ist. Nach dieser Vorschrift kann die Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden.

Im Rahmen der sog. Stufenlehre (BVerfGE 25, 1, 11 f.) stellt die Berufsausübungsbeschränkung im Vergleich zu einer subjektiven Berufswahlbeschränkung und einer objektiven Berufswahlbeschränkung den geringsten Eingriff in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG dar. Dennoch muss auch eine derartige Beeinträchtigung der Berufsfreiheit verhältnismäßig sein, also geeignet, erforderlich und angemessen. Vor dieser Prüfung ist jedoch zu klären, ob ein legitimer Zweck der Regelung vorliegt (Jarass in Jarass/Pieroth, GG, Kommentar, 13. Aufl. 2014, Art. 12 Rn. 33 m. w. N.).

Eine derartige Überprüfung des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV ergibt, dass die Regelung - wendet man sie wie der Beklagte gemäß ihrem Wortlaut an - als Berufsausübungsregelung nicht zu beanstanden ist und demzufolge auch nicht die vom Kläger in den Raum gestellte verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, um der Regelung überhaupt zur Verfassungskonformität und damit zur Anwendbarkeit zu verhelfen.

Dies ergibt sich daraus, dass der Regelung des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV ein legitimer Zweck zugrunde liegt, sie also durch sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt ist (BVerfGE 115, 276, 304 ff.).

Zur Bestimmung des Ziels des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV sind sowohl dessen nationale Grundlage, also die einschlägigen Regelungen des Weingesetzes, als auch insbesondere die europarechtliche Grundlage heranzuziehen, hier in erster Linie die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013. Hinsichtlich der hier zu beurteilenden Problematik ist insbesondere auf deren Erwägung 72 abzustellen, wonach es angesichts des Interesses der Erzeuger, die Erzeugnis- und Anbaumerkmale mitzuteilen, und des Interesses der Verbraucher an einer angemessenen und transparenten Produktinformation möglich sein sollte, den Erzeugungsort und/oder den Ursprungsort je nach Fall auf der geeigneten geografischen Ebene zu bestimmen. Nach Erwägung 78 ist es wichtig sicherzustellen, dass die Marktteilnehmer und die Mitgliedstaaten ein klares und richtiges Verständnis von den Begriffsbestimmungen und Verkehrsbezeichnungen haben. Nach Erwägung 85 sollten fakultative Qualitätsangaben festgelegt werden, um sicherzustellen, dass Begriffe, die Erzeugnis- bzw. Anbau- oder Verarbeitungsmerkmale beschreiben, auf dem Markt nicht missbräuchlich verwendet werden und der Verbraucher auf diese Begriffe vertrauen kann, wenn es um die Feststellung einzelner Erzeugniseigenschaften geht. Nach Erwägung 97 sollten eingetragene Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben vor Verwendungen geschützt werden, die sich den Ruf zunutze machen, den vorschriftskonforme Erzeugnisse genießen. Zudem sollten gemäß Erwägung 93 zur Erhaltung der besonderen Qualitätsmerkmale von Weinen mit geschützter Ursprungsbezeichnung oder geschützter geografischer Angabe die Mitgliedstaaten strengere Vorschriften anwenden dürfen. Auf dieser Grundlage bestimmt Art. 120 Abs. 1 Buchst. g) Verordnung (EU) 1308/2013, dass fakultativ die Kennzeichnung und Aufmachung von Wein mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung den Namen einer anderen geografischen Einheit, die kleiner ist als das Gebiet, das der Ursprungsbezeichnung zugrunde liegt, umfassen darf. Zudem ist auf die schon zitierten Art. 67 Abs. 1 bis Abs. 3 und Art. 70 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 abzustellen und § 23 Abs. 1 WeinG zu beachten.

Aus diesen Materialien ergeben sich zwei Zwecke des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV: Zum einen soll auf der Grundlage dieser Regelung auf dem Weinetikett erkennbar sein, um welche von mehreren namensgleichen in die Weinbergsrolle eingetragenen Lagenamen es sich handelt. Dies ergibt sich insbesondere aus der oben genannten Erwägung 72 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 und aus Art. 67 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 607/2009. Zum anderen ist es gleichermaßen Zweck des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV, durch die Etikettierung des Weins für den Verbraucher eindeutig erkennbar zu machen, ob es sich bei der Angabe auf dem Etikett um eine Lagebezeichnung oder um eine Fantasiebezeichnung (ggf. eine Marke) handelt. Dies ergibt sich ebenfalls aus der Forderung nach einer transparenten Produktinformation (Erwägung 72 Verordnung (EU) Nr. 1308/2013), aus der Forderung nach einem klaren und richtigen Verständnis von den Begriffsbestimmungen (Erwägung 78) und aus der Forderung sicherzustellen, dass Begriffe, die Erzeugnismerkmale (also im vorliegenden Fall auch das Merkmal der Erzeugung in einer bestimmten kleineren geografischen Einheit) beschreiben, auf dem Markt nicht missbräuchlich verwendet werden (Erwägung 85). Insbesondere heranzuziehen ist hier auch Erwägung 97, wonach geografische Angaben vor Verwendungen geschützt werden sollten, die sich den Ruf zunutze machen, den vorschriftskonforme Erzeugnisse genießen. Damit soll also verhindert werden, dass eine Fantasiebezeichnung „im Kleid“ einer vorschriftskonformen geografischen Angabe, also einer Lagebezeichnung, „vorgaukelt“, eine solche zu sein. Zudem ist es Intention der Regelungen in Art. 67 Verordnung (EG) Nr. 607/2009, die kleinere geografische Einheit als solche eindeutig erkennbar zu machen (Forderung nach genauer Definition des Gebietes; Festlegung, welche geografischen Einheiten überhaupt als kleinere geografische Einheiten in Frage kommen), die gleichermaßen auch in § 23 Abs. 1 WeinG erkennbar ist.

Die so definierten Zwecke des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV sind als legitime Gemeinwohlziele anzusehen, da eine eindeutige und transparente Bezeichnung von Lebensmitteln zum Schutz der Verbraucher immer ein wichtiges Gemeinwohlziel ist.

Insbesondere ist es sachgerecht, auf eine klare Unterscheidbarkeit zwischen einer Lagebezeichnung (geografische Einheit) und einer Fantasiebezeichnung (ggf. eine Marke) hinzuarbeiten. Dies ergibt sich schon aus der oben dargestellten „Schloßberg-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 51, 193). Hiernach ist die geografische Herkunftsangabe neben anderen Angaben ein werbliches Kennzeichnungsmittel, das der Individualisierung der Ware, der Herstellung einer Beziehung zwischen der gekennzeichneten Ware einerseits und Qualitäts- und Preisvorstellungen der Kunden andererseits dient. Sie ist ein für die Kaufentscheidung des Verbrauchers bedeutsamer Informationsträger. Dies gilt in besonderem Maße für den Wein: Die Bezeichnung der geografischen Herkunft ist beim Wein zunächst die Mitteilung, aus welchem Anbaugebiet der Wein stammt. Der Käufer kann zwischen Weinen der verschiedenen Anbaugebiete und Lagen wählen. Die durch die Herkunftsangabe begründeten Unterscheidungsmerkmale ermöglichen dem Kunden, die Auswahl nach seiner Wertschätzung vorzunehmen. Der Kennzeichnungsfunktion der geografischen Lage kommt damit über die reine „Adressenangabe“ hinaus erhebliche Bedeutung für den Wettbewerb zu. Sie ist Hinweis auf bestimmte Eigenheiten, die den einen Wein von einem anderen unterscheiden. Diese Unterscheidungsfunktion hat besonderes Gewicht für den deutschen Wein, der weitgehend durch seine Vielfalt gekennzeichnet ist, zumal die Qualität eines Weines maßgeblich vom Standort der Rebflächen mitbestimmt wird. Die Verwendung geografischer Herkunftsangaben ist also ein Mittel, den Wettbewerb zu beeinflussen (BVerfGE 51, 193, 213).

Aber auch aus einer anderen Blickrichtung sind die Zwecke des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV sachgerecht und vernünftig: Denn Fantasiebezeichnungen können für den Fall, dass sie Verkehrsgeltung erlangen, dem Markenbegriff zuzuordnen sein. Demzufolge ist es auch unter diesem Aspekt sachgerecht, zum Schutz von Fantasiebezeichnungen, die zu Marken „mutieren“ können, deren eindeutige Erkennbarkeit sicherzustellen (vgl. Koch, Weinrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2008, Stichwort: Marke, Ziffer 4.2.2 und Ziffer 5.2.2).

Eine eindeutige Unterscheidbarkeit zwischen gleichlautenden Lagenamen einerseits und zwischen Lagenamen und Fantasiebezeichnungen andererseits ist jedoch ohne eine entsprechende Regelung zur näheren (eindeutigen) Kennzeichnung der entsprechenden Begriffe nicht hinreichend gegeben.

Hinsichtlich der Unterscheidbarkeit von gleichlautenden Lagenamen liegt dies auf der Hand. Aber auch hinsichtlich der Unterscheidbarkeit zwischen Lagenamen einerseits und Fantasiebezeichnungen (ggf. Marken) andererseits ist nicht immer eine eindeutige Unterscheidbarkeit ohne weitere Kennzeichnung möglich. Dies ergibt sich daraus, dass viele in die Weinbergsrolle eingetragene Lagenamen vielen von deutschen Weingütern verwendeten Fantasiebezeichnungen ähnlich sind (und umgekehrt), so dass eine eindeutige Unterscheidbarkeit ohne ein zusätzliches Merkmal (wie die Hinzufügung des Ortsnamens zur Lagebezeichnung) nicht möglich erscheint. Dies gilt umso mehr, als gerade renommierte deutsche Weingüter vermehrt dazu übergehen, bestimmte Weine mit Gewann-Namen als Fantasiebezeichnung zu benennen; diese konnten vor Geltung des Weingesetzes 1971 noch als Lagenamen verwendet werden, wurden aber aus verschiedenen Gründen nicht in die Weinbergsrolle eingetragen. Beispielhaft für die problematische Unterscheidung zwischen Lagenamen und Fantasiebezeichnung seien folgende derzeit in die Weinbergsrolle eingetragene Lagenamen (in Klammern die Ortsbezeichnung) und derzeit von deutschen Weingütern verwendete Fantasiebezeichnungen (in Klammern: Angabe des Weinguts) genannt:

Schwarzer Letten (Edelkoben), Kalkmergel (Weingut Becker, Schweigen), Kreidenstein (Weingut Wöhrwag, Untertürkheim), Gips (Untertürkheim), Lössriedel (Weingut Siegrist, Leinsweiler), Eierfels (Weingut Diehl, Burg Layen), Klamm (Niederhausen), Oberklamm (Weingut Seger, Leimen), La Borne (Weingut Wittmann, Westhofen), La Roche (Uffhofen), Unter der Mauer (Weingut Luckert, Sulzfeld), In den Siebzehn Morgen (Bad Kreuznach), Zuckerle (Bad Canstatt), Frühlingsplätzchen (Monzingen), Monte Jup (Bad Hönningen), St. Lamprecht (Weingut Bergoldt, Duttweiler), Maria Magdalena (Klingenmünster), St. Paul (Weingut Becker, Schweigen; Anm.: Der Weinberg ist auf französischem Territorium gelegen), Uhlen (Winningen).

Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass der Durchschnittsweinverbraucher zwischen derartigen Lagenamen und Fantasiebezeichnungen ohne ein weiteres Unterscheidungsmerkmal wie die Hinzufügung des Ortsnamens bei Lagebezeichnungen kaum unterscheiden kann.

Damit steht fest, dass den Zwecken bzw. Zielen des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls zugrunde liegen.

Die Regelung ist zudem geeignet, die Ziele zu erreichen. Mit der Kombination aus Orts- und Lagename wird eindeutig erkennbar, dass es sich um eine Weinlage handelt. Umgekehrt wird eindeutig ein Begriff ohne hinzugefügten Ortsnamen als Fantasiebezeichnung (ggf. Marke) gekennzeichnet. Darüber hinaus wird durch die Hinzufügung des Ortsnamens zum Lagenamen eindeutig erkennbar, um welche von mehreren gleichnamigen Lagen es sich handelt.

Die Regelung ist erforderlich, da kein milderes, mindestens ebenso wirksames Mittel zur Verfügung steht.

Insbesondere ist die vom Kläger angestrebte Verfahrensweise, auf dem einen Etikett (vom Kläger als „Rückenetikett“ bezeichnet) den Lagenamen unter Hinzufügung des Ortsnamens anzugeben, auf einem anderen auf der gegenüberliegenden Flaschenseite angebrachten Etikett (vom Kläger als „Schauetikett“ bezeichnet) lediglich die Lagebezeichnung ohne den Ortsnamen anzugeben, kein gleichwertiges milderes Mittel. Denn diese Methode der Weinbezeichnung ist deshalb ungeeignet, weil sich hieraus die Gefahr einer Irreführung des Verbrauchers, also die Gefahr einer Verbrauchertäuschung ergäbe.

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Regelungen zum Irreführungsverbot sind in der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. L 109, S. 29), zuletzt geändert durch Richtlinie 2013/20/EU des Rates vom 13. Mai 2013 (ABl. L 158, S. 234) - Richtlinie 2000/13/EG - festgehalten.

Die Richtlinie ist gemäß Art. 118 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 unmittelbar anwendbar.

Nach deren Erwägung 6 soll jede Regelung der Etikettierung von Lebensmitteln vor allem der Unterrichtung und dem Schutz der Verbraucher dienen. Erwägung 8 verlangt eine detaillierte Etikettierung, die über die genaue Art und die Merkmale des Erzeugnisses Auskunft gibt und somit dem Verbraucher eine sachkundige Wahl ermöglicht. Nach Erwägung 14 müssen die Regeln für die Etikettierung auch das Verbot enthalten, den Käufer zu täuschen. Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a) Nr. i) dieser Richtlinie dürfen die Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, nicht geeignet sein, den Käufer irrezuführen, und zwar insbesondere nicht u. a. über den Ursprung oder die Herkunft.

Dabei sind die Begriffe Ursprung und Herkunft sowohl geografisch als auch betrieblich zu verstehen. Angaben zu Ursprung und Herkunft enthalten insbesondere die geschützten Herkunftsbezeichnungen und geografischen Angaben sowie Angaben zu größeren oder kleineren geografischen Einheiten. Wird eine der vorgeschriebenen oder fakultativen geografischen Herkunftsangaben verwendet, ohne dass die an die Angabe geknüpften gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, liegt eine irreführende Angabe über den Ursprung vor. Das gilt gleichermaßen bei der Benutzung von falschen oder nicht existierenden Lagebezeichnungen (Rathke/Boch, Weinrecht, Kommentar, 2012, § 25 WeinG Rn. 59 m. Erläuterungen zu Art. 2 Abs. 1 Buchst. a) Ziffer i) Richtlinie 2000/13/EG).

Weitere Grundlagen des Irreführungsverbotes ergeben sich aus der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (ABl. L 304, S. 18), zuletzt geändert durch die delegierte Verordnung (EU) Nr. 78/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014 (ABl. L 27, S. 7) - Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 -. Auf diese Verordnung verweist Art. 118 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1308/2013. Nach ihrer Erwägung 4 ist es allgemeiner Grundsatz des Lebensmittelrechts, den Verbrauchern die Möglichkeit zu bieten, in Bezug auf die Lebensmittel, die sie verzehren, eine fundierte Wahl zu treffen, und alle Praktiken, die die Verbraucher irreführen können, zu verhindern. Nach Erwägung 5 der Verordnung sind irreführende Verhaltensweisen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit Informationen zu verhindern. Nach Erwägung 9 dient diese Verordnung auch den Bürgern, in dem sie eine klare, verständliche und lesbare Kennzeichnung von Lebensmitteln vorschreibt. Nach Erwägung 20 sollte das Lebensmittelinformationsrecht die Verwendung von Informationen verbieten, die die Verbraucher irreführen würden. Nach Erwägung 26 sollten die Etiketten von Lebensmitteln klar und verständlich sein, um Verbraucher zu unterstützen, die sich auf der Grundlage besserer Informationen für bestimmte Lebensmittel entscheiden möchten. Dabei spielt gute Lesbarkeit eine erhebliche Rolle, wie stark sich die Kunden durch die Informationen auf den Etiketten beeinflussen lassen. Nach Erwägung 29 sollte die Angabe des Ursprungslandes oder des Herkunftsorts so gestaltet sein, dass die Verbraucher nicht getäuscht werden. Auf dieser Basis bestimmt Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) Verordnung (EU) Nr. 1169/2011, dass Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein dürfen, insbesondere u. a. in Bezug auf Ursprungsland oder Herkunftsort. Zudem müssen nach Art. 7 Abs. 2 der Vorschrift Informationen über Lebensmittel zutreffend, klar und für die Verbraucher leicht verständlich sein. Gemäß Art. 36 Abs. 2 Buchst. a) und Buchst. b) der Vorschrift dürfen freiwillig bereit gestellte Informationen über Lebensmittel für die Verbraucher nicht irreführend i. S. d. Art. 7 sein, zudem dürfen sie für die Verbraucher nicht zweideutig oder missverständlich sein.

Die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern (ABl. L 149, S. 22) - Richtlinie 2005/29/EG - (vgl. hierzu Rathke/Boch, Weinrecht, Kommentar, 2012, § 25 WeinG Rn. 10 und Rn. 11) bestimmt in ihrem Art. 6 Abs. 1, dass eine Geschäftspraxis u. a. dann als irreführend gilt, wenn sie in irgendeiner Weise, einschließlich sämtlicher Umstände ihrer Präsentation, selbst mit sachlich richtigen Angaben den Durchschnittsverbraucher in Bezug u. a. auf die geografische Herkunft eines Produkts täuscht oder ihn zu täuschen geeignet ist und ihn in jedem Fall tatsächlich oder voraussichtlich zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Nach Art. 7 Abs. 1 der Vorschrift gilt eine Geschäftspraxis als irreführend, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen vorenthält, die der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Nach Art. 7 Abs. 2 Richtlinie 2005/29/EG gilt es als irreführende Unterlassung auch, wenn ein Gewerbetreibender wesentliche Informationen gemäß Abs. 1 unter Berücksichtigung der darin beschriebenen Einzelheiten verheimlicht oder auf unklare, unverständliche, zweideutige Weise oder nicht rechtzeitig bereitstellt.

Zwar ist das Irreführungsverbot des § 25 WeinG im vorliegenden Fall nicht anwendbar; für den Begriff der Irreführung kommt es auf dessen gemeinschaftsrechtliche Bedeutung an (BVerwG, U.v. 18.6.2008 - 3 C 5/08 - juris Rn. 32); das Irreführungsverbot des § 25 WeinG entspricht jedoch inhaltlich dem gemeinschaftsrechtlichen Irreführungsverbot, so dass die Konkretisierung des § 25 Abs. 2 und Abs. 3 WeinG auch für die Anwendung des gemeinschaftsrechtlichen Irreführungsverbots relevant ist (Rathke/Boch, Weinrecht, Kommentar, 2012, § 25 WeinG Rn. 89 ff., Rn. 91). Diesbezüglich ist der rechtliche Gehalt von § 25 Abs. 3 Nr. 1 WeinG zu berücksichtigen, wonach als irreführend anzusehen sind Aufmachungen, Darstellungen oder zutreffende Angaben, die geeignet sind, falsche Vorstellungen über die geografische Herkunft zu erwecken. Gemäß § 25 Abs. 3 Nr. 3 WeinG sind ferner als irreführend anzusehen Fantasiebezeichnungen, die geeignet sind, fälschlich den Eindruck einer geografischen Herkunftsangabe zu erwecken.

Auf dieser Grundlage ist zunächst festzuhalten, dass im Rahmen des Irreführungsverbots die Täuschungseignung maßgeblich ist, nicht dagegen die tatsächliche Täuschung oder Täuschungshandlung (Rathke/Boch, Weinrecht, Kommentar, 2012, § 25 WeinG Rn. 24). Maßstab für die Prüfung, ob einem bestimmten Sachverhalt eine Täuschungseignung innewohnt und damit die Gefahr einer Verbrauchertäuschung besteht, ist der Durchschnittsverbraucher. Es muss auf den aufmerksamen gelegentlichen Weinkäufer abgestellt werden, der gewisse Elementarkenntnisse über Weinsorten und Weinlagen wie überhaupt über den Weinbau hat (vgl. Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 Richtlinie 2005/29/EG). Auszuscheiden ist damit einerseits der Weinkenner und andererseits der Verbraucher, dem es nur auf die Weinmenge im Verhältnis zum Preis ankommt (Rathke/Boch, a. a. O., § 25 WeinG Rn. 22). Das Gericht kann damit der Auffassung des vom Kläger vorgelegten Gutachtens des Prof. Gröschner (S. 38) nicht folgen, es komme auf den vom Erzeuger ausgewählten Adressatenkreis an. Dies ergibt sich zudem daraus, dass der Weinerzeuger keinen Einfluss darauf hat, welchen Verbrauchern sein Erzeugnis angeboten werden könnte (vgl. zur gesamten Problematik OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 11.2.2015 - 8 A 10959/14 - juris Rn. 32 m. w. N.).

Im Rahmen der Frage, ob der durchschnittliche Verbraucher durch die vom Kläger angestrebte Etikettierung seiner Weine in die Gefahr einer Irreführung gerät, ist zu beachten, dass es sich bei dem Begriff der Irreführung um einen Rechtsbegriff handelt, der vom Gericht nach allgemeinen Erfahrungssätzen, vergleichbaren Regelungen sowie dem Schutzzweck der Norm zu prüfen ist (Rathke/Boch, a. a. O., § 25 WeinG Rn. 26; Koch, Weinrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2008, Stichwort: Irreführungsverbot Ziffer 5.1). Allerdings setzt die Beurteilung dieser Rechtsfrage die Feststellung der Verkehrsauffassung bzw. Verbrauchererwartung voraus (Koch, a. a. O., Ziffer 5.1 und Ziffer 6). Hierbei handelt es sich um eine vom Gericht zu ermittelnde Tatsache. Hierbei darf das Gericht seine eigene Sachkunde zugrunde legen.

Auf dieser Grundlage ist das Gericht im vorliegenden Fall dazu befähigt, aufgrund eigener Sachkunde die Verbrauchererwartung bzw. Verkehrsauffassung zu ermitteln. Denn es handelt sich im vorliegenden Fall um Begrifflichkeiten und um eine Problematik, deren Verständnis in einem bestimmten Sinn einfach und naheliegend ist, die Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören und sich die Angabe auf Gegenstände des allgemeinen Bedarfs bezieht (OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 11.9.2013 - 8 A 10219/13 - juris Rn. 32 m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Zudem hat der Kammervorsitzende weiterreichende Sachkunde hinsichtlich der Weinbezeichnungen im deutschen und europäischen Kontext und hinsichtlich der Kenntnisse des durchschnittlichen Verbrauchers. Diese ergibt sich durch langjährige regelmäßige Teilnahme an Weinverkostungen, Weinmessen und verdeckten Weinproben unter professioneller Anleitung, durch langjährige regelmäßige Lektüre verschiedener einschlägiger Weinliteratur, durch die gelegentliche Durchführung eigener Weinproben und durch die Kommunikation mit interessierten Durchschnittsverbrauchern.

Die Verbrauchererwartung geht nach Überzeugung des Gerichts davon aus, dass bei der geografischen Kennzeichnung eines Qualitätsweins b.A. das Anbaugebiet erkennbar ist und mit einem der in § 3 Abs. 1 WeinG genannten Begriffe gekennzeichnet ist. Darüber hinaus geht die Verbrauchererwartung nach Überzeugung des Gerichts davon aus, dass bei der Angabe einer Lagebezeichnung (und hier unterscheidet der Durchschnittsverbraucher nicht zwischen Einzellage und Großlage) immer auch die Angabe des Ortes oder des Ortsteils zu finden ist, in dem die Weinlage gelegen ist. Der Durchschnittsverbraucher erwartet also regelmäßig einen Doppelbegriff, bestehend aus Orts- und Lagenamen (Beispiel: I. ...-Berg; Randersackerer Pfülben). Diese Erwartung ist durch eine jahrzehntelange Praxis der Verbindung von Gemeinde- und Lagenamen geprägt, auch wenn nach dem ab dem Jahr 1930 geltenden Weinrecht keine entsprechende zwingende gesetzliche Vorschrift bestand. Die vor 1971 bestehende Praxis ist dem Gericht aus eigener Kenntnis und aus Gesprächen mit deutlich älteren Durchschnittsverbrauchern bekannt. Durch die zwingende Vorgabe des § 10 Abs. 11 Satz 2 WeinG in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1971 (BGBl. I, S. 893) hat sich diese Praxis unter dem ab 1971 geltenden Weinrecht weiter verfestigt. Auch die entsprechende intensive Aufklärung der Verbraucher durch die Weinwerbung hat dies gefördert (Koch, Weinrecht, 4. Aufl. 2008, Stichwort: Marke, Ziffer 5.2.2.2). Durch diese jahrzehntelange Praxis hat sich eine „optische Erwartung“ des Verbrauchers herausgebildet; eine alleinstehende Bezeichnung wird nicht als Lagenamen wahrgenommen (Koch, a. a. O.). Demgegenüber signalisiert schon der visuelle Eindruck eines aus zwei Wörtern stehenden Begriffes auf einem Weinetikett, dass es sich hier um die Angabe von Ort und Lage handelt. Dieser Ansicht ist der Sache nach auch das Bundespatentgericht und die Kommission der Europäischen Union (vgl. die Ausführungen hierzu bei Koch, a. a. O., m. w. N.).

Zudem haben die Mitglieder des Gerichts im Rahmen ihrer teilweise jahrzehntelangen Beschäftigung mit Wein und seinem Umfeld die bis vor wenigen Jahren fast ausnahmslose Praxis der Kombination von Orts- und Gemeindenamen wahrgenommen und im alltäglichen Umgang mit Wein erfahren. Demgegenüber stößt insbesondere der Kammervorsitzende in Gesprächen mit Durchschnittsverbrauchern regelmäßig auf Verunsicherung, wenn auf dem Etikett einer Weinflasche lediglich ein einziger geografischer Begriff ohne Hinzufügung des Ortsnamens erkennbar ist, der dem Verbraucher eigentlich als Lagenamen (in Kombination mit einem Ortsnamen) bekannt ist. Ist dem Durchschnittsverbraucher dieser Begriff unbekannt, wird er - weil allein stehend - zusätzlich zu der entstehenden Verunsicherung oft nicht als Lagenamen erkannt.

An dieser Verkehrsauffassung bzw. Verbrauchererwartung des Durchschnittsverbrauchers hat sich durch die seit knapp zehn Jahren gängige Praxis mancher (insbesondere in den Anbaugebieten Pfalz, Rheinhessen und nahe gelegener) Weinerzeuger (insbesondere solcher, die einem bestimmten Verband zugehörig sind), ihren Wein so zu etikettieren, wie der Kläger dies im vorliegenden Verfahren begehrt, nichts geändert. Zwar mag sich in Kennerkreisen deren Art der Weinbezeichnung ohne Hinzufügung des Ortsnamens zum Lagenamen herumgesprochen oder teilweise sogar etabliert haben; auf den Weinkenner darf das Gericht, wie oben ausgeführt, jedoch nicht abstellen.

Aus alledem ergibt sich die Verkehrsauffassung bzw. Verbrauchererwartung, dass bei einem Wein aus einer bestimmten Lage der Lagename immer in unmittelbarer Kombination mit dem Ortsnamen angegeben wird.

Auf der Grundlage dieser Verbrauchererwartung entsteht die Gefahr einer Täuschung des Durchschnittsverbrauchers durch die vom Kläger angestrebte Etikettierung.

Die oben dargestellten Vorschriften und Vorgaben, in denen das Irreführungsverbot enthalten ist, wollen gewährleisten, dass der Verbraucher klare, eindeutige und schnell erkennbare Informationen über die geografische Herkunft des Weins erhält. Dabei spielt auch die schnelle optische Erkennbarkeit der Information eine Rolle; der Verbraucher soll nicht mit zweideutigen oder missverständlichen Angaben konfrontiert sein. Dies gilt auch für eigentlich sachlich richtige Angaben. Zudem ist eine Überprüfbarkeit der geografischen Angaben auf dem Etikett gewollt. Auf der Grundlage der Vorschriften zum Irreführungsverbot soll also gewährleistet sein, dass eine auf einem Etikett angegebene Lagebezeichnung einerseits und eine Fantasiebezeichnung andererseits eindeutig, schnell und umfassend als solche erkannt und verifiziert wird.

Bei der Weinauswahl ist der Durchschnittsverbraucher zunächst auf dasjenige Etikett ausgerichtet, mit welchem der Wein präsentiert wird; denn Zweck dieses vom Kläger als „Schauetikett“ bezeichneten Etiketts ist es, dem Verbraucher schnell und klar erfassbar zu signalisieren, um welchen Wein es sich handelt. Wird dem Verbraucher hier der Name einer Lage ohne Ortsbezeichnung präsentiert, besteht schon die Gefahr, dass der Verbraucher diesen aufgrund des Fehlens der Ortsbezeichnung für einen Fantasiebegriff (insbesondere für eine Marke) hält und keinen Anlass dafür sieht, an anderer Stelle der Flasche nach weiteren Informationen zu suchen. Die Gefahr der Irreführung wird in diesem Fall schon durch den Blickfang dieses Etiketts verstärkt (Rathke/Boch, Weinrecht, Kommentar, 2012, § 25 WeinG Rn. 35). Zudem besteht in diesem Fall die Gefahr, dass der Durchschnittsverbraucher einen einem Lagenamen phonetisch oder inhaltlich ähnlich klingenden Fantasiebegriff irrtümlich für eine Lagebezeichnung hält (vgl. z. B. die oben genannten Lagenamen und Fantasiebegriffe Schwarzer Letten, Kalkmergel, Kreidenstein, Gips, Lössriedel), weil für ihn generell keine Eindeutigkeit mehr in der geografischen Bezeichnung von Wein erkennbar ist.

Eine Verbrauchertäuschung kann in dem Fall, in dem der Verbraucher nicht einmal auf die Idee kommt, an anderer Stelle der Flasche nach weiteren Angaben zu suchen, deswegen entstehen, weil eine zutreffende Angabe mit einer anderen Angabe verwechselt werden kann, die ebenfalls theoretisch zutreffen könnte. Dem Gericht ist ein Fall bekannt, in dem ein Weingut zur Weinbezeichnung eine Fantasiebezeichnung verwendet, die in einem anderen Weinanbaugebiet als in die Weinbergsrolle eingetragene Lagebezeichnung existiert (vgl. zu dieser Problematik auch Rathke/Boch, a. a. O., § 25 WeinG Rn. 107).

Ist der Verbraucher, der einen aus Orts- und Lagenamen zusammengesetzten Begriff erwartet, aufgrund des Fehlens der Ortsbezeichnung verunsichert, kann nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass dem Verbraucher die Möglichkeit bekannt ist, weitere Informationen auf einem anderen Etikett zu finden, so dass seine Verunsicherung bleibt.

Entdeckt er jedoch das weitere Etikett, ergibt sich für ihn möglicherweise ein - gegebenenfalls scheinbarer - Widerspruch zwischen den unterschiedlichen Angaben auf den beiden unterschiedlichen Etiketten. Ist aber eine der beiden möglichen Bedeutungen der Etikettierung unrichtig, ohne dass für den durchschnittlichen Verbraucher offensichtlich ist, dass die Produktbezeichnung nicht auf diese (unrichtige) Bedeutung Bezug nimmt, ist dies geeignet, den Verbraucher in die Irre zu führen (Rathke/Boch, a. a. O., § 25 WeinG Rn. 34).

Zudem ergibt sich die Gefahr einer Verbrauchertäuschung auch daraus, dass es bei einer größeren Auswahl an Weinen mit der vom Kläger angestrebten Etikettierung dem Verbraucher zu mühsam werden kann, sich jeweils erst auf dem anderen auf der gegenüberliegenden Flaschenseite angebrachten Etikett genauer zu informieren. Damit ist es dem Durchschnittsverbraucher auf der Grundlage der dargestellten Regelungen zum Irreführungsverbot nicht „ohne weiteres zuzumuten, das Behältnis umzudrehen“ (vgl. das Gutachten von Prof. ... S. 33).

Auch das vom Kläger zusätzlich vorgeschlagene Mittel, die Hinzufügung des Ortsnamens zum Lagenamen nur in Zweifelsfällen zu verlangen und bei „Lagenamen, die im internationalen Wettbewerb der Weinerzeuger als Alleinstellungsmerkmal verwendbar sind“ (vgl. das vom Kläger vorgelegte Gutachten von Prof. ..., Die Lage als weinrechtliches Qualitätskennzeichen, S. 40) darauf zu verzichten, führt nicht weiter. Schon das Bundesverfassungsgericht weist in seiner „Schloßberg-Entscheidung“ (BVerfGE 51, 193, 209) auf die Notwendigkeit der Effektivität des Weinbezeichnungsrechts hin. Eine individuelle Prüfung, bei welchen Lagenamen es sich um solche mit Alleinstellungsmerkmal handelt, erscheint aufwendig und deshalb problematisch. Dies macht schon das vom Kläger vorgelegte Gutachten selber deutlich. Es nennt (S. 40) als Lagenamen mit Alleinstellungsmerkmal u. a. die Lage „Lump“ und meint damit (wohl) die in Escherndorf befindliche Lage; dabei übersieht der Gutachter jedoch die Existenz der in Kirschroth (Nahe) gelegenen Lage Lump, so dass schon bei diesem scheinbar eindeutigen Fall keine eindeutige Unterscheidbarkeit vorliegt.

In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass es um eine einheitliche Anwendung des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinV geht. Ergibt die Überprüfung anhand der Bestimmungen des Grundgesetzes, dass eine Regelung in einer bestimmten Weise anwendbar ist, gilt die Anwendbarkeit für alle diese Regelung betreffenden Fälle einheitlich. Eine Überprüfung der Anwendbarkeit der Regelung allein bezogen auf einen einzelnen konkreten Fall ist zu kurz gegriffen.

Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass die Nennung des Lagenamens ohne die Hinzufügung der Ortsbezeichnung auf dem einen Etikett auch dann zu einer Gefahr der Irreführung des Durchschnittsverbrauchers führt, wenn auf der anderen Flaschenseite auf einem weiteren Etikett die Lagebezeichnung in Zusammenhang mit dem Ortsnamen genannt ist.

Dem kann der Kläger auch nicht mit dem von ihm vorgelegten Gutachten des Prof. ... entgegenhalten, im italienischen oder französischen Weinbezeichnungsrecht sei der Verzicht auf den Gemeindenamen möglich (vgl. S. 12 des Gutachtens). Das französische Weinbezeichnungsrecht, auf das das Gutachten maßgeblich abstellt, beruht auf einem grundlegend anderen Weinbezeichnungssystem als das deutsche. Das System der „appellation d´órigine contrôlée“ (A.O.C.) bzw. „appellation contrôlée“ (A.C.) geht davon aus, dass bestimmte Weinbauflächen bei bestimmten (begrenzten) Hektarerträgen und der Verwendung bestimmter Traubensorten grundsätzlich bestimmte Qualitäten hervorbringen. Diese bestimmte Weinbaufläche wird mit einer „appellation contrôlée“ versehen und bezeichnet. Demgegenüber geht der deutsche Gesetzgeber davon aus, dass es in Deutschland keine Anbaugebiete oder kleineren geografischen Einheiten gibt, die stets oder solche, die nie Qualitätswein hervorbringen. Infolgedessen gibt es auch keine an den Ursprung gebundene Qualität, also keine „geborene Qualität“, sondern nur eine „gekorene Qualität“, nämlich die „Qualität im Glase“, wie sie bei Qualitätswein b.A. in jedem Einzelfall aufgrund der amtlichen Qualitätsweinprüfung festgestellt wird. Eine Ursprungsbezeichnung im Sinne der französischen appellation contrôlée enthält bereits als solche eine Qualitätsgarantie, während das bestimmte Anbaugebiet in Deutschland lediglich die qualitative Eignung ausweist und es der Hinzufügung einer Qualitätsbezeichnung (z. B. Qualitätswein b.A.) zu der Herkunftsangabe bedarf, die eine individuelle Prüfung voraussetzt (vgl. ausführlich Koch, Weinrecht, 4. Aufl. 2008, Stichwort: Herkunftsangabe, Ziffer 3.3.1.1 und Ziffer 3.3.1.2). Demzufolge besteht im französischen Weinbezeichnungsrecht die Möglichkeit, auch kleinen Einzelparzellen eine appellation contrôlée zuzuerkennen. Dies muss auf dem französischen Weinetikett angegeben werden, womit für den Verbraucher klargestellt wird, dass es sich bei dem dem Begriff appellation contrôlée beigefügten geografischen Begriff um eine geografische Angabe handelt (z. B. A. Clos de la Roche C.). Fehl geht in diesem Zusammenhang allerdings das Gutachten (S. 19), wenn es behauptet, das önologische Auge sehe hinter der Ursprungsbezeichnung „Romanée“ (gemeint wohl: La Romanée) den weltberühmten Weinberg „Romanée-Conti“ (gemeint wohl: La Romanée-Conti), denn hierbei handelt es sich um zwei unterschiedliche geografische Angaben.

Da im vorliegenden Fall die geschützte Ursprungsbezeichnung bzw. der dieser gleichgestellte traditionelle Begriff lediglich „Qualitätswein Franken“ lautet und alle kleineren geografischen Einheiten, also auch die in die Weinbergsrolle eingetragene Lagebezeichnung, „kleinere geografische Einheiten“ i. S. d. Art. 120 Abs. 1 Buchst. g) Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, Art. 67 Verordnung (EG) Nr. 607/2009 und § 23 Abs. 1 WeinG sind, können diese nicht mit einer französischen appellation contrôlée gleichgesetzt werden, die zwar in bestimmten Fällen eine sehr kleine Einzelparzelle bezeichnen kann und bezeichnet, jedoch - für den Verbraucher durch die Angabe „A. … C.“ deutlich gemacht - die geschützte Ursprungsbezeichnung bzw. der traditionelle Begriff selbst ist und nicht eine „kleinere geografische Einheit“, so dass damit auch keine Irreführungsgefahr für den Verbraucher gegeben ist.

Weiterhin kann das Gericht nicht dem Argument des vom Kläger vorgelegten Gutachtens (S. 22 und S. 35) folgen, die Lageangabe bleibe „ohne Weinbergswanderungen, Kellerbesichtigungen (sic!) und Degustationen“ „Zeichen ohne önologischen Sinn“; lagebewusste Weinerzeuger hätten alle Möglichkeiten, für ihre Lage zu werben und angehende Weinkenner zu Weinbergswanderungen zu animieren. Mit diesen Ausführungen stellt der Kläger auf den Weinkenner ab, nicht dagegen auf den Durchschnittsverbraucher, der für eine derart intensive Beschäftigung mit Weinlagen keine Möglichkeit hat, insbesondere nicht, wenn Weinverkauf oder -konsum nicht direkt beim Weinerzeuger (im Weingut) stattfindet.

Aus diesen Gründen ist das Gericht davon überzeugt, dass das vom Kläger angestrebte Etikettierungssystem kein milderes Mittel im oben genannten Sinne darstellt, da es zu einer Gefahr der Irreführung des Durchschnittsverbrauchers führt. Demgegenüber ist § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV dahingehend anzuwenden, dass überall dort, wo im Rahmen der Bezeichnung des Weines auf der Weinflasche ein Lagenamen verwendet wird, diesem immer der Name der Gemeinde oder des Ortsteils hinzuzufügen ist.

Die Regelung des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WeinV ist angemessen, weil durch die o.a. vernünftigen Erwägungen des Allgemeinwohls legitimiert. Angemessenheit in diesem Sinne bedeutet auch, dass die Regelung den Betroffenen nicht übermäßig belasten darf. Eingriffszweck und Eingriffsintensität müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen (vgl. im Einzelnen: Jarras in Jarras/Pieroth, GG, Kommentar, 13. Aufl. 2014, Art. 12 Rn. 45 m. w. N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Eine übermäßige Belastung hat der Kläger im Verfahren nicht darlegen können; auch ansonsten ist eine solche für das Gericht nicht erkennbar. Insbesondere konkrete wirtschaftliche Belastungen hat der Kläger nicht vorgetragen. Eingriffszweck und Eingriffsintensität stehen somit in einem angemessenen Verhältnis (BVerfG, B.v. 3.7.2003 - 1 BvR 238/01 - BVerfGE 108, 151, 160).

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird die Klage unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 10. Dezember 2014 abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Verwendung der Bezeichnung „R. Weinkellerei“ für ihren Betrieb im Geschäftsverkehr zulässig ist.

2

Bei einer Kontrolle des Betriebes der Klägerin am 10. September 2013 stellte das Landesuntersuchungsamt fest, die Klägerin führe die Vermarktung von Wein unter dem alten Namen „R. Weinkellerei GmbH“ fort, obwohl die ursprüngliche Kellerei seit ca. 20 Jahren nicht mehr bestehe. Es seien in den Jahren 2010 bis 2013 jährlich ca. 2.000.000 l Wein umgesetzt worden. Am Firmensitz gebe es kein Tanklager, keine Kellereitechnik und keine Füll- und Verpackungsanlagen. Der Betrieb kaufe Weine und lasse sie unmittelbar an einen Lohnabfüller liefern, der sie abfülle, kartoniere und bis zum Versand einlagere.

3

Daraufhin hörte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion die Klägerin mit Schreiben vom 14. Januar 2014 zu diesem Kontrollbericht an und wies darauf hin, dass die Bezeichnung „R. Weinkellerei“ unter diesen Umständen auf den Etiketten und im Internetauftritt der Klägerin als rechtswidrig bewertet werde.

4

Die Klägerin sah in der Verwendung dieser Bezeichnung keine Irreführung. Durch die Verwendung der Bezeichnung „R.“ in Verbindung mit „Weinkellerei“ werde klargestellt, dass es sich nicht um selbst erzeugte Weine handele. Die Bezeichnung „Weinkellerei“ sei nicht irreführend, weil eine Lagerkapazität von 60.000 l vorhanden sei sowie mit dem Geschäftsführer und seiner Tochter qualifiziertes Personal zur Verfügung stehe. Im Übrigen habe sich die Verbrauchererwartung, die mit der Bezeichnung Weinkellerei verbunden sei, geändert. Es sei üblich geworden, zahlreiche Arbeiten, die zuvor in einem Betrieb ausgeführt worden seien, auf externe Auftragnehmer zu übertragen.

5

Bei einer weiteren Kontrolle durch das Landesuntersuchungsamt wurde festgestellt, dass im Weingut E. in T. ca. 60.000 l Lagerkapazität vorhanden seien, die der Klägerin zur Verfügung stünden, jedoch nicht sinnvoll für den Betrieb der Klägerin eingesetzt werden könnten.

6

Nach einer Besprechung mit der Beklagten am 22. Mai 2014 legte die Klägerin mit Schreiben vom 18. Juni 2014 ein Grobkonzept für die zukünftige Betriebsführung vor, das jedoch von der Beklagten mit Schreiben vom 4. Juli 2014 als unzureichend abgelehnt wurde.

7

Daraufhin hat die Klägerin am 17. Juli 2014 Feststellungsklage erhoben und geltend gemacht: Sie habe ein Feststellungsinteresse, weil es ihr nicht zugemutet werden könne, erst gegen eine eventuelle Untersagung der Verwendung ihres Namens vorzugehen, weil ihr dadurch erhebliche Schäden entstehen würden. Die Klage sei auch begründet, denn sie sei berechtigt, unter der Bezeichnung „R. Weinkellerei“ im Geschäftsverkehr aufzutreten.

8

Eine Beschränkung der Verwendung der Bezeichnung „Weinkellerei“ auf Betriebe, die Weine an ihren Betriebssitz einlagern, ausbauen und abfüllen, sei weder vom Gesetz vorgeschrieben noch entspreche sie der Verkehrsauffassung. Entscheidend sei, dass die Klägerin keine bloße Weinhandlung betreibe, sondern die Weine auswähle, aufkaufe, behandele, abfülle und vermarkte. Unschädlich sei, dass sie Einlagerung, Behandlung und Abfüllung durch Auftragnehmer durchführen lasse, denn die Weine verblieben in ihrem Eigentum und die verschiedenen Arbeitsschritte erfolgten unter ihrer Aufsicht und nach ihrer Weisung. Die Auswahl und der Einkauf der Rohweine würden ausschließlich durch ihre Mitarbeiter durchgeführt.

9

Die Bezeichnung „Weinkellerei“ erwecke bei dem Durchschnittsverbraucher gerade nicht die Vorstellung, dass es sich um einen Betrieb handele, in dem Wein hergestellt und abgefüllt werde. In den letzten Jahren habe eine zunehmende Spezialisierung in der Weinwirtschaft stattgefunden. Dies habe zu einem veränderten Verständnis der Bezeichnung „Weinkellerei“ geführt, nach dem es dem Verbraucher ausreiche, wenn der Betriebsinhaber die notwendigen Tätigkeiten überwache und die Qualität des Weines kontrolliere und dafür einstehe. Strengere Anforderungen als an die besonders geschützte Bezeichnung „Weingut“ dürften auch nicht an die Bezeichnung „Weinkellerei“ gestellt werden, auf deren Schutz gerade wegen der fehlenden eindeutigen Verbrauchererwartung verzichtet worden sei. Vom Verbraucher werde keine klare Trennung zwischen Weinhandel und Weinkellerei vorgenommen, wie dies auch bei der Bezeichnung Sektkellerei der Fall sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. September 1986 – 7 A 1/86 –, denn dieses sage nichts über die Verbrauchererwartung aus, die mit der Bezeichnung „Weinkellerei“ verbunden sei, sondern befasse sich nur mit der Verwendung der Bezeichnung „Weinkellerei“ in Verbindung mit der Bezeichnung „Erzeugerabfüllung“.

10

Zumindest sei die Bezeichnung Weinkellerei aber zulässig, wenn sie ihr Konzept zur Anmietung von Tanklagerraum und Anlagen zur Weinbereitung und Abfüllung umsetze, das sie mit Schreiben vom 18. Juni 2014 vorgelegt habe. Soweit der Beklagte die Verwendung der Bezeichnung „Weinkellerei“ davon abhängig mache, dass die ausgelagerten Tätigkeiten unter betriebsgleichen Bedingungen stattfänden, beziehe sie sich fälschlich auf die Rechtsprechung zur Verwendung der Bezeichnung „Erzeugerabfüllung“.

11

Die Verwendung der Bezeichnung „R.“ sei zulässig, weil sie nicht zu der Vorstellung des Durchschnittsverbrauchers führe, es handele sich um einen Weinbaubetrieb, zumal dies durch die Verbindung mit der Bezeichnung „Weinkellerei“ zusätzlich klargestellt werde. Im Gegensatz zu der Bezeichnung „Weingut“ sei die Verwendung der Bezeichnung „Hof“ oder „Hofgut“ auch nicht ausdrücklich geregelt.

12

Die Klägerin hat beantragt,

13

1. festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, ihr zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr unter der Bezeichnung „R. Weinkellerei“ aufzutreten,

14

2. hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, ihr bei Umsetzung des dem Beklagten durch Schreiben vom 18. Juni 2014 übermittelten Grobkonzepts für die Änderung ihrer Geschäftsabläufe zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr unter der Bezeichnung „R. Weinkellerei“ aufzutreten,

15

3. weiter hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, ihr bei Hinzufügung einer eine Weinhandelstätigkeit herausstellenden Bezeichnung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr unter der Bezeichnung „R.“ aufzutreten.

16

Der Beklagte hat beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Die Verwendung der Bezeichnung „R. Weinkellerei“ in der Aufmachung und Bewertung von Weinen durch die Klägerin sei zur Irreführung geeignet und deshalb unzulässig. Maßgeblich für die Eignung zur Irreführung sei die Verkehrsauffassung. Danach setze eine „Weinkellerei“ nicht nur Lagerräume voraus, wie eine Weinhandlung, sondern auch Betriebsräume und Einrichtungen, die der Weinbereitung dienen. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. September 1986 – 7 A 1/86 – sowie aus der Literatur und der Verwaltungspraxis. Eine Änderung dieser Verkehrsauffassung sei auch nicht dadurch eingetreten, dass eine arbeitsteilige Wirtschaftsweise sich zunehmend verbreite und die Auslagerung mancher Geschäftstätigkeiten üblich sei. Dies werde durch aktuelle Nachschlagewerke wie Duden und Wikipedia bestätigt. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Verständnis der Bezeichnung „Sektkellerei“, weil Schaumwein ein Weiterverarbeitungsprodukt sei und die Bezeichnungen im Schaumweinbereich zahlreichen Sonderregelungen unterlägen. In den Geschäftsräumen der Klägerin fänden jedoch nur Verwaltungs- und Bürotätigkeiten statt. Der vorhandene Lagerraum werde nicht für den Betrieb genutzt. Grundsätzlich schließe die Benutzung angemieteter Räume und Anlagen zwar nicht aus, die Bezeichnung Weinkellerei zu rechtfertigen. Dies gelte jedoch nicht für das von der Klägerin vorgeschlagene Grobkonzept. Eine zeitlich bestimmte und klar definierte Sachherrschaft über Kellereianlagen ergebe sich daraus nicht. Die Klägerin könne danach nicht jederzeit und ungehindert über die Kellereianlagen verfügen. Der vorgesehene Einsatz „beauftragter Dritter“ zur Behandlung und Beaufsichtigung des Weins entspreche den üblichen Werkverträgen und Lohnverfahren. Für den Klageantrag zu 3) fehle das Feststellungsinteresse, weil bei dem Gespräch zwischen den Beteiligten am 22. Mai 2015 die Bezeichnung „R.“ mit einem auf die Handelstätigkeit hinweisenden Zusatz nicht als irreführend angesehen wurde.

19

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 10. Dezember 2014 stattgegeben und festgestellt, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, der Klägerin zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr unter der Bezeichnung „R. Weinkellerei“ aufzutreten:

20

Die Angaben „Weinkellerei“ und „R.“ seien nicht als irreführend anzusehen. Zwar werde die Verwendung der Angabe „Weinkellerei“ in Rechtsprechung und Literatur für irreführend gehalten, wenn sie einen Betrieb betreffe, der nicht über eine eigene Weinkellerei im Sinne von Gebäuden und Einrichtungen zur Herstellung von Wein verfüge und nur als Zwischenhändler Fremdweine kaufe und verkaufe. Hier könne die Tätigkeit der Klägerin jedoch nicht als reiner Weinhandel betrachtet werden, da sie unbestritten nicht nur Fremdweine an- und verkaufe, sondern die Weine vor dem Weiterverkauf in eigener Verantwortung, wenn auch durch an ihre Weisung gebundene Fremdfirmen, verarbeiten und abfüllen lasse und daher im Rahmen der Weinbehandlung eine klassische Kellereitätigkeit ausübe. Die Forderung nach der Existenz eigener Betriebsräume könne sich das Gericht angesichts in jüngerer Zeit weit verbreiteter Veränderungen im gesamten produzierenden Gewerbe durch das sogenannte Outsourcing, also die Auslagerung bzw. Abgabe von Unternehmensaufgaben und Strukturen an externe oder interne Dienstleister nicht anschließen. Nach Überzeugung der Kammer habe der durchschnittliche Verbraucher in der heutigen Zeit keine spezifischen Vorstellungen hinsichtlich der Kellereitätigkeit in eigenen Betriebsräumen. Es bestehe deshalb keine Gefahr einer Irreführung, wenn eine tatsächlich ausgeübte Kellereitätigkeit nicht in eigenen oder fest angemieteten Kellereianlagen ausgeübt werde, sondern nach Auftrag und Weisung der (virtuellen) Kellerei, die Einfluss auf das Endprodukt und dessen Qualität habe und hierfür verantwortlich sei.

21

Eine Irreführungsgefahr bestehe auch nicht bei Verwendung des Namensbestandteiles „Hof“ in „R.“, denn es handele sich nicht um eine dem Begriff „Weingut“ ähnliche und auf einen landwirtschaftlichen Betrieb verweisende Bezeichnung. Das Wort „Hof“ habe eine große Bedeutungsvielfalt. Eine Bedeutungsverengung auf Hof im Sinne eines landwirtschaftlichen Betriebes trete jedoch auch im Zusammenhang mit Wein schon deshalb nicht ein, weil der Wein eine Reihe von Produktionsstufen durchlaufe, die keinesfalls notwendig im Weinbaubetrieb angesiedelt seien. So verbiete es die verbreitete Praxis, dass Gaststätten oder Hotels mit dem Namensbestandteil „Hof“ häufig selbst abgefüllten Wein unter ihrem Namen anböten, aus dem Namensbestandteil „Hof“ in der Abfüllangabe ohne weiteres den Schluss zu ziehen, beim Abfüller handele es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb. Bei der Verwendung des Namensbestandteils „Hof“ in Verbindung mit der Bezeichnung „Kellerei“ werde klargestellt, dass Gegenstand des Abfüllunternehmens allein ein Kellereibetrieb sei.

22

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob im Weinbezeichnungsrecht der Begriff der Weinkellerei nur bei der Existenz eigener oder fest angemieteter Kellereianlagen – mit unbeschränkter Verfügungsbefugnis – verwendet werden dürfe.

23

Der Beklagte trägt zur Begründung seiner Berufung vor: Die Klägerin dürfe sich nicht als Weinkellerei bezeichnen, denn sie habe keinen Kellereibetrieb mit Tanklager, Kellereitechnik sowie Füll- und Verpackungsanlagen. Das Verwaltungsgericht habe das Erfordernis von Betriebsräumen und Einrichtungen, die der Weinbereitung dienen, aufgegeben und stelle nur auf die Weinbereitung als Merkmal einer Weinkellerei ab, ohne eine greifbare Anknüpfung in Gestalt einer entsprechenden Betriebsstätte zu verlangen. Es setze sich damit in Widerspruch zum Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. September 1986 – 7 A 1/86 –. Dieses enthalte die Feststellung, dass nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine „Weinkellerei“ zumindest auch und in erster Linie über Betriebsräume und Einrichtungen, die der Weinbereitung dienen, verfügen müsse. Der Verweis auf Outsourcing genüge nicht. Darunter verstehe man die Übertragung einzelner Unternehmenstätigkeiten, wie es bei einer Lohnabfüllung der Fall wäre. Bei der Klägerin handele es sich jedoch um eine reine Dienstleisterin, die sich mit der herausgestellten Bezeichnung „Weinkellerei“ als Produktionsbetrieb darstelle.

24

Die Wortverbindung „R. Weinkellerei“ sei unproblematisch, wenn die Bezeichnung „Weinkellerei“ zuträfe, weil dadurch die Bedeutung des Wortes „R.“ klargestellt würde. Ohne eine solche Klarstellung liege die Vorstellung von einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht fern, weil es sich um ein landwirtschaftliches Produkt handele. Die vom Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 10. September 1992 – 3 C 19/90 -) erwähnte Praxis, dass Gaststätten und Hotels Weine unter ihrem eigenen Namen mit dem Bestandteil „Hof“ abfüllten, lasse sich heute nicht mehr belegen. Der Klageantrag zu 2) dürfe keinen Erfolg haben, da der sogenannte Rahmenmietvertrag nicht geeignet sei, eine der Verkehrsauffassung von einer Weinkellerei entsprechende Betriebsstätte zu schaffen. Ebenso hätte der – inzwischen erledigte - Klageantrag zu 3) keinen Erfolg gehabt, denn das Feststellungsinteresse habe schon vor Klageerhebung gefehlt, weil der Beklagte die Verwendung des Wortes „R.“ in Verbindung mit einer die Weinhandelstätigkeit klarstellenden Bezeichnung dulden würde und nie etwas anderes vertreten habe.

25

Der Beklagte beantragt,

26

das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 10. Dezember 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

27

Die Klägerin beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Es treffe nicht zu, dass die Klägerin nicht über Tanklager, Kellertechnik sowie Füll- und Verpackungsanlagen verfüge. Sie besitze in T. Tanklager für ca. 60.000 l Kellereitechnik sowie Füll- und Verpackungsanlagen. Dies habe das Landesuntersuchungsamt mit Bericht vom 19. März 2014 bestätigt. Außerdem stünden der Klägerin in W. Tanklager für ca. 20.000 l sowie ein Büroraum und eine Bag-in-Box-Abfüllanlage zur Verfügung. Dort würden regelmäßig aufgekaufte Trauben weiter verarbeitet und jährlich 70.000 l füllfertiger Wein ausgebaut. Betriebsräume und Einrichtungen, die der Weinbereitung dienen, seien jedoch auch bei der Beauftragung und weisungsgebundenen Ausführung von Weinbereitungstätigkeiten durch Dritte bei diesen vorhanden.

30

Die Veränderung der tatsächlichen Gegebenheiten in der Weinwirtschaft in den letzten zwei Jahrzehnten habe zu einer Änderung der Verbrauchererwartungen geführt, so dass der Verbraucher keine Kellereitätigkeit in eigenen Räumen erwarte. Die Klägerin übe eine klassische Kellereitätigkeit aus, da sie nicht nur einen reinen Weinhandel betreibe, sondern Weine ankaufe, die nach ihrer Weisung und in ihrer Verantwortung weiterverarbeitet und abgefüllt würden. Die kellereitypischen Tätigkeiten würden weiterhin selbst ausgeführt, lediglich einzelne Tätigkeiten würden unter konkreten Weisungen an Dienstleister in Auftrag gegeben.

31

Für den Klageantrag zu 3) habe bei Klageerhebung ein Feststellungsinteresse bestanden. Eine Klarstellung in der gebotenen Schriftform sei erst mit der Klageerwiderung vom 3. September 2014 erfolgt. Darauf habe sie in der mündlichen Verhandlung den Antrag für erledigt erklärt.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

33

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet, nachdem die Klage von den Beteiligten hinsichtlich des zweiten Hilfsantrages übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist.

34

Das Verwaltungsgericht hätte die von ihm zutreffend für zulässig gehaltene Feststellungsklage abweisen müssen. Der Klageantrag ist im Zusammenhang mit der Klagebegründung so zu verstehen, dass mit dem Auftreten unter der Bezeichnung „R. Weinkellerei“ im geschäftlichen Verkehr im Wesentlichen die Verwendung dieser Bezeichnung bei dem Inverkehrbringen von Wein und der Werbung für Wein gemeint ist.

35

Die Verwendung der Bezeichnung „R. Weinkellerei“ für den Betrieb der Klägerin verstößt sowohl bei der bisherigen Betriebsweise (1.) als auch bei einer entsprechend dem vorgelegten Grobkonzept geänderten Betriebsweise (2.) gegen § 25 WeinG und kann somit von dem Beklagten nach § 31 Abs. 7 WeinG i.V.m. § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB untersagt werden.

36

Zwar wird § 25 WeinG durch die unmittelbar geltende europarechtliche Regelung zur Lauterkeit der Informationspraxis bei der Information der Verbraucher über Lebensmittel verdrängt (Art. 7 Verordnung (EU) Nr. 1169/2011, vgl. Rathke in: Zipfel/Rathke Lebensmittelrecht, 158. Ergänzungslieferung 2014, C 400, Rn. 15 a zu § 25 WeinG). Sie gilt jedoch zumindest weiter als tatbestandliche Grundlage der Straf- und Bußgeldvorschriften des Weingesetzes, die durch europarechtliche Vorschriften nicht verdrängt werden (Rathke, a.a.O, Rn. 9a). Überdies stimmt das bundesrechtliche Irreführungsverbot ohnehin weitgehend mit dem europarechtlichen Irreführungsgebot überein. Ein Verstoß gegen § 25 WeinG schließt einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 a Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 ein, wonach Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein dürfen, insbesondere auch nicht in Bezug auf die Methode der Herstellung.

37

1. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 WeinG dürfen Erzeugnisse nicht mit irreführenden Bezeichnungen, Hinweisen, sonstigen Angaben oder Aufmachungen in den Verkehr gebracht, eingeführt oder ausgeführt oder zum Gegenstand der Werbung gemacht werden. Als irreführend sind auch zutreffende Angaben anzusehen, die geeignet sind, falsche Vorstellungen über das Verarbeiten, Abfüllen oder Lagern, die Beschaffenheit, die Erzeugnisse, die Rebsorte, den Jahrgang oder sonstige Umstände zu erwecken, die für eine Bewertung bestimmend sind (§ 25 Abs. 3 Nr. 2 WeinG).

38

Nach dem gemeinschaftsrechtlichen Begriff der Irreführung ist darauf abzustellen, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die fragliche Angabe wahrscheinlich auffassen wird. Es kommt also weder auf den flüchtigen Verbraucher noch umgekehrt auf den Weinkenner an (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2008 - 3 C 5.08 -, GewArch 2008, 501 und juris, Rn. 32; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Oktober 2008 - 8 A 10809/08.OVG - DVBl. 2009, 1587 und juris, Rn. 23). Es besteht keine Veranlassung, im Geltungsbereich von § 25 WeinG von einem abweichenden Irreführungsbegriff auszugehen (Rathke, a.a.O., Rn. 17, 88 zu § 25 WeinG). Maßgeblich für die Irreführungsgefahr ist danach die Verkehrsauffassung. Diese kann vom Gericht in eigener Sachkunde beurteilt werden, wenn es sich – wie hier – um einen Begriff handelt, dessen Verständnis in einem bestimmten Sinn einfach und naheliegend ist, die Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören und sich die Angabe auf Gegenstände des allgemeinen Bedarfs bezieht (BGH, Urteil vom 10. August 2000 - I ZR 126/98 - NJW-RR 2000, 1640 und juris, Rn. 29; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. September 2013 – 8 A 10219/13.OVG – LKRZ 2013, 524 sowie DÖV 2014, 45).

39

Die Bezeichnung „R. Weinkellerei“ in Verbindung mit dem von der Klägerin angebotenen Wein ist geeignet, falsche Vorstellungen über das Verarbeiten, Abfüllen oder Lagern und sonstige Umstände zu erwecken (a), die für eine Bewertung bestimmend sind (b).

40

a) Falsche Vorstellungen werden beim Verbraucher geweckt, weil er mit der Angabe „Weinkellerei“ einen Betrieb verbindet, der dem Betrieb der Klägerin nicht entspricht.

41

Der Verbraucher verbindet mit der Angabe „Weinkellerei“ vielmehr immer noch ein Unternehmen, das den Prozess der Weinbereitung nicht nur (virtuell) steuert, sondern im Wesentlichen in eigenen Räumlichkeiten und mit eigenen Anlagen durch fachkundiges eigenes Personal tatsächlich gestaltet.

42

Nach Auffassung des Senats versteht die Verkehrsauffassung unter einer Weinkellerei einen Betrieb, der nicht nur über Lagerräume („Weinkeller“) verfügt, sondern auch über Betriebsräume und Einrichtungen, die der Weinbereitung dienen. Diese Auffassung wurde bereits von dem früher für Weinrecht zuständigen 7. Senat vertreten (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. September 1986 – 7 A 1/86 -, LMRR 1986, 35) und von dem Ministerium für Umwelt und Gesundheit nach Abstimmung mit der Industrie- und Handelskammer Trier dem Erlass vom 1. Februar 1990 zugrunde gelegt, der die bei der Weinkontrolle zu beachtenden Grundsätze zusammenfasst (vgl. Bl. 27 f. der Verwaltungsakte). Dieses verwaltungsgerichtlich geprägte Verständnis wird – unter Zurückweisung eines vereinzelt gebliebenen Judikats des Oberlandesgerichts Koblenz (Urteil vom 19. Januar 1984 – 6 U 1556/83 –, WRP 1984, 430) – auch in der Literatur von Hieronimi (WRP 1989, S. 635 (640) und Koch (Weinrecht, Stand 2008, Stichwort Irreführung S. 73 und Stichwort Abfüller S. 29/30) geteilt (zweifelnd jetzt: Lindacher in: Teplitzky/Peifer/Leistner, UWG, 2. Aufl. 2013, § 5 Rn. 954 – Weinkellerei als schlichtes Synonym für Weinhandel –).

43

Soweit die Klägerin sich mit dem Verwaltungsgericht auf weit verbreitete Veränderungen im gesamten produzierenden Gewerbe durch Outsourcing, also die Auslagerung bzw. Abgabe von Unternehmensaufgaben und Strukturen an externe Dienstleister, und eine zunehmende Spezialisierung in der Weinwirtschaft beruft, sieht der Senat darin noch keinen Grund, ein verändertes Verständnis der Bezeichnung „Weinkellerei“ im Verkehr anzunehmen. Der Senat verkennt nicht, dass die vom Verwaltungsgericht genannten Veränderungen im gesamten produzierenden Gewerbe zu beobachten sind. Er ist jedoch der Auffassung, dass es hier zunächst nur auf Veränderungen in der Weinwirtschaft, insbesondere der Kellereiwirtschaft, ankommt und zum anderen darauf, ob diese Veränderungen auch dazu geführt haben, dass eine Änderung der Verkehrsauffassung eingetreten ist.

44

Auch in der Weinwirtschaft sind Veränderungen feststellbar, wonach einzelne Tätigkeiten verstärkt ausgelagert werden. Dies gilt besonders für das Abfüllen des Weins sowie die Etikettierung und Verpackung. Hierbei handelt es sich jedoch um Tätigkeiten, die nicht mehr zur eigentlichen Weinbereitung gehören und oft maschinell durchgeführt werden, wobei die verwendeten Maschinen häufig sehr teuer sind und eine so hohe Kapazität haben, dass sie von einzelnen Betrieben nicht wirtschaftlich genutzt werden können. Dass die Abfüllung durch einen Dienstleister weit verbreitet ist, dürfte den Verbrauchern, zumindest im Weinland Rheinland-Pfalz, auch bekannt sein.

45

Der Senat vermag jedoch keine Änderung der allgemeinen Verkehrsauffassung dahingehend zu erkennen, dass der durchschnittliche Verbraucher mit einer Weinkellerei nicht mehr die Vorstellung verbindet, dass es sich um einen Betrieb handelt, der neben eigenen Lagermöglichkeiten gerade auch über eigene Anlagen zur Behandlung des Weins verfügt sowie über eigenes Personal, das die Weinbereitung unmittelbar vornimmt. Darin sieht er sich nicht zuletzt auch durch die aktuelle Definition für eine Kellerei in dem Online-Lexikon Wikipedia als „Betrieb zur Herstellung, Lagerung, Abfüllung und Verkauf von alkoholischen Getränken, vor allem von Wein und Schaumwein, wie Sekt“ bestätigt.

46

Gemessen hieran erweckt die Klägerin mit der Bezeichnung „Weinkellerei“ beim Verbraucher falsche Vorstellungen über die Weinbereitung der von ihr vertriebenen Weine. Zwar übt sie durch die Art und Weise, wie sie die Weinbearbeitung in ihren Auftragsunternehmen steuert, auch Einzelhandlungen aus, die im Betrieb einer Weinkellerei anfallen, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat. In der überkommenen Verbrauchererwartung füllt die Vorstellung einer - lediglich in Büroräumen stattfindenden – virtuellen oder „trockenen“ Weinkellerei den Begriff einer „Weinkellerei“ jedoch noch nicht vollständig aus. Mit „Weinkellerei“ verbindet der Verbraucher nicht nur eine Vorstellung von dem Prozess der Weinbereitung, sondern auch eine gegenständliche Vorstellung von Produktionsfaktoren wie Gebäuden, Anlagen und Personal in einem der Produktion angemessenem Umfang. Dieser Vorstellung von einer physischen Substanz des Betriebes entspricht der Betrieb der Klägerin nicht. Er verfügt noch nicht einmal über angemessene Lagermöglichkeiten. Soweit die Klägerin sich auf die Lagermöglichkeiten in T. beruft, werden diese tatsächlich nicht für den Kellereibetrieb genutzt. Soweit sie Lagermöglichkeiten in W.-A. mit einer Kapazität von etwa 100.000 l anführt (vgl. Niederschrift zur mündlichen Verhandlung), sind diese im Verhältnis zur Gesamtproduktion zu gering, um die Bezeichnung „Weinkellerei“ zu rechtfertigen. Das gleiche gilt für die dortige Bag-in Box-Abfüllanlage.

47

b) Die derart falsch geweckten Vorstellungen beziehen sich auch nicht auf unwesentliche, sondern vielmehr auf wertbestimmende Umstände im Sinne von § 25 Abs. 3 Nr. 2 WeinG.

48

Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei Wein andere Maßstäbe gelten als in anderen Bereichen der Wirtschaft. Dort ist für den Verbraucher die Fertigungstiefe des Herstellers oft ohne Bedeutung. Für den Weinkäufer ist jedoch der Umfang der Kontrolle über den Herstellungsprozess für die Bewertung bestimmend, ergänzt durch Gesichtspunkte wie Bodenständigkeit und Tradition. Das kommt darin zum Ausdruck, dass Angaben wie Weingut, Winzer, Erzeugerabfüllung oder Gutsabfüllung ausdrücklich geschützt sind (vgl. § 38 WeinV). Zwar fehlt ein solcher ausdrücklicher Schutz für die Angabe „Weinkellerei“, jedoch kann daraus nicht hergeleitet werden, dass sie für die Bewertung nicht bestimmend ist. Dies gilt auch für die damit verbundene Vorstellung von betriebseigenen Produktionsmitteln, denn für den Verbraucher sind eindeutig dem Betrieb zuzuordnende Produktionsmittel, also eine physische Substanz des Betriebes, geeignet, Vertrauen in den Betrieb und mittelbar in die Qualität seiner Erzeugnisse zu begründen. Entsprechend werden bei den Internetauftritten von Weinkellereien in der Regel neben dem Inhaber auch Gebäude und Anlagen abgebildet. Diese Verbrauchererwartung wird im Falle des Marktauftritts der Klägerin in besonderem Maße geweckt, weil die Angabe „Weinkellerei“ mit der Angabe „R.“ verbunden ist. Zwar mag die Angabe „R.“ in dieser Wortverbindung nicht auf einen Hof als Weinbaubetrieb hinweisen, weil insoweit eine Klarstellung durch die Angabe „Weinkellerei“ erfolgt, die gerade den Weinanbau nicht umfasst. Sie verstärkt jedoch zumindest die Vorstellung von einer physischen Substanz des Betriebes, da die Angabe „R.“ auf Tradition („R.“) und vorhandene Gebäude („Hof“) hinweist und keinesfalls mit einer virtuellen Weinkellerei, die nur über Verwaltungs- und Verkaufsräume verfügt, in Verbindung gebracht wird.

49

2. Die von der Klägerin in ihrem Grobkonzept vom 18. Juni 2014 beschriebenen Änderungen führen nicht dazu, dass die Angabe „Weinkellerei“ nach deren Umsetzung nicht mehr geeignet ist, falsche Vorstellungen zu wecken und damit nicht mehr irreführend ist.

50

Dieses Grobkonzept sieht vor, dass Rahmenverträge zur Nutzungsüberlassung von Lagerkapazitäten und Vorrichtungen zur Weinbehandlung und zur Abfüllung in den Räumlichkeiten der Vertragspartner abgeschlossen werden, die der Klägerin die ausschließliche Sachherrschaft über die angemieteten Tanklagerkapazitäten und die dort eingelagerten Weine einräumen und nur sachkundigen Mitarbeitern oder Bevollmächtigten der Klägerin den Zugriff auf die Tanklager und die Behandlung der eingelagerten Wein ermöglichen. Die Abfüllung soll unter Aufsicht und nach Weisung von sachkundigen Mitarbeitern oder Bevollmächtigten der Klägerin erfolgen. Diese Rahmenverträge verleihen dem Betrieb indes nicht die vom Verbraucher erwartete physische Substanz. Die Zuordnung der Produktionsmittel zum Betrieb der Klägerin ist nicht von ausreichender Bestimmtheit und Dauerhaftigkeit. So sollen Tanklagerkapazitäten angemietet werden, nicht aber bestimmte Tanks. Soweit eine Abfüllanlage und sämtliche zur Abfüllung erforderlichen Vorrichtungen angemietet werden sollen, bleibt unklar, ob damit eine alleinige Nutzung durch die Klägerin ermöglicht wird. Als Personal sollen neben eigenen Mitarbeitern der Klägerin in nicht näher bezeichnetem Umfang Bevollmächtigte eingesetzt werden, bei denen es sich auch um Mitarbeiter der Vermieter handeln könnte.

51

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, wobei der übereinstimmend für erledigt erklärte 2. Hilfsantrag unberücksichtigt bleiben konnte, da er sich nicht streitwerterhöhend ausgewirkt hat (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG).

52

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

53

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

54

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 64.000,00 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.