Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 04. Sept. 2014 - 12 B 21/14

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2014:0904.12B21.14.0A
bei uns veröffentlicht am04.09.2014

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Verfügung des Antragsgegners, mit der der Antragstellerin untersagt wird, selbst oder durch Dritte Sportwetten im Wege des stationären Vertriebes in Schleswig-Holstein zu veranstalten, durchzuführen und zu vermitteln, sowie gegen die gleichzeitig ausgesprochene Androhung eines Zwangsgelds von 25.000 Euro für den Fall der Zuwiderhandlung.

2

Die Antragstellerin bietet auf Grundlage einer Genehmigung ihres Sitzlandes A-Stadt Sportwetten in Deutschland ausschließlich über assoziierte selbstständige Wettvermittler an. Sie vertreibt solche Wettbüros vornehmlich in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, ist aber auch mit zwei Wettbüros assoziiert, die ihr Geschäft in Schleswig-Holstein ausüben.

3

Um eine Sportwettkonzession nach dem vom 01.01.2012 bis 07.02.2013 in Schleswig- Holstein geltenden Recht (Gesetz zur Neuordnung des Glücksspiels (Glücksspielgesetz) vom 20. Oktober 2011 (GVOBl. 2011, 280); aufgehoben mit Wirkung vom 08. Februar 2013 durch Art. 4 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze vom 1. Februar 2013 (GVOBl. S. 64, 69)) bewarb sich die Antragstellerin nicht. Das Genehmigungsverfahren sei nicht nur ausgesprochen komplex und kostspielig gewesen, sondern die Legalisierungswirkung einer Erlaubnis des Antragsgegners sei nach dessen Auffassung auf Schleswig-Holstein beschränkt gewesen. Überdies sei klar gewesen, dass sich das liberale Regime Schleswig-Holsteins gegenüber dem fiskalischen und politischen Druck der übrigen Bundesländer nicht lange werde halten können.

4

Die Antragstellerin hat sich beim hessischen Ministerium des Inneren und für Sport im Rahmen der Experimentierklausel um eine Konzession nach § 4a des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag 2012 – GlüStV) beworben. Dieser gilt seit dem 08.02.2013 auch in Schleswig- Holstein. Die Beitrittserklärung des Landes Schleswig-Holstein datiert vom 27. August 2012, die parlamentarische Zustimmung erfolgte mit Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glückspieländerungsstaatsvertrag – Erster GlüÄndStV) vom 1. Februar 2013 (GVOBl. 2013, 51). Gleichzeitig trat mit diesem mit Wirkung zum 08.02.2013 das Gesetz zur Ausführung des Ersten Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster GlüÄndStV AG) vom 1. Februar 2013 (GVOBl. 2013, 64) in Kraft.

5

Diese Bewerbung sei, so die Antragstellerin, trotz der Erkenntnis erfolgt, dass der Glücksspielstaatsvertrag 2012 unionsrechtswidrig private Wettanbieter von einer unionsrechtskonformen deutschen Erlaubnis ausschließe. Sie habe zwei Jahre nach Verfahrensbeginn die diffusen Vorgaben der Konzessionsstelle erfüllt, sei aber wie auch alle übrigen Bewerber weit davon entfernt, eine Konzession für die Veranstaltung von Sportwetten zu erhalten, die nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2012 Voraussetzung für eine Vermittlungserlaubnis eines stationären Vermittlers sei.

6

Sie sei von einer deutschen Erlaubnis ebenso unionsrechtswidrig ausgeschlossen, wie ihre Vermittler in Schleswig-Holstein, die nur dann eine Erlaubnis bekommen könnten, wenn sie eine Konzession hätten (§ 29 Abs. 2 Glücksspielstaatsvertrag 2012).

7

Versuche, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Konzession nach § 4a Glücksspielstaatsvertrag 2012 im dafür zuständigen Bundesland zu erstreiten sind gescheitert (Hess. VGH, Beschluss vom 28.06.2013 – 8 B 1220/13 – ZfWG 2013, 342 ff.).

8

Wegen der umfangreichen Kritik der Antragstellerin am Konzessionsverfahren wir auf die Ausführungen in der Antragsschrift vom 24.07.2014 unter „IV.“ verwiesen.

9

Der Antragsgegner erließ gegen die Antragstellerin am 07.07.2014 einen Bescheid mit folgendem Tenor:

10

1. der [Antragstellerin] wird untersagt, selbst oder durch Dritte Sportwetten im Wege des stationären Vertriebes in Schleswig-Holstein zu veranstalten, durchzuführen und zu vermitteln.

11

2. Die Anordnung zu Ziffer 1 ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu erfüllen; dies ist schriftlich mitzuteilen.

12

3. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 2 wird hiermit ein Zwangsgeld in Höhe von 25.000 Euro (fünfundzwanzigtausend Euro) angedroht.

13

An die Antragstellerin würden über Wettvertriebsstätten in de sowie in der in Wetten vermittelt.

14

Mit gleichlautenden Schreiben vom 21.02.2014 und vom 04.04.2014 sei die Antragstellerin darauf hingewiesen worden, dass der genehmigungs- bzw. konzessionslose Betrieb von Wettvertriebsstätten in Schleswig-Holstein grundsätzlich untersagt werden könne. Im Hinblick darauf, dass die Antragstellerin die Erteilung einer Konzession beantragt habe und auch gegenwärtig noch am laufenden Konzessionsverfahren teilnehme, sei ihr jedoch zugleich eröffnet worden, dass ausnahmsweise und bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens ein begrenztes Absehen von dem Erlass einer Untersagungsverfügung möglich erscheine, sofern sichergestellt sei, dass der stationäre Wettvertrieb an sich sowie die betreffenden Wettvertriebsstätten ansonsten in Anlehnung an die Regelungen der Landesverordnung über den stationären Vertrieb von Sportwetten (Sportwettvertriebsverordnung – SVVO) vom 15. Juli 2013 (GVOBl. 2013, S. 319) materiell genehmigungsfähig wären. Zu diesem Zwecke sei die Antragstellerin aufgefordert worden, die Erfüllung unter anderem der folgenden Voraussetzungen nachzuweisen:

15

1. Vorlage einer Liste aller Wettvertriebsstätten, die derzeit in Schleswig-Holstein Sportwetten an die Antragstellerin vermitteln, einschließlich der Namen aller Betreiber und ggf. des Vertreibers i.S.d. § 2 Abs. 1, 2 SVVO,

16

2. Erfüllung der Voraussetzungen im Sinne des § 5 Abs. 2 SVVO gegenüber dem Innenministerium Schleswig-Holstein,

17

3. Vorlage eines näher spezifizierten Vertriebskonzeptes auf Grundlage der Anforderungen im Sinne der §§ 3-12 SVVO,

18

4. Erbringung eines Nachweises über den Einsatz der Kundenkarte i.S.d. SVVO

19

5. Unverzügliche Erbringung eines Nachweises über die Benennung eines Empfangs- und Vertretungsbevollmächtigten in Deutschland.

20

Mit Schreiben vom 08.03.2014 habe die Antragstellerin den Wettvertrieb über die vorgenannten zwei Wettvertriebsstätten mitgeteilt. Mit Schreiben vom 14.04.2014 habe sie diverse Unterlagen übersandt, welche jedoch weitgehend unvollständig und teilweise fehlerhaft gewesen seien. Die fehlenden bzw. mangelhaften Unterlagen seien erstmalig mit Schreiben vom 30.04.2014 und schließlich erneut mit Schreiben vom 26.05.2014 und Fristsetzung bis zum 20.06.2014 nachgefordert worden. In letzterem Schreiben sei außerdem der Erlass einer Untersagungsanordnung angedroht und der Antragstellerin gemäß § 87 des Landesverwaltungsgesetz Schleswig-Holstein (LVwG) die Möglichkeit gegeben worden, sich zu den für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen zu äußern.

21

Weitere Unterlagen oder Rückmeldungen seien nicht eingegangen, so dass die Veranstaltung, Durchführung und der Vertrieb von Sportwetten nunmehr untersagt werde.

22

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 hätten die Ordnungsbehörden die Aufgabe, die Erfüllung der nach dem Glücksspielstaatsvertrag bestehenden oder aufgrund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel unterbleibe. Zur Erfüllung dieser Aufgabe könnten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen werden. Insbesondere könne die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele untersagt werden, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV.

23

Das Veranstalten, Durchführen und Vermitteln von öffentlichen Glücksspielen bedürfe gemäß §§ 4 Abs. 1 und 10a Abs. 2 GlüStV einer Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes und könne bei Fehlen einer solchen Erlaubnis untersagt werden. Da die Antragstellerin weder Inhaberin einer Genehmigung sei noch den Nachweis erbracht habe, dass zumindest die materiellen Regulierungsvorgaben eingehalten würden, sei das Betreiben von Wettvertriebsstätten in Schleswig-Holstein unzulässig. Die Untersagung sei verhältnismäßig. Die Untersagung sei geeignet die Ziele der Glücksspielregulierung, beispielsweise den Spieler- und Jugendschutz sowie die Sucht- und Betrugsprävention durchzusetzen. Den erheblichen Gefahren, die insbesondere von materiell illegalem und damit de facto unreguliertem Glücksspiel (so auch im Falle einer voraussetzungsunabhängigen Duldung von illegalen Wettvertriebsstätten) ausgingen, werde somit effektiv begegnet. Ein isoliertes ordnungsrechtliches Vorgehen ausschließlich gegen die beiden Wettvertriebsstätten in Lübeck und Norderstedt würde nicht in gleicher Weise sicherstellen, dass der unerlaubte Wettvertrieb nicht an anderen als den bereits bekannten Standorten vorgenommen werde. Bei der Ermessensausübung sei insbesondere zu berücksichtigen gewesen, dass die Antragstellerin zwar gegenwärtig über keine Genehmigung verfüge, indes jedoch in Ihrer Eigenschaft als Teilnehmerin am hessischen Konzessionsverfahren Aussicht auf die Konzessionserteilung habe. Sei ein Wettvertrieb zwar formell illegal, jedoch materiell genehmigungsfähig, so könne sich gerade im Lichte eines langandauernden Konzessionsverfahrens der Erlass einer Untersagungsverfügung als besondere Härte darstellen. Indem der Antragstellerin zunächst die Möglichkeit eröffnet würde, in Anlehnung an die Regelungen der SVVO die materielle Genehmigungsfähigkeit des stationären Wettvertriebes an sich sowie der unterhaltenen Wettvertriebsstätten nachzuweisen und auf diesem Wege ein bis zur Konzessionsentscheidung zeitlich begrenztes Absehen vom Erlass einer Untersagungsverfügung im Sinne einer Duldung zu erzielen, sei diesem Umstand indes hinreichend Rechnung getragen. Unschädlich sei, dass der GlüStV das Mittel der Duldung nicht explizit regele. Eine Duldung unerlaubter Glücksspiele könne als milderes Mittel gegenüber einer glücksspielrechtlichen Untersagung auf § 9 Abs. 1 Satz 2 GIüStV gestützt werden. Die SVVO sei ohnehin zu beachten, wenn die Antragstellerin im hessischen Verfahren eine Konzession erhalte. Im Zuge des Inkrafttretens des Glücksspielgesetzes am 20.10.2011 und der Sportwettenvertriebsverordnung am 28.09.2012 und der Neufassung am 15.07.2013 sei das Glücksspiel (Sportwetten und Onlinecasino) in Schleswig-Holstein erstmalig und bundesweit einmalig legalisiert und einer detaillierten Regulierung unterworfen worden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Sportwettenvertrieb und auch für eine etwaige Duldung illegaler Sportwettangebote hätten sich damit geändert. Eine voraussetzungsunabhängige Duldung illegaler

24

Glücksspielangebote ginge zudem – im Gegensatz zu der Situation in anderen Bundesländern – mit einer erheblichen Diskriminierung jener Glücksspielanbieter einher, die eine Genehmigung nach dem Glücksspielgesetz innehätten und infolgedessen bereits gegenwärtig an die gemäß SVVO gestellten Anforderungen für den Wettvertrieb gebunden seien.

25

Schließlich hätten der Antragstellerin die rechtlichen Rahmenbedingungen von Anfang an bekannt sein müssen. Den mit Schreiben vom 14.04.2014 übermittelten Unterlagen zufolge bestehe zumindest der Wettvertrieb in der Wettvertriebsstätte , erst seit dem 01.11.2013. Zu diesem Zeitpunkt seien der Glücksspielstaatsvertrag und die SVVO in ihrer heute geltenden Fassung bereits in Kraft getreten gewesen. Zudem hätte bereits vorher in Schleswig-Holstein – anders als in den übrigen Bundesländern – die Möglichkeit bestanden, unter dem mittlerweile aufgehobenen Glücksspielgesetz eine Genehmigung zu beantragen.

26

Europäisches Recht stehe nicht entgegen. Die Anknüpfung der Duldung an allgemeingültige Voraussetzungen im Sinne der SVVO als Grundlage der vorliegenden Untersagungsanordnung stelle eine zulässige Schranke der Dienstleistungsfreiheit dar. Die Anforderungen der SVVO dienten zwingenden Gründen des Allgemeininteresses und seien verhältnismäßig. Die Regelungen der SVVO bezweckten einen angemessenen, allgemeingültigen und konkretisierten Ordnungsrahmen für das gesamte Angebot von Sportwetten im Wege des stationären Wettvertriebes in Schleswig-Holstein zu schaffen. Auch eine Diskriminierung genehmigter Anbieter solle im Sinne einer systemischen Erwägung durch die voraussetzungsabhängige Duldung verhindert werden. Entsprechend § 1 GIüStV dienten die in der SVVO getroffenen Regelungen im Einzelnen vor allem dazu,

27

1. sicherzustellen, dass Sportwetten ordnungsgemäß, fair, verantwortlich und transparent durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt würden und die mit ihnen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt werde,

28

2. einen wirksamen Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten,

29

3. Suchtgefahren vorzubeugen und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung sowie Vorkehrungen vor Ausbeutung durch Glücksspiel zu schaffen,

30

4. Gefahren für die Integrität des sportlichen Wettbewerbs bei der Veranstaltung und dem Vertrieb von Sportwetten vorzubeugen.

31

Bei der Bemessung des angedrohten Zwangsgeldes sei neben dem wirtschaftlichen Interesse auch der soziale Schaden, der von unerlaubtem Glücksspiel ausgehe, berücksichtigt worden.

32

Hiergegen hat die Antragstellerin unter dem 24.07.2014 Klage erhoben – 12 A 99/14 – und gleichzeitig um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.

33

Ihr dürfe das Fehlen einer deutschen Erlaubnis nicht entgegengehalten werden, da die Verantwortung für das Fehlen einer deutschen Erlaubnis beim Antragsgegner liege sowie bei den staatsvertraglich, im Deutschen Lotto und Totoblock, über die Ods Deutschland Sportwetten GmbH, über gemeinsame Werberichtlinien und unter dem Dach des Bundes etc. mit dem Antragsgegner verbundenen übrigen Bundesländern.

34

Weder das Fehlen einer Vermittlungserlaubnis der assoziierten Wettbüros in und Norderstedt noch das Fehlen einer Veranstaltererlaubnis der Antragstellerin seien tauglicher Anlass für die Negation der Dienstleistungsfreiheit des Artikels 56 AEUV. Eine lediglich abstrakte Erlaubnismöglichkeit genüge nicht, um den Erlaubnisvorbehalt durchsetzen zu dürfen. Sowohl die Antragstellerin als auch ihre beiden Vermittler in Schleswig-Holstein könnten jedenfalls derzeit und in absehbarer Zukunft keine deutsche Erlaubnis erhalten. Überdies handele es sich bei Sportwetten auch nicht, wie der Antragsgegner zu Grunde lege, um Glücksspiel i.S.v. § 284 StGB.

35

Sie sei überdies falscher Adressat der angefochtenen Verfügung, da sie als Veranstalterin niemals selbst eine Vermittlungserlaubnis bekommen könnte.

36

Überdies sei der Glücksspielstaatsvertrag 2012 unionsrechtswidrig. Einen suchtrelevanten Hintergrund dieser Regulierung gebe es in Wirklichkeit nicht. Vielmehr diene der gesamte Regulierungsansatz einer Sicherung der Einnahmen der staatlichen Anbieter und damit einer Diskriminierung entsprechender privater Anbieter, letztlich also rein fiskalischen Zielen.

37

Für die vom Antragsgegner verlangte „Duldung in Anlehnung an die SVVO“ bestehe keine Rechtsgrundlage. Der Antragsgegner nehme sie als Versuchskaninchen in Anspruch. Er beschreite erstmalig einen radikalen neuen argumentativen Ansatz, um zu versuchen, noch während des (desaströs) laufenden experimentellen Konzessionsverfahrens einen privaten Wettbewerber der fiskalisch ausgerichteten staatlichen Anbieter auszuschalten.

38

Der GlüStV verfolge nach seinem Wortlaut die Bekämpfung von Suchtgefahren und in Wirklichkeit die Aufrechterhaltung der monopolistischen Staatseinnahmen aus Lotterien, Glücksspielen und Sportwetten zur Maximierung der Einnahmen für den Landeshaushalt (unter Verweis auf das Vorwort des Einzelplans zur Allgemeinen Finanzverwaltung im Landeshaushaltsplan SH). Der GlüStV ermächtige die Glücksspielaufsichtsbehörden, die Ziele dieses Staatsvertrages durchzusetzen. Der Vertrag ermächtige den Antragsgegner aber nicht, die Dienstleistungsfreiheit eines privaten Wettanbieters zu negieren, um eine

39

„Diskriminierung“ von in Schleswig-Holstein genehmigten Anbietern zu verhindern. Ein solches Ziel kenne der Staatsvertrag nicht.

40

Das Vorgehen gegen sie sei auch gleichheitswidrig. Nach den Informationen des gut vernetzten Prozessbevollmächtigten sei sie bundesweit der einzige Wettveranstalter, dem das Fehlen einer Genehmigung in einem Unterlassungsverfahren entgegengehalten werde. Derzeit vertrieben in Deutschland mehrere 1000 private Wettbüros sowie rund 26.000 mit dem Staat assoziierte provisionsabhängige Kleingewerbetreibende Sportwetten über stationäre Vermittler ohne Konzession nach dem GlüStV und ohne Erlaubnis nach den Landesgesetzen. Die Bundesländer hätten im GlüStV vereinbart, eine einheitliche Wett- und Glücksspielpolitik bundesweit zu betreiben (§ 2: „Die Länder regeln mit diesem Staatsvertrag die Veranstaltung, die Durchführung und die Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen.“; § 9 Abs. 3: „Die Länder arbeiten bei der Glücksspielaufsicht zusammen“). Sie müssten sich deshalb ihr Verhalten bei der Durchführung des Staatsvertrages in jeder Hinsicht gegenseitig zurechnen lassen.

41

Die Antragstellerin beantragt,

42

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Untersagungsverfügung in Ziffer 1 des Verwaltungsaktes des Antragsgegners vom 7.7.2014, gegen die Mitteilungspflicht in Ziffer 2 sowie gegen die Androhung der Zwangsgeldfestsetzung in Ziffer 3 anzuordnen.

43

Der Antragsgegner beantragt,

44

den Antrag abzulehnen.

45

Seiner Auffassung nach kommt es nicht darauf an, ob das nach dem GlüStV vorgesehene Konzessionsverfahren an sich europarechtskonform sei, da dies die Rechtmäßigkeit der SVVO nicht in Frage stelle. Die Nichterbringung der Nachweise darüber, dass die materiellen Regulierungsvorgaben für den stationären Sportwettenvertrieb im Land Schleswig-Holstein beachtet würden, hätten zur Untersagung des Wettvertriebes in Schleswig- Holstein geführt.

46

Der Antragstellerin sei die Möglichkeit in Aussicht gestellt worden, den Wettvertrieb in Schleswig-Holstein auch ohne erteilte Genehmigung in Form einer Konzession nach dem GIüStV, also trotz dessen formeller Illegalität, im Rahmen einer sog. Duldung bis zu einer wirksamen Konzessionsentscheidung vorläufig fortzusetzen. Es fehle auch nicht an einer Rechtsgrundlage für die Duldung. Es handele sich um eine Minusmaßnahme zur glücksspielrechtlichen Untersagung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GIüStV. Die Duldung stelle folglich gerade nicht ein gesetzesfremdes „Genehmigungsverfahren“ dar, sondern ein milderes Mittel im Vergleich zum Erlass einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung.

47

Die regulatorischen Vorgaben nach der SVVO seien weder diskriminierend im Hinblick auf Staatsangehörigkeit oder Niederlassungsort, noch begründeten sie eine „Negation der Dienstleistungsfreiheit“ der Antragstellerin. Das Erfordernis der Erbringung der entsprechenden Nachweise tangiere nämlich nicht das „Ob“ der Dienstleistungserbringung, sondern lediglich deren Ausübungsmodalitäten. Diese dienten den in § 1 GlücksspielG bzw. § 1 GIüStV näher definierten Zielbestimmungen. Die Auffassung, dass es sich bei diesen Zielbestimmungen (Spielsuchtbekämpfung, Jugend- und Spielerschutz, Kriminalitätsbekämpfung u.ä.) um „scheinheilige Ziele“ handele, entbehre jeglicher Grundlage.

48

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin sei auch eine Bevorzugung von Inhabern einer Genehmigung nach dem Glücksspielgesetz durch die gewählte Vorgehensweise nicht festzustellen. Vielmehr diene die Anlehnung der Regulierungsvorgaben an die Vorschriften der SVVO, die im Falle von Genehmigungen nach dem Glücksspielgesetz unmittelbar Geltung beanspruchten, der Gleichbehandlung dieser Genehmigungsinhaber und jener illegalen Anbieter, die während des noch laufenden Konzessionsverfahrens geduldet würden.

49

Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungssatz liege nicht vor. Es solle einer Diskriminierung genehmigter Sportwettvertriebsstätten nach dem Glücksspielgesetz – die die Voraussetzungen der SVVO erfüllen – durch eine fortgesetzte voraussetzungslose Tätigkeit wie durch die Antragstellerin entgegengetreten werden. In allen vergleichbaren Fällen, wenngleich im Ergebnis mit unterschiedlichem Ausgang, seien in derselben Art und Weise und unter inhaltlich identischen Anforderungen wie bei der Antragstellerin Duldungen in Aussicht gestellt worden. Unabhängig von dieser Vollstreckungspraxis sei die rechtliche Situation in Schleswig-Holstein aufgrund des regulierten Marktes nicht mit jener in den übrigen Bundesländern vergleichbar. Das Land gehe im Rahmen seiner Zuständigkeiten zusammen mit den örtlichen Ordnungsbehörden gegen nicht regulierte stationäre Sportwettangebote vor und vollziehe die Vorschriften des Glücksspielgesetzes und des GIüStV konsequent.

50

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze verwiesen.

II.

51

Der Antrag ist statthaft, da Klagen gegen Anordnungen gemäß § 9 Abs. 1 GlüStV keine aufschiebende Wirkung haben (§ 9 Abs. 2 GlüStV), ebenso Klagen gegen Vollzugsmaßnahmen (§ 248 Abs. 1 LVwG). Er ist allerdings unbegründet.

52

Die Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ergeht auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das private Aufschubinteresse einerseits und das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Falle einer gesetzlich vorgesehenen sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsaktes prüft das Verwaltungsgericht im Falle eines Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO, ob wegen der Besonderheit des Einzelfalles ein privates Interesse an der aufschiebenden Wirkung vorliegt, das gegenüber dem im Gesetz in diesen Fällen unterstellten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Im Rahmen dieser Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte, wenn aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung Erfolg oder Misserfolg des Rechtsbehelfs offensichtlich erscheinen. Erweist sich nach der genannten Überprüfung der angefochtene Bescheid als offensichtlich rechtmäßig bedarf es im Fall des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs keines besonderen öffentlichen Vollziehungsinteresses (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 06.08.1991 – 4 M 109/91 – SchlHA 1991, 220).

53

Unter diesen Prämissen geht die Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus, da sich die angefochtene Verfügung als offensichtlich rechtmäßig erweist.

54

Die Verfügung kann als Minusmaßnahme auf § 9 Abs. 1 GlüStV gestützt werden, da es sich bei dem Angebot der Antragstellerin um unerlaubtes Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages handelt. Dass von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang aufgeworfene Problem einer angeblich abweichenden strafrechtlichen Bewertung ist im vorliegenden ordnungsrechtlichen Zusammenhang ohne Belang, da nicht nur verboten sein kann, was auch strafrechtlich sanktioniert ist.

55

Dem steht insbesondere nach dem Erkenntnisstand des gerichtlichen Eilverfahrens keine Europarechtswidrigkeit des Glücksspielstaatsvertrages entgegen.

56

Wie den Beteiligten bekannt ist, ist der auch juristisch hart umkämpfte deutsche Glücksspielmarkt vor allem in Schleswig-Holstein regulativ besonders großen Änderungen unterworfen gewesen. Vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2011 galt der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag 2008) vom 30. Januar 2007. Die Zustimmung erfolgte durch Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 13. Dezember 2007 (GVOBl. 2007, 524). Dieses Gesetz wurde aufgehoben durch § 49 Satz 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Glücksspiels (Glücksspielgesetz) vom 20. Oktober 2011 (GVOBl. 2011, 280) welches vom 01.01.2012 bis zum 07.02.2013 galt. Es wurde aufgehoben mit Wirkung vom 08. Februar 2013 durch Art. 4 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze vom 1. Februar 2013 (GVOBl. S. 64, 69). Gemäß Art. 4 des Änderungsgesetzes ist Folgendes zu beachten:

57

„§ 31 Glücksspielgesetz gilt fort. Das Glücksspielgesetz findet mit Ausnahme der § 20 Abs. 7 und § 23 Abs. 7 Satz 4 und 5 weiter Anwendung, soweit auf seiner Grundlage bereits Genehmigungen erteilt worden sind. Ansonsten wird das Glücksspielgesetz aufgehoben.“ Seit dem 08.02.2013 gilt auch in Schleswig-Holstein der Glücksspielstaatsvertrag 2012.

58

Höchstrichterliche Bewertungen zum Glücksspielstaatsvertrag 2012 liegen bisher nicht vor. Geht man davon aus, dass der BGH die dem EuGH-Urteil vom 12.06.2014 Digibet Ltd u.a. Rs. C-156/13 ECLI:EU:C:2014:1756 zu Grunde liegenden Vorlagefragen (Beschluss vom 24.01.2013 – I ZR 171/10 – GewArch 2013, 205 ff.) für entscheidungserheblich hielt, kann daraus der Schluss gezogen werden, dass der BGH unter Berücksichtigung der vom EuGH gegebenen Antwort wohl keinen Verstoß gegen höherrangiges Recht feststellen wird.

59

Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts aus dem letzten Jahr betreffenden Glücksspielstaatsvertrag in seiner bis zum bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (BVerwG, Urteil vom 20.06.2013 – 8 C 42/12 – Buchholz 11 Art 12 GG Nr 287, Juris- Rn. 24 ff.) bzw. die Nachfolgeregelung des Glücksspielstaatsvertrages 2008 (BVerwG, Urteil vom 20.06.2013 – 8 C 10/12 – BVerwGE 147, 47 ff. – der Staatsvertrag selbst wurde dort allerdings als nicht revisibel bewertet und entsprechend von der berufungsgerichtlichen Auslegung und Anwendung ausgegangen, a.a.O. Juris-Rn. 25) und beruhen vor allem auf einer festgestellten Verletzung des europarechtlichen Kohärenzgebotes infolge einer das Monopol konterkarierenden praktischen Glücksspielpolitik.

60

Soweit der Glücksspielstaatsvertrag 2012 Gegenstand der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts war, ist er bisher nicht grundsätzlich beanstandet worden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2013 – 8 C 21/12 – BVerwGE 148, 146 ff., Juris- Rn. 20 ff.) und wohl auch Urteil vom 09.07.2014 – 8 C 7/13 – Gründe liegen noch nicht vor.

61

Bisher sind lediglich vereinzelt vorliegend nicht einschlägige Teilregelungen von der Rechtsprechung beanstandet worden, vgl. Staatsgerichtshof für das Land Baden- Württemberg, Urteil vom 17.06.2014 – 1 VB 15/13 – Juris, der aber im Großen und Ganzen keine Verstöße gegen höherrangiges Recht festgestellt hat.

62

Auch in der obergerichtlichen Verwaltungsrechtsprechung zeichnen sich grundsätzliche Bedenken gegen den Glücksspielstaatsvertrag 2012 nicht ab (vgl. z.B. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 11.06.2014 – 10 CS 14.506 – und Beschluss vom 09.05.2014 – 22 CS 14.568 – Juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.04.2014 – 6 S 215/14 – NVwZ-RR 2014, 640 ff.; Hess. VGH, Beschluss vom 11.03.2014 – 8 B 72/14 –).

63

Das Vorbringen der Antragstellerin wiederholt im Prinzip die seit Jahren gegen die deutsche Glücksspielregulierung auf vielen Ebenen vorgebrachte Argumentation vor allem der angeblichen Scheinheiligkeit der Regulierungsmotivation. Dies verkennt allerdings, dass die Evolution der Regulierung den aus der EuGH-Rechtsprechung folgenden Kohärenzforderungen immer stärker nachgekommen ist und in nahezu allen Glücksspielbereichen im Sinne der angeführten Regulierungsgründe strengere Regelungen erlassen wurden.

64

Die Länder haben dabei im Zuge der Evaluierung beschlossen, eine Experimentierklausel für Sportwetten (§ 10a) zu schaffen, was vor allem ausweislich der Formulierung auch dem festgestellten Schwarzmarkt geschuldet ist. Lediglich insoweit ist die Grundentscheidung erweitert worden, ein ausreichendes Glücksspielangebot in erster Linie selbst bzw. in Konstruktionen vorzuhalten, in denen eine staatliche Beherrschung sichergestellt ist (vgl. § 10 Abs. 2 GlüStV).

65

Allerdings haben die Länder sich dabei auch in Teilaspekten für ein relativ kompliziertes gemeinsames Verwaltungsverfahren entschieden, welches möglicherweise mitverantwortlich für die von der Antragstellerin geschilderten Probleme bei der Konzessionsvergabe sein kann – hierzu liegen der Kammer allerdings keine Erkenntnisse vor.

66

Es ist der Kammer derzeit nicht ersichtlich, warum diese Grundentscheidung des Gesetzgebers, die nach dem Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland bei den Ländern liegende Gesetzeskompetenz per Staatsvertrag (wieder) gemeinsam mit den anderen Ländern wahrzunehmen, gegen EU-Recht verstoßen sollte.

67

Der EuGH hat erst jüngst in seinem Urteil vom 12.06.2014 Digibet Ltd u.a. Rs. C-156/13 ECLI:EU:C:2014:1756 das weite Ermessen der Mitgliedstaaten im Bereich des Schutzes der Verbraucher und auch die Bedeutung des Verfassungssystems der Mitgliedstaaten betont (Hervorhebungen durch die Kammer):

68

32 Aus diesem Grund und aus den in Rn. 24 des vorliegenden Urteils angeführten Gründen verfügen die staatlichen Stellen in dem besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein weites Ermessen bei der Festlegung der Anforderungen, die sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben, und – sofern die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestehenden Anforderungen im Übrigen erfüllt sind – ist es Sache jedes Mitgliedstaats, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Spiel- und Wetttätigkeiten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteile Dickinger und Ömer, EU:C:2011:582, Rn. 99, und Stanleybet International u. a., EU:C:2013:33, Rn. 44).

69

33 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass sich, wenn Vertrags- oder Verordnungsbestimmungen den Mitgliedstaaten zum Zweck der Anwendung des Unionsrechts Befugnisse verleihen oder Pflichten auferlegen, die Antwort auf die Frage, in welcher Weise die Ausübung dieser Befugnisse und die Erfüllung dieser Pflichten bestimmten innerstaatlichen Organen übertragen werden kann, allein nach dem Verfassungssystem der einzelnen Mitgliedstaaten bestimmt (Urteil Horvath, C- 428/07, EU:C:2009:458, Rn. 49). Der Gerichtshof hat im Übrigen bereits entschieden, dass in einem Staat wie der Bundesrepublik Deutschland der Gesetzgeber die Auffassung vertreten darf, dass es im Interesse aller Betroffenen Sache der Länder und nicht des Bundes ist, bestimmte Vorschriften zu erlassen (vgl. in diesem Sinne Urteil Fuchs und Köhler, C- 159/10 und C- 160/10, EU:C:2011:508, Rn. 55).

70

Ausdrücklich gilt die Kohärenzforderung daher auch nicht unbedingt im horizontalen Verhältnis der Länder zueinander:

71

34 Im vorliegenden Fall kann die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Ländern nicht in Frage gestellt werden, da sie unter dem Schutz von Art. 4 Abs. 2 EUV steht, nach dem die Union verpflichtet ist, die jeweilige nationale Identität der Mitgliedstaaten zu achten, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der lokalen und regionalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt.

72

35 Zudem unterscheiden sich die Umstände der vorliegenden Rechtssache von denen der dem Urteil Carmen Media Group (EU:C:2010:505) zugrunde liegenden Rechtssache, da es im Ausgangsverfahren nicht um das Verhältnis und die etwaige Pflicht zur vertikalen Koordinierung zwischen den Behörden des betroffenen Bundeslands und den Bundesbehörden geht, sondern um das horizontale Verhältnis zwischen den Bundesländern mit eigenen Gesetzgebungsbefugnissen im Rahmen eines föderal strukturierten Mitgliedstaats.

73

36 Selbst wenn man schließlich annehmen wollte, dass die Kohärenz der in Rede stehenden Regelung insgesamt möglicherweise durch die Regelung eines Bundeslands, die weniger streng ist als die in den anderen Bundesländern geltende, beeinträchtigt werden kann, ist festzustellen, dass eine solche etwaige Beeinträchtigung der Kohärenz unter den Umständen des Ausgangsverfahrens zeitlich und räumlich auf ein Bundesland begrenzt war. Es lässt sich somit nicht die Auffassung vertreten, dass die abweichende Rechtslage in einem Bundesland die Eignung der in den anderen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels zur Erreichung der mit ihnen verfolgten legitimen Ziele des Allgemeinwohls erheblich beeinträchtigt.

74

[…]

75

38 Unter diesen Umständen kann die in den Rn. 28 und 29 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung nicht dahin ausgelegt werden, dass die 15 anderen Länder das Verbraucherschutzniveau zu übernehmen hatten, das allein in Schleswig-Holstein für einen begrenzten Zeitraum galt.

76

Die Beurteilung, ob die Regelung des neuen Glücksspielstaatsvertrages gegen EU-Recht verstößt, ist ausdrücklich auch nach Auffassung des EuGH letztlich Aufgabe der nationalen Gerichte:

77

22 Zu prüfen ist allerdings, ob eine solche Beschränkung im Rahmen der Ausnahmeregelungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die in den nach Art. 62 AEUV auch auf dem Gebiet des freien Dienstleistungsverkehrs anwendbaren Art. 51 AEUV und 52 AEUV ausdrücklich vorgesehen sind, zulässig oder gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (vgl. Urteile Garkalns, C- 470/11, EU:C:2012:505, Rn. 35, und Stanleybet International u. a., C- 186/11 und C- 209/11, EU:C:2013:33, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

78

23 So können nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein (vgl. Urteile Garkalns, EU:C:2012:505, Rn. 39, und Stanleybet International u. a., EU:C:2013:33, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

79

24 Der Gerichtshof hat insoweit wiederholt entschieden, dass die Regelung der Glücksspiele zu den Bereichen gehört, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. In Ermangelung einer Harmonisierung des betreffenden Gebiets durch die Union ist es Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, in diesen Bereichen im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben (Urteile Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, C- 42/07, EU:C:2009:519, Rn. 57, und Stanleybet International u. a., EU:C:2013:33, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung), wobei für die Klärung der Frage, welche Ziele mit den nationalen Rechtsvorschriften tatsächlich verfolgt werden, im Rahmen einer Rechtssache, mit der der Gerichtshof nach Art. 267 AEUV befasst worden ist, das vorlegende Gericht zuständig ist (Urteile Dickinger und Ömer, C- 347/09, EU:C:2011:582, Rn. 51, und Stanleybet International u. a., EU:C:2013:33, Rn. 26).

80

[…]

81

40 Jedenfalls ist darauf hinzuweisen, dass das vorlegende Gericht unter Berücksichtigung der Hinweise des Gerichtshofs zu prüfen hat, ob die durch den betreffenden Mitgliedstaat auferlegten Beschränkungen den sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. Urteil Dickinger und Ömer, EU:C:2011:582, Rn. 50).

82

Auch aus dem Vortrag der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass der Glücksspielstaatsvertrag 2012 gemessen an diesen inhaltlichen Vorgaben des EuGH gegen Europarecht verstoßen sollte. Es herrscht eben nicht der von der Antragstellerin gewünschte Rechtszustand einer europäischen Harmonisierung, sondern eine in erster Linie auf den Entscheidung der nationalen Parlamente (hier derjenigen der Länder) beruhende Regulierung eines als potentiell gefährlich angesehenen Dienstleistungssektors. Dass die Parlamente dabei die ihnen zukommende Einschätzungsprärogative bewusst im Sinne scheinheilig regulierenden Handelns überschritten hätten, ist auch unter Würdigung des umfangreichen Vorbringens der Antragstellerin nicht ansatzweise ersichtlich. Dass die politische Bewertung indes höchst unterschiedlich ausfallen kann, belegt die schleswigholsteinische Regulierungshistorie in besonderer Weise.

83

Die Konsequenz ist, dass nach der geltenden geschriebenen Rechtslage die Angebote der Antragstellerin als jedenfalls formell illegal zu bewerten sind, wenngleich eine Chance der Konzessionierung besteht. In diesem Zusammenhang hält es die Kammer mit der Antragstellerin für äußerst problematisch, dass das Verwaltungsverfahren für die Konzessionserteilung offensichtlich mit erheblichen Problemen zu kämpfen hat. Allerdings hat der Antragsgegner mit dem Angebot der Duldung bei Nachweis der Einhaltung des in Schleswig-Holstein geltenden Rechts angeboten, der Antragstellerin diesen Mangel des Fremdverfahrens nicht im Wege einer Untersagungsverfügung entgegenzuhalten.

84

Auf diese Weise ist dem möglicherweise tatsächlich bestehenden administrativen Defizit bereits aus Gründen der Verhältnismäßigkeit hinreichend Rechnung getan. Es ist nicht ersichtlich, warum der Antragstellerin ihr formell illegales Angebot auch frei von den materiell-rechtlichen Vorgaben der SVVO gestattet bleiben sollte.

85

Auch ein Gleichheitsverstoß ist in der Vorgehensweise des Antragsgegners nicht zu erblicken. Zunächst bindet der Gleichheitssatz jeden Träger öffentlicher Gewalt nur in dessen konkretem Zuständigkeitsbereich (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 – 1 BvF 4/05 - BVerfGE 122, 1 ff., Juris-Rn. 95). Auf die Vollzugspraxis anderer Bundesländer käme es mithin nur an, wenn die Behauptung richtig wäre, dass diese sich zu einer einheitlichen Vorgehensweise verpflichtet hätten. Diese Auslegung der Antragstellerin überinterpretiert allerdings die von ihr benannten Bestimmungen des Staatsvertrages. § 9a GlüStV belegt vielmehr, dass die Übertragung von Aufgaben bzw. die Reichweite der Wahrnehmung fremder Verwaltungskompetenzen im Staatsvertrag enumerativ geregelt ist. Für das Vorgehen gegen einzelne illegale Angebote besteht eine solche Delegation bzw. ein Abstimmungserfordernis nicht. Da die Länder schon aus dem europarechtlichen Kohärenzerfordernis gehalten sind, gegen illegale Angebote vorzugehen, wäre es in Bezug auf die Ziele des Staatsvertrages geradezu kontraproduktiv, ein Vorgehen gegen illegale Angebote in das Korsett eines bundesweit einheitlichen Vorgehens zu zwängen. Überdies hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass die Experimentierklausel des § 10a Abs. 5 GIüStV für den terrestrischen Vertriebsweg von Sportwetten einschlägig ist, für den die Länder nach § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV ausdrücklich zuständig sind.

86

Auch ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin nicht tauglicher Adressat der angefochtenen Verfügung sein könnte. Dass die Antragstellerin u.U. nach dem derzeit praktizierten Modell nicht selbst eine Vermittlungserlaubnis benötigen würde, ändert nichts daran, dass es gerade zu ihrem Geschäftsmodell gehört, die von ihr veranstalteten Glücksspiele auch durch Dritte vermitteln zu lassen. Ohne ihr Mitwirken ist eine Vermittlung an sie überhaupt nicht denkbar. Diese Vorgehensweise des Antragsgegners liegt im Bereich zulässiger Ermessensausübung. Die Antragsgegnerin hat in der angefochtenen Verfügung dargelegt, warum aus ihrer Sicht ein Vorgehen gegen die Antragstellerin effektiver ist als gegen die einzelnen Vermittler. Ermessensfehler sind hierbei nicht ersichtlich.

87

Der Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 04. Sept. 2014 - 12 B 21/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 04. Sept. 2014 - 12 B 21/14

Referenzen - Gesetze

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 04. Sept. 2014 - 12 B 21/14 zitiert 5 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Strafgesetzbuch - StGB | § 284 Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels


(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 04. Sept. 2014 - 12 B 21/14 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 04. Sept. 2014 - 12 B 21/14 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2013 - I ZR 171/10

bei uns veröffentlicht am 24.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 171/10 Verkündet am: 24. Januar 2013 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Juni 2014 - 10 CS 14.506

bei uns veröffentlicht am 11.06.2014

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt. Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Mai 2014 - 22 CS 14.568

bei uns veröffentlicht am 09.05.2014

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 20.000 € festgesetzt. Gründe

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 09. Juli 2014 - 8 C 7/13

bei uns veröffentlicht am 09.07.2014

Tatbestand 1 Die Klägerin beabsichtigt, eine Werbeaktion durchzuführen, bei der jedem Kunden, der innerhalb eines vorab festgelegten Aktionszeitraums in ihrem Einrichtun

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. Apr. 2014 - 6 S 215/14

bei uns veröffentlicht am 22.04.2014

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21. Januar 2014 - 3 K 1786/13 - wird zurückgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert für das Beschwerdeverfahr

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 16. Okt. 2013 - 8 C 21/12

bei uns veröffentlicht am 16.10.2013

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen eine Untersagungsverfügung wegen unerlaubten Glücksspiels. 2

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 20. Juni 2013 - 8 C 10/12

bei uns veröffentlicht am 20.06.2013

Tatbestand 1 Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Ordnungsverfügung, mit der ihr die Vermittlung von Sportwetten an einen privaten Wettanbiet

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 20. Juni 2013 - 8 C 42/12

bei uns veröffentlicht am 20.06.2013

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung, in der Betriebsstätte B. Straße ... in W. Sportwetten zu vermitteln.

Referenzen

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 171/10 Verkündet am:
24. Januar 2013
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Prof. Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

beschlossen:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 56 AEUV folgende Fragen vorgelegt: 1. Stellt es eine inkohärente Beschränkung des Glücksspielsektors dar, - wenn einerseits in einem als Bundesstaat verfassten Mitgliedstaat die Veranstaltung und die Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet nach dem in der überwiegenden Mehrheit der Bundesländer geltenden Recht grundsätzlich verboten ist und - ohne Rechtsanspruch - nur für Lotterien und Sportwetten ausnahmsweise erlaubt werden kann, um eine geeignete Alternative zum illegalen Glücksspielangebot bereitzustellen sowie dessen Entwicklung und Ausbreitung entgegenzuwirken, - wenn anderseits in einem Bundesland dieses Mitgliedstaats nach dem dort geltenden Recht unter näher bestimmten objektiven Voraussetzungen jedem Unionsbürger und jeder diesem gleichgestellten juris- tischen Person eine Genehmigung für den Vertrieb von Sportwetten im Internet erteilt werden muss und dadurch die Eignung der im übrigen Bundesgebiet geltenden Beschränkung des Glücksspielvertriebs im Internet zur Erreichung der mit ihr verfolgten legitimen Ziele des Allgemeinwohls beeinträchtigt werden kann? 2. Kommt es für die Antwort auf die erste Frage darauf an, ob die abweichende Rechtslage in einem Bundesland die Eignung der in den anderen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels zur Erreichung der mit ihnen verfolgten legitimen Ziele des Allgemeinwohls aufhebt oder erheblich beeinträchtigt? Falls die erste Frage bejaht wird: 3. Wird die Inkohärenz dadurch beseitigt, dass das Bundesland mit der abweichenden Regelung die in den übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels übernimmt, auch wenn die bisherigen, großzügigeren Regelungen des Internetglücksspiels in diesem Bundesland hinsichtlich der dort bereits erteilten Konzessionen noch für eine mehrjährige Übergangszeit fortgelten, weil diese Genehmigungen nicht oder nur gegen für das Bundesland schwer tragbare Entschädigungszahlungen widerrufen werden könnten? 4. Kommt es für die Antwort auf die dritte Frage darauf an, ob während der mehrjährigen Übergangszeit die Eignung der in den übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels aufgehoben oder erheblich beeinträchtigt wird?

Gründe:


1
I. Die Klägerin ist die staatliche Lottogesellschaft des Landes NordrheinWestfalen. Die Beklagte zu 1 mit Sitz in Gibraltar bietet auf der Internetseite " .com" in deutscher Sprache Glücksspiele und Sportwetten gegen Geldeinsatz an. Sie ist Inhaberin einer in Gibraltar erteilten Glücks- und Spiellizenz. Der Beklagte zu 2 ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1.
2
Die Klägerin hält das Angebot der Beklagten zu 1 wegen Verstoßes gegen glücksspiel- und strafrechtliche Bestimmungen für wettbewerbswidrig.
3
Soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, hat das Landgericht die Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über das Internet in Deutschland befindlichen Personen die Möglichkeit anzubieten und/oder zu verschaffen, Glücksspiele, insbesondere Sportwetten zu festen Gewinnquoten sowie Kasinospiele, insbesondere Poker, Videopoker, Black Jack, Roulette, Baccara, Keno, Bingo und virtuelle Slot Machines sowie Kartenspiele und Brettspiele gegen Entgelt einzugehen und/oder abzuschließen und/ oder diese Möglichkeit zu bewerben, wie nachstehend beispielhaft wiedergegeben (es folgt die Wiedergabe von 102 Bildschirmausdrucken aus dem Internetangebot der Beklagten zu 1 vom September 2009).
4
Außerdem hat das Landgericht die Beklagten zur Auskunft verurteilt und ihre Pflicht zum Schadensersatz festgestellt.
5
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und den Unterlassungstenor nach Maßgabe des von der Klägerin in der Berufungsinstanz gestellten Antrags unter Beschränkung auf konkret bezeichnete Spiele so gefasst, dass sich die Unterlassungspflicht der Beklagten darauf bezieht , über das Internet in Deutschland befindlichen Personen die Möglichkeit anzubieten und/oder zu verschaffen, Sportwetten zu festen Gewinnquoten sowie Poker, Videopoker, Black Jack, Roulette, Baccara, Keno, Bingo und Spiele an virtuellen Slot Machines sowie Knobelduell und Black Jack-Duell gegen Entgelt einzugehen und/oder abzuschließen und/oder diese Möglichkeit zu bewerben, wie nachstehend wiedergegeben. …
6
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstreben die Beklagten weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.
7
II. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des Art. 56 AEUV ab. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.
8
1. Weil die Klägerin einen auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichteten Unterlassungsanspruch verfolgt, kommt es im Streitfall auch auf das im Zeitpunkt der Entscheidung geltende Recht an. Der Glücksspielstaatsvertrag 2008 ist mit Ablauf des 31. Dezember 2011 außer Kraft getreten (§ 28 Abs. 1 GlüStV 2008). Zum 1. Januar 2012 erfolgte in Schleswig-Holstein eine Liberalisierung des Glücksspielrechts. Anders als § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 lässt § 26 des schleswig-holsteinischen Gesetzes zur Neuordnung des Glückspiels vom 20. Oktober 2011 (GVOBl. Schl.-H. S. 280 - GlSpielG SH) Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen oder im Internet grundsätzlich zu. Auch ein Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV 2008) ist dem Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein fremd. Veranstaltung und Vertrieb öffentlicher Glücksspiele und Wetten bedürfen zwar weiterhin der Genehmigung der zuständigen Landesbehörde (vgl. §§ 4, 5, 22 und 23 GlSpielG SH); die Genehmigung für den Vertrieb öffentlicher Wetten ist aber bei Vorliegen bestimmter objektiver Zulassungsvoraussetzungen jedem Bürger und jeder juristischen Person aus der Europäischen Union zu erteilen (§ 23 Abs. 2 GlSpielG SH).
9
Im gesamten übrigen Bundesgebiet gilt dagegen inzwischen der Glücksspielstaatsvertrag 2012 (1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag - GlüStV 2012). Nach § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV 2012 sind das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet sowie die Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen, im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen grundsätzlich weiterhin verboten. Gemäß § 4 Abs. 5 und § 5 Abs. 3 Satz 2 und 3 GlüStV 2012 kann die Verwendung des Internets zu diesen Zwecken nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen für Lotterien und Sportwetten erlaubt werden, um eine geeignete Alternative zum illegalen Glücksspielangebot bereitzustellen sowie dessen Entwicklung und Ausbreitung entgegenzuwirken. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht kein Rechtsanspruch.
10
2. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte zu 1 mit ihrem Internetangebot gegen die §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 verstoßen hat.
11
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Bestimmungen des § 4 Abs. 4 und des § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 Marktverhaltensregelungen , deren Anwendbarkeit keine unions- oder verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstehen (vgl. nur BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09, GRUR 2012, 193 Rn. 21, 30 ff. = WRP 2012, 201 - Sportwetten im Internet II, zu § 4 Abs. 4 GlüStV; Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 43/10, juris Rn. 78 f., zu § 5 Abs. 3 GlüStV).
12
Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision geben dem Senat keinen Anlass zu einer Änderung seiner Rechtsprechung. Auch die übrigen Erwägungen der Revision lassen im Hinblick auf die Beurteilung der bis zum 1. Januar 2012 geltenden Rechtslage durch das Berufungsgericht keinen Rechtsfehler erkennen.
13
3. Aufgrund der seit dem 1. Januar 2012 eingetretenen Rechtsänderungen kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass die Revision hinsichtlich des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsantrags und der für die Zeit nach dem 31. Dezember 2011 zugesprochenen Auskunfts- und Schadensersatzansprüche im Hinblick auf einen Verstoß gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) Erfolg haben könnte. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind Ausnahmen und Einschränkungen zu einer die Glücksspieltätigkeit beschränkenden Regelung dahingehend einer Kohärenzprüfung zu unterziehen, ob sie deren Eignung zur Verfolgung legitimer Allgemeininteressen beseitigen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08, Slg. 2010, I-8149 = NvWZ 2010, 1422 Rn. 106 ff. - Carmen Media Group). Vor diesem Hintergrund könnte eine gegenüber dem übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Rechtslage in einem einzelnen Bundesland dazu führen, dass die Vertriebs- und Werbebeschränkungen im Internet für Glücksspiele in den anderen Bundesländern wegen Verstoßes gegen das Unionsrecht unanwendbar sind, so dass für ein Verbot der Online-Vermittlung und -Veranstaltung von Glücksspielen keine Grundlage mehr bestünde.
14
a) Nach geltendem Recht bestehen wesentliche Unterschiede in der rechtlichen Behandlung des Internetglücksspiels zwischen Schleswig-Holstein und dem übrigen Bundesgebiet.
15
Die Bestimmungen der § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV 2012 enthalten weiterhin Verbote des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet sowie der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen, im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen. Zwar kann nach § 4 Abs. 5 und § 5 Abs. 3 Satz 2 und 3 GlüStV 2012 die Verwendung des Internets zu diesen Zwecken unter bestimmten Voraussetzungen nunmehr erlaubt werden, um eine geeignete Alternative zum illegalen Glücksspielangebot bereitzustellen sowie dessen Entwicklung und Ausbreitung entgegenzuwirken. Auf die Erlaubniserteilung besteht aber kein Rechtsanspruch. Demgegenüber gibt es in Schleswig-Holstein gemäß § 23 Abs. 2 GlSpielG SH grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung einer Vertriebsgenehmigung für öffentliche Wetten , der sich aufgrund des Zusammenhangs mit § 23 Abs. 1 GlSpielG SH zweifelsfrei auch auf den Fernvertrieb und damit den Absatz im Internet erstreckt. Für die Glücksspielwerbung im Internet ist gemäß § 26 GlSpielG SH keine Erlaubnis erforderlich.
16
b) Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Liberalisierung von Internetvertrieb und -werbung für Glücksspiele in Schleswig-Holstein die Eignung der entsprechenden Verbote in den anderen Bundesländern zur Erreichung der mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2012 verfolgten legitimen Allgemeininteressen mehr als nur unerheblich beeinträchtigt.
17
So ist fraglich, ob sich die Teilnahmemöglichkeit an Glücksspielen über das Internet wirksam auf das Bundesland Schleswig-Holstein beschränken lässt. Auch die nunmehr in Schleswig-Holstein unbeschränkt mögliche Werbung für Glücksspiele in Fernsehen, Rundfunk und Internet kann aufgrund der Natur dieser Medien nicht wirksam auf dieses Bundesland begrenzt werden.
18
4. Die unionsrechtliche Bewertung der seit 1. Januar 2012 in Deutschland bestehenden unterschiedlichen Regelungen für Online-Glücksspiel ist umstritten. Teilweise wird angenommen, dass der schleswig-holsteinische Sonderweg zu einer fehlenden Kohärenz des Internetverbots für Glücksspiele im übrigen Bundesgebiet führt (Dörr/Janich, K&R Beihefter 1/2012, 1, 9 ff.; Brock, CR 2011, 517, 524). Insbesondere wird ein Verstoß gegen das aus dem Kohärenzgebot resultierende Konterkarierungsverbot im Sinne einer wesentlichen Effektivitätseinbuße hinsichtlich der von den anderen Ländern verfolgten Ziele für sehr wahrscheinlich gehalten. Demgegenüber haben die mit der Frage befassten Verwaltungsgerichte eine Inkohärenz des deutschen Glücksspielrechts ungeachtet der in Schleswig-Holstein geltenden abweichenden Regelungen bisher verneint (vgl. VG Saarlouis, Urteil vom 19. Januar 2012 - 6 K 521/10, juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 26. April 2012 - 3 K 330/10, juris; Urteil vom 27. August 2012 - 3 K 882/12, juris).
19
5. Es ist fraglich, ob eine unionsrechtliche Kohärenzprüfung der unterschiedlichen Ausgestaltung des Glücksspielrechts innerhalb der Bundesrepublik Deutschland schon deshalb ausscheidet, weil sie Ausfluss der bundesstaatlichen Ordnung ist (so Pagenkopf, NJW 2012, 2918, 2924). Der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist dazu - soweit ersichtlich - keine eindeutige Antwort zu entnehmen.
20
a) Der Gerichtshof hat in der Sache Carmen Media Group (NvWZ 2010, 1422) ausgeführt: 69 Was den Umstand betrifft, dass die verschiedenen Glücksspiele zum Teil in die Zuständigkeit der Länder und zum Teil in die des Bundes fallen, ist darauf hinzuweisen, dass sich ein Mitgliedstaat nach ständiger Rechtsprechung nicht auf Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung berufen kann, um die Nichteinhaltung seiner aus dem Unionsrecht folgenden Verpflichtungen zu rechtfertigen. Die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb eines Mitgliedstaats, namentlich zwischen zentralen, regionalen und lokalen Behörden, kann ihn unter anderem nicht davon entbinden, den genannten Verpflichtungen nachzukommen … 70 Dementsprechend müssen, auch wenn das Unionsrecht einer internen Zuständigkeitsverteilung , nach der für bestimmte Glücksspiele die Länder zuständig sind und für andere der Bund, nicht entgegensteht, in einem solchen Fall die Behörden des betreffenden Bundeslandes und die Bundesbehörden gleichwohl gemeinsam die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland erfüllen, nicht gegen Art. 49 EG zu verstoßen. Soweit die Beachtung dieser Bestimmung es erfordert, müssen diese verschiedenen Behörden dabei folglich die Ausübung ihrer jeweiligen Zuständigkeit koordinieren.
21
Diese Ausführungen legen die Annahme nahe, dass ebenso wie Bund und Bundesländer gegebenenfalls auch die Bundesländer untereinander ihre Politik im Glücksspielbereich in der Weise abzustimmen haben, dass die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zur Beachtung der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV, zuvor Art. 49 EG) eingehalten wird.
22
Danach bleiben zwar unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern auch im Bereich des Glücksspielrechts grundsätzlich möglich. Jedoch könnte es geboten sein, jede in einem Bundesland bestehende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit für sich genommen darauf zu überprüfen, ob ihre Eignung zur Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels dadurch entfällt, dass ein anderes Bundesland eine abweichende Regelung trifft (vgl. Dörr/Janich aaO S. 7).
23
b) Andererseits hat der Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache "Markus Stoß" klargestellt, dass Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des Lotterie- und Wettmonopols gegenüber im Ausland ansässigen Veranstaltern die Vereinbarkeit eines solchen Monopols mit dem Unionsrecht nicht beeinträchtigen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316/07, Slg.
2010, I-8069 = NVwZ 2010, 1409 Rn. 84 ff.). Es fragt sich, ob dieser Grundsatz auf die Nutzung von Internetangeboten aus Schleswig-Holstein durch dazu nicht befugte Spieler anderer Bundesländer übertragbar ist.
24
c) Nach Auffassung des Senats sollte diese Frage bejaht und dieerste Vorlagefrage verneint werden. Dagegen spricht insbesondere nicht schon die Erwägung, anders als bei Auswirkungen aus dem Ausland habe es der Mitgliedstaat grundsätzlich selbst in der Hand, regional unterschiedliche Bestimmungen innerhalb seines Staatsgebiets zu verhindern, die die Wirksamkeit eines Internetverbots beeinträchtigen (vgl. Dörr/Janich aaO S. 10 f.).
25
Die Europäische Union bildet eine Rechtsgemeinschaft, in der für das Verhältnis zwischen der Union und den Mitgliedstaaten gemäß Art. 4 Abs. 3 EUV (bislang Art. 5 EG) der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gilt. Dieser Grundsatz verpflichtet nicht nur die Mitgliedstaaten, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Geltung und Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten , sondern legt auch der Union entsprechende Pflichten zur loyalen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten auf (EuGH, Beschluss vom 13. Juni 1990 - C-2/88, Slg. 1990, I-3367 = NJW 1991, 2409 Rn. 17 - Zwartveld; vgl. Calliess, Subsidiaritäts- und Solidaritätsprinzip in der Europäischen Union, 1996, S. 157 f.; Zuleeg in von der Groeben/Schwarze, Kommentar zum EU /EG-Vertrag, 6. Aufl., Art. 10 EG Rn. 11; Wölker in von der Groeben/Schwarze aaO Protokoll Nr. 24 Rn. 41). Daraus folgt für die Union ein Gebot der Rücksichtnahme auf verfassungsrechtliche Schwierigkeiten und - im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EUV - auf bundesstaatliche Strukturen in den Mitgliedstaaten. Zudem gilt für die Auslegung und Anwendung des Unionsrechts der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der nunmehr ebenfalls in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EUV ausdrücklich verankert ist. Danach dürfen die den Mitgliedstaaten durch das Unionsrecht auferlegten Pflichten nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Dezember 1970 - 25/70, Slg. 1970, 1162 Rn. 31 f. - Köster und Berodt & Co.; Langguth in Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 5. Aufl., Art. 5 EUV Rn. 36).
26
Es erschiene aus der Sicht des Senats wenig angemessen und mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kaum vereinbar, wenn die Mehrzahl der Bundesländer - im Streitfall 15 Länder - ihr vom Unionsrecht anerkanntes Recht, selbst zu beurteilen, ob es erforderlich ist, bestimmte Glücksspieltätigkeiten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollen vorzusehen (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 58 - Carmen Media Group), schon deshalb nicht ausüben könnte, weil ein einzelnes Bundesland eine abweichende Regelung einführen will (zum Kriterium der Angemessenheit im Zusammenhang mit der Berücksichtigung föderaler Strukturen im Unionsrecht vgl. Epiney, EuR 1994, 301, 319 ff.). Dabei ist zu beachten, dass in einer bundesstaatlichen Verfassung ein Bundesland weder vom Bund noch von den anderen Bundesländern gezwungen werden kann, eine bestimmte Regelung in einem der Kompetenz der Länder unterliegenden Bereich zu treffen.
27
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich in nicht harmonisierten Sektoren wie dem Glücksspielwesen die praktische Auswirkung einer durch Unterschiede zwischen den Ländern eines Bundesstaats bewirkten Inkohärenz für den Binnenmarkt nicht von abweichenden Regelungen unterscheiden dürfte, die zwischen kleineren und größeren Mitgliedstaaten bestehen und unionsrechtlich hinzunehmen sind.
28
6. Für den Fall, dass der Gerichtshof die erste Frage bejaht, sollte nach Auffassung des Senats die zweite Frage in der Weise beantwortet werden, dass es nicht zu einer Inkohärenz der im übrigen Bundesgebiet für das Inter- netglücksspiel geltenden Beschränkungen führt, wenn ihre Eignung durch eine liberalere Regelung in einem einzelnen, kleineren Bundesland nur unerheblich beeinträchtigt wird. Jedenfalls die Anerkennung einer Erheblichkeitsschwelle bei der Kohärenzprüfung erscheint unter dem unionsrechtlichen Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit geboten, wenn die uneinheitliche Regelung auf die bundesstaatliche Ordnung eines Mitgliedstaats zurückzuführen ist und einen unionsrechtlich nicht harmonisierten Dienstleistungsbereich betrifft.
29
7. Die dritte Frage stellt der Senat für den Fall, dass sich die Rechtslage in Schleswig-Holstein bis zur Beantwortung des Vorabentscheidungsersuchens erneut ändern sollte.
30
a) Die neue Landesregierung in Schleswig-Holstein hat einen Gesetzentwurf eingebracht (Entwurf zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze, Schleswig-Holsteinischer Landtag Drucks. 18/104). Danach ist beabsichtigt, den Sonderweg des Landes im Glücksspielbereich zu beenden und dem Glücksspielstaatsvertrag 2012 beizutreten. Allerdings sollen die Genehmigungen , die privaten Anbietern bisher erteilt worden sind, in Kraft bleiben (vgl. Art. 4 des Entwurfs). Nach § 4 Abs. 3 GlSpielG SH sind diese Genehmigungen, die den Internetvertrieb umfassen, für die Dauer von sechs Jahren erteilt worden. Für die Erlaubnisinhaber soll das jetzige Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein so lange fortgelten. Das gilt auch für § 26 GlSpielG SH, der Internetwerbung für erlaubte Glücksspiele zulässt.
31
b) Der Gerichtshof hat im Zusammenhang mit einer Regelung des Pensionsalters für Beamte ausgeführt, das Gesetz eines Mitgliedstaats oder eines Landes sei nicht schon deshalb inkohärent, weil es im Hinblick auf die Anhebung der Regelaltersgrenze zu einem anderen Zeitpunkt geändert werde als das entsprechende Gesetz eines anderen Mitgliedstaats oder Landes. Der Rhythmus der Änderung kann also von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein, um regionale Besonderheiten zu berücksichtigen und es den zuständigen Behörden zu ermöglichen, die erforderlichen Anpassungen vorzunehmen (EuGH, Urteile vom 21. Juli 2011 - C-159/10 und C-160/10, NVwZ 2011, 1249 Rn. 96 f. - Fuchs und Köhler). Wie sich aus Randnummer 94 dieses Urteils ergibt, hatte das Land Hessen dort eine den Beamtengesetzen des Bundes und mehrerer Länder ähnliche Anhebung der Regelaltersgrenze von 65 auf 67 Jahre beabsichtigt, aber noch nicht eingeführt.
32
c) Nach Auffassung des Senats lassen sich diese Grundsätze auch im Zusammenhang mit legitimen Zielen dienenden Beschränkungen des Glücksspiels in Mitgliedstaaten mit bundesstaatlicher Verfassung anwenden.
33
aa) Sind sich die Länder eines Bundesstaats darüber einig, in Verfolgung legitimer Ziele des Allgemeinwohls Glücksspieltätigkeiten in systematischer und kohärenter Weise zu begrenzen, sollte es in Anwendung der Grundsätze der loyalen Zusammenarbeit und der Verhältnismäßigkeit nicht zu einer unionsrechtlichen Inkohärenz führen, wenn ein Bundesland die entsprechenden Regelungen aufgrund einer abweichenden Ausgangslage zwar so rasch wie zumutbar , aber erst nach einer mehrjährigen Übergangszeit in Kraft setzen kann.
34
Dieses Ergebnis erscheint gerade in einem Bereich wie dem Glücksspielsektor geboten, in dem es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Sache jedes Mitgliedstaats ist zu beurteilen, ob es erforderlich ist, bestimmte Glücksspieltätigkeiten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt , sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollen vorzusehen (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 58 - Carmen Media Group). Es handelt sich also nicht etwa um die Umsetzung einer Richtlinie der Union, bei der ein bestimmtes Regelungsziel den Mitgliedstaaten durch die Union verbindlich vorgegeben wird (vgl. Art. 288 AEUV) und deshalb insoweit von vornherein kein Koordinierungsbedarf zwischen den Bundesländern eines Mitgliedstaats besteht. Demgegenüber erfordert die Erfüllung der sich aus Randnummer 70 der Entscheidung "Carmen Media Group" ergebenden Pflicht der Bundesländer, ihre Zuständigkeiten zur Schaffung einer kohärenten Regelung des Glücksspielwesens zu koordinieren, von vornherein eine gewisse Zeit. Der Senat gibt zu bedenken, ob es nicht Sache der nationalen Gerichte sein sollte, im Einzelfall zu beurteilen, ob die bis zur Herstellung einer kohärenten Regelung des Glücksspielsektors in einem Mitgliedstaat in Anspruch genommene Zeitspanne den Grundsätzen der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit entspricht. Der Senat hielte es jedenfalls für geboten, aus dem Umstand einer Übergangszeit für einen Teil des Gebiets eines Mitgliedstaats auch dann keine Inkohärenz der Regelung des Glücksspielsektors abzuleiten, wenn die im überwiegenden Teil dieses Mitgliedstaats geltenden Beschränkungen des Glücksspiels dadurch vorübergehend in ihrer Wirksamkeit nicht unerheblich beeinträchtigt werden könnten.
35
bb) Der Senat gibt weiter zu bedenken, ob es dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspräche, wenn die Mehrzahl der Bundesländer ihr unionsrechtlich anerkanntes Recht zur Regelung des Glücksspielsektors schon deshalb nicht mehr ausüben könnte, weil aufgrund besonderer Umstände ein einzelnes Bundesland entsprechende Regelungen erst nach einer Übergangszeit einführen kann.
36
cc) Die unionsrechtliche Zulässigkeit einer auch mehrjährigen Übergangszeit ist nach Ansicht des Senats insbesondere dann anzuerkennen, wenn aufgrund der besonderen Rechtslage in einem Bundesland die sofortige Herstellung der Kohärenz im Glücksspielsektor nicht möglich ist, weil von diesem Bundesland erteilte Genehmigungen während ihrer Geltungsdauer aus Grün- den des Vertrauensschutzes auch bei einer Änderung der Rechtslage nicht oder nur gegen für die öffentliche Hand schwer tragbare Entschädigungszahlungen zurückgenommen werden können. So stellt sich die Rechtslage in Schleswig-Holstein dar (vgl. § 117 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 6 VwG SchleswigHolstein ), falls es zu der dort in Aussicht genommenen Gesetzesänderung kommt.
37
8. Nach Auffassung des Senats sollte die vierte Frage gegebenenfalls in der Weise beantwortet werden, dass jedenfalls eine unerhebliche Beeinträchtigung der Eignung von Beschränkungen des Internetglücksspiels, die im übrigen Bundesgebiet gelten, während der Übergangszeit nicht als unionsrechtlich relevante Inkohärenz anzusehen ist.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 22.10.2009 - 31 O 552/08 -
OLG Köln, Entscheidung vom 03.09.2010 - 6 U 196/09 -

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung, in der Betriebsstätte B. Straße ... in W. Sportwetten zu vermitteln.

2

In diesem Lokal betrieb die Klägerin die Vermittlung von Oddset-Wetten an die I. Ltd. (I. Ltd.) in G., ohne dafür über eine im Inland erteilte Erlaubnis zu verfügen. Nach Anhörung der Klägerin untersagte ihr das Landratsamt M. am Inn mit Bescheid vom 25. Juli 2006, in der Betriebsstätte Sportwetten ohne die erforderliche Erlaubnis anzunehmen, zu veranstalten und zu vermitteln, und forderte sie unter Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 1 000 € pro Betriebstag auf, die Vermittlung mit Ablauf des Tages nach Zustellung des Bescheides einzustellen. Zur Begründung verwies der Bescheid auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) i.V.m. § 284 StGB. Das Verbot sei verhältnismäßig, da eine Veranstaltungs- oder Vermittlungserlaubnis wegen des staatlichen Sportwettenmonopols nicht erteilt werden könne.

3

Die Klägerin erhob hiergegen fristgerecht Widerspruch. Ihr Eilantrag hatte in Bezug auf die Zwangsgeldandrohung Erfolg. Mit Änderungsbescheid vom 20. September 2006 erließ das Landratsamt eine neue Zwangsgeldandrohung in Höhe von 1 000 € für den Fall, dass der Betrieb nicht bis zum 21. September 2006 eingestellt werde. Auch dagegen erhob die Klägerin Widerspruch.

4

Bei einer Überprüfung am 28. September 2006 wurde festgestellt, dass in der Betriebsstätte weiterhin Sportwetten abgeschlossen werden konnten. Daraufhin stellte das Landratsamt das Zwangsgeld fällig und erließ eine weitere Zwangsgeldandrohung in Höhe von 2 000 €. Mit Schreiben vom 7. November 2006 erklärte die Klägerin, sie werde die Vermittlung einstellen und die Filiale mit Ablauf des 14. November 2006 schließen.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2006 wies die Regierung von Oberbayern die Widersprüche gegen die Bescheide vom 25. Juli und 20. September 2006 zurück. Die Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten durch die Klägerin erfülle jedenfalls den objektiven Tatbestand des § 284 i.V.m. § 27 StGB. Ob eine strafrechtliche Verurteilung möglich sei und auch subjektiv ein strafbares Verhalten vorgeworfen werden könne, sei unerheblich. Daneben könne die Anordnung auch auf § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Lotteriestaatsvertrages (LottStV) gestützt werden. Die Maßgaben, unter denen die bisherige Rechtslage nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts anwendbar bleibe, seien in Bayern erfüllt. Ermessensfehler lägen nicht vor.

6

Am 22. Januar 2007 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, die Untersagung sei auch nach den zum 1. Januar 2008 in Kraft tretenden Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags rechtswidrig. Sie habe das Zwangsgeld am 2. Februar 2007 gezahlt, könne aber weiterhin auf ihre frühere Betriebsstätte zugreifen.

7

Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat die Klage mit Urteil vom 13. November 2008 abgewiesen. Die Untersagungsverfügung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides sei nach damaliger wie nach neuer Rechtslage rechtmäßig. Eine formell illegale Vermittlung dürfe unabhängig von der Anwendbarkeit der Monopolregelung untersagt werden.

8

Während des Berufungsverfahrens hat das Landratsamt am 25. Januar 2012 die angefochtene Untersagungsverfügung vom 25. Juli 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. September 2006 durch einen neuen, auf § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV gestützten Bescheid ersetzt. Daraufhin hat die Klägerin erklärt, weder dieser neue Bescheid noch die Zwangsgeldandrohung vom 29. September 2006 sollten in das gerichtliche Verfahren einbezogen werden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof hat die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 25. Juli 2006, geändert durch Bescheid vom 20. September 2006, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2006 mit Wirkung bis zum Ergehen des Bescheides des Beklagten vom 25. Januar 2012 aufzuheben.

9

Mit Urteil vom 26. Juni 2012 hat der Verwaltungsgerichtshof antragsgemäß den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Änderungs- und des Widerspruchsbescheides aufgehoben. Wegen der Beitreibung des Zwangsgeldes habe sich die Anfechtung der Untersagung und der damit verbundenen Zwangsgeldandrohung nicht erledigt. Der Bescheid vom 25. Januar 2012 ersetze die frühere Untersagungsverfügung nur mit Wirkung für die Zukunft. Im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 25. Januar 2012 könne die Untersagung nicht auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV gestützt werden, weil ihre Begründung mit dem Sportwettenmonopol ermessensfehlerhaft sei. Der Beklagte sei zu Unrecht von der Anwendbarkeit der Monopolregelung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgegangen. Diese Regelung verletze Unionsrecht. Sie schränke die Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig ein. Wegen der gegenläufigen Regelung des gewerblichen Automatenspiels sei sie nicht geeignet, kohärent und systematisch zur Verwirklichung der mit dem Monopol verfolgten Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes beizutragen. Das Monopol unter dem am 31. Dezember 2007 ausgelaufenen Lotteriestaatsvertrag sei nicht anders zu beurteilen. Auf die verfassungsrechtliche Zulässigkeit seiner Anwendung komme es wegen des Unionsrechtsverstoßes nicht an. Ein intendiertes Ermessen liege nicht vor. Es könne nur bei Anwendbarkeit der Monopolvorschriften angenommen werden. Die Behörde habe ihre Ermessensausübung auch nicht nachträglich korrigiert und die Untersagung insbesondere nicht mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts gerechtfertigt. Unabhängig davon sei ein Nachschieben solcher Gründe nach § 114 Satz 2 VwGO unzulässig. Außerdem sei eine Untersagung nur verhältnismäßig, wenn feststehe, dass die Tätigkeit materiell nicht erlaubnisfähig sei.

10

Der Beklagte macht mit seiner Revision geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe das unionsrechtliche Kohärenzerfordernis unrichtig angewendet und übersehen, dass die Anwendung der Monopolregelung in der Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 wegen der Erfüllung der bundesverfassungsgerichtlichen Maßgaben auch unionsrechtskonform gewesen sei. Jedenfalls stünden die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit einer Untersagung nicht entgegen, wenn diese den gesetzgeberischen Spielraum für eine beabsichtigte Reform des Monopols sichern solle. Dazu regt der Beklagte eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union an. Für die vorgeschlagene Formulierung der Vorlagefrage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16. April 2013 verwiesen. In diesem Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt, soweit er den Zeitraum vom 3. Februar 2007 bis zum 25. Januar 2012 betrifft.

11

Der Beklagte beantragt nunmehr,

bezüglich des nicht von der Teilerledigung betroffenen Zeitraums bis zum 2. Februar 2007 das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2012 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. November 2008 zurückzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt,

die Revision insoweit zurückzuweisen.

13

Sie verteidigt das angegriffene Urteil bezüglich des noch verfahrensgegenständlichen Zeitraums.

Entscheidungsgründe

14

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit - für die Zeit vom 3. Februar 2007 bis zum 25. Januar 2012 - übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2012 und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. November 2008 sind insoweit wirkungslos.

15

Bezüglich des noch nicht erledigten Teils des Streitgegenstandes ist die Revision des Beklagten unbegründet. Insoweit hat der Verwaltungsgerichtshof der Berufung der Klägerin zu Recht stattgegeben. Zwar beruht seine Entscheidung auf einer teils unzutreffenden Konkretisierung des unionsrechtlichen Kohärenzerfordernisses. Seine Annahme, der Bescheid vom 25. Juli 2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 20. September 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2006 sei im Zeitraum bis zum 2. Februar 2007 wegen eines Verstoßes gegen die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) rechtswidrig gewesen und habe die Klägerin in ihren Rechten verletzt, erweist sich aber aus anderen Gründen als richtig (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO).

16

1. Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf den verfahrensgegenständlichen Zeitraum die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO für zulässig gehalten. Ihre Statthaftigkeit ist nicht wegen endgültiger Erledigung des angefochtenen Bescheides entfallen. Das angegriffene Urteil geht revisionsrechtlich fehlerfrei davon aus, dass die neue Untersagungsverfügung vom 25. Januar 2012 und die damit verbundene Zwangsgeldandrohung den Bescheid vom 26. Juli 2006 in der Gestalt des dazu ergangenen Änderungs- und Widerspruchsbescheides nicht aufgehoben, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft ersetzt haben. Ob der Bescheid vom 26. Juli 2006 sich für den Zeitraum vom 3. Februar 2007 bis zum 25. Januar 2012 erledigt hat, kann offenbleiben, weil das Verfahren insoweit eingestellt wurde. Für den noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 26. Juli 2006 bis zum 2. Februar 2007 ist jedenfalls noch keine Erledigung eingetreten. Allerdings erledigen sich glücksspielrechtliche Untersagungen als Dauerverwaltungsakte regelmäßig von Tag zu Tag fortlaufend für die jeweilige Vergangenheit, da ein Verbot nicht rückwirkend befolgt oder missachtet werden kann. Doch tritt keine Erledigung ein, wenn und soweit die Untersagung für einen inzwischen abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet (Urteile vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 - juris Rn. 15 und vom 16. Mai 2013 - BVerwG 8 C 14.12 - Rn. 18; Beschluss vom 5. Januar 2012 - BVerwG 8 B 62.11 - NVwZ 2012, 510 ). Das ist der Fall, wenn sie - wie hier - die Rechtsgrundlage eines Vollzugsakts bildet, der bei ihrer Aufhebung rückgängig zu machen ist. Die Untersagungsverfügung vom 25. Juli 2006 liegt der Verwaltungsvollstreckung mittels Zwangsgeldes zugrunde, die mit dessen Einziehung am 2. Februar 2007 endete. Die mit der Untersagung verbundene, mit Änderungsbescheid vom 20. September 2006 modifizierte Zwangsgeldandrohung hat sich ebenfalls noch nicht erledigt. Sie entfaltet nach wie vor rechtliche Wirkung als Grundlage der Fälligstellung und Einziehung des von der Klägerin gezahlten Zwangsgeldes. Werden die Untersagung und die Zwangsgeldandrohung aufgehoben, entfällt nachträglich der Rechtsgrund für die Zwangsgelderhebung, so dass die Klägerin die Rückabwicklung der Zahlung verlangen kann.

17

2. Der Verwaltungsgerichtshof ist auch im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Anfechtungsklage bezüglich des noch verfahrensgegenständlichen Zeitraums begründet ist. Der Bescheid vom 25. Juli 2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 20. September 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2006 waren in der Zeit bis zum 2. Februar 2007 rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

18

Für die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung ist unerheblich, ob als Ermächtigungsgrundlage Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG i.V.m. §§ 284, 27 StGB oder die im Widerspruchsbescheid alternativ herangezogene Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LottStV einschlägig war. Zwar sind die Tatbestandsvoraussetzungen beider Regelungen erfüllt, weil die Klägerin Sportwetten vermittelte, obwohl weder sie selbst noch das Wettunternehmen, dessen Wetten sie vertrieb, über eine inländische Erlaubnis verfügten. Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielrechts war der Beklagte auch nicht verpflichtet, die dem Wettunternehmen in G. erteilte Erlaubnis anzuerkennen.

19

Die Entscheidung, die hiernach unerlaubte Tätigkeit zu untersagen, stand nach beiden Ermächtigungsgrundlagen im Ermessen des Beklagten. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass dieser sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe. Hiergegen wendet sich die Revision des Beklagten ohne Erfolg. Eine Ermessensausübung war auch nicht etwa entbehrlich, weil der Ermessensspielraum des Beklagten auf Null reduziert und dieser zu einer Untersagung verpflichtet gewesen wäre. Ein intendiertes Ermessen und eine Ermessensreduzierung auf Null hat der Verwaltungsgerichtshof revisionsrechtlich fehlerfrei verneint.

20

Der Beklagte hat seine Ermessensentscheidung, die unerlaubte Tätigkeit der Klägerin zu verbieten, im angegriffenen Bescheid maßgeblich damit begründet, dass die erforderliche Erlaubnis wegen des staatlichen Sportwettenmonopols nicht erteilt werden könne. Das ergibt sich aus der berufungsgerichtlichen Auslegung des Bescheides, die revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Der Widerspruchsbescheid modifiziert die ursprünglichen Erwägungen im Ausgangsbescheid nur insoweit, als er zur Rechtfertigung des Einschreitens auf die Erfüllung der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <319>) verweist. Dabei stellt er nicht auf monopolunabhängige Gesichtspunkte der Gefahrenabwehr ab, sondern nach wie vor maßgeblich auf die fehlende Erlaubnisfähigkeit einer Vermittlung an andere Unternehmen als den Monopolanbieter.

21

Diese Erwägungen waren rechtsfehlerhaft, da sie zu Unrecht von der Anwendbarkeit der Monopolregelung (vgl. § 5 Abs. 4 LottStV) ausgingen. Wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend ausführt, war die Monopolregelung unanwendbar, weil sie den unionsrechtlichen Kohärenzanforderungen nicht genügte und deshalb die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig beschränkte (a). Zwar hat das Berufungsgericht insofern allein auf Umstände abgestellt, die diesen Schluss nicht rechtfertigen (b). Seine Entscheidung erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (c). Das kann der Senat beurteilen, ohne dass es einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union bedürfte (d).

22

a) Der persönliche Anwendungsbereich der Niederlassungs- wie der Dienstleistungsfreiheit ist eröffnet, da die Klägerin nach deutschem Recht gegründet wurde und ihren Sitz im Inland hat. Ob der sachliche Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1 AEUV einschlägig ist oder - sofern das Wettbüro der Klägerin nicht als inländische Präsenz des Wettunternehmers anzusehen war - subsidiär die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 und 3 AEUV eingreift, kann offenbleiben. Die Monopolregelung beschränkt beide Freiheiten. In ihrem räumlichen, inländischen Geltungsbereich schließt sie das Veranstalten von Wetten durch andere als den Monopolträger aus. Darüber hinaus lässt sie eine Wettvermittlung an andere Wettunternehmen als den Monopolanbieter nicht zu. Die unionsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung der Beschränkung sind ebenfalls für beide Grundfreiheiten deckungsgleich. Die Beschränkung muss das Diskriminierungsverbot beachten sowie nach Art. 51 f. i.V.m. Art. 62 AEUV oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten, unionsrechtlich legitimen Ziels zu gewährleisten. Außerdem darf sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 ).

23

Das staatliche Sportwettenmonopol, das im Freistaat Bayern bis zum 30. Dezember 2007 nach Maßgabe des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland vom 13. Februar 2004 (Lotteriestaatsvertrag) - LottStV - (BayGVBl S. 230) und des Gesetzes über die vom Freistaat Bayern veranstalteten Lotterien und Wetten vom 29. April 1999 - Staatslotteriegesetz - (BayGVBl S. 226) ausgestaltet war, beschränkte die Dienstleistungsfreiheit. Da es die Veranstaltung von Sportwetten dem staatlichen Monopolträger vorbehielt, ließ es eine Vermittlung von Sportwetten an Wettanbieter im EU-Ausland nicht zu.

24

Zu Recht ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass diese Beschränkung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden konnte, weil sie unverhältnismäßig war. Er hat auch zutreffend angenommen, dass das unionsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgebot eine kohärente Ausgestaltung des Monopols verlangt, und dass sich innerhalb des Kohärenzgebots zwei Anforderungen unterscheiden lassen. Der Mitgliedstaat muss zum einen unionsrechtlich legitime Ziele - wie etwa den Schutz der Verbraucher, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen - im Anwendungsbereich der Regelung tatsächlich verfolgen. Er darf nicht "scheinheilig" legitime Ziele vorgeben, in Wahrheit aber andere - namentlich fiskalische - Ziele anstreben, die die Beschränkung nicht legitimieren können (EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 67 ff. und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8096 Rn. 88 ff. sowie - Rs. C-46/08, Carmen Media - Slg. 2010, I-8175 Rn. 55, 64 ff.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 45). Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Damit verlangt das Kohärenzgebot weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 95 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 62 f.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 45 m.w.N.). Bedeutung gewinnt das namentlich in Mitgliedstaaten wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Länder mit je eigener Gesetzgebungsautonomie gehört (vgl. Art. 28 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG). Jedoch führt es zur Inkohärenz der Monopolregelung, wenn in anderen Glücksspielsektoren - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 106 und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 68 f.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O.; vgl. Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 82 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 272).

25

b) Das Berufungsgericht hat allein auf die zweite Anforderung des Kohärenzgebots abgestellt, dabei aber unzutreffend angenommen, dass sie eine systematisch am Monopolziel der Suchtbekämpfung orientierte, aufeinander abgestimmte Regelung sämtlicher Glücksspielbereiche verlangt. Diese Annahme findet in Art. 56 AEUV und dessen Auslegung durch die einschlägigen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union keine Grundlage. Zwar reicht zur Prüfung der Geeignetheit des Monopols eine sektorale, auf den Monopolbereich beschränkte Kohärenzprüfung nicht aus. Vielmehr sind auch die Auswirkungen einer etwa gegenläufigen Regelung anderer Glücksspielsektoren mit mindestens gleich hohem Suchtpotenzial zu berücksichtigen. Damit wird der Prüfungsgegenstand jedoch weder von der Verhältnismäßigkeit der Monopolregelungen auf die Verhältnismäßigkeit der anderen Regelungen erweitert, noch setzt die Kohärenz des Monopols eine kohärente Regelung der anderen Bereiche voraus. Erst recht bedarf es keines gebiets- und zuständigkeitsübergreifend konzipierten Systems aufeinander abgestimmter Regelungen im Sinne einer sämtliche Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz. Eine solche Konkretisierung ließe unberücksichtigt, dass die Verhältnismäßigkeit für jede Beschränkung gesondert zu prüfen ist (EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04, Placanica u.a. - Slg. 2004, I-1932 Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 93), und verlöre den Gegenstand der Prüfung - die Geeignetheit der Monopolregelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten legitimen Ziele - aus dem Blick. Außerdem stieße sie auf verfassungs- und unionsrechtliche Bedenken. Wegen des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung der Europäischen Union ist der demokratisch legitimierte, mitgliedstaatliche Gesetzgeber im nicht harmonisierten Glücksspielrecht grundsätzlich frei, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, die mit der Glücksspielpolitik verfolgten Ziele festzulegen und einzelne Glücksspielbereiche aufgrund seiner parlamentarischen Einschätzungsprärogative entsprechend auszugestalten (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 76 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 45 f., 58). Dies gilt bei bundesstaatlich verfassten Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer föderalen Kompetenzordnung für jeden im Mitgliedstaat tätigen Gesetzgeber. Die unionsrechtlichen Grundfreiheiten begrenzen diese Befugnis und verbieten unverhältnismäßige Beschränkungen. Sie verpflichten den Mitgliedstaat jedoch nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen.

26

Nach der unionsgerichtlichen Rechtsprechung liegt eine Inkohärenz wegen konterkarierender Regelungen nicht schon vor, wenn in einem anderen Glücksspielbereich mit gleichem oder höherem Suchtpotenzial eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Politik verfolgt wird, sondern ausdrücklich nur, wenn dies zur Folge hat, dass das der Errichtung des Monopols zugrunde liegende Ziel mit diesem nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 106 und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 68). Entgegen der Annahme des Berufungsurteils und der Auffassung der Klägerin ist eine Folgenbetrachtung also nicht entbehrlich. Da die Monopolregelung allein in ihrem Anwendungsbereich wirksam werden kann, können Beeinträchtigungen ihrer Wirksamkeit nur dort ermittelt werden. Danach kommt es auf die Rückwirkungen der gegenläufigen Glücksspielpolitik im anderen Glücksspielsektor auf den Monopolbereich an. Festgestellt werden muss, inwieweit diese Glücksspielpolitik die Wirksamkeit der Monopolregelung und deren Beitrag zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele beeinträchtigt. Darin liegt keine Rückkehr zu einer unzureichenden sektoralen Kohärenzprüfung. Diese blendete mögliche Folgen einer Expansionspolitik in anderen Glücksspielbereichen für den Bereich der Sportwetten aus; die intersektorale Kohärenzprüfung bezieht sie dagegen mit ein. Sie lehnt nur die weitergehende Forderung nach einer alle Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz ab, da für die Geeignetheit der Monopolregelung nur ihr eigener Beitrag zur Zielverwirklichung maßgeblich ist.

27

Zur Widerlegung dieser speziell zum Glücksspielrecht entwickelten Konkretisierung des Kohärenzgebots ist die im angegriffenen Urteil zitierte ältere Rechtsprechung zur Dienstleistungsfreiheit nicht geeignet. Auch auf den Vortrag der Klägerin, der Pressemitteilung des Gerichtshofs sei Gegenteiliges zu entnehmen, kommt es mangels rechtlicher Verbindlichkeit solcher Mitteilungen nicht an. Maßgebend sind die einschlägigen Entscheidungen selbst. Ihre Tenorierung lässt keinen Zweifel daran, dass aus der Feststellung einer gegenläufigen Glücksspielpolitik in einem anderen Bereich mit gleichem oder höherem Suchtpotenzial noch keine Inkohärenz der Monopolregelung folgt. Den Entscheidungsformeln zufolge kann das vorlegende Gericht, wenn es eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Expansionspolitik im Bereich anderer, nicht monopolisierter Glücksspiele mit höherem Suchtpotenzial feststellt, berechtigten Anlass zur Schlussfolgerung haben, das Monopol sei nicht mehr geeignet, das Erreichen des mit ihm verfolgten Ziels dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (jeweils a.a.O. Leitsatz 1 d) bzw. Leitsatz 2). Danach ist diese Schlussfolgerung nicht zwingend, sondern nur möglicherweise gerechtfertigt. Ob sie zu ziehen ist, ergibt sich nach den Entscheidungsgründen erst aus der Prüfung, ob das Monopol trotz der gegenläufigen Regelung des anderen Glücksspielbereichs noch wirksam zur Verwirklichung der mit ihm verfolgten Ziele beitragen kann. Dies festzustellen, hat der Gerichtshof den mitgliedstaatlichen Gerichten überlassen (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 98, 106 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 65, 68, 71).

28

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Monopolregelung sei inkohärent gewesen, trifft für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum bis zum 2. Februar 2007 jedoch aus anderen Gründen zu. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (- 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276) ist davon auszugehen, dass das bayerische Sportwettenmonopol unter dem Lotteriestaatsvertrag schon die erste der beiden Kohärenzanforderungen nicht erfüllte, weil es nach seiner normativen Ausgestaltung und der damaligen Praxis nicht die vorgeblichen, unionsrechtlich legitimen Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes verfolgte. Zwar nahmen § 1 Nr. 1 und 2, § 4 LottStV diese Ziele auf. Es fehlten jedoch Regelungen, die gewährleisteten, dass das Monopol auch in der Praxis konsequent an den mit ihm verfolgten legitimen Zielen ausgerichtet wurde (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O.). Solcher Regelungen hätte es auch zur Rechtfertigung des Eingriffs in die Dienstleistungsfreiheit bedurft. Unionsrechtlich muss die Schaffung eines Monopols mit der Errichtung eines normativen Rahmens einhergehen, mit dem sich gewährleisten lässt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, das festgelegte Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 83). Daran fehlte es im verfahrensgegenständlichen Zeitraum.

29

Wie das Bundesverfassungsgericht im Einzelnen ausführt, gewährleistete die rechtliche Ausgestaltung des Wettmonopols unter dem Lotteriestaatsvertrag nicht ausreichend, dass das staatliche Wettangebot konsequent in den Dienst einer aktiven Suchtbekämpfung gestellt wurde und ein Konflikt mit fiskalischen Interessen des Staates nicht zu deren Gunsten ausging. Art. 4 des bayerischen Staatslotteriegesetzes vom 29. April 1999 (BayGVBl S. 226) enthielt nur rudimentäre Regelungen zur inhaltlichen Ausgestaltung des Monopolangebots, wobei die Verpflichtung zur Ausschüttung von mindestens der Hälfte des Spielkapitals für Oddset-Wetten nicht galt (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 12). Den Vorschriften des Lotteriestaatsvertrags, der in Bayern mit Ausführungsgesetz vom 23. November 2004 (BayGVBl S. 442) umgesetzt wurde, waren ebenfalls keine ausreichenden Regelungen zur konsequenten Ausrichtung des Monopols an den Zielen der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes zu entnehmen. Insbesondere fehlten Vorschriften, die eine Beachtung der Grenzen zulässiger Werbung gewährleisteten. Verfassungs- wie unionsrechtlich war Werbung für das Monopolangebot mit den legitimen Zielen des Monopols nur zu vereinbaren, wenn sie sich auf sachliche Hinweise und Informationen über legale Gelegenheiten zum Wetten beschränkte und die vorhandene Nachfrage kanalisierte. Dagegen durfte sie nicht expansiv auf eine Vergrößerung der Nachfrage gerichtet sein und zur Teilnahme am Glücksspiel ermuntern oder anreizen. Unzulässig war deshalb insbesondere, dem Wetten durch Hinweise auf eine gemeinnützige Verwendung der Einnahmen ein positives Image zu verleihen oder die Anziehungskraft des Wettens durch zugkräftige Werbebotschaften zu erhöhen, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellten (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 103, 106 und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 68 f. sowie vom 15. September 2011 - Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer - juris Rn. 68 f.; BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 313 f., 318; vgl. zum Gleichlauf der verfassungs- und unionsrechtlichen Anforderungen a.a.O. S. 316). Die Erfüllung dieser Anforderungen war seinerzeit rechtlich nicht gesichert. Die einschlägigen Regelungen in § 4 LottStV verboten zwar irreführende und unangemessene Werbung, schlossen eine ausschließlich am Ziel expansiver Vermarktung orientierte Werbung jedoch nicht aus (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 313).

30

Die erheblichen normativen Defizite der Monopolregelung wurden bis zum 30. Dezember 2007 nicht beseitigt. Zwar änderte § 5 des bayerischen Nachtragshaushaltsgesetzes - NHG - vom 9. Mai 2006 (BayGVBl S. 193) Art. 2 Abs. 5 des bayerischen Staatslotteriegesetzes vom 29. April 1999 (BayGVBl S. 226) insoweit, als der staatlichen Lotterieverwaltung die Übertragung der Durchführung von Glücksspielen auf eine juristische Person des Privatrechts nicht mehr nur unter der Bedingung erlaubt wurde, dass der Freistaat Bayern deren alleiniger Gesellschafter war. Die Regelungen zum staatlichen Veranstaltungsmonopol in Art. 2 Abs. 1 und 4 des Staatslotteriegesetzes blieben jedoch unverändert. Das Monopol wurde - unstreitig - auch faktisch aufrechterhalten. Die unzureichenden Regelungen zur Ausgestaltung des Lotterie- und Wettangebots, zum Vertrieb und zur zulässigen Werbung blieben unverändert. Sie konnten damit nach wie vor nicht sicherstellen, dass die Monopolpraxis den legitimen Monopolzielen entsprach. Schließlich war mangels Einschaltens einer neutralen Kontrollinstanz (dazu BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 312) weiterhin nicht gewährleistet, dass fiskalische Interessen hinter das Ziel der Suchtbekämpfung zurücktraten.

31

Dass das Bundesverfassungsgericht die Monopolregelung nicht für nichtig, sondern nur für verfassungswidrig erklärt und ihre übergangsweise Anwendung bis längstens zum 30. Dezember 2007 unter bestimmten Maßgaben zugelassen hat (BVerfG a.a.O. S. 319), kann die Anwendung der Regelung vor dem Unionsrecht nicht rechtfertigen. Auf den Vortrag des Beklagten, er habe die bundesverfassungsgerichtlichen Maßgaben rechtzeitig und vollständig umgesetzt, kommt es deshalb nicht an. Die Erfüllung dieser Maßgaben konnte die Defizite der normativen Ausgestaltung des Monopols weder beheben noch vollständig kompensieren. Die Maßgaben zielten allein darauf, ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen legitimen gesetzlichen Zielen und tatsächlicher Ausübung des Monopols herzustellen. Im Übrigen beschränkten sie sich auf die Forderung, in der Übergangszeit bereits mit einer konsequenten Ausrichtung des Monopols an der Suchtbekämpfung zu beginnen (BVerfG a.a.O.). Das lässt erkennen, dass ihre Erfüllung auch nach der Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts noch keinen verfassungsmäßigen Zustand herstellte. Sie ließ nur eine befristete weitere Anwendung der verfassungswidrigen Norm als verfassungsrechtlich hinnehmbar erscheinen (BVerfG a.a.O. S. 317, 319; vgl. Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 ).

32

Unionsrechtlich war die übergangsweise Anwendung der unverhältnismäßigen Monopolregelung ohnedies nicht gerechtfertigt. Die Anordnung des Bundesverfassungsgerichts reichte dazu nicht aus. Die übergangsweise Anwendung unionsrechtswidriger Vorschriften kann nur nach Maßgabe des Unionsrechts legitimiert werden. Die Voraussetzungen dafür lagen nicht vor (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010, I-8015 Rn. 60 ff., 67 ff.). Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 24. Januar 2013 (- Rs. C-186/11 u.a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - NVwZ 2013, 785 ) keine solche unionsrechtliche Rechtfertigung. Diese Entscheidung bestätigt vielmehr unter Hinweis auf das eben zitierte Urteil vom 8. September 2010 ausdrücklich, dass ein unionsrechtswidriges Glücksspielmonopol auch nicht übergangsweise weiter angewendet werden darf (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O. Rn. 38 f., 42). Der Mitgliedstaat ist allerdings nicht zu einer Liberalisierung verpflichtet. Er kann sich auch dafür entscheiden, das Monopol unionsrechtskonform zu reformieren (a.a.O. Rn. 46). Jedenfalls ist er aber bei Unionsrechtswidrigkeit des Monopols verpflichtet, Erlaubnisanträge anderer Glücksspielanbieter auch während der Übergangszeit bis zu einer Neuregelung zu prüfen und gegebenenfalls nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu bescheiden (a.a.O. Rn. 39, 48).

33

Da die unionsrechtliche Unverhältnismäßigkeit der Monopolregelung im Übergangszeitraum sich schon aus ihren normativen Defiziten ergibt, kann die Reichweite der Bindungswirkung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 im Übrigen dahinstehen. Insbesondere muss nicht geklärt werden, ob sie sich nach § 31 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) auf dessen Einschätzung erstreckt, die breit angelegte Werbung im Rahmen der über den Deutschen Lotto- und Totoblock bundesweit koordinierten Veranstaltung von ODDSET habe die Grenzen zulässiger Werbung auch faktisch nicht gewahrt, da sie das Wetten als sozialadäquate, wenn nicht sogar positiv bewertete Unterhaltung darstellte und eine fiskalische Ausrichtung des Monopols erkennen ließ (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 314).

34

Auf die Verfahrensrügen gegen die Annahme einer intersektoralen Inkohärenz kommt es nicht an, weil die Rechtswidrigkeit des Monopols sich bereits unabhängig von der Glücksspielpolitik in anderen Glücksspielsektoren aus der rechtswidrigen Ausgestaltung des Monopols selbst ergibt.

35

d) Zu einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union besteht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV kein Anlass. Die Anforderungen, die Art. 56 AEUV an die normative Ausgestaltung des Monopols eines Glücksspielmonopols stellt, und die Grenzen zulässiger Werbung sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs so weit geklärt, dass in den hier entscheidungserheblichen Fragen kein Raum für vernünftige Zweifel bleibt. Auch das Erfordernis intersektoraler Kohärenz einer Monopolregelung ist in der unionsgerichtlichen Rechtsprechung klar und eindeutig konkretisiert. Im Übrigen kommt es auf dieses Erfordernis für die Entscheidung nicht an, da das Urteil des Berufungsgerichts sich bezüglich des noch verfahrensgegenständlichen Zeitraums aus anderen, davon unabhängigen Gründen als richtig erwiesen hat. Die von dem Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Niederlassungsfreiheit eine Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in der Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 verboten habe, ist mangels Entscheidungserheblichkeit ebenfalls nicht dem Gerichtshof vorzulegen. Die angegriffene Untersagungsverfügung wurde im hier maßgeblichen Zeitraum bis zum 2. Februar 2007 nicht mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts, also der formellen und materiellen Illegalität der konkreten Tätigkeit begründet, sondern mit dem verfassungs- und unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopol. Sofern der Beklagte die Ermessenserwägungen mit seiner Berufungserwiderung rückwirkend auswechseln wollte, wäre dies verwaltungsverfahrensrechtlich unzulässig, da es jedenfalls die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigte (zu diesem Kriterium vgl. Urteile vom 14. Oktober 1965 - BVerwG 2 C 3.63 - BVerwGE 22, 215 <218> = Buchholz 232 § 32 BBG Nr. 14, vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 <59> = Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 25 und vom 29. Januar 2001 - BVerwG 11 C 3.00 - Buchholz 401.64 § 6 AbwAG Nr. 3). Diese müsste für einen weit zurückliegenden, erheblichen Zeitraum erstmals die Rechtswidrigkeit sämtlicher monopolunabhängigen materiellrechtlichen Erlaubnisanforderungen dartun oder darlegen, dass ihre Tätigkeit all diese Anforderungen erfüllte. Auf Bedenken, ob die Untersagung bei Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit des Monopols trotz Fehlens eines unionsrechtskonformen Erlaubnisverfahrens für Private im Übergangszeitraum mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts hätte begründet werden dürfen, kommt es nicht an. Selbst wenn eine solche Untersagung rechtmäßig möglich gewesen wäre, würde dies die tatsächlich getroffene, fehlerhafte Ermessensentscheidung noch nicht rechtmäßig machen.

36

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 VwGO.

37

Bezüglich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Verfahrens waren die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes der Klägerin aufzuerlegen, weil diese bei streitiger Entscheidung voraussichtlich unterlegen wäre. Wegen der fortlaufenden Erledigung der Untersagung nach Abschluss der Verwaltungsvollstreckung wäre bezüglich des Zeitraums seit dem 2. Februar 2007 keine Anfechtungsklage, sondern nur eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft gewesen. Das für ihre Zulässigkeit erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse liegt jedoch nicht vor. Auf ein Rehabilitierungsinteresse hätte die Klägerin sich nicht berufen können, da die Feststellung der Erfüllung eines objektiven Straftatbestandes keine stigmatisierende Wirkung hat. Eine Wiederholungsgefahr fehlt schon wegen der Rechtsänderung infolge der Umsetzung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages im Freistaat Bayern zum 1. Juli 2012. Ein Präjudizinteresse ist ebenfalls nicht zu erkennen:

38

Für die Zeit bis zum Ergehen der unionsgerichtlichen Entscheidungen zu den deutschen Sportwettenmonopolen vom 8. September 2010 und der Konkretisierung ihrer Vorgaben durch die Entscheidungen des Senats vom 24. November 2010 fehlt es an einer rechtswidrig-schuldhaften Amtspflichtverletzung und einem hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht (vgl. das in einem Parallelverfahren der Klägerin ergangene Urteil vom 20. Juni 2013 - BVerwG 8 C 39.12 - Rn. 43. ff.). Für den anschließenden Zeitraum bis zum 25. Januar 2012 ist jedenfalls die Kausalität einer etwaigen Rechtswidrigkeit des Monopols für einen etwa geltend zu machenden Schaden zu verneinen (a.a.O. Rn. 46 ff.). Bei Ermessensentscheidungen fehlt die Kausalität, wenn nicht auszuschließen ist, dass der Schaden auch bei ermessensfehlerfreier Entscheidung herbeigeführt worden wäre. So liegt es hier. Eine Untersagung zur Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts wäre unabhängig von der Wirksamkeit und Anwendbarkeit der Monopolregelung ermessensfehlerfrei möglich gewesen, da der Erlaubnisvorbehalt nach der Öffnung des Erlaubnisverfahrens für Private unionsrechtskonform durchgesetzt werden konnte und die Tätigkeit der Klägerin ihrerseits verfassungs- und unionsrechtskonforme, monopolunabhängige materielle Erlaubnisvoraussetzungen zur Gewährleistung des Spieler- und Jugendschutzes nicht offensichtlich erfüllte. Die Verwaltungspraxis der zuständigen Behörde gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sie die unerlaubte Tätigkeit in Kenntnis einer solchen Möglichkeit geduldet hätte.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Ordnungsverfügung, mit der ihr die Vermittlung von Sportwetten an einen privaten Wettanbieter untersagt worden war.

2

In ihrer früheren Betriebsstätte in der H...straße ... in M. vermittelte die Klägerin Sportwetten an die I. ... Ltd. (I... Ltd.) mit Sitz in Gibraltar, die ebenso wie die Klägerin nicht über eine im Inland erteilte Erlaubnis verfügte. Mit sofort vollziehbarer Ordnungsverfügung vom 18. April 2006 untersagte die Beklagte der Klägerin diese Tätigkeit und gab ihr auf, den Betrieb bis zum 30. April 2006 einzustellen. Zugleich drohte sie ihr unmittelbaren Zwang an. Die Beklagte stützte die Untersagung auf § 14 des Ordnungsbehördengesetzes (OBG NW) i.V.m. § 284 StGB und führte aus, die erforderliche Erlaubnis könne wegen des staatlichen Sportwettenmonopols nicht erteilt werden. Ein Eilantrag der Klägerin blieb erfolglos. Um Zwangsmaßnahmen abzuwenden, stellte sie die Wettannahme am 6. Juli 2006 ein und schloss die Betriebsstätte am 12. Juli 2006. Ihren Widerspruch gegen die Ordnungsverfügung wies die Bezirksregierung D... mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2006 zurück. Die dagegen erhobene Anfechtungsklage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. November 2007 abgewiesen. Eine Klage auf Entschädigung und Schadensersatz wies das Landgericht Mönchengladbach mit Urteil vom 4. Dezember 2007 ebenfalls ab. Zur Begründung führte es aus, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürften die Ordnungsbehörden die Monopolregelung trotz deren Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit während einer Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 weiter anwenden. Das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf wurde wegen des vorliegenden Verfahrens ausgesetzt.

3

Während des Berufungsverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht hat die Klägerin am 27. August 2010 ihr Ladenlokal nach Kündigung des Mietverhältnisses zum 30. September 2010 geräumt. Anschließend hat sie ihre Klage - sinngemäß - auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag für die Zeit vom 18. April 2006 bis zum 27. August 2010 umgestellt.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung stattgegeben und festgestellt, die Ordnungsverfügung vom 18. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2006 sei im gesamten von der Klage erfassten Zeitraum rechtswidrig gewesen. Der angegriffene Bescheid habe sich mit der Aufgabe der Betriebsstätte am 27. August 2010 endgültig erledigt. Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfügung folge aus ihrem Präjudizinteresse im Hinblick auf den anhängigen Staatshaftungsprozess. Im Zeitpunkt der Erledigung sowie im vorhergehenden Zeitraum seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages (Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 31. Juli 2007 - GlüStV , GV NRW S. 454) und seiner Umsetzung in Nordrhein-Westfalen zum 1. Januar 2008 (Gesetz des Landes Nordrhein-Westfalen zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 30. Oktober 2007, GV NRW S. 445) sei die Untersagung der Sportwettenvermittlung ermessensfehlerhaft gewesen. Die Beklagte sei zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der Tatbestand der Untersagungsermächtigung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV wegen Fehlens der nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderlichen Erlaubnis erfüllt gewesen sei. Die Beklagte habe aber ihr Ermessen, die unerlaubte Vermittlung zu untersagen, fehlerhaft ausgeübt. Sie habe zu Unrecht angenommen, die für die Vermittlung erforderliche Erlaubnis könne schon wegen des Sportwettenmonopols nicht erteilt werden. Die Monopolregelung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV sei unanwendbar, weil sie die unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit verletze. Zwar verfolge sie mit der Suchtbekämpfung und dem Jugend- und Spielerschutz unionsrechtlich legitime Ziele. Sie sei aber unverhältnismäßig, weil sie inkohärent und daher ungeeignet sei, die Verwirklichung dieser Ziele zu gewährleisten. Das ergebe sich schon aus der unzulässigen Werbepraxis, die systematisch zum Wetten anreize und ermuntere. Aus unionsrechtlicher Sicht seien dabei auch die nordrhein-westfälische Lotto-Werbung und die im Deutschen Lotto- und Totoblock koordinierte Werbung anderer Monopolträger im Bundesgebiet zu berücksichtigen. Systematisch unzulässige Werbung werde vor allem mit den Jackpot-Werbekampagnen betrieben. Auch die Hinweise auf eine gemeinnützige Verwendung eines Teils der Wetteinsätze ("Lotto-Hilft"-Kampagnen) gingen regelmäßig über eine zulässige Kanalisierung vorhandener Wettleidenschaften hinaus. Ebenso entfalteten Pressemitteilungen über glückliche Lottomillionäre, die Art und Weise der öffentlichen Ermittlung von Gewinnzahlen vor laufenden Fernsehkameras sowie die Präsentation der Lotto-Glücksspirale vor der Hauptausgabe der Tagesschau mit der Werbung für eine Sofortrente in Höhe von 7 500 € unzulässige Anreizwirkung. In der Vergangenheit hätten die Monopolanbieter solche Formen unzulässiger Werbung noch extensiver betrieben. Unabhängig davon führe auch die den Monopolzielen zuwiderlaufende Glücksspielpolitik im Bereich des gewerblichen Automatenspiels zur Inkohärenz. Dieser Bereich sei der wirtschaftlich bedeutendste Glücksspielsektor und weise das höchste Suchtpotenzial auf. Dennoch werde dort seit der 5. Novellierung der Spielverordnung (Fünfte Verordnung zur Änderung der Spielverordnung vom 17. Dezember 2005, BGBl I S. 3495; vgl. die Bekanntmachung der seit dem 1. Januar 2006 geltenden Neufassung der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit vom 27. Januar 2006, BGBl I S. 280) eine den Zielen der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes widersprechende Expansionspolitik verfolgt. Die Neufassung der Spielverordnung und deren Umsetzung in der Praxis hätten zu einer erheblichen Ausweitung der Spielgelegenheiten, zu einer zunehmenden Anonymisierung und zur Senkung der Hemmschwellen geführt, ohne dass dies durch spielerschützende Maßnahmen ausreichend ausgeglichen worden wäre. Daraus habe sich ein beträchtliches Umsatzwachstum ergeben, das in erheblichem Maß zulasten der Suchtgefährdeten gehe. Präventive Bemühungen blieben weitgehend wirkungslos. Ob die Monopolregelung zumindest in ihrem Teilsegment und damit teilweise geeignet sei, die Monopolziele zu verwirklichen, könne dahinstehen. Bei einem so widersprüchlichen Schutzkonzept komme es darauf nicht an. Eine Folgenabschätzung im Sinne der Ermittlung von Abwanderungsbewegungen aus dem Monopolbereich in den Automatensektor sei ebenfalls entbehrlich. Selbst wenn sie erforderlich sein sollte, ließen die vorliegenden Untersuchungen zumindest erkennen, dass mögliche Folgewirkungen der Liberalisierung des gewerblichen Automatenspiels auch und gerade den Markt der Sportwetten beträfen und dass dessen Umsatzeinbuße hinsichtlich der problematischen Spielerklientel zulasten einer wachsenden Abwanderung in den "illegalen" Anbieterbereich und das zunehmend expandierende Segment der gewerblichen Geldspielautomaten gehe. Dies bestätige, dass sich Spielsucht nur als solche, also auf den gesamten Glücksspielmarkt bezogen, bekämpfen lasse. Verfassungsrecht stehe der nach dem Unionsrecht erforderlichen kompetenz- und länderübergreifenden Betrachtung nicht entgegen. Der Ermessensfehler der angegriffenen Untersagungsverfügung sei weder unbeachtlich, noch könne er im vorliegenden Verfahren geheilt werden. Der glücksspielrechtliche Erlaubnisvorbehalt sei zwar wirksam und anwendbar. Er rechtfertige eine vollständige Untersagung aber nur bei Fehlen der Erlaubnisfähigkeit. Die Erledigung der Untersagungsverfügung und das Verbot eines nachträglichen Austauschs der Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren nach § 114 Satz 2 VwGO schlössen eine Heilung des Ermessensfehlers aus.

5

Im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2007 sei die Untersagungsverfügung ebenfalls rechtswidrig gewesen. Das Sportwettenmonopol habe schon nach der damaligen Rechtslage unter dem Lotteriestaatsvertrag (Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland vom 13. Februar 2004 GV NRW S. 315) die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit verletzt. Das ergebe sich aus den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zu den parallelen verfassungsrechtlichen Anforderungen in Bezug auf das bayerische Sportwettenmonopol. Sie seien auf die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen übertragbar. Das Bundesverfassungsgericht habe zwar eine übergangsweise Anwendung der Monopolregelung bis Ende 2007 zugelassen. Das schließe den unionsrechtlichen Anwendungsvorrang jedoch nicht aus. Eine unionsrechtliche Übergangsregelung fehle.

6

Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, das Berufungsgericht sei verfahrensfehlerhaft von einer Erledigung der Untersagung am 27. August 2010 ausgegangen und habe zu Unrecht ein Präjudizinteresse bejaht. Eine Haftung nach §§ 39 ff. OBG NW scheide offensichtlich aus, da sie auf Fälle des enteignungsgleichen Eingriffs beschränkt sei und kein ersatzfähiger Schaden vorliege. Das Sportwettenmonopol entspreche dem unionsrechtlichen Kohärenzerfordernis. Das gelte sowohl in Bezug auf die Werbung als auch hinsichtlich der Glücksspielpolitik im Bereich des gewerblichen Automatenspiels. Das Berufungsurteil fasse den Werbebegriff zu eng. Seine Auffassung, die Monopolwerbung dürfe nur die Nachfrage der bereits zum Glücksspiel Entschlossenen kanalisieren, treffe nicht zu. Wegen des Bundesstaatsprinzips und der Gesetzgebungsautonomie der Länder komme es nur auf die Regelung und die Umsetzung des Monopols im jeweiligen Bundesland an. Aus objektiven Umsetzungsdefiziten könne wegen des Rechtsstaatsgebots keine subjektiv-rechtliche Begünstigung der Betroffenen hergeleitet werden. In tatsächlicher Hinsicht habe das Berufungsgericht die Werbepraxis nicht genügend aufgeklärt und die herangezogenen Werbebeispiele mangels ausreichender Sachkunde unzutreffend gewürdigt. Insoweit sei auch der Überzeugungsgrundsatz verletzt. Darüber hinaus habe es das Recht der Beklagten auf rechtliches Gehör missachtet, weil es erst kurz vor der Berufungsverhandlung - überdies unvollständig - auf die später im Urteil zitierten Veröffentlichungen hingewiesen habe. Mit den Beteiligten habe es auch nicht erörtert, dass es von einem bundesweit unzulässigen Werbeverhalten, insbesondere durch die bisher allseits gebilligte Fernsehwerbung, ausgehe. Damit habe es der Beklagten die Möglichkeit genommen, zu dieser Einschätzung Stellung zu nehmen und vorzuschlagen, zur Beurteilung der Anreizwirkung ein Sachverständigengutachten einzuholen. Ferner gehe das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft davon aus, das gewerbliche Automatenspiel habe ein höheres Suchtpotenzial als die Sportwetten und sei von einer Expansionspolitik geprägt, die den Monopolzielen zuwiderlaufe. Selbst wenn seine Tatsachenfeststellungen zuträfen, folge daraus noch keine Inkohärenz des Monopols. Vielmehr sei eine Folgenbetrachtung erforderlich, die klären müsse, ob die Auswirkungen der gegenläufigen Glücksspielpolitik auf den Monopolbereich die Wirksamkeit und damit die Eignung des Monopols zur Zielverwirklichung aufhöben. Daran fehle es hier. Das Berufungsgericht habe die Monopolregelung nach dem Rechtsstaatsgebot auch nicht ohne eine konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 GG für obsolet halten dürfen. Es habe ferner zu Unrecht eine Ermessensreduzierung auf Null verneint. Die Online-Übermittlung von Wettdaten verstoße gegen das Internetverbot. Das Berufungsgericht habe auch die Rechtsfigur des intendierten Ermessens verkannt. Jedenfalls sei die Untersagungsverfügung rechtmäßig, weil die Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts unionsrechtlich zulässig sei und die Erlaubnisvoraussetzungen zu keinem Zeitpunkt vorgelegen hätten. § 114 Satz 2 VwGO schließe ein Nachschieben von Ermessenserwägungen bei Dauerverwaltungsakten nicht aus. Das Oberverwaltungsgericht hätte deshalb die mit Schriftsatz vom 19. (richtig: 21.) September 2011 (Bl. 324 <332 ff.>) ergänzten Ermessenserwägungen bei seiner Entscheidung berücksichtigen müssen.

7

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. September 2011 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2007 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zurückzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist zulässig, aber nach § 137 Abs. 1 VwGO nicht begründet, weil das angegriffene Urteil nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts beruht. Es hat die Fortsetzungsfeststellungsklage zu Recht für zulässig gehalten und die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung revisionsrechtlich fehlerfrei damit begründet, dass diese maßgeblich auf das staatliche Sportwettenmonopol gestützt wurde, obwohl die Monopolregelung unionsrechtswidrig und damit unanwendbar war, weil sie dem unionsrechtlichen Kohärenzerfordernis schon wegen der systematisch zum Glücksspiel anreizenden Werbepraxis der Monopolträger nicht genügte. Soweit das Berufungsurteil eine Inkohärenz nicht nur wegen der Ausgestaltung des Monopolsektors, sondern unabhängig davon auch wegen einer der Suchtbekämpfung zuwiderlaufenden Glücksspielpolitik im Bereich des gewerblichen Automatenspiels bejaht, wendet es das Kohärenzerfordernis zwar teilweise unzutreffend an. Es beruht aber nicht auf diesem Fehler, weil es unabhängig davon selbstständig von der zuvor dargestellten Hauptbegründung getragen wird.

11

1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage der Klägerin ist nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig.

12

a) Die Statthaftigkeit der Klage ergibt sich daraus, dass die angegriffene Untersagungsverfügung sich seit ihrem Erlass fortlaufend und - erst - mit der Räumung der Betriebsstätte durch die Klägerin am 27. August 2010 endgültig erledigt hat.

13

Eine glücksspielrechtliche Untersagung erledigt sich von Tag zu Tag für die jeweils verstrichene Zeit und damit fortlaufend, wenn sie nicht für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet (vgl. Urteile vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 - juris Rn. 15 und vom 16. Mai 2013 - BVerwG 8 C 14.12 - juris Rn. 18, Beschluss vom 5. Januar 2012 - BVerwG 8 B 62.11 - NVwZ 2012, 510 Rn. 13). Als Verhaltensanordnung wird das Verbot durch Zeitablauf gegenstandslos, da es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Allerdings entfaltet die Untersagung weiterhin Rechtswirkungen für den vergangenen Zeitraum, wenn sie die Rechtsgrundlage einer noch rückgängig zu machenden Verwaltungsvollstreckung bildet. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

14

Eine endgültige Erledigung der Untersagung - nicht nur für die Vergangenheit, sondern auch für die Zukunft - ist mit der endgültigen Aufgabe der Betriebsstätte der Klägerin am 27. August 2010 eingetreten. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist diese Erledigung nicht schon früher zu datieren. Nach der revisionsrechtlich fehlerfreien Auslegung der angegriffenen Verfügung durch das Oberverwaltungsgericht handelte es sich um eine betriebsstättenbezogene Untersagung. Sie erledigt sich endgültig erst, wenn die Betriebsstätte endgültig aufgegeben wird (Urteil vom 15. November 1990 - BVerwG 3 C 49.87 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 224 = juris Rn. 22). Nach den Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts geschah dies erst nach der Kündigung des Mietvertrages der Klägerin mit der Räumung des Wettlokals und nicht schon zuvor mit dessen Untervermietung, weil die Klägerin sich dabei ein vertragliches Zugriffsrecht vorbehalten hatte.

15

Diese Feststellungen binden die revisionsgerichtliche Beurteilung nach § 137 Abs. 2 VwGO, da sie nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen wurden. Die Rüge, die Pflicht zur Amtsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO sei verletzt, greift nicht durch. Ohne einen entsprechenden Beweisantrag der bereits in der Vorinstanz anwaltlich vertretenen Beklagten musste es sich dem Oberverwaltungsgericht nicht aufdrängen, weitere Ermittlungen zur Vereinbarung eines Zugriffsrechts im Untermietvertrag anzustellen. Der Vortrag der Klägerin dazu blieb nach der Sitzungsniederschrift der Berufungsverhandlung unbestritten. Gegenteiliges ergab sich insbesondere nicht aus den Angaben des Stadtamtmanns W. Seine Mitteilung, nach Erlass der angegriffenen Ordnungsverfügung sei es noch vor 2008 und später noch ein weiteres Mal zu einer Neueröffnung des Wettbüros durch andere Gewerbetreibende gekommen, schließt eine Untervermietung nicht aus und widerspricht nicht dem Vorbringen der Klägerin zu deren Ausgestaltung. Eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes gemäß § 108 Abs. 1 VwGO ist nicht substantiiert nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO gerügt. Der Einwand der Beklagten, die Stellungnahmen in der Berufungsverhandlung rechtfertigten nicht die vom Berufungsgericht gezogenen Schlussfolgerungen, genügt dazu nicht. Ein Tatsachengericht verstößt nicht schon dann gegen die Denkgesetze, wenn es nach der Auffassung eines Beteiligten unrichtige oder fern liegende Schlüsse gezogen hat. Es muss sich vielmehr um eine Schlussfolgerung handeln, die aus Gründen der Logik schlechterdings nicht gezogen werden kann und deshalb willkürlich ist (stRspr, Beschlüsse vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 8 B 154.03 - NVwZ 2004, 627 und vom 6. März 2008 - BVerwG 7 B 13.08 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 54 Rn. 8). Das ist hier nicht der Fall.

16

b) Das Berufungsgericht hat auch ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung fehlerfrei bejaht.

17

Ein Präjudizinteresse liegt vor, wenn die Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen im hier bereits anhängigen Zivilprozess nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (Urteile vom 14. Januar 1980 - BVerwG 7 C 92.79 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 95 S. 27, vom 29. April 1992 - BVerwG 4 C 29.90 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 247 S. 90 und vom 8. Dezember 1995 - BVerwG 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83 <92> = Buchholz 454.11 WEG Nr. 7). Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs genügt nicht.

18

Offenbleiben kann, ob ein - verschuldensabhängiger - Amtshaftungsanspruch nach Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch in Betracht kommt. Jedenfalls ist das Bestehen eines Haftungsanspruchs nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW nicht von vornherein offensichtlich ausgeschlossen. Dabei muss nicht geklärt werden, ob die Anwendung der im Zivilprozess revisiblen Vorschrift (§§ 545, 560 ZPO) auch im Verwaltungsprozess revisionsgerichtlich überprüft werden darf oder ob dies wegen § 137 Abs. 1 VwGO nicht in Betracht kommt (vgl. Beschlüsse vom 17. Oktober 2012 - BVerwG 8 B 47.12 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 208 Rn. 22 und - BVerwG 8 B 62.12 - juris Rn. 17). Selbst wenn eine revisionsgerichtliche Überprüfung der Auslegung der Vorschrift zulässig sein sollte, wären deren Voraussetzungen hier nicht offensichtlich und ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung zu verneinen.

19

§ 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW begründet einen verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch für Schäden, die jemandem durch eine rechtswidrige Maßnahme der Ordnungsbehörden entstanden sind. Bei Erlass der Untersagungsverfügung handelte die Beklagte nach § 14 Abs. 1 OBG NW als Ordnungsbehörde.

20

Ob eine Haftung nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ausgeschlossen ist, weil die Norm nur die Haftung für enteignungsgleiche Eingriffe regeln soll und damit keine Entschädigung für legislatives Unrecht einschließlich der Anwendung rechtswidriger Normen (sog. Beruhensfälle) gewährt, muss gegebenenfalls im zivilgerichtlichen Staatshaftungsprozess geklärt werden. Von einer solchen Anspruchsbegrenzung kann nicht mit der erforderlichen Offensichtlichkeit ausgegangen werden. Allerdings geben die Gesetzesmaterialien deutliche Hinweise für eine entsprechende Beschränkung. So wurde die vom Ausschuss für Innere Verwaltung vorgeschlagene Ausweitung der Haftung auf die Schädigung von Personen, die als Störer in Anspruch genommen wurden (Beschlussvorschlag des Ausschusses vom 11. Oktober 1955, LTDrucks 3/243), im Landtagsplenum dahin erläutert, dass in Anlehnung an das in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelte Institut des enteignungsgleichen Eingriffs eine Haftung auch für rechtswidrig-schuldlose Verwaltungsmaßnahmen eingeführt werden solle (vgl. das Protokoll der 2. Lesung des Entwurfs des Ordnungsbehördengesetzes, LT-Protokolle 3. Wahlperiode Bd. 1 S. 822 <825, 827 f. und 837 unter C und D>). Auch die Ablehnung eines Antrags der Fraktion des Zentrums, den Haftungsumfang auf entgangenen Gewinn zu erstrecken (LTDrucks 3/273 S. 3 zu § 48), und die Ablehnung einer Haftung für immaterielle Schäden wurden auf die richterrechtlich konkretisierten Anforderungen aus Art. 14 GG zurückgeführt (LT-Protokolle a.a.O. S. 827 f. und 837 unter C und D). Die Systematik des § 39 Abs. 1 OBG NW vollzieht ebenfalls den Erst-recht-Schluss von der Staatshaftung für rechtmäßige enteignende Eingriffe auf die Haftung für enteignungsgleiche Eingriffe nach (Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. 1986, S. 664 f.). Allerdings hat der Bundesgerichtshof erst nach Erlass des § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW entschieden, dass die Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff sich nicht auf legislatives Unrecht einschließlich der Beruhensfälle erstreckt (vgl. BGH, Urteile vom 12. März 1987 - III ZR 216/85 - BGHZ 100, 136 <145 ff.> und vom 27. Januar 1994 - III ZR 42/92 - BGHZ 125, 27 <38>). Dies ändert aber nichts daran, dass die Haftungsbegrenzung im Rechtsinstitut des enteignungsgleichen Eingriffs bereits angelegt war. Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch nicht evident, dass ein Beruhensfall - wie die Klägerin meint - nur bei gebundenen Entscheidungen vorliegen könnte. Bislang gibt es dazu nur vereinzelt zivilgerichtliche Rechtsprechung (OLG Köln, Urteil vom 3. Mai 2012 - 7 U 194/11 - juris Rn. 30 f.); eine höchstrichterliche Klärung steht noch aus.

21

Ein Ersatzanspruch nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ist auch nicht schon offensichtlich zu verneinen, weil die etwaige Rechtsverletzung nicht kausal für den geltend gemachten Schaden wäre. Die landesrechtliche Regelung verhält sich nicht zu den Anforderungen, die an die Schadensverursachung zu stellen sind. Auch insoweit fehlt eine gefestigte zivilgerichtliche Konkretisierung. Zwar mag naheliegen, die für revisible Haftungsnormen entwickelten Anforderungen an die Kausalität bei Ermessensakten auch auf die landesrechtliche Haftungsregelung des Polizei- und Ordnungsrechts zu übertragen und die Ursächlichkeit zu verneinen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung dieselbe zum Schaden führende Entscheidung getroffen worden wäre (BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 - III ZR 37/81 - VersR 1982, 275 und vom 30. Mai 1985 - III ZR 198/84 - VersR 1985, 887 f.; Vinke, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 12, 13. Aufl. 2005, § 839 Rn. 176, zur Unterscheidung von der Figur rechtmäßigen Alternativverhaltens vgl. ebd. Rn. 178). Offensichtlich ist eine solche Parallelität aber nicht. Insbesondere steht es dem Landesgesetzgeber frei, die Haftung großzügiger zu regeln. Ob dies hier geschehen ist, bedarf gegebenenfalls einer näheren Prüfung im anhängigen Staatshaftungsverfahren.

22

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein ersatzfähiger Schaden ebenfalls nicht offensichtlich zu verneinen. Auf die Frage, ob eigentumsfähige Positionen betroffen sind, kommt es nur bei einer entsprechenden, hier gerade nicht offensichtlichen Beschränkung der Haftung an. Ob Vermögenseinbußen wegen rechtlicher Missbilligung der untersagten Tätigkeit nicht ersatzfähig sind, lässt sich nur auf der Grundlage einer ins Einzelne gehenden verfassungs- und unionsrechtlichen Prüfung der die Tätigkeit beschränkenden oder missbilligenden Vorschriften beantworten, so dass auch insoweit keine Offensichtlichkeit vorliegt.

23

Mangels entsprechenden substantiierten Vorbringens der Beteiligten gibt es schließlich keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte seinerzeit durch eine kommunalaufsichtliche Weisung oder einen ministeriellen Erlass zum Erlass der hier angegriffenen Verfügung verpflichtet gewesen und ihre Passivlegitimation im Staatshaftungsprozess schon deshalb zu verneinen wäre.

24

2. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die angegriffene Untersagungsverfügung sei im Zeitpunkt ihrer Erledigung sowie im gesamten vorherigen Zeitraum seit ihrem Erlass rechtswidrig gewesen, hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand.

25

Für die materiell-rechtliche Beurteilung ist die Rechtslage in der Zeit vom Erlass der angegriffenen Verfügung bis zu ihrer endgültigen Erledigung am 27. August 2010 maßgeblich. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist die glücksspielrechtliche Untersagung während ihres Wirkungszeitraums an der jeweils aktuellen Rechtslage zu messen. Da die vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Ermächtigungsgrundlagen des § 14 OBG NW und des zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV (a.F.) nicht zum revisiblen Recht gehören (§ 137 Abs. 1 VwGO), hat das Revisionsgericht von der berufungsgerichtlichen Auslegung und Anwendung beider Vorschriften auszugehen und nach § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO nur zu prüfen, ob diese revisibles Recht verletzt.

26

Die Tatbestandsvoraussetzungen einer Untersagung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV hat das Berufungsgericht für den Zeitraum seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages zum 1. Januar 2008 revisionsrechtlich fehlerfrei bejaht. Weder die Klägerin noch das Wettunternehmen, an das sie Sportwetten vermittelte, verfügten über die jeweils nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis. Mangels europarechtlicher Harmonisierung musste die Beklagte die dem Wettunternehmen im EU-Ausland erteilte Konzession nicht als solche Erlaubnis anerkennen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 112). Das damit eröffnete Untersagungsermessen hat die Beklagte jedoch gemäß § 40 VwVfG NW fehlerhaft ausgeübt (a). Eine Ermessensausübung war nicht etwa entbehrlich, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert und diese zu einer Untersagung verpflichtet gewesen wäre (b). Die Beklagte hat die Defizite ihrer Ermessenserwägungen auch nicht nachträglich geheilt (c). Für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages gilt nichts anderes. Insoweit kann offenbleiben, ob die Tätigkeit der Klägerin die öffentliche Sicherheit gemäß § 14 OBG NW gefährdete, weil sie den objektiven Tatbestand des § 284 Abs. 1 i.V.m. § 27 StGB erfüllte. Jedenfalls war die Ermessensentscheidung für den Erlass der Untersagung nach § 14 OBG NW ebenso fehlerhaft wie deren Aufrechterhalten unter der Geltung des Glücksspielstaatsvertrages (d).

27

a) Die Beklagte hat ihre Ermessensentscheidung im angegriffenen Bescheid maßgeblich damit begründet, dass eine Erlaubnis wegen des staatlichen Sportwettenmonopols (vgl. § 5 Abs. 2 und 4 LoStV, § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV) weder der Klägerin noch dem privaten Wettunternehmen, an das sie Sportwetten vermittelte, erteilt werden könne. Das Berufungsgericht hat diese Ermessensausübung zutreffend für rechtswidrig gehalten. Die Beklagte hätte die Monopolregelung nicht anwenden dürfen, weil diese die unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig beschränkte. Wie das Oberverwaltungsgericht ausführt, ergab sich schon aus den systematischen Verstößen der Monopolträger gegen die Grenzen zulässiger Werbung, dass das staatliche Sportwettenmonopol nicht den unionsrechtlichen Kohärenzanforderungen genügte.

28

aa) Der persönliche Anwendungsbereich der Niederlassungs- wie der Dienstleistungsfreiheit ist eröffnet, da die Klägerin nach deutschem Recht gegründet wurde und ihren Sitz im Inland hat. Ob der sachliche Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV, ABl C 115, 47) einschlägig ist oder - sofern das Wettbüro der Klägerin nicht als inländische Präsenz des Wettunternehmers anzusehen war - subsidiär die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 und 3 AEUV eingreift, kann offenbleiben. Die Monopolregelung beschränkt beide Freiheiten. In ihrem räumlichen, inländischen Geltungsbereich schließt sie das Veranstalten von Wetten durch andere als den Monopolträger aus. Darüber hinaus lässt sie eine Wettvermittlung an andere Wettunternehmen als den Monopolanbieter nicht zu. Die unionsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung der Beschränkung sind ebenfalls für beide Grundfreiheiten deckungsgleich. Die Beschränkung muss das Diskriminierungsverbot beachten sowie nach Art. 51 f. i.V.m. Art. 62 AEUV oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten, unionsrechtlich legitimen Ziels zu gewährleisten. Außerdem darf sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 62).

29

Für die Rechtfertigung glücksspielrechtlicher Monopolregelungen stellt der Gerichtshof der Europäischen Union in ständiger Rechtsprechung auf die zwingenden Gründe des Allgemeininteresses ab, zu denen die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen und der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen gehören (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 60, 64, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 45, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa de Futebol Profissional - NJW 2009, 3221 Rn. 56 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - Slg. 2010, I-8149 Rn. 45). Dies schließt die in § 1 GlüStV genannten Ziele der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes ein (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 79).

30

Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielbereichs steht den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele ein weiter Gestaltungsspielraum ("ausreichendes Ermessen") zu. Sie dürfen ihre Glücksspielpolitik ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten und das angestrebte Schutzniveau selbst bestimmen. Die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen sind allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das angestrebte Schutzniveau zu beurteilen. Dabei ist jede beschränkende Regelung gesondert zu prüfen (EuGH, Urteile vom 6. März 2007 a.a.O. Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Carmen Media - a.a.O. Rn. 46 m.w.N). Eine Monopolregelung, die auf die Bekämpfung der Spielsucht und den Spielerschutz als zwingende Gründe des Allgemeininteresses gestützt wird, ist nur verhältnismäßig, wenn sie ebenso wie ihre Anwendung in der Praxis geeignet ist, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt (vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 a.a.O. Rn. 67, vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes u.a. - Slg. 2010, I-4757 Rn. 21 sowie vom 8. September 2010 - Carmen Media - a.a.O. Rn. 64 und - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 98; BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 77 und vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 45).

31

Das Kohärenzgebot präzisiert die Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit der beschränkenden Regelung in zweifacher Hinsicht. Zum einen verlangt es, dass der Mitgliedstaat die unionsrechtlich legitimen Ziele im Anwendungsbereich der Monopolregelung tatsächlich verfolgt. Er darf nicht scheinheilig legitime Ziele vorgeben, in Wahrheit aber andere - namentlich fiskalische - Ziele anstreben, die die Beschränkung nicht legitimieren können (EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 6. November 2003 a.a.O. Rn. 67 ff. und vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 88 ff. sowie - Carmen Media - a.a.O. Rn. 55, 64 ff.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 45). Diese Anforderung bezieht sich allein auf den Monopolsektor und gebietet, die normative Ausgestaltung und die praktische Handhabung des Monopols konsequent an den unionsrechtlich legitimen Zielen auszurichten (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 83 und 98 f.). Sie lässt sich deshalb als Erfordernis der Binnenkohärenz umschreiben und trifft sich mit dem verfassungsrechtlichen Erfordernis einer normativen Ausgestaltung und Praxis, die konsequent an den überragend wichtigen Gemeinwohlzielen des Monopols ausgerichtet ist (dazu vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <309 ff.>; BVerwG, Urteil vom 24. November a.a.O. Rn. 32).

32

Die zweite aus dem Kohärenzgebot abgeleitete Anforderung greift dagegen über den Monopolsektor hinaus und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Geeignetheit der Monopolregelung zur Verwirklichung eines mit ihr (tatsächlich) verfolgten, unionsrechtlich legitimen Ziels durch eine gegenläufige Glücksspielpolitik in anderen Glücksspielbereichen beeinträchtigt werden kann. Die Monopolregelung darf deshalb nicht durch die mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen konterkariert werden. Damit verlangt das Kohärenzgebot weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 95 f. und - Carmen Media - a.a.O. Rn. 62 f.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 45 m.w.N.). Das gewinnt Bedeutung namentlich in Mitgliedstaaten wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Bund und mehrere Länder mit je eigener Gesetzgebungsautonomie gehört (vgl. Art. 28 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG). Doch führt es zur Inkohärenz der Monopolregelung, wenn die zuständigen Behörden in einem anderen Glücksspielbereich eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Politik betreiben oder dulden und dies zur Folge hat, dass das der Errichtung des Monopols zugrunde liegende Ziel mit ihm nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 106 und - Carmen Media - a.a.O. Rn. 68 f.). Davon ist bei einem zur Spielsuchtbekämpfung geschaffenen Monopol auszugehen, wenn in anderen Glücksspielsektoren mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 f.) - Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 jeweils a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 82, vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 45 und vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 - juris Rn. 43).

33

bb) Das Oberverwaltungsgericht hat die erste, die Binnenkohärenz betreffende Anforderung des Kohärenzgebots in Bezug auf die Grenzen zulässiger Werbung für das Monopolangebot zutreffend konkretisiert und ist revisionsrechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass die Monopolregelung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV (a.F.) wegen systematischer Missachtung dieser Grenzen durch die Monopolträger dem Kohärenzgebot nicht genügt.

34

(1) Dem unionsrechtlich legitimen Ziel der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes entspricht nur eine Werbung, die maßvoll und strikt auf das begrenzt bleibt, was erforderlich ist, um die Verbraucher zum legalen Glücksspielangebot hinzulenken (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 103). Dies kann das Angebot einer breiten Palette von Spielen, einen gewissen Werbeumfang und den Einsatz neuer Vertriebstechniken implizieren (vgl. EuGH, Urteil vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 55). Eine solche Werbung darf aber nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost oder ihm ein positives Image verliehen wird, das daran anknüpft, dass die Einnahmen für Aktivitäten im Allgemeininteresse verwendet werden. Unzulässig ist es auch, die Anziehungskraft des Spiels durch zugkräftige Werbebotschaften zu erhöhen, die bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht stellen. Die Finanzierung uneigennütziger oder im Allgemeininteresse liegender Aktivitäten darf nur eine erfreuliche Nebenfolge, aber nicht der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 104). Soweit die Behörden eines Mitgliedstaates den Verbrauchern Anreize geben und sie dazu ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, können sie sich zur Rechtfertigung beschränkender Maßnahmen nicht auf die öffentliche Sozialordnung und die aus ihr folgende Notwendigkeit berufen, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - Slg. 2010, I-8149 Rn. 66).

35

Entgegen der Auffassung der Revision liegt in der Übernahme und Anwendung dieser Grundsätze durch das Berufungsurteil keine unzulässige Verengung des Werbebegriffs, wie er sich aus § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV oder anderen mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften ergibt. Die dargelegten Grundsätze schränken nicht den Begriff der Werbung ein, sondern nur den Rahmen, in dem Werbung für das Monopolangebot unionsrechtlich zulässig ist. Der Rahmen wird auch nicht so eng gezogen, dass die noch zulässigen Maßnahmen nicht mehr als Werbung im Wortsinne zu bezeichnen wären. Der Begriff wird durch jeden an das Publikum gerichteten Hinweis eines Anbieters auf ein eigenes entgeltliches Angebot erfüllt (Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 50). Wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts lassen sich gegen dessen Werbebeschränkungen auch keine großzügigeren mitgliedstaatlichen Vorschriften anführen. Vielmehr ist § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV, soweit er ausdrücklich den gezielten Anreiz zum Wetten verbietet, im Hinblick auf Art. 49 Abs. 1, Art. 56 Abs. 1 AEUV unionsrechtskonform auszulegen. Verfassungsrechtliche Bedenken sind dagegen - auch unabhängig von der Reichweite des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts - nicht geltend zu machen. Vielmehr stimmen die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbung, die sich aus Art. 12 GG i.V.m. dem Verhältnismäßigkeitsgebot ergeben und denen durch verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV Rechnung zu tragen ist, mit den unionsrechtlichen Anforderungen im Wesentlichen überein. Verfassungsrechtlich hat die Werbung für das Monopolangebot sich konsequent am Ziel der Begrenzung der Spielsucht auszurichten und auf eine sachliche Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum legalen Wetten zu beschränken. Sie darf nicht zum Wetten auffordern, anreizen oder ermuntern (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 34, 46 ff.). Entscheidend dafür ist nicht die Intention, sondern der nach dem Horizont des durchschnittlichen Empfängers zu bestimmende Aussagegehalt (Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 48 f.). Insbesondere darf die Teilnahme an Wetten nicht als sozialadäquate oder gar positiv bewertete Unterhaltung dargestellt werden. Das schließt auch eine Werbung mit dem Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung der Einnahmen aus (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 316 ff.; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 52).

36

Die Grenzen zulässiger Werbung müssen auch nicht wegen des unions- wie verfassungsrechtlich legitimen Ziels der Kanalisierung der Wettleidenschaft "dynamisiert" werden, um eine von der Beklagten geforderte "Waffengleichheit" mit solchen privaten Anbietern herzustellen, die geringeren Beschränkungen unterworfen sind als die Monopolträger oder sich geltenden Beschränkungen entziehen. Ebenso wenig ist es unionsrechtlich geboten oder auch nur zulässig, eine Werbung zu gestatten, die nicht nur die bereits zur Teilnahme am Glücksspiel Entschlossenen zum legalen Angebot hinlenkt, sondern auch die noch Unentschlossenen zur Teilnahme motiviert. Der dazu angeregten Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht. Diese Fragen sind in seiner bisherigen Rechtsprechung bereits eindeutig geklärt, so dass für vernünftige Zweifel kein Raum mehr bleibt. Entgegen der Annahme der Beklagten hält die Rechtsprechung des Gerichtshofs sich auch innerhalb der ihm zugewiesenen Kompetenz (Art. 276 AEUV). Sie entscheidet nicht über das Sicherheits- und Ordnungsrecht, sondern lediglich über die Reichweite der Grundfreiheiten, die die mitgliedstaatlichen Gerichte bei ihrer Prüfung sicherheits- und ordnungsrechtlicher Maßnahmen zu beachten haben.

37

Eine Politik der kontrollierten Expansion mit einem "gewissen Werbeumfang" hat der Gerichtshof in Bezug auf das Monopolangebot nur für zulässig erklärt, soweit dies erforderlich ist, um Spieler, die verbotenen geheimen Spiel- oder Wetttätigkeiten nachgehen, zum legalen Angebot hinzulenken (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 101 f.). Schon daraus ergibt sich unzweifelhaft, dass die Werbung nur die bereits zur Teilnahme am Glücksspiel Entschlossenen zum legalen Angebot hinlenken, aber nicht die noch Unentschlossenen zur Teilnahme motivieren darf. Die Kanalisierung der Spielleidenschaft durch Werbung darf sich nur darauf richten, die bereits vorhandene und bislang illegal gedeckte Nachfrage umzulenken und so den Marktanteil des legalen Anbieters zulasten des Marktanteils der illegalen Anbieter zu erhöhen. Der Gerichtshof unterscheidet deshalb zwischen einer - zulässigen - restriktiven Geschäftspolitik, die nur den vorhandenen Markt für den Monopolinhaber gewinnen oder die Kunden an ihn binden soll, und einer - unzulässigen - expansionistischen Geschäftspolitik, die auf das Wachstum des gesamten Marktes für Spieltätigkeiten abzielt (EuGH, Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer - Slg. 2011, I-8185 Rn. 69). Gleichzeitig wird klargestellt, dass das Ziel der Lenkung der vorhandenen Nachfrage es nicht rechtfertigen kann, die Verbraucher zur Teilnahme am Glücksspiel anzureizen oder zu ermuntern. Nur vorbehaltlich der Erfordernisse, die sich aus dem Verbot solcher Maßnahmen ergäben, könne eine gewisse Werbung zur legitimen Lenkung beitragen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 102 mit Verweis auf Rn. 97 ff.). Die kanalisierende Werbung muss deshalb nicht nur streng auf das zur Lenkung der Verbraucher Erforderliche begrenzt bleiben. Auch eine solche, der Lenkung dienende Werbung darf nicht zur aktiven Teilnahme am Spiel anregen, sondern nur über die Existenz der Produkte informieren. Dabei muss sie die bereits im Einzelnen dargestellten Verbote beachten (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 103 und vom 15. September 2011 a.a.O. Rn. 68). Eine Dynamisierung der Grenzen zulässiger Werbung ist damit nicht zu vereinbaren. "Waffengleichheit" mit privaten Anbietern können die staatlichen Monopolträger wegen ihrer Bindung an die Grundfreiheiten nicht verlangen. Nichts anderes ergibt sich aus verfassungsrechtlicher Sicht. Die Länder, die ein Monopol errichtet und ausgestaltet haben, sind nicht Grundrechtsträger, sondern Grundrechtsverpflichtete und unterliegen nach Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG einer Rechtsbindung, die nicht aus Zweckmäßigkeitserwägungen gelockert werden kann.

38

Der Einwand der Beklagten, unter diesen rechtlichen Voraussetzungen sei es den Monopolträgern unmöglich, die Glücksspielnachfrage entsprechend ihrem Auftrag zu lenken und zu kanalisieren, rechtfertigt keine andere Auslegung. Die Kanalisierung ist kein unionsrechtlicher Auftrag, sondern nur eine Rechtfertigung für gewisse Werbemaßnahmen in den dargelegten rechtlichen Grenzen. Mitgliedstaatlich-einfachrechtliche Aufgabenzuweisungen können die unionsrechtliche Eingriffsrechtfertigung nicht beeinflussen.

39

(2) Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung, ob die unionsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbung im maßgeblichen Zeitraum beachtet wurden, nicht allein auf die Sportwetten-Werbung des nordrhein-westfälischen Monopolträgers abgestellt, sondern dessen Werbung für andere Monopolangebote wie Lotteriespiele in die Beurteilung mit einbezogen. Da es für die Verhältnismäßigkeitsprüfung auf die tatsächlichen Ziele der Monopolregelung ankommt, ist auf ihren gesamten Anwendungsbereich und damit auf alle monopolisierten Angebote abzustellen. Eine Inkohärenz ist schon anzunehmen, wenn der Inhaber des Sportwettenmonopols in Bezug auf die ebenfalls dem Monopol unterliegenden Lotteriespiele unionsrechtlich unzulässige, die Werbebeschränkungen missachtende Werbekampagnen durchführt (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Leitsatz 1 d) 1. Spiegelstrich Rn. 100, 103 f.; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 77). Die eindeutige unionsgerichtliche Anknüpfung an das gesamte Verhalten des Monopolträgers lässt in Verbindung mit den ebenfalls unmissverständlichen, strengen und nicht dynamisierbaren Grenzen zulässiger Werbung auch keine Differenzierung der Werbegrenzen nach dem Grad der Suchtgefährlichkeit des jeweils beworbenen Glücksspiels zu. Eine Vorlage an den Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist wegen der Unmissverständlichkeit seiner Rechtsprechung in dieser Frage nicht geboten.

40

Revisionsrechtlich ist auch nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht neben der Werbung des nordrhein-westfälischen Monopolträgers auch die im Deutschen Lotto- und Totoblock koordinierte Werbung anderer Monopolträger unter der gemeinsamen Dachmarke Lotto berücksichtigt hat. Der nordrhein-westfälische Monopolträger muss sich diese Werbemaßnahmen allerdings nicht schon zurechnen lassen, weil unionsrechtlich der Mitgliedstaat verpflichtet ist, die Grundfreiheiten zu wahren, und innerstaatliche Kompetenzregelungen keine Verletzung dieser Pflicht rechtfertigen können. Die Zurechnung wie eine eigene Werbemaßnahme ist vielmehr gerechtfertigt, weil die im Berufungsurteil gewürdigte Werbung der Monopolträger anderer Bundesländer nach den Feststellungen der Vorinstanz Ausdruck einer landesgrenzenübergreifend abgestimmten und umgesetzten Vertriebsstrategie aller Monopolträger ist. Das Oberverwaltungsgericht ist in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass die im Deutschen Lotto- und Totoblock zusammengeschlossenen Monopolträger ihre Angebote im Rahmen einer gemeinsamen, landesgrenzenübergreifenden Dachmarkenstrategie vertreiben. Damit hat es ein von allen Monopolträgern mitgetragenes, koordiniertes und planmäßiges Vorgehen für den Vertrieb der Angebote angenommen, das vertriebsfördernde Wirkungen der Werbung für ein Dachmarkenprodukt auch der Vermarktung anderer Produkte unter derselben Dachmarke zugute kommen lässt. Mit dem Erlass gemeinsamer Werberichtlinien setzte die ländergrenzenübergreifende Koordination sich sogar im Bereich der Aufsicht fort.

41

An die berufungsgerichtlichen Feststellungen ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil insoweit keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben wurden. Die gerügten Mängel betreffen die Beweiswürdigung einzelner Werbemaßnahmen, jedoch nicht die Feststellungen zur Dachmarkenstrategie selbst. Die Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, die im Berufungsurteil verwerteten Werbemaßnahmen anderer Monopolträger seien nicht der gemeinsamen Dachmarkenstrategie zuzuordnen gewesen.

42

Ihr rechtlicher Einwand, die Einbeziehung der im Deutschen Lotto- und Totoblock koordinierten Werbung verletze das Bundesstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG), trifft nicht zu. Die vom Berufungsgericht vorgenommene faktische Zurechnung von Werbemaßnahmen im Rahmen der von den Monopolanbietern abgestimmten Dachmarkenwerbung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch das Bundesverfassungsgericht hat für die verfassungsrechtliche Beurteilung des bayerischen Sportwettenmonopols unter dem Lotteriestaatsvertrag unter anderem auf die seinerzeit bundesweit im Deutschen Lotto- und Totoblock koordinierte Werbung abgestellt (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <309 ff., 314>). Dies steht nicht im Widerspruch zur bundesstaatlichen Kompetenzverteilung und der Eigenstaatlichkeit der Länder, sondern zieht nur rechtliche Konsequenzen aus einer bestimmten Art und Weise des gemeinsam abgestimmten und verantworteten, koordinierten Gebrauchs der jeweiligen Kompetenz.

43

(3) Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die von ihm angeführte Imagewerbung für das West-Lotto, die Präsentation der Glücksspirale vor der Hauptausgabe der Tagesschau und die Jackpot-Werbung die unionsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbung missachten.

44

Den von West-Lotto verwendeten Werbeslogan "Glück ist, wenn man seinen Mitmenschen helfen kann" hat das Oberverwaltungsgericht revisionsrechtlich fehlerfrei dahin interpretiert, dass er die Teilnahme am Lotto zum sozialen Handeln in Form der Hilfeleistung aufwertet. Damit widerspricht der Slogan dem an den Monopolträger gerichteten Verbot, der Teilnahme am Glücksspiel ein positives Image zu verleihen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 103 f.). Das unzulässige moralische Aufwerten der Teilnahme am Glücksspiel kann auch durch suchtpräventive Hinweise nicht kompensiert werden (Urteile vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 51 f. und vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 - juris Rn. 32; zur parallelen verfassungsrechtlichen Wertung vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 39, 47, 57). Aufgrund des Vergleichs mit ähnlichen, im angegriffenen Urteil als "Lotto-Hilft"-Kampagnen bezeichneten Werbestrategien hat das Oberverwaltungsgericht die nordrhein-westfälische Werbung als Teil einer systematischen Missachtung des Verbots sozialer Aufwertung des Glücksspiels im Rahmen der Dachmarkenstrategie eingeordnet.

45

Wirksame Verfahrensrügen wurden dagegen nicht erhoben. Die Rüge der Beklagten, das Oberverwaltungsgericht habe den Überzeugungsgrundsatz und die gerichtliche Aufklärungspflicht durch planlose, stichprobenartige Ermittlung der in Betracht kommenden Werbebeispiele verletzt, greift nicht durch. Nach § 86 Abs. 1 VwGO war das Oberverwaltungsgericht zu weiteren Aufklärungsmaßnahmen ohne einen Beweisantrag der bereits in der Vorinstanz anwaltlich vertretenen Beklagten nicht verpflichtet. Solche Ermittlungen mussten sich ihm nicht aufdrängen, nachdem die Beteiligten eingehend zur Werbung vorgetragen hatten und sich schon aus den festgestellten Werbemaßnahmen nach der für die Prüfung von Verfahrensmängeln zugrunde zu legenden materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts ergab, dass eine Inkohärenz des Monopols wegen systematischer Werbeverstöße vorlag. Zu welchem Ergebnis die geforderte weitere, umfassendere Ermittlung von Werbemaßnahmen geführt hätte und inwieweit sie zu einer anderen Beurteilung hätte führen können, hat die Beklagte nicht dargelegt. Der Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO ist ebenfalls nicht verletzt. Insbesondere hat die Beklagte keine selektive Verwertung und Würdigung des vorhandenen Prozessstoffs durch das Berufungsgericht dargetan.

46

Nicht zu beanstanden ist auch dessen Annahme, die Art und Weise der Ermittlung der Lottozahlen vor laufenden Fernsehkameras und die Präsentation der Lotto-Glücksspirale mit der Werbung für eine "Sofortrente" in Höhe von 7 500 € vor der Hauptausgabe der Tagesschau sei dem nordrhein-westfälischen Monopolträger als Teil der gemeinsamen Dachmarkenstrategie zuzurechnen und entfalte eine unzulässige Anreizwirkung. Die Ermittlung der Lottozahlen als Teil des Unterhaltungsprogramms präsentiert das Glücksspiel als sozial adäquate Beschäftigung. Die Platzierung in der Hauptsendezeit gewährleistet, dass ein möglichst breites Publikum erreicht wird. Dasselbe gilt für die Präsentation der Glücksspirale in unmittelbarer zeitlicher Verknüpfung mit der Hauptausgabe der Tagesschau. Sie bringt das Glücksspiel auch denen nahe, die bislang nicht daran interessiert sind. Die Werbung für eine "Sofortrente" in Höhe von 7 500 € widerspricht dem Verbot, die Anziehungskraft des Glücksspiels durch eine zugkräftige Werbebotschaft zu erhöhen, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellt (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 103; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 78). Sie erfüllt die Voraussetzungen einer zugkräftigen Werbebotschaft, da sie dem durchschnittlichen Empfänger der Botschaft mit der weit über dem Durchschnittseinkommen liegenden "Sofortrente" eine in materieller Hinsicht dauerhaft sorgenfreie Zukunft in Aussicht stellt. Der monatliche Rentenbetrag addiert sich im Lauf der in Aussicht gestellten Rentenzahlung auf eine Summe, die als bedeutender Gewinn einzuordnen ist.

47

Die Aufklärungsrüge, mit der die Beklagte geltend macht, das Oberverwaltungsgericht habe die Anreizwirkung der Werbebotschaft nicht ohne Hinzuziehen eines Sachverständigen feststellen können, greift nicht durch. Ob eine Werbebotschaft zur Teilnahme am Glücksspiel anreizt oder ermuntert, ergibt sich aus ihrem Aussagegehalt, der wie bei anderen Erklärungen durch Auslegung zu ermitteln ist. Dabei kommt es darauf an, ob die Werbeaussage von einem noch nicht zur Teilnahme entschlossenen durchschnittlichen Empfänger als Anreiz zur Teilnahme zu verstehen ist oder nur als sachliche Information über die legale Möglichkeit, einen etwa vorhandenen Entschluss zur Teilnahme umzusetzen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 103 f.; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 48 f.). Die erforderliche Sachkunde, einen an das Publikum gerichteten Werbespot zu verstehen, durfte das Oberverwaltungsgericht sich zuerkennen. Insoweit ist auch der Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO nicht verletzt. Weshalb das Oberverwaltungsgericht im konkreten Fall sachverständiger Hilfe zur Auslegung der Werbebotschaft bedurft hätte, hat die Beklagte nicht prozessordnungsgemäß nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO dargelegt. Insbesondere hat sie nicht dargetan, welche Erkenntnisse die Hinzuziehung eines Sachverständigen erbracht hätte, und inwieweit sie für die berufungsgerichtliche Beurteilung erheblich gewesen wären.

48

Die weiter gerügte Verletzung des Rechts der Beklagten auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor. Dazu genügt nicht, dass das Oberverwaltungsgericht ihr gegenüber nicht schon vor der Entscheidung offengelegt hat, dass es von einer bundesweit unzulässigen Werbung insbesondere durch die bisher allseits gebilligte Fernsehwerbung ausgehe. Die Gewährleistung des Rechts auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht nicht, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder seine Würdigung des Prozessstoffs hinzuweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Beurteilung regelmäßig erst aus dem Ergebnis der abschließenden Beratung ergibt. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung wegen des Unterbleibens eines solchen Hinweises liegt erst vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf rechtliche Gesichtspunkte stützt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte (Beschlüsse vom 29. Juni 2011 - BVerwG 6 B 7.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410 Rn. 8 und vom 18. Oktober 2010 - BVerwG 9 B 64.10 - juris Rn. 8; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 1991 - 1 BvL 32/88 - BVerfGE 84, 188 <190>). Wegen der strengen Konkretisierung der Grenzen zulässiger Werbung für das Monopolangebot in der bereits zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs und wegen deren Konkretisierung in den ebenfalls zitierten Entscheidungen des Senats, die von der Unzulässigkeit jeder dem objektiven Aussagegehalt nach zum Wetten anreizenden oder ermunternden Werbung ausgehen, musste die Beklagte damit rechnen, dass das Berufungsgericht auch zuvor noch nicht beanstandete Werbemaßnahmen für unzulässig halten würde. Dies gilt wegen § 5 Abs. 3 GlüStV auch und gerade für die Präsentation und das Bewerben von Glücksspielen im Fernsehprogramm.

49

Die von ihm festgestellte Jackpot-Werbung hat das Oberverwaltungsgericht gleichfalls revisionsrechtlich fehlerfrei als Verstoß gegen die unionsrechtlichen Beschränkungen der Werbung für das Monopolangebot eingeordnet. Insoweit liegt ebenfalls eine zugkräftige Werbebotschaft vor, die die Anziehungskraft der Lotterie erhöht, indem sie einen bedeutenden Gewinn in Aussicht stellt. Für die Anreizwirkung hat das Berufungsgericht zwar vornehmlich auf die von ihm zitierte Pressemitteilung des rheinland-pfälzischen Monopolanbieters vom 11. August 2011 verwiesen, die hervorhebt, wegen der Höhe des Jackpots gäben mehr Menschen einen Lottoschein ab, die sonst nicht am Spiel teilnähmen. Insofern rügt die Beklagte, die Pressemitteilung sei ihr nicht bekannt gewesen. Ob deshalb ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt wurde, kann indes offenbleiben. Denn unabhängig hiervon konnte das Berufungsgericht aus der - allgemeinkundigen - Art und Weise des Anpreisens des Jackpots auf einen Anreiz zur Teilnahme schließen und auf die Häufigkeit der Werbebotschaften im Rundfunk unmittelbar vor der Ziehung abstellen. Dabei ist es ersichtlich davon ausgegangen, dass der wiederholte Hinweis auf eine nur am selben Tag noch bestehende Gewinnmöglichkeit Zeitdruck suggeriert und das Hervorheben des Scheiterns früherer Versuche, den Jackpot zu "knacken", sowie der Hinweis auf die Höhe des aktuellen Jackpots zur Teilnahme anreizt und ermuntert. Hinsichtlich der Aufklärungsrüge und der Rüge der Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes kann auf die Ausführungen zu den entsprechenden Rügen gegen die Würdigung der Fernsehwerbung verwiesen werden.

50

(4) Revisionsrechtlich ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz aus diesen Werbemaßnahmen auf eine systematische Missachtung der Werbebeschränkungen und daraus wiederum darauf geschlossen hat, die Monopolregelung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV habe tatsächlich nicht unionsrechtlich legitimen Zielen, sondern illegitimen fiskalischen Zielen gedient. Allen drei Werbemaßnahmen ist gemeinsam, dass es sich nicht um Einzelfälle, sondern um Werbestrategien handelt, die regelmäßig und über einen erheblichen Zeitraum praktiziert wurden. Die Aufsichtsbehörden haben diese systematische Missachtung von Werbegrenzen nicht wirksam unterbunden. Aus den im Berufungsurteil zitierten gemeinsamen Werberichtlinien ergibt sich vielmehr, dass sie noch im Jahr nach der Präzisierung der unionsrechtlichen Anforderungen an eine zulässige Monopolwerbung durch die bereits zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2010 und die daran anknüpfenden Urteile des Senats vom 24. November 2010 fehlerhaft nur den gezielten Anreiz zur Teilnahme am Glücksspiel für rechtswidrig hielten, statt auf den objektiven Aussagegehalt abzustellen. Nach den insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erklärten die Werberichtlinien der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder noch nach dem letzten ihm vorliegenden Stand vom Mai 2011 eine Imagewerbung - einschließlich der moralischen Aufwertung der Teilnahme am Glücksspiel - unzutreffend für zulässig. Daraus durfte das Oberverwaltungsgericht auf ein strukturelles Vollzugsdefizit schließen, das auf das Verfolgen unionsrechtlich illegitimer Ziele hindeutet. Entgegen der Auffassung der Beklagten widerspricht dies weder der rechtsstaatlichen Gesetzesbindung noch dem Wesen des Verwaltungsrechtsschutzes. Selbst im Verfassungsrecht ist aus strukturellen Vollzugsdefiziten auf die Unverhältnismäßigkeit einer Monopolregelung im engeren Sinne und damit auf einen normativen Mangel zu schließen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <309, 313 ff.>). Die Voraussetzungen eines solchen Rechtsverstoßes zu prüfen, ist eine genuin verwaltungsgerichtliche Aufgabe.

51

cc) Die zweite Anforderung des Kohärenzgebots, die Beeinträchtigungen der Wirksamkeit der Monopolregelung durch eine gegenläufige Glücksspielpolitik in anderen Glücksspielsektoren in den Blick nimmt und sich als Erfordernis intersektoraler Kohärenz umschreiben lässt, wird im angegriffenen Urteil allerdings nicht zutreffend konkretisiert. Die Feststellungen des Berufungsgerichts reichen auch nicht aus, die Annahme einer intersektoralen Inkohärenz wegen einer das Monopol konterkarierenden Politik im Bereich des gewerblichen Automatenspiels zu tragen. Das Berufungsurteil beruht freilich nicht auf diesem Fehler, weil seine Annahme, die Monopolregelung sei inkohärent, bereits selbstständig durch seine Erwägungen zur Missachtung der Grenzen zulässiger Werbung getragen wird. Wegen der diesbezüglichen kontroversen Erörterung im Revisionsverfahren geht der Senat auf diesen Punkt gleichwohl näher ein.

52

(1) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, das zweite Kohärenzerfordernis verlange eine zwischen Bund und Ländern koordinierte, sektorenübergreifende, systematisch und widerspruchsfrei am Monopolziel der Suchtbekämpfung orientierte Glücksspielpolitik, die vergleichbare Gefährdungen gleichermaßen erfasse. Diese Annahme findet in Art. 56 AEUV und dessen Auslegung durch die einschlägigen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union keine Grundlage. Zwar reicht nach der neueren unionsgerichtlichen Rechtsprechung eine sektorale, auf den Monopolbereich beschränkte Kohärenzprüfung zur Überprüfung der Geeignetheit des Monopols nicht aus. Vielmehr sind auch die Auswirkungen einer etwa gegenläufigen Regelung anderer Glücksspielsektoren mit höherem oder gleich hohem Suchtpotenzial zu berücksichtigen. Damit wird der Prüfungsgegenstand jedoch weder von der Verhältnismäßigkeit der Monopolregelungen auf die Verhältnismäßigkeit der anderen Regelungen erweitert, noch setzt die Kohärenz des Monopols eine kohärente Regelung der anderen Bereiche voraus. Erst recht bedarf es keines gebiets- und zuständigkeitsübergreifend konzipierten Systems aufeinander abgestimmter Regelungen im Sinne einer sämtliche Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz. Eine solche Konkretisierung ließe unberücksichtigt, dass die Verhältnismäßigkeit für jede Beschränkung gesondert zu prüfen ist (EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 93), und verlöre den Gegenstand der Prüfung - die Geeignetheit der Monopolregelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten legitimen Ziele - aus dem Blick. Außerdem stieße sie auf verfassungs- und unionsrechtliche Bedenken. Wegen des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung der Europäischen Union ist der demokratisch legitimierte, mitgliedstaatliche Gesetzgeber im nicht harmonisierten Glücksspielrecht grundsätzlich frei, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, die mit der Glücksspielpolitik verfolgten Ziele festzulegen und einzelne Glücksspielbereiche aufgrund seiner parlamentarischen Einschätzungsprärogative entsprechend auszugestalten (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 76 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - Slg. 2010, I-8149 Rn. 45 f., 58). Das gilt bei bundesstaatlich verfassten Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer föderalen Kompetenzordnung für jeden im Mitgliedstaat tätigen Gesetzgeber. Die unionsrechtlichen Grundfreiheiten begrenzen diese Regelungsbefugnis und verbieten unverhältnismäßige Beschränkungen. Sie verpflichten den Mitgliedstaat jedoch nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen.

53

Nach der unionsgerichtlichen Rechtsprechung liegt eine Inkohärenz wegen konterkarierender Regelungen nicht schon vor, wenn in einem anderen Glücksspielbereich mit gleichem oder höherem Suchtpotenzial eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Politik verfolgt wird, sondern ausdrücklich nur, wenn dies zur Folge hat, dass das der Errichtung des Monopols zugrunde liegende Ziel mit diesem nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 106 und - Carmen Media - a.a.O. Rn. 68). Entgegen der Annahme des Berufungsurteils und der Auffassung der Klägerin ist eine Folgenbetrachtung also nicht entbehrlich. Da die Monopolregelung allein in ihrem Anwendungsbereich wirksam werden kann, können Beeinträchtigungen ihrer Wirksamkeit nur dort ermittelt werden. Danach kommt es auf die Rückwirkungen der gegenläufigen Glücksspielpolitik im anderen Glücksspielsektor auf den Monopolbereich an. Festgestellt werden muss, inwieweit diese Glücksspielpolitik die Wirksamkeit der Monopolregelung und deren Beitrag zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele beeinträchtigt. Darin liegt keine Rückkehr zu einer unzureichenden sektoralen Kohärenzprüfung. Diese blendete mögliche Folgen einer Expansionspolitik in anderen Glücksspielbereichen für den Bereich der Sportwetten aus; die intersektorale Kohärenzprüfung bezieht sie dagegen mit ein. Sie lehnt nur die weitergehende Forderung nach einer alle Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz ab, da für die Geeignetheit der Monopolregelung nur ihr eigener Beitrag zur Zielverwirklichung maßgeblich ist.

54

Zur Widerlegung dieser speziell zum Glücksspielrecht entwickelten Konkretisierung des Kohärenzgebots ist die im angegriffenen Urteil zitierte ältere Rechtsprechung zur Dienstleistungsfreiheit nicht geeignet. Auch auf den Vortrag der Klägerin, der Pressemitteilung des Gerichtshofs sei Gegenteiliges zu entnehmen, kommt es mangels rechtlicher Verbindlichkeit solcher Mitteilungen nicht an. Maßgebend sind die einschlägigen Entscheidungen selbst. Ihre Tenorierung lässt keinen Zweifel daran, dass aus der Feststellung einer gegenläufigen Glücksspielpolitik in einem anderen Bereich mit gleichem oder höherem Suchtpotenzial noch keine Inkohärenz der Monopolregelung folgt. Den Entscheidungsformeln zufolge kann das vorlegende Gericht, wenn es eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Expansionspolitik im Bereich anderer, nicht monopolisierter Glücksspiele mit höherem Suchtpotenzial feststellt, berechtigten Anlass zur Schlussfolgerung haben, das Monopol sei nicht mehr geeignet, das Erreichen des mit ihm verfolgten Ziels dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (jeweils EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Leitsatz 1 d) bzw. - Carmen Media - a.a.O. Leitsatz 2). Danach ist diese Schlussfolgerung nicht zwingend, sondern nur möglicherweise gerechtfertigt. Ob sie zu ziehen ist, ergibt sich nach den Entscheidungsgründen erst aus der Prüfung, ob das Monopol trotz der gegenläufigen Regelung des anderen Glücksspielbereichs noch wirksam zur Verwirklichung der mit ihm verfolgten Ziele beitragen kann. Dies festzustellen, hat der Gerichtshof den mitgliedstaatlichen Gerichten überlassen (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 98, 106 f. und - Carmen Media - a.a.O. Rn. 65, 68, 71).

55

Eine Vorlage an den Gerichtshof wäre auch insoweit nicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV geboten. Die von der Klägerin bestrittene Erforderlichkeit einer Folgenbetrachtung ergibt sich, wie bereits dargelegt, klar und eindeutig aus dem Wortlaut der beiden einschlägigen, zur Kohärenz der deutschen Sportwettenmonopole ergangenen Entscheidungen des Gerichtshofs. Auch die dogmatische Einordnung als Element der Geeignetheit der Monopolregelung, die durch die Auswirkungen einer gegenläufigen Politik in anderen Sektoren beeinträchtigt werden kann, lässt keinen anderen Schluss zu. Der Mittelweg der intersektoralen Kohärenz, die sich weder auf eine Betrachtung des Monopolsektors beschränkt, noch eine in föderalen Mitgliedstaaten kaum zu leistende Gesamtkohärenz fordert, ist damit unmissverständlich vorgegeben. Die spätere Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Glücksspielrecht stellt den eingeschlagenen Mittelweg nicht in Frage. Erst recht lässt sich aus der früheren, das Kassenzahnarztrecht betreffenden Entscheidung in der Rechtssache Petersen (EuGH, Urteil vom 12. Januar 2010 - Rs. C-341/08, Petersen - Slg. 2010, I-47 Rn. 53 ff., 58 ff.) nichts für die Erforderlichkeit einer glücksspielrechtlichen Gesamtkohärenz herleiten. Dort versteht der Gerichtshof den Bereich der kassenzahnärztlichen Tätigkeit, für den eine Altersgrenze geregelt wurde, und den von dieser Regelung nicht erfassten Bereich privatzahnärztlicher Tätigkeit nicht als zwei verschiedene Sektoren. Vielmehr interpretiert er das Fehlen einer Altersgrenze für Privatzahnärzte als Ausnahme von der Regelung der Altersgrenze, die mangels tragfähiger Begründung für diese Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt sei.

56

(2) Soweit das angegriffene Urteil in einer Hilfserwägung die Notwendigkeit einer Folgenbetrachtung unterstellt, verengt es den Blick unzulässig auf aktuelle Spielergruppen, so dass seine tatsächlichen Feststellungen die Annahme, die Monopolregelung habe ihre Wirksamkeit infolge einer gegenläufigen Glücksspielpolitik im Bereich des gewerblichen Automatenspiels verloren, nicht zu tragen vermögen.

57

Richtig ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass die Glücksspielpolitik im Bereich des Automatenspiels nur dann zu Folgewirkungen im Monopolbereich führen könne, wenn sich die Kreise der potenziellen Kunden überschneiden (vgl. § 21 Abs. 2 GlüStV n.F.). Dies ist allerdings nur eine notwendige und noch keine hinreichende Voraussetzung für das Entstehen problematischer Folgewirkungen. Das Berufungsgericht hat eine Überschneidung von Kundenkreisen insbesondere in der Teilgruppe besonders suchtgefährdeter junger männlicher Erwachsener ausgemacht. Es hat sich jedoch mit der weiteren Feststellung begnügt, die expansive Politik im Bereich des Automatenspiels habe zu einer Wanderung eines hohen Anteils von Spielern dieser Teilgruppe vom Bereich der Sportwetten zu dem des Automatenspiels geführt. Diese Feststellung ist in zweifacher Hinsicht unzureichend. Zum einen ist damit noch nicht geklärt, ob die Abwanderung praktisch einen Leerlauf der Monopolregelung zur Folge hat oder diese auf eine Alibifunktion reduziert. Zum anderen lässt die auf eine Abwanderung von (aktuellen) Spielern beschränkte Betrachtung unberücksichtigt, dass es für die Wirksamkeit des Beitrags der Monopolregelung zur Suchtbekämpfung nicht nur auf die bereits aktiven, suchtgefährdeten oder gar spielsüchtigen Spieler ankommen kann. Suchtbekämpfung schließt auch die Suchtprävention mit ein, die potenzielle Kunden bei einer Teilnahme am Glücksspiel vor einer solchen Gefährdung schützt. Erforderlich ist deshalb eine Folgenbetrachtung, die nicht nur die aktuelle, sondern auch die potenzielle Nachfrage nach beiden Glücksspielarten und die Auswirkungen der gegenläufigen Glücksspielpolitik im anderen Sektor auf die Nachfrage im Monopolbereich ermittelt.

58

dd) Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht die Monopolregelung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV wegen ihres Verstoßes gegen Unionsrecht für unanwendbar gehalten. Als primärrechtliche Gewährleistungen binden die Grundfreiheiten die Mitgliedstaaten der Union im jeweiligen Anwendungsbereich unmittelbar, und zwar auch außerhalb der bereits durch sekundäres Unionsrecht harmonisierten Regelungsbereiche. Ihr Anwendungsvorrang schließt eine Anwendung grundfreiheitswidriger Regelungen prinzipiell aus (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010, I-8015 Rn. 53 ff.).

59

Entgegen der Auffassung der Beklagten hält sich diese Rechtsprechung im Rahmen der unionsrechtlichen Kompetenzen und ist auch nicht mit verfassungsrechtlichen Erwägungen in Zweifel zu ziehen. Art. 5 des Vertrages über die Europäische Union i.d.F. des Vertrages von Lissabon - EUV (ABl C 306, 1, ber. ABl 2008, C 111, 56) verbietet der Union zwar, ihre Kompetenzen über den Kreis der ihr jeweils nach Art. 23 Abs. 1 GG übertragenen Hoheitsrechte hinaus auszudehnen. Die vertraglich begründete Rechtsprechungskompetenz des Gerichtshofs nach Art. 267 AEUV schließt jedoch die Befugnis ein, den Anwendungsvorrang der Grundfreiheiten zu konkretisieren. Dass der Anwendungsvorrang von den mitgliedstaatlichen Gerichten aller Instanzen zu beachten ist, ergibt sich aus der Bindung der Mitgliedstaaten an den Vertrag, der als supranationales Primärrecht keiner Transformation bedarf, und aus der Bindung der Gerichte an das geltende Recht, zu dem auch das Unionsrecht zählt. Art. 100 GG greift nicht ein, da weder die Verfassungsmäßigkeit der Norm noch das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts in Frage steht. Eine unionsrechtswidrige und deshalb im konkreten Fall unanwendbare Norm wird wegen des Unionsrechtsverstoßes nicht für nichtig erklärt.

60

Das Rechtsstaatsgebot ist auch nicht etwa verletzt, weil aus einem objektiv-rechtlichen Verstoß eine subjektiv-rechtliche Begünstigung hergeleitet würde. Die subjektiv-rechtliche Gewährleistung ergibt sich aus Art. 49 oder 56 AEUV. Eingriffe in das subjektive Recht sind - wie im mitgliedstaatlichen Recht - im Einklang mit dem Rechtsstaatsgebot nur gerechtfertigt, wenn sie rechtmäßig sind. Daran kann es auch wegen einer Verletzung objektiv-rechtlicher Anforderungen fehlen.

61

b) Die Beklagte meint, auf etwaige Fehler ihrer Ermessensausübung komme es nicht an, weil ihr Ermessensspielraum ohnehin dahin eingeschränkt gewesen sei, dass nur eine Untersagung rechtmäßig gewesen wäre. Dieser Vortrag kann der Revision nicht zum Erfolg verhelfen.

62

aa) Eine Ermessensreduzierung auf Null zulasten der Klägerin hat das Berufungsgericht revisionsrechtlich fehlerfrei verneint. Sie könnte sich aus § 284 Abs. 1 StGB nur ergeben, wenn der Klägerin das Fehlen einer Erlaubnis entgegengehalten werden könnte. Das setzt voraus, dass ihr die Erlaubnis nicht unionsrechtswidrig vorenthalten oder verweigert wurde. Zwar ist der Erlaubnisvorbehalt gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV verfassungs- und unionsrechtskonform. Wegen der Unionsrechtswidrigkeit des Monopols durfte eine Erlaubnis aber nicht schon seinetwegen, sondern nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 u.a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - NVwZ 2013, 785 Rn. 38 f., 48). Diese Voraussetzung war im maßgeblichen Zeitraum in Nordrhein-Westfalen nicht erfüllt, weil dort das Erlaubnisverfahren - im Gegensatz zu anderen Bundesländern wie etwa dem Freistaat Bayern oder Rheinland-Pfalz - nicht für Private geöffnet wurde. Aus den Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts ergibt sich auch nicht, dass die Vermittlungstätigkeit der Klägerin aus monopolunabhängigen Gründen materiell-rechtlich nicht erlaubnisfähig gewesen wäre. Das gilt auch in Ansehung der Feststellung, dass die Klägerin die getätigten Wetten per Internet an den Wettanbieter weitergeleitet habe. Die Vorinstanz konnte ohne revisiblen Rechtsverstoß davon ausgehen, dass ein Verstoß gegen das Internet-Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht schon bei der Online-Übermittlung zuvor terrestrisch vermittelter Wetten an den Wettanbieter vorliegt, sondern nur, wenn die Wetten selbst im Internet abgeschlossen wurden.

63

bb) Die Annahme des Berufungsgerichts, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV räume kein intendiertes Ermessen ein, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Vorschrift ist nach § 137 Abs. 2 VwGO nicht revisibel. Ihre Anwendung durch das Berufungsgericht verkennt auch nicht die Rechtsfigur des intendierten Ermessens, die als Frage der Anwendung des § 40 VwVfG NW gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO der revisionsrechtlichen Prüfung unterliegt. Schließlich berücksichtigt die Beklagte nicht, dass ein intendiertes Ermessen zwar eine nähere Begründung der Ermessensausübung erübrigen, aber keine fehlerhafte Begründung heilen kann.

64

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten wurde der Ermessensfehler schließlich nicht durch die mit Schriftsatz vom 21. September 2011 nachgeschobenen Erwägungen geheilt. Der angegriffene Bescheid konnte schon wegen seiner endgültigen Erledigung vor Abfassung des Schriftsatzes nicht mehr rückwirkend geändert werden. Im Übrigen wäre die rückwirkende Änderung auch verwaltungsverfahrensrechtlich unzulässig gewesen, da sie die wesentlichen Ermessenserwägungen auswechselte und die Klägerin dadurch in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigte (vgl. hierzu Urteile vom 14. Oktober 1965 - BVerwG 2 C 3.63 - BVerwGE 22, 215 <217 f.>, vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 <59> und vom 29. Januar 2001 - BVerwG 11 C 3.00 - Buchholz 401.64 § 6 AbwAG Nr. 3). Die Untersagung war ursprünglich auf die Monopolwidrigkeit der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin und darauf gestützt, dass das Sportwettenmonopol rechtmäßig sei. Dieser Gesichtspunkt war für die nachgeschobene Begründung unerheblich; nunmehr wurde die Untersagung allein mit der formellen und materiellen Illegalität der Wettvermittlung ohne Rücksicht auf das Sportwettenmonopol gerechtfertigt. Gegen einen Austausch der wesentlichen Erwägungen spricht auch nicht, dass beide Begründungen an das Fehlen einer Erlaubnis anknüpfen. Die formelle Illegalität erfüllt den Tatbestand der Untersagungsermächtigung und eröffnet damit nur das Ermessen. Dessen Ausübung muss sich daher nach anderen Kriterien richten. Ob im Austausch der wesentlichen Ermessenserwägungen schon eine Wesensänderung der Untersagung selbst liegt, kann dahinstehen. Jedenfalls wird die Rechtsverteidigung des Betroffenen durch das Auswechseln der wesentlichen Ermessenserwägungen erheblich beeinträchtigt. Die neue Begründung der Untersagung stellt erstmals auf die monopolunabhängigen Anforderungen an die Vermittlung und das Wettangebot ab. Dem Betroffenen bleibt nur, diese Anforderungen zu prüfen und für den bereits abgelaufenen Zeitraum entweder darzulegen, dass sie rechtswidrig waren, oder darzutun, dass seine Tätigkeit mit ihnen übereinstimmte. Soweit die rückwirkende Änderung der Begründung die Erfolgsaussichten der Klage entfallen lässt, kann er darauf nur nachträglich reagieren.

65

d) Ohne revisiblen Rechtsverstoß hat das Oberverwaltungsgericht die angegriffene Untersagungsverfügung auch im Zeitraum von ihrem Erlass bis zum 31. Dezember 2007 für rechtswidrig gehalten. Die Ausübung des durch § 14 OBG NW eröffneten Ermessens war fehlerhaft, weil das Sportwettenmonopol, mit dem die Untersagung begründet wurde, bereits damals gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot verstieß.

66

Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht revisionsrechtlich fehlerfrei darauf abgestellt, dass das nordrhein-westfälische Sportwettenmonopol unter dem damals geltenden Lotteriestaatsvertrag schon die erste der beiden Kohärenzanforderungen nicht erfüllte, weil es nach seiner normativen Ausgestaltung und der damaligen Praxis nicht die vorgeblichen, unionsrechtlich legitimen Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes verfolgte. Zwar nahmen § 1 Nr. 1 und 2, § 4 LoStV diese Ziele auf. Es fehlten jedoch Regelungen, die gewährleisteten, dass das Monopol auch in der Praxis konsequent an diesen legitimen Zielen ausgerichtet wurde. Insoweit durfte das Oberverwaltungsgericht auf die entsprechende bundesverfassungsgerichtliche Würdigung verweisen (zum nordrhein-westfälischen Recht vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Dezember 2006 - 2 BvR 2428/06 - NJW 2007, 1521 = juris Rn. 26 f. mit Verweis auf das Urteil zum bayerischen Sportwettenmonopol vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276) und davon ausgehen, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine konsequent am Ziel der Suchtbekämpfung orientierte Ausgestaltung des Monopolbereichs sich mit den unionsrechtlichen decken. Unionsrechtlich muss die Schaffung eines Monopols mit der Errichtung eines normativen Rahmens einhergehen, mit dem sich gewährleisten lässt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, das festgelegte Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 83). Daran fehlte es nach den insoweit nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, nach denen die - irrevisible - Rechtslage in Nordrhein-Westfalen im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2007 der beanstandeten Rechtslage in Bayern entsprach. Insbesondere fehlten auch in Nordrhein-Westfalen Vorschriften, die eine Beachtung der Grenzen zulässiger Werbung gewährleisteten. Die einschlägigen Regelungen in § 4 Abs. 3 LoStV verboten zwar irreführende und unangemessene Werbung, schlossen eine ausschließlich am Ziel expansiver Vermarktung orientierte Werbung jedoch nicht aus. Darüber hinaus war mangels einer neutralen Kontrollinstanz nicht gewährleistet, dass fiskalische Interessen hinter das Ziel der Suchtbekämpfung zurücktraten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 312 f.; vgl. Kammerbeschluss vom 7. Dezember 2006 a.a.O.).

67

Dass das Bundesverfassungsgericht die Anwendung der verfassungswidrigen bayerischen Monopolregelung für eine Übergangszeit bis längstens zum 31. Dezember 2007 unter bestimmten Maßgaben zugelassen hat (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 319), kann die Anwendung der unionsrechtswidrigen nordrhein-westfälischen Monopolregelung unter dem Lotteriestaatsvertrag nicht rechtfertigen. Auf die Umsetzung der bundesverfassungsgerichtlichen Maßgaben kommt es dabei nicht an, weil sie die Defizite der normativen Ausgestaltung des Monopols weder beheben noch vollständig kompensieren konnte. Die Maßgaben zielten allein darauf, ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen legitimen gesetzlichen Zielen und tatsächlicher Ausübung des Monopols herzustellen. Im Übrigen beschränkten sie sich auf die Forderung, in der Übergangszeit bereits mit einer konsequenten Ausrichtung des Monopols an der Suchtbekämpfung zu beginnen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O.). Das lässt erkennen, dass ihre Erfüllung auch nach der Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts noch keinen verfassungsmäßigen Zustand herstellte. Sie ließ nur eine befristete weitere Anwendung der verfassungswidrigen Norm als verfassungsrechtlich hinnehmbar erscheinen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 317, 319; vgl. Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 Rn. 24).

68

Unionsrechtlich war die übergangsweise Anwendung der unverhältnismäßigen Monopolregelung ohnedies nicht gerechtfertigt. Die Anordnung des Bundesverfassungsgerichts reichte dazu nicht aus. Die übergangsweise Anwendung unionsrechtswidriger Vorschriften kann nur nach Maßgabe des Unionsrechts legitimiert werden. Die Voraussetzungen dafür lagen nicht vor (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010, I-8015 Rn. 60 ff., 67 ff.). Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 24. Januar 2013 (- Rs. C-186/11 u.a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - NVwZ 2013, 785 Rn. 38 f., 46 ff.) keine solche unionsrechtliche Rechtfertigung. Diese Entscheidung bestätigt vielmehr unter Hinweis auf das zitierte Urteil vom 8. September 2010 ausdrücklich, dass ein unionsrechtswidriges Glücksspielmonopol auch nicht übergangsweise weiter angewendet werden darf (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O. Rn. 38 f., 42). Der Mitgliedstaat ist allerdings nicht zu einer Liberalisierung verpflichtet. Er kann sich auch dafür entscheiden, das Monopol unionsrechtskonform zu reformieren (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O. Rn. 46). Jedenfalls ist er aber bei Unionsrechtswidrigkeit des Monopols verpflichtet, Erlaubnisanträge anderer Glücksspielanbieter auch während der Übergangszeit bis zu einer Neuregelung zu prüfen und gegebenenfalls nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu bescheiden (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O. Rn. 39, 48).

69

Die Frage, ob die Niederlassungsfreiheit eine Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in der Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 verboten habe, ist dem Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorzulegen, weil sie nicht entscheidungserheblich ist. Die angegriffene Untersagungsverfügung wurde im hier maßgeblichen Zeitraum Ende 2007 nicht mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts, also der formellen und materiellen Illegalität der konkreten Tätigkeit begründet, sondern mit dem verfassungs- und unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopol. Sofern die Beklagte die Ermessenserwägungen mit Schriftsatz vom 21. September 2011 rückwirkend auswechseln wollte, war dies aus den oben dargelegten Gründen verwaltungsverfahrensrechtlich unzulässig. Auf Bedenken, ob die Untersagung bei Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit des Monopols trotz Fehlens eines unionsrechtskonformen Erlaubnisverfahrens für Private im Übergangszeitraum mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts hätte begründet werden dürfen, kommt es nicht an. Selbst wenn eine solche Untersagung rechtmäßig möglich gewesen wäre, würde dies die tatsächlich getroffene, fehlerhafte Ermessensentscheidung noch nicht rechtmäßig machen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Untersagungsverfügung wegen unerlaubten Glücksspiels.

2

Die Klägerin - ein Medienunternehmen - bot in der Bundesligasaison 2009/2010 auf ihrer Webseite www... ein Bundesligamanagerspiel ("...") an und machte hierfür Werbung. Den Spielregeln zufolge stellt jeder Teilnehmer aus Spielern der ersten Fußballbundesliga eine fiktive Mannschaft zusammen, die während einer Bundesligasaison nach festgelegten Bewertungskriterien mit ebenfalls fiktiven Mannschaften anderer Teilnehmer konkurriert. Pro Mannschaft entrichtet der Teilnehmer, der mit höchstens zehn Mannschaften antreten kann, einen Betrag von 7,99 €, wobei jede dritte Mannschaft eines Teilnehmers kostenlos ist. Nach der Zahlung registrieren sich die Spieler über das Internet und stellen für jeden Spieltag ihre Mannschaft zusammen. Vom Veranstalter erhalten die Teilnehmer laufend Bewertungen für die Spieler ihrer Mannschaft. Es werden monatlich Sachpreise für die besten fünf Teilnehmer der nach Geschicklichkeitsstufen eingeteilten drei Ligen und am Ende der Saison für die Plätze 4 bis 100 ausgeschüttet. Geldpreise erhalten die Bestplatzierten nach der Hin- und Rückrunde (insgesamt je 8 000 €) sowie die drei Bestplatzierten der Gesamtwertung am Ende der Saison (insgesamt 135 000 €). Die Vergabe der Punkte an die Teilnehmer erfolgt zum einen auf der Grundlage der Bewertung der einzelnen Bundesligaspieler durch eine Jury der ...-Redaktion, zum anderen aufgrund bestimmter weiterer Bewertungskriterien, die im Verhältnis zur Redaktionsbewertung der Spieler eine doppelte Wertigkeit haben.

3

Nach Anhörung der Klägerin untersagte ihr das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Verfügung vom 12. November 2009, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Nr. 1). Ferner wurde verfügt, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich einzustellen und die Einstellung vorbezeichneter Tätigkeiten dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Nr. 2). Für den Fall, dass die Klägerin den Verpflichtungen aus den Nummern 1 und 2 der Verfügung bis zwei Wochen nach Bekanntgabe der Verfügung nicht nachkam, wurde ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 10 000 € angedroht (Nr. 3). Zur Begründung der Verfügung wurde ausgeführt: Die Untersagung beruhe auf § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV. Bei dem von der Klägerin veranstalteten Turnier handele es sich um ein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV.

4

Das Verwaltungsgericht hat die dagegen erhobene Anfechtungsklage der Klägerin abgewiesen, weil es sich bei dem von der Klägerin angebotenen Bundesligamanagerspiel um öffentliches Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages handele. Die Klägerin verfüge nicht über die dazu erforderliche Erlaubnis. Zudem verstoße sie gegen das Internetverbot. Die Verfügung sei auch im Übrigen ermessensfehlerfrei.

5

Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12. November 2009 aufgehoben. Ferner hat er festgestellt, dass die Klägerin in Baden-Württemberg ohne Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV berechtigt ist, im Internet das in der Bundesligasaison 2009/2010 unter der Domain www... angebotene Managerspiel zu veranstalten. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV seien nicht gegeben. Bei dem von der Klägerin in der Bundesligasaison 2009/2010 angebotenen Fußballmanagerspiel handele es sich nicht um Glücksspiel im Sinne des Gesetzes. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV liege ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt werde und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhänge. Letzteres könne offenbleiben. Jedenfalls fehle es für die Einordnung als Glücksspiel an dem erforderlichen Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt. Bei dem von der Klägerin erhobenen Betrag von 7,99 € pro Team handele es sich nicht um ein solches Entgelt. Unter "Entgelt" im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV sei nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht werde. Voraussetzung sei vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwachse (sogenannter Einsatz). Daran fehle es bei einer Teilnahmegebühr, die bloß eine Mitspielberechtigung gewähre, etwa um die Spieler an den Aufwendungen für die Organisation des Spiels zu beteiligen. Insoweit stimme der Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV mit dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff des § 284 StGB überein. Das in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vorausgesetzte Entgelt müsse in den Gewinn einfließen. Für diese Deutung sprächen der Wortlaut und die Entstehungsgeschichte des Glücksspielstaatsvertrages, die auf eine Deckungsgleichheit des Glücksspielbegriffs im Glücksspielstaatsvertrag und im Strafrecht schließen ließen. Darüber hinaus stünden nur solche Glücksspiele einer Regelung durch Landesgesetz offen, die der Begriffsbestimmung des § 284 StGB unterlägen. Da die Teilnahmegebühr hier lediglich der Deckung der Veranstaltungskosten, nicht aber der Finanzierung der von Sponsoren zur Verfügung gestellten Gewinne diene, erwachse aus ihr nicht die Gewinnchance des Einzelnen. Die von der Klägerin erhobene Teilnahmegebühr ermögliche lediglich die Teilnahme am Spiel und sei stets verloren.

6

Selbst wenn das Bundesligamanagerspiel als Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages anzusehen sein sollte, sei die Untersagungsverfügung nicht ermessensfehlerfrei ergangen, schon weil der Beklagte offensichtlich unzutreffend davon ausgegangen sei, dass es sich bei dem Fußballmanagerspiel der Klägerin um die strafbare Veranstaltung öffentlichen Glücksspiels nach § 284 StGB handele. Zudem habe der Beklagte nicht sämtliche für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen Gesichtspunkte in seine Erwägungen eingestellt. Zwar könne er sich bei der Ausübung seines Untersagungsermessens von dem Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung und den weiteren in § 1 GlüStV genannten Zielen leiten lassen. Bei relativ geringen Einsätzen, die zudem nur einmal im Jahr - zu Beginn der Bundesligasaison - zu leisten seien und dann zur Teilnahme an dem Managerspiel über den Zeitraum einer ganzen Bundesligasaison berechtigten, sei jedoch die Gefahr, dass die Spielsucht die Lebensgrundlage zerstören und zu Beschaffungskriminalität führen könne, ebenso nahezu ausgeschlossen wie die Gefahr der Geldwäsche, Manipulation oder nicht ordnungsgemäßer Gewinnauszahlung durch den Veranstalter. Kennzeichnend für das pathologische Glücksspiel und dessen Gefahren sei insbesondere das Kriterium des sich wiederholenden und gegebenenfalls steigernden Einsatzes zur Erreichung und Steigerung des Gewinns. Dies sei bei dem Managerspiel der Klägerin nicht gegeben.

7

Zur Begründung seiner Revision trägt der Beklagte im Wesentlichen vor: Der Verwaltungsgerichtshof gehe von einem fehlerhaften Verständnis des § 284 StGB aus. Der Strafrechtsgesetzgeber habe den Begriff des Glücksspiels nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei neben der Zufallsabhängigkeit die Zahlung eines Einsatzes erforderlich. Unter Einsatz verstehe der Bundesgerichtshof eine Leistung, die erbracht werde in der Hoffnung, im Falle eines Gewinns eine gleich oder höhere Leistung zu erhalten, und in der Befürchtung, dass diese im Falle des Verlierens dem Gegenspieler oder dem Veranstalter anheim falle. Diese Definition verlange nicht, dass der Einsatz zur Finanzierung der Gewinne herangezogen werde. Wende man diese Maßstäbe des Bundesgerichtshofs auf das Managerspiel der Klägerin an, dann handele es sich bei dem Entgelt, das je nach der Zahl der Mannschaften pro Spieler zwischen 7,99 € und 55,93 € betrage, um einen Einsatz im Sinne des § 284 StGB. Es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung des Entgelts und der Möglichkeit, die ausgelobten Gewinne zu erhalten. Da diese Gewinne im Verhältnis zu dem zu zahlenden Entgelt sehr hoch seien, dürfte die Aussicht auf die ausgelobten Gewinne für viele Spieler auch einen Anreiz setzen, an dem Spiel teilzunehmen. Es sei anerkannt, dass auch kleine Lotterien im Sinne des § 18 GlüStV, deren Gewinne häufig von Sponsoren finanziert würden, Glücksspiele im Sinne des Gesetzes seien. Der Verwaltungsgerichtshof verkenne auch, dass bei jedem Glücksspiel der Einsatz stets verloren sei. Der Spieler erhalte den Einsatz im Falle eines Gewinnes nicht zurück, sondern erhalte nur den Gewinn. Man könne bei dem Entgelt des Managerspiels auch keine Parallele zu den Eintrittsgeldern bei den Spielbanken ziehen, die in der Tat nicht als glücksspielrechtliches Entgelt angesehen werden könnten. Überdies habe der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des Begriffs "öffentliches Glücksspiel" entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs bewusst weiter gefasst als der Strafgesetzgeber und dazu im Glücksspielstaatsvertrag eine eigene gesetzliche Definition des Glücksspiels aufgenommen. Danach sei das Vorliegen eines Glücksspiels nur dann ausgeschlossen, wenn für die Teilnahme an dem Spiel keinerlei Entgelt verlangt werde. Bei Glücksspielen im Internet liege stets eine Ermessensreduktion auf Null vor. Nichts anderes könne beim Anbieten von Glücksspielen über das Internet gelten. Der Verwaltungsgerichtshof habe auch das Verhältnismäßigkeitsgebot fehlerhaft angewendet. Eine Untersagungsverfügung, die der Klägerin nur das untersage, was ihr auch kraft Gesetzes verboten sei, belaste die Klägerin nicht zusätzlich.

8

Der Beklagte beantragt,

das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2012 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2010 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zurückzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,

die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12. November 2009 aufgehoben und festgestellt wird, dass das von der Klägerin in der Bundesligasaison 2009/2010 im Internet unter der Domain www... angebotene "Managerspiel" kein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV ist.

10

Sie verteidigt das angegriffene Urteil des Berufungsgerichts.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Beklagten ist nicht begründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat den streitgegenständlichen Bescheid vom 12. November 2009 zu Recht aufgehoben (1.). Seine Feststellung, dass das von der Klägerin in der Bundesligasaison 2009/2010 in Baden-Württemberg ohne Erlaubnis im Internet angebotene und dort beworbene Fußballmanagerspiel kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages ist, hält der revisionsgerichtlichen Prüfung stand (2.).

12

1. Die Anfechtungsklage der Klägerin hat schon deshalb Erfolg, weil die Untersagungsverfügung vom 12. November 2009 in ihrer Nummer 1 als Einzelfallregelung nicht dem Bestimmtheitserfordernis genügt (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG, § 37 Abs. 1 LVwVfG BW, Art. 20 Abs. 3 GG). Revisionsrechtlich fehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Klägerin damit nicht nur das für die Bundesligasaison 2009/2010 angebotene Glücksspiel untersagt wird, sondern darüber hinaus die Veranstaltung, Vermittlung, Werbung oder Unterstützung weiteren öffentlichen Glücksspiels, obwohl nichts dafür ersichtlich ist, dass die Klägerin neben dem Angebot des Bundesligamanagerspiels andere Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV angeboten hätte oder deren Veranstaltung für die Zukunft beabsichtigte.

13

Gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG, § 37 Abs. 1 LVwVfG BW muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss, zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (Urteil vom 15. Februar 1990 - BVerwG 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <338> = Buchholz 406.11 § 39b BBauG Nr. 1).

14

Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (stRspr; vgl. Beschluss vom 4. Dezember 2008 - BVerwG 2 B 60.08 - juris Rn. 2 m.w.N.). Bei der Ermittlung dieses objektiven Erklärungswertes sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsakts (Urteil vom 18. Juni 1980 - BVerwG 6 C 55.79 - BVerwGE 60, 223 <228 f.> = Buchholz 448.0 § 25a WPflG Nr. 2). Die Begründung hat einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Regelungsgehalt. Sie ist die Erläuterung der Behörde, warum sie den verfügenden Teil ihres Verwaltungsakts so und nicht anders erlassen hat. Die Begründung bestimmt damit den Inhalt der getroffenen Regelung mit, sodass sie in aller Regel unverzichtbares Auslegungskriterium ist (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 39 Rn. 26 m.w.N.).

15

In Nummer 1 der angefochtenen Verfügung wird der Klägerin allgemein untersagt, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen. Dass der Beklagte damit nicht nur das von der Klägerin in der Bundesligasaison 2009/2010 im Internet angebotene und beworbene Spiel untersagte, sondern jegliche künftigen Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben wird, verdeutlicht die Begründung des Bescheids auf Seite 7. Mit dieser weiten Fassung der Untersagungsverfügung hat der Beklagte keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung getroffen, sondern lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wiedergegeben und deren Konkretisierung offengelassen.

16

2. Die Feststellungsklage ist ebenfalls zulässig und begründet. Der Verwaltungsgerichtshof ist zu Recht davon ausgegangen, dass das von der Klägerin angebotene Glücksspiel im Internet kein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV ist.

17

a) Bedenken bezüglich der Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen nicht.

18

Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (§ 43 Abs. 2 VwGO). Diese Subsidiaritätsregelung will eine unnötige Feststellungsklage vermeiden, wenn dem Kläger eine andere sachnähere oder effektivere Klageart zur Verfügung steht. Aus Gründen der Prozessökonomie soll der Rechtsschutz auf dasjenige Verfahren konzentriert werden, welches seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird.

19

Die Anfechtungsklage gegen die Untersagungsverfügung stellt für die Klägerin keinen gleich wirksamen Rechtsschutz dar. Namentlich ist offen, ob die Anfechtungsklage zur Klärung der Frage führt, ob das von der Klägerin betriebene Managerspiel ein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages ist. Für die Klägerin bestand die Gefahr, dass diese Frage im gerichtlichen Verfahren nicht entscheidungserheblich wird, etwa wegen der fehlenden Bestimmtheit der Verfügung oder wegen Ermessensfehlern. Wirksamen und effektiven Rechtsschutz bezüglich der Zulässigkeit ihres Geschäftsmodells konnte sie nur über eine zusätzliche Feststellungsklage erreichen.

20

b) Der Verwaltungsgerichtshof hat das von der Klägerin angebotene Fußballmanagerspiel zu Recht nicht als Glücksspiel angesehen. Seine Annahme, die von der Klägerin geforderten 7,99 € seien als Teilnahmegebühr zu qualifizieren und nicht als Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Da das Revisionsgericht diejenige Rechtslage zugrunde legen muss, die das Berufungsgericht, entschiede es jetzt, anzuwenden hätte (stRspr; vgl. Urteil vom 18. Dezember 1992 - BVerwG 7 C 16.92 - BVerwGE 91, 334 <338> = Buchholz 113 § 12 InVorG Nr. 1; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO-Kommentar, Rn. 23 zu § 137; jeweils m.w.N.), beurteilt sich dies nach dem Glücksspielstaatsvertrag in der Fassung des am 1. Juli 2012 in Baden-Württemberg in Kraft getretenen Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Glücksspielstaatsvertrages vom 15. November 2011 - GlüStV -, der gemäß § 33 GlüStV nunmehr revisibel ist.

21

(1) Ein Glücksspiel liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV). Der Verwaltungsgerichtshof hat die Frage der Zufallsabhängigkeit offengelassen und darauf abgestellt, dass es bei dem Fußballmanagerspiel der Klägerin jedenfalls an dem erforderlichen Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt fehle. Das Zahlungsverlangen von 7,99 € pro Team sei eine Teilnahmegebühr an dem Spiel und kein Entgelt im Sinne des Gesetzes.

22

Zu Recht geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass das Tatbestandsmerkmal des Entgelts für den Erwerb einer Gewinnchance gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV sich mit dem des Einsatzes für ein Glücksspiel im Sinne des § 284 StGB jedenfalls insoweit deckt, als verlangt wird, dass die Gewinnchance gerade aus dem Entgelt erwächst. Das Berufungsurteil nimmt nur unzutreffend an, dies setze eine Verwendung des Entgelts zur Finanzierung der Gewinne voraus. Stattdessen genügt es, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Entgelt und Gewinnchance besteht. Dazu muss die Gewinnchance - und nicht der Gewinn selbst - sich gerade aus der Entgeltzahlung ergeben. Daran fehlt es, wenn mit ihr lediglich die Berechtigung zur Teilnahme erworben wird. Dann handelt es sich nur um eine Teilnahmegebühr mit der Folge, dass kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vorliegt.

23

Diese Auslegung ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang der glücksspielrechtlichen Regelung mit § 33h Nr. 3 Gewerbeordnung (GewO), der seinerseits auf § 284 StGB Bezug nimmt. Sie entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und ist mit dessen Wortlaut und der Entstehungsgeschichte vereinbar.

24

§ 33h GewO normiert das Verhältnis der gewerberechtlichen Vorschriften, die Gewinnspiele betreffen, zu den landesrechtlichen, ordnungsrechtlichen Glücksspielregelungen. Im Rahmen seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft gemäß Art. 74 Nr. 11 Grundgesetz (GG) hat der Bundesgesetzgeber das gewerbliche Aufstellen von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit (§ 33c GewO) sowie das gewerbliche Veranstalten anderer Spiele mit Gewinnmöglichkeit (§ 33d GewO) unter Erlaubnisvorbehalt gestellt und in §§ 33c ff. GewO näher geregelt. § 33g Nr. 2 GewO normiert einen Vorbehalt, die Erlaubnispflicht auf bestimmte nicht gewerbsmäßig betriebene Gewinnspiele auszudehnen. §§ 33c bis 33g GewO sind nach § 33h Nr. 1 und 2 GewO jedoch nicht auf die dort aufgeführten Spielbanken, Lotterien und Ausspielungen anzuwenden. Nach § 33h Nr. 3 GewO gelten sie auch nicht für diejenigen "anderen" Spiele im Sinne des § 33d Abs. 1 Satz 1 GewO, die Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB sind. Diese - und nur diese - "anderen" Spiele bleiben der Regelung durch den Landesgesetzgeber im Rahmen seiner Kompetenz für das Ordnungsrecht überlassen. Die Übrigen, die nicht unter § 284 StGB fallen, sind in § 33d Abs. 1 Satz 1 GewO detailliert und abschließend geregelt. Diese Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Gewerbeordnung vollzieht die Abgrenzung zwischen der Bundesgesetzgebungskompetenz für das Wirtschaftsrecht und der Landesgesetzgebungskompetenz für das Ordnungsrecht nach (vgl. BTDrucks 8/1863 S. 10 f.; Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 33h, Stand: Mai 2011, Rn. 1). Sie steht nicht zur Disposition des Landesgesetzgebers. Er darf den ordnungsrechtlichen Begriff des Glücksspiels bei "anderen" Spielen mit Gewinnmöglichkeit, wie dem hier umstrittenen Fußballmanagerspiel, nicht weiter fassen als den Glücksspielbegriff des § 284 StGB. Das Tatbestandsmerkmal des für den Erwerb einer Gewinnchance verlangten Entgelts im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV darf deshalb nicht weiter ausgelegt werden als der Begriff des Einsatzes, der Bestandteil der Definition des Glücksspiels im Sinne des § 284 StGB ist.

25

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zu jedem Glücksspiel in dem in § 284 StGB vorausgesetzten Sinn ein Einsatz; denn bei einem Glücksspiel geht es um die Erzielung eines Gewinns oder um den Verlust eines Einsatzes. Unter den Begriff des Einsatzes fällt jede Leistung, die in der Hoffnung erbracht wird, im Falle des Gewinnens eine gleiche oder höherwertige Leistung zu erhalten, und in der Befürchtung, dass sie im Falle des Verlierens dem Gegenspieler oder dem Veranstalter anheim fällt. Wegen der notwendigen Abgrenzung zum bloßen Unterhaltungsspiel darf der Einsatz allerdings nicht nur ganz unbeträchtlich sein. Von einem Glücksspieleinsatz kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn zwischen Aufwendung eines Vermögenswerts und dessen Gewinn oder Verlust ein notwendiger Zusammenhang besteht (BGH, Beschluss vom 29. September 1986 - 4 StR 148/86 - BGHSt 34, 171 <171 ff.> m.w.N.). Daraus folgt auch für den ordnungsrechtlichen Glücksspielbegriff, dass sich bereits aufgrund der Zahlung des Entgelts die Gewinnchance oder die Verlustmöglichkeit ergeben muss. Daran fehlt es, wenn erst weitere Umstände wie etwa das Verhalten von Mitspielern oder Aktivitäten des Spielteilnehmers selbst die Gewinnchance oder Verlustmöglichkeit entstehen lassen. Für den erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Zahlung des Entgelts und der Gewinn- oder der Verlustmöglichkeit genügt nicht schon, dass die Zahlung die Berechtigung zur Teilnahme am Spiel vermittelt.

26

Der Sinn und Zweck des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV spricht ebenfalls dafür, als Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance nur einen Einsatz im Sinne des strafrechtlichen Glücksspielbegriffs zu verstehen. Die ordnungsrechtliche Regelung dient nach § 1 GlüStV dazu, die Spielsucht zu bekämpfen, den Jugendschutz zu gewährleisten und vor Begleitkriminalität zu schützen. Dieser Zweck erfordert nicht, über einen Einsatz hinaus auch eine bloße Teilnahmegebühr in den Tatbestand einzubeziehen. Nach den tatsächlichen Annahmen der Vorinstanz besteht die potenziell zur Spielsucht führende Versuchung, die Gewinnchancen durch Erhöhen des Einsatzes steigern und erlittene Verluste mit weiteren Einsätzen wettmachen zu wollen, bei einer festen Teilnahmegebühr nicht oder jedenfalls nicht in vergleichbarem Maß. Gleiches gilt für das Risiko kriminellen Verhaltens. An diese Feststellungen ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO mangels wirksamer Verfahrensrügen gebunden. Selbst der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass von dem Fußballmanagerspiel für die Spieler keine Suchtgefahr ausgehe.

27

Diese Feststellungen lassen die Auslegung des Entgelterfordernisses im Sinne eines Einsatzes auch verfassungsrechtlich geboten erscheinen. Vor dem rechtsstaatlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit sind die Beschränkungen durch den Glücksspielstaatsvertrag nur gerechtfertigt, soweit sie zur Bekämpfung der genannten Gefahren geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sind. Bei Spielen, für die kein Einsatz, sondern nur eine Teilnahmegebühr verlangt wird, gehen die glücksspielrechtlichen Anforderungen an die Aufklärung der Spieler, das Erstellen eines Sozialkonzepts und ein System der Spielersperre (§§ 6 bis 8 GlüStV) weit über das zur Suchtbekämpfung erforderliche Maß hinaus. Den Anforderungen des Jugendschutzes und der Abwehr krimineller Taten kann bereits durch eine Regulierung auf dem Niveau des § 33d GewO Rechnung getragen werden. Dass die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages auf ein wesentlich höheres Gefahrenniveau zugeschnitten sind, zeigen die Bestimmungen über die Ausnahmen vom Internetverbot (§ 4 Abs. 5 GlüStV), die eine Freigabe bei Einsätzen bis zu 1 000 € monatlich zulassen, und die Öffnung des Glücksspielstaatsvertrages bezüglich der Erlaubniserteilung für Lotterien mit geringerem Gefährdungspotenzial (vgl. §§ 12 ff. GlüStV). Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist entgegen der Auffassung des Beklagten jeweils die konkrete Spielgestaltung in den Blick zu nehmen und nicht auf eine mögliche Gefährdung durch ein Zusammenwirken aller auf dem Markt angebotenen Glücksspiele abzustellen.

28

(2) Bei dem von der Klägerin angebotenen Fußballmanagerspiel ist der erforderliche notwendige Zusammenhang zwischen der Zahlung des Entgelts und der Gewinnchance bzw. der Verlustmöglichkeit nicht gegeben. Nicht die bloße Zahlung hat eine Gewinnchance zur Folge, sondern erst das sich daran anschließende Spielverhalten des jeweiligen Spielteilnehmers und seiner Mitkonkurrenten. Eine Gewinnchance eröffnet sich nicht schon mit der entgeltlichen Registrierung, sondern erst und nur, wenn der Teilnehmer sich entscheidet, sich in das Spielgeschehen einzubringen und den in der Spielsaison erforderlichen zeitlichen Aufwand zu investieren. Diese Entscheidung erfolgt unabhängig von der Zahlung des Entgelts. Der Teilnehmer kann auch jederzeit aus dem Spiel wieder aussteigen, ohne dass für ihn ein Anreiz besteht, einen Vermögensverlust wieder wettmachen zu wollen. Das Entgelt für die Registrierung erhält er in keinem Fall zurück. Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, bei dem von der Klägerin geforderten Betrag handele es sich nur um eine Teilnahmegebühr, ist in Anbetracht des dargestellten Spielmodells revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Tatbestand

1

Die Klägerin beabsichtigt, eine Werbeaktion durchzuführen, bei der jedem Kunden, der innerhalb eines vorab festgelegten Aktionszeitraums in ihrem Einrichtungshaus Waren für mindestens 100 € erwirbt, der Kaufpreis zurückerstattet wird, wenn es an einem vorbestimmten Stichtag zwischen 12.00 und 13.00 Uhr am Flughaften Stuttgart mindestens eine Niederschlagsmenge von 3 l/qm regnet. Um den Kaufpreis zurückzuerlangen, müssen sich die Kunden bei Erfüllung dieser Voraussetzungen nach dem Stichtag bei der Klägerin melden und ihre Einkäufe während des Aktionszeitraums nachweisen.

2

Mit dem auf Antrag der Klägerin ergangenen Bescheid vom 2. November 2011 stellte der Beklagte fest, dass es sich bei der geplanten Werbeaktion um ein erlaubnispflichtiges Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV handele. Dies folge insbesondere daraus, dass der gezahlte Kaufpreis als Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance anzusehen sei.

3

Der auf die Aufhebung des Bescheides sowie auf die Feststellung, dass es sich bei der geplanten Werbeaktion um kein Glücksspiel nach § 3 Abs. 1 GlüStV handele, gerichteten Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 15. März 2012 stattgegeben.

4

Die dagegen vom Beklagten eingelegte Berufung hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 9. April 2013 zurückgewiesen. In der Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Da von dem jeweiligen Kunden kein Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance gefordert werde, handele es sich bei der Werbeaktion der Klägerin nicht um ein Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV. Der Kunde leiste den Kaufpreis für den Erwerb der gekauften Ware. Es werde auch kein verdecktes Entgelt verlangt, da die Ware mit Blick auf die Werbeaktion nicht teurer verkauft werde. Selbst wenn man mit dem vom Beklagten favorisierten weiten Entgeltbegriff jedes Vermögensopfer im Rahmen des "Entgelts" genügen lasse, werde dieses jedenfalls nicht "im Rahmen eines Spiels" erbracht, sondern für die gekaufte Ware geleistet.

5

Mit seiner dagegen eingelegten Revision macht der Beklagte insbesondere geltend, der von der Klägerin von ihrem Kunden geforderte Kaufpreis für die Waren habe eine Doppelfunktion. Seine Zahlung sei als "verdecktes" glücksspielrechtliches Entgelt zu werten, da die Kaufpreiszahlung zwingende Voraussetzung für den Erwerb der Gewinnchance sei, der Verkaufspreis über dem objektiven Wert der Ware liege und der Kunde den Kauf im Hinblick auf die Gewinnchance tätige. In der Kaufpreiszahlung liege damit jedenfalls auch der Erwerb einer Gewinnchance im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV. Er beantragt,

die Urteile des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. März 2012 und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 9. April 2013 zu ändern und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie verteidigt das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision hat keinen Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Sowohl die Anfechtungs- als auch die Feststellungsklage der Klägerin sind zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 2. November 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

9

Der Verwaltungsgerichtshof hat die von der Klägerin geplante Werbeaktion zu Recht nicht als Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) qualifiziert. Da das Revisionsgericht diejenige Rechtslage zugrunde legen muss, die das Berufungsgericht, entschiede es jetzt, anzuwenden hätte (stRspr; vgl. u.a. Urteile vom 18. Dezember 1992 - BVerwG 7 C 16.92 - BVerwGE 91, 334 <338> = Buchholz 113 § 12 InVorG Nr. 1 und vom 16. Oktober 2013 - BVerwG 8 C 21.12 - BVerwGE 148, 146 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 289 = GewArch 2014, 217 m.w.N.), beurteilt sich dies nach dem Glücksspielstaatsvertrag in der Fassung des am 1. Juli 2012 in Baden-Württemberg in Kraft getretenen Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Glücksspielstaatsvertrages vom 15. November 2011 (GBl vom 29. Juni 2012, S. 387), der nunmehr gemäß § 33 GlüStV revisibel ist.

10

Ein Glücksspiel liegt nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vor, wenn im Rahmen eines Spieles für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 16. Oktober 2013 (a.a.O. "Super-Manager-Spiel") und vom 22. Januar 2014 (BVerwG 8 C 26.12 - juris - "Poker-Turnier") bereits entschieden, dass sich jedenfalls das Tatbestandsmerkmal des "Entgelts für den Erwerb einer Gewinnchance" gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV mit dem des "Einsatzes" für ein Glücksspiel im Sinne des § 284 StGB insoweit deckt, als verlangt wird, dass die Gewinnchance gerade aus dem Entgelt erwächst (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 29. September 1986 - 4 StR 148/86 - BGHSt 34, 171 <175 f.>). Das ist der Fall, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Entgelt und Gewinnchance besteht. Dazu muss sich die Gewinnchance gerade aus der Entgeltzahlung ergeben. Hieran hält der Senat auch nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage fest.

11

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Auch während der geplanten Werbeaktion entrichten die Kunden bei ihren Einkäufen im Einrichtungszentrum der Klägerin den Kaufpreis nicht für den Erwerb einer Gewinnchance, sondern für die zu erwerbende Ware. Für Waren mit einem Preis unter 100 € steht dies zwischen den Parteien nicht im Streit. Nichts anderes gilt aber auch für den Kauf von Möbeln oder anderen Einrichtungsgegenständen zu einem Preis von 100 € oder mehr. Auch dann ist Gegenstand des Rechtsgeschäfts der Erwerb der Ware. Hierauf ist die Kaufentscheidung ausgerichtet; hiervon wird sie geprägt. Die Kunden wollen dabei ein Möbelstück oder einen anderen Kaufgegenstand zu einem marktgerechten Preis erwerben. Auch während der Werbeaktion haben sie die Möglichkeit, Preisvergleiche bei Konkurrenten anzustellen und ihre Kaufentscheidung zur Deckung des von ihnen gesehenen Bedarfs an der zu erwerbenden Ware frei zu treffen. Ob der Kaufentschluss dabei von anderen Motiven der Käufer, von in Aussicht gestellten Rabatten oder Zugaben oder anderen Werbemaßnahmen des Einrichtungszentrums beeinflusst wird oder nicht, ist für Inhalt und Gegenstand des Rechtsgeschäfts ohne Bedeutung. Entscheidend ist, dass der Kaufpreis für den Erwerb der Ware verlangt und entrichtet wird.

12

Während der von der Klägerin geplanten Werbeaktion wird für die dem Warenkauf nachfolgende Beteiligung von Kunden an der Aktion zur Rückerstattung des Kaufpreises kein Entgelt verlangt. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin für den Fall des Eintritts bestimmter Bedingungen ausgelobte Rückerstattung des Kaufpreises als eine gemäß § 158 Abs. 1 BGB aufschiebend bedingte Schenkung qualifiziert. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ob die Kunden daran teilnehmen, bleibt ihrer freien Entscheidung überlassen. Sie können die gekaufte Ware unabhängig von ihrer nachfolgenden Beteiligung oder Nichtbeteiligung an der Gewinnaktion in jedem Falle behalten. Das mit der Rückerstattung des Kaufpreises verbundene Verlustrisiko, das nicht durch im Rahmen der Werbeaktion erzielte höhere Umsätze und Gewinne ausgeglichen wird, trägt die Klägerin, nicht jedoch der jeweilige Kunde. Diese Risiken sucht die Klägerin nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen durch eine Versicherung abdecken zu lassen.

13

Von den Kunden wird auch kein Entgelt in verdeckter Form für den Erwerb einer Gewinnchance verlangt. Die Klägerin nimmt nach den tatrichterlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs während des Aktionszeitraums keine Anhebung der Verkaufspreise vor. Sie werden insbesondere nicht im Hinblick auf die Werbeaktion erhöht.

14

Der Hinweis der Beklagten auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 4. Februar 1958 (5 StR 579/57 - BGHSt 1, 209 <210> gibt zu einer anderen Beurteilung keine Veranlassung. Das folgt schon daraus, dass der jener Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt ein anderer war. Ausweislich der getroffenen gerichtlichen Feststellungen musste damals jeder, der den Veranstaltungsraum der "H." betreten und sich an dem angebotenen Roulettespiel beteiligen wollte, mindestens eine Verzehrkarte für 20 DM kaufen, der zehn "Gratischips" beigefügt waren. Die Entrichtung des Entgelts von 20 DM war mithin auf die Teilnahme an dem Roulettespiel ausgerichtet, für das die "Gratischips" benötigt wurden. Daran ändert auch nichts, dass die Besucher neben den "Gratischips" Verzehrkarten für Getränke und Speisen erhielten, wobei das Urteil ausdrücklich offen ließ, ob die Getränke und Speisen gleichwerte Gegenleistungen waren.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen Ziffer 1 und 2 des Bescheids der Regierung der Oberpfalz vom 12. November 2013 weiter.

Die Antragstellerin betreibt in A. eine Annahmestelle zur Vermittlung des Glücksspielangebots der Staatlichen Lotterieverwaltung (SLV), die sich in einer Ladenpassage befindet. Sie erhielt mit Bescheid vom 30. Oktober 2008 eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a. F., im Ladengeschäft als Annahmestelle der SLV die von der SLV veranstalteten Glücksspiele zu vermitteln. Diese Erlaubnis enthält einen Widerrufsvorbehalt. Sie wurde mit Bescheid vom 2. November 2011 bis 31. Dezember 2015 verlängert.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2013 wies der Antragsgegner die Antragstellerin auf die Rechtsänderungen im Glücksspieländerungsstaatsvertrag hin, wonach gemäß § 21 Abs. 2 GlüStV ab dem 1. Juli 2012 in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden dürfen. In der Ladenpassage, in der die Antragstellerin ihre Annahmestelle betreibe, befinde sich eine Spielhalle. Es sei beabsichtigt, die Erlaubnis hinsichtlich der Vermittlung der von der SLV veranstalteten Sportwetten zu widerrufen und ein Verbot für die Annahme der Sportwettenprodukte zu erlassen.

Mit Bescheid vom 12. November 2013 widerrief der Antragsgegner die Erlaubnis vom 30. Oktober 2008, zuletzt geändert mit Bescheid vom 2. November 2011, mit Wirkung zum 2. Dezember 2013 insoweit, als sie die Vermittlung der von der SLV veranstalteten Sportwetten umfasst, und untersagte ab dem 3. Dezember 2013 die Annahme von Sportwetten. Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheids wurde angeordnet. Bei der Erlaubnis handle es sich um einen rechtmäßigen Verwaltungsakt, dessen Widerruf im Bescheid vom 30. Oktober 2008 ausdrücklich vorbehalten sei. Der teilweise Erlaubniswiderruf sei geeignet, das damit verfolgte Ziel zu erreichen. Genauso wenig sei ein milderes Mittel ersichtlich, um dieses Ziel zu erreichen. § 21 Abs. 2 GlüStV diene der Suchtprävention. Der Widerruf der Erlaubnis setze nur die materiell ohnehin zu beachtende Regelung um. Letztlich seien Erlaubnisse zur Vermittlung von Glücksspielen stets widerruflich zu erteilen und zu befristen. Ein Vertrauen in den Fortbestand einer einmal erteilten Erlaubnis könne im konkreten Fall daher allenfalls sehr vage sein. Der Bestand der Annahmestelle sei nicht gefährdet. Nach den Geschäftsberichten der SLV Bayern für die Jahre 2010 und 2011 würden die Umsätze aus Oddset-Wetten zusammen etwa 3% des Gesamtumsatzes der Annahmestellen betragen.

Am 5. Dezember 2013 erhob die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid vom 12. November 2013 und beantragte mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2013, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage bezüglich Ziffer 1 wiederherzustellen und bezüglich Ziffer 2 anzuordnen.

Mit Beschluss vom 28. Januar 2014 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag ab. Der Antragsgegner habe das Widerrufsermessen gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 BayVwVfG pflichtgemäß ausgeübt. Bei § 21 Abs. 2 GlüStV handle es sich um eine verfassungsgemäße Verbotsnorm, die von der Antragstellerin zu beachten sei und deren tatbestandliche Voraussetzungen vorlägen. Die Übergangsregelung in § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV entbinde nicht von der Einhaltung der sonstigen, nicht in § 10a Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV geregelten, materiellen Anforderungen des GlüStV, wie § 29 Abs. 1 Satz 1 GlüStV klarstelle. Daher sei § 21 Abs. 2 GlüStV seit 1. Juli 2012 bindendes Recht. Die Sportwettenvermittlungsstelle der Antragstellerin befinde sich in demselben Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem auch eine Spielhalle betrieben werde. Im vorliegenden Fall befänden sich die Annahmestelle und die Spielhalle in einem Gebäude. Der Gebäudebegriff umfasse auch nicht unmittelbar nebeneinander liegende Ladenlokale innerhalb einer Anlage, zwischen denen ohne besonderen Aufwand, z. B. ohne die geschützte Anlage verlassen zu müssen, hin- und hergewechselt werden könne. Man könne ohne den überdachten Bereich verlassen zu müssen von der Spielhalle zur Sportwettenvermittlungsstelle der Antragstellerin und umgekehrt wechseln. Auch wenn der Begriff des Gebäudekomplexes möglicherweise einschränkend auszulegen sei, könne dies hier zumindest im einstweiligen Rechtsschutz dahinstehen. Ein Zugang zur Spielhalle liege genau gegenüber der Annahmestelle, der andere sei nur erreichbar, wenn man an der Annahmestelle vorbeigehe. Es bestehe somit ein enger räumlicher Zusammenhang zwischen dem Angebot eines Wettbüros und einer Spielhalle, so dass von einem das Trennungsgebot rechtfertigenden engen räumlichen Zusammenhang wie bei einem Gebäude ausgegangen werden könne. § 21 Abs. 2 GlüStV sei eine Verbotsnorm, welche Konfliktfälle zulasten des Sportwettenvermittlers auflöse. Diese Vorschrift sei auch verfassungsgemäß. Sie verstoße nicht gegen das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Vermittlungserlaubnis der Antragstellerin genieße nicht den Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG. Ob der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb als Sach- und Rechtsgesamtheit seiner Substanz nach den Eigentumsschutz gemäß Art. 14 Abs. 1 GG genieße, könne offen bleiben. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV sei als Inhalts- und Schrankenbestimmung jedenfalls verhältnismäßig. Auf Seiten des Spielhallenbetreibers seien regelmäßig hohe Investitionen notwendig, um die entsprechenden, genehmigungsfähigen baulichen Anlagen zu schaffen. Hinzu kämen die Investitionen für die Spielgeräte selbst. Dagegen bedürfe es zur Vermittlung von Sportwetten keiner besonderen Investitionen, da diese im Rahmen ohnehin bestehender Betriebsstrukturen vermittelt würden. Die Vermittlung von Sportwetten sei nicht das einzige Geschäft der Annahmestellenbetreiber. Die Umsätze aus Sportwetten betrügen nur 2,8% bzw. 3 bis 5% des Gesamtumsatzes. Die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG sei nicht verletzt. Es werde auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Juni 2013, Az. 10 CS 13.145, verwiesen. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liege ebenfalls nicht vor. Der Konflikt zwischen Spielhallenbetreibern und Sportwettenvermittlern sei erkannt worden und durch § 21 Abs. 2 GlüStV klar und eindeutig aufgelöst worden. Spielhallen erführen den größeren Bestandsschutz, weil ihre Errichtung größere Investitionen notwendig mache. Die Ansiedlung einer neuen Spielhalle bedürfe der Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV i.V. mit Art. 9 AGGlüStV, die nur erteilt werden dürfe, wenn die Errichtung und der Betrieb der Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV nicht zuwider liefen. Hier könne dann für nicht bestandsgeschützte Spielhallen der Kollisionsfall des § 21 Abs. 2 GlüStV auch zu einer Versagung der beantragten Spielhallenerlaubnis führen. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV entfalte unechte Rückwirkung. Eine solche sei aber nur dann unzulässig, wenn das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage schutzwürdiger sei als die mit der Rechtsänderung verfolgten Anliegen. Insbesondere bedürfe es keiner Übergangsregelung. Es seien die wichtigen Regelungsanliegen des Gesetzgebers zu bedenken. Auch habe die Antragstellerin nach alter Rechtslage nicht unbegrenzt darauf vertrauen können, dass die Sportwetten des staatlichen Monopolveranstalters, ohne eine Rechtsänderung befürchten zu müssen, vermittelt werden dürften. Zudem sei die Vermittlungserlaubnis immer befristet und jederzeit widerruflich gewesen, so dass sich kein gesteigertes Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage habe aufbauen können. Zweck des Widerrufsvorbehalts sei es entgegen der Ansicht der Antragstellerin gerade, der Verwaltung die Möglichkeit zu geben, auf die veränderte Sach- und Rechtslage zu reagieren.

Im Beschwerdeverfahren beantragt die Antragstellerin,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 28. Januar 2014 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Beklagten vom 12. November 2013 bezüglich Ziffer 1 wiederherzustellen und bezüglich Ziffer 2 anzuordnen.

Zur Begründung ihrer Beschwerde bringt die Antragstellerin vor, dass dem Widerruf der Erlaubnis schon die Übergangsregelung in § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV entgegenstehe. Im Übrigen sei § 21 Abs. 2 GlüStV vorliegend tatbestandlich nicht erfüllt. Die gesetzliche Regelung bedürfe einer deutlich einschränkenden Auslegung. Dies lege auch die Gesetzesbegründung zu § 21 Abs. 2 GlüStV nahe, in der ausgeführt werde: „Das Verbot der Vermittlung von Sportwetten in Spielhallen und Spielbanken dient der Vermeidung einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs und ist damit eine Maßnahme der Spielsuchtprävention.“ Die Antragstellerin betreibe nicht neben der Vermittlung des Sportwettenangebots der SLV in denselben Räumlichkeiten auch noch eine Spielhalle oder eine Spielbank. In räumlicher Hinsicht liege die Spielhalle im Untergeschoss, während sich die Annahmestelle im Erdgeschoss befinde. Die Spielhalle verfüge über einen eigenen Eingang von der Rückseite des Gebäudes. Über diesen gelange man zur Spielhalle, ohne den Betrieb der Antragstellerin wahrzunehmen. Des Weiteren bestehe ein Zugang über ein mit Türen versehenes Treppenhaus in der Passage. Ein Sichtkontakt bestehe aufgrund der Lage in verschiedenen Geschoßen zwischen der Annahmestelle und der Spielhalle nicht. § 21 Abs. 2 GlüStV sei wegen eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht unwirksam. Die Regelung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der zentrale Grund für den geltend gemachten Verstoß liege in der nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung der Gruppe der Sportwettenvermittler gegenüber der Gruppe der Spielbanken-/Spielhallenbetreiber. Dieses Verbot gelte nicht nur dann, wenn die räumliche Beziehung zwischen Spielbank/Spielhalle und Sportwettenvermittlungsstelle schon bestehe. Selbst nach dem neuen Glücksspielrecht könne nicht verhindert werden, dass sich in einem Gebäude/Gebäudekomplex eine Spielbank/Spielhalle ansiedle und in der Folge dann ein bereits vorhandenes Sportwettenvermittlungsbüro schließen müsse. § 21 GlüStV stelle Regeln speziell für Sportwetten auf. Es handle sich nicht um eine allgemeine Norm, die generell eine Kollision von Spielhallen und Sportwetten zu vermeiden versuche, sondern um eine spezielle Anforderung für Sportwettenvermittler. Deshalb könne auf der Grundlage von § 21 Abs. 2 GlüStV die Ansiedlung einer Spielhalle in einem Gebäude/Gebäudekomplex mit einem vorhandenen Büro zur Vermittlung von Sportwetten nicht untersagt werden. Es werde auf § 2 Abs. 2 und 3 GlüStV verwiesen. Aus § 1 GlüStV könne kein Trennungsgebot für Spielhallen zu Sportwettenvermittlungsbüros herausgelesen werden. § 21 Abs. 2 GlüStV verstoße auch gegen die Eigentumsgarantie. Es liege ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor. Die Folgen des Verbots der Vermittlung des Sportwettenangebots der SLV seien keinesfalls nur auf das Angebot der Oddset-Wetten begrenzt. Ein erheblicher Teil der Kunden nutze neben dem Angebot der Oddset-Wette auch weitere Angebote der SLV. Dieser Kundenstamm gehe insgesamt verloren und die Attraktivität der Annahmestelle werde deutlich verringert. Der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG könne nicht der Widerrufsvorbehalt entgegengehalten werden. Dieser könne die Eigentumsgarantie nur insoweit einschränken, als die Erlaubnis schon im Erteilungszeitpunkt entsprechend rechtlich beschränkt sei. Vorliegend habe sich aber eine nicht bereits von Beginn an rechtlich angelegte Beschränkung der Erlaubnis realisiert. Ein übergangsloses Verbot sei in keinem Fall mit den Vorgaben aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar. Die vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Juni 2013 habe einen wesentlich anderen Sachverhalt betroffen, nämlich den Betrieb eines Sportwettenbüros ohne jegliche Erlaubnis. Auf ein etwaiges Vertrauen in den Fortbestand des Glücksspielmonopols des Staates komme es nicht an. Eine Ausweichmöglichkeit der Antragstellerin bestehe nicht.

Der Antragsgegner ist der Beschwerde mit Schriftsatz vom 26. März 2014 entgegengetreten und beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Sportwettenvermittlung der Antragstellerin erfülle offenkundig den Tatbestand des § 21 Abs. 2 GlüStV. Selbst wenn man aus verfassungsrechtlichen Gründen eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Gebäudekomplex“ dahingehend für erforderlich halte, dass zwischen Spielhalle und Sportwettenvermittlungsstelle eine räumliche Nähe bestehen müsse, sei dieser Tatbestand bei unmittelbarem Sichtkontakt, wie er vorliegend bestehe, jedenfalls erfüllt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe bereits im Beschluss vom 25. Juni 2013 entschieden, dass gegen das Verbot des § 21 Abs. 2 GlüStV keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden. Art. 14 Abs. 1 GG sei nicht einschlägig, da der Gewerbebetrieb durch dieses Grundrecht allenfalls vor der Existenzvernichtung geschützt werde. Der Umsatz aus der Sportwettenvermittlung mache aber nur einen verschwindend kleinen Anteil an der Vermittlung des Glücksspielangebots der Staatlichen Lotterieverwaltung aus. Die Übergangsregelung in § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV schließe die Anwendbarkeit des § 21 Abs. 2 GlüStV nicht aus. Es könne dahinstehen, wie Fälle zu beurteilen seien, in denen sich erst nachträglich im Gebäudekomplex einer bestehenden Sportwettenvermittlungsstelle eine Spielhalle ansiedle, denn ein solcher Fall liege hier gerade nicht vor.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung ist nicht abzuändern, weil das Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung und Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 und 2 des Bescheides des Beklagten vom 12. November 2013 im Ergebnis zu Recht abgelehnt hat.

Unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Antragstellerin, auf dessen Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellen sich die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren zwar als offen dar (1.). Bei der bei offenen Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs vom Beschwerdegericht vorzunehmenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der glücksspielrechtlichen Erlaubnis der Antragstellerin sowie der Untersagung der Sportwettenvermittlung und dem Suspensivinteresse der Antragstellerin sind die Folgen, die einträten, wenn die Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes versagt würde, das Verfahren in der Hauptsache hingegen Erfolg hätte, den Auswirkungen gegenüberzustellen, die entstünden, wenn die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt bzw. angeordnet würde, der Rechtsbehelf in der Hauptsache aber keinen Erfolg hätte. Diese Interessenabwägung führt vorliegend zum Überwiegen des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Anordnungen bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren (2.).

1. Eine hinreichend gesicherte Aussage über die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der von der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren angefochtenen Verwaltungsakte lässt sich im Eilverfahren nicht treffen, da diese von der Beantwortung schwieriger rechtlicher und tatsächlicher Fragen abhängt.

1.1 Das Verwaltungsgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die Vorschrift des § 21 Abs. 2 GlüStV trotz der Übergangsregelung in § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV grundsätzlich auf Sportwettenannahmestellen, die das Angebot der Veranstalter nach § 10 Abs. 2 GlüStV vermitteln, ab dem 1. Juli 2012 anwendbar ist. Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 GlüStV gelten die bis zum Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrages am 1. Juli 2012 erteilten Erlaubnisse der Veranstalter im Sinne des § 10 Abs. 2 und 3 GlüStV bis zum 31. Dezember 2012 als Erlaubnis mit der Maßgabe fort, dass die Regelungen des Staatsvertrages abgesehen vom Erlaubniserfordernis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV Anwendung finden. Diese Regelung hat zur Folge, dass die Veranstalter und Vermittler nach § 10 Abs. 2 und 3 GlüStV, die bisher über eine Erlaubnis verfügen, für eine Übergangsfrist aufgrund ihrer bisherigen, nach altem Recht erteilten Erlaubnisse weiterhin tätig sein dürfen, allerdings schon jetzt die Anforderungen des neuen Glücksspielstaatsvertrages zu erfüllen haben. Sie dient dazu, einen erlaubnisfreien Zustand zu vermeiden (Pagenkopf in Dietlein/Hecker/Ruttig, GlüStV, 2. Aufl. 2013, § 29 Rn. 9). § 29 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Abs. 2 GlüStV trifft für das gemeinsame Sportwettangebot der Veranstalter nach § 10 Abs. 2 GlüStV und dessen Vermittlung durch Annahmestellen eine Sonderregelung. Danach ist ihr Angebot abweichend von § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ein Jahr nach Erteilung der Konzessionen nach § 10a i. V. m. § 4c GlüStV zulässig, d. h. die Erlaubnispflicht für die Veranstaltung und die Vermittlung von Sportwetten des Sportwettenangebots nach § 10 Abs. 2 GlüStV gilt für ein Jahr nach Erteilung der Konzessionen nach § 4a GlüStV nicht. Diese Frist beginnt zu laufen, sobald die erste Konzession erteilt wurde (LT-Drs. 16/11995 S. 32). Die Übergangsregelungen in § 29 Abs. 1 und 2 GlüStV sollen jedoch nur sicherstellen, dass kein genehmigungsfreier Zeitraum entsteht. Die materiellen Anforderungen des Glücksspieländerungsstaatsvertrages sind in jedem Fall einzuhalten (LT-Drs. 16/11995 S. 32).

1.2 Die (offensichtliche) Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der hier angefochtenen Verwaltungsakte lässt sich jedoch bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung nicht feststellen, weil zum einen nicht abschließend beurteilt werden kann, ob das Trennungsgebot des § 21 Abs. 2 GlüStV, wonach in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder ein Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden dürfen, für die Wettannahmestelle der Antragstellerin tatbestandlich greift, und zum anderen auch die schwierige Frage der Vereinbarkeit dieses Trennungsgebots mit dem Gleichheitsgrundsatz als noch offen anzusehen ist. Nicht abschließend beantworten lässt sich im Eilverfahren, ob bei einer wohl vorzunehmenden einschränkenden Auslegung des Begriffs des Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes in § 21 Abs. 2 GlüStV entsprechend der mit der Regelung verfolgten Zielsetzung die von der Antragstellerin betriebene Sportwettenannahmestelle tatsächlich im selben Gebäude wie die Spielhalle liegt (1.2.1). Zudem stellt sich die rechtlich schwierige Frage, ob das in § 21 Abs. 2 GlüStV geregelte Trennungsgebot Sportwettenannahmestellen ohne sachlichen Differenzierungsgrund gegenüber Spielhallen/Spielbanken benachteiligt und daher gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt (1.2.2). Bezüglich des in der Beschwerdebegründung behaupteten Verstoßes der Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV gegen Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 14 Abs. 1 GG hält der Senat an seiner Auffassung fest, dass § 21 Abs. 2 GlüStV insoweit verfassungsgemäß ist (1.2.3).

1.2.1 Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV knüpft das Vermittlungsverbot für Sportwetten an die Belegenheit der Annahmestelle in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich auch eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet. § 21 Abs. 2 GlüStV enthält keine Definition des Gebäudes oder Gebäudekomplexes. Nach der Legaldefinition in Art. 2 Abs. 2 BayBO sind Gebäude selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können. Eine Legaldefinition des Begriffs „Gebäudekomplex“ existiert nicht. In der Regel bezeichnet man eine Gruppe von Gebäuden, die baulich miteinander verbunden sind und als Gesamtheit wahrgenommen werden, als Gebäudekomplex (Hecker/Ruttig in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 21 Rn. 39). Aufgrund der vorgelegten Lichtbilder lässt sich nicht zweifelsfrei erkennen, ob es sich bei der sog. „Marktpassage“ noch um ein Gebäude oder schon um einen Gebäudekomplex handelt. Auf dem bei der Behördenakte befindlichen Lichtbild ist weder die räumliche Ausdehnung der Ladenpassage noch das angeblich einheitliche Dach zweifelsfrei auszumachen. Wegen der Belegenheit der Sportwettenannahmestelle und der Spielhalle in der Ladenpassage ist der Tatbestand des § 21 Abs. 2 GlüStV seinem Wortlaut nach aber erfüllt. Dagegen indiziert die Gesetzesbegründung zu § 21 Abs. 2 GlüStV, die vom Verbot der Vermittlung von Sportwetten in Spielhallen und Spielbanken ausgeht (LT-Drs. 16/11995 S. 30), - entgegen dem Wortlaut der Bestimmung - ein Verständnis des Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes dergestalt, dass sich die Spielhalle und die Sportwettenvermittlungsstelle im selben Raum befinden müssen. Auch zeigt die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung im Hinblick auf die räumliche Nähe von Sportwettenannahmestellen und Spielhallen anschaulich auf, dass vielfältige Fallkonstellationen denkbar sind, in denen zwar die Regelung des § 21 Abs. 2 GlüStV dem Wortlaut nach nicht einschlägig ist, aber die Spielhalle und die Annahmestelle gleichsam nebeneinander liegen. Da je nach Größe eines Gebäudes oder Gebäudekomplexes der Abstand zwischen einer Annahmestelle und einer Spielhalle größer sein kann, als wenn sie in verschiedenen Gebäuden lägen, ist jedenfalls der Begriff des Gebäudekomplexes daher verfassungskonform so auszulegen, dass sich der durch das Trennungsgebot in § 21 Abs. 2 GlüStV bewirkte Eingriff in den Betrieb einer Sportwettenannahmestelle im Hinblick auf das dadurch bezweckte gesetzgeberische Ziel noch als verhältnismäßig erweist (Hecker/Ruttig in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 21 Rn. 39; OVG NRW, B.v. 20.12.2013 - 4 B 574/13 - juris Rn. 13). Das Trennungsgebot in § 21 Abs. 2 GlüStV wurde erstmals zum 1. Juli 2012 in den Glücksspielstaatsvertrag aufgenommen. § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV a. F. regelte, dass die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten organisatorisch, rechtlich, wirtschaftlich und personell getrennt sein muss von der Veranstaltung oder Organisation von Sportereignissen und dem Betrieb von Einrichtungen, in denen Sportveranstaltungen stattfinden. Nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/8486 S. 19) sollte diese Regelung dem erhöhten Suchtpotential von Sportwetten Rechnung tragen und die Integrität des Sports sichern. Diese Vorschrift findet sich nunmehr in § 21 Abs. 3 GlüStV, sie dient nach der Gesetzesbegründung der Sicherung der Integrität des Sports (LT-Drs. 16/11995 S. 30). Das neue Trennungsgebot in § 21 Abs. 2 GlüStV trägt demgegenüber allein der Vermeidung der übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs Rechnung und ist eine Maßnahme der Spielsuchtprävention (LT-Drs. 16/11995 S. 30). Die Auslegung der Norm hat sich folglich an ihrer spielsuchtpräventiven und spielerschützenden Funktion zu orientieren. Nach übereinstimmenden wissenschaftlichen Forschungsergebnissen ist die Verfügbarkeit bzw. „Griffnähe“ der Glücksspiele ein wesentlicher Faktor der Entwicklung und des Auslebens der Spielsucht (Hecker/Ruttig, a. a. O. § 21 Rn. 38 m. w. N.). Das in § 21 Abs. 2 GlüStV statuierte Trennungsgebot zwischen Spielhallen/Spielbanken und Sportwettenvermittlungsbüros ist daher wohl so zu verstehen, dass der Abstand zwischen den jeweiligen Glücksspielangeboten so groß sein muss, dass die sog. „Griffnähe“ nicht mehr vorliegt. Als Kriterien hierfür kommen im Hinblick auf die Spielsuchtprävention in Betracht, ob zwischen der Spielhalle und der Wettannahmestelle eine räumliche Verbindung besteht, ob das Wechseln von einer Spielstätte in die andere kurzläufig ohne Verlassen des Gebäudes möglich ist oder ob der jeweilige Spieler die andere Spielstätte im Blick hat und daher schon dadurch ein besonderer Anreiz besteht, zur anderen Spielstätte zu wechseln. Legt man diese „Griffnähe“ als Kriterium für die vom Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 21 Abs. 2 GlüStV bezweckte Suchtprävention zugrunde, so sind auch bei der Belegenheit einer Annahmestelle und einer Spielhalle in einem Gebäude Konstellationen denkbar, in denen auch der Begriff „Gebäude“ im dargelegten Sinn einschränkend ausgelegt werden muss, wenn es sich zum Beispiel um ein sehr großes, gegebenenfalls noch stark untergliedertes Gebäude mit mehreren Etagen und Zugängen handelt.

Bezogen auf die Situierung des Betriebes der Antragstellerin zur ebenfalls in der Ladenpassage vorhandenen Spielhalle spricht mit Blick auf die genannten Kriterien aus dem Aktenvermerk der Regierung über den am 9. Oktober 2013 durchgeführten Augenschein einiges dafür, dass die aufgrund der Intention des Gesetzgebers, Spielsuchtprävention zu betreiben, bei der Belegenheit der Spielstätten in einem Gebäude/Gebäudekomplex zu fordernde räumliche Nähebeziehung zwischen der Spielhalle und der Annahmestelle der Antragstellerin tatsächlich vorliegt und die Verbotsnorm des § 21 Abs. 2 GlüStV tatbestandsmäßig erfüllt ist. Die Spielhalle und die Annahmestelle befinden sich zwar in unterschiedlichen Stockwerken der Ladenpassage, so dass die beiden Spielstätten nicht nebeneinander liegen. Allerdings endet die Treppe, die beide Stockwerke verbindet und neben dem Eingang der Annahmestelle beginnt, nach Angaben des Antragsgegners am Eingang der Spielhalle im Untergeschoss. Zudem befindet sich wohl ein Zugang zur Spielhalle auch im Erdgeschoss schräg gegenüber der Annahmestelle. Folgt man dem Vortrag der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren, handelt es sich bei der auf dem Lichtbild (Seite 19 der Behördenakte) abgebildeten Türe, über der eine Aufschrift „Spielcenter“ angebracht ist, aber nicht um den Zugang zur Spielhalle, sondern um ein mit einer Türe verschlossenes Treppenhaus. Die Aufschrift stelle nur einen Hinweis dar. Lägen dagegen der Zugang zur Spielhalle und die Annahmestelle der Antragstellerin direkt gegenüber, hätte der Senat insoweit jedenfalls keine Zweifel am Vorliegen der „Griffnähe“ i. S. d. § 21 Abs. 2 GlüStV.

1.2.2 Unabhängig davon, ob die Verbotsnorm des § 21 Abs. 2 GlüStV tatbestandsmäßig vorliegt, lässt sich aber die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung zudem aufgezeigte schwierige Rechtsfrage, ob die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV die Inhaber von Sportwettenannahmestellen ohne sachlichen Grund gegenüber den Inhabern von Spielhallen benachteiligt, bei der im Eilverfahren nur gebotenen summarischen Prüfung nicht eindeutig beantworten. Für Fälle, in denen den Vermittlern des staatlichen Sportwettenangebots nach § 10 Abs. 2 GlüStV eine befristete und widerrufliche Erlaubnis zum Betrieb einer Sportwettenannahmestelle erteilt worden war, dürfte die Auflösung des Konflikts zwischen Spielhallen und Sportwettenannahmestellen zulasten der Sportwettenannahmestellen durch die im Vertrauen auf die erteilte Baugenehmigung und die gewerberechtliche Erlaubnis getätigten Investitionen für die Spielhalle und die im Vergleich dazu nur geringen Investitionen für eine Annahmestelle sowie den nach Auskunft des Antragsgegners nur marginalen Umsatzanteil der Sportwettenvermittlung am Gesamtumsatz der Annahmestellen für das Glücksspielangebot nach § 10 Abs. 2 GlüStV wohl gerechtfertigt sein. Bei privaten Sportwettenvermittlern erscheint ein etwaiges Vertrauen, die ohne glücksspielrechtliche Erlaubnis eingerichteten Sportwettenannahmestellen wegen der von ihnen getätigten Investitionen trotz der gesetzlichen Neuregelung in § 21 Abs. 2 GlüStV weiter betreiben zu dürfen, ohnehin kaum schutzwürdig, weil ihnen die erforderliche Erlaubnis nicht erteilt werden durfte. Da die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV aber auch in den Fällen greift, in denen die glücksspielrechtliche Erlaubnis für die Vermittlung von Sportwetten (nicht nur für ein Angebot nach § 10 Abs. 2 GlüStV, sondern auch für ein Angebot im Rahmen des § 10a Abs. 2 i. V. m. § 10a Abs. 5 GlüStV) nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung in § 21 Abs. 2 GlüStV erteilt wird und erst zu einem späteren Zeitpunkt die glücksspielrechtliche Erlaubnis nach § 24 GlüStV für den Betrieb einer Spielhalle beantragt wird, könnte es aufgrund der Regelung des § 21 Abs. 2 GlüStV dazu kommen, dass ggf. eine an einen Sportwettenvermittler erteilte Erlaubnis widerrufen werden müsste, obwohl die Sportwettenannahmestelle vor der Genehmigung der Spielhalle bereits bestand und insoweit auch im Vertrauen auf diese Erlaubnis Investitionen für einen Betrieb, der ausschließlich Sportwetten vermittelt, getätigt worden waren. Umgekehrt könnte für ein Vermittlungsbüro für Sportwetten eine glücksspielrechtliche Erlaubnis nicht erteilt werden, wenn sich im selben Gebäude oder Gebäudekomplex bereits eine Spielhalle befände. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG könnte bei dieser Konstellation allerdings nur dann vorliegen, wenn sich die vom Verwaltungsgericht geäußerte Rechtsauffassung, wonach die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb der Spielhalle gemäß § 24 Abs. 2 GlüStV i. V. m. § 1 Nr. 1 GlüStV abgelehnt werden könnte, falls sich im selben Gebäude oder Gebäudekomplex bereits eine Sportwettenannahmestelle befindet, als nicht zutreffend erweisen würde. Zwar schließt § 2 Abs. 3 GlüStV die Anwendung des § 21 Abs. 2 GlüStV für Spielhallen ausdrücklich aus. Ob dies aber zwangsläufig dazu führt, dass im Rahmen des § 1 Nr. 1 GlüStV das in § 21 Abs. 2 GlüStV geregelte Trennungsgebot keine Berücksichtigung finden kann oder ob nicht vielmehr im Wege einer den Gleichheitsgrundsatz beachtenden Anwendung des § 1 Nr. 1 GlüStV auch die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis für eine Spielhalle aus Gründen der Suchtprävention abgelehnt werden kann, wenn sich im selben Gebäude oder Gebäudekomplex bereits eine Sportwettenannahmestelle befindet, setzt die Klärung schwieriger gesetzessystematischer Fragen voraus, die im Eilverfahren nicht geleistet werden kann.

1.2.3 Hinsichtlich der von der Antragstellerin weiter geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Verbot in § 21 Abs. 2 GlüStV hält der Senat an seiner bereits im Beschluss vom 25. Juni 2013 (10 CS 13.145 Rn. 19 ff.) dargelegten Rechtsauffassung fest, wonach der durch das Trennungsgebot bewirkte Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit eine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechende Berufsausübungsregelung darstellt. Regelungen zur Berufsausübung sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sind, wenn das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (BVerfG, U.v. 13.12.2000 - 1 BvR 335/9 - juris Rn. 26; BVerfG, U.v. 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 - juris Rn. 165). Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt die angegriffene Regelung voraussichtlich, weil sie durch das dem Gemeinwohl dienende Ziel der Spielsuchtprävention legitimiert ist und der Eingriffszweck und die Eingriffsintensität in einem angemessen Verhältnis zueinander stehen. Zwar unterscheiden sich der vorliegende Sachverhalt und der vom Senat im Verfahren 10 CS 13.145 entschiedene Fall dadurch, dass dort die Sportwetten von einem privaten Wettanbieter vermittelt worden waren, der für seine Tätigkeit keine Erlaubnis besessen hatte, so dass ein schützenswerter Vertrauenstatbestand wohl schon deshalb verneint werden konnte (BayVGH, B.v. 25.6.2013 -10 CS 13.145 - juris Rn. 26), während die Antragstellerin im Besitz einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a. F. ist, die noch bis 31. Dezember 2015 Gültigkeit beansprucht. Diese Erlaubnis ist jedoch mit einem Widerrufsvorbehalt versehen. Sowohl der Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland (LoStV), der am 1. Juni 2004 in Kraft getreten ist, als auch der am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag (a. F.) enthielten in § 11 Abs. 3 LoStV bzw. in § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV a. F. eine Ermächtigung für die Erlaubnisbehörde, die Erlaubnis mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen und zu befristen. § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV a. F. schreibt dies sogar zwingend vor. Mit der Befristungsregelung bzw. dem Widerrufsvorbehalt wird die staatliche Kontroll- und Überwachungsmöglichkeit bei der Genehmigung von Glücksspielangeboten gesichert. Die Vorschrift soll es den Genehmigungsbehörden ermöglichen, Entwicklungen im Glücksspielbereich auch kurzfristig berücksichtigen zu können (LT-Drs. 15/716 S. 13). Die Regelung in § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV a. F. fasst für alle Erlaubnisse die geltenden Verfahrensregeln zusammen, die im Wesentlichen § 11 Abs. 2 und 3 LoStV entnommen sind (LT-Drs. 15/8468 S. 17). Damit wird klargestellt, dass der Gesetzgeber den Aufsichtsbehörden ermöglichen wollte, auf Änderungen der Sach- und Rechtslage auch während der Geltungsdauer der erteilten Erlaubnis kurzfristig zu reagieren. Der Widerrufsvorbehalt kommt also nicht nur dann zum Tragen, wenn der Erlaubnisinhaber beispielsweise die Voraussetzungen, die der Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis zugrunde lagen, nicht mehr erfüllt, sondern auch dann, wenn wie vorliegend während der Laufzeit der Erlaubnis eine Änderung der Rechtslage eintritt. Ein Vertrauenstatbestand dergestalt, dass der Erlaubnisinhaber darauf vertrauen durfte, er könne bis zum Ablauf der Gültigkeitsdauer der Erlaubnis von dieser uneingeschränkt Gebrauch machen, ist aufgrund des Widerrufsvorbehalts daher nicht oder jedenfalls nur sehr eingeschränkt gegeben. Daher ist das Verwaltungsgericht auch zu Recht davon ausgegangen, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit für die Antragstellerin als Inhaberin einer stets widerruflichen Erlaubnis auch ohne Übergangsregelung noch gewahrt ist.

Dieselben Erwägungen kämen letztlich auch im Rahmen des Art. 14 GG zum Tragen. Von einer dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterfallenden Gefährdung der Substanz oder des Bestands des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs der Antragstellerin kann zwar mit Blick auf die aufgezeigten Umsatzeinbußen keine Rede sein. Selbst wenn der Betrieb der Sportwettenannahmestelle aber dem Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG unterliegen würde, läge entgegen der Auffassung der Antragstellerin im gesetzlichen Trennungsgebot des § 21 Abs. 2 GlüStV keine verfassungswidrige Legalenteignung, sondern lediglich eine Inhalts- und Schrankenbestimmung für die Nutzung eines Gewerbebetriebs. Handelt es sich um eine verfassungsrechtlich zulässige Inhaltsbeschränkung des Eigentums, muss der Gesetzgeber die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Dabei ist er an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 24.2.2010 - 1 BvR 27/109 - juris Rn. 64). Das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren lässt nicht erkennen, dass der Gesetzgeber diese Grenzen in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise missachtet hätte. Die Sportwettenvermittler, die ein Angebot gemäß § 10 Abs. 2 GlüStV vermitteln, haben nur eine gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV a. F. befristete und stets widerrufliche Erlaubnis inne, so dass das Interesse des Betriebsinhabers am Fortbestand seines Betriebes zur Vermittlung von Sportwetten weniger schützenswert ist als das Allgemeininteresse an der Spielsuchtprävention.

2. Stellen sich die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens somit wegen der aufgezeigten rechtlichen und tatsächlichen Fragen als offen dar, sind das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzung des Trennungsgebots aus § 21 Abs. 2 GlüStV und das Interesse der Antragstellerin an der weiteren Vermittlung von Sportwetten in ihrer Annahmestelle gegeneinander abzuwägen. Den Interessen des Antragsgegners ist insoweit der Vorrang einzuräumen, weil die Folgen, die sich für die mit dem Trennungsgebot bezweckte Spielsuchtprävention ergeben würden, wenn dem Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin stattgegeben würde, gravierender sind, als die eventuell bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache durch den sofortigen Vollzug der Anordnungen im Bescheid vom 12. November 2013 hervorgerufenen Umsatzeinbußen für die Annahmestelle der Antragstellerin. Die Teilnahme an Sportwetten ist neben dem „kleinen Spiel“ in der Spielbank, der Teilnahme an Pokerspielen und dem Spiel an Geldspielautomaten mit einem erhöhten Risiko für pathologisches Glücksspiel verbunden (PAGE-Studie, Kurzbericht, 2. August 2011). Auch wenn das staatliche Sportwettenangebot gegenüber dem derzeit noch auf dem Markt befindlichen illegalen Sportwettangebot privater Anbieter weniger attraktiv ist, sind die strukturellen Merkmale für das Entstehen von Spielsucht (Hayer/Mayer, Das Suchtpotential von Sportwetten, in: Sucht 2003, 212 (214 ff.)) auch beim staatlichen Oddset-Angebot in gleichem Maß vorhanden. Für das gewerbliche Automatenspiel belegen sämtliche Studien, dass das Suchtpotential bei den Geldspielgeräten unter allen Glücksspielen am höchsten ist (LT-Drs. 16/11995, S. 30 und S. 20). Bei einem räumlichen Nebeneinander von zwei Glücksspielangeboten, die mit einem erhöhten Risiko für pathologisches Spielverhalten verbunden sind, besteht das Risiko, dass die Spieler aus der Spielhalle wegen der „Griffnähe“ noch zusätzlich das Oddset-Angebot des staatlichen Anbieters in der Annahmestelle der Antragstellerin wahrnehmen und umgekehrt und dadurch dem Entstehen oder der Aufrechterhaltung von Spielsucht Vorschub geleistet wird. Das in § 1 GlüStV aufgeführte Ziel der u. a. mit dem Trennungsgebot bezweckten Suchtprävention gehört zu den zwingenden Gründen des Allgemeinwohls, die sogar Eingriffe in den freien Dienstleistungsverkehr rechtfertigen können (EuGH, U.v. 8.9.2010 - Markus Stoß u. a., C-316/07 - juris Rn. 74; BVerwG, U.v. 11.7.2011 - 8 C 11.10 - juris Rn. 40), und hat daher im Rahmen der Interessenabwägung einen sehr hohen Stellenwert. Demgegenüber macht der aus der Annahme von Sportwetten generierte Umsatz nach Angaben des Antragsgegners rein statistisch nur einen sehr geringen Anteil an dem Gesamtumsatz aus der Vermittlung des Angebots der SLV aus. Die Antragstellerin hat zwar vorgetragen, dass ein Großteil der Kunden gleichzeitig das Sportwettangebot und das übrige Glücksspielangebot ihrer Annahmestelle wahrnehme, so dass diese Kunden insgesamt zu einer anderen Annahmestelle, die beide Produkte vermitteln dürfe, wechselten und dadurch weitaus größere Umsatzeinbußen zu verzeichnen seien. Aber selbst dann, wenn ihre Angaben, wonach sie in ihrer Annahmestelle zehn Prozent Umsatz eingebüßt habe, zutreffend sein sollten, ist dieser Umsatzrückgang mit Blick auf die Suchtprävention als hochrangiges Gemeinwohlgut für die Übergangszeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache hinzunehmen. Es sind jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich und wird von der Antragstellerin auch nicht substantiiert vorgetragen, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen des Widerrufs der glücksspielrechtlichen Erlaubnis für das Sportwettenangebot der SLV und die diesbezügliche Untersagungsverfügung für die Antragstellerin ein Ausmaß erreichten, demzufolge ihre Annahmestelle in ihrer Existenz bedroht wäre und schließen müsste. Von einem nicht überschuldeten Unternehmen können die behaupteten Umsatzrückgänge für eine Übergangszeit hingenommen werden.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 20.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Das Landratsamt N. a. d. W. erteilte eigener Darstellung zufolge am 22. September 2011 einer S. Spielhallen GmbH in Bezug auf zwei in ein und demselben Gebäude befindliche Spielhallen Erlaubnisse nach § 33i GewO. Am 21. März 2012 erhielt die S. Spielhallen GmbH für den Betrieb einer weiteren im gleichen Gebäude liegenden Spielhalle („Casino A. ...“) eine solche Erlaubnis.

Die Antragstellerin übernahm nach Aktenlage am 1. Juli 2012 von der S. Spielhallen GmbH die Nutzung der in diesem Gebäude befindlichen Spielhallen. Das Landratsamt erteilte ihr - wiederum eigener Darstellung zufolge - am 28. Juni 2012 für die drei vorbezeichneten sowie eine weitere im gleichen Anwesen liegende Spielhalle („Casino S.) Erlaubnisse nach § 33i GewO.

Mit Schreiben vom 27. Februar 2013 beantragte die Antragstellerin beim Landratsamt für die Spielhallen Casino A ... und Casino S. der Sache nach Erlaubnisse gemäß § 24 des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV) in der (nachfolgend als „Glücksspielstaatsvertrag 2012“ bezeichneten) Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland („Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag“).

Diesen Antrag lehnte das Landratsamt durch Bescheid vom 18. Dezember 2013 ab, da einer stattgebenden Entscheidung u. a. die Vorschriften des § 25 Abs. 2 GlüStV 2012 und des Art. 9 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 20. Dezember 2007 (GVBl S. 922, BayRS 2187-3-I; AGGlüStV), zuletzt geändert durch § 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2012 (GVBl S. 270), entgegenstünden.

Unter der Nummer 2 des Tenors dieses Bescheids untersagte das Landratsamt die Fortsetzung des Betriebs der Spielhallen Casino A ... und Casino S.; für die Umsetzung dieser Anordnung wurde der Antragstellerin eine Frist bis zum Ablauf des 31. Januar 2014 eingeräumt. Das Landratsamt stützte die Untersagung in den Bescheidsgründen zum einen auf „Art. 11 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV i. V. m. § 15 Abs. 2 GewO bzw. gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 GlüStV“, zum anderen auf „Art. 11 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV und § 9 Abs. 1 Nr. 3 GlüStV in Verbindung mit Art. 10 Satz 2 AGGlüStV“. Für den Fall der Nichtbefolgung der Untersagungsverfügung wurde in der Nummer 3 des Bescheidstenors ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- € je unzulässig weiter betriebener Spielhalle angedroht.

Mit ihrer am 20. Januar 2014 zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg erhobenen Klage erstrebt die Antragstellerin vorrangig die Aufhebung des Bescheids vom 18. Dezember 2013 und die Verpflichtung des Antragsgegners, ihr eine Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV 2012 für die Spielhallen Casino A... und Casino S. zu erteilen.

Zur Begründung ihres am 31. Januar 2014 gestellten Antrags, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, machte die Antragstellerin im ersten Rechtszug im Wesentlichen geltend, die gesetzliche Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagungsverfügung könne keinen Bestand haben, da die vorliegend einschlägigen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags 2012 verfassungswidrig seien.

Durch Beschluss vom 21. Februar 2014 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ab, da die Betriebsuntersagung nach summarischer Prüfung als rechtmäßig erscheine; die von der Antragstellerin vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken teilte das Verwaltungsgericht nicht.

Mit der von ihr eingelegten Beschwerde beantragt die Antragstellerin,

unter Aufhebung des Beschlusses vom 21. Februar 2014 die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 18. Dezember 2013 anzuordnen.

Auf die Beschwerdebegründung ihrer Bevollmächtigten vom 25. März 2014 wird verwiesen.

Der Antragsgegner beantragt unter Bezugnahme auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung und auf eine Stellungnahme des Landratsamts vom 8. April 2014,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg, da das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung erfordert.

1. Die Ausführungen in Abschnitt C.I der Beschwerdebegründung (ihre Abschnitte A und B erschöpfen sich in einer Skizzierung des Sach- und Streitstandes bzw. einer Wiedergabe des Inhalts des angefochtenen Beschlusses) müssen unberücksichtigt bleiben, da sie nicht den sich aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ergebenden Anforderungen genügen.

Soweit die Bevollmächtigten der Antragstellerin eingangs des Abschnitts C.I pauschal auf die Antragsschrift „vom 31.02.2014“ (richtig: vom 31.1.2014) Bezug nehmen, hat das nicht zur Folge, dass der Inhalt dieses Schriftsatzes Bestandteil des Beschwerdevorbringens wird (vgl. zur Unbeachtlichkeit derartiger Verweisungen z. B. BayVGH, B. v. 25.3.2010 - 11 CS 09.2887 - juris Rn. 15; B. v. 22.8.2007 - 11 CS 07.1716 - juris Rn. 4 f.; vom 25.9.2003 - 12 CE 03.1939 - juris Rn. 13; OVG Berlin-Bbg, B. v. 27.2.2012 - OVG 10 S 39.11 - juris Rn. 2; NdsOVG, B. v. 6.12.2002 - 2 ME 215/02 - juris Rn. 6 f.; OVG SH, B. v. 31.7.2002 - 2 M 34/02 - NJW 2003, 158; VGH BW, B. v. 12.4.2002 - 7 S 653/02 - NVwZ 2002, 883/884; Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 146 Rn. 77 und 79; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 146 Rn. 41; Bader in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 146 Rn. 30; Kaufmann in Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 146 Rn. 14).

Dahinstehen kann, ob auch die im letzten Absatz des Abschnitts C.I der Beschwerdebegründung „hinsichtlich der fehlenden Kompetenz des Landesgesetzgebers“ vorgenommene Verweisung auf das im ersten Rechtszug vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. D. allein schon wegen der Pauschalität dieser Bezugnahme zur Folge hat, dass jene Ausarbeitung nicht zum Gegenstand des Beschwerdevorbringens geworden ist. Denn die Antragstellerin hat insofern jedenfalls das sich aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ergebende Gebot nicht gewahrt, dass die Beschwerdebegründung unter Auseinandersetzung mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts die Gründe darlegen muss, derentwegen die angefochtene Entscheidung aus der Sicht des Rechtsmittelführers keinen Bestand haben kann. Da in Abschnitt II.8 der Gründe des angefochtenen Beschlusses dargestellt wurde, warum der Antragsgegner nach Auffassung des Verwaltungsgerichts befugt war, in den Glücksspielstaatsvertrag 2012 und in das Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland Spielhallen betreffende Regelungen aufzunehmen, hätte die Antragstellerin nicht davon absehen dürfen, konkret aufzuzeigen, welche der diesbezüglichen rechtlichen Annahmen des Verwaltungsgerichts aufgrund welcher im Gutachten von Prof. Dr. D. dargestellten Gesichtspunkte als unzutreffend erscheinen (vgl. zu dem aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO resultierenden Erfordernis, in Anknüpfung an die Begründungsstruktur der angefochtenen Entscheidung darzustellen, warum sie für fehlerhaft erachtet wird, z. B. BayVGH, B. v. 16.1.2003 - 1 CS 02.1922 - NVwZ 2003, 632/633; OVG MV, B. v. 25.1.2008 - 2 M 43/07 - juris Rn. 4; B. v. 7.10.2003 - 1 M 34/03 - juris Rn. 5; Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 146 Rn. 76). Es ist vor diesem Hintergrund nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, sich aus einem umfänglichen Vorbringen - das Gutachten von Prof. Dr. D. umfasst 135 Seiten und befasst sich ausschließlich mit „Fragen der Gesetzgebungskompetenzen für das gewerbliche Spielrecht und hierbei insbesondere für das Recht der Geräteaufstellung und das Recht der Spielhallen“ (so die Umschreibung der Themenstellung auf Seite 6 oben dieser Ausarbeitung; vgl. auch die ihr vorangestellte Gliederung) - das herauszusuchen, was als Erwiderung auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts aufgefasst werden kann (OVG NRW, B. v. 17.3.2008 - 18 B 388/08 - juris Rn. 5).

Die im zweiten und dritten Absatz des Abschnitts C.I der Beschwerdebegründung vorgenommenen Verweisungen auf konkret bezeichnete Seiten in der Antragsbegründung vom 31. Januar 2014 bzw. in der Stellungnahme, die Prof. Dr. D. am 30. Juni 2013 gegenüber dem Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg abgegeben hat, genügen zwar den Anforderungen an Bezugnahmen in von § 146 Abs. 4 VwGO erfassten Rechtsmittelbegründungsschriften (vgl. zu den insoweit zu beachtenden Erfordernissen z. B. BayVGH, B. v. 22.8.2007 - 11 CS 07.1716 - juris Rn. 5; B. v. 7.12.2006 - 11 CS 06.2450 - BayVBl 2007, 241/242; Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 146 Rn. 79; Bader in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 146 Rn. 30). Nicht gewahrt ist jedoch auch insoweit das in § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ausdrücklich normierte Erfordernis der Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung. Vorbringen aus dem ersten Rechtszug darf der Beschwerdeführer dem Oberverwaltungsgericht nur dann zur Würdigung unterbreiten, ohne einen Bezug zur Argumentation des Verwaltungsgerichts herzustellen, wenn sich die Vorinstanz mit dem insoweit angesprochenen Gesichtspunkt nicht befasst hat; denn unter dieser Voraussetzung fehlt es an Ausführungen im angefochtenen Beschluss, mit denen sich die Beschwerdebegründung im Sinn von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO auseinandersetzen könnte. Ein solcher Fall liegt indes weder hinsichtlich der Frage, ob das Verbot der Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle verfassungskonform ist, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht (vgl. § 25 Abs. 2 GlüStV 2012 und Art. 9 Abs. 2 Satz 1 AGGlüStV), noch hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der in § 29 Abs. 4 GlüStV 2012 getroffenen Übergangsregelungen vor. Zu der erstgenannten Thematik hat sich das Verwaltungsgericht unter dem dritten Tiret in Abschnitt II.6.b und am Ende des Abschnitts II.7.b, zu dem zweitgenannten Problem in den Abschnitten II.4 und II.5 sowie unter dem vierten Tiret in Abschnitt II.6.b der Gründe des angefochtenen Beschlusses geäußert. Die Antragstellerin hätte deshalb nicht davon absehen dürfen, im Einzelnen darzustellen, warum nicht diese eingehenden Darlegungen, sondern die Ausführungen auf den Seiten 4 ff. und 24 ff. der Antragsschrift vom 31. Januar 2014 bzw. auf den Seiten 38 bis 42 der Stellungnahme von Prof. Dr. D. vom 30. Juni 2013 die Konsequenzen zutreffend wiedergeben, die aus dem Grundgesetz insoweit zu ziehen sind.

2. Nicht gerecht geworden ist die Antragstellerin dem sich aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ergebenden Darlegungsgebot ferner insofern, als sie in Abschnitt D der Beschwerdebegründung ausgeführt hat, hinsichtlich der Übergangsfristen sei auf den Stichtag „19. Juni 2012“ abzustellen, und das generelle Verbot der „Mehrfachkonzession“ (mit diesem Ausdruck umschreibt die Antragstellerin in Übereinstimmung mit dem Sprachgebrauch des Verwaltungsgerichts die in § 25 Abs. 2 GlüStV 2012 und Art. 9 Abs. 2 Satz 1 AGGlüStV enthaltene Regelung) sei nicht geeignet, die Ziele des Spieler- und Jugendschutzes in geeigneter und erforderlicher Art und Weise zu fördern. Denn insoweit hat sie jeweils apodiktische, nicht (bzw. völlig unzureichend) begründete Behauptungen aufgestellt. „Darlegen“ bedeutet jedoch „erläutern“, „erklären“ bzw. „näher auf etwas eingehen“ (BVerwG, B. v. 2.10.1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90/91; B. v. 9.3.1993 - 3 B 105.92 - NJW 1993, 2825). Auf den Vortrag von Argumenten dafür, warum die im dritten Tiret des Abschnitts II.6.b des angefochtenen Beschlusses vertretene Auffassung unzutreffend sein soll, der übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebes werde entgegengewirkt, wenn zunächst eine bestimmte Wegstrecke zurückgelegt werden muss, ehe eine Person von einer Spielhalle in eine andere wechseln kann, verzichtet die Antragstellerin vollständig; zur Begründung ihres Standpunkts, es sei von Verfassungs wegen zwingend geboten, als Stichtag für die Abgrenzung zwischen in erhöhtem und in geringerem Maß schutzwürdigen Inhabern bereits erteilter Erlaubnisse für den Betrieb von Spielhallen den 19. Juni 2012 zu bestimmen, bringt sie lediglich vor, an jenem Tag habe der Bayerische Landtag dem Glücksspielstaatsvertrag zugestimmt. Tatsächlich erfolgte die entsprechende Beschlussfassung jedoch am 14. Juni 2012. Nur ergänzend ist deshalb anzumerken, dass der Gesetzgeber zum Zwecke der Festlegung, von wann an das Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage nicht mehr oder nur noch in eingeschränktem Ausmaß als schutzwürdig gilt, sehr wohl auch auf andere Zeitpunkte als den Tag der Verabschiedung eines Gesetzes durch die Volksvertretung abstellen kann (vgl. BayVGH, B. v. 8.4.2014 - 22 CS 14.224 - juris Rn. 21 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).

3. Die Beschwerdebegründung rechtfertigt jedenfalls im Rahmen der in einem Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung nicht den Schluss, das Verbot der Erteilung einer Erlaubnis nach § 24 GlüStV 2012 an eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht (§ 25 Abs. 2 GlüStV 2012 und Art. 9 Abs. 2 Satz 1 AGGlüStV), sowie die Übergangsregelungen in § 29 Abs. 4 GlüStV 2012 könnten deshalb nicht zum Tragen kommen, weil aufgrund abweichender Bestimmungen in mehreren anderen Bundesländern insoweit das unionsrechtliche Kohärenzgebot nicht gewahrt sei.

Es ist schon zweifelhaft, ob die Antragstellerin nicht auch hätte darlegen müssen, dass und weshalb das unionsrechtliche Kohärenzgebot auf sie Anwendung finden soll (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) bzw. inwieweit vorliegend ein grenzüberschreitender Sachverhalt gegeben ist. Zweifel sind insofern angebracht, weil es sich bei der Antragstellerin um ein in der Bundesrepublik Deutschland ansässiges Unternehmen handelt, der vorliegende Sachverhalt mithin - für sich betrachtet - keinen „grenzüberschreitenden Bezug“ aufweist. Eine weitere Klärung dieser von den Beteiligten bisher nicht erörterten Frage würde den Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens sprengen, so dass es der Verwaltungsgerichtshof für angezeigt erachtet, auch auf die Frage der Vereinbarkeit der in diesem Rechtsstreit entscheidungserheblichen Normen des bayerischen Landesrechts mit dem Recht der Europäischen Union einzugehen.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verletzen Beschränkungen der Spieltätigkeit, die sich aus der Rechtsordnung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union ergeben, die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) und den freien Dienstleistungsverkehr (Art. 56 AEUV) dann nicht, wenn diese Restriktionen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sind, sofern derartige Regelungen die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung einschlägiger Betätigungen beitragen, sie ferner nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist, und sie in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden (vgl. z. B. EuGH, U. v. 6.11.2003 - Gambelli, C-243/01 - Slg. 2003, I-13076 Rn. 65 und 67). Diesen Erfordernissen müssen mitgliedstaatliche Regelungen nicht nur dann genügen, wenn sie bestimmte Arten des Glücksspiels vollständig verbieten oder sie einem staatlichen Monopol unterstellen, sondern auch dann, wenn sie eine (unternehmerische) Betätigung auf dem Gebiet des Glücksspiels von einer verwaltungsbehördlichen Genehmigung abhängig machen (EuGH, U. v. 6.3.2007 - Placanica u. a., C-338/04 u. a. - Slg. 2007, I-1932; U. v. 19.7.2012 - Garkalns, C-470/11 - a. a. O. Rn. 34; vgl. zur potenziellen Eignung eines die Ausübung von Tätigkeiten auf dem Glücksspielsektor betreffenden Genehmigungserfordernisses, den freien Dienstleistungsverkehr zu beschränken, auch BayVerfGH, E.v. 28.6.2013 - Vf. 10-VII-12 u. a. - NVwZ 2014, 141/142).

Es obliegt den Gerichten der Mitgliedstaaten, sich im Licht insbesondere der konkreten Anwendungsmodalitäten der betreffenden Regelung zu vergewissern, dass sie tatsächlich dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (EuGH, U. v. 8.9.2010 - Stoß u. a., C-316/07 u. a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 98). Ein Verstoß gegen das Kohärenzgebot kann auch dann vorliegen, wenn die zuständigen Behörden in Bezug auf andere Glücksspiele als diejenigen, die Gegenstand eines vor dem Gericht eines Mitgliedstaates anhängigen Rechtsstreits sind, eine Politik verfolgen, die eher darauf abzielt, zur Teilnahme an diesen anderen Spielen zu ermuntern als darauf, die Spielgelegenheiten zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (EuGH, U. v. 8.9.2010 - Carmen Media, C-46/08 - Slg. 2010, I-8149 Rn. 68). Hat das staatliche Verhalten in Bezug auf diese andere Art von Spielen zur Folge, dass das Ziel, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, hinsichtlich der Art von Glücksspielen, die im konkreten Rechtsstreit verfahrensgegenständlich ist, nicht mehr wirksam verfolgt werden kann, lassen sich die vom Mitgliedstaat geschaffenen, den letztgenannten Glücksspielsektor betreffenden Restriktionen unter dem Blickwinkel des freien Dienstleistungsverkehrs nicht mehr rechtfertigen (EuGH, U. v. 8.9.2010 - Carmen Media, C-46/08 - a. a. O. Rn. 68).

3.1 Einen Verstoß gegen das Kohärenzgebot meint die Antragstellerin zunächst in Art. 12 Satz 1 AGGlüStV zu erkennen. Das trifft indes offensichtlich nicht zu. Nach dieser Bestimmung darf eine Befreiung im Sinn des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 2012 nur erteilt werden, wenn die Gesamtzahl der Geld- und Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit in den in einem baulichen Verbund, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebrachten Spielhallen 48 nicht überschreitet und ein Konzept zur weiteren Anpassung vorgelegt wird. Art. 12 Satz 1 AGGlüStV bewirkt damit zum einen, dass Spielhallen, die im Sinn von § 25 Abs. 2 GlüStV 2012 miteinander in einem baulichen Verbund stehen und die gemäß § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV 2012 ggf. deshalb bis einschließlich 30. Juni 2017 weiterbetrieben werden dürfen, weil für sie bis spätestens 28. Oktober 2011 Erlaubnisse nach § 33i GewO erteilt wurden, dann zusammen eine gewisse - durch die Zahl von insgesamt maximal 48 Spielgeräten festgelegte - Größenordnung nicht (mehr) überschreiten, falls allen oder einzelnen von ihnen auf der Grundlage der Ausnahmebestimmung des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 2012 eine Fortsetzung des Geschäftsbetriebs über den 30. Juni 2017 hinaus ermöglicht werden sollte. Das Gebot, ein Konzept zur weiteren Anpassung vorzulegen, stellt zum anderen sicher, dass die Größe derartiger Agglomerate von Spielhallen, wenn sie gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 2012 von der Beachtung des § 25 Abs. 2 GlüStV 2012 über den 30. Juni 2017 hinaus freigestellt werden, im Laufe der Zeit verringert wird.

Angesichts dieser doppelten Zielrichtung des Art. 12 Satz 1 AGGlüStV kann ersichtlich nicht davon gesprochen werden, der bayerische Landesgesetzgeber verfolge mit dieser Regelung nur zum Schein die in § 1 GlüStV 2012 zum Ausdruck kommenden Anliegen. Vielmehr zielt gerade auch Art. 12 Satz 1 AGGlüStV darauf ab, die Zahl und den Umfang von in räumlicher Konzentration bestehenden Spielhallen, deren Betrieb wegen eines im Einzelfall ggf. zu gewährenden Vertrauensschutzes noch für einen gewissen über den 30. Juni 2017 hinausreichenden Zeitraum hingenommen werden muss, jedenfalls mittelfristig zu reduzieren und so auch insofern die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern.

3.2 Eine Missachtung des Kohärenzgebots zeigt die Beschwerdebegründung aber jedenfalls bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung auch insoweit nicht auf, als darin geltend gemacht wird, die Länder Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein hätten in ihren Spielhallengesetzen (bzw. in den dortigen Ausführungsgesetzen zum Glücksspielstaatsvertrag 2012) von § 29 Abs. 4 GlüStV 2012 abweichende Stichtage festgelegt, und in diesen Bundesländern würden zum Teil wesentlich längere Übergangsfristen gelten, als sie die letztgenannte Bestimmung vorsieht. Gleiches gilt für das Vorbringen, das Hessische Spielhallengesetz lasse Durchbrechungen des in § 25 Abs. 2 GlüStV 2012 normierten Verbots zu.

Grundsätzlich kann sich ein Mitgliedstaat der Europäischen Union zwar nicht auf Umstände berufen, die sich aus seiner internen Rechtsordnung ergeben, um die Nichteinhaltung von aus dem Unionsrecht folgenden Verpflichtungen zu rechtfertigen (EuGH, U. v. 8.9.2010 - Carmen Media, C-46/08 - Slg. 2010, I-8149 Rn. 69). Es obliegt deshalb sowohl den Bundesländern als auch dem Bund, gemeinsam die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zu erfüllen, nicht gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit zu verstoßen (EuGH, U. v. 8.9.2010 - Carmen Media, C-46/08 - a. a. O. Rn. 70). Soweit es die Beachtung dieser Grundfreiheit erfordert, müssen sich der Bund und die Länder bei der Ausübung ihrer jeweiligen Zuständigkeiten koordinieren (EuGH, U. v. 8.9.2010 - Carmen Media, C-46/08 - a. a. O. Rn. 70). Im Verhältnis der Bundesländer untereinander kann insoweit nichts anderes gelten (BGH, B. v. 24.1.2013 - Digibet, I ZR 171/10 - GewArch 2013, 205 Rn. 21).

Sowohl nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U. v. 8.9.2010 - Stoß u. a., C-316/07 u. a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 106; U. v. 8.9.2010 - Carmen Media, C-46/08 - a. a. O. Rn. 68) als auch nach derjenigen des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z. B. U. v. 20.6.2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 53) liegt ein Verstoß gegen das Kohärenzgebot indes nur vor, wenn divergierende Regelungen zur Folge haben, dass das glücksspielrechtlichen Restriktionen zugrunde liegende Ziel, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, nicht mehr wirksam verfolgt werden kann. Der einzelne Mitgliedstaat der Europäischen Union ist vor diesem Hintergrund nicht verpflichtet, in sämtlichen Glücksspielsektoren dieselbe Politik zu verfolgen; das Kohärenzgebot stellt weder ein Uniformitätsgebot dar, noch verlangt es eine Optimierung der Zielverwirklichung (BVerwG, U. v. 1.6.2011 - 8 C 2.10 - NVwZ 2011, 1328 Rn. 45; U. v. 11.7.2011 - 8 C 11.10 - juris Rn. 43; U. v. 11.7.2011 - 8 C 12.10 - juris Rn. 42). Das gewinnt Bedeutung namentlich in Mitgliedstaaten der Europäischen Union wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Länder mit je eigener Gesetzgebungszuständigkeit gehört (BVerwG, U. v. 1.6.2011 - 8 C 2.10 - NVwZ 2011, 1328 Rn. 45; U. v. 11.7.2011 - 8 C 11.10 - juris Rn. 43; U. v. 11.7.2011 - 8 C 12.10 - juris Rn. 42).

Das Beschwerdevorbringen macht insofern zwar auf vom Glücksspielstaatsvertrag 2012 - und der damit übereinstimmenden Rechtslage in Bayern - abweichende Regelungen in fünf Bundesländern (Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Schleswig-Holstein) aufmerksam, ohne aber damit eine Verletzung des Kohärenzgebots darzulegen, wie sich bei näherem Zusehen ergibt. Die Antragstellerin bringt mit den von ihr zitierten Vorschriften vielmehr zum Ausdruck, dass das Ziel, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, in allen Bundesländern gleichermaßen entschlossen verfolgt wird und lediglich die Kombinationen der dafür eingesetzten Instrumente unterschiedlich sind und die dafür eingeplanten Umsetzungsfristen in Maßen variieren.

3.2.1 Die Antragstellerin hat zwar in Gestalt einer zulässigen Bezugnahme auf die Ausführungen auf Seite 56 der Antragsschrift vom 31. Januar 2014 darauf hingewiesen, dass in Berlin alle Spielhallen, für die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin vom 20. Mai 2011 (GVBl S. 223, BRV 7102-11; SpielhG Bln) am 2. Juni 2011 eine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt wurde, grundsätzlich Bestandsschutz bis zum 31. Juli 2016 genießen, da solche Verwaltungsakte nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SpielhG Bln (erst) mit dem Ablauf des genannten Tages ihre Wirksamkeit verlieren. Die gleiche Rechtslage ergibt sich aus § 15 Abs. 5 Satz 1 des Berliner Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag (AGGlüStV Bln) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juli 2012 (GVBl S. 238, BRV 2191-9). Die einjährige Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV 2012 erklärt § 15 Abs. 5 Satz 2 AGGlüStV Bln ausdrücklich für unanwendbar. Die Antragstellerin legt nicht dar, inwiefern Bestandsschutzregelungen für bis zum 2. Juni 2011 erlaubte Spielhallen für die Dauer von ca. fünf Jahren unter irgendeinem Aspekt aus dem durch die Zwecke des Glücksspielstaatsvertrags gezogenen Rahmen fallen.

Nimmt man hinzu, dass nach § 4 Abs. 1 SpielhG Bln neu zuzulassende Spielhallen und ähnliche Unternehmen von ihrem äußeren Erscheinungsbild her so zu gestalten sind, dass ein Einblick ins Innere der Räumlichkeiten von außen nicht möglich ist, und dass der Abstand zwischen zwei Spielhallen oder vergleichbaren Unternehmen in Berlin künftig 500 m nicht unterschreiten soll (andere Länder begnügen sich zum Teil mit nur halb so großen Entfernungen, vgl. Art. 9 Abs. 3 Satz 1 BayAGGlüStV), so werden die Schlussfolgerungen der Antragstellerin noch wenig nachvollziehbar.

3.2.2 Dasselbe gilt für den Hinweis der Antragstellerin auf § 11 Abs. 3 Satz 1 des Bremischen Spielhallengesetzes (BremSpielhG) vom 17. Mai 2011 (Brem.GBl S. 327), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Neuregelung des Glücksspielrechts vom 12. Juni 2012 (Brem.GBl S. 255), wonach vor dem 1. Juli 2012 erteilte Erlaubnisse nach § 33i Abs. 1 Satz 1 GewO bis einschließlich 30. Juni 2017 fortgelten. Auch das Bremische Landesrecht kennt hinsichtlich der Frage, wie lange nach altem Recht zugelassene Spielhallen weiterbetrieben werden dürfen, mithin nur eine einheitliche Übergangsfrist. Auch hier legt die Antragstellerin nicht dar, inwiefern Bestandsschutzregelungen für bis zum 1. Juli 2012 erlaubte Spielhallen für die Dauer von fünf Jahren unter irgendeinem Aspekt aus dem durch die Zwecke des Glücksspielstaatsvertrags gezogenen Rahmen fallen. Nimmt man hinzu, dass § 2 Abs. 2 Nr. 5 BremSpielhG das in § 25 Abs. 2 GlüStV 2012 verankerte Verbot dahingehend erweitert, dass Spielhallen nicht nur untereinander, sondern auch mit Wettvermittlungsstellen in keinem baulichen Verbund stehen dürfen, wird deutlich, dass trotz der in einigen Punkten vergleichsweise großzügigen Übergangsregelung in § 11 Abs. 3 Satz 1 BremSpielhG nicht die Rede davon sein kann, der Bremische Landesgesetzgeber verfolge in Wahrheit nicht das Ziel, das Glücksspiel in Spielhallen einzudämmen.

3.2.3 Nichts anderes gilt für den Hinweis der Antragstellerin auf die Länge der Übergangsfristen in Nordrhein-Westfalen. Die dortige Rechtslage gleicht der in Bayern bestehenden vollständig. Denn § 18 Satz 1 und 2 des nordrhein-westfälischen Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages vom 13. November 2012 (GV NRW S. 524) bestimmt: „Spielhallen dürfen nur nach Erteilung einer Erlaubnis nach § 24 Absatz 1 Glücksspielstaatsvertrag in Verbindung mit § 16 [diese Norm regelt - vergleichbar Art. 9 AGGlüStV - die Erteilungsvoraussetzungen für eine Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV 2012] betrieben werden. Die Übergangsfristen in § 29 Absatz 4 Glücksspielstaatsvertrag sind zu beachten.“ Ob das sinngemäße Vorbringen der Antragstellerin zutrifft, die in § 29 Abs. 4 GlüStV 2012 geregelten Fristen seien in Nordrhein-Westfalen erst am 1. Dezember 2012 (mithin an dem Tag, an dem das nordrhein-westfälische Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in Kraft getreten ist) in Lauf gesetzt worden, kann dahingestellt bleiben. Sollte diese Darstellung zutreffen, so ließe diese moderate Verschiebung des Beginns und des Endes der Übergangsfristen sowohl die Ernstlichkeit des legislatorischen Wollens, das in Spielhallen betriebene Glücksspiel nach Maßgabe des Glücksspielstaatsvertrages 2012 einzudämmen, als auch die Realisierbarkeit dieses Vorhabens unberührt (vgl. zur fehlenden Verletzung des Kohärenzgebots, wenn in einem föderativ aufgebauten Mitgliedstaat der Europäischen Union Regelungen, die die gleiche Rechtsmaterie betreffen, innerhalb dieses Mitgliedstaates zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft treten, BGH, B. v. 24.1.2013 - Digibet, GewArch 2013, 205 Rn. 31 m. w. N.).

3.2.4 Die Antragstellerin hat ferner darauf verwiesen, dass § 2 Abs. 3 des Hessischen Spielhallengesetzes (HessSpielhG) vom 28. Juni 2012 (GVBl S. 213) im Einzelfall und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standortes auch für nicht bereits vorhandene Spielhallen Abweichungen von dem gemäß § 2 Abs. 1 HessSpielhG grundsätzlich auch in jenem Bundesland geltenden Erfordernis zulässt, dass eine Spielhalle nicht in einem baulichen Verbund mit einer oder mehreren Spielhallen stehen darf. Die Antragstellerin sieht eine Diskrepanz zu § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 2012, wonach Durchbrechungen des in § 25 Abs. 2 GlüStV 2012 verankerten Verbots nur zugunsten solcher Spielhallen, für die spätestens am 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt wurde, gestattet sind. Zusätzlich eingeschränkt wird diese Regelung dadurch, dass eine solche „Mehrfachkonzessionierung“ nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums nur für einen angemessenen Zeitraum zugelassen werden darf und eine solche Vergünstigung zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich sein muss.

Die darüber hinausgehende Regelung in § 2 Abs. 3 HessSpielhG darf jedoch ebenfalls nicht isoliert gewürdigt werden. Vor allem gilt auch für Betriebe, die nach dieser Vorschrift vom Gebot des § 2 Abs. 1 HessSpielhG freigestellt werden, das in § 1 Abs. 3 HessSpielhG normierte Erfordernis, wonach die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle den in dieser Bestimmung aufgeführten, mit § 1 Nr. 1 bis 4 GlüStV 2012 sachlich (zum Teil sogar wortgleich) übereinstimmenden Zielen nicht zuwiderlaufen dürfen; nur wenn dieses Postulat gewahrt ist, darf nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 HessSpielhG eine Erlaubnis nach diesem Gesetz erteilt werden.

3.2.5 Die Antragstellerin hat zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass sich in gewissem Umfang anders als in den übrigen 15 Bundesländern im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt (d. h. bei Bescheidserlass) - ebenso wie derzeit noch, aber mit wohl absehbarer Änderung - die spielhallenrechtliche Situation in Schleswig-Holstein darstellt, da dieses Land dem Glücksspielstaatsvertrag 2012 zunächst nicht beigetreten ist und die dort vorgesehenen Instrumente zunächst nicht übernommen worden sind. Allerdings ist auch der dortige Gesetzgeber tätig geworden (vgl. Gesetz zur Errichtung und zum Betrieb von Spielhallen vom 17.4.2012 - GOVBl S. 431 -).

Ob allein damit eine den in den anderen Bundesländern geltenden Regelungen gleichwertige Gestaltung gefunden wurde, kann offen bleiben. Der Verwaltungsgerichtshof hält nach vorläufiger, summarischer Einschätzung die Aussage, dass auch angesichts des von Schleswig-Holstein vorübergehend beschrittenen Sonderwegs in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt eine kohärente Regelung des Glücksspiels in Spielhallen vorgenommen wurde, zum Einen deshalb für gerechtfertigt, weil der Kohärenzgedanke hier deshalb eine andere Bedeutung hat, weil zwischen Spielhallen kein überregionaler Wettbewerb besteht. Anders als das z. B. bei über das Internet zugänglichen Möglichkeiten des Glücksspiels der Fall ist (vgl. zu den Bedenken, die sich unter dem Blickwinkel des Kohärenzgebots u. U. aus der in Schleswig-Holstein vorgenommenen Liberalisierung des Vertriebs von Sportwetten im Internet ergeben, BGH, B. v. 24.1.2013 - Digibet, I ZR 171/10 - GewArch 2013, 205), ist es nämlich nicht vorstellbar, dass die in Bayern (und in den an Bayern angrenzenden Bundesländern) geltenden, auf die Begrenzung des Glücksspiels in Spielhallen abzielenden Regelungen dann den ihnen zugedachten Zweck nicht mehr zu erfüllen vermöchten, wenn das schleswig-holsteinische Spielhallengesetz einen mit den Zielsetzungen des Glücksspielstaatsvertrags 2012 und den ihrer Umsetzung dienenden Bestimmungen des bayerischen Landesrechts partiell inkohärenten Ansatz verfolgen sollte. Denn es kann - anders als bei Internetangeboten - als praktisch ausgeschlossen gelten, dass Glücksspieler oder zum Glücksspiel geneigte Personen, die dieses Verlangen in Bayern wegen der hier ergriffenen restriktiven Maßnahmen nicht mehr in dem von ihnen gewünschten Maß befriedigen können, auf Spielhallen in Schleswig-Holstein ausweichen. Selbst wenn es von Rechts wegen geboten sein sollte, „jede in einem Bundesland bestehende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit für sich genommen darauf zu überprüfen, ob ihre Eignung zur Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels dadurch entfällt, dass ein anderes Bundesland eine abweichende Regelung trifft“ (vgl. dazu BGH, B. v. 24.1.2013 - Digibet, I ZR 171/10 - GewArch 2013, 205 Rn. 22), wäre diese Frage im Bereich des Spielhallenrechts mithin eindeutig zu verneinen.

Hinzu kommt zum Anderen, dass der schleswig-holsteinische Sonderweg demnächst voraussichtlich auch insoweit ein grundsätzliches Ende finden wird, als das Recht der Spielhallen in Frage steht. Schleswig-Holstein ist mit Wirkung ab dem 9. Februar 2013 dem Glücksspielstaatsvertrag 2012 beigetreten; im Juni 2013 hat die dortige Landesregierung in den Schleswig-Holsteinischen Landtag den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Spielhallengesetzes eingebracht (LT-Drs. 18/918). Dies hält sich noch im Rahmen dessen, was in einem föderativ aufgebauten Mitgliedstaat der Europäischen Union an unterschiedlichen Zeitpunkten für das Wirksamwerden von das Glücksspiel einschränkenden Regelungen hinnehmbar ist. Auch steht zu erwarten, dass die in § 32 GlüStV 2012 vorgesehene Evaluierung der Auswirkungen des Staatsvertrags dazu beitragen wird, etwaige Schwachstellen zu beheben, die aus unterschiedlichen Regelungen in den verschiedenen Bundesländern resultieren.

4. Die Notwendigkeit einer der Antragstellerin günstigeren Entscheidung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ergibt sich ferner nicht aus der Behauptung, die bestehenden bau- und gewerberechtlichen Erlaubnisse würden „die Geeignetheit des Ortes und der Antragstellerin als Betreiberin zum Betrieb von vier Spielhallen“ bestätigen. Bereits die §§ 33 ff. GewO würden die Ziele der Suchtprävention und des Spielerschutzes kennen; die Erteilung der Erlaubnisse nach § 33i GewO habe die Förderung dieser Ziele bestätigt. Eine günstigere Entscheidung über die neu eingeführte glücksspielrechtliche Erlaubnis, die von neu eingeführten materiellrechtlichen Voraussetzungen abhängig gemacht wird, kann durch die früheren Erlaubnisse nach deren Regelungsgehalt nicht vorgegeben sein.

5. Als rechtlich unbehelflich erweist sich die Behauptung, die durch den Glücksspielstaatsvertrag 2012 bewirkte zusätzliche Erlaubnispflicht lasse die strengen Voraussetzungen für die Rücknahme bzw. den Widerruf einer Erlaubnis leerlaufen, die sich aus Art. 48 f. BayVwVfG ergäben.

Da die der Antragstellerin erteilten Erlaubnisse nach § 33i GewO auch unter der Geltung des Glücksspielstaatsvertrages 2012 und des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland fortbestehen, diese Verwaltungsakte ferner auch nicht durch behördliche Einzelfallentscheidung aufgehoben wurden, stellt sich die in der Beschwerdebegründung insoweit aufgeworfene Frage von vornherein nur, wenn man davon ausgeht, dass die praktische Entwertung einer Erlaubnis nach § 33i GewO, die dann eintritt, wenn die nach § 24 GlüStV 2012 i. V. m. Art. 11 Abs. 1 AGGlüStV für Spielhallen in Bayern erforderliche zusätzliche Erlaubnis nicht erteilt werden kann, rechtlich einer Rücknahme oder einem Widerruf der erstgenannten Erlaubnis gleichzustellen ist. Sollte das - was der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich dahinstehen lässt - zu bejahen sein, wäre zu berücksichtigen, dass Art. 48 und Art. 49 BayVwVfG gemäß Art. 1 Abs. 1 BayVwVfG nur subsidiär gelten. Es bleibt dem Normgeber mithin unbenommen, sondergesetzlich zu bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen rechtliche Vorteile, die sich für Privatpersonen aus begünstigenden Verwaltungsakten ergeben, unabhängig von den in Art. 48 f. BayVwVfG normierten Voraussetzungen entzogen werden dürfen. Ihre Grenze findet diese Befugnis nur an den Schranken, die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip, dem Vertrauensschutzprinzip und den Grenzen für die Rückwirkung von Gesetzen (Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Bayern) ergeben. Dass der Gesetzgeber im Lichte dieser verfassungsrechtlichen Verbürgung entweder überhaupt gehindert war, Inhabern einer Erlaubnis nach § 33i GewO eine zusätzliche Belastung in Gestalt eines weiteren Genehmigungserfordernisses mit zusätzlichen materiellrechtlichen Anforderungen aufzuerlegen, oder dass er eine solche Regelung nicht treffen durfte, ohne die Betroffenen zu entschädigen, zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf.

6. Soweit die Antragstellerin schließlich geltend macht, der Antragsgegner hätte vor dem Erlass einer Untersagungsverfügung im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens den Ausgang des Klageverfahrens, in dem sie die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung von Erlaubnissen nach § 24 GlüStV 2012 erstrebt, abwarten können, hat sie entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht aufgezeigt, dass sie trotz der eindeutigen, in § 25 Abs. 2 GlüStV 2012 und Art. 9 Abs. 2 Satz 1 AGGlüStV getroffenen Regelungen hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Spielhallen einen Anspruch auf die Erteilung derartiger Erlaubnisse besitzt. Ist das aber nicht dargetan, bleibt die Behauptung in sich unschlüssig, das Ermessen, den Betrieb von Spielhallen zu untersagen, für die eine von mehreren erforderlichen Erlaubnissen nicht vorliegt, sei dahingehend reduziert, dass die Behörde von der sich aus Art. 10 Satz 2 AGGlüStV i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV ergebenden Befugnis keinen Gebrauch machen dürfe.

Ebenfalls unschlüssig ist die Einlassung, der Antragsgegner hätte im Rahmen eines ihm behauptetermaßen eröffneten Ermessensspielraums die erteilten Erlaubnisse nach § 33i GewO „zurücknehmen“ müssen. Denn die Rücknahme eines Verwaltungsakts setzt nach Art. 48 BayVwVfG dessen Rechtswidrigkeit voraus. Tatsachen, aus denen die Richtigkeit dieser (der Antragstellerin ungünstigen Behauptung) folgt, trägt sie indes selbst nicht vor.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21. Januar 2014 - 3 K 1786/13 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Die von dem Antragsteller in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und dem Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 03.09.2013, mit der ihm untersagt wurde, in der Gaststätte „...“ in ... Sportwetten zu vermitteln oder derartige Tätigkeiten zu unterstützen (Ziff. 1 der Verfügung), ihm aufgegeben wurde, die zur Vermittlung von Sportwetten vorgehaltenen Geräte dauerhaft aus der Gaststätte zu entfernen und die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen sowie dies dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Ziff. 2) und für den Fall, dass er den genannten Verpflichtungen nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht wurde (Ziff. 3), stattzugeben. Entsprechendes gilt für den hilfsweisen Antrag auf zeitlich befristete Anordnung der aufschiebenden Wirkung.
Das Verwaltungsgericht, das maßgeblich auf die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers abgestellt hat, ist davon ausgegangen, dass die angefochtene Verfügung voraussichtlich rechtmäßig ist, weil der Antragsteller unter Verstoß gegen § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG, wonach der Betrieb einer Wettvermittlungsstelle für Sportwetten nur erlaubt werden darf, wenn die Wettvermittlungsstelle nicht in einer Gaststätte betrieben werden soll, Sportwetten vermittelt und der Antragsgegner ihm deshalb diese Tätigkeit gestützt auf § 9 Abs. 1 GlüStV n.F. verbieten durfte. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nicht gegen Art. 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG verstößt. Es liege eine Berufsausübungsregelung vor, welche der Spielsuchtprävention diene, hierfür (im Ergebnis) erforderlich sei und sich auch nicht als unverhältnismäßig darstelle. Das Trennungsgebot verstoße auch nicht gegen Art. 56 AEUV. Selbst wenn hierdurch die Dienstleistungsfreiheit beschränkt werde, stehe dies mit Unionsrecht in Einklang. Das Trennungsgebot habe keine diskriminierende Wirkung. Auch gelte § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG für staatliche Vermittler, wenn sie die Art von Sportwetten anböten, die der Antragsteller anbiete. Ein Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit sei auch europarechtlich mit Blick auf die Spielsuchtprävention zu legitimieren. Fraglich sei allenfalls, ob es als milderes Mittel und entsprechend den gesetzgeberischen Erwägungen nicht ausgereicht hätte, Wettvermittlungsstellen in Gaststätten mit Alkoholausschank oder in Gaststätten, in denen sich Geldspielgeräte befinden, zu verbieten. Darauf komme es aber nicht an, weil in der Gaststätte des Antragstellers Alkohol ausgeschenkt werde und auch Geldspielgeräte aufgestellt seien. Außerdem wende der Antragsgegner § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG derzeit nur an, wenn mindestens eine dieser Voraussetzungen gegeben sei. Nicht entscheidend sei, ob die Untersagungsverfügung auch auf das bloße Fehlen einer Erlaubnis gestützt werden könnte, was nicht erfolgt sei; dementsprechend sei auch nicht entscheidend, was insoweit mit Blick auf das fortdauernde Konzessionsverfahren zu beachten wäre. Der Umstand, dass in anderen Bundesländern die Vermittlung von Sportwetten in Gaststätten nicht ausgeschlossen sei, begründe auch keinen Verstoß gegen das europarechtliche Kohärenzgebot. Es liege auch keine intersektorale Inkohärenz mit Blick auf die Regulierung des gewerblichen Automatenspiels vor. Soweit der Antragsteller geltend mache, die Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes seien wegen fehlender Notifizierung nicht anwendbar, könne er damit ebenfalls nicht durchdringen. Selbst wenn § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG notifizierungspflichtig wäre, hätte dies nicht zur Folge, dass das gesamte Landesglücksspielgesetz unanwendbar wäre. Das Verwaltungsgericht geht im Weiteren ausdrücklich davon aus, dass § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nicht notifizierungspflichtig sei. Die angefochtene Verfügung sei auch ermessensfehlerfrei ergangen.
Der Antragsteller dringt mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde nicht durch.
I.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die angegriffene Verfügung voraussichtlich rechtmäßig ist.
Nach der Rechtsprechung des Senats sind die Veranstaltung von Sportwetten betreffende Untersagungsverfügungen, die - wie hier - unter der Geltung des neuen Glücksspielstaatsvertrags vor Abschluss des Konzessionsverfahrens ergehen, rechtmäßig, wenn die Veranstaltung nicht erlaubnisfähig ist, es sei denn, die fehlende Genehmigungsfähigkeit könnte durch vom Antragsgegner im Rahmen seiner Ermessensausübung zu prüfende Nebenbestimmungen zu einer etwaigen Konzession beseitigt werden (Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105). Dieser Maßstab gilt auch für die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten vor Erteilung einer Vermittlungserlaubnis.
Die Vermittlung von Sportwetten durch den Antragsteller ist nicht erlaubnisfähig, weil sie gegen das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG verstößt. Das Trennungsgebot bedarf zwar der verfassungskonformen Auslegung über den Weg der teleologischen Reduktion (1.). Auch ist eine europarechtskonforme Auslegung der für staatliche Annahmestellen geltenden Regelungen notwendig (2.). Die danach zu beachtenden Modifizierungen sind aber im Fall des Antragstellers nicht einschlägig. Auch liegt kein Fall vor, in dem dem Verstoß des Antragstellers gegen das Trennungsgebot durch Nebenbestimmungen begegnet zu werden brauchte (3.). Das Trennungsgebot ist auch nicht deshalb unanwendbar, weil § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nicht gemäß Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (im Folgenden: Richtlinie 98/34/EG) notifiziert wurde (4.).
1. Das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG ist bei verfassungskonformer Auslegung mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 GG vereinbar.
Nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG darf der Betrieb einer Wettvermittlungsstelle für Sportwetten nur erlaubt werden, wenn die Wettvermittlungsstelle nicht in einer Gaststätte betrieben werden soll. Das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG dient nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/2431, S. 83) der Suchtprävention. Der Gesetzgeber sieht gaststättenspezifische Gefahren darin, dass durch den Genuss von Alkohol die Hemmschwelle zum Glücksspiel herabgesetzt wird; außerdem soll eine Vermischung der „unterschiedlichen Angebote“ vermieden werden. Dies zielt auf den in Gaststätten grundsätzlich zulässigen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SpielVO) Betrieb von Gewinnspielgeräten ab (vgl. § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 LGlüG a.E., wonach eine Annahmestelle nicht in Räumlichkeiten einer Gaststätte, in denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden, sowie in sonstigen Räumlichkeiten einer Gaststätte, in denen Geldspielgeräte aufgestellt werden, betrieben werden soll).
Die in dem Trennungsgebot liegende Berufsausübungsbeschränkung, von der das Verwaltungsgericht ebenso ausgegangen ist wie von einer darin liegenden Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV, ist - je nach persönlichem Anwendungsbereich - als Eingriff in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG bzw. Art. 2 Abs. 1 GG in ihrer weiten Fassung nur zum Teil gerechtfertigt. Sie ist zwar zur Erreichung des Gemeinwohlziels Suchtprävention geeignet, aber schon nach der Gesetzesbegründung nur insoweit erforderlich (und auch verhältnismäßig im engeren Sinn), als in Gaststätten Alkohol ausgeschenkt wird und/oder Geldspielgeräte aufgestellt sind.
10 
§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG kann aber in diesem Sinn einschränkend verfassungskonform ausgelegt werden. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten (Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 8. Aufl., Art. 20 Rdnr. 34 m.w.N.). Der Wortlaut des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Der Begriff „Gaststätte“ ist nicht zwingend so zu verstehen, dass er jede Gaststätte umfassen soll. Insbesondere verwendet § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nicht den umfassenden Begriff des Gaststättengewerbes der §§ 1 LGastG, 1 ff. GastG. Die Entstehungsgeschichte der Norm spricht ausweislich der Gesetzesbegründung für eine einschränkende Auslegung dahingehend, dass sie sich nur auf Gaststätten bezieht, in denen Alkohol ausgeschenkt wird und/oder Geldspielgeräte aufgestellt sind. Entsprechendes gilt für den sich daraus ergebenden Sinn und Zweck der Regelung. Auch die Regelung des § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 LGlüG a.E., welche die Zulässigkeit von staatlichen Annahmestellen in Gaststätten regelt, spricht für diese Interpretation, da sie ausdrücklich einen Zusammenhang mit Alkoholausschank und/oder dem Betrieb von Geldspielgeräten herstellt. Auch in dieser Auslegung ist die für Wettvermittlungsstellen geltende Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG, wie vom Gesetzgeber beabsichtigt (LT-Drs. 15/2431, S. 83), noch strenger als § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 LGlüG (siehe aber unten 2. zur Vermittlung von Sportwetten in staatlichen Annahmestellen in Gaststätten). Im Übrigen geht auch die Verwaltungspraxis des Antragsgegners dahin, Untersagungsverfügungen nur gegenüber Gaststättenbetreibern zu erlassen, die Alkohol ausschenken und/oder Geldspielgeräte aufgestellt haben.
11 
2. Die verfassungskonform ausgelegte Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG ist bei unionsrechtskonformer Auslegung des § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5 LGlüG i.V.m. § 20 Abs. 7 Satz 1 und 2 LGlüG auch mit Art. 56 AEUV vereinbar.
12 
Die staatliche Lottogesellschaft (§ 9 Abs. 4 LGlüG) kann unter den Voraussetzungen des § 20 LGlüG Wettvermittlungsstellen für Sportwetten betreiben. Für diese gelten dann dieselben gesetzlichen Voraussetzungen wie für private Wettvermittlungsstellen einschließlich der Möglichkeit, nach § 21 Abs. 4 GlüStV n.F. erlaubte Live-Wetten zu vermitteln (arg. e § 20 Abs. 7 LGlüG). Verzichtet der staatliche Veranstalter hierauf, dürfen aber gem. § 20 Abs. 7 Satz 1 und 2 LGlüG auch in staatlichen Annahmestellen i.S.v. § 13 Abs. 3 LGlüG Sportwetten mit Ausnahme von Live-Wetten als Nebengeschäft vermittelt werden.
13 
a) Nach § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5 LGlüG darf der Betrieb einer staatlichen Annahmestelle nur erlaubt werden, wenn die Annahmestelle nicht in Räumlichkeiten einer Gaststätte, in denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden, sowie in sonstigen Räumlichkeiten einer Gaststätte, in denen Geldspielgeräte aufgestellt werden, betrieben werden soll.
14 
Der Wortlaut der Regelung schließt, anders als § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG dies für private Wettvermittlungsstellen regelt, nicht aus, staatliche Annahmestellen auch in Gaststätten zu betreiben, in denen Alkohol ausgeschenkt und/oder Geldspielgeräte aufgestellt werden, vorausgesetzt die Annahmestelle befindet sich in einem Raum, in dem weder Alkohol ausgeschenkt wird noch Geldspielgeräte aufgestellt sind.
15 
Es erscheint bereits fraglich, ob dies vom Gesetzgeber gewollt war. Nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/2431, S. 76) soll mit der Regelung grundsätzlich auch vermieden werden, dass Glücksspiel in einer Umgebung stattfindet, in der durch den Ausschank von Alkohol die Hemmschwelle herabgesetzt werden könne. Aus diesem Grund dürften in Räumlichkeiten von Gaststätten, in denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden, keine Annahmestelle betrieben werden. Die Begründung zum Gesetzentwurf lässt mithin den Schluss zu, dass in Gaststätten, die Alkohol ausschenken, keine staatliche Annahmestelle eingerichtet werden darf. Dem entspricht auch die weitere Passage der Gesetzesbegründung, durch die fragliche Regelung solle ausgeschlossen werden, dass Annahmestellen „in einer Gaststätte, in der alkoholische Getränke ausgeschenkt werden, betrieben werden“. Für das Aufstellen von Geldspielgeräten fehlt es aber an einem solchen Befund. Nach der Gesetzesbegründung soll insoweit ausgeschlossen werden, dass Annahmestellen „in sonstigen Räumen einer Gaststätte, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, betrieben werden“.
16 
§ 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5 LGlüG ist aber jedenfalls dann, wenn in staatlichen Annahmestellen Sportwetten vermittelt werden, nur für den Fall unionsrechtskonform, wenn hierdurch staatliche Annahmestellen in Gaststätten, in denen Alkohol ausgeschenkt und/oder Geldspielgeräte aufgestellt sind, ausgeschlossen werden.
17 
b) Das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG beschränkt die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) aufgrund des auch unionsrechtlich legitimen Gemeinwohlziels der Suchtprävention. Das Trennungsgebot ist auch grundsätzlich zur Suchtprävention geeignet und auch im Übrigen zulässig.
18 
Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielbereichs steht den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sie dürfen ihre Glücksspielpolitik ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten und das angestrebte Schutzniveau selbst bestimmen. Die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen sind allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das angestrebte Schutzniveau zu beurteilen. Dabei ist jede beschränkende Regelung gesondert zu prüfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.2013 - 8 C 10.12 -, juris, m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH). Die Eignung des Trennungsgebotes setzt dabei zusätzlich voraus, dass es zur Erreichung des mit ihm verfolgten Gemeinwohlziels in systematischer und kohärenter Weise beiträgt (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 5.10 -, BVerwGE 140, 1, Rdnr. 35).
19 
aa) Soweit sich das Sportwettenangebot privater Vermittlungsstellen mit dem Sportwettenangebot in staatlichen Annahmestellen deckt, also dann, wenn ein privater Vermittler Sportwetten ohne die Möglichkeit von Livewetten (§ 20 Abs. 7 Satz 2 LGlüG) anbietet, fehlt es aber an der Binnenkohärenz des Trennungsgebots.
20 
Erforderlich ist insoweit, dass die unionsrechtlich legitimen Ziele tatsächlich verfolgt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.2013, a.a.O., Rdnr. 31). Daran fehlt es, soweit private Wettvermittlungsstellen in Gaststätten, in denen Alkohol ausgeschenkt wird und/oder Geldspielgeräte aufgestellt sind, Sportwetten ohne Live-Wetten nicht vermitteln dürfen, dasselbe Angebot staatlicher Annahmestellen aber in Gaststätten mit Alkoholausschank und/oder Geldspielgeräten zulässig ist. Allein der Umstand, dass in dem Raum der Gaststätte, in dem sich die Annahmestelle befindet, kein Alkohol ausgeschenkt wird bzw. kein Geldspielgerät aufgestellt werden darf, würde dabei keinen effektiven Schutz vor den Gefahren darstellen, denen mit dem Trennungsgebot gerade begegnet werden soll. Auch der Umstand, dass private Wettvermittlungsstellen anders als staatliche Annahmestellen auch Sportwetten in Form von - aus Sicht des Gesetzgebers - gefährlicheren Live-Wetten anbieten dürfen und (auch) deshalb strengere Anforderungen an sie gestellt werden sollten, rechtfertigt nicht die fragliche Privilegierung staatlicher Annahmestellen in Gaststätten. An der erforderlichen und vorliegend fehlenden Binnenkohärenz der gesetzlichen Regelung ändert sich auch nichts dadurch, dass nach dem Vortrag des Antragsgegners derzeit in Baden-Württemberg nur in wenigen Gaststätten Annahmestellen eingerichtet sind.
21 
§ 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5 LGlüG in Verbindung mit § 20 Abs. 7 Satz 1 und 2 LGlüG lässt sich aber europarechtskonform auslegen, also so, dass der Binnenkohärenz genügt ist, und zwar dahingehend, dass auch staatliche Annahmestellen, in denen Sportwetten vermittelt werden, sich nicht in Gaststätten befinden dürfen, in denen Alkohol ausgeschenkt wird oder Geldspielgeräte aufgestellt sind. Für die europarechtskonforme Auslegung gelten die Überlegungen zur verfassungskonformen Auslegung entsprechend (Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 23 Rdnr. 41). Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung lassen eine solche Auslegung zu. Soweit der Gesetzgeber die generell strengere Reglementierung von Wettvermittlungsstellen im Vergleich zu Annahmestellen damit begründet hat, in Wettvermittlungsstellen hielten sich Kunden länger auf (LT-Drs. 15/2431, S. 83, 85), trifft dies im Übrigen dann nicht zu, wenn sich die Annahmestelle in einer Gaststätte befindet. Entsprechendes gilt, soweit das besondere Suchtpotential von in Wettvermittlungsstellen zulässigen Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 GlüStV n.F.) im wiederholten Spiel und - dem vorangehend - im längeren Aufenthalt in der Wettvermittlungsstelle gesehen wird. Auch der Wortlaut des § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5 LGlüG, der allgemein für Annahmestellen gilt, schließt Modifizierungen für den Fall des Angebots von Sportwetten nicht aus, wenn sich aufgrund dieses „Nebengeschäfts“ (§ 20 Abs. 7 Satz 1 LGlüG) weitere Anforderungen ergeben.
22 
bb) Das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG erweist sich aber nicht als horizontal inkohärent, weil einzelne Bundesländer keine entsprechenden Regelungen getroffen haben und auch nicht als intersektoral inkohärent, weil andere Glücksspiele in Gaststätten stattfinden dürfen, in denen Alkohol ausgeschenkt und/oder Geldspielgeräte betrieben werden.
23 
Art. 56 AEUV verlangt keine zwischen Bund und Ländern koordinierte, sektorenübergreifende, systematisch und widerspruchsfrei an der Suchtbekämpfung orientierte Glücksspielpolitik, die vergleichbare Gefährdungen gleichermaßen erfasst. Erst recht bedarf es keines gebiets- und zuständigkeitsübergreifend konzipierten Systems aufeinander abgestimmter Regelungen im Sinne einer sämtliche Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz. Wegen des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung der Europäischen Union ist der demokratisch legitimierte, mitgliedstaatliche Gesetzgeber im nicht harmonisierten Glücksspielrecht grundsätzlich frei, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, die mit der Glücksspielpolitik verfolgten Ziele festzulegen und einzelne Glücksspielbereiche aufgrund seiner parlamentarischen Einschätzungsprärogative entsprechend auszugestalten. Das gilt bei bundesstaatlich verfassten Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer föderalen Kompetenzordnung für jeden im Mitgliedstaat tätigen Gesetzgeber. Die unionsrechtlichen Grundfreiheiten begrenzen diese Regelungsbefugnis und verbieten unverhältnismäßige Beschränkungen. Sie verpflichten den Mitgliedstaat jedoch nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.2013, a.a.O., Rdnr. 52).
24 
Eine intersektorale oder horizontale Inkohärenz liegt vielmehr erst vor, wenn unterschiedliche Regelungen oder deren Handhabung dazu führen, dass das mit einer einschränkenden Regelung verfolgte Schutzziel mit dieser Regelung nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (vgl. BVerwG, a.a.O., Rdnr. 53 m.w.N.). Festgestellt werden muss, inwieweit das Fehlen einer entsprechenden Regelung in anderen Bundesländern oder der Umstand, dass andere Glücksspiele in Gaststätten stattfinden dürfen, in denen Alkohol ausgeschenkt und/oder Geldspielgeräte betrieben werden, die Wirksamkeit des Trennungsgebotes und dessen Beitrag zur Verwirklichung des mit ihm verfolgten Ziels beeinträchtigt (vgl. BVerwG, a.a.O.). Dies ist weder ersichtlich noch mit der Beschwerdebegründung dargelegt worden (vgl. demgegenüber Senat, Beschluss vom 10.12.2012 - 6 S 3335/11 -, juris).
25 
3. Die vorzunehmende Auslegung der §§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4, 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5, 20 Abs. 7 Satz 1 und 2 LGlüG wirkt sich für den Antragsteller aber nicht aus, da er eine Gaststätte betreibt, in der Alkohol ausgeschenkt wird und Geldspielgeräte vorhanden sind, und nicht lediglich das in staatlichen Annahmestellen zulässige Sportwettenangebot, sondern auch Live-Wetten vermittelt.
26 
Dem Verstoß gegen das Trennungsgebot brauchte der Antragsgegner auch nicht durch Nebenbestimmungen begegnen. Die Sportwettenvermittlung in der Gaststätte stellte nur dann keinen Verstoß gegen das Trennungsgebot dar, wenn der Antragsteller keinen Alkohol ausschenken und keine Geldspielgeräte betreiben würde. Ermessenserwägungen zu entsprechenden Nebenbestimmungen brauchte der Antragsgegner aber nicht anzustellen, solange dem Antragsteller der Ausschank von Alkohol aufgrund einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis erlaubt ist und für das Aufstellen von Geldspielgeräten eine Bestätigung nach § 33c Abs. 3 GewO vorliegt. Aus dem gleichen Grund kommt eine Teilstattgabe im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht in Betracht.
27 
4. Das Trennungsgebot ist auch nicht deshalb unanwendbar, weil § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nicht gemäß Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 1 Richtlinie 98/34/EG notifiziert wurde.
28 
Nach Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 1 Richtlinie 98/34/EG übermitteln die Mitgliedstaaten grundsätzlich der Kommission jeden Entwurf einer technischen Vorschrift und unterrichten sie gleichzeitig über die Gründe, die die Festlegung einer derartigen technischen Vorschrift erforderlich machen. Auch stellt der Verstoß gegen diese Regelung einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der zur Unanwendbarkeit der betreffenden technischen Vorschrift führen kann, so dass sie im Einzelnen nicht entgegengehalten werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 08.09.2005 - C-303/04 -, juris, Rdnr. 23). Das nationale Gericht hat eine Vorschrift des nationalen Rechts, die eine technische Vorschrift darstellt, deshalb nicht anzuwenden, wenn sie der Kommission vor ihrem Erlass nicht übermittelt worden ist (vgl. EuGH, a.a.O., Rdnr. 24).
29 
Das Verwaltungsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nach dieser Vorschrift nicht notifizierungspflichtig ist und dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass, soweit der Anwendungsbereich der Richtlinie überhaupt eröffnet ist, die für die Annahme einer Notifizierungspflicht nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 19.07.2012 - C-213/11, C-214/11 - und - C-217/11 -) erforderliche wesentliche Einschränkung bei der Vermarktung durch die fragliche Vorschrift nicht gegeben ist, weil nach § 20 Abs. 2 LGlüG in Baden-Württemberg bis zu 600 Wettvermittlungsstellen zulässig sein werden mit der Folge, dass eine Vermarktung durch das Verbot, sie (gerade) in (bestimmten) Gaststätten vorzunehmen, allenfalls marginal beeinflusst wird. Hierzu verhält sich die Beschwerde nicht.
II.
30 
Unabhängig von der Frage, ob die angefochtene Verfügung sich voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird und deshalb eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung ausscheidet, führt auch eine Interessenabwägung im Übrigen nicht zu einem anderen Ergebnis. Der Antragsteller hat - auch im Beschwerdeverfahren - bereits nicht dargelegt, welche wirtschaftlichen Konsequenzen der Vollzug der Untersagungsverfügung für ihn haben würde. Es bleibt insbesondere unklar, welchen Umsatz und Gewinn der Antragsteller aus der Vermittlung von Sportwetten erzielt und wie sich diese Beträge jeweils zum Gesamtumsatz und -gewinn verhalten.
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.