Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 06. Apr. 2017 - 12 A 134/16

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2017:0406.12A134.16.0A
bei uns veröffentlicht am06.04.2017

Tenor

Der Bescheid vom 14.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2016 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin, die eine freiwillige Feuerwehr unterhält, wendet sich gegen den Widerruf einer Zuwendung für die Beschaffung eines Feuerwehrlöschfahrzeuges.

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Mit Schreiben vom 25. September 2009 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Zuweisung nach § 31 Finanzausgleichsgesetz (FAG) für die Anschaffung eines neuen Staffellöschfahrzeugs (StLF 10/6 schwer). Die voraussichtlichen Gesamtkosten gab die Klägerin mit 160.000,- Euro an.

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Mit Bescheid vom 13. Januar 2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin im Wege der Anteilsfinanzierung eine Zuweisung aus der Feuerschutzsteuer in Höhe von höchstens 27.500,- Euro (25% der zuwendungsfähigen Gesamtkosten in Höhe von 110.000,- Euro). Bestandteile des Bescheides waren u.a. die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K) und die Richtlinien zur Förderung des Feuerwehrwesens (§ 31 FAG) in Verb. mit den jeweils geltenden Rundschreiben. In dem Bescheid heißt es weiter, gemäß 1.4 der Richtlinie seien bei der Durchführung von Beschaffungen die Vorschriften des Vergaberechts einzuhalten. Der Beklagte behalte sich vor, die Zuweisung bei Nichteinhaltung der Vergabevorschriften zurückzufordern. Mit Schreiben vom 25. März 2010 erklärte sich die Klägerin mit dem Bescheid einverstanden.

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Die Klägerin beteiligte sich zusammen mit zwei weiteren amtsangehörigen Gemeinden an einem landesweiten, von der Gebäudemanagement …  (…) durchgeführten Ausschreibungsverfahren für Feuerwehrfahrzeuge. Die Beschaffung wurde im sog. offenen Verfahren nach § 3a Nr. 1 Abs. 1 der Verdingungsordnung für Leistungen - Teil A (VOL/A) europaweit ausgeschrieben. In ihrer Sitzung am 09. August 2010 beschloss die Gemeindevertretung von , den Auftrag für die Anschaffung des Fahrgestells an die Firma  … zum Preis von 62.475,- Euro, für den Fahrzeugaufbau an die Firma …  GmbH zum Preis von 98.026,25 Euro und für die Beladung an die Firma  … zum Preis von 9.860,82 Euro zu vergeben. Die Gesamtsumme für die Anschaffung betrug danach 170.362,07 Euro.

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Unter dem 13. September 2011 reichte die Klägerin den Verwendungsnachweis ein. Danach kostete die Maßnahme insgesamt 160.673,80 Euro. Im Dezember 2011 wurde die Zuweisung in Höhe von 27.500,- Euro ausgezahlt. Der Beklagte bestätigte mit Datum vom 14. Dezember 2011, dass die Zuwendung zweckentsprechend verwendet und der Zuwendungszweck erreicht sei. Es seien keine Beanstandungen zu erheben.

6

2012 führte das Rechnungs- und Gemeindeprüfungsamt des Kreises (GPA) beim Amt …  und bei den amtsangehörigen Gemeinden für die Jahre 2006 bis 2011 eine Ordnungsprüfung durch, in deren Rahmen auch Vorgänge für die Beschaffung von Feuerwehrfahrzeugen geprüft wurden. In seinen Prüfungsberichten vom 21. November 2012 wies das GPA darauf hin, dass die Ausschreibung und die Auftragsvergabe für die Klägerin gegen zwingende gesetzliche Vorschriften, insbesondere gegen die VOL/A und gegen die Gemeindeordnung verstoßen hätten. Der Beklagte habe zu prüfen, ob die Gemeinde die Zuweisung zurückzuzahlen habe.

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Auf die Aufforderung des Beklagten nahm die Klägerin unter dem 23. April 2013 zum Prüfungsbericht Stellung. Am 17. September 2013 teilte das GPA dem zuständigen Fachdienst des Beklagten mit, dass die Stellungnahme der Gemeinde nicht geeignet sei, die Beanstandungen auszuräumen, und nunmehr über die Rückforderung der gewährten Zuweisungen entschieden werden sollte. Mit Schreiben vom 14. April 2014 gab der Beklagte der Klägerin Gelegenheit, zu einer möglichen Rückforderung der Zuwendung Stellung zu nehmen. Am 09. Mai 2014 ging die Stellungnahme der Klägerin vom 06. Mai 2014 bei dem Beklagten ein. In der Zeit vom 17. Juni 2014 bis zum 12. Juni 2015 fanden zwischen den Beteiligten mehrere Gespräche statt, in denen hinsichtlich der Rückforderung der Zuwendung ohne Erfolg nach einem Kompromiss gesucht wurde.

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Mit Bescheid vom 14. September 2015 widerrief der Beklagte gegenüber der Klägerin den Bewilligungsbescheid vom 13. Januar 2010 gemäß § 117 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LVwG und forderte die Erstattung der Zuweisung in Höhe von 27.500,- Euro zuzüglich Zinsen in Höhe 3.405,84 Euro für den Zeitraum vom 29. Dezember 2011 (Tag der Auszahlung) bis 06. Juni 2014 (vier Wochen nach Eingang der Stellungnahme der Gemeinde im Rahmen des Anhörungsverfahrens), insgesamt 30.905,84 Euro, bis zum 23. Oktober 2015. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Die Klägerin habe eine mit dem Bewilligungsbescheid verbundene Auflage, nämlich die Einhaltung der Vorschriften des Vergaberechts, die auch unter Ziffer 1.4 der als verbindlich anerkannten Richtlinien zur Förderung des Feuerwehrwesens in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Dezember 2003 zwingend gefordert werde, nicht erfüllt.

9

Das Leistungsverzeichnis enthalte unzulässige bzw. es fehlten zulässige Formulierungen. Nach § 8a Nr. 5 VOL/A dürfe in den technischen Spezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion verwiesen werden, soweit dies nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt sei, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen würden. Solche Verweise seien nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden könne. Solche Verweise seien mit dem Zusatz „oder gleichwertig” zu versehen. In dem Leistungsverzeichnis fänden sich dagegen bei einigen Positionen vereinzelte Zusätze wie „… oder ähnlich“ bzw. „vergleichbar…“. Ein anderer Wortlaut des Zusatzes sei unzulässig. Die im Leistungsverzeichnis verwendeten Begriffe seien nicht identisch mit dem Begriff „gleichwertig“. Die Klägerin habe nicht darauf vertrauen können, dass die  ein rechtskonformes Leistungsverzeichnis erstellen würde, weil nach den vertraglichen Vereinbarungen mit der …  das Amt ... als Bedarfsstelle für die Klägerin die Ausschreibungsunterlagen, insbesondere das Leistungsverzeichnis zur Verfügung gestellt habe.

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Ein Auftrag an die Firma  … GmbH sei erteilt worden, obwohl ein zwingender Ausschlussgrund vorgelegen habe. Die … habe eine Auswertung der Angebote nach Prüfung der Vollständigkeit der Angebotsunterlagen sowie evtl. daraus resultierender zwingender und fakultativer Ausschlussgründe nach § 25 Nr. 1 VOL/A übersandt. Danach habe die Firma … bei ihrem Angebot keine Angaben zur nächst gelegenen Service-Werkstatt gemacht, obwohl auf dem Formblatt eine Entfernungsangabe in Kilometer vom Standort der Gemeinde einzutragen gewesen sei. Das Angebot der Firma habe auf dem verbindlich auszufüllenden Formblatt lediglich die Eintragung „diverse“ sowie den Firmenstempel mit Name und Anschrift des Firmensitzes enthalten. In einem Begleitschreiben habe die Firma erwähnt, dass ein Kundendienst an „… unserem Standort…“ vorgehalten werde. Diese Angabe der Entfernung zur nächstgelegenen Service-Werkstatt habe nach der für die Wertung der Angebote erstellten Bewertungsmatrix einen hohen Stellenwert gehabt (30 Wertungspunkte). Im Rahmen der Angebotsauswertung seien der Firma folgerichtig null Wertungspunkte vergeben worden mit der Folge, dass ein Mitbewerber mit einer höheren Gesamtpunktzahl den Zuschlag hätte erhalten müssen. Die …  habe mit Schreiben vom 04. August 2010 richtigerweise darauf hingewiesen, dass wegen der unzureichenden Entfernungsangaben das Angebot gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 a) in Verb. mit   § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A von der Wertung hätte ausgeschlossen werden müssen. Bei Mängeln in den Angeboten sei der Wille des Bieters zu erforschen, wobei hierüber geführte Verhandlungen nur nach Maßgabe des § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A zulässig und zu dokumentieren seien. Die von der Verwaltung im sog. Vergabevermerk vom 20. August 2010 formulierte Aussage, die fehlende Entfernungsangabe sei „…lediglich ein Formfehler…“, sei bloße Spekulation. Dem Aktenvorgang sei nicht zu entnehmen, ob mit dem Bieter schriftlich Kontakt aufgenommen worden sei, um Zweifel hinsichtlich der Entfernungsangabe zu klären. Stattdessen seien im Rahmen der fachlichen Wertung der Angebote von Seiten der Gemeinde/Freiwilligen Feuerwehr eigenmächtig Ermittlungen zur Entfernung vom Standort des Fahrzeugs zur nächstgelegenen Service-Werkstatt angestellt worden. Danach habe das Angebot der Firma  … dann weitere 30 Punkte erhalten. Da das Angebot der Firma  … von der Wertung hätte ausgeschlossen werden müssen und nach der fachlichen Prüfung auf die Angebote der übrigen Bieter aus anderen Gründen kein Zuschlag hätte erteilt werden können, hätte auch eine (Teil-)Aufhebung der Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 a) und c) in Verb. mit Nr. 2 a) VOL/A in Betracht gezogen werden müssen. Die Klägerin habe eingewandt, dass fehlende Angaben nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 a) VOL/A nicht automatisch zum Ausschluss des jeweiligen Angebotes führten, die Entscheidung darüber vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des öffentlichen Auftraggebers liege. Da die Angebote der Firmen  …,  … und …  bei der Vergabe des Aufbaus nach Beurteilung der … aus fachlicher Sicht auszuschließen gewesen seien, sei die Firma …  als einziger Anbieter übrig geblieben. Somit habe sich durch das Ergänzen der Kilometerangabe die Wettbewerbsstellung der anderen Anbieter nicht geändert. Die Klägerin übersehe jedoch, dass die Kilometerangabe im Rahmen der europaweiten Ausschreibung ein vorab festgelegtes und bekannt gegebenes Wertungskriterium gewesen sei, das mit maximal 30 v.H. Wertungspunkten versehen worden sei. Bei einem vorab festgelegten und bekannt gegebenen Wertungskriterium sei ein Angebot auszuschließen, wenn zu dem zwingenden Wertungskriterium seitens des Bieters keine Angaben gemacht würden und keine Aufklärung durch den Bieter - nicht eigenmächtig seitens der Verwaltung - erfolge. Wenn sämtliche Angebote nicht gewertet werden könnten, bleibe für eine Ermessensentscheidung nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A über die Aufhebung der Ausschreibung kein Raum mehr, weil aufgrund des § 25a Nr. 1 Abs. 2 VOL/A insoweit eine Ermessensreduzierung vorliege.

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Ferner seien die Festlegung und Wertigkeit der Zuschlagskriterien zu beanstanden. Die Zuschlagskriterien seien wie folgt bewertet worden: Preis: 65 Wertungspunkte, Stützpunkt für Werkstatt, Gewährleistung und Wartung: 30 Wertungspunkte und Garantiezeitraum über die gesetzliche Frist hinaus: 5 Wertungspunkte. Die …  habe unter dem 08. April 2010 in einer Beispielrechnung erläutert, dass ein Bieter B, der in den Kriterien „Stützpunkt für Werkstatt, Gewährleistung und Wartung“ und „Garantie“ keine volle bzw. keine Punktzahl erreiche, im Preis schon um mehr als 10% günstiger als Bieter A sein müsse, um auf Rang 1 in der Wertung zu kommen. Je mehr die Gewichtung „Preis“ herabgesetzt werde, umso größer werde die Spanne, die ein Bieter im Preis nach unten gehen müsse, um für eine Zuschlagserteilung in Betracht zu kommen. Dies würde ein unangemessenes Verhältnis bedeuten. Auch dürfe kein Bieter benachteiligt werden, weil er in bestimmten Kriterien keine volle Punktzahl erreichen könne. Bei Preisspannen von mehr als 10% sei auch zu prüfen, ob ein ungewöhnlich niedriger Preis oder ein Missverhältnis Preis/Leistung vorlägen. Die Bieter sollten nicht in Versuchung gebracht werden, den Preis nach unten zu drücken, weil sie die anderen Kriterien nicht oder nicht voll erfüllen könnten. Trotz der Hinweise der    …          hätten die Klägerin und das Amt an der prozentualen Gewichtung der Zuschlagskriterien festgehalten.

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Gemäß § 30 Nr. 1 VOL/A sei über die Vergabe ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellung sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen zeitnah dokumentiere und aus Gründen der Transparenz und Überprüfbarkeit laufend fortgeschrieben werde. Eine umfassende Dokumentation sei hier nicht vorhanden.

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Nach Erteilung der Aufträge seien Änderungen des Lieferumfangs vorgenommen und weitere nachträgliche Lieferungen teilweise von Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr in Auftrag gegeben worden. Diese Rechtsgeschäfte seien ohne Vertretungsmacht erfolgt und damit unwirksam.

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Die aufgezeigten Verstöße gegen zwingende Vergabevorschriften rechtfertigten den Widerruf des Bewilligungsbescheides. § 117 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LVwG ermögliche den Widerruf grundsätzlich bei jedem, nicht nur bei einem schwerwiegenden Verstoß gegen Auflagen. Im Hinblick auf die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sei in der Regel nur die Entscheidung für den Widerruf ermessensfehlerfrei, wenn mit der Gewährung von Zuwendungen verbundene Auflagen nicht erfüllt würden (sog. intendiertes Ermessen). In Fällen dieser Art bedürfe es der Darlegung der Ermessenserwägungen nur bei Vorliegen atypischer Gegebenheiten. Ein atypischer Fall komme in Betracht, wenn die Bewilligungsbehörde den Verstoß schuldhaft mit verursacht habe. Bei der Aussage eines Mitarbeiters des GPA vom 12. März 2010, auf die die Klägerin sich in ihrer Anhörung bezogen habe, handele es sich nur um eine einmalige allgemeine Rechtsauskunft, ohne dass der Mitarbeiter detaillierte Kenntnisse gehabt habe.

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Er habe die Zuweisung nach Ziffer 6.2 der Richtlinie zur Förderung des Feuerwehrwesens in Verb. mit Ziffer 8.2.3 der VV-K zu § 44 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung (LHO) sowie den Allgemeinen Nebenbestimmungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K) insoweit zurückzufordern, als die im Bewilligungsbescheid enthaltene Auflage nicht eingehalten worden sei.
                        Gemäß Ziffer 8.5 VV-K zu § 44 Abs. 1 LHO in Verb. mit § 117a Abs. 3 LVwG sei die Zuweisung vom Eintritt der Unwirksamkeit des Bewilligungsbescheides an mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB für das Jahr zu verzinsen. Da während der Beschaffung gegen die Auflage verstoßen worden sei und somit vor Auszahlung der Zuweisung, beginne die Verzinsung mit dem Tag der Auszahlung (29.12.2011). Der Endpunkt der Verzinsung werde auf den 06. Juni 2014 festgelegt (vier Wochen nach Eingang der Stellungnahme der Klägerin im Rahmen des Anhörungsverfahrens). Die Zinsen für diesen Zeitraum beliefen sich auf 3.405,84 Euro.

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Mit Schreiben vom 15. Oktober 2015 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid ein. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Der Rückforderungsbescheid sei verfristet. Gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 LVwG gelte die einjährige Widerrufsfrist des § 116 Abs. 4 LVwG entsprechend. Die Frist habe mit Eingang ihrer Stellungnahme am 09. Mai 2014 begonnen und sei am 11. Mai 2015 abgelaufen. Jedenfalls lägen keine schwerwiegenden Verstöße gegen das Vergaberecht vor.

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Das Leistungsverzeichnis enthalte keine unzulässigen Formulierungen, die einen Vergaberechtsverstoß begründen könnten. Sinn und Zweck der Regelung in § 8a Nr. 5 VOL/A sei es, den Gleichbehandlungsgrundsatz zu wahren und sicherzustellen, dass andere Bieter nicht durch die Beschränkung auf ein bestimmtes Fabrikat oder die Festlegung bestimmter Spezifikationen von der Abgabe eines Angebotes abgehalten würden. Diese Wirkung könne ebenso gut durch Synonyme wie „vergleichbar“ oder „ähnlich“ erreicht werden. Im Übrigen finde sich lediglich in der Leistungsbeschreibung für das Los „Aufbauten“, also nur in einem sehr begrenzten Teil der Ausschreibungsunterlagen vereinzelt statt des Begriffs „vergleichbar“ ein Synonym. Selbst wenn insoweit in Verstoß gegen das Vergaberecht vorliegen sollte, würde dies keine Rückforderung in Höhe von 100% rechtfertigen.

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Die fehlende Angabe der Entfernung zwischen der Gemeinde und der nächstgelegenen Service-Werkstatt der Firma …  hätte nicht zwingend zum Ausschluss des Angebots führen müssen. § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A lege fest, in welchen Fällen ein Ausschluss erfolgen könne. Selbst wenn Angaben des Bieters nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 a) in Verb. mit § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A gefehlt hätten, wäre die Gemeinde nicht zum Ausschluss verpflichtet gewesen. Zudem sei anerkannt, dass der Auftraggeber bei der Angebotsprüfung nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet sei, den wahren Willen des Bieters durch Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung von Angeboten gehe deren Ausschluss vor. Die Firma … habe zwar nicht die Entfernung von der Gemeinde zur nächstgelegenen Service-Werkstatt als Zahl angegeben, das entsprechende Feld jedoch mit einem Stempel versehen, der die Adresse der nächstgelegenen Werkstatt enthalten habe. Der Erklärungsgehalt der Angaben des Bieters sei quasi identisch mit dem derjenigen Bieter gewesen, die eine Kilometerzahl eingetragen hätten.

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Es sei nicht fehlerhaft gewesen, qualitative Kriterien mit insgesamt 35 Wertungspunkten und den Preis mit 65 Wertungspunkten zu versehen. Bei der Auswahl der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung sei der Auftraggeber grundsätzlich frei. Gewichtungen, die ein qualitatives Kriterium für die Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots auf ein unbedeutendes Maß herabstuften, so dass sich die Vergabeentscheidung faktisch allein nach dem Angebotspreis richte, seien unzulässig. Ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot aus § 97 Abs. 5 GWB, wonach der Preis bei einer Ausschreibung auf das wirtschaftlichste Angebot keine unwesentliche, aber auch keine (faktisch) absolute Bedeutung haben dürfe, komme bei einer Gewichtung von 65 zu 35 Wertungspunkten nicht in Betracht.

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Die geltend gemachten Dokumentationsfehler stellten reine Formfehler dar, die keinen Einfluss auf das Verfahren hätten und nicht geeignet seien, eine Rückforderung zu rechtfertigen.

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Der Vorwurf, es seien nach Erteilung der Aufträge teilweise Änderungen des Lieferumfangs durch Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr ohne Vertretungsmacht in Auftrag gegeben worden, sei vergaberechtlich unbeachtlich und könne ebenfalls keine Rückforderung rechtfertigen. Abgesehen davon, dass die Nachträge in Abstimmung mit dem Bürgermeister erfolgt seien, sei dies nur binnenrechtlich von Bedeutung und berühre nicht die Rechtmäßigkeit des zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossenen Vergabeverfahrens.

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Der Beklagte sei zu Unrecht von einem intendierten Ermessen ausgegangen. Bei den beanstandeten Vergaberechtsverstößen handele es sich nicht um schwerwiegende Verfahrensfehler, sondern in erster Linie um Dokumentationsmängel. Selbst wenn bei Verstößen gegen Auflagen hinsichtlich des „ob“ des Widerrufs ein intendiertes Ermessen bestünde, könne dies nicht für die Frage gelten, in welcher Höhe eine Rückforderung erfolge. Aus dem Rückforderungsbescheid sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte hinsichtlich der Höhe der Rückforderung überhaupt von seinem Ermessen Gebrauch gemacht habe. Eine Rückforderung in Höhe von 100% sei auch unverhältnismäßig. Die „Leitlinien zur Festsetzung von Finanzkorrekturen, die bei Verstößen gegen die Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge auf von der EU im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung finanzierte Ausgaben anzuwenden sind“ („Leitlinien“) sähen Korrektursätze in Höhe von 5%, 10%, 25% und 100% vor. Diese Leitlinien seien auch auf nationale Vergaben in Schleswig-Holstein anzuwenden. Die unterschiedlichen Sätze trügen der Schwere der Unregelmäßigkeit und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung. Als deutlicher Anhaltspunkt für einen schwerwiegenden Verstoß sei es ausweislich der Leitlinien anzusehen, wenn der Verstoß abschreckende Wirkung auf potentielle Bieter habe oder zur Vergabe des Auftrags an einen anderen Bieter führe als an denjenigen, der den Auftrag hätte erhalten sollen. Derartige Verstöße lägen hier nicht vor. Unregelmäßigkeiten rein formeller Art ohne tatsächliche oder formelle Auswirkungen, etwa Dokumentationsfehler, hätten nach den Leitlinien keinerlei Finanzkorrektur zur Folge. Selbst wenn die der Klägerin vorgeworfenen Vergaberechtsverstöße vorlägen, käme höchstens eine Rückforderung in Höhe von maximal 25% in Betracht. Eine fehlerhafte Gewichtung der Zuschlagskriterien sei nach den Leitlinien nicht sanktioniert. Nach Ziffer 11 der Leitlinien seien „diskriminierende technische Spezifikationen“, die den Wettbewerb in ungerechtfertigter Weise behinderten, mit einem Berichtigungssatz zwischen 5% und 25% zu ahnden. Selbst wenn sie unzulässige Formulierungen in die Leistungsbeschreibung aufgenommen hätte, wäre eine Rückforderung in Höhe von 100% unverhältnismäßig. Die Änderung eines Angebots während der Bewertung könne gemäß Ziffer 17 der Leitlinien nur zu einer Rückforderung in Höhe von 5% bis 25% führen, setze aber zudem voraus, dass der öffentliche Auftraggeber einem Bieter erlaube, sein Angebot während der Bewertung zu ändern. Das sei hier nicht der Fall gewesen, da das Angebot eines Bieters lediglich ausgelegt worden sei. Da nach den Leitlinien keine Kumulierung von Korrektursätzen stattfinden dürfe, sondern der Korrektursatz bei mehreren Unregelmäßigkeiten anhand der schwerwiegendsten Unregelmäßigkeit zu bestimmen sei, komme vorliegend schon rein rechnerisch keine Rückforderung in Höhe von 100% in Betracht.

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Durch Widerspruchsbescheid vom 24. März 2016, zugestellt am 30. März 2016, wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte, ergänzend zu seinen Darlegungen im Bescheid vom 14. September 2015, im Wesentlichen aus: Die Klägerin habe die mit dem Bewilligungsbescheid verbundenen Maßgaben, bei der Durchführung der Beschaffung eines LF 10/6 die Vorschriften des Vergaberechts sowie die Vorschriften der Förderrichtlinien einzuhalten, nicht erfüllt. Die aufgezeigten Verstöße gegen Vergabevorschriften und gegen die Förderrichtlinien des Landes rechtfertigten den Widerruf des Bewilligungsbescheides gemäß 117 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LVwG.
 Es liege keine Verfristung vor. Die Jahresfrist des § 117 Abs. 3 Satz 2 LVwG in Verb. mit § 116 Abs. 4 LVwG habe nicht am 09. Mai 2014 zu laufen begonnen. Die Klägerin habe mehrfach ihre Stellungnahme vom 06. Mai 2014 ergänzt und somit das Anhörungsverfahren verlängert. In der Zeit von Juni 2014 bis September 2015 habe die Klägerin über das Amt mehrfach den Kontakt mit ihm gesucht. In allen Gesprächen und Schriftsätzen habe die Klägerin stets neue Aspekte vorgetragen, die zu bewerten und in die Entscheidungsfindung einzubeziehen gewesen seien. Erst nach dem 12. Juni 2015, dem letzten gemeinsamen Gesprächstermin, seien alle entscheidungsrelevanten Aspekte ausgearbeitet gewesen. Er habe das Anhörungsverfahren nicht abrupt unter Verweis auf eine mögliche Jahresfrist beenden dürfen, ohne zuvor alle relevanten Punkte anzuhören und einer ordnungsgemäßen Bewertung zuzuführen. Im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens habe er auch berücksichtigen müssen, ob nicht alternative Entscheidungsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen gewesen seien. Die Klägerin habe die im Zuwendungsbescheid, mit dem sie sich einverstanden erklärt habe, aufgegebene Maßgabe, das Vergaberecht einzuhalten, mehrfach nicht beachtet. Die im Widerspruch zitierten Entscheidungen des Vergabesenats des OLG Düsseldorf seien bzgl. der Rückforderung von Zuwendungen nicht von Relevanz. Sie bezögen sich auf Streitigkeiten in einem Zivilverfahren und hätten rechtliche Auswirkungen allein im Verhältnis zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und den Anbietern/potentiellen Auftragnehmern. Die Entscheidungen seien daher vorwiegend im Kontext des Wettbewerbsrechts zu sehen. Die im Zuwendungsrecht dem Zuwendungsempfänger aufzuerlegenden Maßgaben hätten die Funktion, die Anwendung bestimmter Vorschriften - hier u.a. des Vergaberechts - gerade für das zuwendungsrechtliche Rechtsverhältnis zwischen Zuwendungsgeber und Zuwendungsempfänger verbindlich zu machen. Die Regeln des Vergaberechts sollten u.a. erreichen, dass die wirtschaftliche Verwendung der zugewendeten Mittel durch verpflichtende Anwendung der Verdingungsordnung und anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften erfolge und der Zuwendungsempfänger die Haushaltsmittel so einsetze wie die dem Haushaltsrecht unterworfene zuwendende Körperschaft. Dies gelte umso mehr als auch die Klägerin dem Haushaltsrecht unterworfen sei. Es sei unerheblich, ob sich die Vergabeverstöße als „schwerwiegend“ oder „weniger schwerwiegend“ darstellten, denn im Zuwendungsrecht komme es nur darauf an, ob objektiv Rechtsverstöße begangen worden seien oder nicht. Die Klägerin habe mehrfach gegen relevante Vergaberechtsregeln objektiv verstoßen.

24

Durch die Verwendung der Synonyme „vergleichbar“ oder „ähnlich“ könne nicht sichergestellt werden, dass andere Bieter nicht durch die Beschränkung auf ein bestimmtes Fabrikat oder die Festlegung bestimmter Spezifikationen von der Abgabe eines Angebotes abgehalten würden. Weder semantisch noch etymologisch vermöge die Verwendung der Worte „vergleichbar“ oder „ähnlich“ synonym mit dem Wort „gleichwertig“ zu sein. „Gleichwertig“ meine, bezogen auf das angebotene Produkt, mehr als nur „vergleichbar“ oder „ähnlich“. „Gleichwertig“ schränke sowohl aus der Sicht des Leistungserstellers als auch aus der Sicht des Anbieters auf der einen Seite die anzubietende technische Spezifikation ein, während es andererseits den Beteiligten noch genügend Raum lasse, die „Gleichwertigkeit“ anhand des Produktes zu definieren und zwar über die technische, objektiv nachprüfbare Beschaffenheit des Produktes. Lediglich „vergleichbare“ oder „ähnliche“ Produkte würden hingegen den Raum derart vergrößern, dass es zu Lasten der Objektivität ginge. Was ein Einzelner unter vergleichbar oder ähnlich verstehe, möge unterschiedlich sein. Dies sei aber gerade bei technischen Anforderungen nicht gewollt und daher auch nicht zulässig. Die Bewertung der angebotenen Produkte und Leistungen müsse objektiv nachvollziehbar erfolgen können, anhand eines objektiven und nachvollziehbaren Bewertungsmaßstabes, den § 8a Nr. 5 VOL/A vorschreibe.

25

Ein Auftrag sei trotz zwingenden Ausschlussgrundes vergeben worden. Die Nichtabgabe der förmlichen Erklärung zur nächstgelegenen Service-Werkstatt hätte gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 a) in Verb. mit § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A zum Ausschluss des Angebotes von der Wertung führen müssen, um keine Ungleichbehandlung mit anderen Anbietern herbeizuführen. Damit sei das Ermessen auf null reduziert gewesen. Jedenfalls habe die Klägerin ihr Ermessen in unzulässiger Weise ausgeübt. Sie sei weder berechtigt noch verpflichtet gewesen, eigene Vermutungen, Kenntnisse oder Nachprüfungen anzustellen, um ein unvollständiges Angebot in der Wertung zu erhalten. Es sei nicht dokumentiert, ob und wie sich der Auftraggeber mit der Frage des möglichen Ausschlusses eines Angebotes auseinandergesetzt habe. In diesem Fall habe es sich der Auftraggeber zu leicht gemacht und insoweit ermessensfehlerhaft gehandelt. Es könne sogar ein gewillkürtes Handeln nicht ausgeschlossen werden. Obwohl die …  bereits schriftlich auf den zwingenden Ausschluss des Angebotes der Firma  …  hingewiesen habe, sei die Klägerin dieser Empfehlung ohne Angabe von Gründen nicht gefolgt.

26

Der Preis stelle ein gewichtiges Merkmal dar, das vom Auftraggeber in ein angemessenes Verhältnis zu den übrigen Wertungskriterien zu bringen sei. Bei einem Unterschreiten von mindestens 10% des angebotenen Preises - im Vergleich zu dem angebotenen Preis des Anbieters, der in der Kategorie „Stützpunkt für Werkstatt, Gewährleistung und Wartungen“ und „Garantie“ auf Rang 1 liege, um zu ihm aufzuholen - liege kein angemessenes Verhältnis mehr zwischen den Wertungskriterien vor. Die Bewertungsmatrix habe zu einem eklatanten Missverhältnis zwischen Preis und Leistung geführt, was wiederum ein wettbewerbsverzerrendes Ergebnis bedingt habe. Bei der Festlegung der Bewertungsmatrix sei darauf zu achten, dass es zu keinem „Wettlauf um den günstigsten angebotenen Preis“ komme.

27

Bei der unzureichenden Dokumentation des Beschaffungsverfahrens (§ 30 VOL/A) handele es sich nicht nur um einen Formfehler, der keinen Einfluss auf das Vergabeverfahren habe. Die Beschaffungsstelle habe darauf zu achten, dass der Vergabevermerk den Anforderungen gerecht werde, die im Rechtsverkehr an einen Aktenvermerk mit Urkundscharakter gestellt würden. Der Vergabevermerk habe auch eine materiell-rechtliche Bedeutung. Die unzureichende Dokumentation sei ein objektiver Verstoß gegen die Nachprüfungsrechte, die der Kreis sich in seinem Bescheid vom 13. Januar 2010 vorbehalten habe. Das ergebe sich aus Ziffern 9 und 11 der Zuwendungsrichtlinien zur Projektförderung (VV-K zu § 44 LHO) bzw. aus Ziffer 8 ANBest-K, die jeweils Bestandteil des Zuwendungsbescheides seien.

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Indem nach Auftragserteilung von Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr Rechtsgeschäfte getätigt worden seien, sei gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften (hier gegen die Gemeindeordnung) verstoßen worden, die von der Klägerin einzuhalten gewesen wären.

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Es lägen somit die Tatbestandsvoraussetzungen für den Widerruf eines begünstigenden Verwaltungsaktes nach § 117 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LVwG vor. Ob die Behörde von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch mache, stehe in ihrem Ermessen. Die zu beachtenden Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit überwögen im Allgemeinen das Interesse des Begünstigten, den Zuschuss/die Zuwendung behalten zu dürfen, und verböten einen großzügigen Verzicht auf den Widerruf von Subventionen. Gemäß Ziffer 8.2.3 der VV-K zu § 44 LHO und Ziffer 6.2 der Richtlinie zur Förderung des Feuerwehrwesens habe die Bewilligungsbehörde regelmäßig einen Zuwendungsbescheid mit Wirkung auch für die Vergangenheit ganz oder teilweise nach § 117 Abs. 3 LVwG unverzüglich zu widerrufen und die Zuwendung, auch wenn sie bereits verwendet worden sei, zurückzufordern, soweit sie nicht oder nicht mehr ihrem Zweck entsprechend verwendet werde. Insoweit sei die Zuweisung zurückzufordern, da die im Bewilligungsbescheid enthaltene Auflage - Einhaltung der Vergabevorschriften und weiterer öffentlich-rechtlicher Vorschriften - nach § 107 Abs. 2 Nr. 4 LVwG von der Gemeinde nicht eingehalten worden sei. Hinsichtlich der Festsetzung der Höhe der Rückforderung stehe ihm kein Ermessen zu. Die Rückforderungssumme betrage stets 100% der Zuwendungssumme. Weder das Haushaltsrecht noch das Zuwendungsrecht würden für die Rückforderung ein Abweichen von der gesamten Höhe der Zuwendungssumme kennen. Dies gelte erst recht nicht, wenn - wie hier - gravierend und wiederholt gegen das Vergaberecht und gegen weitere öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen worden sei. Ähnlich lautende Vorschriften im Beihilferecht besagten ebenso, dass eine gezahlte Beihilfe bei einem Verstoß gegen gemeinschaftsrechtliche Regelungen in Gänze zurückzufordern sei. Auch hier bestehe weder ein Ermessen noch die Möglichkeit einer Abstufung bzgl. der „Schwere des Rechtsverstoßes“. Diese Rechtsfolge sei auf das Zuwendungsrecht übertragbar, da es jeweils um die Sicherung öffentlicher Haushaltsmittel gehe. Folglich liege keine Rechtsgrundlage vor, wonach er - der Kreis - ein vom intendierten Ermessen abweichendes Ermessen hinsichtlich des Grundes und/oder der Höhe habe.

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Am 02. Mai 2016 hat die Klägerin Klage beim hiesigen Verwaltungsgericht erhoben. Ergänzend zu den bisherigen Ausführungen trägt sie im Wesentlichen vor:

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Bei Erlass des Widerrufs- und Rückforderungsbescheides sei die einjährige Widerrufsfrist (§§ 117 Abs. 3 Satz 2, 116 Abs. 4 LVwG), deren Lauf am 09. Mai 2014 begonnen habe, abgelaufen gewesen. Die Jahresfrist nach § 48 VwVfG bzw. § 116 Abs. 4 LVwG sei eine Ausschlussfrist, die nicht von der Behörde verlängert werden könne. Nach Ablauf der Jahresfrist trete der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zugunsten der Rechtssicherheit zurück. Zugleich diene die Rücknahmefrist auch dem Vertrauensschutz. Die Behörde habe es daher nicht in der Hand, durch ein weiteres Betreiben des Anhörungsverfahrens den Fristbeginn immer weiter hinauszuschieben. Es liege vielmehr sogar treuwidriges Verhalten vor, wenn sich eine Rücknahmebehörde, die zu erkennen gegeben habe, dass aus ihrer Sicht Entscheidungsreife vorliege, später hinsichtlich des Fristablaufs auf die Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung berufe. Entgegen der Darstellung des Beklagten habe das Amt nicht nach Abgabe der Stellungnahme eigeninitiativ Angaben zum Sachverhalt nachgeliefert. Nachdem der Beklagte bereits im Juni 2014 angekündigt habe, eine Rückforderung vornehmen zu wollen, habe sich erst im Januar 2015 der Landrat beim Kreisvorsitzenden des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages, der zugleich auch Leitender Verwaltungsbeamter des Amtes  … sei, gemeldet und ihm als politische Lösung vorgeschlagen, die kreisweit anstehenden 100%igen Rückforderungen in 50%ige Rückforderungen umzuwandeln, wenn alle betroffenen Gemeinden dafür ihr Einverständnis geben würden. Die Beteiligten hätten daraufhin zunächst versucht, einvernehmlich eine politische Lösung zu finden. Um eine weitere Erläuterung oder Aufklärung des Sachverhalts sei es nicht gegangen. Mit Eingang der Stellungnahme der Klägerin bei dem Beklagten am 09. Mai 2014 habe dieser hinsichtlich des Ablaufs des Vergabeverfahrens die entscheidungserhebliche Tatsachenkenntnis gehabt. Das Streben der Beteiligten nach einer einvernehmlichen politischen Lösung sei unabhängig von der Ermittlung des zugrundeliegenden Sachverhalts zu betrachten und für den Fristbeginn unbeachtlich. Die Unanwendbarkeit der Jahresfrist ergebe sich auch nicht daraus, dass sich zwei Träger öffentlicher Gewalt nicht untereinander auf Vertrauensschutz berufen könnten. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lasse außer Acht, dass die Jahresfrist auch der Rechtssicherheit diene. Auf diesen Grundsatz könnten sich auch Hoheitsträger berufen.
                                    Es lägen keine schwerwiegenden Verstöße gegen das Vergaberecht vor. Es sei nicht ersichtlich, warum die vergaberechtliche Rechtsprechung nicht zur Beurteilung der Frage herangezogen werden solle, ob ein objektiver Verstoß gegen Vergaberecht vorliege. Auch in einer wettbewerbsrechtlichen Konstellation würde zunächst immer der objektive Verstoß gegen das Vergaberecht und erst in einem zweiten Schritt die Rechtsverletzung des Konkurrenten geprüft. Die Art und Schwere eines - objektiven - Verstoßes habe auf der Rechtsfolgenseite Einfluss auf den Umfang der Rückforderung. An die im Vergaberecht getroffenen Wertungen müsse auch das Zuwendungsverhältnis gebunden sein, denn eine „Entkoppelung“ des Vergabe- und des Zuwendungsrechts führe zu einer verfälschten Betrachtung. Von einer Einheit der vergaberechtlichen Grundsätze im Vergaberecht und im Zuwendungsrecht sei auch der Zuwendungsgeber ausgegangen, indem er lediglich einen allgemeinen Verweis auf die Einhaltung vergaberechtlicher Vorschriften zum Gegenstand des Zuwendungsbescheides gemacht habe. Wäre eine Unterscheidung zwischen dem „originären“ Vergaberecht und einem „zuwendungsrechtlichen“ Vergaberecht gewollt gewesen, hätte ein anders lautender Bezug auf vergaberechtliche Vorschriften erfolgen müssen. Durch die Schaffung von Wettbewerb solle eine sparsame und wirtschaftliche Mittelverwendung gesichert werden. Das Unterschwellenvergaberecht diene somit neben haushaltsrechtlichen Zwecken auch wettbewerblichen Zwecken. Eine strikte Trennung der verschiedenen Zielsetzungen sei nicht möglich Es sei zudem zu berücksichtigen, dass die Klägerin den Dienstleister …  für die Begleitung der Ausschreibung eingesetzt habe und sich bei Fragen zum Vergaberecht mit dem zuständigen Mitarbeiter des GPA abgestimmt habe.
Das Leistungsverzeichnis enthalte keine unzulässigen Formulierungen. Die an dem Vergabeverfahren beteiligten Bieter hätten die von der Gemeinde verwendeten Begrifflichkeiten in der Leistungsbeschreibung als Synonym des Begriffes „gleichwertig“ verstanden und entsprechende Angebote abgegeben. Da die Begriffe „vergleichbar“ und „ähnlich“ sogar weiter gefasst seien als die Bezeichnung „gleichwertig“, würden den Bietern bei Interpretation des Beklagten weniger strenge Vorgaben hinsichtlich der zu erfüllenden technischen Spezifikationen gemacht. Das zu erfüllende Maß an technischen Spezifikationen würde über die Vorgaben der Leistungsbeschreibung hinreichend bestimmt. So wäre auch eine objektive Bewertbarkeit der Angebote sichergestellt. Durch eine weitere Fassung der technischen Vorgaben würde es weiteren Bietern ermöglicht, mit ihren Produkten am Vergabeverfahren teilzunehmen.
Das Angebot der Firma …  hätte nicht von der Wertung ausgeschlossen werden müssen. Die …  habe das Angebot der Firma unproblematisch zur Wertung zugelassen (E-Mail vom 06.08.2010, Bl. 50 GA). Von einem gewillkürten Vergabeverstoß könne keine Rede sein. § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A regele keine zwingenden Ausschlussgründe, sondern lege fest, in welchen Fällen ein Ausschluss im Ermessen des öffentlichen Auftraggebers stehe. Es habe auch keine Ermessensreduzierung auf „null“ vorgelegen. Die Firma  … habe im Rahmen der Angebotswertung keine Wertungspunkte für das Entfernungskriterium erhalten. Dies belege aber nicht die Unzulässigkeit des unterbliebenen Angebotsausschlusses. Es sei in einem Vergabeverfahren nicht unüblich, dass eine weniger gute Wertung eines Zuschlagskriteriums durch eine gute Wertung für ein oder mehrere andere Zuschlagskriterien ausgeglichen werden könne. Maßgeblich für den Zuschlag sei allein die Gesamtbewertung der Angebote. Die im Rahmen der Auslegung des Angebotes vorgenommenen Handlungen bzw. Überlegungen seien auch genügend dokumentiert.

32

Die Zuschlagskriterien seien nicht fehlerhaft festgelegt worden. Die Behauptung des Beklagten, der Auftraggeber habe „bei der Festlegung der Bewertungsmatrix … darauf zu achten, dass es zu keinem Wettlauf um den günstigsten angebotenen Preis“ komme, sei angesichts der Zielsetzung des Vergaberechts, eine möglichst wirtschaftliche Beschaffung zu ermöglichen, geradezu abwegig. Es sei die Grundidee jedes Vergabeverfahrens, dass die Bieter die von ihnen angebotenen Leistungen oder Waren zu einem möglichst günstigen Preis anbieten sollten. Das zeige sich bereits daran, dass es dem Auftraggeber auch freistehe, als Zuschlagskriterium lediglich den günstigsten Preis heranzuziehen. Hier sei es ihr gerade auch auf eine qualitativ besonders hochwertige Leistung angekommen, so dass sie auch qualitative Gesichtspunkte in die Wertung einbezogen habe. Es obliege nicht der Beurteilung des Beklagten, ob die Zuschlagskriterien untereinander ein angemessenes Verhältnis aufwiesen, sondern allein ihrer Beurteilung als Auftraggeberin. Ob sie der Empfehlung der … gefolgt sei, sei für die Frage der Zulässigkeit der Gewichtung der Zuschlagskriterien irrelevant. Was die Nachträge zu den erteilten Aufträgen anbelange, habe der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid selbst dargelegt, dass dieses Vorgehen „vergaberechtlich nicht von Bedeutung“ sei. Es könne daher auch nicht herangezogen werden, um die Rückforderung der Zuwendung zu begründen.

33

Hinsichtlich der Dokumentation des Vergabeverfahrens sei darauf hinzuweisen, dass nicht „ein“ Vergabevermerk erforderlich sei. Die Dokumentation eines Vergabeverfahrens könne aus vielen verschiedenen Dokumenten bestehen. Dass die Vergabeakte nicht ordnungsgemäß geführt worden sei, habe der Beklagte nicht belegt.

34

Es habe keine unzulässigen Nachträge gegeben. Ziffer 3 des Bewilligungsbescheides vom 13. Januar 2010 habe die Regelungen der Gemeindeordnung nicht wirksam zum Gegenstand des Bewilligungsbescheides gemacht. Der pauschale Hinweis auf „geltende Normen und Richtlinien“ sei nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 108 Abs. 1 LVwG, insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein Verstoß gegen diese Normen und Richtlinien eine Rückforderung der Zuwendung zur Folge haben könne.

35

Der Verwendungsnachweis sei nicht lückenhaft. Dass spätere Änderungen des Leistungsumfangs Mehrkosten in Höhe von 10.487,34 Euro bewirkt hätten, sei für die Höhe und Rechtmäßigkeit der Zuwendung irrelevant, da die ursprünglich veranschlagten Kosten in Höhe von 160.673,80 Euro in jedem Fall für die Anschaffung des Feuerwehrfahrzeugs verausgabt worden seien. Der Beklagte führe in seinem Prüfbericht für die Haushaltsjahre 2006 - 2011 selbst aus, dass das Fahrzeug im Übrigen aus allgemeinen Haushaltsmitteln der Gemeinde finanziert worden sei.

36

Soweit der Beklagte rüge, sie habe gegen das Haushaltsrecht (§§ 77, 78 und 84 Gemeindeordnung (GO) in Verb. mit § 44 LHO und § 16 Abs. 1 VOL/A) verstoßen, weil sie für die Anschaffung eines Feuerwehrfahrzeugs im Jahr 2010 keine Haushaltsmittel bereitgestellt habe, obwohl sie im Jahr 2009 den Beschluss für die Anschaffung eines entsprechenden Fahrzeugs getroffen habe, sei dies irrelevant, da allein die in den Bewilligungsbescheid wirksam einbezogenen Regelungen den Rechtmäßigkeitsmaßstab darstellten.

37

Im Rahmen der Ermessensausübung habe der Beklagte verkannt, dass ein sog. intendiertes Ermessen höchstens bei einer Zweckverfehlung in Betracht komme, nicht aber bei einem Verstoß gegen Auflagen. Das ergebe sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Ziffer 8.2.3 der VV-K zu § 44 LHO und Ziffer 6.2 der Richtlinie zur Förderung des Feuerwehrwesens. Von einer Zweckbestimmung sei auch nicht, wie der Beklagte meine, die Einhaltung von Auflagen erfasst. Eine solche Interpretation ginge über den Wortlaut der Vorschrift hinaus und würde dieser einen nahezu uferlosen Anwendungsbereich verschaffen. Selbst wenn die Einhaltung des Vergaberechts unter die Zweckbestimmung in Ziffer 8.2.3 zu § 44 LHO falle, würde den haushaltsrechtlichen Grundsätzen jedenfalls nur im Falle von schweren Vergaberechtsverstößen nicht genügt werden, d.h. wenn mit öffentlichen Mitteln unwirtschaftlich umgegangen werde. Dies sei etwa bei freihändigen Vergaben ohne die dafür notwendigen vergaberechtlichen Voraussetzungen, einer ungerechtfertigten Einschränkung des Wettbewerbs sowie vorsätzlichem oder fahrlässigem Unterlassen einer vergaberechtlich erforderlichen europaweiten Bekanntmachung anzunehmen. Ein solcher Fall liege hier nicht vor. Die Möglichkeit oder gar eine Verpflichtung zur Rückforderung von Zuwendungen wegen Verstoßes gegen Auflagen sehe Ziffer 8 der VV-K zu § 44 LHO nicht vor. Ein intendiertes Ermessen für einen Verstoß gegen Auflagen ergebe sich auch nicht aus Ziffer 9 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K). Vielmehr sehe Ziffer 9.3 in Verb. mit 9.3.2 ausdrücklich eine freie Ermessensentscheidung vor. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum intendierten Ermessen betreffe ebenfalls ausschließlich Fälle, in denen Zuwendungen nicht ihrem Zweck entsprechend verwendet worden seien (BVerwG, Urteile vom 03.03.2011 - 3 C 19/10 - und vom 16.06.1997 - 3 C 22/96 - ). Das sei auch sachgerecht, da die Zuwendungsgewährung bei einem Auflagenverstoß anders als bei der Verfehlung des Zuwendungszwecks nicht grundlos erfolge. Jedenfalls lägen hier atypische Gegebenheiten vor. Die Klägerin habe zum einen den Dienstleister …  mit der Begleitung der Ausschreibung beauftragt und habe sich darauf verlassen dürfen, dass dieser das Verfahren vergaberechtskonform gestalten bzw. sie auf etwaige Vergabefehler hinweisen würde. Ihr fehlendes Verschulden hinsichtlich etwaiger Vergaberechtsverstöße hätte der Beklagte bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigen müssen. Zudem sei die Vergabe in enger Abstimmung mit dem GPA erfolgt. Sie habe dort bei Unsicherheiten hinsichtlich des vergaberechtlich korrekten Vorgehens Rat eingeholt und sich auf die Auskünfte verlassen, die die Mitarbeiter des GPA ihr erteilt hätten. Sofern sich daraus Verstöße gegen das Vergaberecht ergeben hätten, habe der Beklagte diese jedenfalls schuldhaft mitverursacht und stelle sich durch die Rückforderung der Zuwendung in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten. Dies hätte der Beklagte zwingend bei der Entscheidung über die Rückforderung berücksichtigen müssen. Soweit der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid mitgeteilt habe, hinsichtlich der Höhe der Rückforderung stehe ihm kein Ermessen zu, die Rückforderung müsse stets 100% betragen, sei dies mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbar und widerspreche § 117 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LVwG, wonach auch ein teilweiser Widerruf eines begünstigenden Verwaltungsaktes möglich sei. Nach den „Leitlinien zur Festsetzung von Finanzkorrekturen, die bei Verstößen gegen die Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge auf von der EU im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung finanzierte Ausgaben anzuwenden sind“ müsse sich die Höhe der Rückforderung an der Schwere des Vergaberechtsverstoßes orientieren. So dürfe gemäß Ziffer 17 der Leitlinien eine Rückforderung in Höhe von höchstens 25% erfolgen, wenn ein Auftraggeber einem Bieter die Möglichkeit einräume, sein Angebot während der Bewertung der Angebote zu ändern. Auf nationaler Ebene trügen sowohl die Rechtsprechung als auch potentielle Zuwendungsgeber der Schwere einer möglichen Verfehlung Rechnung (s. Runderlass des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums vom 18.12.2003 und „Richtlinien zur Rückforderung von Zuwendungen bei schweren Vergabeverstößen“ des bayerischen Finanzministeriums vom 23.11.2006).

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Die Klägerin beantragt,

39

den Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 14. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 24. März 2016 aufzuheben.

40

Der Beklagte beantragt,

41

die Klage abzuweisen.

42

Zur Begründung trägt er, ergänzend zu seinen Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden, im Wesentlichen vor:

43

Es liege keine Verfristung des Rückforderungsbescheides vor. Die primär dem Vertrauensschutz dienende Jahresfrist des § 116 Abs. 4 LVwG in Verb. mit § 117 Abs. 3 Satz 2 LVwG gelte nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht im Verhältnis zwischen Behörden. Jedenfalls sei die Jahresfrist zum Zeitpunkt des Erlasses des Rückforderungsbescheides noch nicht abgelaufen gewesen. Denn die Jahresfrist habe erst mit Abschluss des Anhörungsverfahrens am 13. Juni 2015 zu laufen begonnen. Erst nach dem letzten gemeinsamen Gespräch am 12. Juni 2015 habe Entscheidungsreife vorgelegen. Für den Fristbeginn komme es nicht nur auf die Tatsachenkenntnis bzgl. des Ablaufs des Vergabeverfahrens an. Vielmehr habe der Zuwendungsgeber die Einhaltung des Rechts insgesamt zu überprüfen. Das Anhörungsverfahren sei von dem Amt bewusst genutzt worden, die Tatsachenkenntnis des Kreises und seine Überzeugung dahingehend zu revidieren, dass keine Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften oder das Vergaberecht vorlägen. Wo der Zuwendungsempfänger durch sein Verhalten einen an sich rechtmäßigen Zuwendungsbescheid dadurch konterkariere, dass er die im Bescheid getroffenen Auflagen nicht beachte und somit rechtswidrig handele, könne im Übrigen kein Vertrauensschutz entstehen. Da zwischen der ersten Kenntnisnahme eines möglichen Rechtsverstoßes im Januar 2013 und dem Widerruf des Zuwendungsbescheides keine drei Jahre vergangen seien, dürfte das Handeln des Kreises im Rahmen der vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung bzgl. des Vertrauensschutzes nicht den Anfangsgrad des Bruchs des staatlichen Vertrauensschutzes erreicht haben. Selbst wenn man der Jahresfrist auch noch eine Rechtssicherheitsfunktion beimäße, hätte es die Behörde selbst in der Hand, durch immer neue Ermittlungshandlungen oder Rückfragen den Beginn der Frist fast beliebig hinauszuschieben, solange dies nicht sachgrundlos sei. Wenn aber schon die Behörde einen sehr weit reichenden Fristenspielraum habe, müsse dies erst recht gelten, wenn der Zuwendungsempfänger selbst die „Perpetuierung“ der Jahresfrist herbeiführe, indem er durch immer neues Vorbringen das Anhörungsverfahren aufrechterhalte.

44

Die Tatbestandsvoraussetzungen für den Widerruf eines begünstigenden Verwaltungsaktes nach § 117 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LVwG in Verb. mit Ziffer 8.2.3 der VV-K zu § 44 Abs. 1 LHO und der Ziffer 6.2 der Richtlinie zur Förderung des Feuerwehrwesens sowie den    ANBest-K lägen vor. Die im Bewilligungsbescheid enthaltene Auflage (Einhaltung der Vergabevorschriften sowie sonstiger öffentlich-rechtlicher Vorschriften) nach § 107 Abs. 2 Nr. 4 LVwG habe die Klägerin nicht eingehalten.

45

Dass die Klägerin die …  mit der Durchführung des Vergabeverfahrens beauftragt habe, entbinde sie nicht von der Verantwortung für die Einhaltung des Vergaberechts. Im Übrigen habe die …  die Klägerin auf die fehlerhafte Bewertung einzelner Punkte des Ausschreibungsverfahrens hingewiesen, so z.B. in der E-Mail vom 08. April 2010. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass sich die Klägerin bzw. die   …           bei Fragen zum Vergaberecht mit einem Mitarbeiter des GPA abgestimmt habe. Allenfalls sei vorstellbar, dass abstrakt und ohne genaue Kenntnis des Einzelfalls über vergaberechtliche Probleme mit einem seiner Mitarbeiter gesprochen worden sei. Es könne sich dabei aber nur um allgemeine Rechtsauskünfte handeln. Konkrete Aussagen hätten nach einem umfangreichen Vortrag des Sachverhalts schriftlich fixiert werden müssen. Jede andere telefonische Auskunft hätte die Klägerin nicht von der Verantwortung entbunden, selbst zu überprüfen, ob man vergaberechtlich korrekt handele.

46

Der Auftrag sei vergeben worden, obwohl ein zwingender Ausschlussgrund vorgelegen habe. Zwar könne der Auftraggeber bei der Angebotsprüfung auch verpflichtet sein, den wahren Willen des Bieters durch Auslegung zu ermitteln. Hier sei es jedoch nicht mehr um eine Auslegung des vermeintlichen Willens des Auftragnehmers gegangen. Denn nach Prüfung der Vollständigkeit der Angebotsunterlagen durch die …  sei festgestellt worden, dass die Firma  … bei ihrem Angebot überhaupt keine Angaben zur nächstgelegenen Service-Werkstatt gemacht habe. Damit sei der Wille des potentiellen Auftragnehmers eindeutig und nicht mehr zu ermitteln gewesen. Obwohl die … mit Schreiben vom 04. August 2010 auf den zwingenden Ausschluss des Angebotes der Firma …  hingewiesen habe, sei die Klägerin dieser Empfehlung ohne nähere Angabe von Gründen nicht gefolgt.
                               Die Festlegung und die Wertigkeit der Zuschlagskriterien seien nicht rechtskonform. Die von der Klägerin eigenmächtig festgelegten Wertungskriterien seien unverhältnismäßig und damit wettbewerbsverzerrend gewesen.

47

Die gemäß § 30 VOL/A erforderliche Dokumentation des Beschaffungsverfahrens sei unzureichend gewesen. So sei u.a. die Öffnung der Angebote am 09. Juli 2010 nicht dokumentiert worden bzw. ein entsprechender Nachweis habe sich nicht in den geprüften Vergabeakten der Klägerin gefunden. Gemäß § 22 VOL/A, der insbesondere dem Bieterschutz diene, sei die Angebotsöffnung von mindestens zwei Personen vorzunehmen und mittels einer Niederschrift zu dokumentieren.

48

Der von der Klägerin vorgelegte Verwendungsnachweis sei lückenhaft und irreführend gewesen. Nach den Angaben im Verwendungsnachweis habe die Maßnahme 160.673,80 Euro gekostet. Auf diesen - förderfähigen - Betrag hin sei die anteilige Zuweisung in Höhe von 27.500,- Euro erteilt worden. Bei der Prüfung durch das GPA habe sich jedoch herausgestellt, dass die Maßnahme insgesamt 171.161,23 Euro gekostet habe. Weitere Kosten in Höhe von 10.487,34 Euro seien im Verwendungsnachweis somit nicht aufgetaucht. Ob die weiteren Kosten förderfähig gewesen wären oder als nicht erforderlich hätten bewertet werden müssen, was zu einer Reduzierung der Gesamtfördersumme geführt hätte (denn die zu fördernde Gesamtsumme habe den Betrag von 160.000,- Euro nicht übersteigen sollen), sei nicht bekannt. Die Klägerin habe somit eine weitere Auflage des Zuwendungsbescheides verletzt.

49

Schließlich habe die Klägerin gegen das Haushaltsrecht verstoßen. Sie habe für die Anschaffung eines Feuerwehrfahrzeugs im Jahr 2010 keine Haushaltsmittel bereitgestellt, obwohl sie im Jahr 2009 den Beschluss für die Anschaffung eines entsprechenden Fahrzeugs getroffen habe. Damit habe sie gegen §§ 77, 78 und 84 Gemeindeordnung (GO) in Verb. mit § 44 LHO und § 16 Abs. 1 VOL/A verstoßen.

50

Das grundsätzlich freie Widerrufsermessen habe sich hier zu einem intendierten Ermessen verdichtet. „Zweckverfehlung“ nach Ziffer 8.2.3 der VV-K zu § 44 LHO meine nicht allein den inhaltlichen Zweck, die Beschaffung eines bestimmten Gegenstandes. Gemeint sei auch die „Beachtung der Auflagen“ des Zuwendungsbescheides. Denn die VV-K zu § 44 LHO habe ihre maßgebliche Grundlage im Haushaltsrecht. Dort überlagere der allgemeine Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit das gesamte Haushaltsrecht der jeweiligen Kommune. Dazu gehöre nicht nur die inhaltliche Zweckbeachtung, dass nur der Gegenstand beschafft werde, für den eine Zuwendung erfolgen solle, sondern auch, dass der Beschaffungsvorgang selbst wirtschaftlich und sparsam zu erfolgen habe. Dies meine u.a. die Beachtung des Vergaberechts als einen weiteren Ausfluss des wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltungshandelns.

51

Hinsichtlich der Festsetzung der Höhe der Rückforderungssumme habe ihm kein Ermessen zugestanden. Die Rückforderungssumme betrage stets 100% der Zuwendungssumme. Weder das Haushaltsrecht noch das Zuwendungsrecht kennten für die Rückforderung ein Abweichen von der gesamten Höhe der Zuwendungssumme. Dies gelte erst recht nicht in den Fällen, in denen - wie hier - gravierend und wiederholt gegen das Vergaberecht sowie gegen weitere öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen worden sei. Es könne und dürfe nicht zwischen schwerwiegenden und weniger schwerwiegenden Rechtsverstößen unterschieden werden. Die Gemeinde, die keine Beratung einkaufe, Vergabefehler bewusst einkalkuliere und sodann „nur“ 15% der Zuwendungssumme zurückzahlen müsse, würde besser behandelt als die Gemeinde, die alle Auflagen beachte, weil sie sich z.B. das Vergabeverfahren auf dem Beratungsmarkt zu nicht unerheblichen Kosten einkaufe. Würde man eine Abstufung bzgl. der Rückforderungssumme vornehmen, käme dies einem Abkauf eines Rechtsverstoßes gleich. Im Übrigen sei auch dem europäischen Beihilferecht eine derartige Abstufung der zurückzufordernden Beihilfesumme unbekannt. Schließlich sei die Zuwendungssumme dem Fördertopf zur Bedarfsbeschaffung für Feuerwehrfahrzeuge entnommen worden. Es könnten jedoch nicht alle Antragsteller unterjährig aus diesem Fördertopf bedient werden, sondern nur diejenigen mit dem vordringlichsten Bedarf und nur solange, wie der Fördertopf Zuwendungsmittel enthalte. Würden Missachtungen der Auflagen nicht zu einer Rückforderung in Höhe von 100% der Zuwendungssumme führen, wäre die Kommune benachteiligt, die nur deswegen nicht zum Zug gekommen sei, weil sie in der Reihenfolge hinter der zugewandten Gemeinde gestanden habe. Die sich nicht rechtskonform verhaltende Gemeinde würde somit doppelt bevorzugt sein, sollte die Zuwendungssumme nur anteilig zurückgefordert werden. Da sich die Klägerin als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft auch nicht auf Entreicherung berufen könne, bleibe für eine abgestufte Rückforderung der Zuwendungssumme kein Raum.

52

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Rechtsgrundlage für den Widerruf des Bewilligungsbescheides vom 13. Januar 2010 und die Rückforderung der Zuweisung aus Mitteln der Feuerschutzsteuer in Höhe von 27.500,- Euro sind §§ 117 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 117a Abs. 1 LVwG. Danach kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und die oder der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb der ihr oder ihm gesetzten Frist erfüllt hat (§ 117 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LVwG). Soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten (§ 117a Abs. 1 Satz 1 LVwG). Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen (§ 117a Abs. 1 Satz 2 LVwG).

55

Mit dem Bewilligungsbescheid vom 13. Januar 2010 war eine Auflage nach § 107 Abs. 2 Nr. 4 LVwG verbunden. Die Klägerin war verpflichtet, bei Durchführung der Anschaffung eines Feuerwehrlöschfahrzeugs die Vorschriften des Vergaberechts einzuhalten. Darauf ist sie in dem Bewilligungsbescheid, mit dem sie sich einverstanden erklärt hat, ausdrücklich hingewiesen worden. Im Übrigen ergibt sich die Verpflichtung zur Einhaltung der Vorschriften des Vergaberechts auch aus Ziffer 1.4 der Richtlinien zur Förderung des Feuerwehrwesens (§ 31 FAG) in der bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung der Bekanntmachung vom 10. Dezember 2003 (Amtsblatt für Schleswig-Holstein S. 1003) sowie aus Ziffer 3 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K), die Bestandteile des Zuweisungsbescheides waren.

56

Bei der Verpflichtung, die Vorschriften des Vergaberechts einzuhalten, handelt es sich um eine Nebenbestimmung in Form einer Auflage, d.h. einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, nämlich die Einhaltung des Vergaberechts, vorgeschrieben wird (§ 107 Abs. 2 Nr. 4 LVwG; so auch OVG Koblenz, Urteil vom 25.09.2012 - 6 A 10478/12 - zitiert nach juris Rn. 27; OVG Münster, Urteil vom 22.02.2005 - 15 A 1065/04 - zitiert nach juris Rn. 58ff; Beschluss vom 22.06.2006 - 4 A 2134/05 - zitiert nach juris Rn. 3ff), und nicht um eine - auflösende - Bedingung, wovon der Beklagte im Verwaltungsverfahren zunächst ausgegangen ist. Eine Bedingung ist eine Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines künftigen Ereignisses abhängt (§ 107 Abs. 2 Nr. 2 LVwG). Für ein Ereignis ist im allgemeinen Sprachgebrauch kennzeichnend, dass es erlebt, gehört, gesehen, mit anderen Worten durch Wahrnehmung erfasst werden kann. Dass es sich bei dem „Ereignis“ um einen empirisch nachprüfbaren Vorgang handeln muss, legt auch der semantische Zusammenhang zum „Eintritt“ des Ereignisses nahe, der den Zeitpunkt bestimmt, ab dem der Verwaltungsakt einen anderen Regelungsgehalt erhält. Da das künftige ungewisse Ereignis kraft Gesetzes ohne weiteren Zwischenschritt einen Rechtsverlust oder einen Rechtsgewinn herbeiführt, muss sein Eintritt auch aus Gründen der Rechtssicherheit für alle Beteiligten - für den Adressaten des Bescheids, für die Behörde und ggf. für Dritte - gleichermaßen ohne Weiteres erfassbar sein. Dies ist bei äußeren, zur allgemeinen Erfahrungswelt gehörenden Tatsachen der Fall, nicht hingegen bei nur zur Gedankenwelt eines Beteiligten gehörenden Vorstellungen (BVerwG, Urteil vom 16.06.2015 - 10 C 15/14 - zitiert nach juris Rn. 12). Ob der Zuweisungsempfänger die Vorschriften des Vergaberechts eingehalten hat, lässt sich nur im Rahmen einer Überprüfung des Vergabeverfahrens feststellen, die neben einer Tatsachenfeststellung auch rechtliche Bewertungen erfordert. Es handelt sich dabei nicht um eine äußere Tatsache, deren Vorliegen bzw. Nichtvorliegen von den Beteiligten ohne weiteres wahrgenommen werden kann, und damit nicht um eine Nebenbestimmung in Form einer Bedingung.

57

Zwar hat die Klägerin bei der Beschaffung des Feuerwehrlöschfahrzeugs gegen Vergabevorschriften verstoßen und damit eine Auflage des Bewilligungsbescheides nicht erfüllt. Jedoch rechtfertigen die festgestellten Verstöße nicht den vollständigen Widerruf des Bewilligungsbescheides vom 13. Januar 2010.

58

Zu den einzuhaltenden Vergabevorschriften gehört die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) - Teil A - Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen (VOL/A), und zwar in der zum Zeitpunkt des Bewilligungsbescheides und zum Zeitpunkt der Ausschreibung geltenden Fassung vom 20. November 2009. Da der Beschaffung des Fahrzeugs eine von der  …  durchgeführte europaweite Ausschreibung zugrunde lag, wurde der Auftrag im Wege des offenen Verfahrens nach § 3 EG Abs. 1 Satz 1 VOL/A, das der öffentlichen Ausschreibung gemäß § 3 Abs. 1 VOL/A entspricht, vergeben. Einschlägig sind daher die §§ 1 EG ff VOL/A (Abschnitt 2 der VOL/A).

59

Der Beklagte beanstandet zunächst, dass die Klägerin gegen den Grundsatz der produktneutralen Ausschreibung verstoßen habe, indem sie in der Leistungsbeschreibung statt des Begriffs „gleichwertig“ bei einzelnen Positionen Zusätze wie „… oder ähnlich …“ bzw. „… vergleichbar …“ verwendete. Gemäß § 8 EG Abs. 1 VOL/A ist die Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, so dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und dass miteinander vergleichbare Angebote zu erwarten sind (Leistungsbeschreibung). Soweit die technischen Anforderungen in der Leistungsbeschreibung unter Bezugnahme auf die im Anhang TS definierten technischen Spezifikationen formuliert werden oder in den technischen Anforderungen ausnahmsweise auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion verwiesen wird, ist jede Bezugnahme bzw. jeder Verweis mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ zu versehen (§ 8 EG Abs. 2 und Abs. 7 VOL/A). Denn die Beschreibung technischer Merkmale und damit auch die Wahl eines bestimmten technischen Verfahrens oder einer bestimmten Technologie darf grundsätzlich nicht die Wirkung haben, dass bestimmte Unternehmen oder Produkte bevorzugt (begünstigt) oder ausgeschlossen werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.02.2010 - VII-Verg 42/09 - zitiert nach juris Rn. 29). Zuzugeben ist dem Beklagten, dass die Klägerin sich in der Leistungsbeschreibung für den Aufbau nicht durchgängig an diese in der VOL/A geforderte Formulierung gehalten hat. Insoweit kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass sie von der … beraten worden sei, denn das Leistungsverzeichnis wurde vom Amt ... zur Verfügung gestellt. Die Begriffe „ähnlich“ und „vergleichbar“ haben auch nicht den gleichen Wortsinn wie der Begriff „gleichwertig“. Aus Sicht der Kammer war durch die Verwendung der Begriffe „ähnlich“ bzw. „vergleichbar“ jedoch deutlich gemacht, dass den Bietern auch das Anbieten eines anderen Produkts möglich war, sofern dieses den gleichen technischen Anforderungen wie das im Leistungsverzeichnis spezifizierte Produkt genügte, was im Übrigen von den Bietern nachzuweisen war (§ 8 EG Abs. 3 und 4 Sätze 2 und 3 VOL/A). Schließlich weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass es durch eine weite Fassung der technischen Vorgaben weiteren Bietern ermöglicht wird, mit ihren Produkten am Vergabeverfahren teilzunehmen. Der Bieterkreis wird also nicht eingeschränkt, sondern eher erweitert.

60

Das Angebot der Firma …  für den Fahrzeugaufbau war auch nicht von vornherein von der Wertung auszuschließen, weil die Firma keine Angabe zur nächstgelegenen Service-Werkstatt gemacht hatte. Gemäß § 19 EG Abs. 3 Buchst. a) VOL/A (entspr. § 16 Abs. 3 Buchst. a) VOL/A bei der öffentlichen Ausschreibung) werden Angebote ausgeschlossen, die nicht die geforderten oder nachgeforderten Erklärungen und Nachweise enthalten. Indem die Firma  … auf dem entsprechenden Formblatt hinsichtlich der geforderten Angabe der Entfernung zur Werkstatt „diverse“ eintrug und den Firmenstempel mit Namen und Anschrift des Firmensitzes in …  beifügte, war hinreichend kenntlich gemacht, dass die nächstgelegene Werkstatt in …  sein sollte. Die Entfernung zwischen der Werkstatt und der Gemeinde  … ließ sich ohne weiteres aus allgemein zugänglichen Quellen feststellen. Die fehlende Entfernungsangabe hätte auch nicht notwendig zum sofortigen Ausschluss des Angebotes führen müssen. Vielmehr stand es im Ermessen der Klägerin als Auftraggeberin, die Firma …  zuvor zu einer Vervollständigung ihres Angebotes aufzufordern (§ 19 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A; Wagner, in: Heimermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 16 VOL/A 2009 Rn. 34). Die  … hatte im Übrigen in der E-Mail vom 06. August 2010 die Ansicht vertreten, dass „aus vergaberechtlicher Sicht … nur dem Bieter  …  der Zuschlag erteilt werden“ könne, letztlich also wohl keinen Ausschluss des Angebotes empfohlen.

61

Der Widerruf des Bewilligungsbescheides kann nicht damit gerechtfertigt werden, dass die von der KIägerin zugrunde gelegte Bewertungsmatrix zu einem eklatanten Missverhältnis zwischen Preis und Leistung geführt habe. Nach § 9 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A hat der Auftraggeber die Zuschlagskriterien zu gewichten. Die Gewichtung ist in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen anzugeben (§ 9 EG Abs. 1 b) VOL/A). Bei der Gewichtung der Zuschlagskriterien steht dem Auftraggeber ein weites Ermessen zu (Roggenkamp/Zimmermann in: Heiermann/Zeiss, a.a.O., § 9 EG VOL/A 2009, Rn. 19 unter Hinweis auf OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.10.2006 - VII-Verg 37/06 - zitiert nach juris Rn. 32 und OLG Schleswig, Beschluss vom 02.07.2010 -  1 Verg 1/10 - zitiert nach juris Rn. 27). Bei der Gewichtung wird in der Regel zwischen Ausschlusskriterien (A-Kriterien oder K.o.-Kriterien) und Bewertungskriterien (B-Kriterien) unterschieden. Ausschlusskriterien zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Nichterfüllung zugleich den Ausschluss des Angebots von der weiteren Wertung zur Folge hat. Faktisch beträgt damit das Gewicht eines Ausschlusskriteriums 100%. Insoweit kann sich die Pflicht zur Gewichtung in § 9 EG Abs. 1 b) VOL/A lediglich auf Bewertungskriterien beziehen. Nur bei ihnen verbleibt überhaupt noch ein Spielraum für eine Gewichtung (Roggenkamp/Zimmermann, a.a.O., Rn. 20).

62

Die von der Klägerin als Auftraggeberin festgelegten Zuschlagskriterien als solche - Preis, Stützpunkt für Werkstatt, Gewährleistung und Wartung sowie Garantiezeitraum über die gesetzliche Frist hinaus - sind rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. auch § 19 EG Abs. 9 VOL/A). Bei der Gewichtung ist die Klägerin von der Empfehlung der   …           - 70 Wertungspunkte für den Preis, 25 max. für den Werkstattstützpunkt und 5 für den Garantiezeitraum - insofern abgewichen, als sie für den Preis 65 und für den Werkstattstützpunkt 30 Wertungspunkte zugrunde legte. Die …  und im Anschluss daran auch der Beklagte haben die von der Klägerin vorgenommene Gewichtung mit der Begründung beanstandet, dass ein Bieter, der in den Kriterien „Stützpunkt für Werkstatt, Gewährleistung und Wartung“ und „Garantie“ keine volle bzw. keine Punktzahl erreiche, im Preis schon um mehr als 10% günstiger sein müsse als Bieter A, um auf Rang 1 in der Wertung zu kommen. Je mehr die Gewichtung des Kriteriums „Preis“ herabgesetzt werde, umso größer werde die Spanne, die ein Bieter im Preis nach unten gehen müsse, um für eine Zuschlagserteilung in Betracht zu kommen. Dies würde ein unangemessenes Verhältnis bedeuten. Es dürfe kein Bieter benachteiligt werden, weil er in bestimmten Kriterien keine volle Punktzahl erreichen könne. Bei Preisspannen von mehr als 10% sei zu prüfen, ob ein ungewöhnlich niedriger Preis oder ein Missverhältnis zwischen dem Preis und der Leistung vorlägen. Dementsprechend heißt es in § 19 EG Abs. 6 VOL/A, dass die Auftraggeber vom Bieter Aufklärung verlangen, wenn ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheint (Satz 1). Auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, darf der Zuschlag nicht erteilt werden (Satz 2).

63

In Bezug auf Unterkostenangebote dient die Regelung des § 19 EG Abs. 6 VOL/A (entspr. § 16 Abs. 6 VOL/A) in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers vor Eingehung eines wirtschaftlichen Risikos. Er soll davor bewahrt werden, Verträge mit Auftragnehmern eingehen zu müssen, bei denen aufgrund ihrer Preiskalkulation die Gefahr einer unzureichenden Leistungserbringung droht (Wagner, in: Heiermann/Zeiss, a.a.O., § 16 VOL/A 2009 Rn. 188). Beim Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot ist der Angebotspreis neben anderen Merkmalen ein bedeutendes Kriterium der Angebotswertung, das - negativ ausgedrückt - nicht am Rande der Bewertung stehen darf. Wird der Preis neben anderen Wirtschaftlichkeitskriterien mit - wenigstens - 50 Prozent gewertet, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.11.2013 - Verg 20/13 - zitiert nach juris Rn. 34ff). Danach ist auch eine Gewichtung des Preises mit 65% grundsätzlich als zulässig anzusehen. Wann ein unangemessen niedriger Preis anzunehmen ist, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Mehrheitlich wird angenommen, dass der Auftraggeber erst dann zur Preisprüfung verpflichtet ist, wenn zwischen dem Angebotspreis des Bestbieters und dem nächstplazierten Bieter eine Preisdifferenz von mehr als 20% besteht (sog. Aufgreifschwelle; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 - VII-Verg 61/11 - zitiert nach juris Rn. 40; OLG Celle, Beschluss vom 17.11.2011 - 13 Verg 6/11 - zitiert nach juris Rn. 31 mit weit. Nachw. aus der Rspr.; Wagner, in: Heiermann/Zeiss, a.a.O. § 16 VOL/A 2009 Rn. 190). Danach war nicht bereits bei einer - unter Zugrundelegung der von der Klägerin gewählten Bewertungsmatrix möglichen - Preisdifferenz von mehr als 10% automatisch von einem unangemessenen Verhältnis zwischen Preis und Leistung auszugehen, wie es die        …       angenommen hat. Hinzu kommt, dass sogar eine Abweichung von mehr als 20% keineswegs automatisch zum Ausschluss des Angebots führt. Vielmehr ist dem Bieter in diesem Fall Gelegenheit zu geben nachzuweisen, dass er in der Lage ist, die ausgeschriebene Leistung zu dem angebotenen Preis ordnungsgemäß zu erbringen (Wagner, in: Heiermann/Zeiss, a.a.O., § 16 VOL/A 2009, Rn. 192). Schließlich muss sich der Beklagte fragen lassen, warum es nicht zu einem „Wettlauf um den günstigsten Preis“ kommen soll, wie es im Widerspruchsbescheid heißt. Gerade den Haushaltsgrundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit würde zur Durchsetzung verholfen, wenn die Beschaffung möglichst preisgünstig ist. Darauf weist die Klägerin zu Recht hin. So begründet der Beklagte denn seine Beanstandung der Bewertungsmatrix auch damit, dass diese zu wettbewerbsverzerrenden Ergebnissen führe. Fraglich ist jedoch, inwieweit eine Rückforderung von Fördergeldern die Prinzipien des Wettbewerbs- und Bieterschutzes wiederherstellt. Denn eine Rückforderung dürfte den unterlegenen Bietern weder unmittelbar noch mittelbar zugutekommen. Dem Widerruf eines Bewilligungsbescheides dürfte daher in erster Linie Sanktionscharakter zukommen (s. Martin-Ehlers, Die Rückforderung von Zuwendungen wegen der Nichteinhaltung von vergaberechtlichen Auflagen, NVwZ 2007, S. 289, 292).

64

Die Kammer hält es im Übrigen für sachgerecht, hinsichtlich der Beantwortung der Frage, inwieweit die Klägerin bei der Beschaffungsmaßnahme gegen Vergabevorschriften verstoßen hat, die Rechtsprechung der entsprechenden Fachgerichte zu berücksichtigen. Dies hat offensichtlich auch die  … hinsichtlich der Festlegung der Wertungskriterien getan, indem sie unter dem 08. April 2010 u.a. darauf verwies, dass bei Preisspannen von mehr als 10% zu prüfen sei, ob ein ungewöhnlich niedriger Preis oder ein Missverhältnis Preis/Leistung vorlägen (Seite 39 des Prüfungsberichtes, Bl. 54 „A“). Diese Ansicht wurde seinerzeit in der Rechtsprechung der Vergabesenate (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 28.03.2006 - WVerg 4/06 - zitiert nach juris Rn. 55; OLG München, Beschluss vom 02.06.2006 - Verg 12/06 - zitiert nach juris Rn. 106) und in der Literatur (vgl .Willenbruch/Bischoff, Kommentar Vergaberecht, 2008, § 25 VOL/A Rn. 36) vertreten und von der  … , dem GPA und anschließend vom Beklagten in den angefochtenen Bescheiden übernommen, ist aber inzwischen als überholt anzusehen.

65

Dass der Vorwurf des Beklagten, die gemäß § 24 EG VOL/A erforderliche Dokumentation des Beschaffungsverfahrens sei unzureichend gewesen, unzutreffend ist, konnte die Klägerin nicht hinlänglich belegen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der offenbar nicht dokumentierten Öffnung der Angebote am 09. Juli 2010. Einzelheiten der Dokumentationspflicht ergeben sich insoweit aus § 17 EG Abs. 2 VOL/A. Die Verpflichtung zur Dokumentation ist Ausfluss des Transparenzgebots, das aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 2 EG Abs. 1 Satz 2 VOL/A) abgeleitet wird. Die Dokumentationspflicht dient neben der Transparenz im Vergabeverfahren auch der nachträglichen Überprüfbarkeit des Vergabeverfahrens durch verwaltungsinterne Prüfungen oder den Rechnungshof (Hillmann, in: Heiermann/Zeiss, a.a.O., § 20 VOL/A 2009, Rn. 1f). Wird gegen Dokumentationspflichten verstoßen und kann somit der Nachweis, dass das Vergabeverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde, nicht erbracht werden, geht dies zu Lasten des Zuwendungsempfängers (Attendorn, Der Widerruf von Zuwendungsbescheiden wegen Verstoßes gegen Vergaberecht, NVwZ 2006, S. 991, 994).

66

Soweit der Beklagte beanstandet, es sei gegen die Gemeindeordnung verstoßen worden, indem nach Auftragserteilung Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Rechtsgeschäfte getätigt hätten, liegt darin kein Verstoß gegen eine Auflage. Der Beklagte selbst sieht in den angefochtenen Bescheiden lediglich die Einhaltung der Vergabevorschriften als Auflage an. Indem der Bewilligungsbescheid unter Nr. 3) auf der ersten Seite u.a. „die für das Vorhaben geltenden Normen und Richtlinien“ zu Bestandteilen der Verfügung erklärt, wozu auch die Vorschriften der Gemeindeordnung gehören dürften, werden diese nicht automatisch in ihrer Gesamtheit zu Auflagen im Sinne von § 117 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LVwG. Wenn ein Verstoß gegen Vorschriften der Gemeindeordnung eine so weit reichende Rechtsfolge wie den Widerruf der Zuweisung hätte rechtfertigen sollen, hätte darauf aus Gründen der Rechtssicherheit im Bewilligungsbescheid ebenso ausdrücklich hingewiesen werden müssen, wie dies hinsichtlich der Verpflichtung der Klägerin zur Einhaltung der Vergabevorschriften geschehen ist. Dies gilt in gleicher Weise hinsichtlich des erstmals in der Klagerwiderung erhobenen Vorwurfs, die Klägerin habe gegen die Gemeindeordnung und das Haushaltsrecht verstoßen, indem sie für die Anschaffung eines Feuerwehrfahrzeugs im Jahr 2010 keine Haushaltsmittel bereitgestellt habe, obwohl sie im Jahr 2009 den Beschluss für die Anschaffung eines entsprechenden Fahrzeugs getroffen habe. Inwieweit dies ein Einschreiten der Kommunalaufsicht rechtfertigen könnte, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Soweit sich der Beklagte bzgl. der fehlenden Bereitstellung von Haushaltsmitteln auf § 16 Abs. 1 VOL/A - gemeint ist wohl die VOL/A 2006 - beruft, wonach der Auftraggeber erst dann ausschreiben soll, wenn alle Verdingungsunterlagen fertiggestellt sind und die Leistung aus der Sicht des Auftraggebers innerhalb der angegebene Frist ausgeführt werden kann, fehlt es - soweit ersichtlich - an einer entsprechenden Bestimmung sowohl in den §§ 1 ff VOL/A 2009 als auch in den hier einschlägigen §§ 1 EG ff VOL/A 2009.

67

Schließlich berechtigte ein ggf. lückenhafter und irreführender Verwendungsnachweis den Beklagten nicht zum Widerruf der Zuwendung. In dem Bewilligungsbescheid vom 13. Januar 2010 heißt es zwar, dass die Zuwendung zurückzuzahlen sei, wenn der Verwendungsnachweis trotz Aufforderung nicht ordnungsgemäß oder rechtzeitig vorgelegt werde. Den von der Klägerin vorgelegten Verwendungsnachweis hat der Beklagte erstmals in seiner Klagerwiderung vom 15. Juni 2016 beanstandet, obwohl das GPA bereits in seinem Prüfbericht vom Januar 2013 darauf hingewiesen hatte, dass der Verwendungsnachweis unvollständig sei. Vor einer Rückforderung der gesamten Zuweisung wegen des unzureichenden Verwendungsnachweises hätte der Beklagte die Klägerin zur Vorlage eines ordnungsgemäßen Verwendungsnachweises auffordern müssen. Denn in dem Bewilligungsbescheid heißt es ausdrücklich, dass eine Rückzahlung erst erfolgen soll, wenn trotz Aufforderung kein ordnungsgemäßer Verwendungsnachweis vorgelegt wird.

68

Als Ergebnis lässt sich somit festhalten, dass die Klägerin zwar gegen Vergabevorschriften verstoßen hat, allerdings aus Sicht der Kammer nicht in schwerwiegender Weise, wie es der Beklagte angenommen hat. Vor diesem Hintergrund erweist sich die von dem Beklagten getroffene Ermessensentscheidung als fehlerhaft. Denn nicht jeder Verstoß gegen das Vergaberecht oder gegen weitere öffentlich-rechtliche Vorschriften rechtfertigt eine Rückforderung von 100% der Zuwendungssumme, ohne dass dazu noch Ermessenserwägungen anzustellen wären. Ein sog. intendiertes Ermessen nimmt die Rechtsprechung regelmäßig bei schweren Vergabeverstößen wie etwa der fehlerhaften Wahl des Vergabeverfahrens an (OVG Münster, Urteil vom 20.04.2012 - 4 A 1055/09 - zitiert nach juris Rn. 96, 106). Da das Vergabeverfahren die Wirtschaftlichkeit der Auftragsvergabe sicherstellen soll, indiziert ein falsches Vergabeverfahren die Unwirtschaftlichkeit der Auftragsvergabe (Attendorn, NVwZ 2006, S. 991, 994 mit weit. Nachw.). In diesem Fall ist regelmäßig von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne auszugehen. Es müssen dann besondere Gründe vorliegen, um eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen. Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst und bedarf keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung (BVerwG, Urteil vom 16.06.1997 - 3 C 22/96 - zitiert nach juris Rn. 14; Urteil vom 10.12.2003 - 3 C 22.02 - zitiert nach juris Rn. 36; OVG Münster, a.a.O., Rn. 109). Die Verstöße, die der Klägerin zur Last gelegt werden können, also unklare Formulierungen in einem Teil des Leistungsverzeichnisses, die fehlende Aufforderung an Firma  …, das Angebot hinsichtlich der Entfernungsangabe zu vervollständigen, und die unzureichende Dokumentation des Vergabeverfahrens, sind im Vergleich zur Wahl der falschen Vergabeart als eher geringfügig einzustufen. Inwieweit gerade diese Verstöße gegen Vergaberecht zu einer Missachtung der Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geführt haben sollen, die der Beklagte im Rahmen seiner Ermessenserwägungen in den Vordergrund stellt, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist bei Vergaberechtsverstößen von eher geringem Gewicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Ermessensausübung zu prüfen, ob ein nur teilweiser Widerruf des Bewilligungsbescheides in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2003 - 3 C 22/02 - zitiert nach juris Rn. 36).

69

Der Beklagte kann sich zur Begründung seiner Ermessenentscheidung schließlich auch nicht auf Ziffer 8.2.3 der VV-K zu § 44 LHO berufen. Danach hat die Bewilligungsbehörde regelmäßig einen Zuwendungsbescheid mit Wirkung auch für die Vergangenheit ganz    oder teilweise nach § 117 Abs. 3 LVwG unverzüglich zu widerrufen und die Zuwendung, auch wenn sie bereits verwendet worden ist, zurückzufordern, soweit sie nicht oder nicht mehr ihrem Zweck entsprechend verwendet wird. Hier liegt keine Zweckverfehlung vor, denn die Klägerin hat die Zuweisung zweckentsprechend verwendet, nämlich zur Anschaffung eines Feuerwehrlöschfahrzeugs. „Zweck“ im Sinne der genannten Verwaltungsvorschrift ist nicht, wie der Beklagte meint, die Einhaltung der Vorschriften des Vergaberechts.

70

Anzumerken ist, dass die Jahresfrist (§ 117 Abs. 3 Satz 2 in Verb. mit § 116 Abs. 4 Satz 1 LVwG) einem Widerruf des Bewilligungsbescheides nicht entgegenstehen dürfte. Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme grundsätzlich nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig (§ 116 Abs. 4 Satz 1 LVwG, entspr. § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG). Dies gilt entsprechend für den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes, der eine Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes gewährt (§ 117 Abs. 3 Satz 2 LVwG). In der Rechtsprechung (BVerwG, Urteil vom 08.12.1965 - V C 21.64 - zitiert nach juris Rn. 26; Urteil vom 20.06.1967 - V C 175.66 - zitiert nach juris Rn. 19; Beschluss vom 29.04.1999 - 8 B 87/99 - zitiert nach juris Rn. 4; Urteil vom 27.04.2006 - 3 C 23/05 - zitiert nach juris; OVG Koblenz, Urteil vom 11.02.2011 - 2 A 10895/10 - zitiert nach juris Rn. 44) und Literatur (Sachs, in. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 48 Rn. 202; Müller, in: Beck’scher Online-Kommentar VwVfG, § 48 Rn. 104) wird die Ansicht vertreten, die Rücknahmefrist des § 48 Abs. 4 VwVfG (entspr. § 116 Abs. 4 LVwG) diene dem Vertrauensschutz und finde schon deshalb im Verhältnis zwischen Trägern öffentlicher Verwaltung keine Anwendung. Nach anderer Ansicht (OVG Münster, Urteil vom 20.04.2012 - 4 A 2005/10 - zitiert nach juris Rn. 56) dient die Rücknahme- bzw. Widerrufsfrist nicht allein dem schutzwürdigen Vertrauen in den Bestand eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes, sondern auch dem im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Gedanken der Rechtssicherheit mit der Folge, dass sich auch Hoheitsträger auf diesen berufen können. Selbst wenn der Klägerin danach die Berufung auf die Jahresfrist für den Widerruf des Bewilligungsbescheides nicht verwehrt wäre, könnte die Klage keinen Erfolg haben. Denn die einjährige Widerrufsfrist war bei Erlass des Widerrufsbescheides im September 2015 noch nicht abgelaufen.

71

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beginnt die Frist zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Die Frist beginnt demgemäß zu laufen, wenn die Behörde ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage ist, unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über die Rücknahme - bzw. den Widerruf - des Verwaltungsakts zu entscheiden. Das entspricht dem Zweck der Jahresfrist als einer Entscheidungsfrist, die sinnvollerweise erst anlaufen kann, wenn der zuständigen Behörde alle für die Rücknahme- bzw. Widerrufsentscheidung bedeutsamen Tatsachen bekannt sind (grundlegend BVerwG, Beschluss vom 19.12.1984 - BVerwG Gr. Sen. 1 und 2.84 - zitiert nach juris Rn. 17, 19, 22). Zur Herstellung der Entscheidungsreife, nach deren Eintritt die Entscheidungsfrist erst beginnen kann, gehört regelmäßig das Anhörungsverfahren, und zwar unabhängig von dessen Ergebnis. Das gilt auch und gerade, wenn es sich bei der zu treffenden Entscheidung um eine Ermessensentscheidung handelt, bei der - wie hier - zudem die für die Ermessensbetätigung maßgeblichen Umstände auch in der Sphäre des anzuhörenden Betroffenen liegen (BVerwG, Urteil vom 20.09.2001 - 7 C 6/01 - zitiert nach juris Rn. 13). Die Stellungnahme der Klägerin zu dem von dem Beklagten beabsichtigten Widerruf der Zuwendung ging zwar bereits am 09. Mai 2014 bei dem Beklagten ein. Gleichwohl lief die einjährige Widerrufsfrist hier nicht am 11. Juni 2015 (einem Montag) ab, wie die Klägerin meint. In der Zeit vom 17. Juni 2014 bis zum 12. Juni 2015 fanden zwischen den Beteiligten noch mehrere Gespräche statt, in denen es um die im Raum stehende Rückforderung der Zuweisung ging. Erst danach sah der Beklagte das Anhörungsverfahren als abgeschlossen an. Da es sich bei der Rücknahmefrist um eine Entscheidungsfrist handelt, hat es die Behörde in der Hand, den Beginn der Frist durch eine Verzögerung des Anhörungsverfahrens hinauszuschieben (BVerwG, Urteil vom 20.09.2001, a.a.O., Rn. 15). Eine Frist für die Ermittlung der maßgeblichen Umstände hat der Gesetzgeber den Behörden in § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nicht gesetzt; für eine ausdehnende Auslegung der Vorschrift in diese Richtung fehlt jede Grundlage (BVerwG, Beschluss vom 29.08.2014 - 4 B 1/14 - zitiert nach juris Rn. 8). Zwar unterliegen die Behörden bei der Ermittlung der Rücknahmevoraussetzungen rechtsstaatlichen Bindungen. Diesen kann aber durch den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben hinreichend Rechnung getragen werden. So kann ein Rücknahmebescheid wegen einer Verwirkung der Rücknahmebefugnis rechtswidrig sein, wenn die Behörde den Lauf der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG durch „konzentriertes Nichtstun“ verhindert (BVerwG, Beschluss vom 29.08.2014, a.a.O., Rn. 9). Davon kann hier keine Rede sein. Die Gespräche zwischen den Beteiligten dienten vielmehr der Suche nach einem Kompromiss und lagen daher auch im Interesse der Klägerin, mag es auch nicht um den Abschluss eines Vergleichsvertrages speziell für die Klägerin gegangen sein. In welcher Eigenschaft der Vertreter des Amtes …   an diesen Gesprächen teilnahm, ist unerheblich. Jedenfalls ging es darum, für alle von einer möglichen Rückforderung betroffenen Gemeinden und damit auch für die Klägerin eine einvernehmliche Lösung zu finden. Vor diesem Hintergrund wäre es nicht sinnvoll, wenn die Behörde Vergleichsgespräche vorzeitig beenden müsste, um mit dem Erlass eines Rücknahme- bzw. Widerrufsbescheides dem drohenden Ablauf der Jahresfrist zuvorzukommen.

72

Der Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

73

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verb. mit §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO.


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(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tatbestand

1

Der beklagte Freistaat nimmt den Kläger aufgrund eines Schuldbeitritts für die Rückzahlung einer Zuwendung in Anspruch, die er einem Wirtschaftsunternehmen gewährt hatte, an dem der Kläger als Mitgesellschafter beteiligt war. Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben, weil die Inanspruchnahme des Klägers nicht durch Leistungsbescheide hätte erfolgen dürfen.

2

Mit Zuwendungsbescheid vom 30. Dezember 1997, unter anderem geändert mit Bescheid vom 8. April 1998, bewilligte der Beklagte der Fa. Sanitätshaus W. & E. Orthopädietechnik GmbH für die Erweiterung einer Betriebsstätte zur Maßanfertigung von Prothesen, Orthesen und Bandagen aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe (GA) "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) einen Zuschuss von 45,71 % der bis Ende 1999 anfallenden förderfähigen Investitionskosten, höchstens von 960 000 DM (= 490 840,21 €). Die Zuwendung stand unter der "Bedingung", innerhalb von drei Jahren nach Auszahlung nachzuweisen, dass mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes aus der Maßanfertigung von Prothesen, Orthesen und Bandagen im überregionalen Bereich erzielt würden. Der Zuschuss wurde bis Ende 1999 in Höhe von 708 403 DM (= 362 200,70 €) ausgezahlt. Da das Unternehmen den geforderten überregionalen Umsatz nicht zu erreichen vermochte, widerrief der Beklagte den Zuwendungsbescheid mit Bescheid vom 6. März 2003 und forderte 362 200,70 € nebst Zinsen seit dem jeweiligen Tag der Auszahlung zurück.

3

Der Kläger ist an der Gesellschaft mit einem Anteil von 11,75 % beteiligt. Im Zuwendungsbescheid war bestimmt worden, dass sich neben der Gesellschaft auch deren Gesellschafter persönlich zur anteiligen Rückzahlung der Zuwendung verpflichten, wenn der Bescheid wegen Zweckverfehlung widerrufen werden müsse. Mit "öffentlich-rechtlichem Vertrag" vom 8./9. April 1998 hatte der Kläger mit dem Beklagten einen entsprechenden "öffentlich-rechtlichen Schuldbeitritt" vereinbart. Der Beitritt sollte Zinsen und Kosten einschließen, aber auf 125 000 DM (= 63 911,49 €) begrenzt sein. Insoweit sollte der Kläger gesamtschuldnerisch neben der Gesellschaft haften; der Beklagte sollte nicht verpflichtet sein, vor der Inanspruchnahme des Klägers andere Befriedigungsmöglichkeiten zu nutzen. Weiter war vereinbart:

"Mit dem Wirksamwerden des Schuldbeitritts wird der (Kläger) neben dem Zuwendungsempfänger und evtl. weiteren Beitretenden zum Pflichtigen der öffentlich-rechtlichen Beziehung zwischen (Beklagtem) und Zuwendungsempfänger aus dem genannten Subventionsrechtsverhältnis. Dies hat zur Folge, dass der (Beklagte) den (Kläger) mittels Leistungsbescheid in Anspruch nehmen kann."

5

Der Beklagte gab dem Kläger von dem an die Gesellschaft gerichteten Widerrufsbescheid Kenntnis. Nach vorheriger Anhörung forderte er ihn mit Leistungsbescheid vom 29. September 2003 zur Zahlung von 47 158,52 € - einem Anteil an der Hauptforderung, der dem Verhältnis des Schuldbeitrittsbetrages zum ursprünglichen Subventionsbetrag entspricht - zuzüglich 6 % Zinsen seit dem Widerruf auf.

6

Dagegen richtet sich die Klage. Zu deren Begründung hat der Kläger vorgetragen: Die Subvention sei rechtswidrig gewährt worden, weil sie dem gemeinschaftsrechtlichen Beihilfeverbot widerspreche und weder notifiziert noch von der Europäischen Kommission genehmigt worden sei. Ferner liege der behauptete Widerrufsgrund nicht vor. Des Weiteren gehe der Schuldbeitritt ins Leere: Nach dessen Vereinbarung sei der Zuwendungsbescheid ohne sein Wissen mehrfach geändert worden; der Zuwendungsbescheid sei nur in seiner letzten Fassung vom 13. Dezember 1999 widerrufen worden, auf die sich der Schuldbeitritt nicht beziehe. Der Verzicht auf die Einrede der Vorausklage sei ebenso unwirksam wie die Unkündbarkeit des Schuldbeitritts, zumal er bereits im Jahre 2000 aus der Gesellschaft ausgeschieden sei. Schließlich habe der Beklagte beim Erlass des angefochtenen Leistungsbescheides ermessensfehlerhaft gehandelt, indem er ihn in voller Höhe in Anspruch nehme, die Gesellschaft selbst aber verschone und anderen Gesellschaftern, die der Rückzahlungsschuld ebenfalls beigetreten seien, durch Vergleich einen großen Anteil ihrer Verbindlichkeit erlasse.

7

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil geändert und den angefochtenen Leistungsbescheid aufgehoben. Es hat offen gelassen, ob der Kläger durch den mit dem Beklagten geschlossen Vertrag der Rückzahlungsschuld der Gesellschaft beigetreten sei oder lediglich eine Bürgschaft übernommen habe. Im einen wie im anderen Falle setze seine Inanspruchnahme durch Leistungsbescheid eine hierauf bezogene gesetzliche Grundlage voraus. Diese könne nicht in § 49a Abs. 1 ThürVwVfG gesehen werden; die dortige Ermächtigung beziehe sich nur auf den Subventionsempfänger, nicht auf einen mithaftenden Dritten. Der Kläger habe sich der Inanspruchnahme durch Leistungsbescheid auch nicht unterworfen. Es müsse schon bezweifelt werden, ob die einschlägige Klausel des Vertrages eine solche Unterwerfung begründen und nicht lediglich auf eine beiderseits angenommene Rechtslage hinweisen sollte. Jedenfalls sei die Klausel unwirksam, weil sie einer unzulässigen Umgehung von § 61 ThürVwVfG gleichkomme. Wollten die Parteien eines öffentlich-rechtlichen Vertrages die Vollstreckung aus dem Vertrage erleichtern, seien sie auf die von § 61 ThürVwVfG vorgesehene Möglichkeit der Unterwerfung des Schuldners unter die sofortige Zwangsvollstreckung beschränkt.

8

Der Beklagte rügt mit der Revision, das Berufungsgericht habe verkannt, dass § 49a Abs. 1 Satz 2 ThürVwVfG auch zur Inanspruchnahme eines mithaftenden Dritten durch Leistungsbescheid ermächtige. Im Übrigen habe sich der Kläger durch den Schuldbeitritt selbst in ein Subordinationsverhältnis gestellt und der Inanspruchnahme durch Leistungsbescheid ausdrücklich unterworfen. Das stelle keine Umgehung von § 61 ThürVwVfG dar, schon weil die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung viel einschneidendere Folgen habe.

9

Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil. Er hält die Vertragsklausel über die Zulässigkeit eines Leistungsbescheides zudem für eine unzulässige allgemeine Geschäftsbedingung des Beklagten.

10

Der Vertreter des Bundesinteresses sieht die gesetzliche Grundlage für den angefochtenen Leistungsbescheid in § 49a Abs. 1 Satz 2 ThürVwVfG, der zwar nicht unmittelbar, wohl aber analog auf mithaftende Bürgen und Schuldübernehmer anzuwenden sei.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen - klagabweisenden - Urteils.

12

1. Das Berufungsgericht hat zugunsten des Beklagten unterstellt, der Kläger sei der Erstattungsschuld der Gesellschaft beigetreten, und hat auch für diesen Fall angenommen, dass dem angefochtenen Leistungsbescheid die erforderliche gesetzliche Grundlage fehle. Das verletzt revisibles Recht (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Wer für eine Erstattungsschuld i.S.d. § 49a Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG infolge Schuldbeitritts haftet, kann nach § 49a Abs. 1 Satz 2 ThürVwVfG durch Leistungsbescheid in Anspruch genommen werden.

13

a) Der Beklagte hatte der Gesellschaft durch Verwaltungsakt eine Zuwendung als sog. verlorenen Zuschuss bewilligt. Wird ein solcher Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen, so verlieren erbrachte Leistungen ihren Rechtsgrund; sie sind zu erstatten. Der Erstattungsanspruch ist im Wege des Leistungsbescheides geltend zu machen. Dies besagt § 49a Abs. 1 ThürVwVfG ausdrücklich.

14

Die Vorschrift ermächtigt die Behörde dazu, den Erstattungsanspruch gegen jeden Erstattungsschuldner mit den Mitteln hoheitlicher Verwaltung geltend zu machen. Voraussetzung ist hiernach nur, dass der Erstattungsanspruch besteht und dass er sich gegen den Adressaten des Leistungsbescheides richtet. Voraussetzung ist nicht, dass der Erstattungsschuldner auch der Zuwendungsempfänger ist. Es genügt, dass der Erstattungsanspruch seine Wurzel in der Zuwendung hat. Natürlich kommt der Zuwendungsempfänger in erster Linie als Erstattungsschuldner in Betracht. Sofern neben ihm oder an seiner Stelle aber Dritte die Erstattung schulden, ermächtigt § 49a Abs. 1 ThürVwVfG auch zu deren Inanspruchnahme (ebenso Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, 7. Auflage 2008, Rn. 31 f. zu § 49a VwVfG; a.A. Knack/Henneke, VwVfG-Kommentar, 9. Auflage 2010, Rn. 10 zu § 49a VwVfG; zweideutig Kopp/Ramsauer, VwVfG-Kommentar, 11. Auflage 2010, Rn. 10a zu § 49a VwVfG). Hierbei ist gleichgültig, ob der Dritte - etwa als Rechtsnachfolger - an die Stelle des Zuwendungsempfängers getreten ist oder gesamtschuldnerisch neben diesem für die Erstattung haftet. Ebenso wenig kommt es auf den Rechtsgrund für die gesamtschuldnerische Mithaftung an; insofern unterscheidet sich die Rechtslage nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen von derjenigen nach §§ 191, 192 AO.

15

Das Berufungsgericht möchte den Anwendungsbereich des § 49a Abs. 1 ThürVwVfG demgegenüber auf die Inanspruchnahme des Zuwendungsempfängers beschränken. Dazu besteht kein Anlass. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich diese Einschränkung nicht. Richtig ist zwar, dass der Gesetzgeber offenbar allein den Zuwendungsempfänger im Auge hatte. Das wird nicht nur durch die Gesetzesbegründung zu § 44a der Bundeshaushaltsordnung i.d.F. vom 14. Juli 1980 belegt, auf den § 49a VwVfG zurückgeht (vgl. BTDrucks 8/3785 S. 5 f.), sondern auch durch systematisch zugehörige weitere Vorschriften wie § 49a Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 ThürVwVfG, die den Begünstigten ansprechen, sowie durch die ergänzende Vorschrift des § 50 Abs. 3 Satz 2 SGB X, demzufolge die Festsetzung der zu erstattenden Leistung mit der Aufhebung des Verwaltungsakts verbunden werden soll, die regelmäßig - wenn auch, wie der Erbfall zeigt, nicht zwingend - an den Begünstigten zu richten ist. Diesen Gesichtspunkten stehen aber Sinn und Zweck der Vorschrift gegenüber, auf die der Vertreter des Bundesinteresses mit Recht hinweist und welche die vom Berufungsgericht befürwortete einschränkende Auslegung verbieten. Die Verwaltung soll im Interesse der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel berechtigt und grundsätzlich sogar verpflichtet sein, zu Unrecht ausgereichte Subventionen möglichst rasch und effektiv wieder einzuziehen. Das naheliegende Mittel hierzu ist der Leistungsbescheid. Das Gesetzesziel würde aber nur unvollkommen erreicht, dürfte die Verwaltung dieses Mittel nur gegenüber dem Begünstigten einsetzen, nicht hingegen gegenüber Dritten, die gleichermaßen erstattungspflichtig sind.

16

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Auslegung des § 49a Abs. 1 ThürVwVfG bestehen nicht. Durch die hoheitliche Inanspruchnahme wird der seinerseits erstattungspflichtige Dritte nicht unzumutbar beschwert. Er wird nicht grundlos in Anspruch genommen; in Rede stehen nur die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten der Durchsetzung einer ohnehin bestehenden Erstattungspflicht. Allein damit, dass dies auf hoheitliche Weise - durch Leistungsbescheid - erfolgt, ist aber kein ins Gewicht fallender Nachteil verbunden. Hierzu müssen nicht sämtliche Eingriffswirkungen der Handlungsform Verwaltungsakt in den Blick genommen werden (dazu etwa OVG Lüneburg, Urteil vom 15. März 1988 - 10 A 14/87 - NVwZ 1989, 880; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O. Rn. 25 ff. zu § 35 VwVfG; Knack/Henneke, a.a.O. Rn. 40 vor § 35 VwVfG; Druschel, Die Verwaltungsaktbefugnis, Diss. Halle-Wittenberg 1999, S. 30 ff.); es genügt der Vergleich mit der alternativen Leistungsklage. Richtig ist, dass der Leistungsbescheid gegenüber der Leistungsklage für die Verwaltung den Vorteil mit sich bringt, sich selbst einen vollstreckbaren Titel verschaffen zu dürfen; der Gegner muss demzufolge im Streitfalle die Prozessrolle des Klägers, nicht des Beklagten einnehmen. Sollte hierin überhaupt ein Nachteil zu sehen sein (zweifelnd bereits Senatsurteil vom 24. Januar 1992 - BVerwG 3 C 33.86 - BVerwGE 89, 345 <350>), so stünden dem doch erhebliche Vorteile gegenüber. Ein Leistungsbescheid kann nur auf der Grundlage eines Verwaltungsverfahrens ergehen, in dem der Betroffene gesetzlich bestimmte Verfahrensrechte wie insbesondere das Recht auf Anhörung genießt; und er unterliegt im vom Bundesgesetzgeber vorgesehenen Regelfall gemäß § 68 VwGO der Überprüfung in einem Widerspruchsverfahren durch eine zumeist höhere Behörde (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 1986 - 9a RV 10/85 - BSGE 60, 209 <212 f.>; zustimmend Martens, NVwZ 1993, 27 <28 f.>; vgl. ähnlich Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O. Rn. 28 zu § 35 VwVfG). Das führt dazu, dass Einwände des Betroffenen schon im Leistungsbescheid Berücksichtigung finden, so dass es der - zeitaufwendigen und teuren - Inanspruchnahme der Gerichte oft gar nicht mehr bedarf. Schließlich verursacht der Leistungsbescheid als solcher weit geringere Kosten als ein Leistungsurteil.

17

b) Wer einer öffentlich-rechtlichen Erstattungsverpflichtung beitritt, wird selbst in gleicher Weise zur Erstattung verpflichtet.

18

Der Beitretende übernimmt durch den Schuldbeitritt eine Haftung, die inhaltlich mit der Erstattungsverpflichtung des Zuwendungsempfängers identisch ist. Er wird dadurch selbst Schuldner der öffentlich-rechtlichen Erstattungsforderung und möglicher Adressat eines auf § 49a Abs. 1 ThürVwVfG gestützten Leistungsbescheides. Insofern liegt es nicht anders als in der gesetzlichen Folge einer Vermögensübernahme nach § 419 BGB a.F. Dies hat der Senat für die Pflicht zur Erstattung von Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz bereits entschieden (Urteil vom 29. März 1984 - BVerwG 3 C 18.83 - Buchholz 427.7 § 40 RepG Nr. 2; Beschluss vom 26. Juli 2007 - BVerwG 3 B 5.07 - Buchholz 427.3 § 349 LAG). Das findet entgegen der Ansicht des Klägers seine Begründung nicht in Besonderheiten des Lastenausgleichsrechts, sondern gilt allgemein (vgl. ebenso BSG, Urteil vom 3. September 1986 - 9a RV 10/85 - BSGE 60, 209 <210>).

19

Wie die Vermögensübernahme nach § 419 BGB a.F. kraft Gesetzes, so bewirkt der Schuldbeitritt kraft Vertrages eine Schuldmitübernahme; er schafft eine gesamtschuldnerische Haftung des Beitretenden neben dem ursprünglichen Schuldner für die gegen diesen zur Zeit des Beitritts bestehenden - ggf. künftigen oder bedingten - Ansprüche des Gläubigers. Der Beitritt schafft keinen neuen Anspruch, sondern setzt den Anspruch gegen den Haupt- oder Urschuldner voraus und begründet für diesen Anspruch lediglich die Mithaftung des Beitretenden. Der Anspruch gegen den Beitretenden ist damit inhaltlich identisch mit dem Anspruch gegen den Haupt- oder Urschuldner. Er teilt dessen Rechtsnatur; ist dieser öffentlich-rechtlich, so gehört auch die Haftschuld des Beitretenden dem öffentlichen Recht an (Urteil vom 22. April 1970 - BVerwG 5 C 11.68 - BVerwGE 35, 170 <172>; unter Bezugnahme hierauf BGH, Urteil vom 22. Juni 1978 - III ZR 109/76 - BGHZ 72, 56 <59 f.>, ebenso dann Urteil vom 16. Oktober 2007 - XI ZR 132/06 - BGHZ 174, 39 und Beschluss vom 17. September 2008 - III ZB 19/08 - WM 2008, 2153). Er teilt dann aber auch dessen verfahrensrechtliche Implikationen; der Gläubiger kann seinen Anspruch auch dem mithaftenden Dritten gegenüber in gleicher Weise geltend machen wie gegenüber dem Haupt- oder Urschuldner selbst. Wohnt dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch eine hoheitliche Komponente inne, so gilt dies jedem Erstattungspflichtigen gegenüber (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 1986 - 9a RV 10/85 - BSGE 60, 209 <210>).

20

Damit unterscheidet sich der Schuldbeitritt von der Bürgschaft. Die Bürgschaft begründet eine von der Verbindlichkeit des Hauptschuldners verschiedene, eigene Verbindlichkeit des Bürgen, für die Erfüllung durch den Hauptschuldner einzustehen. Sie ist keine bloße Haftungsübernahme. Ihr Rechtscharakter bestimmt sich nicht aus der Art der Hauptschuld. Sie trägt ihren Rechtsgrund vielmehr in dem Sinne in sich, dass sie keiner weiteren Rechtfertigung mehr bedarf (BGH, Urteil vom 16. Februar 1984 - IX ZR 45/83 - BGHZ 90, 187 <189 f.>). Typisch für die Bürgschaft ist deshalb ein auf die Person des Schuldners bezogenes Sicherungsinteresse des Dritten, während Motiv für den Schuldbeitritt typischerweise ein spezifisches Eigeninteresse des Dritten am Hauptschuldverhältnis ist (BGH, Urteil vom 25. September 1980 - VII ZR 301/79 - NJW 1981, 47). Damit ist nicht entschieden, ob eine Bürgschaft stets privatrechtlicher Natur ist, wie der Bundesgerichtshof annimmt (so - ihm folgend - auch VGH München, Urteil vom 23. November 1989 - 22 B 88.3677 - NJW 1990, 1006 m. zust. Anm. Arndt), oder, weil und sofern sie einem öffentlichen Zweck dient, auch als öffentlich-rechtliche zu qualifizieren sein kann (so Jochum in: Festschrift für Kriele, 1997, S. 1193 <1208>). Auch mag bezweifelt werden, ob eine öffentlich-rechtliche Besicherung, die wegen Nichtbeachtung des § 57 VwVfG formnichtig ist, in eine formgültige privatrechtliche Bürgschaft umgedeutet werden kann (so BGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 a.a.O. und Beschluss vom 17. September 2008 a.a.O.). Das Bundesverwaltungsgericht hat zu diesen Fragen bislang nicht Stellung genommen. Es hat lediglich entschieden, dass eine Bürgschaft, mit der eine ihrerseits privatrechtliche Darlehensschuld besichert wurde, privatrechtlicher Natur ist (Urteil vom 30. Oktober 1997 - BVerwG 3 C 8.97 - BVerwGE 105, 302 <305>; anders zuvor Urteil vom 22. April 1970 - BVerwG 5 C 11.68 - BVerwGE 35, 170 <171 f.>). Für eine Besicherung eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs durch Bürgschaft folgt hieraus nichts. Erst recht folgt hieraus nichts zu der weiteren Frage, ob der aus einer öffentlich-rechtlichen Bürgschaft Verpflichtete im Wege des Leistungsbescheides herangezogen werden dürfte. § 49a Abs. 1 VwVfG ermächtigt hierzu jedenfalls nicht.

21

c) Dass der Schuldbeitritt durch Vertrag erfolgt, steht dem Bisherigen nicht entgegen. Richtig ist, dass durch Vertrag begründete Pflichten grundsätzlich nicht durch den Erlass von Verwaltungsakten durchgesetzt werden dürfen, wenn nicht eine zusätzliche gesetzliche Grundlage dies erlaubt (Urteile vom 13. Februar 1976 - BVerwG 4 C 44.74 - BVerwGE 50, 171, vom 26. Oktober 1979 - BVerwG 7 C 106.77 - BVerwGE 59, 60 und vom 24. Januar 1992 - BVerwG 3 C 33.86 - BVerwGE 89, 345). Eine solche gesetzliche Grundlage bietet aber § 49a Abs. 1 ThürVwVfG. Auf sie zurückzugreifen, wird auch durch die Vertragsform nicht wiederum ausgeschlossen. Es ist gerade Gegenstand des Vertrages, dass der Dritte die Erstattungsverpflichtung des Zuwendungsempfängers einschließlich ihrer öffentlichen Rechtsnatur und ihrer hoheitlichen Implikationen übernimmt. Deshalb wurde in dem Umstand, dass die Schuldmitübernahme durch Vertrag begründet wird und werden muss, niemals ein Hindernis gesehen.

22

Aus § 61 ThürVwVfG ergibt sich nichts anderes. Hiernach kann sich jeder Vertragschließende der sofortigen Vollstreckung aus einem subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag unterwerfen. Daraus lässt sich nicht schließen, dass die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Prozessordnungen die einzige zulässige Form der zwangsweisen Durchsetzung vertraglicher Ansprüche sei. Die Vorschrift besagt lediglich, dass ohne eine solche Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung die Vollstreckung unmittelbar aus dem Vertrag selbst unzulässig ist. Ihr lässt sich aber nicht entnehmen, dass über die vertraglichen Ansprüche nicht auch ein Leistungsbescheid ergehen und dieser alsdann mit den Mitteln der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt werden dürfte. Auch auf diesem Wege wird nicht auf ein zusätzliches Erkenntnisverfahren verzichtet, es tritt nur an die Stelle der Leistungsklage ein Verwaltungsakt mit der Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung.

23

Keiner Entscheidung bedarf, ob sich der Vertragspartner der Behörde in einem subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag der Durchsetzung in diesem Vertrage übernommener Pflichten durch Leistungsbescheid auch dann wirksam unterwerfen könnte, wenn das Gesetz eine Befugnis der Behörde zum Erlass eines solchen Leistungsbescheides nicht vorsähe (verneinend Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 6 zu § 61 VwVfG; Sachs, a.a.O. Rn. 74 zu § 44 VwVfG; allgemein Sachs, "Volenti non fit iniuria", VerwArch 1985, 398).

24

2. Das Berufungsurteil ist auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der angefochtene Leistungsbescheid erweist sich vielmehr als rechtmäßig. Dafür bedarf es keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen.

25

a) Der Kläger ist der bedingten künftigen öffentlich-rechtlichen Erstattungsverpflichtung der Gesellschaft beigetreten. Sein Vertrag mit dem Beklagten enthält einen Schuldbeitritt und nicht lediglich die Übernahme einer Bürgschaft. Hierfür ist nicht nur die ausdrückliche Bezeichnung im Vertrage maßgeblich, sondern auch der Umstand, dass der Kläger als - zudem im Unternehmen mitarbeitender - Gesellschafter persönlich an der Gewährung der Subvention und an der Erfüllung des damit verbundenen Subventionszwecks interessiert war; wie erwähnt, ist der entscheidende Unterschied des Schuldbeitritts zur Bürgschaft darin zu sehen, dass den Beitretenden ein spezifisches Eigeninteresse am Hauptschuldverhältnis leitet, während beim Bürgen ein auf die Person des Schuldners bezogenes Sicherungsinteresse im Vordergrund steht (BGH, Urteil vom 25. September 1980 - VII ZR 301/79 - NJW 1981, 47). Dahinter tritt die Bedeutung einer eher bürgschaftstypischen, einem Verzicht auf die Einrede der Vorausklage ähnelnden Vereinbarung, dass der Beklagte vor der Inanspruchnahme der Klägerin keine anderen Befriedigungsmöglichkeiten nutzen muss, zurück.

26

Der Schuldbeitritt ist wirksam vereinbart worden. Die Schriftform (§ 57 ThürVwVfG) wurde gewahrt. Dass der Vertrag nicht den späteren Verminderungen des Zuwendungsbetrages angepasst wurde, schadet nicht; dadurch wurde die Verpflichtung des Klägers nur verringert.

27

Der Vertrag hält auch der Inhaltsprüfung stand. Namentlich steht die Verpflichtung des Klägers in sachlichem Zusammenhang mit der dem Unternehmen gewährten Zuwendung und deren öffentlichem Zweck und ist auch den Umständen nach nicht unangemessen (vgl. § 56 Abs. 1 ThürVwVfG). Ferner ist nicht ersichtlich, dass die persönliche Haftung für den Kläger wirtschaftlich unzumutbar sein könnte, zumal sie auf einen seinem Gesellschaftsanteil entsprechenden Teil der möglichen Erstattungsforderung beschränkt wurde. Hierfür bedarf es keiner Erörterung der Frage, inwiefern die Maßstäbe, die der Bundesgerichtshof für eine sittenwidrige Überforderung eines Gesellschafters mit bloßer Minderheitsbeteiligung durch eine Bürgschaftsübernahme entwickelt hat (vgl. etwa BGH, Urteil vom 10. Dezember 2002 - XI ZR 82/02 - NJW 2003, 967 m.w.N.; VG Weimar, Urteil vom 4. Oktober 2000 - 8 K 2185/99.We - ThürVBl 2001, 91), auf die Würdigung eines öffentlich-rechtlichen Besicherungsvertrages übertragen werden können. Neben §§ 56, 59 ThürVwVfG findet § 307 BGB (= § 9 AGB-Gesetz a.F.) keine Anwendung mehr (Urteil vom 6. März 1986 - BVerwG 2 C 41.85 - BVerwGE 74, 78 <83>).

28

Schließlich ist der Schuldbeitritt nicht deshalb rechtswidrig, weil das Subventionsverhältnis selbst rechtswidrig wäre. Der Kläger meint zwar, die Zuwendung sei unter Verstoß gegen Art. 87, 88 EG (heute Art. 107, 108 AEUV) gewährt worden und daher gemeinschaftsrechtswidrig gewesen. Es kann dahinstehen, welche Folgen dies für die Wirksamkeit des Beitritts zu der Erstattungsverpflichtung des Subventionsempfängers gehabt hätte. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Zuwendung von der Europäischen Kommission genehmigt wurde. Der behauptete Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht liegt daher nicht vor.

29

b) Der Erstattungsanspruch des Beklagten ist entstanden und fällig.

30

Wie erwähnt, setzt die Rechtmäßigkeit eines auf § 49a Abs. 1 ThürVwVfG gestützten Leistungsbescheides voraus, dass die zu erstattende Leistung aufgrund eines Bewilligungsbescheides erbracht und dieser später aufgehoben, widerrufen oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam wurde. Auf den Widerspruch oder die Klage des in Anspruch genommenen Dritten hin ist zu prüfen, ob diese Voraussetzungen vorliegen. Wurde der Bewilligungsbescheid dem Zuwendungsempfänger gegenüber zurückgenommen oder widerrufen, so ist zusätzlich die Rechtmäßigkeit des Rücknahme- oder Widerrufsbescheides zu prüfen. Dabei mag offen bleiben, ob der Dritte dahingehende Einwendungen schon gegen den Rücknahme- oder Widerrufsbescheid selbst geltend machen darf (die Klagebefugnis verneint etwa VG Meiningen, Urteil vom 15. November 2000 - 2 K 353/98.Me - ThürVBl 2001, 111 <113>) und zur Vermeidung von Rechtsnachteilen geltend machen muss oder ob er sie - ggf. ungeachtet einer etwaigen Unanfechtbarkeit des Rücknahme- oder Widerrufsbescheides - auch oder allein gegen den Leistungsbescheid vorbringen kann (vgl. OVG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 12. August 1998 - 4 B 31/98 - NJW 1998, 3513 unter Berufung auf § 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. § 417 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Widerrufsbescheid ist hier jedenfalls rechtmäßig. Wie das Verwaltungsgericht unwidersprochen näher dargelegt hat, wurde der Zuwendungszweck innerhalb der Zweckbindungsfrist nicht erreicht; damit lag ein Widerrufsgrund vor (§ 49 Abs. 3 Satz 1 ThürVwVfG). Der begünstigten Gesellschaft stand ferner kein Vertrauensschutz zur Seite. Schließlich hat der Beklagte sein Widerrufsermessen fehlerfrei ausgeübt, indem er auf seine Pflicht zur sparsamen und nur zweckentsprechenden Verwendung öffentlicher Haushaltsmittel verwiesen hat; da besondere Umstände des Einzelfalles nicht vorliegen, erübrigten sich weitere Erwägungen (sog. intendiertes Ermessen, vgl. Urteil vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55; stRspr). Auch gegen die Zinsforderung bestehen keine Einwände.

31

c) Die Inanspruchnahme des Klägers war schließlich rechtmäßig. Die Gesellschaft hat die Erstattungsforderung ihrerseits nicht beglichen. Die Inanspruchnahme des Klägers leidet auch nicht an Ermessensfehlern.

32

Nach § 49a Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG "sind" die rechtsgrundlos erbrachten Zuwendungen zu erstatten. Es ist zweifelhaft, ob der Behörde damit zwingend vorgeschrieben ist, die Erstattung zu verlangen - wodurch haushaltsrechtliche Möglichkeiten der Stundung, der Niederschlagung oder des Erlasses unbenommen blieben -, oder ob sie hiervon nach ihrem Ermessen absehen könnte (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O. Rn. 37 zu § 49a VwVfG m.w.N.). Die Frage bedarf hier keiner abschließenden Erörterung. Selbst wenn der Vorschrift eine Verpflichtung der Behörde zu entnehmen wäre, den Erstattungsanspruch überhaupt geltend zu machen, so ließe dies doch jedenfalls ihre Befugnis und ihre Verpflichtung unberührt, bei der Inanspruchnahme mithaftender Dritter den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten.

33

Der Kläger hat zum einen geltend gemacht, der Beklagte greife auf die Haftschuldner zurück, obwohl er die Zuwendungsempfängerin selbst verschone. Daraus allein lässt sich kein Ermessensfehler ersehen. Dieses Vorgehen findet seinen Grund zwanglos darin, dass der Erstattungsanspruch beim Kläger leichter durchsetzbar erscheint. Dem Kläger steht der Rückgriff gegen die Gesellschaft aus übergegangener öffentlich-rechtlicher Forderung offen (vgl. § 426 BGB).

34

Zum anderen hat der Kläger behauptet, der Beklagte habe ihn schlechter gestellt als die anderen Schuldübernehmer; diesen habe er einen Großteil der Schuld erlassen. Auch dies kann die Rechtmäßigkeit des gegen ihn gerichteten Leistungsbescheides nicht berühren. Ob eine durch Bescheid festgesetzte Geldleistungsschuld erlassen wird, ist erst Gegenstand des Beitreibungsverfahrens, hat seinen Grund allein in einer Härte für den jeweiligen Schuldner und wäre auch beim Kläger unbenommen. Dass der Erlass gegenüber anderen Gesamtschuldnern die eigene Rechtsstellung des Klägers verschlechtern könnte, ist ausgeschlossen. Eine solche Verschlechterung droht auch nicht beim Innenregress. Weil ohnehin jeder Beitrittsschuldner nur mit einem seinem Gesellschaftsanteil entsprechenden Anteil an der Schuld des Unternehmens haftet, scheidet ein Innenregress unter den Beitrittsschuldnern aus; jeder Erlass einem von ihnen gegenüber kommt nur ihm selbst und mittelbar dem Unternehmen zugute, lässt aber die Stellung der anderen Beitrittsschuldner unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

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Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. vom 2. Februar 2012 wird der Widerrufs-, Erstattungs- und Zinsbescheid der Wasser- und Schifffahrtsdirektion West vom 26. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2011 aufgehoben, soweit in ihm die Zuwendungsbescheide der Wasser- und Schifffahrtsdirektion West vom 31. August 2006, 12. Februar 2007 bzw. 2. Juli 2008 mit Wirkung vom 12. Februar 2007 in Höhe von 1.565.965,06 € widerrufen und die Klägerin verpflichtet wurde, die ausgezahlten Zuwendungen in dieser Höhe zu erstatten.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen haben die Klägerin ein Viertel und die Beklagte drei Viertel zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung seitens der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen den teilweisen Widerruf der Bewilligung einer Zuwendung für eine Investitionsmaßnahme und die Verpflichtung zur Erstattung der insoweit erbrachten Leistung.

2

Mit Bescheid vom 31. August 2006 bewilligte die Wasser- und Schifffahrtsdirektion West (WSD West) der Rechtsvorgängerin der Klägerin für die Erweiterung einer Containerumschlaganlage im Hafen Germersheim von zwei auf drei Schiffsliegeplätze entsprechend der Richtlinie (Verwaltungsvorschrift) zur Förderung von Umschlaganlagen des Kombinierten Verkehrs vom 10. März 2006 (VkBl. 2006, 234, im Folgenden: RLKV) Zuwendungen in Höhe von bis zu 12.150.000 €. Diesen Bescheid änderte sie durch Bescheid vom 12. Februar 2007 aufgrund einer modifizierten Planung ab und bewilligte der Klägerin nunmehr Zuwendungen in Höhe von bis zu 11.665.500 €. Das entsprach 50 Prozent der angenommenen zuwendungsfähigen Kosten in Höhe von 21.210.000 € zuzüglich einer zehnprozentigen Planungskostenpauschale - insgesamt 23.331.000 € -. Mit Änderungsbescheid vom 2. Juli 2008 hielt die Beklagte die Bewilligung vom 12. Februar 2007 im Hinblick auf weitere Änderungen der Planung aufrecht; die Höhe der Zuwendung blieb unverändert.

3

Von der in vollem Umfang abgerufenen Fördersumme zahlte die Klägerin insgesamt 922.221,77 € (804.335,49 € + 117.886,28 €) an die Beklagte zurück.

4

Die Generalunternehmerarbeiten sowie die Aufträge zur Lieferung einer Kranbrücke, zur elektrischen Ausrüstung der Containeranlage mit Funktions- und Nebengebäuden und zur Erneuerung und Koordinierung der zentralen Stromversorgungsanlage vergab die Klägerin im Wege der Beschränkten Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb (§ 3 Nr. 1, Abs. 2, 2. Alt. VOB/A, § 3 Abs. 2 und 3 VOL/A) bzw. im Nichtoffenen Verfahren, das der Beschränkten Ausschreibung nach bzw. mit Öffentlichem Teilnahmewettbewerb entspricht (§ 3a Nr. 1 Buchst. b] VOB/A bzw. § 3a Nr. 1 Abs. 1 S. 1 VOL/A). Hierbei hatte sie alle Bewerber (Einzelfirmen und Bietergemeinschaften), die im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs ihre Eignung nachgewiesen hatten - Generalunternehmerarbeiten: 5 Bewerber; Elektrische Ausrüstung der Containeranlage mit Funktions- und Nebengebäuden: 4 Bewerber; Erneuerung und Koordinierung der zentralen Stromversorgungsanlage: 5 Bewerber; Lieferung einer Kranbrücke: 3 Bewerber -) zur Abgabe von Angeboten aufgefordert.

5

Nach Anhörung der Klägerin widerrief die Beklagte mit dem „Widerrufs-, Erstattungs- und Zinsbescheid (vorläufiger Festsetzungsbescheid)“ vom 26. Januar 2011 die Bewilligungsbescheide mit Wirkung vom 12. Februar 2007 in Höhe von 2.036.897,90 € - in Höhe von 470.932,84 € wegen nicht zuwendungsfähiger Aufwendungen und in Höhe von 1.565.965,06 € wegen nicht ordnungsgemäßer Auftragsvergabe - und forderte sie zur Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen in Höhe von 630.615,61 € auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe abzüglich ihrer Rückzahlung Bundesmittel in Höhe von 10.743.278,23 € abgerufen. Zuwendungsfähige Aufwendungen seien aber lediglich in Höhe von 18.676.991,62 € nachgewiesen worden. Nicht zu berücksichtigen seien insbesondere solche Aufwendungen, die als Planungskosten anzusehen und somit durch die Planungskostenpauschale abgegolten seien. Zuzüglich der zehnprozentigen Planungskostenpauschale belaufe sich der Baukostenzuschuss in Höhe von 50 Prozent somit auf 10.272.345,39 €. Hieraus ergebe sich eine Rückforderung wegen zweckwidriger Verwendung in Höhe von 470.932,84 €. Im Übrigen habe man die Eingaben der Klägerin zu weiteren angekündigten Kürzungen teilweise berücksichtigt und entsprechende Beträge vorerst als zuwendungsfähig anerkannt. Ein Teil der verbliebenen Fördersumme entfalle auf Aufträge, die zu Unrecht nicht im Offenen Verfahren, das der Öffentlichen Ausschreibung entspreche, vergeben worden seien. Hiervon werde ein Anteil von 20 Prozent in Höhe von 1.565.965,06 € zurückgefordert.

6

Das Verwaltungsgericht hat die von der Klägerin nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage mit Urteil vom 2. Februar 2012 als unbegründet abgewiesen. Die bewilligte Zuwendung sei auf der Grundlage von § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG in einem Umfang von 470.932,84 € wegen nicht zweckentsprechender Verwendung dieser Mittel rechtmäßig widerrufen worden. Die Beklagte habe insbesondere eine Reihe von Einzelbeträgen unter Hinweis auf die bewilligte Planungskostenpauschale - aufgrund einer weiten Auslegung des Planungskostenbegriffs - zu Recht als nicht zuwendungsfähig eingestuft. Der teilweise Widerruf der bewilligten Zuwendung in Höhe von 1.565.965,07 € wegen Verstößen gegen vergaberechtliche Vorschriften sei nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG ebenfalls rechtmäßig. Die Klägerin habe mit der Auftragsvergabe im Nichtoffenen Verfahren bzw. nach Beschränkter Ausschreibung mit Öffentlichem Teilnahmewett gegen Vorschriften der VOB/A bzw. VOL/A verstoßen, zu deren Einhaltung sie aufgrund der als Auflagen in die Bewilligungsbescheide einbezogenen Nrn. 3.1 und 3.2 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung - ANBest-P - verpflichtet gewesen sei. Die Beklagte habe das ihr zustehende Widerrufsermessen auch insoweit ordnungsgemäß ausgeübt, da sie die Vergabeverstöße zutreffend als schwerwiegend angesehen und sich aufgrund dessen entsprechend ihrer Verwaltungspraxis dazu entschlossen habe, die auf die betreffenden Aufwendungen entfallende Zuwendung im Umfang von 20 Prozent zu widerrufen.

7

Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:

8

Die WSD West habe zu Unrecht einen weiten, nur für ihren Aufgabenbereich geltenden Planungskostenbegriff angewandt, da sie und das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) nach Ziffer 1.3 RLKV im Einvernehmen zu entscheiden und ein einheitliches Verfahren sicherzustellen hätten. Das EBA habe jedoch das "Handbuch zur Antrags- und Verwendungsprüfung - AVP 2007 - Handbuch für Dritte" herausgegeben, welches ausdrücklich auf Maßnahmen nach der RLKV Anwendung finde. Darin sei der Planungskostenbegriff entsprechend DIN 276 festgelegt worden. Mangels entsprechender Regelungen bzw. definierter Förderbedingungen der WSD West und der Verpflichtung zur Sicherstellung einheitlichen Handelns müsse das Handbuch des EBA auch auf Fördermaßnahmen der WSD West Anwendung finden. Sie habe darauf vertrauen können, dass der Begriff der Planungskosten einheitlich angewandt werde.

9

Des Weiteren habe sie auch nicht gegen Vergaberecht verstoßen, erst recht nicht schwerwiegend. Dass die von ihr gewählte Vergabeart zulässig gewesen sei, bestätigten insbesondere die von ihr vorgelegten Gutachten. Im Übrigen qualifiziere das Verwaltungsgericht letztlich jeden Vergaberechtsverstoß als schwerwiegend mit der Folge, dass 20 Prozent der jeweiligen Fördersumme zurückgefordert würden. So sei in dem vom Verwaltungsgericht entschiedenen Verfahren 2 K 752/10.NW ein Auftrag im Wege der Freihändigen Vergabe erteilt worden und nicht wie im vorliegenden Fall nach den strengen Vorschriften der Beschränkten Ausschreibung mit Öffentlichem Teilnahmewettbewerb. Wenn beide Verfahrensarten durch eine Rückforderung von jeweils 20 % gleichgesetzt würden, liege darin eine Ungleichbehandlung bzw. ein Ermessensfehlgebrauch.

10

Zwischen dem Offenen Verfahren bzw. der Öffentlichen Ausschreibung und der Beschränkten Ausschreibung mit Öffentlichem Teilnahmewettbewerb bestehe im Hinblick auf den angesprochenen Bewerberkreis kein Unterschied. Bei letzterem werde lediglich die Eignungsprüfung im Hinblick auf besondere Fachkunde und Leistungsfähigkeit nach den im Vergabeverfahren konkret vorgegebenen Kriterien bereits im Öffentlichen Teilnahmewettbewerb vorgenommen. Nur die Bewerber, die auch die Anforderungen an die Eignungsprüfung erfüllten, würden dann zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert. Das Verfahren vermeide, dass auch ungeeignete Bewerber umfangreiche Angebotsunterlagen erstellten und abgäben. Die Eignungsprüfung erfolge in beiden Verfahren in gleicher Weise und nach identischen Kriterien. Bestehe ein Bewerber bzw. ein Angebot diese Prüfung nicht, erfolge auch im Offenen Verfahren keine weitere Bewertung.

11

Ein Verstoß gegen lediglich formale Vergabevorschriften ohne Verletzung des Gebots der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit sei zudem nicht als schwerer Vergabeverstoß zu betrachten. Nur wenn rechtfertigende Gründe für eine beschränkte Ausschreibung auch nicht entfernt vorlägen, könne von einem schweren Vergabeverstoß gesprochen werden. Dies sei hier nicht der Fall, da die Grundsätze der wirtschaftlichen und sparsamen Mittelverwendung nicht beeinträchtigt worden seien.

12

Die mit der Planung und Abwicklung der Bauleistungen betraute WTM-GmbH habe im Übrigen das beabsichtigte Verfahren zur Vergabe der Generalunternehmerarbeiten mit Schreiben vom 29. März 2007 gegenüber der WSD West dargelegt und begründet. In einem anschließenden Telefonat habe die Behörde keine Bedenken gegen die Wahl der Vergabeart dargelegt. Erst Mitte 2008 habe es Hinweise auf angebliche Vergabefehler gegeben, also zu einem Zeitpunkt, als die Vergabeverfahren bereits durch Veröffentlichung eingeleitet und teilweise schon abgeschlossen gewesen seien. Dadurch, dass die WSD West nicht früher entsprechende Bedenken geäußert habe, habe sie einen Vertrauenstatbestand geschaffen.

13

Soweit bisher aus anderen Rückforderungsverfahren bekannt sei, akzeptiere die Beklagte in keinem Fall eine Begründung für das Abweichen vom Offenen Verfahren bzw. der Öffentlichen Ausschreibung. Andererseits gebe es im Bereich der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung eine Vielzahl von Fällen, in denen vergleichbare Leistungen im Rahmen einer Beschränkten Ausschreibung oder sogar freihändig vergeben würden.

14

Die Klägerin beantragt,

15

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. vom 2. Februar 2012 den Widerrufs-, Erstattungs- und Zinsbescheid der Wasser- und Schifffahrtsdirektion West vom 26. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2011 aufzuheben, soweit in ihm die Zuwendungsbescheide der Wasser- und Schifffahrtsdirektion West vom 31. August 2006, 12. Februar 2007 bzw. 2. Juli 2008 mit Wirkung vom 12. Februar 2007 in Höhe von 2.036.897,90 € widerrufen und die Klägerin verpflichtet wurde, die ausgezahlten Zuwendungen in dieser Höhe zu erstatten.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor:

19

Die WSD West sei nicht an das Handbuch AVP 2007 des EBA gebunden und nicht gehindert, mit dem EBA eine zum Teil hiervon abweichende Förderpraxis speziell für den kombinierten Verkehr abzustimmen, um den Besonderheiten der jeweiligen Aufgabenbereiche zu genügen. Das Handbuch sei lediglich auf Investitionen in die Schienenwege des Bundes anwendbar, nicht hingegen auf die Verwendungsprüfung von Mitteln nach der RLKV. Auch das EBA wende daher bei der Prüfung von Verwendungsnachweisen nach der RLKV denselben weiten Planungskostenbegriff an wie die WSD West.

20

Die Auffassung der Klägerin, die Öffentliche Ausschreibung unterscheide sich von der Beschränkten Ausschreibung bzw. dem Nichtoffenen Verfahren mit Öffentlichem Teilnahmewettbewerb allein durch die organisatorische Trennung von Eignungs- und Angebotswertung, sei falsch. Der Öffentliche Teilnahmewettbewerb diene dazu, die Eignungsvoraussetzungen der Bewerber vor der eigentlichen Angebotsabgabe zu ermitteln, nicht jedoch dazu, das Offene Verfahren zu ersetzen. Mit der Argumentation der Klägerin würde das grundsätzlich vorrangige offene Verfahren nahezu bedeutungslos. Es verstehe sich im Übrigen von selbst, dass es europaweit nur einen eingeschränkten Kreis von Unternehmen gebe, welche die für den Bau von Containerkrananlagen erforderliche Fachkunde und Leistungsfähigkeit besitzen. Es sei aber nicht dargelegt, dass nur die Unternehmen, die schließlich ein Angebot abgegeben hätten, die von der Klägerin benötigte Lösung hätten anbieten können.

21

Bereits in einem Telefonat vom 13. April 2007 habe man dem beauftragten Planungsbüro mitgeteilt, anhand der vorgelegten Begründung für die beschränkte Ausschreibung bestünden Bedenken bzw. die Gründe erschienen für eine beschränkte Ausschreibung nicht ausreichend.

22

Schließlich könnten Ausschreibungen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes bei eigenen Leistungen die Wahl der falschen Vergabeart durch die Klägerin nicht rechtfertigen. Auf eventuelle Fehler könne sich die Klägerin nicht berufen. Die von der Klägerin vorgelegten Bekanntmachungen konkretisierten die vergebenen Leistungen nicht und ließen keine Rückschlüsse auf die Gründe für die Wahl der Vergabearten zu.

23

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in eigenen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit in ihm die Zuwendungsbescheide der Wasser- und Schifffahrtsdirektion West vom 31. August 2006, 12. Februar 2007 bzw. 2. Juli 2008 mit Wirkung vom 12. Februar 2007 in Höhe von 1.565.965,06 € widerrufen und die Klägerin verpflichtet wurde, die ausgezahlten Zuwendungen in dieser Höhe zu erstatten. In diesem Umfang ist das von der Klägerin mit ihrer Berufung angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern und der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids aufzuheben (I.). Der Widerruf der Zuwendungsbescheide in Höhe von 470.932,84 € und die Verpflichtung der Klägerin zur Erstattung dieses Betrags begegnen hingegen keinen rechtlichen Bedenken, so dass die Berufung insoweit zurückzuweisen ist (II.).

25

I. Der Widerruf der Bewilligungsbescheide in Höhe von 1.565.965,06 € und die Verpflichtung der Klägerin zur Erstattung dieses Betrages sind zumindest deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte das ihr zustehende Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat. Sie ist nämlich ausnahmslos davon ausgegangen, jede fehlerhafte Wahl des Vergabeverfahrens stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften dar, der jedenfalls den teilweisen Widerruf erteilter Bewilligungen gebiete. Diese strikte Betrachtungsweise ist jedoch bei Sachverhalten wie dem vorliegenden sachlich nicht gerechtfertigt. Daher kann die Verpflichtung der Klägerin zur Erstattung der Zuwendung in der geforderten Höhe keinen Bestand haben.

26

1. Grundlage des Widerrufs dieses Teils der bewilligten Zuwendung ist § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG. Danach kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt, auch nach Eintritt der Unanfechtbarkeit ganz oder teilweise - auch mit Wirkung für die Vergangenheit - widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden und der Begünstigte ihr nicht nachgekommen ist. Die Klägerin hat möglicherweise gegen solche Auflagen verstoßen, indem sie die Generalunternehmerarbeiten (Firma M…) und den Auftrag zur Lieferung einer Kranbrücke (Firma T…) im Nichtoffenen statt im Offenen Verfahren sowie die Aufträge zur elektrische Ausrüstung der Containeranlage mit Funktions- und Nebengebäuden (Firma B…) und die Erneuerung und Koordinierung der zentralen Stromversorgungsanlage (Firma K…) im Verfahren der Beschränkten Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb vergeben hat.

27

a) Eine Auflage im Sinne von § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO stellt unzweifelhaft Nr. 3.1 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung - ANBest-P - (Stand April 2006, Anl. 2 der VV zu § 44 der Bundeshaushaltsordnung - BHO -) dar, die in die Bewilligungsbescheide einbezogen worden war (vgl. z.B. VGH BW, Urteil vom 28. September 2011 - 9 S 1273/10 -, juris). Nach dieser bis heute unverändert gebliebenen Vorschrift ist bei der Erteilung von Aufträgen für Bauleistungen Abschnitt 1 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Teil A - VOB/A - und bei der Erteilung von Aufträgen für Lieferungen und Dienstleistungen Abschnitt 1 der Verdingungsordnung für Leistungen - ausgenommen Bauleistungen - (VOL) Teil A - VOL/A - anzuwenden, sofern der Gesamtbetrag der jeweiligen Zuwendung mehr als 100.000 € beträgt. Dieser Schwellenwert wurde hinsichtlich der Aufträge an die Firmen M…, B…, K… und T… jeweils überschritten.

28

Zweifelhaft ist hingegen, ob die ebenfalls in die Bewilligungsbescheide aufgenommene Nr. 3.2 ANBest-P gleichfalls als Auflage anzusehen ist (zum Meinungsstand vgl. Nds OVG, Beschluss vom 3. September 2012 - 8 LA 187/11 -; in dem Beschluss selbst offen gelassen). Nach dieser ebenfalls bis heute unverändert gebliebenen Vorschrift bleiben Verpflichtungen des Zuwendungsempfängers, auf Grund des § 98 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Vergabeordnung (VgV) die Abschnitte 2 ff. der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Teil A - VOB/A - bzw. der VOL/A anzuwenden oder andere Vergabebestimmungen einzuhalten, unberührt.

29

Der Wortlaut von Nr. 3.2 ANBest-P - „bleiben unberührt“ - spricht eher für die Auffassung, diese Vorschrift beinhalte keine Auflage, sondern lediglich einen Hinweis darauf, dass die allgemeinen vergaberechtlichen Vorschriften durch Nr. 3.1 ANBest-P nicht eingeschränkt werden (so z.B. Burgi, Behörden Spiegel Februar 2005, S. 19; ähnlich Dreher, NZBau 2008, 93 ff., 154 ff. [156]). Zudem weist der Einleitung der ANBest-P ausdrücklich darauf hin, dass diese nicht nur Nebenbestimmungen, sondern auch „notwendige Erläuterungen“ enthalten.

30

Das Verwaltungsgericht und die Beteiligten sind hingegen bislang davon ausgegangen, auch bei Nr. 3.2 ANBest-P handele es sich um eine Auflage. Daher sei die Klägerin verpflichtet gewesen, bei Überschreitung der maßgeblichen Schwellenwerte neben den Basisparagraphen des jeweiligen Abschnitts 1 der VOB/A bzw. VOL/A auch die zusätzlichen Bestimmungen des jeweiligen Abschnitts 2 - die a-Paragraphen (vgl. § 1a VOB/A und § 1a VOL/A) - anzuwenden. Eine Überschreitung der maßgeblichen Schwellenwerte hat das Verwaltungsgericht bei den Aufträgen an die Firmen M… und T… angenommen. Die übrigen Abschnitte der VOB/A und VOL/A sind hingegen, wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, im vorliegenden Fall nicht einschlägig.

31

b) Es kann für die vorliegende Entscheidung jedoch dahingestellt bleiben, ob die Klägerin zur Einhaltung der „a-Paragraphen“ des Abschnitts 2 der VOB/A - hinsichtlich der Generalunternehmerarbeiten (Firma M…) - bzw. der VOL/A - hinsichtlich der Lieferung der Kranbrücke (Firma T…) - verpflichtet war oder lediglich die Basisparagraphen des jeweiligen Abschnitts 1 zu beachten hatte. Die Beantwortung dieser Frage wirkt sich nämlich im Ergebnis nicht aus.

32

Ein Verstoß gegen die Vorschriften der VOB/A bzw. VOL/A kommt im vorliegenden Fall nur insoweit in Betracht, als die Klägerin die Aufträge an die Firmen M… und T… nicht im Offenen Verfahren, das der Öffentlichen Ausschreibung entspricht (§ 3 Nr. 1 Abs. 1, § 3a Nr. 1 Buchst. a] VOB/A, § 3 Nr. 1 Abs. 1, § 3a Nr. 1 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. VOL/A -), sondern im Nichtoffenen Verfahren, das der Beschränkten Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb entspricht (§ 3 Nr. 1 Abs. 2, § 3a Nr. 1 Buchst. a] VOB/A, § 3 Nr. 1 Abs. 2 und 4, § 3a Nr. 1 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. VOL/A), vergeben hat. Dass die Klägerin gegen sonstige Vorschriften des Abschnitts 2 der VOB/A bzw. VOL/A verstoßen haben könnte, ist nicht ersichtlich und wird auch von der Beklagten nicht behauptet.

33

Nach § 3a Nr. 3 VOB/A ist das Nichtoffene Verfahren dann zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 3 Nr. 3 VOB/A vorliegen, sowie nach Aufhebung eines Offenen Verfahrens oder Nichtoffenen Verfahrens, sofern nicht das Verhandlungsverfahren zulässig ist. Da die letztgenannten Voraussetzungen ersichtlich nicht in Betracht kommen, ist die Zulässigkeit des Nichtoffenen Verfahrens somit nach § 3 Nr. 3 VOB/A zu beurteilen, also nach den Regelungen des Abschnitts 1, die eine Beschränkte Öffentliche Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb (§ 3 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A) oder sogar ohne einen solchen (§ 3 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A) zulassen. § 3a Nr. 1 Abs. 1 S. 1 2. Alt. VOL/A ermöglicht die Vergabe im Nichtoffenen Verfahren ebenfalls unter Bezugnahme auf die in § 3 Nr. 1 Abs. 4 und Nr. 3 VOL/A geregelten Voraussetzungen für eine beschränkte Ausschreibung mit oder ohne Teilnahmewettbewerb. Sowohl nach den Vorschriften der VOB/A als auch nach denen der VOL/A kommt es somit für die Zulässigkeit des Nichtoffenen Verfahrens im vorliegenden Fall ausschließlich auf die im jeweiligen 1. Abschnitt geregelten Voraussetzungen für die Beschränkte Ausschreibung - mit oder ohne Öffentlichen Teilnahmewettbewerb - an.

34

Im Übrigen richtet sich die Zulässigkeit der Auftragsvergabe an die Firmen B… und K… im Verfahren der Beschränkten Öffentlichen Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb bereits deshalb nach den Vorschriften des Abschnitts 1 der VOB/A, da hier der maßgeblichen Schwellenwert für die Anwendbarkeit der Vorschriften des Abschnitts 2 unstreitig nicht überschritten war.

35

Im Folgenden wird aus Gründen der Verständlichkeit von der doppelten Bezeichnung der in Betracht kommenden Vergabearten abgesehen. Vorbehaltlich besonderer Hinweise sind mit den Begriffen „Offenes Verfahren“ und „Nichtoffenes Verfahren“ zugleich die „Öffentliche Ausschreibung“ bzw. die „Beschränkte Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb“ gemeint.

36

c) Hinsichtlich der von der Beklagten beanstandeten Auftragsvergaben könnten entgegen der von ihr vertretenen Auffassung insbesondere die in § 3 Nr. 3 Abs. 1 Buchst. a), Abs. 2 VOB/A bzw. in § 3 Nr. 3 Buchst. a) und b) VOL/A geregelten Voraussetzungen vorgelegen haben.

37

§ 3 Nr. 3 Abs. 2 Buchst. a) VOB/A und § 3 Nr. 3 Buchst. a) VOL/A setzen - im Grundsatz übereinstimmend - für das Nichtoffene Verfahren voraus, dass die Leistung nach ihrer Eigenart nur von einem beschränkten Kreis von Unternehmen in geeigneter Weise ausgeführt werden kann. Die von der Klägerin vorgelegten diesbezüglichen Unterlagen und Gutachten lassen zwar den Schluss zu, dass die jeweiligen Arbeiten besondere Erfahrung und technische Ausstattung erforderten. Allerdings wird nicht dargelegt, wie viele Firmen in der Lage sind, solche Aufträge ordnungsgemäß durchzuführen. Andererseits ist zu sehen, dass gerade ein Öffentlicher Teilnahmewettbewerb ein geeignetes Mittel ist, um den Kreis der geeigneten Bewerber zu erforschen. So benennt etwa § 4 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A den Öffentlichen Teilnahmewettbewerb ausdrücklich als eines der Instrumente zur Erkundung des potentiellen Bewerberkreises vor einer Beschränkten Ausschreibung oder Freihändigen Auftragsvergabe, falls der Auftraggeber nicht über eine ausreichende Marktübersicht verfügt. Daher ist der der Umstand, dass sich an den von der Klägerin durchgeführten Öffentlichen Teilnahmewettbewerben jeweils nur wenige - zwischen 3 und 7 - Einzelfirmen bzw. Bietergemeinschaften beteiligt und noch weniger - zwischen 3 und 5 - ihre Eignung nachgewiesen haben, zumindest ein gewichtiges Indiz für die Annahme, die jeweiligen Leistungen könnten nach ihrer Eigenart nur von einem beschränkten Kreis von Unternehmen in geeigneter Weise ausgeführt werden.

38

Nach § 3 Nr. 3 Abs. 1 Buchst. a) VOB/A und § 3 Nr. 3 Buchst. b) VOL/A ist es für das Nichtoffene Verfahren erforderlich, dass das Offene Verfahren für den Auftraggeber oder die Bewerber einen Aufwand verursachen würde, der zu dem erreichbaren Vorteil oder dem Wert der Leistung in einem Missverhältnis stehen würde. Darüber hinaus lässt § 3 Nr. 3 Abs. 2 Buchst. b) VOB/A das Nichtoffene Verfahren auch dann zu, wenn die Bearbeitung des Angebots wegen der Eigenart der Leistung einen außergewöhnlich hohen Aufwand erfordert. Ob die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen und Gutachten geeignet sind, diese Voraussetzungen zu belegen, erscheint zweifelhaft, da in ihnen der mit der Abgabe eines Angebots verbundene Aufwand nicht konkret dargelegt wird.

39

2. Selbst wenn man aber unter Zurückstellung der aufgeworfenen Fragen mit der Beklagten davon ausgeht, die Klägerin habe die genannten Aufträge im Offenen Verfahren vergeben müssen, ist der insoweit verfügte teilweise Widerruf der Bewilligungsbescheide rechtswidrig, da die Beklagte das ihr zustehende Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat. Sie hat nämlich entscheidend darauf abgestellt, bereits die fehlerhafte Wahl des Vergabeverfahrens stelle ungeachtet der Art des von der Klägerin gewählten Vergabeverfahrens und der konkreten Umstände des vorliegenden Falles einen schwerwiegenden Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften dar, der es nach ihrer Verwaltungspraxis gebiete, die Bewilligung der Zuwendung hinsichtlich der betroffenen Auftrage in Höhe von 20 Prozent zu widerrufen. Dem vermag der Senat angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Falles nicht zu folgen.

40

a) Ein schwerwiegender Verstoß gegen Vergabevorschriften kann allerdings nicht allein deshalb verneint werden, weil Nr. 3.1 und Nr. 3.2 ANBest-P - letztere, soweit man sie als Auflage ansieht (vgl. o. I.1.a) - als Teil der Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO die sparsame und wirtschaftliche Verwendung von Haushaltsmitteln sichern sollen und im vorliegenden Fall keine Feststellungen getroffen wurden, wonach im Falle eines Offenen Verfahrens bzw. nach einer Öffentlichen Ausschreibung günstigere Angebote zu erwarten gewesen wären. Das Offene Verfahren ist nämlich grundsätzlich am besten geeignet, einen möglichst breiten Wettbewerb zu schaffen (Hausmann/von Hoff, in: Kulartz/Marx/Portz/Pries, Kommentar zur VOL/A, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn. 33; Jasper, in: Motzke/Pietzker/Prieß, VOB/A, 2001, § 3 Rn. 6). Daher wird es am ehesten dazu führen, dass der günstigste Anbieter den Zuschlag bekommt und somit auch die sparsame und wirtschaftliche Mittelverwendung sichergestellt wird. Es entspricht zudem gerade dem Sinn der Einbeziehung vergaberechtlicher Vorschriften in die jeweiligen Zuwendungsbescheide, der für den Widerruf zuständigen Behörde solche praktisch kaum durchführbaren Nachforschungen zu ersparen (vgl. Attendorn, NVwZ 2006, 991 [994]).

41

b) Das Nichtoffene Verfahren ist gegenüber dem Offenen Verfahren grundsätzlich in geringerem Maße geeignet, einen möglichst breiten Wettbewerb zu sichern und damit auch dem Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung zu dienen. Es eröffnet dem Auftraggeber nämlich die Möglichkeit, den aus dem Öffentlichen Teilnahmewettbewerb hervorgehenden Kreis geeigneter Bewerber weiter einzuschränken (§ 8 Nr. 2 Abs. 2, § 8a Nr. 3 VOB/A, § 7 Nr. 2 Abs. 2, § 7a Nr. 4 VOL/A). Allerdings kommt das Nichtoffene Verfahren im Hinblick auf die genannten Zwecke dem Offenen Verfahren insoweit nahe, als es dem Auftraggeber durch den Öffentlichen Teilnahmewettbewerb einen umfassenden Überblick über die in Betracht kommenden Bewerber verschafft (vgl. Jasper, a.a.O., § 3 Rn. 18). Da die Beteiligung an einem Teilnahmewettbewerb zudem für die Bewerber mit einem erheblich geringeren Aufwand verbunden ist als die Beteiligung an einem Offenen Verfahren, weil zunächst kein Angebot ausgearbeitet werden muss, kann der Teilnahmewettbewerb sogar dazu führen, dass besonders geeignete und günstige Anbieter, die den Aufwand eines Offenen Verfahrens gescheut hätten, sich am Teilnahmewettbewerb beteiligen und zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert werden.

42

Ob und in welchem Umfang das Nichtoffene Verfahren im jeweiligen Einzelfall den offenen Wettbewerb einschränkt und damit auch den Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit infrage stellt, hängt daher entscheidend von der Zahl der aus dem Teilnahmewettbewerb hervorgehenden geeigneten Bewerber sowie davon ab, in welchem Umfang der Auftraggeber diesen Kreis weiter einschränkt. Das ist auch bei der Gewichtung eines solchen Verstoßes gegen Vergabevorschriften zu berücksichtigen, zumal sich die hierfür notwendigen Feststellungen ohne Weiteres treffen lassen.

43

Entgegen der Auffassung der Beklagten finden sich in den einschlägigen Erlassen bzw. Richtlinien der Bundesländer, auf die sich die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Berufungsverhandlung unter anderem gestützt haben, ebenfalls Regelungen, die eine solche differenzierte Bewertung von Fehlern auch bei der Wahl der Vergabeart unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls nahelegen. So heißt es etwa im Runderlass „Rückforderung von Zuwendungen wegen Nichtbeachtung der … (VOB/A) und der … (VOL/A)“ des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums vom 18. Dezember 2003 gerade nicht, die fehlerhafte Wahl der Vergabeart wiege stets schwer, sondern lediglich, ein solcher Fehler komme als schwerwiegender Verstoß „in Betracht“. Und in Nr. 4.1 der „Richtlinien zur Rückforderung von Zuwendungen bei schweren Vergabeverstößen“ des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 23. November 2006 (AllMBl. 2006, 709) wird lediglich die freihändige Vergabe ohne die dafür notwendigen Voraussetzungen als bloßes Regelbeispiel („insbesondere“) für schwere VOB-Verstöße genannt. Andere Fehler bei der Auswahl der Vergabeart werden hingegen überhaupt nicht erwähnt.

44

Eine auf die Umstände des Einzelfalls abstellende Gewichtung der Auftragsvergabe in einem unzulässigen Verfahren findet sich ebenfalls in der obergerichtlichen Rechtsprechung. So wird im Urteil des VGH BW vom 28. September 2011 (a.a.O., juris Rn. 59) selbst die unzulässige freihändige Auftragsvergabe als schwerwiegender Regelverstoß nicht nur mit dem Vorrang des Offenen Verfahrens, sondern darüber hinaus mit den Umständen des konkreten Falls begründet. Ebenso stellt das OVG NRW in seinem Urteil vom 20. April 2012 - 4 A 1055/09 - (juris, Rn. 96, 117) fest, es sei zu Unrecht eine beschränkte Ausschreibung, wenn nicht sogar eine freihändige Vergabe durchgeführt worden, und prüft sodann, ob Umstände vorgelegen hätten, die den Vergaberechtsverstoß ausnahmsweise nicht als schwerwiegend erscheinen ließen. Der Beschluss des Nds OVG vom 3. September 2012 geht hingegen bereits aufgrund der fehlerhaften Wahl des Nichtoffenen Verfahrens von einem schweren Vergaberechtsverstoß aus, ohne die Umstände des konkreten Falls in den Blick zu nehmen, obwohl er auf die vorgenannten Entscheidungen Bezug nimmt. Dem ist aus den dargelegten Gründen jedoch nicht zu folgen.

45

c) Selbst wenn die Vergabe der genannten Aufträge durch die Klägerin im Nichtoffenen Verfahren unzulässig gewesen sein sollte, handelt es sich aufgrund der konkreten Umstände des Falles jedenfalls nicht um einen schwerwiegenden Verstoß gegen Vergabevorschriften, wie ihn die Beklagte als Grundlage der von ihr getroffenen Ermessensentscheidung angenommen hat.

46

Die Klägerin hat in allen von der Beklagten beanstandeten Vergabeverfahren lediglich solche Bewerber vom weiteren Wettbewerb ausgeschlossen, die ihre Eignung nicht nachgewiesen hatten (vgl. § 8 Nr. 4 VOB/A, § 7 Nr. 4 VOL/A). Dass sie insoweit fehlerhaft vorgegangen ist, ist nicht ersichtlich und wird auch von der Beklagten nicht behauptet. Alle anderen Bewerber, die sich an dem Teilnahmewettbewerb beteiligt und ihre Eignung nachgewiesen hatten, hat sie hingegen zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Daher hat das Verfahren der Beschränkten Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb im vorliegenden Fall offenkundig zu keiner nennenswerten Beschränkung des Wettbewerbs unter den in Betracht kommenden Firmen geführt.

47

Denn es spricht nichts für die Annahme, auch Firmen, die sich nicht an dem europaweit bekanntgegebenen Öffentlichen Teilnahmewettbewerb beteiligt haben, hätten ein Angebot abgegeben, wenn ein Offenes Verfahren durchgeführt worden wäre. Zwar hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass in den Ausschreibungen der Teilnahmewettbewerbe jeweils angegeben wurde, wie viele Bewerber voraussichtlich an dem Wettbewerb beteiligt würden. Weshalb das potentielle Anbieter, die sich an dem mit einem erheblich größeren Aufwand verbundenen Offenen Verfahren beteiligt hätten, davon abgehalten haben könnte, sich dem Teilnahmewettbewerb zu unterziehen, ist aber nicht zu erkennen. Ein schwerwiegender Verstoß gegen Vergabevorschriften lag somit nicht vor, so dass die Klägerin bei ihrer Ermessensbetätigung von einer unzutreffenden Annahme ausgegangen ist, die für ihre Entscheidung erheblich war. Dies hat die Aufhebung der getroffenen Ermessensentscheidung zur Folge.

48

II. Der Widerruf der Zuwendungsbescheide in Höhe von 470.932,84 € wegen zweckwidriger Mittelverwendung (§ 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG) sowie die Verpflichtung der Klägerin zur Erstattung des hierauf entfallenden Teils der Zuwendung (§ 49a Abs. 1 VwVfG) begegnet hingegen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Berufung ist daher insoweit zurückzuweisen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (UA S. 11 – 22, 37) Bezug genommen und - abgesehen von den nachfolgenden ergänzenden Ausführungen - von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 130b S. 2 VwGO).

49

1. Klarzustellen ist zunächst, dass der teilweise Widerruf der Bewilligungsbescheide nicht an den Gesamtbetrag der bewilligten Zuwendung (11.665.500 €) anknüpft, sondern an die davon nach der Rückzahlung seitens der Klägerin (922.221,77 €) verbliebenen Restbetrag in Höhe von 10.743.278,23 €. Über den Wortlaut seiner Verfügungssätze hinaus enthält der angefochtene Bescheid nämlich auch eine Regelung, wonach die Bewilligung der Zuwendung in Höhe von bis zu 11.665.500 € in einem ersten Schritt um den von der Klägerin bereits zurückgezahlten Betrag (922.221,77 €) verringert, also auf bis zu 10.743.278,23 € festgesetzt wird. Das ergibt sich aus Folgendem:

50

Nach der in die Bewilligungsbescheide einbezogenen Nr. 2.1 ANBest-P ermäßigt sich die Zuwendung, wenn sich nach der Bewilligung die im Finanzierungsplan veranschlagten Gesamtausgaben für den Zuwendungszweck ermäßigen, die Deckungsmittel erhöhen oder neue Deckungsmittel hinzutreten. Aufgrund dessen wurde die der Klägerin gewährte Zuwendung lediglich vorläufig gewährt mit der Folge, dass wenn und soweit die Voraussetzungen von Ziff. 2.1 ANBest-P vorliegen, eine Rücknahme oder ein Widerruf nach §§ 48 f. VwVfG nicht erforderlich ist, sondern die vorläufige Bewilligung durch einen Schlussbescheid ersetzt wird (BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 7/09 -, BVerwGE 135, 238).

51

Einen solchen Schlussbescheid stellt der angefochtene Bescheid im Hinblick auf die Verringerung der bewilligten Zuwendung um die bereits zurückgezahlten Beträge dar. Nur bei einer solchen Auslegung ist es nachvollziehbar, weshalb in der Begründung des Bescheides zunächst der bereits zurückgezahlte Betrag von der bewilligten Obergrenze der Zuwendung abgezogen und auf dieser Basis der Umfang des Widerrufs berechnet wird. Daher ist der angefochtene Bescheid als Schlussbescheid in dem dargelegten Sinn anzusehen, soweit er die vorläufige Bewilligung einer über 10.743.278,23 € hinausgehenden Zuwendung aufhebt. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung bekundet, den angefochtenen Bescheid ebenfalls in diesem Sinne verstanden zu haben. Da sich die Klage, wie die Klägerin mit ihrem Antrag klargestellt hat, nicht gegen die Kürzung der bewilligten Zuwendung um die bereits zurückgezahlten Beträge richtet, stellt sich die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Frage nach der zweckwidrigen Verwendung dieses Teils der Zuwendung (UA S. 11) somit im vorliegenden Verfahren nicht. Dies ändert allerdings nichts daran, dass das angefochtene Urteil sich im Hinblick auf den Widerruf wegen zweckwidriger Verwendung im Ergebnis als richtig erweist.

52

2. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Bescheid auch insoweit als Schlussbescheid in dem dargelegten Sinne zu verstehen sein kann, als er die Bewilligung der Zuwendung wegen Zweckverfehlung teilweise widerruft. Im Ergebnis würde sich an seiner Rechtmäßigkeit nämlich nichts ändern, insbesondere wäre auch in diesem Fall der überzahlte Betrag in entsprechender Anwendung des § 49a Abs. 1 VwVfG zu erstatten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009, a.a.O.).

53

3. Entgegen der Auffassung der Klägerin begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, dass die Beklagte bei der Zuordnung von Aufwendungen zu den durch eine zehnprozentige Pauschale abgedeckten Planungskosten (Nr. 4.2 S. 1 RLKV) diesen Begriff in einem weiten Sinn (vgl. S. 13 des verwaltungsgerichtlichen Urteils) verstanden hat.

54

Auf ein der RLKV angeblich zu entnehmendes engeres Verständnis des Planungskostenbegriffs kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Grundsätzlich entfalten Verwaltungsvorschriften nämlich lediglich eine mittelbare Außenwirkung, da Art. 3 Abs. 1 GG einen Anspruch auf Gleichbehandlung entsprechend der allgemeinen Verwaltungspraxis begründet und eine Verwaltungsvorschrift lediglich die Vermutung begründet, dass sie in der Verwaltungspraxis beachtet wird. Hat sich jedoch eine von der Verwaltungsvorschrift abweichende Verwaltungspraxis entwickelt, vermittelt Art. 3 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Beachtung der Verwaltungsvorschrift, sondern lediglich auf Gleichbehandlung entsprechend der bestehenden Verwaltungspraxis (BVerwG, Urteil vom 25. April 2012 - 8 C 18.11 -, juris). Der dem Widerrufsbescheid zugrunde liegende weite Planungskostenbegriff entspricht jedoch, wie die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend bestätigt haben, seit einigen Jahren der ständigen Verwaltungspraxis der WSD West.

55

Es kann auch dahingestellt bleiben, ob das EBA im Anwendungsbereich der RLKV den Begriff der Planungskosten ebenso versteht wie die WSD West. Dies lässt sich dem von der Beklagten vorgelegten Schreiben des EBA vom 17. September 2012 nicht eindeutig entnehmen. Selbst wenn es insoweit eine abweichende Verwaltungspraxis des EBA in dessen Zuständigkeitsbereich geben sollte, wäre die WSD West hieran nicht gebunden. Zwar sieht Nr. 1.3 S. 6 RLKV vor, dass die Bewilligungsbehörden (WSD West und EBA) ein einheitliches Verfahren sicherstellen. Sofern dies aber nicht geschehen ist, hat die Klägerin aus Art. 3 Abs. 1 GG keinen Anspruch darauf, dass sich die WSD West der von ihrer eigenen abweichenden Verwaltungspraxis des EBA anschließt.

56

Soweit die Klägerin sich auf den Verweis auf die Kostengruppen der DIN 276 in Nr. 4.3, 3. Spiegelstrich RLKV beruft, ist mit dem Verwaltungsgericht darauf hinzuweisen, dass diese Regelung sich lediglich auf Hochbauten bezieht, soweit sie zur Abwicklung von Tätigkeiten erforderlich sind, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Umschlag des Terminalbetreibers stehen. Eine generelle Anwendung der Kostengruppen der DIN 276 lässt sich hieraus nicht ableiten. Zudem wäre auch insoweit eine abweichende Verwaltungspraxis der WSD West vorrangig.

57

Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, sie habe darauf vertrauen dürfen, die WSD West orientiere sich an den im Handbuch AVP 2007 des EBA niedergelegten Fördergrundsätzen, insbesondere im Hinblick auf die durch die Planungskostenpauschale abgedeckten Aufwendungen. Das Handbuch lässt nämlich an keiner Stelle erkennen, dass es über den Zuständigkeitsbereich des EBA hinaus Geltung beansprucht bzw. in ihm eine mit der WSD West abgestimmte Verwaltungspraxis wiedergegeben wird. Darüber hinaus hat die Klägerin nicht dargelegt, sie hätte von der Verwirklichung ihres Vorhabens abgesehen bzw. dieses lediglich in modifizierter Form verwirklicht, wenn ihr bekannt gewesen wäre, welche Aufwendungen die WSD West nach ihrer allgemeinen Verwaltungspraxis als Planungskosten ansieht. Das steht der Schutzwürdigkeit eines diesbezüglichen Vertrauens der Klägerin entgegen.

58

Der Vollständigkeit halber sei ebenfalls darauf hingewiesen, dass das Handbuch AVP 2007 des EBA unter Gliederungspunkt D 2. (S. 577 – 611) unter Bezugnahme auf Vorschriften der HOAI sehr differenzierte Regelungen über die Abgrenzung von Planungs- bzw. Verwaltungskosten und Baukosten enthält, die sich auf alle Phasen der Realisierung eines Vorhabens erstrecken. So werden etwa unter D 2.8.5 (S. 608) und D 2.8.6 (S. 609) Messungen und Prüffahrten im Zusammenhang mit der Abnahme den pauschal abgegoltenen Planungs- bzw. Verwaltungskosten zugeordnet. Auch insoweit kann von einem „engen“ Begriff der Planungskosten keine Rede sein.

59

4. Soweit der Widerruf Aufwendungen betrifft, welche die Beklagte als nicht unbedingt erforderlich im Sinne von Nr. 1.1 RLKV angesehen hat, wird ergänzend zu den Ausführungen im angefochtenen Urteil auf folgendes hingewiesen:

60

a) Hinsichtlich der Kosten für die Reparatur einer Rüttelbohle kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, es handle sich um eine nach § 2 Nr. 5 VOB/B (2006) gesondert zu vergütende Erschwernis und somit unbedingt erforderliche Kosten. Diese Vorschrift betrifft, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat, die Änderung des Bauentwurfs bzw. der Grundlagen des Preises aufgrund anderer Anordnungen des Auftraggebers und ist daher hier nicht einschlägig.

61

b) Im Hinblick auf die Kosten für den Einbau von Kaisteckdosen und Fernsprechanschlusskästen mag es zwar grundsätzlich nicht ausgeschlossen sein, dass zu den notwendigen Kosten für die Herstellung einer Anlage auch solche gehören, die - wie die von der Klägerin genannten Revisionsschächte bei Entwässerungsanlagen - auf Vorrichtungen für spätere Wartungs- und Reparaturarbeiten entfallen. Die Klägerin hat jedoch nicht dargelegt, dass für solche Arbeiten an der von ihr erweiterten Anlage fest installierte Fernsprechanschlusskästen bzw. Kaisteckdosen zwingend erforderlich sind.

62

c) Hinsichtlich der Aufwendungen für Kampfmittelsondierungen kann die Klägerin sich nicht darauf berufen, es habe keine Anhaltspunkte für deren Einstufung als nicht förderungsfähig gegeben und es habe insoweit eine Hinweispflicht der Beklagten bestanden. Sie musste nämlich bereits aufgrund der Regelung in Nr. 1.1 RLKV wissen, dass nur die zur Erreichung des Förderzwecks unbedingt erforderlichen Aufwendungen gefördert wurden. Daher hätte sie auch ohne entsprechende Hinweise seitens der Beklagten alles unternehmen müssen, um die in Betracht kommenden Stellen zur Kostenübernahme zu veranlassen.

63

d) Soweit es um die Kosten für die Errichtung eines Zauns geht, kann dahingestellt bleiben, ob im Zuge der ersten Ausbaustufe der Anlage der Klägerin die Aufwendungen für einen drei Meter hohen Zaun oder lediglich für einen solchen mit einer Höhe von zwei Metern bezuschusst wurden. Es wird nämlich weder von der Klägerin dargelegt noch ist ersichtlich, dass ein zwei Meter hoher Zaun für die Sicherung der Anlage unzureichend wäre.

64

III. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die Klägerin die in dem angefochtenen Bescheid enthaltene Festsetzung von Zinsen wegen der nicht alsbaldigen Verwendung von Fördergeldern (§ 49 Abs. 4 VwVfG) in Höhe von 630,615,61 € bereits in ihrem Widerspruchsschreiben vom 25. Februar 2011 (S. 24) ausdrücklich anerkannt hatte und diese somit bei sinngemäßer Auslegung auch nicht Gegenstand ihrer Klage war. Das hat die Klägerin mit ihrem in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag erneut klargestellt.

65

Hinsichtlich der Verzinsung des von der Klägerin zu erstattenden Betrags gemäß § 49a Abs. 3 S. 1 VwVfG haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend bekundet, dass die in der Begründung des angefochtenen Bescheids und des Widerspruchsbescheids enthaltene vorläufige Zinsberechnung noch nicht als verbindliche Festsetzung dieser Zinsen zu verstehen ist. Die hierauf bezogenen Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts gehen somit ins Leere. Dem hat die Klägerin durch die Fassung ihres Antrags ebenfalls Rechnung getragen, so dass sich eine diesbezügliche Entscheidung erübrigt.

66

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

67

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

68

Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen, da der Rechtssache im Hinblick auf die Bewertung von Verstößen gegen vergaberechtliche Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Widerruf von Zuwendungsbescheiden grundsätzliche Bedeutung zukommt.

69

Beschluss

70

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 2.036.897,00 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 GKG).

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rückforderung einer staatlichen Zuwendung.

2

Der klagende Wasserzweckverband plante im Jahr 2003, die Weiler H. und O. an sein Trinkwassernetz anzuschließen. Dafür beantragte und erhielt er am 22. Juli 2003 eine so genannte "Baufreigabe" des Beklagten. Die Baufreigabe enthielt keine Zusage einer bestimmten Zuwendung, sondern lediglich den Verzicht auf den Einwand des vorzeitigen Baubeginns.

3

In den Jahren 2003/2004 wurden die Baumaßnahmen mit Gesamtkosten von rund 1,2 Mio. € durchgeführt. Mit Bewilligungsbescheid vom 28. März 2007 gewährte der Beklagte dafür eine staatliche Förderung in Höhe von 513 160,42 €. Der Bescheid geht von zuwendungsfähigen Kosten in Höhe von 971 159 € und einem Fördersatz von 52,84 % aus. Er verweist auf die aus dem Jahr 2005 stammenden Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben (RZWas 2005) und auf die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K 2005).

4

Eine Überprüfung durch den Bayerischen Obersten Rechnungshof führte ausweislich des Prüfberichts vom 7. April 2008 zu mehreren Beanstandungen, die insbesondere die Festlegung der Fördersatzhöhe, die Berücksichtigung der Mehrwertsteuer und die Förderung der Baukosten eines Löschteichs betrafen. Daraufhin stellte der Beklagte mit Rückforderungs- und Rücknahmebescheid vom 8. April 2009 fest, dass der Bewilligungsbescheid teilweise erloschen und teilweise zurückzunehmen sei. Die Höhe der Zuweisung werde nunmehr auf 402 735,05 € festgesetzt, weswegen der Kläger einen Betrag von 110 425,37 € zurückzuerstatten habe.

5

Die dagegen erhobene Klage des Zweckverbandes hatte beim Verwaltungsgericht aus formellen Gründen Erfolg. Auf die Berufung des Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil abgeändert und die Klage größtenteils abgewiesen. Der angegriffene Bescheid ist lediglich insoweit aufgehoben worden, als der Erstattungsbetrag 104 936,66 € übersteigt. Hinsichtlich dieses Betrages sei die in Nr. 2.1 ANBest-K 2005 enthaltene auflösende Bedingung eingetreten. Danach reduziere sich die Zuwendung, wenn sich "nach der Bewilligung die in dem Finanzierungsplan veranschlagten zuwendungsfähigen Ausgaben ermäßigen". Für den Eintritt dieser auflösenden Bedingung genüge jeder Unterschied zwischen dem bei der Bewilligung angenommenen und dem später festgestellten Umfang der zuwendungsfähigen Ausgaben, selbst wenn dieser Unterschied lediglich auf einer Neubewertung durch die Bewilligungsbehörde beruhe. Die auflösende Bedingung könne auch noch nach dem Zeitpunkt eintreten, an dem die Behörde die Höhe der Zuwendungen auf der Grundlage des vorgelegten Verwendungsnachweises endgültig festgelegt habe. Denn die Nebenbestimmung in Nr. 2.1 ANBest-K 2005 solle auch jenem Korrekturbedarf Rechnung tragen, der erst aufgrund einer nach Abschluss des Zuwendungsverfahrens durchgeführten Rechnungsprüfung zutage trete. Demzufolge sei im vorliegenden Fall der Umfang der zuwendungsfähigen Kosten wegen der zu Unrecht veranschlagten Mehrwertsteuer und wegen der fehlerhaft einbezogenen Kosten des Löschwasserteichs zurückgegangen. Außerdem sei die Höhe des Fördersatzes nach unten zu korrigieren.

6

Hinsichtlich der Förderfähigkeit des Löschwasserteichs ergebe sich zwar aus den einschlägigen Richtlinien kein Ausschluss. Die Frage, für welche Vorhaben eine Förderung nach der RZWas 2005 prinzipiell in Betracht komme, lasse sich jedoch nicht unter Zuhilfenahme der für Rechtsnormen geltenden Auslegungsmethoden beantworten. Maßgeblich sei allein, wie die zuständigen Behörden die ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften zum maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hätten. Selbständige bauliche Maßnahmen zur Löschwasserversorgung seien aber niemals Gegenstand der Förderung nach den Richtlinien für wasserwirtschaftliche Maßnahmen gewesen. Der Löschwasserbedarf sei immer nur im Zusammenhang mit der Errichtung des öffentlichen Leitungsnetzes zur Trinkwasserversorgung berücksichtigt worden. Dieses Ergebnis werde auch nicht dadurch infrage gestellt, dass der Löschwasserteich in Absprache mit der Bewilligungsbehörde in die Antragsunterlagen aufgenommen worden sei und dass alle Beteiligten darin eine kostengünstigere Alternative zu der - unstreitig förderfähigen - Löschwasserbereitstellung über größer dimensionierte Leitungen gesehen hätten. Denn ein Irrtum des zuständigen Amtsträgers über die Förderfähigkeit der netzunabhängigen Löschwassereinrichtung hindere den Eintritt der auflösenden Bedingung nach Nr. 2.1 ANBest-K 2005 nicht.

7

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, dass der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht die Voraussetzungen für eine Rückforderung wegen Eintritts einer auflösenden Bedingung angenommen habe. Der Eintritt einer auflösenden Bedingung könne nicht allein davon abhängen, dass die Bewilligungsbehörde einen tatsächlichen Umstand nachträglich anders bewerte. Rein behördeninterne Vorgänge fielen ohnehin nicht unter den Begriff des Ereignisses. Das Urteil des Berufungsgerichts könne auch nicht aus anderen Gründen Bestand haben. Insbesondere könne die Zuwendung nicht zurückgenommen werden, weil sie nicht rechtswidrig erfolgt sei.

8

Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und unterstützt die Rechtsauffassung, dass auch die Neubewertung von Tatsachen zum Eintritt einer auflösenden Bedingung im Sinne der Nr. 2.1 ANBest-K 2005 führen könne. Im vorliegenden Fall handele es sich nicht um die nachträgliche rechtliche Neubewertung von Tatsachen, die in der Vergangenheit eingetreten seien, sondern um eine Neubewertung auf der Tatsachenebene. Mit dem Bericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofs sei der Zuwendungsbehörde die Erkenntnis vermittelt worden, dass im Bewilligungsbescheid die Förderrichtlinien fehlerhaft angewendet worden seien. Diese Erkenntnisvermittlung durch den Prüfbericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofs stelle ein relevantes Ereignis im Sinne des Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG dar. Ferner spreche auch der Umkehrschluss aus Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG dafür, dass auch eine Neubewertung von in der Vergangenheit eingetretenen und beim Erlass des Zuwendungsbescheides bekannten Tatsachen Gegenstand einer auflösenden Bedingung sein könne. Für ein solches Verständnis könne auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Begriff der Tatsache bei der Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG herangezogen werden. Unbeschadet dessen habe das Berufungsurteil aus anderen Gründen Bestand, weil die Bewilligungsbehörde hilfsweise auch die Rücknahme des Ausgangsbescheides erklärt habe und weil die Förderung des Löschteichs und die Berücksichtigung der Umsatzsteuerbeträge rechtswidrig gewesen seien.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt und sich der Rechtsauffassung des Klägers angeschlossen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Die das Berufungsurteil tragende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die umstrittene Nebenbestimmung eine auflösende Bedingung enthalte, die durch die bloße rechtliche Neubewertung der Zuwendungsfähigkeit einzelner Ausgaben durch die Bewilligungsbehörde eingetreten sei, verletzt revisibles Recht (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Sie beruht auf einer unzureichenden Berücksichtigung der verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmungen der Art. 36 Abs. 2 Nr. 2, Art. 43 Abs. 2 und Art. 48 BayVwVfG. Die Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig.

11

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Zuwendungsempfänger nach Art. 49a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG bereits erbrachte Leistungen grundsätzlich zu erstatten hat, wenn und soweit die Zuwendung infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch seine Annahme, dass die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften mit Stand 2005 (Bekanntmachung vom 8. März 1982, MABl. S. 165, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 2. Mai 2005, FMBl. S. 84 - im Folgenden ANBest-K 2005) im vorliegenden Fall Anwendung finden und dass auch diese allgemeinen Nebenbestimmungen, die für eine Vielzahl von Förderfällen vorformuliert sind, wirksame Auflagen oder Bedingungen enthalten können. Allerdings hat es die in Nr. 2.1 ANBest-K 2005 enthaltene Regelung, dass der Rückgang der im Finanzierungsplan veranschlagten zuwendungsfähigen Ausgaben zu einer Ermäßigung der Zuwendung führt, zu Unrecht als auflösende Bedingung verstanden.

12

a) Eine Bedingung wird nach Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG dadurch charakterisiert, dass sie den Eintritt oder den Wegfall einer Vergünstigung oder Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängig macht. Unter den Begriff des Ereignisses fallen nur von der Außenwelt wahrnehmbare Handlungen, Erklärungen oder Geschehnisse. Für ein Ereignis ist im allgemeinen Sprachgebrauch kennzeichnend, dass es erlebt, gehört, gesehen, mit anderen Worten durch Wahrnehmung erfasst werden kann. Dass es sich bei dem in Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG genannten "Ereignis" um einen empirisch nachprüfbaren Vorgang handeln muss, legt auch der semantische Zusammenhang zum "Eintritt" des Ereignisses nahe, der den Zeitpunkt bestimmt, ab dem der Verwaltungsakt einen anderen Regelungsgehalt erhält. Da das künftige ungewisse Ereignis kraft Gesetzes ohne weiteren Zwischenschritt einen Rechtsverlust oder einen Rechtsgewinn herbeiführt, muss sein Eintritt auch aus Gründen der Rechtssicherheit für alle Beteiligten - für den Adressaten des Bescheids, für die Behörde und ggf. für Dritte - gleichermaßen ohne Weiteres erfassbar sein. Dies ist bei äußeren, zur allgemeinen Erfahrungswelt gehörenden Tatsachen der Fall, nicht hingegen bei nur zur Gedankenwelt eines Beteiligten gehörenden Vorstellungen.

13

b) Nach diesen Maßstäben widerspricht die Annahme des Berufungsgerichts revisiblem Recht, dass es sich bei der in Nr. 2.1 ANBest-K 2005 enthaltenen Nebenbestimmung um eine auflösende Bedingung im Sinne des Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG handele. Hierfür kann zwar ins Feld geführt werden, dass durch die Formulierung "ermäßigt sich" ein Automatismus zwischen dem Rückgang der zuwendungsfähigen Ausgaben und dem Rückgang der Zuwendung nahegelegt wird. Ein solcher Automatismus zwischen dem Eintritt eines künftigen Ereignisses und einer Veränderung des Regelungsgehalts des Verwaltungsaktes prägt auch die Bedingung im Sinne des Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG.

14

Gegen ein solches Verständnis der Nr. 2.1 ANBest-K 2005 als Bedingung spricht aber entscheidend, dass in dieser Klausel kein die Bedingung auslösendes Ereignis benannt wird. Versteht man den Begriff des Ereignisses im Sinne des Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG als ein empirisch wahrnehmbares Geschehen, dann vermittelt zwar die Formulierung „Rückgang der zuwendungsfähigen Ausgaben“ das Bild eines wahrnehmbaren Vorgangs. Tatsächlich ist der Ausgabenrückgang aber anders als die bauliche Durchführung der geförderten Maßnahmen kein beobachtbares Ereignis. Die Feststellung, dass und um wieviel die zuwendungsfähigen Ausgaben zurückgegangen sind, beruht nicht auf der grundsätzlich allen Beteiligten gleichermaßen möglichen Wahrnehmung von Tatsachen. Insbesondere kann der Rückgang der zuwendungsfähigen Ausgaben nicht auf einfache Weise durch Sichtung und Addition der im Zusammenhang mit der geförderten Maßnahme eingegangenen Abrechnungsbelege gewonnen werden. Denn bei jedem Einzelbeleg muss eine förderrechtliche Bewertung, ob und inwieweit eine tatsächlich getätigte Ausgabe zuwendungsfähig ist, hinzukommen. Erst dann können die getätigten zuwendungsfähigen Ausgaben addiert und mit den veranschlagten zuwendungsfähigen Ausgaben verglichen werden.

15

Das für eine Bedingung unabdingbare "Ereignis" kann auch nicht durch Auslegung der Klausel ermittelt werden. Denkbar wäre, dabei auf wahrnehmbare Ereignisse abzustellen, die - wie die Berechnung des Zuwendungsempfängers, der Schlussbescheid der Bewilligungsbehörde oder der Prüfbericht eines Rechnungshofs - dem "Rückgang der zuwendungsfähigen Ausgaben" nachfolgen. Allerdings enthält die Nr. 2.1 ANBest-K 2005 keinerlei Hinweis darauf, dass es für die "Ermäßigung" der Zuwendung auf die vom Zuwendungsempfänger, von der Bewilligungsbehörde oder von einem Prüfer subjektiv für richtig gehaltene Rechtsanwendung ankommen soll. Keiner der Akteure wird in der Nebenbestimmung genannt und für maßgeblich erklärt. Insbesondere tritt aus der Regelung nicht erkennbar der Wille hervor, dass auch eine rechtlich vielleicht fehlerhafte "Schlussberechnung" der Bewilligungsbehörde, sobald sie abgegeben wird, als auflösendes Ereignis den Umfang der Zuwendung bestimmen soll.

16

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs stellt die rechtliche Neubewertung des Zuwendungsfalles durch die Bewilligungsbehörde damit kein für den Eintritt der Rechtsänderung taugliches Ereignis im Sinne des Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG dar. Der Kläger weist daher zu Recht darauf hin, dass die rechtliche Neubewertung von Zuwendungsfragen zunächst ein rein innerer Vorgang und nicht - wie von Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG gefordert - ein von der Außenwelt erfassbares Ereignis darstellt. Solange kein vertretungsberechtigter Amtsträger der Bewilligungsbehörde eine nach außen gerichtete Erklärung abgibt oder eine für die Außenwelt wahrnehmbare Handlung vornimmt, ist im Zweifel auch nicht feststellbar, ob und ggf. ab welchem Zeitpunkt Erwägungen einzelner oder mehrerer Mitarbeiter repräsentativ für den Willen der Behörde sind. Eine rein interne Neubewertung kann daher schon aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nicht im Sinne des Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG Anknüpfungspunkt einer Änderung der im Bewilligungsbescheid geregelten Zuwendungshöhe sein.

17

Im Übrigen wäre eine Bedingung, die auf ein dem Zuwendungsempfänger übermitteltes rechtliches Neubewertungsschreiben als ungewisses Ereignis abstellen würde, auch in anderer Hinsicht mit Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG unvereinbar. Hiernach muss die Bedingung auf ein ungewisses künftiges Ereignis Bezug nehmen. Maßgeblich ist dabei die zeitliche Perspektive bei Erlass des Bescheides. Das ungewisse zukünftige Ereignis muss nach Bescheiderlass eintreten (Urteil vom 8. März 1990 - 3 C 15.84 - BVerwGE 85, 24 <27>). Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG lässt es nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht zu, dass die Wirksamkeit des Bescheides von vergangenen Ereignissen abhängig gemacht wird. Die rechtliche Bewertung von vor Erlass des Bescheides eingetretenen Umständen soll gerade im Verwaltungsakt selbst erfolgen. Das Instrument der Bedingung dient nicht dazu, der Behörde die Möglichkeit zu verschaffen, die rechtliche Bewertung abgeschlossener Sachverhalte offen zu lassen oder einer zukünftigen rechtlichen (Neu-)Bewertung vorzubehalten. Daher hat die Rechtsprechung Überprüfungsvorbehalte in Bezug auf abgeschlossene Sachverhalte nie als Bedingung angesehen (Urteil vom 14. April 1983 - 3 C 8.82 - BVerwG 67, 99 <102>; BSG, Urteile vom 11. Juni 1987 - 7 RAr 105/85 - BSGE 62, 32 = juris Rn. 32 und vom 25. Juni 1998 - B 7 AL 126/95 R - BSGE 82,183 = juris Rn. 31).

18

c) Schließlich würde die Anerkennung eines behördlichen Neubewertungsschreibens als auflösende Bedingung auch eine unzulässige Umgehung der Art. 43 Abs. 2, Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG bewirken. Denn das Verwaltungsverfahrensgesetz hat in den Vorschriften über die Bestandskraft und die Rücknahme von Verwaltungsakten für den Fall, dass sich ein Verwaltungsakt bei erneuter rechtlicher Bewertung durch die zuständige Behörde als rechtswidrig erweist, ein austariertes Regelungssystem geschaffen, das den Prinzipien der Rechtssicherheit und der materiellen Gerechtigkeit gleichermaßen Rechnung trägt.

19

Ein wesentliches Element dieser Regelung besteht nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG darin, dass rechtswidrige Verwaltungsakte gleichwohl aus Gründen der Rechtssicherheit vorerst wirksam bleiben und nicht im Sinne einer auflösenden Bedingung ab Erkenntnis der Rechtswidrigkeit hinfällig sind. Die Behörde muss, um die Wirksamkeit des für rechtswidrig gehaltenen Verwaltungsakts zu beseitigen, nach Anhörung des Betroffenen eine Ermessensentscheidung über das "Ob" und "Wie" einer Rücknahme treffen und dabei neben dem Interesse an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände auch das Interesse des Betroffenen am Erhalt der Zuwendung berücksichtigen. Dabei spielt naturgemäß die Frage eine Rolle, ob die Gründe für die Rechtswidrigkeit in der Sphäre des Betroffenen oder in der Sphäre der Behörde liegen. Außerdem räumt das Gesetz - wie die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG zeigt - dem Grundsatz der Rechtssicherheit besonderes Gewicht ein, wenn die zu beurteilenden Umstände und die Rechtswidrigkeit der Behörde seit mehr als einem Jahr bekannt sind.

20

Eine Umgehung der Art. 43 Abs. 2, Art. 48 BayVwVfG kann auch nicht mit der Sondersituation von Zuwendungen des Staates an andere öffentlich-rechtliche Körperschaften gerechtfertigt werden. Es trifft zwar zu, dass öffentlich-rechtliche Körperschaften aufgrund der eigenen Bindung an Recht und Gesetz sich grundsätzlich bei Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte nicht auf die besonderen Vertrauensschutzbestimmungen des Art. 48 BayVwVfG berufen können (vgl. Urteil vom 27. April 2006 - 3 C 23.05 - BVerwGE 126, 7 Rn. 24). Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie kein Interesse an einer verlässlichen und bestandssicheren Entscheidung des staatlichen Zuwendungsgebers haben. Vielmehr müssen auch Gemeinden, Zweckverbände und andere öffentlich-rechtliche Zuwendungsempfänger mit den ihnen zugewiesenen Mitteln kalkulieren und sich auf eine staatlicherseits verbindlich zugesagte Refinanzierung verlassen können (vgl. Urteil vom 27. April 2006 - 3 C 23.05 - BVerwGE 126, 7 Rn. 25). Es liegt daher keine Lage vor, die eine völlige Außerachtlassung der im Gesetz vorgesehenen Bestandskraft- und Rücknahmeregelungen der Art. 43 Abs. 2, Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG rechtfertigen würde.

21

2. Das mit der Revision angegriffene Berufungsurteil beruht auf der aufgezeigten Verletzung revisibler Vorschriften. Es erweist sich auch nicht im Sinne des § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig. Hinsichtlich der drei von der Beklagten als rechtswidrig angesehenen Zuwendungskomplexe (Mehrwertsteuerproblem, Löschteichförderung, Festlegung der Fördersatzhöhe) liegt keine oder keine fehlerfreie Rücknahme im Sinne des Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG vor.

22

a) Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten fehlt hinsichtlich der Zuwendung für Mehrwertsteuer und für den Löschteich schon ein Rücknahmeverwaltungsakt. Der Rückforderungs- und Rücknahmebescheid vom 8. April 2009 kann nicht dahingehend verstanden werden, dass die Behörde den Bewilligungsbescheid hilfsweise im Ganzen zurückgenommen hat. Vielmehr spricht bereits der Tenor des Bescheides von einem teilweisen Erlöschen und einer teilweisen Rücknahme. Hinsichtlich der Umsatzsteuerbeträge und der Förderung des Löschwasserteichs wird der Eintritt der auflösenden Bedingung angenommen und allein Art. 49a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG als Rechtsgrundlage benannt. Diesbezüglich ist der Bewilligungsbescheid somit nicht zurückgenommen worden.

23

b) Im Übrigen ist die Förderung des Löschwasserteichs auch nicht als rechtswidrig einzustufen.

24

Allerdings ist nicht entscheidend, dass der Wortlaut der Förderrichtlinie hinsichtlich der förderfähigen Vorhaben weit gefasst ist und dass die Formulierung "Vorhaben zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung" in Nr. 2.2 RZWas 2005 (selbständige) Löschwassereinrichtungen nicht explizit ausschließt. Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften unterliegen keiner eigenständigen Auslegung wie Rechtsnormen. Entscheidend ist vielmehr, wie die zuständigen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebunden sind (vgl. Urteil vom 17. Januar 1996 - 11 C 5.95 - Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 101; stRspr.). Daher kann die Förderung eines Löschwasserteichs gleichheitswidrig sein, wenn selbstständige Löschwassereinrichtungen aufgrund einer ständigen Behördenpraxis generell nicht gefördert werden.

25

Die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes setzt aber zudem voraus, dass im Einzelfall keine sachlichen Gründe für das Abweichen von dieser Behördenpraxis bestehen (Urteile vom 18. Mai 1990 - 8 C 48.88 - BVerwGE 85, 163 <167> und vom 25. April 2012 - 8 C 18.11 - BVerwGE 143, 50 Rn. 32). Nach dem vom Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogenen Vorbringen des Klägers erfolgte die Aufnahme des Löschwasserteichs in die Antragsunterlagen in Absprache mit der Bewilligungsbehörde. Sie diente dem Zweck, Mehrkosten zu vermeiden, die durch eine in das Trinkwassernetz integrierte Löschwasserversorgung eingetreten und als solche zuwendungsfähig gewesen wären. War aber mit dem Bau der selbständigen Löschwassereinrichtung eine erhebliche Kostenersparnis verbunden, so ist dies als sachlicher Grund für eine ausnahmsweise Förderung anzusehen. Daher liegt in der Förderung des Löschwasserteichs kein zur Rücknahme berechtigender Gleichheitsverstoß.

26

c) Hinsichtlich der im Bewilligungsbescheid festgesetzten Fördersatzhöhe liegt eine Rücknahme vor. Sie war indes nicht frei von Ermessensfehlern.

27

Die dem Bewilligungsbescheid zugrunde liegende Berechnung der Fördersatzhöhe von 52,84 % war rechtsfehlerhaft. Diese Fördersatzhöhe ist darauf zurückzuführen, dass die Bewilligungsbehörde bei der Ermittlung des Fördersatzes die Angaben des Klägers im Zusammenhang mit der Baufreigabe zugrunde legte. Der Bayerische Oberste Rechnungshof weist mit Recht darauf hin, dass diese Angaben im vorliegenden Fall nicht maßgeblich sein können. Im Baufreigabeschreiben vom 22. Juli 2003 wurde unter Ziffer 3 ausdrücklich erklärt, dass damit keine Zusicherung einer späteren Zuwendung verbunden sei und dass für eine etwaige künftige Förderung ausschließlich die dann geltenden Zuwendungsrichtlinien maßgeblich seien. Demzufolge hätte bei der Festlegung des Fördersatzes im nachfolgenden Bewilligungsbescheid vom 28. März 2007 die Fördersatzhöhe auf der Grundlage der Nr. 5.4.1 RZWas 2005 i.V.m. Nr. 3.1 der Anlage 2a zur RZWas 2005 und der festgestellten zuwendungsfähigen Ausgaben erfolgen müssen. Dann hätte sich ein niedrigerer Fördersatz ergeben.

28

Der Beklagte hat sein Ermessen in Bezug auf die Rücknahmeentscheidung hinsichtlich des sich aus dem niedrigeren Fördersatz ergebenden Differenzbetrags jedoch nicht ausreichend betätigt. Im Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 8. April 2009 wird zur Ausübung des Rücknahmeermessens lediglich formelhaft ausgeführt, dass keine Besonderheiten vorlägen und somit im Hinblick auf eine Gleichbehandlung mit anderen Fördervorhaben die Rückforderung der Zuwendung gerechtfertigt sei. Ergänzend hat der Beklagte in seinem Erläuterungsschreiben vom 29. Januar 2013 ausgeführt, dass ein Fall "intendierten" Ermessens vorliege und dass kein atypischer Sachverhalt gegeben sei.

29

Damit hat der Beklagte das ihm nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG zustehende Ermessen nicht ausgeschöpft. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt bei der Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG grundsätzlich kein Fall intendierten Ermessens vor. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen vielmehr gleichberechtigt nebeneinander, sofern dem anzuwendenden Fachrecht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist (Urteile vom 25. September 1992 - 8 C 68.90 u.a. - BVerwGE 91, 82 <90>, vom 23. Oktober 2007 - 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367 Rn. 32 und Beschluss vom 7. Juli 2004 - 6 C 24.03 - BVerwGE 121, 226 <230 f.>). Dies gilt auch, wenn sich der Betroffene nicht auf Vertrauensschutz berufen kann (Urteil vom 14. März 2013 - 5 C 10.12 - Buchholz 435.12 § 45 SGB X Nr. 15 Rn. 29). Im Bereich des hier einschlägigen Zuwendungsrechts ist keine gesetzliche Wertung ersichtlich, die das in Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG gewährte Ermessen einschränken würde. Der von der Beklagten angeführte haushaltsrechtliche Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Verwaltung allein genügt dafür nicht (Urteile vom 19. Februar 2009 - 8 C 4.08 - juris Rn. 46 und vom 14. März 2013 - 5 C 10.12 - Buchholz 435.12 § 45 SGB X Nr. 15 Rn. 40), so dass der formelhafte Verweis hierauf die geschuldete Ermessensausübung nicht zu ersetzen vermag.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tenor

Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 1. Juli 2010 wird Ziffer 3. des Bescheides des Beklagten vom 18. Mai 2009 aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens - mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt - hat die Klägerin 2/3 und der Beklagte 1/3 zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rückforderung von Finanzhilfen für die in den Jahren 1996 bis 1998 durch den Bau der verlängerten Industriestraße (L 423) verursachten Änderungen an Versorgungseinrichtungen der Beigeladenen.

2

Die Beigeladene, eine Aktiengesellschaft und 100%ige Tochter der Klägerin, hat zunächst im bereits 1971 geschlossenen Benutzungsvertrag, sodann im Konzessionsvertrag vom 28. November 1995/19. Dezember 1995 von der Klägerin die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser übertragen bekommen. Sie darf nach § 3 des Konzessionsvertrages - KV - für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen das Eigentum der Klägerin an den öffentlichen Verkehrsflächen nutzen. Hinsichtlich der Kosten heißt es in § 10 KV inhaltsgleich mit der entsprechenden Regelung im Vertrag von 1971:

3

(1) Die Stadt kann jederzeit die Veränderung einer Versorgungseinrichtung, … verlangen, wenn der öffentliche Verkehr oder ein überwiegendes öffentliches Interesse es erfordert. Die Kosten der Veränderung oder Entfernung trägt die Gesellschaft. …

4

(2) …

5

(3) Die Regelung des Absatz 1 gilt nicht bei Maßnahmen der Stadt, deren Kosten ganz oder teilweise von einem Dritten getragen werden. Die Verpflichtung der Gesellschaft beschränkt sich in diesen Fällen auf den Teil der Kosten der Gesellschaft nach Absatz 1, der von Dritten nicht erstattet wird.

6

Für den Bau der verlängerten Industriestraße (L 423) wurde der Klägerin mit Förderzusage vom 2. August 1996 und Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 1996 nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - GVFG - und dem Landesfinanzausgleichsgesetz in Verbindung mit der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr zur Förderung der Verkehrswege, Verkehrsanlagen und sonstigen verkehrswirtschaftlichen Investitionen kommunaler und privater Bauträger - VV-GVFG/LFAG - vom 12. Oktober 1992 (MinBl. S. 454) Zuwendungen in Höhe von 75 % der als zuwendungsfähig anerkannten Kosten bewilligt. Nach dem abschließenden Ergebnis der Prüfung des Schlussverwendungsnachweises betrugen die Gesamtkosten des Vorhabens 7.200.591 € und die zuwendungsfähigen Kosten 6.733.311 €. Sie umfassten auch die Kosten für die durch die Baumaßnahme bedingten Änderungen an Versorgungseinrichtungen der Beigeladenen (Umlegung von Leitungen und Kabeln) in Höhe von 16.337 €.

7

In einer Prüfmitteilung vom 8. November 2006 beanstandete der Rechnungshof Rheinland-Pfalz hinsichtlich anderer Straßenbaumaßnahmen im Gebiet der Klägerin die Bezuschussung von Kosten für Änderungen an Versorgungseinrichtungen der Beigeladenen. Solche Kosten seien gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG nicht zuwendungsfähig, weil die Beigeladene nach dem Konzessionsvertrag verpflichtet sei, die entsprechenden Aufwendungen zu tragen. Hieran könne § 10 Abs. 3 KV nichts ändern.

8

Mit Bescheid vom 18. Mai 2009 nahm der Beklagte rückwirkend zum jeweiligen Erlasszeitpunkt die Förderzusage vom 2. August 1996, den Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 1996 sowie die Mittelbereitstellungen zurück, soweit die bewilligten Zuwendungen den Betrag von 5.037.730 € überstiegen. Er forderte die Zuwendungen in Höhe von 12.253 € zurück. Zudem ordnete er die Verzinsung des Rückforderungsbetrages ab dem 22. Dezember 2005 in Höhe von 3 % über dem jeweiligen Diskont- bzw. Basiszinssatzes an.

9

Die hiergegen erhobene Klage hat die Klägerin im Wesentlichen damit begründet, dass bereits die einjährige Ausschlussfrist für die Rücknahme von Bescheiden abgelaufen sei. Darüber hinaus habe der Beklagte zu Recht auch die Kosten der Leitungsverlegung in die Bezuschussung einbezogen. Denn als 100%ige Tochter der Stadt sei die Beigeladene keine "andere" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG. Im Übrigen trage nicht die Beigeladene, sondern durch die Zuwendungen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz der Beklagte als Dritter die Aufwendungen für die Leitungsverlegung. Dies entspreche der bisherigen Handhabung vergleichbarer Fälle.

10

Die Klägerin hat beantragt,

11

den Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 2009 aufzuheben.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, die Beigeladene sei als Aktiengesellschaft eine "andere" im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG. Als solche sei sie nach § 10 Abs. 1 KV verpflichtet, die Folgekosten zu tragen. Etwas anderes ergebe sich nicht aus § 10 Abs. 3 KV, weil er - der Beklagte - als subsidiärer Zuwendungsgeber nicht originärer Dritter sei. Auf den Ablauf der Jahresfrist und andere Vertrauensschutzgesichtspunkte könne sich die Klägerin als Kommune nicht berufen.

15

Die Beigeladene, die keinen Antrag gestellt hat, hat sich den Vortrag der Klägerin zu Eigen gemacht und ergänzt.

16

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil Rücknahme- und Rückforderungsbescheid rechtmäßig seien. Kosten für Arbeiten an Versorgungsleitungen seien als sogenannte Folgekosten zwar grundsätzlich förderfähig. Dies gelte jedoch gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG nicht für solche Aufwendungen, die ein anderer als der Träger des Vorhabens zu tragen habe. Um eine "andere" in diesem Sinne handele es sich bei der Beigeladenen, weil sie als Aktiengesellschaft im Verhältnis zur Klägerin über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfüge. Von einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Klägerin und Beigeladener könne nicht ausgegangen werden, auch wenn die Klägerin alle Anteile an der Beigeladenen halte.

17

§ 10 Abs. 3 KV, wonach der Beigeladenen Folgekosten nicht zur Last fielen, die von einem Dritten getragen würden, führe nicht zur Zuwendungsfähigkeit der Aufwendungen für die Änderung der Versorgungsleitungen. Anderenfalls werde nämlich die Gewährung der Zuwendung, über die gerade entschieden werden solle, selbst Voraussetzung der Zuwendungsfähigkeit bestimmter Kosten. Dies widerspreche § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG.

18

Erwiesen sich demnach die Zusage, Bewilligung und Bereitstellung der Zuwendung als teilweise rechtswidrig, sei ihre Rücknahme ermessensgerecht. Auf Vertrauensschutzgesichtspunkte im Sinne des § 48 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - könne sich die Klägerin als öffentlicher Rechtsträger ebenso wenig wie auf die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG berufen. Darüber hinaus verstoße die Rücknahmeentscheidung trotz der 1979/1980 zwischen den Beteiligten und dem Landesrechnungshof getroffenen Vereinbarung über die Zuwendungsfähigkeit von Aufwendungen einer Eigengesellschaften, an der die Kommune alle Anteile halte, nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Schließlich seien die übrigen Ermessenserwägungen des Beklagten nicht zu beanstanden. Insoweit habe er berechtigterweise auf das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung abgestellt. Entsprechendes gelte für die teilweise Rückforderung der Zuwendungen und die zugleich angeordnete Verzinsung.

19

Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, dass die Rücknahme bereits an der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG scheitere. Diese Vorschrift sei aus Gründen der Rechtssicherheit auch auf öffentliche Rechtsträger anzuwenden. Für den Fristbeginn sei die Prüfmitteilung des Landesrechnungshofs vom 8. November 2006 maßgebend.

20

Im Übrigen seien die Zuwendungen für die Arbeiten an den Versorgungsleitungen der Beigeladenen rechtmäßig. Die zugrundeliegenden Kosten habe nicht die Beigeladene zu tragen gehabt. Deshalb seien sie förderfähig gewesen. Die Beigeladene sei nicht als "andere" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG anzusehen. Auf die eigene Rechtspersönlichkeit könne nicht abgestellt werden, weil § 2 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz GVFG "Kommunale Zusammenschlüsse" erwähne, welche an Stelle von Gemeinden oder Landkreisen Träger der Baulast seien und nicht unbedingt über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügten. Deshalb sei bei der Auslegung des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG eine wirtschaftliche Betrachtung anzustellen und zu berücksichtigen, dass sie - die Klägerin - 100 % der Aktien der Beigeladenen halte.

21

Des Weiteren schließe § 10 Abs. 3 KV eine Kostenpflicht der Beigeladenen aus, weil der Beklagte als "Dritter" im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sei. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und werde durch die frühere Abwicklung gleichgelagerter Fördermaßnahmen seit den 1970er Jahren bestätigt. Außerdem entspreche dieses Ergebnis der Interessenlage der Vertragsparteien. Danach sollten Kosten, die ihren Haushalt ohnehin nicht belasteten, nicht auf die Beigeladene abgewälzt werden.

22

Schließlich sei die im Rückforderungsbescheid angeordnete Verzinsung ermessenswidrig, weil alle Beteiligten von der Rechtmäßigkeit der Förderpraxis ausgegangen seien. Auch der Beginn der Verzinsung ab dem 22. Dezember 2005 sei zu beanstanden, weil der Beklagte die Konsequenzen aus der Prüfmitteilung des Landesrechnungshofs vom 8. November 2006 nicht sofort geklärt habe.

23

Die Klägerin beantragt,

24

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem in erster Instanz gestellten Antrag zu erkennen.

25

Der Beklagte beantragt,

26

die Berufung zurückzuweisen.

27

Nach der Systematik des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes seien nur die notwendigen Folgekosten, die dem Vorhabenträger oblägen, förderfähig. Sei hingegen "ein anderer" als der Träger des Vorhabens zur Kostentragung verpflichtet, scheide eine Förderung aus. Um einen solchen „anderen“ im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG handele es sich bei der Beigeladenen, obwohl die Klägerin 100% der Aktien der Beigeladenen halte. Etwas anderes folge nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz GVFG. Im Übrigen wäre die Beigeladene selbst dann als "andere" im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG einzustufen, wenn man eine wirtschaftliche Betrachtung anstelle. Denn die Kostenpflicht der Beigeladenen schmälere ihre eigene Leistungsfähigkeit und nicht die der Klägerin. Darüber hinaus bezwecke § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG nur eine Förderung von Gemeinden als Vorhabenträger und nicht die Förderung eines „anderen". Deshalb könne auch § 10 Abs. 3 KV nichts an der nach § 10 Abs. 1 KV bestehenden Folgekostenlast der Beigeladene ändern. Insbesondere sei er - der Beklagte - nicht als originärer Dritter im Sinne von § 10 Abs. 3 KV, sondern lediglich subsidiärer Zuwendungsgeber anzusehen.

28

Weiterhin könne sich die Klägerin als öffentlicher Rechtsträger nicht auf den Ablauf der Jahresfrist berufen. Auch die Festsetzung der Zinsforderung sei ermessensgerecht. Das öffentliche Interesse an der Abschöpfung des bei der Klägerin zu Unrecht entstandenen wirtschaftlichen Vorteils sei höher zu gewichten als der Umstand, dass die Beteiligten ursprünglich von der Rechtmäßigkeit der Förderung ausgegangen seien.

29

Die Beigeladene, die keinen Antrag stellt, macht sich die Ausführungen der Klägerin zu Eigen und vertieft diese.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

31

Die Berufung ist teilweise begründet.

32

Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Ziffern 1 und 2 des Rücknahme- und Rückforderungsbescheides vom 18. Mai 2009 zu Recht abgewiesen (A.). Allerdings hätte Ziffer 3. des Bescheides aufgehoben werden müssen, weil die gesetzlich vorgeschriebene Entscheidung, ob von der Geltendmachung der Verzinsung des Rückforderungsbetrages abgesehen werden kann, ermessensfehlerhaft ist (B.).

A.

33

Ziffer 1 des Bescheides vom 18. Mai 2009, durch den die Förderzusage des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau vom 2. August 1996, der Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 1996 sowie die entsprechenden Mittelbereitstellungen hinsichtlich der Zuwendungen zu Kosten für die Verlegung von Versorgungsleitungen zurückgenommen wurden, findet seine Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 VwVfG (I.). Die in Ziffer 2 des Bescheides angeordnete teilweise Rückforderung der Förderbeträge steht mit § 49a Abs. 1 VwVfG in Einklang (II.).

I.

34

Gemäß § 48 Abs. 1 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Förderzusage vom 2. August 1996, der Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 1996 und die hierauf beruhenden Mittelbereitstellungen, auf die sich der angefochtene Rücknahmebescheid bezieht, waren insoweit rechtswidrig, als damit Zuwendungen zu den Kosten für die Verlegung von Versorgungsleitungen der Beigeladenen infolge des Baus der verlängerten Industriestraße gewährt wurden (1.). Die Rücknahme der entsprechenden Verwaltungsakte ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil sich die Klägerin weder auf Vertrauensschutz im Sinne des § 48 Abs. 2 VwVfG noch auf die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG berufen kann (2.).

35

1. Die Kosten für die durch den Bau der verlängerten Industriestraße bedingten Änderungen an Versorgungseinrichtungen der Beigeladenen (Verlegung von Leitungen und Kabeln) waren nach den Vorschriften des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes und des von der Klägerin und der Beigeladenen abgeschlossenen Konzessionsvertrages nicht zuwendungsfähig. Die Zuwendungsfähigkeit solcher Kosten ist gemäß §§ 4 Abs. 2 Satz 1, 2 Abs. 1 Nr. 1a GVFG und Ziff. 6.4.2 VV-GVFG/LFAG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie über einen Wertausgleich für Ver- und Entsorgungsanlagen im Zusammenhang mit Vorhaben nach dem GVFG als sog. Folgekosten nur gegeben, wenn der kommunale Träger der Straßenbaulast diese selbst zu tragen hat. Dementsprechend sind gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG solche Folgekosten nicht zuwendungsfähig, die bei einem anderen als der Träger des Vorhabens anfallen.

36

Die Beigeladene ist als "andere" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG verpflichtet, die Kosten der Verlegung von Versorgungsleitungen, welche als Folge des Baus der verlängerten Industriestraße entstanden sind, zu tragen. Ein gemeindeeigenes Unternehmen ist als "anderer" anzusehen, wenn es eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 1993 - III ZR 136/91 -, juris, Rn. 19; VGH BW, Urteil vom 15. Januar 1980 - X 2123/78 -, juris; Hohns/Schmidt, Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, 1972, Teilziffer 240; Schroeter/Wittig, Zuwendungen für den Verkehrswegebau in den Gemeinden, 1971, § 4 Anm. 4). § 2 Abs. 1 2. Halbsatz GVFG spricht nicht gegen die Berücksichtigung des Kriteriums der Rechtspersönlichkeit zur Abgrenzung eines "anderen" vom Träger des Vorhabens. Nach dieser Bestimmung können zuwendungsfähige Vorhaben Maßnahmen an Verkehrsanlagen sein, die in der Baulast von Gemeinden, Landkreisen oder kommunalen Zusammenschlüssen stehen, welche anstelle von Gemeinden und Landkreisen Träger der Baulast sind. Sofern je nach landesrechtlichen Regelungen kommunale Zusammenschlüsse in diesem Sinne keine eigene Rechtspersönlichkeit haben sollten, besagt dies nichts für die Abgrenzung des Vorhabenträgers von einem "anderen" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG. Denn hinter dem kommunalen Zusammenschluss stehen regelmäßig Körperschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit. Im Übrigen beschränkt sich der Regelungsgehalt des § 2 Abs. 1 2. Halbsatz GVFG darauf, dass auch kommunale Zusammenschlüsse unabhängig von ihrer Rechtsfähigkeit anstelle der Gemeinden und Landkreise Träger der Straßenbaulast sein können. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein gemeindeeigenes Unternehmen als "anderer" anzusehen ist und damit zur Auslegung des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG enthält § 2 Abs. 1 2. Halbsatz GVFG somit keine Aussage.

37

Das ausschließliche Abstellen auf die eigene Rechtspersönlichkeit des kommunalen Unternehmens bei der Beantwortung der Frage, ob es sich hierbei um einen "anderen" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG handelt, ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Gemeinde 100 % der Anteile an der kommunalen Eigengesellschaft besitzt. Denn die Klägerin hat sich aus wohlerwogenen Gründen dafür entschieden, ihre Stadtwerke als Aktiengesellschaft zu bilden und sämtliche Anteile selbst zu halten. Deshalb hat sie sowohl die Vor- als auch die Nachteile dieser Rechtsform hinzunehmen. Darüber hinaus dient das Kriterium der Rechtspersönlichkeit für die Abgrenzung des Trägers der Straßenbaulast von einem "anderen" der notwendigen Rechtsklarheit bei der Anwendung des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG.

38

Selbst wenn bei der Auslegung des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG eine wirtschaftliche Betrachtung anzustellen wäre, müsste die Beigeladene als „anderer“ Kostenträger angesehen werden. Die Folgekosten einer kommunalen Eigengesellschaft im Zusammenhang mit einer Straßenbaumaßnahme fallen nämlich nicht bei der Kommune als dem Träger der Straßenbaulast, sondern allein bei der Gesellschaft an. Unmittelbare finanzielle Auswirkungen auf den kommunalen Haushalt entstehen selbst dann nicht, wenn die Gemeinde die Anteile an der Eigengesellschaft zu 100 % hält, zumal das Unternehmen auch seinen Aufwand für Folgemaßnahmen in seine Kalkulation einbeziehen und über die Entgelte finanzieren kann.

39

Als "andere" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG ist die Beigeladene auch verpflichtet, die Kosten der Verlegung von Versorgungsleitungen infolge des Baus der verlängerten Industriestraße zu tragen. Dies folgt aus § 10 Abs. 1 Satz 2 des zwischen der Klägerin und der Beigeladenen bestehenden Konzessionsvertrages. Danach fallen der Beigeladenen die Kosten der Veränderung oder Entfernung einer Versorgungseinrichtung, Nahverkehrseinrichtung oder Anlage der Kommunikationstechnik zur Last, wenn der öffentliche Verkehr oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die ursächliche Baumaßnahme an der Verkehrsanlage erfordert. An dieser sog. Folgekostenpflicht der Beigeladenen vermag § 10 Abs. 3 Satz 1 KV nichts zu ändern. Nach dieser Regelung tritt die Rechtsfolge des § 10 Abs. 1 KV (= Folgekostenpflicht der Beigeladenen) nicht bei Maßnahmen ein, deren Kosten ganz oder teilweise von einem Dritten getragen werden. Zwar lässt der bloße Wortlaut die Auslegung zu, das beklagte Land als Zuwendungsgeber sei "Dritter" im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 1 KV. Jedoch verstößt eine solche Auslegung gegen den Zweck des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes und führt zu einer gesetzeswidrigen Umgehung der §§ 2 Abs. 1, 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG.

40

Nach dem Willen des Gesetzgebers ist es Zweck des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes, allein die Gemeinden und Landkreise als Träger der Straßenbaulast beim Bau oder Ausbau u.a. von verkehrswichtigen innerörtlichen Straßen durch Zuwendungen finanziell zu entlasten. Deshalb stehen dem Träger der Straßenbaulast keine Zuwendungen für Kosten zu, die er nicht selbst zu tragen hat (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 18f). Um solche Aufwendungen handelt es sich im vorliegenden Fall bei den Folgekosten einer Straßenbaumaßnahme nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Sie sind - wie bereits ausgeführt - gemäß § 10 Abs. 1 KV nicht von der Klägerin als Straßenbaulastträger, sondern von der Beigeladenen als Versorgungsunternehmen aufzubringen. Soweit die Folgekostenpflicht der Beigeladenen nach dem Willen der Parteien des Konzessionsvertrages zur Erlangung von Zuwendungen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz durch § 10 Abs. 3 Satz 1 KV beseitigt werden soll, führt dies nicht zu einer finanziellen Entlastung der Klägerin als Träger der Straßenbaulast, sondern allein der Beigeladenen als Versorgungsunternehmen. Da eine solche Entlastung des Versorgungsunternehmens vom Gesetz nicht gewollt ist, kann der Beklagte als Zuwendungsgeber nicht Dritter im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 1 KV sein. Deshalb verbleibt es trotz dieser vertraglichen Regelung bei der Folgekostenpflicht der Beigeladenen im Sinne des § 10 Abs. 1 KV (a. A. OLG Nürnberg, Urteil vom 15. Januar 1986 - 4 U 3014/85 - ). Die Kosten der Leitungsverlegung durch die Beigeladenen waren somit nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz nicht zuwendungsfähig.

41

2. Der vom Beklagten angeordneten Rücknahme der Förderzusage vom 2. August 1996, des Bewilligungsbescheides vom 10. Dezember 1996 und der entsprechenden Mittelbereitstellungen stehen weder Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes im Sinne des § 48 Abs. 2 VwVfG (a) noch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG (b) entgegen.

42

a) Gemäß § 48 Abs. 2 VwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistungen gewährt oder hierfür die Voraussetzung ist, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 23, 25 [30]; 27, 215 [217 f.]; 60, 208 [211]), der sich das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Urteil vom 17. November 1987 - 7 A 21/87 - (AS 22, 33 [38 f.]) angeschlossen hat, kann sich eine Behörde gegenüber einer anderen nicht auf den in § 48 Abs. 2 VwVfG normierten Vertrauensschutz berufen. Dies gilt auch für eine Gemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft. Denn sie ist dem Staat aufgrund öffentlichen Rechts eingegliedert und übt mittelbare Staatsgewalt aus. Deshalb ist sie an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gebunden und kann sich nicht auf den Fortbestand eines rechtswidrigen Zustandes berufen. Vielmehr muss sie darauf achten, dass öffentliche Mittel sachgerecht und rechtmäßig verwendet werden. Insofern dient der Vertrauensschutz nur dem Schutz des Bürgers vor dem ihm überlegenen Staat. Eines solchen Schutzes bedarf der Träger öffentlicher Gewalt hingegen nicht.

43

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich zu ihren Gunsten ein Vertrauensschutz im Sinne des § 48 Abs. 2 VwVfG auch nicht aus den besonderen Umständen des hier vorliegenden Einzelfalls. Zwar waren sich die Beteiligten und der Landesrechnungshof seit 1979/1980 bis zum Prüfvermerk vom 8. November 2006 einig, dass Kosten einer kommunalen Eigengesellschaft für die Leitungsverlegung zuwendungsfähig sind, sofern das Unternehmen zu 100 % im Eigentum der Gemeinde steht. Jedoch wird die besondere Gesetzesbindung der Klägerin, welche Grund für den Ausschluss des Vertrauensschutzes bei öffentlichen Rechtsträgern ist, weder durch die Einbeziehung des Rechnungshofs in die Prüfung der Rechtslage noch durch die Dauer der Überzeugung der Beteiligten von der Rechtmäßigkeit der Zuwendungsgewährung gemindert.

44

b) Des Weiteren kann sich die Klägerin als Gemeinde nicht auf die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG, innerhalb der die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts noch zulässig ist, berufen. Diese Frist dient dem Schutz des Vertrauens, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach Fristablauf trotz entgegenstehender Rechtslage Bestand hat. Damit schützt § 48 Abs. 4 VwVfG ebenso wie der Vertrauensschutz nach § 48 Abs. 2 VwVfG das Interesse des Adressaten eines Verwaltungsakts an der Rechtssicherheit. Die rechtliche Unzulässigkeit der Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt nach Ablauf der Jahresfrist ist demnach eine weitere Ausnahme vom Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. § 48 Abs. 4 VwVfG dient demnach als ebenfalls vertrauensschützende Norm dem Schutz des Bürgers vor dem ihm überlegenen Staat. Da öffentliche Rechtsträger wegen ihrer besonderen Gesetzesbindung diesen Schutz nicht in Anspruch nehmen und sich nicht auf den Fortbestand eines rechtswidrigen Zustandes berufen können, ist § 48 Abs. 4 VwVfG auf die Klägerin als Kommune nicht anwendbar. Insofern überwiegt entgegen der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 12. Juni 2007 - 15 A 371/05 - juris, Rn. 20) das öffentliche Interesse an der Rechtmäßigkeit von Verwaltungshandeln das Interesse der Klägerin an der „Klarheit ihrer finanziellen Planungsgrundlagen“.

45

Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass im vorliegenden Fall die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG nicht abgelaufen war. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beginnt die Jahresfrist zu laufen, wenn der für die Entscheidung über die Rücknahme zuständige Amtswalter die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihm die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Diese Kenntnis ist erst vorhanden, wenn sich die Behörde der Notwendigkeit bewusst geworden ist, wegen der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts über die Rücknahme entscheiden zu müssen. Hierzu ist es erforderlich, dass die Tatsachen vollständig, uneingeschränkt und unzweifelhaft ermittelt sind. Da zur Herstellung der Entscheidungsreife regelmäßig eine Anhörung gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG erforderlich ist, beginnt die Frist erst nach deren Abschluss zu laufen (vgl. BVerwGE 70, 356 [362 ff.]; BVerwG, NJW 2001, 1440).

46

Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, begann die Jahresfrist mit dem Eingang der abschließenden Stellungnahme der Klägerin beim Beklagten am 13. Mai 2009. Denn erst zu diesem Zeitpunkt waren dem Beklagten neben der teilweisen Rechtswidrigkeit der gewährten Zuwendungen die sonstigen für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen bekannt. Zwar hat sich die Landesregierung aufgrund einer Stellungnahme des Landesbetriebs Mobilität vom 9. März 2007 bereits im April 2007 der Auffassung des Landesrechnungshofs angeschlossen, nach der die Kosten für die Leitungsverlegung im Zusammenhang mit mehreren Straßenbaumaßnahmen der Klägerin nicht zuwendungsfähig sind (vgl. LT-Drucks. 15/1018, S. 20). Jedoch führte die daraufhin im Juni 2007 gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG eingeleitete - nicht die verlängerte Industriestraße, sondern drei andere Baumaßnahmen betreffende - erste Anhörung der Klägerin nicht zur Entscheidungsreife der Rücknahmefrage. In ihrer Stellungnahme vom 27. August 2007 hat die Klägerin nämlich auf die Bewertung der Zuwendungsfälle seit 1979/1980 durch die Beteiligten und den Landesrechnungshof hingewiesen. Danach wurden die Kosten für Leitungsverlegungen als zuwendungsfähig auch dann angesehen, wenn die Gemeinde die Anteile am kommunalen Versorgungsunternehmen zu 100 % hielt. Der Hinweis der Klägerin auf die bisherige Zuwendungspraxis hat daraufhin zu einer erneuten eingehenden Erörterung der hier streitigen Rücknahmevoraussetzungen geführt. Hieran waren der Landesrechnungshof, die Rechnungsprüfungskommission des Landtages und das beklagte Ministerium beteiligt. Dabei setzte sich der Beklagte gegenüber dem Landesrechnungshof entschieden dafür ein, die Zuwendungsfähigkeit der in Rede stehenden Aufwendungen so wie in der Vergangenheit zu beurteilen und von einer Rückforderung abzusehen (vgl. Schreiben des Beklagten an den Landesrechnungshof vom 10. Dezember 2007). Erst nachdem die Rechnungsprüfungskommission sowie der Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages am 13. Juni sowie am 8. und 21. August 2008 die Landesregierung aufgefordert hatten, die Kosten für die Leitungsverlegung von der Förderung auszunehmen, entschloss sich der Beklagte, die Bewilligungsbescheide zurückzunehmen. Zuvor war es jedoch erforderlich, die Rückforderungsbeträge hinsichtlich des Baus der hier in Rede stehenden verlängerten Industriestraße vom Landesbetrieb Mobilität feststellen zu lassen und die Klägerin zu den sodann ermittelten Tatsachen anzuhören. Letzteres geschah mit Schreiben vom 27. April 2009. Erst aufgrund der am 13. Mai 2009 eingegangenen Stellungnahme der Klägerin begann sodann die Jahresfrist zu laufen. Demnach ist der angefochtene Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 18. Mai 2009 rechtzeitig erlassen worden.

II.

47

Ziffer 2. des Bescheides vom 18. Mai 2009, in dem die zu viel gezahlten Zuwendungen zurückgefordert wurden, findet seine Rechtsgrundlage in § 49a Abs. 1 VwVfG. Danach sind die erbrachten Leistungen zu erstattet, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden ist.

B.

48

Rechtlich zu beanstanden ist Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides, durch den der Beklagte eine Verzinsung des Rückforderungsbetrages ab 22. Dezember 2005 angeordnet hat. Gemäß § 49a Abs. 3 Satz 1 VwVfG ist der zu erstattende Betrag vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsakts an zu verzinsen. Nach Satz 2 der Vorschrift kann von der Geltendmachung des Zinsanspruchs insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet.

49

Der sich aus § 49a Abs. 3 Satz 2 VwVfG ergebende Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Absehen von einer Verzinsung des Rückforderungsbetrages steht auch der Klägerin als öffentlichem Rechtsträger zu. Dies widerspricht nicht dem Umstand, dass sich Behörden weder auf Vertrauensschutz im Sinne des § 48 Abs. 2 VwVfG noch auf die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG berufen können. Der Ausschluss des Vertrauensschutzes und der Jahresfrist gegenüber öffentlichen Rechtsträgern beruht auf der gesteigerten Gesetzesbindung von Behörden und dem Zweck der §§ 48 Abs. 1, 49a Abs. 1 VwVfG. Beide Vorschriften dienen der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände durch die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte und die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Leistungen. Demgegenüber bezweckt die Verzinsung des Rückforderungsbetrages im Sinne des § 49a Abs. 3 Satz 1 VwVfG die Abschöpfung wirtschaftlicher Vorteile, die der durch die Hauptleistung Begünstigte zusätzlich erlangt hat. Sie führt damit zu einer Belastung, welche über die nachträgliche Schaffung rechtmäßiger Verhältnisse hinaus geht und deshalb nicht Ausdruck der Gesetzesbindung öffentlicher Rechtsträger ist. Deshalb ist der Beklagte gemäß § 49a Abs. 3 Satz 2 VwVfG verpflichtet, ermessensfehlerfrei darüber zu entscheiden, ob er ausnahmsweise von dieser weiteren Belastung in Form der Verzinsung des Rückforderungsbetrages absieht.

50

Die von dem Beklagten nach § 49a Abs. 3 Satz 2 VwVfG getroffene Entscheidung ist ermessensfehlerhaft. Ausweislich der Begründung im angefochtenen Bescheid beruht sie darauf, den der Klägerin entstandenen Zinsvorteil aus Gründen einer geordneten Bewirtschaftung von Subventionen dem Beklagten zuzuführen. Darüber hinaus entspreche die Verzinsung des Rückforderungsbetrages dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Umstände, die eine davon abweichende Entscheidung rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich. Darüber hinaus hat der Beklagte im gerichtlichen Verfahren als ergänzende Ermessenserwägung im Sinne des § 114 Satz 2 Verwaltungsgerichtordnung - VwGO - geltend gemacht, die in der Vergangenheit erfolgte Anerkennung der Kosten für die Veränderung von Versorgungsleitungen als zuwendungsfähig sei nicht geeignet, von der Geltendmachung des Zinsanspruchs abzusehen (vgl. Schriftsatz vom 2. November 2010). Mit diesen Erwägungen hat der Beklagte die besonderen Umstände des Einzelfalls nicht angemessen gewichtet. Denn die Beteiligten haben sich 1979/1980 mit dem Landesrechnungshof darauf geeinigt, die Kosten von Leitungsverlegungen als zuwendungsfähig anzuerkennen, weil die Klägerin 100 % der Anteile der Beigeladene hält. Diese Übereinkunft und ihre praktische Handhabung wurden über mehr als 25 Jahre von keinem der Beteiligten, insbesondere auch nicht vom Landesrechnungshof, in Frage gestellt. Insbesondere wegen der 1979/1980 erfolgten rechtlichen Prüfung durch den Landesrechnungshof als unabhängiger Institution hat die Klägerin die Umstände, die zur Rücknahme des Zuwendungsbescheides geführt haben, nicht im Sinne des § 49a Abs. 3 Satz 2 VwVfG zu vertreten. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von den sonstigen Fällen, in denen lediglich die Behörde und der Begünstigte von der Rechtmäßigkeit des sich später als rechtswidrig ergebenden Verwaltungsaktes ausgegangen sind. Diese Besonderheiten haben auch gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Bewirtschaftung von Subventionen und einer Gleichbehandlung der Zuwendungsempfänger ein solches Gewicht, dass die Entscheidung des Beklagten, nicht ausnahmsweise von einer Verzinsung des Rückforderungsbetrages abzusehen, den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung nicht gerecht wird.

51

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.

52

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10 Zivilprozessordnung.

53

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

54

Beschluss

55

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 12.253,00 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz).

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 29. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 125 700 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.

3

a) Als rechtsgrundsätzlich bedeutsam wirft die Beschwerde die auf § 48 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für Baden-Württemberg (LVwVfG) bezogenen Frage auf,

ob die bisherige, sich auf den Beschluss des Großen Senats vom 19. Dezember 1984 - BVerwG Gr. Sen. 1 und 2.84 - (BVerwGE 70, 356) stützende Rechtsprechung aufrecht erhalten bleiben kann, wenn der rechtswidrigen Ursprungsentscheidung und der Aufhebungsentscheidung identische Sachverhalte zugrunde liegen, eine Tatsachenermittlung sich also erübrigt, sich damit am Rechts- und Tatsachen-„Bestand" nichts geändert hat.

4

Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision. Die Vorschrift des § 48 Abs. 4 LVwVfG gehört zwar zum revisiblen Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), weil sie ihrem Wortlaut nach mit § 48 Abs. 4 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes wörtlich übereinstimmt und beide Vorschriften (im Folgenden nur nach dem Bundes-Verwaltungsverfahrensgesetz zitiert) einheitlich auszulegen sind. Die aufgeworfene Frage ist jedoch nicht klärungsbedürftig. Sie ist, wie die Beschwerde selbst hervorhebt, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt. Nach Auffassung des Großen Senats des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O. S. 357) erfasst § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nicht nur die Fälle, in denen die Rücknehmbarkeit eines begünstigenden Verwaltungsakts darauf beruht, dass der Behörde bei Erlass des Verwaltungsakts nicht alle entscheidungserheblichen Tatsachen bekannt waren; sie regelt vielmehr auch die Fälle, in denen die Behörde bei voller Kenntnis des entscheidungserheblichen Sachverhalts unrichtig entschieden hat, und findet somit auch Anwendung, wenn die Behörde - wie hier - nachträglich erkennt, dass sie den beim Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts vollständig bekannten Sachverhalt unzureichend berücksichtigt oder unrichtig gewürdigt hat.

5

Die Beschwerde möchte dem Bundesverwaltungsgericht jedoch Gelegenheit geben, seine bisherige Rechtsprechung zu überprüfen. Sie trägt vor, die Einbeziehung von Rechtsanwendungsfehlern in die Fristbestimmung nach § 48 Abs. 4 VwVfG sei in der Literatur auf nachhaltige, bis heute anhaltende Kritik gestoßen, weil damit die Anwendung der Vorschrift regelmäßig ins Leere gehe. Der Entscheidung des Großen Senats möge zu folgen sein in Fallkonstellationen, in denen die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheids so verschränkt seien, dass eine Trennung zwischen Sachverhalt und Rechtsanwendung wenig sinnvoll erscheine. Das rechtfertige aber nicht, Fälle ohne erforderliche Tatsachenermittlung und gleichbleibender Rechtswidrigkeit/gleichbleibendem Rechtsanwendungsfehler ebenso zu behandeln wie Fälle, in denen der aufzuhebenden Ursprungsentscheidung ein erst später als unrichtig erkannter Sachverhalt zugrunde gelegen habe. Es sei - auch wegen des knapp 30-jährigen Zeitabstands zur Entscheidung des Großen Senats und den seither geänderten Anforderungen an staatliches Handeln - zu überdenken, ob bei zwischen Ursprungs- und Aufhebungsbescheid unveränderter Rechts- und Tatsachenlage die Jahresfrist ab Erlass des Verwaltungsakts laufe. Dieser Vortrag rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.

6

Um die grundsätzliche Bedeutung einer in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärten Rechtsfrage darzulegen, muss die Beschwerde vertiefend erörtern, inwieweit in dem erstrebten Revisionsverfahren über die bisherige Rechtsprechung hinaus zusätzliche Erkenntnisse gewonnen werden könnten (Beschlüsse vom 4. März 1998 - BVerwG 7 B 388.97 - juris und vom 25. November 1992 - BVerwG 6 B 27.92 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 306). Die Beschwerde muss sich dazu mit den Gründen der bisherigen Rechtsprechung auseinander setzen; sie muss aufzeigen, aus welchen Gründen eine erneute Befassung des Bundesverwaltungsgerichts mit der aufgeworfenen Frage erforderlich sein könnte, namentlich, dass sich neue Gesichtspunkte ergeben hätten, die geeignet sein könnten, die bisherige Rechtsprechung in Frage zu stellen (Beschluss vom 27. August 1997 - BVerwG 1 B 145.97 - Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 67). Daran fehlt es hier. Der Große Senat (a.a.O. S. 358 ff.) hat seine Auffassung unter Heranziehung von Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck sowie dem historischen Gesetzgeberwillen ausführlich begründet. Mit dieser Begründung setzt sich die Beschwerde nicht einmal im Ansatz auseinander. Sie beschränkt sich vielmehr auf die pauschale Behauptung, dass die Anwendung der Vorschrift unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig ins Leere gehe, wie der vorliegende Fall anschaulich zeige. Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, dass sich seit der Entscheidung des Großen Senats neue Gesichtspunkte ergeben hätten, die geeignet sein könnten, die bisherige Rechtsprechung in Frage zu stellen. Die behauptete nachhaltige, bis heute anhaltende Kritik in der Literatur genügt hierfür ebenso wenig wie der Hinweis auf den Zeitabstand zur Entscheidung des Großen Senats und die seither angeblich geänderten Anforderungen an staatliches Handeln. Dass die aufgeworfene Rechtsfrage wieder grundsätzliche Bedeutung gewonnen haben könnte, ist damit nicht dargetan.

7

b) Rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf reklamiert die Beschwerde ferner hinsichtlich der Frage,

ob der in § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG verwendete Begriff der „Kenntnis" stets „positive Kenntnis" voraussetze und - zusätzlich -, wie dieser Begriff von einer Verweigerung der Kenntnisnahme oder einer (grob) fahrlässigen Nichtkenntnisnahme abzugrenzen sei.

8

Die Beschwerde stellt auch insoweit nicht in Abrede, dass die von ihr aufgeworfene Frage in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist. Sie legt selbst zutreffend dar, dass die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nach der Entscheidung des Großen Senats (a.a.O. S. 364) - auch in Fällen wie dem vorliegenden, in dem sich die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen zwischen Ursprungs- und Aufhebungsbescheid nicht geändert hätten - nur durch die positive Kenntnis von den Tatsachen, die die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigen, in Lauf gesetzt wird. Eine Frist für die Ermittlung der maßgeblichen Umstände hat der Gesetzgeber den Behörden in § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nicht gesetzt; für eine ausdehnende Auslegung der Vorschrift in diese Richtung fehlt jede Grundlage (Beschluss vom 12. September 1997 - BVerwG 3 B 66.97 - Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 87). Die Beschwerde geht deshalb zu Recht davon aus, dass jede Form der Nichtkenntnisnahme den Fristlauf hindert, weil es im Rahmen des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG auf ein „(qualifiziertes) Kennenmüssen" der die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigenden Gründe nicht ankommt.

9

Soweit die Beschwerde meint, dem könne aus Gründen einer rechtsstaatlichen Handlungspflicht der zuständigen Behörden und des Vertrauensschutzes ebenso wenig gefolgt werden wie unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung einer Amtspflichtverletzung, stellt sie der Rechtsauffassung des Großen Senats lediglich ihre eigene Meinung gegenüber. Grundsätzlichen Klärungsbedarf zeigt sie damit nicht auf. Die angemeldeten Bedenken sind im Übrigen auch in der Sache unbegründet. Dass die Behörden bei der Ermittlung der Rücknahmevoraussetzungen rechtsstaatlichen Bindungen unterliegen, steht außer Frage. Den rechtsstaatlichen Bindungen kann aber durch den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben hinreichend Rechnung getragen werden (vgl. zuletzt Urteil vom 20. März 2014 - BVerwG 4 C 11.13 - juris Rn. 28 ff.). So kann ein Rücknahmebescheid wegen einer Verwirkung der Rücknahmebefugnis rechtswidrig sein (Urteil vom 20. Dezember 1999 - BVerwG 7 C 42.98 - BVerwGE 110, 226 <234 ff.> und Beschluss vom 12. September 1997 a.a.O. S. 6 m.w.N.), wenn die Behörde - wie von der Beschwerde vorliegend behauptet - den Lauf der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG durch „konzentriertes Nichtstun" verhindert. Unter dem Aspekt der Verwirkung hat der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 18 f.) den angegriffenen Rücknahmebescheid geprüft, hierfür aber - auch angesichts des von der Beschwerde angeführten Umstandes der wiederholten Verlängerung der erteilten Baugenehmigung - keine Anhaltspunkte gesehen.

10

c) Schließlich ist auch die Frage,

welche konkrete Sachverhaltsermittlung für die „positive Kenntnis" laut Rechtsprechung des Großen Senats zugrunde zu legen ist und wie diese Erkenntnisse im Gerichtsverfahren zu ermitteln sind,

nicht grundsätzlich klärungsbedürftig.

11

Soweit die Beschwerde damit klären lassen möchte, auf welche Tatsachen sich die Kenntnis der Behörde beziehen muss, ist dies in der Entscheidung des Großen Senats des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O. S. 362 f.) geklärt: Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG beginnt erst zu laufen, wenn der Behörde sämtliche für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Erforderlich ist also zunächst die Kenntnis derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts ergibt. Das sind die Tatsachen, die den im Einzelfall unterlaufenen Rechtsanwendungsfehler und die Kausalität dieses Fehlers für den Inhalt des Verwaltungsakts ausmachen. Schon der Wortlaut der Vorschrift stellt allerdings klar, dass die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit für sich allein den Fristenlauf nicht auszulösen vermag, sondern hierzu die vollständige Kenntnis des für die Entscheidung über die Rücknahme des Verwaltungsakts erheblichen Sachverhalts nötig ist. Hierzu gehören alle Tatsachen, die im Falle des § 48 Abs. 2 VwVfG ein Vertrauen des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsakts entweder nicht rechtfertigen oder ein bestehendes Vertrauen als nicht schutzwürdig erscheinen lassen, sowie die für die Ermessensausübung wesentlichen Umstände.

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Durch welche konkreten Maßnahmen im gerichtlichen Verfahren nach Maßgabe des § 86 Abs. 1 VwGO zu ermitteln ist, zu welchem Zeitpunkt die für die Rücknahme zuständige Behörde Kenntnis von diesen Tatsachen hatte, ist eine Frage des Einzelfalls und entzieht sich einer rechtsgrundsätzlichen Klärung. Das gilt auch für die Frage, ob - wie die Beschwerde meint - hierzu die Ausschöpfung der gesamten, bekannten Erkenntnisquellen und damit auch die Vernehmung des (in erster Instanz vernommenen) Bediensteten gehört. Ein allgemeiner Rechtssatz des Inhalts, dass eine erneute Zeugeneinvernahme im Berufungsverfahren stets erforderlich wäre, wenn das Berufungsgericht von der erstinstanzlichen Tatsachenwürdigung abweichen will, lässt sich nicht aufstellen.

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2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, soweit die Beschwerde „unter Bezugnahme" auf diesen Vortrag geltend macht, dass die nicht erfolgte Vernehmung des Bediensteten der Beklagten im Berufungsverfahren „aus den oben genannten Gründen" einen Verfahrensfehler darstelle. Sie macht geltend, die Entscheidung könne auf der fehlenden Zeugenvernehmung beruhen, weil sich aus dem Akteninhalt und kumulativ der Vernehmung in einer zusammenfassenden und vollständigen Beweiswürdigung ergeben könne, dass eine frühere positive Kenntnis anzunehmen sei. Ein die Zulassung der Revision rechtfertigender Verfahrensmangel ist damit nicht in einer den Substantiierungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargetan. Das gilt auch unter Berücksichtigung des in Bezug genommenen Vortrags, die erneute Vernehmung des Bediensteten sei im vorliegenden Fall erforderlich gewesen, um dessen Aussage gemeinsam mit der gegenüber dem Verwaltungsgericht geänderten Wertung des Akteninhalts zu gewichten. Konkrete Umstände, die dies im vorliegenden Fall gebieten könnten, führt die Beschwerde nicht an. Erst recht fehlt jegliche Erläuterung dazu, ob und gegebenenfalls in welcher Weise die Klägerin durch Beweisanträge auf die von ihr für erforderlich gehaltene Sachverhaltsfeststellung hingewirkt hat.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.