Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 14. Mai 2018 - 2 K 2304/18

published on 14/05/2018 00:00
Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 14. Mai 2018 - 2 K 2304/18
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Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12.12.2017 wird angeordnet.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Der Streitwert wird auf 460 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die Anforderung eines vormals gestundeten Teilbetrags eines Klärbeitrags.
Sie sind Eigentümer des Grundstücks A.-Straße 4, Flst.-Nr. X, auf der Gemarkung der Antragsgegnerin. Ein Zweckverband, dem die Antragsgegnerin angehört, ließ im Jahr 1973/1974 eine Verbandskläranlage errichten. Schon im Vorfeld hatte die Antragsgegnerin beschlossen, zur Finanzierung hierzu auch die Grundstückeigentümer über Klärbeiträge heranzuziehen. In der Sitzung des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 31.10.1972 informierte der damalige Bürgermeister die Gemeinderäte darüber, dass die Klärbeitragsbescheide fertiggestellt und in den nächsten Tagen den Beitragsschuldnern zugestellt würden.
Anders als bei einigen anderen damaligen Grundstückseigentümern findet sich ein an die Antragsteller adressierter Beitragsbescheid heute nicht mehr in den Akten der Antragsgegnerin. Es gibt aber noch eine für das Grundstück der Antragsteller angelegte Karteikarte im Klärbeitragseinzugsregister und das Register selbst. Aus diesen beiden Dokumenten geht hervor, dass für die Gesamtfläche des Grundstücks der Antragsteller von 1.655 m2 ein Klärbeitrag von 1.655 x 6 DM = 9.930 DM festgesetzt und der auf einen Flächenanteil von 600 m2 entfallende Anteil von 600 x 6 DM = 3.600 DM gestundet worden war. Aus der Rückseite der Karteikarte lässt sich erkennen, dass die Antragsteller durch Zahlung des nicht gestundeten Beitrags „auf einen Schlag“ einen Zinsvorteil erhalten hatten. Im Jahr 1998 fragte ein Mitarbeiter des Landratsamts B. - wohl der Baurechtsbehörde - sogar bei der Antragsgegnerin an, ob trotz des Baus einer „Schleppergarage“ auf dem der Stundung zugrundeliegenden Flächenanteil diese aufrechterhalten werden könne.
Die Antragsteller geben an, im Jahr 1997 die Landwirtschaft aufgegeben zu haben, allerdings ihre landwirtschaftlich genutzten Grundstücke von 01.10.1997 bis 31.12.2011 an ihren Sohn verpachtet zu haben, der die Landwirtschaft im Jahr 2010 aufgegeben habe. Zu einem aus den Akten nicht zu entnehmenden Zeitpunkt erwarb der Sohn der Antragsteller das Grundstück A.-Straße 4, nachdem er sich zuvor mündlich beim damaligen Hauptamtsleiter der Antragsgegnerin über etwa noch zu entrichtende Erschließungsbeiträge erkundigt hatte.
Mit einem an den Sohn der Antragsteller gerichteten Schreiben vom 15.08.2016 wurde diesem angekündigt, die im Jahr 1974 bewilligte Stundung werde, sofern er nichts Relevantes vortrage, aufgehoben. Mit einem an den Sohn der Antragsteller adressierten Bescheid vom 05.05.2017 hob die Antragsgegnerin „die Stundung dieses Betrages“ auf. Dagegen erhob der Sohn Widerspruch und beantragte, dessen aufschiebende Wirkung anzuordnen. In diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 K 11110/17 erklärte die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 05.10.2017, der Bescheid vom 05.05.2017 werde zurückgenommen.
Mit einem mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 12.12.2017 forderte die Antragsgegnerin die Antragsteller zur Zahlung des bislang gestundeten Betrages in Höhe von (umgerechnet) 1.840,65 EUR auf. Denn ohne dass es einer Aufhebung der gewährten Stundung durch Bescheid bedürfe, habe die diese durch Aufgabe der Landwirtschaft seitens des Sohns im Jahr 2014 kraft Gesetzes geendet.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Antragsteller mit Schreiben vom 11.01.2018 Widerspruch und beantragten bei der Antragsgegnerin, die Vollziehung des angeforderten Beitrags auszusetzen, was die Antragsgegnerin ablehnte.
Am 19.02.2018 haben die Antragsteller beim Verwaltungsgericht beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs anzuordnen. Zur Begründung machen sie im Wesentlichen gelten, nach wie vor stehe nicht hinreichend fest, dass ihnen gegenüber in der Vergangenheit überhaupt ein Klärbeitrag festgesetzt und gestundet worden sei. Zudem habe in der damaligen Zeit noch keine Vorschrift über die Stundung von Beiträgen bei landwirtschaftlich genutzten Grundstücken existiert. Jedenfalls sei aber Zahlungsverjährung eingetreten. Denn wie sich aus einem Vergleich der Steuerbescheide ihres Sohnes für die Jahre 2011 und 2010 ergebe, sei der landwirtschaftliche Betrieb durch ihren Sohn im Jahr 2010 aufgegeben worden.
II.
Die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegenüber dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 12.12.2017 sind zulässig (dazu 1.) und begründet (dazu 2.).
10 
1. Mit dem Bescheid vom 12.12.2017 werden Abgaben (Beiträge) angefordert, so dass dem Widerspruch der Antragsteller nicht schon kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zukommt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 VwGO) und ihr Anträge statthaft sind. Die Antragsteller haben auch, wie § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO es erfordert, zunächst bei der Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung beantragt, was diese abgelehnt hat.
11 
2. Der zulässigen Anträge haben in der Sache Erfolg. Nach § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO soll bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben die Aussetzung der Vollziehung (nur) erfolgen, wenn - worauf die Antragsteller sich nicht berufen - die Vollziehung für die Abgabenschuldner eine unbillige Härte zur Folge hätte oder wenn ernstliche Zweifel am angegriffenen Verwaltungsakt bestehen (vgl. zu diesem Maßstab der ernstlichen Zweifel am Abgabenverwaltungsakt auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.10.2015 - 2 S 1685/15 - KStZ 2016, 53, juris Rn. 13; Beschl. der Kammer v. 28.10.2014 - 2 K 2535/13 -). Solche ernstliche Zweifel am angegriffenen Verwaltungsakt drängen sich bei der gebotenen summarischen Prüfung hier auf. Das gilt zwar weder hinsichtlich der Beitragsschuldnerschaft der Antragsteller (dazu a) noch hinsichtlich der Entstehung des geforderten Beitrags und seiner teilweisen Stundung (dazu b). Es dürfte aber an der hier erforderlichen Aufhebung der Stundung vor der Geltendmachung des gestundeten Teilbetrags fehlen (dazu c).
12 
a) Der Inanspruchnahme der Antragsteller als Abgabenschuldner begegnen keine ernstlichen Zweifel. Denn nach der herrschenden Meinung sind „Stundungsvergünstigungen ausschließlich und individuell auf den Beitragsschuldner bezogen“ und bleiben von einem späteren Eigentumsübergang des dem gestundeten Beitrag zugrundeliegenden Grundstücks unberührt (vgl. nur Gössl/Reif, KAG für Bad.-Württ., Stand Jan. 2016 § 28 Rn. 7).
13 
b) Anders als die Antragsteller geht die Kammer davon aus, dass ihre Veranlagung zu einem Klärbeitrag und eine teilweise Stundung dieses Beitrags im Jahr 1972 trotz Fehlens des damaligen Festsetzungs- und Stundungsbescheids aus anderen Unterlagen hinreichend dokumentiert ist. Das Vorhandensein des damaligen Bescheids ist keine zwingende Voraussetzung für die Existenz der Beitragsfestsetzung und der teilweisen Beitragsstundung.
14 
c) Die den Antragstellern gewährte Stundung dürfte allerdings bis heute fortbestehen, so dass der gestundete Teilbetrag schon nicht fällig sein kann (vgl. § 220 Abs. 2 AO), was die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gebietet.
15 
Die Stundung im Jahr 1972 kann nämlich nicht auf eine gesetzliche Spezialvorschrift gestützt gewesen sein. Denn eine dem heutigen § 28 Abs. 1 KAG vergleichbare Bestimmung wurde erst im Jahr 1978 als § 10 Abs. 10 KAG a.F. eingefügt (vgl. GBl. 1978, S. 225). Nur hinsichtlich Erschließungsbeiträgen für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke gab es 1972 schon die gesetzliche Stundungsmöglichkeit des § 135 Abs. 4 BBauG 1960.
16 
Das schloss die Gewährung einer teilweisen Stundung von Klärbeiträgen im Jahr 1972 jedoch nicht aus. § 3 Abs. 1 Nr. 3 f KAG 1964 verwies insoweit auf § 127 der Reichsabgabenordnung. Doch bei solchen nicht kraft Spezialvorschrift gewährten Stundungen vermag die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zum Wegfall der nach der gesetzlichen Bestimmung § 135 Abs. 4 BauGB gewährten Stundung bereits kraft Gesetzes (Beschl. v. 15.02.2012 - 6 ZB 12.304 - juris; so auch VG Freiburg, Urt. v. 16.05.2013 - 4 K 558/12 - juris für eine Stundung nach § 28 KAG; kritisch hierzu ohnehin mit guten Argumenten Rottenwallner, KStZ 2013, S. 127 ff) aller Voraussicht nach keine Anwendung zu finden. Das bedeutet, dass die den Antragstellern gewährte Stundung bis heute mit hoher Wahrscheinlichkeit noch andauert, weil sie nie aufgehoben worden ist.
17 
Rechtsgrundlage für eine heutige Aufhebung wäre § 3 Abs. 1 Nr. 3b KAG i.V.m. § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO über den Widerruf des Stundungsbescheids (so auch VG Freiburg, Urt. v. 16.05.2013, a.a.O.). Das dürfte unabhängig davon gelten, welche Rechtsgrundlage bei „Aufhebung“ der Stundung kurz nach ihrer Gewährung im Jahr 1972 heranzuziehen gewesen sein dürfte. Und selbst die Reichsabgabenordnung enthielt in ihren §§ 91 ff. Beschränkungen für die Abänderbarkeit von „Verfügungen“. Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 12.12.2017 - wohl ein „Leistungsgebot“ - lässt sich höchstwahrscheinlich nicht in einen solchen Widerruf umdeuten (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3b KAG i.V.m. § 128 AO). Das gilt nicht nur, weil § 131 Abs. 2 AO anders als ein Leistungsgebot eine Ermessensausübung erfordert (vgl. § 128 Abs. 3 KAG), sondern auch, weil die Antragsgegnerin im zunächst eingeleiteten Verfahren gegenüber dem Sohn der Antragsteller am 05.05.2017 dieselbe Rechtsauffassung wie die Kammer vertreten und einen ausdrücklichen Aufhebungsbescheid erlassen hat. Im hier angefochtenen Bescheid vom 12.12.2017 hat sie dagegen klarstellend ausgeführt, „einer gesonderten Aufhebung der Stundung bedarf es nicht“. Schließlich hätte ein Widerspruch gegen einen Aufhebung einer Stundung aufschiebende Wirkung (vgl. nur OVG MV, Beschl. v. 01.12.2014 - 1 M 114/14 - NVwZ-RR 2015, 283; Rottenwallner, KStZ 2013, 130).
18 
Im Hauptsacheverfahren wird auch zu prüfen sein, ob nicht die Frist für einen Widerruf inzwischen abgelaufen ist (vgl. § 131 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 130 Abs. 3 AO und die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs).
III.
19 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streit-werts aus § 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2015.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh
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published on 01/07/2014 00:00

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand I. Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt) gegenüber der Klägerin zu Recht Aussetzungszinsen zur Umsatzsteuer
published on 14/10/2015 00:00

Tenor Soweit die Antragstellerin die Beschwerde zurückgenommen hat, wird das Beschwerdeverfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 06. Juli 2015 - 2 K 2573/15 -
published on 16/05/2013 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand  1 Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung eines Bescheids über die Stundung des Abwasserbeitrags.2 Der Kläger ist zusammen mit seiner Schwester Erbe seiner 1
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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis richtet sich nach den Vorschriften der Steuergesetze.

(2) Fehlt es an einer besonderen gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit, so wird der Anspruch mit seiner Entstehung fällig, es sei denn, dass in einem nach § 254 erforderlichen Leistungsgebot eine Zahlungsfrist eingeräumt worden ist. Ergibt sich der Anspruch in den Fällen des Satzes 1 aus der Festsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, so tritt die Fälligkeit nicht vor Bekanntgabe der Festsetzung ein.

(1) Der Beitrag wird einen Monat nach der Bekanntgabe des Beitragsbescheids fällig.

(2) Die Gemeinde kann zur Vermeidung unbilliger Härten im Einzelfall, insbesondere soweit dies zur Durchführung eines genehmigten Bauvorhabens erforderlich ist, zulassen, dass der Erschließungsbeitrag in Raten oder in Form einer Rente gezahlt wird. Ist die Finanzierung eines Bauvorhabens gesichert, so soll die Zahlungsweise der Auszahlung der Finanzierungsmittel angepasst, jedoch nicht über zwei Jahre hinaus erstreckt werden.

(3) Lässt die Gemeinde nach Absatz 2 eine Verrentung zu, so ist der Erschließungsbeitrag durch Bescheid in eine Schuld umzuwandeln, die in höchstens zehn Jahresleistungen zu entrichten ist. In dem Bescheid sind Höhe und Zeitpunkt der Fälligkeit der Jahresleistungen zu bestimmen. Der jeweilige Restbetrag ist mit höchstens 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Jahresleistungen stehen wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 3 des Zwangsversteigerungsgesetzes gleich.

(4) Werden Grundstücke landwirtschaftlich oder als Wald genutzt, ist der Beitrag so lange zinslos zu stunden, wie das Grundstück zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des landwirtschaftlichen Betriebs genutzt werden muss. Satz 1 gilt auch für die Fälle der Nutzungsüberlassung und Betriebsübergabe an Familienangehörige im Sinne des § 15 der Abgabenordnung. Der Beitrag ist auch zinslos zu stunden, solange Grundstücke als Kleingärten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes genutzt werden.

(5) Im Einzelfall kann die Gemeinde auch von der Erhebung des Erschließungsbeitrags ganz oder teilweise absehen, wenn dies im öffentlichen Interesse oder zur Vermeidung unbilliger Härten geboten ist. Die Freistellung kann auch für den Fall vorgesehen werden, dass die Beitragspflicht noch nicht entstanden ist.

(6) Weitergehende landesrechtliche Billigkeitsregelungen bleiben unberührt.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist,
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat,
3.
wenn die Finanzbehörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.
§ 130 Abs. 3 gilt entsprechend.

(3) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Finanzbehörde keinen späteren Zeitpunkt bestimmt.

(4) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Finanzbehörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Finanzbehörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für die betroffene Person ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsakts. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 91 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist,
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat,
3.
wenn die Finanzbehörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.
§ 130 Abs. 3 gilt entsprechend.

(3) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Finanzbehörde keinen späteren Zeitpunkt bestimmt.

(4) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur dann zurückgenommen werden, wenn

1.
er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
2.
er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
3.
ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren,
4.
seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.

(3) Erhält die Finanzbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Fall des Absatzes 2 Nr. 2.

(4) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.