Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 02. Feb. 2011 - 6 K 1744/10

bei uns veröffentlicht am02.02.2011

Tenor

Es wird festgestellt, dass die Nutzung des im zeichnerischen Teil des Erleichterungsantrags vom 27.10.2009 dargestellten Teils des Grundstücks Flst. Nr. ... als unbefestigte Abstellfläche (Rasen) für einen PKW baurechtlich zulässig ist. Der Bescheid der Beklagten vom 29.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 03.08.2010 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Klägers, Teile einer Gartenfläche als Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug nutzen.
Der Kläger bewohnt das Grundstück E...straße 18 (Flurst. Nr. ...) auf der Gemarkung der Beklagten. Der Ortsbauplan „A...“ vom 25.04.1952 / 22.09.1954, vom Regierungspräsidium Südwürttemberg-Hohenzollern am 05.02.1954 genehmigt, sieht für die Grundstücke in diesem Bereich eine Reihenhausbebauung mit Vorgärten und ein Bauverbot im jeweils rückwärtigen Bereich vor. Der (in gleicher Weise genehmigte) „Aufbauplan A…“ vom 20.12.1952 / 20.02.1953 sieht u.a. um den Wohnblock E...str. 16 bis 32 herum durchgehend die Anpflanzung von „Geschnittene[n] Hecken 140 - 160 cm hoch“. Weiter enthält der Aufbauplan Eintragungen zur Platzierung von Sammelgaragen, jedoch nicht im Bereich nördlich der E...straße. Die vom Gemeinderat der Beklagten am 02.10.1953 erlassenen „Anbauvorschriften für das Baugebiet A....“ treffen Regelungen u.a. zur Zulässigkeit von Nebengebäuden. In § 3 Abs. 1 dieser Anbauvorschriften heißt es:
Für die Stellung der Nebengebäude, Kleingaragen und dergl. gelten die Eintragungen im Aufbauplan vom 20.12.1952 mit Nachtrag vom 20.02.1953 als Richtlinie. Soweit im Aufbauplan bestimmte Flächen für Garagen vorgesehen sind, ist die Errichtung anderer Gebäude auf diesen Flächen unzulässig. Es ist anzustreben, die Garagen in Sammelgebäuden gemeinschaftlich und außerhalb der Wohnwege anzuordnen.
§ 8 der Anbauvorschriften regelt:
1.) Die Einfriedigungen der Grundstücke sind entlang eines Straßenzugs einheitlich und entsprechend den Richtlinien im Aufbauplan vom 20. Dez. 1952 mit Nachtrag vom 20. Feb. 1953 zu gestalten. Um eine möglichst gesunde Wohnanlage zu erzielen, sind nur Heckeneinfriedigungen zugelassen.
2.) Einfriedigungen der einzelnen Grundstücke im Innern des Baugebiets sind, soweit sie nicht völlig wegfallen können, einheitlich und nicht höher als 80 cm zu halten.
3.) Vorgärten und sonstige unüberbaubare Flächen an Straßen sind geordnet anzulegen und zu unterhalten. (...)
Der Kläger stellte am 27.10.2009 beim Bauordnungsamt der Beklagten einen „Erleichterungsantrag“, um „einen verfahrensfreien Stellplatz im Vorgarten des Grundstücks E...straße 18 errichten zu dürfen“. Im zeichnerischen Teil der eingereichten Bauvorlagen ist der Stellplatz an der südlichen Grundstücksgrenze zur Straße hin im Bereich des Bauverbots des Ortsbauplans dargestellt. In der Folge gingen bei der Beklagten Einwendungen von Nachbarn ein. Darin wurde im Wesentlichen auf die mit der Anlegung eines Stellplatzes einhergehende Beeinträchtigung der Wohnqualität und des Siedlungscharakters im - von „Wohngärten“ geprägten - Gebiet und die ohnehin schon prekäre Parksituation vor Ort verwiesen, die durch den Wegfall von Parkplätzen auf öffentlicher Verkehrsfläche im Bereich der Zufahrt zum vom Kläger erstrebten Stellplatz noch verschärft würde.
Im Januar 2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, eine Befreiung vom Bauverbot des Ortsbauplans könne nicht erteilt werden. Durch das Vorhaben würden bereits Grundzüge der Planung berührt. Das Bauverbot sei auch durch die bisherige Genehmigungspraxis nicht unwirksam geworden. Auf der Südseite der Gebäude im Baugebiet seien bislang noch keine Stellplätze genehmigt worden. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers brachte daraufhin vor, dem Kläger sei bereits bei einer Vorsprache beim Bauordnungsamt mündlich die Genehmigung zur Nutzung der Gartenfläche als Stellplatz erteilt worden. In diesem Zusammenhang sei auch die Absenkung des Randsteins bewilligt und das Tiefbauamt der Beklagten mit der Ausführung beauftragt worden. Hintergrund des klägerischen Anliegens sei der Umstand, dass die E...straße im hier in Rede stehenden Bereich ständig zugeparkt sei, weshalb der Kläger, der über keine Zufahrtsmöglichkeit von der Nordseite her verfüge, oftmals weit entfernt von seinem Anwesen parken müsse. Im Übrigen sei in ca. 50 m Entfernung, ebenfalls in der E...straße, ein Stellplatz im Gartenbereich genehmigt worden.
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Mit Bescheid vom 26.04.2010, zugestellt am 30.04.2010, lehnte die Beklagte den Erleichterungsantrag ab. Zur Begründung hieß es - über die bisherigen Erläuterungen hinaus - im Wesentlichen, der vorgesehene Stellplatz widerspreche den Festsetzungen des Ortsbauplans. Eine Befreiung vom Bauverbot nach § 31 BauGB könne nicht erteilt werden. Es würden bereits Grundzüge der Planung berührt, da eine Befreiung die Bauverbotsfestsetzung „in der gesamten Reihe“ hinfällig werden lassen würde. Bei Verwirklichung des Vorhabens würden zwei öffentliche Stellplätze auf der Straße entfallen. Daher sei die Erforderlichkeit aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit zu verneinen. Die Befreiung wäre auch städtebaulich nicht vertretbar. Der gesamte Charakter des Baugebiets würde sich ändern. Auch die Nachbarn hätten durch Einreichung einer Unterschriftenliste ihr Interesse an der Erhaltung der Wohngärten in der E...straße verdeutlicht. Das Interesse des Bauherrn sei demgegenüber weniger gewichtig.
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Der Kläger legte am 28.05.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, nach § 1 Abs. 3 der Anbauvorschriften könnten sogar kleinere Nebengebäude im Baugebiet errichtet werden, soweit dies mit den Bedürfnissen eines Wohngebiets vereinbar sei und der Charakter des Baugebiets als Wohngebiet nicht beeinträchtigt werde, was bei einer Stellfläche im Garten ohne Weiteres zu bejahen sei. Im Übrigen werde der Ortsbauplan den heutigen Bedürfnissen der Anlieger nicht mehr gerecht. Der Kläger sei zur Ausübung seines Berufs - Brandschutzservice - auf sein Kraftfahrzeug angewiesen und benötige deshalb dringend eine Abstellfläche auf dem Grundstück. Die gesamte E...straße sei regelmäßig komplett zugeparkt. Der Kläger müsse jedoch sein Fahrzeug täglich mit Werkzeugen und Ware beladen. Dabei sei es nicht zumutbar, diese Gegenstände über weite Strecken zu transportieren. Der Kläger benötige weder eine befestigte Stellfläche noch eine überdachte Räumlichkeit. Er wolle in seinem Garten keinen Stellplatz errichten, sondern lediglich eine Abstellfläche für sein Fahrzeug auf dem unbefestigten Rasen erhalten; es gehe daher nicht um eine Bebauung durch Errichten eines Gebäudes oder eines anderen genehmigungspflichtigen Bauvorhabens. Es sei auch nicht ersichtlich, inwieweit sich ein nur überwiegend nachts auf der Gartenfläche stehendes Fahrzeug störend oder beeinträchtigend auf die benachbarten Anwesen bzw. das Wohngebiet auswirken sollte. Von alledem abgesehen erstaune doch, dass im Geltungsbereich des Ortsbauplans zahlreiche Anlieger über Einfahrten oder Zufahrten zu ihren Grundstücken verfügten. Dies zeige, dass bereits Ausnahmen vom Bauverbot gemacht worden seien. Bereits aus Gründen der Gleichbehandlung erscheine es mithin angezeigt, auch dem Kläger die Möglichkeit zu eröffnen, sein Fahrzeug auf dem Grundstück abzustellen. Der derzeitigen Verkehrssituation und den hieraus resultierenden Bedürfnissen des Klägers müsse Rechnung getragen werden.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2010 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Widerspruch zurück. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, das Vorhaben des Klägers sei verfahrensfrei, müsse aber nach § 50 Abs. 5 LBO gleichwohl den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen. Nachdem der Kläger im Widerspruchsverfahren geäußert habe, dass er lediglich eine Abstellfläche auf dem unbefestigten Rasen im Garten begehre, liege keine bauliche Anlage im Sinne von § 29 BauGB vor, weshalb die §§ 30 ff. BauGB nicht anwendbar seien. Allerdings stelle auch die Schaffung eines unbefestigten Einstellplatzes sowie dessen Benutzung eine bebauungsrechtlich nicht völlig frei gestellte Nutzung dar. Die planungsrechtlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans, die sich auf eine solche Nutzung beziehen, seien daher unabhängig von § 29 BauGB beachtlich und könnten die materielle Unzulässigkeit des Vorhabens begründen. Mit der Festsetzung eines Bauverbots sowie mit der Vorgabe der Anbauvorschriften, die Einfriedigungen einheitlich und mit Hecken zu gestalten, habe aus städtebaulichen Gründen eine Abschirmung zur E...straße mit dahinter liegenden Vorgärten geschaffen werden sollen. Bei Verwirklichung des klägerischen Vorhabens müsse aber die Hecke im Bereich der Zufahrt zwangsläufig entfernt werden, wodurch Unruhe in den Vorgartenbereich hineingetragen und das seit langem umgesetzte und nördlich der E...straße auch noch intakte Plankonzept nachträglich erheblich verändert werde. Eine derart weit reichende Änderung müsse einer Änderung des Bebauungsplans vorbehalten bleiben.
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Der Kläger hat am 21.08.2010 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt er ergänzend im Wesentlichen vor, die Unterbrechung der Heckeneinfriedigung stehe keinesfalls im Widerspruch zum Gebietscharakter. Vielmehr seien bereits für die Zugänge zu den Wohnhäusern zahlreiche derartige Unterbrechungen vorgenommen worden. Weiter verweist der Kläger auf andere Referenzfälle in der Umgebung, die insoweit beispielgebend seien. Zuletzt trägt der Kläger vor, das Bauverbot des Ortsbauplans erfasse verfahrensfreie Vorhaben nicht. Der Kläger wolle gerade keine bauliche Anlage errichten, sondern sein Fahrzeug lediglich auf dem Rasen, d.h. der unbearbeiteten Erdoberfläche, abstellen. Ebenso wie etwa das Abstellen eines Rasenmähers, Fahrrads, Schubkarrens oder Zelts habe auch das Parken eines Kraftfahrzeugs keine nachbarschädlichen Auswirkungen. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB sei damit gar nicht erforderlich.
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Der Kläger beantragt,
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festzustellen, dass die Nutzung des im zeichnerischen Teil des Erleichterungsantrags vom 27.10.2009 dargestellten Teils des Grundstücks Flst. Nr. ... als unbefestigte Abstellfläche (Rasen) für einen PKW baurechtlich zulässig ist, und den Bescheid der Beklagten vom 29.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 03.08.2010 aufzuheben,
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hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 29.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 03.08.2010 eine Befreiung von der Festsetzung eines Bauverbots im Ortsbauplan „A...“ zur Nutzung der vorbezeichneten Abstellfläche für einen PKW zu erteilen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie trägt im Wesentlichen vor, der Ortsbauplan und die Anbauvorschriften seien zu beachten. Das VG Sigmaringen sei bereits in seinem Beschluss vom 14.04.2008 - 4 K 1470/07 - von der Wirksamkeit dieser Normen ausgegangen. Das Vorhaben könne daher nur nach § 23 Abs. 5 BauNVO oder § 31 BauGB zulässig sein. Deren Voraussetzungen lägen indes nicht vor. Die auf der gegenüberliegenden Straßenseite - unter Erteilung von Befreiungen - zugelassenen Stellplätze und Carports in der Bauverbotsfläche unterschieden sich wesentlich von der hier zu beurteilenden Situation, da dort keine Wohngärten betroffen seien.
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Das Gericht hat die Anwesen in der E...straße in Augenschein genommen und dabei folgende Feststellungen getroffen: Das Bauverbot im „Vorgartenbereich“ - jeweils nördlich der Wohnhäuser bzw. südlich an die E...straße angrenzend - ist mehrfach durch hier relevante Nutzungen tangiert. So befinden sich im Bereich östlich der W... auf den Grundstücken E...straße 7 und 9 befestigte Stellplätze, auf dem Grundstück E...straße 11 eine asphaltierte Zufahrt mit zwei Stellplätzen. Das Wohnhaus E...straße 17 verfügt über einen genehmigten Carport, das Anwesen E...straße 23 über eine befestigte Hoffläche und das Wohnhaus E...straße 29 über einen geschotterten Stellplatz. Zwischen den Wohnhäusern E...straße 31 und 33 sind vier Garagen angelegt, jedoch nicht in der Bauverbotsfläche, sondern im Bereich des dort vorgesehenen Baufensters; die befestigte Zufahrt zu diesen Garagen liegt jedoch im Bauverbot und wurde während des Augenscheins auch zum Abstellen von Fahrzeugen benutzt. Nördlich der E...straße - im jeweiligen „rückwärtigen“ Gartenbereich der dort vorhandenen Wohnbebauung - sind folgende Nutzungen im Bereich des Bauverbots anzutreffen: Auf dem Grundstück E...straße 26 findet sich eine durch zwei gepflasterte Rasengitterfahrstreifen gestaltete Abstellmöglichkeit für ein Kraftfahrzeug, die durch ein Holzgitterzauntor von der Straße getrennt ist. Zwischen den Häusern E...straße 22 und 24 ist eine gepflasterte Zufahrt zu zwei nördlich (hinter) der Bebauung liegenden Garagen angelegt. Der gesamte Reihenhaus-Wohnblock, bestehend aus den Gebäuden E...straße 24 bis 32, ist nicht im dafür vorgesehenen Baufenster des Ortsbauplans, sondern weiter südlich, zur E...straße hin verrückt in der Bauverbotszone errichtet worden. Auf dem Grundstück E...straße 8, jenseits der W..., sind zwei Stellplätze aus Rasengittersteinen vorhanden. Das dem Kläger benachbarte Wohnhaus E...straße 16 verfügt über eine Garage und eine gepflasterte Fahrspur zu einem Holzschuppen, die sich jedoch beide im der Straße abgewandten Bereich in Richtung der hinter der Wohnbebauung liegenden Grünfläche befinden, der von einem - auch im Ortsbauplan enthaltenen - Fußweg erschlossen wird. Auf die beim Augenschein gefertigten Lichtbilder wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
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Dem Gericht liegen die Akten der Beklagten (ein Band) sowie die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Tübingen vor. Daneben hat die Kammer die Akten der Beklagten zu Ortsbauplan, Aufbauplan und Anbauvorschriften - soweit noch vorhanden - und die Gerichtsakte 4 K 1470/07 beigezogen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf diese Akten, wie auch auf den Inhalt der Gerichtsakte wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag als Feststellungsklage zulässig.
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Zwischen den Beteiligten besteht ein streitiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO, nachdem im Verwaltungsverfahren betreffend den Erleichterungsantrag des Klägers unterschiedliche Auffassungen zur materiellen Zulässigkeit der begehrten Nutzung vertreten wurden. Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der baurechtlichen Zulässigkeit der beabsichtigten Nutzung der streitigen Gartenfläche als Abstellplatz.
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Die Feststellungsklage ist auch begründet. Die Nutzung des im zeichnerischen Teil des Erleichterungsantrags vom 27.10.2009 dargestellten Teils des Grundstücks Flst. Nr. ... als unbefestigte Abstellfläche (Rasen) für einen PKW ist verfahrensfrei baurechtlich zulässig, ohne dass es einer Ausnahme (etwa nach den Bestimmungen der Reichsgaragenordnung) oder der hilfsweise beantragten Befreiung bedarf. Der Bescheid der Beklagten vom 29.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 03.08.2010 ist zum Zwecke der Klarstellung aufzuheben.
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Zu Recht gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass das Vorhaben bauordnungsrechtlich verfahrensfrei ist. Zwar ist das Vorhaben des Klägers - ungeachtet seiner genauen Ausgestaltung und unabhängig von der Begrifflichkeit in § 29 BauGB - im Anwendungsbereich der LBO als „Stellplatz“ i.S.d. § 2 Abs. 8 Satz 1 LBO und damit als bauliche Anlage anzusehen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 LBO), ohne dass es einer „Herstellung“ (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 LBO) oder sonstiger baulicher Maßnahmen bedarf (vgl. Sauter, LBO, § 2, Rnrn 31 und 104). Für Stellplätze bis 50 m 2 Nutzfläche im Innenbereich ist jedoch nach Nr. 11 b) des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO ein Genehmigungsverfahren entbehrlich (vgl. ansonsten Nr. 12 a) und b) des Anhangs).
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Das Vorhaben ist auch materiell zulässig. Öffentlich-rechtliche Vorschriften stehen dem Vorhaben nicht entgegen (§ 50 Abs. 5 LBO).
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Insbesondere steht das Vorhaben nicht im Widerspruch zu dem vom Ortsbauplan „A...“ festgesetzten Bauverbot für den hier streitigen Bereich des vom Kläger bewohnten Grundstücks. Das Bauverbot dürfte zwar nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG wirksam übergeleitet worden sein und heute nach § 233 Abs. 3 BauGB fortgelten, nachdem weder Bedenken hinsichtlich des wirksamen Zustandekommens des Ortsbauplans und seiner Begleitvorschriften geltend gemacht oder ersichtlich sind und auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 173 Abs. 3 BBauG nicht streitig ist oder sonst zweifelhaft erscheint (zu den Voraussetzungen vgl. allgemein Bielenberg / Söfker, in: E/Z/B/K, BauGB, § 233, Rn 73 ff., 96). Das auf der Grundlage von Art. 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung vom 28.07.1910 (Reg. Bl. S. 333; mit nachfolgenden Änderungen) und § 8 Abs. 2 e) des Aufbaugesetzes vom 18.08.1948 (Reg. Bl. S. 127) durch Baugrenzen festgesetzte und durch grüne Farbe (§ 5 Abs. 2 der Verfügung zum Vollzug der BauO vom 10.05.1911, Reg. Bl. S. 77) ausgewiesene Bauverbot erfasst das hier streitige Vorhaben jedoch nicht.
28 
Nach Art. 11 Abs. 4 Württ. BauO können durch Ortsbauplan zur Erhaltung freier Hof- und Gartenflächen im Innern der Baublöcke oder wenn sonst dauernde öffentliche Interessen es erfordern, Grenzen (Baugrenzen) festgesetzt werden, innerhalb oder außerhalb deren die Errichtung von Bauten ausgeschlossen oder nur unter beschränkenden Bestimmungen gestattet ist. § 8 Abs. 2 e) des Aufbaugesetzes sieht vor, dass im Bebauungsplan die Grenzen der zur Erzielung einer genügenden Weiträumigkeit der Bebauung, zur Erhaltung freier Hof- und Gartenflächen oder aus sonstigen städtebaulichen Gründen dauernd von der Bebauung freizuhaltenden Flächen (hintere Baufluchtlinien, Baugrenzen) festgesetzt werden. Nach Art. 1 a Abs. 1 Württ. BauO ist die Errichtung von Bauten nur zulässig, wenn die Baufläche nicht nach dem Ortsbauplan unüberbaubar ist; Art. 29 Abs. 1 Württ. BauO regelt ergänzend, was als „Bauten“ im Sinne der Württ. BauO anzusehen ist, neben Gebäuden (Nr. 1) und sonstigen, dem Gebiet des Hochbaus angehörenden Bauwerken (Nr. 2) u.a. noch alle sonstigen festen Einrichtungen, die den Zwecken eines Gebäudes dienen (Nr. 5).
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Eine unbefestigte Abstellfläche für ein Kraftfahrzeug auf Rasengrund unterfällt nicht dem Begriff der „Bauten“ nach Art. 29 Württ. BauO bzw. der „Bebauung“ nach § 8 AufbauG und wird daher auch nicht von einem auf diese Vorschriften gestützten Bauverbot erfasst. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung ist insoweit zunächst, dass das auf die Württ. BauO gestützte Bauverbot nicht notwendigerweise einem Bauverbot heutigen Rechts entspricht, sondern mit dem Inhalt übergeleitet worden ist, den der Plangeber ihm damals beigemessen hat, und dass nicht nur der Ortsbauplan bzw. die darin enthaltenen Bestimmungen selbst übergeleitet worden sind, sondern auch die sie ergänzenden damaligen baurechtlichen Vorschriften, die den Festsetzungsinhalt mitbestimmen (vgl. Bielenberg / Söfker, a.a.O., Rn 87 und 89; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.02.1993 - 8 S 287/92 -, NVwZ 1994, 700). Dazu gehören hier auch die bauplanungsrechtlichen Vorschriften der Reichsgaragenordnung vom 17.02.1939 (RGBl. I, S. 219, mit nachfolgenden Änderungen), die im Einleitungssatz der Anbauvorschriften vom 02.10.1953 ausdrücklich in Bezug genommen werden und deren Geltung sich auch aus dem Umstand ergibt, dass sie der Plan z.B. durch die Festsetzung von Sammelgaragen andernorts zu seinem Inhalt machen will (vgl. dazu OVG Hamburg, Urteil vom 30.04.2008 - 2 Bf 133/03 -, ZfBR 2009, 160). Die Begriffsdefinitionen in § 1 RGaO unterscheiden ausdrücklich zwischen „Einstellplätzen“ als „unbebaute[n] oder mit Schutzdächern versehene[n] Flächen“ zum Einstellen von Kraftfahrzeugen (Abs. 1) und „Garagen“ (Abs. 2), wobei unter „Stellplätzen“ nach § 1 Abs. 6 RGaO die Standfläche eines einzelnen Kraftfahrzeugs auf dem Einstellplatz oder in der Garage verstanden wird (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 31.03.1994 - Bf II 114/91 -, BRS 56 Nr. 122). Nach § 11 Abs. 1 RGaO sind Einstellplätze, Garagen und ihre Nebenanlagen als Zubehör zur Wohnung grundsätzlich in allen für die Bebauung bestimmten Gebieten zulässig, in besonders geschützten (Wohn-)Gebieten jedenfalls dann, wenn sie „dem Bedürfnis der Bevölkerung in diesen Gebieten“ und Fahrzeugen unter 3,5 t Eigengewicht dienen (Abs. 2); sie müssen jedoch so angeordnet und ausgeführt werden, dass ihre Benutzung u.a. das Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung durch Lärm oder Gerüche nicht erheblich stört. § 13 Abs. 4 b) RGaO sieht die Möglichkeit der Zulassung von Kleingaragen und von Schutzdächern über Kleineinstellplätzen auch in Vorgärten vor, wenn diese für eine spätere Straßenerweiterung nicht in Betracht kommen und die Errichtung von Schutzdächern oder Garagen aus städtebaulichen Gründen erwünscht ist oder durch sonstige besondere Umstände gerechtfertigt wird. Während § 14 RGaO Garagen, Schutzdächer und ihre baulichen Zubehöranlagen als bauliche Anlagen im Sinne der Verordnung über die Baugestaltung vom 10.11.1936 (RGBl. I, S. 938) einordnet, bezeichnet § 12 Abs. 1 RGaO Einstellplätze ohne Schutzdach als unbebaute Flächen im Sinne der bestehenden Bauvorschriften, wobei die von der Bebauung frei zu haltenden Flächen nur so weit für Einstellplätze beansprucht werden sollen, dass sie ihrem eigentlichen Bestimmungszweck, der Belichtung, der Belüftung und dem Feuerschutz der Gebäude sowie der Erholung der Bewohner zu dienen, in der Hauptsache erhalten bleiben. In § 45 Abs. 1 regelt die RGaO unter der Überschrift „Behelfsmäßige offene Einstellung“, dass Kraftfahrzeuge (bis 3,5 t Eigengewicht, vgl. Abs. 3) auch außerhalb der Einstellplätze und der Garagen auf unbebauten Flächen von Grundstücken eingestellt werden dürfen, wenn sie den Zugang zu Gebäuden nicht erschweren und die Benutzung von Lösch- und Rettungsgeräten der Feuerschutzpolizei und der Feuerwehren nicht behindern.
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Bereits aus § 12 Abs. 1 RGaO dürfte sich ergeben, dass das hier streitige Vorhaben das Bauverbot nicht tangiert. Der VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 01.06.1982 - 8 S 7/82 -) führt zu dieser Vorschrift - im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Anlage von vier befestigten Stellplätzen - aus:
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„Diese Vorschrift regelt nicht nur (wie man im Hinblick auf die Überschrift der Bestimmung annehmen könnte) die flächenmäßige Ausnutzbarkeit von Baugrundstücken, sondern auch und gerade den Fall der Anlegung von Stellplätzen auf unüberbaubaren Grundstücksflächen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.11.1977 - VIII 1725/75 -; BVerwG, Urt. v. 27.11.1981 - BVerwG 4 C 36 und 37.78 -). Gelten die geplanten Stellplätze demzufolge als unbebaute Flächen, scheidet hierdurch ein Verstoß gegen die Baulinie aus, die gemäß Art. 34 Abs. 1 württ. BO zum Inhalt hat, daß sie die Grenze bildet, die mit Bauten nicht überschritten werden darf. Denn wenn die Stellplätze als unbebaute Flächen gelten, überschreiten sie auch nicht als „Bau“ die Baulinie. Führt die Anwendung des § 12 Abs. 1 Halbsatz 1 RGaO dazu, daß die Stellplätze außerhalb der Baulinie angelegt werden können, liegt insoweit auch kein Vorgarten mehr i.S. des Art. 11 Abs. 2 württ. BO vor, so daß insoweit auch die (...) Pflicht entfällt, die „Vorgartenflächen“ gärtnerisch anzulegen.“
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Zudem steht hier mit den Wohnblöcken nördlich der E...straße ein Bereich des Plangebiets im Streit, in dem im Gegensatz zum übrigen Bereich keine Sammelgaragen vorgesehen sind, sodass Einstellplätze zwingend entweder im - primär für Hauptgebäude vorgesehenen - Baufenster oder eben auf der nicht überbaubaren Grundstücksfläche angelegt werden müssen; der in § 10 RGaO normierte Vorrang von Gemeinschaftseinstellplätzen und -garagen gilt dann nicht (die nachfolgend noch zu berücksichtigende Regelung in § 45 RGaO bleibt davon ohnehin unberührt).
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Selbst wenn man die Regelung in § 12 Abs. 1 RGaO zu Einstellplätzen ohne Schutzdach als „unbebauten Flächen“ womöglich nur auf Bestimmungen über das Maß der baulichen Nutzung beziehen wollte, die die rechnerische Komponente der Ausnutzung von Flächen betreffen (so - entgegen der zitierten Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg - OVG Hamburg, Urteil vom 19.04.2001 - 2 Bf 14/97 -), zeigt sich darin indiziell vor dem Hintergrund der übrigen dargestellten Regelungen der RGaO zumindest eine planerische Bewertung der städtebaulichen Qualität von offenen Einstellplätzen („unbebaute ... Flächen“, § 1 Abs. 1 RGaO) nach damaligem Verständnis. Hier kommt aber noch entscheidend hinzu, dass das streitige Vorhaben des Klägers noch nicht einmal auf eine substantielle dauerhafte Befestigung - etwa durch Rasengittersteine - angelegt ist, sondern ausdrücklich nur eine unbefestigte Abstellfläche auf dem Rasen begehrt wird (zum - fehlenden - Merkmal des „Bauens“ bei „Stellplätzen“ ohne jede Befestigung mit Baustoffen vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.1978 - III 1988/78 -, ESVGH 29, 125). Es entspricht damit eher einer Nutzung der in § 45 Abs. 1 RGaO vorgesehenen „behelfsmäßigen offenen Einstellung“, die auch außerhalb von Einstellplätzen und Garagen unter den dort im Einzelnen geregelten - und hier nicht streitigen - Voraussetzungen als zulässig angesehen wird. Jedenfalls ein derartiges Vorhaben kann nicht unter den Begriff der Bauten i.S.v. Art. 29 Abs. 1 Württ. BauO gefasst werden, zumal die Verwendung von Stoffen und eine feste Verbindung mit dem Erdboden als notwendiges Erfordernis hierfür angesehen wird (vgl. Häffner / Burger, Württembergische Bauordnung, 3. Aufl., 1927, S. 82; Kälber / Mörike, Die Württembergische Bauordnung, I. Band, 1912, S. 147).
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Dem steht auch nicht der in diesem Zusammenhang durch Auslegung zu ermittelnde Sinn der betreffenden Bestimmung des Ortsbauplans entgegen (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.10.1983 - 5 S 933/83 -, BauR 1984, 52). Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Ortsbauplan ausdrücklich zwischen auf Art. 11 Abs. 2 Württ. BauO gestützten „Vorgärten“ einerseits (in einem schmalen Streifen jeweils nördlich der Bebauung und der Straße zugewandt) und einem „Bauverbot“ nach Art. 11 Abs. 4 Württ. BauO / § 8 Abs. 2 e) AufbauG andererseits (jeweils südlich der Bebauung für größere Grundstücksflächen, so auch im hier streitigen Bereich) unterscheidet (vgl. dazu auch Häffner / Burger, Württembergische Bauordnung, 3. Aufl., 1927, S. 28 unter 11. a.E.). Die hinter einem Bauverbot stehenden „öffentlichen Interessen“ sind solche, die nach Art. 11 Abs. 1 Württ. BauO zu wahren sind; die Schaffung von Grünflächen zu Erholungszwecken und die Erhaltung einer Aussicht dürften dazu gehören. Anliegen des Plangebers war es offenkundig, „weitere schöne Wohngebiete“ zu schaffen (vgl. das Schreiben des Stadtplanungsamts der Beklagten vom 19.11.1951, AS 39 der Planungsakten) und aus allgemeinen städtebaulichen und ortsgestalterischen Gründen Freiflächen zu schaffen (vgl. dazu in ähnlichem Zusammenhang VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.10.1983 - 5 S 933/83 -, BauR 1984, 52). Auch aus dem nach Erlass des Ortsbauplans verfassten Schreiben des Stadtplanungsamts vom 13.07.1954 (AS 89 der Planungsakten) kann entnommen werden, dass die Festsetzung von Bauverbotsflächen im Ortsbauplan im Wesentlichen dazu dienen sollte, „dem dortigen vorzugsweisen Wohngebiet den Charakter einer `Gartenstadt` mit reichlichen Grünflächen weitgehend zu erhalten“ bzw. zu geben. Derartige städtebauliche Ziele eines Bauverbots können je nach Art und Intensität der beabsichtigten Nutzung unterschiedlich stark beeinträchtigt werden (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -, VBlBW 2007, 265). Auch wenn das hier zu beurteilende Bauverbot nicht allein die Errichtung von baulichen Anlagen verhindern will, sondern u.U. bereits bestimmte städtebaulich relevante Nutzungen, die nicht notwendigerweise damit einhergehen, führt dies nicht zu der Annahme, dass eine unbefestigte („behelfsmäßige“) offene Einstellmöglichkeit für ein Kraftfahrzeug nach dem Willen des Plangebers ausgeschlossen werden sollte. Der Gartencharakter in den Bauverbotsflächen wird - anders als etwa bei der Anlage eines gepflasterten Stellplatzes - in keiner Weise durch mit dem Vorhaben verbundene Baumaßnahmen beeinträchtigt, da solche nicht beabsichtigt und erforderlich sind, vielmehr die Rasenfläche erhalten werden soll; dass auch die bestimmungsgemäße Nutzung der dafür ins Auge gefassten Fläche für das regelmäßige Abstellen eines Kraftfahrzeugs und deren Auswirkungen insoweit zu berücksichtigen ist (VG Freiburg, Urteil vom 26.04.2005 - 4 K 51/03 -), ändert daran nichts.
35 
Der Art und Intensität der beabsichtigten Nutzung kommt hier nur eine untergeordnete städtebauliche Bedeutung zu. Die erwünschten Freiflächen werden - anders als bei aus Baustoffen hergestellten baulichen Nebenanlagen (wie etwa dem auf dem Nachbargrundstück vorhandenen Schuppen) - nicht in ihrer Weiträumigkeit beeinflusst (vgl. zu einer „Unterbauung“ in einer Bauverbotsfläche VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.03.1994 - 8 S 585/94 -). Der unbefestigten Abstellfläche fehlt es, ebenso wie (sogar) gepflasterten Zufahrten durch den Bauverbotsstreifen hin zu Garagen oder Stellplätzen im Baufenster oder befestigten Zuwegungen zu Hauseingängen (vgl. dazu OVG Hamburg, Urteil vom 15.06.2000 - 2 Bf 15/97 -, BauR 2000, 1842; Urteil vom 19.04.2001 - 2 Bf 14/97 -), an bodenrechtlicher Relevanz (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.1978 - III 1988/78 -, a.a.O., wo ein nicht unter § 29 BauGB fallender unbefestigter Stellplatz ohne eine Entscheidung nach § 23 Abs. 5 BauNVO für zulässig erachtet wird). Die hier zu beurteilende unbefestigte Abstellfläche unterscheidet sich insoweit unter Berücksichtigung der hier einschlägigen ortsrechtlichen Planung entscheidend von einem „klassischen“ befestigten Stellplatz (vgl. zu Letzterem: OVG Hamburg, Urteil vom 15.05.1997 - Bf II 22/95 -). Bei einem „klassischen“ Pkw-Stellplatz ist nicht nur die Befestigung des Untergrundes zu sehen, sondern darüber hinaus deren Eignung für das zweckgerichtete und dauerhafte Abstellen von Kraftfahrzeugen. Die Frage, wo und in welchem Umfang Personenkraftwagen abgestellt werden können, ist von städtebaulicher Bedeutung, sodass ihr bodenrechtliche Relevanz zukommt. Das findet - nach heutigem, hier nicht unmittelbar maßgeblichem Recht - seinen Ausdruck auch in § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB, wonach u.a. „Flächen für das Parken von Fahrzeugen“ in Bebauungsplänen festgesetzt werden können und damit als städtebaulich relevant angesehen werden.
36 
Hingegen ist bei der hier streitigen unbefestigten Abstellfläche allein die Nutzung zu betrachten. Die davon in Anspruch genommene Grundstücksfläche wird jeweils nur für die Zeit des - wenn auch u.U. im Einzelfall länger andauernden - Parkens genutzt. Während der übrigen Zeit bleibt sie ungenutzt und stellt sich als - weiterhin begrünter - Teil der gestalteten, aber nicht überbauten Grundstücksfläche dar (zur - bejahten - Einbettung von mehreren befestigten Stellplätzen in ein besonders geschütztes gärtnerisch gestaltetes Wohnklima vgl. wiederum VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 01.06.1982 - 8 S 7/82 -). Angesichts dieses unsteten Nutzungscharakters und des verhältnismäßig geringen Umfangs solcher Flächen hat sie der damalige Ortsgesetzgeber als planerisch unbedeutend angesehen und eine diesbezügliche konkrete und verbindliche Bauleitplanung (in heutigen Kategorien: i.S.d. § 1 Abs. 5 und 6 BauGB) nicht für erforderlich gehalten. Dies ergibt sich aus den § 45 RGaO zu entnehmenden Rückschlüssen für das Bauplanungsrecht (vgl. zu dieser Bestimmung allgemein BGH, Urteil vom 27.11.1963 - V ZR 201/61 -, BGHZ 40, 306). Diese Vorschrift statuiert gerade nicht nur eine ggf. der Baubehörde überlassene Möglichkeit zur Erteilung von Ausnahmen (wie etwa § 13 Abs. 4 RGaO), sondern erklärt bereits selbst das Einstellen von Kraftfahrzeugen auf unbebauten Flächen für bauplanungsrechtlich zulässig (Abs. 1 enthält lediglich ordnungsrechtliche Vorbehalte, Abs. 2 lediglich die Möglichkeit, die Zahl der abzustellenden Kraftfahrzeuge zu limitieren; aus §§ 53 Abs. 1, 58 Abs. 1 RGaO ergibt sich, dass die in § 45 RGaO geregelten unterschwelligen Nutzungen nur dem Ordnungsrecht unterfallen sollen); § 45 Abs. 3 RGaO ist zudem konkret die Wertung zu entnehmen, dass dem Abstellen von Kraftfahrzeugen bis zu 3,5 t Eigengewicht - mehr steht auch hier nicht in Rede - auch in besonders geschützten (z.B. reinen) Wohngebieten nach damaligem Verständnis kein bodenrechtlich relevantes Störpotenzial beizumessen war.
37 
Eine gewisse tatsächliche Bestätigung findet diese Annahme in dem Umstand, dass sich in unmittelbarer Nähe zum hier streitigen Vorhaben auf dem Grundstück E...straße 26 eine durch zwei gepflasterte Rasengitterfahrstreifen gestaltete Abstellmöglichkeit für ein Kraftfahrzeug findet, die durch ein Holzgitterzauntor von der Straße getrennt ist und in ihrer baulichen Gestaltung durch die ansatzweise vorhandene Befestigung über das hier begehrte Maß sogar hinausgeht, ohne dass die Beklagte dagegen einschreitet. Diese Anlage ist deshalb von gewisser Relevanz für die hier zu treffenden Wertungen, weil sie sich in dem Bereich nördlich der E...straße und zwischen Weißenauer- und M.... befindet, der nach dem beim Augenschein gewonnenen Eindruck der Kammer jedenfalls einzubeziehen wäre, wenn es auf die Frage der Funktionslosigkeit der Bauverbotsfestsetzung ankäme. Ausgehend davon, dass das Bauverbot nicht bereits durch die wesentlich weiter südlich als vom Ortsbauplan vorgesehen erfolgte Ausführung des Reihenhausblocks E...straße 24 - 32 obsolet geworden ist, hält die Beklagte das Bauverbot hier trotz der PKW-Abstellfläche auf dem Grundstück E...straße 26 in durchaus vertretbarer Weise für nach wie vor beachtlich; denn wenn man die obigen Ausführungen zur Reichweite des Bauverbots auch auf diese - von der Beklagten geduldete - Anlage überträgt, lässt sich auch für diesen Fall ein Verstoß gegen die Bauverbotsfestsetzung jedenfalls nachvollziehbar verneinen, sodass sich die Frage der „Schädlichkeit“ dieser Anlage für den Geltungsanspruch des Bauverbots überhaupt nicht stellt. Vielmehr bestätigt das bislang - soweit ersichtlich - konfliktfreie Vorhandensein einer vergleichbaren Anlage, dass davon jedenfalls kein bodenrechtliche Störpotenzial beachtlichen Ausmaßes auszugehen scheint.
38 
Auch sonst stehen dem Vorhaben des Klägers keine anderweitigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen. Dass der Aufbauplan i.V.m. § 8 Abs. 1 der Anbauvorschriften um das gesamte Geviert E...str. 16 - 32 herum die Anlage einer durchgehenden geschnittenen Hecke vorsieht, vermag das Vorhaben nicht zu verhindern. Darin kann nicht der Ausschluss von Unterbrechungen dieser Heckeneinfriedigung gesehen werden, zumal ansonsten keine Zufahrts- und Zugangsmöglichkeiten zu den Gebäuden bestünden, was sich auch darin zeigt, dass die vorhandenen Hecken nach dem Ergebnis des Augenscheins vielfach für Zufahrten u.a. unterbrochen sind. Das hinter der Bestimmung stehende Pflanzgebot kann nach seinem Sinn und Zweck nur solche Teile der Grundstücksumfassung ergreifen, die einer baulichen Nutzung entzogene Grundstücksflächen begrenzen. Ist eine Bebauung oder Nutzung in einem Bereich des Grundstücks zulässig oder kann sie zugelassen werden, so ist für das Pflanzgebot insoweit kein Raum (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.1978 - III 1988/78 -, a.a.O.). Auch § 8 Abs. 2 der Anbauvorschriften geht davon aus, dass Einfriedigungen zum Teil auch „völlig wegfallen können“. Wäre die Verpflichtung zur Anlage einer Heckeneinfriedigung anders zu verstehen, so wäre sie zwischenzeitlich aufgrund der zahlreichen Durchbrechungen obsolet geworden.
39 
Auch § 8 Abs. 3 der Anbauvorschriften steht dem Vorhaben nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift sind u.a. unüberbaubare Flächen an Straßen geordnet anzulegen und zu unterhalten. Es ist nicht ersichtlich, dass die geplante unbefestigte Abstellfläche zu ungeordneten Verhältnissen oder Missständen führen würde. Eine Grüngestaltung schreibt das einschlägige Ortsrecht - soweit ersichtlich - nicht vor, sodass im Übrigen etwa sogar eine Anlage der unüberbauten Grundstücksfläche als „Steingarten“ o.ä. möglich sein dürfte.
40 
Nachdem der Hauptantrag damit begründet und die begehrte Feststellung auszusprechen ist, war über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO) liegen nicht vor.

Gründe

 
22 
Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag als Feststellungsklage zulässig.
23 
Zwischen den Beteiligten besteht ein streitiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO, nachdem im Verwaltungsverfahren betreffend den Erleichterungsantrag des Klägers unterschiedliche Auffassungen zur materiellen Zulässigkeit der begehrten Nutzung vertreten wurden. Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der baurechtlichen Zulässigkeit der beabsichtigten Nutzung der streitigen Gartenfläche als Abstellplatz.
24 
Die Feststellungsklage ist auch begründet. Die Nutzung des im zeichnerischen Teil des Erleichterungsantrags vom 27.10.2009 dargestellten Teils des Grundstücks Flst. Nr. ... als unbefestigte Abstellfläche (Rasen) für einen PKW ist verfahrensfrei baurechtlich zulässig, ohne dass es einer Ausnahme (etwa nach den Bestimmungen der Reichsgaragenordnung) oder der hilfsweise beantragten Befreiung bedarf. Der Bescheid der Beklagten vom 29.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 03.08.2010 ist zum Zwecke der Klarstellung aufzuheben.
25 
Zu Recht gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass das Vorhaben bauordnungsrechtlich verfahrensfrei ist. Zwar ist das Vorhaben des Klägers - ungeachtet seiner genauen Ausgestaltung und unabhängig von der Begrifflichkeit in § 29 BauGB - im Anwendungsbereich der LBO als „Stellplatz“ i.S.d. § 2 Abs. 8 Satz 1 LBO und damit als bauliche Anlage anzusehen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 LBO), ohne dass es einer „Herstellung“ (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 LBO) oder sonstiger baulicher Maßnahmen bedarf (vgl. Sauter, LBO, § 2, Rnrn 31 und 104). Für Stellplätze bis 50 m 2 Nutzfläche im Innenbereich ist jedoch nach Nr. 11 b) des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO ein Genehmigungsverfahren entbehrlich (vgl. ansonsten Nr. 12 a) und b) des Anhangs).
26 
Das Vorhaben ist auch materiell zulässig. Öffentlich-rechtliche Vorschriften stehen dem Vorhaben nicht entgegen (§ 50 Abs. 5 LBO).
27 
Insbesondere steht das Vorhaben nicht im Widerspruch zu dem vom Ortsbauplan „A...“ festgesetzten Bauverbot für den hier streitigen Bereich des vom Kläger bewohnten Grundstücks. Das Bauverbot dürfte zwar nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG wirksam übergeleitet worden sein und heute nach § 233 Abs. 3 BauGB fortgelten, nachdem weder Bedenken hinsichtlich des wirksamen Zustandekommens des Ortsbauplans und seiner Begleitvorschriften geltend gemacht oder ersichtlich sind und auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 173 Abs. 3 BBauG nicht streitig ist oder sonst zweifelhaft erscheint (zu den Voraussetzungen vgl. allgemein Bielenberg / Söfker, in: E/Z/B/K, BauGB, § 233, Rn 73 ff., 96). Das auf der Grundlage von Art. 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung vom 28.07.1910 (Reg. Bl. S. 333; mit nachfolgenden Änderungen) und § 8 Abs. 2 e) des Aufbaugesetzes vom 18.08.1948 (Reg. Bl. S. 127) durch Baugrenzen festgesetzte und durch grüne Farbe (§ 5 Abs. 2 der Verfügung zum Vollzug der BauO vom 10.05.1911, Reg. Bl. S. 77) ausgewiesene Bauverbot erfasst das hier streitige Vorhaben jedoch nicht.
28 
Nach Art. 11 Abs. 4 Württ. BauO können durch Ortsbauplan zur Erhaltung freier Hof- und Gartenflächen im Innern der Baublöcke oder wenn sonst dauernde öffentliche Interessen es erfordern, Grenzen (Baugrenzen) festgesetzt werden, innerhalb oder außerhalb deren die Errichtung von Bauten ausgeschlossen oder nur unter beschränkenden Bestimmungen gestattet ist. § 8 Abs. 2 e) des Aufbaugesetzes sieht vor, dass im Bebauungsplan die Grenzen der zur Erzielung einer genügenden Weiträumigkeit der Bebauung, zur Erhaltung freier Hof- und Gartenflächen oder aus sonstigen städtebaulichen Gründen dauernd von der Bebauung freizuhaltenden Flächen (hintere Baufluchtlinien, Baugrenzen) festgesetzt werden. Nach Art. 1 a Abs. 1 Württ. BauO ist die Errichtung von Bauten nur zulässig, wenn die Baufläche nicht nach dem Ortsbauplan unüberbaubar ist; Art. 29 Abs. 1 Württ. BauO regelt ergänzend, was als „Bauten“ im Sinne der Württ. BauO anzusehen ist, neben Gebäuden (Nr. 1) und sonstigen, dem Gebiet des Hochbaus angehörenden Bauwerken (Nr. 2) u.a. noch alle sonstigen festen Einrichtungen, die den Zwecken eines Gebäudes dienen (Nr. 5).
29 
Eine unbefestigte Abstellfläche für ein Kraftfahrzeug auf Rasengrund unterfällt nicht dem Begriff der „Bauten“ nach Art. 29 Württ. BauO bzw. der „Bebauung“ nach § 8 AufbauG und wird daher auch nicht von einem auf diese Vorschriften gestützten Bauverbot erfasst. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung ist insoweit zunächst, dass das auf die Württ. BauO gestützte Bauverbot nicht notwendigerweise einem Bauverbot heutigen Rechts entspricht, sondern mit dem Inhalt übergeleitet worden ist, den der Plangeber ihm damals beigemessen hat, und dass nicht nur der Ortsbauplan bzw. die darin enthaltenen Bestimmungen selbst übergeleitet worden sind, sondern auch die sie ergänzenden damaligen baurechtlichen Vorschriften, die den Festsetzungsinhalt mitbestimmen (vgl. Bielenberg / Söfker, a.a.O., Rn 87 und 89; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.02.1993 - 8 S 287/92 -, NVwZ 1994, 700). Dazu gehören hier auch die bauplanungsrechtlichen Vorschriften der Reichsgaragenordnung vom 17.02.1939 (RGBl. I, S. 219, mit nachfolgenden Änderungen), die im Einleitungssatz der Anbauvorschriften vom 02.10.1953 ausdrücklich in Bezug genommen werden und deren Geltung sich auch aus dem Umstand ergibt, dass sie der Plan z.B. durch die Festsetzung von Sammelgaragen andernorts zu seinem Inhalt machen will (vgl. dazu OVG Hamburg, Urteil vom 30.04.2008 - 2 Bf 133/03 -, ZfBR 2009, 160). Die Begriffsdefinitionen in § 1 RGaO unterscheiden ausdrücklich zwischen „Einstellplätzen“ als „unbebaute[n] oder mit Schutzdächern versehene[n] Flächen“ zum Einstellen von Kraftfahrzeugen (Abs. 1) und „Garagen“ (Abs. 2), wobei unter „Stellplätzen“ nach § 1 Abs. 6 RGaO die Standfläche eines einzelnen Kraftfahrzeugs auf dem Einstellplatz oder in der Garage verstanden wird (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 31.03.1994 - Bf II 114/91 -, BRS 56 Nr. 122). Nach § 11 Abs. 1 RGaO sind Einstellplätze, Garagen und ihre Nebenanlagen als Zubehör zur Wohnung grundsätzlich in allen für die Bebauung bestimmten Gebieten zulässig, in besonders geschützten (Wohn-)Gebieten jedenfalls dann, wenn sie „dem Bedürfnis der Bevölkerung in diesen Gebieten“ und Fahrzeugen unter 3,5 t Eigengewicht dienen (Abs. 2); sie müssen jedoch so angeordnet und ausgeführt werden, dass ihre Benutzung u.a. das Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung durch Lärm oder Gerüche nicht erheblich stört. § 13 Abs. 4 b) RGaO sieht die Möglichkeit der Zulassung von Kleingaragen und von Schutzdächern über Kleineinstellplätzen auch in Vorgärten vor, wenn diese für eine spätere Straßenerweiterung nicht in Betracht kommen und die Errichtung von Schutzdächern oder Garagen aus städtebaulichen Gründen erwünscht ist oder durch sonstige besondere Umstände gerechtfertigt wird. Während § 14 RGaO Garagen, Schutzdächer und ihre baulichen Zubehöranlagen als bauliche Anlagen im Sinne der Verordnung über die Baugestaltung vom 10.11.1936 (RGBl. I, S. 938) einordnet, bezeichnet § 12 Abs. 1 RGaO Einstellplätze ohne Schutzdach als unbebaute Flächen im Sinne der bestehenden Bauvorschriften, wobei die von der Bebauung frei zu haltenden Flächen nur so weit für Einstellplätze beansprucht werden sollen, dass sie ihrem eigentlichen Bestimmungszweck, der Belichtung, der Belüftung und dem Feuerschutz der Gebäude sowie der Erholung der Bewohner zu dienen, in der Hauptsache erhalten bleiben. In § 45 Abs. 1 regelt die RGaO unter der Überschrift „Behelfsmäßige offene Einstellung“, dass Kraftfahrzeuge (bis 3,5 t Eigengewicht, vgl. Abs. 3) auch außerhalb der Einstellplätze und der Garagen auf unbebauten Flächen von Grundstücken eingestellt werden dürfen, wenn sie den Zugang zu Gebäuden nicht erschweren und die Benutzung von Lösch- und Rettungsgeräten der Feuerschutzpolizei und der Feuerwehren nicht behindern.
30 
Bereits aus § 12 Abs. 1 RGaO dürfte sich ergeben, dass das hier streitige Vorhaben das Bauverbot nicht tangiert. Der VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 01.06.1982 - 8 S 7/82 -) führt zu dieser Vorschrift - im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Anlage von vier befestigten Stellplätzen - aus:
31 
„Diese Vorschrift regelt nicht nur (wie man im Hinblick auf die Überschrift der Bestimmung annehmen könnte) die flächenmäßige Ausnutzbarkeit von Baugrundstücken, sondern auch und gerade den Fall der Anlegung von Stellplätzen auf unüberbaubaren Grundstücksflächen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.11.1977 - VIII 1725/75 -; BVerwG, Urt. v. 27.11.1981 - BVerwG 4 C 36 und 37.78 -). Gelten die geplanten Stellplätze demzufolge als unbebaute Flächen, scheidet hierdurch ein Verstoß gegen die Baulinie aus, die gemäß Art. 34 Abs. 1 württ. BO zum Inhalt hat, daß sie die Grenze bildet, die mit Bauten nicht überschritten werden darf. Denn wenn die Stellplätze als unbebaute Flächen gelten, überschreiten sie auch nicht als „Bau“ die Baulinie. Führt die Anwendung des § 12 Abs. 1 Halbsatz 1 RGaO dazu, daß die Stellplätze außerhalb der Baulinie angelegt werden können, liegt insoweit auch kein Vorgarten mehr i.S. des Art. 11 Abs. 2 württ. BO vor, so daß insoweit auch die (...) Pflicht entfällt, die „Vorgartenflächen“ gärtnerisch anzulegen.“
32 
Zudem steht hier mit den Wohnblöcken nördlich der E...straße ein Bereich des Plangebiets im Streit, in dem im Gegensatz zum übrigen Bereich keine Sammelgaragen vorgesehen sind, sodass Einstellplätze zwingend entweder im - primär für Hauptgebäude vorgesehenen - Baufenster oder eben auf der nicht überbaubaren Grundstücksfläche angelegt werden müssen; der in § 10 RGaO normierte Vorrang von Gemeinschaftseinstellplätzen und -garagen gilt dann nicht (die nachfolgend noch zu berücksichtigende Regelung in § 45 RGaO bleibt davon ohnehin unberührt).
33 
Selbst wenn man die Regelung in § 12 Abs. 1 RGaO zu Einstellplätzen ohne Schutzdach als „unbebauten Flächen“ womöglich nur auf Bestimmungen über das Maß der baulichen Nutzung beziehen wollte, die die rechnerische Komponente der Ausnutzung von Flächen betreffen (so - entgegen der zitierten Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg - OVG Hamburg, Urteil vom 19.04.2001 - 2 Bf 14/97 -), zeigt sich darin indiziell vor dem Hintergrund der übrigen dargestellten Regelungen der RGaO zumindest eine planerische Bewertung der städtebaulichen Qualität von offenen Einstellplätzen („unbebaute ... Flächen“, § 1 Abs. 1 RGaO) nach damaligem Verständnis. Hier kommt aber noch entscheidend hinzu, dass das streitige Vorhaben des Klägers noch nicht einmal auf eine substantielle dauerhafte Befestigung - etwa durch Rasengittersteine - angelegt ist, sondern ausdrücklich nur eine unbefestigte Abstellfläche auf dem Rasen begehrt wird (zum - fehlenden - Merkmal des „Bauens“ bei „Stellplätzen“ ohne jede Befestigung mit Baustoffen vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.1978 - III 1988/78 -, ESVGH 29, 125). Es entspricht damit eher einer Nutzung der in § 45 Abs. 1 RGaO vorgesehenen „behelfsmäßigen offenen Einstellung“, die auch außerhalb von Einstellplätzen und Garagen unter den dort im Einzelnen geregelten - und hier nicht streitigen - Voraussetzungen als zulässig angesehen wird. Jedenfalls ein derartiges Vorhaben kann nicht unter den Begriff der Bauten i.S.v. Art. 29 Abs. 1 Württ. BauO gefasst werden, zumal die Verwendung von Stoffen und eine feste Verbindung mit dem Erdboden als notwendiges Erfordernis hierfür angesehen wird (vgl. Häffner / Burger, Württembergische Bauordnung, 3. Aufl., 1927, S. 82; Kälber / Mörike, Die Württembergische Bauordnung, I. Band, 1912, S. 147).
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Dem steht auch nicht der in diesem Zusammenhang durch Auslegung zu ermittelnde Sinn der betreffenden Bestimmung des Ortsbauplans entgegen (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.10.1983 - 5 S 933/83 -, BauR 1984, 52). Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Ortsbauplan ausdrücklich zwischen auf Art. 11 Abs. 2 Württ. BauO gestützten „Vorgärten“ einerseits (in einem schmalen Streifen jeweils nördlich der Bebauung und der Straße zugewandt) und einem „Bauverbot“ nach Art. 11 Abs. 4 Württ. BauO / § 8 Abs. 2 e) AufbauG andererseits (jeweils südlich der Bebauung für größere Grundstücksflächen, so auch im hier streitigen Bereich) unterscheidet (vgl. dazu auch Häffner / Burger, Württembergische Bauordnung, 3. Aufl., 1927, S. 28 unter 11. a.E.). Die hinter einem Bauverbot stehenden „öffentlichen Interessen“ sind solche, die nach Art. 11 Abs. 1 Württ. BauO zu wahren sind; die Schaffung von Grünflächen zu Erholungszwecken und die Erhaltung einer Aussicht dürften dazu gehören. Anliegen des Plangebers war es offenkundig, „weitere schöne Wohngebiete“ zu schaffen (vgl. das Schreiben des Stadtplanungsamts der Beklagten vom 19.11.1951, AS 39 der Planungsakten) und aus allgemeinen städtebaulichen und ortsgestalterischen Gründen Freiflächen zu schaffen (vgl. dazu in ähnlichem Zusammenhang VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.10.1983 - 5 S 933/83 -, BauR 1984, 52). Auch aus dem nach Erlass des Ortsbauplans verfassten Schreiben des Stadtplanungsamts vom 13.07.1954 (AS 89 der Planungsakten) kann entnommen werden, dass die Festsetzung von Bauverbotsflächen im Ortsbauplan im Wesentlichen dazu dienen sollte, „dem dortigen vorzugsweisen Wohngebiet den Charakter einer `Gartenstadt` mit reichlichen Grünflächen weitgehend zu erhalten“ bzw. zu geben. Derartige städtebauliche Ziele eines Bauverbots können je nach Art und Intensität der beabsichtigten Nutzung unterschiedlich stark beeinträchtigt werden (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -, VBlBW 2007, 265). Auch wenn das hier zu beurteilende Bauverbot nicht allein die Errichtung von baulichen Anlagen verhindern will, sondern u.U. bereits bestimmte städtebaulich relevante Nutzungen, die nicht notwendigerweise damit einhergehen, führt dies nicht zu der Annahme, dass eine unbefestigte („behelfsmäßige“) offene Einstellmöglichkeit für ein Kraftfahrzeug nach dem Willen des Plangebers ausgeschlossen werden sollte. Der Gartencharakter in den Bauverbotsflächen wird - anders als etwa bei der Anlage eines gepflasterten Stellplatzes - in keiner Weise durch mit dem Vorhaben verbundene Baumaßnahmen beeinträchtigt, da solche nicht beabsichtigt und erforderlich sind, vielmehr die Rasenfläche erhalten werden soll; dass auch die bestimmungsgemäße Nutzung der dafür ins Auge gefassten Fläche für das regelmäßige Abstellen eines Kraftfahrzeugs und deren Auswirkungen insoweit zu berücksichtigen ist (VG Freiburg, Urteil vom 26.04.2005 - 4 K 51/03 -), ändert daran nichts.
35 
Der Art und Intensität der beabsichtigten Nutzung kommt hier nur eine untergeordnete städtebauliche Bedeutung zu. Die erwünschten Freiflächen werden - anders als bei aus Baustoffen hergestellten baulichen Nebenanlagen (wie etwa dem auf dem Nachbargrundstück vorhandenen Schuppen) - nicht in ihrer Weiträumigkeit beeinflusst (vgl. zu einer „Unterbauung“ in einer Bauverbotsfläche VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.03.1994 - 8 S 585/94 -). Der unbefestigten Abstellfläche fehlt es, ebenso wie (sogar) gepflasterten Zufahrten durch den Bauverbotsstreifen hin zu Garagen oder Stellplätzen im Baufenster oder befestigten Zuwegungen zu Hauseingängen (vgl. dazu OVG Hamburg, Urteil vom 15.06.2000 - 2 Bf 15/97 -, BauR 2000, 1842; Urteil vom 19.04.2001 - 2 Bf 14/97 -), an bodenrechtlicher Relevanz (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.1978 - III 1988/78 -, a.a.O., wo ein nicht unter § 29 BauGB fallender unbefestigter Stellplatz ohne eine Entscheidung nach § 23 Abs. 5 BauNVO für zulässig erachtet wird). Die hier zu beurteilende unbefestigte Abstellfläche unterscheidet sich insoweit unter Berücksichtigung der hier einschlägigen ortsrechtlichen Planung entscheidend von einem „klassischen“ befestigten Stellplatz (vgl. zu Letzterem: OVG Hamburg, Urteil vom 15.05.1997 - Bf II 22/95 -). Bei einem „klassischen“ Pkw-Stellplatz ist nicht nur die Befestigung des Untergrundes zu sehen, sondern darüber hinaus deren Eignung für das zweckgerichtete und dauerhafte Abstellen von Kraftfahrzeugen. Die Frage, wo und in welchem Umfang Personenkraftwagen abgestellt werden können, ist von städtebaulicher Bedeutung, sodass ihr bodenrechtliche Relevanz zukommt. Das findet - nach heutigem, hier nicht unmittelbar maßgeblichem Recht - seinen Ausdruck auch in § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB, wonach u.a. „Flächen für das Parken von Fahrzeugen“ in Bebauungsplänen festgesetzt werden können und damit als städtebaulich relevant angesehen werden.
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Hingegen ist bei der hier streitigen unbefestigten Abstellfläche allein die Nutzung zu betrachten. Die davon in Anspruch genommene Grundstücksfläche wird jeweils nur für die Zeit des - wenn auch u.U. im Einzelfall länger andauernden - Parkens genutzt. Während der übrigen Zeit bleibt sie ungenutzt und stellt sich als - weiterhin begrünter - Teil der gestalteten, aber nicht überbauten Grundstücksfläche dar (zur - bejahten - Einbettung von mehreren befestigten Stellplätzen in ein besonders geschütztes gärtnerisch gestaltetes Wohnklima vgl. wiederum VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 01.06.1982 - 8 S 7/82 -). Angesichts dieses unsteten Nutzungscharakters und des verhältnismäßig geringen Umfangs solcher Flächen hat sie der damalige Ortsgesetzgeber als planerisch unbedeutend angesehen und eine diesbezügliche konkrete und verbindliche Bauleitplanung (in heutigen Kategorien: i.S.d. § 1 Abs. 5 und 6 BauGB) nicht für erforderlich gehalten. Dies ergibt sich aus den § 45 RGaO zu entnehmenden Rückschlüssen für das Bauplanungsrecht (vgl. zu dieser Bestimmung allgemein BGH, Urteil vom 27.11.1963 - V ZR 201/61 -, BGHZ 40, 306). Diese Vorschrift statuiert gerade nicht nur eine ggf. der Baubehörde überlassene Möglichkeit zur Erteilung von Ausnahmen (wie etwa § 13 Abs. 4 RGaO), sondern erklärt bereits selbst das Einstellen von Kraftfahrzeugen auf unbebauten Flächen für bauplanungsrechtlich zulässig (Abs. 1 enthält lediglich ordnungsrechtliche Vorbehalte, Abs. 2 lediglich die Möglichkeit, die Zahl der abzustellenden Kraftfahrzeuge zu limitieren; aus §§ 53 Abs. 1, 58 Abs. 1 RGaO ergibt sich, dass die in § 45 RGaO geregelten unterschwelligen Nutzungen nur dem Ordnungsrecht unterfallen sollen); § 45 Abs. 3 RGaO ist zudem konkret die Wertung zu entnehmen, dass dem Abstellen von Kraftfahrzeugen bis zu 3,5 t Eigengewicht - mehr steht auch hier nicht in Rede - auch in besonders geschützten (z.B. reinen) Wohngebieten nach damaligem Verständnis kein bodenrechtlich relevantes Störpotenzial beizumessen war.
37 
Eine gewisse tatsächliche Bestätigung findet diese Annahme in dem Umstand, dass sich in unmittelbarer Nähe zum hier streitigen Vorhaben auf dem Grundstück E...straße 26 eine durch zwei gepflasterte Rasengitterfahrstreifen gestaltete Abstellmöglichkeit für ein Kraftfahrzeug findet, die durch ein Holzgitterzauntor von der Straße getrennt ist und in ihrer baulichen Gestaltung durch die ansatzweise vorhandene Befestigung über das hier begehrte Maß sogar hinausgeht, ohne dass die Beklagte dagegen einschreitet. Diese Anlage ist deshalb von gewisser Relevanz für die hier zu treffenden Wertungen, weil sie sich in dem Bereich nördlich der E...straße und zwischen Weißenauer- und M.... befindet, der nach dem beim Augenschein gewonnenen Eindruck der Kammer jedenfalls einzubeziehen wäre, wenn es auf die Frage der Funktionslosigkeit der Bauverbotsfestsetzung ankäme. Ausgehend davon, dass das Bauverbot nicht bereits durch die wesentlich weiter südlich als vom Ortsbauplan vorgesehen erfolgte Ausführung des Reihenhausblocks E...straße 24 - 32 obsolet geworden ist, hält die Beklagte das Bauverbot hier trotz der PKW-Abstellfläche auf dem Grundstück E...straße 26 in durchaus vertretbarer Weise für nach wie vor beachtlich; denn wenn man die obigen Ausführungen zur Reichweite des Bauverbots auch auf diese - von der Beklagten geduldete - Anlage überträgt, lässt sich auch für diesen Fall ein Verstoß gegen die Bauverbotsfestsetzung jedenfalls nachvollziehbar verneinen, sodass sich die Frage der „Schädlichkeit“ dieser Anlage für den Geltungsanspruch des Bauverbots überhaupt nicht stellt. Vielmehr bestätigt das bislang - soweit ersichtlich - konfliktfreie Vorhandensein einer vergleichbaren Anlage, dass davon jedenfalls kein bodenrechtliche Störpotenzial beachtlichen Ausmaßes auszugehen scheint.
38 
Auch sonst stehen dem Vorhaben des Klägers keine anderweitigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen. Dass der Aufbauplan i.V.m. § 8 Abs. 1 der Anbauvorschriften um das gesamte Geviert E...str. 16 - 32 herum die Anlage einer durchgehenden geschnittenen Hecke vorsieht, vermag das Vorhaben nicht zu verhindern. Darin kann nicht der Ausschluss von Unterbrechungen dieser Heckeneinfriedigung gesehen werden, zumal ansonsten keine Zufahrts- und Zugangsmöglichkeiten zu den Gebäuden bestünden, was sich auch darin zeigt, dass die vorhandenen Hecken nach dem Ergebnis des Augenscheins vielfach für Zufahrten u.a. unterbrochen sind. Das hinter der Bestimmung stehende Pflanzgebot kann nach seinem Sinn und Zweck nur solche Teile der Grundstücksumfassung ergreifen, die einer baulichen Nutzung entzogene Grundstücksflächen begrenzen. Ist eine Bebauung oder Nutzung in einem Bereich des Grundstücks zulässig oder kann sie zugelassen werden, so ist für das Pflanzgebot insoweit kein Raum (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.1978 - III 1988/78 -, a.a.O.). Auch § 8 Abs. 2 der Anbauvorschriften geht davon aus, dass Einfriedigungen zum Teil auch „völlig wegfallen können“. Wäre die Verpflichtung zur Anlage einer Heckeneinfriedigung anders zu verstehen, so wäre sie zwischenzeitlich aufgrund der zahlreichen Durchbrechungen obsolet geworden.
39 
Auch § 8 Abs. 3 der Anbauvorschriften steht dem Vorhaben nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift sind u.a. unüberbaubare Flächen an Straßen geordnet anzulegen und zu unterhalten. Es ist nicht ersichtlich, dass die geplante unbefestigte Abstellfläche zu ungeordneten Verhältnissen oder Missständen führen würde. Eine Grüngestaltung schreibt das einschlägige Ortsrecht - soweit ersichtlich - nicht vor, sodass im Übrigen etwa sogar eine Anlage der unüberbauten Grundstücksfläche als „Steingarten“ o.ä. möglich sein dürfte.
40 
Nachdem der Hauptantrag damit begründet und die begehrte Feststellung auszusprechen ist, war über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO) liegen nicht vor.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

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(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

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(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

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(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: 1. die Art und das Maß der baulichen Nutzung;2. die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;2a. vom

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(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 23 Überbaubare Grundstücksfläche


(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. (2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut wer

Baugesetzbuch - BBauG | § 233 Allgemeine Überleitungsvorschriften


(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich

Baugesetzbuch - BBauG | § 173 Genehmigung, Übernahmeanspruch


(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmi

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 02. Nov. 2006 - 8 S 361/06

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Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2005 - 13 K 1776/04 - geändert. Der Bescheid der Stadt Stuttgart vom 30. Januar 2002 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vo

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Apr. 2005 - 4 K 51/03

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand   1 Die Klägerin wendet sich gegen die Anordnung der Beseitigung eines Stellplat

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(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt; im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren wird über die in § 172 Absatz 3 bis 5 bezeichneten Belange entschieden.

(2) Wird in den Fällen des § 172 Absatz 3 die Genehmigung versagt, kann der Eigentümer von der Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 40 Absatz 2 die Übernahme des Grundstücks verlangen. § 43 Absatz 1, 4 und 5 sowie § 44 Absatz 3 und 4 sind entsprechend anzuwenden.

(3) Vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag hat die Gemeinde mit dem Eigentümer oder sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu erörtern. In den Fällen des § 172 Absatz 4 und 5 hat sie auch Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte zu hören. In den Fällen des § 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 hat sie die nach Satz 2 anzuhörenden Personen über die Erteilung einer Genehmigung zu informieren.

(4) Die landesrechtlichen Vorschriften, insbesondere über den Schutz und die Erhaltung von Denkmälern, bleiben unberührt.

(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich vorgeschriebenen einzelnen Schritten des Verfahrens noch nicht begonnen worden, können diese auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes durchgeführt werden.

(2) Die Vorschriften des Dritten Kapitels Zweiter Teil Vierter Abschnitt zur Planerhaltung sind auch auf Flächennutzungspläne und Satzungen entsprechend anzuwenden, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes in Kraft getreten sind. Unbeschadet des Satzes 1 sind auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes unbeachtliche oder durch Fristablauf unbeachtliche Fehler bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen auch weiterhin für die Rechtswirksamkeit dieser Flächennutzungspläne und Satzungen unbeachtlich. Abweichend von Satz 1 sind für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden.

(3) Auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen gelten fort.

(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt; im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren wird über die in § 172 Absatz 3 bis 5 bezeichneten Belange entschieden.

(2) Wird in den Fällen des § 172 Absatz 3 die Genehmigung versagt, kann der Eigentümer von der Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 40 Absatz 2 die Übernahme des Grundstücks verlangen. § 43 Absatz 1, 4 und 5 sowie § 44 Absatz 3 und 4 sind entsprechend anzuwenden.

(3) Vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag hat die Gemeinde mit dem Eigentümer oder sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu erörtern. In den Fällen des § 172 Absatz 4 und 5 hat sie auch Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte zu hören. In den Fällen des § 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 hat sie die nach Satz 2 anzuhörenden Personen über die Erteilung einer Genehmigung zu informieren.

(4) Die landesrechtlichen Vorschriften, insbesondere über den Schutz und die Erhaltung von Denkmälern, bleiben unberührt.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2005 - 13 K 1776/04 - geändert. Der Bescheid der Stadt Stuttgart vom 30. Januar 2002 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 5. November 2002 werden aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Antrag des Klägers vom 1. Oktober 2002 auf Erteilung einer Baugenehmigung zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Kläger und die Beklagte jeweils die Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung, den Ausbau und eine Nutzungsänderung des Hintergebäudes Marienstraße ... auf seinem Grundstück Flst.Nr. ..., Gemarkung Stuttgart (Marienstraße 41 und 43).
Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Stadtbauplans „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“, der am 24.04.1937 in Kraft getreten ist. Es ist belegt mit einem 23 m tiefen Baustreifen entlang der Marienstraße und einem 60 m tiefen rückwärtigen Bauverbot. Das Gebäude Marienstraße ... liegt vollständig innerhalb der Bauverbotszone. Es wurde im Jahre 1950 als Garagengebäude baurechtlich zugelassen. Im Jahre 1997 erhielt der Kläger die baurechtliche Genehmigung für den Umbau des vormaligen Garagengebäudes in einen Kindergarten unter Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot; die Genehmigung wurde mit dem Vorbehalt versehen, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls die Kindergartennutzung aufgegeben werde. Die für die Nutzungsänderung notwendigen baulichen Maßnahmen wurden ausgeführt, das Gebäude wurde in der Folgezeit jedoch nicht als Kindergarten genutzt. Am 05.12.2000 beschloss der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans für das Grundstück des Klägers mit dem Ziel, der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma ... ... eine Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude zu ermöglich. Die Firma gab den Standort jedoch gleichwohl auf, so dass die Planung nicht mehr weiter verfolgt wurde.
Mit dem hier in Rede stehenden Baugesuch vom 01.10.2001 beantragte der Kläger die Erteilung einer baurechtlichen Genehmigung für die Nutzungsänderung des Gebäudes Marienstraße ... in ein Bürogebäude mit Umbau und Anbau. Vorgesehen ist eine Erweiterung des Untergeschosses, die Schaffung von Pausen- und Nebenräumen dort, die Einrichtung von Büroräumen im Erdgeschoss und die Errichtung eines Anbaus auf der Südwestseite des vorhandenen Gebäudes. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30.01.2002 ab. Zwar sei eine Nutzungsänderung des bestandsgeschützten Garagengebäudes in einen Kindergarten genehmigt worden. Hierfür sei jedoch das öffentliche Interesse an einer solchen Nutzung maßgeblich gewesen, woran es bei der geplanten Büronutzung fehle. Die Voraussetzungen für eine Befreiung lägen nicht vor. Die Genehmigung der Büronutzung stellte einen Präzedenzfall dar, der den Zielen der Bauverbots widerspräche, im Innern des Quartiers eine Zone für Ruhe und Erholung zu sichern. Es liege auch kein Härtefall vor. Dem Kläger könne zugemutet werden, das Hintergebäude für andere im öffentlichen Interesse liegende Nutzungen insbesondere sozialer Art zu verwenden, falls eine Kindergartennutzung ausscheide. Demgegenüber seien die außerdem vorliegenden Verstöße gegen Abstandsvorschriften nicht erheblich für die Entscheidung, zumal sie sich nur gegenüber einem ebenfalls im Eigentum des Klägers befindlichen Nachbargrundstück auswirkten.
Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 05.11.2002 zurück. Zur Begründung führte es aus: Eine in bodenrechtlicher Hinsicht atypische Besonderheit liege nicht vor. Auf Gründe des Allgemeinwohls könne eine Befreiung vom Bauverbot für eine Nutzung des Hintergebäudes als Bürogebäude - im Unterschied zur genehmigten Kindergartennutzung - nicht gestützt werden. Eine Abweichung sei auch städtebaulich nicht vertretbar. Sie widerspräche dem Ziel des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern. Für eine unzumutbare, vom Normgeber nicht gewollte Härte gebe es keine Anhaltspunkte. Da Befreiungen nur vorhabenbezogen erteilt würden, erstrecke sich die für eine Kindergartennutzung erteilte Befreiung auch nicht auf eine Nutzung des Gebäudes als Bürogebäude. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 BauGB für die Erteilung einer Genehmigung während der Planaufstellung nicht vor. Ungeachtet des Beschlusses zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans mit dem Ziel der Umnutzung des Hintergebäudes in ein Bürogebäude fehle es bislang an der materiellen Planreife; die künftige bauplanungsrechtliche Situation sei noch ungewiss.
Mit der am 08.11.2002 erhobenen Klage hat der Kläger beantragt,
den Bescheid der Stadt Stuttgart vom 30. Januar 2002 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die baurechtliche Genehmigung entsprechend seinem Baugenehmigungsantrag vom 01.10.2001 zu erteilen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über diesen Antrag zu entscheiden.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide Klagabweisung beantragt.
Mit Urteil vom 19.07.2005 - 13 K 1776/04 - hat das Verwaltungsgericht die Klage unter anderem aus folgenden Gründen abgewiesen: Das Bauverbot sei wirksam. Der Stadtbauplan „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ aus dem Jahre 1937 sowie die Ortsbausatzung der Stadt Stuttgart vom 25.06.1935 stellten nach § 173 Abs. 3 BBauG übergeleitete Bebauungspläne dar. Der Wirksamkeit des Plans stehe nicht entgegen, dass das Original nicht mehr vorliege, weil es im Krieg zerstört worden sei. Denn der Nachweis einer planerischen Festsetzung könne auch mit Hilfe anderer Dokumente geführt werden. Hier könne die Bauverbotsfläche im Inneren des Quartiers sowie deren Umfang den bei der Beklagten geführten Planunterlagen und Lageplänen zu Baugesuchen entnommen werden. Das Bauverbot sei auch nicht funktionslos geworden. Zwar befinde sich das Hintergebäude Marienstraße ... vollständig in der Bauverbotszone. Auch das Vordergebäude Marienstraße 41 rage erheblich in diese hinein. Ferner seien in der Vergangenheit weitere Gebäude innerhalb der Verbotszone zugelassen worden, zum Beispiel Garagengebäude zu Marienstraße 43 und 37 sowie ein im rückwärtigen Bereich zur Marienstraße 33 und 35 früher vorhandenes Bürogebäude. Diese Bauten nähmen jedoch nur einen kleinen Teil der festgesetzten Bauverbotsfläche in Anspruch, so dass das städtebauliche Ziel weiterhin erreicht werden könne. Das Verfahren zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans sei für das vorliegende Baugesuch irrelevant. Es werde nicht weitergeführt. Außerdem tangierten geänderte Planungsabsichten für sich genommen nicht die Wirksamkeit eines bestehenden Bebauungsplans. Die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot komme nicht in Betracht. Sie berührte die Grundzüge der Planung. Der Bauverbotsfläche liege die Konzeption zugrunde, im Innenbereich der Bebauung entlang der Paulinen-, der Furtbach-, der Silberburg- und Marienstraße von Bebauung freizuhaltende begrünte oder zu bepflanzende Flächen zu schaffen. Diesem Konzept liefe die geplante Nutzungsänderung des Kindergartengebäudes Marienstraße ... zuwider. Denn bislang sei lediglich ein Garagengebäude und damit ein der Nutzung des Wohn- und Bürogebäudes Marienstraße 41 dienendes Nebengebäude genehmigt worden. Die baurechtliche Genehmigung für den Umbau dieses früheren Garagengebäudes in einen - nunmehr zweigeschossigen - Kindergarten sei lediglich in stets widerruflicher Weise erfolgt, um die Nutzung auf einen im öffentlichen Interesse liegenden Zweck zu beschränken. Demgegenüber sei die nunmehr beabsichtigte Nutzung als Bürogebäude eine Hauptnutzung, die lediglich im privaten Interesse des Klägers liege. Im Übrigen hätte eine Zulassung des Bürogebäudes Präzedenzwirkung mit der Folge, dass das Bauverbot letztlich wirkungslos würde.
Mit Beschluss vom 08.02.2006 - 8 S 1772/05 - hat der Senat die Berufung gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Der Beschluss wurde dem Kläger am 15.02.2006 zugestellt. Auf Antrag des Klägers vom 14.03.2006 wurde die Berufungsbegründungsfrist bis zum 29.03.2006 verlängert. Mit am 15.03.2006 eingegangenem Schriftsatz beantragt der Kläger,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2005 -13 K 1776/04 - zu ändern, den Bescheid der Stadt Stuttgart vom 13. Januar 2002 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die baurechtliche Genehmigung entsprechend seinem Baugenehmigungsantrag vom 01. Oktober 2001 zu erteilen,
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hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Bauantrag zu entscheiden.
12 
Er trägt im Wesentlichen vor: Der Stadtbauplan „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 sei unwirksam, weil das Original des Plans verloren gegangen sei. Ohne die Möglichkeit der Einsichtnahme in den Originalbebauungsplan oder eine beglaubigte Abschrift hiervon entfalle die Verkündungsfunktion. Auch sonst lägen keine Dokumente vor, mit denen der Nachweis geführt werden könnte, dass die hier in Rede stehenden Festsetzungen getroffen worden seien. Bei den im Stadtarchiv vorhandenen Unterlagen handle es sich nur um unbeglaubigte Kopien. Der von der Beklagten vorgelegte Lageplan A 2 sei eine Farbkopie und als Nachweis ungeeignet, weil es zum Zeitpunkt der Zerstörung der Originalunterlagen bei Kriegsende noch keine Farbkopierer gegeben habe. Der hierauf angebrachte Vermerk der Beklagten, mit dem die Übereinstimmung dieser Fertigung mit dem Original beurkundet werde, sei unrichtig, weil zum Zeitpunkt der Beurkundung am 30.05.2005 kein Original mehr vorhanden gewesen sei. Hinzu komme, dass er von der Beklagten voneinander abweichende Farbkopien des Lageplans A 2 mit Beurkundungsvermerken erhalten habe, in denen teilweise längst nach dem Krieg errichtete Gebäude eingezeichnet gewesen seien. Bei diesen Ausfertigungen könne es sich daher nicht um Kopien des Ursprungsplans handeln. Im Übrigen sei die der Bauverbotsfläche zugrunde liegende planerische Konzeption inzwischen überholt, weil sie nach dem Zweiten Weltkrieg nachhaltig überbaut worden sei. Wiederaufgebaut worden sei das erheblich in die Bauverbotsfläche hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41. Jeweils mit baurechtlicher Genehmigung seien in der Bauverbotszone außerdem das - streitgegenständliche - Garagengebäude ... für acht Stellplätze, eine Werkstatt und Aufenthaltsräume im Hanggeschoss sowie ein weiteres Garagengebäude für sechs Fahrzeuge, das Gebäude Marienstraße 37 bis Ende Paulinenstraße und das Gebäude Furtbachstraße 10 bis 14 bzw. 10A und 12A mit einer Garage auf den Grundstücken Flst.Nrn. ... und .../2 errichtet worden. Damit sei das Bauverbot funktionslos geworden. Da sich die nähere Umgebung als Mischgebiet darstelle, sei die beantragte Nutzung zu Bürozwecken zulässig. Unabhängig davon habe er Anspruch auf Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB. Auf den Vorbehalt des Widerrufs der Genehmigung zur Nutzung als Kindergartengebäude als Beleg für die Sicherung des öffentlichen Interesses könne die Beklagte sich nicht berufen, weil dieser Vorbehalt nur die ursprünglich beantragten Anbauten an das vorhandene Gebäude betroffen habe, die jedoch nicht zur Ausführung gelangt seien. Ungeachtet dessen habe er Anspruch auf Befreiung von der Festsetzung der Bauverbotsfläche. Mit Blick auf deren städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude als Bürogebäude genutzt werde oder ungenutzt bleibe. Es sei daher nicht nachvollziehbar, inwiefern durch die bloße Umnutzung in ein Bürogebäude die Grundzüge der Planung berührt sein könnten. Eine Befreiung hätte auch keine Präzedenzwirkung. Sein Grundstück sei in der Vergangenheit ausnahmslos im Bereich der Bauverbotszone in zulässiger Weise baulich genutzt worden, was anderen Eigentümern entgegen gehalten werden könne. Hinzu komme, dass ein Härtefall vorliege. Denn er habe das Grundstück vom Land Baden-Württemberg im Vertrauen auf die mit der Beklagten geführten Verhandlungen zu dessen Nutzung für einen Kindergarten erworben und kurz nach Erteilung der Genehmigung für ein Kindergartengebäude 1997 auch Investitionen in Höhe von 350.000,-- DM getätigt. Dass sich die Nutzung als Kindertagesstätte nicht habe realisieren lassen, habe er nicht zu vertreten.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie führt aus: In der Genehmigung des Kindergartengebäudes vom 12.02.1997 sei als „Auflage zum Baubeginn Nr. 5“ bestimmt worden, dass die Gestaltung der Freiflächen mit dem Stadtplanungsamt abzustimmen sei. Daran habe der Kläger sich jedoch nicht gehalten, so dass die Arbeiten im Freibereich eingestellt worden seien; hiergegen sei Widerspruch eingelegt worden. Zwischen dem Kläger und ihr habe es insoweit verschiedene Gerichtsverfahren gegeben; die Klageverfahren seien durch gerichtlichen Vergleich vom 08.05.2001 beendet worden. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass der streitgegenständliche Bauantrag nicht nur die Änderung der Nutzung eines schon vorhandenen Gebäudes, sondern auch deren Erweiterung im Untergeschoss und im Erdgeschoss umfasse.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Rechtsanwalt ... ist anstelle von Herrn ... als Kläger (und Berufungskläger) in das Verfahren eingetreten, weil er mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 1. Juni 2006 - 6 IN 107/06 - zum Insolvenzverwalter über dessen Vermögen ernannt wurde und erklärt hat, das Verfahren aufzunehmen (vgl. § 80 Abs. 1 InsO; §§ 167 VwGO, 240 ZPO; vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 61).
17 
Die Berufung ist zurückzuweisen, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung gemäß seinem Antrag vom 1. Oktober 2001 begehrt; denn das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das im Stadtbauplan „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ festgesetzte Bauverbot einem solchen Anspruch entgegen steht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Berufung ist jedoch im Hilfsantrag begründet. Der Kläger hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot nach § 31 Abs. 2 BauGB; hierüber hat die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
18 
1. Der Kläger hat nicht bereits deshalb - unabhängig von der Geltung des Bauverbots - Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für eine Änderung der Nutzung des als Kindergarten genehmigten Hintergebäudes Marienstraße ... zu einem Bürogebäude, weil der Gemeinderat der Beklagten im Jahre 2000 beschlossen hat, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit dem Ziel aufzustellen, eine Nutzung dieses Gebäudes gerade zu Bürozwecken zuzulassen. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB setzt die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung die begründete Annahme voraus, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegen steht (sog. materielle Planreife des Entwurfs). Nach Aktenlage hat die Beklagte hier die auf eine ganz bestimmte Situation bezogene Vorhabenplanung aufgegeben, nachdem sich die Verhältnisse durch den Wegzug der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma maßgeblich geändert haben. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Dafür spricht im Übrigen auch, dass seit dem Aufstellungsbeschluss bereits sechs Jahre vergangen sind, ohne dass das Planverfahren weiter vorangegangen wäre.
19 
2. Das Vorhaben des Klägers widerspricht dem bauplanerisch festgesetzten Bauverbot des gemäß § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan übergeleiteten Stadtbauplans „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 (vgl. zur Überleitung Urteil des Senats vom 23.01.1998 - 8 S 2447/97 -, NUR 1999, 332 m.w.N.).
20 
a) Es ist davon auszugehen, dass dieser Bebauungsplan wirksam ist, obwohl der Originalstadtbauplan während des Zweiten Weltkriegs verloren ging.
21 
Der Verlust des Bebauungsplandokuments lässt den Rechtssetzungsakt als solchen unberührt und führt daher für sich allein nicht zur Ungültigkeit oder zum Außerkrafttreten des Bebauungsplans. Entscheidend ist, ob derjenige, der sich auf eine ihm „günstige“ Festsetzung beruft, deren Vorhandensein nachweisen kann. Der Nachweis kann etwa mit Hilfe einer beglaubigten Abschrift des Originalplans oder anderer Dokumente geführt werden, welche die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben (vgl. BVerwG, Beschl. vom 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, NVwZ 1997, 890; VGH Bad.-Wttbg., Urteil vom 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -, BauR 2004, 1498 ). Die Beklagte hat hier die Existenz des oben genannten Stadtbauplans sowie dessen Festsetzung eines Bauverbots im Bereich des geplanten Vorhabens hinreichend nachgewiesen. Sie hat erklärt, dass noch vor dem Krieg eine beglaubigte und kolorierte Abschrift des - im Krieg dann verbrannten - Originalplans (Lageplans) angefertigt wurde. Auf der von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, ausweislich eines entsprechenden Vermerks vom 20.06.1938 an diesem Tag vom Stadtplanungsamt angefertigten und kolorierten Originalabschrift ist unter dem Datum 24.06.1938 deren Richtigkeit beurkundet. Dieser Abschrift - Plan mit Textteil - , die der in den Senatsakten (Bl. 99) befindlichen Kopie derselben entspricht, lässt sich ein räumlich klar umrissenes „Bauverbot O.B.S.“ im Inneren des Quartiers Marien-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße entnehmen; ferner kann zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich das Bauvorhaben des Klägers - Nutzungsänderung sowie Aus- und Umbau des Hintergebäudes Marienstraße ... - innerhalb dieser Bauverbotszone befindet.
22 
Die vom Kläger gegen die Echtheit der Originalabschrift erhobenen Einwände greifen nicht durch. Soweit die von der Beklagten vorgelegten Kopien des Stadtbauplans Beglaubigungsvermerke neueren Datums aufweisen (vgl. Bl. 99 der Senatsakten vom 30.05.2005), bestätigen sie nicht etwa die Übereinstimmung der Kopie mit dem - im Krieg vernichteten - Originalbebauungsplan, wie der Kläger wohl meint, sondern mit der noch vorhandenen Originalabschrift desselben. Wie ausgeführt, wurde auch die farbige Darstellung des Originalstadtbauplans in die vor dem Krieg angefertigte Abschrift übertragen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Tatsache, dass die Beklagte Farbkopien dieser Originalabschrift vorgelegt hat, gegen die Echtheit derselben sprechen sollte. Schließlich meint der Kläger, es könne keine vor dem Krieg angefertigte Abschrift des Originalplans geben, weil die von der Beklagten vorgelegten Kopien, welche die Originalabschrift darstellen sollten, eine unterschiedliche und zum Teil erst nach dem Krieg errichtete Bebauung zeigten. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe den jeweils aktuellen Katasterauszug über die eingescannte Originalabschrift „gelegt“, um deutlich zu machen, wie sich die tatsächliche bauliche Situation zu den planerischen Festsetzungen verhalte; so werde auch sonst verfahren. Diesen ohne weiteres plausiblen Ausführungen hat der Kläger nicht widersprochen. Die in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte Originalabschrift des Stadtbauplans weist auch sonst keine Merkmale auf, die Anlass geben könnten daran zu zweifeln, dass es sich um eine vor dem Krieg angefertigte kolorierte Abschrift des Originalplans handelt; solche hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht. Nach allem sind die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Abschrift ohne tatsächliche Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“; nach Lage der Dinge spricht nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie fundiert sein könnten. Daher handelt es sich bei dem in der mündlichen Verhandlung fürsorglich gestellten Antrag des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die vorgelegte Abschrift nicht 1938 angefertigt wurde, um einen „ins Blaue hinein“ gestellten Ausforschungsbeweis, dem der Senat nicht nachzugehen braucht (vgl. BVerwG, Beschl. vom 27.03.2000 - 9 B 518.99 - und Beschl. vom 05.11.1998 - 7 B 199/98 -; vgl. auch BGH, Urteil vom 25.04.1995 -VI ZR 178/94 -, NJW 1995, 2111).
23 
b) Das Bauverbot ist im Bereich des Bauvorhabens nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten.
24 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Realisierung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine  städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein (vgl. BVerwG, Beschl. vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411 und Beschl. vom 09.10.2003 - 4 B 85.03 -, BauR 2004, 1128; st. Rspr.).
25 
Gemessen daran ist das Bauverbot zwar im nordöstlichen Teil des Plangebiets an der Paulinenstraße etwa bis zur Höhe des Gebäudes Marienstraße 33 funktionslos geworden. Wie das der Sitzungsniederschrift als Anlage beigefügte Luftbild zeigt und der Augenschein bestätigt hat, wurde der Innenbereich des Quartiers hier flächendeckend mit mehrgeschossigen Gebäuden überbaut; die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass dies auf der Grundlage einer - mittlerweile als unwirksam angesehenen - Bauplanung erfolgt sei. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die mit dem hier in Rede stehenden Bauverbot verfolgten städtebaulichen Ziele nicht nur durch die Errichtung baulicher Anlagen, sondern auch durch deren Nutzung zu bestimmten Zwecken beeinträchtigt werden können. Denn angesichts der massiven und dichten Bebauung an der Paulinenstraße hat das Bauverbot dort unabhängig von der jeweiligen baulichen Nutzung auf unabsehbare Zeit jede städtebauliche Steuerungsfunktion verloren. Dies gilt jedoch nicht für das restliche Areal des Blockinneren. Es ist im Anschluss an die Bebauung an der Paulinenstraße in südwestlicher Richtung bis zu den Gebäuden Marienstraße 41 und ... des Klägers - außer einer mit Rasengittersteinen belegten Stellplatzanlage im hinteren Bereich des Grundstücks Marienstraße 39 - nach wie vor unbebaut (vgl. auch hierzu das oben genannte Lichtbild, das den tatsächlichen Verhältnissen entspricht). Die in einem Lageplan aus dem Jahre 1949 (Bl. 47 der Senatsakten) noch dargestellten großen baulichen Anlagen in der Bauverbotszone (Bürogebäude 33/1 auf den Grundstücken Marienstraße 33 und 35 sowie eine „Kraftwagenhalle“ auf dem Grundstück Marienstraße 43) wurden nach Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bereits vor zehn beziehungsweise acht Jahren abgerissen. Innerhalb der Bauverbotszone stehen ansonsten lediglich das hier relevante Hintergebäude Marienstraße ... und - zu einem Teil - das Vordergebäude Marienstraße 41. Diese Gebäude fallen gemessen an der Größe des noch unbebauten Teils der Bauverbotszone weder nach ihrer flächenmäßigen Ausdehnung noch nach ihrer Baumasse erheblich ins Gewicht. Sie stellen auch auf dem Baugrundstück des Klägers selbst keine flächendeckende und besonders verdichtete Bebauung dar, vielmehr sind noch größere Freiräume vorhanden, wenngleich sie teilweise versiegelt und mit Mauern, Treppen und Wegen versehen wurden. Diese Bebauung ist nicht geeignet, dem Bauverbot auf dem Grundstück des Klägers und in der näheren Umgebung auf Dauer jede städtebauliche Gestaltungsfunktion zu nehmen. Der Augenschein hat dies bestätigt.
26 
c) Das im Stadtbauplan festgesetzte Bauverbot ist auch auf das Vorhaben des Klägers anwendbar.
27 
Der Kläger meint insoweit, das Bauverbot sei nicht berührt, denn bezogen auf dessen städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude - wie von ihm beantragt - als Bürogebäude genutzt werde oder „leer stehe“. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil er nicht nur eine Umnutzung des vorhandenen Gebäudes plant, sondern im Anschluss an die südwestliche Außenwand einen Anbau errichten will. Dieser Teil des Vorhabens lässt sich auch nicht von dessen übrigen Teilen (Nutzungsänderung und -erweiterung) trennen und hinsichtlich der Anwendbarkeit des Bauverbots gesondert beurteilen. Denn der Anbau soll das Treppenhaus aufnehmen, das Zugang zu den Räumen des Gebäudes verschafft. Davon abgesehen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereit sein könnte, das Vorhaben ohne den Anbau zu verwirklichen (vgl. zu alledem Urteil des Senats vom 31.03.2006 - 8 S 1737/05 -). Es unterfällt mithin als Ganzes dem Bauverbot.
28 
Zudem hat der Kläger nicht nur beantragt, das als Kindergarten genehmigte Gebäude Marienstraße ... in den hierfür vorgesehenen Räumlichkeiten zu Bürozwecken nutzen zu dürfen, sondern auch die Genehmigung für die erstmalige Nutzung des - bislang baulich nicht genutzten - Untergeschosses als „Pausenraum“ beantragt. Diese - flächenmäßig erhebliche - Nutzungserweiterung berührt das Bauverbot unabhängig davon, ob sie - was zwischen den Beteiligten streitig ist - mit baulichen Maßnahmen verbunden ist. Die städtebauliche Zielsetzung des Bauverbots erschöpft sich hier nicht darin, die Errichtung baulicher Anlagen - etwa aus gestalterischen Gründen oder zur Sicherung von Grünflächen - zu verhindern. Das auf der Grundlage des § 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung von 1910 festgesetzte Bauverbot dient vielmehr auch dazu, im Innern der Baublöcke Zonen der Ruhe und Erholung zu sichern und zu vermeiden, dass dort ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entstehen (vgl. Häffner, Württ. Bauordnung, 1911, Bd. 1, Art. 11 Rn. 2 ff.; vgl. auch § 63 Abs. 3 der Ortsbausatzung der Beklagten zur Beschränkung von Hintergebäuden innerhalb der - hier geltenden -Baustaffel 2 und dazu Urteil des Senats vom 27.10.2000 - 8 S 714/00 -, VBlBW 2001, 185: Vermeidung einer Hinterhofsituation). Solche städtebaulichen Ziele eines Bauverbots können je nach Art und Intensität der Nutzung von in der Bauverbotszone bereits errichteten Gebäuden unterschiedlich stark beeinträchtigt werden. Hier bedarf jedoch keiner näheren Erörterung, ob es hinsichtlich des mit dem Bauverbot verfolgten Zwecks der Sicherung einer Zone für Ruhe und Erholung eine Verschlechterung der städtebaulichen Situation darstellt, wenn das Hintergebäude nicht mehr als Kindergarten-, sondern als Bürogebäude genutzt werden soll, und welche Bedeutung hierbei dem Umstand zukommt, dass für die Kindergartennutzung Befreiung aus Gründen des Allgemeinwohls erteilt wurde, während die Büronutzung allein im privaten Interesse des Klägers steht. Insoweit würde sich die Rechtsfrage stellen, ob bei einem Bauverbot, das - wie hier - auch nutzungsbezogene Zwecke verfolgt, jede Nutzungsänderung die Befreiungsfrage erneut aufwirft (so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.10.1983 - 5 S 933/83 -, BRS 40 Nr. 182) oder nur dann, wenn sich dadurch die städtebauliche Situation hinsichtlich der Schutzzwecke des Bauverbots verschlechtert (vgl. Urteil des Senats vom 10.03.1993 - 8 S 3004/92 -, VGHBW-Ls 1993, Beil. 5; vgl. auch Urteil des Senats vom 29.07.1983 - 8 S 2713/82 -, BRS 40 Nr. 181 zur fehlenden Anwendbarkeit einer nur auf das Maß der baulichen Nutzung bezogenen planerischen Beschränkung bei „reinen“ Nutzungsänderungen). Dieser Frage braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden, weil zum einen - wie dargelegt - mit dem Anbau ohne weiteres gegen das Verbot der Neuerrichtung baulicher Anlagen verstoßen wird, und weil zum anderen die erhebliche Erweiterung der Nutzung des vorhandenen Gebäudes Marienstraße ... schon für sich genommen eine Verschlechterung hinsichtlich der nutzungsbezogenen Zielsetzung des Bauverbots bedeutet.
29 
2. Allerdings liegen die Voraussetzungen für eine Befreiung von diesem Bauverbot nach Ermessen vor.
30 
a) Von den Festsetzungen eines Bebauungsplans kann gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nur dann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Dieses Erfordernis soll verhindern, dass die Befreiung als Instrument genutzt wird, um eine der Gemeinde vorbehaltene Änderung bauplanerischer Festsetzungen mit dem dafür vorgesehenen Verfahren zu ersetzen. Die Befreiung wirkt etwa dann in diesem Sinne als unzulässiger Planersatz, wenn sie aus Gründen erteilt wird, die in gleicher Weise eine Vielzahl anderer von der Festsetzung betroffener Eigentümer anführen könnten (vgl. BVerwG, Beschl. vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2324/02 -, VBlBW 2003, 438; Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 31; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 37). Eine solche Vorbildwirkung vermag eine Befreiung vom Bauverbot für das Vorhaben des Klägers hier entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu entfalten.
31 
Der Augenschein hat ergeben, dass es im Bereich der noch intakten Bauverbotszone keine weiteren Gebäude gibt, die - gegebenenfalls nach Aus- oder Umbaumaßnahmen - in vergleichbarer Weise als Büro- oder Wohngebäude genutzt werden könnten. Vielmehr könnte eine solche Nutzung auf den anderen Grundstücken innerhalb der Bauverbotszone nur dann realisiert werden, wenn ein dafür geeignetes Gebäude neu errichtet würde. Hierfür könnte eine Befreiung vom Bauverbot nicht unter Berufung auf eine dem Kläger erteilte Befreiung zur Umnutzung des vorhandenen Gebäudes begehrt werden, da die Sachverhalte auch in städtebaulicher Hinsicht nicht vergleichbar sind. Die geplante Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... zu Bürozwecken stellt auch für sich genommen keine faktische Planänderung dar. Denn sie ist nach Art und Umfang nicht geeignet, die noch intakte Zone für Ruhe und Erholung im Innern des Baublocks derart massiv zu beeinträchtigen, dass das Bauverbot dadurch wirkungslos würde.
32 
b) Die Abweichung ist zwar - im Unterschied zur vorangegangenen Genehmigung zur Nutzung des Gebäudes als Kindergarten - nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Auch liegt kein Härtefall im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vor. Das Baugrundstück weist in bodenrechtlicher Hinsicht keine Besonderheiten auf, die es im Verhältnis zu der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 06.07.1977 - 4 B 53.77 -, Buchholz 406.11 § 31 BBauG Nr. 15; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 50 f.). Der Umstand, dass bereits ein Gebäude auf der Grundlage einer Befreiung vom Bauverbot errichtet wurde, begründet keine grundstücksbezogene Atypik. Dessen fehlende Nutzbarkeit stellt im Übrigen auch deshalb keine Härte für den Kläger dar, weil ihm die Genehmigung für den Umbau des vormals als Garage genutzten Gebäudes in einen Kindergarten nur unter dem Vorbehalt erteilt wurde, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls diese Nutzung aufgegeben werde. Dies ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers eindeutig aus Ziffer 5 der Nebenbestimmungen der Baugenehmigung vom 02.09.1997 (Bl. 44 der Bauakten). Auch soweit der Kläger geltend macht, sein durch den Kauf des Grundstücks betätigtes Vertrauen auf dessen spätere Nutzung als Kindergarten sei durch das Verhalten der Beklagten enttäuscht worden, fehlt der notwendige Bezug zu einer grundstücksbezogenen Besonderheit.
33 
Die Abweichung vom Bauverbot zu dem Zweck, das Gebäude als Bürogebäude nutzen zu können, ist jedoch nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar. Dieser Befreiungsgrund ist gegeben, wenn die Abweichung - im Rahmen der Grundzüge der vorhandenen Planung - auch Gegenstand einer mit § 1 BauGB in Einklang stehenden Festsetzung des Bebauungsplans sein könnte (vgl. BVerwG, Beschl. vom 20.11.1989 - 4 B 163.89 -, NVwZ 1990, 556; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 47; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 31 Rn. 35). So liegt es hier. Das Hintergebäude Marienstraße ... ist bereits vorhanden. Es liegt nicht im Zentrum der Bauverbotszone, sondern im südwestlichen Randbereich und nimmt im Vergleich zur Größe der unbebauten Fläche im Blockinnern einen eher untergeordneten Raum ein. Schließlich ist die Bebauung auch auf dem Grundstück des Klägers selbst nicht verdichtet, sondern weist noch erhebliche Freiräume auf. Auch auf der Grundlage des Eindrucks von den konkreten örtlichen Verhältnissen, den der Senat während des Augenscheins gewonnen hat, kann daher nicht angenommen werden, dass das bauplanerisch verfolgte Ziel, im Innern des Gevierts eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern und ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu vermeiden, durch eine Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude wesentlich beeinträchtigt wird. Indiz für die städtebauliche Vertretbarkeit des Vorhabens ist im Übrigen auch der Umstand, dass der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beschlossen hat, um eine Nutzung dieses Gebäudes gerade als Bürogebäude zu ermöglichen. Zwar wurde das Planaufstellungsverfahren danach nicht mehr weiter geführt. Dies geschah aber nicht deshalb, weil grundsätzliche städtebauliche Bedenken gegen eine Nutzung des Gebäudes zu Bürozwecken aufgetreten sind. Ein weiteres Indiz dafür, dass das Vorhaben des Klägers städtebaulich noch gerechtfertigt werden kann, ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte im gegenüberliegenden nordöstlichen Randbereich der Bauverbotszone an der Paulinenstraße eine intensive Bebauung zugelassen hat. Dies und die auf dem Grundstück des Klägers bereits zugelassene Bebauung in der Verbotszone (neben dem Gebäude Marienstraße ... auch das in die Verbotszone hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41) zeigen, dass die Beklagte das städtebauliche Gewicht des Bauverbots in diesen beiden Randbereichen selbst nicht allzu hoch einschätzt. Ist das Vorhaben sonach städtebaulich vertretbar, so ist es zugleich mit den öffentlichen Belangen vereinbar; nach der konkreten örtlichen Situation ist die geplante Büronutzung schließlich weder nach der Nutzungsart noch nach ihrem Umfang geeignet, nachbarliche Belange wesentlich zu beeinträchtigen (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB).
34 
c) Auch wenn das Vorhaben danach die Grundzüge der Planung nicht berührt, städtebaulich vertretbar und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Befreiung vom Bauverbot. Die Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung steht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 31 Abs. 2 BauGB („kann“) im Ermessen der Baurechtsbehörde. Anhaltspunkte für eine Reduzierung des Ermessens „auf Null“ liegen hier nicht vor. Zwar ist das Interesse des Klägers an einer sinnvollen privaten Nutzung des vorhandenen Gebäudes durchaus von Gewicht. Es überwiegt aber, zumindest in Gestalt des konkret beantragten Vorhabens, nicht von vornherein entgegenstehende städtebauliche Belange. Immerhin bringt die vorgesehene Büronutzung ein Moment der Unruhe in das Innere des Bauquartiers, auch wenn sich dies im Wesentlichen auf das Baugrundstück selbst beschränkt und es auch keine Anhaltspunkte für die Entstehung ungesunder Arbeitsverhältnisse gibt. Die damit verbundene -räumlich begrenzte - Beeinträchtigung der Zielsetzung des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern, wird auch nicht dadurch relativiert, dass die Beklagte die Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Kindergarten zugelassen hat. Denn die hierfür erteilte Befreiung vom Bauverbot wurde darauf gestützt, dass Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Nutzung als Kindergarten erfordern (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Demgegenüber liegt es allein im privaten Interesse des Klägers, das Gebäude zu Bürozwecken nutzen zu können. Vor allem beschränkt sich die beantragte Nutzungsänderung auch nicht auf die bisher genutzten Räumlichkeiten; vielmehr soll nunmehr erstmals auch das Untergeschoss baulich genutzt werden. Diese - beträchtliche - Nutzungserweiterung berührt die Zielsetzung des Bauverbots, ohne dass der Kläger sich insoweit auf eine bloße Umnutzung bereits vorhandener Kapazitäten berufen kann.
35 
Nach allem liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Baurechtsbehörde, unter Berücksichtigung aller relevanten städtebaulichen Aspekte und der Belange des Klägers zu entscheiden, ob und in welchem Umfang Befreiung vom Bauverbot zum Zwecke einer Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude erteilt werden soll. Sie ist hierbei auch nicht gehindert, der Befreiung Nebenbestimmungen beizufügen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 31 Rn. 20, 48; zur Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Befreiungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 62). Gegebenenfalls wird auch zu prüfen sein, ob das Vorhaben die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen - etwa hinsichtlich der Stellplatzfrage - erfüllt.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
37 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,- EUR festgesetzt.
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Rechtsanwalt ... ist anstelle von Herrn ... als Kläger (und Berufungskläger) in das Verfahren eingetreten, weil er mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 1. Juni 2006 - 6 IN 107/06 - zum Insolvenzverwalter über dessen Vermögen ernannt wurde und erklärt hat, das Verfahren aufzunehmen (vgl. § 80 Abs. 1 InsO; §§ 167 VwGO, 240 ZPO; vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 61).
17 
Die Berufung ist zurückzuweisen, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung gemäß seinem Antrag vom 1. Oktober 2001 begehrt; denn das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das im Stadtbauplan „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ festgesetzte Bauverbot einem solchen Anspruch entgegen steht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Berufung ist jedoch im Hilfsantrag begründet. Der Kläger hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot nach § 31 Abs. 2 BauGB; hierüber hat die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
18 
1. Der Kläger hat nicht bereits deshalb - unabhängig von der Geltung des Bauverbots - Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für eine Änderung der Nutzung des als Kindergarten genehmigten Hintergebäudes Marienstraße ... zu einem Bürogebäude, weil der Gemeinderat der Beklagten im Jahre 2000 beschlossen hat, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit dem Ziel aufzustellen, eine Nutzung dieses Gebäudes gerade zu Bürozwecken zuzulassen. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB setzt die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung die begründete Annahme voraus, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegen steht (sog. materielle Planreife des Entwurfs). Nach Aktenlage hat die Beklagte hier die auf eine ganz bestimmte Situation bezogene Vorhabenplanung aufgegeben, nachdem sich die Verhältnisse durch den Wegzug der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma maßgeblich geändert haben. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Dafür spricht im Übrigen auch, dass seit dem Aufstellungsbeschluss bereits sechs Jahre vergangen sind, ohne dass das Planverfahren weiter vorangegangen wäre.
19 
2. Das Vorhaben des Klägers widerspricht dem bauplanerisch festgesetzten Bauverbot des gemäß § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan übergeleiteten Stadtbauplans „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 (vgl. zur Überleitung Urteil des Senats vom 23.01.1998 - 8 S 2447/97 -, NUR 1999, 332 m.w.N.).
20 
a) Es ist davon auszugehen, dass dieser Bebauungsplan wirksam ist, obwohl der Originalstadtbauplan während des Zweiten Weltkriegs verloren ging.
21 
Der Verlust des Bebauungsplandokuments lässt den Rechtssetzungsakt als solchen unberührt und führt daher für sich allein nicht zur Ungültigkeit oder zum Außerkrafttreten des Bebauungsplans. Entscheidend ist, ob derjenige, der sich auf eine ihm „günstige“ Festsetzung beruft, deren Vorhandensein nachweisen kann. Der Nachweis kann etwa mit Hilfe einer beglaubigten Abschrift des Originalplans oder anderer Dokumente geführt werden, welche die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben (vgl. BVerwG, Beschl. vom 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, NVwZ 1997, 890; VGH Bad.-Wttbg., Urteil vom 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -, BauR 2004, 1498 ). Die Beklagte hat hier die Existenz des oben genannten Stadtbauplans sowie dessen Festsetzung eines Bauverbots im Bereich des geplanten Vorhabens hinreichend nachgewiesen. Sie hat erklärt, dass noch vor dem Krieg eine beglaubigte und kolorierte Abschrift des - im Krieg dann verbrannten - Originalplans (Lageplans) angefertigt wurde. Auf der von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, ausweislich eines entsprechenden Vermerks vom 20.06.1938 an diesem Tag vom Stadtplanungsamt angefertigten und kolorierten Originalabschrift ist unter dem Datum 24.06.1938 deren Richtigkeit beurkundet. Dieser Abschrift - Plan mit Textteil - , die der in den Senatsakten (Bl. 99) befindlichen Kopie derselben entspricht, lässt sich ein räumlich klar umrissenes „Bauverbot O.B.S.“ im Inneren des Quartiers Marien-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße entnehmen; ferner kann zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich das Bauvorhaben des Klägers - Nutzungsänderung sowie Aus- und Umbau des Hintergebäudes Marienstraße ... - innerhalb dieser Bauverbotszone befindet.
22 
Die vom Kläger gegen die Echtheit der Originalabschrift erhobenen Einwände greifen nicht durch. Soweit die von der Beklagten vorgelegten Kopien des Stadtbauplans Beglaubigungsvermerke neueren Datums aufweisen (vgl. Bl. 99 der Senatsakten vom 30.05.2005), bestätigen sie nicht etwa die Übereinstimmung der Kopie mit dem - im Krieg vernichteten - Originalbebauungsplan, wie der Kläger wohl meint, sondern mit der noch vorhandenen Originalabschrift desselben. Wie ausgeführt, wurde auch die farbige Darstellung des Originalstadtbauplans in die vor dem Krieg angefertigte Abschrift übertragen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Tatsache, dass die Beklagte Farbkopien dieser Originalabschrift vorgelegt hat, gegen die Echtheit derselben sprechen sollte. Schließlich meint der Kläger, es könne keine vor dem Krieg angefertigte Abschrift des Originalplans geben, weil die von der Beklagten vorgelegten Kopien, welche die Originalabschrift darstellen sollten, eine unterschiedliche und zum Teil erst nach dem Krieg errichtete Bebauung zeigten. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe den jeweils aktuellen Katasterauszug über die eingescannte Originalabschrift „gelegt“, um deutlich zu machen, wie sich die tatsächliche bauliche Situation zu den planerischen Festsetzungen verhalte; so werde auch sonst verfahren. Diesen ohne weiteres plausiblen Ausführungen hat der Kläger nicht widersprochen. Die in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte Originalabschrift des Stadtbauplans weist auch sonst keine Merkmale auf, die Anlass geben könnten daran zu zweifeln, dass es sich um eine vor dem Krieg angefertigte kolorierte Abschrift des Originalplans handelt; solche hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht. Nach allem sind die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Abschrift ohne tatsächliche Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“; nach Lage der Dinge spricht nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie fundiert sein könnten. Daher handelt es sich bei dem in der mündlichen Verhandlung fürsorglich gestellten Antrag des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die vorgelegte Abschrift nicht 1938 angefertigt wurde, um einen „ins Blaue hinein“ gestellten Ausforschungsbeweis, dem der Senat nicht nachzugehen braucht (vgl. BVerwG, Beschl. vom 27.03.2000 - 9 B 518.99 - und Beschl. vom 05.11.1998 - 7 B 199/98 -; vgl. auch BGH, Urteil vom 25.04.1995 -VI ZR 178/94 -, NJW 1995, 2111).
23 
b) Das Bauverbot ist im Bereich des Bauvorhabens nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten.
24 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Realisierung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine  städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein (vgl. BVerwG, Beschl. vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411 und Beschl. vom 09.10.2003 - 4 B 85.03 -, BauR 2004, 1128; st. Rspr.).
25 
Gemessen daran ist das Bauverbot zwar im nordöstlichen Teil des Plangebiets an der Paulinenstraße etwa bis zur Höhe des Gebäudes Marienstraße 33 funktionslos geworden. Wie das der Sitzungsniederschrift als Anlage beigefügte Luftbild zeigt und der Augenschein bestätigt hat, wurde der Innenbereich des Quartiers hier flächendeckend mit mehrgeschossigen Gebäuden überbaut; die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass dies auf der Grundlage einer - mittlerweile als unwirksam angesehenen - Bauplanung erfolgt sei. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die mit dem hier in Rede stehenden Bauverbot verfolgten städtebaulichen Ziele nicht nur durch die Errichtung baulicher Anlagen, sondern auch durch deren Nutzung zu bestimmten Zwecken beeinträchtigt werden können. Denn angesichts der massiven und dichten Bebauung an der Paulinenstraße hat das Bauverbot dort unabhängig von der jeweiligen baulichen Nutzung auf unabsehbare Zeit jede städtebauliche Steuerungsfunktion verloren. Dies gilt jedoch nicht für das restliche Areal des Blockinneren. Es ist im Anschluss an die Bebauung an der Paulinenstraße in südwestlicher Richtung bis zu den Gebäuden Marienstraße 41 und ... des Klägers - außer einer mit Rasengittersteinen belegten Stellplatzanlage im hinteren Bereich des Grundstücks Marienstraße 39 - nach wie vor unbebaut (vgl. auch hierzu das oben genannte Lichtbild, das den tatsächlichen Verhältnissen entspricht). Die in einem Lageplan aus dem Jahre 1949 (Bl. 47 der Senatsakten) noch dargestellten großen baulichen Anlagen in der Bauverbotszone (Bürogebäude 33/1 auf den Grundstücken Marienstraße 33 und 35 sowie eine „Kraftwagenhalle“ auf dem Grundstück Marienstraße 43) wurden nach Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bereits vor zehn beziehungsweise acht Jahren abgerissen. Innerhalb der Bauverbotszone stehen ansonsten lediglich das hier relevante Hintergebäude Marienstraße ... und - zu einem Teil - das Vordergebäude Marienstraße 41. Diese Gebäude fallen gemessen an der Größe des noch unbebauten Teils der Bauverbotszone weder nach ihrer flächenmäßigen Ausdehnung noch nach ihrer Baumasse erheblich ins Gewicht. Sie stellen auch auf dem Baugrundstück des Klägers selbst keine flächendeckende und besonders verdichtete Bebauung dar, vielmehr sind noch größere Freiräume vorhanden, wenngleich sie teilweise versiegelt und mit Mauern, Treppen und Wegen versehen wurden. Diese Bebauung ist nicht geeignet, dem Bauverbot auf dem Grundstück des Klägers und in der näheren Umgebung auf Dauer jede städtebauliche Gestaltungsfunktion zu nehmen. Der Augenschein hat dies bestätigt.
26 
c) Das im Stadtbauplan festgesetzte Bauverbot ist auch auf das Vorhaben des Klägers anwendbar.
27 
Der Kläger meint insoweit, das Bauverbot sei nicht berührt, denn bezogen auf dessen städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude - wie von ihm beantragt - als Bürogebäude genutzt werde oder „leer stehe“. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil er nicht nur eine Umnutzung des vorhandenen Gebäudes plant, sondern im Anschluss an die südwestliche Außenwand einen Anbau errichten will. Dieser Teil des Vorhabens lässt sich auch nicht von dessen übrigen Teilen (Nutzungsänderung und -erweiterung) trennen und hinsichtlich der Anwendbarkeit des Bauverbots gesondert beurteilen. Denn der Anbau soll das Treppenhaus aufnehmen, das Zugang zu den Räumen des Gebäudes verschafft. Davon abgesehen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereit sein könnte, das Vorhaben ohne den Anbau zu verwirklichen (vgl. zu alledem Urteil des Senats vom 31.03.2006 - 8 S 1737/05 -). Es unterfällt mithin als Ganzes dem Bauverbot.
28 
Zudem hat der Kläger nicht nur beantragt, das als Kindergarten genehmigte Gebäude Marienstraße ... in den hierfür vorgesehenen Räumlichkeiten zu Bürozwecken nutzen zu dürfen, sondern auch die Genehmigung für die erstmalige Nutzung des - bislang baulich nicht genutzten - Untergeschosses als „Pausenraum“ beantragt. Diese - flächenmäßig erhebliche - Nutzungserweiterung berührt das Bauverbot unabhängig davon, ob sie - was zwischen den Beteiligten streitig ist - mit baulichen Maßnahmen verbunden ist. Die städtebauliche Zielsetzung des Bauverbots erschöpft sich hier nicht darin, die Errichtung baulicher Anlagen - etwa aus gestalterischen Gründen oder zur Sicherung von Grünflächen - zu verhindern. Das auf der Grundlage des § 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung von 1910 festgesetzte Bauverbot dient vielmehr auch dazu, im Innern der Baublöcke Zonen der Ruhe und Erholung zu sichern und zu vermeiden, dass dort ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entstehen (vgl. Häffner, Württ. Bauordnung, 1911, Bd. 1, Art. 11 Rn. 2 ff.; vgl. auch § 63 Abs. 3 der Ortsbausatzung der Beklagten zur Beschränkung von Hintergebäuden innerhalb der - hier geltenden -Baustaffel 2 und dazu Urteil des Senats vom 27.10.2000 - 8 S 714/00 -, VBlBW 2001, 185: Vermeidung einer Hinterhofsituation). Solche städtebaulichen Ziele eines Bauverbots können je nach Art und Intensität der Nutzung von in der Bauverbotszone bereits errichteten Gebäuden unterschiedlich stark beeinträchtigt werden. Hier bedarf jedoch keiner näheren Erörterung, ob es hinsichtlich des mit dem Bauverbot verfolgten Zwecks der Sicherung einer Zone für Ruhe und Erholung eine Verschlechterung der städtebaulichen Situation darstellt, wenn das Hintergebäude nicht mehr als Kindergarten-, sondern als Bürogebäude genutzt werden soll, und welche Bedeutung hierbei dem Umstand zukommt, dass für die Kindergartennutzung Befreiung aus Gründen des Allgemeinwohls erteilt wurde, während die Büronutzung allein im privaten Interesse des Klägers steht. Insoweit würde sich die Rechtsfrage stellen, ob bei einem Bauverbot, das - wie hier - auch nutzungsbezogene Zwecke verfolgt, jede Nutzungsänderung die Befreiungsfrage erneut aufwirft (so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.10.1983 - 5 S 933/83 -, BRS 40 Nr. 182) oder nur dann, wenn sich dadurch die städtebauliche Situation hinsichtlich der Schutzzwecke des Bauverbots verschlechtert (vgl. Urteil des Senats vom 10.03.1993 - 8 S 3004/92 -, VGHBW-Ls 1993, Beil. 5; vgl. auch Urteil des Senats vom 29.07.1983 - 8 S 2713/82 -, BRS 40 Nr. 181 zur fehlenden Anwendbarkeit einer nur auf das Maß der baulichen Nutzung bezogenen planerischen Beschränkung bei „reinen“ Nutzungsänderungen). Dieser Frage braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden, weil zum einen - wie dargelegt - mit dem Anbau ohne weiteres gegen das Verbot der Neuerrichtung baulicher Anlagen verstoßen wird, und weil zum anderen die erhebliche Erweiterung der Nutzung des vorhandenen Gebäudes Marienstraße ... schon für sich genommen eine Verschlechterung hinsichtlich der nutzungsbezogenen Zielsetzung des Bauverbots bedeutet.
29 
2. Allerdings liegen die Voraussetzungen für eine Befreiung von diesem Bauverbot nach Ermessen vor.
30 
a) Von den Festsetzungen eines Bebauungsplans kann gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nur dann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Dieses Erfordernis soll verhindern, dass die Befreiung als Instrument genutzt wird, um eine der Gemeinde vorbehaltene Änderung bauplanerischer Festsetzungen mit dem dafür vorgesehenen Verfahren zu ersetzen. Die Befreiung wirkt etwa dann in diesem Sinne als unzulässiger Planersatz, wenn sie aus Gründen erteilt wird, die in gleicher Weise eine Vielzahl anderer von der Festsetzung betroffener Eigentümer anführen könnten (vgl. BVerwG, Beschl. vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2324/02 -, VBlBW 2003, 438; Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 31; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 37). Eine solche Vorbildwirkung vermag eine Befreiung vom Bauverbot für das Vorhaben des Klägers hier entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu entfalten.
31 
Der Augenschein hat ergeben, dass es im Bereich der noch intakten Bauverbotszone keine weiteren Gebäude gibt, die - gegebenenfalls nach Aus- oder Umbaumaßnahmen - in vergleichbarer Weise als Büro- oder Wohngebäude genutzt werden könnten. Vielmehr könnte eine solche Nutzung auf den anderen Grundstücken innerhalb der Bauverbotszone nur dann realisiert werden, wenn ein dafür geeignetes Gebäude neu errichtet würde. Hierfür könnte eine Befreiung vom Bauverbot nicht unter Berufung auf eine dem Kläger erteilte Befreiung zur Umnutzung des vorhandenen Gebäudes begehrt werden, da die Sachverhalte auch in städtebaulicher Hinsicht nicht vergleichbar sind. Die geplante Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... zu Bürozwecken stellt auch für sich genommen keine faktische Planänderung dar. Denn sie ist nach Art und Umfang nicht geeignet, die noch intakte Zone für Ruhe und Erholung im Innern des Baublocks derart massiv zu beeinträchtigen, dass das Bauverbot dadurch wirkungslos würde.
32 
b) Die Abweichung ist zwar - im Unterschied zur vorangegangenen Genehmigung zur Nutzung des Gebäudes als Kindergarten - nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Auch liegt kein Härtefall im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vor. Das Baugrundstück weist in bodenrechtlicher Hinsicht keine Besonderheiten auf, die es im Verhältnis zu der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 06.07.1977 - 4 B 53.77 -, Buchholz 406.11 § 31 BBauG Nr. 15; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 50 f.). Der Umstand, dass bereits ein Gebäude auf der Grundlage einer Befreiung vom Bauverbot errichtet wurde, begründet keine grundstücksbezogene Atypik. Dessen fehlende Nutzbarkeit stellt im Übrigen auch deshalb keine Härte für den Kläger dar, weil ihm die Genehmigung für den Umbau des vormals als Garage genutzten Gebäudes in einen Kindergarten nur unter dem Vorbehalt erteilt wurde, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls diese Nutzung aufgegeben werde. Dies ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers eindeutig aus Ziffer 5 der Nebenbestimmungen der Baugenehmigung vom 02.09.1997 (Bl. 44 der Bauakten). Auch soweit der Kläger geltend macht, sein durch den Kauf des Grundstücks betätigtes Vertrauen auf dessen spätere Nutzung als Kindergarten sei durch das Verhalten der Beklagten enttäuscht worden, fehlt der notwendige Bezug zu einer grundstücksbezogenen Besonderheit.
33 
Die Abweichung vom Bauverbot zu dem Zweck, das Gebäude als Bürogebäude nutzen zu können, ist jedoch nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar. Dieser Befreiungsgrund ist gegeben, wenn die Abweichung - im Rahmen der Grundzüge der vorhandenen Planung - auch Gegenstand einer mit § 1 BauGB in Einklang stehenden Festsetzung des Bebauungsplans sein könnte (vgl. BVerwG, Beschl. vom 20.11.1989 - 4 B 163.89 -, NVwZ 1990, 556; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 47; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 31 Rn. 35). So liegt es hier. Das Hintergebäude Marienstraße ... ist bereits vorhanden. Es liegt nicht im Zentrum der Bauverbotszone, sondern im südwestlichen Randbereich und nimmt im Vergleich zur Größe der unbebauten Fläche im Blockinnern einen eher untergeordneten Raum ein. Schließlich ist die Bebauung auch auf dem Grundstück des Klägers selbst nicht verdichtet, sondern weist noch erhebliche Freiräume auf. Auch auf der Grundlage des Eindrucks von den konkreten örtlichen Verhältnissen, den der Senat während des Augenscheins gewonnen hat, kann daher nicht angenommen werden, dass das bauplanerisch verfolgte Ziel, im Innern des Gevierts eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern und ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu vermeiden, durch eine Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude wesentlich beeinträchtigt wird. Indiz für die städtebauliche Vertretbarkeit des Vorhabens ist im Übrigen auch der Umstand, dass der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beschlossen hat, um eine Nutzung dieses Gebäudes gerade als Bürogebäude zu ermöglichen. Zwar wurde das Planaufstellungsverfahren danach nicht mehr weiter geführt. Dies geschah aber nicht deshalb, weil grundsätzliche städtebauliche Bedenken gegen eine Nutzung des Gebäudes zu Bürozwecken aufgetreten sind. Ein weiteres Indiz dafür, dass das Vorhaben des Klägers städtebaulich noch gerechtfertigt werden kann, ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte im gegenüberliegenden nordöstlichen Randbereich der Bauverbotszone an der Paulinenstraße eine intensive Bebauung zugelassen hat. Dies und die auf dem Grundstück des Klägers bereits zugelassene Bebauung in der Verbotszone (neben dem Gebäude Marienstraße ... auch das in die Verbotszone hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41) zeigen, dass die Beklagte das städtebauliche Gewicht des Bauverbots in diesen beiden Randbereichen selbst nicht allzu hoch einschätzt. Ist das Vorhaben sonach städtebaulich vertretbar, so ist es zugleich mit den öffentlichen Belangen vereinbar; nach der konkreten örtlichen Situation ist die geplante Büronutzung schließlich weder nach der Nutzungsart noch nach ihrem Umfang geeignet, nachbarliche Belange wesentlich zu beeinträchtigen (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB).
34 
c) Auch wenn das Vorhaben danach die Grundzüge der Planung nicht berührt, städtebaulich vertretbar und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Befreiung vom Bauverbot. Die Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung steht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 31 Abs. 2 BauGB („kann“) im Ermessen der Baurechtsbehörde. Anhaltspunkte für eine Reduzierung des Ermessens „auf Null“ liegen hier nicht vor. Zwar ist das Interesse des Klägers an einer sinnvollen privaten Nutzung des vorhandenen Gebäudes durchaus von Gewicht. Es überwiegt aber, zumindest in Gestalt des konkret beantragten Vorhabens, nicht von vornherein entgegenstehende städtebauliche Belange. Immerhin bringt die vorgesehene Büronutzung ein Moment der Unruhe in das Innere des Bauquartiers, auch wenn sich dies im Wesentlichen auf das Baugrundstück selbst beschränkt und es auch keine Anhaltspunkte für die Entstehung ungesunder Arbeitsverhältnisse gibt. Die damit verbundene -räumlich begrenzte - Beeinträchtigung der Zielsetzung des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern, wird auch nicht dadurch relativiert, dass die Beklagte die Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Kindergarten zugelassen hat. Denn die hierfür erteilte Befreiung vom Bauverbot wurde darauf gestützt, dass Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Nutzung als Kindergarten erfordern (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Demgegenüber liegt es allein im privaten Interesse des Klägers, das Gebäude zu Bürozwecken nutzen zu können. Vor allem beschränkt sich die beantragte Nutzungsänderung auch nicht auf die bisher genutzten Räumlichkeiten; vielmehr soll nunmehr erstmals auch das Untergeschoss baulich genutzt werden. Diese - beträchtliche - Nutzungserweiterung berührt die Zielsetzung des Bauverbots, ohne dass der Kläger sich insoweit auf eine bloße Umnutzung bereits vorhandener Kapazitäten berufen kann.
35 
Nach allem liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Baurechtsbehörde, unter Berücksichtigung aller relevanten städtebaulichen Aspekte und der Belange des Klägers zu entscheiden, ob und in welchem Umfang Befreiung vom Bauverbot zum Zwecke einer Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude erteilt werden soll. Sie ist hierbei auch nicht gehindert, der Befreiung Nebenbestimmungen beizufügen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 31 Rn. 20, 48; zur Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Befreiungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 62). Gegebenenfalls wird auch zu prüfen sein, ob das Vorhaben die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen - etwa hinsichtlich der Stellplatzfrage - erfüllt.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
37 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,- EUR festgesetzt.
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Anordnung der Beseitigung eines Stellplatzes auf ihrem Grundstück Flst.-Nr. … der Gemarkung F., G.- Straße 71.
Die an der - im Stadtteil W. von Norden nach Süden verlaufenden - G.- Straße gelegenen, meist Ende des 19. oder Anfang des 20. Jahrhunderts errichteten Villengebäude sind fast durchweg etwa fünf bis sechs Meter von der straßenseitigen Grundstücksgrenze zurückversetzt. Zur Straße hin sind Vorgärten angepflanzt, über die Fußwege zum Eingang und teilweise auch gepflasterte oder geteerte Einfahrten zu neben oder hinter den Gebäuden gelegenen Garagen oder Stellplätzen führen. Das mit einer etwa 1908/10 errichteten zweigeschossigen Villa bebaute Grundstück der Klägerin befindet sich im südlichen Bereich der G.- Straße zwischen L.- und M.- . Im Norden des Grundstücks führt neben einer Zufahrt zu einer im rückwärtigen Grundstücksteil gelegenen Garage ein Fußweg zur Eingangstür des Gebäudes.
Für das Gebiet östlich und westlich der G.- Straße existiert kein unter Geltung des Bundesbaugesetzes bzw. des Baugesetzbuchs erlassener Bebauungsplan. 1881 bzw. 1882 wurden für den nördlich der L.- O. Straße gelegenen Teil der G.- Straße Straßenfluchten bzw. - kanten und, 5 bis 6 m von diesen zurückversetzt, Baufluchten festgestellt. Mit Entschließung des Großherzoglich Badischen Bezirksrats vom 26.07.1888 wurde für die - damals noch geplante - Verlängerung der G.- Straße zwischen L.- Straße und M.- Straße eine Straßenbreite von 18 m und eine „Bauflucht beiderseits auf 4,50 m Abstand hinter der Straßenkante“ festgesetzt. Am 28.11.1895 beschloss der Bezirksrat für die Ostseite der verlängerten G.- Straße eine Verlegung der Straßenkante um 1,5 m nach Westen und damit einen Abstand zwischen Straßenkante bzw. Straßenflucht und Bauflucht von 6 m.
In den Jahren 1999 bis 2000 wurde die Villa auf dem Grundstück der Klägerin renoviert und umgebaut. Am 27.10.2000 wurde vom Bauordnungsamt der Beklagten vor Ort festgestellt, dass nicht nur die Zufahrt zur Garage bzw. der Zugang zur Haustür des Gebäudes neu angelegt, sondern dass darüber hinaus, südlich anschließend, im Bereich zwischen straßenseitiger Grundstücksgrenze und der etwa 5,50 m zurückversetzten westlichen Gebäudewand, eine Fläche von etwa 5 auf 4,5 m Meter mit Pflastersteinen für einen Stellplatz bzw. Stellplätze befestigt worden war. Der Architekt der Klägerin trug dazu unter Anderem vor, die Pflasterung stelle weder ein Gebäude noch einen Bauteil dar, müsse also keine Bauflucht einhalten. Darauf, wie das Pflaster genutzt werde, komme es nicht an. Es sei außerdem von allgemeinem Interesse, dass möglichst viele Pkw auf den Grundstücken und nicht auf der Straße abgestellt würden. Schräg gegenüber, auf dem Grundstück G.- Straße …, befinde sich außerdem unmittelbar hinter dem Zaun ebenfalls ein befestigter Stellplatz, der ständig als solcher benutzt werde.
Mit Bescheid vom 16.10.2001 gab die Beklagte der Klägerin auf, die in der Vorzone des Grundstücks angelegten Stellplätze bzw. die Wendeplatte zurück zu bauen. Die Pflasterung im Bereich vor der Bauflucht und außerhalb des Zugangs zum Gebäude sowie außerhalb der Garagenzufahrt sei zu entfernen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Nach § 65 Satz 1 LBO könne der teilweise oder vollständige Abbruch einer Anlage angeordnet werden, wenn sie formell und materiell rechtswidrig sei und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände geschaffen werden könnten. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Das Grundstück liege im Bereich eines Baufluchtenplans, der beidseitig entlang der G.- Straße eine Bauflucht festsetze. Diese Bauflucht unterteile das Grundstück in eine überbaubare und eine nicht überbaubare Grundstücksfläche. Die angelegten Stellplätze lägen im Bereich der nicht überbaubaren Grundstücksfläche und widersprächen somit den Festsetzungen im Baufluchtenplan. Das Vorhaben könne auch nicht gemäß § 23 Abs. 5 BauNVO oder mit Hilfe einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zugelassen werden. Die Festsetzung einer nicht überbaubaren Grundstücksfläche im einfachen Bebauungsplan habe zur Folge, dass eine Regelung im Sinne des § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO vorliege, die eine Zulassung von baulichen Anlagen nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO ausschließe. Gründe des Wohls der Allgemeinheit, die eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erforderten, seien nicht ersichtlich, weil das Bauvorhaben ausschließlich privaten Zwecken diene. Die Befreiung wäre zudem städtebaulich nicht vertretbar, da ein Präzedenzfall für die gesamte Umgebung geschaffen würde. Es seien auch keine Gründe dafür erkennbar, dass die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offensichtlich nicht beabsichtigten Härte führen würde. Der von der Klägerin als Vergleichsfall angeführte Stellplatz auf dem Grundstück G.- Straße … sei baurechtlich nicht genehmigt und gleichfalls unzulässig. Ein baurechtliches Verfahren zur Schaffung rechtmäßiger Zustände werde eingeleitet. Im Übrigen wäre das Vorhaben auch nicht nach § 34 BauGB zulässig, da sich die bauliche Anlage nicht in den begrünten und mit Ausnahme der Grundstückszugänge unversiegelten Vorgartenbereich einfüge. Die Rückbauverfügung liege im Ermessen der Baubehörde. Ein weniger belastendes Mittel sei nicht ersichtlich. Die Verfügung sei auch angemessen, da dem harmonischen Gesamtbild der Umgebung mehr Gewicht beizumessen sei als den privaten Interessen der Grundstückseigentümerin.
Der von der Klägerin am die Klägerin am 16.11.2001 eingelegte Widerspruch wurde vom Regierungspräsidium F. mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2002 zurückgewiesen.
Am 13.01.2003 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung wird vorgetragen: Es bestünden Zweifel an der Wirksamkeit des Baufluchtenplans. So verfüge die Beklagte nicht mehr über ein Original dieses Plans. Abgesehen davon hätten Baufluchten zwar dazu geführt, dass Gebäude an dieser Linie hätten errichtet werden müssen. Dies habe aber nur für Gebäude und nicht für Nebenanlagen, insbesondere nicht für Stellplätze, gegolten. Außerdem habe es damals noch keinen Kfz-Verkehr gegeben, der planerisch hätte gesteuert werden müssen. Deswegen hätten die Interessen der Grundstückseigentümer an der Errichtung von Stellplätzen bei der Abwägung nicht berücksichtigt werden können. Voraussetzung für die Überleitung eines Plans nach § 173 Abs. 3 BBauG sei jedoch unter anderem, dass eine gerechte Abwägung der berührten privaten und öffentlichen Interessen stattgefunden habe. Die Zulässigkeit von Stellplätzen könne auch deshalb nicht nach einem Plan aus dem 19. Jahrhundert beurteilt werden, weil heute Stellplätze und Garagen bauordnungsrechtlich grundsätzlich auf den Grundstücken nachgewiesen werden müssten und die Bauleitplanung daher soweit wie möglich die Voraussetzung für die Erfüllung der Stellplatzpflicht schaffen müsse. Jedenfalls sei die Bauflucht durch abweichende tatsächliche Entwicklungen außer Kraft getreten. Der über die auf vielen Grundstücken vorhandenen Zufahrten führende Verkehr sei für die Umgebungsbebauung deutlich störender und damit städtebaulich relevanter als ein Stellplatz unmittelbar an der Straße. Die Funktionslosigkeit der Baulinie ergebe sich aber zudem aus den zahlreichen Stellplätzen, die in der G.- Straße, aber auch in angrenzenden Straßen der näheren Umgebung zugelassen worden seien bzw. zumindest geduldet würden. So fänden sich Stellplätze bzw. Garagen vor der Bauflucht auf den Grundstücken B.- Straße … und …, Sch.- Straße …, … und …, G.- Straße …, …, …, …, … und …, H.- Straße …, …, … und … sowie S.- Straße …, …, … und …. Zudem würden die vorhandenen befestigten Zufahrten im vorderen Grundstücksbereich vielfach zum Abstellen von Kraftfahrzeugen genutzt. Die Zulässigkeit des Stellplatzes richte sich daher nach § 34 BauGB. Er füge sich in die nähere Umgebung ein, weil sich schräg gegenüber ihrem Grundstück auf dem Grundstück G.- Straße 60 seit etwa vierzig Jahren ein befestigter Stellplatz befinde, der von der Beklagten geduldet werde. Bis heute habe sie nicht dessen Rückbau angeordnet. Fürsorglich werde darauf hingewiesen, dass jedenfalls eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zu gewähren wäre. Dabei sei zu berücksichtigen, dass angeboten worden sei, den Stellplatz durch eine Hecke zu verdecken, und dass direkt gegenüber bereits seit etwa 1963 ein Stellplatz bestehe. Die Beseitigungsverfügung sei zudem unbestimmt. Sie verstoße gegen Art. 3 GG, weil es im gesamten Stadtbereich eine Vielzahl von Stellplätzen außerhalb von Baufluchten gebe. Die Verfügung sei auch im Übrigen ermessensfehlerhaft.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 16.10.2001 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F. vom 09.12.2002 aufzuheben.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Ergänzend zu den Gründen in den angefochtenen Bescheiden wird dargelegt: Die Beklagte sei immer davon ausgegangen, dass die amtlich festgestellten Baufluchten überbaubare und nicht überbaubare Grundstücksflächen definierten. Dies werde durch die Genehmigungspraxis des Bauordnungsamts sowie die tatsächlichen Verhältnisse dokumentiert. So seien in der näheren Umgebung in den letzten Jahren im rückwärtigen Bereich der Grundstücke bzw. seitlich der Gebäude mehrere Garagen bzw. Stellplätze genehmigt worden (G.- Straße …, …, …, …, …, …, …, … und …), aber nie in der - abgesehen von dem Grundstück G.- Straße … - noch intakten Vorgartenzone. In Entwürfen zu einer Vorgartensatzung aus den Jahren 1982, 2000 und 2004 sei jeweils vorgesehen gewesen, die Errichtung von Garagen und Stellplätzen in den Vorzonen zu verbieten. Das Vorhaben, eine entsprechende Satzung zu erlassen, sei noch nicht aufgegeben worden; es werde aber insbesondere über die Frage diskutiert, für welche Stadtteile die Satzung gelten solle. Eine Ausnahme von der Festsetzung der Bauflucht im Baufluchtenplan gem. § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO werde nicht erteilt. Der Beklagten sei zwar insoweit ein Ermessensspielraum eröffnet, innerhalb dessen die Interessen des Bauherrn, der Nachbarn und der Allgemeinheit unter- und gegeneinander abzuwägen seien. Auch spreche für das Interesse der Klägerin, dass die Einfahrt in die Garage nicht einfach und der Stellplatz bereits fertiggestellt sei und dass dieser aufgrund der massiven Einfriedigungen nicht besonders augenfällig in Erscheinung trete. Auf der anderen Seite sei aber zu bedenken, dass die Zufahrt auch anders hätte angelegt werden können. Ferner könne der Stellplatz ohne großen Aufwand wieder beseitigt werden. Entscheidend spreche für ein Interesse der Allgemeinheit an einer Beseitigung des Stellplatzes, dass dieser trotz seiner Unauffälligkeit eine negative Vorbildwirkung ausüben würde. Eine Selbstbindung der Verwaltung bestehe nicht. Der Stellplatz auf dem Grundstück G.- Straße 60 sei ebenfalls nicht genehmigt. Die Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB oder einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB schieden aus. Ausnahmen seien im Plan nicht vorgesehen. Bei einer Befreiung wären die Grundzüge der Planung betroffen. Selbst wenn man von einer Unwirksamkeit des Baufluchtenplans ausginge, wäre das Bauvorhaben unzulässig, weil es sich nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen würde. Der Stellplatz auf dem Grundstück G.- Straße 60 wäre nur dann als vorhandene Bebauung zu berücksichtigen, wenn er von der zuständigen Behörde in einer Weise geduldet worden wäre, die keinen Zweifel daran lasse, dass sich diese mit dem Vorhandensein der Anlage abgefunden habe. Eine derartige Duldung habe hier nicht bestanden. Sie habe erst im Laufe des vorliegenden Verfahrens Kenntnis von der Anlage erhalten. Rechtmäßige Zustände könnten auch nicht auf andere Weise hergestellt werden.
13 
In der mündlichen Verhandlung hat die Kammer das Grundstück der Klägerin Flst.-Nr. …, G.- Straße …, sowie die nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
14 
Dem Gericht liegen die von der Beklagten vorgelegten Baugenehmigungsakten, die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums F. sowie die Akten des Tiefbauamts der „Hauptstadt F.“ über Straßen und Wege - W. - H.- Gebiet - aus den Jahren 1887 bis 1908 und ein von der Beklagten vorgelegtes „Straßenverzeichnis“ (jeweils ein Heft) vor. Der Inhalt dieser Akten und der Gerichtsakten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung; hierauf wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 16.10.2001 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F. vom 09.12.2002 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16 
Rechtsgrundlage der Verfügung vom 16.10.2001, mit der der Klägerin - in hinreichend bestimmter Form - aufgegeben wurde, den auf ihrem Grundstück neben der Zufahrt bzw. dem ebenfalls gepflasterten Weg zur Eingangstür ihres Gebäudes angelegten Stellplatz zurückzubauen und die Pflasterung zu entfernen, ist § 65 Satz 1 LBO. Danach kann der teilweise oder vollständige Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, angeordnet werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor (dazu unter I.); ein Ermessensfehler der Behörde ist nicht erkennbar (II.).
I.
17 
1. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. nur VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.06.2003 - 3 S 2436/02 - , BRS 66 Nr. 195, m.w.N.) setzt der Erlass einer Abbruchverfügung voraus, dass das betreffende Vorhaben nicht durch eine Baugenehmigung oder eine Zustimmung (§ 70 LBO) gedeckt ist (sog. formelle Baurechtswidrigkeit) und seit seiner Errichtung fortlaufend im Widerspruch zum materiellen Baurecht steht (materielle Baurechtswidrigkeit). Das ist hier der Fall.
18 
Die Klägerin bedurfte zur Pflasterung der etwa 22,5 qm großen Fläche südlich der Zufahrt zur Garage bzw. dem Weg zur Haustür, die unstreitig als Stellplatzfläche genutzt werden soll, zwar keiner Baugenehmigung (vgl. §§ 49 Abs. 1, 50 Abs. 1 i.V.m. Nr. 64 des Anhangs zu § 50 LBO). Der Stellplatz, der ein Vorhaben im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB darstellt (vgl. dazu Krautzberger in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: 01.09.2004, § 29 Rd.-Nrn. 28 und 50 ff., m.w.N.), widerspricht jedoch Bauplanungsrecht und ist damit materiell-rechtlich unzulässig. Seine planungsrechtliche Zulässigkeit richtet sich nach § 30 Abs. 1 BauGB, sofern und soweit vom Bestehen eines einfachen oder qualifizierten Bebauungsplans auszugehen ist, ansonsten bzw. gegebenenfalls ergänzend nach § 34 BauGB (vgl. § 30 Abs. 3 BauGB). Er verstößt gegen Festsetzungen eines Ortsstraßenplans der Beklagten aus dem Jahr 1888, der als übergeleiteter einfacher - Bebauungsplan weiterhin anzuwenden ist (dazu unter a). Im Übrigen wäre er auch bei einer Beurteilung nach § 34 BauGB nicht zulässig, weil er sich nicht in die nähere Umgebung einfügt (b).
19 
a) Der Stellplatz widerspricht der 1888 in einem Ortsstraßenplan festgesetzten Bauflucht, die zur Folge hatte und auch noch heute hat, dass der Bereich zwischen straßenseitiger Grundstücksgrenze und der östlich davon, entlang der westlichen Außenwand des heutigen Hauptgebäudes, verlaufenden Bauflucht nicht überbaubar ist.
20 
aa) Nach den von der Beklagten vorgelegten Akten des Tiefbauamts „der Hauptstadt F.“ über „Straßen und Wege, W., H.- Gebiet“ aus den Jahren 1887 bis 1908 ist davon auszugehen, dass unter Geltung des Badischen Ortsstraßengesetzes - Bad. OStrG - vom 20.02.1868 (Großherzogliches Regierungsblatt S. 286 ff.) in der Fassung vom 03.03.1880 (Gesetz- und Verordnungsblatt = G. u. V.O.B., S. 47 ff.) jedenfalls für die östlich der G.- Straße und zwischen M.- Straße sowie L.- Straße gelegenen Grundstücke in einer Entfernung von zunächst 4,5 m, später - nach Verlegung der Straßenkante bzw. -flucht durch Entscheidung vom 28.11.1895 - von 6 m von der Straßenkante, eine von Norden nach Süden verlaufende Bauflucht festgesetzt worden ist. Dabei kann offen bleiben, ob einer oder mehrere der in den Akten enthaltenen Pläne mit der betreffenden Bauflucht das Original des Ortsstraßenplans darstellen oder nur Abschriften. Allein der Verlust eines Bebauungsplandokuments kann nämlich nicht zur Annahme der Unwirksamkeit oder dem Außerkrafttreten des betreffenden Plans führen (BVerwG, Beschl. v. 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, NVwZ 1997, 890; Urt. v. 17.06.1993 - 4 C 7.91 - NVwZ 1994, 281; ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.01.1998 - 8 S 2430/97 - und v. 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -, BauR 2004, 1498 [Ls.], juris). Vielmehr kann das Bestehen einer planerischen Festsetzung auch mit Hilfe anderer Unterlagen nachgewiesen werden, die die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben. Das ist hier der Fall. Die Bauflucht östlich der G.- Straße ist Gegenstand diverser in den vorliegenden Akten enthaltener Dokumente (Abschrift der Bekanntmachung des Erkenntnisses des Bezirksrats vom 26.07.1988 über Festsetzung der Bauflucht in einer Entfernung von 4,5 m von der Straßenkante, VAS. 59; Ausfertigung einer Entscheidung des Bezirksrats vom 28.11.1895 „die Abänderung der Bauflucht an der G.- Straße betreffend“, VAS. 198; vgl. auch VAS. 181 ff., 199, 337, 347 ff.) und ist in mehreren Plänen als „beantragte Bauflucht“ (VAS. 115), als Bauflucht (VAS. 61, 65, 91, 151) bzw. als „amtlich genehmigte und beibehaltene Bauflucht“ (VAS. 191, 207) eingezeichnet. Sie ist zudem in einem Übersichtsplan neueren Datums über die in der weiteren Umgebung der G.- Straße genehmigten Straßenkanten und Baufluchten (Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26.04.2005 in diesem Verfahren) enthalten.
21 
Anhaltspunkte dafür, dass die Festsetzung unwirksam gewesen wäre, bestehen nicht. Insbesondere kann nicht allein wegen des Fehlens weiterer Unterlagen über das Feststellungsverfahren (z.B. des Großherzoglich Badischen Bezirksrats) mehr oder weniger spekulativ die Möglichkeit von Mängeln im Rechtssetzungsverfahren unterstellt werden (BVerwG, Beschl. v. 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, a.a.O.).
22 
bb) Die nach dem Badischen Ortsstraßengesetz festgesetzte Bauflucht entsprach im Wesentlichen einer Baulinie nach heutigem Recht (vgl. § 23 Abs. 1, 2 und 5 BauNVO). Sie hat zur Folge, dass der Bereich zwischen straßenseitiger Grundstücksgrenze und der östlich davon, entlang der westlichen Außenwand des Gebäudes auf dem Grundstück der Klägerin, verlaufenden Bauflucht nicht überbaubar ist.
23 
Die Festsetzung einer Bauflucht in einem Ortsstraßenplan nach dem Badischen Ortsstraßengesetz (vom 20.02.1868, vom 03.03.1880, vom 26.06.1890, vom 06.07.1896, vom 20.08.1904, vom 15.10.1908 oder später) hatte - wie heute die Festsetzung einer Baulinie (vgl. § 23 Abs. 2 BauNVO) - die Folge, dass Gebäude mit ihrer zur Straße gerichteten Gebäudewand entlang dieser Linie errichtet werden mussten. Sie durften die Linie dabei nämlich nicht nur - wie das bei Baugrenzen nach heutigem Recht der Fall ist (vgl. § 23 Abs. 3 BauNVO) - nicht überschreiten, sondern auch - wie bei Baulinien nach heutigem Recht (vgl. § 23 Abs. 2 BauNVO) - nicht hinter dieser zurückbleiben (so genannte positive Funktion der Bauflucht). Dem Wortlaut der entsprechenden Vorschriften nach (vgl. aber Walz, Badisches Ortsstraßenrecht, 1900, Art. 7, S. 119, 121; Flad, Das badische Ortsstraßengesetz, 1909, S. 214) galt diese Verpflichtung zunächst wohl nur für Gebäude und Gebäudeteile, die über die Straßenoberfläche hinausragten, und auch später nur für Gebäude. So bestimmten Art. 7 Bad. OStrG 1868 und 1880 (abgedruckt bei Walz, a.a.O.): „Den Bauunternehmern gegenüber hat die Feststellung des Bauplans die Wirkung, dass für die auszuführenden Bauten die festgesetzte Straßenhöhe und für die nach der Ortsstraße gerichtete Seite eines Gebäudes, soweit sie über die Straßenfläche hervorragt, die festgestellte Bauflucht maßgebend ist.“ § 9 Bad. OStrG 1908 (abgedruckt bei Flad, a.a.O.) lautete: „Für Bauten auf dem an die geplanten Ortsstraßen angrenzenden Gelände hat die Feststellung des Ortsstraßenplans die Wirkung, dass dafür die festgesetzte Straßenhöhe und für die nach der Ortsstraße gerichtete Gebäudeseite mit der aus Abs. 3 und 4 sich ergebenden Einschränkung die festgestellte Bauflucht maßgeblich ist“.
24 
Darüber hinaus führte eine solche, nicht mit der Straßenkante bzw. Straßenflucht zusammenfallende, Bauflucht aber dazu, dass für den zwischen Straßenflucht und Bauflucht gelegenen Bereich (der als so genannte „Vorgartenfläche“ dem Straßenkörper zuzurechnen war) grundsätzlich ein Bauverbot bestand (so genannte negative Funktion). Auch nach heutigem Recht gibt es neben der in § 23 Abs. 2 BauNVO im Wesentlichen nur die für Gebäude bzw. Gebäudeteile geregelten positiven Funktion einer Baulinie diese weitere Rechtsfolge (§ 23 Abs. 1 und 5 BauNVO; vgl. hierzu Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. 2002, § 23 Rd.-Nrn. 12.2 und 20; Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., Band 5, § 23 BauNVO Rd.-Nr. 55). Mit der Festsetzung einer Bauflucht nach dem Badischen Ortsstraßengesetz konnte nicht nur eine Fläche für eine mögliche Straßenverbreiterung freigehalten werden; vielmehr diente sie bei Wohnstraßen auch bzw. allein der Verschönerung des Straßenbilds und der Verbesserung der Licht- und Luftverhältnisse (Walz, a.a.O., S. 41 f.; vgl. auch Roth, Badische LBO, II. Aufl. 1909, S. 66 f., 242 f.). Diese negative Funktion der Straßenpläne war zwar in dem Badischen Ortsstraßengesetz zunächst nicht ausdrücklich geregelt, wurde aber in anderen Vorschriften stillschweigend vorausgesetzt. So bestimmte Art. 17 Bad. OStrG 1868, dass Eigentümer, die „einer angeordneten Vorgartenanlage wegen“ genötigt werden, „einen Teil ihres Geländes unüberbaut liegen zu lassen“, keine Entschädigung verlangen können (ähnlich § 28 Bad. OStrG 1896; vgl. zum Ganzen ausführlich Walz, a.a.O., Art. 7 , S. 114 ff., Art. 28, S. 297 ff.; Flad, a.a.O, S. 75 f., 213). In § 9 Abs. 2 Bad. OStrG 1908 wurde erstmals ausdrücklich geregelt, dass die Planfeststellung unter anderem „hinsichtlich des Vorgartengeländes die Wirkung“ hat, „dass die Überbauung sowie der Um- und Ausbau daselbst bestehender Gebäude .... untersagt ist“. Die Geltung dieses Bauverbots war dabei weder auf Gebäude noch etwa auf Bauten im Sinne der jeweils geltenden Badischen Landesbauordnung beschränkt; vielmehr erfasste es alle Maßnahmen baulicher Art, einschließlich unterirdischer, wie zum Beispiel Keller. Das „Vorgartengelände“ war insgesamt nicht überbaubar (vgl. dazu ausführlich Walz, a.a.O., Art. 28, 299 ff.; ähnlich heute: vgl. § 23 Abs. 5 BauNVO, vgl. Bielenberg, a.a.O., BauNVO, § 23 Rd.-Nr. 55). Ausgenommen waren anfänglich allenfalls Einfriedigungen oder solche Bauten, die mit der Bestimmung einer Ortsstraße vereinbar oder geradezu als „Zubehör“ einer solchen anzusehen seien, z.B. Anschlagsäulen, Bedürfnisanstalten, öffentliche Denkmäler, Ruhebänke, Marktstände (so Walz, a.a.O., Art. 28, S. 303 ff., 318). Ab Inkrafttreten des Ortsstraßengesetzes vom 15.10.1908 konnten außerdem unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen gestattet werden (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 Bad. OStrG 1908).
25 
cc) Der Ortsstraßenplan aus dem Jahr 1888 mit der über das Grundstück der Klägerin führenden Bauflucht ist mit den angeführten Rechtsfolgen nach § 173 des Bundesbaugesetzes - BBauG - 1960 wirksam übergeleitet worden und heute noch als so genannter einfacher Bebauungsplan zu beachten.
26 
Nach § 173 Abs. 3 BBauG 1960 gelten bei Inkrafttreten des Gesetzes (gemeint ist das Inkrafttreten des Ersten bis Dritten Teils des BBauG 1960 am 29.06.1961) bestehende baurechtliche Vorschriften und festgestellte städtebauliche Pläne als Bebauungspläne fort, soweit sie verbindliche Regelungen der in § 9 BBauG 1960 bezeichneten Art enthalten, also einen Inhalt hatten, der nach § 9 BBauG 1960 Inhalt eines Bebauungsplans sein kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.10.1972 - IV C 14.71 -, BVerwGE 41, 67). Das ist bei der im Ortsstraßenplan festsetzten Bauflucht der Fall (vgl. § 9 Abs. 1 b BBauG 1960).
27 
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Plan deshalb nicht wirksam übergeleitet worden wäre, weil er zum Zeitpunkt seiner Feststellung - nach den damals geltenden Anforderungen - oder aber zum Zeitpunkt der Überleitung nicht dem Gebot gerechter Abwägung der berührten Belange entsprochen hätte (vgl. zu den Anforderungen im Einzelnen BVerwG, Urt. v. 20.10.1972 - IV C 14.71 -, a.a.O., und v. 11.05.1973 - IV C 39.70 -, Buchholz 406.11 § 173 BBauG Nr. 12). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an den Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis nicht den Maßstäben des Bundesbaugesetzes 1960 oder des Baugesetzbuchs entsprechen können und müssen (BVerwG, Beschl. v. 29.12.1988 und v. 20.10.1972, a.a.O.). Da bei übergeleiteten alten Plänen der Abwägungsvorgang regelmäßig - und so auch im vorliegenden Fall - nicht mehr nachvollzogen werden kann, weil er nicht oder nicht vollständig dokumentiert ist oder weil eine solche Dokumentation untergegangen ist, kommt dem im Inhalt des Plans zum Ausdruck kommenden Abwägungsergebnis die maßgebliche Bedeutung für die Beurteilung einer rechtsstaatlichen Abwägung zu. Eine Überleitung kommt hiernach (nur) dann nicht in Betracht, wenn sich aus den konkreten Festsetzungen des betreffenden Plans ergibt, dass der Ausgleich der konkurrierenden Interessen außer Verhältnis zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange steht bzw. stand (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.10.1972, a.a.O.). Das ist hier nicht ersichtlich. Insbesondere kann nicht allein aufgrund der Tatsache, dass Stellplätze für Kraftfahrzeuge zum Zeitpunkt der Festsetzung der Bauflucht nicht bekannt waren und deren planerische Bedeutung nicht nur wegen der Zunahme des Verkehrs, sondern auch wegen der bauordnungsrechtlichen Stellplatzpflicht erst später immer mehr zunahm, auf einen relevanten Abwägungsfehler geschlossen werden. Abgesehen davon, dass es auch Ende des 19. Jahrhunderts bereits Abstellplätze bzw. Remisen für Droschken und Kutschen gegeben haben dürfte, ist es bauplanerischen Festsetzungen immanent, dass bei ihrem Erlass nicht immer jede zukünftige Entwicklung vorhergesehen und in die Abwägung einbezogen werden kann. Auch zum Zeitpunkt der Überleitung 1960 erscheint die Festsetzung von ihrem Ergebnis her nicht abwägungsfehlerhaft. Schließlich ist zu bedenken, dass im rückwärtigen Bereich der Grundstücke in der Regel genügend Raum für Stellplätze und Garagen vorhanden war und dieser offensichtlich auch als solcher genutzt wurde (nach den vorliegenden Kopien alter Pläne für die etwa 1908 bis 1910 errichtete Villa des Klägers war bereits damals im Keller ein „Automobilraum“ mit einer Zufahrt von Westen her vorhanden, vgl. AS. 49 der Baugenehmigungsakten).
28 
Der danach wirksam übergeleitete Plan gilt gemäß § 233 Abs. 3 BauGB weiter fort. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist er auch nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Allein das Verstreichen eines langen Zeitraums führt nicht zum Unwirksamwerden einer bauplanungsrechtlichen Festsetzung. Funktionslos kann ein Plan oder können einzelne Festsetzungen eines Plans zwar werden, wenn die Festsetzungen auf unabsehbare Zeit schlechterdings nicht mehr realisiert werden können, ihre sinnvolle Durchsetzung mithin gänzlich unmöglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BRS 32 Nr. 28). Die tatsächliche Bebauung entlang der G.- Straße hat sich aber hier nicht in einer solchen Weise entwickelt, dass die festgesetzte, östlich der G.- Straße von der M.- Straße bis zur L.- Straße führende Bauflucht erkennbar aufgegeben worden wäre oder sich nicht mehr verwirklichen ließe.
29 
Die Auswirkungen der Festsetzungen aus den Jahren 1888 auf die Anordnung der vorhandenen Gebäude und baulichen Anlagen sind im Gegenteil sehr deutlich erkennbar. Die Kammer hat bei der Inaugenscheinnahme des Grundstücks der Klägerin und der näheren Umgebung in der mündlichen Verhandlung festgestellt, dass - abgesehen von untergeordneten Gebäudeteilen wie Erkern - alle Hauptgebäude mit ihrer straßenseitigen Gebäudewand einen Abstand von etwa 5,50 m zur Grenze des Grundstücks zum angrenzenden Gehweg einhalten. Warum der Abstand nicht 6 m beträgt, wie im Ortsstraßenplan in der Fassung von 1895 vorgesehen, kann hier offen bleiben; möglicherweise wurde wegen des Gehwegs eine Verbreiterung der Straßenfläche erforderlich.
30 
Die Bauflucht ist im Übrigen auch hinsichtlich ihrer weiteren Rechtsfolge eines Bauverbots für den Bereich zwischen Bauflucht und Straßenkante - heute Grundstücksgrenze - ersichtlich weiter relevant. Dieser Bereich ist bei allen östlich der G.- Straße zwischen der M.- Straße und der L.- Straße gelegenen Grundstücken als Vorgarten angelegt und genutzt (G.- Straße …, …, …, … und …) bzw. begrünt (nicht bebautes, im rückwärtigen Bereich als Parkplatz genutztes Grundstück Flst.-Nr. …). Die in der „Vorzone“ vorhandenen Einfriedigungen und Zufahrten zu hinter der Bauflucht gelegenen Stellplätzen und die Zugänge zu den Hauseingängen konnten wohl - wie ausgeführt - als Ausnahmen zugelassen werden .(z.B. nach § 9 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Bad. OStrG 1908). Ihr Vorhandensein beeinträchtigt jedenfalls - im Gegensatz zu Stellplätzen für Kraftfahrzeuge - das mit der Festsetzung einer Bauflucht ebenfalls verfolgte Ziel der Verschönerung des Straßenbilds nur unerheblich und führt daher nicht zur Funktionslosigkeit der Bauflucht.
31 
Auch die Tatsache, dass im hier zu betrachtenden Abschnitt zwischen der M.- Straße und der L.- Straße auf einem Grundstück, dem Grundstück Flst.-Nr. …, G.- Straße …, einer der Stellplätze etwa einen halben bis einen Meter in diese „Vorgartenzone“ hineinragt, bedeutet nicht, dass das durch die Bauflucht bewirkte Bauverbot insgesamt unwirksam geworden wäre.
32 
dd) Der danach weiter zu beachtenden Bauflucht widerspricht der auf dem Grundstück der Klägerin bereits angelegte Stellplatz, weil er vor dieser und damit auf einer nicht überbaubaren Fläche errichtet wurde. Wie ausgeführt, galt und gilt das als Folge der Bauflucht bestehende Bauverbot für die Fläche zwischen Bauflucht und Straßenkante grundsätzlich für jede bauliche Anlage, vor allem auch für einen Stellplatz. Dabei ist nicht nur die mit Pflastersteinen oder mit anderen Materialien befestigte Erdoberfläche in den Blick zu nehmen, sondern auch dessen bestimmungsgemäße Nutzung zum regelmäßigen Abstellen eines Kraftfahrzeugs zu berücksichtigen (vgl. § 2 Abs. 8 Satz 1 LBO, Sauter, LBO, Stand: Dez. 2004, § 2 Rd.-Nr. 104).
33 
b) Die Beklagte hat im Übrigen zu Recht darauf abgestellt, dass der Stellplatz selbst dann als planungsrechtlich unzulässig anzusehen wäre, wenn der Ortsstraßenplan mit der Bauflucht aus dem 19. Jahrhundert wegen anfänglicher Unwirksamkeit, fehlender Überleitung oder nachträglichem Außerkrafttreten nicht anzuwenden wäre. Er wäre dann insgesamt nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen. Der Stellplatz fügt sich jedoch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht ein im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
34 
Nach dieser Vorschrift ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Zur näheren Umgebung zu rechnen sind dabei nach Auffassung der Kammer bei der hier streitigen Frage, ob die Errichtung eines Stellplatzes hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche im Bereich zwischen Straße und Hauptgebäude bauplanungsrechtlich zulässig ist, nur die östlich der G.- Straße gelegenen Grundstücke G.- Straße …, …, … und … . Nach Westen hin stellt die G.- Straße insoweit eine deutlich Zäsur da, nach Norden das Wegegrundstück Flst.-Nr. … (auf dem früher eine Bahnlinie verlief) und das unbebaute Grundstück Flst.-Nr. … . Die danach maßgebliche Umgebungsbebauung entspricht der, die sich bei Festsetzung einer Baulinie nach heutigem Recht ergäbe (vgl. zu „faktischen Baugrenzen oder Baulinien“: BVerwG, Urt. v. 21.11.1980 - 4 C 30.78 -, DVBl 1981, 100; Beschl. v. 23.11.1998 - 4 B 29.98 -, NVwZ-RR 1999, 364 u.v. 06.11.1997 - 4 B 172.97 -, NVwZ-RR 1998, 539; Söfker, a.a.O., § 34 Rd.-Nr. 47). Wie ausgeführt, befinden sich die straßenseitigen Außenwände der vorhandenen Gebäude in einer Entfernung von etwa 5,50 m zum Gehweg. Die Vorgärten bzw. der Bereich vor dieser Linie sind jeweils als Garten angelegt und bei allen Grundstücken - bis auf die Einfriedigungen an der straßenseitigen Grundstücksgrenze und die Zufahrten zu Stellplätzen oder Garagen im hinteren Bereich der Grundstücke sowie die Fußwege zu den Gebäuden - frei von baulichen Anlagen. In die so geprägte nähere Umgebung fügt sich ein Stellplatz im Vorgarten hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht ein. Dabei ist auch insoweit nicht allein die Pflasterung maßgeblich, sondern die Nutzung als Abstellplatz. Wie ausgeführt, ist ein Stellplatz nämlich zur Nutzung zum regelmäßigen Abstellen eines Kraftfahrzeugs bestimmt und unterscheidet sich dadurch maßgeblich von den Zufahrten, selbst wenn darauf ab und zu vorübergehend Kraftfahrzeuge, zum Beispiel von Besuchern, geparkt werden sollten.
35 
Die Kammer weist ergänzend darauf hin, dass der Stellplatz auf dem Grundstück der Klägerin selbst dann nicht nach § 34 BauGB planungsrechtlich zulässig wäre, wenn man zur maßgeblichen Umgebungsbebauung zudem die westlich der G.- Straße gelegenen Grundstücke G.- Straße …, …, …, … und … rechnen würde. Auch auf diesen Grundstücken ist die Bauflucht deutlich zu erkennen. Allerdings befindet sich auf dem Grundstück G.- Straße … direkt hinter dem straßenseitigen Zaun ein Stellplatz. Dieser ist jedoch nach dem Vortrag der Beklagten weder genehmigt noch will sie ihn dulden. Der Eigentümer des Grundstücks wurde bereits zur Frage einer Beseitigung angehört. Der Vertreter der Klägerin hat zwar in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass dem Bauordnungsamt vom Eigentümer des Grundstücks G.- Straße … bereits 1982 im Zusammenhang mit einem Antrag auf Abgeschlossenheitsbescheinigung Pläne und Photos mit dem Stellplatz vorgelegt worden seien und ausweislich eines Vermerks damals eine Ortsbesichtigung durchgeführt worden sei, so dass das Bauordnungsamt Kenntnis von dem Stellplatz gehabt habe. Nicht genehmigte und nicht genehmigungsfähige bauliche Anlagen sind jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sie von den zuständigen Behörden in einer Weise geduldet werden, die keinen Zweifel daran lässt, dass sie sich mit dem Vorhandensein der betreffenden Anlage abgefunden haben (BVerwG, Urt. v. 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rd.-Nr. 35 m.w.N.). Davon kann hier wohl eher nicht ausgegangen werden. Letztlich kann diese Frage hier aber offen bleiben. Abgesehen davon steht der Stellplatz auf dem Grundstück G.- Straße … nämlich in einem solchen Kontrast zu der übrigen Bebauung, dass er als Fremdkörper unbeachtlich wäre (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.02.2000 - 4 B 1.00 -, BRS 63 Nr. 102, m.w.N.).
36 
2. Es ist nicht erkennbar, dass auf andere Weise als durch eine Beseitigung des Stellplatzes wieder rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (§ 65 Satz 1 LBO).
37 
Ein bloße Nutzungsuntersagung wäre kaum kontrollierbar und daher kein geeignetes Mittel zur Schaffung rechtmäßiger Zustände. Geht man von der Geltung der 1888 festgestellten Bauflucht als übergeleitete planerische Festsetzung aus, käme zwar neben einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB (vgl. dazu unten) eine Genehmigung des Stellplatzes unter Erteilung einer Ausnahme in Betracht. Die Erteilung einer solchen Ausnahme hat die Beklagte auch inzident geprüft, aber abgelehnt. Diese Entscheidung lässt sich rechtlich nicht beanstanden. Dabei kann offen bleiben, ob eine entsprechende ausnahmsweise Zulassung in entsprechender Anwendung von Art. 7 Abs. 2 Bad. OStrG 1868/1880/1890, nach § 9 Abs. 4 Bad. OStrG 1908 oder nach § 23 Abs. 5 BauNVO (i.d.F. v. 26.06.192 oder in der heute geltenden Fassung) und ob die jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Denn nach all diesen Vorschriften steht die Bewilligung einer Ausnahme im Ermessen der Behörde (zu Art. 7 Abs. 2 Bad. OStrG 1896 vgl. Walz, a.a.O., Art. 7, S. 126 f.; im Übrigen ergibt sich das aus dem Wortlaut der jeweiligen Vorschrift) und sind bei der Entscheidung vergleichbare Kriterien heranzuziehen. Die entsprechenden Ermessenserwägungen der Beklagten zu § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO lassen sich nicht beanstanden. Die Beklagte hat das städtebauliche (öffentliche) Interesse an der Einhaltung des Bauverbots für den Vorgartenbereich - das gegebenenfalls in Einklang steht mit den Interessen anderer Straßenanlieger, welche in Beachtung der festgesetzten Bauflucht auf eine Bebauung ihres Grundstücks über die Bauflucht hinaus verzichtet haben und welche die durch die Baulinie geschaffene Vorgartenzone erhalten wissen wollen - gegen das Interesse der Klägerin an der Errichtung des Stellplatzes ermessensfehlerfrei abgewogen. Dabei durfte sie insbesondere darauf abstellen, dass der Stellplatz trotz seiner Unauffälligkeit eine „negative Vorbildwirkung“ ausüben würde, weil dann auch ähnliche andere Vorhaben genehmigt (oder zumindest geduldet) werden müssten, was zu einem grundlegenden Wandel des Erscheinungsbilds der G.- Straße führen würde. In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten verdeutlicht, dass demgegenüber dem - mit dem privaten Interesse der Klägerin an der Herstellung auf ihrem Grundstück einher gehenden - öffentlichen Interesse an der Entlastung des öffentlichen Verkehrsraums vom ruhenden Verkehr weniger Bedeutung beigemessen werde. Tatsächlich kommt diesem Interesse auch seit der Novellierung der Landesbauordnung im Jahr 1995 ein anderer (geringerer) Stellenwert zu, als das früher der Fall war (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.11.1978, BauR 1979, 219 ). So hat die (neue) Regelung in § 37 Abs. 1 LBO - trotz (bekanntermaßen) weiterhin gestiegener Kfz-Zulassungen pro Haushalt - eine Reduzierung der Zahl der notwendigen Stellplätze pro Wohnung bewirkt und bei sonstigen Stellplätzen hat der Gesetzgeber den Gemeinden in § 74 Abs. 2 Nrn. 3, 5 und 6 LBO ein Instrumentarium zur Einschränkung der Stellplätze auf Privatgrundstücken an die Hand gegeben, um u. a. aus städtebaulichen Gründen Anreize zur Verminderung des Individualverkehrs zu setzen (vgl. Sauter, a.a.O., § 74 Rd.-Nrn. 70 f.).
38 
Die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen aus den von der Beklagten im Bescheid vom 16.10.2001 angeführten Gründen nicht vor. Abgesehen davon, dass durch eine Befreiung wohl die Grundzüge der Planung berührt wären, erfordern weder Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Befreiung (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB) noch führt das wegen der Bauflucht für die Vorzone geltende Bauverbot zu einer offenbar nicht beabsichtigte Härte (§ 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB). Eine Abweichung wäre wegen der angeführten negativen Vorbildwirkung auch nicht städtebaulich vertretbar (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB).
II.
39 
Die Beseitigungsanordnung ist ermessensfehlerfrei erfolgt.
40 
Sie verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es ist schon kein tatsächlich gleich gelagerter Fall bekannt oder von Seiten der Klägerin vorgetragen, in dem die Beklagte einen Stellplatz genehmigt oder in einer Weise geduldet hat, dass dessen Beseitigung nicht mehr verlangt werden könnte. Bezüglich des schräg gegenüber dem Grundstück der Klägerin auf dem Grundstück G.- Straße … vorhandenen Stellplatzes ist ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit eingeleitet worden, das lediglich im Hinblick auf das vorliegende Verfahren ruht. Abgesehen davon wurde er nach den Angaben der Klägerin bereits 1963 errichtet. Bei der Entscheidung über den Erlass einer Abbruch- bzw. Beseitigungsverfügung kann aber der Zeitpunkt der Errichtung der betreffenden baulichen Anlage ein maßgeblicher Gesichtspunkt sein. Insoweit besteht ein wesentlicher Unterschied zum vorliegenden Fall. Soweit die Klägerin auf Stellplätze in der weiteren Umgebung ihres Grundstücks oder gar im gesamten Stadtgebiet abhebt, verkennt sie, dass diese sich von dem ihren von der Sach- und von der Rechtslage her ebenfalls unterscheiden dürften. So gibt es zum Beispiel Straßen, entlang derer die Gebäude zwar eine Bauflucht einhalten, davor aber keine durchgehend grüne Vorgartenzone mehr besteht, weil diese ganz oder teilweise bebaut oder befestigt wurde. In solchen Fällen kann die Errichtung eines Stellplatzes durchaus materiell-rechtlich zulässig sein. Selbst wenn die Beklagte aber in der Vergangenheit - etwa wegen einer anderen Gewichtung der Bedeutung von unbebauten „Vorzonen“ - einzelne Stellplätze genehmigt oder geduldet haben sollte, würde dies im Übrigen nicht bedeuten, dass sie nicht im Hinblick auf geänderte Konzepte oder tatsächliche Umstände, wie etwa die Schaffung von Anliegerparkplätzen, nicht mehr gegen rechtswidrige Stellplatzflächen vorgehen dürfte.
41 
Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte noch in den letzten Jahren in vergleichbaren Fällen entsprechende Stellplätze entlang von Straßen mit einer festgesetzten Bauflucht nach dem Badischen Ortsstraßengesetz oder einer Baulinie nach heutigem Recht und im wesentlichen noch durchgehend begrünten Vorgärten zugelassen hätte. Der Vertreter der Beklagten hat vielmehr deutlich gemacht, dass es ein besonderes Anliegen der Beklagten sei, die noch intakten Vorgärten als solche zu erhalten und zu schützen. Deswegen sei schon seit mehr als zwei Jahrzehnten vorgesehen, eine „Vorgartensatzung“ zu erlassen, nach der unter Anderem die Errichtung von Stellplätzen im „Vorgartenbereich“, also unabhängig davon, ob eine Baulinie/Bauflucht besteht - verboten werden solle. Im September 2004 sei ein entsprechender Entwurf Tagesordnungspunkt einer Bauausschusssitzung gewesen, jedoch im Hinblick auf die streitige Frage, welche Stadtteile in den Geltungsbereich einbezogen werden sollten, abgesetzt worden. Das Vorhaben, eine solche entsprechende Satzung zu erlassen, sei aber damit nicht aufgegeben worden.
42 
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist auch nicht deswegen anzunehmen, weil der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht ausschließen konnte, dass es im Stadtgebiet weitere, dem Bauordnungsamt jedoch nicht bekannte Stellplätze geben könnte, deren Beseitigung verlangt werden müsste, und erläuterte, dass man nicht über genügend Personal verfüge, um diesbezüglich regelmäßige Kontrollen durchzuführen. Es liegt nämlich auf der Hand, dass es der Baurechtsbehörde nicht möglich ist, in regelmäßigen Abständen sämtliche baulichen Anlagen in ihrem Zuständigkeitsbereich auf ihre formelle und materielle Baurechtswidrigkeit zu überprüfen. Es verstößt daher nicht gegen das Willkürverbot, wenn sie sich grundsätzlich darauf beschränkt, bei konkretem Anlass, zum Beispiel nach einer Feststellung anlässlich einer Ortsbesichtigung, einem Baugenehmigungsverfahren o. Ä., eine Überprüfung einzuleiten (vgl. dazu Sauter, a.a.O., § 65 Rd.-Nrn. 54 ff., m.w.N.). Das ist den Angaben des Vertreters der Beklagten nach der Fall. Sobald bekannt werde, dass ein baurechtlich nicht zulässiger Stellplatz in ähnlichen Fällen im Vorgartenbereich errichtet worden sei oder errichtet werde, schreite das Bauordnungsamt dagegen ein bzw. leite eine Überprüfung ein.
43 
Auch im Übrigen sind keine Ermessensfehler ersichtlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Baurechtsbehörde grundsätzlich in Übereinstimmung mit dem Zweck der Ermächtigung und damit rechtmäßig handelt, wenn sie die Beseitigung einer im Widerspruch zum materiellen Baurecht errichteten Anlage anordnet. Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn ganz konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -, BRS 66 Nr. 195, m.w.N.; Sauter, a.a.O., § 65 Rd.-Nr. 44 m.w.N.).
44 
Es ist daher insgesamt nicht zu beanstanden und insbesondere mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu vereinbaren, dass die Beklagte dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung einer unbebauten Vorgartenzone und dem „harmonischen Gesamtbild der Umgebung“ (Bescheid v. 16.10.2001) größeres Gewicht beigemessen hat als dem der Klägerin an der Errichtung eines Stellplatzes. Dabei dürfte der Vorzone entlang der G.- Straße eine besondere Bedeutung zuzumessen sein, weil der Charakter dieser Straße nicht nur durch die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts errichteten auffallenden Villen und Gebäude, sondern auch durch die begrünten Vorgärten maßgeblich bestimmt wird.
45 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
46 
Die Zulassung der Berufung beruht darauf, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Frage, ob eine nach dem Badischen Ortsstraßengesetz festgesetzte und übergeleitete Bauflucht die Folge hat, dass die Errichtung eines Stellplatzes im Bereich zwischen Straßenflucht und Bauflucht planungsrechtlich unzulässig ist, in der (ober- und höchstrichterlichen) Rechtsprechung nicht hinreichend geklärt ist.

Gründe

 
15 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 16.10.2001 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F. vom 09.12.2002 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16 
Rechtsgrundlage der Verfügung vom 16.10.2001, mit der der Klägerin - in hinreichend bestimmter Form - aufgegeben wurde, den auf ihrem Grundstück neben der Zufahrt bzw. dem ebenfalls gepflasterten Weg zur Eingangstür ihres Gebäudes angelegten Stellplatz zurückzubauen und die Pflasterung zu entfernen, ist § 65 Satz 1 LBO. Danach kann der teilweise oder vollständige Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, angeordnet werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor (dazu unter I.); ein Ermessensfehler der Behörde ist nicht erkennbar (II.).
I.
17 
1. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. nur VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.06.2003 - 3 S 2436/02 - , BRS 66 Nr. 195, m.w.N.) setzt der Erlass einer Abbruchverfügung voraus, dass das betreffende Vorhaben nicht durch eine Baugenehmigung oder eine Zustimmung (§ 70 LBO) gedeckt ist (sog. formelle Baurechtswidrigkeit) und seit seiner Errichtung fortlaufend im Widerspruch zum materiellen Baurecht steht (materielle Baurechtswidrigkeit). Das ist hier der Fall.
18 
Die Klägerin bedurfte zur Pflasterung der etwa 22,5 qm großen Fläche südlich der Zufahrt zur Garage bzw. dem Weg zur Haustür, die unstreitig als Stellplatzfläche genutzt werden soll, zwar keiner Baugenehmigung (vgl. §§ 49 Abs. 1, 50 Abs. 1 i.V.m. Nr. 64 des Anhangs zu § 50 LBO). Der Stellplatz, der ein Vorhaben im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB darstellt (vgl. dazu Krautzberger in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: 01.09.2004, § 29 Rd.-Nrn. 28 und 50 ff., m.w.N.), widerspricht jedoch Bauplanungsrecht und ist damit materiell-rechtlich unzulässig. Seine planungsrechtliche Zulässigkeit richtet sich nach § 30 Abs. 1 BauGB, sofern und soweit vom Bestehen eines einfachen oder qualifizierten Bebauungsplans auszugehen ist, ansonsten bzw. gegebenenfalls ergänzend nach § 34 BauGB (vgl. § 30 Abs. 3 BauGB). Er verstößt gegen Festsetzungen eines Ortsstraßenplans der Beklagten aus dem Jahr 1888, der als übergeleiteter einfacher - Bebauungsplan weiterhin anzuwenden ist (dazu unter a). Im Übrigen wäre er auch bei einer Beurteilung nach § 34 BauGB nicht zulässig, weil er sich nicht in die nähere Umgebung einfügt (b).
19 
a) Der Stellplatz widerspricht der 1888 in einem Ortsstraßenplan festgesetzten Bauflucht, die zur Folge hatte und auch noch heute hat, dass der Bereich zwischen straßenseitiger Grundstücksgrenze und der östlich davon, entlang der westlichen Außenwand des heutigen Hauptgebäudes, verlaufenden Bauflucht nicht überbaubar ist.
20 
aa) Nach den von der Beklagten vorgelegten Akten des Tiefbauamts „der Hauptstadt F.“ über „Straßen und Wege, W., H.- Gebiet“ aus den Jahren 1887 bis 1908 ist davon auszugehen, dass unter Geltung des Badischen Ortsstraßengesetzes - Bad. OStrG - vom 20.02.1868 (Großherzogliches Regierungsblatt S. 286 ff.) in der Fassung vom 03.03.1880 (Gesetz- und Verordnungsblatt = G. u. V.O.B., S. 47 ff.) jedenfalls für die östlich der G.- Straße und zwischen M.- Straße sowie L.- Straße gelegenen Grundstücke in einer Entfernung von zunächst 4,5 m, später - nach Verlegung der Straßenkante bzw. -flucht durch Entscheidung vom 28.11.1895 - von 6 m von der Straßenkante, eine von Norden nach Süden verlaufende Bauflucht festgesetzt worden ist. Dabei kann offen bleiben, ob einer oder mehrere der in den Akten enthaltenen Pläne mit der betreffenden Bauflucht das Original des Ortsstraßenplans darstellen oder nur Abschriften. Allein der Verlust eines Bebauungsplandokuments kann nämlich nicht zur Annahme der Unwirksamkeit oder dem Außerkrafttreten des betreffenden Plans führen (BVerwG, Beschl. v. 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, NVwZ 1997, 890; Urt. v. 17.06.1993 - 4 C 7.91 - NVwZ 1994, 281; ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.01.1998 - 8 S 2430/97 - und v. 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -, BauR 2004, 1498 [Ls.], juris). Vielmehr kann das Bestehen einer planerischen Festsetzung auch mit Hilfe anderer Unterlagen nachgewiesen werden, die die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben. Das ist hier der Fall. Die Bauflucht östlich der G.- Straße ist Gegenstand diverser in den vorliegenden Akten enthaltener Dokumente (Abschrift der Bekanntmachung des Erkenntnisses des Bezirksrats vom 26.07.1988 über Festsetzung der Bauflucht in einer Entfernung von 4,5 m von der Straßenkante, VAS. 59; Ausfertigung einer Entscheidung des Bezirksrats vom 28.11.1895 „die Abänderung der Bauflucht an der G.- Straße betreffend“, VAS. 198; vgl. auch VAS. 181 ff., 199, 337, 347 ff.) und ist in mehreren Plänen als „beantragte Bauflucht“ (VAS. 115), als Bauflucht (VAS. 61, 65, 91, 151) bzw. als „amtlich genehmigte und beibehaltene Bauflucht“ (VAS. 191, 207) eingezeichnet. Sie ist zudem in einem Übersichtsplan neueren Datums über die in der weiteren Umgebung der G.- Straße genehmigten Straßenkanten und Baufluchten (Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26.04.2005 in diesem Verfahren) enthalten.
21 
Anhaltspunkte dafür, dass die Festsetzung unwirksam gewesen wäre, bestehen nicht. Insbesondere kann nicht allein wegen des Fehlens weiterer Unterlagen über das Feststellungsverfahren (z.B. des Großherzoglich Badischen Bezirksrats) mehr oder weniger spekulativ die Möglichkeit von Mängeln im Rechtssetzungsverfahren unterstellt werden (BVerwG, Beschl. v. 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, a.a.O.).
22 
bb) Die nach dem Badischen Ortsstraßengesetz festgesetzte Bauflucht entsprach im Wesentlichen einer Baulinie nach heutigem Recht (vgl. § 23 Abs. 1, 2 und 5 BauNVO). Sie hat zur Folge, dass der Bereich zwischen straßenseitiger Grundstücksgrenze und der östlich davon, entlang der westlichen Außenwand des Gebäudes auf dem Grundstück der Klägerin, verlaufenden Bauflucht nicht überbaubar ist.
23 
Die Festsetzung einer Bauflucht in einem Ortsstraßenplan nach dem Badischen Ortsstraßengesetz (vom 20.02.1868, vom 03.03.1880, vom 26.06.1890, vom 06.07.1896, vom 20.08.1904, vom 15.10.1908 oder später) hatte - wie heute die Festsetzung einer Baulinie (vgl. § 23 Abs. 2 BauNVO) - die Folge, dass Gebäude mit ihrer zur Straße gerichteten Gebäudewand entlang dieser Linie errichtet werden mussten. Sie durften die Linie dabei nämlich nicht nur - wie das bei Baugrenzen nach heutigem Recht der Fall ist (vgl. § 23 Abs. 3 BauNVO) - nicht überschreiten, sondern auch - wie bei Baulinien nach heutigem Recht (vgl. § 23 Abs. 2 BauNVO) - nicht hinter dieser zurückbleiben (so genannte positive Funktion der Bauflucht). Dem Wortlaut der entsprechenden Vorschriften nach (vgl. aber Walz, Badisches Ortsstraßenrecht, 1900, Art. 7, S. 119, 121; Flad, Das badische Ortsstraßengesetz, 1909, S. 214) galt diese Verpflichtung zunächst wohl nur für Gebäude und Gebäudeteile, die über die Straßenoberfläche hinausragten, und auch später nur für Gebäude. So bestimmten Art. 7 Bad. OStrG 1868 und 1880 (abgedruckt bei Walz, a.a.O.): „Den Bauunternehmern gegenüber hat die Feststellung des Bauplans die Wirkung, dass für die auszuführenden Bauten die festgesetzte Straßenhöhe und für die nach der Ortsstraße gerichtete Seite eines Gebäudes, soweit sie über die Straßenfläche hervorragt, die festgestellte Bauflucht maßgebend ist.“ § 9 Bad. OStrG 1908 (abgedruckt bei Flad, a.a.O.) lautete: „Für Bauten auf dem an die geplanten Ortsstraßen angrenzenden Gelände hat die Feststellung des Ortsstraßenplans die Wirkung, dass dafür die festgesetzte Straßenhöhe und für die nach der Ortsstraße gerichtete Gebäudeseite mit der aus Abs. 3 und 4 sich ergebenden Einschränkung die festgestellte Bauflucht maßgeblich ist“.
24 
Darüber hinaus führte eine solche, nicht mit der Straßenkante bzw. Straßenflucht zusammenfallende, Bauflucht aber dazu, dass für den zwischen Straßenflucht und Bauflucht gelegenen Bereich (der als so genannte „Vorgartenfläche“ dem Straßenkörper zuzurechnen war) grundsätzlich ein Bauverbot bestand (so genannte negative Funktion). Auch nach heutigem Recht gibt es neben der in § 23 Abs. 2 BauNVO im Wesentlichen nur die für Gebäude bzw. Gebäudeteile geregelten positiven Funktion einer Baulinie diese weitere Rechtsfolge (§ 23 Abs. 1 und 5 BauNVO; vgl. hierzu Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. 2002, § 23 Rd.-Nrn. 12.2 und 20; Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., Band 5, § 23 BauNVO Rd.-Nr. 55). Mit der Festsetzung einer Bauflucht nach dem Badischen Ortsstraßengesetz konnte nicht nur eine Fläche für eine mögliche Straßenverbreiterung freigehalten werden; vielmehr diente sie bei Wohnstraßen auch bzw. allein der Verschönerung des Straßenbilds und der Verbesserung der Licht- und Luftverhältnisse (Walz, a.a.O., S. 41 f.; vgl. auch Roth, Badische LBO, II. Aufl. 1909, S. 66 f., 242 f.). Diese negative Funktion der Straßenpläne war zwar in dem Badischen Ortsstraßengesetz zunächst nicht ausdrücklich geregelt, wurde aber in anderen Vorschriften stillschweigend vorausgesetzt. So bestimmte Art. 17 Bad. OStrG 1868, dass Eigentümer, die „einer angeordneten Vorgartenanlage wegen“ genötigt werden, „einen Teil ihres Geländes unüberbaut liegen zu lassen“, keine Entschädigung verlangen können (ähnlich § 28 Bad. OStrG 1896; vgl. zum Ganzen ausführlich Walz, a.a.O., Art. 7 , S. 114 ff., Art. 28, S. 297 ff.; Flad, a.a.O, S. 75 f., 213). In § 9 Abs. 2 Bad. OStrG 1908 wurde erstmals ausdrücklich geregelt, dass die Planfeststellung unter anderem „hinsichtlich des Vorgartengeländes die Wirkung“ hat, „dass die Überbauung sowie der Um- und Ausbau daselbst bestehender Gebäude .... untersagt ist“. Die Geltung dieses Bauverbots war dabei weder auf Gebäude noch etwa auf Bauten im Sinne der jeweils geltenden Badischen Landesbauordnung beschränkt; vielmehr erfasste es alle Maßnahmen baulicher Art, einschließlich unterirdischer, wie zum Beispiel Keller. Das „Vorgartengelände“ war insgesamt nicht überbaubar (vgl. dazu ausführlich Walz, a.a.O., Art. 28, 299 ff.; ähnlich heute: vgl. § 23 Abs. 5 BauNVO, vgl. Bielenberg, a.a.O., BauNVO, § 23 Rd.-Nr. 55). Ausgenommen waren anfänglich allenfalls Einfriedigungen oder solche Bauten, die mit der Bestimmung einer Ortsstraße vereinbar oder geradezu als „Zubehör“ einer solchen anzusehen seien, z.B. Anschlagsäulen, Bedürfnisanstalten, öffentliche Denkmäler, Ruhebänke, Marktstände (so Walz, a.a.O., Art. 28, S. 303 ff., 318). Ab Inkrafttreten des Ortsstraßengesetzes vom 15.10.1908 konnten außerdem unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen gestattet werden (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 Bad. OStrG 1908).
25 
cc) Der Ortsstraßenplan aus dem Jahr 1888 mit der über das Grundstück der Klägerin führenden Bauflucht ist mit den angeführten Rechtsfolgen nach § 173 des Bundesbaugesetzes - BBauG - 1960 wirksam übergeleitet worden und heute noch als so genannter einfacher Bebauungsplan zu beachten.
26 
Nach § 173 Abs. 3 BBauG 1960 gelten bei Inkrafttreten des Gesetzes (gemeint ist das Inkrafttreten des Ersten bis Dritten Teils des BBauG 1960 am 29.06.1961) bestehende baurechtliche Vorschriften und festgestellte städtebauliche Pläne als Bebauungspläne fort, soweit sie verbindliche Regelungen der in § 9 BBauG 1960 bezeichneten Art enthalten, also einen Inhalt hatten, der nach § 9 BBauG 1960 Inhalt eines Bebauungsplans sein kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.10.1972 - IV C 14.71 -, BVerwGE 41, 67). Das ist bei der im Ortsstraßenplan festsetzten Bauflucht der Fall (vgl. § 9 Abs. 1 b BBauG 1960).
27 
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Plan deshalb nicht wirksam übergeleitet worden wäre, weil er zum Zeitpunkt seiner Feststellung - nach den damals geltenden Anforderungen - oder aber zum Zeitpunkt der Überleitung nicht dem Gebot gerechter Abwägung der berührten Belange entsprochen hätte (vgl. zu den Anforderungen im Einzelnen BVerwG, Urt. v. 20.10.1972 - IV C 14.71 -, a.a.O., und v. 11.05.1973 - IV C 39.70 -, Buchholz 406.11 § 173 BBauG Nr. 12). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an den Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis nicht den Maßstäben des Bundesbaugesetzes 1960 oder des Baugesetzbuchs entsprechen können und müssen (BVerwG, Beschl. v. 29.12.1988 und v. 20.10.1972, a.a.O.). Da bei übergeleiteten alten Plänen der Abwägungsvorgang regelmäßig - und so auch im vorliegenden Fall - nicht mehr nachvollzogen werden kann, weil er nicht oder nicht vollständig dokumentiert ist oder weil eine solche Dokumentation untergegangen ist, kommt dem im Inhalt des Plans zum Ausdruck kommenden Abwägungsergebnis die maßgebliche Bedeutung für die Beurteilung einer rechtsstaatlichen Abwägung zu. Eine Überleitung kommt hiernach (nur) dann nicht in Betracht, wenn sich aus den konkreten Festsetzungen des betreffenden Plans ergibt, dass der Ausgleich der konkurrierenden Interessen außer Verhältnis zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange steht bzw. stand (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.10.1972, a.a.O.). Das ist hier nicht ersichtlich. Insbesondere kann nicht allein aufgrund der Tatsache, dass Stellplätze für Kraftfahrzeuge zum Zeitpunkt der Festsetzung der Bauflucht nicht bekannt waren und deren planerische Bedeutung nicht nur wegen der Zunahme des Verkehrs, sondern auch wegen der bauordnungsrechtlichen Stellplatzpflicht erst später immer mehr zunahm, auf einen relevanten Abwägungsfehler geschlossen werden. Abgesehen davon, dass es auch Ende des 19. Jahrhunderts bereits Abstellplätze bzw. Remisen für Droschken und Kutschen gegeben haben dürfte, ist es bauplanerischen Festsetzungen immanent, dass bei ihrem Erlass nicht immer jede zukünftige Entwicklung vorhergesehen und in die Abwägung einbezogen werden kann. Auch zum Zeitpunkt der Überleitung 1960 erscheint die Festsetzung von ihrem Ergebnis her nicht abwägungsfehlerhaft. Schließlich ist zu bedenken, dass im rückwärtigen Bereich der Grundstücke in der Regel genügend Raum für Stellplätze und Garagen vorhanden war und dieser offensichtlich auch als solcher genutzt wurde (nach den vorliegenden Kopien alter Pläne für die etwa 1908 bis 1910 errichtete Villa des Klägers war bereits damals im Keller ein „Automobilraum“ mit einer Zufahrt von Westen her vorhanden, vgl. AS. 49 der Baugenehmigungsakten).
28 
Der danach wirksam übergeleitete Plan gilt gemäß § 233 Abs. 3 BauGB weiter fort. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist er auch nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Allein das Verstreichen eines langen Zeitraums führt nicht zum Unwirksamwerden einer bauplanungsrechtlichen Festsetzung. Funktionslos kann ein Plan oder können einzelne Festsetzungen eines Plans zwar werden, wenn die Festsetzungen auf unabsehbare Zeit schlechterdings nicht mehr realisiert werden können, ihre sinnvolle Durchsetzung mithin gänzlich unmöglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BRS 32 Nr. 28). Die tatsächliche Bebauung entlang der G.- Straße hat sich aber hier nicht in einer solchen Weise entwickelt, dass die festgesetzte, östlich der G.- Straße von der M.- Straße bis zur L.- Straße führende Bauflucht erkennbar aufgegeben worden wäre oder sich nicht mehr verwirklichen ließe.
29 
Die Auswirkungen der Festsetzungen aus den Jahren 1888 auf die Anordnung der vorhandenen Gebäude und baulichen Anlagen sind im Gegenteil sehr deutlich erkennbar. Die Kammer hat bei der Inaugenscheinnahme des Grundstücks der Klägerin und der näheren Umgebung in der mündlichen Verhandlung festgestellt, dass - abgesehen von untergeordneten Gebäudeteilen wie Erkern - alle Hauptgebäude mit ihrer straßenseitigen Gebäudewand einen Abstand von etwa 5,50 m zur Grenze des Grundstücks zum angrenzenden Gehweg einhalten. Warum der Abstand nicht 6 m beträgt, wie im Ortsstraßenplan in der Fassung von 1895 vorgesehen, kann hier offen bleiben; möglicherweise wurde wegen des Gehwegs eine Verbreiterung der Straßenfläche erforderlich.
30 
Die Bauflucht ist im Übrigen auch hinsichtlich ihrer weiteren Rechtsfolge eines Bauverbots für den Bereich zwischen Bauflucht und Straßenkante - heute Grundstücksgrenze - ersichtlich weiter relevant. Dieser Bereich ist bei allen östlich der G.- Straße zwischen der M.- Straße und der L.- Straße gelegenen Grundstücken als Vorgarten angelegt und genutzt (G.- Straße …, …, …, … und …) bzw. begrünt (nicht bebautes, im rückwärtigen Bereich als Parkplatz genutztes Grundstück Flst.-Nr. …). Die in der „Vorzone“ vorhandenen Einfriedigungen und Zufahrten zu hinter der Bauflucht gelegenen Stellplätzen und die Zugänge zu den Hauseingängen konnten wohl - wie ausgeführt - als Ausnahmen zugelassen werden .(z.B. nach § 9 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Bad. OStrG 1908). Ihr Vorhandensein beeinträchtigt jedenfalls - im Gegensatz zu Stellplätzen für Kraftfahrzeuge - das mit der Festsetzung einer Bauflucht ebenfalls verfolgte Ziel der Verschönerung des Straßenbilds nur unerheblich und führt daher nicht zur Funktionslosigkeit der Bauflucht.
31 
Auch die Tatsache, dass im hier zu betrachtenden Abschnitt zwischen der M.- Straße und der L.- Straße auf einem Grundstück, dem Grundstück Flst.-Nr. …, G.- Straße …, einer der Stellplätze etwa einen halben bis einen Meter in diese „Vorgartenzone“ hineinragt, bedeutet nicht, dass das durch die Bauflucht bewirkte Bauverbot insgesamt unwirksam geworden wäre.
32 
dd) Der danach weiter zu beachtenden Bauflucht widerspricht der auf dem Grundstück der Klägerin bereits angelegte Stellplatz, weil er vor dieser und damit auf einer nicht überbaubaren Fläche errichtet wurde. Wie ausgeführt, galt und gilt das als Folge der Bauflucht bestehende Bauverbot für die Fläche zwischen Bauflucht und Straßenkante grundsätzlich für jede bauliche Anlage, vor allem auch für einen Stellplatz. Dabei ist nicht nur die mit Pflastersteinen oder mit anderen Materialien befestigte Erdoberfläche in den Blick zu nehmen, sondern auch dessen bestimmungsgemäße Nutzung zum regelmäßigen Abstellen eines Kraftfahrzeugs zu berücksichtigen (vgl. § 2 Abs. 8 Satz 1 LBO, Sauter, LBO, Stand: Dez. 2004, § 2 Rd.-Nr. 104).
33 
b) Die Beklagte hat im Übrigen zu Recht darauf abgestellt, dass der Stellplatz selbst dann als planungsrechtlich unzulässig anzusehen wäre, wenn der Ortsstraßenplan mit der Bauflucht aus dem 19. Jahrhundert wegen anfänglicher Unwirksamkeit, fehlender Überleitung oder nachträglichem Außerkrafttreten nicht anzuwenden wäre. Er wäre dann insgesamt nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen. Der Stellplatz fügt sich jedoch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht ein im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
34 
Nach dieser Vorschrift ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Zur näheren Umgebung zu rechnen sind dabei nach Auffassung der Kammer bei der hier streitigen Frage, ob die Errichtung eines Stellplatzes hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche im Bereich zwischen Straße und Hauptgebäude bauplanungsrechtlich zulässig ist, nur die östlich der G.- Straße gelegenen Grundstücke G.- Straße …, …, … und … . Nach Westen hin stellt die G.- Straße insoweit eine deutlich Zäsur da, nach Norden das Wegegrundstück Flst.-Nr. … (auf dem früher eine Bahnlinie verlief) und das unbebaute Grundstück Flst.-Nr. … . Die danach maßgebliche Umgebungsbebauung entspricht der, die sich bei Festsetzung einer Baulinie nach heutigem Recht ergäbe (vgl. zu „faktischen Baugrenzen oder Baulinien“: BVerwG, Urt. v. 21.11.1980 - 4 C 30.78 -, DVBl 1981, 100; Beschl. v. 23.11.1998 - 4 B 29.98 -, NVwZ-RR 1999, 364 u.v. 06.11.1997 - 4 B 172.97 -, NVwZ-RR 1998, 539; Söfker, a.a.O., § 34 Rd.-Nr. 47). Wie ausgeführt, befinden sich die straßenseitigen Außenwände der vorhandenen Gebäude in einer Entfernung von etwa 5,50 m zum Gehweg. Die Vorgärten bzw. der Bereich vor dieser Linie sind jeweils als Garten angelegt und bei allen Grundstücken - bis auf die Einfriedigungen an der straßenseitigen Grundstücksgrenze und die Zufahrten zu Stellplätzen oder Garagen im hinteren Bereich der Grundstücke sowie die Fußwege zu den Gebäuden - frei von baulichen Anlagen. In die so geprägte nähere Umgebung fügt sich ein Stellplatz im Vorgarten hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht ein. Dabei ist auch insoweit nicht allein die Pflasterung maßgeblich, sondern die Nutzung als Abstellplatz. Wie ausgeführt, ist ein Stellplatz nämlich zur Nutzung zum regelmäßigen Abstellen eines Kraftfahrzeugs bestimmt und unterscheidet sich dadurch maßgeblich von den Zufahrten, selbst wenn darauf ab und zu vorübergehend Kraftfahrzeuge, zum Beispiel von Besuchern, geparkt werden sollten.
35 
Die Kammer weist ergänzend darauf hin, dass der Stellplatz auf dem Grundstück der Klägerin selbst dann nicht nach § 34 BauGB planungsrechtlich zulässig wäre, wenn man zur maßgeblichen Umgebungsbebauung zudem die westlich der G.- Straße gelegenen Grundstücke G.- Straße …, …, …, … und … rechnen würde. Auch auf diesen Grundstücken ist die Bauflucht deutlich zu erkennen. Allerdings befindet sich auf dem Grundstück G.- Straße … direkt hinter dem straßenseitigen Zaun ein Stellplatz. Dieser ist jedoch nach dem Vortrag der Beklagten weder genehmigt noch will sie ihn dulden. Der Eigentümer des Grundstücks wurde bereits zur Frage einer Beseitigung angehört. Der Vertreter der Klägerin hat zwar in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass dem Bauordnungsamt vom Eigentümer des Grundstücks G.- Straße … bereits 1982 im Zusammenhang mit einem Antrag auf Abgeschlossenheitsbescheinigung Pläne und Photos mit dem Stellplatz vorgelegt worden seien und ausweislich eines Vermerks damals eine Ortsbesichtigung durchgeführt worden sei, so dass das Bauordnungsamt Kenntnis von dem Stellplatz gehabt habe. Nicht genehmigte und nicht genehmigungsfähige bauliche Anlagen sind jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sie von den zuständigen Behörden in einer Weise geduldet werden, die keinen Zweifel daran lässt, dass sie sich mit dem Vorhandensein der betreffenden Anlage abgefunden haben (BVerwG, Urt. v. 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rd.-Nr. 35 m.w.N.). Davon kann hier wohl eher nicht ausgegangen werden. Letztlich kann diese Frage hier aber offen bleiben. Abgesehen davon steht der Stellplatz auf dem Grundstück G.- Straße … nämlich in einem solchen Kontrast zu der übrigen Bebauung, dass er als Fremdkörper unbeachtlich wäre (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.02.2000 - 4 B 1.00 -, BRS 63 Nr. 102, m.w.N.).
36 
2. Es ist nicht erkennbar, dass auf andere Weise als durch eine Beseitigung des Stellplatzes wieder rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (§ 65 Satz 1 LBO).
37 
Ein bloße Nutzungsuntersagung wäre kaum kontrollierbar und daher kein geeignetes Mittel zur Schaffung rechtmäßiger Zustände. Geht man von der Geltung der 1888 festgestellten Bauflucht als übergeleitete planerische Festsetzung aus, käme zwar neben einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB (vgl. dazu unten) eine Genehmigung des Stellplatzes unter Erteilung einer Ausnahme in Betracht. Die Erteilung einer solchen Ausnahme hat die Beklagte auch inzident geprüft, aber abgelehnt. Diese Entscheidung lässt sich rechtlich nicht beanstanden. Dabei kann offen bleiben, ob eine entsprechende ausnahmsweise Zulassung in entsprechender Anwendung von Art. 7 Abs. 2 Bad. OStrG 1868/1880/1890, nach § 9 Abs. 4 Bad. OStrG 1908 oder nach § 23 Abs. 5 BauNVO (i.d.F. v. 26.06.192 oder in der heute geltenden Fassung) und ob die jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Denn nach all diesen Vorschriften steht die Bewilligung einer Ausnahme im Ermessen der Behörde (zu Art. 7 Abs. 2 Bad. OStrG 1896 vgl. Walz, a.a.O., Art. 7, S. 126 f.; im Übrigen ergibt sich das aus dem Wortlaut der jeweiligen Vorschrift) und sind bei der Entscheidung vergleichbare Kriterien heranzuziehen. Die entsprechenden Ermessenserwägungen der Beklagten zu § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO lassen sich nicht beanstanden. Die Beklagte hat das städtebauliche (öffentliche) Interesse an der Einhaltung des Bauverbots für den Vorgartenbereich - das gegebenenfalls in Einklang steht mit den Interessen anderer Straßenanlieger, welche in Beachtung der festgesetzten Bauflucht auf eine Bebauung ihres Grundstücks über die Bauflucht hinaus verzichtet haben und welche die durch die Baulinie geschaffene Vorgartenzone erhalten wissen wollen - gegen das Interesse der Klägerin an der Errichtung des Stellplatzes ermessensfehlerfrei abgewogen. Dabei durfte sie insbesondere darauf abstellen, dass der Stellplatz trotz seiner Unauffälligkeit eine „negative Vorbildwirkung“ ausüben würde, weil dann auch ähnliche andere Vorhaben genehmigt (oder zumindest geduldet) werden müssten, was zu einem grundlegenden Wandel des Erscheinungsbilds der G.- Straße führen würde. In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten verdeutlicht, dass demgegenüber dem - mit dem privaten Interesse der Klägerin an der Herstellung auf ihrem Grundstück einher gehenden - öffentlichen Interesse an der Entlastung des öffentlichen Verkehrsraums vom ruhenden Verkehr weniger Bedeutung beigemessen werde. Tatsächlich kommt diesem Interesse auch seit der Novellierung der Landesbauordnung im Jahr 1995 ein anderer (geringerer) Stellenwert zu, als das früher der Fall war (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.11.1978, BauR 1979, 219 ). So hat die (neue) Regelung in § 37 Abs. 1 LBO - trotz (bekanntermaßen) weiterhin gestiegener Kfz-Zulassungen pro Haushalt - eine Reduzierung der Zahl der notwendigen Stellplätze pro Wohnung bewirkt und bei sonstigen Stellplätzen hat der Gesetzgeber den Gemeinden in § 74 Abs. 2 Nrn. 3, 5 und 6 LBO ein Instrumentarium zur Einschränkung der Stellplätze auf Privatgrundstücken an die Hand gegeben, um u. a. aus städtebaulichen Gründen Anreize zur Verminderung des Individualverkehrs zu setzen (vgl. Sauter, a.a.O., § 74 Rd.-Nrn. 70 f.).
38 
Die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen aus den von der Beklagten im Bescheid vom 16.10.2001 angeführten Gründen nicht vor. Abgesehen davon, dass durch eine Befreiung wohl die Grundzüge der Planung berührt wären, erfordern weder Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Befreiung (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB) noch führt das wegen der Bauflucht für die Vorzone geltende Bauverbot zu einer offenbar nicht beabsichtigte Härte (§ 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB). Eine Abweichung wäre wegen der angeführten negativen Vorbildwirkung auch nicht städtebaulich vertretbar (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB).
II.
39 
Die Beseitigungsanordnung ist ermessensfehlerfrei erfolgt.
40 
Sie verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es ist schon kein tatsächlich gleich gelagerter Fall bekannt oder von Seiten der Klägerin vorgetragen, in dem die Beklagte einen Stellplatz genehmigt oder in einer Weise geduldet hat, dass dessen Beseitigung nicht mehr verlangt werden könnte. Bezüglich des schräg gegenüber dem Grundstück der Klägerin auf dem Grundstück G.- Straße … vorhandenen Stellplatzes ist ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit eingeleitet worden, das lediglich im Hinblick auf das vorliegende Verfahren ruht. Abgesehen davon wurde er nach den Angaben der Klägerin bereits 1963 errichtet. Bei der Entscheidung über den Erlass einer Abbruch- bzw. Beseitigungsverfügung kann aber der Zeitpunkt der Errichtung der betreffenden baulichen Anlage ein maßgeblicher Gesichtspunkt sein. Insoweit besteht ein wesentlicher Unterschied zum vorliegenden Fall. Soweit die Klägerin auf Stellplätze in der weiteren Umgebung ihres Grundstücks oder gar im gesamten Stadtgebiet abhebt, verkennt sie, dass diese sich von dem ihren von der Sach- und von der Rechtslage her ebenfalls unterscheiden dürften. So gibt es zum Beispiel Straßen, entlang derer die Gebäude zwar eine Bauflucht einhalten, davor aber keine durchgehend grüne Vorgartenzone mehr besteht, weil diese ganz oder teilweise bebaut oder befestigt wurde. In solchen Fällen kann die Errichtung eines Stellplatzes durchaus materiell-rechtlich zulässig sein. Selbst wenn die Beklagte aber in der Vergangenheit - etwa wegen einer anderen Gewichtung der Bedeutung von unbebauten „Vorzonen“ - einzelne Stellplätze genehmigt oder geduldet haben sollte, würde dies im Übrigen nicht bedeuten, dass sie nicht im Hinblick auf geänderte Konzepte oder tatsächliche Umstände, wie etwa die Schaffung von Anliegerparkplätzen, nicht mehr gegen rechtswidrige Stellplatzflächen vorgehen dürfte.
41 
Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte noch in den letzten Jahren in vergleichbaren Fällen entsprechende Stellplätze entlang von Straßen mit einer festgesetzten Bauflucht nach dem Badischen Ortsstraßengesetz oder einer Baulinie nach heutigem Recht und im wesentlichen noch durchgehend begrünten Vorgärten zugelassen hätte. Der Vertreter der Beklagten hat vielmehr deutlich gemacht, dass es ein besonderes Anliegen der Beklagten sei, die noch intakten Vorgärten als solche zu erhalten und zu schützen. Deswegen sei schon seit mehr als zwei Jahrzehnten vorgesehen, eine „Vorgartensatzung“ zu erlassen, nach der unter Anderem die Errichtung von Stellplätzen im „Vorgartenbereich“, also unabhängig davon, ob eine Baulinie/Bauflucht besteht - verboten werden solle. Im September 2004 sei ein entsprechender Entwurf Tagesordnungspunkt einer Bauausschusssitzung gewesen, jedoch im Hinblick auf die streitige Frage, welche Stadtteile in den Geltungsbereich einbezogen werden sollten, abgesetzt worden. Das Vorhaben, eine solche entsprechende Satzung zu erlassen, sei aber damit nicht aufgegeben worden.
42 
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist auch nicht deswegen anzunehmen, weil der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht ausschließen konnte, dass es im Stadtgebiet weitere, dem Bauordnungsamt jedoch nicht bekannte Stellplätze geben könnte, deren Beseitigung verlangt werden müsste, und erläuterte, dass man nicht über genügend Personal verfüge, um diesbezüglich regelmäßige Kontrollen durchzuführen. Es liegt nämlich auf der Hand, dass es der Baurechtsbehörde nicht möglich ist, in regelmäßigen Abständen sämtliche baulichen Anlagen in ihrem Zuständigkeitsbereich auf ihre formelle und materielle Baurechtswidrigkeit zu überprüfen. Es verstößt daher nicht gegen das Willkürverbot, wenn sie sich grundsätzlich darauf beschränkt, bei konkretem Anlass, zum Beispiel nach einer Feststellung anlässlich einer Ortsbesichtigung, einem Baugenehmigungsverfahren o. Ä., eine Überprüfung einzuleiten (vgl. dazu Sauter, a.a.O., § 65 Rd.-Nrn. 54 ff., m.w.N.). Das ist den Angaben des Vertreters der Beklagten nach der Fall. Sobald bekannt werde, dass ein baurechtlich nicht zulässiger Stellplatz in ähnlichen Fällen im Vorgartenbereich errichtet worden sei oder errichtet werde, schreite das Bauordnungsamt dagegen ein bzw. leite eine Überprüfung ein.
43 
Auch im Übrigen sind keine Ermessensfehler ersichtlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Baurechtsbehörde grundsätzlich in Übereinstimmung mit dem Zweck der Ermächtigung und damit rechtmäßig handelt, wenn sie die Beseitigung einer im Widerspruch zum materiellen Baurecht errichteten Anlage anordnet. Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn ganz konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -, BRS 66 Nr. 195, m.w.N.; Sauter, a.a.O., § 65 Rd.-Nr. 44 m.w.N.).
44 
Es ist daher insgesamt nicht zu beanstanden und insbesondere mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu vereinbaren, dass die Beklagte dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung einer unbebauten Vorgartenzone und dem „harmonischen Gesamtbild der Umgebung“ (Bescheid v. 16.10.2001) größeres Gewicht beigemessen hat als dem der Klägerin an der Errichtung eines Stellplatzes. Dabei dürfte der Vorzone entlang der G.- Straße eine besondere Bedeutung zuzumessen sein, weil der Charakter dieser Straße nicht nur durch die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts errichteten auffallenden Villen und Gebäude, sondern auch durch die begrünten Vorgärten maßgeblich bestimmt wird.
45 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
46 
Die Zulassung der Berufung beruht darauf, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Frage, ob eine nach dem Badischen Ortsstraßengesetz festgesetzte und übergeleitete Bauflucht die Folge hat, dass die Errichtung eines Stellplatzes im Bereich zwischen Straßenflucht und Bauflucht planungsrechtlich unzulässig ist, in der (ober- und höchstrichterlichen) Rechtsprechung nicht hinreichend geklärt ist.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt; im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren wird über die in § 172 Absatz 3 bis 5 bezeichneten Belange entschieden.

(2) Wird in den Fällen des § 172 Absatz 3 die Genehmigung versagt, kann der Eigentümer von der Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 40 Absatz 2 die Übernahme des Grundstücks verlangen. § 43 Absatz 1, 4 und 5 sowie § 44 Absatz 3 und 4 sind entsprechend anzuwenden.

(3) Vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag hat die Gemeinde mit dem Eigentümer oder sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu erörtern. In den Fällen des § 172 Absatz 4 und 5 hat sie auch Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte zu hören. In den Fällen des § 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 hat sie die nach Satz 2 anzuhörenden Personen über die Erteilung einer Genehmigung zu informieren.

(4) Die landesrechtlichen Vorschriften, insbesondere über den Schutz und die Erhaltung von Denkmälern, bleiben unberührt.

(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich vorgeschriebenen einzelnen Schritten des Verfahrens noch nicht begonnen worden, können diese auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes durchgeführt werden.

(2) Die Vorschriften des Dritten Kapitels Zweiter Teil Vierter Abschnitt zur Planerhaltung sind auch auf Flächennutzungspläne und Satzungen entsprechend anzuwenden, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes in Kraft getreten sind. Unbeschadet des Satzes 1 sind auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes unbeachtliche oder durch Fristablauf unbeachtliche Fehler bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen auch weiterhin für die Rechtswirksamkeit dieser Flächennutzungspläne und Satzungen unbeachtlich. Abweichend von Satz 1 sind für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden.

(3) Auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen gelten fort.

(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt; im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren wird über die in § 172 Absatz 3 bis 5 bezeichneten Belange entschieden.

(2) Wird in den Fällen des § 172 Absatz 3 die Genehmigung versagt, kann der Eigentümer von der Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 40 Absatz 2 die Übernahme des Grundstücks verlangen. § 43 Absatz 1, 4 und 5 sowie § 44 Absatz 3 und 4 sind entsprechend anzuwenden.

(3) Vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag hat die Gemeinde mit dem Eigentümer oder sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu erörtern. In den Fällen des § 172 Absatz 4 und 5 hat sie auch Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte zu hören. In den Fällen des § 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 hat sie die nach Satz 2 anzuhörenden Personen über die Erteilung einer Genehmigung zu informieren.

(4) Die landesrechtlichen Vorschriften, insbesondere über den Schutz und die Erhaltung von Denkmälern, bleiben unberührt.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2005 - 13 K 1776/04 - geändert. Der Bescheid der Stadt Stuttgart vom 30. Januar 2002 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 5. November 2002 werden aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Antrag des Klägers vom 1. Oktober 2002 auf Erteilung einer Baugenehmigung zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Kläger und die Beklagte jeweils die Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung, den Ausbau und eine Nutzungsänderung des Hintergebäudes Marienstraße ... auf seinem Grundstück Flst.Nr. ..., Gemarkung Stuttgart (Marienstraße 41 und 43).
Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Stadtbauplans „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“, der am 24.04.1937 in Kraft getreten ist. Es ist belegt mit einem 23 m tiefen Baustreifen entlang der Marienstraße und einem 60 m tiefen rückwärtigen Bauverbot. Das Gebäude Marienstraße ... liegt vollständig innerhalb der Bauverbotszone. Es wurde im Jahre 1950 als Garagengebäude baurechtlich zugelassen. Im Jahre 1997 erhielt der Kläger die baurechtliche Genehmigung für den Umbau des vormaligen Garagengebäudes in einen Kindergarten unter Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot; die Genehmigung wurde mit dem Vorbehalt versehen, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls die Kindergartennutzung aufgegeben werde. Die für die Nutzungsänderung notwendigen baulichen Maßnahmen wurden ausgeführt, das Gebäude wurde in der Folgezeit jedoch nicht als Kindergarten genutzt. Am 05.12.2000 beschloss der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans für das Grundstück des Klägers mit dem Ziel, der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma ... ... eine Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude zu ermöglich. Die Firma gab den Standort jedoch gleichwohl auf, so dass die Planung nicht mehr weiter verfolgt wurde.
Mit dem hier in Rede stehenden Baugesuch vom 01.10.2001 beantragte der Kläger die Erteilung einer baurechtlichen Genehmigung für die Nutzungsänderung des Gebäudes Marienstraße ... in ein Bürogebäude mit Umbau und Anbau. Vorgesehen ist eine Erweiterung des Untergeschosses, die Schaffung von Pausen- und Nebenräumen dort, die Einrichtung von Büroräumen im Erdgeschoss und die Errichtung eines Anbaus auf der Südwestseite des vorhandenen Gebäudes. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30.01.2002 ab. Zwar sei eine Nutzungsänderung des bestandsgeschützten Garagengebäudes in einen Kindergarten genehmigt worden. Hierfür sei jedoch das öffentliche Interesse an einer solchen Nutzung maßgeblich gewesen, woran es bei der geplanten Büronutzung fehle. Die Voraussetzungen für eine Befreiung lägen nicht vor. Die Genehmigung der Büronutzung stellte einen Präzedenzfall dar, der den Zielen der Bauverbots widerspräche, im Innern des Quartiers eine Zone für Ruhe und Erholung zu sichern. Es liege auch kein Härtefall vor. Dem Kläger könne zugemutet werden, das Hintergebäude für andere im öffentlichen Interesse liegende Nutzungen insbesondere sozialer Art zu verwenden, falls eine Kindergartennutzung ausscheide. Demgegenüber seien die außerdem vorliegenden Verstöße gegen Abstandsvorschriften nicht erheblich für die Entscheidung, zumal sie sich nur gegenüber einem ebenfalls im Eigentum des Klägers befindlichen Nachbargrundstück auswirkten.
Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 05.11.2002 zurück. Zur Begründung führte es aus: Eine in bodenrechtlicher Hinsicht atypische Besonderheit liege nicht vor. Auf Gründe des Allgemeinwohls könne eine Befreiung vom Bauverbot für eine Nutzung des Hintergebäudes als Bürogebäude - im Unterschied zur genehmigten Kindergartennutzung - nicht gestützt werden. Eine Abweichung sei auch städtebaulich nicht vertretbar. Sie widerspräche dem Ziel des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern. Für eine unzumutbare, vom Normgeber nicht gewollte Härte gebe es keine Anhaltspunkte. Da Befreiungen nur vorhabenbezogen erteilt würden, erstrecke sich die für eine Kindergartennutzung erteilte Befreiung auch nicht auf eine Nutzung des Gebäudes als Bürogebäude. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 BauGB für die Erteilung einer Genehmigung während der Planaufstellung nicht vor. Ungeachtet des Beschlusses zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans mit dem Ziel der Umnutzung des Hintergebäudes in ein Bürogebäude fehle es bislang an der materiellen Planreife; die künftige bauplanungsrechtliche Situation sei noch ungewiss.
Mit der am 08.11.2002 erhobenen Klage hat der Kläger beantragt,
den Bescheid der Stadt Stuttgart vom 30. Januar 2002 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die baurechtliche Genehmigung entsprechend seinem Baugenehmigungsantrag vom 01.10.2001 zu erteilen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über diesen Antrag zu entscheiden.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide Klagabweisung beantragt.
Mit Urteil vom 19.07.2005 - 13 K 1776/04 - hat das Verwaltungsgericht die Klage unter anderem aus folgenden Gründen abgewiesen: Das Bauverbot sei wirksam. Der Stadtbauplan „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ aus dem Jahre 1937 sowie die Ortsbausatzung der Stadt Stuttgart vom 25.06.1935 stellten nach § 173 Abs. 3 BBauG übergeleitete Bebauungspläne dar. Der Wirksamkeit des Plans stehe nicht entgegen, dass das Original nicht mehr vorliege, weil es im Krieg zerstört worden sei. Denn der Nachweis einer planerischen Festsetzung könne auch mit Hilfe anderer Dokumente geführt werden. Hier könne die Bauverbotsfläche im Inneren des Quartiers sowie deren Umfang den bei der Beklagten geführten Planunterlagen und Lageplänen zu Baugesuchen entnommen werden. Das Bauverbot sei auch nicht funktionslos geworden. Zwar befinde sich das Hintergebäude Marienstraße ... vollständig in der Bauverbotszone. Auch das Vordergebäude Marienstraße 41 rage erheblich in diese hinein. Ferner seien in der Vergangenheit weitere Gebäude innerhalb der Verbotszone zugelassen worden, zum Beispiel Garagengebäude zu Marienstraße 43 und 37 sowie ein im rückwärtigen Bereich zur Marienstraße 33 und 35 früher vorhandenes Bürogebäude. Diese Bauten nähmen jedoch nur einen kleinen Teil der festgesetzten Bauverbotsfläche in Anspruch, so dass das städtebauliche Ziel weiterhin erreicht werden könne. Das Verfahren zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans sei für das vorliegende Baugesuch irrelevant. Es werde nicht weitergeführt. Außerdem tangierten geänderte Planungsabsichten für sich genommen nicht die Wirksamkeit eines bestehenden Bebauungsplans. Die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot komme nicht in Betracht. Sie berührte die Grundzüge der Planung. Der Bauverbotsfläche liege die Konzeption zugrunde, im Innenbereich der Bebauung entlang der Paulinen-, der Furtbach-, der Silberburg- und Marienstraße von Bebauung freizuhaltende begrünte oder zu bepflanzende Flächen zu schaffen. Diesem Konzept liefe die geplante Nutzungsänderung des Kindergartengebäudes Marienstraße ... zuwider. Denn bislang sei lediglich ein Garagengebäude und damit ein der Nutzung des Wohn- und Bürogebäudes Marienstraße 41 dienendes Nebengebäude genehmigt worden. Die baurechtliche Genehmigung für den Umbau dieses früheren Garagengebäudes in einen - nunmehr zweigeschossigen - Kindergarten sei lediglich in stets widerruflicher Weise erfolgt, um die Nutzung auf einen im öffentlichen Interesse liegenden Zweck zu beschränken. Demgegenüber sei die nunmehr beabsichtigte Nutzung als Bürogebäude eine Hauptnutzung, die lediglich im privaten Interesse des Klägers liege. Im Übrigen hätte eine Zulassung des Bürogebäudes Präzedenzwirkung mit der Folge, dass das Bauverbot letztlich wirkungslos würde.
Mit Beschluss vom 08.02.2006 - 8 S 1772/05 - hat der Senat die Berufung gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Der Beschluss wurde dem Kläger am 15.02.2006 zugestellt. Auf Antrag des Klägers vom 14.03.2006 wurde die Berufungsbegründungsfrist bis zum 29.03.2006 verlängert. Mit am 15.03.2006 eingegangenem Schriftsatz beantragt der Kläger,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2005 -13 K 1776/04 - zu ändern, den Bescheid der Stadt Stuttgart vom 13. Januar 2002 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die baurechtliche Genehmigung entsprechend seinem Baugenehmigungsantrag vom 01. Oktober 2001 zu erteilen,
11 
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Bauantrag zu entscheiden.
12 
Er trägt im Wesentlichen vor: Der Stadtbauplan „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 sei unwirksam, weil das Original des Plans verloren gegangen sei. Ohne die Möglichkeit der Einsichtnahme in den Originalbebauungsplan oder eine beglaubigte Abschrift hiervon entfalle die Verkündungsfunktion. Auch sonst lägen keine Dokumente vor, mit denen der Nachweis geführt werden könnte, dass die hier in Rede stehenden Festsetzungen getroffen worden seien. Bei den im Stadtarchiv vorhandenen Unterlagen handle es sich nur um unbeglaubigte Kopien. Der von der Beklagten vorgelegte Lageplan A 2 sei eine Farbkopie und als Nachweis ungeeignet, weil es zum Zeitpunkt der Zerstörung der Originalunterlagen bei Kriegsende noch keine Farbkopierer gegeben habe. Der hierauf angebrachte Vermerk der Beklagten, mit dem die Übereinstimmung dieser Fertigung mit dem Original beurkundet werde, sei unrichtig, weil zum Zeitpunkt der Beurkundung am 30.05.2005 kein Original mehr vorhanden gewesen sei. Hinzu komme, dass er von der Beklagten voneinander abweichende Farbkopien des Lageplans A 2 mit Beurkundungsvermerken erhalten habe, in denen teilweise längst nach dem Krieg errichtete Gebäude eingezeichnet gewesen seien. Bei diesen Ausfertigungen könne es sich daher nicht um Kopien des Ursprungsplans handeln. Im Übrigen sei die der Bauverbotsfläche zugrunde liegende planerische Konzeption inzwischen überholt, weil sie nach dem Zweiten Weltkrieg nachhaltig überbaut worden sei. Wiederaufgebaut worden sei das erheblich in die Bauverbotsfläche hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41. Jeweils mit baurechtlicher Genehmigung seien in der Bauverbotszone außerdem das - streitgegenständliche - Garagengebäude ... für acht Stellplätze, eine Werkstatt und Aufenthaltsräume im Hanggeschoss sowie ein weiteres Garagengebäude für sechs Fahrzeuge, das Gebäude Marienstraße 37 bis Ende Paulinenstraße und das Gebäude Furtbachstraße 10 bis 14 bzw. 10A und 12A mit einer Garage auf den Grundstücken Flst.Nrn. ... und .../2 errichtet worden. Damit sei das Bauverbot funktionslos geworden. Da sich die nähere Umgebung als Mischgebiet darstelle, sei die beantragte Nutzung zu Bürozwecken zulässig. Unabhängig davon habe er Anspruch auf Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB. Auf den Vorbehalt des Widerrufs der Genehmigung zur Nutzung als Kindergartengebäude als Beleg für die Sicherung des öffentlichen Interesses könne die Beklagte sich nicht berufen, weil dieser Vorbehalt nur die ursprünglich beantragten Anbauten an das vorhandene Gebäude betroffen habe, die jedoch nicht zur Ausführung gelangt seien. Ungeachtet dessen habe er Anspruch auf Befreiung von der Festsetzung der Bauverbotsfläche. Mit Blick auf deren städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude als Bürogebäude genutzt werde oder ungenutzt bleibe. Es sei daher nicht nachvollziehbar, inwiefern durch die bloße Umnutzung in ein Bürogebäude die Grundzüge der Planung berührt sein könnten. Eine Befreiung hätte auch keine Präzedenzwirkung. Sein Grundstück sei in der Vergangenheit ausnahmslos im Bereich der Bauverbotszone in zulässiger Weise baulich genutzt worden, was anderen Eigentümern entgegen gehalten werden könne. Hinzu komme, dass ein Härtefall vorliege. Denn er habe das Grundstück vom Land Baden-Württemberg im Vertrauen auf die mit der Beklagten geführten Verhandlungen zu dessen Nutzung für einen Kindergarten erworben und kurz nach Erteilung der Genehmigung für ein Kindergartengebäude 1997 auch Investitionen in Höhe von 350.000,-- DM getätigt. Dass sich die Nutzung als Kindertagesstätte nicht habe realisieren lassen, habe er nicht zu vertreten.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie führt aus: In der Genehmigung des Kindergartengebäudes vom 12.02.1997 sei als „Auflage zum Baubeginn Nr. 5“ bestimmt worden, dass die Gestaltung der Freiflächen mit dem Stadtplanungsamt abzustimmen sei. Daran habe der Kläger sich jedoch nicht gehalten, so dass die Arbeiten im Freibereich eingestellt worden seien; hiergegen sei Widerspruch eingelegt worden. Zwischen dem Kläger und ihr habe es insoweit verschiedene Gerichtsverfahren gegeben; die Klageverfahren seien durch gerichtlichen Vergleich vom 08.05.2001 beendet worden. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass der streitgegenständliche Bauantrag nicht nur die Änderung der Nutzung eines schon vorhandenen Gebäudes, sondern auch deren Erweiterung im Untergeschoss und im Erdgeschoss umfasse.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Rechtsanwalt ... ist anstelle von Herrn ... als Kläger (und Berufungskläger) in das Verfahren eingetreten, weil er mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 1. Juni 2006 - 6 IN 107/06 - zum Insolvenzverwalter über dessen Vermögen ernannt wurde und erklärt hat, das Verfahren aufzunehmen (vgl. § 80 Abs. 1 InsO; §§ 167 VwGO, 240 ZPO; vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 61).
17 
Die Berufung ist zurückzuweisen, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung gemäß seinem Antrag vom 1. Oktober 2001 begehrt; denn das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das im Stadtbauplan „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ festgesetzte Bauverbot einem solchen Anspruch entgegen steht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Berufung ist jedoch im Hilfsantrag begründet. Der Kläger hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot nach § 31 Abs. 2 BauGB; hierüber hat die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
18 
1. Der Kläger hat nicht bereits deshalb - unabhängig von der Geltung des Bauverbots - Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für eine Änderung der Nutzung des als Kindergarten genehmigten Hintergebäudes Marienstraße ... zu einem Bürogebäude, weil der Gemeinderat der Beklagten im Jahre 2000 beschlossen hat, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit dem Ziel aufzustellen, eine Nutzung dieses Gebäudes gerade zu Bürozwecken zuzulassen. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB setzt die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung die begründete Annahme voraus, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegen steht (sog. materielle Planreife des Entwurfs). Nach Aktenlage hat die Beklagte hier die auf eine ganz bestimmte Situation bezogene Vorhabenplanung aufgegeben, nachdem sich die Verhältnisse durch den Wegzug der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma maßgeblich geändert haben. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Dafür spricht im Übrigen auch, dass seit dem Aufstellungsbeschluss bereits sechs Jahre vergangen sind, ohne dass das Planverfahren weiter vorangegangen wäre.
19 
2. Das Vorhaben des Klägers widerspricht dem bauplanerisch festgesetzten Bauverbot des gemäß § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan übergeleiteten Stadtbauplans „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 (vgl. zur Überleitung Urteil des Senats vom 23.01.1998 - 8 S 2447/97 -, NUR 1999, 332 m.w.N.).
20 
a) Es ist davon auszugehen, dass dieser Bebauungsplan wirksam ist, obwohl der Originalstadtbauplan während des Zweiten Weltkriegs verloren ging.
21 
Der Verlust des Bebauungsplandokuments lässt den Rechtssetzungsakt als solchen unberührt und führt daher für sich allein nicht zur Ungültigkeit oder zum Außerkrafttreten des Bebauungsplans. Entscheidend ist, ob derjenige, der sich auf eine ihm „günstige“ Festsetzung beruft, deren Vorhandensein nachweisen kann. Der Nachweis kann etwa mit Hilfe einer beglaubigten Abschrift des Originalplans oder anderer Dokumente geführt werden, welche die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben (vgl. BVerwG, Beschl. vom 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, NVwZ 1997, 890; VGH Bad.-Wttbg., Urteil vom 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -, BauR 2004, 1498 ). Die Beklagte hat hier die Existenz des oben genannten Stadtbauplans sowie dessen Festsetzung eines Bauverbots im Bereich des geplanten Vorhabens hinreichend nachgewiesen. Sie hat erklärt, dass noch vor dem Krieg eine beglaubigte und kolorierte Abschrift des - im Krieg dann verbrannten - Originalplans (Lageplans) angefertigt wurde. Auf der von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, ausweislich eines entsprechenden Vermerks vom 20.06.1938 an diesem Tag vom Stadtplanungsamt angefertigten und kolorierten Originalabschrift ist unter dem Datum 24.06.1938 deren Richtigkeit beurkundet. Dieser Abschrift - Plan mit Textteil - , die der in den Senatsakten (Bl. 99) befindlichen Kopie derselben entspricht, lässt sich ein räumlich klar umrissenes „Bauverbot O.B.S.“ im Inneren des Quartiers Marien-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße entnehmen; ferner kann zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich das Bauvorhaben des Klägers - Nutzungsänderung sowie Aus- und Umbau des Hintergebäudes Marienstraße ... - innerhalb dieser Bauverbotszone befindet.
22 
Die vom Kläger gegen die Echtheit der Originalabschrift erhobenen Einwände greifen nicht durch. Soweit die von der Beklagten vorgelegten Kopien des Stadtbauplans Beglaubigungsvermerke neueren Datums aufweisen (vgl. Bl. 99 der Senatsakten vom 30.05.2005), bestätigen sie nicht etwa die Übereinstimmung der Kopie mit dem - im Krieg vernichteten - Originalbebauungsplan, wie der Kläger wohl meint, sondern mit der noch vorhandenen Originalabschrift desselben. Wie ausgeführt, wurde auch die farbige Darstellung des Originalstadtbauplans in die vor dem Krieg angefertigte Abschrift übertragen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Tatsache, dass die Beklagte Farbkopien dieser Originalabschrift vorgelegt hat, gegen die Echtheit derselben sprechen sollte. Schließlich meint der Kläger, es könne keine vor dem Krieg angefertigte Abschrift des Originalplans geben, weil die von der Beklagten vorgelegten Kopien, welche die Originalabschrift darstellen sollten, eine unterschiedliche und zum Teil erst nach dem Krieg errichtete Bebauung zeigten. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe den jeweils aktuellen Katasterauszug über die eingescannte Originalabschrift „gelegt“, um deutlich zu machen, wie sich die tatsächliche bauliche Situation zu den planerischen Festsetzungen verhalte; so werde auch sonst verfahren. Diesen ohne weiteres plausiblen Ausführungen hat der Kläger nicht widersprochen. Die in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte Originalabschrift des Stadtbauplans weist auch sonst keine Merkmale auf, die Anlass geben könnten daran zu zweifeln, dass es sich um eine vor dem Krieg angefertigte kolorierte Abschrift des Originalplans handelt; solche hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht. Nach allem sind die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Abschrift ohne tatsächliche Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“; nach Lage der Dinge spricht nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie fundiert sein könnten. Daher handelt es sich bei dem in der mündlichen Verhandlung fürsorglich gestellten Antrag des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die vorgelegte Abschrift nicht 1938 angefertigt wurde, um einen „ins Blaue hinein“ gestellten Ausforschungsbeweis, dem der Senat nicht nachzugehen braucht (vgl. BVerwG, Beschl. vom 27.03.2000 - 9 B 518.99 - und Beschl. vom 05.11.1998 - 7 B 199/98 -; vgl. auch BGH, Urteil vom 25.04.1995 -VI ZR 178/94 -, NJW 1995, 2111).
23 
b) Das Bauverbot ist im Bereich des Bauvorhabens nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten.
24 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Realisierung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine  städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein (vgl. BVerwG, Beschl. vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411 und Beschl. vom 09.10.2003 - 4 B 85.03 -, BauR 2004, 1128; st. Rspr.).
25 
Gemessen daran ist das Bauverbot zwar im nordöstlichen Teil des Plangebiets an der Paulinenstraße etwa bis zur Höhe des Gebäudes Marienstraße 33 funktionslos geworden. Wie das der Sitzungsniederschrift als Anlage beigefügte Luftbild zeigt und der Augenschein bestätigt hat, wurde der Innenbereich des Quartiers hier flächendeckend mit mehrgeschossigen Gebäuden überbaut; die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass dies auf der Grundlage einer - mittlerweile als unwirksam angesehenen - Bauplanung erfolgt sei. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die mit dem hier in Rede stehenden Bauverbot verfolgten städtebaulichen Ziele nicht nur durch die Errichtung baulicher Anlagen, sondern auch durch deren Nutzung zu bestimmten Zwecken beeinträchtigt werden können. Denn angesichts der massiven und dichten Bebauung an der Paulinenstraße hat das Bauverbot dort unabhängig von der jeweiligen baulichen Nutzung auf unabsehbare Zeit jede städtebauliche Steuerungsfunktion verloren. Dies gilt jedoch nicht für das restliche Areal des Blockinneren. Es ist im Anschluss an die Bebauung an der Paulinenstraße in südwestlicher Richtung bis zu den Gebäuden Marienstraße 41 und ... des Klägers - außer einer mit Rasengittersteinen belegten Stellplatzanlage im hinteren Bereich des Grundstücks Marienstraße 39 - nach wie vor unbebaut (vgl. auch hierzu das oben genannte Lichtbild, das den tatsächlichen Verhältnissen entspricht). Die in einem Lageplan aus dem Jahre 1949 (Bl. 47 der Senatsakten) noch dargestellten großen baulichen Anlagen in der Bauverbotszone (Bürogebäude 33/1 auf den Grundstücken Marienstraße 33 und 35 sowie eine „Kraftwagenhalle“ auf dem Grundstück Marienstraße 43) wurden nach Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bereits vor zehn beziehungsweise acht Jahren abgerissen. Innerhalb der Bauverbotszone stehen ansonsten lediglich das hier relevante Hintergebäude Marienstraße ... und - zu einem Teil - das Vordergebäude Marienstraße 41. Diese Gebäude fallen gemessen an der Größe des noch unbebauten Teils der Bauverbotszone weder nach ihrer flächenmäßigen Ausdehnung noch nach ihrer Baumasse erheblich ins Gewicht. Sie stellen auch auf dem Baugrundstück des Klägers selbst keine flächendeckende und besonders verdichtete Bebauung dar, vielmehr sind noch größere Freiräume vorhanden, wenngleich sie teilweise versiegelt und mit Mauern, Treppen und Wegen versehen wurden. Diese Bebauung ist nicht geeignet, dem Bauverbot auf dem Grundstück des Klägers und in der näheren Umgebung auf Dauer jede städtebauliche Gestaltungsfunktion zu nehmen. Der Augenschein hat dies bestätigt.
26 
c) Das im Stadtbauplan festgesetzte Bauverbot ist auch auf das Vorhaben des Klägers anwendbar.
27 
Der Kläger meint insoweit, das Bauverbot sei nicht berührt, denn bezogen auf dessen städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude - wie von ihm beantragt - als Bürogebäude genutzt werde oder „leer stehe“. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil er nicht nur eine Umnutzung des vorhandenen Gebäudes plant, sondern im Anschluss an die südwestliche Außenwand einen Anbau errichten will. Dieser Teil des Vorhabens lässt sich auch nicht von dessen übrigen Teilen (Nutzungsänderung und -erweiterung) trennen und hinsichtlich der Anwendbarkeit des Bauverbots gesondert beurteilen. Denn der Anbau soll das Treppenhaus aufnehmen, das Zugang zu den Räumen des Gebäudes verschafft. Davon abgesehen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereit sein könnte, das Vorhaben ohne den Anbau zu verwirklichen (vgl. zu alledem Urteil des Senats vom 31.03.2006 - 8 S 1737/05 -). Es unterfällt mithin als Ganzes dem Bauverbot.
28 
Zudem hat der Kläger nicht nur beantragt, das als Kindergarten genehmigte Gebäude Marienstraße ... in den hierfür vorgesehenen Räumlichkeiten zu Bürozwecken nutzen zu dürfen, sondern auch die Genehmigung für die erstmalige Nutzung des - bislang baulich nicht genutzten - Untergeschosses als „Pausenraum“ beantragt. Diese - flächenmäßig erhebliche - Nutzungserweiterung berührt das Bauverbot unabhängig davon, ob sie - was zwischen den Beteiligten streitig ist - mit baulichen Maßnahmen verbunden ist. Die städtebauliche Zielsetzung des Bauverbots erschöpft sich hier nicht darin, die Errichtung baulicher Anlagen - etwa aus gestalterischen Gründen oder zur Sicherung von Grünflächen - zu verhindern. Das auf der Grundlage des § 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung von 1910 festgesetzte Bauverbot dient vielmehr auch dazu, im Innern der Baublöcke Zonen der Ruhe und Erholung zu sichern und zu vermeiden, dass dort ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entstehen (vgl. Häffner, Württ. Bauordnung, 1911, Bd. 1, Art. 11 Rn. 2 ff.; vgl. auch § 63 Abs. 3 der Ortsbausatzung der Beklagten zur Beschränkung von Hintergebäuden innerhalb der - hier geltenden -Baustaffel 2 und dazu Urteil des Senats vom 27.10.2000 - 8 S 714/00 -, VBlBW 2001, 185: Vermeidung einer Hinterhofsituation). Solche städtebaulichen Ziele eines Bauverbots können je nach Art und Intensität der Nutzung von in der Bauverbotszone bereits errichteten Gebäuden unterschiedlich stark beeinträchtigt werden. Hier bedarf jedoch keiner näheren Erörterung, ob es hinsichtlich des mit dem Bauverbot verfolgten Zwecks der Sicherung einer Zone für Ruhe und Erholung eine Verschlechterung der städtebaulichen Situation darstellt, wenn das Hintergebäude nicht mehr als Kindergarten-, sondern als Bürogebäude genutzt werden soll, und welche Bedeutung hierbei dem Umstand zukommt, dass für die Kindergartennutzung Befreiung aus Gründen des Allgemeinwohls erteilt wurde, während die Büronutzung allein im privaten Interesse des Klägers steht. Insoweit würde sich die Rechtsfrage stellen, ob bei einem Bauverbot, das - wie hier - auch nutzungsbezogene Zwecke verfolgt, jede Nutzungsänderung die Befreiungsfrage erneut aufwirft (so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.10.1983 - 5 S 933/83 -, BRS 40 Nr. 182) oder nur dann, wenn sich dadurch die städtebauliche Situation hinsichtlich der Schutzzwecke des Bauverbots verschlechtert (vgl. Urteil des Senats vom 10.03.1993 - 8 S 3004/92 -, VGHBW-Ls 1993, Beil. 5; vgl. auch Urteil des Senats vom 29.07.1983 - 8 S 2713/82 -, BRS 40 Nr. 181 zur fehlenden Anwendbarkeit einer nur auf das Maß der baulichen Nutzung bezogenen planerischen Beschränkung bei „reinen“ Nutzungsänderungen). Dieser Frage braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden, weil zum einen - wie dargelegt - mit dem Anbau ohne weiteres gegen das Verbot der Neuerrichtung baulicher Anlagen verstoßen wird, und weil zum anderen die erhebliche Erweiterung der Nutzung des vorhandenen Gebäudes Marienstraße ... schon für sich genommen eine Verschlechterung hinsichtlich der nutzungsbezogenen Zielsetzung des Bauverbots bedeutet.
29 
2. Allerdings liegen die Voraussetzungen für eine Befreiung von diesem Bauverbot nach Ermessen vor.
30 
a) Von den Festsetzungen eines Bebauungsplans kann gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nur dann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Dieses Erfordernis soll verhindern, dass die Befreiung als Instrument genutzt wird, um eine der Gemeinde vorbehaltene Änderung bauplanerischer Festsetzungen mit dem dafür vorgesehenen Verfahren zu ersetzen. Die Befreiung wirkt etwa dann in diesem Sinne als unzulässiger Planersatz, wenn sie aus Gründen erteilt wird, die in gleicher Weise eine Vielzahl anderer von der Festsetzung betroffener Eigentümer anführen könnten (vgl. BVerwG, Beschl. vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2324/02 -, VBlBW 2003, 438; Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 31; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 37). Eine solche Vorbildwirkung vermag eine Befreiung vom Bauverbot für das Vorhaben des Klägers hier entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu entfalten.
31 
Der Augenschein hat ergeben, dass es im Bereich der noch intakten Bauverbotszone keine weiteren Gebäude gibt, die - gegebenenfalls nach Aus- oder Umbaumaßnahmen - in vergleichbarer Weise als Büro- oder Wohngebäude genutzt werden könnten. Vielmehr könnte eine solche Nutzung auf den anderen Grundstücken innerhalb der Bauverbotszone nur dann realisiert werden, wenn ein dafür geeignetes Gebäude neu errichtet würde. Hierfür könnte eine Befreiung vom Bauverbot nicht unter Berufung auf eine dem Kläger erteilte Befreiung zur Umnutzung des vorhandenen Gebäudes begehrt werden, da die Sachverhalte auch in städtebaulicher Hinsicht nicht vergleichbar sind. Die geplante Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... zu Bürozwecken stellt auch für sich genommen keine faktische Planänderung dar. Denn sie ist nach Art und Umfang nicht geeignet, die noch intakte Zone für Ruhe und Erholung im Innern des Baublocks derart massiv zu beeinträchtigen, dass das Bauverbot dadurch wirkungslos würde.
32 
b) Die Abweichung ist zwar - im Unterschied zur vorangegangenen Genehmigung zur Nutzung des Gebäudes als Kindergarten - nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Auch liegt kein Härtefall im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vor. Das Baugrundstück weist in bodenrechtlicher Hinsicht keine Besonderheiten auf, die es im Verhältnis zu der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 06.07.1977 - 4 B 53.77 -, Buchholz 406.11 § 31 BBauG Nr. 15; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 50 f.). Der Umstand, dass bereits ein Gebäude auf der Grundlage einer Befreiung vom Bauverbot errichtet wurde, begründet keine grundstücksbezogene Atypik. Dessen fehlende Nutzbarkeit stellt im Übrigen auch deshalb keine Härte für den Kläger dar, weil ihm die Genehmigung für den Umbau des vormals als Garage genutzten Gebäudes in einen Kindergarten nur unter dem Vorbehalt erteilt wurde, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls diese Nutzung aufgegeben werde. Dies ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers eindeutig aus Ziffer 5 der Nebenbestimmungen der Baugenehmigung vom 02.09.1997 (Bl. 44 der Bauakten). Auch soweit der Kläger geltend macht, sein durch den Kauf des Grundstücks betätigtes Vertrauen auf dessen spätere Nutzung als Kindergarten sei durch das Verhalten der Beklagten enttäuscht worden, fehlt der notwendige Bezug zu einer grundstücksbezogenen Besonderheit.
33 
Die Abweichung vom Bauverbot zu dem Zweck, das Gebäude als Bürogebäude nutzen zu können, ist jedoch nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar. Dieser Befreiungsgrund ist gegeben, wenn die Abweichung - im Rahmen der Grundzüge der vorhandenen Planung - auch Gegenstand einer mit § 1 BauGB in Einklang stehenden Festsetzung des Bebauungsplans sein könnte (vgl. BVerwG, Beschl. vom 20.11.1989 - 4 B 163.89 -, NVwZ 1990, 556; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 47; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 31 Rn. 35). So liegt es hier. Das Hintergebäude Marienstraße ... ist bereits vorhanden. Es liegt nicht im Zentrum der Bauverbotszone, sondern im südwestlichen Randbereich und nimmt im Vergleich zur Größe der unbebauten Fläche im Blockinnern einen eher untergeordneten Raum ein. Schließlich ist die Bebauung auch auf dem Grundstück des Klägers selbst nicht verdichtet, sondern weist noch erhebliche Freiräume auf. Auch auf der Grundlage des Eindrucks von den konkreten örtlichen Verhältnissen, den der Senat während des Augenscheins gewonnen hat, kann daher nicht angenommen werden, dass das bauplanerisch verfolgte Ziel, im Innern des Gevierts eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern und ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu vermeiden, durch eine Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude wesentlich beeinträchtigt wird. Indiz für die städtebauliche Vertretbarkeit des Vorhabens ist im Übrigen auch der Umstand, dass der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beschlossen hat, um eine Nutzung dieses Gebäudes gerade als Bürogebäude zu ermöglichen. Zwar wurde das Planaufstellungsverfahren danach nicht mehr weiter geführt. Dies geschah aber nicht deshalb, weil grundsätzliche städtebauliche Bedenken gegen eine Nutzung des Gebäudes zu Bürozwecken aufgetreten sind. Ein weiteres Indiz dafür, dass das Vorhaben des Klägers städtebaulich noch gerechtfertigt werden kann, ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte im gegenüberliegenden nordöstlichen Randbereich der Bauverbotszone an der Paulinenstraße eine intensive Bebauung zugelassen hat. Dies und die auf dem Grundstück des Klägers bereits zugelassene Bebauung in der Verbotszone (neben dem Gebäude Marienstraße ... auch das in die Verbotszone hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41) zeigen, dass die Beklagte das städtebauliche Gewicht des Bauverbots in diesen beiden Randbereichen selbst nicht allzu hoch einschätzt. Ist das Vorhaben sonach städtebaulich vertretbar, so ist es zugleich mit den öffentlichen Belangen vereinbar; nach der konkreten örtlichen Situation ist die geplante Büronutzung schließlich weder nach der Nutzungsart noch nach ihrem Umfang geeignet, nachbarliche Belange wesentlich zu beeinträchtigen (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB).
34 
c) Auch wenn das Vorhaben danach die Grundzüge der Planung nicht berührt, städtebaulich vertretbar und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Befreiung vom Bauverbot. Die Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung steht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 31 Abs. 2 BauGB („kann“) im Ermessen der Baurechtsbehörde. Anhaltspunkte für eine Reduzierung des Ermessens „auf Null“ liegen hier nicht vor. Zwar ist das Interesse des Klägers an einer sinnvollen privaten Nutzung des vorhandenen Gebäudes durchaus von Gewicht. Es überwiegt aber, zumindest in Gestalt des konkret beantragten Vorhabens, nicht von vornherein entgegenstehende städtebauliche Belange. Immerhin bringt die vorgesehene Büronutzung ein Moment der Unruhe in das Innere des Bauquartiers, auch wenn sich dies im Wesentlichen auf das Baugrundstück selbst beschränkt und es auch keine Anhaltspunkte für die Entstehung ungesunder Arbeitsverhältnisse gibt. Die damit verbundene -räumlich begrenzte - Beeinträchtigung der Zielsetzung des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern, wird auch nicht dadurch relativiert, dass die Beklagte die Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Kindergarten zugelassen hat. Denn die hierfür erteilte Befreiung vom Bauverbot wurde darauf gestützt, dass Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Nutzung als Kindergarten erfordern (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Demgegenüber liegt es allein im privaten Interesse des Klägers, das Gebäude zu Bürozwecken nutzen zu können. Vor allem beschränkt sich die beantragte Nutzungsänderung auch nicht auf die bisher genutzten Räumlichkeiten; vielmehr soll nunmehr erstmals auch das Untergeschoss baulich genutzt werden. Diese - beträchtliche - Nutzungserweiterung berührt die Zielsetzung des Bauverbots, ohne dass der Kläger sich insoweit auf eine bloße Umnutzung bereits vorhandener Kapazitäten berufen kann.
35 
Nach allem liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Baurechtsbehörde, unter Berücksichtigung aller relevanten städtebaulichen Aspekte und der Belange des Klägers zu entscheiden, ob und in welchem Umfang Befreiung vom Bauverbot zum Zwecke einer Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude erteilt werden soll. Sie ist hierbei auch nicht gehindert, der Befreiung Nebenbestimmungen beizufügen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 31 Rn. 20, 48; zur Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Befreiungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 62). Gegebenenfalls wird auch zu prüfen sein, ob das Vorhaben die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen - etwa hinsichtlich der Stellplatzfrage - erfüllt.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
37 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,- EUR festgesetzt.
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Rechtsanwalt ... ist anstelle von Herrn ... als Kläger (und Berufungskläger) in das Verfahren eingetreten, weil er mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 1. Juni 2006 - 6 IN 107/06 - zum Insolvenzverwalter über dessen Vermögen ernannt wurde und erklärt hat, das Verfahren aufzunehmen (vgl. § 80 Abs. 1 InsO; §§ 167 VwGO, 240 ZPO; vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 61).
17 
Die Berufung ist zurückzuweisen, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung gemäß seinem Antrag vom 1. Oktober 2001 begehrt; denn das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das im Stadtbauplan „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ festgesetzte Bauverbot einem solchen Anspruch entgegen steht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Berufung ist jedoch im Hilfsantrag begründet. Der Kläger hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot nach § 31 Abs. 2 BauGB; hierüber hat die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
18 
1. Der Kläger hat nicht bereits deshalb - unabhängig von der Geltung des Bauverbots - Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für eine Änderung der Nutzung des als Kindergarten genehmigten Hintergebäudes Marienstraße ... zu einem Bürogebäude, weil der Gemeinderat der Beklagten im Jahre 2000 beschlossen hat, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit dem Ziel aufzustellen, eine Nutzung dieses Gebäudes gerade zu Bürozwecken zuzulassen. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB setzt die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung die begründete Annahme voraus, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegen steht (sog. materielle Planreife des Entwurfs). Nach Aktenlage hat die Beklagte hier die auf eine ganz bestimmte Situation bezogene Vorhabenplanung aufgegeben, nachdem sich die Verhältnisse durch den Wegzug der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma maßgeblich geändert haben. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Dafür spricht im Übrigen auch, dass seit dem Aufstellungsbeschluss bereits sechs Jahre vergangen sind, ohne dass das Planverfahren weiter vorangegangen wäre.
19 
2. Das Vorhaben des Klägers widerspricht dem bauplanerisch festgesetzten Bauverbot des gemäß § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan übergeleiteten Stadtbauplans „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 (vgl. zur Überleitung Urteil des Senats vom 23.01.1998 - 8 S 2447/97 -, NUR 1999, 332 m.w.N.).
20 
a) Es ist davon auszugehen, dass dieser Bebauungsplan wirksam ist, obwohl der Originalstadtbauplan während des Zweiten Weltkriegs verloren ging.
21 
Der Verlust des Bebauungsplandokuments lässt den Rechtssetzungsakt als solchen unberührt und führt daher für sich allein nicht zur Ungültigkeit oder zum Außerkrafttreten des Bebauungsplans. Entscheidend ist, ob derjenige, der sich auf eine ihm „günstige“ Festsetzung beruft, deren Vorhandensein nachweisen kann. Der Nachweis kann etwa mit Hilfe einer beglaubigten Abschrift des Originalplans oder anderer Dokumente geführt werden, welche die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben (vgl. BVerwG, Beschl. vom 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, NVwZ 1997, 890; VGH Bad.-Wttbg., Urteil vom 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -, BauR 2004, 1498 ). Die Beklagte hat hier die Existenz des oben genannten Stadtbauplans sowie dessen Festsetzung eines Bauverbots im Bereich des geplanten Vorhabens hinreichend nachgewiesen. Sie hat erklärt, dass noch vor dem Krieg eine beglaubigte und kolorierte Abschrift des - im Krieg dann verbrannten - Originalplans (Lageplans) angefertigt wurde. Auf der von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, ausweislich eines entsprechenden Vermerks vom 20.06.1938 an diesem Tag vom Stadtplanungsamt angefertigten und kolorierten Originalabschrift ist unter dem Datum 24.06.1938 deren Richtigkeit beurkundet. Dieser Abschrift - Plan mit Textteil - , die der in den Senatsakten (Bl. 99) befindlichen Kopie derselben entspricht, lässt sich ein räumlich klar umrissenes „Bauverbot O.B.S.“ im Inneren des Quartiers Marien-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße entnehmen; ferner kann zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich das Bauvorhaben des Klägers - Nutzungsänderung sowie Aus- und Umbau des Hintergebäudes Marienstraße ... - innerhalb dieser Bauverbotszone befindet.
22 
Die vom Kläger gegen die Echtheit der Originalabschrift erhobenen Einwände greifen nicht durch. Soweit die von der Beklagten vorgelegten Kopien des Stadtbauplans Beglaubigungsvermerke neueren Datums aufweisen (vgl. Bl. 99 der Senatsakten vom 30.05.2005), bestätigen sie nicht etwa die Übereinstimmung der Kopie mit dem - im Krieg vernichteten - Originalbebauungsplan, wie der Kläger wohl meint, sondern mit der noch vorhandenen Originalabschrift desselben. Wie ausgeführt, wurde auch die farbige Darstellung des Originalstadtbauplans in die vor dem Krieg angefertigte Abschrift übertragen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Tatsache, dass die Beklagte Farbkopien dieser Originalabschrift vorgelegt hat, gegen die Echtheit derselben sprechen sollte. Schließlich meint der Kläger, es könne keine vor dem Krieg angefertigte Abschrift des Originalplans geben, weil die von der Beklagten vorgelegten Kopien, welche die Originalabschrift darstellen sollten, eine unterschiedliche und zum Teil erst nach dem Krieg errichtete Bebauung zeigten. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe den jeweils aktuellen Katasterauszug über die eingescannte Originalabschrift „gelegt“, um deutlich zu machen, wie sich die tatsächliche bauliche Situation zu den planerischen Festsetzungen verhalte; so werde auch sonst verfahren. Diesen ohne weiteres plausiblen Ausführungen hat der Kläger nicht widersprochen. Die in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte Originalabschrift des Stadtbauplans weist auch sonst keine Merkmale auf, die Anlass geben könnten daran zu zweifeln, dass es sich um eine vor dem Krieg angefertigte kolorierte Abschrift des Originalplans handelt; solche hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht. Nach allem sind die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Abschrift ohne tatsächliche Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“; nach Lage der Dinge spricht nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie fundiert sein könnten. Daher handelt es sich bei dem in der mündlichen Verhandlung fürsorglich gestellten Antrag des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die vorgelegte Abschrift nicht 1938 angefertigt wurde, um einen „ins Blaue hinein“ gestellten Ausforschungsbeweis, dem der Senat nicht nachzugehen braucht (vgl. BVerwG, Beschl. vom 27.03.2000 - 9 B 518.99 - und Beschl. vom 05.11.1998 - 7 B 199/98 -; vgl. auch BGH, Urteil vom 25.04.1995 -VI ZR 178/94 -, NJW 1995, 2111).
23 
b) Das Bauverbot ist im Bereich des Bauvorhabens nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten.
24 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Realisierung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine  städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein (vgl. BVerwG, Beschl. vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411 und Beschl. vom 09.10.2003 - 4 B 85.03 -, BauR 2004, 1128; st. Rspr.).
25 
Gemessen daran ist das Bauverbot zwar im nordöstlichen Teil des Plangebiets an der Paulinenstraße etwa bis zur Höhe des Gebäudes Marienstraße 33 funktionslos geworden. Wie das der Sitzungsniederschrift als Anlage beigefügte Luftbild zeigt und der Augenschein bestätigt hat, wurde der Innenbereich des Quartiers hier flächendeckend mit mehrgeschossigen Gebäuden überbaut; die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass dies auf der Grundlage einer - mittlerweile als unwirksam angesehenen - Bauplanung erfolgt sei. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die mit dem hier in Rede stehenden Bauverbot verfolgten städtebaulichen Ziele nicht nur durch die Errichtung baulicher Anlagen, sondern auch durch deren Nutzung zu bestimmten Zwecken beeinträchtigt werden können. Denn angesichts der massiven und dichten Bebauung an der Paulinenstraße hat das Bauverbot dort unabhängig von der jeweiligen baulichen Nutzung auf unabsehbare Zeit jede städtebauliche Steuerungsfunktion verloren. Dies gilt jedoch nicht für das restliche Areal des Blockinneren. Es ist im Anschluss an die Bebauung an der Paulinenstraße in südwestlicher Richtung bis zu den Gebäuden Marienstraße 41 und ... des Klägers - außer einer mit Rasengittersteinen belegten Stellplatzanlage im hinteren Bereich des Grundstücks Marienstraße 39 - nach wie vor unbebaut (vgl. auch hierzu das oben genannte Lichtbild, das den tatsächlichen Verhältnissen entspricht). Die in einem Lageplan aus dem Jahre 1949 (Bl. 47 der Senatsakten) noch dargestellten großen baulichen Anlagen in der Bauverbotszone (Bürogebäude 33/1 auf den Grundstücken Marienstraße 33 und 35 sowie eine „Kraftwagenhalle“ auf dem Grundstück Marienstraße 43) wurden nach Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bereits vor zehn beziehungsweise acht Jahren abgerissen. Innerhalb der Bauverbotszone stehen ansonsten lediglich das hier relevante Hintergebäude Marienstraße ... und - zu einem Teil - das Vordergebäude Marienstraße 41. Diese Gebäude fallen gemessen an der Größe des noch unbebauten Teils der Bauverbotszone weder nach ihrer flächenmäßigen Ausdehnung noch nach ihrer Baumasse erheblich ins Gewicht. Sie stellen auch auf dem Baugrundstück des Klägers selbst keine flächendeckende und besonders verdichtete Bebauung dar, vielmehr sind noch größere Freiräume vorhanden, wenngleich sie teilweise versiegelt und mit Mauern, Treppen und Wegen versehen wurden. Diese Bebauung ist nicht geeignet, dem Bauverbot auf dem Grundstück des Klägers und in der näheren Umgebung auf Dauer jede städtebauliche Gestaltungsfunktion zu nehmen. Der Augenschein hat dies bestätigt.
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c) Das im Stadtbauplan festgesetzte Bauverbot ist auch auf das Vorhaben des Klägers anwendbar.
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Der Kläger meint insoweit, das Bauverbot sei nicht berührt, denn bezogen auf dessen städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude - wie von ihm beantragt - als Bürogebäude genutzt werde oder „leer stehe“. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil er nicht nur eine Umnutzung des vorhandenen Gebäudes plant, sondern im Anschluss an die südwestliche Außenwand einen Anbau errichten will. Dieser Teil des Vorhabens lässt sich auch nicht von dessen übrigen Teilen (Nutzungsänderung und -erweiterung) trennen und hinsichtlich der Anwendbarkeit des Bauverbots gesondert beurteilen. Denn der Anbau soll das Treppenhaus aufnehmen, das Zugang zu den Räumen des Gebäudes verschafft. Davon abgesehen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereit sein könnte, das Vorhaben ohne den Anbau zu verwirklichen (vgl. zu alledem Urteil des Senats vom 31.03.2006 - 8 S 1737/05 -). Es unterfällt mithin als Ganzes dem Bauverbot.
28 
Zudem hat der Kläger nicht nur beantragt, das als Kindergarten genehmigte Gebäude Marienstraße ... in den hierfür vorgesehenen Räumlichkeiten zu Bürozwecken nutzen zu dürfen, sondern auch die Genehmigung für die erstmalige Nutzung des - bislang baulich nicht genutzten - Untergeschosses als „Pausenraum“ beantragt. Diese - flächenmäßig erhebliche - Nutzungserweiterung berührt das Bauverbot unabhängig davon, ob sie - was zwischen den Beteiligten streitig ist - mit baulichen Maßnahmen verbunden ist. Die städtebauliche Zielsetzung des Bauverbots erschöpft sich hier nicht darin, die Errichtung baulicher Anlagen - etwa aus gestalterischen Gründen oder zur Sicherung von Grünflächen - zu verhindern. Das auf der Grundlage des § 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung von 1910 festgesetzte Bauverbot dient vielmehr auch dazu, im Innern der Baublöcke Zonen der Ruhe und Erholung zu sichern und zu vermeiden, dass dort ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entstehen (vgl. Häffner, Württ. Bauordnung, 1911, Bd. 1, Art. 11 Rn. 2 ff.; vgl. auch § 63 Abs. 3 der Ortsbausatzung der Beklagten zur Beschränkung von Hintergebäuden innerhalb der - hier geltenden -Baustaffel 2 und dazu Urteil des Senats vom 27.10.2000 - 8 S 714/00 -, VBlBW 2001, 185: Vermeidung einer Hinterhofsituation). Solche städtebaulichen Ziele eines Bauverbots können je nach Art und Intensität der Nutzung von in der Bauverbotszone bereits errichteten Gebäuden unterschiedlich stark beeinträchtigt werden. Hier bedarf jedoch keiner näheren Erörterung, ob es hinsichtlich des mit dem Bauverbot verfolgten Zwecks der Sicherung einer Zone für Ruhe und Erholung eine Verschlechterung der städtebaulichen Situation darstellt, wenn das Hintergebäude nicht mehr als Kindergarten-, sondern als Bürogebäude genutzt werden soll, und welche Bedeutung hierbei dem Umstand zukommt, dass für die Kindergartennutzung Befreiung aus Gründen des Allgemeinwohls erteilt wurde, während die Büronutzung allein im privaten Interesse des Klägers steht. Insoweit würde sich die Rechtsfrage stellen, ob bei einem Bauverbot, das - wie hier - auch nutzungsbezogene Zwecke verfolgt, jede Nutzungsänderung die Befreiungsfrage erneut aufwirft (so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.10.1983 - 5 S 933/83 -, BRS 40 Nr. 182) oder nur dann, wenn sich dadurch die städtebauliche Situation hinsichtlich der Schutzzwecke des Bauverbots verschlechtert (vgl. Urteil des Senats vom 10.03.1993 - 8 S 3004/92 -, VGHBW-Ls 1993, Beil. 5; vgl. auch Urteil des Senats vom 29.07.1983 - 8 S 2713/82 -, BRS 40 Nr. 181 zur fehlenden Anwendbarkeit einer nur auf das Maß der baulichen Nutzung bezogenen planerischen Beschränkung bei „reinen“ Nutzungsänderungen). Dieser Frage braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden, weil zum einen - wie dargelegt - mit dem Anbau ohne weiteres gegen das Verbot der Neuerrichtung baulicher Anlagen verstoßen wird, und weil zum anderen die erhebliche Erweiterung der Nutzung des vorhandenen Gebäudes Marienstraße ... schon für sich genommen eine Verschlechterung hinsichtlich der nutzungsbezogenen Zielsetzung des Bauverbots bedeutet.
29 
2. Allerdings liegen die Voraussetzungen für eine Befreiung von diesem Bauverbot nach Ermessen vor.
30 
a) Von den Festsetzungen eines Bebauungsplans kann gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nur dann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Dieses Erfordernis soll verhindern, dass die Befreiung als Instrument genutzt wird, um eine der Gemeinde vorbehaltene Änderung bauplanerischer Festsetzungen mit dem dafür vorgesehenen Verfahren zu ersetzen. Die Befreiung wirkt etwa dann in diesem Sinne als unzulässiger Planersatz, wenn sie aus Gründen erteilt wird, die in gleicher Weise eine Vielzahl anderer von der Festsetzung betroffener Eigentümer anführen könnten (vgl. BVerwG, Beschl. vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2324/02 -, VBlBW 2003, 438; Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 31; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 37). Eine solche Vorbildwirkung vermag eine Befreiung vom Bauverbot für das Vorhaben des Klägers hier entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu entfalten.
31 
Der Augenschein hat ergeben, dass es im Bereich der noch intakten Bauverbotszone keine weiteren Gebäude gibt, die - gegebenenfalls nach Aus- oder Umbaumaßnahmen - in vergleichbarer Weise als Büro- oder Wohngebäude genutzt werden könnten. Vielmehr könnte eine solche Nutzung auf den anderen Grundstücken innerhalb der Bauverbotszone nur dann realisiert werden, wenn ein dafür geeignetes Gebäude neu errichtet würde. Hierfür könnte eine Befreiung vom Bauverbot nicht unter Berufung auf eine dem Kläger erteilte Befreiung zur Umnutzung des vorhandenen Gebäudes begehrt werden, da die Sachverhalte auch in städtebaulicher Hinsicht nicht vergleichbar sind. Die geplante Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... zu Bürozwecken stellt auch für sich genommen keine faktische Planänderung dar. Denn sie ist nach Art und Umfang nicht geeignet, die noch intakte Zone für Ruhe und Erholung im Innern des Baublocks derart massiv zu beeinträchtigen, dass das Bauverbot dadurch wirkungslos würde.
32 
b) Die Abweichung ist zwar - im Unterschied zur vorangegangenen Genehmigung zur Nutzung des Gebäudes als Kindergarten - nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Auch liegt kein Härtefall im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vor. Das Baugrundstück weist in bodenrechtlicher Hinsicht keine Besonderheiten auf, die es im Verhältnis zu der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 06.07.1977 - 4 B 53.77 -, Buchholz 406.11 § 31 BBauG Nr. 15; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 50 f.). Der Umstand, dass bereits ein Gebäude auf der Grundlage einer Befreiung vom Bauverbot errichtet wurde, begründet keine grundstücksbezogene Atypik. Dessen fehlende Nutzbarkeit stellt im Übrigen auch deshalb keine Härte für den Kläger dar, weil ihm die Genehmigung für den Umbau des vormals als Garage genutzten Gebäudes in einen Kindergarten nur unter dem Vorbehalt erteilt wurde, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls diese Nutzung aufgegeben werde. Dies ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers eindeutig aus Ziffer 5 der Nebenbestimmungen der Baugenehmigung vom 02.09.1997 (Bl. 44 der Bauakten). Auch soweit der Kläger geltend macht, sein durch den Kauf des Grundstücks betätigtes Vertrauen auf dessen spätere Nutzung als Kindergarten sei durch das Verhalten der Beklagten enttäuscht worden, fehlt der notwendige Bezug zu einer grundstücksbezogenen Besonderheit.
33 
Die Abweichung vom Bauverbot zu dem Zweck, das Gebäude als Bürogebäude nutzen zu können, ist jedoch nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar. Dieser Befreiungsgrund ist gegeben, wenn die Abweichung - im Rahmen der Grundzüge der vorhandenen Planung - auch Gegenstand einer mit § 1 BauGB in Einklang stehenden Festsetzung des Bebauungsplans sein könnte (vgl. BVerwG, Beschl. vom 20.11.1989 - 4 B 163.89 -, NVwZ 1990, 556; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 47; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 31 Rn. 35). So liegt es hier. Das Hintergebäude Marienstraße ... ist bereits vorhanden. Es liegt nicht im Zentrum der Bauverbotszone, sondern im südwestlichen Randbereich und nimmt im Vergleich zur Größe der unbebauten Fläche im Blockinnern einen eher untergeordneten Raum ein. Schließlich ist die Bebauung auch auf dem Grundstück des Klägers selbst nicht verdichtet, sondern weist noch erhebliche Freiräume auf. Auch auf der Grundlage des Eindrucks von den konkreten örtlichen Verhältnissen, den der Senat während des Augenscheins gewonnen hat, kann daher nicht angenommen werden, dass das bauplanerisch verfolgte Ziel, im Innern des Gevierts eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern und ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu vermeiden, durch eine Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude wesentlich beeinträchtigt wird. Indiz für die städtebauliche Vertretbarkeit des Vorhabens ist im Übrigen auch der Umstand, dass der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beschlossen hat, um eine Nutzung dieses Gebäudes gerade als Bürogebäude zu ermöglichen. Zwar wurde das Planaufstellungsverfahren danach nicht mehr weiter geführt. Dies geschah aber nicht deshalb, weil grundsätzliche städtebauliche Bedenken gegen eine Nutzung des Gebäudes zu Bürozwecken aufgetreten sind. Ein weiteres Indiz dafür, dass das Vorhaben des Klägers städtebaulich noch gerechtfertigt werden kann, ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte im gegenüberliegenden nordöstlichen Randbereich der Bauverbotszone an der Paulinenstraße eine intensive Bebauung zugelassen hat. Dies und die auf dem Grundstück des Klägers bereits zugelassene Bebauung in der Verbotszone (neben dem Gebäude Marienstraße ... auch das in die Verbotszone hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41) zeigen, dass die Beklagte das städtebauliche Gewicht des Bauverbots in diesen beiden Randbereichen selbst nicht allzu hoch einschätzt. Ist das Vorhaben sonach städtebaulich vertretbar, so ist es zugleich mit den öffentlichen Belangen vereinbar; nach der konkreten örtlichen Situation ist die geplante Büronutzung schließlich weder nach der Nutzungsart noch nach ihrem Umfang geeignet, nachbarliche Belange wesentlich zu beeinträchtigen (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB).
34 
c) Auch wenn das Vorhaben danach die Grundzüge der Planung nicht berührt, städtebaulich vertretbar und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Befreiung vom Bauverbot. Die Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung steht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 31 Abs. 2 BauGB („kann“) im Ermessen der Baurechtsbehörde. Anhaltspunkte für eine Reduzierung des Ermessens „auf Null“ liegen hier nicht vor. Zwar ist das Interesse des Klägers an einer sinnvollen privaten Nutzung des vorhandenen Gebäudes durchaus von Gewicht. Es überwiegt aber, zumindest in Gestalt des konkret beantragten Vorhabens, nicht von vornherein entgegenstehende städtebauliche Belange. Immerhin bringt die vorgesehene Büronutzung ein Moment der Unruhe in das Innere des Bauquartiers, auch wenn sich dies im Wesentlichen auf das Baugrundstück selbst beschränkt und es auch keine Anhaltspunkte für die Entstehung ungesunder Arbeitsverhältnisse gibt. Die damit verbundene -räumlich begrenzte - Beeinträchtigung der Zielsetzung des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern, wird auch nicht dadurch relativiert, dass die Beklagte die Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Kindergarten zugelassen hat. Denn die hierfür erteilte Befreiung vom Bauverbot wurde darauf gestützt, dass Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Nutzung als Kindergarten erfordern (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Demgegenüber liegt es allein im privaten Interesse des Klägers, das Gebäude zu Bürozwecken nutzen zu können. Vor allem beschränkt sich die beantragte Nutzungsänderung auch nicht auf die bisher genutzten Räumlichkeiten; vielmehr soll nunmehr erstmals auch das Untergeschoss baulich genutzt werden. Diese - beträchtliche - Nutzungserweiterung berührt die Zielsetzung des Bauverbots, ohne dass der Kläger sich insoweit auf eine bloße Umnutzung bereits vorhandener Kapazitäten berufen kann.
35 
Nach allem liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Baurechtsbehörde, unter Berücksichtigung aller relevanten städtebaulichen Aspekte und der Belange des Klägers zu entscheiden, ob und in welchem Umfang Befreiung vom Bauverbot zum Zwecke einer Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude erteilt werden soll. Sie ist hierbei auch nicht gehindert, der Befreiung Nebenbestimmungen beizufügen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 31 Rn. 20, 48; zur Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Befreiungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 62). Gegebenenfalls wird auch zu prüfen sein, ob das Vorhaben die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen - etwa hinsichtlich der Stellplatzfrage - erfüllt.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
37 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,- EUR festgesetzt.
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Anordnung der Beseitigung eines Stellplatzes auf ihrem Grundstück Flst.-Nr. … der Gemarkung F., G.- Straße 71.
Die an der - im Stadtteil W. von Norden nach Süden verlaufenden - G.- Straße gelegenen, meist Ende des 19. oder Anfang des 20. Jahrhunderts errichteten Villengebäude sind fast durchweg etwa fünf bis sechs Meter von der straßenseitigen Grundstücksgrenze zurückversetzt. Zur Straße hin sind Vorgärten angepflanzt, über die Fußwege zum Eingang und teilweise auch gepflasterte oder geteerte Einfahrten zu neben oder hinter den Gebäuden gelegenen Garagen oder Stellplätzen führen. Das mit einer etwa 1908/10 errichteten zweigeschossigen Villa bebaute Grundstück der Klägerin befindet sich im südlichen Bereich der G.- Straße zwischen L.- und M.- . Im Norden des Grundstücks führt neben einer Zufahrt zu einer im rückwärtigen Grundstücksteil gelegenen Garage ein Fußweg zur Eingangstür des Gebäudes.
Für das Gebiet östlich und westlich der G.- Straße existiert kein unter Geltung des Bundesbaugesetzes bzw. des Baugesetzbuchs erlassener Bebauungsplan. 1881 bzw. 1882 wurden für den nördlich der L.- O. Straße gelegenen Teil der G.- Straße Straßenfluchten bzw. - kanten und, 5 bis 6 m von diesen zurückversetzt, Baufluchten festgestellt. Mit Entschließung des Großherzoglich Badischen Bezirksrats vom 26.07.1888 wurde für die - damals noch geplante - Verlängerung der G.- Straße zwischen L.- Straße und M.- Straße eine Straßenbreite von 18 m und eine „Bauflucht beiderseits auf 4,50 m Abstand hinter der Straßenkante“ festgesetzt. Am 28.11.1895 beschloss der Bezirksrat für die Ostseite der verlängerten G.- Straße eine Verlegung der Straßenkante um 1,5 m nach Westen und damit einen Abstand zwischen Straßenkante bzw. Straßenflucht und Bauflucht von 6 m.
In den Jahren 1999 bis 2000 wurde die Villa auf dem Grundstück der Klägerin renoviert und umgebaut. Am 27.10.2000 wurde vom Bauordnungsamt der Beklagten vor Ort festgestellt, dass nicht nur die Zufahrt zur Garage bzw. der Zugang zur Haustür des Gebäudes neu angelegt, sondern dass darüber hinaus, südlich anschließend, im Bereich zwischen straßenseitiger Grundstücksgrenze und der etwa 5,50 m zurückversetzten westlichen Gebäudewand, eine Fläche von etwa 5 auf 4,5 m Meter mit Pflastersteinen für einen Stellplatz bzw. Stellplätze befestigt worden war. Der Architekt der Klägerin trug dazu unter Anderem vor, die Pflasterung stelle weder ein Gebäude noch einen Bauteil dar, müsse also keine Bauflucht einhalten. Darauf, wie das Pflaster genutzt werde, komme es nicht an. Es sei außerdem von allgemeinem Interesse, dass möglichst viele Pkw auf den Grundstücken und nicht auf der Straße abgestellt würden. Schräg gegenüber, auf dem Grundstück G.- Straße …, befinde sich außerdem unmittelbar hinter dem Zaun ebenfalls ein befestigter Stellplatz, der ständig als solcher benutzt werde.
Mit Bescheid vom 16.10.2001 gab die Beklagte der Klägerin auf, die in der Vorzone des Grundstücks angelegten Stellplätze bzw. die Wendeplatte zurück zu bauen. Die Pflasterung im Bereich vor der Bauflucht und außerhalb des Zugangs zum Gebäude sowie außerhalb der Garagenzufahrt sei zu entfernen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Nach § 65 Satz 1 LBO könne der teilweise oder vollständige Abbruch einer Anlage angeordnet werden, wenn sie formell und materiell rechtswidrig sei und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände geschaffen werden könnten. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Das Grundstück liege im Bereich eines Baufluchtenplans, der beidseitig entlang der G.- Straße eine Bauflucht festsetze. Diese Bauflucht unterteile das Grundstück in eine überbaubare und eine nicht überbaubare Grundstücksfläche. Die angelegten Stellplätze lägen im Bereich der nicht überbaubaren Grundstücksfläche und widersprächen somit den Festsetzungen im Baufluchtenplan. Das Vorhaben könne auch nicht gemäß § 23 Abs. 5 BauNVO oder mit Hilfe einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zugelassen werden. Die Festsetzung einer nicht überbaubaren Grundstücksfläche im einfachen Bebauungsplan habe zur Folge, dass eine Regelung im Sinne des § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO vorliege, die eine Zulassung von baulichen Anlagen nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO ausschließe. Gründe des Wohls der Allgemeinheit, die eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erforderten, seien nicht ersichtlich, weil das Bauvorhaben ausschließlich privaten Zwecken diene. Die Befreiung wäre zudem städtebaulich nicht vertretbar, da ein Präzedenzfall für die gesamte Umgebung geschaffen würde. Es seien auch keine Gründe dafür erkennbar, dass die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offensichtlich nicht beabsichtigten Härte führen würde. Der von der Klägerin als Vergleichsfall angeführte Stellplatz auf dem Grundstück G.- Straße … sei baurechtlich nicht genehmigt und gleichfalls unzulässig. Ein baurechtliches Verfahren zur Schaffung rechtmäßiger Zustände werde eingeleitet. Im Übrigen wäre das Vorhaben auch nicht nach § 34 BauGB zulässig, da sich die bauliche Anlage nicht in den begrünten und mit Ausnahme der Grundstückszugänge unversiegelten Vorgartenbereich einfüge. Die Rückbauverfügung liege im Ermessen der Baubehörde. Ein weniger belastendes Mittel sei nicht ersichtlich. Die Verfügung sei auch angemessen, da dem harmonischen Gesamtbild der Umgebung mehr Gewicht beizumessen sei als den privaten Interessen der Grundstückseigentümerin.
Der von der Klägerin am die Klägerin am 16.11.2001 eingelegte Widerspruch wurde vom Regierungspräsidium F. mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2002 zurückgewiesen.
Am 13.01.2003 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung wird vorgetragen: Es bestünden Zweifel an der Wirksamkeit des Baufluchtenplans. So verfüge die Beklagte nicht mehr über ein Original dieses Plans. Abgesehen davon hätten Baufluchten zwar dazu geführt, dass Gebäude an dieser Linie hätten errichtet werden müssen. Dies habe aber nur für Gebäude und nicht für Nebenanlagen, insbesondere nicht für Stellplätze, gegolten. Außerdem habe es damals noch keinen Kfz-Verkehr gegeben, der planerisch hätte gesteuert werden müssen. Deswegen hätten die Interessen der Grundstückseigentümer an der Errichtung von Stellplätzen bei der Abwägung nicht berücksichtigt werden können. Voraussetzung für die Überleitung eines Plans nach § 173 Abs. 3 BBauG sei jedoch unter anderem, dass eine gerechte Abwägung der berührten privaten und öffentlichen Interessen stattgefunden habe. Die Zulässigkeit von Stellplätzen könne auch deshalb nicht nach einem Plan aus dem 19. Jahrhundert beurteilt werden, weil heute Stellplätze und Garagen bauordnungsrechtlich grundsätzlich auf den Grundstücken nachgewiesen werden müssten und die Bauleitplanung daher soweit wie möglich die Voraussetzung für die Erfüllung der Stellplatzpflicht schaffen müsse. Jedenfalls sei die Bauflucht durch abweichende tatsächliche Entwicklungen außer Kraft getreten. Der über die auf vielen Grundstücken vorhandenen Zufahrten führende Verkehr sei für die Umgebungsbebauung deutlich störender und damit städtebaulich relevanter als ein Stellplatz unmittelbar an der Straße. Die Funktionslosigkeit der Baulinie ergebe sich aber zudem aus den zahlreichen Stellplätzen, die in der G.- Straße, aber auch in angrenzenden Straßen der näheren Umgebung zugelassen worden seien bzw. zumindest geduldet würden. So fänden sich Stellplätze bzw. Garagen vor der Bauflucht auf den Grundstücken B.- Straße … und …, Sch.- Straße …, … und …, G.- Straße …, …, …, …, … und …, H.- Straße …, …, … und … sowie S.- Straße …, …, … und …. Zudem würden die vorhandenen befestigten Zufahrten im vorderen Grundstücksbereich vielfach zum Abstellen von Kraftfahrzeugen genutzt. Die Zulässigkeit des Stellplatzes richte sich daher nach § 34 BauGB. Er füge sich in die nähere Umgebung ein, weil sich schräg gegenüber ihrem Grundstück auf dem Grundstück G.- Straße 60 seit etwa vierzig Jahren ein befestigter Stellplatz befinde, der von der Beklagten geduldet werde. Bis heute habe sie nicht dessen Rückbau angeordnet. Fürsorglich werde darauf hingewiesen, dass jedenfalls eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zu gewähren wäre. Dabei sei zu berücksichtigen, dass angeboten worden sei, den Stellplatz durch eine Hecke zu verdecken, und dass direkt gegenüber bereits seit etwa 1963 ein Stellplatz bestehe. Die Beseitigungsverfügung sei zudem unbestimmt. Sie verstoße gegen Art. 3 GG, weil es im gesamten Stadtbereich eine Vielzahl von Stellplätzen außerhalb von Baufluchten gebe. Die Verfügung sei auch im Übrigen ermessensfehlerhaft.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 16.10.2001 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F. vom 09.12.2002 aufzuheben.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Ergänzend zu den Gründen in den angefochtenen Bescheiden wird dargelegt: Die Beklagte sei immer davon ausgegangen, dass die amtlich festgestellten Baufluchten überbaubare und nicht überbaubare Grundstücksflächen definierten. Dies werde durch die Genehmigungspraxis des Bauordnungsamts sowie die tatsächlichen Verhältnisse dokumentiert. So seien in der näheren Umgebung in den letzten Jahren im rückwärtigen Bereich der Grundstücke bzw. seitlich der Gebäude mehrere Garagen bzw. Stellplätze genehmigt worden (G.- Straße …, …, …, …, …, …, …, … und …), aber nie in der - abgesehen von dem Grundstück G.- Straße … - noch intakten Vorgartenzone. In Entwürfen zu einer Vorgartensatzung aus den Jahren 1982, 2000 und 2004 sei jeweils vorgesehen gewesen, die Errichtung von Garagen und Stellplätzen in den Vorzonen zu verbieten. Das Vorhaben, eine entsprechende Satzung zu erlassen, sei noch nicht aufgegeben worden; es werde aber insbesondere über die Frage diskutiert, für welche Stadtteile die Satzung gelten solle. Eine Ausnahme von der Festsetzung der Bauflucht im Baufluchtenplan gem. § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO werde nicht erteilt. Der Beklagten sei zwar insoweit ein Ermessensspielraum eröffnet, innerhalb dessen die Interessen des Bauherrn, der Nachbarn und der Allgemeinheit unter- und gegeneinander abzuwägen seien. Auch spreche für das Interesse der Klägerin, dass die Einfahrt in die Garage nicht einfach und der Stellplatz bereits fertiggestellt sei und dass dieser aufgrund der massiven Einfriedigungen nicht besonders augenfällig in Erscheinung trete. Auf der anderen Seite sei aber zu bedenken, dass die Zufahrt auch anders hätte angelegt werden können. Ferner könne der Stellplatz ohne großen Aufwand wieder beseitigt werden. Entscheidend spreche für ein Interesse der Allgemeinheit an einer Beseitigung des Stellplatzes, dass dieser trotz seiner Unauffälligkeit eine negative Vorbildwirkung ausüben würde. Eine Selbstbindung der Verwaltung bestehe nicht. Der Stellplatz auf dem Grundstück G.- Straße 60 sei ebenfalls nicht genehmigt. Die Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB oder einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB schieden aus. Ausnahmen seien im Plan nicht vorgesehen. Bei einer Befreiung wären die Grundzüge der Planung betroffen. Selbst wenn man von einer Unwirksamkeit des Baufluchtenplans ausginge, wäre das Bauvorhaben unzulässig, weil es sich nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen würde. Der Stellplatz auf dem Grundstück G.- Straße 60 wäre nur dann als vorhandene Bebauung zu berücksichtigen, wenn er von der zuständigen Behörde in einer Weise geduldet worden wäre, die keinen Zweifel daran lasse, dass sich diese mit dem Vorhandensein der Anlage abgefunden habe. Eine derartige Duldung habe hier nicht bestanden. Sie habe erst im Laufe des vorliegenden Verfahrens Kenntnis von der Anlage erhalten. Rechtmäßige Zustände könnten auch nicht auf andere Weise hergestellt werden.
13 
In der mündlichen Verhandlung hat die Kammer das Grundstück der Klägerin Flst.-Nr. …, G.- Straße …, sowie die nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
14 
Dem Gericht liegen die von der Beklagten vorgelegten Baugenehmigungsakten, die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums F. sowie die Akten des Tiefbauamts der „Hauptstadt F.“ über Straßen und Wege - W. - H.- Gebiet - aus den Jahren 1887 bis 1908 und ein von der Beklagten vorgelegtes „Straßenverzeichnis“ (jeweils ein Heft) vor. Der Inhalt dieser Akten und der Gerichtsakten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung; hierauf wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 16.10.2001 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F. vom 09.12.2002 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16 
Rechtsgrundlage der Verfügung vom 16.10.2001, mit der der Klägerin - in hinreichend bestimmter Form - aufgegeben wurde, den auf ihrem Grundstück neben der Zufahrt bzw. dem ebenfalls gepflasterten Weg zur Eingangstür ihres Gebäudes angelegten Stellplatz zurückzubauen und die Pflasterung zu entfernen, ist § 65 Satz 1 LBO. Danach kann der teilweise oder vollständige Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, angeordnet werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor (dazu unter I.); ein Ermessensfehler der Behörde ist nicht erkennbar (II.).
I.
17 
1. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. nur VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.06.2003 - 3 S 2436/02 - , BRS 66 Nr. 195, m.w.N.) setzt der Erlass einer Abbruchverfügung voraus, dass das betreffende Vorhaben nicht durch eine Baugenehmigung oder eine Zustimmung (§ 70 LBO) gedeckt ist (sog. formelle Baurechtswidrigkeit) und seit seiner Errichtung fortlaufend im Widerspruch zum materiellen Baurecht steht (materielle Baurechtswidrigkeit). Das ist hier der Fall.
18 
Die Klägerin bedurfte zur Pflasterung der etwa 22,5 qm großen Fläche südlich der Zufahrt zur Garage bzw. dem Weg zur Haustür, die unstreitig als Stellplatzfläche genutzt werden soll, zwar keiner Baugenehmigung (vgl. §§ 49 Abs. 1, 50 Abs. 1 i.V.m. Nr. 64 des Anhangs zu § 50 LBO). Der Stellplatz, der ein Vorhaben im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB darstellt (vgl. dazu Krautzberger in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: 01.09.2004, § 29 Rd.-Nrn. 28 und 50 ff., m.w.N.), widerspricht jedoch Bauplanungsrecht und ist damit materiell-rechtlich unzulässig. Seine planungsrechtliche Zulässigkeit richtet sich nach § 30 Abs. 1 BauGB, sofern und soweit vom Bestehen eines einfachen oder qualifizierten Bebauungsplans auszugehen ist, ansonsten bzw. gegebenenfalls ergänzend nach § 34 BauGB (vgl. § 30 Abs. 3 BauGB). Er verstößt gegen Festsetzungen eines Ortsstraßenplans der Beklagten aus dem Jahr 1888, der als übergeleiteter einfacher - Bebauungsplan weiterhin anzuwenden ist (dazu unter a). Im Übrigen wäre er auch bei einer Beurteilung nach § 34 BauGB nicht zulässig, weil er sich nicht in die nähere Umgebung einfügt (b).
19 
a) Der Stellplatz widerspricht der 1888 in einem Ortsstraßenplan festgesetzten Bauflucht, die zur Folge hatte und auch noch heute hat, dass der Bereich zwischen straßenseitiger Grundstücksgrenze und der östlich davon, entlang der westlichen Außenwand des heutigen Hauptgebäudes, verlaufenden Bauflucht nicht überbaubar ist.
20 
aa) Nach den von der Beklagten vorgelegten Akten des Tiefbauamts „der Hauptstadt F.“ über „Straßen und Wege, W., H.- Gebiet“ aus den Jahren 1887 bis 1908 ist davon auszugehen, dass unter Geltung des Badischen Ortsstraßengesetzes - Bad. OStrG - vom 20.02.1868 (Großherzogliches Regierungsblatt S. 286 ff.) in der Fassung vom 03.03.1880 (Gesetz- und Verordnungsblatt = G. u. V.O.B., S. 47 ff.) jedenfalls für die östlich der G.- Straße und zwischen M.- Straße sowie L.- Straße gelegenen Grundstücke in einer Entfernung von zunächst 4,5 m, später - nach Verlegung der Straßenkante bzw. -flucht durch Entscheidung vom 28.11.1895 - von 6 m von der Straßenkante, eine von Norden nach Süden verlaufende Bauflucht festgesetzt worden ist. Dabei kann offen bleiben, ob einer oder mehrere der in den Akten enthaltenen Pläne mit der betreffenden Bauflucht das Original des Ortsstraßenplans darstellen oder nur Abschriften. Allein der Verlust eines Bebauungsplandokuments kann nämlich nicht zur Annahme der Unwirksamkeit oder dem Außerkrafttreten des betreffenden Plans führen (BVerwG, Beschl. v. 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, NVwZ 1997, 890; Urt. v. 17.06.1993 - 4 C 7.91 - NVwZ 1994, 281; ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.01.1998 - 8 S 2430/97 - und v. 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -, BauR 2004, 1498 [Ls.], juris). Vielmehr kann das Bestehen einer planerischen Festsetzung auch mit Hilfe anderer Unterlagen nachgewiesen werden, die die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben. Das ist hier der Fall. Die Bauflucht östlich der G.- Straße ist Gegenstand diverser in den vorliegenden Akten enthaltener Dokumente (Abschrift der Bekanntmachung des Erkenntnisses des Bezirksrats vom 26.07.1988 über Festsetzung der Bauflucht in einer Entfernung von 4,5 m von der Straßenkante, VAS. 59; Ausfertigung einer Entscheidung des Bezirksrats vom 28.11.1895 „die Abänderung der Bauflucht an der G.- Straße betreffend“, VAS. 198; vgl. auch VAS. 181 ff., 199, 337, 347 ff.) und ist in mehreren Plänen als „beantragte Bauflucht“ (VAS. 115), als Bauflucht (VAS. 61, 65, 91, 151) bzw. als „amtlich genehmigte und beibehaltene Bauflucht“ (VAS. 191, 207) eingezeichnet. Sie ist zudem in einem Übersichtsplan neueren Datums über die in der weiteren Umgebung der G.- Straße genehmigten Straßenkanten und Baufluchten (Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26.04.2005 in diesem Verfahren) enthalten.
21 
Anhaltspunkte dafür, dass die Festsetzung unwirksam gewesen wäre, bestehen nicht. Insbesondere kann nicht allein wegen des Fehlens weiterer Unterlagen über das Feststellungsverfahren (z.B. des Großherzoglich Badischen Bezirksrats) mehr oder weniger spekulativ die Möglichkeit von Mängeln im Rechtssetzungsverfahren unterstellt werden (BVerwG, Beschl. v. 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, a.a.O.).
22 
bb) Die nach dem Badischen Ortsstraßengesetz festgesetzte Bauflucht entsprach im Wesentlichen einer Baulinie nach heutigem Recht (vgl. § 23 Abs. 1, 2 und 5 BauNVO). Sie hat zur Folge, dass der Bereich zwischen straßenseitiger Grundstücksgrenze und der östlich davon, entlang der westlichen Außenwand des Gebäudes auf dem Grundstück der Klägerin, verlaufenden Bauflucht nicht überbaubar ist.
23 
Die Festsetzung einer Bauflucht in einem Ortsstraßenplan nach dem Badischen Ortsstraßengesetz (vom 20.02.1868, vom 03.03.1880, vom 26.06.1890, vom 06.07.1896, vom 20.08.1904, vom 15.10.1908 oder später) hatte - wie heute die Festsetzung einer Baulinie (vgl. § 23 Abs. 2 BauNVO) - die Folge, dass Gebäude mit ihrer zur Straße gerichteten Gebäudewand entlang dieser Linie errichtet werden mussten. Sie durften die Linie dabei nämlich nicht nur - wie das bei Baugrenzen nach heutigem Recht der Fall ist (vgl. § 23 Abs. 3 BauNVO) - nicht überschreiten, sondern auch - wie bei Baulinien nach heutigem Recht (vgl. § 23 Abs. 2 BauNVO) - nicht hinter dieser zurückbleiben (so genannte positive Funktion der Bauflucht). Dem Wortlaut der entsprechenden Vorschriften nach (vgl. aber Walz, Badisches Ortsstraßenrecht, 1900, Art. 7, S. 119, 121; Flad, Das badische Ortsstraßengesetz, 1909, S. 214) galt diese Verpflichtung zunächst wohl nur für Gebäude und Gebäudeteile, die über die Straßenoberfläche hinausragten, und auch später nur für Gebäude. So bestimmten Art. 7 Bad. OStrG 1868 und 1880 (abgedruckt bei Walz, a.a.O.): „Den Bauunternehmern gegenüber hat die Feststellung des Bauplans die Wirkung, dass für die auszuführenden Bauten die festgesetzte Straßenhöhe und für die nach der Ortsstraße gerichtete Seite eines Gebäudes, soweit sie über die Straßenfläche hervorragt, die festgestellte Bauflucht maßgebend ist.“ § 9 Bad. OStrG 1908 (abgedruckt bei Flad, a.a.O.) lautete: „Für Bauten auf dem an die geplanten Ortsstraßen angrenzenden Gelände hat die Feststellung des Ortsstraßenplans die Wirkung, dass dafür die festgesetzte Straßenhöhe und für die nach der Ortsstraße gerichtete Gebäudeseite mit der aus Abs. 3 und 4 sich ergebenden Einschränkung die festgestellte Bauflucht maßgeblich ist“.
24 
Darüber hinaus führte eine solche, nicht mit der Straßenkante bzw. Straßenflucht zusammenfallende, Bauflucht aber dazu, dass für den zwischen Straßenflucht und Bauflucht gelegenen Bereich (der als so genannte „Vorgartenfläche“ dem Straßenkörper zuzurechnen war) grundsätzlich ein Bauverbot bestand (so genannte negative Funktion). Auch nach heutigem Recht gibt es neben der in § 23 Abs. 2 BauNVO im Wesentlichen nur die für Gebäude bzw. Gebäudeteile geregelten positiven Funktion einer Baulinie diese weitere Rechtsfolge (§ 23 Abs. 1 und 5 BauNVO; vgl. hierzu Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. 2002, § 23 Rd.-Nrn. 12.2 und 20; Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., Band 5, § 23 BauNVO Rd.-Nr. 55). Mit der Festsetzung einer Bauflucht nach dem Badischen Ortsstraßengesetz konnte nicht nur eine Fläche für eine mögliche Straßenverbreiterung freigehalten werden; vielmehr diente sie bei Wohnstraßen auch bzw. allein der Verschönerung des Straßenbilds und der Verbesserung der Licht- und Luftverhältnisse (Walz, a.a.O., S. 41 f.; vgl. auch Roth, Badische LBO, II. Aufl. 1909, S. 66 f., 242 f.). Diese negative Funktion der Straßenpläne war zwar in dem Badischen Ortsstraßengesetz zunächst nicht ausdrücklich geregelt, wurde aber in anderen Vorschriften stillschweigend vorausgesetzt. So bestimmte Art. 17 Bad. OStrG 1868, dass Eigentümer, die „einer angeordneten Vorgartenanlage wegen“ genötigt werden, „einen Teil ihres Geländes unüberbaut liegen zu lassen“, keine Entschädigung verlangen können (ähnlich § 28 Bad. OStrG 1896; vgl. zum Ganzen ausführlich Walz, a.a.O., Art. 7 , S. 114 ff., Art. 28, S. 297 ff.; Flad, a.a.O, S. 75 f., 213). In § 9 Abs. 2 Bad. OStrG 1908 wurde erstmals ausdrücklich geregelt, dass die Planfeststellung unter anderem „hinsichtlich des Vorgartengeländes die Wirkung“ hat, „dass die Überbauung sowie der Um- und Ausbau daselbst bestehender Gebäude .... untersagt ist“. Die Geltung dieses Bauverbots war dabei weder auf Gebäude noch etwa auf Bauten im Sinne der jeweils geltenden Badischen Landesbauordnung beschränkt; vielmehr erfasste es alle Maßnahmen baulicher Art, einschließlich unterirdischer, wie zum Beispiel Keller. Das „Vorgartengelände“ war insgesamt nicht überbaubar (vgl. dazu ausführlich Walz, a.a.O., Art. 28, 299 ff.; ähnlich heute: vgl. § 23 Abs. 5 BauNVO, vgl. Bielenberg, a.a.O., BauNVO, § 23 Rd.-Nr. 55). Ausgenommen waren anfänglich allenfalls Einfriedigungen oder solche Bauten, die mit der Bestimmung einer Ortsstraße vereinbar oder geradezu als „Zubehör“ einer solchen anzusehen seien, z.B. Anschlagsäulen, Bedürfnisanstalten, öffentliche Denkmäler, Ruhebänke, Marktstände (so Walz, a.a.O., Art. 28, S. 303 ff., 318). Ab Inkrafttreten des Ortsstraßengesetzes vom 15.10.1908 konnten außerdem unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen gestattet werden (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 Bad. OStrG 1908).
25 
cc) Der Ortsstraßenplan aus dem Jahr 1888 mit der über das Grundstück der Klägerin führenden Bauflucht ist mit den angeführten Rechtsfolgen nach § 173 des Bundesbaugesetzes - BBauG - 1960 wirksam übergeleitet worden und heute noch als so genannter einfacher Bebauungsplan zu beachten.
26 
Nach § 173 Abs. 3 BBauG 1960 gelten bei Inkrafttreten des Gesetzes (gemeint ist das Inkrafttreten des Ersten bis Dritten Teils des BBauG 1960 am 29.06.1961) bestehende baurechtliche Vorschriften und festgestellte städtebauliche Pläne als Bebauungspläne fort, soweit sie verbindliche Regelungen der in § 9 BBauG 1960 bezeichneten Art enthalten, also einen Inhalt hatten, der nach § 9 BBauG 1960 Inhalt eines Bebauungsplans sein kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.10.1972 - IV C 14.71 -, BVerwGE 41, 67). Das ist bei der im Ortsstraßenplan festsetzten Bauflucht der Fall (vgl. § 9 Abs. 1 b BBauG 1960).
27 
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Plan deshalb nicht wirksam übergeleitet worden wäre, weil er zum Zeitpunkt seiner Feststellung - nach den damals geltenden Anforderungen - oder aber zum Zeitpunkt der Überleitung nicht dem Gebot gerechter Abwägung der berührten Belange entsprochen hätte (vgl. zu den Anforderungen im Einzelnen BVerwG, Urt. v. 20.10.1972 - IV C 14.71 -, a.a.O., und v. 11.05.1973 - IV C 39.70 -, Buchholz 406.11 § 173 BBauG Nr. 12). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an den Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis nicht den Maßstäben des Bundesbaugesetzes 1960 oder des Baugesetzbuchs entsprechen können und müssen (BVerwG, Beschl. v. 29.12.1988 und v. 20.10.1972, a.a.O.). Da bei übergeleiteten alten Plänen der Abwägungsvorgang regelmäßig - und so auch im vorliegenden Fall - nicht mehr nachvollzogen werden kann, weil er nicht oder nicht vollständig dokumentiert ist oder weil eine solche Dokumentation untergegangen ist, kommt dem im Inhalt des Plans zum Ausdruck kommenden Abwägungsergebnis die maßgebliche Bedeutung für die Beurteilung einer rechtsstaatlichen Abwägung zu. Eine Überleitung kommt hiernach (nur) dann nicht in Betracht, wenn sich aus den konkreten Festsetzungen des betreffenden Plans ergibt, dass der Ausgleich der konkurrierenden Interessen außer Verhältnis zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange steht bzw. stand (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.10.1972, a.a.O.). Das ist hier nicht ersichtlich. Insbesondere kann nicht allein aufgrund der Tatsache, dass Stellplätze für Kraftfahrzeuge zum Zeitpunkt der Festsetzung der Bauflucht nicht bekannt waren und deren planerische Bedeutung nicht nur wegen der Zunahme des Verkehrs, sondern auch wegen der bauordnungsrechtlichen Stellplatzpflicht erst später immer mehr zunahm, auf einen relevanten Abwägungsfehler geschlossen werden. Abgesehen davon, dass es auch Ende des 19. Jahrhunderts bereits Abstellplätze bzw. Remisen für Droschken und Kutschen gegeben haben dürfte, ist es bauplanerischen Festsetzungen immanent, dass bei ihrem Erlass nicht immer jede zukünftige Entwicklung vorhergesehen und in die Abwägung einbezogen werden kann. Auch zum Zeitpunkt der Überleitung 1960 erscheint die Festsetzung von ihrem Ergebnis her nicht abwägungsfehlerhaft. Schließlich ist zu bedenken, dass im rückwärtigen Bereich der Grundstücke in der Regel genügend Raum für Stellplätze und Garagen vorhanden war und dieser offensichtlich auch als solcher genutzt wurde (nach den vorliegenden Kopien alter Pläne für die etwa 1908 bis 1910 errichtete Villa des Klägers war bereits damals im Keller ein „Automobilraum“ mit einer Zufahrt von Westen her vorhanden, vgl. AS. 49 der Baugenehmigungsakten).
28 
Der danach wirksam übergeleitete Plan gilt gemäß § 233 Abs. 3 BauGB weiter fort. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist er auch nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Allein das Verstreichen eines langen Zeitraums führt nicht zum Unwirksamwerden einer bauplanungsrechtlichen Festsetzung. Funktionslos kann ein Plan oder können einzelne Festsetzungen eines Plans zwar werden, wenn die Festsetzungen auf unabsehbare Zeit schlechterdings nicht mehr realisiert werden können, ihre sinnvolle Durchsetzung mithin gänzlich unmöglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BRS 32 Nr. 28). Die tatsächliche Bebauung entlang der G.- Straße hat sich aber hier nicht in einer solchen Weise entwickelt, dass die festgesetzte, östlich der G.- Straße von der M.- Straße bis zur L.- Straße führende Bauflucht erkennbar aufgegeben worden wäre oder sich nicht mehr verwirklichen ließe.
29 
Die Auswirkungen der Festsetzungen aus den Jahren 1888 auf die Anordnung der vorhandenen Gebäude und baulichen Anlagen sind im Gegenteil sehr deutlich erkennbar. Die Kammer hat bei der Inaugenscheinnahme des Grundstücks der Klägerin und der näheren Umgebung in der mündlichen Verhandlung festgestellt, dass - abgesehen von untergeordneten Gebäudeteilen wie Erkern - alle Hauptgebäude mit ihrer straßenseitigen Gebäudewand einen Abstand von etwa 5,50 m zur Grenze des Grundstücks zum angrenzenden Gehweg einhalten. Warum der Abstand nicht 6 m beträgt, wie im Ortsstraßenplan in der Fassung von 1895 vorgesehen, kann hier offen bleiben; möglicherweise wurde wegen des Gehwegs eine Verbreiterung der Straßenfläche erforderlich.
30 
Die Bauflucht ist im Übrigen auch hinsichtlich ihrer weiteren Rechtsfolge eines Bauverbots für den Bereich zwischen Bauflucht und Straßenkante - heute Grundstücksgrenze - ersichtlich weiter relevant. Dieser Bereich ist bei allen östlich der G.- Straße zwischen der M.- Straße und der L.- Straße gelegenen Grundstücken als Vorgarten angelegt und genutzt (G.- Straße …, …, …, … und …) bzw. begrünt (nicht bebautes, im rückwärtigen Bereich als Parkplatz genutztes Grundstück Flst.-Nr. …). Die in der „Vorzone“ vorhandenen Einfriedigungen und Zufahrten zu hinter der Bauflucht gelegenen Stellplätzen und die Zugänge zu den Hauseingängen konnten wohl - wie ausgeführt - als Ausnahmen zugelassen werden .(z.B. nach § 9 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Bad. OStrG 1908). Ihr Vorhandensein beeinträchtigt jedenfalls - im Gegensatz zu Stellplätzen für Kraftfahrzeuge - das mit der Festsetzung einer Bauflucht ebenfalls verfolgte Ziel der Verschönerung des Straßenbilds nur unerheblich und führt daher nicht zur Funktionslosigkeit der Bauflucht.
31 
Auch die Tatsache, dass im hier zu betrachtenden Abschnitt zwischen der M.- Straße und der L.- Straße auf einem Grundstück, dem Grundstück Flst.-Nr. …, G.- Straße …, einer der Stellplätze etwa einen halben bis einen Meter in diese „Vorgartenzone“ hineinragt, bedeutet nicht, dass das durch die Bauflucht bewirkte Bauverbot insgesamt unwirksam geworden wäre.
32 
dd) Der danach weiter zu beachtenden Bauflucht widerspricht der auf dem Grundstück der Klägerin bereits angelegte Stellplatz, weil er vor dieser und damit auf einer nicht überbaubaren Fläche errichtet wurde. Wie ausgeführt, galt und gilt das als Folge der Bauflucht bestehende Bauverbot für die Fläche zwischen Bauflucht und Straßenkante grundsätzlich für jede bauliche Anlage, vor allem auch für einen Stellplatz. Dabei ist nicht nur die mit Pflastersteinen oder mit anderen Materialien befestigte Erdoberfläche in den Blick zu nehmen, sondern auch dessen bestimmungsgemäße Nutzung zum regelmäßigen Abstellen eines Kraftfahrzeugs zu berücksichtigen (vgl. § 2 Abs. 8 Satz 1 LBO, Sauter, LBO, Stand: Dez. 2004, § 2 Rd.-Nr. 104).
33 
b) Die Beklagte hat im Übrigen zu Recht darauf abgestellt, dass der Stellplatz selbst dann als planungsrechtlich unzulässig anzusehen wäre, wenn der Ortsstraßenplan mit der Bauflucht aus dem 19. Jahrhundert wegen anfänglicher Unwirksamkeit, fehlender Überleitung oder nachträglichem Außerkrafttreten nicht anzuwenden wäre. Er wäre dann insgesamt nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen. Der Stellplatz fügt sich jedoch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht ein im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
34 
Nach dieser Vorschrift ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Zur näheren Umgebung zu rechnen sind dabei nach Auffassung der Kammer bei der hier streitigen Frage, ob die Errichtung eines Stellplatzes hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche im Bereich zwischen Straße und Hauptgebäude bauplanungsrechtlich zulässig ist, nur die östlich der G.- Straße gelegenen Grundstücke G.- Straße …, …, … und … . Nach Westen hin stellt die G.- Straße insoweit eine deutlich Zäsur da, nach Norden das Wegegrundstück Flst.-Nr. … (auf dem früher eine Bahnlinie verlief) und das unbebaute Grundstück Flst.-Nr. … . Die danach maßgebliche Umgebungsbebauung entspricht der, die sich bei Festsetzung einer Baulinie nach heutigem Recht ergäbe (vgl. zu „faktischen Baugrenzen oder Baulinien“: BVerwG, Urt. v. 21.11.1980 - 4 C 30.78 -, DVBl 1981, 100; Beschl. v. 23.11.1998 - 4 B 29.98 -, NVwZ-RR 1999, 364 u.v. 06.11.1997 - 4 B 172.97 -, NVwZ-RR 1998, 539; Söfker, a.a.O., § 34 Rd.-Nr. 47). Wie ausgeführt, befinden sich die straßenseitigen Außenwände der vorhandenen Gebäude in einer Entfernung von etwa 5,50 m zum Gehweg. Die Vorgärten bzw. der Bereich vor dieser Linie sind jeweils als Garten angelegt und bei allen Grundstücken - bis auf die Einfriedigungen an der straßenseitigen Grundstücksgrenze und die Zufahrten zu Stellplätzen oder Garagen im hinteren Bereich der Grundstücke sowie die Fußwege zu den Gebäuden - frei von baulichen Anlagen. In die so geprägte nähere Umgebung fügt sich ein Stellplatz im Vorgarten hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht ein. Dabei ist auch insoweit nicht allein die Pflasterung maßgeblich, sondern die Nutzung als Abstellplatz. Wie ausgeführt, ist ein Stellplatz nämlich zur Nutzung zum regelmäßigen Abstellen eines Kraftfahrzeugs bestimmt und unterscheidet sich dadurch maßgeblich von den Zufahrten, selbst wenn darauf ab und zu vorübergehend Kraftfahrzeuge, zum Beispiel von Besuchern, geparkt werden sollten.
35 
Die Kammer weist ergänzend darauf hin, dass der Stellplatz auf dem Grundstück der Klägerin selbst dann nicht nach § 34 BauGB planungsrechtlich zulässig wäre, wenn man zur maßgeblichen Umgebungsbebauung zudem die westlich der G.- Straße gelegenen Grundstücke G.- Straße …, …, …, … und … rechnen würde. Auch auf diesen Grundstücken ist die Bauflucht deutlich zu erkennen. Allerdings befindet sich auf dem Grundstück G.- Straße … direkt hinter dem straßenseitigen Zaun ein Stellplatz. Dieser ist jedoch nach dem Vortrag der Beklagten weder genehmigt noch will sie ihn dulden. Der Eigentümer des Grundstücks wurde bereits zur Frage einer Beseitigung angehört. Der Vertreter der Klägerin hat zwar in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass dem Bauordnungsamt vom Eigentümer des Grundstücks G.- Straße … bereits 1982 im Zusammenhang mit einem Antrag auf Abgeschlossenheitsbescheinigung Pläne und Photos mit dem Stellplatz vorgelegt worden seien und ausweislich eines Vermerks damals eine Ortsbesichtigung durchgeführt worden sei, so dass das Bauordnungsamt Kenntnis von dem Stellplatz gehabt habe. Nicht genehmigte und nicht genehmigungsfähige bauliche Anlagen sind jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sie von den zuständigen Behörden in einer Weise geduldet werden, die keinen Zweifel daran lässt, dass sie sich mit dem Vorhandensein der betreffenden Anlage abgefunden haben (BVerwG, Urt. v. 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rd.-Nr. 35 m.w.N.). Davon kann hier wohl eher nicht ausgegangen werden. Letztlich kann diese Frage hier aber offen bleiben. Abgesehen davon steht der Stellplatz auf dem Grundstück G.- Straße … nämlich in einem solchen Kontrast zu der übrigen Bebauung, dass er als Fremdkörper unbeachtlich wäre (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.02.2000 - 4 B 1.00 -, BRS 63 Nr. 102, m.w.N.).
36 
2. Es ist nicht erkennbar, dass auf andere Weise als durch eine Beseitigung des Stellplatzes wieder rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (§ 65 Satz 1 LBO).
37 
Ein bloße Nutzungsuntersagung wäre kaum kontrollierbar und daher kein geeignetes Mittel zur Schaffung rechtmäßiger Zustände. Geht man von der Geltung der 1888 festgestellten Bauflucht als übergeleitete planerische Festsetzung aus, käme zwar neben einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB (vgl. dazu unten) eine Genehmigung des Stellplatzes unter Erteilung einer Ausnahme in Betracht. Die Erteilung einer solchen Ausnahme hat die Beklagte auch inzident geprüft, aber abgelehnt. Diese Entscheidung lässt sich rechtlich nicht beanstanden. Dabei kann offen bleiben, ob eine entsprechende ausnahmsweise Zulassung in entsprechender Anwendung von Art. 7 Abs. 2 Bad. OStrG 1868/1880/1890, nach § 9 Abs. 4 Bad. OStrG 1908 oder nach § 23 Abs. 5 BauNVO (i.d.F. v. 26.06.192 oder in der heute geltenden Fassung) und ob die jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Denn nach all diesen Vorschriften steht die Bewilligung einer Ausnahme im Ermessen der Behörde (zu Art. 7 Abs. 2 Bad. OStrG 1896 vgl. Walz, a.a.O., Art. 7, S. 126 f.; im Übrigen ergibt sich das aus dem Wortlaut der jeweiligen Vorschrift) und sind bei der Entscheidung vergleichbare Kriterien heranzuziehen. Die entsprechenden Ermessenserwägungen der Beklagten zu § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO lassen sich nicht beanstanden. Die Beklagte hat das städtebauliche (öffentliche) Interesse an der Einhaltung des Bauverbots für den Vorgartenbereich - das gegebenenfalls in Einklang steht mit den Interessen anderer Straßenanlieger, welche in Beachtung der festgesetzten Bauflucht auf eine Bebauung ihres Grundstücks über die Bauflucht hinaus verzichtet haben und welche die durch die Baulinie geschaffene Vorgartenzone erhalten wissen wollen - gegen das Interesse der Klägerin an der Errichtung des Stellplatzes ermessensfehlerfrei abgewogen. Dabei durfte sie insbesondere darauf abstellen, dass der Stellplatz trotz seiner Unauffälligkeit eine „negative Vorbildwirkung“ ausüben würde, weil dann auch ähnliche andere Vorhaben genehmigt (oder zumindest geduldet) werden müssten, was zu einem grundlegenden Wandel des Erscheinungsbilds der G.- Straße führen würde. In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten verdeutlicht, dass demgegenüber dem - mit dem privaten Interesse der Klägerin an der Herstellung auf ihrem Grundstück einher gehenden - öffentlichen Interesse an der Entlastung des öffentlichen Verkehrsraums vom ruhenden Verkehr weniger Bedeutung beigemessen werde. Tatsächlich kommt diesem Interesse auch seit der Novellierung der Landesbauordnung im Jahr 1995 ein anderer (geringerer) Stellenwert zu, als das früher der Fall war (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.11.1978, BauR 1979, 219 ). So hat die (neue) Regelung in § 37 Abs. 1 LBO - trotz (bekanntermaßen) weiterhin gestiegener Kfz-Zulassungen pro Haushalt - eine Reduzierung der Zahl der notwendigen Stellplätze pro Wohnung bewirkt und bei sonstigen Stellplätzen hat der Gesetzgeber den Gemeinden in § 74 Abs. 2 Nrn. 3, 5 und 6 LBO ein Instrumentarium zur Einschränkung der Stellplätze auf Privatgrundstücken an die Hand gegeben, um u. a. aus städtebaulichen Gründen Anreize zur Verminderung des Individualverkehrs zu setzen (vgl. Sauter, a.a.O., § 74 Rd.-Nrn. 70 f.).
38 
Die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen aus den von der Beklagten im Bescheid vom 16.10.2001 angeführten Gründen nicht vor. Abgesehen davon, dass durch eine Befreiung wohl die Grundzüge der Planung berührt wären, erfordern weder Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Befreiung (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB) noch führt das wegen der Bauflucht für die Vorzone geltende Bauverbot zu einer offenbar nicht beabsichtigte Härte (§ 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB). Eine Abweichung wäre wegen der angeführten negativen Vorbildwirkung auch nicht städtebaulich vertretbar (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB).
II.
39 
Die Beseitigungsanordnung ist ermessensfehlerfrei erfolgt.
40 
Sie verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es ist schon kein tatsächlich gleich gelagerter Fall bekannt oder von Seiten der Klägerin vorgetragen, in dem die Beklagte einen Stellplatz genehmigt oder in einer Weise geduldet hat, dass dessen Beseitigung nicht mehr verlangt werden könnte. Bezüglich des schräg gegenüber dem Grundstück der Klägerin auf dem Grundstück G.- Straße … vorhandenen Stellplatzes ist ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit eingeleitet worden, das lediglich im Hinblick auf das vorliegende Verfahren ruht. Abgesehen davon wurde er nach den Angaben der Klägerin bereits 1963 errichtet. Bei der Entscheidung über den Erlass einer Abbruch- bzw. Beseitigungsverfügung kann aber der Zeitpunkt der Errichtung der betreffenden baulichen Anlage ein maßgeblicher Gesichtspunkt sein. Insoweit besteht ein wesentlicher Unterschied zum vorliegenden Fall. Soweit die Klägerin auf Stellplätze in der weiteren Umgebung ihres Grundstücks oder gar im gesamten Stadtgebiet abhebt, verkennt sie, dass diese sich von dem ihren von der Sach- und von der Rechtslage her ebenfalls unterscheiden dürften. So gibt es zum Beispiel Straßen, entlang derer die Gebäude zwar eine Bauflucht einhalten, davor aber keine durchgehend grüne Vorgartenzone mehr besteht, weil diese ganz oder teilweise bebaut oder befestigt wurde. In solchen Fällen kann die Errichtung eines Stellplatzes durchaus materiell-rechtlich zulässig sein. Selbst wenn die Beklagte aber in der Vergangenheit - etwa wegen einer anderen Gewichtung der Bedeutung von unbebauten „Vorzonen“ - einzelne Stellplätze genehmigt oder geduldet haben sollte, würde dies im Übrigen nicht bedeuten, dass sie nicht im Hinblick auf geänderte Konzepte oder tatsächliche Umstände, wie etwa die Schaffung von Anliegerparkplätzen, nicht mehr gegen rechtswidrige Stellplatzflächen vorgehen dürfte.
41 
Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte noch in den letzten Jahren in vergleichbaren Fällen entsprechende Stellplätze entlang von Straßen mit einer festgesetzten Bauflucht nach dem Badischen Ortsstraßengesetz oder einer Baulinie nach heutigem Recht und im wesentlichen noch durchgehend begrünten Vorgärten zugelassen hätte. Der Vertreter der Beklagten hat vielmehr deutlich gemacht, dass es ein besonderes Anliegen der Beklagten sei, die noch intakten Vorgärten als solche zu erhalten und zu schützen. Deswegen sei schon seit mehr als zwei Jahrzehnten vorgesehen, eine „Vorgartensatzung“ zu erlassen, nach der unter Anderem die Errichtung von Stellplätzen im „Vorgartenbereich“, also unabhängig davon, ob eine Baulinie/Bauflucht besteht - verboten werden solle. Im September 2004 sei ein entsprechender Entwurf Tagesordnungspunkt einer Bauausschusssitzung gewesen, jedoch im Hinblick auf die streitige Frage, welche Stadtteile in den Geltungsbereich einbezogen werden sollten, abgesetzt worden. Das Vorhaben, eine solche entsprechende Satzung zu erlassen, sei aber damit nicht aufgegeben worden.
42 
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist auch nicht deswegen anzunehmen, weil der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht ausschließen konnte, dass es im Stadtgebiet weitere, dem Bauordnungsamt jedoch nicht bekannte Stellplätze geben könnte, deren Beseitigung verlangt werden müsste, und erläuterte, dass man nicht über genügend Personal verfüge, um diesbezüglich regelmäßige Kontrollen durchzuführen. Es liegt nämlich auf der Hand, dass es der Baurechtsbehörde nicht möglich ist, in regelmäßigen Abständen sämtliche baulichen Anlagen in ihrem Zuständigkeitsbereich auf ihre formelle und materielle Baurechtswidrigkeit zu überprüfen. Es verstößt daher nicht gegen das Willkürverbot, wenn sie sich grundsätzlich darauf beschränkt, bei konkretem Anlass, zum Beispiel nach einer Feststellung anlässlich einer Ortsbesichtigung, einem Baugenehmigungsverfahren o. Ä., eine Überprüfung einzuleiten (vgl. dazu Sauter, a.a.O., § 65 Rd.-Nrn. 54 ff., m.w.N.). Das ist den Angaben des Vertreters der Beklagten nach der Fall. Sobald bekannt werde, dass ein baurechtlich nicht zulässiger Stellplatz in ähnlichen Fällen im Vorgartenbereich errichtet worden sei oder errichtet werde, schreite das Bauordnungsamt dagegen ein bzw. leite eine Überprüfung ein.
43 
Auch im Übrigen sind keine Ermessensfehler ersichtlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Baurechtsbehörde grundsätzlich in Übereinstimmung mit dem Zweck der Ermächtigung und damit rechtmäßig handelt, wenn sie die Beseitigung einer im Widerspruch zum materiellen Baurecht errichteten Anlage anordnet. Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn ganz konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -, BRS 66 Nr. 195, m.w.N.; Sauter, a.a.O., § 65 Rd.-Nr. 44 m.w.N.).
44 
Es ist daher insgesamt nicht zu beanstanden und insbesondere mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu vereinbaren, dass die Beklagte dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung einer unbebauten Vorgartenzone und dem „harmonischen Gesamtbild der Umgebung“ (Bescheid v. 16.10.2001) größeres Gewicht beigemessen hat als dem der Klägerin an der Errichtung eines Stellplatzes. Dabei dürfte der Vorzone entlang der G.- Straße eine besondere Bedeutung zuzumessen sein, weil der Charakter dieser Straße nicht nur durch die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts errichteten auffallenden Villen und Gebäude, sondern auch durch die begrünten Vorgärten maßgeblich bestimmt wird.
45 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
46 
Die Zulassung der Berufung beruht darauf, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Frage, ob eine nach dem Badischen Ortsstraßengesetz festgesetzte und übergeleitete Bauflucht die Folge hat, dass die Errichtung eines Stellplatzes im Bereich zwischen Straßenflucht und Bauflucht planungsrechtlich unzulässig ist, in der (ober- und höchstrichterlichen) Rechtsprechung nicht hinreichend geklärt ist.

Gründe

 
15 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 16.10.2001 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F. vom 09.12.2002 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16 
Rechtsgrundlage der Verfügung vom 16.10.2001, mit der der Klägerin - in hinreichend bestimmter Form - aufgegeben wurde, den auf ihrem Grundstück neben der Zufahrt bzw. dem ebenfalls gepflasterten Weg zur Eingangstür ihres Gebäudes angelegten Stellplatz zurückzubauen und die Pflasterung zu entfernen, ist § 65 Satz 1 LBO. Danach kann der teilweise oder vollständige Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, angeordnet werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor (dazu unter I.); ein Ermessensfehler der Behörde ist nicht erkennbar (II.).
I.
17 
1. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. nur VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.06.2003 - 3 S 2436/02 - , BRS 66 Nr. 195, m.w.N.) setzt der Erlass einer Abbruchverfügung voraus, dass das betreffende Vorhaben nicht durch eine Baugenehmigung oder eine Zustimmung (§ 70 LBO) gedeckt ist (sog. formelle Baurechtswidrigkeit) und seit seiner Errichtung fortlaufend im Widerspruch zum materiellen Baurecht steht (materielle Baurechtswidrigkeit). Das ist hier der Fall.
18 
Die Klägerin bedurfte zur Pflasterung der etwa 22,5 qm großen Fläche südlich der Zufahrt zur Garage bzw. dem Weg zur Haustür, die unstreitig als Stellplatzfläche genutzt werden soll, zwar keiner Baugenehmigung (vgl. §§ 49 Abs. 1, 50 Abs. 1 i.V.m. Nr. 64 des Anhangs zu § 50 LBO). Der Stellplatz, der ein Vorhaben im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB darstellt (vgl. dazu Krautzberger in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: 01.09.2004, § 29 Rd.-Nrn. 28 und 50 ff., m.w.N.), widerspricht jedoch Bauplanungsrecht und ist damit materiell-rechtlich unzulässig. Seine planungsrechtliche Zulässigkeit richtet sich nach § 30 Abs. 1 BauGB, sofern und soweit vom Bestehen eines einfachen oder qualifizierten Bebauungsplans auszugehen ist, ansonsten bzw. gegebenenfalls ergänzend nach § 34 BauGB (vgl. § 30 Abs. 3 BauGB). Er verstößt gegen Festsetzungen eines Ortsstraßenplans der Beklagten aus dem Jahr 1888, der als übergeleiteter einfacher - Bebauungsplan weiterhin anzuwenden ist (dazu unter a). Im Übrigen wäre er auch bei einer Beurteilung nach § 34 BauGB nicht zulässig, weil er sich nicht in die nähere Umgebung einfügt (b).
19 
a) Der Stellplatz widerspricht der 1888 in einem Ortsstraßenplan festgesetzten Bauflucht, die zur Folge hatte und auch noch heute hat, dass der Bereich zwischen straßenseitiger Grundstücksgrenze und der östlich davon, entlang der westlichen Außenwand des heutigen Hauptgebäudes, verlaufenden Bauflucht nicht überbaubar ist.
20 
aa) Nach den von der Beklagten vorgelegten Akten des Tiefbauamts „der Hauptstadt F.“ über „Straßen und Wege, W., H.- Gebiet“ aus den Jahren 1887 bis 1908 ist davon auszugehen, dass unter Geltung des Badischen Ortsstraßengesetzes - Bad. OStrG - vom 20.02.1868 (Großherzogliches Regierungsblatt S. 286 ff.) in der Fassung vom 03.03.1880 (Gesetz- und Verordnungsblatt = G. u. V.O.B., S. 47 ff.) jedenfalls für die östlich der G.- Straße und zwischen M.- Straße sowie L.- Straße gelegenen Grundstücke in einer Entfernung von zunächst 4,5 m, später - nach Verlegung der Straßenkante bzw. -flucht durch Entscheidung vom 28.11.1895 - von 6 m von der Straßenkante, eine von Norden nach Süden verlaufende Bauflucht festgesetzt worden ist. Dabei kann offen bleiben, ob einer oder mehrere der in den Akten enthaltenen Pläne mit der betreffenden Bauflucht das Original des Ortsstraßenplans darstellen oder nur Abschriften. Allein der Verlust eines Bebauungsplandokuments kann nämlich nicht zur Annahme der Unwirksamkeit oder dem Außerkrafttreten des betreffenden Plans führen (BVerwG, Beschl. v. 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, NVwZ 1997, 890; Urt. v. 17.06.1993 - 4 C 7.91 - NVwZ 1994, 281; ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.01.1998 - 8 S 2430/97 - und v. 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -, BauR 2004, 1498 [Ls.], juris). Vielmehr kann das Bestehen einer planerischen Festsetzung auch mit Hilfe anderer Unterlagen nachgewiesen werden, die die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben. Das ist hier der Fall. Die Bauflucht östlich der G.- Straße ist Gegenstand diverser in den vorliegenden Akten enthaltener Dokumente (Abschrift der Bekanntmachung des Erkenntnisses des Bezirksrats vom 26.07.1988 über Festsetzung der Bauflucht in einer Entfernung von 4,5 m von der Straßenkante, VAS. 59; Ausfertigung einer Entscheidung des Bezirksrats vom 28.11.1895 „die Abänderung der Bauflucht an der G.- Straße betreffend“, VAS. 198; vgl. auch VAS. 181 ff., 199, 337, 347 ff.) und ist in mehreren Plänen als „beantragte Bauflucht“ (VAS. 115), als Bauflucht (VAS. 61, 65, 91, 151) bzw. als „amtlich genehmigte und beibehaltene Bauflucht“ (VAS. 191, 207) eingezeichnet. Sie ist zudem in einem Übersichtsplan neueren Datums über die in der weiteren Umgebung der G.- Straße genehmigten Straßenkanten und Baufluchten (Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26.04.2005 in diesem Verfahren) enthalten.
21 
Anhaltspunkte dafür, dass die Festsetzung unwirksam gewesen wäre, bestehen nicht. Insbesondere kann nicht allein wegen des Fehlens weiterer Unterlagen über das Feststellungsverfahren (z.B. des Großherzoglich Badischen Bezirksrats) mehr oder weniger spekulativ die Möglichkeit von Mängeln im Rechtssetzungsverfahren unterstellt werden (BVerwG, Beschl. v. 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, a.a.O.).
22 
bb) Die nach dem Badischen Ortsstraßengesetz festgesetzte Bauflucht entsprach im Wesentlichen einer Baulinie nach heutigem Recht (vgl. § 23 Abs. 1, 2 und 5 BauNVO). Sie hat zur Folge, dass der Bereich zwischen straßenseitiger Grundstücksgrenze und der östlich davon, entlang der westlichen Außenwand des Gebäudes auf dem Grundstück der Klägerin, verlaufenden Bauflucht nicht überbaubar ist.
23 
Die Festsetzung einer Bauflucht in einem Ortsstraßenplan nach dem Badischen Ortsstraßengesetz (vom 20.02.1868, vom 03.03.1880, vom 26.06.1890, vom 06.07.1896, vom 20.08.1904, vom 15.10.1908 oder später) hatte - wie heute die Festsetzung einer Baulinie (vgl. § 23 Abs. 2 BauNVO) - die Folge, dass Gebäude mit ihrer zur Straße gerichteten Gebäudewand entlang dieser Linie errichtet werden mussten. Sie durften die Linie dabei nämlich nicht nur - wie das bei Baugrenzen nach heutigem Recht der Fall ist (vgl. § 23 Abs. 3 BauNVO) - nicht überschreiten, sondern auch - wie bei Baulinien nach heutigem Recht (vgl. § 23 Abs. 2 BauNVO) - nicht hinter dieser zurückbleiben (so genannte positive Funktion der Bauflucht). Dem Wortlaut der entsprechenden Vorschriften nach (vgl. aber Walz, Badisches Ortsstraßenrecht, 1900, Art. 7, S. 119, 121; Flad, Das badische Ortsstraßengesetz, 1909, S. 214) galt diese Verpflichtung zunächst wohl nur für Gebäude und Gebäudeteile, die über die Straßenoberfläche hinausragten, und auch später nur für Gebäude. So bestimmten Art. 7 Bad. OStrG 1868 und 1880 (abgedruckt bei Walz, a.a.O.): „Den Bauunternehmern gegenüber hat die Feststellung des Bauplans die Wirkung, dass für die auszuführenden Bauten die festgesetzte Straßenhöhe und für die nach der Ortsstraße gerichtete Seite eines Gebäudes, soweit sie über die Straßenfläche hervorragt, die festgestellte Bauflucht maßgebend ist.“ § 9 Bad. OStrG 1908 (abgedruckt bei Flad, a.a.O.) lautete: „Für Bauten auf dem an die geplanten Ortsstraßen angrenzenden Gelände hat die Feststellung des Ortsstraßenplans die Wirkung, dass dafür die festgesetzte Straßenhöhe und für die nach der Ortsstraße gerichtete Gebäudeseite mit der aus Abs. 3 und 4 sich ergebenden Einschränkung die festgestellte Bauflucht maßgeblich ist“.
24 
Darüber hinaus führte eine solche, nicht mit der Straßenkante bzw. Straßenflucht zusammenfallende, Bauflucht aber dazu, dass für den zwischen Straßenflucht und Bauflucht gelegenen Bereich (der als so genannte „Vorgartenfläche“ dem Straßenkörper zuzurechnen war) grundsätzlich ein Bauverbot bestand (so genannte negative Funktion). Auch nach heutigem Recht gibt es neben der in § 23 Abs. 2 BauNVO im Wesentlichen nur die für Gebäude bzw. Gebäudeteile geregelten positiven Funktion einer Baulinie diese weitere Rechtsfolge (§ 23 Abs. 1 und 5 BauNVO; vgl. hierzu Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. 2002, § 23 Rd.-Nrn. 12.2 und 20; Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., Band 5, § 23 BauNVO Rd.-Nr. 55). Mit der Festsetzung einer Bauflucht nach dem Badischen Ortsstraßengesetz konnte nicht nur eine Fläche für eine mögliche Straßenverbreiterung freigehalten werden; vielmehr diente sie bei Wohnstraßen auch bzw. allein der Verschönerung des Straßenbilds und der Verbesserung der Licht- und Luftverhältnisse (Walz, a.a.O., S. 41 f.; vgl. auch Roth, Badische LBO, II. Aufl. 1909, S. 66 f., 242 f.). Diese negative Funktion der Straßenpläne war zwar in dem Badischen Ortsstraßengesetz zunächst nicht ausdrücklich geregelt, wurde aber in anderen Vorschriften stillschweigend vorausgesetzt. So bestimmte Art. 17 Bad. OStrG 1868, dass Eigentümer, die „einer angeordneten Vorgartenanlage wegen“ genötigt werden, „einen Teil ihres Geländes unüberbaut liegen zu lassen“, keine Entschädigung verlangen können (ähnlich § 28 Bad. OStrG 1896; vgl. zum Ganzen ausführlich Walz, a.a.O., Art. 7 , S. 114 ff., Art. 28, S. 297 ff.; Flad, a.a.O, S. 75 f., 213). In § 9 Abs. 2 Bad. OStrG 1908 wurde erstmals ausdrücklich geregelt, dass die Planfeststellung unter anderem „hinsichtlich des Vorgartengeländes die Wirkung“ hat, „dass die Überbauung sowie der Um- und Ausbau daselbst bestehender Gebäude .... untersagt ist“. Die Geltung dieses Bauverbots war dabei weder auf Gebäude noch etwa auf Bauten im Sinne der jeweils geltenden Badischen Landesbauordnung beschränkt; vielmehr erfasste es alle Maßnahmen baulicher Art, einschließlich unterirdischer, wie zum Beispiel Keller. Das „Vorgartengelände“ war insgesamt nicht überbaubar (vgl. dazu ausführlich Walz, a.a.O., Art. 28, 299 ff.; ähnlich heute: vgl. § 23 Abs. 5 BauNVO, vgl. Bielenberg, a.a.O., BauNVO, § 23 Rd.-Nr. 55). Ausgenommen waren anfänglich allenfalls Einfriedigungen oder solche Bauten, die mit der Bestimmung einer Ortsstraße vereinbar oder geradezu als „Zubehör“ einer solchen anzusehen seien, z.B. Anschlagsäulen, Bedürfnisanstalten, öffentliche Denkmäler, Ruhebänke, Marktstände (so Walz, a.a.O., Art. 28, S. 303 ff., 318). Ab Inkrafttreten des Ortsstraßengesetzes vom 15.10.1908 konnten außerdem unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen gestattet werden (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 Bad. OStrG 1908).
25 
cc) Der Ortsstraßenplan aus dem Jahr 1888 mit der über das Grundstück der Klägerin führenden Bauflucht ist mit den angeführten Rechtsfolgen nach § 173 des Bundesbaugesetzes - BBauG - 1960 wirksam übergeleitet worden und heute noch als so genannter einfacher Bebauungsplan zu beachten.
26 
Nach § 173 Abs. 3 BBauG 1960 gelten bei Inkrafttreten des Gesetzes (gemeint ist das Inkrafttreten des Ersten bis Dritten Teils des BBauG 1960 am 29.06.1961) bestehende baurechtliche Vorschriften und festgestellte städtebauliche Pläne als Bebauungspläne fort, soweit sie verbindliche Regelungen der in § 9 BBauG 1960 bezeichneten Art enthalten, also einen Inhalt hatten, der nach § 9 BBauG 1960 Inhalt eines Bebauungsplans sein kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.10.1972 - IV C 14.71 -, BVerwGE 41, 67). Das ist bei der im Ortsstraßenplan festsetzten Bauflucht der Fall (vgl. § 9 Abs. 1 b BBauG 1960).
27 
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Plan deshalb nicht wirksam übergeleitet worden wäre, weil er zum Zeitpunkt seiner Feststellung - nach den damals geltenden Anforderungen - oder aber zum Zeitpunkt der Überleitung nicht dem Gebot gerechter Abwägung der berührten Belange entsprochen hätte (vgl. zu den Anforderungen im Einzelnen BVerwG, Urt. v. 20.10.1972 - IV C 14.71 -, a.a.O., und v. 11.05.1973 - IV C 39.70 -, Buchholz 406.11 § 173 BBauG Nr. 12). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an den Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis nicht den Maßstäben des Bundesbaugesetzes 1960 oder des Baugesetzbuchs entsprechen können und müssen (BVerwG, Beschl. v. 29.12.1988 und v. 20.10.1972, a.a.O.). Da bei übergeleiteten alten Plänen der Abwägungsvorgang regelmäßig - und so auch im vorliegenden Fall - nicht mehr nachvollzogen werden kann, weil er nicht oder nicht vollständig dokumentiert ist oder weil eine solche Dokumentation untergegangen ist, kommt dem im Inhalt des Plans zum Ausdruck kommenden Abwägungsergebnis die maßgebliche Bedeutung für die Beurteilung einer rechtsstaatlichen Abwägung zu. Eine Überleitung kommt hiernach (nur) dann nicht in Betracht, wenn sich aus den konkreten Festsetzungen des betreffenden Plans ergibt, dass der Ausgleich der konkurrierenden Interessen außer Verhältnis zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange steht bzw. stand (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.10.1972, a.a.O.). Das ist hier nicht ersichtlich. Insbesondere kann nicht allein aufgrund der Tatsache, dass Stellplätze für Kraftfahrzeuge zum Zeitpunkt der Festsetzung der Bauflucht nicht bekannt waren und deren planerische Bedeutung nicht nur wegen der Zunahme des Verkehrs, sondern auch wegen der bauordnungsrechtlichen Stellplatzpflicht erst später immer mehr zunahm, auf einen relevanten Abwägungsfehler geschlossen werden. Abgesehen davon, dass es auch Ende des 19. Jahrhunderts bereits Abstellplätze bzw. Remisen für Droschken und Kutschen gegeben haben dürfte, ist es bauplanerischen Festsetzungen immanent, dass bei ihrem Erlass nicht immer jede zukünftige Entwicklung vorhergesehen und in die Abwägung einbezogen werden kann. Auch zum Zeitpunkt der Überleitung 1960 erscheint die Festsetzung von ihrem Ergebnis her nicht abwägungsfehlerhaft. Schließlich ist zu bedenken, dass im rückwärtigen Bereich der Grundstücke in der Regel genügend Raum für Stellplätze und Garagen vorhanden war und dieser offensichtlich auch als solcher genutzt wurde (nach den vorliegenden Kopien alter Pläne für die etwa 1908 bis 1910 errichtete Villa des Klägers war bereits damals im Keller ein „Automobilraum“ mit einer Zufahrt von Westen her vorhanden, vgl. AS. 49 der Baugenehmigungsakten).
28 
Der danach wirksam übergeleitete Plan gilt gemäß § 233 Abs. 3 BauGB weiter fort. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist er auch nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Allein das Verstreichen eines langen Zeitraums führt nicht zum Unwirksamwerden einer bauplanungsrechtlichen Festsetzung. Funktionslos kann ein Plan oder können einzelne Festsetzungen eines Plans zwar werden, wenn die Festsetzungen auf unabsehbare Zeit schlechterdings nicht mehr realisiert werden können, ihre sinnvolle Durchsetzung mithin gänzlich unmöglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BRS 32 Nr. 28). Die tatsächliche Bebauung entlang der G.- Straße hat sich aber hier nicht in einer solchen Weise entwickelt, dass die festgesetzte, östlich der G.- Straße von der M.- Straße bis zur L.- Straße führende Bauflucht erkennbar aufgegeben worden wäre oder sich nicht mehr verwirklichen ließe.
29 
Die Auswirkungen der Festsetzungen aus den Jahren 1888 auf die Anordnung der vorhandenen Gebäude und baulichen Anlagen sind im Gegenteil sehr deutlich erkennbar. Die Kammer hat bei der Inaugenscheinnahme des Grundstücks der Klägerin und der näheren Umgebung in der mündlichen Verhandlung festgestellt, dass - abgesehen von untergeordneten Gebäudeteilen wie Erkern - alle Hauptgebäude mit ihrer straßenseitigen Gebäudewand einen Abstand von etwa 5,50 m zur Grenze des Grundstücks zum angrenzenden Gehweg einhalten. Warum der Abstand nicht 6 m beträgt, wie im Ortsstraßenplan in der Fassung von 1895 vorgesehen, kann hier offen bleiben; möglicherweise wurde wegen des Gehwegs eine Verbreiterung der Straßenfläche erforderlich.
30 
Die Bauflucht ist im Übrigen auch hinsichtlich ihrer weiteren Rechtsfolge eines Bauverbots für den Bereich zwischen Bauflucht und Straßenkante - heute Grundstücksgrenze - ersichtlich weiter relevant. Dieser Bereich ist bei allen östlich der G.- Straße zwischen der M.- Straße und der L.- Straße gelegenen Grundstücken als Vorgarten angelegt und genutzt (G.- Straße …, …, …, … und …) bzw. begrünt (nicht bebautes, im rückwärtigen Bereich als Parkplatz genutztes Grundstück Flst.-Nr. …). Die in der „Vorzone“ vorhandenen Einfriedigungen und Zufahrten zu hinter der Bauflucht gelegenen Stellplätzen und die Zugänge zu den Hauseingängen konnten wohl - wie ausgeführt - als Ausnahmen zugelassen werden .(z.B. nach § 9 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Bad. OStrG 1908). Ihr Vorhandensein beeinträchtigt jedenfalls - im Gegensatz zu Stellplätzen für Kraftfahrzeuge - das mit der Festsetzung einer Bauflucht ebenfalls verfolgte Ziel der Verschönerung des Straßenbilds nur unerheblich und führt daher nicht zur Funktionslosigkeit der Bauflucht.
31 
Auch die Tatsache, dass im hier zu betrachtenden Abschnitt zwischen der M.- Straße und der L.- Straße auf einem Grundstück, dem Grundstück Flst.-Nr. …, G.- Straße …, einer der Stellplätze etwa einen halben bis einen Meter in diese „Vorgartenzone“ hineinragt, bedeutet nicht, dass das durch die Bauflucht bewirkte Bauverbot insgesamt unwirksam geworden wäre.
32 
dd) Der danach weiter zu beachtenden Bauflucht widerspricht der auf dem Grundstück der Klägerin bereits angelegte Stellplatz, weil er vor dieser und damit auf einer nicht überbaubaren Fläche errichtet wurde. Wie ausgeführt, galt und gilt das als Folge der Bauflucht bestehende Bauverbot für die Fläche zwischen Bauflucht und Straßenkante grundsätzlich für jede bauliche Anlage, vor allem auch für einen Stellplatz. Dabei ist nicht nur die mit Pflastersteinen oder mit anderen Materialien befestigte Erdoberfläche in den Blick zu nehmen, sondern auch dessen bestimmungsgemäße Nutzung zum regelmäßigen Abstellen eines Kraftfahrzeugs zu berücksichtigen (vgl. § 2 Abs. 8 Satz 1 LBO, Sauter, LBO, Stand: Dez. 2004, § 2 Rd.-Nr. 104).
33 
b) Die Beklagte hat im Übrigen zu Recht darauf abgestellt, dass der Stellplatz selbst dann als planungsrechtlich unzulässig anzusehen wäre, wenn der Ortsstraßenplan mit der Bauflucht aus dem 19. Jahrhundert wegen anfänglicher Unwirksamkeit, fehlender Überleitung oder nachträglichem Außerkrafttreten nicht anzuwenden wäre. Er wäre dann insgesamt nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen. Der Stellplatz fügt sich jedoch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht ein im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
34 
Nach dieser Vorschrift ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Zur näheren Umgebung zu rechnen sind dabei nach Auffassung der Kammer bei der hier streitigen Frage, ob die Errichtung eines Stellplatzes hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche im Bereich zwischen Straße und Hauptgebäude bauplanungsrechtlich zulässig ist, nur die östlich der G.- Straße gelegenen Grundstücke G.- Straße …, …, … und … . Nach Westen hin stellt die G.- Straße insoweit eine deutlich Zäsur da, nach Norden das Wegegrundstück Flst.-Nr. … (auf dem früher eine Bahnlinie verlief) und das unbebaute Grundstück Flst.-Nr. … . Die danach maßgebliche Umgebungsbebauung entspricht der, die sich bei Festsetzung einer Baulinie nach heutigem Recht ergäbe (vgl. zu „faktischen Baugrenzen oder Baulinien“: BVerwG, Urt. v. 21.11.1980 - 4 C 30.78 -, DVBl 1981, 100; Beschl. v. 23.11.1998 - 4 B 29.98 -, NVwZ-RR 1999, 364 u.v. 06.11.1997 - 4 B 172.97 -, NVwZ-RR 1998, 539; Söfker, a.a.O., § 34 Rd.-Nr. 47). Wie ausgeführt, befinden sich die straßenseitigen Außenwände der vorhandenen Gebäude in einer Entfernung von etwa 5,50 m zum Gehweg. Die Vorgärten bzw. der Bereich vor dieser Linie sind jeweils als Garten angelegt und bei allen Grundstücken - bis auf die Einfriedigungen an der straßenseitigen Grundstücksgrenze und die Zufahrten zu Stellplätzen oder Garagen im hinteren Bereich der Grundstücke sowie die Fußwege zu den Gebäuden - frei von baulichen Anlagen. In die so geprägte nähere Umgebung fügt sich ein Stellplatz im Vorgarten hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht ein. Dabei ist auch insoweit nicht allein die Pflasterung maßgeblich, sondern die Nutzung als Abstellplatz. Wie ausgeführt, ist ein Stellplatz nämlich zur Nutzung zum regelmäßigen Abstellen eines Kraftfahrzeugs bestimmt und unterscheidet sich dadurch maßgeblich von den Zufahrten, selbst wenn darauf ab und zu vorübergehend Kraftfahrzeuge, zum Beispiel von Besuchern, geparkt werden sollten.
35 
Die Kammer weist ergänzend darauf hin, dass der Stellplatz auf dem Grundstück der Klägerin selbst dann nicht nach § 34 BauGB planungsrechtlich zulässig wäre, wenn man zur maßgeblichen Umgebungsbebauung zudem die westlich der G.- Straße gelegenen Grundstücke G.- Straße …, …, …, … und … rechnen würde. Auch auf diesen Grundstücken ist die Bauflucht deutlich zu erkennen. Allerdings befindet sich auf dem Grundstück G.- Straße … direkt hinter dem straßenseitigen Zaun ein Stellplatz. Dieser ist jedoch nach dem Vortrag der Beklagten weder genehmigt noch will sie ihn dulden. Der Eigentümer des Grundstücks wurde bereits zur Frage einer Beseitigung angehört. Der Vertreter der Klägerin hat zwar in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass dem Bauordnungsamt vom Eigentümer des Grundstücks G.- Straße … bereits 1982 im Zusammenhang mit einem Antrag auf Abgeschlossenheitsbescheinigung Pläne und Photos mit dem Stellplatz vorgelegt worden seien und ausweislich eines Vermerks damals eine Ortsbesichtigung durchgeführt worden sei, so dass das Bauordnungsamt Kenntnis von dem Stellplatz gehabt habe. Nicht genehmigte und nicht genehmigungsfähige bauliche Anlagen sind jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sie von den zuständigen Behörden in einer Weise geduldet werden, die keinen Zweifel daran lässt, dass sie sich mit dem Vorhandensein der betreffenden Anlage abgefunden haben (BVerwG, Urt. v. 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rd.-Nr. 35 m.w.N.). Davon kann hier wohl eher nicht ausgegangen werden. Letztlich kann diese Frage hier aber offen bleiben. Abgesehen davon steht der Stellplatz auf dem Grundstück G.- Straße … nämlich in einem solchen Kontrast zu der übrigen Bebauung, dass er als Fremdkörper unbeachtlich wäre (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.02.2000 - 4 B 1.00 -, BRS 63 Nr. 102, m.w.N.).
36 
2. Es ist nicht erkennbar, dass auf andere Weise als durch eine Beseitigung des Stellplatzes wieder rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (§ 65 Satz 1 LBO).
37 
Ein bloße Nutzungsuntersagung wäre kaum kontrollierbar und daher kein geeignetes Mittel zur Schaffung rechtmäßiger Zustände. Geht man von der Geltung der 1888 festgestellten Bauflucht als übergeleitete planerische Festsetzung aus, käme zwar neben einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB (vgl. dazu unten) eine Genehmigung des Stellplatzes unter Erteilung einer Ausnahme in Betracht. Die Erteilung einer solchen Ausnahme hat die Beklagte auch inzident geprüft, aber abgelehnt. Diese Entscheidung lässt sich rechtlich nicht beanstanden. Dabei kann offen bleiben, ob eine entsprechende ausnahmsweise Zulassung in entsprechender Anwendung von Art. 7 Abs. 2 Bad. OStrG 1868/1880/1890, nach § 9 Abs. 4 Bad. OStrG 1908 oder nach § 23 Abs. 5 BauNVO (i.d.F. v. 26.06.192 oder in der heute geltenden Fassung) und ob die jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Denn nach all diesen Vorschriften steht die Bewilligung einer Ausnahme im Ermessen der Behörde (zu Art. 7 Abs. 2 Bad. OStrG 1896 vgl. Walz, a.a.O., Art. 7, S. 126 f.; im Übrigen ergibt sich das aus dem Wortlaut der jeweiligen Vorschrift) und sind bei der Entscheidung vergleichbare Kriterien heranzuziehen. Die entsprechenden Ermessenserwägungen der Beklagten zu § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO lassen sich nicht beanstanden. Die Beklagte hat das städtebauliche (öffentliche) Interesse an der Einhaltung des Bauverbots für den Vorgartenbereich - das gegebenenfalls in Einklang steht mit den Interessen anderer Straßenanlieger, welche in Beachtung der festgesetzten Bauflucht auf eine Bebauung ihres Grundstücks über die Bauflucht hinaus verzichtet haben und welche die durch die Baulinie geschaffene Vorgartenzone erhalten wissen wollen - gegen das Interesse der Klägerin an der Errichtung des Stellplatzes ermessensfehlerfrei abgewogen. Dabei durfte sie insbesondere darauf abstellen, dass der Stellplatz trotz seiner Unauffälligkeit eine „negative Vorbildwirkung“ ausüben würde, weil dann auch ähnliche andere Vorhaben genehmigt (oder zumindest geduldet) werden müssten, was zu einem grundlegenden Wandel des Erscheinungsbilds der G.- Straße führen würde. In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten verdeutlicht, dass demgegenüber dem - mit dem privaten Interesse der Klägerin an der Herstellung auf ihrem Grundstück einher gehenden - öffentlichen Interesse an der Entlastung des öffentlichen Verkehrsraums vom ruhenden Verkehr weniger Bedeutung beigemessen werde. Tatsächlich kommt diesem Interesse auch seit der Novellierung der Landesbauordnung im Jahr 1995 ein anderer (geringerer) Stellenwert zu, als das früher der Fall war (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.11.1978, BauR 1979, 219 ). So hat die (neue) Regelung in § 37 Abs. 1 LBO - trotz (bekanntermaßen) weiterhin gestiegener Kfz-Zulassungen pro Haushalt - eine Reduzierung der Zahl der notwendigen Stellplätze pro Wohnung bewirkt und bei sonstigen Stellplätzen hat der Gesetzgeber den Gemeinden in § 74 Abs. 2 Nrn. 3, 5 und 6 LBO ein Instrumentarium zur Einschränkung der Stellplätze auf Privatgrundstücken an die Hand gegeben, um u. a. aus städtebaulichen Gründen Anreize zur Verminderung des Individualverkehrs zu setzen (vgl. Sauter, a.a.O., § 74 Rd.-Nrn. 70 f.).
38 
Die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen aus den von der Beklagten im Bescheid vom 16.10.2001 angeführten Gründen nicht vor. Abgesehen davon, dass durch eine Befreiung wohl die Grundzüge der Planung berührt wären, erfordern weder Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Befreiung (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB) noch führt das wegen der Bauflucht für die Vorzone geltende Bauverbot zu einer offenbar nicht beabsichtigte Härte (§ 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB). Eine Abweichung wäre wegen der angeführten negativen Vorbildwirkung auch nicht städtebaulich vertretbar (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB).
II.
39 
Die Beseitigungsanordnung ist ermessensfehlerfrei erfolgt.
40 
Sie verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es ist schon kein tatsächlich gleich gelagerter Fall bekannt oder von Seiten der Klägerin vorgetragen, in dem die Beklagte einen Stellplatz genehmigt oder in einer Weise geduldet hat, dass dessen Beseitigung nicht mehr verlangt werden könnte. Bezüglich des schräg gegenüber dem Grundstück der Klägerin auf dem Grundstück G.- Straße … vorhandenen Stellplatzes ist ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit eingeleitet worden, das lediglich im Hinblick auf das vorliegende Verfahren ruht. Abgesehen davon wurde er nach den Angaben der Klägerin bereits 1963 errichtet. Bei der Entscheidung über den Erlass einer Abbruch- bzw. Beseitigungsverfügung kann aber der Zeitpunkt der Errichtung der betreffenden baulichen Anlage ein maßgeblicher Gesichtspunkt sein. Insoweit besteht ein wesentlicher Unterschied zum vorliegenden Fall. Soweit die Klägerin auf Stellplätze in der weiteren Umgebung ihres Grundstücks oder gar im gesamten Stadtgebiet abhebt, verkennt sie, dass diese sich von dem ihren von der Sach- und von der Rechtslage her ebenfalls unterscheiden dürften. So gibt es zum Beispiel Straßen, entlang derer die Gebäude zwar eine Bauflucht einhalten, davor aber keine durchgehend grüne Vorgartenzone mehr besteht, weil diese ganz oder teilweise bebaut oder befestigt wurde. In solchen Fällen kann die Errichtung eines Stellplatzes durchaus materiell-rechtlich zulässig sein. Selbst wenn die Beklagte aber in der Vergangenheit - etwa wegen einer anderen Gewichtung der Bedeutung von unbebauten „Vorzonen“ - einzelne Stellplätze genehmigt oder geduldet haben sollte, würde dies im Übrigen nicht bedeuten, dass sie nicht im Hinblick auf geänderte Konzepte oder tatsächliche Umstände, wie etwa die Schaffung von Anliegerparkplätzen, nicht mehr gegen rechtswidrige Stellplatzflächen vorgehen dürfte.
41 
Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte noch in den letzten Jahren in vergleichbaren Fällen entsprechende Stellplätze entlang von Straßen mit einer festgesetzten Bauflucht nach dem Badischen Ortsstraßengesetz oder einer Baulinie nach heutigem Recht und im wesentlichen noch durchgehend begrünten Vorgärten zugelassen hätte. Der Vertreter der Beklagten hat vielmehr deutlich gemacht, dass es ein besonderes Anliegen der Beklagten sei, die noch intakten Vorgärten als solche zu erhalten und zu schützen. Deswegen sei schon seit mehr als zwei Jahrzehnten vorgesehen, eine „Vorgartensatzung“ zu erlassen, nach der unter Anderem die Errichtung von Stellplätzen im „Vorgartenbereich“, also unabhängig davon, ob eine Baulinie/Bauflucht besteht - verboten werden solle. Im September 2004 sei ein entsprechender Entwurf Tagesordnungspunkt einer Bauausschusssitzung gewesen, jedoch im Hinblick auf die streitige Frage, welche Stadtteile in den Geltungsbereich einbezogen werden sollten, abgesetzt worden. Das Vorhaben, eine solche entsprechende Satzung zu erlassen, sei aber damit nicht aufgegeben worden.
42 
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist auch nicht deswegen anzunehmen, weil der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht ausschließen konnte, dass es im Stadtgebiet weitere, dem Bauordnungsamt jedoch nicht bekannte Stellplätze geben könnte, deren Beseitigung verlangt werden müsste, und erläuterte, dass man nicht über genügend Personal verfüge, um diesbezüglich regelmäßige Kontrollen durchzuführen. Es liegt nämlich auf der Hand, dass es der Baurechtsbehörde nicht möglich ist, in regelmäßigen Abständen sämtliche baulichen Anlagen in ihrem Zuständigkeitsbereich auf ihre formelle und materielle Baurechtswidrigkeit zu überprüfen. Es verstößt daher nicht gegen das Willkürverbot, wenn sie sich grundsätzlich darauf beschränkt, bei konkretem Anlass, zum Beispiel nach einer Feststellung anlässlich einer Ortsbesichtigung, einem Baugenehmigungsverfahren o. Ä., eine Überprüfung einzuleiten (vgl. dazu Sauter, a.a.O., § 65 Rd.-Nrn. 54 ff., m.w.N.). Das ist den Angaben des Vertreters der Beklagten nach der Fall. Sobald bekannt werde, dass ein baurechtlich nicht zulässiger Stellplatz in ähnlichen Fällen im Vorgartenbereich errichtet worden sei oder errichtet werde, schreite das Bauordnungsamt dagegen ein bzw. leite eine Überprüfung ein.
43 
Auch im Übrigen sind keine Ermessensfehler ersichtlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Baurechtsbehörde grundsätzlich in Übereinstimmung mit dem Zweck der Ermächtigung und damit rechtmäßig handelt, wenn sie die Beseitigung einer im Widerspruch zum materiellen Baurecht errichteten Anlage anordnet. Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn ganz konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -, BRS 66 Nr. 195, m.w.N.; Sauter, a.a.O., § 65 Rd.-Nr. 44 m.w.N.).
44 
Es ist daher insgesamt nicht zu beanstanden und insbesondere mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu vereinbaren, dass die Beklagte dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung einer unbebauten Vorgartenzone und dem „harmonischen Gesamtbild der Umgebung“ (Bescheid v. 16.10.2001) größeres Gewicht beigemessen hat als dem der Klägerin an der Errichtung eines Stellplatzes. Dabei dürfte der Vorzone entlang der G.- Straße eine besondere Bedeutung zuzumessen sein, weil der Charakter dieser Straße nicht nur durch die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts errichteten auffallenden Villen und Gebäude, sondern auch durch die begrünten Vorgärten maßgeblich bestimmt wird.
45 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
46 
Die Zulassung der Berufung beruht darauf, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Frage, ob eine nach dem Badischen Ortsstraßengesetz festgesetzte und übergeleitete Bauflucht die Folge hat, dass die Errichtung eines Stellplatzes im Bereich zwischen Straßenflucht und Bauflucht planungsrechtlich unzulässig ist, in der (ober- und höchstrichterlichen) Rechtsprechung nicht hinreichend geklärt ist.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.