Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 19. Mai 2016 - 12 A 12/16

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2016:0519.12A12.16.0A
19.05.2016

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 23.07.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.11.2015 wird insoweit aufgehoben, als die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für nicht notwendig erklärt wurde. Die Beklagte wird verpflichtet, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Widerspruchsverfahren bezüglich des Bescheids der Beklagten vom 02.04.2015 für notwendig zu erklären.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

2

Der Kläger ist pensionierter Beamter der Bundespolizei. Zuletzt stand er als Polizeivollzugsbediensteter im Dienst der Beklagten. Wegen Dienstunfähigkeit wurde er, der seit Ende 2011 durchgehend erkrankt war, mit Verfügung vom 24.04.2013 zum Ablauf des 31.05.2013 in den Ruhestand versetzt.

3

Mit Bescheid vom 02.04.2015 traf die Beklagte eine Regelung zur finanziellen Abgeltung des wegen Krankheit vor Eintritt in den Ruhestand nicht in Anspruch genommenen Urlaubs des Klägers. zur Begründung verwies sie auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, welches am 31.01.2013 (Az. 2 C 10.12) entschieden habe, dass Beamte nach Maßgabe des Europäischen Gerichtshofs einen Anspruch auf Abgeltung des unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs (20 Tage / Urlaubsjahr) hätten, den sie krankheitsbedingt bis zum Eintritt/Versetzung in den Ruhestand nicht mehr hätten nehmen können, sofern er nicht verfallen oder verjährt sei. Ansprüche verfielen 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres. Die Verjährungsfrist betrage gemäß § 195 BGB drei Jahre, beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem die Beamtin/der Beamte in den Ruhestand trete (entsprechend § 199 Abs. 1 BGB).

4

Nach Prüfung der Rechts- und Erlasslage bestehe für den Kläger folgender Anspruch: Sein Resturlaub aus dem Jahr 2011 werde nicht berücksichtigt, da er mit Ablauf des 31.03.2013 (15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres) bereits verfallen sei. Für das Jahr 2012 stehe dem Kläger der unionsrechtlich gewährleistete Mindesturlaub von 20 Tagen und für das Jahr 2013 der anteilige Mindesturlaub für fünf Monate - mithin 8,33 Tage - zu. Dies ergebe insgesamt 28,33 Tage abzugeltenden Urlaubs.

5

Unter dem 04.05.2013 legitimierte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegenüber der Beklagten als dessen Verfahrensbevollmächtigter und erhob namens und in Vollmacht des Klägers Widerspruch gegen den Bescheid. Während die Berechnung der Abgeltungstage für die Jahre 2012 und 2013 korrekt und nicht zu beanstanden sei, sei der Bescheid in Bezug auf den Urlaubsabgeltungsanspruch für das Jahr 2011 abzuändern, soweit darin angenommen werde, der Resturlaub aus 2011 sei bereits verfallen. Es sei nämlich zu unterscheiden zwischen Verfall des Urlaubsanspruchs und dessen Verjährung. Der Urlaubsanspruch des Beamten verfalle 18 Monate nach Ende des Urlaubsjahres. Der Urlaubsanspruch für 2011 sei daher erst am 30.06.2013 verfallen. Die im Bescheid vom 02.04.2015 zugrunde gelegte Verfallfrist von 15 Monaten sei nicht nachzuvollziehen. Verwiesen werde in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Aktenzeichen 2 C 10.12 sowie auf das Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 22.04.2014 (Az. D230106/26).

6

Da der Kläger am 01.06.2013 in den Ruhestand getreten sei, sei der Urlaubsanspruch zu diesem Zeitpunkt noch nicht verfallen gewesen und habe sich in einen Abgeltungsanspruch umgewandelt. Dieser Anspruch sei auch nicht verjährt. Verjährung trete erst am 31.12.2016 ein.

7

Mit Bescheid vom 26.06.2015 half die Beklagte dem Widerspruch vom 04.05.2015 ab und hob ihren Bescheid vom 02.04.2015 hinsichtlich des Urlaubsjahres 2011 auf. Die Beklagte teilte weiter mit, dass Aufwendungen im Vorverfahren nicht erstattet würden (Ziffer 3).

8

Zur Begründung hieß es: Der Widerspruch sei begründet. Gemäß der gültigen Erholungsurlaubsverordnung (EUrlV) vom 29.11.2014 unterliege Erholungsurlaub, der wegen Dienstunfähigkeit nicht habe in Anspruch genommen werden können, unterschiedlichen Verfallsfristen. Der unionsrechtlich gewährte Mindesturlaub in Höhe von 20 Tagen verfalle 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres. Der Verfall trete daher jeweils mit Ablauf des 31. März des auf das Urlaubsjahr folgenden übernächsten Jahres ein. Der den Mindesturlaub übersteigende Urlaub verfalle 12 Monate nach Ende des Urlaubsjahres.

9

Der Kläger sei mit Ablauf des 31.05.2013 zur Ruhe gesetzt worden. Daher sei die EUrlV nicht anzuwenden. Zu diesem Zeitpunkt sei mangels nationaler Rechtsnorm nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts zu verfahren gewesen und eine Verfallsfrist von 18 Monaten zugrunde zu legen. Dem Kläger habe im Urlaubsjahr 2011 ein unionsrechtlich gewährter Mindesturlaub von 20 Tagen zugestanden. Ausweislich seines Urlaubsnachweises habe er im Jahr 2011 10,18 Tage Urlaub genommen. Somit verblieben 9,82 Tage Urlaub. Dieser werde ihm finanziell abgegolten, da er weder verfallen noch verjährt sei. Es ergebe sich folgender finanziell abzugeltender Anspruch: für das Urlaubsjahr 2011 9,82 Urlaubstage, für 2012 20 Urlaubstage und für 2013 8,33 Urlaubstage, in der Summe mithin 38,15 Urlaubstage.

10

Mit anwaltlichem Schreiben vom 07.07.2015 wurden der Beklagten die Rechtsanwaltsgebühren des vom Kläger für das Widerspruchsverfahren mandatierten Bevollmächtigten bekanntgegeben. Die Beklagte wurde unter Hinweis auf die Kostentragungspflicht des § 80 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) aufgefordert, die entsprechend den Nummern 2300, 7002 und 7008 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG) berechnete Kostennote über 147,56 € innerhalb der nächsten Tage auszugleichen.

11

Mit Bescheid vom 23.07.2015 änderte die Beklagte ihre Entscheidung vom 26.06.2015 dahingehend ab, dass Ziffer 3 aufgehoben wurde. Gleichzeitig erklärte sie die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für nicht notwendig.

12

Nach der im Gesetz in § 80 Abs. 2 VwVfG zum Ausdruck gebrachten Einschätzung des Gesetzgebers sei im Widerspruchsverfahren eine Vertretung des Widerspruchsführers durch Rechtsanwälte in der Regel nicht erforderlich.

13

Nach den persönlichen Verhältnissen des Widerspruchsführers (Polizeiobermeister a.D.) und der Einfachheit der Sache sei ihm zuzumuten gewesen, das Vorverfahren selbst zu führen.

14

Unter dem 01.08.2015 erhob der Kläger Widerspruch.

15

Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt im Widerspruchsverfahren sei notwendig gewesen. Es treffe nicht zu, dass der Gesetzgeber in § 80 Abs. 2 VwVfG zum Ausdruck bringe, dass eine Vertretung durch Rechtsanwälte im Widerspruchsverfahren in der Regel nicht erforderlich sei. Vielmehr werde darauf abgestellt, ob es dem Widerspruchsführer zuzumuten sei, das Widerspruchsverfahren alleine und ohne anwaltlichen Beistand zu betreiben.

16

Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Er sei Polizeiobermeister a.D. Sein Aufgabenbereich habe sich nicht auf den Bereich Beamtenbezüge erstreckt. Er sei auch kein Jurist. Auch von einem einfach gelagerten Sachverhalt könne nicht ausgegangen werden. Bei der Frage von Beamtenbezügen handele es sich grundsätzlich um eine schwierige Materie. Hinzu komme, dass es vorliegend speziell um die Frage der Anrechnung und Verjährung von Urlaubstagen gegangen sei, wenn dieser aufgrund von Krankheit nicht mehr habe genommen werden können. Zu beachten sei hierbei, dass ihm nach den bisherigen Grundsätzen ein Anspruch nicht zugestanden habe. Erst aufgrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts habe sich eine Änderung der Rechtsprechung ergeben. Das Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern sei ihm nicht bekannt gewesen. Selbst der zunächst zuständige Sachbearbeiter der Beklagten habe offensichtlich in der Bearbeitung seine Schwierigkeiten gehabt, da zunächst ja eine falsche Entscheidung getroffen worden sei.

17

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2015 wies die Beklagte den Widerspruch vom 01.08.2015 zurück und verteidigte ihren Bescheid vom 23.07.2015, wonach die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren nicht notwendig gewesen sei.

18

Bei einem erfolgreichen Widerspruch habe gemäß § 80 Abs. 1 VwVfG die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen habe, demjenigen, der Widerspruch erhoben habe, die notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Davon abgekoppelt seien nach § 80 Abs. 2 VwVfG jedoch die Kosten für Rechtsanwälte oder sonstige Bevollmächtigte. Diese seien nur erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig gewesen sei. Bei der Grundregelung des § 80 Abs. 1 VwVfG, wonach bei erfolgreichem Widerspruch dem Widerspruchsführer "die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten seien", habe der Gesetzgeber die Frage der Erstattungsfähigkeit der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts ersichtlich ausgeklammert und einer besonderen Entscheidung vorbehalten, wie die Spezialregelungen des § 80 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 VwVfG zeigten. Nach der im Gesetz in § 80 Abs. 2 VwVfG zum Ausdruck gebrachten Einschätzung des Gesetzgebers sei eine Vertretung des Widerspruchsführers durch Rechtsanwälte im Widerspruchsverfahren in der Regel nicht erforderlich. Hieraus folgere das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung, dass die notwendige Vertretung durch einen Rechtsanwalt im Vorverfahren nicht als Regel, sondern als Ausnahme konzipiert sei. Notwendig sei die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten dann, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten sei, das Vorverfahren selbst zu führen.

19

Einem Polizeibeamten im mittleren Dienst würden die grundlegenden Abläufe eines Widerspruchsverfahrens in der Ausbildung vermittelt. Der Widerspruchsführer sei Polizeivollzugsbeamter im statusrechtlichen Amt eines Polizeiobermeisters gewesen. Polizeibeamte nähmen eine Sonderstellung bei den Beamten ein. Sie könnten bei ihrem Handeln sowohl repressiv als auch präventiv vorgehen. Insbesondere das präventive Handeln sei dem originären Verwaltungsrecht zuzurechnen, das die Einhaltung von materiellen und formellen Anforderungen gebiete. Es handele sich hierbei um Grundsätze, die im gesamten öffentlichen Recht anzuwenden seien. Der Widerspruchsführer sei - anders als der Durchschnittsbürger - durch seine Ausbildung, Arbeit und Informationsaustausch mit Kollegen mit den Grundzügen des Verwaltungsrechts und des (rechtmäßigen) Behördenhandelns in Berührung gekommen. Allein dieses Wissen reiche aus, um gegen den Bescheid der finanziellen Urlaubsabgeltung vorzugehen. Beamtenrechtliche Spezialkenntnisse seien hierzu nicht notwendig. Ein Widerspruch im Sinne des § 69 VwGO sei, selbst wenn es an der Bezeichnung "Widerspruch" fehle, in jeder Erklärung zu sehen, aus der der Wille des Betroffenen hervorgehe, sich mit einer bestimmten Verwaltungsentscheidung nicht zufrieden zu geben und deren Änderung zu erstreben. Somit sei es einem ausgebildeten Polizeivollzugsbeamten sehr wohl zuzumuten, eine Willenserklärung zur Änderung eines behördlichen Bescheides auch ohne Hinzuziehung eines Rechtsanwalts zu formulieren.

20

Der Kläger hat am 23.12.2015 Klage erhoben.

21

Er hält die Zuziehung eines Bevollmächtigten im hier streitgegenständlichen Vorverfahren für notwendig.

22

Zwar sei eine anwaltliche Vertretung im verwaltungsrechtlichen Verfahren nicht vorgeschrieben, der Bürger sei jedoch berechtigt, sich in jedem Stadium eines Verfahrens anwaltlich vertreten zu lassen. Dieses Recht habe auch ihm zugestanden. Seine Entscheidung sei auch nicht mutwillig gewesen. Wie die angefochtene Entscheidung der Beklagten vom 02.04.2015 zeige, handele es sich bei der Berechnung der Abgeltung von Urlaubsansprüchen um eine schwierige rechtliche Materie. Andernfalls hätte die Beklagte auch keine fehlerhafte Entscheidung getroffen. Er habe in der Vergangenheit seinen Urlaub immer genommen, so dass er mit der Frage der Abgeltung von Urlaubsansprüchen bisher nicht konfrontiert gewesen sei. Zudem habe er keine Kenntnisse über die Urlaubsberechnung, insbesondere nicht über den Verfall und die Verjährung von Urlaubsansprüchen. Es sei daher nicht zu beanstanden, dass er sich zur Überprüfung des Bescheids der Beklagten vom 02.04.2015 und zur Durchführung des Widerspruchsverfahrens anwaltlicher Hilfe bedient habe. Die hierfür entstandenen Kosten seien von der Beklagten zu zahlen. Schließlich habe sie die anwaltliche Inanspruchnahme durch ihre fehlerhafte Entscheidung verursacht.

23

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

24

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23.07.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.11.2015 zu verpflichten, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren bezüglich des Bescheids der Beklagten vom 02.04.2015 für notwendig zu erklären.

25

Die Beklagte beantragt,

26

die Klage abzuweisen.

27

Sie tritt dem klägerischen Begehren entgegen und verweist zur Begründung auf die Ausführungen in ihren Bescheiden.

28

Durch Beschluss vom 06.04.2016 ist der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.

29

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 18.12.2015 und vom 01.03.2016 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

31

Die Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist gemäß § 88 VwGO entsprechend dem Begehren und dem Vortrag des Klägers dahingehend auszulegen, dass die Beklagte verpflichtet wird, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Widerspruchsverfahren des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 02.04.2015 für notwendig zu erklären.

32

Die so verstandene Klage ist zulässig und begründet.

33

Die angefochtenen Bescheide sind rechtwidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten; er hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

34

Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwVfG hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind nach § 80 Abs. 2 VwVfG allerdings nur dann erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. § 80 Abs. 2 VwVfG bildet insoweit keine "selbstständige Anspruchsgrundlage", sondern knüpft als Spezialregelung zu § 80 Abs. 1 VwVfG an die im Abhilfe- bzw. Widerspruchsbescheid zu treffende Kostengrundentscheidung an, deren Bestandteil sie ist (vgl. Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, Kommentar, 2014, § 80, Rn. 35).

35

Die Voraussetzungen von § 80 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwVfG liegen vor.

36

Bei der Frage, ob die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war, handelt es sich um eine reine Rechtsfrage, die vollständig der gerichtlichen Prüfung unterliegt. Die Verwaltungsbehörde hat insoweit keinen Ermessensspielraum (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 16. Auflage, 2015, § 80, Rn. 39).

37

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Thematik der "Notwendigkeit" der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren ist nicht einheitlich, sondern geprägt von einer jahrzehntelangen Kontroverse zwischen unterschiedlichen Senaten (vgl. Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, Kommentar, 2014, § 80, Rn. 38 ff. m.w.N.). Sie kann wie folgt zusammengefasst werden:

38

Zwar ist die notwendige Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren nicht die Regel, sondern die Ausnahme (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2001 - 6 C 19/01 - juris). Gleichwohl hängt - ungeachtet der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers in § 80 Abs. 2 VwVfG und § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, im Vorverfahren eine Vertretung des Widerspruchsführers durch Rechtsanwälte oder sonstige Bevollmächtigte in der Regel weder für üblich noch erforderlich zu halten - die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren stets von der Prüfung im Einzelfall ab (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.08.2003 - 6 B 26/03 - juris). Für die Auslegung und Anwendung von § 80 Abs. 2 VwVfG bzw. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist also weniger das Begriffspaar "Regel/Ausnahme" als vielmehr die Feststellung aussagekräftig, wonach die Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten im Vorverfahren - anders als diejenige im gerichtlichen Verfahren (§ 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO) - nicht automatisch, sondern je nach Lage des Einzelfalls nur unter der Voraussetzung der konkreten Notwendigkeit anzuerkennen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2001 - a.a.O.). Aus dem Begriff der "Notwendigkeit" der Zuziehung eines Bevollmächtigten folgt allerdings nicht, dass die Erstattungsfähigkeit im Widerspruchsverfahren auch zwingend eine Ausnahme bleiben muss. Eine Beschränkung auf Ausnahmefälle findet im Gesetzeswortlaut keinen hinreichenden Anhaltspunkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.05.2000 - 7 C 8/99 - juris). Die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren beurteilt sich letztlich jedenfalls unter Würdigung der jeweiligen Verhältnisse vom Standpunkt einer verständigen Partei, die bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.07.2000 - 11 A 1/99, 11 KSt 2/99 - juris). Maßgebend ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten bedient hätte. Notwendig ist die Zuziehung eines Rechtsanwalts dann, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.12.2009 - 1 WB 61/09 - juris).

39

Ausgehend von diesen Maßstäben war es dem Kläger nicht zuzumuten, das Vorverfahren ohne Beteiligung eines rechtskundigen Bevollmächtigten alleine durchzuführen.

40

Es mag zwar sein, dass es dem Kläger noch möglich und zumutbar war, in eigener Person und ohne Hilfestellung eines Bevollmächtigten (fristgemäß) eine schlichte Willenserklärung gegenüber der Beklagten abzugeben, aus der hervorgegangen wäre, dass er sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 02.04.2015 wenden möchte, insbesondere weil der Begriff "Widerspruch" hierbei - wie die Beklagte richtig festgestellt hat - nicht explizit verwendet werden muss. Dieser Umstand betrifft jedoch nur die formellen Anforderungen hinsichtlich eines Widerspruchs.

41

Die Frage, ob der Widerspruch in der konkreten Situation jedoch auch in materieller Hinsicht erfolgversprechend ist, konnte sich der Kläger trotz seines ihm attestierten Vorwissens als Beamter nicht ohne weiteres selbst beantworten. Hierfür bedurfte es vertiefter Kenntnisse im Bereich des Beamtenrechts. Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, dass er in der Vergangenheit seinen ihm zustehenden Jahresurlaub regelmäßig genommen habe, so dass er mit der Problematik einer finanziellen Abgeltung nicht beanspruchten Urlaubs bis zur seiner Ruhestandsversetzung auch nicht konfrontiert gewesen war.

42

Zudem konnte er nicht sicher sein, ob und gegebenenfalls inwieweit die letztlich eingetretene Dienstunfähigkeit zu einer Modifikation seiner Ansprüche hätte führen können. Weiterhin bedurfte es der Kenntnis von deutscher und europäischer Rechtsprechung. Es galt schließlich, die Begriffe "Verfall" und "Verjährung" auseinander zu halten, deren jeweilige Rechtsfolge an unterschiedliche Fristen geknüpft war. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass von der Beklagten für den Kläger Urlaubsabgeltungsansprüche aus den Jahren 2011, 2012 und 2013 festgesetzt wurden und es für ihn in der Folge um einen nicht unerheblichen Geldbetrag ging, war es aus der Sicht eines vernünftigen Bürgers mit dem Bil- dungs- und Erfahrungsstand des zumindest in dieser Hinsicht nicht vollends rechtskundigen Klägers gerechtfertigt, sich zur Sicherung und Durchsetzung seiner Rechte schon im Widerspruchsverfahren der Hilfe eines Rechtsanwalts zu bedienen. Es konnte dem Kläger nicht zugemutet werden, auf anwaltliche Hilfe zu verzichten. Es würde den Kenntnisstand eines (pensionierten) Beamten des mittleren Dienstes überstrapazieren, wenn von ihm verlangt würde, die streitgegenständliche Rechtsproblematik selbstständig zu überblicken und das entsprechende Widerspruchsverfahren alleine durchzuführen.

43

Auch wenn für die Beurteilung der Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts auf den Zeitpunkt dessen Bevollmächtigung abzustellen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.2011 - 1 WB 51/11 -juris), also eine ex ante-Prognose hinsichtlich der Notwendigkeit vorgenommen wird, wird diese Notwendigkeit in der hier vorliegenden Konstellation durch die zunächst fehlerhafte Berechnung der Urlaubsabgeltungsansprüche des Klägers durch die Beklagte selbst in einer ex post-Betrachtung jedenfalls bestätigt. Die Ansicht der Beklagten, dem Kläger sei es zuzumuten gewesen, das Vorverfahren aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse, seiner Vorkenntnisse und der Einfachheit der Sache selbst zu führen, erscheint unter diesen Umständen auch widersprüchlich. Sofern die Beklagte von einem einfach gelagerten Sachverhalt ausgeht, hätte jedenfalls sie selbst grundsätzlich auch in der Lage sein müssen, die Rechtslage - unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung - zutreffend einzuschätzen und im Ergebnis zu einer von Anfang an korrekten Entscheidung zu gelangen. Dies ist ihr jedoch nicht gelungen. Vielmehr bedurfte es des Widerspruchs durch den Bevollmächtigten des Klägers, um den Fehler hinsichtlich der finanziellen Abgeltung des übrigen Jahresurlaubs aus 2011 zu bemerken und schließlich zu korrigieren.

44

Schließlich hilft auch die von Beklagten in ihrem Widerspruchsbescheid zitierte Entscheidung der Kammer (Urteil vom 27.08.2014 - 12 A 219/11 - juris) nicht weiter; denn der dort zu beurteilende Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar.

45

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 69


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1.
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(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 45 unbeachtlich ist. Soweit der Widerspruch erfolglos geblieben ist, hat derjenige, der den Widerspruch eingelegt hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, zu erstatten; dies gilt nicht, wenn der Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt eingelegt wird, der im Rahmen

1.
eines bestehenden oder früheren öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses oder
2.
einer bestehenden oder früheren gesetzlichen Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die an Stelle der gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann,
erlassen wurde. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat (§ 73 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung) die Kostenentscheidung getroffen, so obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für Vorverfahren bei Maßnahmen des Richterdienstrechts.

Das Vorverfahren beginnt mit der Erhebung des Widerspruchs.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 45 unbeachtlich ist. Soweit der Widerspruch erfolglos geblieben ist, hat derjenige, der den Widerspruch eingelegt hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, zu erstatten; dies gilt nicht, wenn der Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt eingelegt wird, der im Rahmen

1.
eines bestehenden oder früheren öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses oder
2.
einer bestehenden oder früheren gesetzlichen Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die an Stelle der gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann,
erlassen wurde. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat (§ 73 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung) die Kostenentscheidung getroffen, so obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für Vorverfahren bei Maßnahmen des Richterdienstrechts.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 45 unbeachtlich ist. Soweit der Widerspruch erfolglos geblieben ist, hat derjenige, der den Widerspruch eingelegt hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, zu erstatten; dies gilt nicht, wenn der Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt eingelegt wird, der im Rahmen

1.
eines bestehenden oder früheren öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses oder
2.
einer bestehenden oder früheren gesetzlichen Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die an Stelle der gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann,
erlassen wurde. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat (§ 73 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung) die Kostenentscheidung getroffen, so obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für Vorverfahren bei Maßnahmen des Richterdienstrechts.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

Tatbestand

Der Antragsteller beantragte, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im vorgerichtlichen Wehrbeschwerdeverfahren für notwendig zu erklären. Er machte geltend, er habe den Bevollmächtigten nicht erst mit einer formularmäßigen Vollmacht vom 4. Juli 2011, sondern schon vorher in einer Email vom 8. Juni 2011 für das Verfahren mandatiert.

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Antrag zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

...

19

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 80 Abs. 2 VwVfG und § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren unter Würdigung der jeweiligen Verhältnisse vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen. Maßgebend ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten bedient hätte. Notwendig ist die Zuziehung eines Rechtsanwalts dann, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen (Beschluss vom 18. November 2010 - BVerwG 1 WB 34.10 -; vgl. ferner Beschlüsse vom 21. August 2003 - BVerwG 6 B 26.03 - Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 51 und vom 1. Februar 2007 - BVerwG 6 B 85.06 - Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 52, jeweils m.w.N.; ähnlich Beschluss vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 C 124.07 -). Die Notwendigkeit der Hinzuziehung wird auch durch die Bedeutung der Streitsache für den Beschwerdeführer bestimmt (Urteil vom 24. Mai 2000 - BVerwG 7 C 8.99 - Buchholz 428 § 38 VermG Nr. 5). Aus dem Begriff der "Notwendigkeit" der Zuziehung eines Rechtsanwalts folgt nicht, dass die Erstattungsfähigkeit im Vorverfahren eine Ausnahme bleiben müsste; der Gesetzeswortlaut gibt für eine solche Einschränkung keinen Anhaltspunkt (vgl. Urteil vom 24. Mai 2000 a.a.O.). Insoweit ist nicht das Begriffspaar "Regel/Ausnahme" maßgeblich, sondern vielmehr die gesetzgeberische Differenzierung, dass die Erstattungsfähigkeit nicht automatisch, sondern je nach Lage des Einzelfalls nur unter der Voraussetzung der konkreten Notwendigkeit anzuerkennen ist (vgl. Beschlüsse vom 15. September 2005 - BVerwG 6 B 39.05 - Buchholz 448.0 § 17 WPflG Nr. 12 und vom 1. Juni 2010 - BVerwG 6 B 77.09 - juris Rn. 6).

20

Für die Beurteilung der Notwendigkeit ist auf den Zeitpunkt der Bevollmächtigung abzustellen (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 24. Mai 2000 a.a.O., Beschlüsse vom 1. Juni 2010 a.a.O. m.w.N. und vom 18. November 2010 - BVerwG 1 WB 34.10 -).

21

Nach diesen Maßstäben war die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im vorgerichtlichen Verfahren nicht nach § 16a Abs. 3 WBO notwendig.

22

Im Zeitpunkt der förmlichen Bevollmächtigung des Bevollmächtigten durch den Antragsteller am 4. Juli 2011 - oder zu einem späteren Datum, wenn man das Vorbringen des Bevollmächtigten zugrunde legt, dass das Datum des 4. Juli 2011 auf dem Vollmachtsformular erst der Tag des Ausdrucks gewesen ist - bestand keine Notwendigkeit mehr für dessen Hinzuziehung. Zu diesem Zeitpunkt war dem Antragsteller persönlich der Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 30. Juni 2011 ausgehändigt worden; das entsprechende Empfangsbekenntnis hat der Antragsteller am 4. Juli 2011 unterzeichnet. In diesem Bescheid hat das Personalamt dem Antragsteller mitgeteilt, dass die disziplinaren Vorermittlungen gegen ihn eingestellt worden seien und dass der Bescheid der Stammdienststelle der Bundeswehr vom 2. Mai 2011 aufgehoben werde. Über das Ergebnis der Auswahlkonferenz 2011 Luftwaffe hinausgehend hat das Personalamt den Antragsteller gleichzeitig darüber informiert, dass die Voraussetzungen für seine Aktivierung als Nachrücker erfüllt seien und die Zulassungszusage zum 1. Oktober 2011 eingelöst werde. Damit war dem Antrag des Antragstellers auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vom 13. August 2010 - vorbehaltlich noch entgegenstehender Hinderungsgründe - bereits für das Auswahljahr 2011 in vollem Umfang Rechnung getragen worden. Angesichts dieser Sachlage bedurfte es für das vorgerichtliche Verfahren keines anwaltlichen Beistandes mehr für den Antragsteller.

23

Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Antragstellers ist für den Zeitpunkt der Bevollmächtigung nicht auf das E-Mail-Schreiben des Antragstellers vom 8. Juni 2011 abzustellen.

24

Zwar hängt die Wirksamkeit einer Vollmacht für das vorgerichtliche Verfahren nicht von ihrer schriftlichen Erteilung ab. Die Vorlage einer Vollmacht für das vorgerichtliche Verfahren ist nicht Voraussetzung der Vertretungsbefugnis - wie etwa nach § 67 VwGO -, sondern dient lediglich dem Nachweis der Vollmacht. Die Vollmacht kann deshalb auch durch konkludentes Handeln erteilt werden (so zu § 14 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 VwVfG: Kopp/Ramsauer VwVfG, 12. Auflage 2011, § 14 Rn. 17 m.w.N.; VGH Kassel, Urteil vom 10. August 1992 - 12 UE 2254/89 - juris Rn. 26). Deshalb scheitert die Wirksamkeit einer möglicherweise früher erteilten Bevollmächtigung nicht daran, dass der Antragsteller bei seinem E-Mail-Schreiben nicht das Vollmachtsformular seines Bevollmächtigten benutzt hat.

25

Inhaltlich stellt das E-Mail-Schreiben des Antragstellers vom 8. Juni 2011 an seinen Bevollmächtigten bei der erforderlichen objektiven Auslegung seines Textes aber keine Bevollmächtigung für das vorgerichtliche Verfahren dar. In diesem Schreiben hat der Antragsteller ausdrücklich nur einen internen Prüfauftrag erteilt. Er hat seinen Bevollmächtigten gebeten zu prüfen, ob man auf dem Rechtsweg noch etwas an dem Ablehnungsbescheid der Stammdienststelle vom 2. Mai 2011 ändern könne, obwohl er inzwischen - wie der Antragsteller selbst betont - vom Amtsgericht freigesprochen worden sei. Bereits aus dieser Formulierung eines Prüfauftrages ergibt sich, dass der Antragsteller lediglich eine interne Rechtsberatung durch seinen späteren Bevollmächtigten wünschte, jedoch nicht ohne jede Bedingung eine anwaltliche Vertretung im vorgerichtlichen Verfahren. Bestätigt wird diese Auslegung durch den Hinweis des Antragstellers in seinem E-Mail-Schreiben, er "habe keine private Rechtsschutzversicherung". Auch dieser Formulierung ist der Wunsch des Antragstellers zu entnehmen, dass er nur eine Beratung im Innenverhältnis wünsche, jedoch noch keine Vertretung im Außenverhältnis im vorgerichtlichen Verfahren.

26

Davon abgesehen hatte der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von dem Freispruch durch das Urteil des Amtsgerichts ... vom 25. Mai 2011, also von dem Umstand, der als entscheidendes Argument für die Aufhebung des Bescheides der Stammdienststelle der Bundeswehr vom 2. Mai 2011 genutzt werden konnte. Dies auch ohne anwaltlichen Beistand im vorgerichtlichen Verfahren geltend zu machen, war dem Antragsteller nach seinen persönlichen Verhältnissen zuzumuten. Allein auf den Umstand des Freispruchs hat sein späterer Bevollmächtigter dann die Beschwerde vom 15. Juni 2011 gestützt.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit zuvor in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

2

Der Kläger steht als Polizeihauptmeister (Besoldungsgruppe A 9) im Dienste der Beklagten.

3

Zum Stichtag 01. Oktober 2008 erhielt er eine dienstliche Beurteilung mit der Gesamtnote

4

6 (entspricht den Anforderungen in jeder Hinsicht, wobei gelegentlich herausragende Leistungen erbracht werden; die Noten - bzw. Notenstufenskala reicht von 1 - 9). Er erklärte sich im Beurteilungsgespräch mit dieser Beurteilung zwar nicht einverstanden, legte aber keinen Rechtsbehelf ein.

5

Eine weitere dienstliche Beurteilung erhielt der Kläger zum Stichtag 01. Oktober 2010. Von 16 bewerteten Kriterien fielen neun in die Leistungsstufe 6 und sieben in die Leistungsstufe 7, insgesamt wurde die Gesamtnote 6 festgesetzt. Über seinen Prozessbevollmächtigten ließ er Widerspruch erheben. Zur Begründung verwies dieser auf die besonderen Leistungen des Klägers. Außerdem bezeichnete er die Bewertungen teilweise als unstimmig, unlogisch oder widersprüchlich. Darüber hinaus habe ein in der Beurteilung aufgeführtes (und nach den Beurteilungsbestimmungen vorgesehenes) Gespräch tatsächlich nicht stattgefunden; der Kläger habe an diesem Tag dienstfrei gehabt. Des Weiteren sei in der Beurteilung von einem zuletzt durchgeführten Personalgespräch am 18. Dezember 2010 die Rede, obwohl die Beurteiler ihre Bewertungen schon vorher abgegeben hätten. Schließlich hätte die Quote, wonach auf einer Dienststelle nur eine bestimmte Anzahl von Beurteilungen nach bestimmten Leistungsstufen vergeben werden dürfe, dem Kläger zum Nachteil gereicht.

6

Eine daraufhin von der Beklagten eingeholte Stellungnahme des Zweitbeurteilers kam zu dem Ergebnis, dass die Beurteilung an mehreren Fehlern leide. Wegen der Einzelheiten dieser Stellungnahme wird auf Bl. 39 f. der Verwaltungsakte A Bezug genommen.

7

Mit Bescheid vom 18. Juli 2011 hob die Beklagte die Beurteilung auf und ordnete eine Neubewertung an. Gleichzeitig stellte sie unter Verweis auf Rechtsprechung Literatur dar, dass Rechtsanwaltskosten im Vorverfahren von ihr nicht ersetzt würden. Sie führte dazu aus, dass ausschließlich Tatsachenfehler gerügt worden seien, die der Kläger auch selbst hätte vortragen können. Außerdem habe ein schwieriger Sachverhalt, der einen juristischen Beistand erfordert hätte, nicht vorgelegen.

8

Diesen Ausführungen widersprach der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 22.Juli 2011.

9

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 01. August 2011 zurück. Der Bescheid war nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen.

10

Der Kläger hat am 26. September 2001 Klage erhoben.

11

Zur Begründung trägt er vor, dass im Hinblick darauf, sämtliche Angriffsmöglichkeiten gegen die Beurteilung zu finden, nicht nur Tatsachenfehler hätten gerügt werden müssen, sondern auch die Richtlinien für die Beurteilung der Beamtinnen/Beamten in der Bundespolizei hätten durchgearbeitet werden müssen. Einige der aufgezeigten Fehler seien zudem keine reinen Tatsachenargumente. In seiner Verwaltungsausbildung sei er nicht mit den Grundzügen des Beurteilungswesens vertraut gemacht worden, so dass der Hinweis der Beklagten, dass an die Kenntnisse eines Polizeibeamten im Verwaltungsrecht höhere Anforderungen zu stellen seien, nicht durchgreife. Schließlich habe die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren der Herstellung der Waffengleichheit gedient.

12

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

13

unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide die Beklagte zu verpflichten, die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren im Rahmen der Anfechtung der Regelbeurteilung zum Stichtag 01. Oktober 2010 für notwendig zu erklären.

14

Die Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Unter Hinweis auf ihren bisherigen Vortrag führt sie weiter aus, dass ausgehend von der Schwierigkeit der Sache, unter Berücksichtigung der Sachkunde und der persönlichen Verhältnisse des Klägers es diesem zumutbar gewesen sei, sich selbst gegen die Beurteilung zu wenden. Zu berücksichtigen sei die Laufbahnausbildung und die langjährige Berufserfahrung des Klägers. Bereits formale Bedenken, die nur auf Tatsachenfeststellungen beruhten, hätten zur Aufhebung der Beurteilung geführt, ohne dass es hierzu weiterer rechtlicher Ausführungen bedurft hätte. Die für die Richtquote vom Bevollmächtigten vorgenommene rechtliche Würdigung sei nicht Grund für die Aufhebung gewesen, da sie sich nicht auf die Beurteilung des Klägers ausgewirkt habe.

17

Die Kammer hat den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter durch Beschluss vom 25. März 2014 zur Entscheidung übertragen.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19

Die Klage, über die im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO) ist zulässig, aber unbegründet.

20

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte verpflichtet wird, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären. Zunächst nimmt das Gericht entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO Bezug auf die zutreffenden Gründe des Bescheides der Beklagten vom 18. Juli 2010.

21

Ergänzend bzw. vertiefend ist noch Folgendes festzustellen:

22

Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist die Vorschrift des § 80 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Danach sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn dessen Hinzuziehung notwendig war.

23

Notwendig ist die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen.

24

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

25

Nach der ständigen Rechtsprechung des 8. Senats des Bundesverwaltungsgerichts ist die notwendige Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren nicht die Regel, sondern die Ausnahme (vgl. etwa Urteil vom 26.Februar 1993 - 8 C 68/91 - Juris). Denn die Vorschrift des § 80 Abs. 2 VwVfG bringt - ebenso wie die Vorschrift des § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO im gerichtlichen Verfahren - zum Ausdruck, dass nach Einschätzung des Gesetzgebers beim verwaltungsrechtlichen Vorverfahren eine Vertretung des Bürgers durch Rechtsanwälte oder sonstige Bevollmächtigte in der Regel weder üblich noch erforderlich ist. Einschränkend hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Urteile vom 12. Dezember 2001 - 6 C 19/01 - und vom 14. Januar 1999 - 6 B 118/98 - beide Juris) klargestellt, dass für die Auslegung und Anwendung von § 80 Abs. 2 VwVfG (bzw. 162 Abs. 2 S. 2 VwGO) weniger das Begriffspaar

26

„Regel/Ausnahme“ als vielmehr die Feststellung aussagekräftig ist, wonach die Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten im Vorverfahren - anders als diejenige im gerichtlichen Verfahren (§ 162 Abs. 2 S. 1 VwGO) - nicht automatisch, sondern je nach Lage des Einzelfalles nur unter der Voraussetzung der konkreten Notwendigkeit anzuerkennen ist. Maßgebend ist insoweit, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Anwalts bedient hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2001 a.a.O.). Entscheidend für die rechtliche Beurteilung ist die Schwierigkeit der Sachlage, die jedoch nicht abstrakt, sondern unter Berücksichtigung der Sachkunde und der persönlichen Verhältnisse des Widerspruchsführers festzustellen ist. Hierbei kommt es nicht auf die subjektive Sicht des Widerspruchsführers an, sondern darauf, wie ein verständiger Dritter in dieser Situation gehandelt hätte. Maßgeblicher Zeitpunkt ist die förmliche Vollmachterteilung oder - bei schon im Ausgangsverfahren erteilter Vollmacht - der Auftrag zur Einlegung des Widerspruchs (vgl. Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 80 Rn. 80 f.).

27

Den Gesamtumständen des vorliegenden Falles nach zu urteilen, war es danach dem Kläger zuzumuten, das Vorverfahren selbst durchzuführen. Es liegt weder ein Ausnahmefall iSd Rechtsprechung des 8. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vor noch liegt eine konkrete Notwendigkeit für eine Erstattung im Einzelfall vor.

28

Ausgangspunkt ist hierbei zunächst, dass der zugrunde liegende Fall weder rechtlich noch tatsächlich schwierig war.

29

Der Kläger ist Polizeivollzugsbeamter im statusrechtlichen Amt eines Polizeihauptmeisters. Polizeibeamte nehmen eine Sonderstellung bei den Beamten ein. Sie können bei ihrem Handeln sowohl repressiv als auch präventiv vorgehen. Insbesondere das präventive Handeln ist Verwaltungsrecht, welches die Einhaltung von materiellen und formellen Anforderungen gebietet. Dies sind Grundsätze, die im gesamten öffentlichen Recht gelten. Der Kläger kommt - anders als der Durchschnittsbürger - durch seine Ausbildung, Arbeit und Informationsaustausch mit Kollegen eher mit den Grundzügen des Verwaltungsrecht und des (rechtmäßigen) Behördenhandelns in Berührung. Allein dieses Wissen hätte im vorliegenden Fall nach Auffassung des Gerichts ausgereicht, um gegen die dienstliche Beurteilung vorzugehen. Es ist nicht notwendig, über beamtenrechtliche Spezialkonstellationen informiert zu sein oder beamtenrechtliche Spezialkenntnisse zu haben. Die allgemeinen Grundzüge des verwaltungsrechtlichen Handelns - im Sinne von formeller Rechtmäßigkeit spielen vorliegend die größte Rolle.

30

Die dienstliche Beurteilung des Klägers litt an mehreren Fehlern - die zudem offensichtlich waren. Zum Einen wurde in der angegriffenen Beurteilung unzutreffend festgehalten, dass ein Gespräch an einem Tag stattgefunden hat, an dem der Kläger aber, wie sich später herausstellte, dienstfrei gehabt hat. Auch ein anderes Gespräch, was mit in die Bewertung eingehen sollte, fand erst nach der endgültigen Bewertung durch die Bewerter statt. Diese Fehler waren offensichtlich und eine Aufhebung der Bewertung schon aus diesem Grunde geboten. Weiter fehlte - was ebenfalls leicht erkennbar war - die notwendige Begründung für die Herabstufung einer Note.

31

Soweit der Kläger vortragen lässt, dass er schon nicht wissen musste, welcher Rechtsbehelf gegen seine Beurteilung opportun ist und daraus die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts schlussfolgert, ist dies ohne Belang. Zum Einen hatte der Kläger schon in der Besprechung explizit einen Widerspruch angekündigt, zum Anderen kann ein falsch bezeichnetes aber in der Sache statthaftes Rechtsmittel auch umgedeutet werden. Es ist weiterhin unerheblich, dass der Kläger zum wiederholten Male mit seiner dienstlichen Beurteilung nicht einverstanden war. Auch gegen die vorherigen Beurteilungen stand ihm ein Rechtsbehelf zu und ggf. der Rechtsweg offen.

32

Weiterhin ist zu beachten, dass ein Großteil der Ausführungen im Widerspruch für die Abhilfeentscheidung überhaupt nicht erforderlich gewesen ist. Bereits die offensichtlichen Tatsachenfehler waren hier geeignet, eine Neubeurteilung zu veranlassen. Die Rüge aller möglicherweise kausalen Beurteilungsfehler war nicht notwendig. Die Behörde war ohnehin zu einer vollständigen und nicht nur punktuellen Überprüfung ihrer Entscheidung berufen. Ziel des Widerspruchsverfahrens ist es u. a., eine Selbstkontrolle der Verwaltung zu ermöglichen. Die Behörde ist dabei an keine Rügepflicht des Klägers gebunden, vielmehr ist sie gehalten, eine durchweg formell und materiell rechtmäßige Entscheidung zu treffen. Wäre eine neue Beurteilung wiederum fehlerhaft gewesen, stünde es dem Kläger auch offen, erneut Widerspruch einzulegen. Eine Präklusion findet insoweit nicht statt und rechtliche Nachteile waren ebenfalls nicht zu befürchten. Der Wunsch, eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden, ist zwar auch Ziel eines Widerspruchsverfahrens. Diesem Ziel den Vorrang zu gewähren, würde aber zu einer Aushöhlung des Grundsatzes führen, das Rechtsanwaltsanwaltskosten im Vorverfahren die Ausnahme bzw. nicht automatisch, sondern nur nach jeweiliger Lage des Einzelfalles und unter der Voraussetzung der konkreten Notwendigkeit ersetzt würden (vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2001 a.a.O.).

33

Auch der Hinweis des Klägers, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren diene der Waffengleichheit, greift schließlich nicht durch. Dieses Argument könnte allenfalls im Hinblick auf die Erstattung von Rechtsanwaltskosten im gerichtlichen Verfahren fruchtbar gemacht werden. Dort ist es in der Regel erforderlich, dem Gericht den Tatsachenstoff für die Entscheidung substantiiert darzutun. Vorliegend hätte indes ausgehend vom Zweck des Vorverfahrens (Selbstkontrolle der Verwaltung) vom Kläger lediglich Widerspruch ohne genaue Begründung erhoben werden müssen, um eine Vollprüfung zu veranlassen.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; sie ist gemäß §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.