Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 15. Nov. 2018 - RO 5 K 17.2158

bei uns veröffentlicht am15.11.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I. Der Bescheid der Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen vom 17.11.2017 wird aufgehoben.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen einen Bescheid der Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (im Folgenden: KBLV), in dem die Zuständigkeit der KBLV für Kontroll- und Vollzugsaufgaben der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung für den Betrieb des Klägers nach § 9 der Verordnung über den gesundheitlichen Verbraucherschutz (GesVSV) festgestellt wurde.

Der Kläger betreibt eine Metzgerei. Im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit schlachtet der Kläger Rinder und Schafe in insgesamt zwei Betriebsstätten. Neben der streitgegenständlichen Betriebsstätte betreibt der Kläger eine Schlachtstätte in …, die nicht in die KBLV überführt wurde. Das Fleisch der geschlachteten Tiere bringt der Kläger über seine Metzgerei in Verkehr.

Mit Bescheid vom 17.11.2017 stellte der Beklagte fest, dass die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) statt der Kreisverwaltungsbehörde ab dem 01.01.2018 zuständige Behörde für die Kontroll- und Vollzugsaufgaben der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung für den Betrieb des Klägers nach § 9 der Verordnung über den gesundheitlichen Verbraucherschutz ist (Ziffer 1.). Für den Bescheid wurden keine Kosten erhoben (Ziffer 2.).

Der Bescheid wurde damit begründet, dass der Betrieb des Klägers § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 GesVSV unterliege und die Voraussetzungen der Überregionalität nach § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV erfülle. Der Betrieb des Klägers sei so ausgelegt, dass er stetig ein Gebiet mit mindestens 1,5 Millionen Einwohnern direkt oder indirekt als wesentlicher Marktteilnehmer versorgen könne. Das sei dann der Fall, wenn in einem Gebiet von 1,5 Millionen Einwohnern die anteilige Versorgung von 5% mit den vorhandenen Produktionsmitteln erreichbar sei. Unter Zugrundelegung von durchschnittlichen Verzehrsmengen ergebe sich für einen Schlachtbetrieb ein Schwellenwert von 1.500 Großvieheinheiten (GVE) pro Jahr Der Betrieb des Klägers sei darauf ausgelegt, mindestens diese Produktionsmenge zu erreichen. Damit unterliege der Betrieb des Klägers mit der gesamten Produktion der Zuständigkeit der Kontrollbehörde.

Mit Schreiben vom 13.12.2017, eingegangen bei Gericht am 15.12.2017, erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg.

Der Kläger trägt vor, dass er als Adressat des Bescheides nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt sei. Hinzu komme, dass der Beklagte den Bescheid auch mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen habe. Insofern gehe der Beklagte selbst davon aus, dass der Verwaltungsakt einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich sei. Ungeachtet dessen bestehe bei dem Bescheid zumindest auch die Möglichkeit, dass der Kläger in subjektiven Rechten verletzt sei. Der Kläger sei durch die durch den angegriffenen Bescheid erfolgende Überführung in die KBLV möglicherweise in seinem Recht aus Art. 19 Abs. 4 GG sowie dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG verletzt. Dabei handele es sich um eine Klagebefugnis kraft ungeschriebenen Rechts. Ungeachtet dessen resultiere die Klagebefugnis auch aus der mit der Zuständigkeitsverletzung einhergehenden Möglichkeit einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG. Außerdem stelle eine Überführung in den Zuständigkeitsbereich der KBLV entgegen der Leitlinie bzw. Arbeitshilfe einen Verstoß gegen die Selbstbindung der Verwaltung nach Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. mit der Verwaltungspraxis dar, aus der sich eine Klagebefugnis ergebe. Der Bescheid sei bereits formell rechtswidrig, da der Kläger entgegen Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG vor Erlass des Verwaltungsaktes nicht angehört worden sei. Entgegen der Auffassung des Beklagten greife der Bescheid in subjektive Rechte des Klägers ein. Diese werden ihm über Art. 3 GG als auch durch den Anspruch auf beurteilungsfehlerfreie Rechtsanwendung eingeräumt. Des Weiteren seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Absatz 2 GesVSV vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger schlachte im Jahr 2018 und damit in dem für die Anfechtungsklage maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maximal 1482 GVE pro Jahr. Auch im Jahr 2016 sei mit 1179,69 GVE sowie im Jahr 2017 mit 1388,77 GVE die unterstellte Schlachtzahl von 1500 GVE nicht ansatzweise erreicht worden, die erforderlich sei, um als wesentlicher Marktteilnehmer qualifiziert werden zu können, obgleich im Spätsommer 2017 die Schlachtstätte in … aufgrund baulicher Maßnahmen für einen Zeitraum von ca. vier Wochen geschlossen gewesen sei und daher im streitgegenständlichen Betrieb geschlachtet worden sei. Vor diesem Hintergrund würde die Schlachtzahl von 1500 GVE, die eine Überführung in die Kontrollbehörde rechtfertigen würde, zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd erreicht werden. Die Überführung des Klägers in den Zuständigkeitsbereich der Kontrollbehörde verstoße zudem gegen Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV. Vorliegend handele es sich beim Kläger um einen tendenziell kleineren Betrieb. Dieser soll ausweislich der amtlichen Begründung aufgrund der Sachnähe auch weiterhin durch das örtlich zuständige Landratsamt überwacht werden. Der Gesetzgeber habe in der Gesetzesbegründung insofern die „notwendige Ortsnähe“ betont. Lediglich komplexere Betriebe, die die Anforderungen von § 9 Abs. 2 GesVSV erfüllen, sollen in die Kontrollbehörde überführt werden. Wenn der Kläger in die Kontrollbehörde überführt werden würde, läge eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu gleichartigen Betrieben bzw. Betrieben mit gleichartiger Struktur vor. Die mit Bescheid vom 17.11.2017 erfolgende Überführung des Klägers verstoße zudem gegen Art. 3 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung. Maßgeblich für die durch die Kontrollbehörde durchzuführende Einstufung der Betriebe sei die als Anlage K3 übergebene Arbeitshilfe. Diese Arbeitshilfe besage, dass ein Betrieb dann überregional tätig sei, wenn er die auf Grundlage der statistisch fundierten Daten zu den Verzehrsmengen auf 1,5 Millionen Einwohner hochgerechnete Menge tatsächlich produziere. Die Verwaltung habe sich insofern dahingehend gebunden, die tatsächliche Produktionsmenge bzw. die tatsächlichen Schlachtzahlen eines Betriebs als Maßstab für die Überführung zu Grunde zu legen. Hiervon dürfe nicht ohne sachlichen Grund abgewichen werden. Vorliegend sei unter keinem rechtlichen Aspekt ersichtlich, weshalb die Kontrollbehörde nicht die tatsächliche Produktionsmenge, die sie selbst in den Arbeitshilfen als Abgrenzungsmaßstab normiert habe, bei der Beurteilung der Überregionalität zugrunde lege. Vielmehr stelle sie auf die im Betriebsspiegel der EU-Zulassung aus dem Jahr 2012 niedergelegten und keineswegs den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechenden Großvieheinheiten, die bei rund 1746 GVE lägen, ab, die jedoch in tatsächlicher Hinsicht nie erreicht worden seien und werden. Ferner begründet die Überführung auch einen Verstoß gegen den in Art. 4 Abs. 4 VO (EG) Nr. 882/2004 normierten Grundsatz der Einheitlichkeit der amtlichen Kontrollen auf allen Ebenen. Werde der Kläger dem auf lokaler Ebene tätigen Landratsamt entrissen und der Zuständigkeit der Kontrollbehörde unterstellt, obgleich das Landratsamt für den Kläger die richtige Überwachungsbehörde sei, läge ein nicht zu rechtfertigender Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 VO (EG) Nr. 882/2004 vor. Ungeachtet dessen müssen die Mitgliedstaaten die nach Art. 4 Abs. 1 VO (EG) Nr. 882/2004 zuständigen Kontrollbehörden benennen. Werde die Zuständigkeit der Überwachungsbehörde jedoch nicht anhand der tatsächlichen Schlachtzahlen, sondern anhand der durch den Lebensmittelunternehmer im Betriebsspiegel der EU-Zulassung angegebenen Zahlen, die ohnehin nie aktuell seien, festgelegt, können insbesondere mittelständische Lebensmittelunternehmer, die sich im Grenzbereich bewegen, durch Angabe im Betriebsspiegel wählen, welche Behörde für sie zuständig sein soll, so dass die zuständige Behörde nicht durch den Mitgliedstaat festgelegt werde und dies Art. 4 Abs. 1 VO (EG) Nr. 882/2004 widerspräche. Zudem verstoße § 9 Abs. 2 GesVSV gegen das über das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV verankerte Bestimmtheitsgebot. Nach § 9 Abs. 2 S. 1 GesVSV werden überregionale Betriebe in die Kontrollbehörde überführt. Der Begriff werde sodann in § 9 Abs. 2 S. 3 GesVSV legaldefiniert. Diese Legaldefinition enthalte sodann jedoch wieder drei unbestimmte Rechtsbegriffe („Gebiet mit mehr als 1,5 Millionen Einwohner“, „direkt oder indirekt“ sowie „wesentlicher Marktteilnehmer“), die in einer einfachen Arbeitshilfe des Bay. StMUV ohne Gesetzesqualität konkretisiert werden. Damit werde das Handeln der Behörde für den Lebensmittelunternehmer jedoch nicht mehr vorhersehbar, zumal, wenn ihm die bis heute nur in Auszügen veröffentlichte Arbeitshilfe unbekannt sei. Ungeachtet dessen verpflichte das Rechtsstaatsprinzip den Gesetzgeber im Bereich der Grundrechtsausübung alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. Bei einer Grundrechtsbeeinträchtigung in Form einer Ungleichbehandlung dürfe im Bereich der Grundrechte regelmäßig eine gesetzliche Grundlage erforderlich sein, da es regelmäßig um eine für die Grundrechtsausübung wesentliche Frage gehe. Der Begriff der Überregionalität müsse der Gesetzgeber daher selbst definieren und dürfe dies nicht der Exekutive durch Erlass von Leitlinien überlassen, zumal diese ohne parlamentarische Kontrolle jederzeit geändert werden könnten und damit der Anwendungsbereich in das Belieben der Exekutive gestellt werden würde. Das hiervon auch in rechtsstaatlich unzulässiger Weise sowie unter bewusster Umgehung des Parlaments Gebrauch gemacht werde, zeige nicht zuletzt die Tatsache, dass die als Anlage K2 übergebene Leitlinie bereits durch die als Anlage K3 übergebene Arbeitshilfe abgelöst worden sei, die insbesondere im Bereich der Zuständigkeitsregelungen massive Modifizierungen erfahren habe. Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV sei ein Betrieb überregional tätig, wenn er dafür ausgelegt sei, stetig ein Gebiet mit mindestens 1,5 Millionen Einwohnern direkt oder indirekt als wesentlicher Marktteilnehmer zu versorgen. Wann dies der Fall sei, regle jedoch nicht, wie von dem Parlamentsgesetzgeber in Art. 34 Abs. 1, 2 GDVG gefordert, die Rechtsverordnung selbst. Vielmehr räume der Beklagte selbst ein, dass die Prüfung der Zuständigkeit ausschließlich aufgrund Anlage 3 der behördeninternen „Vorläufigen Arbeitshilfen“ erfolgt sei. Die seitens des Parlamentsgesetzgebers erfolgt Begrenzung, die exekutiven Befugnisse „durch Rechtsverordnung“ zu regeln, sei damit verletzt. Ungeachtet der Tatsache, dass nach Art. 34 Abs. 1, 2 GDVG nur „durch Rechtsverordnung“ und nicht „aufgrund einer Rechtsverordnung“ die sachliche Zuständigkeit der Bay. KBLV definiert werden könne, könne im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Wertung nach Art. 80 Abs. 1 S. 4 GG nicht durch behördeninterne, teils unveröffentlichte Verwaltungsrichtlinien die Kriterien für die sachliche Zuständigkeit der Bay. KBLV definiert werden. In der unveröffentlichten Anlage 3 der Arbeitshilfe seien fiktive Referenzwerte für verschiedene Produktkategorien festgelegt, anhand derer der durchschnittliche Verzehr von 1,5 Millionen Einwohner errechnet und davon 5% bis 10% der täglichen Produktionsmenge abgeleitet werde. Diese in sich widersprüchliche, intransparente sowie unveröffentlichte Berechnungsmethode, anhand derer die Überregionalität nach § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV ermittelt werde, sei nicht mit dem verfassungsrechtlich verankerten Bestimmtheitsgebot vereinbar. Zunächst seien die Kriterien, anhand derer die Überführung in die Kontrollbehörde erfolge, widersprüchlich. Nach Ziffer 2.2.3.1 des veröffentlichten Teils der vorläufigen Arbeitshilfe soll es sich um einen wesentlichen Marktteilnehmer handeln, wenn er für die anteilige Versorgung von 5% des Tagesbedarfs von 1,5 Millionen Einwohnern ausgelegt sei. Nach der unveröffentlichten Anlage 3 der vorläufigen Arbeitshilfe, die nach Mitteilung des Beklagten bei allen bisher verbeschiedenen Betrieben zu Grunde gelegt worden sei, soll ein wesentlicher Marktteilnehmer vorliegen, wenn 5 - 10% des Tagesbedarfs von 1,5 Millionen Einwohnern versorgt werden können. Für die hier streitgegenständlichen Großvieheinheiten bedeute dies eine Spanne von 1500 - 3000 Großvieheinheiten. Vor diesem Hintergrund seien bereits die Kriterien der Einstufung nach Ziffer 2.2.3.1 der Arbeitshilfe (nur 5%) sowie der Referenzwert im Anhang 3 der Arbeitshilfe (5 - 10%) widersprüchlich und unbestimmt. Ferner seien die Berechnungen der Großvieheinheiten in der Tabelle nicht selbsterklärend, sondern unklar und verworren. Wie von einer täglichen Verzehrsmenge von 43 g ohne Ermittlung des durchschnittlichen Verzehrs pro Jahr bei 1,5 Millionen Einwohnern (wie beispielsweise auf derselben Seite bei Eiern erfolgt sei) die Großvieheinheiten und nicht die Menge in Kilogramm für 1,5 Mio. Einwohner abgeleitet werden könne, sei nicht nachvollziehbar. Denklogisch sei es nicht möglich von 43 g/Tag über 1,5 Millionen Einwohner/Jahr auf 1500 bzw. 3000 GVE zu kommen. Unabhängig davon, dass die Tabelle nicht veröffentlicht worden sei, sei weder eine gerichtliche Kontrolle der Berechnungsmethode anhand der Tabelle möglich noch könne der Kläger die sich für ihn ergebenden Konsequenzen aus der Tabelle ableiten. Auch dies widerspreche dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Ungeachtet dessen sei die Anlage 3 der vorläufigen Arbeitshilfe unveröffentlicht. Weder der Normadressat noch Gerichte können dabei die Behördenentscheidung mangels Prüfungsparameter auch nur ansatzweise überprüfen, geschweige denn sich auf die neue Rechtslage einstellen. Zwar sei zutreffend, dass verwaltungsinterne Regelungen nicht veröffentlicht werden müssen. Erlangen Ermessens- oder Auslegungsrichtlinien aber mittelbar Außenwirkung, weil deren Kriterien, wie vorliegend durch den Beklagten eingeräumt, jeder bisher erfolgte Eingruppierung in die Zuständigkeit der Kontrollbehörde zu Grunde gelegt wurden, seien diese aus verfassungsrechtlichen Gründen komplett zu veröffentlichen. Die Gelegenheit zur Kenntnisnahme im laufenden Verfahren genüge nicht.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Bayerischen Kontrollbehörde vom 17.11.2017 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass der Kläger gemäß § 42 Abs. 2 VwGO gar nicht klagebefugt sei. Die reine Feststellung des Übergangs behördlicher Zuständigkeiten, welche der ausschließliche Inhalt des angefochtenen Bescheides sei, verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Da sich mit der Zuständigkeitsfeststellung die rechtlichen Vorgaben hinsichtlich des Umfangs und der Art der Überwachung von Lebensmittelherstellern im Betrieb nicht ändere, sondern einzig die behördliche Zuständigkeit, betreffe die bloße Änderung des „Wer“ den Adressaten in keinem geschützten Recht. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung sei jede Behörde gleichermaßen zu rechtmäßigem Handeln auf der Grundlage der geltenden Rechtsnormen verpflichtet. Es dürfe daher für den zu kontrollierenden Betrieb keinen Unterschied machen, welche Behörde die gesetzlich vorgegebenen Kontrollen durchführen. Darüber hinaus sei es die Entscheidung des Staates innerhalb seines Staatsorganisationsrechts, die Zuständigkeit für staatliche Aufgaben seinen Behörden zuzuweisen und unter diesen zu verteilen. Bürger können gegen einen Zuständigkeitswechsel keine Verletzung von geschützten Rechtspositionen geltend machen; sei es, dass er, wie üblich unmittelbar durch Gesetz eintritt, sei es, dass er, wie hier, durch eine Entscheidung der Behörde eintrete. Die Entscheidung des Verordnungsgebers, den Zuständigkeitswechsel durch Verwaltungsakt eintreten zu lassen, diene nicht dazu, die Entscheidung zum Schutz der Betroffenen gerichtlich überprüfbar zu machen. Sie diene zuallererst dazu, Rechtssicherheit für den Betroffenen zu schaffen. Alternativ zum Zuständigkeitswechsel durch Verwaltungsakt hätte der Verordnungsgeber auch einen Zuständigkeitswechsel durch Selbsteintrittsrecht der Kontrollbehörde regeln können. Der Betrieb des Klägers unterliege als Betrieb, der Lebensmittel herstellt und hierfür eine Zulassung nach der Verordnung (EG) Nummer 853/2004 bedürfe, § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GesVSV. Der Betrieb des Klägers sei mit Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 23.01.2013 nach der Verordnung (EG) Nummer 853/2004 zum Schlachten und Zerlegen von Rindern und Schafen unbefristet zugelassen worden. Dabei habe der Kläger im Beiblatt Fleisch zum Betriebsspiegel angegeben, 30 Rinder und 30 Schafe pro Woche zu schlachten. Der Betrieb sei überregional tätig, da er darauf ausgelegt sei, stetig ein Gebiet mit mindestens 1,5 Mio. Einwohnern direkt oder indirekt als wesentlicher Marktteilnehmer zu versorgen. Für die Bewertung, wann ein Betrieb gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV überregional tätig sei, seien Referenzwerte für verschiedene Lebensmittel ermittelt worden (Anlage 3 zu „vorläufigen Arbeitshilfen“). Diese Referenzwerte seien bei allen bisher verbeschieden Betrieben zu Grunde gelegt worden, um ein einheitliches Verwaltungshandeln in Bezug auf die in die Kontrollbehörde überführten Betriebe sicherzustellen. Bei der Ermittlung der Referenzwerte seien die statistischen Daten der EFSA Consumption Database zu Grunde gelegt worden. Für den Bereich Schlachtung ergebe sich ein Referenzwert von 1500 Großvieheinheiten (GVE) jährlich, d.h. eine Überregionalität sei zu bejahen, wenn der Betrieb dafür ausgelegt sei, 1500 GVE oder mehr pro Jahr zu schlachten. Nach dem Umrechnungssatz des Art. 17 Abs. 6 Buchst. a) der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 entspreche ein Rind 1 GVE und ein Schaf gem. Buchst. e) der genannten Vorschrift 0,10 GVE. Der Beklagte habe daher im vorliegenden Fall die Angaben des Klägers aus dem Beiblatt Fleisch zu Grunde gelegt und 33 GVE (30 GVE Rind plus 3 GVE Schaf) mit 52 Kalenderwochen multipliziert und einen Gesamtjahreswert von 1716 GVE berechnet. Wenn der Kläger ausführe, dass sein Betrieb nicht darauf ausgelegt sei, jährlich 1500 GVE zu schlachten, da er in den Jahren 2016 - 2018 tatsächlich weniger GVE im streitgegenständlichen Betrieb geschlachtet habe bzw. schlachten werde, sei dies irrelevant. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV („darauf ausgelegt“) reiche für die Bejahung der Überregionalität aus, dass der Betrieb die Referenzmenge von 1500 GVE schlachten könnte. Folglich sei gerade nicht Voraussetzung, dass der Betrieb diese Menge an GVE tatsächlich schlachte. In den vorläufigen Arbeitshilfen werde unter Punkt 2.2.3.1 ausgeführt, dass für die Bestimmung des Merkmals „ausgelegt ist“ maßgeblich sei, ob der Betrieb tatsächlich über die regelmäßigen baulichen, sächlichen, personellen und organisatorischen Mittel für eine derartige Versorgungsleistung verfüge. Diese Prüfung, ob ein Betrieb über die genannten regelmäßigen Mittel verfüge, erfolge bei zulassungspflichtigen Betrieben nach der Verordnung (EG) Nummer 853/2004 im Zulassungsverfahren. Ein Abstellen auf die bereits erfolgte Prüfung im Zulassungsverfahren und den Inhalt des Zulassungsbescheides bei Bewertung des Merkmals der Überregionalität eines Betriebes sei aus diesem Grunde und im Übrigen auch aus Gründen der Rechtssicherheit gerechtfertigt. Punkt 2.2.3.2 der vorläufigen Arbeitshilfe sei in diesem Zusammenhang mit dem vorhergehenden Punkt 2.2.3.1 zu lesen und so zu verstehen, dass ein Betrieb unabhängig von seiner bisherigen Einstufung (anhand der Angaben im Zulassungsbescheid) dann als überregional tätig zu bewerten sei, wenn er die Menge des Referenzwerte tatsächlich produziere. Dies betreffe also die Fälle, in denen im betreffenden Zulassungsbescheid Produktionsmengen niedergelegt seien, die den Referenzwert nicht erreichen, zugleich aber aufgrund entsprechender Tatsachen feststehe, dass der Betrieb regelmäßig Mengen produziere, die nicht nur über den Angaben im Zulassungsbescheid, sondern auch über dem Referenzwert für die Beurteilung der Überregionalität liegen. Punkt 2.2.3.2 sei systematisch als nachgeordnete Regelung zum vorangestellten Punkt 2.2.3.1 zu lesen. Im Übrigen verstoße die Regelung des § 9 Abs. 2 GesVSV nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 BV, wie auch das VG Würzburg in seinen Urteilen vom 30.07.2018 ausgeführt habe. Die Bedeutung der Norm sei für den Kläger so gering, sodass auch die Anforderungen an die Bestimmtheit nicht zu hoch angesetzt werden dürfen. Sofern man durch den Zuständigkeitswechsel überhaupt einen Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Betriebe annehmen könne, könne dieser Eingriff als marginal angesehen werden. Die Bedeutung der Norm sei für den Kläger deshalb auch so gering, da weder Verhaltensgebote noch weitergehende Ermächtigungen damit verbunden seien. Es ändere sich aus Sicht des Betriebs lediglich der ihn kontrollierende Ansprechpartner, nicht jedoch Anforderungen an das Regelwerk, denen der Betrieb unterliege. Selbst, wenn es dem Kläger nicht möglich gewesen sei, die Zuständigkeit der Behörde unmittelbar durch Subsumtion der Norm zu bestimmen, erlange er allerdings durch den feststellenden Verwaltungsakt Rechtssicherheit, auch im Hinblick auf den Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs. Die normprägende Eigenart, dass die Zuständigkeit erst mit der Bestandskraft des Verwaltungsakts eintrete, sei zu berücksichtigen. Die Norm bediene sich sozusagen des feststellenden Verwaltungsakts als verlängerten Arm. Da der Regelungsgegenstand hier auch vielgestaltig, unübersichtlich und raschen Änderungen unterworfen sei, könne an die Bestimmtheit des § 9 Abs. 2 GesVSV keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Zumindest aber werde über die Arbeitshilfen als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften eine hinreichende Klarheit und eine einheitliche Anwendung für ganz Bayern sichergestellt. Es bestehe zudem keine Pflicht, die „Vorläufigen Arbeitshilfen“ zu veröffentlichen. Aufgrund der Innengerichtetheit von Verwaltungsvorschriften bestehe grundsätzlich keine Pflicht zu einer an die Allgemeinheit gerichteten Veröffentlichung. Ausreichend sei die interne Bekanntgabe an die Behörden und Bediensteten, an die die Verwaltungsvorschrift gerichtet sei. Ob darüber hinaus eine Publikation stattfinde, habe die Verwaltung grundsätzlich nach ihrem Ermessen zu bestimmen. Norminterpretierende Anweisungen stehen nicht Rechtsnormen gleich, denn einer verwaltungsinternen Norminterpretation komme gerade keine Verbindlichkeit für das Rechtsverhältnis zwischen Bürger und Verwaltung zu. Die Auslegungshilfen, die mit den vorläufigen Arbeitshilfen der Verwaltung an die Hand gegeben worden seien, richten sich nicht an die Betriebe. Ein Bindungswille entstehe erst mit Erlass der Zuständigkeitsfeststellung. Ein im Interesse der Allgemeinheit bestehende Veröffentlichungspflicht bezüglich der vorläufigen Arbeitshilfen könne hier daher nicht reklamiert werden.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die ein-gereichten Anlagen, die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 17.11.2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I.

Die Anfechtungsklage gegen den Feststellungsbescheid ist zulässig. Insbesondere mangelt es dem Kläger nicht an der nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Klagebefugnis.

Nach § 42 Abs. 2 Alt. 1 VwGO ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt, die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach der herrschenden Möglichkeitstheorie genügt hierfür die Möglichkeit, dass die vom Kläger behauptete Rechtsverletzung durch den Verwaltungsakt besteht (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 42 Rn. 66).

1. Die Klagebefugnis aus § 42 Abs. 2 VwGO ergibt sich bereits aus der Tatbestandswirkung, die der bestandskräftige Feststellungsbescheid entfaltet.

Wie gerichtliche Urteile können auch Verwaltungsakte, sofern sie nicht nichtig sind, über die einfache Bindungswirkung inter partes hinaus auch Tatbestands- und Feststellungswirkungen entfalten. Beide Begriffe dienen zur Bezeichnung bestimmter Bindungswirkungen von Verwaltungsakten über den Kreis der Verfahrensbeteiligten i.S.d. Art. 13 BayVwVfG, deren Rechte und Pflichten durch den Verwaltungsakt bergründet, geändert oder verbindlich festgestellt werden, und der Behörde bzw. des Rechtsträgers, dem diese angehört, hinaus gegenüber sonstigen Personen, Behörden und Rechtsträgern sowie insbesondere auch gegenüber allen Gerichten (vgl. Kopp/Ramsauer, 19. Aufl. 2018, § 43 Rn. 16 m.w.N.). Die Tatbestandswirkung beginnt zwar in der Regel bereits mit dem Erlass des Verwaltungsaktes, d.h. nicht erst mit dessen Unanfechtbarkeit, wird hier durch die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 GesVSV jedoch auf den Zeitpunkt der Bestandskraft verlagert (vgl. Kopp/Ramsauer, 19. Aufl. 2018, § 43 Rn. 23 und Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs VwVfG § 43 Rn. 154, beck-online). Aufgrund der Tatbestandwirkung müssen alle Behörden, Gerichte und Rechtsträger den erlassenen Verwaltungsakt, d.h. die mit dem Verwaltungsakt getroffene Regelung, auch in anderen Entscheidungen ohne inhaltliche Prüfung der Richtigkeit der darin getroffenen Regelung als maßgeblich zugrunde legen. Die Tatsache, dass der Verwaltungsakt ergangen ist und die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung oder Feststellung ist weiteren Entscheidungen ohne Prüfung der Rechtmäßigkeit zugrunde zu legen. Das gilt auch, wenn der Verwaltungsakt nicht auf Grund von Bundesrecht, sondern von einer Landesbehörde auf Grund von Landesrecht erlassen wurde (vgl. Kopp/Ramsauer, 19. Aufl. 2018, § 43 Rn. 18, 19).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die sachliche Zuständigkeit der Kontrollbehörde nach Bestandskraft des Feststellungsbescheids für die Zukunft bindend festgestellt ist und damit bei nachfolgenden (lebensmittelrechtlichen) Kontrollen, Anordnungen und Bescheiden nicht mehr geprüft wird. Die sachliche Zuständigkeit der Kontrollbehörde ist vielmehr sowohl von der Behörde als auch von den Gerichten ungeprüft und unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Feststellung zugrunde zu legen. Wird dem Betroffenen diese Überprüfungsmöglichkeit durch die bestandkräftige Feststellung der sachlichen Zuständigkeit genommen, so muss ihm aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) aber zumindest die Möglichkeit verbleiben, die Rechtmäßigkeit der Zuständigkeitsübertragung selbst gerichtlich überprüfen zu lassen.

2. Des Weiteren ist die Klagebefugnis gegeben, da § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV ein subjektiv-öffentliches Recht begründet und der Kläger möglicherweise durch die Feststellung der Zuständigkeit der KBLV in seinem subjektiv-öffentlichem Recht verletzt ist (vgl. zur Klagebefugnis VG Würzburg, Urteil vom 30. Juli 2018 - W 8 K 17.1467 -, Rn. 35 - 42, juris).

§ 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV begründet ein subjektiv-öffentliches Recht, da er eine sogenannte Schutznorm ist. Eine Schutznorm liegt vor, wenn der in Frage stehende Rechtssatz ausschließlich oder doch jedenfalls neben dem mit ihm verfolgten allgemeinen Interesse zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt ist. Ob ein Rechtssatz des objektiven Rechts im Sinne der Schutznormtheorie dem Schutz von Individualinteressen dient oder nicht, ist daher letztlich eine Frage der Auslegung, die unter Berücksichtigung der gesamten Rechtsordnung und der in dieser wirksamen Schutz- und Zweckbestimmungen mit den üblichen juristischen Methoden der Auslegung und der Ausfüllung von Lücken im Recht zu beantworten ist (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 42 Rn. 83).

Der Schutznormcharakter des § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV ergibt sich bereits aus dem dort ausdrücklich normierten Antragsrecht des Betriebsinhabers auf bescheidsmäßige Feststellung der Zuständigkeit durch die Kontrollbehörde. Durch die Einräumung eines solchen Antragsrechts des Betriebsinhabers neben und zusätzlich zu einer Feststellung von Amts wegen bringt der Verordnungsgeber selbst zum Ausdruck, dass der die sachliche Zuständigkeit feststellende Verwaltungsakt nicht nur alleine der Rechtssicherheit der Allgemeinheit dienen soll, sondern auch der Betriebsinhaber ein subjektives Recht hat, seine Gründe vorzubringen, um das Bestehen bzw. Fortbestehen der sachlichen Zuständigkeit überprüfen zu lassen und eine bescheidsmäßige Feststellung herbeizuführen. Räumt der Verordnungsgeber dem Betriebsinhaber hinsichtlich der Feststellung der Zuständigkeit ein solches subjektives Antragsrecht ein, so muss diesem nach Sinn und Zweck dieser Regelung auch die gerichtliche Überprüfung der entsprechenden Entscheidung der Kontrollbehörde zugänglich sein, zumal § 9 Abs. 2 Satz 1 GesVSV ausdrücklich eine bestandskräftige Feststellung durch Verwaltungsakt verlangt.

Zieht man zudem die Systematik der gesamten Rechtsordnung in Bezug auf die sachliche Zuständigkeit heran, ergibt sich daraus, dass mit der Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV ein Sonderfall geschaffen wurde. Denn im Regelfall ergibt sich die sachliche Zuständigkeit aus den gesetzlichen Regelungen selbst, ohne dass es hierfür eines bestandskräftigen feststellenden Verwaltungsaktes bedarf. Die Überprüfung der sachlichen Zuständigkeit einer Behörde erfolgt grundsätzlich inzident bei dem Erlass eines Verwaltungsaktes, der in der Sache eine Regelung trifft. Von dieser grundsätzlichen systematischen Handhabung ist der Verordnungsgeber im Fall des § 9 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GesVSV bewusst abgewichen. Die Kontrollbehörde wird nach § 9 Abs. 2 Satz 1 GesVSV erst zuständig in dem Moment, in dem der die Zuständigkeit feststellende Verwaltungsakt bestandskräftig wird. Hätte der Verordnungsgeber gewollt, dass die sachliche Zuständigkeit in diesem Sonderfall gerichtlich mangels Klagebefugnis nicht selbstständig und dafür nur inzident in einem Verwaltungsakt unter dem Prüfungspunkt formelle Rechtmäßigkeit nachprüfbar ist, dann hätte der Verordnungsgeber den Übergang der sachlichen Zuständigkeit durch die Norm selbst eintreten lassen und nicht erst durch einen bestandskräftigen Verwaltungsakt. Würde man die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung mangels Klagebefugnis verneinen, so wäre die Voraussetzung der Bestandskraft gänzlich überflüssig, da dann quasi faktisch die Bestandskraft denknotwendig immer im Moment des Erlasses des Verwaltungsaktes eintreten würde.

3. Ferner entspricht die Bejahung der Klagebefugnis dem besonderen Gewicht, das den Vorschriften zur sachlichen Zuständigkeit nach der gesetzlichen Regelung zukommt. So sind Verstöße gegen die sachliche Zuständigkeit von Art. 46 BayVwVfG nicht erfasst, so dass sie immer die Rechtswidrigkeit des betroffenen Verwaltungsakts begründen und zur Aufhebung im Rechtsbehelfsverfahren führen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 46 Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kann ein von einem Verwaltungsakt Betroffener die sachliche Unzuständigkeit der erlassenden Behörde jedenfalls dann, wenn der Rechtsmangel im Zeitpunkt der Entscheidung noch besteht, einschränkungslos rügen. Gerade bei rechtlich heiklen Fragen mag es im tatsächlichen Verlauf durchaus einen Unterschied machen, welche Behörde die Entscheidung trifft. Infolgedessen ist es sinnvoll, den Beteiligten grundsätzlich das Recht auf eine Entscheidung durch die „richtige“ Stelle einzuräumen (BayVGH, B.v. 13.8.1996 - 20 CS 96.2369 - juris).

4. Für eine Anfechtbarkeit spricht im Übrigen schon der äußere Schein des streitgegenständlichen Bescheids, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen ist. Insofern folgt eine Klagebefugnis auch aus den im Rechtsstaatsprinzip verankerten Rechtsgrundsätzen von Treu und Glauben und dem Vertrauensschutz (vgl. Kopp/Schenke, 22. Aufl. 2016, § 42, Rn. 155).

II.

Die Klage ist darüber hinaus auch begründet.

Der Feststellungsbescheid des Beklagten vom 17.11.2018 ist rechtswidrig, da der Beklagte hierfür keine wirksame Rechtsgrundlage geschaffen hat. Die vom Beklagten für die Zuständigkeitsübertragung herangezogene Vorschrift des § 9 Abs. 2 der Verordnung über den gesundheitlichen Verbraucherschutz (GesVSV) verstößt gegen höherrangiges Recht und ist damit unwirksam.

1. Zwar sieht die Kammer in § 9 Abs. 2 GesVSV keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV oder gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG, Art. 101 BV.

Eine unterschiedliche Zuständigkeitsregelung bei Landratsämtern und kreisfreien Städten mit eigenem Veterinäramt hat der Gesetzgeber bereits in Art. 34 Abs. 1 Nr. 5 des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (GDVG) vorgesehen. Dort ist eine abweichende Regelung von Art. 3 Abs. 2 GDVG vorgesehen. Art. 3 Abs. 2 GDVG regelt in Verbindung mit Absatz 1 nur die Zuständigkeit von Landratsämtern, nicht von kreisfreien Städten mit eigenen Veterinärämtern. Für kreisfreie Städte mit eigenen Veterinärämtern besteht zudem ein sachlicher Grund für eine andere Zuständigkeitsregelung, weil sie bereits über spezialisierte Fachkräfte, siehe Art. 5a Abs. 1 GDVG, verfügen.

Im Übrigen wird auf die Ausführungen des VG Würzburg im Urteil vom 30.07.2018 verwiesen (VG Würzburg, Urteil vom 30. Juli 2018 - W 8 K 17.1467 -, Rn. 58-59, juris), das dazu wie folgt ausführt:

„Die Klägerin sieht in § 9 Abs. 2 GesVSV einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV, da komplexe Betriebe, die in kreisfreien Städten ansässig sind, nicht in die sachliche Zuständigkeit der Kontrollbehörde überführt werden, worin eine Ungleichbehandlung liege. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass die Regelung, dass bestimmte kreisfreie Gemeinden nicht in die Zuständigkeit der Kontrollbehörde überführt werden, nicht in § 9 Abs. 2 GesVSV erfolgt, sondern in der Ausnahmeregelung des - an sich für den vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblichen - § 9 Abs. 5 GesVSV. Unabhängig hiervon ist jedoch ein Grund für die Differenzierung zwischen komplexen Betrieben, die in bestimmten kreisfreien Städten ansässig sind, und den übrigen komplexen Betrieben gegeben. Die betroffenen kreisfreie Städte entsprechen denjenigen, denen bereits mit - dem inzwischen außer Kraft getretenen - § 5 AVFLM (Lebensmittel- und Futtermittelrecht-Ausführungsverordnung) die Veterinäraufgaben und die Aufgaben beim Vollzug des Futtermittelrechts übertragen wurden. Bei diesen kann aufgrund ihrer Größe von einer angemessenen Spezialisierung und der Ermöglichung von Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung (vgl. Bayerischer Oberster Rechnungshof, Gutachten zur Struktur und Organisation des amtlichen Veterinärwesens und der Lebensmittelüberwachung vom 12. Februar 2016, S. 60 ff.) und damit vom Vorliegen von für die Überwachung komplexer Betriebe erforderlicher spezieller Kenntnisse ausgegangen werden, so dass ein Übergang der Zuständigkeit auf die Kontrollbehörde nicht erforderlich ist. Im Übrigen ließe sich selbst bei der Annahme, dass die Ausnahme der in § 9 Abs. 5 GesVSV genannten kreisfreien Städte von der Zuständigkeitsregelung des § 9 Abs. 2 GesVSV einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz darstellt, jedenfalls nicht der Schluss daraus ziehen, dass dann der in § 9 Abs. 2 GesVSV grundsätzlich geregelte Zuständigkeitswechsel einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellt (keine Gleichbehandlung im Unrecht).

Das Gericht sieht entgegen der Auffassung der Klägerin durch § 9 Abs. 2 GesVSV auch keinen Verstoß gegen Art. 12 GG bzw. Art. 101 BV. Fraglich ist angesichts der im Vergleich zu komplexen Betrieben in kreisfreien Gemeinden gleich bleibenden rechtlichen Vorgaben zu Umfang und Art der Überwachung schon das Vorliegen der erforderlichen berufsregelnden Tendenz. Mit dem Zuständigkeitsübergang ist zudem nicht automatisch auch eine höhere Kontrollfrequenz festgelegt worden und mögliche zusätzliche Fahrtkosten dürften verhältnismäßig gering ausfallen. Unabhängig hiervon wäre der Eingriff jedenfalls gerechtfertigt. Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit sind gerechtfertigt, wenn sie geeignet sind, einen legitimen Zweck zu erreichen und die berufliche Betätigung des Grundrechtsträgers nicht unverhältnismäßig einschränken. Die Überführung der Zuständigkeit für bestimmte Betriebe auf die Kontrollbehörde kann sich auf vernünftige Gründe des Allgemeinwohls stützen. Die Kontrollbehörde verfügt aufgrund ihrer Ausstattung und spezieller personeller Qualifikationen über besondere Sachkunde. Ihre Stellung als dem Landesamt nachgeordnete Behörde erlaubt in hohem Maße einen Wissenstransfer zwischen dem BayLGL und der Kontrollbehörde (Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Reform der staatlichen Veterinärverwaltung und Lebensmittelüberwachung, LT-Drs. 17/16103, B 1., C). Zudem ist die Verhältnismäßigkeit des Zuständigkeitswechsels nicht zweifelhaft in Anbetracht dessen, dass mit dem Zuständigkeitswechsel nicht automatisch eine höhere Kontrollfrequenz verbunden ist und mögliche höhere Fahrtkosten mangels Erhöhung der Kontrollfrequenz infolge des Zuständigkeitswechsels verhältnismäßig gering ausfallen dürften.“

2. Des Weiteren begründet die Überführung in die Kontrollbehörde auch keinen Verstoß gegen den in Art. 4 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 normierten Grundsatz der Einheitlichkeit der amtlichen Kontrollen. So geht bereits aus Art. 4 Abs. 3 VO (EG) Nr. 882/2004 hervor, dass der Mitgliedstaat die Zuständigkeit für die Durchführung amtlicher Kontrollen einer anderen Behörde übertragen kann, solange eine effiziente und wirksame Koordinierung zwischen allen beteiligten zuständigen Behörden sichergestellt ist. Anhaltspunkte für eine ineffiziente oder unwirksame Koordinierung sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen. Die einheitliche Kontrolle ist darüber hinaus auch dadurch gewährleitet, dass alle im Vollzug zuständigen Behörden unter der Rechts- und Fachaufsicht des Staates stehen.

3. Die erkennende Kammer ist jedoch der Auffassung, dass § 9 Abs. 2 GesVSV nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Bestimmtheitsgebots sowie den Grundsätzen der Normenklarheit aus Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 BV vereinbar ist.

Zwar ermächtigt Art. 34 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Nr. 3, 4 des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (GDVG) vom 24. Juli 2003 (GVBl. S. 452, 752, BayRS 2120-1-U/G), das zuletzt durch § 2 des Gesetzes vom 12. Juli 2017 (GVBl. S. 366) geändert worden ist, das Bay. StMUV durch Rechtsverordnung die Zuständigkeit der KBLV festzulegen. Bei der Rechtsverordnung handelt es sich um eine gesetzliche Grundlage im materiellen Sinn, die nicht nur verwaltungsintern für die KBLV, sondern als Außenrecht auch für Gerichte und die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer bindend ist. Insofern müssen auch die zuständigkeitsbegründenden Kriterien der KBLV als Konkretisierung dieser parlamentarischen Entscheidung in der Rechtsverordnung, also hier in der GesVSV, für alle verbindlich ausgewiesen und durch Ausfertigung und Verkündung erkennbar gemacht werden (vgl. Kraus, ZLR 2018, 714 [718]).

Der Gesetzgeber ist verpflichtet, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 BV) abgeleiteten Anforderungen der Bestimmtheit, der Normenklarheit und der Justitiabilität entsprechen (BVerfG, B.v. 12.1.1967 - 1 BvR 169/63 - NJW 1967, 619). Der Bestimmtheitsgrundsatz gebietet, dass eine Rechtsnorm, die die Exekutive zur Vornahme von Einzelmaßnahmen, insbesondere zu Verwaltungsakten ermächtigt, nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist, sodass das Handeln der Verwaltung messbar und in gewissem Ausmaß für den Staatsbürger voraussehbar und berechenbar wird (BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1955 - V C 14.55 -, BVerwGE 2, 114-117, Rn. 17-19, juris, BVerfGE 8, 274 (325) = NJW 1959, 475; BVerfGE 9, 137 (147) = NJW 1959, 931), dass der Verwaltung angemessen klare Handlungsmaßstäbe vorgegeben werden und dass die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Rechtsvorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Juli 2005 - 1 BvR 668/04 -, Rn. 118-121, juris und Maunz/Dürig/Grzeszick GG Art. 20 VII. Rn. 58, beck-online).

Dieser Grundsatz verbietet es dem Gesetzgeber indessen nicht, Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden. Die Vielfalt der Verwaltungsaufgaben lässt sich nicht immer in klar umrissene Begriffe einfangen. Der Gesetzgeber muss sich abstrakter und unbestimmter Formulierungen bedienen können, um die Verwaltungsbehörden in die Lage zu versetzen, ihren Aufgaben, den besonderen Umständen des einzelnen Falles und den schnell wechselnden Situationen des Lebens gerecht zu werden (vgl. BVerfGE 8, 274 (326) = NJW 1959, 475; BVerfGE 13, 153 (161)). Zwar darf der Gesetzgeber die Grenzziehung im Einzelnen nicht mittels einer vagen Generalklausel dem Ermessen der Verwaltung überlassen (vgl. BVerfGE 6, 32 (42) = NJW 1957, 297). An die tatbestandliche Fixierung dürfen jedoch keine nach der konkreten Sachlage unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden.

Voraussetzung ist aber, dass die unbestimmten Rechtsbegriffe konkretisierbar sind und damit deren Anwendbarkeit vorhersehbar ist. Dies ist dann der Fall, wenn sich mit Hilfe der üblichen juristischen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften des Gesetzes, der Berücksichtigung des Normzusammenhangs sowie der Begründung, eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Vorschrift gewinnen lässt (BayVerfGH, Entscheidung v. 24.2.1988 - Vf. 16-VIII-86 - VerfGHE 41, 17/24; BayVerfGH, Entscheidung v. 28.1.2003 - Vf. 10-VII-02 - VerfGHE 56, 1/9; vgl. auch BVerfG, B.v. 24.11.1981 - 2 BvL 4/80 - NJW 1982, 1275; BVerfG, U.v. 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - NJW 1993, 643/645; vgl auch Maunz/Dürig/Grzeszick GG Art. 20 VII. Rn. 61, beck-online). Erforderlich ist stets, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Sie müssen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Rechtsfolge vorliegen (BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2001 a.a.O. S. 384 f. m.w.N. und BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2013 - 6 C 9/12 -, BVerwGE 147, 292-305, Rn. 20). Aus dem Inhalt der Rechtsvorschrift muss sich mit ausreichender Bestimmtheit ermitteln lassen, was von der pflichtigen Person verlangt wird (vgl. BVerwG, B.v. 10.4.2000 - 11 B 61/99 - juris; U.v. 16.6.1994 - 4 C 2/94 - NvWZ 1994, 1099, jeweils m.w.N. und VG Würzburg, Urteil vom 16. August 2016 - W 4 K 16.81 -, Rn. 22, juris). Mit anderen Worten: Ein Verstoß gegen das aus Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 3 Abs. 1 BV herzuleitende Erfordernis hinreichender Bestimmtheit einer Norm bei Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe liegt dann vor, wenn es nicht mehr möglich ist, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und Gerichte ausschließen.

Zur inhaltlichen Klarheit gehört für Rechtsnormen neben der Bestimmtheit, dass sie in sich widerspruchsfrei sind, ihren Regelungsgehalt nicht verschleiern, für Adressaten und Rechtsanwender auch in ihrem Zusammenwirken, insbesondere bei Verwendung von Verweisungen, verständlich sind und praktikable Merkmale enthalten (vgl. Sachs/Sachs, GG, Art. 20 Rn. 125, beck-online).

Diesen soeben aufgezeigten Anforderungen wird § 9 Abs. 2 GesVSV, der die sachliche Zuständigkeit der KBLV bestimmt, nicht gerecht.

a) Zwar ist dem Beklagten insoweit Recht zu geben, als auch die Bedeutung und die Eingriffsintensität einer Norm im Rahmen des zu fordernden Maßes an Bestimmtheit zu berücksichtigen ist. Entgegen den Ansicht des Beklagten ist die Bedeutung der vorliegenden Norm für den Betroffenen jedoch nicht derart gering, dass allein deshalb von einer hinreichenden Bestimmtheit ausgegangen werden muss.

Dass es sich bei der in § 9 Abs. 2 GesVSV geregelten Zuständigkeitsübertragung nicht um einen - wie der Beklagte vorträgt, wenn überhaupt - nur marginalen Eingriff handelt, zeigt bereits Art. 46 BayVwVfG, der, wie schon im Rahmen der Klagebefugnis ausgeführt, den Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit besonderes Gewicht beimisst. Mit der Zuständigkeit verbindet sich nämlich auch immer ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit dafür, dass die danach zum Handeln berufene Behörde auf Grund ihrer personellen und sachlichen Ausstattung, ihrer Vertrautheit mit den zu regelnden Verhältnissen und ihrer besonderen Erfahrung in der Materie besser geeignet sei als jede andere Behörde, den Sachverhalt richtig zu ermitteln und eine richtige Entscheidung zu treffen. Hinzu kommt, dass in der Bestimmung der Zuständigkeit immer zugleich auch eine Entscheidung darüber liegt, welche praktischen Möglichkeiten dem Bürger, der mit der Verwaltung zu tun hat, zur Verfolgung seiner Interessen geboten werden, welche Entfernungen ihm zugemutet werden, wenn er sein Anliegen bei der Behörde persönlich vorbringen möchte, wo er Anträge stellen kann und mit welchen Amtsträgern er verhandeln muss, wo er die Verwaltungsakten einsehen kann, etc. Die Einhaltung der Zuständigkeit ist in diesem Sinne Voraussetzung dafür, dass die Verfahrensbeteiligten von den ihnen eingeräumten Rechten wirksam Gebrauch machen können und die Verfahrensgarantien voll zur Auswirkung kommen, denn nur die zuständige Behörde bietet die größtmögliche Gewähr für eine sachlich richtige Entscheidung (vgl. Kopp in: Verfassungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, Münchner Universitätsschriften, Band 15, 1971, S. 67/68).

Die dem Betroffenen einzuräumende Möglichkeit, die Zuständigkeitsfeststellung gerichtlich überprüfen zu lassen, wird faktisch jedoch dann stark eingeschränkt, wenn weder der Betroffene selbst noch ein Rechtskundiger vorab die in § 9 Abs. 2 GesVSV normierten Tatbestandsvoraussetzungen der Zuständigkeitsübertragung prüfen und damit die Erfolgsaussichten einer gerichtlichen Kontrolle und damit zusammenhängend das Prozessrisiko abschätzen können. Umgekehrt ist für den Betroffenen auch im Rahmen seines subjektiv-öffentlichen Antragsrechts aus § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV, wenn dieser beispielsweise aus Vermarktungs- und Werbezwecken in die Überwachungszuständigkeit der KLBV fallen möchte, durchaus von Bedeutung, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen er dieses Recht gelten machen kann und, falls ihm der Zuständigkeitsübergang von der Behörde versagt wird, welche Erfolgsaussichten im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung bestehen.

b) Das Ausmaß der geforderten Bestimmtheit lässt sich zwar nicht allgemein festlegen. In erster Linie ist jedoch die Eigenart des zu regelnden Sachgebiets maßgebend. (vgl. BVerfG, B. v. 26.9.1978 - 1 BvR 525/77 - BVerfGE 49, 168 = DVBl. 1987, 881). Rechtsnormen, die der Rechtssicherheit dienen, wie etwa Rechtsmittelfristregelungen oder Verjährungsregelungen vertragen keine unbestimmten Rechtsbegriffe. Auch Zuständigkeitsnormen sind von ihrem Charakter her Rechtsnormen der Rechtssicherheit und müssen aus diesem Grund hinreichend bestimmt und klar gefasst werden. Unbestimmte Rechtsbegriffe sind daher für Zuständigkeitsnormen ungeeignet. Dies gilt nicht nur, wenn sich die (sachliche) Zuständigkeit direkt aus dem Gesetz ergibt, sondern muss auch dann gelten, wenn die Zuständigkeit durch bestandskräftigen Verwaltungsakt festgestellt wird, denn die Zuständigkeit wird auch in diesen Fällen nicht durch den Verwaltungsakt, sondern durch die Zuständigkeitsnorm des § 9 Abs. 2 GesVSV geregelt. Der Verwaltungsakt stellt lediglich eine Konsequenz aus der Subsumtion der Norm dar.

c) Aus § 9 Abs. 2 GesVSV lässt sich jedoch nicht mit ausreichender Bestimmtheit ermitteln, wann der betroffene Betrieb in die Zuständigkeit der KBLV überführt wird. Ebenso wenig lassen sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden objektive Kriterien und damit eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe der „Überregionalität“ bzw. ihrer Legaldefinition und mithin der „Versorgung eines Gebiets von 1,5 Millionen Einwohnern“ und des „wesentlichen Marktteilnehmers“ und damit der Anwendung der Vorschrift des § 9 Abs. 2 GesVSV gewinnen (1). Die von der Kontrollbehörde zur Konkretisierung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe herangezogenen vorläufigen Arbeitshilfen können diese Auslegungs- und Anwendungsschwierigkeiten nicht beheben (2) und hätten darüber hinaus aufgrund ihrer Außenwirkung veröffentlicht bzw. bekanntgemacht werden müssen, um überhaupt wirksam zu sein (3).

(1) Maßgebend für die Auslegung einer Rechtsvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus ihrem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt (Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 12. März 2007 - Vf. 8-VII-06 -, juris; VerfGH vom 14.7.1994 = VerfGH 47, 165/171 m. w. N.).

Legt man das Tatbestandsmerkmal des „überregional tätigen Betriebs“ dem Wortlaut nach aus, so versteht man darunter einen Betrieb, der in seiner Tätigkeit nicht lediglich auf das Gebiet, in dem er ansässig ist, beschränkt ist. Im Duden wird „überregional“ mit „nicht regional begrenzt“ definiert (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/ueberregional), wobei hinsichtlich der Bedeutung von „regional“ ausgeführt wird „eine bestimmte Region betreffend, zu ihr gehörend, auf sie beschränkt, für sie charakteristisch“ (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/regional#b2-Bedeutung-1). Demnach weist der Begriff der „Überregionalität“ Ortsbezug auf und stellt darauf ab, ob der Betrieb seine Produkte über die Grenzen einer bestimmten Region hinaus vertreibt. Wo konkret diese Grenze zu ziehen ist, ist weder aus der Verordnung selbst, noch aus dem GDVG ersichtlich. Auch aus dem Sinn und Zweck der Zuständigkeitsübertragung und der Gesetzesbegründung lassen sich diesbezüglich keine objektiv handhabbaren Kriterien gewinnen. Sinn und Zweck der in § 9 Abs. 2 GesVSV geregelten Zuständigkeitsübertragung ist die Überführung sog. „komplexer Betriebe“, (vgl. auch Internetauftritt der KBLV, abrufbar unter https://www.kblv.bayern.de/wir_ueber_uns/entstehungsgeschichte/index.htm), für deren Überwachung spezialisierte Fähigkeiten erforderlich sind (vgl. Art. 5a GDVG). Ziel dabei ist die Risikominimierung und den Verbraucherschutz so effektiv wie möglich zu machen (vgl. Gesetzesbegründung, Bayerischer Landtag, Drucksache 17/16103, S. 13). Zwar mag das Risiko bei einem hohen Verbreitungsgrad steigen, ein dem Wortlaut nach „überregional tätiger“ Betrieb muss jedoch nichts zwangsläufig auch einen hohen Verbreitungsgrad, hohe Umsatz- oder Absatzzahlen oder große Produktionsmengen aufweisen. Auch aus dem Vergleich mit anderen Vorschriften, die den unbestimmten Rechtsbegriff der Überregionalität verwenden, lassen sich keine dem Sinn und Zweck der Zuständigkeitsübertragung auf die Kontrollbehörde gerecht werdende Konkretisierung finden. So verwendet beispielsweise der Koordinierungsrahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ ab 17. September 2018 (abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/J-L/koordinierungsrahmen-gemeinschaftsaufgabe-verbesserung-regionale-wirtschaftsstruktur-ab-25082017.pdf? blob=publicationFile& v=6) in Ziffer 2.1.2 den Begriff des überregionalen Absatzes. Nach Satz 2 ist „als überregional […] in der Regel ein Absatz außerhalb eines Radius von 50 km von der Gemeinde, in der die Betriebsstätte liegt, anzusehen.“ Ein Abstellen auf einen bestimmten Verbreitungsradius entspricht jedoch ersichtlich nicht dem Sinn und Zweck der Zuständigkeitsübertragung. Im Übrigen enthält die Norm eine Legaldefinition des unbestimmten Rechtsbegriffes der „Überregionalität“.

Zieht man zur Bestimmung des Begriffs der „Überregionalität“ nun die Legaldefinition in § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV heran, so ergibt sich, dass ein Betrieb dann überregional tätig ist, wenn er dafür ausgelegt ist, stetig ein Gebiet mit mindestens 1,5 Millionen Einwohnern direkt oder indirekt als wesentlicher Marktteilnehmer zu versorgen. Diese Legaldefinition enthält nun erneut vier unbestimmte Rechtsbegriffe. Wann ein Betrieb darauf ausgelegt ist, ein „Gebiet mit mindestens 1,5 Millionen Einwohnern“ „stetig“ „direkt oder indirekt“ zu versorgen und wann dies als „wesentlicher Marktteilnehmer“ geschieht, geht weder aus der GesVSV noch aus der GDVG hervor. Der Verordnungsgeber hat eine Konkretisierung dieser Begriffe in der Verordnung selbst überhaupt nicht vorgenommen. Dass ein Betrieb, der darauf ausgelegt ist, ein „Gebiet mit mindestens 1,5 Millionen Einwohnern“ „stetig“ „direkt oder indirekt“ zu versorgen, eine gewisse Größe und damit verbunden eine gewisse Höhe an Produktionsmengen aufweisen muss, lässt sich noch durch Auslegung ermitteln. Wie groß der Betrieb bzw. wie hoch die Produktionsmengen sein müssen, um eine Versorgungskapazität eines Gebietes mit mindestens 1,5 Millionen Einwohner aufzuweisen, lässt sich jedoch weder durch Wortlautauslegung, noch anhand anderer Vorschriften oder der Gesetzesbegründung, sondern allenfalls anhand sachverständiger Äußerungen oder spezieller Statistiken ermitteln. Mit den üblichen juristischen Auslegungsmethoden lassen sich hierfür jedenfalls keine objektiven Kriterien gewinnen. Dem Wortlaut nach müsste der Betrieb zudem (zusätzlich) ein „wesentlicher Marktteilnehmer“ sein. In der Rechtsnorm fehlt es jedoch ebenso an jeglicher Konkretisierung, was unter einem „wesentlichen Marktteilnehmer“ zu verstehen ist. Die Verordnung selbst lässt diesbezüglich handhabbare Kriterien vermissen. Der Begriff des „wesentlichen Marktteilnehmers“ ist dem Lebensmittelrecht fremd. Lediglich im Kreditinstitutsrecht findet sich der Begriff des „wesentlichen Marktteilnehmers“ (vgl. Art. 227 Abs. 2 und 3 VO (EU) Nr. 575/2013, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. h), Satz 2 GroMiKV und § 185 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 SolvV, mittlerweile beide außer Kraft), wobei die dort gegebenen Definitionen schon der Sache nach nicht zur Konkretisierung des „wesentlichen Marktteilnehmers“ i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV herangezogen werden können. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) definiert in § 2 Abs. 1 Nr. 2 den „Marktteilnehmer“. Danach sind „Marktteilnehmer“ neben Mitbewerbern und Verbrauchern alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig sind. In der Mikroökonomie werden „Marktteilnehmer“ als sog. Wirtschaftssubjekte definiert. Unter Wirtschaftssubjekten versteht man Verbraucher (Privathaushalte), Unternehmen, der Staat und das Ausland hinsichtlich Exporteuren und Importeuren (vgl. https://www.juraforum.de/lexikon/marktteilnehmer-und-mitbewerber). „Wesentlich“ bedeutet dagegen „den Kern einer Sache ausmachend und daher besonders wichtig; von entscheidender Bedeutung; grundlegend; um vieles; in hohem Grade; sehr“ (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/wesentlich). Dem Wortverständnis nach fordert der „wesentliche Marktteilnehmer“ also einen gewissen Marktanteil. Wie hoch dieser Marktanteil sein muss, geht aus der Norm nicht hervor und kann auch nicht anderen Vorschriften oder der Gesetzesbegründung entnommen werden. Unabhängig davon, dass aus § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV keine objektiven Kriterien ersichtlich werden, widerspricht es sogar dem Wortlaut, wenn der Beklagte zur Bestimmung des wesentlichen Marktteilnehmers auf eine anteilige Versorgung von 5% des Tagesbedarfs von 1,5 Millionen Einwohnern abstellt; denn dem Wortlaut nach handelt es sich um zwei Tatbestandsmerkmale. Insofern müsste der Betrieb zunächst die Betriebskapazität zur Versorgung von 1,5 Millionen Einwohnern aufweisen und zusätzlich einen gewissen (hohen) Marktanteil inne haben. Unabhängig von der Frage, ob bei einer anteiligen Versorgung von 5% des Tagesbedarf bereits von einem „wesentlichen“ Marktteilnehmer gesprochen werden kann, widerspricht es demgemäß dem Wortlaut, wenn die Legaldefinition des § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV bereits dann als erfüllt gilt, wenn die Schwellenwerte zur anteiligen Versorgung von 5% des Tagesbedarfs von 1,5 Millionen Einwohnern überschritten werden.

Aber auch aus dem Gesetzesentwurf der Staatsregierung zur Reform der staatlichen Veterinärverwaltung und Lebensmittelüberwachung lassen sich keine objektiven Kriterien zur Bestimmung des „wesentlichen Marktteilnehmers“ herleiten. Nach dieser sollen unter den Gesichtspunkten „Komplexität des Betriebs“, „mikrobiologische Anforderung an das hergestellte Lebensmittel/Produkt“, „Überregionalität“ und „Notwendigkeit fachlichen Spezialwissens an der Kontrollbehörde für bestimmte Betriebskategorien“ Betriebe definiert werden, die künftig von der neuen Kontrollbehörde überwacht werden (vgl. Drucksacke 17/16102, Bayerischer Landtag, S.3). Jedoch kann keiner dieser Gesichtspunkte den unbestimmten Rechtsbegriff des „wesentlichen Marktteilnehmers“ näher erläutern, sodass sich dadurch ebenfalls keine praktikabel handhabbare Kriterien zu der Frage gewinnen lassen, wann ein Betrieb ein „wesentlicher Marktteilnehmer“ ist.

(2) Vielmehr werden diese unbestimmten Rechtsbegriffe lediglich durch „Leitlinien zur Anwendung des § 9 des Verordnungsentwurfs der Verordnung über den gesundheitlichen Verbraucherschutz (GesVV)“ und die „Vorläufige Arbeitshilfen zur Zuständigkeit der Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen“ des Bay. StMUV (Az. 47-G8900-2017/9-8; im Folgenden: vorläufige Arbeitshilfen) konkretisiert, wobei der Beklagte vorbringt, dass anhand der Leitlinien zur Vorüberlegungen stattgefunden haben und die Entscheidungen hinsichtlich der Feststellungen vom 17.11.2017 entgegen der Angabe auf dem Betriebsdatenblatt in der Behördenakte einzig und allein auf Grundlage und dem Inhalt der vorläufigen Arbeitshilfen mit Stand vom 05.12.2017 getroffen worden seien.

Dass der Beklagte in seiner Verwaltungspraxis zur Bestimmung der unbestimmten Rechtsbegriffe der „Überregionalität“ bzw. des „wesentlichen Marktteilnehmers“ vorläufige Arbeitshilfen heranzieht, begründet jedoch keine Konkretisierung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe, die den Anforderungen an die Bestimmtheit und Normenklarheit entspricht. Die vom Beklagten herangezogenen Arbeitshilfen sind schon nicht Teil der Verordnung über den gesundheitlichen Verbraucherschutz, sondern stellen lediglich eine Verwaltungsvorschrift dar. Dass der Beklagte zur Bestimmung der unbestimmten Rechtsbegriffe der „Überregionalität“ bzw. des „wesentlichen Marktteilnehmers“ auf vorläufige Arbeitshilfen zurückgreift, lässt sich der Verordnung selbst nicht entnehmen.

Zwar ist grundsätzlich denkbar, dass der Verordnungsgeber im Rahmen auslegungsbedürftiger unbestimmter Rechtsbegriffe Konkretisierungen auch durch Verwaltungsvorschriften vornimmt (BVerwG, a.a.O.; vgl. auch Nds.OVG, U.v. 14.12.2011 - 13 LC 114/08 - juris Rn. 46). Jedoch fordert das Bestimmtheitsgebot eine dem jeweiligen Sachzusammenhang angemessene Regelungsdichte, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörde ausschließt (BVerfG, B.v. 17.7. 2003 - 2 BvL 1/99 - NVwZ 2003, 1241/1247; BVerwG, B.v. 20.8.1997 - 8 B 170/97 - NVwZ 1998, 408 m.w.N.).

Die von der Kontrollbehörde zur Konkretisierung der in § 9 Abs. 2 GesVSV unbestimmten Rechtsbegriffe herangezogenen vorläufigen Arbeitshilfen können diese Auslegungs- und Anwendungsschwierigkeiten nicht beheben. Für den Kläger ist nämlich selbst unter Zuhilfenahme der derzeit geltenden „vorläufigen Arbeitshilfen“ vorab nicht erkennbar, wann sein Betrieb das Kriterium der „Überregionalität“ bzw. des „wesentlichen Marktteilnehmers“ erfüllt.

Nach Ziffer 2.2.3.1 der aktuell geltenden vorläufigen Arbeitshilfen wird ein Betrieb grundsätzlich dann als wesentlicher Marktteilnehmer angesehen, wenn er für die anteilige Versorgung von 5% des Tagesbedarfs von 1,5 Millionen Einwohnern ausgelegt ist. Maßgeblich sei, ob der Betrieb tatsächlich über die regelmäßigen baulichen, sachlichen, personellen und organisatorischen Mittel für eine derartige Versorgungsleistung verfügt. Um den Tagesbedarf und die anteilige Versorgung von 5% von 1,5 Millionen Einwohnern zu ermitteln, greift der Beklagte auf die Anlage 3 der vorläufigen Arbeitshilfen zurück. Dort werden in tabellarischer Ausgestaltung auf insgesamt 6 Seiten Referenz- bzw. Schwellenwerte angeboten, die auf dem durchschnittlichen Verzehr/Verbrauch einer statistischen Person basieren, wobei dieser durchschnittliche Verzehr/Verbrauch teilweise aus verschiedenen Statistiken gewonnen wird (EFSA Consumption Database, cosmetics Europe Data, Deutscher Jagdverband, EHI handelsdaten.de, Erfahrungswerte des Bäckerhandwerks), zum Teil jedoch augenscheinlich auch auf subjektiven Meinungen basiert. So heißt es beispielsweise auf S. 4 der Anlage 3 zu Fischfleisch:

„Es wird davon ausgegangen, dass bayerische Verbraucher keine Fischvielverzehrer sind und nicht mehr als 2x pro Woche Fisch/Meeresfrüchte verzehren, die Verzehrsmenge wird deshalb mit 2/7 multipliziert.“

Bei Suppen, Soßen, Fonds (ebenfalls S. 4) heißt es:

„Hier würde ich von der Packungsgröße für Fonds oder Brühwürfel ausgehen, nicht für Fertiggerichte. Ein Suppenbrühwürfel hat. ca. 40 g und reicht für 250 ml Flüssigkeit. Davon essen ca. 4 Personen. Folglich isst eine Person pro Tag ca. 10 g Brühwürfel.“

Dass der durchschnittliche Verzehr - wie vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - ergänzend durch Daten des Bayerischen Landesamtes für Statistik ermittelt wurde, geht aus der Anlage selbst nicht hervor.

Zunächst werden in Anlage 3 die „Referenzwerte Großvieheinheiten und Eier“ angegeben, wobei hier - entgegen der klaren Definition in Ziffer 2.2.3.1. - ein Marktteilnehmer ein „wesentlicher Marktteilnehmer“ sein soll, wenn 5 - 10% von 1,5 Millionen Einwohner voll versorgt werden können (gerundet). Dementsprechend wird ein Referenzwert für die anteilige Versorgung von 5% und ein Referenzwert für die anteilige Versorgung von 10% angegeben. Auf welchen die Behörde nun im konkreten Fall zurückgreift ist für den Betroffenen - zumindest im Vorfeld - nicht erkennbar und nicht vorhersehbar.

Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, wie der Beklagte ausgehend von einer täglichen Verzehrsmenge von 43 g Fleisch die erforderliche Anzahl an Großvieheinheiten (GVE) für die Versorgung von 1,5 Millionen Einwohner errechnet. Dass der Beklagte - wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - dabei pauschal 200 Schlachttage zugrunde legt, ist der Anlage 3 nicht zu entnehmen. Ebenso wenig geht aus der Anlage 3 hervor, auf welchen Umrechnungsschlüssel für GVE die Behörde zurückgreift und kann auch sonst nicht nachvollzogen werden, insbesondere da es keinen im Lebensmittelrecht allgemeingültigen, sondern in den verschiedenen Fachbereichen unterschiedliche Umrechnungsschlüssel gibt. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass die Kontrollbehörde zur Umrechnung zwar grundsätzlich auf Art. 17 Abs. 6 der VO (EG) 1099/2009 zurückgreift, für Geflügel jedoch den unter 2.8 der TA Luft festgelegten Wert von einer Großvieheinheit (GV) = 500 Kilo Tierlebendmasse heranzieht und dabei auf den sich unter Ziffer 5.4.7.1 „Anlage der Nummer 7.1: Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren“ in der Tabelle 10 wiederfindenden Umrechnungsschlüssel für die Tierart „Masthähnchen bis 35 Tage“ abstellt, der 0.0015 Großvieheinheit/Tier beträgt. Zudem ist aus der Anlage 3 nicht ersichtlich, dass die Kontrollbehörde bei ihren Berechnungen unterstellt hat, dass Rinder über 24 Monate mindestens ein Lebendgewicht von 300 kg aufweisen und damit als ausgewachsene Rinder zu behandeln sind und dass alle jüngeren Tiere gem. Art. 17 Abs. 6 Buchst. b) VO (EG) 1099/2009 als sonstige Rinder mit 0,5 GVE zu berücksichtigen sind. Dies geht erst aus dem Schriftsatz des Beklagten vom 26.10.2018 (vgl. Gerichtsakte Blatt 156/157) hervor. Des Weiteren deckt sich dies nicht mit den Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, wonach 1 GVE bei 700 kg anzunehmen sei und dies bei einem pauschal angenommenen Ausschlachtungsgrad von 60% einem Gewicht von 420 kg entspreche. Dass das Gewicht der Rinder und damit verbunden die Zahl der GVE pauschal nach dem Alter der Rinder (jünger oder alter als 24 Monate) - wie im Schriftsatz vom 26.10.2018 ausgeführt - festgelegt worden sei, wurde in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen.

Zudem geht aus den vorläufigen Arbeitshilfen bzw. der Anlage 3 auch nicht hervor, auf welchen Daten oder Angaben der betroffenen Betriebe die Prüfungen bzw. die Zuständigkeitsentscheidungen der Kontrollbehörde basieren. So ist im vorliegenden Fall nur anhand einer handschriftlichen Rechnung in der Behördenakte (Blatt 76) - und damit für den Kläger nicht im Vorfeld - erkennbar, dass die Kontrollbehörde zur Prüfung, ob sein Betrieb dafür ausgelegt ist, 1500 GVE oder mehr pro Jahr zu schlachten, die Angaben auf dem Beiblatt Fleisch zur Zulassung des Betriebs nach der VO (EG) Nr. 853/2004 zugrunde legt (30 Rinder und 30 Schafe pro Woche), während jedoch im Betriebsdatenblatt (Blatt 1 der Behördenakte) ein Schlachtaufkommen von 25 Rindern und 30 Schafen pro Woche angegeben ist. Woher aber diese Zahlen aus dem Betriebsdatenblatt stammen, konnte der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht aufklären.

Aufgrund der fehlenden und teilweise widersprüchlichen Angaben kann also weder nachvollzogen werden, wie der Beklagte auf die in der Anlage 3 genannten Schwellenwerte kommt, noch kann der Betroffene anhand der Anlage 3 erkennen, ob er diese Schwellenwerte erfüllt. Ebenso wenig ist eine gerichtliche Kontrolle der Berechnungsmethode anhand der vorläufigen Arbeitshilfen bzw. der Anlage 3 möglich.

(3) Unabhängig davon sind die von Kontrollbehörde herangezogenen „vorläufigen Arbeitshilfen“ mangels Bekanntgabe unwirksam und können aus diesem Grund nicht zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs des „wesentlichen Marktteilnehmers“ herangezogen werden.

Zwar ist im Gegensatz zu Rechtsverordnungen oder Satzungen für den Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften keine Verkündung in einem dafür vorgesehenen Publikationsorgan (Gesetz- oder Amtsblatt o.ä.) vorgeschrieben. Die allgemeine Verwaltungsvorschrift wird im Gegensatz zu einer Rechtsverordnung grundsätzlich auch ohne Verkündung wirksam. Verwaltungsvorschriften sind jedoch dann zu veröffentlichen, wenn sie - etwa als Auslegungs- oder Ermessensrichtlinien - mittelbar oder kraft besonderer gesetzlicher Regelung unmittelbar Außenwirkung erlangen, wobei die Gelegenheit zur Kenntnisnahme im laufenden Verfahren nicht genügt (vgl. Sachs/Sachs GG Art. 20 Rn. 124, beck-online, m.w.N.).

Aus dem in § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV ausdrücklich normierten Antragsrecht des Betriebsinhabers auf bescheidsmäßige Feststellung der Zuständigkeit durch die Kontrollbehörde ergibt sich schließlich, dass die vorläufige Arbeitshilfe nicht lediglich als Auslegungshilfe mit nur mittelbarer Wirkung anzusehen ist, sondern der Arbeitshilfe aufgrund des subjektiven Rechts des Betriebsinhabers, das Bestehen bzw. Fortbestehen der sachlichen Zuständigkeit überprüfen zu lassen, auch unmittelbare anspruchsbegründende Außenwirkung zukommt, da sich die konkreten Voraussetzungen der „Überregionalität“ bzw. des „wesentlichen Marktteilnehmers“ - insbesondere die zur Bestimmung herangezogenen Schwellenwerte - einzig und allein aus der Verwaltungsvorschrift ergeben. Aus diesem Grund entfalten die vorläufigen Arbeitshilfen auch im umgekehrten Fall zumindest faktisch Außenwirkung auf den betroffenen Betrieb. Insofern handelt es sich bei den vorläufigen Arbeitshilfen weder um lediglich „ergänzende“ Vollzugshinweise, die der Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis dienen, noch um nur verwaltungsintern bindende und steuernde ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften (dem Beklagten kommt im Rahmen der Zuständigkeitsfeststellung insofern auch gar kein Ermessen zu), sondern um eine formal in Verwaltungsvorschriften getroffene Ausführungsbestimmung des Beklagten, die rechtliche Außenwirkung gegenüber dem Bürger entfaltet.

Für Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung für Dritte besteht jedoch eine Publikationspflicht, die im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) sowie in der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) begründet ist (BVerwG, Urteil vom 25. November 2004 - 5 CN 1/03 -, BVerwGE 122, 264-271, Rn. 31 und BVerwG, Urteil vom 08. November 2012 - 5 C 4/12 -, juris). Dieser Veröffentlichungspflicht wurde hier aber nicht Genüge getan.

Zwar ist mittlerweile ein Auszug der vorläufigen Arbeitshilfen auf der Internet-Seite des Bayerisches Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zu finden (vgl. https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/ueberwachung/kblv /index.htm#zustaendigkeit). Nicht veröffentlicht ist jedoch die gesamte Anlage 3, die die Referenz- bzw. Schwellenwerte enthält. Der Bekanntgabe der Verwaltungsvorschrift nach der soeben zitieren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann jedoch nur dann Genüge getan werden, wenn die Regelung selbst bekannt gegeben wird. Eine selektive, erläuternde Wiedergabe ihres Inhalts ist dagegen nicht ausreichend, denn die Bekanntgabe der Verwaltungsvorschrift soll es dem Bürger gerade ermöglichen, sie nicht bereits vorinterpretiert, sondern eigenständig zu erfassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 2004 - 5 CN 1/03 - Rn. 31). Daher reicht es nicht aus, lediglich einen Teil der vorläufigen Arbeitshilfen, insbesondere ohne die - gerade entscheidende - Anlage 3 im Internet zu veröffentlichen.

Der Pflicht zur Publikation von Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber den Betroffenen genügt auf jeden Fall die Publikation in dem für den Verwaltungsträger für die Veröffentlichung von Rechtsnormen vorgeschriebenen amtlichen Medium, hier also gemäß Nr. 3.1. i.V.m. Nr. 5 der Veröffentlichungsbekanntmachung (VeröffBek) der Bayerischen Staatsregierung vom 15. Dezember 2015 (Az. B II 2 - G 48/13-6) im Allgemeinen Ministerialblatt. Damit ist den Betroffenen die Möglichkeit gegeben, sich rechtzeitig und umfassend zu informieren (BVerwG, Urteil vom 25. November 2004 - 5 CN 2/03 -, Rn. 32, juris). Ob auch eine andere Art und Weise der Bekanntmachung, z.B. durch eine unmittelbare Übergabe der Arbeitshilfe an die Betroffenen oder eine vollständige Veröffentlichung im Internet ausreichend wäre, bedarf in diesem Verfahren keiner Entscheidung, denn der Beklagte hat den Betroffenen den Text der vorläufigen Arbeitshilfe unstreitig weder persönlich bekannt gegeben noch vollständig im Internet veröffentlicht.

Fehlt bei Verwaltungsvorschriften mit Außenwirkung gegenüber Dritten die rechtsstaatlich bzw. um effektiven Rechtsschutz willen gebotene Bekanntgabe, sind sie nicht wirksam geworden (BVerwG, Urteil vom 25. November 2004 - 5 CN 2/03 -, Rn. 33, juris).

Damit verbleibt es bei den weder in der GesVSV noch in der GDVG näher konkretisierten unbestimmten Rechtsbegriffen der „Versorgung von 1,5 Millionen Einwohnern“ und des „wesentlichen Marktteilnehmers“, was dazu führt, dass der Kläger aus dem Inhalt der Rechtsnorm des § 9 Abs. 2 GesVSV nicht in zumutbarer Weise feststellen kann, ob sein Betrieb nun unter die Zuständigkeit der KBLV fällt oder nicht.

Das Gericht verkennt nicht, dass an die tatbestandliche Fixierung keine nach der konkreten Sachlage unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden dürfen und die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsseite in einigen Fallgestaltungen geradezu sinnvoll und notwendig erscheinen können, um die Verwaltungsbehörden in die Lage zu versetzen, ihren Aufgaben, den besonderen Umständen des einzelnen Falles und den schnell wechselnden Situationen des Lebens gerecht zu werden. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass sich das Vorliegen der Tatbestandvoraussetzungen einer Norm letztendlich nur aus einer größtenteils unveröffentlichten (und damit unwirksamen) Verwaltungsvorschriften ergibt, sodass das Handeln der Verwaltung nicht mehr messbar und für den Betroffenen unvorhersehbar wird und dass die Kontrollbehörde mangels Vorgabe angemessener klarer Handlungsmaßstäbe in der Verordnung selbst mehr Zeit damit verbringt, sich ihre Handlungsmaßstäbe selbst vorzugeben, d.h. Referenzwerte aus verschiedensten Statistiken und anhand komplexer und undurchsichtiger Rechnungen ermittelt, Tabellen erstellt und sie regelmäßig an die momentanen Gegebenheiten anpasst (vgl. Wortlaut „vorläufige Arbeitshilfen“). Es ist bereits zum jetzigen Zeitpunkt erkennbar, dass die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe in § 9 Abs. 2 GesVSV sowohl den Betroffenen, als auch der Verwaltung und den Gerichten erhebliche Schwierigkeiten bereitet, die weder durch übliche Auslegungsmethoden, noch durch die momentan geltenden vorläufigen Arbeitshilfen sachgerecht beseitigt werden können. Zudem ist der Normgeber gehalten, seine Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (vgl. BVerfG, B. v. 24.11.1981 - 2 BvL 4/89 - BVerfGE 59, 104). Dabei zeigt bereits § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GesVSV, der den gleichen Normzweck verfolgt, dass konkrete Regelungen - auch direkt in der Verordnung - durchaus möglich sind, um den mit der Zuständigkeitsübertragung verfolgten Zweck erreichen zu können.

Nach alledem war der Feststellungsbescheid des Beklagten vom 17.11.2018 mangels wirksamer Rechtsgrundlage rechtswidrig und damit aufzuheben.

Bei bereits bestandskräftigen Feststellungsbescheiden bleibt es bei der Zuständigkeit der Kontrollbehörde.

III.

Eine Vorlagepflicht zu den Verfassungsgerichten steht dem nicht entgegen. Zwar statuiert Art. 92 BV eine solche zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof bei Verstößen gegen die Bayerische Verfassung auch für den Fall verfassungswidriger Regelungen in rangmäßig unter Gesetzen im förmlichen Sinne stehenden Rechtsverordnungen. Jedoch besteht hier die Besonderheit, dass zugleich ein Verstoß gegen das Grundgesetz, dort Art. 20 Abs. 3 GG, vorliegt und es bei derartigen Verstößen in Rechtsverordnungen der Vorlage zum dafür zuständigen Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG nach dessen ständiger Rechtsprechung nicht bedarf, vielmehr die Fachgerichtsbarkeit zur alleinigen Inzident-Prüfung und Entscheidung im anhängigen Verfahren berufen ist (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21. Juli 2011 - 3 ZB 08.3206 -, Rn. 4, juris m.w.N zur sog. inzidenten Normenkontrolle). Deshalb erübrigt sich eine Vorlage nach Landesrecht, das Fachgericht kann die Ungültigkeit nach Bundesrecht selbst feststellen, so dass es auf einen Verstoß gegen Landes-(verfassungs-)recht nicht mehr ankommt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Rn. 10 zu § 94).

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

Die Berufung war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

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(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

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(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassu

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(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid der Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (im Folgenden: KBLV) vom 17. November 2017, in dem die Zuständigkeit der KBLV für Kontroll- und Vollzugsaufgaben der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung für den Betrieb der Klägerin nach § 9 der Verordnung über den gesundheitlichen Verbraucherschutz (im Folgenden: GesVSV) festgestellt wurde.

1. Die Klägerin, vertreten durch die Geschäftsführer Herrn T. L. und Herrn Dipl.-Ing. W. L., stellt Gersten- und Weizenmalz her.

2. Mit Bescheid der KBLV vom 17. November 2017, der Klägerin laut Postzustellungsurkunde zugegangen am 18. November 2017 (Samstag), wurde festgestellt, dass die KBLV statt der Kreisverwaltungsbehörde ab dem 1. Januar 2018 zuständige Behörde für die Kontroll- und Vollzugsaufgaben der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung für den Betrieb der Klägerin, S.-Straße, M., nach § 9 GesVSV ist (Nr. 1). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach den Erkenntnissen der KBLV erzeuge der Betrieb der Klägerin mehr als 15.452 kg Getreide und Getreideprodukte täglich. Die KBLV sei nach Art. 5a des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (GDVG) vom 24. Juli 2003 in der derzeit gültigen Fassung i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 GesVSV vom 1. August 2017 sachlich zuständig. Die Feststellung der Zuständigkeit der KBLV nach § 9 Abs. 2 Satz 1 GesVSV erfolge von Amts wegen nach § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV. Der Betrieb unterliege als Mälzerei § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 m) GesVSV und erfülle die Voraussetzungen der Überregionalität nach § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV. Der Betrieb sei so ausgelegt, dass er stetig ein Gebiet mit mindestens 1,5 Millionen Einwohnern direkt oder indirekt als wesentlicher Marktteilnehmer versorgen könne. Das sei der Fall, wenn in einem Gebiet von 1,5 Millionen Einwohnern die anteilige Versorgung von 5% mit den vorhandenen Produktionsmitteln erreichbar sei. Unter Zugrundelegung von durchschnittlichen Verzehrsmengen ergäbe sich für das von ihnen produzierte Erzeugnis ein Schwellenwert von 15.452 kg täglich. Der Betrieb sei darauf ausgelegt, mindestens diese Produktionsmenge zu erreichen. Von der Anhörung sei nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG abgesehen worden, da der Bescheid nicht in Rechte eingreife.

3. Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2017 (Mittwoch), eingegangen bei Gericht per Telefax am selben Tag, ließ die Klägerin Klage erheben und beantragen,

den Bescheid des Beklagten vom 17. November 2017 (Az. Z-4460-2017/47-1), der Klägerin zugestellt am 20. November 2017, aufzuheben.

Mit Schreiben vom 19. Januar 2018 ließ die Klägerin zur Begründung im Wesentlichen ausführen, sie seien bisher von der Zustellung des Zuständigkeitsfeststellungsbescheides am Montag, den 20. November 2017, ausgegangen. Der Zustellungsadressat und Geschäftsführer der Klägerin, Herr L., sei Mitte November 2017 im Urlaub gewesen. Während seiner Abwesenheit sei seine kaufmännische Angestellte F., mit allen Aufgaben im Zusammenhang mit der anfallenden Post im Betrieb betraut gewesen. Da der Handwerksbetrieb der Klägerin samstags und sonntags nie besetzt sei, hätten weder der Geschäftsführer noch die Angestellten mit dem Erhalt von postalischen Sendungen am Samstag gerechnet. Um zu vermeiden, dass dem Betrieb an einem Samstag Sendungen zugestellt würden, die dann niemand entgegennehmen oder bearbeiten könne, habe die Klägerin bereits am 26. November 2009 einen entsprechenden Antrag bei dem Postunternehmen gestellt, so dass entsprechende Sendungen erst am darauffolgenden Werktag zugestellt würden. F. habe im Laufe des Montags, den 20. November 2017, den Behördenbrief aus dem Briefkasten genommen. Nach Auskunft von F. sei nicht erkennbar gewesen, dass der Bescheid schon am Samstag, den 18. November 2017, mittels Postzustellungsurkunde in den Briefkasten eingelegt worden sei. Es sei kein entsprechendes Datum auf dem Umschlag des Bescheids vermerkt gewesen. F. habe den Brief daraufhin ordnungsgemäß in die Postmappe für L. gelegt. Als L. aus seinem Urlaub zurückgekommen sei und den Bescheid in der Postmappe vorgefunden habe, sei er davon ausgegangen, dass dieser am 20. November 2017 zugestellt worden sei. Dies habe ihm auch F. bestätigt. L. habe sich an den Justiziar S. des Bayerischen Brauerbundes gewandt. Der Klägerbevollmächtigte sei eingeschaltet worden. In den Gesprächen habe der Justiziar als dann später auch der Klägerbevollmächtigte abgefragt, wann eine Zustellung erfolgt wäre. Hierzu habe L. entsprechend seiner Information den 20. November 2017 angegeben. S. habe diesen Zeitpunkt handschriftlich auf der Anordnung notiert. In der Folge sei es weder für die Klägerin noch für deren Verfahrensbevollmächtigten erkennbar gewesen, dass die Zustellung am 18. November 2017 erfolgt sei, zumal ihnen die Postzustellungsurkunde bisher auch nicht vorgelegen habe. Es hätten keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass der Bescheid vor dem 20. November 2017 zugestellt worden hätte sein können. Auch der Umstand, dass der Bescheid selbst vom 17. November 2017 datiert sei, habe keinen Anlass gegeben, an der Zustellung am 20. November 2017 zu zweifeln. Schließlich sei bei gewöhnlichem Postlauf eine Zustellung nach drei Tagen nicht ungewöhnlich. Der Umstand, dass ein Zustellungsvermerk auf dem Umschlag offenbar gefehlt habe, führe jedenfalls dazu, dass die Klägerin keine Kenntnis über den genauen Fristbeginn erlangen können hätte.

Hilfsweise wurde die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO beantragt. Ergänzend wurde hierzu ausgeführt: Die Klägerin sei ohne Verschulden verhindert gewesen, die gesetzliche Klagefrist von einem Monat gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO einzuhalten. Als L. nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub den streitgegenständlichen Bescheid vorgefunden habe, sei er sehr überrascht darüber gewesen, dass sich die Zuständigkeit der Behörde nunmehr ändern sollte.

Der Klägerbevollmächtigte hätte die zugesandten Unterlagen geprüft, insbesondere auch im Hinblick auf das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Anfechtungsklage. Nach Auskunft der Klägerin sowie ausweislich der an sie übersandten Unterlagen und Nachfrage des Klägerbevollmächtigten habe die Zustellung am 20. November 2017 stattgefunden. Anlass zur weiteren Überprüfung sei nicht gegeben gewesen. Auch die Klägerin treffe kein Verschulden. Während der Abwesenheit von L. bearbeite F. immer die anfallende Post. F. sei eine hoch qualifizierte und stets zuverlässige Angestellte. Es sei in diesem Zusammenhang nie zu Fehlern oder Beanstandungen gekommen. Insoweit treffe den Geschäftsführer L. auch kein Organisationsverschulden.

Die Klägerin betreibe einen Handwerksbetrieb mit in der Regel weniger als zehn Vollzeitbeschäftigten. Ihre Kunden seien ganz überwiegend kleine und sehr kleine Mittelstandsbrauereien, Gasthausbrauereien und Craft Beer Brauer. Die Gesamtproduktion liege bei weniger als 10.000 Tonnen Malz und der Jahresumsatz bei ca. 5 Mio. EUR im Jahr. Der Markt werde ganz wesentlich durch vier auch international tätige Großmälzereien bestimmt. Daneben gebe es eine Vielzahl (ca. 20 - 25) kleinerer oder sehr kleiner Mälzereien in Deutschland, zu denen auch die Klägerin gehöre. Ihr Marktanteil dürfe bei ca. 0,5% liegen. Insbesondere erscheine zweifelhaft, dass der Betrieb die Voraussetzung der Überregionalität i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV erfülle. Schließlich sei Sinn der gesetzlichen Neuregelung offensichtlich, dass entweder besonders gefahrgeneigte Betriebe oder überregional tätige Betriebe, die als wesentlicher Marktteilnehmer anzusehen seien, einer spezifischen Kontrolle durch die KBLV unterzogen werden sollten. Beides treffe für den Betrieb der Klägerin nicht zu. Schließlich handle es sich bei dem Betrieb der Klägerin um eine regional tätige Handwerksmälzerei. Sowohl im Hinblick auf den Umsatz als auch den Absatz des handwerklichen Betriebs der Klägerin, handle es sich um ein kleines mittelständisches Unternehmen, das weit entfernt davon sei, einen wesentlichen Marktteilnehmer darzustellen. Eine besonders gefahrgeneigte Lebensmittelunternehmertätigkeit sei bei einer Mälzerei ohnehin nicht gegeben.

Mit Schreiben vom 14. Februar 2018 ließ die Klägerin weiter ausführen, am 20. November 2017 habe F. auch eine E-Mail an das Ehepaar L. geschickt, in dem das Behördenschreiben eingescannt gewesen sei. In der E-Mail habe sie geschrieben „ist heute gekommen“. Ein Umschlag sei L. weder vorgelegt worden, noch sonst ersichtlich gewesen. L. habe daher keine Anhaltspunkte gehabt, dass eine Zustellung vor dem 20. November 2017 erfolgt wäre, zumal ihm F. diesen Termin als Eingang auch mitgeteilt habe. L. habe sich an S. gewandt, der allerdings bis einschließlich 3. Dezember 2017 urlaubsabwesend gewesen sei. S. habe dann versucht Kontakt zur KBLV aufzunehmen. Unter der im Bescheid angegebenen Rufnummer habe er die angegeben Sachbearbeiterin nicht erreicht. Auf Nachfrage sei S. dann eine Mobilnummer eines juristischen Mitarbeiters der KBLV gegeben worden. Da die Zeit gelaufen sei, habe man beschlossen zur Fristwahrung Klage einzureichen. Die erste Kontaktaufnahme zwischen der Klägerin und dem Klägerbevollmächtigten habe telefonisch am 19. Dezember 2017 stattgefunden. Kurz zuvor habe S. mit Einverständnis von L. per E-Mail das später als Anlage K2 vorgelegte Dokument dem Klägerbevollmächtigten für das anstehende Telefonat übermittelt. Weitere Unterlagen zum Fall habe der Klägerbevollmächtigte bis dahin nicht gekannt. Bei dem ersten gemeinsamen Telefonat am 19. Dezember 2017 habe sich der Klägerbevollmächtigte ausdrücklich nach weiteren Unterlagen zum Fall erkundigt. Insbesondere habe er auch gefragt, von wem der handschriftliche Vermerk zur Zustellung stamme und ob es hierzu weitere Zugangsunterlagen gebe. Dies habe L. verneint. Er habe keinen Umschlag erhalten und habe geschildert, dass nach seiner Kenntnis der Posteingang am 20. November 2017 erfolgt sei.

Mit Schreiben vom 6. April 2018 ließ die Klägerin Ausführungen zu ihren Kunden, dem Lager des Betriebs und der Anzahl und Einsatz ihrer Beschäftigten machen. Diesbezüglich wird auf den Inhalt des Schreibens vom 6. April 2018 Bezug genommen. Das Unternehmen der Klägerin sei nicht als komplexer Betrieb einzustufen, sondern ein inhabergeführter kleiner Handwerksbetrieb, der sein Braugetreide ausschließlich aus der Region beziehe und Teil des lokalen Ökomodells sei. All dies spreche gegen die Überregionalität.

Mit Schreiben vom 1. Juni 2018 wurde unter anderem ausgeführt, eine Klagebefugnis sei gegeben. Für die Klägerin sei diese Klage die einzige Möglichkeit zu überprüfen, ob die gesetzlichen Kriterien für die Zuordnung der behördlichen Zuständigkeit erfüllt seien. Die Einordnung führe auch zu Unterschieden für die betroffenen Unternehmen in der Wahrnehmung der amtlichen Lebensmittelüberwachung durch die zuständigen Behörden. Die Differenzierung zwischen der Kontrolltätigkeit der KBLV einerseits und den lokalen Überwachungsämtern andererseits diene gerade dazu, den unterschiedlichen Anforderungen der Kontrolle von überregionalen Großbetrieben und von eher regional agierenden und gegebenenfalls sogar handwerklich orientierten Lebensmittelbetrieben gerecht zu werden. Ansonsten hätte die Einrichtung der KBLV und die Regelungen in § 9 Abs. 2 GesVSV gar keinen Sinn gemacht.

Es erscheine nicht nachvollziehbar, warum die Produktion von Malz allgemein der Produktion von Getreide und Getreideprodukten gleichgestellt werde, obwohl auch die Regelung in § 9 Abs. 2 Nr. 2 GesVSV hier differenziere, vgl. insb. lit. g), lit. k) und lit. m.) der Regelung. Der Beklagte gehe davon aus, dass Malz ausschließlich für die Bierherstellung verwendet werde. Dieses Malz gehe allerdings als Zutat nur mit einem geringen Anteil im Endprodukt auf. Insoweit bestehe ein wesentlicher Unterschied zu Betrieben, die Betriebskategorien nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 g) und k) GesVSV angehörten. Der Ansatz der Beklagten führe zwangsläufig dazu, dass Mälzereien viel eher als überregionale Betriebe eingestuft würden als z.B. Bäckereien, die ebenfalls Getreide verarbeiten würden, aber im Regelfall die Endprodukte weitgehend herstellen würden. Darüber hinaus erscheine auch nicht nachvollziehbar, warum hier generell ein Großbetrieb vorliegen solle, wenn lediglich 5% der als überregional angesetzten Versorgungsgröße von 1,5 Millionen Einwohnern der Berechnung zu Grunde gelegt werde. Nach dem Regelungswortlaut liege es nahe, dass der Lebensmittelbetrieb darauf ausgelegt sei, einen Großteil von 1,5 Millionen Einwohnern zu versorgen (wesentlicher Marktteilnehmer), und nicht nur 1/20 davon, d.h. lediglich 75.000 Personen. Nun möge in bestimmten Konstellationen auch die dauerhafte Versorgung von 75.000 Verbrauchern dazu führen, dass unzweifelhaft ein überregional tätiger Großbetrieb vorliege. So liege bei einer Bäckerei, die darauf ausgelegt sei, ständig 75.000 Einwohner zu versorgen, die Einordnung als überregionaler Großbetrieb nahe. Mit einer solchen Versorgungsleistung könne der Backbetrieb nämlich allein nahezu eine Großstadt versorgen. Eine handwerkliche Fertigung, wie sie charakteristisch für den Betrieb der Klägerin sei, komme da nicht mehr in Betracht, sondern erforderlich sei schon eine industrielle Großserienfertigung mit ganz massiven Maschineneinsatz. Es sei nachvollziehbar, dass ein solcher Betrieb in den Zuständigkeitsbereich der KBLV falle. Dieser Fall sei aber nicht vergleichbar mit einer Mälzerei, die auch mit Getreide arbeite, aber traditionell und handwerklich orientiert produziere. Wie bei kleinen handwerklichen Bäckereien und industriellen Betrieben sei für eine zutreffende Einordnung nach § 9 Abs. 2 GesVSV auch eine Differenzierung bei den Mälzereien erforderlich. Hierzu werde eine Quelle des Bayerischen Brauerbundes zu den Produktionskapazitäten der Mälzereien in Bayern beigefügt. Aus dieser werde deutlich, dass einige wenige Großbetriebe ein Vielfaches der Produktionskapazitäten im Vergleich zu den eher kleinen und handwerklich orientierten Betrieben aufweisen würden. Eine Gleichstellung der wesentlichen Marktteilnehmer in Bayern, die ca. 10 bis 20 Mal so viel Menge produzierten wie die Klägerin, erscheine offensichtlich nicht vom Gesetzgeber angestrebt.

4. Der Beklagte ließ mit Schriftsatz vom 12. Januar 2018 beantragen,

die Klage gegen den Zuständigkeitsfeststellungsbescheid vom 17. November 2017, Az.: Z-4460-2017/47-1, abzuweisen.

Zur Begründung wurde mit Schreiben vom 12. Januar 2018 ausgeführt, die Klage sei unzulässig, da sie nach Ablauf der Klagefrist erhoben worden sei. Nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO sei die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des angefochtenen Verwaltungsakts zu erheben. Die Bekanntgabe des angefochtenen Zuständigkeitsfeststellungsbescheides sei vorliegend per Zustellung mittels Postzustellungsurkunde durch Einlegung in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten am 18. November 2017 erfolgt. Die Klagefrist habe somit am Samstag, den 18. November 2017, zu laufen begonnen und habe am Montag, 18. Dezember 2017, geendet. Die Klage sei laut Verfügung des Gerichts vom 22. Dezember 2017 aber erst zwei Tage nach Fristablauf am Mittwoch, den 20. Dezember 2017, bei Gericht eingegangen.

Mit Schreiben vom 2. Februar 2018 wurde ergänzt, es liege ein Verschulden auf Seiten der Klägerin, in jedem Fall aber auf Seiten des Prozessbevollmächtigten vor. Das letztgenannte Verschulden müsse sich die Klägerin gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Die Klägerin habe mit Zustellung eines Schreibens durch die KBLV rechnen müssen, weil sie schon im September 2017 Kenntnis darüber gehabt habe, dass sie für einen Übergang zur KBLV infrage käme und dass eine Zuständigkeitsfeststellung schon vor dem 1. Januar 2018 erfolgen könnte. Die Klägerin hätte sich deshalb zuvor an das Landratsamt R.-G. gewandt, um über dieses eine Überprüfung der damals bereits beabsichtigten Zuständigkeitsverlagerung auf die KBLV zu erwirken. Der Antrag der Klägerin bei einem Postunternehmen, wonach Sendungen nicht an einem Samstag, sondern erst am darauffolgenden Werktag zugestellt werden sollten, beziehe sich nur auf Frachtsendungen und nicht auf Briefsendungen. Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten, wonach der Einwurf des Umschlags in den Geschäftsbriefkasten am 18. November 2017 nicht erkennbar gewesen sei, könne nicht durchdringen. Es werde bestritten, dass auf dem Umschlag kein Zustellungsdatum durch den Postmitarbeiter vermerkt worden sei. Der Postmitarbeiter sei verpflichtet, das Zustellungsdatum auf der Vorderseite des Umschlags zu vermerken. Mit seiner Unterschrift unter Ziffer 13 der Zustellungsurkunde habe er bestätigt, dass er den Tag der Zustellung auf dem Umschlag des Schriftstücks vermerkt habe (Blatt 52 des Verwaltungsvorgangs). Das Ausfüllen der eigentlichen Zustellungsurkunde sei aufwendiger als der bloße Vermerk auf dem Umschlag. Hinsichtlich der vorgetragenen Überraschung und des Problems der sachlichen Einordnung des Bescheids durch die Klägerin würden sie auf die Ausführungen im Zusammenhang mit dem Landratsamt des Landkreises R.-G. verweisen. Auch der Vortrag der Angestellten Frau F. führe zu keiner anderen Beurteilung. Die Mitarbeiterin habe lediglich erklärt, dass ihr auch auf dem Briefumschlag kein entsprechender Zustellungsvermerk aufgefallen wäre. Die Mitarbeiterin habe jedenfalls erkannt, dass es sich um einen Behördenbrief handle. Unabhängig von dem Beachten eines etwaigen Vermerks hätte ihr jedoch klar sein müssen, dass dieser Umschlag aufzubewahren gewesen sei. Der Umschlag enthalte sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite deutliche Hinweise, dass er aufzubewahren gewesen sei und als Beleg diene, wenn der Empfänger angeben müsse, welche Schriftstücke ihm wann zugestellt worden seien. Schließlich habe der Umschlag auch eine auffällige Färbung. Dies sei jedoch unerheblich, da jedenfalls das Verschulden des Prozessbevollmächtigten maßgebend und offensichtlich sei. Der Prozessbevollmächtigte könne sich nicht darauf berufen, dass für ihn zum Zeitpunkt der Mandatsübernahme nicht erkennbar gewesen sei, dass die Zustellung bereits am 18. November 2017 erfolgt gewesen sei. An ihn als Rechtsanwalt seien höhere Sorgfaltsanforderungen zu stellen als an juristische Laien. Auch leichte Fahrlässigkeit sei schädlich. Hier habe sich der Prozessbevollmächtigte nicht auf die Angaben der Klägerin bzw. des Herrn S. über den Eingang des Bescheides am 20. November 2017 verlassen können. Er hätte vielmehr selbstständig Nachforschungen einleiten müssen, insbesondere angesichts des Umstandes, dass es sich hier um eine Zustellung mittels Postzustellungsurkunde gehandelt habe und es für den Rechtsanwalt auch ohne weiteres erkennbar gewesen sei aufgrund des Vermerks über dem Adressfeld des Bescheides. Dieser Pflicht sei er nicht ausreichend nachgekommen. Der Prozessbevollmächtigte hätte auf die Vorlage des Umschlags mit dem Zustellungsvermerk zur selbstständigen Fristprüfung drängen müssen. Wenn dieser nun tatsächlich nicht mehr vorhanden gewesen sei, wäre es dem Prozessbevollmächtigten ohne weiteres möglich gewesen, die Beklagte zu kontaktieren und hierdurch den Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides in Erfahrung zu bringen. In einem Vergleichsanfall habe der Bundesfinanzhof entschieden, dass ein Prozessbevollmächtigter bei fehlendem Umschlag mit Zustellungsvermerk sich nicht auf den Eingangsstempel seiner Kanzlei verlassen dürfe, sondern durch Nachfrage bei der Geschäftsstelle des zuständigen Senats den Zeitpunkt der Zustellung eines Beschlusses in Erfahrung hätte bringen müssen. Nichts anderes dürfe hier gelten, da dem Umschlag mit dem Zustellungsvermerk eine überragende Bedeutung aus Empfängersicht zukomme. Bei einer Zustellung mittels Postzustellungsurkunde sei normalerweise mit einer Zustellung am Tage nach der Aufgabe bei dem Postunternehmen zu rechnen. Dies sei hier der 18. November 2017 gewesen. Es sei ihm ohne weiteres möglich gewesen, anhand des frühestmöglichen Zustellungszeitpunkts eine frühere Ablauffrist zu notieren, insbesondere da es hier offenbar nicht möglich gewesen sei, den Umschlag mit dem Zustellungsvermerk aufzufinden.

Mit Schreiben vom 26. April 2018 ließ der Beklagte ergänzen, sofern der Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zutreffe, wonach er erst am 19. Dezember 2017 von der Klägerin bzw. S. erstmals kontaktiert worden sei, sei die Frist für eine Klageerhebung in diesem Moment bereits abgelaufen gewesen. Insofern würde den Prozessbevollmächtigten kein Verschulden an der Nichteinhaltung der Klagefrist treffen. Es würde vielmehr ein alleiniges Verschulden der Klägerin vorliegen. Es werde bestritten, dass es in dem Zeitraum nach Zustellung des Bescheids nicht möglich gewesen sei, Kontakt zur KBLV aufzunehmen. Die Unterzeichnerin habe zu keinem Zeitpunkt für den Betrieb der Klägerin eine derartige Bitte um einen Rückruf erhalten. Ohne weiteres hätte die Klägerin an die angegebene E-Mail-Adresse eine Nachricht senden können, die dann ebenfalls an die Unterzeichnerin weitergeleitet worden wäre. Bei dem Telefonat des S. mit einem juristischen Mitarbeiter der KBLV hätten S. die Gründe für die Strukturreform und die Vorgehensweise der KBLV zur einheitlichen Zuständigkeit zur Bescheidung ihrer Betriebe dargelegt werden können, so das S. mitgeteilt habe, er werde seinem Verbandsmitglied raten von einer Klage abzusehen. Es stelle sich geradezu zwingend die Frage, warum spätestens nach der Rückkehr von S. am 4. Dezember 2017 noch weitere zwei Wochen vergangen seien, bis man zu der Entscheidung gekommen sei, dass hier doch eine Klage zur Fristwahrung erforderlich wäre. Umso näher hätte es bei dieser Sachlage gelegen, möglichst frühzeitig zumindest fristwahrend die Klage zu erheben, um später auf der sicheren Seite zu sein. Stattdessen sei bei dem von der Klägerin angenommenen Fristablauf am 20. Dezember 2017 bis zum Vortag gewartet worden, bevor man den Prozessbevollmächtigten kontaktiert habe.

Auch fehle es der Klägerin an der erforderlichen Klagebefugnis. Die reine Feststellung des Übergangs behördlicher Zuständigkeiten verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Da sich mit der Zuständigkeitsfeststellung die rechtlichen Vorgaben hinsichtlich des Umfangs und der Art der Überwachung von Lebensmittelherstellern den Betrieben nicht ändern würden, betreffe die bloße Änderung des „Wer“ die Adressaten in keinem geschützten Recht. Bei der Wahrung ihrer Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung sei jede Behörde gleichermaßen zu rechtmäßigem Handeln auf Grundlage der geltenden Rechtsnormen verpflichtet. Es dürfe daher für den zu kontrollierenden Betrieb keinen Unterschied machen, welche Behörde die gesetzlich vorgegebenen Kontrollen durchführen. Darüber hinaus sei es die Entscheidung des Staates innerhalb seines Staatsorganisationsrechts, die Zuständigkeit für die staatlichen Aufgaben seinen Behörden zuzuweisen und unter diesen zu verteilen. Bürger könnten gegen einen Zuständigkeitswechsel keine Verletzung von geschützten Rechtsposition geltend machen; sei es, dass er wie üblich unmittelbar durch Gesetz eintrete, sei es, dass er wie hier durch eine Entscheidung der Behörde eintrete. Die Entscheidung des Verordnungsgebers, den Zuständigkeitswechsel durch Verwaltungsakt eintreten zu lassen, diene nicht dazu, die Entscheidung zum Schutz der Betroffenen gerichtlich überprüfbar zu machen. Sie diene zuallererst dazu, Rechtssicherheit für den Betroffenen zu schaffen. Mit der Generierung des Verwaltungsakts sei genau festgelegt, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang der Zuständigkeitswechsel eintrete. Die Argumentation hinsichtlich einer entsprechenden Anwendung des Art. 46 BayVwVfG könne nicht durchdringen. Dass ein Verwaltungsakt nicht gerichtlich überprüft werden könne, habe nicht automatisch eine eindeutig vom Gesetz geforderte Rechtsverletzung zur Folge.

Für die Bewertung, wann ein Betrieb gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV überregional tätig sei, seien Referenzwerte für verschiedene Lebensmittel ermittelt worden. Ein Betrieb werde demnach grundsätzlich als wesentlicher Marktteilnehmer angesehen, wenn er für die anteilige Versorgung von 5% des Tagesbedarfs von 1,5 Millionen Einwohnern ausgelegt sei. Ein Betrieb werde in der Regel überregional tätig sein, wenn dieser die hochgerechnete tägliche Verzehrsmenge auf Grundlage statistisch fundierter Daten eines Anteils von 5% von 1,5 Million Einwohnern produzieren könne. Die theoretische Produktionsmenge reiche aus, da der Betrieb entsprechend dem Wortlaut von § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV nur „dafür ausgelegt“ sein müsse. Bei der Ermittlung der einschlägigen Referenzwerte seien die statistischen Daten der EFSA Consumption Database (Daten für Deutschland) zu Grunde gelegt worden. Die Daten würden auf verschiedenen wissenschaftlichen Erhebungen zum Lebensmittelverzehr basieren. Zusätzlich zu den in der Datenbank genannten hätten sie für die verschiedenen Altersgruppen weitere Parameter (unter anderem Anteil der jeweiligen Altersgruppe an der bayerischen Bevölkerung, durchschnittliches Gewicht je Altersgruppe) herangezogen. Im Ergebnis hätten sie somit den durchschnittlichen Verzehr von einer statistischen Person errechnet. Für Getreide und Getreideprodukte ergebe sich ein Referenzwert von 15.452 kg täglich. Das heiße eine Überregionalität sei zu bejahen, wenn der Betrieb dafür ausgelegt sei, täglich mindestens 15.452 kg Getreideprodukte zu produzieren. Es werde angemerkt, dass zugunsten der Betriebsart „Mälzerei“ als Referenzwert nicht auf die produzierte Malzmenge, sondern nur auf die Produktionsmenge von Getreide und Getreideprodukte abgestellt worden sei. Hieraus ergebe sich für die Zuständigkeitsfeststellung der KBLV sogar ein höherer Schwellenwert. Dabei sei auch davon ausgegangen worden, dass der Ausgangsrohstoff Getreide zu 100% zu Malz verarbeitet werde. Dem sei tatsächlich nicht so. Es sei dadurch sogar eine zweite Günstigkeitsrechnung für die Betriebsart „Mälzerei“ durchgeführt worden.

Würde man die Produktionsmenge von Malz auf der Grundlage des Bierverbrauchs errechnen, würde man auf folgenden, deutlich niedrigeren Referenzwert kommen:

Nach Angaben des Deutschen Brauerbundes habe der Bierverbrauch pro Kopf pro Jahr bei 104 l gelegen. Für 1 hl Bier würden ca. 16 kg Malz benötigt. Daraus folge: Pro Person würden pro Jahr 16,6 kg Malz konsumiert. Demnach würden 1,5 Millionen Einwohner 16,6 kg Malz*1,5 Millionen: 365 Tage = 68.219 kg pro Tag konsumieren. Als wesentlicher Marktteilnehmer im Marktsegment Malzhersteller müsse der Betrieb 5% von 1,5 Millionen Einwohnern versorgen können. Um dies zu erreichen sei eine tägliche Produktionsmenge von 3.410 kg Malz (5% von 68.219 kg) erforderlich. Die Klägerin stelle ca. 10.000 t Weizen- und Gerstenmalz jährlich her. Bei der Betriebsart Mälzerei sei der Referenzwert von Getreide und Getreideprodukten herangezogen worden. Dies sei einheitlich bei allen Mälzereien so gehandhabt worden. Würde man den deutlich niedrigeren Referenzwert für Malz von 3.410 kg täglich zu Grunde legen, seien erst recht die Voraussetzungen der Überregionalität des Betriebs der Klägerin erfüllt. Es werde auch im streitgegenständlichen Bescheid dargelegt, dass der Betrieb der Klägerin nach den Erkenntnissen der KBLV Getreide und Getreideprodukte erzeuge und dass für das produzierte Erzeugnis (= Getreide und Getreideprodukte) ein Schwellenwert von 15.452 kg täglich zu Grunde gelegt worden sei. Unter Abwägung aller Belange sei die Auslegung seitens der KBLV für den Begriff „wesentlicher Marktteilnehmer“ produktionsbereichsunabhängig bei einem Wert von 5% erfolgt. Diese würde einheitlich für alle in Betracht kommenden Betriebe angewandt.

Die Angaben zur Exporttätigkeit seien nicht abgefragt worden, um den überregionalen Charakter des Betriebes beurteilen zu können, sondern im Rahmen für die Ausstellung von Veterinärzertifikaten. Das Getreidelager sei nicht ausschlaggebend für die Überregionalität des Betriebs der Klägerin in M. gewesen.

Mit Schreiben vom 27. Juni 2018 wurde ausgeführt, sofern die Klägerin anführe, die Unterscheidung zwischen der KBLV und den örtlichen Kreisverwaltungsbehörden würde auf unterschiedlichen Anforderungen der Kontrolle für überregionale Großbetriebe bzw. für eher regional agierende und gegebenenfalls sogar handwerklich orientierte Lebensmittelbetriebe beruhen, finde diese Aussage im Gesetz keinen Halt. Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GDVG laute wie folgt: „nach Maßgabe gesonderter Vorschriften erfüllt sie Kontroll- und Vollzugsaufgaben der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung, insbesondere hinsichtlich seiner Betriebe, deren Überwachung spezialisierte Fähigkeiten voraussetzt“. Das Erfordernis spezialisierter Kontrollfähigkeiten treffe keine Unterscheidung hinsichtlich der Produktionsweise der betroffenen Betriebe. Die in § 9 Abs. 2 GesVSV genannten verschiedenen Betriebskategorien bedürften bei einer gewissen Marktrelevanz einer Spezialisierung der Kontrolleure. Ob hier industriell oder handwerklich hergestellt werde, sei nach dem Zweck der Vorschrift irrelevant. Die KBLV kontrolliere in der Regel mit zwei Personen, um das Vieraugenprinzip zu gewährleisten. Die rechtlichen Vorgaben hinsichtlich des Umfangs und der Art der Überwachung ändere sich nicht.

Nach den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten würde Malz als Zutat nur mit einem geringen Anteil am Endprodukt aufgehen. Insoweit würde ein wesentlicher Unterschied zu Betrieben, die den Betriebskategorien nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 lit. g) (Getreidemühlen und Hersteller von Getreideprodukten einschließlich Backvormischungen) und k (Bäckereien) GesVSV angehörten, bestehen. Dies habe bei der Ermittlung der Referenzwerte durchaus Berücksichtigung gefunden. Es seien für die Betriebsart „Bäckerei“ separate Referenzwerte abhängig davon, welche Produkte die Bäckerei herstelle (Brot und Semmeln bzw. eine Backwarenbeziehung Brot, Semmeln und feine Backwaren) berechnet worden und bei der Prüfung, ob ein Betrieb überregional tätig sei, angesetzt worden. Während man bei der Betriebsart „Bäckerei“ den Unterschied durchaus noch in der Tatsache sehen könne, dass hier Endprodukte (mit entsprechend niedrigeren Referenzwerten) hergestellt würden, sei die Situation bei Malz und Getreide eine andere. Hier würden die Produkte jeweils hauptsächlich als Rohstoff für die Weiterverarbeitung verwendet, sodass kein wesentlicher Unterschied zwischen ihnen bestehe. Unabhängig von der Frage, ob Malz und Getreide sich wesentlich unterscheiden würden, übersteige die Produktion der Klägerin jedoch die beiden Referenzwerte deutlich.

Ein wesentlicher Marktteilnehmer müsse sicherlich ein gewisses Gewicht im Marktgeschehen haben, jedoch nicht eine quasi marktbeherrschende Stellung, indem er einen Großteil der geforderten 1,5 Millionen Einwohner versorge. Auch müsse der „wesentlicher Marktteilnehmer“ kein (wiederum zu definierender) Großbetrieb sein. Es sei richtig, dass § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV lediglich bestimme, dass ein Betrieb überregional tätig sei, wenn er dafür ausgelegt sei, ein Gebiet mit mindestens 1,5 Millionen Einwohnern direkt oder indirekt als wesentlicher Marktteilnehmer zu versorgen, ohne zu definieren, welche anteilige Produktionsmenge hierfür erreicht werden müsse oder gar Schwellenwerte festzulegen. Bei dem Erlass einer Verordnung komme dem Normgeber eine Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Geeignetheit einer gesetzlichen Regelung für die Erreichung eines legitimen Zwecks zu. Nicht anders verhalte es sich bei der GesVSV, bei der der Verordnungsgeber zur Erreichung eines höheren Standards im Bereich der Lebensmittelüberwachung eine Verordnung mit unbestimmten Rechtsbegriffen erlassen habe. Der Verordnungsgeber sei nicht gehalten gewesen, in der GesVSV die für einen überregionalen Betrieb als wesentliche Marktteilnehmer anzusetzende Produktionsmenge bzw. die einzelnen Schwellenwerte konkret festzulegen. Vielmehr liege die Entscheidung, „ob der Gesetzgeber bei der Festlegung eines gesetzlichen Tatbestand sich eines Begriffs bediene, der einen Kreis von Sachverhalten decke oder eng umschriebene Tatbestandsmerkmale ausstelle, […] in seinem Ermessen“ (BVerfGE 21, 73, 79).

Es komme nach dem eindeutigen Wortlaut der GesVSV nicht auf die Herstellungsweise an, maßgeblich sei allein der Verbreitungsgrad der Produktion (überregional). Wie die Anlage K10 zeige, sei der Markt an bayerischen Mälzereien sehr überschaubar. Hier zeige sich erneut die insofern unzulässige Gleichsetzung des Tatbestandsmerkmals „wesentlicher Marktteilnehmer“ mit einer marktbeherrschenden Stellung bzw. einem wesentlichen Teil des Marktes durch mehrere Unternehmen. Das Tatbestandsmerkmal des wesentlichen Marktteilnehmers diene als Korrektur, um die Betriebe in der Zuständigkeit der Kreisverwaltungsbehörde zu belassen, die keine größere Marktrelevanz hätten. Allein schon wegen der geringen Anzahl an Mälzereien müsse ein Betrieb dieser Kategorie schon eine völlig untergeordnete Bedeutung haben, um als „unwesentlich“ angesehen zu werden. Die Größe des Betriebs der Klägerin könne nicht mit der Größe von Betrieben anderer Kategorien verglichen werden; vielmehr müsse die Größe in Relation zu dem hergestellten Erzeugnis gesehen werden.

5. In der mündlichen Verhandlung beantragte der Klägerbevollmächtigte, den Bescheid des Beklagten vom 17. November 2017 aufzuheben.

Die Beklagtenvertreterin beantragte,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig und wäre auch unbegründet.

1. Die Klage ist unzulässig. Zwar ist bezüglich des Bescheids vom 17. November 2017 eine Klagebefugnis der Klägerin gegeben, jedoch ist die Klage verfristet und eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand war wegen Verschuldens nicht zu gewähren.

1.1 Die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO ist gegeben.

Nach § 42 Abs. 2 Alt. 1 VwGO ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach der herrschenden Möglichkeitstheorie genügt hierfür die Möglichkeit, dass die von der Klägerin behauptete Rechtsverletzung durch den Verwaltungsakt besteht (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 42 Rn. 66).

Die Klagebefugnis ist gegeben, da § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV ein subjektiv-öffentliches Recht begründet und die Klägerin möglicherweise durch die Feststellung der Zuständigkeit der KBLV in ihrem subjektiv-öffentlichem Recht verletzt ist.

§ 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV begründet ein subjektiv-öffentliches Recht, da er eine sogenannte Schutznorm ist. Eine Schutznorm liegt vor, wenn der in Frage stehende Rechtssatz ausschließlich oder doch jedenfalls neben dem mit ihm verfolgten allgemeinen Interesse zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt ist. Ob ein Rechtssatz des objektiven Rechts im Sinne der Schutznormtheorie dem Schutz von Individualinteressen dient oder nicht, ist daher letztlich eine Frage der Auslegung, die unter Berücksichtigung der gesamten Rechtsordnung und der in dieser wirksamen Schutz- und Zweckbestimmungen mit den üblichen juristischen Methoden der Auslegung und der Ausfüllung von Lücken im Recht zu beantworten ist (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 42 Rn. 83).

Der Schutznormcharakter des § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV ergibt sich bereits aus dem dort ausdrücklich normierten Antragsrecht des Betriebsinhabers auf bescheidsmäßige Feststellung der Zuständigkeit durch die Kontrollbehörde. Durch die Einräumung eines solchen Antragsrechts des Betriebsinhabers neben und zusätzlich zu einer Feststellung von Amts wegen bringt der Verordnungsgeber selbst zum Ausdruck, dass der die sachliche Zuständigkeit feststellende Verwaltungsakt nicht nur alleine der Rechtssicherheit der Allgemeinheit dienen soll, sondern auch der Betriebsinhaber ein subjektives Recht hat, seine Gründe vorzubringen, um das Bestehen bzw. Fortbestehen der sachlichen Zuständigkeit überprüfen zu lassen und eine bescheidsmäßige Feststellung herbeizuführen. Räumt der Verordnungsgeber dem Betriebsinhaber hinsichtlich der Feststellung der Zuständigkeit ein solches subjektives Antragsrecht ein, so muss diesem nach Sinn und Zweck dieser Regelung auch die gerichtliche Überprüfung der entsprechenden Entscheidung der Kontrollbehörde zugänglich sein, zumal § 9 Abs. 2 Satz 1 GesVSV a.E. ausdrücklich eine bestandskräftige Feststellung durch Verwaltungsakt verlangt.

Zieht man zudem die Systematik der gesamten Rechtsordnung in Bezug auf die sachliche Zuständigkeit heran, ergibt sich daraus, dass mit der Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV ein Sonderfall geschaffen wurde. Denn im Regelfall ergibt sich die sachliche Zuständigkeit aus den gesetzlichen Regelungen selbst, ohne dass es hierfür eines bestandskräftigen feststellenden Verwaltungsaktes bedarf. Die Überprüfung der sachlichen Zuständigkeit einer Behörde erfolgt grundsätzlich inzident bei dem Erlass eines Verwaltungsaktes, der in der Sache eine Regelung trifft. Von dieser grundsätzlichen systematischen Handhabung ist der Verordnungsgeber im Fall des § 9 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GesVSV bewusst abgewichen. Die Kontrollbehörde wird nach § 9 Abs. 2 Satz 1 GesVSV erst zuständig in dem Moment, in dem der die Zuständigkeit feststellende Verwaltungsakt bestandskräftig wird. Hätte der Verordnungsgeber gewollt, dass die sachliche Zuständigkeit in diesem Sonderfall gerichtlich mangels Klagebefugnis nicht selbstständig und dafür nur inzident in einem Verwaltungsakt unter dem Prüfungspunkt formelle Rechtmäßigkeit nachprüfbar ist, dann hätte der Verordnungsgeber den Übergang der sachlichen Zuständigkeit durch die Norm selbst eintreten lassen und nicht erst durch einen bestandskräftigen Verwaltungsakt. Überdies wäre auch bei der Unterstellung, dass keine Klagebefugnis gegeben ist mangels subjektiven Rechts, die Voraussetzung der Bestandskraft gänzlich überflüssig, da dann quasi faktisch die Bestandskraft denknotwendig immer im Moment des Erlasses des Verwaltungsaktes eintreten würde.

Ferner entspricht die Bejahung der Klagebefugnis dem besonderen Gewicht, das den Vorschriften zur sachlichen Zuständigkeit nach der gesetzlichen Regelung zukommt. So sind Verstöße gegen die sachliche Zuständigkeit von Art. 46 BayVwVfG nicht erfasst, so dass sie immer die Rechtswidrigkeit des betroffenen Verwaltungsakts begründen und zur Aufhebung im Rechtsbehelfsverfahren führen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 46 Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kann ein von einem Verwaltungsakt Betroffener die sachliche Unzuständigkeit der erlassenden Behörde jedenfalls dann, wenn der Rechtsmangel im Zeitpunkt der Entscheidung noch besteht, einschränkungslos rügen. Gerade bei rechtlich heiklen Fragen mag es im tatsächlichen Verlauf durchaus einen Unterschied machen, ob die Gemeinde oder das Landratsamt die Entscheidung trifft. Infolgedessen ist es sinnvoll, den Beteiligten grundsätzlich das Recht auf eine Entscheidung durch die „richtige“ Stelle einzuräumen (BayVGH, B.v. 13.8.1996 - 20 CS 96.2369 - juris).

Für eine Anfechtbarkeit spricht des Weiteren schon der äußere Schein des streitgegenständlichen Bescheids, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen ist.

1.2 Die Klage ist wegen Versäumung der einmonatigen Klagefrist unzulässig. Die Klage wurde nach Ablauf der Klagefrist erhoben. Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand war nicht zu gewähren.

Die Klageerhebung am 20. Dezember 2017 war verfristet nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Laut Postzustellungsurkunde ging der Klägerin der Bescheid der Kontrollbehörde am Samstag, 18. November 2017, zu. Nach § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 ZPO i.V.m. § 187 ff. BGB war am Montag, 18. Dezember 2017, Fristende und somit der Eingang der Klage am 20. Dezember 2017 verfristet.

Der klägerische Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ist abzulehnen. Die Nichteinhaltung der Klagefrist war nicht unverschuldet.

Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne sein Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Verschulden im Sinne von § 60 Abs. 1 VwGO ist anzunehmen, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war. Das Verschulden eines Bevollmächtigten, insbesondere eines bevollmächtigten Rechtsanwalts, steht dabei gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO dem Verschulden der Partei gleich, gilt also als Verschulden des Vertretenen. Ein schuldhaftes Handeln von Hilfspersonen des bevollmächtigten Rechtsanwalts, insbesondere von Büropersonal, ist als solches dem bevollmächtigten Rechtsanwalt und damit auch der Partei nicht zurechenbar, da eine dem § 278 BGB entsprechende Vorschrift über die Haftung für das Verschulden von Erfüllungsgehilfen im Prozessrecht fehlt. Allerdings können Fehler von Hilfspersonen auf eine in der eigenen Verantwortungssphäre des bevollmächtigten Rechtsanwalts liegende Ursache zurückzuführen sein, im Hinblick auf die diesen unter dem Gesichtspunkt des sogenannten Organisationsverschuldens ein eigener Schuldvorwurf treffen kann (BayVGH B.v. 16.10.2012 - 4 B 11.2325 - juris Rn. 10).

Auf ein Verschulden des Klägerbevollmächtigten nach § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO kommt es indes nicht an. Das Handeln des Klägerbevollmächtigten war nicht kausal für die Nicht-/Einhaltung der Klagefrist. Denn es wurde glaubhaft gemacht, dass der Klägerbevollmächtigte erst am 19. Dezember 2017 und daher nach Ablauf der Klagefrist kontaktiert wurde.

Jedoch liegt ein Verschulden der Sekretärin F. der Klägerin vor, indem sie den Zustellungsbriefumschlag trotz seiner auffälligen Färbung und dem eindeutigen Hinweis, dass der Briefumschlag bitte aufzubewahren ist, weggeworfen hat. Auch wenn dies versehentlich geschah, war dieses Handeln bereits fahrlässig und somit verschuldet. Dieses Verschulden kann aber der Klägerin nicht zugerechnet werden. Bei der Sekretärin handelt es sich weder um eine Bevollmächtigte, eine Vertreterin noch um ein Organ der Klägerin, sondern um eine Hilfsperson des Organs (Geschäftsführer L.) der Klägerin. Das Verschulden von Hilfspersonen eines Bevollmächtigten, Vertreters oder Organs, insbesondere Büropersonals, ist dem Bevollmächtigten, Vertreter oder Organ nicht zuzurechnen (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 60 Rn. 21).

Allerdings hat der Geschäftsführer L. die Versäumung der Klagefrist zurechenbar verschuldet. Der Geschäftsführer L., dessen Verschulden der Klägerin als ihr Organ wie eigenes Verschulden zuzurechnen ist (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 60 Rn. 20), hätte bei der im Verkehr zu beachtenden Sorgfalt nicht einfach ohne weitere eigene Nachprüfung eine Zustellung des Bescheids am 20. November 2018 annehmen und ohne eine eindeutige Feststellung des Zustellungsdatums bis zum letzten Tag der von ihm angenommenen Frist mit der Erhebung der Klage warten dürfen.

Der Geschäftsführer L. hätte sich nicht allein auf die Angabe seiner Sekretärin F. hinsichtlich des Zugangs des Bescheides verlassen dürfen, ohne zumindest eigene Überlegungen vorzunehmen. Wird ein behördliches Schreiben förmlich zugstellt, ist für jedermann, auch ohne Geschäftserfahrung, deutlich, dass mit der Zustellung fristgebundene eigene Entscheidungen verbunden sein können und auch zumeist sein werden. In der Konsequenz ist von dem Betroffenen eine genauere Nachprüfung des tatsächlichen Zugangs zu erwarten und er darf sich nicht einfach auf Angaben von Angestellten verlassen. Dies hat der Geschäftsführer L. jedoch getan, obwohl er vorliegend ohne weiteres hätte erkennen können, dass auch die Möglichkeit einer Zustellung am Tag nach Versand des Bescheids und dass auch die Möglichkeit einer Zustellung an einem Samstag bestand, insbesondere da nach eigenem Vortrag regulär niemand an einem Samstag im Betrieb ist und die Post entnimmt. Auch ist es einem Geschäftsführer, der seit längerer Zeit ein Unternehmen führt, bei den an ihn zustellenden Anforderungen zumutbar, dass er zumindest bei einem auf den 17. November 2017 datierten Bescheid, der mit dem Vermerk „Zustellungsurkunde“ versehen ist, eine Zustellung noch am nächsten Tag in Betracht zieht, auch wenn dies ein Samstag gewesen ist und sich nicht nur auf die Angaben seiner Sekretärin bezüglich des vermeintlichen Zugangs am darauffolgenden Montag verlässt. Er hätte bei möglichen Unsicherheiten wenigstens versuchen müssen, ein genaues Zustellungsdatum bei der Behörde in Erfahrung zu bringen.

Zudem kann der Geschäftsführer L. sich nicht darauf berufen, dass er wegen des Postauftrags mit einem Zugang des Bescheides an einem Samstag nicht rechnen musste. Der vorgelegte Postauftrag beschränkt sich auf Frachtsendungen und erfasst gerade keine Briefe (vgl. Anlage K3).

Grundsätzlich darf der Betroffene die Klagefrist auch uneingeschränkt bis zum letzten Moment ausnützen. Jedoch wenn - wie vorliegend - der Beginn der Frist anhand eines eindeutigen Zustellungsnachweises und somit auch das Ende der Frist nicht sicher bestimmt werden kann, ist dann hierauf basierend von dem Betroffenen zu fordern, dass er ohne Nachprüfung nicht einfach bis kurz vor dem vermeintlichen Fristende mit der Kontaktierung eines Rechtsanwalts oder/und der Erhebung der Klage wartet (vgl. BVerwG B.v. 31.1.2001 - 4 A 46/00 - juris Rn. 4).

Der klägerischen Annahme, dass die Vertreter des Beklagten selbst bei telefonischer Nachfrage, dem Gesellschafter der Klägerin keine Auskunft über das genaue Datum erteilt hätte, ist entgegenzuhalten, dass es sich hierbei um eine bloße Vermutung handelt und sich aus den eigenen Angaben der Klägerseite nicht ergibt, dass zumindest versucht worden war, bei der KBLV eine Anfrage bezüglich des Zustellungsdatums vorzunehmen. Allenfalls wäre der Sachverhalt anders zu bewerten, wenn die Klägerseite vorgetragen hätte, dass trotz mehrmaliger Anrufe niemand zu erreichen gewesen wäre und/oder dass bei einem Telefonat nach dem Zustellungsdatum gefragt worden wäre und eine Auskunft darüber seitens der Behörde tatsächlich nicht erteilt worden wäre. Zudem ergibt sich auch bereits aus dem klägerischen Vortrag, dass der involvierte Justiziar des Bayerischen Brauerverbands auch tatsächlich einen Behördenmitarbeiter erreichen konnte.

2. Überdies ist der Bescheid, ohne dass es hierfür noch entscheidungserheblich darauf ankäme, rechtmäßig, so dass die Klage selbst bei unterstellter Zulässigkeit unbegründet wäre.

2.1 Rechtsgrundlage für die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit der Kontrollbehörde ist § 9 Abs. 2 GesVSV i.V.m. Art. 5a GDVG. Das Gericht hat keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VG Würzburg U.v. 30.7.2018 - W 8 K 17.1477). Die Klägerin hat dazu auch nichts Wesentliches vorgebracht.

So führt das Gericht im Urteil vom 30. Juli 2018 (W 8 K 17.1477) zur Verfassungsmäßigkeit von Art. 5a GDVG und § 9 GesVSV aus:

„Nach Überzeugung der Kammer bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Art. 5a GDVG und § 9 GesVSV.

Die Klägerin sieht in § 9 Abs. 2 GesVSV einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV, da komplexe Betriebe, die in kreisfreien Städten ansässig sind, nicht in die sachliche Zuständigkeit der Kontrollbehörde überführt werden, worin eine Ungleichbehandlung liege. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass die Regelung, dass bestimmte kreisfreie Gemeinden nicht in die Zuständigkeit der Kontrollbehörde überführt werden, nicht in § 9 Abs. 2 GesVSV erfolgt, sondern in der Ausnahmeregelung des - an sich für den vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblichen - § 9 Abs. 5 GesVSV. Unabhängig hiervon ist jedoch ein Grund für die Differenzierung zwischen komplexen Betrieben, die in bestimmten kreisfreien Städten ansässig sind, und den übrigen komplexen Betrieben gegeben. Die betroffenen kreisfreie Städte entsprechen denjenigen, denen bereits mit - dem inzwischen außer Kraft getretenen - § 5 AVFLM (Lebensmittel- und Futtermittelrecht-Ausführungsverordnung) die Veterinäraufgaben und die Aufgaben beim Vollzug des Futtermittelrechts übertragen wurden. Bei diesen kann aufgrund ihrer Größe von einer angemessenen Spezialisierung und der Ermöglichung von Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung (vgl. Bayerischer Oberster Rechnungshof, Gutachten zur Struktur und Organisation des amtlichen Veterinärwesens und der Lebensmittelüberwachung vom 12. Februar 2016, S. 60 ff.) und damit vom Vorliegen von für die Überwachung komplexer Betriebe erforderlicher spezieller Kenntnisse ausgegangen werden, so dass ein Übergang der Zuständigkeit auf die Kontrollbehörde nicht erforderlich ist. Im Übrigen ließe sich selbst bei der Annahme, dass die Ausnahme der in § 9 Abs. 5 GesVSV genannten kreisfreien Städte von der Zuständigkeitsregelung des § 9 Abs. 2 GesVSV einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz darstellt, jedenfalls nicht der Schluss daraus ziehen, dass dann der in § 9 Abs. 2 GesVSV grundsätzlich geregelte Zuständigkeitswechsel einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellt (keine Gleichbehandlung im Unrecht).

Das Gericht sieht entgegen der Auffassung der Klägerin durch § 9 Abs. 2 GesVSV auch keinen Verstoß gegen Art. 12 GG bzw. Art. 101 BV. Fraglich ist angesichts der im Vergleich zu komplexen Betrieben in kreisfreien Gemeinden gleich bleibenden rechtlichen Vorgaben zu Umfang und Art der Überwachung schon das Vorliegen der erforderlichen berufsregelnden Tendenz. Mit dem Zuständigkeitsübergang ist zudem nicht automatisch auch eine höhere Kontrollfrequenz festgelegt worden und mögliche zusätzliche Fahrtkosten dürften verhältnismäßig gering ausfallen. Unabhängig hiervon wäre der Eingriff jedenfalls gerechtfertigt. Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit sind gerechtfertigt, wenn sie geeignet sind, einen legitimen Zweck zu erreichen und die berufliche Betätigung des Grundrechtsträgers nicht unverhältnismäßig einschränken. Die Überführung der Zuständigkeit für bestimmte Betriebe auf die Kontrollbehörde kann sich auf vernünftige Gründe des Allgemeinwohls stützen. Die Kontrollbehörde verfügt aufgrund ihrer Ausstattung und spezieller personeller Qualifikationen über besondere Sachkunde. Ihre Stellung als dem Landesamt nachgeordnete Behörde erlaubt in hohem Maße einen Wissenstransfer zwischen dem BayLGL und der Kontrollbehörde (Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Reform der staatlichen Veterinärverwaltung und Lebensmittelüberwachung, LT-Drs. 17/16103, B 1., C). Zudem ist die Verhältnismäßigkeit des Zuständigkeitswechsels nicht zweifelhaft in Anbetracht dessen, dass mit dem Zuständigkeitswechsel nicht automatisch eine höhere Kontrollfrequenz verbunden ist und mögliche höhere Fahrtkosten mangels Erhöhung der Kontrollfrequenz infolge des Zuständigkeitswechsels verhältnismäßig gering ausfallen dürften.

Ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 BV durch § 9 Abs. 2 GesVSV liegt entgegen der Behauptung der Klägerin nicht vor. Nach dem Bestimmtheitsgebot sind gesetzliche Tatbestände so zu fassen, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können. Welche Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen sind, lässt sich indes nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt nach ständiger Rechtsprechung auch von der Eigenart des Regelungsgegenstandes und dem Zweck der betroffenen Norm ab (BVerfG, B.v. 17.7.2003 - 2 BvL 1/99 - beck-online; vgl. BVerfGE 89, 69, 84). Generalklauseln und unbestimmte Begriffe sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn die Norm mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden eine zuverlässige Grundlage für ihre Auslegung und Anwendung bietet oder sie eine gefestigte Rechtsprechung übernimmt und damit aus dieser Rechtsprechung hinreichende Bestimmtheit gewinnt. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften gewährleisten eine möglichst einheitliche Bestimmung und Anwendung und können dadurch mit dazu beitragen, dass unbestimmte Rechtsbegriffe dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot genügen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verwaltungsgerichte nicht an norminterpretierende Verwaltungsrichtlinien gebunden sind (BVerwG, B.v. 1.12.2009 - 4 B 37/09 - juris). Vorliegend ist der Regelungsinhalt des § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV jedenfalls durch Auslegungsmethoden bestimmbar. Zudem können die Vorgaben der Arbeitshilfe herangezogen werden. Die Veröffentlichung von Verwaltungsvorschriften als verwaltungsinterne Regelungen ist gesetzlich nicht vorgeschrieben (vgl. Veröffentlichungsbekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung - VeröffBek vom 15. Dezember 2015, AllMBl. S. 541 Nr. 3.1).

Aus derselben Erwägung sieht das Gericht auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Normenklarheit und Normbestimmtheit gegeben. Es begegnet keinen Bedenken, wenn der Normgeber unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet, deren Inhalt nicht wie von der Klägerin „auf einen Blick“ erkennbar, sondern nach den gängigen Auslegungsmethoden und mit Hilfe der Arbeitshilfe bestimmbar ist. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit verwiesen.

Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu § 9 Abs. 2 GesVSV ergeben sich auch hinsichtlich Art. 5a GDVG keine Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit. Insbesondere ist Art. 5a GG mit Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 BV vereinbar. Die Formulierung „insbesondere“ in Art. 5a GG weist lediglich auf ein Regelbeispiel hin, ohne dass dessen Nennung abschließend sein soll, und ist nicht zu beanstanden. Zudem hat der Gesetzgeber selbst in Art. 5a Abs. 1 Satz 3 GDVG Inhalt, Zweck und Ausmaß festgelegt, indem er vorgegeben hat, hinsichtlich welcher Betriebe die Kontrollbehörde Kontroll- und Vollzugsaufgaben der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung erfüllt, und zwar „insbesondere hinsichtlich solcher Betriebe, deren Überwachung spezialisierte Fähigkeiten voraussetzt“. Dass die näheren Regelungen, insbesondere zu den betroffenen Betrieben, erst durch den Verordnungsgeber erfolgen, entspricht hierbei dem Willen des Gesetzgebers („nach Maßgabe gesonderter Vorschriften“).“

2.2 Der streitgegenständliche Bescheid vom 17. November 2017 ist formell rechtmäßig.

Ein durchgreifender Anhörungsmangel gem. Art. 28 BayVwVfG ist nicht gegeben. Zwar ist vorliegend eine Anhörung der Klägerin nach Art. 28 BayVwVfG seitens der Kontrollbehörde unterblieben, wobei offenbleiben kann, ob von einer Anhörung ermessensfehlerfrei nach Art. 28 Abs. 2 VwGO abgesehen werden konnte. Jedenfalls ist eine Heilung nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Art. 45 BayVwVfG durch Nachholung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingetreten (vgl. BVerwG, U.v. 12.4.2005 - 1 C 9/04 - BverwGE 123, 90 - juris Rn. 39; BayVGH, B.v. 7.10.2014 - 22 ZB 14.1062 - juris Rn. 9 f.).

2.3 Der Feststellungsbescheid vom 17. November 2017 ist auch materiell rechtmäßig.

Die Feststellung der Zuständigkeit der Kontrollbehörde erfolgt gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV - wie vorliegend - von Amts wegen oder auf Antrag des Betriebsinhabers durch die Kontrollbehörde.

Nach Art. 5a Abs. 1 Satz 3 GDVG erfüllt die Kontrollbehörde nach Maßgabe gesonderter Vorschriften Kontroll- und Vollzugsaufgaben der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung, insbesondere hinsichtlich solcher Betriebe, deren Überwachung spezialisierte Fähigkeiten voraussetzt. Gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. m) GesVSV ist die Kontrollbehörde statt der Kreisverwaltungsbehörden zuständige Behörde für die Kontroll- und Vollzugsaufgaben der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung in überregional tätigen Betrieben, die unter anderem der Betriebskategorie der Mälzereien angehören, sobald und solange ihre Zuständigkeit durch feststellenden Verwaltungsakt bestandskräftig festgestellt ist. Ein Betrieb ist überregional tätig, wenn er dafür ausgelegt ist, stetig ein Gebiet mit mindestens 1,5 Millionen Einwohnern direkt oder indirekt als wesentlicher Marktteilnehmer zu versorgen, § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV.

Die Voraussetzungen für die Zuständigkeit der Kontrollbehörde für den Betrieb der Klägerin liegen vor.

Der Betrieb der Klägerin gehört der Betriebskategorie der Mälzereien an.

Nach Überzeugung des Gerichts ist auch die Überregionalität des Betriebs i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV gegeben. Die Klägerin ist mit ihrer Produktion von unstreitig circa 10.000 Tonnen Malz im Jahr dafür ausgelegt, stetig ein Gebiet von 1,5 Millionen Einwohner als wesentlicher Marktteilnehmer zu versorgen (§ 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV).

Um zu bestimmen, ob ein Betrieb ein Gebiet von 1,5 Millionen Einwohner stetig versorgen kann, hat die KBLV mit der Berechnung von Referenzwerten für ein fiktives Gebiet von 1,5 Millionen Einwohnern ein sachgerechtes Kriterium angewandt.

Dass die KBLV auf ein fiktives Gebiet von 1,5 Millionen Einwohnern abstellt ist nicht zu beanstanden. Zunächst steht dieser Handhabung der Wortlaut der Vorschrift nicht entgegen. Dem Wortlaut ist nicht zu entnehmen, ob auf ein konkretes oder ein fiktives Gebiet abzustellen ist. Jedoch entspricht die Handhabung Sinn und Zweck des § 9 Abs. 2 GesVSV. Sinn und Zweck des § 9 Abs. 2 GesVSV ist es anhand der Voraussetzung der Überregionalität, Betriebe, die bestimmte Produkte mit einem hohen Verbreitungsgrad herstellen, in die Zuständigkeit der KBLV zu überführen. Denn gerade bei Produkten mit einem hohen Verbreitungsgrad wirken sich die Konsequenzen bei Verstößen gegen das Lebensmittelrecht auf enorm viele Personen aus und bergen alleine aufgrund des hohen Verbreitungsgrades ein höheres Gefährdungsrisiko. Im Rahmen der Überregionalität ist hierbei gerade nicht die dem Produkt immanente Gefahr entscheidend, sondern die einem hohen Verbreitungsgrad immanente Gefahr. Ebenso wenig ist hierfür relevant, ob das Produkt (fast) den ganzen Tagesbedarf eines Einwohners decken kann.

Dass gerade für die Überregionalität der hohe Verbreitungsgrad entscheidend ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV. Denn entscheidendes Kriterium ist gerade, ob 1,5 Millionen Einwohner stetig versorgt werden können.

Aufgrund dieser Auslegung ist es ein sachgerechtes Kriterium anhand von Referenzwerten für ein fiktives Gebiet von 1,5 Millionen Einwohnern zu ermitteln, ob ein Betrieb mit seinem hergestellten Produkt einen hohen Verbreitungsgrad erreicht.

Der von der KBLV ermittelte Referenzwert für Malzprodukte ist im vorliegenden Fall für das Produkt Malz anzuwenden. Die Berechnung des Referenzwertes anhand des Bierkonsums, da Malz hauptsächlich im Betrieb der Klägerin für die Bierproduktion verkauft wird, ist nachvollziehbar ermittelt.

Als Referenzwert ist nicht, wie in der Begründung des Verwaltungsaktes, der Referenzwert für Getreide- und Getreideprodukten heranzuziehen, sondern der Referenzwert für Malzprodukte. Dass die KBLV den Referenzwert für Malz nachgeschoben hat, ist unschädlich. Denn es handelt sich um einen gebundenen Verwaltungsakt und dieser muss inhaltlich nur dem Gesetz entsprechen; eine sachlich unzutreffende Begründung macht einen solchen Verwaltungsakt nicht materiell rechtswidrig (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 45 Rn. 46).

Die Berechnung des Referenzwertes für Malzprodukte ist nachvollziehbar und nicht zu bestanden. Aus der vorläufigen Arbeitshilfe zur Zuständigkeit der Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (Stand: 5.12.2017), Seite 5, ergibt sich, dass für die Betriebsart Malzhersteller und das Produkt Malz die Berechnung der Malzproduktion auf Grundlage des Bierverbrauches erfolgt. Nach Angaben des deutschen Brauerbundes lag der Bierverbrauch pro Kopf pro Jahr bei 104 Liter. Für 1 hl Bier werden circa 16 kg Malz benötigt. Daraus folgt: Pro Person werden pro Jahr 16,6 kg Malz konsumiert. 1,5 Millionen Einwohner konsumieren (16,6 kg Malz x 1.500.000 : 365) = 68.219 kg pro Tag.

Auch die Klägerin hat in ihren eigenen Berechnungen in ihrem Schreiben vom 16. Januar 2018 ähnliche Ausgangswerte verwendet. Die Klägerin geht von einem durchschnittlichen Bierverbrauch in Deutschland von circa 106 Liter im Jahr und davon, dass man für die Herstellung von 100 Liter Bier 18 kg Malz benötigt, aus.

Der Einwand der Klägerseite - das Malz gehe als Zutat nur mit einem geringen Anteil am Endprodukt auf - überzeugt nicht, da gerade dadurch ein hoher Verbreitungsgrad des Malzes erreicht wird. Denn wenn auch eine das Endprodukt konsumierende Person nur eine kleine Menge Malz aufnimmt, so nimmt diese Person doch das Malz auf. Der Wortlaut der Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV stellt, wie bereits ausgeführt, gerade nicht darauf ab, ob ein Produkt den ganzen Tagesbedarf an Kalorien eines Menschen deckt, sondern allein ob er das Produkt unabhängig von der Menge zu sich nimmt.

Die weitere Voraussetzung der Überregionalität, dass der Betrieb ein wesentlicher Marktteilnehmer sein muss, liegt indes unabhängig davon, ob die Annahme der Klägerseite, die Beklagte habe unzulässiger Weise eine 5-Prozent-Regelung zur Bestimmung des wesentlichen Marktteilnehmers eingeführt, zutrifft, im vorliegenden Einzelfall vor. Die Klägerin ist wesentliche Marktteilnehmerin.

Der Begriff des wesentlichen Marktteilnehmers ist alleine in den konkreten Bezug zu der Versorgung von 1,5 Millionen Einwohner zu setzen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, der keine anderen Relationen, abgesehen von 1,5 Millionen Einwohnern benennt. Folglich ist der wesentliche Marktteilnehmer nicht im Vergleich zur bayern-, deutschland-, europa- oder weltweiten Versorgung von Einwohnern zu bestimmen, sondern allein anhand von 1,5 Millionen Einwohnern. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es daher nicht entscheidend, dass sie im Vergleich zu den größten Mälzereien in Bayern oder gar in ganz Deutschland usw. eine erheblich geringere Menge produziert und nur ein inhabergeführter kleiner Handwerksbetrieb ist. Maßgeblich ist allein, ob die Klägerin aufgrund ihrer Produktionsmenge stetig als wesentliche Marktteilnehmerin 1,5 Millionen Einwohner versorgen kann und damit einen hohen Verbreitungsgrad erreicht. Die Klägerin ist mit ihrer Produktionsmenge gerade kein unwesentlicher oder unbedeutender Marktteilnehmer, der aus gesundheitlichen Verbraucherschutzerwägungen zu vernachlässigen wäre.

Die Mälzerei der Klägerin stellt jährlich circa 10.000 Tonnen Malz her. 10.000 Tonnen Malz pro Jahr entspricht 10.000.000 kg Malz pro Jahr. Für die Errechnung der Tagesbedarf ist diese Menge durch die Anzahl der Tage eines Jahres, nämlich 365, zu teilen. Dies ergibt dann eine Tagesproduktion von circa 27.397 kg Malz. Setzt man diese Tagesproduktion des klägerischen Betriebs in das Verhältnis zum errechneten Referenzwert von 68.219 kg pro Tag, ergibt sich, dass die Produktionsmenge des Betriebs ca. 40% des Referenzwertes erreicht. Dieser Anteil ist aus Verbraucherschutzgesichtspunkten durchaus relevant und nicht als unwesentlich einzustufen.

Da der Bescheid vom 17. November 2017 damit rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt, war die Klage abzuweisen.

3. Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid der Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (im Folgenden: KBLV) vom 17. November 2017, in dem die Zuständigkeit der KBLV für Kontroll- und Vollzugsaufgaben der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung für den Betrieb der Klägerin nach § 9 der Verordnung über den gesundheitlichen Verbraucherschutz (im Folgenden: GesVSV) festgestellt wurde.

1. Die Klägerin, vertreten durch die Geschäftsführer Herrn T. L. und Herrn Dipl.-Ing. W. L., stellt Gersten- und Weizenmalz her.

2. Mit Bescheid der KBLV vom 17. November 2017, der Klägerin laut Postzustellungsurkunde zugegangen am 18. November 2017 (Samstag), wurde festgestellt, dass die KBLV statt der Kreisverwaltungsbehörde ab dem 1. Januar 2018 zuständige Behörde für die Kontroll- und Vollzugsaufgaben der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung für den Betrieb der Klägerin, S.-Straße, M., nach § 9 GesVSV ist (Nr. 1). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach den Erkenntnissen der KBLV erzeuge der Betrieb der Klägerin mehr als 15.452 kg Getreide und Getreideprodukte täglich. Die KBLV sei nach Art. 5a des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (GDVG) vom 24. Juli 2003 in der derzeit gültigen Fassung i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 GesVSV vom 1. August 2017 sachlich zuständig. Die Feststellung der Zuständigkeit der KBLV nach § 9 Abs. 2 Satz 1 GesVSV erfolge von Amts wegen nach § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV. Der Betrieb unterliege als Mälzerei § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 m) GesVSV und erfülle die Voraussetzungen der Überregionalität nach § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV. Der Betrieb sei so ausgelegt, dass er stetig ein Gebiet mit mindestens 1,5 Millionen Einwohnern direkt oder indirekt als wesentlicher Marktteilnehmer versorgen könne. Das sei der Fall, wenn in einem Gebiet von 1,5 Millionen Einwohnern die anteilige Versorgung von 5% mit den vorhandenen Produktionsmitteln erreichbar sei. Unter Zugrundelegung von durchschnittlichen Verzehrsmengen ergäbe sich für das von ihnen produzierte Erzeugnis ein Schwellenwert von 15.452 kg täglich. Der Betrieb sei darauf ausgelegt, mindestens diese Produktionsmenge zu erreichen. Von der Anhörung sei nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG abgesehen worden, da der Bescheid nicht in Rechte eingreife.

3. Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2017 (Mittwoch), eingegangen bei Gericht per Telefax am selben Tag, ließ die Klägerin Klage erheben und beantragen,

den Bescheid des Beklagten vom 17. November 2017 (Az. Z-4460-2017/47-1), der Klägerin zugestellt am 20. November 2017, aufzuheben.

Mit Schreiben vom 19. Januar 2018 ließ die Klägerin zur Begründung im Wesentlichen ausführen, sie seien bisher von der Zustellung des Zuständigkeitsfeststellungsbescheides am Montag, den 20. November 2017, ausgegangen. Der Zustellungsadressat und Geschäftsführer der Klägerin, Herr L., sei Mitte November 2017 im Urlaub gewesen. Während seiner Abwesenheit sei seine kaufmännische Angestellte F., mit allen Aufgaben im Zusammenhang mit der anfallenden Post im Betrieb betraut gewesen. Da der Handwerksbetrieb der Klägerin samstags und sonntags nie besetzt sei, hätten weder der Geschäftsführer noch die Angestellten mit dem Erhalt von postalischen Sendungen am Samstag gerechnet. Um zu vermeiden, dass dem Betrieb an einem Samstag Sendungen zugestellt würden, die dann niemand entgegennehmen oder bearbeiten könne, habe die Klägerin bereits am 26. November 2009 einen entsprechenden Antrag bei dem Postunternehmen gestellt, so dass entsprechende Sendungen erst am darauffolgenden Werktag zugestellt würden. F. habe im Laufe des Montags, den 20. November 2017, den Behördenbrief aus dem Briefkasten genommen. Nach Auskunft von F. sei nicht erkennbar gewesen, dass der Bescheid schon am Samstag, den 18. November 2017, mittels Postzustellungsurkunde in den Briefkasten eingelegt worden sei. Es sei kein entsprechendes Datum auf dem Umschlag des Bescheids vermerkt gewesen. F. habe den Brief daraufhin ordnungsgemäß in die Postmappe für L. gelegt. Als L. aus seinem Urlaub zurückgekommen sei und den Bescheid in der Postmappe vorgefunden habe, sei er davon ausgegangen, dass dieser am 20. November 2017 zugestellt worden sei. Dies habe ihm auch F. bestätigt. L. habe sich an den Justiziar S. des Bayerischen Brauerbundes gewandt. Der Klägerbevollmächtigte sei eingeschaltet worden. In den Gesprächen habe der Justiziar als dann später auch der Klägerbevollmächtigte abgefragt, wann eine Zustellung erfolgt wäre. Hierzu habe L. entsprechend seiner Information den 20. November 2017 angegeben. S. habe diesen Zeitpunkt handschriftlich auf der Anordnung notiert. In der Folge sei es weder für die Klägerin noch für deren Verfahrensbevollmächtigten erkennbar gewesen, dass die Zustellung am 18. November 2017 erfolgt sei, zumal ihnen die Postzustellungsurkunde bisher auch nicht vorgelegen habe. Es hätten keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass der Bescheid vor dem 20. November 2017 zugestellt worden hätte sein können. Auch der Umstand, dass der Bescheid selbst vom 17. November 2017 datiert sei, habe keinen Anlass gegeben, an der Zustellung am 20. November 2017 zu zweifeln. Schließlich sei bei gewöhnlichem Postlauf eine Zustellung nach drei Tagen nicht ungewöhnlich. Der Umstand, dass ein Zustellungsvermerk auf dem Umschlag offenbar gefehlt habe, führe jedenfalls dazu, dass die Klägerin keine Kenntnis über den genauen Fristbeginn erlangen können hätte.

Hilfsweise wurde die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO beantragt. Ergänzend wurde hierzu ausgeführt: Die Klägerin sei ohne Verschulden verhindert gewesen, die gesetzliche Klagefrist von einem Monat gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO einzuhalten. Als L. nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub den streitgegenständlichen Bescheid vorgefunden habe, sei er sehr überrascht darüber gewesen, dass sich die Zuständigkeit der Behörde nunmehr ändern sollte.

Der Klägerbevollmächtigte hätte die zugesandten Unterlagen geprüft, insbesondere auch im Hinblick auf das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Anfechtungsklage. Nach Auskunft der Klägerin sowie ausweislich der an sie übersandten Unterlagen und Nachfrage des Klägerbevollmächtigten habe die Zustellung am 20. November 2017 stattgefunden. Anlass zur weiteren Überprüfung sei nicht gegeben gewesen. Auch die Klägerin treffe kein Verschulden. Während der Abwesenheit von L. bearbeite F. immer die anfallende Post. F. sei eine hoch qualifizierte und stets zuverlässige Angestellte. Es sei in diesem Zusammenhang nie zu Fehlern oder Beanstandungen gekommen. Insoweit treffe den Geschäftsführer L. auch kein Organisationsverschulden.

Die Klägerin betreibe einen Handwerksbetrieb mit in der Regel weniger als zehn Vollzeitbeschäftigten. Ihre Kunden seien ganz überwiegend kleine und sehr kleine Mittelstandsbrauereien, Gasthausbrauereien und Craft Beer Brauer. Die Gesamtproduktion liege bei weniger als 10.000 Tonnen Malz und der Jahresumsatz bei ca. 5 Mio. EUR im Jahr. Der Markt werde ganz wesentlich durch vier auch international tätige Großmälzereien bestimmt. Daneben gebe es eine Vielzahl (ca. 20 - 25) kleinerer oder sehr kleiner Mälzereien in Deutschland, zu denen auch die Klägerin gehöre. Ihr Marktanteil dürfe bei ca. 0,5% liegen. Insbesondere erscheine zweifelhaft, dass der Betrieb die Voraussetzung der Überregionalität i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV erfülle. Schließlich sei Sinn der gesetzlichen Neuregelung offensichtlich, dass entweder besonders gefahrgeneigte Betriebe oder überregional tätige Betriebe, die als wesentlicher Marktteilnehmer anzusehen seien, einer spezifischen Kontrolle durch die KBLV unterzogen werden sollten. Beides treffe für den Betrieb der Klägerin nicht zu. Schließlich handle es sich bei dem Betrieb der Klägerin um eine regional tätige Handwerksmälzerei. Sowohl im Hinblick auf den Umsatz als auch den Absatz des handwerklichen Betriebs der Klägerin, handle es sich um ein kleines mittelständisches Unternehmen, das weit entfernt davon sei, einen wesentlichen Marktteilnehmer darzustellen. Eine besonders gefahrgeneigte Lebensmittelunternehmertätigkeit sei bei einer Mälzerei ohnehin nicht gegeben.

Mit Schreiben vom 14. Februar 2018 ließ die Klägerin weiter ausführen, am 20. November 2017 habe F. auch eine E-Mail an das Ehepaar L. geschickt, in dem das Behördenschreiben eingescannt gewesen sei. In der E-Mail habe sie geschrieben „ist heute gekommen“. Ein Umschlag sei L. weder vorgelegt worden, noch sonst ersichtlich gewesen. L. habe daher keine Anhaltspunkte gehabt, dass eine Zustellung vor dem 20. November 2017 erfolgt wäre, zumal ihm F. diesen Termin als Eingang auch mitgeteilt habe. L. habe sich an S. gewandt, der allerdings bis einschließlich 3. Dezember 2017 urlaubsabwesend gewesen sei. S. habe dann versucht Kontakt zur KBLV aufzunehmen. Unter der im Bescheid angegebenen Rufnummer habe er die angegeben Sachbearbeiterin nicht erreicht. Auf Nachfrage sei S. dann eine Mobilnummer eines juristischen Mitarbeiters der KBLV gegeben worden. Da die Zeit gelaufen sei, habe man beschlossen zur Fristwahrung Klage einzureichen. Die erste Kontaktaufnahme zwischen der Klägerin und dem Klägerbevollmächtigten habe telefonisch am 19. Dezember 2017 stattgefunden. Kurz zuvor habe S. mit Einverständnis von L. per E-Mail das später als Anlage K2 vorgelegte Dokument dem Klägerbevollmächtigten für das anstehende Telefonat übermittelt. Weitere Unterlagen zum Fall habe der Klägerbevollmächtigte bis dahin nicht gekannt. Bei dem ersten gemeinsamen Telefonat am 19. Dezember 2017 habe sich der Klägerbevollmächtigte ausdrücklich nach weiteren Unterlagen zum Fall erkundigt. Insbesondere habe er auch gefragt, von wem der handschriftliche Vermerk zur Zustellung stamme und ob es hierzu weitere Zugangsunterlagen gebe. Dies habe L. verneint. Er habe keinen Umschlag erhalten und habe geschildert, dass nach seiner Kenntnis der Posteingang am 20. November 2017 erfolgt sei.

Mit Schreiben vom 6. April 2018 ließ die Klägerin Ausführungen zu ihren Kunden, dem Lager des Betriebs und der Anzahl und Einsatz ihrer Beschäftigten machen. Diesbezüglich wird auf den Inhalt des Schreibens vom 6. April 2018 Bezug genommen. Das Unternehmen der Klägerin sei nicht als komplexer Betrieb einzustufen, sondern ein inhabergeführter kleiner Handwerksbetrieb, der sein Braugetreide ausschließlich aus der Region beziehe und Teil des lokalen Ökomodells sei. All dies spreche gegen die Überregionalität.

Mit Schreiben vom 1. Juni 2018 wurde unter anderem ausgeführt, eine Klagebefugnis sei gegeben. Für die Klägerin sei diese Klage die einzige Möglichkeit zu überprüfen, ob die gesetzlichen Kriterien für die Zuordnung der behördlichen Zuständigkeit erfüllt seien. Die Einordnung führe auch zu Unterschieden für die betroffenen Unternehmen in der Wahrnehmung der amtlichen Lebensmittelüberwachung durch die zuständigen Behörden. Die Differenzierung zwischen der Kontrolltätigkeit der KBLV einerseits und den lokalen Überwachungsämtern andererseits diene gerade dazu, den unterschiedlichen Anforderungen der Kontrolle von überregionalen Großbetrieben und von eher regional agierenden und gegebenenfalls sogar handwerklich orientierten Lebensmittelbetrieben gerecht zu werden. Ansonsten hätte die Einrichtung der KBLV und die Regelungen in § 9 Abs. 2 GesVSV gar keinen Sinn gemacht.

Es erscheine nicht nachvollziehbar, warum die Produktion von Malz allgemein der Produktion von Getreide und Getreideprodukten gleichgestellt werde, obwohl auch die Regelung in § 9 Abs. 2 Nr. 2 GesVSV hier differenziere, vgl. insb. lit. g), lit. k) und lit. m.) der Regelung. Der Beklagte gehe davon aus, dass Malz ausschließlich für die Bierherstellung verwendet werde. Dieses Malz gehe allerdings als Zutat nur mit einem geringen Anteil im Endprodukt auf. Insoweit bestehe ein wesentlicher Unterschied zu Betrieben, die Betriebskategorien nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 g) und k) GesVSV angehörten. Der Ansatz der Beklagten führe zwangsläufig dazu, dass Mälzereien viel eher als überregionale Betriebe eingestuft würden als z.B. Bäckereien, die ebenfalls Getreide verarbeiten würden, aber im Regelfall die Endprodukte weitgehend herstellen würden. Darüber hinaus erscheine auch nicht nachvollziehbar, warum hier generell ein Großbetrieb vorliegen solle, wenn lediglich 5% der als überregional angesetzten Versorgungsgröße von 1,5 Millionen Einwohnern der Berechnung zu Grunde gelegt werde. Nach dem Regelungswortlaut liege es nahe, dass der Lebensmittelbetrieb darauf ausgelegt sei, einen Großteil von 1,5 Millionen Einwohnern zu versorgen (wesentlicher Marktteilnehmer), und nicht nur 1/20 davon, d.h. lediglich 75.000 Personen. Nun möge in bestimmten Konstellationen auch die dauerhafte Versorgung von 75.000 Verbrauchern dazu führen, dass unzweifelhaft ein überregional tätiger Großbetrieb vorliege. So liege bei einer Bäckerei, die darauf ausgelegt sei, ständig 75.000 Einwohner zu versorgen, die Einordnung als überregionaler Großbetrieb nahe. Mit einer solchen Versorgungsleistung könne der Backbetrieb nämlich allein nahezu eine Großstadt versorgen. Eine handwerkliche Fertigung, wie sie charakteristisch für den Betrieb der Klägerin sei, komme da nicht mehr in Betracht, sondern erforderlich sei schon eine industrielle Großserienfertigung mit ganz massiven Maschineneinsatz. Es sei nachvollziehbar, dass ein solcher Betrieb in den Zuständigkeitsbereich der KBLV falle. Dieser Fall sei aber nicht vergleichbar mit einer Mälzerei, die auch mit Getreide arbeite, aber traditionell und handwerklich orientiert produziere. Wie bei kleinen handwerklichen Bäckereien und industriellen Betrieben sei für eine zutreffende Einordnung nach § 9 Abs. 2 GesVSV auch eine Differenzierung bei den Mälzereien erforderlich. Hierzu werde eine Quelle des Bayerischen Brauerbundes zu den Produktionskapazitäten der Mälzereien in Bayern beigefügt. Aus dieser werde deutlich, dass einige wenige Großbetriebe ein Vielfaches der Produktionskapazitäten im Vergleich zu den eher kleinen und handwerklich orientierten Betrieben aufweisen würden. Eine Gleichstellung der wesentlichen Marktteilnehmer in Bayern, die ca. 10 bis 20 Mal so viel Menge produzierten wie die Klägerin, erscheine offensichtlich nicht vom Gesetzgeber angestrebt.

4. Der Beklagte ließ mit Schriftsatz vom 12. Januar 2018 beantragen,

die Klage gegen den Zuständigkeitsfeststellungsbescheid vom 17. November 2017, Az.: Z-4460-2017/47-1, abzuweisen.

Zur Begründung wurde mit Schreiben vom 12. Januar 2018 ausgeführt, die Klage sei unzulässig, da sie nach Ablauf der Klagefrist erhoben worden sei. Nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO sei die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des angefochtenen Verwaltungsakts zu erheben. Die Bekanntgabe des angefochtenen Zuständigkeitsfeststellungsbescheides sei vorliegend per Zustellung mittels Postzustellungsurkunde durch Einlegung in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten am 18. November 2017 erfolgt. Die Klagefrist habe somit am Samstag, den 18. November 2017, zu laufen begonnen und habe am Montag, 18. Dezember 2017, geendet. Die Klage sei laut Verfügung des Gerichts vom 22. Dezember 2017 aber erst zwei Tage nach Fristablauf am Mittwoch, den 20. Dezember 2017, bei Gericht eingegangen.

Mit Schreiben vom 2. Februar 2018 wurde ergänzt, es liege ein Verschulden auf Seiten der Klägerin, in jedem Fall aber auf Seiten des Prozessbevollmächtigten vor. Das letztgenannte Verschulden müsse sich die Klägerin gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Die Klägerin habe mit Zustellung eines Schreibens durch die KBLV rechnen müssen, weil sie schon im September 2017 Kenntnis darüber gehabt habe, dass sie für einen Übergang zur KBLV infrage käme und dass eine Zuständigkeitsfeststellung schon vor dem 1. Januar 2018 erfolgen könnte. Die Klägerin hätte sich deshalb zuvor an das Landratsamt R.-G. gewandt, um über dieses eine Überprüfung der damals bereits beabsichtigten Zuständigkeitsverlagerung auf die KBLV zu erwirken. Der Antrag der Klägerin bei einem Postunternehmen, wonach Sendungen nicht an einem Samstag, sondern erst am darauffolgenden Werktag zugestellt werden sollten, beziehe sich nur auf Frachtsendungen und nicht auf Briefsendungen. Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten, wonach der Einwurf des Umschlags in den Geschäftsbriefkasten am 18. November 2017 nicht erkennbar gewesen sei, könne nicht durchdringen. Es werde bestritten, dass auf dem Umschlag kein Zustellungsdatum durch den Postmitarbeiter vermerkt worden sei. Der Postmitarbeiter sei verpflichtet, das Zustellungsdatum auf der Vorderseite des Umschlags zu vermerken. Mit seiner Unterschrift unter Ziffer 13 der Zustellungsurkunde habe er bestätigt, dass er den Tag der Zustellung auf dem Umschlag des Schriftstücks vermerkt habe (Blatt 52 des Verwaltungsvorgangs). Das Ausfüllen der eigentlichen Zustellungsurkunde sei aufwendiger als der bloße Vermerk auf dem Umschlag. Hinsichtlich der vorgetragenen Überraschung und des Problems der sachlichen Einordnung des Bescheids durch die Klägerin würden sie auf die Ausführungen im Zusammenhang mit dem Landratsamt des Landkreises R.-G. verweisen. Auch der Vortrag der Angestellten Frau F. führe zu keiner anderen Beurteilung. Die Mitarbeiterin habe lediglich erklärt, dass ihr auch auf dem Briefumschlag kein entsprechender Zustellungsvermerk aufgefallen wäre. Die Mitarbeiterin habe jedenfalls erkannt, dass es sich um einen Behördenbrief handle. Unabhängig von dem Beachten eines etwaigen Vermerks hätte ihr jedoch klar sein müssen, dass dieser Umschlag aufzubewahren gewesen sei. Der Umschlag enthalte sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite deutliche Hinweise, dass er aufzubewahren gewesen sei und als Beleg diene, wenn der Empfänger angeben müsse, welche Schriftstücke ihm wann zugestellt worden seien. Schließlich habe der Umschlag auch eine auffällige Färbung. Dies sei jedoch unerheblich, da jedenfalls das Verschulden des Prozessbevollmächtigten maßgebend und offensichtlich sei. Der Prozessbevollmächtigte könne sich nicht darauf berufen, dass für ihn zum Zeitpunkt der Mandatsübernahme nicht erkennbar gewesen sei, dass die Zustellung bereits am 18. November 2017 erfolgt gewesen sei. An ihn als Rechtsanwalt seien höhere Sorgfaltsanforderungen zu stellen als an juristische Laien. Auch leichte Fahrlässigkeit sei schädlich. Hier habe sich der Prozessbevollmächtigte nicht auf die Angaben der Klägerin bzw. des Herrn S. über den Eingang des Bescheides am 20. November 2017 verlassen können. Er hätte vielmehr selbstständig Nachforschungen einleiten müssen, insbesondere angesichts des Umstandes, dass es sich hier um eine Zustellung mittels Postzustellungsurkunde gehandelt habe und es für den Rechtsanwalt auch ohne weiteres erkennbar gewesen sei aufgrund des Vermerks über dem Adressfeld des Bescheides. Dieser Pflicht sei er nicht ausreichend nachgekommen. Der Prozessbevollmächtigte hätte auf die Vorlage des Umschlags mit dem Zustellungsvermerk zur selbstständigen Fristprüfung drängen müssen. Wenn dieser nun tatsächlich nicht mehr vorhanden gewesen sei, wäre es dem Prozessbevollmächtigten ohne weiteres möglich gewesen, die Beklagte zu kontaktieren und hierdurch den Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides in Erfahrung zu bringen. In einem Vergleichsanfall habe der Bundesfinanzhof entschieden, dass ein Prozessbevollmächtigter bei fehlendem Umschlag mit Zustellungsvermerk sich nicht auf den Eingangsstempel seiner Kanzlei verlassen dürfe, sondern durch Nachfrage bei der Geschäftsstelle des zuständigen Senats den Zeitpunkt der Zustellung eines Beschlusses in Erfahrung hätte bringen müssen. Nichts anderes dürfe hier gelten, da dem Umschlag mit dem Zustellungsvermerk eine überragende Bedeutung aus Empfängersicht zukomme. Bei einer Zustellung mittels Postzustellungsurkunde sei normalerweise mit einer Zustellung am Tage nach der Aufgabe bei dem Postunternehmen zu rechnen. Dies sei hier der 18. November 2017 gewesen. Es sei ihm ohne weiteres möglich gewesen, anhand des frühestmöglichen Zustellungszeitpunkts eine frühere Ablauffrist zu notieren, insbesondere da es hier offenbar nicht möglich gewesen sei, den Umschlag mit dem Zustellungsvermerk aufzufinden.

Mit Schreiben vom 26. April 2018 ließ der Beklagte ergänzen, sofern der Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zutreffe, wonach er erst am 19. Dezember 2017 von der Klägerin bzw. S. erstmals kontaktiert worden sei, sei die Frist für eine Klageerhebung in diesem Moment bereits abgelaufen gewesen. Insofern würde den Prozessbevollmächtigten kein Verschulden an der Nichteinhaltung der Klagefrist treffen. Es würde vielmehr ein alleiniges Verschulden der Klägerin vorliegen. Es werde bestritten, dass es in dem Zeitraum nach Zustellung des Bescheids nicht möglich gewesen sei, Kontakt zur KBLV aufzunehmen. Die Unterzeichnerin habe zu keinem Zeitpunkt für den Betrieb der Klägerin eine derartige Bitte um einen Rückruf erhalten. Ohne weiteres hätte die Klägerin an die angegebene E-Mail-Adresse eine Nachricht senden können, die dann ebenfalls an die Unterzeichnerin weitergeleitet worden wäre. Bei dem Telefonat des S. mit einem juristischen Mitarbeiter der KBLV hätten S. die Gründe für die Strukturreform und die Vorgehensweise der KBLV zur einheitlichen Zuständigkeit zur Bescheidung ihrer Betriebe dargelegt werden können, so das S. mitgeteilt habe, er werde seinem Verbandsmitglied raten von einer Klage abzusehen. Es stelle sich geradezu zwingend die Frage, warum spätestens nach der Rückkehr von S. am 4. Dezember 2017 noch weitere zwei Wochen vergangen seien, bis man zu der Entscheidung gekommen sei, dass hier doch eine Klage zur Fristwahrung erforderlich wäre. Umso näher hätte es bei dieser Sachlage gelegen, möglichst frühzeitig zumindest fristwahrend die Klage zu erheben, um später auf der sicheren Seite zu sein. Stattdessen sei bei dem von der Klägerin angenommenen Fristablauf am 20. Dezember 2017 bis zum Vortag gewartet worden, bevor man den Prozessbevollmächtigten kontaktiert habe.

Auch fehle es der Klägerin an der erforderlichen Klagebefugnis. Die reine Feststellung des Übergangs behördlicher Zuständigkeiten verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Da sich mit der Zuständigkeitsfeststellung die rechtlichen Vorgaben hinsichtlich des Umfangs und der Art der Überwachung von Lebensmittelherstellern den Betrieben nicht ändern würden, betreffe die bloße Änderung des „Wer“ die Adressaten in keinem geschützten Recht. Bei der Wahrung ihrer Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung sei jede Behörde gleichermaßen zu rechtmäßigem Handeln auf Grundlage der geltenden Rechtsnormen verpflichtet. Es dürfe daher für den zu kontrollierenden Betrieb keinen Unterschied machen, welche Behörde die gesetzlich vorgegebenen Kontrollen durchführen. Darüber hinaus sei es die Entscheidung des Staates innerhalb seines Staatsorganisationsrechts, die Zuständigkeit für die staatlichen Aufgaben seinen Behörden zuzuweisen und unter diesen zu verteilen. Bürger könnten gegen einen Zuständigkeitswechsel keine Verletzung von geschützten Rechtsposition geltend machen; sei es, dass er wie üblich unmittelbar durch Gesetz eintrete, sei es, dass er wie hier durch eine Entscheidung der Behörde eintrete. Die Entscheidung des Verordnungsgebers, den Zuständigkeitswechsel durch Verwaltungsakt eintreten zu lassen, diene nicht dazu, die Entscheidung zum Schutz der Betroffenen gerichtlich überprüfbar zu machen. Sie diene zuallererst dazu, Rechtssicherheit für den Betroffenen zu schaffen. Mit der Generierung des Verwaltungsakts sei genau festgelegt, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang der Zuständigkeitswechsel eintrete. Die Argumentation hinsichtlich einer entsprechenden Anwendung des Art. 46 BayVwVfG könne nicht durchdringen. Dass ein Verwaltungsakt nicht gerichtlich überprüft werden könne, habe nicht automatisch eine eindeutig vom Gesetz geforderte Rechtsverletzung zur Folge.

Für die Bewertung, wann ein Betrieb gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV überregional tätig sei, seien Referenzwerte für verschiedene Lebensmittel ermittelt worden. Ein Betrieb werde demnach grundsätzlich als wesentlicher Marktteilnehmer angesehen, wenn er für die anteilige Versorgung von 5% des Tagesbedarfs von 1,5 Millionen Einwohnern ausgelegt sei. Ein Betrieb werde in der Regel überregional tätig sein, wenn dieser die hochgerechnete tägliche Verzehrsmenge auf Grundlage statistisch fundierter Daten eines Anteils von 5% von 1,5 Million Einwohnern produzieren könne. Die theoretische Produktionsmenge reiche aus, da der Betrieb entsprechend dem Wortlaut von § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV nur „dafür ausgelegt“ sein müsse. Bei der Ermittlung der einschlägigen Referenzwerte seien die statistischen Daten der EFSA Consumption Database (Daten für Deutschland) zu Grunde gelegt worden. Die Daten würden auf verschiedenen wissenschaftlichen Erhebungen zum Lebensmittelverzehr basieren. Zusätzlich zu den in der Datenbank genannten hätten sie für die verschiedenen Altersgruppen weitere Parameter (unter anderem Anteil der jeweiligen Altersgruppe an der bayerischen Bevölkerung, durchschnittliches Gewicht je Altersgruppe) herangezogen. Im Ergebnis hätten sie somit den durchschnittlichen Verzehr von einer statistischen Person errechnet. Für Getreide und Getreideprodukte ergebe sich ein Referenzwert von 15.452 kg täglich. Das heiße eine Überregionalität sei zu bejahen, wenn der Betrieb dafür ausgelegt sei, täglich mindestens 15.452 kg Getreideprodukte zu produzieren. Es werde angemerkt, dass zugunsten der Betriebsart „Mälzerei“ als Referenzwert nicht auf die produzierte Malzmenge, sondern nur auf die Produktionsmenge von Getreide und Getreideprodukte abgestellt worden sei. Hieraus ergebe sich für die Zuständigkeitsfeststellung der KBLV sogar ein höherer Schwellenwert. Dabei sei auch davon ausgegangen worden, dass der Ausgangsrohstoff Getreide zu 100% zu Malz verarbeitet werde. Dem sei tatsächlich nicht so. Es sei dadurch sogar eine zweite Günstigkeitsrechnung für die Betriebsart „Mälzerei“ durchgeführt worden.

Würde man die Produktionsmenge von Malz auf der Grundlage des Bierverbrauchs errechnen, würde man auf folgenden, deutlich niedrigeren Referenzwert kommen:

Nach Angaben des Deutschen Brauerbundes habe der Bierverbrauch pro Kopf pro Jahr bei 104 l gelegen. Für 1 hl Bier würden ca. 16 kg Malz benötigt. Daraus folge: Pro Person würden pro Jahr 16,6 kg Malz konsumiert. Demnach würden 1,5 Millionen Einwohner 16,6 kg Malz*1,5 Millionen: 365 Tage = 68.219 kg pro Tag konsumieren. Als wesentlicher Marktteilnehmer im Marktsegment Malzhersteller müsse der Betrieb 5% von 1,5 Millionen Einwohnern versorgen können. Um dies zu erreichen sei eine tägliche Produktionsmenge von 3.410 kg Malz (5% von 68.219 kg) erforderlich. Die Klägerin stelle ca. 10.000 t Weizen- und Gerstenmalz jährlich her. Bei der Betriebsart Mälzerei sei der Referenzwert von Getreide und Getreideprodukten herangezogen worden. Dies sei einheitlich bei allen Mälzereien so gehandhabt worden. Würde man den deutlich niedrigeren Referenzwert für Malz von 3.410 kg täglich zu Grunde legen, seien erst recht die Voraussetzungen der Überregionalität des Betriebs der Klägerin erfüllt. Es werde auch im streitgegenständlichen Bescheid dargelegt, dass der Betrieb der Klägerin nach den Erkenntnissen der KBLV Getreide und Getreideprodukte erzeuge und dass für das produzierte Erzeugnis (= Getreide und Getreideprodukte) ein Schwellenwert von 15.452 kg täglich zu Grunde gelegt worden sei. Unter Abwägung aller Belange sei die Auslegung seitens der KBLV für den Begriff „wesentlicher Marktteilnehmer“ produktionsbereichsunabhängig bei einem Wert von 5% erfolgt. Diese würde einheitlich für alle in Betracht kommenden Betriebe angewandt.

Die Angaben zur Exporttätigkeit seien nicht abgefragt worden, um den überregionalen Charakter des Betriebes beurteilen zu können, sondern im Rahmen für die Ausstellung von Veterinärzertifikaten. Das Getreidelager sei nicht ausschlaggebend für die Überregionalität des Betriebs der Klägerin in M. gewesen.

Mit Schreiben vom 27. Juni 2018 wurde ausgeführt, sofern die Klägerin anführe, die Unterscheidung zwischen der KBLV und den örtlichen Kreisverwaltungsbehörden würde auf unterschiedlichen Anforderungen der Kontrolle für überregionale Großbetriebe bzw. für eher regional agierende und gegebenenfalls sogar handwerklich orientierte Lebensmittelbetriebe beruhen, finde diese Aussage im Gesetz keinen Halt. Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GDVG laute wie folgt: „nach Maßgabe gesonderter Vorschriften erfüllt sie Kontroll- und Vollzugsaufgaben der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung, insbesondere hinsichtlich seiner Betriebe, deren Überwachung spezialisierte Fähigkeiten voraussetzt“. Das Erfordernis spezialisierter Kontrollfähigkeiten treffe keine Unterscheidung hinsichtlich der Produktionsweise der betroffenen Betriebe. Die in § 9 Abs. 2 GesVSV genannten verschiedenen Betriebskategorien bedürften bei einer gewissen Marktrelevanz einer Spezialisierung der Kontrolleure. Ob hier industriell oder handwerklich hergestellt werde, sei nach dem Zweck der Vorschrift irrelevant. Die KBLV kontrolliere in der Regel mit zwei Personen, um das Vieraugenprinzip zu gewährleisten. Die rechtlichen Vorgaben hinsichtlich des Umfangs und der Art der Überwachung ändere sich nicht.

Nach den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten würde Malz als Zutat nur mit einem geringen Anteil am Endprodukt aufgehen. Insoweit würde ein wesentlicher Unterschied zu Betrieben, die den Betriebskategorien nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 lit. g) (Getreidemühlen und Hersteller von Getreideprodukten einschließlich Backvormischungen) und k (Bäckereien) GesVSV angehörten, bestehen. Dies habe bei der Ermittlung der Referenzwerte durchaus Berücksichtigung gefunden. Es seien für die Betriebsart „Bäckerei“ separate Referenzwerte abhängig davon, welche Produkte die Bäckerei herstelle (Brot und Semmeln bzw. eine Backwarenbeziehung Brot, Semmeln und feine Backwaren) berechnet worden und bei der Prüfung, ob ein Betrieb überregional tätig sei, angesetzt worden. Während man bei der Betriebsart „Bäckerei“ den Unterschied durchaus noch in der Tatsache sehen könne, dass hier Endprodukte (mit entsprechend niedrigeren Referenzwerten) hergestellt würden, sei die Situation bei Malz und Getreide eine andere. Hier würden die Produkte jeweils hauptsächlich als Rohstoff für die Weiterverarbeitung verwendet, sodass kein wesentlicher Unterschied zwischen ihnen bestehe. Unabhängig von der Frage, ob Malz und Getreide sich wesentlich unterscheiden würden, übersteige die Produktion der Klägerin jedoch die beiden Referenzwerte deutlich.

Ein wesentlicher Marktteilnehmer müsse sicherlich ein gewisses Gewicht im Marktgeschehen haben, jedoch nicht eine quasi marktbeherrschende Stellung, indem er einen Großteil der geforderten 1,5 Millionen Einwohner versorge. Auch müsse der „wesentlicher Marktteilnehmer“ kein (wiederum zu definierender) Großbetrieb sein. Es sei richtig, dass § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV lediglich bestimme, dass ein Betrieb überregional tätig sei, wenn er dafür ausgelegt sei, ein Gebiet mit mindestens 1,5 Millionen Einwohnern direkt oder indirekt als wesentlicher Marktteilnehmer zu versorgen, ohne zu definieren, welche anteilige Produktionsmenge hierfür erreicht werden müsse oder gar Schwellenwerte festzulegen. Bei dem Erlass einer Verordnung komme dem Normgeber eine Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Geeignetheit einer gesetzlichen Regelung für die Erreichung eines legitimen Zwecks zu. Nicht anders verhalte es sich bei der GesVSV, bei der der Verordnungsgeber zur Erreichung eines höheren Standards im Bereich der Lebensmittelüberwachung eine Verordnung mit unbestimmten Rechtsbegriffen erlassen habe. Der Verordnungsgeber sei nicht gehalten gewesen, in der GesVSV die für einen überregionalen Betrieb als wesentliche Marktteilnehmer anzusetzende Produktionsmenge bzw. die einzelnen Schwellenwerte konkret festzulegen. Vielmehr liege die Entscheidung, „ob der Gesetzgeber bei der Festlegung eines gesetzlichen Tatbestand sich eines Begriffs bediene, der einen Kreis von Sachverhalten decke oder eng umschriebene Tatbestandsmerkmale ausstelle, […] in seinem Ermessen“ (BVerfGE 21, 73, 79).

Es komme nach dem eindeutigen Wortlaut der GesVSV nicht auf die Herstellungsweise an, maßgeblich sei allein der Verbreitungsgrad der Produktion (überregional). Wie die Anlage K10 zeige, sei der Markt an bayerischen Mälzereien sehr überschaubar. Hier zeige sich erneut die insofern unzulässige Gleichsetzung des Tatbestandsmerkmals „wesentlicher Marktteilnehmer“ mit einer marktbeherrschenden Stellung bzw. einem wesentlichen Teil des Marktes durch mehrere Unternehmen. Das Tatbestandsmerkmal des wesentlichen Marktteilnehmers diene als Korrektur, um die Betriebe in der Zuständigkeit der Kreisverwaltungsbehörde zu belassen, die keine größere Marktrelevanz hätten. Allein schon wegen der geringen Anzahl an Mälzereien müsse ein Betrieb dieser Kategorie schon eine völlig untergeordnete Bedeutung haben, um als „unwesentlich“ angesehen zu werden. Die Größe des Betriebs der Klägerin könne nicht mit der Größe von Betrieben anderer Kategorien verglichen werden; vielmehr müsse die Größe in Relation zu dem hergestellten Erzeugnis gesehen werden.

5. In der mündlichen Verhandlung beantragte der Klägerbevollmächtigte, den Bescheid des Beklagten vom 17. November 2017 aufzuheben.

Die Beklagtenvertreterin beantragte,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig und wäre auch unbegründet.

1. Die Klage ist unzulässig. Zwar ist bezüglich des Bescheids vom 17. November 2017 eine Klagebefugnis der Klägerin gegeben, jedoch ist die Klage verfristet und eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand war wegen Verschuldens nicht zu gewähren.

1.1 Die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO ist gegeben.

Nach § 42 Abs. 2 Alt. 1 VwGO ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach der herrschenden Möglichkeitstheorie genügt hierfür die Möglichkeit, dass die von der Klägerin behauptete Rechtsverletzung durch den Verwaltungsakt besteht (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 42 Rn. 66).

Die Klagebefugnis ist gegeben, da § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV ein subjektiv-öffentliches Recht begründet und die Klägerin möglicherweise durch die Feststellung der Zuständigkeit der KBLV in ihrem subjektiv-öffentlichem Recht verletzt ist.

§ 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV begründet ein subjektiv-öffentliches Recht, da er eine sogenannte Schutznorm ist. Eine Schutznorm liegt vor, wenn der in Frage stehende Rechtssatz ausschließlich oder doch jedenfalls neben dem mit ihm verfolgten allgemeinen Interesse zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt ist. Ob ein Rechtssatz des objektiven Rechts im Sinne der Schutznormtheorie dem Schutz von Individualinteressen dient oder nicht, ist daher letztlich eine Frage der Auslegung, die unter Berücksichtigung der gesamten Rechtsordnung und der in dieser wirksamen Schutz- und Zweckbestimmungen mit den üblichen juristischen Methoden der Auslegung und der Ausfüllung von Lücken im Recht zu beantworten ist (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 42 Rn. 83).

Der Schutznormcharakter des § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV ergibt sich bereits aus dem dort ausdrücklich normierten Antragsrecht des Betriebsinhabers auf bescheidsmäßige Feststellung der Zuständigkeit durch die Kontrollbehörde. Durch die Einräumung eines solchen Antragsrechts des Betriebsinhabers neben und zusätzlich zu einer Feststellung von Amts wegen bringt der Verordnungsgeber selbst zum Ausdruck, dass der die sachliche Zuständigkeit feststellende Verwaltungsakt nicht nur alleine der Rechtssicherheit der Allgemeinheit dienen soll, sondern auch der Betriebsinhaber ein subjektives Recht hat, seine Gründe vorzubringen, um das Bestehen bzw. Fortbestehen der sachlichen Zuständigkeit überprüfen zu lassen und eine bescheidsmäßige Feststellung herbeizuführen. Räumt der Verordnungsgeber dem Betriebsinhaber hinsichtlich der Feststellung der Zuständigkeit ein solches subjektives Antragsrecht ein, so muss diesem nach Sinn und Zweck dieser Regelung auch die gerichtliche Überprüfung der entsprechenden Entscheidung der Kontrollbehörde zugänglich sein, zumal § 9 Abs. 2 Satz 1 GesVSV a.E. ausdrücklich eine bestandskräftige Feststellung durch Verwaltungsakt verlangt.

Zieht man zudem die Systematik der gesamten Rechtsordnung in Bezug auf die sachliche Zuständigkeit heran, ergibt sich daraus, dass mit der Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV ein Sonderfall geschaffen wurde. Denn im Regelfall ergibt sich die sachliche Zuständigkeit aus den gesetzlichen Regelungen selbst, ohne dass es hierfür eines bestandskräftigen feststellenden Verwaltungsaktes bedarf. Die Überprüfung der sachlichen Zuständigkeit einer Behörde erfolgt grundsätzlich inzident bei dem Erlass eines Verwaltungsaktes, der in der Sache eine Regelung trifft. Von dieser grundsätzlichen systematischen Handhabung ist der Verordnungsgeber im Fall des § 9 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GesVSV bewusst abgewichen. Die Kontrollbehörde wird nach § 9 Abs. 2 Satz 1 GesVSV erst zuständig in dem Moment, in dem der die Zuständigkeit feststellende Verwaltungsakt bestandskräftig wird. Hätte der Verordnungsgeber gewollt, dass die sachliche Zuständigkeit in diesem Sonderfall gerichtlich mangels Klagebefugnis nicht selbstständig und dafür nur inzident in einem Verwaltungsakt unter dem Prüfungspunkt formelle Rechtmäßigkeit nachprüfbar ist, dann hätte der Verordnungsgeber den Übergang der sachlichen Zuständigkeit durch die Norm selbst eintreten lassen und nicht erst durch einen bestandskräftigen Verwaltungsakt. Überdies wäre auch bei der Unterstellung, dass keine Klagebefugnis gegeben ist mangels subjektiven Rechts, die Voraussetzung der Bestandskraft gänzlich überflüssig, da dann quasi faktisch die Bestandskraft denknotwendig immer im Moment des Erlasses des Verwaltungsaktes eintreten würde.

Ferner entspricht die Bejahung der Klagebefugnis dem besonderen Gewicht, das den Vorschriften zur sachlichen Zuständigkeit nach der gesetzlichen Regelung zukommt. So sind Verstöße gegen die sachliche Zuständigkeit von Art. 46 BayVwVfG nicht erfasst, so dass sie immer die Rechtswidrigkeit des betroffenen Verwaltungsakts begründen und zur Aufhebung im Rechtsbehelfsverfahren führen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 46 Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kann ein von einem Verwaltungsakt Betroffener die sachliche Unzuständigkeit der erlassenden Behörde jedenfalls dann, wenn der Rechtsmangel im Zeitpunkt der Entscheidung noch besteht, einschränkungslos rügen. Gerade bei rechtlich heiklen Fragen mag es im tatsächlichen Verlauf durchaus einen Unterschied machen, ob die Gemeinde oder das Landratsamt die Entscheidung trifft. Infolgedessen ist es sinnvoll, den Beteiligten grundsätzlich das Recht auf eine Entscheidung durch die „richtige“ Stelle einzuräumen (BayVGH, B.v. 13.8.1996 - 20 CS 96.2369 - juris).

Für eine Anfechtbarkeit spricht des Weiteren schon der äußere Schein des streitgegenständlichen Bescheids, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen ist.

1.2 Die Klage ist wegen Versäumung der einmonatigen Klagefrist unzulässig. Die Klage wurde nach Ablauf der Klagefrist erhoben. Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand war nicht zu gewähren.

Die Klageerhebung am 20. Dezember 2017 war verfristet nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Laut Postzustellungsurkunde ging der Klägerin der Bescheid der Kontrollbehörde am Samstag, 18. November 2017, zu. Nach § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 ZPO i.V.m. § 187 ff. BGB war am Montag, 18. Dezember 2017, Fristende und somit der Eingang der Klage am 20. Dezember 2017 verfristet.

Der klägerische Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ist abzulehnen. Die Nichteinhaltung der Klagefrist war nicht unverschuldet.

Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne sein Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Verschulden im Sinne von § 60 Abs. 1 VwGO ist anzunehmen, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war. Das Verschulden eines Bevollmächtigten, insbesondere eines bevollmächtigten Rechtsanwalts, steht dabei gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO dem Verschulden der Partei gleich, gilt also als Verschulden des Vertretenen. Ein schuldhaftes Handeln von Hilfspersonen des bevollmächtigten Rechtsanwalts, insbesondere von Büropersonal, ist als solches dem bevollmächtigten Rechtsanwalt und damit auch der Partei nicht zurechenbar, da eine dem § 278 BGB entsprechende Vorschrift über die Haftung für das Verschulden von Erfüllungsgehilfen im Prozessrecht fehlt. Allerdings können Fehler von Hilfspersonen auf eine in der eigenen Verantwortungssphäre des bevollmächtigten Rechtsanwalts liegende Ursache zurückzuführen sein, im Hinblick auf die diesen unter dem Gesichtspunkt des sogenannten Organisationsverschuldens ein eigener Schuldvorwurf treffen kann (BayVGH B.v. 16.10.2012 - 4 B 11.2325 - juris Rn. 10).

Auf ein Verschulden des Klägerbevollmächtigten nach § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO kommt es indes nicht an. Das Handeln des Klägerbevollmächtigten war nicht kausal für die Nicht-/Einhaltung der Klagefrist. Denn es wurde glaubhaft gemacht, dass der Klägerbevollmächtigte erst am 19. Dezember 2017 und daher nach Ablauf der Klagefrist kontaktiert wurde.

Jedoch liegt ein Verschulden der Sekretärin F. der Klägerin vor, indem sie den Zustellungsbriefumschlag trotz seiner auffälligen Färbung und dem eindeutigen Hinweis, dass der Briefumschlag bitte aufzubewahren ist, weggeworfen hat. Auch wenn dies versehentlich geschah, war dieses Handeln bereits fahrlässig und somit verschuldet. Dieses Verschulden kann aber der Klägerin nicht zugerechnet werden. Bei der Sekretärin handelt es sich weder um eine Bevollmächtigte, eine Vertreterin noch um ein Organ der Klägerin, sondern um eine Hilfsperson des Organs (Geschäftsführer L.) der Klägerin. Das Verschulden von Hilfspersonen eines Bevollmächtigten, Vertreters oder Organs, insbesondere Büropersonals, ist dem Bevollmächtigten, Vertreter oder Organ nicht zuzurechnen (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 60 Rn. 21).

Allerdings hat der Geschäftsführer L. die Versäumung der Klagefrist zurechenbar verschuldet. Der Geschäftsführer L., dessen Verschulden der Klägerin als ihr Organ wie eigenes Verschulden zuzurechnen ist (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 60 Rn. 20), hätte bei der im Verkehr zu beachtenden Sorgfalt nicht einfach ohne weitere eigene Nachprüfung eine Zustellung des Bescheids am 20. November 2018 annehmen und ohne eine eindeutige Feststellung des Zustellungsdatums bis zum letzten Tag der von ihm angenommenen Frist mit der Erhebung der Klage warten dürfen.

Der Geschäftsführer L. hätte sich nicht allein auf die Angabe seiner Sekretärin F. hinsichtlich des Zugangs des Bescheides verlassen dürfen, ohne zumindest eigene Überlegungen vorzunehmen. Wird ein behördliches Schreiben förmlich zugstellt, ist für jedermann, auch ohne Geschäftserfahrung, deutlich, dass mit der Zustellung fristgebundene eigene Entscheidungen verbunden sein können und auch zumeist sein werden. In der Konsequenz ist von dem Betroffenen eine genauere Nachprüfung des tatsächlichen Zugangs zu erwarten und er darf sich nicht einfach auf Angaben von Angestellten verlassen. Dies hat der Geschäftsführer L. jedoch getan, obwohl er vorliegend ohne weiteres hätte erkennen können, dass auch die Möglichkeit einer Zustellung am Tag nach Versand des Bescheids und dass auch die Möglichkeit einer Zustellung an einem Samstag bestand, insbesondere da nach eigenem Vortrag regulär niemand an einem Samstag im Betrieb ist und die Post entnimmt. Auch ist es einem Geschäftsführer, der seit längerer Zeit ein Unternehmen führt, bei den an ihn zustellenden Anforderungen zumutbar, dass er zumindest bei einem auf den 17. November 2017 datierten Bescheid, der mit dem Vermerk „Zustellungsurkunde“ versehen ist, eine Zustellung noch am nächsten Tag in Betracht zieht, auch wenn dies ein Samstag gewesen ist und sich nicht nur auf die Angaben seiner Sekretärin bezüglich des vermeintlichen Zugangs am darauffolgenden Montag verlässt. Er hätte bei möglichen Unsicherheiten wenigstens versuchen müssen, ein genaues Zustellungsdatum bei der Behörde in Erfahrung zu bringen.

Zudem kann der Geschäftsführer L. sich nicht darauf berufen, dass er wegen des Postauftrags mit einem Zugang des Bescheides an einem Samstag nicht rechnen musste. Der vorgelegte Postauftrag beschränkt sich auf Frachtsendungen und erfasst gerade keine Briefe (vgl. Anlage K3).

Grundsätzlich darf der Betroffene die Klagefrist auch uneingeschränkt bis zum letzten Moment ausnützen. Jedoch wenn - wie vorliegend - der Beginn der Frist anhand eines eindeutigen Zustellungsnachweises und somit auch das Ende der Frist nicht sicher bestimmt werden kann, ist dann hierauf basierend von dem Betroffenen zu fordern, dass er ohne Nachprüfung nicht einfach bis kurz vor dem vermeintlichen Fristende mit der Kontaktierung eines Rechtsanwalts oder/und der Erhebung der Klage wartet (vgl. BVerwG B.v. 31.1.2001 - 4 A 46/00 - juris Rn. 4).

Der klägerischen Annahme, dass die Vertreter des Beklagten selbst bei telefonischer Nachfrage, dem Gesellschafter der Klägerin keine Auskunft über das genaue Datum erteilt hätte, ist entgegenzuhalten, dass es sich hierbei um eine bloße Vermutung handelt und sich aus den eigenen Angaben der Klägerseite nicht ergibt, dass zumindest versucht worden war, bei der KBLV eine Anfrage bezüglich des Zustellungsdatums vorzunehmen. Allenfalls wäre der Sachverhalt anders zu bewerten, wenn die Klägerseite vorgetragen hätte, dass trotz mehrmaliger Anrufe niemand zu erreichen gewesen wäre und/oder dass bei einem Telefonat nach dem Zustellungsdatum gefragt worden wäre und eine Auskunft darüber seitens der Behörde tatsächlich nicht erteilt worden wäre. Zudem ergibt sich auch bereits aus dem klägerischen Vortrag, dass der involvierte Justiziar des Bayerischen Brauerverbands auch tatsächlich einen Behördenmitarbeiter erreichen konnte.

2. Überdies ist der Bescheid, ohne dass es hierfür noch entscheidungserheblich darauf ankäme, rechtmäßig, so dass die Klage selbst bei unterstellter Zulässigkeit unbegründet wäre.

2.1 Rechtsgrundlage für die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit der Kontrollbehörde ist § 9 Abs. 2 GesVSV i.V.m. Art. 5a GDVG. Das Gericht hat keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VG Würzburg U.v. 30.7.2018 - W 8 K 17.1477). Die Klägerin hat dazu auch nichts Wesentliches vorgebracht.

So führt das Gericht im Urteil vom 30. Juli 2018 (W 8 K 17.1477) zur Verfassungsmäßigkeit von Art. 5a GDVG und § 9 GesVSV aus:

„Nach Überzeugung der Kammer bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Art. 5a GDVG und § 9 GesVSV.

Die Klägerin sieht in § 9 Abs. 2 GesVSV einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV, da komplexe Betriebe, die in kreisfreien Städten ansässig sind, nicht in die sachliche Zuständigkeit der Kontrollbehörde überführt werden, worin eine Ungleichbehandlung liege. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass die Regelung, dass bestimmte kreisfreie Gemeinden nicht in die Zuständigkeit der Kontrollbehörde überführt werden, nicht in § 9 Abs. 2 GesVSV erfolgt, sondern in der Ausnahmeregelung des - an sich für den vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblichen - § 9 Abs. 5 GesVSV. Unabhängig hiervon ist jedoch ein Grund für die Differenzierung zwischen komplexen Betrieben, die in bestimmten kreisfreien Städten ansässig sind, und den übrigen komplexen Betrieben gegeben. Die betroffenen kreisfreie Städte entsprechen denjenigen, denen bereits mit - dem inzwischen außer Kraft getretenen - § 5 AVFLM (Lebensmittel- und Futtermittelrecht-Ausführungsverordnung) die Veterinäraufgaben und die Aufgaben beim Vollzug des Futtermittelrechts übertragen wurden. Bei diesen kann aufgrund ihrer Größe von einer angemessenen Spezialisierung und der Ermöglichung von Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung (vgl. Bayerischer Oberster Rechnungshof, Gutachten zur Struktur und Organisation des amtlichen Veterinärwesens und der Lebensmittelüberwachung vom 12. Februar 2016, S. 60 ff.) und damit vom Vorliegen von für die Überwachung komplexer Betriebe erforderlicher spezieller Kenntnisse ausgegangen werden, so dass ein Übergang der Zuständigkeit auf die Kontrollbehörde nicht erforderlich ist. Im Übrigen ließe sich selbst bei der Annahme, dass die Ausnahme der in § 9 Abs. 5 GesVSV genannten kreisfreien Städte von der Zuständigkeitsregelung des § 9 Abs. 2 GesVSV einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz darstellt, jedenfalls nicht der Schluss daraus ziehen, dass dann der in § 9 Abs. 2 GesVSV grundsätzlich geregelte Zuständigkeitswechsel einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellt (keine Gleichbehandlung im Unrecht).

Das Gericht sieht entgegen der Auffassung der Klägerin durch § 9 Abs. 2 GesVSV auch keinen Verstoß gegen Art. 12 GG bzw. Art. 101 BV. Fraglich ist angesichts der im Vergleich zu komplexen Betrieben in kreisfreien Gemeinden gleich bleibenden rechtlichen Vorgaben zu Umfang und Art der Überwachung schon das Vorliegen der erforderlichen berufsregelnden Tendenz. Mit dem Zuständigkeitsübergang ist zudem nicht automatisch auch eine höhere Kontrollfrequenz festgelegt worden und mögliche zusätzliche Fahrtkosten dürften verhältnismäßig gering ausfallen. Unabhängig hiervon wäre der Eingriff jedenfalls gerechtfertigt. Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit sind gerechtfertigt, wenn sie geeignet sind, einen legitimen Zweck zu erreichen und die berufliche Betätigung des Grundrechtsträgers nicht unverhältnismäßig einschränken. Die Überführung der Zuständigkeit für bestimmte Betriebe auf die Kontrollbehörde kann sich auf vernünftige Gründe des Allgemeinwohls stützen. Die Kontrollbehörde verfügt aufgrund ihrer Ausstattung und spezieller personeller Qualifikationen über besondere Sachkunde. Ihre Stellung als dem Landesamt nachgeordnete Behörde erlaubt in hohem Maße einen Wissenstransfer zwischen dem BayLGL und der Kontrollbehörde (Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Reform der staatlichen Veterinärverwaltung und Lebensmittelüberwachung, LT-Drs. 17/16103, B 1., C). Zudem ist die Verhältnismäßigkeit des Zuständigkeitswechsels nicht zweifelhaft in Anbetracht dessen, dass mit dem Zuständigkeitswechsel nicht automatisch eine höhere Kontrollfrequenz verbunden ist und mögliche höhere Fahrtkosten mangels Erhöhung der Kontrollfrequenz infolge des Zuständigkeitswechsels verhältnismäßig gering ausfallen dürften.

Ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 BV durch § 9 Abs. 2 GesVSV liegt entgegen der Behauptung der Klägerin nicht vor. Nach dem Bestimmtheitsgebot sind gesetzliche Tatbestände so zu fassen, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können. Welche Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen sind, lässt sich indes nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt nach ständiger Rechtsprechung auch von der Eigenart des Regelungsgegenstandes und dem Zweck der betroffenen Norm ab (BVerfG, B.v. 17.7.2003 - 2 BvL 1/99 - beck-online; vgl. BVerfGE 89, 69, 84). Generalklauseln und unbestimmte Begriffe sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn die Norm mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden eine zuverlässige Grundlage für ihre Auslegung und Anwendung bietet oder sie eine gefestigte Rechtsprechung übernimmt und damit aus dieser Rechtsprechung hinreichende Bestimmtheit gewinnt. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften gewährleisten eine möglichst einheitliche Bestimmung und Anwendung und können dadurch mit dazu beitragen, dass unbestimmte Rechtsbegriffe dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot genügen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verwaltungsgerichte nicht an norminterpretierende Verwaltungsrichtlinien gebunden sind (BVerwG, B.v. 1.12.2009 - 4 B 37/09 - juris). Vorliegend ist der Regelungsinhalt des § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV jedenfalls durch Auslegungsmethoden bestimmbar. Zudem können die Vorgaben der Arbeitshilfe herangezogen werden. Die Veröffentlichung von Verwaltungsvorschriften als verwaltungsinterne Regelungen ist gesetzlich nicht vorgeschrieben (vgl. Veröffentlichungsbekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung - VeröffBek vom 15. Dezember 2015, AllMBl. S. 541 Nr. 3.1).

Aus derselben Erwägung sieht das Gericht auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Normenklarheit und Normbestimmtheit gegeben. Es begegnet keinen Bedenken, wenn der Normgeber unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet, deren Inhalt nicht wie von der Klägerin „auf einen Blick“ erkennbar, sondern nach den gängigen Auslegungsmethoden und mit Hilfe der Arbeitshilfe bestimmbar ist. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit verwiesen.

Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu § 9 Abs. 2 GesVSV ergeben sich auch hinsichtlich Art. 5a GDVG keine Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit. Insbesondere ist Art. 5a GG mit Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 BV vereinbar. Die Formulierung „insbesondere“ in Art. 5a GG weist lediglich auf ein Regelbeispiel hin, ohne dass dessen Nennung abschließend sein soll, und ist nicht zu beanstanden. Zudem hat der Gesetzgeber selbst in Art. 5a Abs. 1 Satz 3 GDVG Inhalt, Zweck und Ausmaß festgelegt, indem er vorgegeben hat, hinsichtlich welcher Betriebe die Kontrollbehörde Kontroll- und Vollzugsaufgaben der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung erfüllt, und zwar „insbesondere hinsichtlich solcher Betriebe, deren Überwachung spezialisierte Fähigkeiten voraussetzt“. Dass die näheren Regelungen, insbesondere zu den betroffenen Betrieben, erst durch den Verordnungsgeber erfolgen, entspricht hierbei dem Willen des Gesetzgebers („nach Maßgabe gesonderter Vorschriften“).“

2.2 Der streitgegenständliche Bescheid vom 17. November 2017 ist formell rechtmäßig.

Ein durchgreifender Anhörungsmangel gem. Art. 28 BayVwVfG ist nicht gegeben. Zwar ist vorliegend eine Anhörung der Klägerin nach Art. 28 BayVwVfG seitens der Kontrollbehörde unterblieben, wobei offenbleiben kann, ob von einer Anhörung ermessensfehlerfrei nach Art. 28 Abs. 2 VwGO abgesehen werden konnte. Jedenfalls ist eine Heilung nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Art. 45 BayVwVfG durch Nachholung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingetreten (vgl. BVerwG, U.v. 12.4.2005 - 1 C 9/04 - BverwGE 123, 90 - juris Rn. 39; BayVGH, B.v. 7.10.2014 - 22 ZB 14.1062 - juris Rn. 9 f.).

2.3 Der Feststellungsbescheid vom 17. November 2017 ist auch materiell rechtmäßig.

Die Feststellung der Zuständigkeit der Kontrollbehörde erfolgt gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV - wie vorliegend - von Amts wegen oder auf Antrag des Betriebsinhabers durch die Kontrollbehörde.

Nach Art. 5a Abs. 1 Satz 3 GDVG erfüllt die Kontrollbehörde nach Maßgabe gesonderter Vorschriften Kontroll- und Vollzugsaufgaben der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung, insbesondere hinsichtlich solcher Betriebe, deren Überwachung spezialisierte Fähigkeiten voraussetzt. Gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. m) GesVSV ist die Kontrollbehörde statt der Kreisverwaltungsbehörden zuständige Behörde für die Kontroll- und Vollzugsaufgaben der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung in überregional tätigen Betrieben, die unter anderem der Betriebskategorie der Mälzereien angehören, sobald und solange ihre Zuständigkeit durch feststellenden Verwaltungsakt bestandskräftig festgestellt ist. Ein Betrieb ist überregional tätig, wenn er dafür ausgelegt ist, stetig ein Gebiet mit mindestens 1,5 Millionen Einwohnern direkt oder indirekt als wesentlicher Marktteilnehmer zu versorgen, § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV.

Die Voraussetzungen für die Zuständigkeit der Kontrollbehörde für den Betrieb der Klägerin liegen vor.

Der Betrieb der Klägerin gehört der Betriebskategorie der Mälzereien an.

Nach Überzeugung des Gerichts ist auch die Überregionalität des Betriebs i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV gegeben. Die Klägerin ist mit ihrer Produktion von unstreitig circa 10.000 Tonnen Malz im Jahr dafür ausgelegt, stetig ein Gebiet von 1,5 Millionen Einwohner als wesentlicher Marktteilnehmer zu versorgen (§ 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV).

Um zu bestimmen, ob ein Betrieb ein Gebiet von 1,5 Millionen Einwohner stetig versorgen kann, hat die KBLV mit der Berechnung von Referenzwerten für ein fiktives Gebiet von 1,5 Millionen Einwohnern ein sachgerechtes Kriterium angewandt.

Dass die KBLV auf ein fiktives Gebiet von 1,5 Millionen Einwohnern abstellt ist nicht zu beanstanden. Zunächst steht dieser Handhabung der Wortlaut der Vorschrift nicht entgegen. Dem Wortlaut ist nicht zu entnehmen, ob auf ein konkretes oder ein fiktives Gebiet abzustellen ist. Jedoch entspricht die Handhabung Sinn und Zweck des § 9 Abs. 2 GesVSV. Sinn und Zweck des § 9 Abs. 2 GesVSV ist es anhand der Voraussetzung der Überregionalität, Betriebe, die bestimmte Produkte mit einem hohen Verbreitungsgrad herstellen, in die Zuständigkeit der KBLV zu überführen. Denn gerade bei Produkten mit einem hohen Verbreitungsgrad wirken sich die Konsequenzen bei Verstößen gegen das Lebensmittelrecht auf enorm viele Personen aus und bergen alleine aufgrund des hohen Verbreitungsgrades ein höheres Gefährdungsrisiko. Im Rahmen der Überregionalität ist hierbei gerade nicht die dem Produkt immanente Gefahr entscheidend, sondern die einem hohen Verbreitungsgrad immanente Gefahr. Ebenso wenig ist hierfür relevant, ob das Produkt (fast) den ganzen Tagesbedarf eines Einwohners decken kann.

Dass gerade für die Überregionalität der hohe Verbreitungsgrad entscheidend ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV. Denn entscheidendes Kriterium ist gerade, ob 1,5 Millionen Einwohner stetig versorgt werden können.

Aufgrund dieser Auslegung ist es ein sachgerechtes Kriterium anhand von Referenzwerten für ein fiktives Gebiet von 1,5 Millionen Einwohnern zu ermitteln, ob ein Betrieb mit seinem hergestellten Produkt einen hohen Verbreitungsgrad erreicht.

Der von der KBLV ermittelte Referenzwert für Malzprodukte ist im vorliegenden Fall für das Produkt Malz anzuwenden. Die Berechnung des Referenzwertes anhand des Bierkonsums, da Malz hauptsächlich im Betrieb der Klägerin für die Bierproduktion verkauft wird, ist nachvollziehbar ermittelt.

Als Referenzwert ist nicht, wie in der Begründung des Verwaltungsaktes, der Referenzwert für Getreide- und Getreideprodukten heranzuziehen, sondern der Referenzwert für Malzprodukte. Dass die KBLV den Referenzwert für Malz nachgeschoben hat, ist unschädlich. Denn es handelt sich um einen gebundenen Verwaltungsakt und dieser muss inhaltlich nur dem Gesetz entsprechen; eine sachlich unzutreffende Begründung macht einen solchen Verwaltungsakt nicht materiell rechtswidrig (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 45 Rn. 46).

Die Berechnung des Referenzwertes für Malzprodukte ist nachvollziehbar und nicht zu bestanden. Aus der vorläufigen Arbeitshilfe zur Zuständigkeit der Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (Stand: 5.12.2017), Seite 5, ergibt sich, dass für die Betriebsart Malzhersteller und das Produkt Malz die Berechnung der Malzproduktion auf Grundlage des Bierverbrauches erfolgt. Nach Angaben des deutschen Brauerbundes lag der Bierverbrauch pro Kopf pro Jahr bei 104 Liter. Für 1 hl Bier werden circa 16 kg Malz benötigt. Daraus folgt: Pro Person werden pro Jahr 16,6 kg Malz konsumiert. 1,5 Millionen Einwohner konsumieren (16,6 kg Malz x 1.500.000 : 365) = 68.219 kg pro Tag.

Auch die Klägerin hat in ihren eigenen Berechnungen in ihrem Schreiben vom 16. Januar 2018 ähnliche Ausgangswerte verwendet. Die Klägerin geht von einem durchschnittlichen Bierverbrauch in Deutschland von circa 106 Liter im Jahr und davon, dass man für die Herstellung von 100 Liter Bier 18 kg Malz benötigt, aus.

Der Einwand der Klägerseite - das Malz gehe als Zutat nur mit einem geringen Anteil am Endprodukt auf - überzeugt nicht, da gerade dadurch ein hoher Verbreitungsgrad des Malzes erreicht wird. Denn wenn auch eine das Endprodukt konsumierende Person nur eine kleine Menge Malz aufnimmt, so nimmt diese Person doch das Malz auf. Der Wortlaut der Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV stellt, wie bereits ausgeführt, gerade nicht darauf ab, ob ein Produkt den ganzen Tagesbedarf an Kalorien eines Menschen deckt, sondern allein ob er das Produkt unabhängig von der Menge zu sich nimmt.

Die weitere Voraussetzung der Überregionalität, dass der Betrieb ein wesentlicher Marktteilnehmer sein muss, liegt indes unabhängig davon, ob die Annahme der Klägerseite, die Beklagte habe unzulässiger Weise eine 5-Prozent-Regelung zur Bestimmung des wesentlichen Marktteilnehmers eingeführt, zutrifft, im vorliegenden Einzelfall vor. Die Klägerin ist wesentliche Marktteilnehmerin.

Der Begriff des wesentlichen Marktteilnehmers ist alleine in den konkreten Bezug zu der Versorgung von 1,5 Millionen Einwohner zu setzen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, der keine anderen Relationen, abgesehen von 1,5 Millionen Einwohnern benennt. Folglich ist der wesentliche Marktteilnehmer nicht im Vergleich zur bayern-, deutschland-, europa- oder weltweiten Versorgung von Einwohnern zu bestimmen, sondern allein anhand von 1,5 Millionen Einwohnern. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es daher nicht entscheidend, dass sie im Vergleich zu den größten Mälzereien in Bayern oder gar in ganz Deutschland usw. eine erheblich geringere Menge produziert und nur ein inhabergeführter kleiner Handwerksbetrieb ist. Maßgeblich ist allein, ob die Klägerin aufgrund ihrer Produktionsmenge stetig als wesentliche Marktteilnehmerin 1,5 Millionen Einwohner versorgen kann und damit einen hohen Verbreitungsgrad erreicht. Die Klägerin ist mit ihrer Produktionsmenge gerade kein unwesentlicher oder unbedeutender Marktteilnehmer, der aus gesundheitlichen Verbraucherschutzerwägungen zu vernachlässigen wäre.

Die Mälzerei der Klägerin stellt jährlich circa 10.000 Tonnen Malz her. 10.000 Tonnen Malz pro Jahr entspricht 10.000.000 kg Malz pro Jahr. Für die Errechnung der Tagesbedarf ist diese Menge durch die Anzahl der Tage eines Jahres, nämlich 365, zu teilen. Dies ergibt dann eine Tagesproduktion von circa 27.397 kg Malz. Setzt man diese Tagesproduktion des klägerischen Betriebs in das Verhältnis zum errechneten Referenzwert von 68.219 kg pro Tag, ergibt sich, dass die Produktionsmenge des Betriebs ca. 40% des Referenzwertes erreicht. Dieser Anteil ist aus Verbraucherschutzgesichtspunkten durchaus relevant und nicht als unwesentlich einzustufen.

Da der Bescheid vom 17. November 2017 damit rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt, war die Klage abzuweisen.

3. Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich dagegen, dass ihm die beklagte Universität den von ihr verliehenen Doktorgrad unter Berufung darauf entzogen hat, er habe sich durch späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen.

2

Der Kläger ist Physiker. Die Beklagte promovierte ihn im Januar 1998 auf Grund einer Dissertation auf dem Gebiet der Photovoltaik zum Doktor der Naturwissenschaften. Von Juli 1998 bis September 2002 arbeitete der Kläger in einer privaten Forschungseinrichtung, den zur Firma L. T. gehörenden B. L., in den USA. Für diese Tätigkeit hatte ihm die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ein Postdoktorandenstipendium mit der Laufzeit von August 1998 bis Januar 2000 bewilligt. Der Kläger befasste sich während dieser Zeit mit Forschungen und Experimenten zur Supraleitung und zur Herstellung von Nano-Bauelementen. Er war an einer Vielzahl wissenschaftlicher Publikationen beteiligt, die in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit teilweise als bahnbrechend gewürdigt wurden.

3

Im Mai 2002 setzte die Leitung der B. L. eine Kommission unter dem Vorsitz von Prof. B. von der S. University (im Folgenden: B.-Kommission) ein, um die Vorwürfe des wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu klären, die in der Fachöffentlichkeit unter Bezug auf von dem Kläger und verschiedenen Mitautoren verfasste Publikationen erhoben worden waren. Nach der Untersuchung von 24 Veröffentlichungen und einem unveröffentlichten Manuskript aus den Jahren 1998 bis 2002 kam die B.-Kommission in ihrem Abschlussbericht vom September 2002 (im Folgenden: B.-Report) zu dem Ergebnis, dass der Kläger die Originaldaten und die verwendeten Proben seiner beschriebenen Experimente nicht systematisch archiviert habe. Zudem gebe es zwingende Belege dafür, dass er Daten manipuliert und falsch dargestellt habe. Eine Verantwortlichkeit auch der Mitautoren der betroffenen Ausarbeitungen scheide aus, da der Kläger die zu Grunde liegenden Versuche und Messungen mit wenigen Ausnahmen allein durchgeführt habe.

4

Entsprechend einem von dem Promotionsausschuss Physik der Beklagten gefassten Beschluss entzog dessen Vorsitzender dem Kläger mit Bescheid vom 4. Juni 2004 unter Berufung auf § 55c Abs. 1 UG BW a.F. den verliehenen akademischen Grad eines Doktors der Naturwissenschaften, weil sich der Kläger im Sinne der Vorschrift durch sein späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen habe. Der Begriff der Unwürdigkeit sei wissenschaftsbezogen zu verstehen. Der Ausschuss sei auf Grund einer eigenen Würdigung des B.-Reports zu der Auffassung gelangt, dass ein wissenschaftliches Fehlverhalten des Klägers in Gestalt der Datenmanipulation, der Präsentation von Daten in falschem Zusammenhang und der künstlichen Erzeugung von Daten in einem in der deutschen Wissenschaftsgeschichte bisher beispiellosen Ausmaß nachgewiesen sei. Das Interesse der Beklagten, eine Person, die wissenschaftliches Fehlverhalten in einem derart erheblichen Umfang zu verantworten habe, nach außen sichtbar aus dem Kreis derjenigen auszuschließen, die durch den Doktorgrad die Zugehörigkeit zur qualifizierten wissenschaftlichen Forschung dokumentierten, überwiege das persönliche Interesse des Klägers, durch die Führung des Titels seine erfolgreiche Promotion zu belegen und seine beruflichen Chancen zu verbessern.

5

Im Verlauf des Verfahrens über den von dem Kläger gegen die Entziehungsverfügung eingelegten Widerspruch untersuchte der Promotionsausschuss Physik der Beklagten sieben der in dem B.-Report aufgeführten Publikationen. In der hierüber gefertigten Analyse stellte der Promotionsausschuss fest, dass vielfach Originaldaten fehlten und im Übrigen Daten manipuliert, gefälscht und fabriziert worden seien; zudem würden in den Publikationen mehrfach geglättete Daten gezeigt, dabei werde jedoch suggeriert, dass es sich um gemessene Daten handele. Der Promotionsausschuss zog überdies die Entscheidung des Hauptausschusses der DFG vom 14. Oktober 2004 bei, in der festgestellt worden war, dass dem Kläger im Hinblick auf zwei Veröffentlichungen aus den Jahren 1998 und 2000, die er in einem Bericht an die DFG benannt hatte und die auch von der B.-Kommission untersucht worden waren, wissenschaftliches Fehlverhalten in der Form der Fälschung und Manipulation von Daten sowie der unzureichenden Aufbewahrung und Dokumentation von Primärdaten zur Last zu legen sei. Nachdem sich der Promotionsausschuss für die Zurückweisung des Widerspruchs des Klägers ausgesprochen hatte, wurde dieser durch den Prorektor für Lehre der Beklagten unter dem 19. Oktober 2009 entsprechend beschieden. Die Voraussetzungen für den Entzug des Doktorgrades nach dem zwischenzeitlich an die Stelle des § 55c Abs. 1 UG BW a.F. getretenen, wortgleichen § 35 Abs. 7 LHG BW lägen vor. Der Kläger habe über einen längeren Zeitraum und in erheblichem Umfang wissenschaftliches Fehlverhalten an den Tag gelegt und dadurch seine Kernpflichten als Wissenschaftler massiv verletzt.

6

Das Verwaltungsgericht hat der von dem Kläger erhobenen Anfechtungsklage stattgegeben, weil es das der angefochtenen Entziehungsverfügung zu Grunde liegende wissenschaftsbezogene Verständnis des in § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW enthaltenen Begriffs der Unwürdigkeit verfassungsrechtlich für nicht zulässig, stattdessen eine Beschränkung auf Fälle besonders zu missbilligender Straftaten für geboten und zudem die Entziehung des Doktorgrades des Klägers für unverhältnismäßig gehalten hat.

7

Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Die Entziehung des Doktorgrades habe in § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW eine verfassungsmäßige Ermächtigungsgrundlage. Das in der Norm enthaltene Tatbestandsmerkmal der Unwürdigkeit sei wegen des in ihm angelegten Wissenschaftsbezugs hinreichend bestimmt. Ein Titelinhaber erweise sich als unwürdig zur Führung des verliehenen Doktorgrades, wenn er gravierend gegen die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis bzw. die wissenschaftliche Redlichkeit verstoße, insbesondere Forschungsergebnisse fälsche. Derart ausgelegt, bestünden auch keine Bedenken gegen die Vereinbarkeit des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW mit den Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Dass dem Kläger ein die weitere Führung des verliehenen Doktorgrades ausschließender schwerwiegender Verstoß gegen die wissenschaftliche Redlichkeit zur Last zu legen sei, habe die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise angenommen. Da der Kläger die Primärdaten seiner Untersuchungen nicht ordnungsgemäß aufbewahrt und die durchgeführten Experimente nicht hinreichend dokumentiert habe, könne im Wege des prima-facie-Beweises darauf geschlossen werden, dass die von dem Kläger behaupteten Experimente nicht in der beschriebenen Weise stattgefunden hätten. Unabhängig hiervon sei durch die Entscheidung des Hauptausschusses der DFG vom 14. Oktober 2004 und die im Rahmen des Widerspruchsverfahrens durchgeführte Untersuchung des Promotionsausschusses Physik der Beklagten positiv nachgewiesen, dass der Kläger Daten gefälscht und manipuliert habe. Auch die Einwände des Klägers gegen die Ergebnisse der B.-Kommission überzeugten nicht. Bei dieser Sachlage sei eine weitere gerichtliche Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht nicht veranlasst gewesen. Ein Ermessensfehler sei der Beklagten nicht unterlaufen. Insbesondere stehe die Entziehung des Doktorgrades in Ansehung der Gesamtumstände in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Eingriffs.

8

Zur Begründung seiner von dem Senat zugelassenen Revision gegen das Berufungsurteil macht der Kläger - teilweise gestützt auf die Erwägungen des der Klage stattgebenden erstinstanzlichen Urteils - geltend: Der überkommene hochschulrechtliche Begriff der Unwürdigkeit gehöre dem revisiblen Recht an. Durch die von dem Verwaltungsgerichtshof vorgenommene wissenschaftsbezogene Auslegung gewinne dieser Begriff eine verfassungsrechtlich unzulässige Weite. Sie ermögliche eine dauerhafte Entwertung des korrekt erworbenen Doktorgrades auf Grund eines nachträglichen Fehlverhaltens ohne strafrechtliche Relevanz und dadurch einen unverhältnismäßigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, die Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und die Berufswahlfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG, erfasse unter Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nur diejenigen Inhaber eines Doktorgrades, die nach ihrer Promotion weiterhin im Wissenschaftsbereich tätig seien, und verletze die rechtsstaatlichen Grundsätze der Normenklarheit und Justitiabilität, weil sich verlässliche Kriterien für die Beantwortung der Frage, wann gravierendes wissenschaftliches Fehlverhalten vorliege, nicht finden ließen. Unabhängig hiervon sei der Verwaltungsgerichtshof in verfahrensfehlerhafter Weise zu seiner Feststellung eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens gelangt. Er habe unter Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO - hier in seiner Ausprägung durch die gerichtliche Hinweis- und Erörterungspflicht aus § 86 Abs. 3 VwGO und § 104 Abs. 1 VwGO - ein Überraschungsurteil erlassen und überdies die gerichtliche Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt, weil er den bestrittenen Sachvortrag der Beklagten ohne weitere Ermittlungen bzw. Beweiserhebung und ohne entsprechenden vorherigen Hinweis als gegeben vorausgesetzt habe. Eine Gehörsverletzung wegen des Erlasses eines Überraschungsurteils sei dem Verwaltungsgerichtshof auch deshalb vorzuwerfen, weil er nicht darauf hingewiesen habe, dass er der rechtlichen Bewertung des Verwaltungsgerichts nicht folgen und den unbestimmten Rechtsbegriff der Unwürdigkeit auch in Abkehr von seiner eigenen bisherigen Rechtsprechung wissenschaftsbezogen auslegen werde. In jedem Fall habe die Beklagte den Doktorgrad in ermessensfehlerhafter Weise entzogen, weil die Wissenschaftsgemeinschaft mit den gegen ihn, den Kläger, erhobenen Vorwürfen auch ohnedies bereits vertraut gewesen sei und im Übrigen der Titel bei wissenschaftlichen Publikationen im Fach Physik nicht angegeben werde.

9

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 14. September 2011 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 22. September 2010 zurückzuweisen,

hilfsweise,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 14. September 2011 aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

10

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

11

Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist sowohl mit ihrem Hauptantrag als auch mit ihrem Hilfsantrag unbegründet und deshalb gemäß § 144 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Das angefochtene Urteil hat im Einklang mit Bundesrecht im Sinne von § 137 Abs. 1 VwGO die Klage gegen die Entziehung des Doktorgrades abgewiesen.

13

Die Vorschrift des § 35 Abs. 7 Satz 1 des Gesetzes über die Hochschulen in Baden-Württemberg (Landeshochschulgesetz BW - LHG BW) vom 1. Januar 2005 (GBl S. 1), hier anwendbar in der Fassung des Gesetzes vom 14. Juli 2009 (GBl S. 317, 331), wonach der von einer baden-württembergischen Hochschule verliehene Hochschulgrad unbeschadet der §§ 48 und 49 LVwVfG BW entzogen werden kann, wenn sich der Inhaber durch sein späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen hat, gehört dem nach § 137 Abs. 1 VwGO nicht revisiblen Landesrecht an (1.). Sie verstößt in ihrer Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht gegen das Grundgesetz (2.). Ebenso wenig ist revisionsgerichtlich zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof die auf die Vorschrift gestützte Entziehungsverfügung der Beklagten im Übrigen als rechtmäßig beurteilt hat. An die den Tatbestand des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW ausfüllenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, da der Kläger keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe gegen sie vorgebracht hat (3.). Einen Ermessensfehler der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof ohne Verstoß gegen Bundesrecht verneint (4.).

14

1. Der Kläger geht fehl, wenn er meint, der in § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW enthaltene unbestimmte Rechtsbegriff der Unwürdigkeit gehöre dem revisiblen Recht an. Er beruft sich zu Unrecht darauf, dass der Begriff aus der die Entziehung wegen nachträglicher Unwürdigkeit durch späteres Verhalten betreffenden Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) des früheren Gesetzes über die Führung akademischer Grade (GFaG) vom 7. Juni 1939 (RGBl I S. 985) mit bundeseinheitlicher Geltung überkommen sei und das Hochschulrecht der Länder den Entzug des Doktorgrades durchweg an die Voraussetzung der Unwürdigkeit knüpfe.

15

Das vorkonstitutionelle Gesetz über die Führung akademischer Grade galt in seinem wesentlichen Normbestand nach Inkrafttreten des Grundgesetzes wegen seiner Zugehörigkeit zum Hochschulrecht und damit zur Gesetzgebungskompetenz der Länder gemäß Art. 123 Abs. 1 GG als Landesrecht fort (stRspr seit dem Urteil vom 26. Februar 1960 - BVerwG 7 C 198.59 - BVerwGE 10, 195 <195 f.> = Buchholz 421.11 § 4 Ges. Akadem. Grade Nr. 1 S. 1 f., zuletzt Urteil vom 25. August 1993 - BVerwG 6 C 4.91 - BVerwGE 94, 73 <76 f.> = Buchholz 421.11 § 2 GFaG Nr. 14 S. 14). Die Geltung des Gesetzes in allen damaligen Ländern machte es nicht zu Bundesrecht und führte mangels einer ausdrücklichen Anordnung der Landesgesetzgeber nach Art. 99 GG auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtseinheit und des Anspruchs der Bürger auf Gleichbehandlung nicht dazu, dass es als revisibel angesehen werden konnte (Beschlüsse vom 26. November 1976 - BVerwG 7 B 48.75 - Buchholz 421.11 § 2 GFaG Nr. 4 S. 2, vom 17. März 1978 - BVerwG 7 B 14.77 - Buchholz 421.11 § 2 GFaG Nr. 6 S. 7 und vom 20. Juli 1984 - BVerwG 7 B 116.84 - Buchholz 421.11 § 2 GFaG Nr. 8 S. 4). Für Regelungen, die - wie § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW - nach der sukzessiven Aufhebung des Gesetzes über die Führung akademischer Grade in den Ländern an die Stelle des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) GFaG getreten sind, besteht erst recht kein Anknüpfungspunkt für die Annahme einer Revisibilität (Beschluss vom 10. März 1997 - BVerwG 6 B 72.96 - Buchholz 421.11 § 4 GFaG Nr. 4), zumal längst nicht alle Länder derartige Nachfolgeregelungen erlassen haben (vgl. die Zusammenstellung der einschlägigen Landesvorschriften bei: Stumpf, BRJ Sonderausgabe 1/2011, 36 Fn. 325). Der Senat hat demnach nur zu prüfen, ob die durch den Verwaltungsgerichtshof ausgelegte Entziehungsvorschrift als solche oder ihre Anwendung auf den konkreten Fall dem (Verfassungs-)Recht des Bundes widerspricht.

16

2. Die Vorschrift des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW ist nicht verfassungswidrig. Der in ihr enthaltene unbestimmte Rechtsbegriff der Unwürdigkeit erfährt durch seinen Wissenschaftsbezug, den der Verwaltungsgerichtshof im Wege der für den Senat nach § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO verbindlichen Normauslegung festgestellt hat (a)), eine Konkretisierung, die dem in dem Rechtsstaatsprinzip und damit im Wesentlichen in Art. 20 Abs. 3 GG zu verortenden Gebot der Gesetzesbestimmtheit genügt (b)). Die Norm ist in dieser Auslegung auch mit dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG (c)), der in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsfreiheit (d)), dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (e)) und dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (f)) vereinbar.

17

a) Nach ihrer Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof ist die landesrechtliche Entziehungsvorschrift des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW wissenschaftsbezogen zu verstehen. Anders als dies bei den auf einen berufsqualifizierenden Abschluss gerichteten Hochschulgraden der Fall sei, werde durch den Doktorgrad nicht lediglich ein einmal erreichter Ausbildungsstand nachgewiesen. Vielmehr bescheinige die Erlaubnis zur Führung des Doktorgrades dem Inhaber gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 LHG BW die Befähigung zu vertiefter - und auch selbständiger - wissenschaftlicher Arbeit. Damit werde der Inhaber öffentlich sichtbar als Mitglied der akademischen Wissenschaftsgemeinde ("scientific community") ausgewiesen. Er gelange durch diese Zuschreibung in dem arbeitsteiligen Prozess des wissenschaftlichen Fortschritts in den Genuss eines Vertrauensvorschusses, was die Einhaltung der Regeln der Wissenschaftlichkeit anbelange. Die Kernpflicht wissenschaftlichen Arbeitens bestehe in der Wahrung der wissenschaftlichen Redlichkeit, zu der auch § 3 Abs. 5 Satz 1 LHG BW ausdrücklich verpflichte. Ein Titelinhaber erweise sich deshalb dann als unwürdig im Sinne des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW, wenn sich der mit der Verleihung des Doktorgrades begründete Anschein wissenschaftskonformen Arbeitens angesichts gravierender Verstöße gegen die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis und Redlichkeit - insbesondere in Form der Fälschung von Forschungsergebnissen - als unzutreffend herausstelle und zum Schutz vor Irreführung korrigiert werden müsse. Demgemäß sehe auch § 3 Abs. 5 Satz 3 LHG BW vorsätzliche oder grob fahrlässige Falschangaben in wissenschaftserheblichem Zusammenhang als beispielhaft für einen Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis an.

18

Durch diese Ausführungen hat der Verwaltungsgerichtshof den Regelungsgehalt der landesrechtlichen Vorschrift des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW dahingehend umrissen, dass sie von den durch Prüfung erlangten Hochschulgraden nur den Doktorgrad erfasst und für dessen Entziehung wegen späterer Unwürdigkeit vorsätzliche oder grob fahrlässige Verstöße gegen wissenschaftliche Kernpflichten voraussetzt.

19

b) Mit diesem Inhalt steht § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW nicht in Widerspruch zu dem in dem bundesverfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip wurzelnden (BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2001 - 2 BvK 1/00 - BVerfGE 103, 332 <384>; BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 - BVerwG 6 CN 3.10 - BVerwGE 139, 210 = Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 175 Rn. 22) Gebot der hinreichenden gesetzlichen Bestimmtheit.

20

Das Bestimmtheitsgebot zwingt den Gesetzgeber nicht, den Tatbestand einer Norm mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Dass ein Gesetz unbestimmte, der Auslegung und Konkretisierung bedürftige Begriffe verwendet, verstößt allein noch nicht gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz der Normklarheit und Justitiabilität. Das Gesetz muss nur so bestimmt sein, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Unvermeidbare Auslegungsschwierigkeiten in Randbereichen sind dann von Verfassungs wegen hinzunehmen. Erforderlich ist allerdings stets, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Sie müssen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Rechtsfolge vorliegen (BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2001 a.a.O. S. 384 f. m.w.N.).

21

Diese Bestimmtheitsanforderungen würden verfehlt, wollte man für die Bestimmung der Unwürdigkeit im Sinne der Entziehungsvorschrift, wie von der älteren Instanzrechtsprechung (etwa: OVG Münster, Urteil vom 14. Januar 1963 - V A 747/62 - MDR 1965, 515 <516>; OVG Lüneburg, Urteil vom 20. Oktober 1965 - V OVG A 58/63 - OVGE 21, 441 <443 ff.>; VGH München, Urteile vom 21. Juli 1966 - Nr. 184 VI 65 - DVBl 1967, 89 und vom 14. Februar 1969 - Nr. 182 III 67 - VGHE 22, 111 <112>; vgl. auch noch: OVG Berlin, Urteil vom 26. April 1990 - 3 B 19/89 - NVwZ 1991, 188; OVG Koblenz, Urteil vom 31. Juli 1991 - 2 A 10260/91 - NVwZ-RR 1992, 79 <80>), der frühen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 6. September 1966 - BVerwG 7 B 201.65 - Buchholz 421.11 § 4 Ges. Akadem. Grade Nr. 2 S. 4) und großen Teilen der Literatur (z.B. Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 3. Aufl. 2004 Rn. 420, 436 f., 441; Menzel, JZ 1960, 461) für die Vorgängernorm des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) GFaG vertreten, auf die Enttäuschung traditioneller gesellschaftlicher Vorstellungen über den Doktorgrad als öffentliche Würde eigener Art, als herausgehobener Rang oder als ehrenvolle Kennzeichnung der Persönlichkeit seines Trägers abstellen. Weder haben derartige allgemeine Vorstellungen, sofern sie in der Gesellschaft überhaupt auch heute noch bestehen, eine normative Grundlage, noch sind die Hochschulen institutionell oder fachlich zur Abgabe und Durchsetzung entsprechender Werturteile berufen. Die Fallgestaltungen, in denen eine Entziehung des Doktorgrades wegen späterer Unwürdigkeit gerechtfertigt wäre, würden nicht in hinreichender Weise erkennbar (Lorenz, DVBl 2005, 1244; Maurer, Promotion, in: Flämig/Kimminich/Krüger/Meusel/Rupp/Scheven/Schuster/Graf Stenbock-Fermor , Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 1996, S. 768 f., 776; Stumpf, a.a.O. S. 36).

22

Dementsprechend haben das Bundesverfassungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht in den wenigen, sehr kurzen Entscheidungen, in denen explizit die Bestimmtheit des Unwürdigkeitsbegriffs des früheren § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) GFaG in Frage stand, der Sache nach eine restriktive, verfassungskonforme Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs für erforderlich gehalten. Bestimmend für diese Rechtsprechung ist der Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. November 1988 - 1 BvR 900/88 - (juris Rn. 8 f.; vgl. im Übrigen noch: Beschluss vom 18. Dezember 1992 - 1 BvR 1475/92 - n.v. und dazu: BVerwG, Beschluss vom 10. März 1997 a.a.O.), dessen Erwägungen sich das Bundesverwaltungsgericht (Beschlüsse vom 7. September 1990 - BVerwG 7 B 127.90 - Buchholz 421.11 § 4 GFaG Nr. 2 S. 9 und vom 25. August 1992 - BVerwG 6 B 31.91 - Buchholz 421.11 § 4 GFaG Nr. 3 S. 13) zu eigen gemacht hat. Das Bundesverfassungsgericht (Kammerbeschluss vom 30. November 1988 a.a.O.) hat die Unschärfe des Unwürdigkeitsbegriffs hervorgehoben und Zweifeln Ausdruck verliehen, inwieweit Verhaltensweisen, die keinen unmittelbaren Bezug zu der mit dem Doktorgrad verbundenen fachlich-wissenschaftlichen Qualifikation hätten, zur Begründung eines Unwerturteils herangezogen werden dürften. Deshalb werde eine Auslegung, die eine funktionelle Verknüpfung - des seinerzeit gegebenen strafbaren Verhaltens - mit dem Wesen und der Bedeutung des akademischen Grades herstelle, den verfassungsrechtlichen Anforderungen in besonderer Weise gerecht.

23

Diesen bundesverfassungsgerichtlichen Ansatz hat der Verwaltungsgerichtshof unter Aufnahme einschlägiger dogmatischer Grundlegungen in der Literatur (Lorenz, a.a.O. S. 1242 ff.; v. Coelln, FuL 2011, 278 f.; im Ausgangspunkt auch Tiedemann, ZRP 2010, 55 und später Stumpf, a.a.O. S. 37 f.) durch die auf die systematischen Bezüge innerhalb des Landeshochschulgesetzes gestützte wissenschaftsbezogene Interpretation des Unwürdigkeitsbegriffs in § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW weiterentwickelt. Er ist auf diese Weise zu einer konsistenten Beschreibung des Regelungsbereichs der Entziehungsvorschrift gelangt, die deren Begrenzung ohne Weiteres ersichtlich werden lässt. Die Vorschrift erfasst danach im Wesentlichen die Verletzung von Pflichten, die sich unabhängig von den innerhalb der Wissenschaft erarbeiteten Zusammenstellungen der Anforderungen an eine gute wissenschaftliche Praxis (zum Beispiel: Deutsche Forschungsgemeinschaft, Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis - Empfehlungen der Kommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft", Denkschrift 1998 mit Ergänzung vom Juli 2013) im Sinne eines Begriffskerns (vgl. dazu: Schmidt-Aßmann, NVwZ 1998, 1226; Schulze-Fielitz, WissR, Beiheft 21 <2011> S. 6) bereits aus dem Begriff der Wissenschaft als solchem, das heißt dem ernsthaften Versuch zur Ermittlung von Wahrheit ergeben. In vergleichbarer Weise hat der Senat (Urteil vom 11. Dezember 1996 - BVerwG 6 C 5.95 - BVerwGE 102, 304 <308 ff.> = Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 150 S. 63 ff.) in anderem Zusammenhang die durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierte individuelle Forschungsfreiheit des Hochschullehrers in Beziehung zu der Verantwortung der Hochschule für die Pflege der Wissenschaften gesetzt, die aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG als objektiver, das Verhältnis von Wissenschaft und Staat regelnder wertentscheidender Grundsatznorm ableitbar ist. Dem im vorliegenden Fall in Rede stehenden Fälschungs- und Manipulationsverbot können danach - wie etwa § 3 Abs. 5 Satz 3 LHG BW im Hinblick auf Hochschulangehörige bestimmt - vor allem die vergleichbar gewichtigen Verbote der Verletzung des geistigen Eigentums und der Beeinträchtigung der Forschungstätigkeit Anderer an die Seite gestellt werden.

24

Mit dieser Auslegung des Unwürdigkeitsbegriffs verträgt es sich indes nicht, wenn der Verwaltungsgerichtshof - wenngleich nicht im Zusammenhang mit der Frage der Bestimmtheit der Entziehungsvorschrift, sondern mit derjenigen ihrer Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz - offen lässt, ob neben den Fällen einer wissenschaftsbezogen begründeten Unwürdigkeit auch bei schweren Verfehlungen außerhalb des Wissenschaftsbetriebs eine Entziehung des Doktorgrades in Betracht kommen könnte. Der in § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW enthaltene Unwürdigkeitsbegriff, der nach den Maßgaben des Landeshochschulrechts über die Bedeutung des Doktorgrades wissenschaftsbezogen zu verstehen ist, kann aus Gründen des bundesverfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots nicht zugleich unter Heranziehung anderer Kriterien interpretiert werden, die mangels normativer Regelung ihrerseits nur in der oben genannten Enttäuschung nicht hinreichend fassbarer gesellschaftlicher Vorstellungen über den Doktorgrad und dessen Träger bestehen können. Dies gilt auch für die unter anderem in der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 4 Abs. 1 GFaG (Urteil vom 18. März 1981 - IX 1496/79 - JZ 1981, 661 <663>; ebenso: Starosta, DÖV 1987, 1052) und in dem hiesigen Verfahren noch von dem erstinstanzlichen Urteil befürwortete Beschränkung des Unwürdigkeitsbegriffs auf besonders schwere oder verwerfliche Straftaten jedenfalls dann, wenn diese Taten keinen Wissenschaftsbezug aufweisen. Vor diesem Hintergrund ist der Senat zu der Feststellung befugt, dass die von dem Verwaltungsgerichtshof gefundene wissenschaftsbezogene Auslegung des Unwürdigkeitsbegriffs in § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW als abschließend anzusehen ist (vgl. dazu allgemein: Urteil vom 17. Oktober 1986 - BVerwG 7 C 79.85 - BVerwGE 75, 67 <72> = Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 18 S. 33).

25

c) In der wissenschaftsbezogenen Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof ist § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW mit dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vereinbar.

26

Von vornherein kein Raum besteht für die Annahme, das individuelle Wissenschaftsfreiheitsrecht sei dadurch verletzt, dass die Unwürdigkeit im Sinne der landesrechtlichen Entziehungsvorschrift überhaupt in vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstößen gegen wissenschaftliche Kernpflichten gefunden werde. Denn ein derartiges wissenschaftliches Fehlverhalten wird bereits von dem Schutzbereich des Grundrechts nicht erfasst (vgl. Urteil vom 11. Dezember 1996 a.a.O. S. 312 bzw. S. 67; Linke, WissR 1999, 160; Lorenz, a.a.O. S. 1244 f.).

27

Ein unzulässiger Eingriff in die individuelle Wissenschaftsfreiheit liegt auch nicht darin begründet, dass die Vorschrift als Reaktion auf die in Rede stehenden späteren wissenschaftlichen Pflichtverstöße den Zugriff auf den Bestand des zuvor redlich erworbenen Doktorgrades ermöglicht. Denn der damit für den Träger des Grades verbundene Nachteil findet seine Rechfertigung in dem Gehalt des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG als objektiver Grundsatznorm, weil er nach dem von dem Verwaltungsgerichtshof festgestellten Regelungsgehalt der landesrechtlichen Entziehungsvorschrift der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Wissenschaftsprozesses dient. In der Wissenschaft als prinzipiell offenem System muss jeder wissenschaftlich Tätige mit seinen Forschungen auf den Erkenntnissen anderer aufbauen und darauf vertrauen können, dass diese nicht manipuliert sind. Wird dieses Vertrauen verletzt, leidet neben der Qualität der jeweiligen Forschungsarbeit auch die Präzision des Fachdiskurses. Dies kann die Glaubwürdigkeit des Wissenschaftsbetriebs insgesamt beschädigen (vgl. Goeckenjan, JZ 2013, 725; Deutsche Forschungsgemeinschaft, a.a.O. S. 27). Vor diesem Hintergrund hat der Landesgesetzgeber nach Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs dem verliehenen Doktorgrad die Funktion zugeschrieben, im Fall der weiteren Teilnahme seines Trägers am Wissenschaftsprozess als Ausweis für dessen Willen und Fähigkeit zur permanenten Einhaltung der wissenschaftlichen Kernpflichten zu dienen. Der Landesgesetzgeber hat diese Zuschreibung mit einer entsprechenden Verhaltenserwartung verknüpft und für den Fall der Nichterfüllung der Erwartung die Entziehung des Doktorgrades vorgesehen. Dieses Regelungssystem stellt sich unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative und des Gestaltungsspielraums des Landesgesetzgebers nicht als unverhältnismäßig im weiteren Sinne dar. Insbesondere sind die gesetzgeberische Zuschreibung und Verhaltenserwartung nicht deshalb als fehlsam zu beurteilen, weil das entsprechende Vertrauen in den Doktorgrad in der Wissenschaft bzw. in einzelnen ihrer Bereiche in tatsächlicher Hinsicht unterschiedlich stark ausgeprägt sein mag.

28

Einen unverhältnismäßigen Charakter gewinnt die in § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW geregelte Entziehung des Doktorgrades wegen eines späteren wissenschaftsbezogenen unwürdigen Verhaltens ferner nicht deshalb, weil die Vorschrift keine Bestimmung über eine Befristung der Entziehungsentscheidung enthält. Denn in Fällen, in denen sich eine Aufrechterhaltung der Entziehungsverfügung als unzumutbar erweisen sollte, kann dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dadurch Rechnung getragen werden, dass die Entziehungsentscheidung auf der Grundlage der nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisiblen Vorschrift des § 49 Abs. 1 LVwVfG BW, auf die § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW ausdrücklich verweist, widerrufen wird (zur Aufhebung einer Entziehungsentscheidung nach dem früheren Gesetz über die Führung akademischer Grade unter Verweis auf § 4 Abs. 4 GFaG: VGH Mannheim, Urteil vom 18. März 1981 a.a.O. S. 664; Thieme, a.a.O. Rn. 446; vgl. auch: Maurer, a.a.O. S. 777). Unabhängig hiervon besteht grundsätzlich die Möglichkeit eines Neuerwerbs des Doktorgrades (Stumpf, a.a.O. S. 48).

29

Schließlich können etwaige für das Grundrecht der subjektiven Wissenschaftsfreiheit bedeutsame Besonderheiten des Einzelfalles im Rahmen der nach § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW erforderlichen Ermessensausübung berücksichtigt werden.

30

d) Die wissenschaftsbezogen ausgelegte Entziehungsvorschrift des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW verletzt nicht das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.

31

Einschränkungen der Berufsfreiheit, die sich als Folge einer auf Grund der Vorschrift verfügten Entziehung des Doktorgrades für Tätigkeiten im Wissenschaftsbetrieb ergeben, sind entsprechend den Darlegungen zu Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gerechtfertigt, weil sie zum Schutz der Funktionsfähigkeit des Wissenschaftsprozesses, einem überragend wichtigen und verfassungsrechtlich in dem objektiven Regelungsgehalt des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verankerten Gemeinschaftsgut, erforderlich und auch sonst verhältnismäßig sind. Deshalb müssen die von einer Entziehungsentscheidung Betroffenen auch mit dieser verbundene faktische Beeinträchtigungen einer Berufsausübung (vgl. zu solchen Beeinträchtigungen allgemein: Urteil vom 18. Oktober 1990 - BVerwG 3 C 2.88 - BVerwGE 87, 37 <41 ff.> = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 209 S. 27 ff.) außerhalb des Wissenschaftsbereichs hinnehmen. Der Landesgesetzgeber war auf Grund der ihm zustehenden Pauschalierungs- und Typisierungsbefugnis nicht verpflichtet, bereichsspezifische Verbote zur Führung des Doktorgrades vorzusehen. Eine im Einzelfall gegebene besondere Betroffenheit in beruflicher Hinsicht kann wiederum in die Ermessensausübung nach § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW einfließen.

32

e) Aus den bisherigen Darlegungen folgt zugleich, dass - im Hinblick auf einen etwaigen, mit der Entziehung des Doktorgrades zusammenhängenden Verlust gesellschaftlichen Ansehens - das durch Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht in der wissenschaftsbezogen interpretierten Norm des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW eine verfassungsmäßige Grenze findet.

33

f) Der Umstand, dass der wohl überwiegende Teil der Promovierten mangels weiterer wissenschaftlicher Tätigkeit nach der Promotion dem Anwendungsbereich des wissenschaftsbezogen verstandenen § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW faktisch nicht unterfällt, begründet keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Er ist vielmehr deshalb sachlich gerechtfertigt, weil von den besagten Titelträgern keine Gefahr einer Störung des Wissenschaftsprozesses durch Verletzung wissenschaftlicher Kernpflichten ausgeht (vgl. Stumpf, a.a.O. S. 38).

34

3. Gegen die Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs, der Kläger habe den Tatbestand des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW erfüllt, ist revisionsgerichtlich nichts zu erinnern.

35

Der Verwaltungsgerichtshof hat - unmittelbar und unabhängig von dem ergänzend gezogenen, an eine mangelhafte Archivierung von Primärdaten und Dokumentation von Experimenten anknüpfenden prima-facie-Schluss - festgestellt, dass der Kläger während seiner wissenschaftlichen Tätigkeit in den USA schwerwiegend und wiederholt Daten seiner Forschungsergebnisse manipuliert und gefälscht hat. Auf diesen vorsätzlichen bzw. grob fahrlässigen Verstoß gegen das zum Kreis der wissenschaftlichen Kernpflichten gehörende Fälschungs- und Manipulationsverbot hat der Verwaltungsgerichtshof die Annahme der Unwürdigkeit des Klägers im Sinne des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW gestützt. Der Senat ist gemäß § 137 Abs. 2 VwGO an die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs und dessen auf dieser Grundlage vorgenommene Sachverhalts- und Beweiswürdigung gebunden, weil der Kläger mit seinen hiergegen gerichteten Verfahrensrügen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (a)) und der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (b)) nicht durchzudringen vermag.

36

a) Der Kläger macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verstoßen, weil das Berufungsurteil sowohl im Hinblick auf seine tatsächliche als auch in Bezug auf seine rechtliche Grundlage eine Überraschungsentscheidung darstelle. In tatsächlicher Hinsicht habe der Verwaltungsgerichtshof nicht nach § 86 Abs. 3 VwGO darauf hingewiesen bzw. nicht gemäß § 104 Abs. 1 VwGO erörtert, dass er die von ihm, dem Kläger, bestrittene Manipulation und Fälschung von Daten allein auf Grund des Akteninhalts als erwiesen ansehen werde. Eines solchen Hinweises habe es zwingend bedurft, da der Verwaltungsgerichtshof einerseits anders als das erstinstanzliche Urteil ein wissenschaftsbezogenes Unwürdigkeitsverständnis befürwortet, andererseits aber den für ein solches Verständnis entscheidungserheblichen umstrittenen Sachverhalt nicht durch eigene Ermittlungen und Beweiserhebungen aufgeklärt habe. Anders gewendet hätte der Verwaltungsgerichtshof in rechtlicher Hinsicht nicht ohne vorherigen Hinweis sein wissenschaftsbezogenes Unwürdigkeitsverständnis an die Stelle der von der Vorinstanz in Übereinstimmung mit der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vertretenen Beschränkung auf besonders schwere oder verwerfliche Straftaten setzen dürfen. Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang ergänzend auf die auf den Zivilprozess bezogene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. etwa Kammerbeschluss vom 16. Oktober 1991 - 2 BvR 458/89 - NJW 1992, 495 m.w.N.) und des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 15. Februar 2005 - XI ZR 144/03 - FamRZ 2005, 700 f. m.w.N.) über zweitinstanzliche Vortragserleichterungen für die in erster Instanz siegreiche Partei bzw. zu deren Gunsten eingreifende Hinweispflichten des Berufungsgerichts nach § 139 ZPO in der prozessualen Situation, dass das Berufungsgericht den Rechtsstandpunkt der Vorinstanz nicht teilt. Er macht geltend, dass er, wenn der Verwaltungsgerichtshof den erforderlichen Hinweis in tatsächlicher Hinsicht erteilt hätte, in der Lage gewesen wäre, dazu Stellung zu nehmen, Vertagung zu beantragen und weiter vorzutragen oder einen förmlichen Beweisantrag zu stellen, so dass eine für ihn günstigere Entscheidung des Berufungsgerichts nicht ausgeschlossen gewesen wäre. Auf eine verfahrensfehlerhafte Ablehnung eines gestellten Beweisantrages hätte er seine Nichtzulassungsbeschwerde stützen können. Auf den notwendigen Hinweis in rechtlicher Hinsicht hin hätte er den Verwaltungsgerichtshof mit seiner früheren Rechtsprechung konfrontiert.

37

Der Gehörsrüge muss der Erfolg versagt bleiben. Sie erfüllt bereits nicht die Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO, der für die Rüge eines Verfahrensmangels die Angabe der Tatsachen verlangt, die den Mangel ergeben. Wird ein Gehörsverstoß geltend gemacht, sind demnach substantiierte Ausführungen darüber erforderlich, was im Falle der Gewährung rechtlichen Gehörs über das bisherige Vorbringen hinaus noch entscheidungserheblich vorgetragen worden wäre bzw. welche Beweisanträge gestellt worden wären (vgl. Urteile vom 16. August 1983 - BVerwG 9 C 853.80 - Buchholz 310 § 52 VwGO Nr. 26 S. 10 und vom 24. September 1992 - BVerwG 3 C 88.88 - Buchholz 451.512 MGVO Nr. 61 S. 267 f.). Dies ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht.

38

Davon abgesehen liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs nicht vor, denn das angefochtene Urteil stellt keine diesen Grundsatz verletzende Überraschungsentscheidung dar. Auch unter Berücksichtigung der Ausprägung, die der Grundsatz durch die Hinweis- und Erörterungspflichten nach § 86 Abs. 3 VwGO und § 104 Abs. 1 VwGO erfährt, ist das Tatsachengericht nicht verpflichtet, die Beteiligten schon vor bzw. in der mündlichen Verhandlung auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen und offenzulegen, wie es seine Entscheidung im Einzelnen zu begründen beabsichtigt. Denn die tatsächliche und rechtliche Würdigung ergibt sich regelmäßig erst auf Grund der abschließenden Beratung (Beschlüsse vom 28. Dezember 1999 - BVerwG 9 B 467.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 51 S. 2; vom 27. November 2008 - BVerwG 5 B 54.08 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 60 Rn. 8 und vom 29. Juni 2011 - BVerwG 6 B 7.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410 Rn. 8). Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn das Gericht bei seiner Entscheidung auf eine rechtliche Sichtweise oder auf eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellen will, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (Beschlüsse vom 27. November 2008 a.a.O. Rn. 8; vom 29. Juni 2011 a.a.O. Rn. 8 und vom 19. Juli 2010 - BVerwG 6 B 20.10 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 54 Rn. 4; vgl. aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Beschluss vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190>; Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <263>; Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 1 BvR 10/99 - BVerfGE 108, 341 <345 f.>). Die Annahme eines solchen Ausnahmefalls scheidet hier aus.

39

In tatsächlicher Hinsicht hat die Beklagte die Annahme der wissenschaftsbezogen verstandenen Unwürdigkeit des Klägers im Sinne des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW auf die Ergebnisse des B.-Reports vom September 2002, die Feststellungen des Hauptausschusses der DFG vom 14. Oktober 2004 und die im Widerspruchsverfahren von ihrem Promotionsausschuss Physik erstellte Fehleranalyse gestützt. Der Kläger hatte im Verwaltungsverfahren Gelegenheit, ausführlich zu den in den genannten Untersuchungen enthaltenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Die Verwaltungsvorgänge, in denen das Material enthalten ist, sind im gerichtlichen Verfahren beigezogen worden. In der ersten Instanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben sich die Beteiligten weiter umfänglich darüber auseinander gesetzt. Nachdem sie in der Berufungsinstanz über die Rechtsfrage der - in dem erstinstanzlichen Urteil abgelehnten - wissenschaftsbezogenen Auslegung der Unwürdigkeit im Sinne des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW gestritten hatten, hat der Verwaltungsgerichtshof in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen auf die Behördenakten zurückgreife. Für den anwaltlich vertretenen Kläger konnte daher kein Zweifel bestehen, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, sollte sich dieser der Ablehnung des wissenschaftsbezogenen Unwürdigkeitsverständnisses durch das Verwaltungsgericht nicht anschließen, die Frage eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens des Klägers und der tatsächlichen Grundlagen dafür Bedeutung erlangen würde. Ebenso klar lag zu Tage, dass der Verwaltungsgerichtshof dann seiner ausdrücklichen Ankündigung gemäß auf die in den Behördenakten enthaltenen tatsächlichen Feststellungen abstellen würde. Der Kläger musste deshalb damit rechnen, dass das Berufungsgericht dabei die für ihn ungünstigen Ergebnisse der bereits von der Beklagten herangezogenen Untersuchungen als überzeugend erachten würde.

40

Auch in rechtlicher Hinsicht musste der Kläger ohne weiteren gerichtlichen Hinweis gewärtigen, dass der Verwaltungsgerichtshof die Unwürdigkeit als Voraussetzung für die Entziehung des Doktorgrades nach § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW wissenschaftsbezogen verstehen und insoweit seine frühere Rechtsprechung (Urteil vom 18. März 1981 a.a.O. S. 663) zu § 4 Abs. 1 GFaG fortentwickeln würde. Schließlich hatte die Beklagte ihre Entziehungsverfügung ausdrücklich auf ein solches wissenschaftsbezogenes Unwürdigkeitsverständnis gestützt. Die Beteiligten hatten darüber bereits in der ersten Instanz ausführlich und in der Berufungsinstanz fast ausschließlich gestritten.

41

Weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht kann der Kläger aus der von ihm herangezogenen zivilprozessualen Rechtsprechung etwas zu seinen Gunsten herleiten, denn diese hat ihre Grundlage in dem Beibringungsgrundsatz, der den Zivilprozess prägt (vgl. zu diesem Zusammenhang: Beschluss vom 24. Juli 2008 - BVerwG 6 PB 18.08 - Buchholz 251.7 § 79 NWPersVG Nr. 7 Rn. 3), jedoch im Verwaltungsprozess nicht gilt.

42

b) Die Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO durch den Verwaltungsgerichtshof sieht der Kläger darin begründet, dass dieser, obwohl er, der Kläger, die Vorwürfe der Manipulation und Fälschung von Daten substantiiert bestritten und widerlegt habe, die in den Verfahrensakten enthaltenen Feststellungen übernommen habe, anstatt den Sachverhalt von Amts wegen näher zu ermitteln und gegebenenfalls das von der Beklagten in der ersten Instanz angeregte Sachverständigengutachten einzuholen.

43

Für eine Prüfung dieses Verfahrensfehlers hat der Kläger keine den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügende Grundlage unterbreitet. Für die ordnungsgemäße Begründung der Aufklärungsrüge muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände, die für das Gericht entscheidungserheblich waren, Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern deren Berücksichtigung auf der Grundlage der Rechtsauffassung der Vorinstanz zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Dabei müssen die Beweismittel, deren Heranziehung sich dem Berufungsgericht hätte aufdrängen müssen, angegeben werden, also zum Beispiel die Sachverständigen genannt und die im Einzelnen in ihr Wissen gestellten Tatsachen angeführt und dargelegt werden, inwiefern das Urteil im Einzelnen auf der unterbliebenen Vernehmung beruht oder beruhen kann (stRspr, vgl. nur Urteile vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264 Rn. 25 und vom 14. Februar 2007 - BVerwG 6 C 28.05 - Buchholz 442.066 § 150 TKG Nr. 3 Rn. 11).

44

Die Revisionsbegründung wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Der Kläger hätte dem von der Beklagten entsprechend den Ergebnissen des B.-Reports, der Entscheidung des Hauptausschusses der DFG vom 14. Oktober 2004 und der Fehleranalyse des Promotionsausschusses Physik der Beklagten erhobenen Vorwurf der Manipulation und Fälschung von Daten sein abweichendes Vorbringen im Detail entgegenstellen müssen. Er hätte weiter angeben müssen, was der Verwaltungsgerichtshof insoweit - quasi auf der Hand liegend - mit welchem Ergebnis aufzuklären gehabt hätte. Dies hat der Kläger nicht ansatzweise getan.

45

4. Ein Verstoß gegen Bundesrecht liegt schließlich nicht darin, dass der Verwaltungsgerichtshof die Ausübung des von § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW eingeräumten Ermessens durch die Beklagte gebilligt hat.

46

Die wissenschaftsbezogene Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Unwürdigkeit im Tatbestand der Entziehungsvorschrift bringt es mit sich, dass im Rahmen des eingeräumten Ermessens auf der Rechtsfolgeseite der Norm dem allgemeinen Interesse an der Vertrauenswürdigkeit wissenschaftlicher Tätigkeit besonderes Gewicht zukommt. Dem hat die Beklagte Rechnung getragen. Wegen der auch formellen Funktion des Doktorgrades als Vertrauenswürdigkeitsausweis geht das von dem Kläger verwandte Argument ins Leere, in seinem Fall sei die Wissenschaftsgemeinschaft durch das Aufsehen, das die gegen ihn gerichteten Vorwürfe erregt hätten, bereits materiell hinreichend unterrichtet und eine Entziehung des Doktorgrades nicht mehr erforderlich gewesen. Ferner ist es, anders als der Kläger meint, unerheblich, wenn der Doktorgrad bei wissenschaftlichen Publikationen im Fach Physik nicht angegeben wird, denn der Wissenschaftsprozess greift hierüber weit hinaus.

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2015 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

* * *

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung einer Ausgleichszahlung in Höhe von 760,00 EUR als Ersatz für die ungenehmigte Fällung von vier Bäumen auf seinem Grundstück Fl.Nr. …65/25, H* …weg 4, 97422 Schweinfurt, durch Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2015.

1.Im April 2013 stellte die Beklagte fest, dass auf dem Grundstück des Klägers Bäume, die sich innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs der Verordnung der Beklagten über den Schutz des Bestandes an Bäumen (im Folgenden: Baumschutzverordnung) befanden, ohne Genehmigung gefällt worden waren.

2.Die Baumschutzverordnung der Beklagten enthält in § 6 folgende Regelung:

„Ersatzpflanzung und Ausgleichszahlung (1) Insbesondere kann die Auflage erteilt werden, dass auf demselben Grundstück durch die Anpflanzung von Bäumen angemessener Ersatz für die eintretende Bestandsminderung geleistet wird. Dabei können Mindestgrößen, Pflanzenart und Pflanzfristen näher bestimmt werden.“

(2) Hat der Eigentümer oder sonstige Berechtigte entgegen dem Verbot des § 3 geschützte Bäume entfernt, zerstört oder wesentlich verändert, sollen angemessene Ersatzpflanzungen zum Ausgleich für die eingetretene Bestandsminderung angeordnet werden. Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Ist in den Fällen des Absatzes 1 und 2 eine Ersatzpflanzung nicht möglich oder nicht zumutbar, kann eine Ausgleichszahlung gefordert werden, deren Höhe sich nach den Kosten richtet, die für eine angemessene Ersatzpflanzung auf öffentlichen Grünflächen erforderlich sind. Die Ausgleichszahlung ist zweckgebunden für die Neupflanzung von Bäumen zu verwenden. Nach Möglichkeit sind einheimische Bäume zu pflanzen.“

Weiter heißt es in § 4 der Baumschutzverordnung wie folgt:

„Ausnahmen

Von den Verboten der Verordnung bleiben ausgenommen:

1. Bäume, die in 100 cm Höhe über dem Erdboden einen Stammumfang von 70 cm nicht überschreiten und keine Ersatzpflanzung sind, […].“

3.Mit Bescheid vom 14. Dezember 2015 ordnete die Beklagte an, dass der Kläger eine Ausgleichszahlung in Höhe von 760,00 EUR zu leisten habe. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger die vier Bäume ohne die erforderliche Genehmigung entfernt habe. Das Entfernen oder wesentliche Verändern von Bäumen bedürfe gemäß § 3 der Baumschutzverordnung der Beklagten einer Genehmigung. Das Anordnen der Ausgleichszahlung stütze sich auf § 6 Abs. 3 der Baumschutzverordnung. Bei der Ermittlung der Höhe der Ausgleichszahlung seien sowohl die Eigenschaften der Baumart sowie des Standortes berücksichtigt worden.

4.Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2016, bei Gericht eingegangen am folgenden Tag, ließ der Kläger Klage erheben mit dem Antrag:

Der Bescheid der Stadt Schweinfurt vom 14. Dezember 2015 über die Anordnung einer Ausgleichszahlung von 760,00 EUR und Auferlegung der Verfahrenskosten und der Auslagen wird aufgehoben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe sich vor der Fällung der Bäume bei dem Bauamt der Beklagten erkundigt. Dort habe man ihm mitgeteilt, dass die Entfernung kleiner Bäume, welche auf einer Höhe von 1,00 m über dem Erdboden einen Stammumfang von 70 cm nicht überschreiten, grundsätzlich keiner Genehmigung bedürfe. Der Kläger habe daraufhin vor dem Baumschnitt die hierunter fallenden Bäume ermittelt und die Bäume im Übrigen „nach seinen Bedürfnissen“ entfernt. Auch nach Entfernen der Bäume habe er auf der Höhe von 1,00 m über dem Erdboden nochmals gemessen. Dabei habe keiner der gefällten Bäume einen Stammumfang von 70 cm oder mehr aufgewiesen. Eine Messung durch die Beklagte beim Ortstermin im September 2013 sei nicht erfolgt. Zudem werde bestritten, dass anhand einer Messung der Baumstümpfe in einer Höhe von 10 bis 30 cm Rückschlüsse über den Stammumfang in einer Höhe von 100 cm gezogen werden könnten. Die Tatbestandsvoraussetzungen zur Anordnung einer Ausgleichszahlung lägen daher nicht vor.

5.Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Die Kompensationsanordnung im Bescheid vom 14. Dezember 2015 stütze sich auf § 6 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 der Baumschutzverordnung. Grundsätzlich seien alle Bäume im Geltungsbereich der Baumschutzverordnung gem. § 1 geschützt. Das klägerische Grundstück befinde sich zweifelsfrei im Geltungsbereich der Baumschutzverordnung. Grundsätzlich seien Handlungen wie das Entfernen, Zerstören und wesentliche Verändern von geschützten Bäumen gem. § 3 Baumschutzverordnung verboten. Die Ausnahmen des § 4, insbesondere dessen Nr. 1, seien vorliegend nicht einschlägig. Auf Grund der durchgeführten Ortseinsicht am 20. September 2013 und der Aufmessung der Baumstümpfe, die mit einer Höhe zwischen ungefähr 15 und 30 cm noch vorhanden gewesen seien, stehe fest, dass drei der Baumstümpfe einen Stammumfang von ca. 1,00 m sowie ein weiterer einen Stammumfang von ca. 0,95 m aufgewiesen hätten. Anhand der Fotodokumentation vom 21. Juli 2013 und des am 4. April 2013 noch vorhandenen, lagernden Stammholzes sowie des angrenzenden Baumbestandes könne nachvollzogen werden, dass die Baumstämme in der Regel ein sehr gleichmäßiges Dickenwachstum aufgewiesen hätten. Bei vergleichbar gewachsenen Bäumen liege die Differenz des Stammumfangs zwischen Stammfuß und 1,00 m Stammhöhe - unabhängig vom Alter des Baumes bzw. der Dicke des Stammes - in der Regel zwischen 10 und 15 cm. Werde am Stammfuß ein Stammumfang von 95 bis 100 cm gemessen, könne folglich mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Baum auf 1 m Höhe mehr als 70 cm Stammumfang aufgewiesen habe. Die Kompensationsanordnung zum Leisten einer Ausgleichszahlung berücksichtige, dass das Grundstück zwischenzeitlich bebaut worden sei und dass bereits zwei Ersatzbäume gemäß der Baumschutzverordnung im Zuge von Genehmigungsverfahren auf dem klägerischen Grundstück zu leisten seien.

6.Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Anordnung der Ausgleichszahlung ist rechtswidrig, da die Beklagte hierfür keine wirksame Rechtsgrundlage geschaffen hat. Die von der Beklagten herangezogene Vorschrift des § 6 Abs. 3 Baumschutzverordnung ist unwirksam.

Zwar ist es nach der Ermächtigungsgrundlage des Art. 12 Abs. 2 und 3 BayNatSchG i.d.F. vom 12.12.2005 möglich, in Baumschutzverordnungen auch Regelungen über Ausgleichszahlungen zu treffen. Jedoch ist die Vorschrift des § 6 Abs. 3 Baumschutzverordnung nicht mit dem Prinzip der Bestimmtheit und Normenklarheit vereinbar.

a) Der Gesetzgeber ist verpflichtet, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 Bayerische Verfassung) abgeleiteten Anforderungen der Normenklarheit und Justitiabilität entsprechen (BVerfG, B.v. 12.1.1967 - 1 BvR 169/63 - NJW 1967, 619). Gesetze müssen danach so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können und dass die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Rechtsvorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren. Gleichwohl darf das Gebot der Bestimmtheit nicht übersteigert werden, weil die Gesetze sonst allzu starr und kasuistisch werden müssten und der Vielgestaltigkeit des Lebens oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden können (BayVerfGH, Entscheidung v. 11.11.1997 - Vf. 22-VII-94 - NVwZ-RR 1998, 273/274). Vor diesem Hintergrund sind die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsseite und die Einräumung von Ermessensspielräumen auf der Rechtsfolgenseite nicht durch den Grundsatz der Normklarheit gehindert, sondern können geradezu sinnvoll und notwendig erscheinen. Voraussetzung ist jedoch, dass die unbestimmten Rechtsbegriffe konkretisierbar sind und damit deren Anwendbarkeit vorhersehbar ist. Dies ist dann der Fall, wenn sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Vorschrift gewinnen lässt (BayVerfGH, Entscheidung v. 24.2.1988 - Vf. 16-VIII-86 - VerfGHE 41, 17/24; BayVerfGH, Entscheidung v. 28.1.2003 - Vf. 10-VII-02 - VerfGHE 56, 1/9; vgl. auch BVerfG, B.v. 24.11.1981 - 2 BvL 4/80 - NJW 1982, 1275; BVerfG, U.v. 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - NJW 1993, 643/645). Mit anderen Worten: Ein Verstoß gegen das aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitende Erfordernis hinreichender Bestimmtheit einer Norm bei Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe liegt dann vor, wenn es nicht mehr möglich ist, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und Gerichte ausschließen. Aus dem Inhalt der Rechtsvorschrift muss sich mit ausreichender Bestimmtheit ermitteln lassen, was von der pflichtigen Person verlangt wird (vgl. BVerwG, B.v. 10.4.2000 - 11 B 61/99 - juris; U.v. 16.6.1994 - 4 C 2/94 - NvWZ 1994, 1099, jeweils m.w.N.).

b) Diesen Maßstäben wird § 6 Abs. 3 der Baumschutzverordnung der Beklagten nicht gerecht (so auch VG München, U.v. 12.10.2009 - M 8 K 09.2953 - juris Rn. 31 ff. zu einer wortgleichen Regelung). Danach kann in den Fällen, in denen eine Ersatzpflanzung nicht möglich oder zumutbar ist, eine Ausgleichszahlung gefordert werden, deren Höhe sich nach den Kosten richtet, die für eine angemessene Ersatzpflanzung auf öffentlichen Grünflächen erforderlich sind. Bei dem verwendeten Kriterium der „Kosten, die für eine angemessene Ersatzpflanzung auf öffentlichen Grünflächen erforderlich sind“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die zu berücksichtigenden Kosten einer „angemessenen Ersatzbepflanzung“ sind aber nicht hinreichend bestimmt. Der Verordnungsgeber hat eine Konkretisierung dieses Begriffs in der Verordnung selbst überhaupt nicht vorgenommen.

Dass die Beklagte in ihrer Verwaltungspraxis zur Bestimmung der Höhe der Ausgleichszahlung eine Tabelle („Pflanzqualitäten der Ersatzpflanzungen in Abhängigkeit von der Baumgröße“, Bl. 29 d. Akte) heranzieht, die nach Stammumfang der gefällten Bäume differenziert, begründet keine Konkretisierung des Begriffs der „angemessenen Ersatzpflanzung“, die den Anforderungen an Bestimmtheit und Normenklarheit entspricht (vgl. VG München, a.a.O). Die herangezogene Tabelle ist schon nicht Teil der Baumschutzverordnung, sondern lediglich eine Verwaltungsvorschrift. Der Bestimmtheitsgrundsatz verlangt jedoch - wie oben dargestellt -, dass Rechtsnormen aus sich heraus erkennen lassen, was von der betroffenen Person verlangt wird. Dies ist bezüglich der Höhe der Ausgleichszahlung nicht der Fall. Insofern ist zwar - orientiert man sich an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Abgabenrecht (vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1997 - 8 B 169.97- juris Rn. 13) - wohl nicht erforderlich, dass sich die Höhe der Ausgleichszahlung „pfenniggenau“ aus dem Gesetz ergibt. Vielmehr ist grundsätzlich denkbar, dass der Verordnungsgeber im Rahmen auslegungsbedürftiger unbestimmter Rechtsbegriffe Konkretisierungen auch durch Verwaltungsvorschriften vornimmt (BVerwG, a.a.O.; vgl. auch NdsOVG, U.v. 14.12.2011 - 13 LC 114/08 - juris Rn. 46). Jedoch fordert das Bestimmtheitsgebot eine dem jeweiligen Sachzusammenhang angemessene Regelungsdichte, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörde ausschließt (BVerfG, B.v. 17.7. 2003 - 2 BvL 1/99 - NVwZ 2003, 1241/1247; BVerwG, B.v. 20.8.1997 - 8 B 170/97 - NVwZ 1998, 408 m.w.N.).

Diesen Anforderungen genügt § 6 Abs. 3 Baumschutzverordnung nicht. Zwar ist die Anknüpfung an die Kosten der Ersatzbepflanzung nicht grundsätzlich zu beanstanden, sondern entspricht der Systematik der Verordnung, da die Ausgleichszahlung gegenüber der Verordnung nach dessen § 6 nachrangig ist. Es fehlt jedoch jeglicher Hinweis, was unter einer „angemessenen Ersatzpflanzung“ im Hinblick auf Qualität und Quantität des beseitigten Baumbestandes zu verstehen ist. Insbesondere fehlen Hinweise zu Anzahl und Größe der Ersatzpflanzen und der Abhängigkeit dieser Parameter zu Quantität und Qualität des beseitigten Baumes. Die Verordnung lässt daher jegliche handhabbaren Kriterien für die Bemessung der Kosten vermissen (vgl. zum Ganzen OVG Berlin-Bbg, U.v. 26.1.2006 - OVG 11 B 12.05 - juris Rn. 18 ff.; OVG NW, U.v. 1.3.1982 - 7 A 1028/81 - NuR1982, 193; VG München, a.a.O.). Dass die Beklagte hierbei auf eine Tabelle zurückgreift, die nach dem Stammumfang der gefällten Bäume gestaffelt ist, lässt sich der Verordnung selbst nicht entnehmen. Eine willkürliche Bemessung der Ausgleichszahlung durch die Beklagte ist daher nicht ausgeschlossen und eine gerichtliche Kontrolle der ordnungsgemäßen Anwendung der Vorschrift des § 6 Abs. 3 Baumschutzverordnung nicht möglich.

Darüber hinaus steht die Praxis der Beklagten sogar in Widerspruch zur Regelung in § 6 Abs. 3 Baumschutzverordnung, soweit die Tabelle die Höhe der Ausgleichszahlung vom Stammumfang der gefällten Bäume abhängig macht. Denn nach § 6 Abs. 3 Baumschutzverordnung richtet sich die Höhe der Ausgleichszahlung „nach den Kosten, die für eine angemessene Ersatzpflanzung erforderlich sind“. Wenn die Beklagte nunmehr in ihrer Verwaltungspraxis zur Bestimmung der Höhe der Ausgleichszahlung allein auf den Stammumfang des gefällten Baumes abstellt, lässt sie diese Maßgabe außer Acht. Denn damit stellt sie bei der Bestimmung der Höhe der Ausgleichszahlung tatsächlich nicht darauf ab, welche Kosten für die Pflanzung eines dem gefällten Baum angemessenen Ersatzes entstünden, sondern erhebt den Umfang des Stammes des entfernten Baumes zum allein maßgeblichen Kriterium. Damit bleibt gerade die Qualität, Art und Zustand des zu ersetzenden Baumes außer Acht und es wird stattdessen allein auf die Quantität des entfernten Baumes abgestellt.

2. Somit besteht für die streitgegenständliche Anordnung der Ausgleichszahlung keine wirksame Rechtsgrundlage. Die Frage, ob die gefällten Bäume auf einer Höhe von 1 m über dem Erdboden einen Stammumfang von mehr als 70 cm aufgewiesen haben und ob diese daher unter die Ausnahme des § 4 Nr. 1 Baumschutzverordnung fallen, war deshalb nicht mehr entscheidungserheblich, weshalb den Beweisanträgen der Parteien in der mündlichen Verhandlung nicht mehr nachzugehen war.

Nach alldem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für das ihm ärztlich verordnete Arzneimittel "Sortis 10 mg Filmtabletten No. 100".

2

Als Berufssoldat im Ruhestand ist er Versorgungsempfänger der Beklagten mit einem Beihilfebemessungssatz von 70 v.H. Im April 2009 beantragte er die Gewährung einer Beihilfe für zwei Packungen des vorbezeichneten Medikaments, die er im gleichen Monat zu einem Apothekenverkaufspreis in Höhe von 110,05 € je Packung erworben hatte. Mit Bescheid vom 5. Mai 2009 setzte die Beklagte die Beihilfe insoweit auf einen Betrag von 29,62 € fest. Hierbei erkannte sie einen Festbetrag von 26,16 € je Packung abzüglich eines Eigenbehalts in Höhe von insgesamt 10 € als beihilfefähig an.

3

Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage abgewiesen. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen auf den Festbetrag stehe im Einklang mit dem Beihilferecht des Bundes wie auch mit höherrangigem Recht. Die Entscheidung über die Festsetzung des Festbetrages sei nicht auf Dritte delegiert worden. Die Berücksichtigung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn bleibe gewährleistet. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen auf den Festbetrag entspreche insbesondere dem beihilferechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebot.

4

Gegen das Urteil hat der Kläger die von dem Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Auf seinen Antrag hin ist die Frist zu deren Begründung bis zum 3. Februar 2012 verlängert worden. Der Ausdruck der dem Bundesverwaltungsgericht an diesem Tag per Telefax übermittelten Revisionsbegründungsschrift enthält auf Seite 7 nur einige schwarze Striche; eine den Schriftsatz abschließende Unterschrift ist nicht zu erkennen. Hierauf hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung der Revision trägt er im Wesentlichen vor, im Bundesbeihilferecht fehle es an einer Beschränkung der Beihilfefähigkeit von Arzneimitteln auf Festbeträge. Eine solche lasse sich weder auf die Bundesbeihilfeverordnung noch auf die hierzu ergangene Allgemeine Verwaltungsvorschrift stützen. Die maßgeblichen Bestimmungen genügten den Anforderungen der gesetzlichen Ermächtigung nicht. Eine Anpassung der für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmten Festbeträge an die besonderen beamtenrechtlichen Verhältnisse sei ebenso unterblieben wie eine dynamische Verweisung auf das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch. Eine Beschränkung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen auf Festbeträge werde auch nicht durch das beihilferechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot gerechtfertigt.

5

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht führt aus, generell verstießen Festbeträge nicht gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des Klägers ist zulässig (1.) und begründet (2.).

8

1. Die Revision ist auch dann zulässig, wenn - was keiner abschließenden Klärung bedarf - davon ausgegangen wird, dass sie nicht innerhalb der nach § 139 Abs. 3 Satz 3 VwGO gesetzten Frist ordnungsgemäß begründet worden ist, weil der Ausdruck der per Telefax bei dem Bundesverwaltungsgericht eingegangenen Begründungsschrift weder einen Abschluss noch eine Unterschrift des Prozessbevollmächtigten des Klägers erkennen ließ. Dem Kläger ist auf seinen Antrag hin jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 i.V.m. § 60 VwGO).

9

Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei der Frist des § 139 Abs. 3 Satz 3 VwGO um eine (verlängerte) gesetzliche Frist handelt. Denn die Wiedereinsetzungsvorschriften sind dann jedenfalls - so auch hier - entsprechend anzuwenden, wenn Sinn und Zweck des Wiedereinsetzungsrechts unter Berücksichtigung des Art. 19 Abs. 4 GG und des Art. 103 Abs. 1 GG dies gebieten (Beschluss vom 13. Dezember 1993 - BVerwG 9 B 501.93 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 186 S. 60 f. m.w.N.). Ein Prozessbeteiligter, dessen Begründungsschrift trotz rechtzeitiger Absendung das Gericht nicht vollständig erreicht hat, befindet sich im Lichte des Art. 103 Abs. 1 GG in der gleichen Situation wie ein Beteiligter, der die gesetzliche Frist des § 139 Abs. 3 Satz 1 VwGO ohne Verschulden versäumt hat (vgl. Urteil vom 24. September 1997 - BVerwG 11 C 10.96 - Buchholz 407.2 § 19 EKrG Nr. 1 und Beschluss vom 6. Juni 1995 - BVerwG 6 C 13.93 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 198). Auch ihm ist durch die Wiedereinsetzung rechtliches Gehör zu gewähren.

10

Das angenommene Fristversäumnis beruhte weder auf einem Verschulden des Klägers (§ 60 Abs. 1 VwGO) noch auf einem diesem zuzurechnenden Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax an das Gericht stellt eine einfache technische Verrichtung dar, die ein Rechtsanwalt einer hinreichend geschulten und überwachten Bürokraft überlassen darf. Seiner Verpflichtung, für eine genaue Ausgangskontrolle zu sorgen, genügt er bei dem Einsatz eines Telefaxgerätes, wenn er seinen dafür zuständigen Mitarbeitern die Weisung erteilt, sich bei der Übermittlung eines Schriftsatzes einen Einzelnachweis ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu überprüfen und die Notfrist erst nach der Kontrolle des Sendeberichtes zu löschen. In diesem Fall darf er sich bei Angestellten, die sich über längere Zeit hinweg als zuverlässig erwiesen haben, darauf verlassen, dass seine allgemein erteilten Anweisungen im Einzelfall befolgt werden (Beschlüsse vom 4. August 2000 - BVerwG 3 B 75.00 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 235 S. 23 m.w.N. und vom 18. März 2004 - BVerwG 6 PB 16.03 - Buchholz 250 § 83 BPersVG Nr. 76; BGH, Beschluss vom 13. Februar 2007 - VI ZB 70/06 - NJW 2007, 1690 <1691> m.w.N.). So verhält es sich hier. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben glaubhaft gemacht, dass sie durch geeignete organisatorische Vorkehrungen, insbesondere durch eindeutige Anweisungen an das Büropersonal und die Festlegung klarer Zuständigkeiten sicherstellen, dass Fehlerquellen bei der Behandlung von Fristsachen soweit wie möglich ausgeschlossen werden und dass es sich bei den mit der Versendung der Revisionsbegründungsschrift befassten Angestellten um geschulte und zuverlässige Kräfte handelt.

11

2. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht geht zu Unrecht davon aus, dass das bis zum Ablauf des 19. September 2012 geltende Beihilferecht des Bundes eine Rechtsgrundlage enthielt, welche die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Arzneimittel auf Festbeträge beschränkte.

12

Der Kläger hat einen Anspruch auf die von ihm begehrte weitere Beihilfe für das Arzneimittel "Sortis 10 mg Filmtabletten No. 100" aus § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Satz 1 und § 22 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (Bundesbeihilfeverordnung - BBhV) vom 13. Februar 2009 (BGBl I S. 326). Diese Normen finden hier Anwendung, da die maßgeblichen Aufwendungen mit dem Erwerb des Arzneimittels am 9. April 2009 entstanden sind. Beihilferechtliche Streitigkeiten sind grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfen verlangt werden, zu beurteilen (stRspr, vgl. Urteile vom 28. Juni 1965 - BVerwG 8 C 80.64 - BVerwGE 21, 264 <265 ff.> = Buchholz 238.91 Nr. 12 Abs. 1 BhV Nr. 1 S. 2 ff., vom 24. März 1982 - BVerwG 6 C 95.79 - BVerwGE 65, 184 <187> = Buchholz 238.4 § 30 SG Nr. 6 S. 10 und vom 30. April 2009 - BVerwG 2 C 127.07 - Buchholz 270 § 12 BhV Nr. 3 Rn. 7).

13

a) Der Kläger ist als Soldat im Ruhestand Versorgungsempfänger und damit beihilfeberechtigt (§ 31 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten - Soldatengesetz - SG - i.d.F. der Bekanntmachung vom 30. Mai 2005 - BGBl I S. 1482 -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009 - BGBl I S. 160 - i.V.m. § 80 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 des Bundesbeamtengesetzes - BBG - i.d.F. des Gesetzes vom 5. Februar 2009 - BGBl I S. 160 -, § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 BBhV).

14

b) Die Aufwendungen des Klägers sind auch beihilfefähig gemäß § 80 Abs. 2 BBG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV. Die Beihilfefähigkeit erstreckt sich danach grundsätzlich nur auf notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen.

15

Aufwendungen in Krankheitsfällen sind dem Grunde nach notwendig, wenn sie für eine medizinisch gebotene Behandlung entstanden sind, die der Wiedererlangung der Gesundheit, der Besserung oder Linderung von Leiden oder der Beseitigung oder dem Ausgleich physischer oder psychischer Beeinträchtigungen dient. Der Höhe nach wirtschaftlich angemessen sind Aufwendungen, wenn und soweit keine gleich wirksame preisgünstigere Behandlung zur Verfügung steht (Urteil vom 17. Oktober 2011 - BVerwG 2 C 14.10 - BVerwGE 141, 69 = Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 41, jeweils Rn. 14 m.w.N.).

16

Die Notwendigkeit der Aufwendungen für das dem Kläger schriftlich verordnete (vgl. § 22 Abs. 1 BBhV) und von den Ausschlusstatbeständen des § 22 Abs. 2 BBhV nicht erfasste Medikament "Sortis 10 mg Filmtabletten No. 100" sowie die wirtschaftliche Angemessenheit dieser Aufwendungen stehen zwischen den Beteiligten - wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bekräftigt hat - nicht im Streit. Dies in Zweifel zu ziehen, sieht der Senat auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) keinen Anlass.

17

c) Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen des Klägers ist nicht durch Festbeträge beschränkt. Festbeträge bedürfen, wenn sie als Obergrenzen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen den Grundsatz einschränken, dass Beihilfe gewährt wird, soweit die Aufwendungen für Arzneimittel notwendig und angemessen sind, einer wirksamen Rechtsgrundlage (Urteil vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 28.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 19 Rn. 14). Eine solche findet sich weder in der Bundesbeihilfeverordnung (aa) noch in den hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften (bb).

18

aa) Obgleich es nicht an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung fehlt (1), hat der Verordnungsgeber in § 22 Abs. 3 BBhV (a.F.) keine Festbetragsregelung normiert (2). Nichts anderes folgt aus § 7 BBhV (3).

19

(1) Eine hinreichend bestimmte gesetzliche Regelung, die den Verordnungsgeber dazu ermächtigt, eine Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Arzneimittel auf Festbeträge zu normieren, findet sich in § 80 Abs. 4 BBG. Danach regelt das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Beihilfegewährung, insbesondere der Höchstbeträge, des völligen oder teilweisen Ausschlusses von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch und der Berücksichtigung von Kindern.

20

Die Vorschrift erfasst auch Festbeträge, obgleich diese - anders als die ausdrücklich genannten Höchstbeträge sowie der vollständige und partielle Ausschluss von Arzneimitteln - nicht ebenfalls beispielhaft aufgeführt sind. Dabei bedarf es keiner vertieften Betrachtung, ob Festbeträge nicht bereits als Unterfall der Höchstbeträge begriffen werden können. Mit der Änderung des § 80 Abs. 4 BBG durch das Gesetz zur Neuordnung und Modernisierung des Bundesdienstrechts (Dienstrechtsneuordnungsgesetz - DNeuG) vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) bezweckte der Gesetzgeber die wirkungsgleiche Übertragung von Änderungen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung auf das Beihilferecht (BRDrucks 720/07 S. 218 f.). § 35 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V - vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S. 2477) i.d.F. des Gesetzes vom 15. Dezember 2008 (BGBl I S. 2426) enthielt bereits eine Regelung zur Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Änderung des § 80 Abs. 4 BBG beabsichtigte, dieses bedeutsame Instrument zur Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsgebots im Gesundheitswesen von der Übertragung auszunehmen, bestehen nicht.

21

(2) § 22 Abs. 3 BBhV (a.F.) bestimmt jedoch weder selbst Festbeträge, noch enthält diese Norm eine bindende (dynamische) Verweisung auf die Vorschrift des § 35 SGB V und die auf dieser Grundlage für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung getroffene Festbetragsregelung (so zutreffend VGH Mannheim, Urteil vom 4. August 2011 - 2 S 83/11 - DVBl 2011, 1432 = juris Rn. 21; VGH Kassel, Urteil vom 8. September 2011 - 1 A 2556/10 - DVBl 2011, 1498; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. April 2012 - OVG 6 B 13.11 - juris Rn. 14). Dies folgt bereits aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift. Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 BBhV (a.F.) bestimmt das Bundesministerium des Innern in Verwaltungsvorschriften Festbeträge im Sinne von § 35 SGB V. Damit bleiben diese ausdrücklich einer Regelung in Verwaltungsvorschriften vorbehalten. Für ihre Bestimmung verweist § 22 Abs. 3 Satz 2 BBhV (a.F.) auf die Grundsätze des § 35 SGB V, ohne deren unmittelbare und verbindliche Anwendung anzuordnen. § 22 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 1 BBhV (a.F.) sieht eine Orientierung an den in § 35 SGB V getroffenen Entscheidungen und Bewertungen vor, ohne Inhalt und Ausmaß dieser Orientierung zu konkretisieren. § 22 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 2 BBhV (a.F.) erlegt dem Bundesministerium des Innern die Berücksichtigung der Fürsorgepflicht des § 78 BBG auf, ohne insoweit Näheres zu regeln. Auch die Entscheidung, nach welchen Maßstäben über das Entfallen des Eigenbehaltes nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 BBhV zu entscheiden ist, bleibt in § 22 Abs. 3 Satz 5 BBhV (a.F.) einer näheren Bestimmung in Verwaltungsvorschriften vorbehalten.

22

(3) § 7 Satz 2 BBhV greift das Konzept einer wirkungsgleichen Übertragung von Änderungen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung auf und hält die Rechtsanwendung an, sich unter Berücksichtigung des Fürsorgegrundsatzes nach § 78 BBG an Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuches zu orientieren. § 7 Satz 3 BBhV erstreckt dieses Gebot zwar auch auf § 22 BBhV (a.F.). Die Vorgabe des § 7 Satz 2 BBhV steht aber unter der Prämisse einer verbindlichen Verweisung auf die betreffenden sozialgesetzlichen Regelungen. Eine solche Verweisung sieht § 22 Abs. 3 BBhV (a.F.) - anders etwa als § 22 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 oder Abs. 5 Satz 2 BBhV (a.F.) - nicht vor.

23

bb) Eine Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel vermitteln auch nicht die Verwaltungsvorschriften des Bundesministeriums des Innern. Unabhängig davon, ob Festbeträge als Obergrenzen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Arzneimittel vor dem Hintergrund des Prinzips vom Vorbehalt des Gesetzes überhaupt wirksam in Verwaltungsvorschriften bestimmt werden könnten (vgl. Urteile vom 17. Juni 2004 - BVerwG 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 <107> = Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 123 S. 11, vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 12, und vom 28. Mai 2009 a.a.O. Rn. 19), ist jedenfalls eine entsprechende Bestimmung in Nr. 22.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Bundesbeihilfeverordnung (BBhV-VwV) vom 14. Februar 2009 (GMBl S. 138) nicht getroffen worden.

24

Nr. 22.3.1 BBhV-VwV enthält lediglich Richtlinien für die Ermittlung der beihilfefähigen Festbeträge. Festbeträge werden damit in dieser Verwaltungsvorschrift nicht selbst niedergelegt, sondern ihre Festsetzung wird mit der Maßgabe, dass der Fürsorgegrundsatz zu berücksichtigen ist, der rechtsanwendenden Verwaltung überantwortet. Eine (dynamische) Verweisung, die die von den Spitzenverbänden der Krankenkassen erstellte Übersicht für unmittelbar anwendbar erklärt, enthält die Verwaltungsvorschrift ebenfalls nicht. Die in Nr. 22.3.2 BBhV-VwV in Bezug genommene Übersicht über sämtliche Festbeträge und die betroffenen Arzneimittel wird nur als "Grundlage" für eine noch vorzunehmende beihilfespezifische "Ermittlung des beihilfefähigen Festbetrages" herangezogen.

25

Für eine Bestimmung von Festbeträgen genügt es schließlich auch nicht, wenn - wie teilweise geltend gemacht worden ist - entsprechende Daten in ein behördeninternes Datenverarbeitungssystem eingegeben werden. Ungeachtet der Frage der genauen rechtlichen Einordnung dieses Vorgangs liegt darin weder eine von § 22 Abs. 3 BBhV (a.F.) vorgesehene (schriftliche) Niederlegung in Verwaltungsvorschriften, noch könnte die bloße Eingabe in ein Datenverarbeitungssystem den rechtsstaatlichen Publizitätsanforderungen gerecht werden (vgl. Urteil vom 25. November 2004 - BVerwG 5 CN 1.03 - BVerwGE 122, 264 <268 ff.> m.w.N.).

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.