Verwaltungsgericht München Urteil, 26. Apr. 2016 - M 26 K 16.559
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B und A2.
Er wurde als Fahrer eines Pkw am ... Oktober 2015 um a... Uhr einer allgemeinen Verkehrskontrolle unterzogen. Nach dem polizeilich festgestellten Sachverhalt fiel er hierbei mit drogentypischen Ausfallerscheinungen (u. a. nicht vorhandene Pupillenreaktion bei Lichteinfall bei gleichzeitigem starken Lidflattern, gestörtes Zeitempfinden, Gleichgewichtsstörungen, starke Nervosität, unaufhörlicher Redefluss) auf. Der Kläger habe einfachen Anweisungen erst nach mehrmaliger Erklärung Folge leisten können. Unter dem Fahrersitz sei ein angerauchter Joint aufgefunden worden. Dem polizeilichen Bericht ist weiter zu entnehmen, dass der letzte Betäubungsmittelkonsum nach den Angaben des Klägers ca. eine Woche vor der Verkehrskontrolle stattgefunden habe. Nach der Belehrung als Beschuldigter wollte sich der Kläger nicht zur Sache äußern. Um b... Uhr wurde dem Kläger ohne dessen Einverständnis eine polizeilich angeordnete Blutprobe entnommen, die einen Nachweis von a... ng/ml THC, b... ng/ml THC-COOH (Tetrahydrocannabinol-Carbonsäure) und c... ng/ml 11-OH-THC (11-Hydroxy-Tetrahydrocannabinol) im Blut erbrachte.
Nach Anhörung entzog der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom
Die Entziehung der Fahrerlaubnis wurde mit der gelegentlichen Einnahme von Cannabis durch den Kläger und unterbliebener Trennung von Cannabiskonsum und Fahren nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV begründet. Bereits ein zweimaliger Konsum von Cannabis sei als gelegentlicher Konsum zu werten. Mangelnde Trennung zwischen dem gelegentlichen Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs liege bereits bei einem THC-Wert ab 1,0 ng/ml vor.
Am ... Februar 2016 versicherte der Kläger gegenüber dem Beklagten an Eides statt, dass sein Führerschein abhandengekommen sei.
Mit am ... Februar 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangenem Schriftsatz vom ... Februar 2016 erhob der Bevollmächtigte des Klägers für diesen Klage und beantragte,
den Bescheid des Beklagten vom
Zur Begründung wies der Bevollmächtigte wie auch schon im Rahmen der Anhörung darauf hin, dass der die Blutabnahme durchführende Arzt keinerlei Ausfallerscheinungen beim Kläger habe feststellen können. Bezüglich der Angabe, ca. eine Woche vor der Verkehrskontrolle Betäubungsmittel konsumiert zu haben, sei der Kläger nicht ordnungsgemäß belehrt worden. Es bestehe insoweit ein strafrechtliches Beweisverwertungsverbot. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass dem Kläger bei der polizeilichen Einvernahme zudem nahegelegt worden sei, er müsse entsprechende Angaben zu einem früheren Konsum machen. Der Kläger habe sich daher nicht anders zu helfen gewusst und die eine Woche zurückliegende Einnahme fälschlich behauptet. Es fehle somit an den Voraussetzungen für die Annahme eines gelegentlichen Konsums, zumal gegen einen solchen auch der THC-COOH-Wert von lediglich b... ng/ml spreche und keine weiteren aussagekräftigen Tatsachen auf einen gelegentlichen Konsum schließen ließen. Der unter dem Fahrersitz aufgefundene Joint sei ein normaler Zigarettenstummel gewesen und habe keine Betäubungsmittel enthalten. Er möge hierauf untersucht werden. In Bezug auf den beim Kläger festgestellten THC-Wert von a... ng/ml dürfe nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aus Verhältnismäßigkeitsgründen nicht vom Fehlen des Trennungsvermögens des Klägers ausgegangen werden. Selbst wenn ab einem Grenzwert von 1,0 ng/ml die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit bestehe, sei diese theoretische Möglichkeit durch den Untersuchungsbericht des Arztes widerlegt. Ähnlich wie bei der sogenannten relativen Fahrtüchtigkeit durch Alkoholbeeinflussung ab 0,3 Promille sei darauf abzustellen, ob Ausfallerscheinungen oder Fahrfehler vorliegen. Außerdem habe sich der Kläger mit der Blutentnahme, die ausweislich der Ermittlungsakte nicht durch einen Richter angeordnet worden sei, nicht einverstanden erklärt. Auch der Verstoß gegen § 81a StPO ziehe ein Beweisverwertungsverbot nach sich.
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, dass der im Klageverfahren neu vorgetragene Einwand, der Kläger habe sich im Rahmen der Verkehrskontrolle zu falschen Angaben zu einem früherem Konsum veranlasst gesehen, als Schutzbehauptung gewertet werde. Die telefonische Rücksprache mit dem kontrollierenden Polizeibeamten habe keine entsprechenden Anhaltspunkte ergeben.
Die Beteiligten (Kläger mit Schriftsatz vom ...2.2016, Beklagter mit Schriftsatz vom ...3.2016) erklärten ihr Einverständnis mit der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter und den Verzicht auf mündliche Verhandlung. Mit gerichtlichem Schreiben vom ... März 2016 wurde die Klagepartei mit der Gelegenheit zur Stellungnahme u. a. auf einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
Gründe
Die Entscheidung konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung ergehen.
1. Die Klage hat keinen Erfolg.
Sie ist mangels Rechtsschutzbedürfnis bereits unzulässig soweit der Kläger die Aufhebung der Nr. 3 des Bescheids vom
Soweit die Klage im Übrigen zulässig ist, ist sie unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom
1.1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnis-Verordnung FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis ist die Fahreignung u. a. dann nicht gegeben, wenn der Konsum und das Führen von Kraftfahrzeugen nicht getrennt wird (s. § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i. V. m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV).
1.1.1. Gelegentlicher Konsum von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt schon dann vor, wenn der Betroffene in zwei selbstständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (s. BVerwG, U. v. 23.10.2014 3 C 3/13 DAR 2014, 711 Rn. 16 ff.). Dem entsprechend ist davon auszugehen, dass der Kläger gelegentlicher Cannabiskonsument ist.
Aufgrund des Ergebnisses der Blutuntersuchung vom ... Oktober 2015 steht fest, dass der Kläger an diesem Tag in einem Zeitraum von einigen Stunden vor der Blutuntersuchung Cannabisprodukte konsumiert haben muss (s. hierzu z. B. BayVGH, B. v. 19.8.2014 11 C 14.1087 juris).
Das Untersuchungsergebnis ist entgegen der Auffassung der Klagepartei auch verwertbar. Die Blutentnahme erfolgte zwar ohne das Einverständnis des Klägers und ohne richterliche Anordnung. Jedoch eröffnet § 81a Abs. 2 StPO gerade auch die Möglichkeit der Anordnung durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen bei ansonsten bestehender Gefährdung des Untersuchungserfolgs durch Verzögerung (s. aber BVerfG, B. v. 28.6.2014 1 BvR 1873/12 juris Rn. 13). Der zuständige Bereitschaftsrichter konnte dem polizeilichen Bericht vom ... Oktober 2015 zu Folge bei zwei telefonischen Versuchen nicht erreicht werden. Ob deshalb den Anforderungen des § 81a Abs. 1 und 2 StPO vorliegend entsprochen ist, kann dahinstehen, denn im Hinblick auf das hohe Gut von Leben und körperlicher Unversehrtheit unbeteiligter Dritter und das deshalb bestehende Interesse an einer möglichst effektiven Gewährleistung der Straßenverkehrssicherheit ist jedenfalls in Fällen, in denen wie hier die Blutprobenentnahme nicht unmittelbar auf Betreiben der Fahrerlaubnisbehörde erfolgt ist und keine Anhaltspunkte für eine gezielte oder systematische Umgehung des Richtervorbehalts zur Fahrerlaubnisentziehung bestehen, die Verwertung der Untersuchungsergebnisse solcher Blutproben als zulässig zu erachten (s. SächsOVG, B. v. 6.1.2015 3 B 320/14 juris Ls. 2 und Rn. 4 m. w. N.; s. auch VG Gelsenkirchen, B. v. 17.12.2015 7 L 2439/15 juris Rn. 5 ff. m. w. N. zur oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung). Dies gilt umso mehr, als keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass im konkreten Einzelfall die erfolgreiche Einschaltung des Bereitschaftsrichters zum selben Ergebnis geführt hätte. Das Gericht folgt der Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach die unterlassene Einhaltung einer richterlichen Entscheidung auch bei fehlender Gefahr in Verzug dann für die Verwertbarkeit des Ergebnisses der Blutentnahme ohne Einfluss ist, wenn es „auf der Hand liegt“, dass der Richter einem solchen Eingriff die Genehmigung nicht hätte versagen können (BayVGH, B. v. 31.1.2013 11 CS 12.2623 juris Rn. 8 ff.). Eine solche Situation lag am ... Oktober 2015 beim Kläger vor. Er zeigte nach dem Bericht der Polizei während der Verkehrskontrolle (im Gegensatz zur sich anschließenden ärztlichen Untersuchung anlässlich der Blutentnahme) drogentypische Anzeichen. Ein mutmaßlicher Joint konnte im Fahrzeug aufgefunden werden. Deshalb bestand bei dieser Kontrolle der dringende Verdacht, dass der Antragsteller zumindest eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG begangen haben könnte.
Der Kläger ließ sich im Rahmen der Verkehrskontrolle gegenüber der Polizei dahingehend ein, zuletzt eine Woche zuvor Betäubungsmittel konsumiert zu haben. Bei einem derart weit zurückliegenden Konsum von Cannabis kann es sich nicht um denjenigen gehandelt haben, der für das Ergebnis der Blutanalyse ursächlich war. Die Einlassung weist vielmehr daraufhin, dass es neben dem nachgewiesenen Konsum am ... Oktober 2015 in der Vergangenheit zu zumindest diesem weiteren Konsumakt gekommen ist.
Die besagte Einlassung ist unabhängig von einer vorherigen Belehrung des Klägers über sein Schweigerecht auch verwertbar. Gründe dafür, dies hier ausnahmsweise anders zu sehen (s. hierzu BayVGH, B. v. 23.2.2016 11 CS 16.38 juris Rn. 12 m. w. N.) sind schon nicht ausreichend substantiiert dargelegt. Das erkennende Gericht stimmt mit dem Beklagten darin überein, dass der erst im Klageverfahren geäußerte Vortrag der Klagepartei, die Polizei habe den Kläger nicht nur nicht belehrt, sondern ihn auch dazu gebracht, sich zu Angaben zu einem Konsumakt genötigt zu sehen, der gar nicht stattgefunden habe, als Schutzbehauptung zu werten ist. Der Vortrag ist derart allgemein, dass die klägerseits geschilderte Zwangs- oder Notlage nicht nachvollzogen werden kann. Hierzu hätte es einer wesentlich konkreteren Sachverhaltsdarstellung bedurft. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Behauptung ersichtlich, auch nicht für eine entsprechende Motivation der beteiligten Polizeibeamten. Vielmehr erscheint plausibel, dass sich der während der Verkehrskontrolle gesprächig zeigende Kläger entsprechend der telefonischen Auskunft der Polizei gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde bereits im informatorischen Gespräch (und freiwillig) zum letzten Betäubungsmittelkonsum einließ (s. Bl. 199 f. und 207 der Behördenakte).
Im Übrigen wurde von Seiten des Klägers zwar der Nachweis eines zweiten, eine Woche zurückliegenden Konsums in Abrede gestellt, jedoch weder im Verwaltungsverfahren noch gegenüber dem Gericht behauptet, dass es sich bei der Einnahme von Cannabis am ... Oktober 2016 um einen einmaligen Konsum im Sinne eines Probierkonsums gehandelt habe. Selbst wenn man das Vorbringen der Klagepartei, die angegebene Einnahme von Betäubungsmitteln eine Woche zuvor, sei unwahr, entsprechend interpretieren würde, könnte sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, dass bei ihm nur ein einmaliger und kein gelegentlicher Cannabiskonsum vorliege. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (s.
Auch die Einwendung, der festgestellte „geringe“ THC-COOH-Wert von b... ng/ml spreche gegen einen gelegentlichen Konsum, ist nicht durchgreifend. Ein Wert unter 100 ng/ml THC-COOH kann weder einen gesicherten Nachweis für das Vorliegen eines gelegentlichen Konsums in Abgrenzung zu bloßem, einmaligen Probierkonsum erbringen, noch umgekehrt das Vorliegen eines einmaligen Probierkonsums belegen (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2013 11 CS 13.219 juris Rn. 14,
1.1.2. Der Kläger hat auch nicht im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt.
Da der Antragsteller nach dem Ergebnis der Blutuntersuchung am ... Oktober 2015 ein Kraftfahrzeug mit einer THC-Konzentration von mehr als 1,0 ng/ml, nämlich a... ng/ml, geführt hat, ist er nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 23.10.2014 3 C 3.13 juris Rn. 33) fahrungeeignet (s. BayVGH, B. v. 10.3.2015 11 CS 14.2200 juris Rn. 12 f.; so auch VG München, B. v. 1.2.2016 M 26 S 15.3927,
1.1.3. Dass der Kläger die Fahreignung wieder erlangt hat, ist auch in Anbetracht des seit dem Vorfall vom ... Oktober 2015 verstrichenen Zeitraums nicht ersichtlich. Es bestehen zudem keine Anhaltspunkte für die Annahme eines Ausnahmefalls im Sinne der Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV.
1.2. Die im Bescheid vom
Rechtliche Bedenken gegen die im Bescheid enthaltenen Festsetzungen zu den Kosten des Verwaltungsverfahrens wurden weder vorgetragen, noch sind solche sonst ersichtlich.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 7.500,00 festgesetzt (§ 52 Abs. 1
Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. Nr. 46.2 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 26. Apr. 2016 - M 26 K 16.559
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht München Urteil, 26. Apr. 2016 - M 26 K 16.559 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Eine körperliche Untersuchung des Beschuldigten darf zur Feststellung von Tatsachen angeordnet werden, die für das Verfahren von Bedeutung sind. Zu diesem Zweck sind Entnahmen von Blutproben und andere körperliche Eingriffe, die von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu Untersuchungszwecken vorgenommen werden, ohne Einwilligung des Beschuldigten zulässig, wenn kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist.
(2) Die Anordnung steht dem Richter, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) zu. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von Satz 1 keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Straftat nach § 315a Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 und 3, § 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, Absatz 2 und 3 oder § 316 des Strafgesetzbuchs begangen worden ist.
(3) Dem Beschuldigten entnommene Blutproben oder sonstige Körperzellen dürfen nur für Zwecke des der Entnahme zugrundeliegenden oder eines anderen anhängigen Strafverfahrens verwendet werden; sie sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind.
Tenor
I.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.
(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.
(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.
(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.
(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.
(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.
(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen
- 1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder - 2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.
(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.
(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.
(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.
(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.
(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.
(1) Eine körperliche Untersuchung des Beschuldigten darf zur Feststellung von Tatsachen angeordnet werden, die für das Verfahren von Bedeutung sind. Zu diesem Zweck sind Entnahmen von Blutproben und andere körperliche Eingriffe, die von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu Untersuchungszwecken vorgenommen werden, ohne Einwilligung des Beschuldigten zulässig, wenn kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist.
(2) Die Anordnung steht dem Richter, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) zu. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von Satz 1 keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Straftat nach § 315a Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 und 3, § 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, Absatz 2 und 3 oder § 316 des Strafgesetzbuchs begangen worden ist.
(3) Dem Beschuldigten entnommene Blutproben oder sonstige Körperzellen dürfen nur für Zwecke des der Entnahme zugrundeliegenden oder eines anderen anhängigen Strafverfahrens verwendet werden; sie sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind.
(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.
(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.
(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.
(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.
(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 11. November 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der im Jahre 1986 geborene Kläger war Inhaber einer Fahrerlaubnis unter anderem der Klassen A und B. Am 19. Juli 2011 führte er gegen 13.15 Uhr in T. ein Fahrzeug unter Cannabiseinfluss. Das Gutachten des Universitätsklinikums C. ‑ Institut für Rechtsmedizin ‑ vom 19. August 2011 über die Untersuchung einer dem Kläger entnommenen Blutprobe ergab einen Wert des Cannabiswirkstoffs THC von 1,3 ng/ml sowie eine Konzentrationen des THC-Metaboliten THC‑COOH von 41,1 ng/ml. Fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen löste dieser Vorfall für sich genommen ‑ soweit bekannt ‑ nicht aus.
3Am 19. März 2013 geriet der Kläger gegen 16.50 Uhr in O. /Kreis T. -X. als Führer eines Personenkraftwagens in eine allgemeine Verkehrskontrolle. Ein Drogenvortest verlief positiv auf THC. Die Blutprobe ergab nach dem ärztlichen Befundbericht des Labors L. vom 28. März 2013 für THC einen Wert von 1,1 ng/ml sowie für THC‑COOH einen Wert von 14 ng/ml. Zusammenfassend kommt der Befundbericht zu dem Schluss, das Auffinden von THC und seinen Metaboliten beweise eine kürzliche Cannabiseinnahme. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Blutentnahme und somit auch zum Vorfallszeitpunkt unter dem Einfluss der nachgewiesenen berauschenden Mittel (THC) gestanden habe.
4Mit Ordnungsverfügung vom 9. April 2013 entzog der Beklagte dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis und gab ihm unter Androhung eines Zwangsgeldes auf, seinen Führerschein unverzüglich, spätestens bis zum 23. April 2013 abzugeben. Zur Begründung führte er an, die Entziehung der Fahrerlaubnis sei nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung gerechtfertigt. Der Kläger habe am 19. Juli 2011 und am 19. März 2013 jeweils unter Cannabiseinfluss ein Kraftfahrzeug geführt. Die in den nachfolgenden chemisch-toxikologischen Untersuchungen festgestellten Konzentrationen sprächen dafür, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Blutentnahme unter der Wirkung dieses berauschenden Mittels gestanden habe. Damit sei bewiesen, dass er zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Fahren nicht trennen könne. Aufgrund der wiederholten Fahrten unter Cannabiseinfluss sei zudem erwiesen, dass zumindest ein gelegentlicher Cannabiskonsum vorliege.
5Am 8. Mai 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat vorgetragen: Im Zusammenhang mit dem Vorfall seien bei ihm abgesehen von mittelweit geöffneten Pupillen keine Ausfallerscheinungen festgestellt worden. Das Ergebnis der nachfolgenden Blutprobe habe ihn dann sehr überrascht; er könne sich diesen Wert nicht erklären. Es stelle sich die Frage, ob der festgestellte Wert von 1,1 ng/ml THC überhaupt den Tatbestand des Cannabiskonsums erfülle. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur verfassungskonformen Auslegung des § 24a Abs. 2 StVG rechtfertige nicht jede nachgewiesene Menge eines berauschenden Mittels behördliches Einschreiten. Vielmehr müsse eine Konzen-tration festgestellt werden, die es als möglich erscheinen lasse, dass der Verkehrsteilnehmer in seiner Fahrtüchtigkeit eingeschränkt gewesen sei. Einen bestimmten Grenzwert habe das Bundesverfassungsgericht nicht eingeführt. Es habe lediglich festgestellt, dass der Wirkstoffnachweis ab bestimmten Werten den Rückschluss erlaube, der Betroffene habe bei der Verkehrsteilnahme unter einer tatbestandlich relevanten Rauschmittelwirkung gestanden. Dafür müssten aber konkrete Angaben und Hinweise vorliegen, an denen es hier fehle; denn bei der Verkehrskontrolle im März 2013 hätten die beteiligten Polizeibeamten keine Auffälligkeiten festgestellt, die für einen relevanten Cannabiseinfluss sprächen. Im Hinblick auf das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV sei entscheidend, ob ein gelegentlicher Cannabiskonsument unter dem Einfluss einer solchen THC‑Konzentration am Straßenverkehr teilgenommen habe, dass sich das Risiko einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit signifikant erhöhe. Der derzeitige naturwissenschaftliche Erkenntnisstand rechtfertige es nicht, bereits ab einer THC‑Konzentration von 1,0 ng/ml ohne weitere Sachverhaltsaufklärung von einer solchen Risikoerhöhung auszugehen; vielmehr sei bei gelegentlichem Cannabiskonsum und der Verkehrsteilnahme mit einem THC‑Wert zwischen 1 und 2 ng/ml vor einer etwaigen Fahrerlaubnisentziehung ein Gutachten einzuholen. Daran fehle es hier. Ferner stelle sich die Frage einer Messungenauigkeit. Da er, der Kläger, sich das Erreichen eines THC‑Wertes von 1,1 ng/ml nicht erklären könne, müsse der vom Labor L. ermittelte Befund diesbezüglich untersucht werden, zumal der festgestellte Wert den vom Beklagten zugrundegelegten Grenzwert nur geringfügig überschreite. Gehe man, wie in der Literatur diskutiert, von einer Messwerttoleranz von 30 bis 40% aus, sei im günstigsten Fall von einer THC‑Konzentration von nur 0,66 ng/ml und damit weit unter dem Grenzwert auszugehen. Er habe auch weder erkennen können noch erkennen müssen, dass er bei seiner Fahrt vom 19. März 2013 unter der Wirkung von Cannabis gestanden habe. Schließlich sei er aus beruflichen Gründen dringend auf die Fahrerlaubnis angewiesen, um seine Aufgaben innerhalb des von seinem Vater und ihm geführten Handwerksbetrieb erfüllen zu können.
6Der Kläger, dessen zugleich mit der Klage gestellter Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ohne Erfolg geblieben ist, hat beantragt,
7die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 9. April 2013 aufzuheben.
8Der Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen,
10und vorgetragen: Entscheidend sei, dass der Kläger in zwei Fällen unter Cannabiseinfluss ein Kraftfahrzeug geführt habe und dabei jeweils den maßgeblichen Grenzwert überschritten habe. Die zugrundeliegenden rechtsmedizinischen Gutachten seien in sich logisch, frei von Widersprüchen und beruhten auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Es stehe mithin fest, dass der Kläger nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeuges trennen und seinen Cannabiskonsum nicht kontrollieren könne.
11Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch den angefochtenen Gerichtsbescheid unter Bezugnahme auf seine ablehnende Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes abgewiesen.
12Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor: Das rechtsmedizinische Gutachten des Labors L. über die Untersuchung der Blutprobe aus dem Jahr 2013 lasse nicht erkennen, ob eine Messtoleranz berücksichtigt worden sei. Die Frage der Notwendigkeit eines Sicherheitsabschlages sei weder vom Bundesverfassungsgericht noch von der sog. Grenzwertkommission entschieden worden. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung gehe bisher davon aus, der von der Grenzwertkommission im Zusammenhang mit der Feststellung einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG empfohlene "analytische Grenzwert" von 1,0 ng/ml enthalte bereits einen Sicherheitsabschlag. Eine höchstrichterliche Klärung dieser Frage stehe aber noch aus. Wegen der gravierenden Folgen von Fahrerlaubnisentziehungen müsse zumindest gefordert werden, dass die mit der Blutuntersuchung beauftragten Labore verpflichtet würden, die Streubreite ihrer jeweiligen Messergebnisse offenzulegen. Zudem sei bei einer THC‑Konzentration von lediglich 1,1 ng/ml nicht von einem signifikant erhöhten Gefährdungsgrad für den Straßenverkehr auszugehen. Weiter erweise sich die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen der Gefährdung des Familienbetriebes als unverhältnismäßig. Den Anforderungen der Sicherheit des Straßenverkehrs wäre schon dann ausreichend Rechnung getragen, wenn ihm, dem Kläger, die Gelegenheit eingeräumt würde, im Wege einer laufenden Abstinenzkontrolle durch eine anerkannteBegutachtungsstelle seine aktuelle Fahreignung nachzuweisen. Schließlich hat der Kläger noch ein vom AG T. im diesbezüglichen Ordnungswidrigkeiten-verfahren eingeholtes rechtsmedizinisches Gutachten von Prof. Dr. Q. vom 8. Juni 2014 vorgelegt, das unter anderem die Frage eines Cannabiskonsums des Klägers am 19. März 2013 und die Frage einer Messungenauigkeit betrifft. Auf die einzelnen gutachterlichen Ausführungen wird Bezug genommen.
13Der Kläger beantragt,
14den angefochtenen Gerichtsbescheid aufzuheben und nach seinem erstinstanzlich gestellten Antrag zu erkennen.
15Der Beklagte beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakte, die Gerichtsakte 6 L 278/13 und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 9. April 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
21Der Bescheid ist nicht bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen rechtswidrig. Der Umstand, dass möglicherweise das ordnungswidrigkeitenrechtliche Verfahren hinsichtlich der Fahrt des Klägers unter Cannabiseinfluss vom 19. März 2013 noch nicht abgeschlossen ist, steht der eigenständigen Prüfung der Fahreignung des Klägers durch die Fahrerlaubnisbehörde des Beklagten und auch dem Erlass der angefochtenen Ordnungsverfügung des Beklagten vom 9. April 2013 nicht entgegen. § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG, wonach die Fahrerlaubnisbehörde einen Sachverhalt, der Gegenstand eines noch anhängigen Strafverfahrens ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs (StGB) in Betracht kommt, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen darf, ist vorliegend nicht entsprechend anwendbar. Eine erweiternde Auslegung dieser Bestimmung auch auf ein noch anhängiges Ordnungswidrigkeitenverfahren scheidet aus, weil in diesem eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB oder nach einer anderen Bestimmung nicht in Betracht kommt. Außerdem spricht die systematische Gegenüberstellung der genannten Bestimmung mit § 3 Abs. 4 StVG gegen die Anwendung des Berücksichtigungsverbotes des § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG im Falle eines noch nicht abgeschlossenen Ordnungswidrigkeitenverfah-rens. Denn das Abweichungsverbot nach § 3 Abs. 4 StVG bezieht sich ausdrücklich nicht nur auf Feststellungen aus einem (abgeschlossenen) Strafverfahren, sondern auch auf Feststellungen in Bußgeldentscheidungen, soweit diese den zugrundegelegten Sachverhalt und die Beurteilung der Schuldfrage betreffen. Wenn demnach § 3 Abs. 4 StVG für seinen Anwendungsbereich das Strafverfahren und das Ordnungswidrigkeitenverfahren ausdrücklich gleichstellt, während § 3 Abs. 3 StVG eine solche Gleichstellung nicht vorsieht, muss von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers ausgegangen werden, die nicht im Wege der Analogie korrigiert werden kann.
22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. August 2012 ‑ 16 E 726/12 ‑; Bay. VGH, Beschluss vom 7. September 2007 ‑ 11 CS 07.898, 11 C 07.1371 ‑, Blutalkohol 45 (2008), 84 = juris, Rn. 18; OVG S.‑A., Beschluss vom 13. April 2012 ‑ 3 M 47/12 ‑, Blutalkohol 49 (2012), 327 = juris, Rn. 3 f.; a.A. Fromm/Schmidt, NZV 2007, 217, 219.
23Der Gesetzgeber wird in diesem Zusammenhang auch bedacht haben, dass unter bestimmten Umständen ein Ordnungswidrigkeitenverfahren in ein Strafverfahren übergehen kann (vgl. die §§ 41 f. OWiG) und dass die Gefahr divergierender Entscheidungen in den jeweils noch laufenden Verfahren auch im Verhältnis zwischen Bußgeldstelle und Fahrerlaubnisbehörde bestehen kann.
24Ermächtigungsgrundlage für die angefochtene Ordnungsverfügung ist § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und § 46 Abs. 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Nach diesen Vorschriften hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Fahrerlaubnisinhaber die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn dieser sich als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Es handelt sich um eine gebundene, nicht im Ermessen der Behörde stehende Entscheidung. Die Fahreignung des Betroffenen beurteilt sich nach § 46 Abs. 3 FeV und den §§ 11 bis 14 FeV i. V. m. der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung.
25Der hier in Rede stehende Konsum von Cannabis wird in Nr. 9.2 der Anlage 4 zur FeV behandelt. Der regelmäßige Konsum von Cannabis lässt die Fahreignung in jedem Fall entfallen (Nr. 9.2.1). Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis entfällt die Fahreignung nicht, wenn der Fahrerlaubnisinhaber zwischen Konsum und Fahren trennt und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegt (Nr. 9.2.2). Die hier allein interessierende Trennung zwischen Konsum und Fahren betrifft die Frage, ob der gelegentlich Cannabis konsumierende Fahrerlaubnisinhaber bereit bzw. in der Lage ist, zuverlässig diesen Konsum und das Führen von Kraftfahrzeugen auseinanderzuhalten. Sind gelegentlicher Cannabiskonsum und mangelndes Trennen von Konsum und Fahren erwiesen, darf die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Sachverhaltsauf-klärung die Fahrerlaubnis entziehen. Dabei ist für die Verwirklichung des Merkmals des unzureichenden Trennungsvermögens im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV nicht auf ein subjektives Element wie die persönliche Wahrnehmung des Betroffenen von seiner eigenen Leistungsfähigkeit abzustellen. Vielmehr ist entscheidend, ob der Betroffene objektiv unter dem Einfluss einer Cannabiskonzentration am Straßenverkehr teilgenommen hat, bei der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon ausgegangen werden muss, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen erhöht, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben.
26OVG NRW, Beschluss vom 7. Februar 2006 ‑ 16 B 1392/05 ‑, juris, Rn. 2 bis 8, und Urteil vom 21. März 2013 ‑ 16 A 2006/12 ‑, NJW 2013, 2841 = Blutalkohol 50 (2013), 146 und 196 = NZV 2014, 102 = NWVBl. 2013, 329 = juris, Rn. 22 f.
27Auch charakterliche Mängel können die Fahreignung ausschließen. Solche Mängel liegen vor, wenn der Betroffene bereit ist, das Interesse der Allgemeinheit an sicherer und verkehrsgerechter Fahrweise den jeweiligen eigenen Interessen unterzuordnen und hieraus resultierende Gefährdungen oder Beeinträchtigungen des Verkehrs in Kauf zu nehmen. Ausdruck eines Mangels dieser Art ist es, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber ungeachtet einer im Einzelfall anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden drogenkonsumbedingten Fahruntüchtigkeit nicht bereit ist, vom Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr abzusehen.
28Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 ‑ 1 BvR 2062/96 ‑, NJW 2002, 2378 = juris, Rn. 49.
29Im Zusammenhang mit dem Merkmal des Trennens des Cannabiskonsums vom Führen von Kraftfahrzeugen kann nicht jeder Nachweis von THC im Blut eines Verkehrsteilnehmers für eine Entziehung der Fahrerlaubnis ausreichen. Es muss vielmehr eine Konzentration feststellbar sein, die es als möglich erscheinen lässt, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war.
30Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 ‑ 1 BvR 2652/03 ‑, NJW 2005, 349 = NZV 2005, 270 = DAR 2005, 70 = Blutalkohol 42 (2005), 156 = juris, Rn. 29.
31Das entspricht dem verfassungsrechtlichen Erfordernis, Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit ‑ zu der auch der Genuss hoher individueller Mobilität zählt, wie sie das Führen von Kraftfahrzeugen vermittelt ‑ nur als verfassungsrechtlich unbedenklich zu bewerten, wenn sie zum Schutz des Rechtsguts nicht nur geeignet und erforderlich sind, sondern auch zur Art und Intensität der Rechtsgütergefährdung in einem angemessenen Verhältnis stehen. Es muss daher eine hinreichende Gefahr vorliegen, die eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit des Fahrerlaubnisinhabers als naheliegend erscheinen lässt.
32Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2002 ‑ 1 BvR 2062/96 ‑, a. a. O. = juris, Rn. 39 und 51.
33Eine in diesem Sinne hinreichende Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs im Zusammenhang mit dem Konsum von Cannabis, d.h. ein mangelndes Trennen zwischen dem (gelegentlichen) Cannabiskonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen, liegt nach Auffassung des Senats und anderer Obergerichte bei einem THC-Wert ab 1,0 ng/ml im Blutserum vor.
34Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Januar 2012 ‑ 16 A 2075/11 ‑, juris, Rn. 15, und vom 22. Mai 2012 ‑ 16 B 536/12 ‑, juris, Rn. 5, sowie Urteil vom 21. März 2013 ‑ 16 A 2006/12 ‑, a. a. O. (juris, Rn. 34 ff.); ebenso VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27. März 2006 ‑ 10 S 2519/05 ‑, NJW 2006, 2135 = juris, Rn. 7, und Urteil vom 22. November 2012 ‑ 10 S 3174/11 ‑, juris, Rn. 30; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. Juni 2009 ‑ 1 S 17.09 ‑, NZV 2010, 531 = juris, Rn. 6; OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 ‑ 2 B 341/11 ‑, NJW 2012, 3526 = juris, Rn. 14; Hamb. OVG, Beschluss vom 15. Dezember 2005 ‑ 3 Bs 214/05 ‑, NJW 2006, 1367 = juris, Rn. 20; Nds. OVG, Beschluss vom 11. Juli 2003 ‑ 12 ME 287/03 ‑, juris, Rn. 7; Schl.‑H. OVG, Urteil vom 17. Februar 2009 ‑ 4 LB 61/08 ‑, juris, Rn. 36; Thür. OVG, Beschluss vom 6. September 2012 ‑ 2 EO 37/11 ‑, DAR 2012, 719 = juris, Rn. 16; a. A. (mangelnde Trennung erst oberhalb von 2,0 ng/ml THC) Bay. VGH, Beschlüsse vom 11. November 2004 ‑ 11 CS 04.2348 ‑, Blutalkohol 43 (2006), 414 = juris, Rn. 16, und vom 25. Januar 2006 ‑ 11 CS 05.1711 ‑, DAR 2006, 407 = juris, Rn. 45; vgl. auch OVG M.‑V., Beschluss vom 19. Dezember 2006 ‑ 1 M 142/06 ‑, juris, Rn. 18; Heß/Burmann, NJW 2007, 486, 492.
35In seinem Urteil vom 21. März 2013 ‑ 16 A 2006/12 ‑ hat der Senat hierzu folgendes ausgeführt:
36"Ausschlaggebend für diese Einschätzung ist der Beschluss der Gemeinsamen Arbeitsgruppe für Grenzwertfragen und Qualitätskontrolle (sog. Grenzwertkommission) vom 20. November 2002 ‑ aktualisiert durch Beschluss vom 22. Mai 2007, Blutalkohol 44 (2007), 311 ‑, wonach der Grenzwert für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG für THC bei 1 ng/ml im Serum liegt. Eine solche Konzentration kann ‑ einschließlich eines entsprechenden Sicherheitszuschlags ‑ sicher nachgewiesen und quantitativ präzise bestimmt werden. Insbesondere erscheint bei Erreichen einer derartigen Konzentration eine Einschränkung der Fahrtauglichkeit möglich.
37Vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 ‑ 1 BvR 2652/03 ‑, a. a. O. = juris, Rn. 29.
38Nimmt ein Fahrerlaubnisinhaber trotz eines nicht lange zurückliegenden Cannabiskonsums und einer deshalb jedenfalls möglichen cannabisbedingten Fahrungeeignetheit am Straßenverkehr teil, ist das als ein hinreichend aussagekräftiger Beleg dafür zu werten, dass ihm das zu fordernde Trennungsvermögen fehlt.
39Darüber hinaus ergeben sich aus einer neueren Veröffentlichung deutliche und somit für die rechtliche Beurteilung entscheidende Hinweise, dass konkrete Straßenverkehrsgefährdungen und Unfälle nach Cannabiskonsum bei einer THC‑Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml nicht seltener als bei deutlich höheren Werten dieses Cannabiswirkstoffs auftreten, dass also bei Konzentrationen ab 1,0 ng/ml im Serum sogar mehr als bloß die Möglichkeit der Fahruntüchtigkeit besteht. Des Weiteren ist die Unfall‑ und Gefährdungshäufigkeit in der späteren Phase der Cannabiswirkung signifikant höher als im akuten Rauschzustand.
40Vgl. Drasch/von Meyer/Roider/Staack/Paul/ Eisenmenger, Unfälle und reale Gefährdung des Straßenverkehrs unter Cannabis-Wirkung, Blutalkohol 43 (2006), 441 ff.
41Das Verwaltungsgericht hat zu Recht in dem in Bezug genommenen Urteil vom 14. Juni 2010 ‑ 11 K 1059/10 ‑, juris, auf weitere Untersuchungen hingewiesen, die den von der Grenzwertkommission bestimmten Grenzwert bestätigen. So kommt etwa die Studie der Universität Maastricht aus dem Jahr 2005 zu dem Ergebnis, dass bei dem THC‑Grenzwert von 1 ng/ml im Blutserum in jedem Fall noch von einer möglichen Wirkung auszugehen ist, da auch noch im Zeitraum von fünf bis sechs Stunden nach Rauchende bei den Versuchspersonen Störungen der Feinmotorik feststellbar waren.
42Vgl. die Darstellung bei Möller, Straßenverkehr und Grenzwerte für Drogen aus forensisch-toxikologischer Sicht, Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht in DAV 2005, Deutscher Anwaltsverlag, S. 109 ff., und Möller/Kauert/Tönnes/Schneider/Theunissen/Ramaekers, Leistungsverhalten und Toxikokinetik der Cannabinoide nach inhalativer Marihuanaaufnahme, Blutalkohol 43 (2006), 361 ff.
43Zudem hat das Verwaltungsgericht auf toxikologische Studien Bezug genommen, die belegen, dass das subjektive Einflussempfinden (High-Gefühl) eines Kraftfahrzeugführers noch vorhanden sein kann und damit verbunden auch relativ deutliche Ausfallerscheinungen auftreten können, obwohl nur noch eine sehr geringe (oder möglicherweise überhaupt keine) THC-Konzentration mehr im Blut nachweisbar ist.
44Vgl. Berr/Krause/Sachs, Drogen im Straßenverkehr, 2007, Rn. 517 f.
45Dies erklärt sich damit, dass die THC-Konzentration im Blut nicht zwingend mit der THC-Konzentration im Gehirn korreliert, also nicht die Konzentration am Wirkort widerspiegelt.
46Vgl. Drasch/von Meer/Roider/Staack/Paul/Eisenmenger, a. a. O., S. 446 f.
47Der Annahme, ab einem Grenzwert von 1 ng/ml THC (im Blut) sei die Fahrtüchtigkeit möglicherweise eingeschränkt, ist das Bundesverfassungsgericht nicht entgegengetreten. Auf einen bestimmten Mindestwert hat sich das Bundesverfassungsgericht indes nicht festgelegt, den Mindestwert von einem 1 ng/ml als ausreichenden Nachweis für die Feststellung von hinreichenden Konzentrationen von THC im Blut im Hinblick auf die Möglichkeit der Fahruntüchtigkeit aber auch nicht beanstandet.
48BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 ‑ 1 BvR 2652/03 ‑, a. a. O., zu § 24a Abs. 2 StVG.
49Demgegenüber nimmt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mangelnde Trennung erst ab einem THC‑Wert ab 2,0 ng/ml im Blutserum an.
50Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 25. Januar 2006 ‑ 11 CS 05.1711 ‑, a. a. O.; vgl. auch Beschlüsse vom 11. November 2004 ‑ 11 CS 04.2348 ‑, a. a. O, und vom 13. Dezember 2010 ‑ 11 CS 10.2873 ‑, juris.
51Zur Begründung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner grundlegenden Entscheidung vom 25. Januar 2006 zahlreiche Gutachten zu der Frage der Fahruntüchtigkeit unter der Wirkung von Cannabis und der Bestimmung eines Grenzwerts ausgewertet, die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigt und ist unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu dem Ergebnis gekommen, dass es bei den bestehenden Unsicherheiten nicht gerechtfertigt erscheine, bereits ab einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml von einer Erhöhung des Risikos für die Verkehrssicherheit und von mangelndem Trennen zwischen Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs auszugehen. Bei gelegentlichem Cannabiskonsum und Fahren mit einer THC-Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml bestünden lediglich Eignungsbedenken (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV). Um sie zu klären, sei vor einer etwaigen Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV ein medizinisch-psychologisches Gutachten einzuholen, mit dem ermittelt werden könne, ob der Betroffene künftig zwischen der Einnahme von Cannabis und der motorisierten Teilnahme am Straßenverkehr trennen werde.
52Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen. Aufgrund der vorliegenden medizinischen und toxikologischen Feststellungen geht der Senat von gesicherten Erkenntnissen aus, dass ab dem THC-Grenzwert von 1 ng/ml eine Wirkung und damit eine drogenkonsumbedingte Gefährdung des Straßenverkehrs möglich ist. Hierzu ist insbesondere auf die bereits angeführte Untersuchung von Drasch/von Meyer/Roider/Staack/Paul/Eisenmenger (a. a. O.) zu verweisen, die die tatsächlichen Annahmen des Bay. VGH in der Entscheidung vom 25. Januar 2006 eingehend berücksichtigen, ihnen mit Rücksicht auf neuere Untersuchungsergebnisse und mit einleuchtender Begründung aber nicht folgen. Aus diesem Grund liegen nicht nur Eignungsbedenken vor. Es ist daher bei einer THC-Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit vor einer Entziehung der Fahrerlaubnis ein medizinisch-psychologisches Gutachten einzuholen.
53Des Weiteren stimmt der Senat nicht mit dem vom Bay. VGH gewählten Gefahrenmaßstab überein. Es heißt zwar in dem Beschluss vom 25. Januar 2006 (a. a. O., Rn. 17) zunächst, entscheidend sei, ob der Betroffene objektiv unter dem Einfluss einer Cannabiskonzentration am Straßenverkehr teilgenommen habe, bei der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon ausgegangen werden müsse, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen erhöhe, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit hätten. An anderer Stelle setzt der Bay. VGH aber eine signifikante Erhöhung des Risikos für die Verkehrssicherheit ausdrücklich voraus (a. a. O., Rn. 17). Ein solches besonderes Gefahrenerfordernis lässt sich aus den einschlägigen straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen jedoch nicht entnehmen, wie die nachfolgenden Ausführungen belegen.
54Der Verstoß gegen das in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zum Ausdruck gebrachte Trennungsgebot muss als im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV erwiesen angesehen werden können, um dem Betroffenen die Fahrerlaubnis ohne weitere Sachverhaltsaufklärung zu entziehen. § 11 Abs. 7 FeV verlangt, dass die mangelnde Fahreignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen feststeht. So liegt es, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber ungeachtet der wegen der gemessenen THC-Konzentration anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden drogenbedingten Fahruntüchtigkeit, also ab dem Grenzwert von 1,0 ng/ml im Blutserum, am Straßenverkehr teilnimmt. Damit belegt er, dass er das entsprechende Trennungsvermögen nicht besitzt und deshalb zum Führen eines Fahrzeugs ungeeignet ist. Daraus folgt zugleich, dass das Risiko einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit als negative Folge des Konsums möglich ist. Eine signifikante Erhöhung des Risikos für die Verkehrssicherheit ist nicht erforderlich. Hierfür spricht schließlich, dass bei der Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis Gefahrenabwehrrecht in Rede steht und insoweit eine Parallele zu dem abstrakten Gefährdungsdelikt des § 24a StVG besteht, das der Entscheidung des BVerfG vom 21. Dezember 2004 als einfachrechtliche Vorschrift zugrundelag. Auch diese Norm hebt auf die Möglichkeit eines Schadenseintritts, nämlich einer Einschränkung der Fahrtüchtigkeit, ab.
55Ist von einer Leistungsbeeinträchtigung der für die Fahreignung relevanten Eigenschaften also bereits bei einer THC-Konzentration von 1 ng/ml Serum auszugehen, ist bei einer Fahrt mit einer derartigen THC-Konzentration das fehlende Trennungsvermögen belegt.
56Außerdem ist von einem die Fahreignung ausschließenden charakterlich-sittlichen Mangel auszugehen, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber bei einer möglichen drogenkonsumbedingten Fahruntüchtigkeit angesichts einer Konzentration von 1,0 ng/ml THC im Blutserum nicht bereit ist, vom Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr abzusehen.
57Vgl. auch OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 ‑ 2 B 341/11 ‑, a. a. O., juris, Rn. 18.
58Diese Annahme gründet sich auf die Unsicherheit des Dosis-Wirkungs-Effekts von Cannabis. THC ist, wie Drasch/von Meer/Roider/Staack/Paul/Eisenmenger (a. a. O., S. 446 f.) unter Hinweis auf die Untersuchung von Mura et al. (THC can be detected in brain while absent in blood, 2005, J. Anal. Toxicol. 29, S. 842) ausgeführt haben, eine hoch lipophile, d.h. gut fettlösliche Verbindung. Entsprechend hoch ist ihr Verteilungsfaktor und entsprechend lange dauert es bis zur Einstellung eines Fließgleichgewichts zwischen wasserreichen Kompartimenten wie etwa dem Blutserum und fettreichen Kompartimenten wie dem Gehirn in der Eliminationsphase. Die THC-Konzentration im Blut spiegelt daher die Konzentration am Wirkort nicht wider. Da die gesicherten medizinischen und toxikologischen Erkenntnisse bei einem THC-Wert von 1,0 ng/ml eine Einschränkung der Fahrtauglichkeit als möglich belegen, liegt eine unzureichende Trennungsbereitschaft des Betroffenen, also auch bei dem Kläger, bei Erreichen des Werts vor. Ist ein Fahrerlaubnisinhaber aber ungeachtet dieser Gefährdung nicht bereit, vom Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr abzusehen, lässt dies auf einen charakterlichen Mangel schließen, der seine Nichteignung begründet. Denn der Fahrerlaubnisinhaber nimmt für seine privaten Bedürfnisse nicht hinnehmbare Risiken für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Kauf. Dieses Verhalten genießt indes weder verfassungsrechtlichen noch einfachrechtlichen Schutz."
59An dieser Sichtweise hält der Senat fest. Neuere Erkenntnisse, welche die Sachgerechtigkeit des Abstellens auf einen Grenzwert von 1 ng/ml in Frage stellen könnten, sind nicht ersichtlich. Soweit methodische Zweifel an den Ergebnissen der Untersuchung von Drasch/von Meyer/Roider/Staack/Paul/Eisenmenger (s.o.) geäußert worden sind, weil diese im Ausgangspunkt wesentlich auf "subjektiven polizeilichen Feststellungen im Raum München zu Verkehrsauffälligkeiten" beruhten,
60vgl. hierzu die Wiedergabe einer entsprechenden gutachterlichen Äußerung in VGH Bad.‑Württ., Urteil vom 22. November 2012 ‑ 10 S 3174/11 ‑, VRS 124 (2013), 168 = juris, Rn. 53,
61vermag der Senat nicht ohne Weiteres nachzuvollziehen, warum die Einschätzungen von Polizeibeamten, die in der Regel über vielfältige Erfahrungen mit Verkehrsteilnehmern unter dem Einfluss von Rauschmitteln (einschließlich Alkohol) verfügen, von vornherein unergiebig sein sollten, zumal das Erkennen drogenbedingter Auffälligkeiten im Straßenverkehr seit längerer Zeit einen Schwerpunkt der Fortbildung für Polizeibeamte bildet.
62Vgl. Bönke, Anm. zu BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 ‑ 1 BvR 2652/03 ‑, NZV 2005, 272; ders., Blutalkohol 41 (2004), Suppl. 1, S. 8; Möller, Blutalkohol 41 (2004), Suppl. 1, S. 16.
63Entgegen der Auffassung des Klägers ist bei der Zugrundelegung eines Grenzwertes von 1,0 ng/ml im Blutserum für die Annahme mangelnden Trennens i. S. v. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV auch kein Sicherheitsabschlag zum Ausgleich etwaiger Messungenauigkeiten bei der rechtsmedizinischen Feststellung des THC‑Gehaltes vorzunehmen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass eine ‑ wiederholt von einschlägig tätigen Instituten eingeräumte und vermutlich nie ganz auszuschließende ‑ Schwankungsbreite bei der Untersuchung von Blutproben im Zuge der Festsetzung von Grenzwerten wie dem der 1‑ng/ml‑THC‑Grenze bereits berücksichtigt worden ist,
64vgl. die Empfehlung der Grenzwertkommission zur Änderung der Anlage zu § 24a StVG, Blutalkohol 44 (2007), 311; s. auch Wehowsky, Blutalkohol 43 (2006), 125, 130,
65und nicht (nochmals) durch Abschläge berücksichtigt werden muss. Das entspricht auch der Rechtsprechung zu § 24a Abs. 2 StVG,
66vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Januar 2007 ‑ 3 Ss 205/06 ‑, NZV 2007, 248 = VRS 112 (2007), 130 = Blutalkohol 44 (2007), 101 = juris, Rn. 4 f. und Brandenb. OLG, Beschluss vom 30. März 2007 ‑ 1 Ss (OWi) 291B/06 ‑, Blutalkohol 45 (2008), 135 = juris, Rn. 11 und 13, jeweils m. w. N.,
67und auch der ‑ soweit ersichtlich ‑ einhelligen Auffassung in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, die indessen weit überwiegend diese Frage nicht eigens thematisiert, aber im Ergebnis die ermittelten Werte ohne Abschläge zugrundelegt.
68Ausdrücklich die Notwendigkeit eines Sicherheitsabschlages ablehnend VGH Bad.‑Württ., Urteil vom 22. November 2012 ‑ 10 S 3174/11 ‑, a. a. O. (juris, Rn. 34 ff.); vgl. auch OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 ‑ 2 B 341/11 ‑, a. a. O. (juris, Rn. 15); VG München, Urteil vom 17. Mai 2011 ‑ M 1 K 11.1120 ‑, juris, Rn. 21.
69Ob diese Praxis bereits mit dem Hinweis gerechtfertigt werden kann, der "wahre" Wert bei der Annahme oder dem Fürmöglichhalten einer Schwankungsbreite des Messergebnisses könne statistisch mit gleich hoher Wahrscheinlichkeit an der untersten oder an der obersten Grenze des Schwankungsbereichs liegen, erscheint allerdings zweifelhaft. Denn wenn es ‑ anders als nach den Empfehlungen der Grenzwertkommission und der dargestellten Rechtsprechung ‑ auf den zweifelsfreien Nachweis gerade einer THC‑Konzentration von 1,0 ng/ml oder mehr und nicht auf den abweichend definierten Eintritt einer abstrakten Straßenverkehrsgefährdung durch gesichert feststehende Drogenbeeinflussung ankäme, könnte die Sanktionierung von demnach "falsch positiven" Messbefunden schwerlich mit der Erwägung gerechtfertigt werden, dass in anders gelagerten Fällen, das heißt bei "falsch negativen" Befunden, auf die an sich erforderliche Sanktionierung verzichtet werden müsse, also möglicherweise rechtswidrigen Belastungen auch Fälle rechtswidriger Besserstellung gegenüberständen. Schwerer wiegt die Überlegung, dass üblicherweise in der Zeit zwischen der Beendigung der Fahrt durch eine Polizeikontrolle und der Blutentnahme ‑ und erst recht zwischen dem eigentlich relevanten Fahrtantritt und der Blutentnahme ‑ eine deutliche Verringerung der THC‑Messwerte eintritt. Wenngleich der Substanzabbau bei Cannabis "polyphasisch" erfolgt und daher schwieriger als etwa beim Alkohol berechnet werden kann,
70vgl. Zwerger, Blutalkohol 43 (2006), 105, 110; Drasch/von Meyer/Roider/Staack/Paul/Eisenmenger, Blutalkohol 43 (2006), 441, 446 f.,
71steht doch außer Frage, dass THC verhältnismäßig schnell verstoffwechselt und jedenfalls bei einmalig und desgleichen wohl auch bei eher sporadisch konsumierenden Personen nach inhalativem Konsum selbst hoher Dosen zumindest überwiegend innerhalb von vier bis sechs Stunden auf Werte unterhalb von 1,0 ng/ml sinkt.
72Vgl. Möller/Kauert/Tönnes/Schnei-der/Theunissen/Ramaekers, Blutalkohol 43 (2006), 361, 363, 365, 372; Möller, in: Hettenbach/Kalus/Möller/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, 2. Aufl. (2010), § 3 Rn. 109 ff.; Eisenmenger, NZV 2006, 24, 25.
73Im Übrigen dürfte es nicht oder allenfalls nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich sein, im Einzelfall den "wahren" Wert der THC‑Konzentration zu ermitteln. Berücksichtigt man weiter, dass sich der jeweils Betroffene zu einem Zeitpunkt ans Steuer gesetzt hat, zu dem jedenfalls er selbst nicht das Ausmaß eines fortbestehenden THC‑Einflusses und einer darauf beruhenden Straßenverkehrsgefährdung abschätzen konnte, erscheint es hinnehmbar, ihm das Risiko zuzumuten, zugunsten der Sicherheitsinteressen der anderen Verkehrsteilnehmer und mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates auf deren höchstrangige Rechtsgüter die Unsicherheit hinzunehmen, die auf der (zumindest weitgehend) unvermeidlichen Schwankungsbreite der THC‑Messergebnisse beruht.
74Vgl. VGH Bad.‑Württ., Urteil vom 22. November 2012 ‑ 10 S 3174/11 ‑, a. a. O. (juris, Rn. 38 f.).
75Dass der Kläger gelegentlich Cannabis konsumiert, folgt schon daraus, dass er bereits 2011 unter Cannabiseinfluss im Straßenverkehr angetroffen worden ist. Abgesehen davon fehlt es an jeglichem Vorbringen des Klägers, das einen zumindest gelegentlichen Konsum in Frage stellen könnte.
76Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
77Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2 sowie 709 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).
78Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die entscheidungserheblichen Fragen, welcher Wahrscheinlichkeitsmaßstab hinsichtlich der Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit oder der Verkehrssicherheit bei gelegentlichem Konsum von Cannabis maßgeblich ist und ‑ hieraus folgend ‑ ab welcher THC‑Konzentration im Blutserum ein Verstoß gegen das Trennungserfordernis nach Nr.9.2.2 der Anlage 4 zur FeV vorliegt, ist höchstrichterlich nicht geklärt und für eine Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle von Bedeutung.
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,-- € festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Der sinngemäße Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gleichen Rubrums (3 K 2058/15) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 7. Oktober 2015 hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis wiederherzustellen und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung anzuordnen,
4ist unbegründet.
5In formeller Hinsicht begegnet die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung keinen rechtlichen Bedenken. Sie ist insbesondere hinreichend schriftlich begründet, vgl. § 80 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Angesichts der aus der Ungeeignetheit eines Kraftfahrers für die Allgemeinheit resultierenden erheblichen Gefahren bedurfte es bei dem in Rede stehenden Drogenkonsum über die erfolgte Begründung hinaus keiner weiteren Ausführungen.
6Die in materieller Hinsicht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verwaltungsakte und dem privaten Interesse des Antragstellers, von deren Vollziehung bis zur abschließenden Klärung ihrer Rechtmäßigkeit im Hauptsacheverfahren verschont zu bleiben, fällt zu seinen Lasten aus.
7Die Ordnungsverfügung vom 7. Oktober 2015 ist als offensichtlich rechtmäßig anzusehen.
8Als rechtliche Grundlage für die darin angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis hat die Antragsgegnerin zutreffend § 3 Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in Verbindung mit § 46 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV -) herangezogen. Danach ist einem Kraftfahrzeugführer die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.
9Der Antragsgegner ist nach der im vorliegenden Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsteller wegen der Einnahme von Betäubungsmitteln zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV ist die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen insbesondere dann gegeben, wenn Erkrankungen und Mängel nach der Anlage 4 zur FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist u. a. derjenige regelmäßig zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet anzusehen, der ‑ erstens - gelegentlich Cannabis konsumiert und - zweitens - nicht zwischen Konsum und Fahren trennen kann. Beide Voraussetzungen sind nach dem gegenwärtigen Sachstand als erfüllt anzusehen.
10Die letztgenannte Voraussetzung, also das fehlende Trennungsvermögen zwischen Cannabiskonsum und Führen eines Kraftfahrzeuges, ist durch den Vorfall vom 20. Juni 2014 belegt.
11An diesem Tag befuhr der Antragsteller um 00:27 Uhr mit seinem Pkw (Opel Corsa, amtliches Kennzeichen B. -O. ) die A. Straße in Richtung L-Brücke in U., obwohl er unter Cannabiseinfluss stand, wie das Untersuchungsergebnis der ihm entnommenen Blutprobe zeigt. Danach konnte in der Blutprobe der Hauptwirkstoff von Cannabis Tetrahydrocannabinol (THC) mit einem Wert von 1,2 ng/ml und das THC-Abbauprodukt THC-Carbonsäure in einer Konzentration von 12 ng/ml festgestellt werden.
12Vgl. dazu das wissenschaftliche Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Mainz vom 12. August 2014 über eine chemisch-toxikologische Untersuchung der Blutprobe des Antragstellers.
13Ein Verstoß gegen das Trennungsgebot ist ab einem Wert von 1,0 ng/ml THC im Blutserum anzunehmen.
14Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 4. Mai 2015 - 16 A 322/15, juris Rn. 5 ff.; vom 21. März 2013 - 16 A 2006/12 -, juris, Rn. 34 ff., und vom 4. Januar 2012 - 16 A 2075/11 -, juris, Rn. 15 ff., jeweils m.w.N.
15Daran hält die Kammer fest. Eine Erhöhung auf 3,0 ng/ml THC, wie sie die sog. Grenzwertkommission (vgl. Blutalkohol 52, 2015, S. 322) jüngst vorgeschlagen hat, ist nicht vorzunehmen.
16So mit umfangreicher Begründung: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20. Januar 2016 - 9 K 4970/15 - juris m.w.N.
17Das Trennungsgebot betrifft die Frage, ob beim Betroffenen ein die Fahreignung ausschließender charakterlich-sittlicher Mangel vorliegt, weil er nicht in der Lage ist, zwischen dem gelegentlichen Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeuges zu trennen. Nicht nur beim Vorliegen einer Fahruntüchtigkeit, sondern auch dann, wenn nach einem Cannabiskonsum die Fahrtüchtigkeit unklar oder zweifelhaft ist, ist vom Betroffenen zu verlangen, auf das Führen von Kraftfahrzeugen zu verzichten, um die anderen Verkehrsteilnehmer keinem unzumutbaren Risiko auszusetzen. Der Wille und die Fähigkeit zur Risikovermeidung als Merkmal der Fahreignung erlangt vorliegend eine besondere Bedeutung, weil beim Cannabiskonsum ‑ anders als beim Alkoholkonsum - keine klare Orientierung an einer Dosis-Wirkung-Beziehung möglich ist.
18Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris, Rn. 51.
19Der Maßstab einer "möglichen Gefährdung" liegt im Übrigen auch dem Ordnungswidrigkeitenrecht zu Grunde, das insoweit ein abstraktes Gefährdungsdelikt vorsieht. Für die Erfüllung des Tatbestandes des Führens eines Kraftfahrzeuges unter Cannabiseinfluss nach § 24a Abs. 1 und 2 StVG ist erforderlich, aber eben auch ausreichend, dass eine THC-Konzentration im Blut festgestellt wird, die eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit des am Straßenverkehr teilnehmenden Kraftfahrzeugführers möglich erscheinen lässt.
20Vgl. zur verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift in diesem Sinne: Bundesverfassungs-gericht (BVerfG), Beschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - juris.
21Das ist schon ab 1,0 ng/ml THC im Blutserum der Fall, woran die Grenzwertkommission in ihrer Stellungnahme (vgl. Blutalkohol 52, 2015, S. 322) auch keinen Zweifel hegt. Da es im vorliegenden Zusammenhang der Prävention bzw. Gefahrenabwehr ebenfalls darum geht, ab welchem THC-Wert eine cannabisbedingte Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit möglich ist bzw. nicht mehr ausgeschlossen werden kann, drängt es sich auf, auch hier den im Blutserum gemessenen THC-Wert von 1 ng/ml als maßgeblichen „Risikogrenzwert“ anzusetzen.
22Vgl. zur Übereinstimmung der Grenzwerte: BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - juris, Rn. 30.
23Die weitere Entziehungsvoraussetzung, nämlich das Vorliegen eines (mindestens) gelegentlichen Cannabiskonsums, ist ebenfalls als erfüllt anzusehen.
24Gelegentliche Einnahme von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt schon dann vor, wenn tatsächlich mindestens zweimal Cannabis in voneinander unabhängigen Konsumakten innerhalb eines in zeitlich-funktionalem Zusammenhang stehenden Zeitraums eingenommen wurde.
25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 2010 - 16 B 273/11 -; BayVGH, Beschluss vom 23. September 2008 - 11 CS 08.1622 -, juris, Rn. 10.
26Davon ist hier auszugehen. Auf die Frage nach einem Drogenkonsum vor der Rauschfahrt am 20. Juni 2014, gegen 00:30 Uhr, hat der Antragsteller ausweislich des polizeilichen Protokolls angegeben, er habe das letzte Mal während des "Hollandspiels" am 13. Juni 2014 in den Niederlanden in einem Coffee-Shop gekifft.
27Neben diesem vom Antragsteller eingeräumten Konsum muss ein weiterer Konsum stattgefunden haben. Das gegenteilige Rechtsschutzvorbringen erweckt den Eindruck einer bloßen Schutzbehauptung. Nach einem Einzelkonsum wäre nämlich der Wirkstoff THC im Blutserum nur vier bis sechs Stunden nachweisbar gewesen. Lediglich in Fällen des - hier gerade bestrittenen - wiederholten oder gar regelmäßigen Konsums kann sich diese Zeitspanne (auf gelegentlich über 24 Stunden) verlängern.
28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2013 - 16 B 1333/13 -, juris, Rn. 7 f., unter Bezugnahme u.a. auf seinen Beschluss vom 27. Dezember 2012 - 16 B 1211/12 - und Schubert, Schneider, Eisenmenger, Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 2. Aufl. 2005, S. 178.
29Dementsprechend kann ausgeschlossen werden, dass allein der eine Woche vor dem Vorfall liegende, eingeräumte Cannabiskonsum zu dem THC-Wert von 1,2 ng/ml am 20. Juni 2014 geführt hat. Vielmehr muss neben diesem Konsum ein weiterer Konsum stattgefunden haben.
30Sind damit in der Person des Antragstellers beide Entziehungsvoraussetzungen als erfüllt anzusehen, ist die angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis rechtlich zwingend. Ein Ermessen ist der Fahrerlaubnisbehörde nicht eröffnet.
31Die weitere Interessenabwägung fällt ebenfalls zu Ungunsten des Antragstellers aus.
32In aller Regel trägt allein die voraussichtliche Rechtmäßigkeit einer auf den Verlust der Kraftfahreignung gestützten Ordnungsverfügung die Aufrechterhaltung der Anordnung der sofortigen Vollziehung. Zwar kann die Fahrerlaubnisentziehung die persönliche Lebensführung und damit die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten des Erlaubnisinhabers gravierend beeinflussen. Derartige Folgen, die im Einzelfall bis zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage reichen können, muss der Betroffene jedoch angesichts des von fahrungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehenden besonderen Risikos für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) ableitbaren Auftrags zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben hinnehmen.
33Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 22. Oktober 2013 ‑ 16 B 1124/13 -, juris, Rn. 9.
34Auch im Übrigen ist die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 7. Oktober 2015 nicht geboten.
35Die darin enthaltene Anordnung, den Führerschein innerhalb von sechs Tagen nach Zustellung der Ordnungsverfügung abzuliefern, findet ihre Grundlage in § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FeV, die Androhung eines Zwangsgeldes für den Fall der Nicht- oder nicht fristgerechten Ablieferung des Führerscheins in § 55 Abs. 1, § 57, § 60 und § 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW). Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes von 500,- Euro steht in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck, den Antragsteller zur Abgabe des Führerscheins zu bewegen, vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW.
36Der Eilantrag auf Herausgabe des Führerscheins bzw. Ausstellung eines neuen Dokumentes ist nach dem oben Gesagten ebenfalls erfolglos.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
38Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, 3 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
39etwa Beschluss vom 20. November 2012 - 16 A 2172/12 -, juris, Rn. 17 f., m.w.N.,
40der sich die Kammer anschließt, ist für ein Hauptsacheverfahren wegen Entziehung einer Fahrerlaubnis ungeachtet der erteilten Fahrerlaubnisklassen stets der Auffangwert (5.000,- Euro) und für ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren die Hälfte dieses Betrages (2.500,- Euro) als Streitwert anzusetzen. Die Verpflichtung, den Führerschein abzugeben, und die zugleich verfügte Zwangsgeldandrohung werden nicht streitwerterhöhend berücksichtigt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 15. Juni 1986 geborene Kläger war Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klasse B.
3Am 26. August 2015 wurde er gegen 19:00 Uhr im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle in H. angehalten und überprüft. Der Kläger hatte laut polizeilichem Protokoll glasige/wässrige Augen und gerötete Bindehäute, Lidflattern und die Pupillen zeigten kaum Reaktion auf Lichteinfall. Nach dem polizeilichen Protokoll gab der Kläger an, unmittelbar vor Fahrtantritt Drogen konsumiert zu haben und zwar am selben Tage um 18.30 Uhr einen Joint mit Marihuana in der eigenen Wohnung. In der Verkehrsordnungswidrigkeitenanzeige ist unter der Rubrik Einlassung des Betroffenen vermerkt: „Am heutigen Tag habe der BER Cannabis konsumiert“ und im ergänzenden Sachverhalt ausgeführt, der Kläger habe auf Nachfrage zum letztmaligen Drogenkonsum angegeben, am letzten Wochenende Cannabis in Holland konsumiert zu haben. In der Mitteilung an die Fahrerlaubnisbehörde heißt es demgegenüber: „Der Betroffene räumte nach erfolgter Belehrung ein, über einen Zeitraum von etwa 10 Jahren täglich Marihuana zu konsumieren.“ Ein freiwillig durchgeführter Drogenvortest auf Urinbasis verlief positiv auf THC. Dem Kläger wurde auf freiwilliger Basis sodann auf der Polizeiwache T. um 19:55 Uhr durch den diensthabenden Arzt eine Blutprobe unter der Venülennummer 007008 entnommen.
4Diese Blutprobe wurde durch das Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum N. untersucht. Das unter dem 1. Oktober 2015 erstattete Gutachten ergab eine Tetrahydrocannabinol- (THC-) Konzentration von 2,8 ng/ml Blutserum sowie eine 11-Hydroxy-Tetrahydrocannabinol- (11 OH-THC-) Konzentration von 1,2 ng/ml Blutserum und einen Tetrahydrocannabinolcarbonsäure- (THC-COOH-)Wert von 15 ng/ml Blutserum.
5Zur Beurteilung wurde in dem Gutachten ausgeführt: Die Werte zeigten, dass der Kläger Cannabisprodukte konsumiert habe. Da in der untersuchten Probe das psychotrope THC sowie der ebenfalls pharmakologisch aktive Metabolit 11-Hydroxy-Thydrocannabinol neben dem langlebigen, pharmakologisch inaktiven Metaboliten THC-COOH vorhanden seien, habe der Kläger zum Zeitpunkt der Blutentnahme unter Cannabiswirkung gestanden.
6Hierauf hörte die Beklagte den Kläger unter dem 15. Oktober 2015 zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme.
7In ihr gab der Kläger an: Es sprächen gewichtige Gründe gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis. Zum einen sei er in der Lage, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und dem Führen eines Kraftfahrzeuges zu trennen. Bei der Fahrt habe es sich um eine einmalige Fahrt gehandelt, die er nach dem Konsum von Cannabis am Wochenende zuvor geführt habe. Er sei davon ausgegangen, dass keine Restwerte mehr im Blut vorhanden seien und der vollständige Abbau erfolgt sei; er habe also weder wissentlich noch vorsätzlich gehandelt. Er konsumiere nur äußerst selten Cannabis und führe danach keinen PKW. Zudem hätte der Entzug der Fahrerlaubnis zur Konsequenz, dass er seine Arbeitsstelle verlieren und somit in die Arbeitslosigkeit rutschen würde. Damit sei für ihn auch der weitere Aufenthalt in der Bundesrepublik äußerst fraglich. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis wäre damit ermessensfehlerhaft.
8Mit Ordnungsverfügung vom 12. November 2015 entzog die Beklagte dem Kläger –unter Anordnung der sofortigen Vollziehung – seine Fahrerlaubnis und forderte ihn auf, den Führerschein unverzüglich zur Eintragung des Erlöschens der Berechtigung in der Bundesrepublik Deutschland ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu führen, vorzulegen. Gleichzeitig wurde eine Gebühr i.H.v. 203,45 € festgesetzt.
9Zur Begründung führte sie aus: Der Kläger selbst habe bei der Polizeikontrolle zum letzten Drogenkonsum angegeben, am Wochenende zuvor in Holland Cannabis konsumiert zu haben. Diese Aussage lasse darauf schließen, dass er zumindest gelegentlich Cannabis konsumiere. Der Kläger habe ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr gesteuert, obwohl der Cannabiskonsum nur kurze Zeit vor der Fahrt stattgefunden habe. Damit habe er dokumentiert, dass er nicht Willens oder in der Lage sei, Betäubungsmittelkonsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen. Damit sei die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen gegeben. Das berufliche Angewiesensein auf den Führerschein könne zu keiner anderen Entscheidung führen, die allgemeine Verkehrssicherheit habe Vorrang. Die Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis habe gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 des Straßenverkehrsgesetzes die Wirkung einer Aberkennung des Rechts von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Zur Eintragung dieser Entscheidung sei der ausländische Führerschein vorzulegen.
10Der Kläger stellte unter dem 9. November 2015 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Am selben Tag hat er Klage erhoben. Zudem hat er die Ergebnisse einer Laboruntersuchung vom 30. November 2015 vorgelegt, die einen Cannabiskonsum im zeitlichen Zusammenhang mit der ihnen zugrundeliegenden Blutentnahme ausschließen.
11Zur Begründung führt er aus: Es fehle an dem Erfordernis des gelegentlichen Konsums. Der THC-COOH Wert von 15 ng/ml sei nicht geeignet, den gelegentlichen Konsum zu belegen. Zudem liege das in Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung normierte Zusatzelement des fehlenden Trennungsvermögens nicht vor. Dieses liege nach der Rechtsprechung des bayerischen Oberverwaltungsgerichts erst bei einem THC-Wert von mehr als 2 ng/ml vor. Es hätten zudem keine cannabisbedingten Beeinträchtigungen vorgelegen. Es habe sich nach dem Konsum von Cannabis am Wochenende zuvor um eine einmalige Fahrt gehandelt. Er sei davon ausgegangen, dass keine Restwerte mehr im Blut vorhanden gewesen seien und der Abbau vollständig abgeschlossen gewesen sei; er habe also weder wissentlich noch vorsätzlich gehandelt. Er sei zudem auf seine Fahrerlaubnis angewiesen, um seinen Lebensunterhalt sicherstellen zu können. Anderenfalls sei auch sein weiterer Aufenthalt in der Bundesrepublik äußerst fraglich. Aufgrund dieser überwiegenden Interessen sei der Entzug der Fahrerlaubnis ermessensfehlerhaft und verletze ihn in seinen Rechten. Wenn in der Akte ausgeführt sei, er habe gesagt, er konsumiere schon 10 Jahre Cannabis, so sei das nicht richtig.
12Der Kläger beantragt,
13den Bescheid der Beklagten vom 12. November 2015 aufzuheben.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie vertieft zur Begründung die Ausführungen der Ordnungsverfügung: Die in der Blutanalyse ermittelten Werte sprächen dafür, dass der Kläger zum Vorfallszeitpunkt unter der Wirkung von Cannabis gestanden habe, wobei ab 1 ng/ml von einer Beeinträchtigung der Fahreignung ausgegangen werden könne. Der Kläger selbst habe angegeben, am letzten Wochenende vor der Kontrolle Cannabis in den Niederlande konsumiert zu haben. Der Cannabis-Wirkstoff THC sei ein kurzlebiges Produkt und könne bereits nach ca. 4-8 Stunden (in Ausnahmefällen maximal 12 Stunden) nicht mehr nachgewiesen werden. Da im Blut des Klägers ein Wert von 2,8 ng/ml THC festgestellt worden sei, müsse der letztmalige Konsum zu einem späteren Zeitpunkt als von ihm angegeben stattgefunden haben. Damit stehe fest, dass er – wie von seiner Rechtsvertreterin selbst zugegeben – gelegentlich Cannabis konsumiere. Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis sei die Fahreignung ausgeschlossen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber nicht zwischen dem Konsum und dem Fahren mit einem Kraftfahrzeug trennen könne. Damit sei die Fahrerlaubnis zu entziehen gewesen.
17Mit Beweisbeschluss vom 9. Dezember 2015 hat die Kammer die Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens durch den Sachverständigen Professor Dr. U. E. angeordnet. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2016 Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die Klage hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
20Die Ordnungsverfügung vom 12. November 2015 findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes – StVG – in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnisverordnung – FeV –. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ungeeignet ist u.a. derjenige, der die notwendigen körperlichen oder geistigen Voraussetzungen nicht erfüllt (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG). Dies ist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere der Fall, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 FeV vorliegen, welche die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließen.
21Die fehlende Eignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt sich aus Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV. Danach ist derjenige als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, der gelegentlich Cannabis konsumiert und nicht zwischen Konsum und Fahren trennen kann.
22Der Kläger ist gelegentlicher Cannabiskonsument und kann nicht zwischen Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen.
23Ein gelegentlicher Konsum von Cannabis erfordert mehr als nur einen einmaligen Konsum, ist aber bereits bei zwei selbständigen Konsumvorgängen anzunehmen, sofern diese einen gewissen auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris Rn. 19 ff. m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 18. Februar 2014 – 16 B 116/14 –, juris Rn. 3.
25Der Kläger hat selbst zugegeben, am Wochenende vor der Fahrt in den Niederlanden Cannabis konsumiert zu haben. Darüber hinaus muss er sich an seiner im polizeilichen Protokoll dokumentierten Aussage festhalten lassen, er habe vor Fahrtantritt um 18.30 Uhr einen Joint in seiner Wohnung geraucht. Die entsprechende Einlassung zu einem Konsum am Tattag ist in der Verkehrsordnungswidrigkeitenanzeige nochmals niedergelegt. Damit hat der Kläger jedenfalls zweimal konsumiert. Dass neben dem weiterhin nicht bestrittenen Konsumakt am Wochenende ein weiterer und damit mindestens zwei Konsumakte vorgelegen haben müssen, wird auch durch die Aussage des Sachverständigen bestätigt, der ausgeführt hat: „Ein ausschließlicher Konsum am Wochenende scheidet aus, da dann kein THC mehr im Blut gewesen wäre. Kurz vor der Fahrtaufnahme kann konsumiert worden sein. Dann dürfte es sich allerdings nur um einen geringen Konsum handeln.“ Schließlich hat der Kläger auch in seiner Anhörung eingeräumt „äußerst selten“ Cannabis zu konsumieren.
26Ein regelmäßiger Konsum, bei dem nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung ohne weitere Voraussetzungen zu verneinen wäre, ist demgegenüber nicht gegeben. Die Feststellung, der Kläger habe über einen Zeitraum von etwa 10 Jahren täglich Marihuana konsumiert, taucht erstmalig in der Mitteilung an die Fahrerlaubnisbehörde auf und steht im Widerspruch zu den im Übrigen dokumentieren Aussagen. Der Kläger bestreitet auch explizit eine entsprechende Aussage getätigt zu haben.
27Der Kläger hat auch nicht im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt.
28In dieser fehlenden Trennung liegt ein die Fahreignung ausschließender charakterlich-sittlicher Mangel. Er ist darin zu sehen, dass der Fahrerlaubnisinhaber ungeachtet einer im Einzelfall anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden drogenkonsumbedingten Fahruntüchtigkeit nicht bereit ist, vom Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr abzusehen.
29BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2002 – 1 BvR 2062/96 –, juris Rn. 49; BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 – juris Rn. 29 f.
30Dabei ist für die Verwirklichung des Merkmals des unzureichenden Trennungsvermögens im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV nicht auf ein subjektives Element – wie die persönliche Wahrnehmung des Betroffenen von seiner eigenen Leistungsfähigkeit – abzustellen. Vielmehr ist entscheidend, ob der Betroffene objektiv unter dem Einfluss einer Cannabiskonzentration am Straßenverkehr teilgenommen hat, bei der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon ausgegangen werden muss, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen erhöht, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben.
31OVG NRW, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 23; Bayer. VGH, Beschluss vom 25. Januar 2006 – 11 CS 05.1711 -, juris Rn. 16.
32Daraus folgt zugleich, dass nicht jede bei einem Kraftfahrzeugführer festgestellte THC-Konzentration die Annahme fehlender Trennung im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV rechtfertigt.
33Festgestellt werden muss eine THC-Konzentration, die es entsprechend dem Charakter der Vorschrift als eines abstrakten Gefährdungsdelikts als möglich erscheinen lässt, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war.
34Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 – 1 BvR 2652/03 –, juris Rn. 29 (zu § 24a Abs. 2 StVG), OVG NRW, Urteile vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 -, juris Rn. 27 und vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, juris Rn. 32; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. November 2012 – 10 S 3174/11 –, juris Rn. 30, 43 ff.
35Das entspricht dem verfassungsrechtlichen Erfordernis, Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit – zu der auch der Genuss hoher individueller Mobilität zählt, wie sie das Führen von Kraftfahrzeugen vermittelt – nur als verfassungsrechtlich unbedenklich zu bewerten, wenn sie zum Schutz des Rechtsguts nicht nur geeignet und erforderlich sind, sondern auch zur Art und Intensität der Rechtsgütergefährdung in einem angemessenen Verhältnis stehen. Es muss daher eine hinreichende Gefahr vorliegen, die eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit des Fahrerlaubnisinhabers als nahe liegend erscheinen lässt.
36OVG NRW, Urteile vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 29 und vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, juris Rn. 30, jeweils unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2002 – 1 BvR 2652/03 –, juris Rn. 39 und 51.
37Dabei dürfen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts umso geringere Anforderungen gestellt werden, je gewichtiger die bedrohten Rechtsgüter sind. Bei der Teilnahme am Straßenverkehr stehen Gefahren für das Leben, die Gesundheit und das Eigentum und damit hochwertige Rechtsgüter anderer Bürger in Frage.
38Vgl. im Einzelnen bereits VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. Mai 2010 – 9 K 3406/09 –, juris Rn. 73 ff.
39In Bezug auf den zugrundezulegenden Gefährdungsmaßstab ist damit eine derartige Trennung zu fordern, bei der eine Beeinträchtigung der verkehrsrelevanten Eigenschaften durch die vorangegangene Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten kann. Bereits die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit muss ausgeschlossen sein; eine signifikante Erhöhung des Unfallrisikos ist nicht zu fordern.
40BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris Rn. 32 f.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. November 2012 – 10 S 3174/11 –, juris Rn. 43 ff.
41Hat der Betroffene in der Vergangenheit ein Kraftfahrzeug unter einem THC-Pegel geführt, bei dem eine Beeinträchtigung seiner Fahrsicherheit möglich war, rechtfertigt das nach der der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zu Grunde liegenden Wertung zugleich Zweifel daran, dass er künftig stets die gebotene Trennung von Cannabiskonsum und Fahren beachten wird; das wiederum führt zur Verneinung seiner Fahreignung.
42BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris Rn. 33.
43Das vom Normgeber zu Recht verfolgte Ziel, Risiken für die Sicherheit des Straßenverkehrs durch Cannabiskonsum unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes soweit wie möglich auszuschließen, ist auch für die Bestimmung des im Rahmen der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 maßgeblichen THC-Grenzwertes von Bedeutung. Abzustellen ist daher darauf, ab welchem THC-Wert eine cannabisbedingte Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit möglich ist oder – negativ formuliert – nicht mehr ausgeschlossen werden kann; insoweit handelt es sich um einen Risikogrenzwert.
44BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris Rn. 37.
45Die Rechtsprechung – einschließlich der der erkennenden Kammer – hat bislang den THC-Wert, bei welchem eine solche Beeinträchtigung nicht mehr sicher ausgeschlossen werden kann, in Auswertung der medizinisch-toxikologischen Studien überwiegend mit 1 ng/ml Blutserum festgelegt.
46Vgl. BVerfG, Urteil vom 21. Dezember 2004 – 1 BvR 2652/03 -, juris Rn. 29 (zu § 24a StVG); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. November 2012 – 10 S 3174/11 –, juris Rn. 47 ff., nicht beanstandet durch BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, juris Rn. 39; OVG NRW, Urteile vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 31 und vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, juris Rn. 34 ff., jeweils m.w.N., Beschlüsse vom 5. Februar 2015 – 16 B 8/15 –, juris Rn. 5 f., vom 4. Januar 2012 – 16 A 2075/11 –, juris Rn. 15 und vom 22. Mai 2012 – 16 B 536/12 –, juris Rn. 5 ff., jeweils m.w.N.; OVG Thüringen, Beschluss vom 6. September 2012 – 2 EO 37/11 –, juris Rn. 16 ff.; OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 – 2 B 341/11 –, juris Rn. 14 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 15. Dezember 2005 – 3 Bs 214/05 –, juris Rn. 20; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. März 2006 – 10 S 2519/05 –, juris Rn. 7; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17. Februar 2009 – 4 LB 61/08 –, juris Rn. 35 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juni 2009 – 1 S 17.09 –, juris Rn. 6; Nieders. OVG, Beschluss vom 11. Juli 2003 – 12 ME 287/03 –, juris Rn. 7; a.A. (erst ab 2 ng THC/ml Blutserum) Bayer. VGH, Beschlüsse vom 11. November 2004 – 11 CS 04.2348 –, juris Rn. 16 und vom 25. Januar 2006 – 11 CS 05.1711 –, juris Rn. 45, offengelassen bei OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19. Dezember 2006 – 1 M 142/06 –, juris Rn. 18.
47Grundlage dieser Rechtsprechung war insbesondere der Beschluss der sog. Grenzwertkommission vom 20. November 2002 – aktualisiert durch Beschluss vom 22. Mai 2007,
48veröffentlicht in Blutalkohol 44 (2007), 311 –
49zu § 24a Abs. 2 StVG, wonach der Grenzwert für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG für THC bei 1,0 ng/ml im Blutserum liegt.
50Vorliegend war eine erneute Überprüfung dieses Grenzwertes geboten, da die Grenzwertkommission – eine fachübergreifende mit Wissenschaftlern aus den Fachgesellschaften der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM), der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM) und der Gesellschaft für toxikologische und forensische Chemie (GTFCh) besetzte Arbeitsgruppe beim Bundesministerium für Verkehr – in ihrer Empfehlung aus September 2015,
51veröffentlicht in Blutalkohol 52 (2015), 322 f.,
52konkret in Bezug auf die Feststellung des Trennvermögens von Cannabiskonsum und Fahren i.S.d. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ausgeführt hat:
53„Die Grenzwertkommission empfiehlt (…) bei Feststellung einer THC-Konzentration von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zu verneinen.“
54Nach Einholung des vom Vorsitzenden der Grenzwertkommission in der mündlichen Verhandlung erstatteten Gutachtens geht das Gericht weiterhin vom Risikogrenzwert von 1 ng THC/ml Blutserum aus.
55Im Hinblick auf den oben dargelegten rechtlichen Maßstab, ist eine Erhöhung des Risikogrenzwertes nicht erforderlich. Der Empfehlung der Grenzwertkommission ist nicht die wissenschaftlich gesicherte Aussage zu entnehmen, dass es unterhalb des Grenzwertes von 3 ng THC/ml Blutserum nicht zu einer cannabisbedingten Beeinträchtigung verkehrssicherheitsrelevanter Fähigkeiten kommen kann.
56Bezüglich der neuen Empfehlung der Grenzwertkommission hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung ausgeführt: Sie beruhe nicht auf grundlegenden neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Ihr lägen aber neue wissenschaftliche Auswertungen zugrunde.
57Anlass für die Empfehlung sei vielmehr das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 – gewesen. Man habe sich aus wissenschaftlicher Sicht zu zwei (vgl. im Folgenden a) und b)) diesem Urteil zugrunde liegenden Annahmen äußern wollen.
58a) Zum einen sei es um eine Korrektur der Lesart der sog. Maastricht-I-Studie gegangen.
59Der Sachverständige hat dazu ausgeführt:
60„Aufgrund der sog. Maastricht-Studie kann bei dem Wert von 2,0 ng THC/ml Blutserum gesagt werden, dass es bei bestimmten verkehrsrelevanten Parametern zu einer signifikanten Verschlechterung der Leistung kommt. Andere Studien sind zu anderen, insbesondere höheren Werten gekommen. Auch bei gemessenen Werten von unter 2 ng THC/ml Blutserum ist es nicht ausgeschlossen, dass es zu einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit kommt. Die Empfehlung der Grenzwertkommission sollte insofern mit der Nennung des Wertes von 2 ng THC/ml Blutserum als Wert für die früheste Wirkung lediglich die Lesart der sog. Maastricht-Studie durch das Bundesverwaltungsgericht korrigieren.“
61Zu dieser Studie hat er erläutert:
62„Es kann bei einem THC-Wert unterhalb von 2,0 ng THC/ml Blutserum nicht festgestellt werden, ob durch diese Einwirkung das Leistungsverhalten des Betroffenen sich verschlechtert hat. Dies beruht auf dem Umstand, dass auch ein Placebokonsument Fehler in einem Umfang machen kann, der sich von der Fehlerrate eines Konsumenten von THC, dessen Konzentration unterhalb von 2 ng THC/ml Blutserum liegt, nicht unterscheidet.“
63Vor diesem Hintergrund liegt der maßgebliche Aussagegehalt der Passage
64„Eine Leistungseinbuße ließ sich in experimentellen Studien frühestens ab 2 ng THC/ml Serum nachweisen …“
65in der Empfehlung der Grenzwertkommission darin, dass unterhalb dieses Wertes aufgrund der sog. Maastricht-I-Studie Leistungseinbußen nach naturwissenschaftlichen Standards nicht nachgewiesen sind.
66Dies deckt sich mit den Zusammenfassungen der Ergebnisse der Studie selbst durch die beteiligten Wissenschaftler:
67„Bei Werten von 5-30 ng/ml waren signifikante Beeinträchtigungen der Probanden in allen Tests feststellbar. Im Bereich von 2-5 ng/ml waren signifikante Beeinträchtigungen nur noch im feinmotorischen Test (CCT) messbar. Zwischen 1-2 ng/ml waren Beeinträchtigungen im feinmotorischen Bereich auch hier nicht mehr signifikant. (…) Beim CCT war unter 2 ng/ml lediglich noch eine nicht signifikante Tendenz zu einer Beeinträchtigung zu erkennen. Unter 1 ng/ml ließen sich keine Unterschiede in der Leistung zwischen THC-Konsum und Placebo feststellen.“
68Möller/Kauert/Tönnes/Schneider/Theunissen/Ramaekers, Leistungsverhalten und Toxikokinetik der Cannabinoide nach inhalativer Marihuanaaufnahme, in: Blutalkohol 43 (2006), 361, 368; sowie Möller, in: Berz/Burmann (Hrsg.), Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Band 2, Kap. 15. Arzneimittel und Drogen im Straßenverkehr, B. II. 4. g) aa) Rn. 142.
69Demnach ist bei unter 2 ng THC/ml Blutserum eine Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen.
70Es ist jedenfalls wissenschaftlich umstritten, ab welchem Grenzwert von einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit ausgegangen werden kann. Dies beruht insbesondere darauf, dass gesicherte Erfahrungswerte zu Dosis-Blutkonzentrations-Wirkungsbeziehungen für Drogen – insbesondere THC – durch die medizinisch-naturwissenschaftliche Forschung derzeit nicht bereitgestellt werden können. So ist es trotz mehrfacher Forschungsaufträge bislang nicht gelungen, aus wissenschaftlicher Sicht einen Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit festzulegen. Im Umkehrschluss heißt dies aber auch, dass eben die Möglichkeit einer Beeinträchtigung schon oberhalb eines Grenzwertes von 1 ng THC/ml im Blutserum nicht sicher ausgeschlossen werden kann.
71Vgl. dazu Möller, in: Berz/Burmann (Hrsg.), Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Band 2, Kap. 15. Arzneimittel und Drogen im Straßenverkehr, C. III. 4. b) Rn. 32 und 59 („auch Wirkgrenzen nach unten nicht sicher definierbar“)¸ sowie allgemeiner Maatz, Fahrtüchtigkeit nach Drogenkonsum, Blutalkohol 43 (2006), 451 ff.; vgl. auch die umfassenden Ausführungen in VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. November 2012 – 10 S 3274/11 –, juris Rn. 41, 47 ff.
72In Auswertung der sog. Maastricht-I-Studie stellt beispielsweise Möller zu dem Vorschlag, gesetzlich in § 24a Abs. 1 StVG einen Grenzwert für ordnungswidriges Handeln bei 5 ng/ml festzuschreiben, fest:
73„Hierbei wurde nicht berücksichtigt, dass bei Gelegenheitskonsumenten durchaus die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigende Wirkungen bei THC-Konzentrationen auftreten können, die im Bereich von 1-2 ng/ml liegen und im Bereich von 2-5 ng/ml signifikant sind. Ein unterer Grenzwert sollte daher in jedem Fall bei 1 ng/ml liegen.“
74Möller, in: Berz/Burmann (Hrsg.), Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Band 2, Kap. 15. Arzneimittel und Drogen im Straßenverkehr, B. II. 4. g) dd) Rn. 158a.
75In dieselbe Richtung geht die Äußerung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung:
76„Wie auch bereits bei meinen Ausführungen zum Beschluss der Grenzwertkommission zu § 24a StVG dargelegt, ist unter Umständen auch bereits bei 1 ng THC/ml Blutserum eine cannabisbedingte verkehrssicherheitsrelevante Leistungseinbuße nicht ausgeschlossen.“
77b) Die zweite zentrale Aussage der Empfehlung der Grenzwertkommission ist nach den Ausführungen des Sachverständigen, dass bei einem Wert von 1 ng THC/ml Blutserum nicht zwingend darauf geschlossen werden könne, dass der letzte Konsum innerhalb weniger Stunden erfolgt sei. Er hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt:
78„Bezüglich des Sachverhalts, der der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts 3 C 3/13 zugrunde lag, ist darauf hinzuweisen, dass die Aussage des Konsumenten, der angibt, vor 24 Stunden letztmalig konsumiert zu haben, und bei dem die Blutuntersuchung ergibt, dass noch THC im Blut von über 1 ng/ml vorhanden ist, nicht zwingend die Schlussfolgerung erlaubt, dass es einen weiteren Konsumakt zwischen dem zugestandenen Konsum und der Abnahme der Blutprobe gegeben haben muss. Dies hängt im Wesentlichen davon ab, wie hoch konzentriert/dosiert der einen Tag zuvor aufgenommene Wirkstoff war.“
79Erläuternd hat der Sachverständige hierzu erklärt, dass aufgrund der Halbwertzeiten, die im Laufe des Abbauprozesses stetig höher würden und am Ende auf bis zu 24 Stunden ansteigen könnten, zwar 2 ng THC/ml Blutserum relativ schnell unterschritten würden, gerade im Bereich von 1 ng THC/ml Blutserum die Kurve aber sehr lang quasi parallel zu diesem Wert verlaufen könnte. Das Zeitfenster sei dementsprechend nicht so eng zu setzen. Selbst bei einem „normalen Joint“ müssten 24 Stunden angesetzt werden, um sicher zu sein, dass der Wert wieder unter 1 ng THC/ml Blutserum liege.
80Die zweite maßgebliche Aussage der Empfehlung der Grenzwertkommission betrifft nach diesen Ausführungen also die Frage, aus welchem THC-Wert – jedenfalls beim gelegentlichen Konsumenten – auf einen zeitnahen Cannabiskonsum geschlossen werden kann. Darauf aufbauend hat die Grenzwertkommission dann den Grenzwert von 3 ng THC/ml Blutserum vorgeschlagen, bei dessen Vorliegen auf mangelndes Trennungsvermögen im Sinne der Nichteinhaltung ausreichender Wartezeiten geschlossen werden könne.
81Dieses auf die Einhaltung ausreichender Wartezeiten zwischen Konsum und Fahrtantritt abstellende Verständnis von Trennvermögen hat sie auch im zweiten Satz des ersten Absatzes ihrer Empfehlung vorangestellt. Dort heißt es:
82„Als Voraussetzung für die Fahreignung gelegentlicher Cannabiskonsumenten wird die Einhaltung ausreichender Wartezeiten zwischen Konsum und Fahrtantritt gefordert (Trennungsvermögen, vgl. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV).“
83Dazu hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung ausgeführt:
84„Wenn das Trennvermögen so definiert wird, dass ein solches nicht vorliegt, wenn nach 4 bis 6 Std. Abstinenz ein bestimmter Grenzwert immer noch nicht unterschritten ist, so müsste dieser auf 3 ng THC/ml Blutserum festgesetzt werden. Dies entspricht der Empfehlung der Grenzwertkommission.“
85„Die Grenzwertkommission ist nicht dazu berufen, den Begriff des Trennens zu definieren. Wir haben in unserer Empfehlung das Verständnis vom Trennungsvermögen aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts 3 C 3/13 herausgelesen. Unter Zugrundlegung dieses Verständnisses haben wir dann unsere Empfehlung herausgegeben. Bei einer anderen Definition könnte es beim Wert von 1 ng THC/ml Blutserum verbleiben.“
86Und weiter:
87„Bereits bei 1 ng THC/ml Blutserum kann es zu einer Verkehrsbeeinträchtigung kommen. Bezüglich des fehlenden Trennvermögens stellt die Grenzwertkommission hingegen auf 3 ng THC/ml Blutserum ab. Läge ein Trennen von Konsum und Fahren dann noch vor, wenn der Fahrer damit rechnen muss bzw. kann, dass noch wirkaktives THC in seinem Körper ist, dann würde derselbe Grenzwert wie der, der für § 24a StVG von der Grenzwertkommission festgelegt wurde, gelten.“
88Daraus folgt für die juristische Bewertung einerseits, dass in Fällen, bei denen lediglich ein gelegentlicher Konsum vorliegt und eine Konzentration von 3 ng THC/ml Blutserum oder mehr gemessen wird, vom Fahren unter einer akuten Rauschwirkung, in der Leistungseinbußen wissenschaftlich unbestritten sind, ausgegangen werden kann. Zugleich wird in diesen Fällen auch von einer subjektiv vorwerfbar kurzen Wartezeit zwischen Konsum und Fahrantritt auszugehen sein, sodass diese Fälle schon nach dem alltäglichen Wortverständnis unschwer unter den Begriff des mangelnden Trennens gefasst werden können.
89Exemplarisch hat der Sachverständige insofern auf Nachfrage folgende Bewertung getroffen:
90„Wer im Straßenverkehr angetroffen wird und während der Verkehrsteilnahme, auch wenn dies nur einmalig ist, an einer Haschzigarette zieht, kann zwischen dem Fahren und dem Konsum nicht trennen.“
91Mit der rein zeitlichen Betrachtung knüpft die Empfehlung der Grenzwertkommission aber an einen sehr engen Begriff des mangelnden Trennvermögens an und schließt – wie der Sachverständige selbst konstatiert – andererseits nicht aus, dass aus juristischer Sicht auch andere Fallgestaltungen als Ausprägung des Tatbestandes des mangelnden Trennvermögens gefasst werden.
92Nur vor diesem Hintergrund erschließt sich auch der letzte Satz der Empfehlung der Grenzwertkommission, in der es heißt:
93„Eine Neubewertung des analytischen Grenzwertes von THC (1 ng/ml) gemäß der Empfehlung der Grenzwertkommission zur Anlage des § 24a Absatz 2 StVG ist nicht veranlasst.“
94Bei dem in diesem Beschluss festgesetzten Grenzwert handelt es sich zwar in erster Linie um einen analytischen Grenzwert. Er wurde aber empfohlen, „um den Nachweis der Substanz nicht völlig von der zunächst vom Gesetzgeber implizierten Wirkung zu lösen“.
95Möller, in: Berz/Burmann (Hrsg.), Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Band 2, Kap. 15. Arzneimittel und Drogen im Straßenverkehr, C. III. 4. b) Rn. 59.
96So lässt sich auch erklären, dass der entsprechende Wert von 1 ng THC/ml Blutserum aus dem Beschluss aus dem Jahr 2002 durch die Grenzwertkommission in ihrer Empfehlung im Jahr 2007 auch in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das diesem Wert eine Aussage zur Wirkgrenze entnahm,
97BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 – 1 BvR 2652/03 –, juris Rn. 29,
98unverändert übernommen wurde.
99Dementsprechend hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung zu dem durch die Grenzwertkommission zu § 24a Abs. 2 StVG festgelegten Grenzwert ausgeführt:
100„Bei 1 ng THC/ml Blutserum handelt es ich um einen rein analytischen Wert. Die Analysemethoden könnten so verfeinert werden, dass auch ein niedrigerer Wert ermittelt werden könnte. Dies würde aber im Hinblick auf die Fragestellung keinen weiteren Sinn ergeben. Bei dem Wert von 1 ng/ml handelt es sich um eine Wirkgrenze in Bezug auf § 24a StVG. Der Wert von 1 ng/ml ist insoweit zu verstehen, dass bei dieser Menge die Möglichkeit einer Beeinträchtigung besteht, wie sie das Bundesverfassungsgericht zur verfassungskonformen Auslegung des Gesetzes für erforderlich hält.“
101Eben diese Möglichkeit einer Beeinträchtigung ist aber in rechtlicher Hinsicht wie oben dargelegt auch für die Frage des Trennens von Cannabiskonsum und Fahren im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV maßgeblich. Der gelegentlich Cannabis konsumierende Autofahrer kann nach alledem nicht zwischen Konsum und Fahren hinreichend trennen, wenn er ein Kraftfahrzeug mit einer THC-Konzentration oberhalb eines Wertes von 1 ng/ml im Blutserum führt.
102So in Kenntnis der Empfehlung der Grenzwertkommission bereits VG Düsseldorf, Beschluss vom 24.11.2015 – 14 L 3652/15 – und VG Münster , Beschluss vom 2. Dezember 2015 – 10 L 1391/15 –.
103Dies gilt selbst dann, wenn zwischen dem Konsum und der Fahrt bereits mehrere Stunden liegen, die die Annahme nahelegen könnten, dass die Wirkungsdauer des Konsumierten nicht mehr fortbesteht.
104Vgl. bereits VG Gelsenkirchen , Urteil vom 25. Mai 2010 – 9 K 3406/09 –, juris Rn. 70.
105Denn nicht ein bestimmter Zeitablauf zwischen Konsum und Fahren ist aus juristischer Sicht für das mangelnde Trennungsvermögen maßgeblich, sondern vielmehr – wie dargelegt – das Vorhandensein einer die Möglichkeit der verkehrsrelevanten Leistungseinbuße begründenden THC-Konzentration im Blutserum zum Zeitpunkt des Fahrens.
106Eine Erhöhung des Wertes ist auch im Hinblick auf die ebenfalls in der Empfehlung der Grenzwertkommission thematisierte Erforderlichkeit eines Sicherheitszuschlages nicht geboten. Begründet wird dieser mit den bei der konkreten Ermittlung des THC-Wertes einer einzelnen Blutprobe bestehenden Messwertschwankungen.
107Die entsprechende Passage in der Empfehlung lautet:
108„In empirischen Studien ist eine rechnerische Korrektur der Werte nicht erforderlich, da sich die Unsicherheiten der Einzelmessungen bei einer Gesamtbetrachtung der Daten herausmitteln. Um dagegen bei einer konkreten Einzelmessung eine Benachteiligung zu vermeiden, wäre eine Messwertschwankung von maximal 30% zu berücksichtigen. Ein nach Studienlage bestimmter Grenzwert müsste daher mit einem entsprechenden Sicherheitszuschlag belegt werden (Beispiel: nimmt man den obigen Wert von 2,0 ng THC/ml Blutserum an, so ergäbe sich rein rechnerisch eine Entscheidungsgrenze von 2,86 ng THC/ml Blutserum).“
109Der Sachverständige hat dazu in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt:
110„Der Sicherheitszuschlag von 30 % wird empfohlen, weil eine individuelle Blutprobe, in einem einzigen Labor untersucht, mit einer Messungenauigkeit von 30 % versehen ist. Dies führt dazu, dass erst ab einer gemessenen Konzentration von 2,86 ng/ml mit Sicherheit gesagt werden kann, dass derjenige, dem die Blutprobe entnommen wurde, eine Konzentration von mindestens 2,0 ng THC/ml Blutserum hatte.“
111Eine Alternative wäre nach den Ausführungen des Sachverständigen, die individuellen Messunsicherheiten des jeweiligen Labors abzuziehen.
112Insofern handelt es sich bei der Frage, zu wessen Lasten entsprechende – auch bei lege artis nach den Regeln der Gesellschaft für toxikologische und forensische Chemie ermittelten Messwerten unvermeidbare – Messunsicherheiten gehen müssen, nicht um eine naturwissenschaftliche, sondern um eine wertende, originär juristische Fragestellung, die aufgrund des Normzwecks der jeweiligen Vorschrift zu beantworten ist.
113Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 – ausgeführt:
114„Bei der Frage, ob solche Messungenauigkeiten einen „Sicherheitsabschlag“ erforderlich machen, handelt es sich nicht anders als bei der Bestimmung des Gefährdungsmaßstabes um eine Frage der Risikozurechnung. Es geht darum, ob die verbleibende Ungewissheit, dass der „wahre“ THC Wert nicht an der unteren sondern ebenso an der oberen Grenze dieser Schwankungsbreite liegen kann, von dem Cannabiskonsumenten, der sich nach dem Rauschmittelkonsum an das Steuer eines Kraftfahrzeugs selbst, oder aber von den anderen Verkehrsteilnehmern zu tragen ist. Da der Cannabiskonsument den Gefährdungstatbestand schafft, liegt es auf der Hand, dass die verbleibende Unsicherheit zu seinen Lasten gehen muss. Angesichts der Zielrichtung des Fahrerlaubnisrechts, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten und Gefahren für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer soweit wie möglich auszuschließen, liegt in dieser Risikozuordnung eine verhältnismäßige Beschränkung seiner Rechte.
115Unabhängig davon darf nicht übersehen werden, dass die bei der Untersuchung von Blutproben nicht zu vermeidenden Messungenauigkeiten bereits bei der Festsetzung der analytischen Grenzwerte berücksichtigt worden sind, die die Grenzwertkommission in Bezug auf die in der Anlage zu § 24a StVG aufgeführten Liste der berauschenden Mittel und Substanzen vorgenommen hat. Im Beschluss der Grenzwertkommission vom 22. Mai 2007 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Grenzwerte einen Sicherheitszuschlag enthalten (Blutalk 2007, 311).
116Verbleibende Schwankungsbreiten selbst bei lege artis erfolgenden THC-Messungen müssen auch nicht nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zu Gunsten des Betroffenen gehen und deshalb zu einem Sicherheitsabschlag führen. Dieser für eine strafrechtliche oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Ahndung geltende Grundsatz kommt im Gefahrenabwehrrecht, dem die Fahrerlaubnis-Verordnung zuzurechnen ist, schon wegen dessen anderer Zielrichtung nicht zur Anwendung. Selbst für die strafrechtliche oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Ahndung von Fahrten unter Cannabiseinfluss geht die Rechtsprechung im Übrigen davon aus, dass der gemessene THC-Wert nicht um einen Sicherheitsabschlag zu verringern ist (…).“
117Diesen Ausführungen, die in Übereinstimmung mit der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen stehen,
118vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 61 ff. m.w.N.,
119schließt sich die erkennende Kammer vollumfänglich an.
120Hinzu kommt die Überlegung, dass üblicherweise in der Zeit zwischen der Beendigung der Fahrt durch eine Polizeikontrolle und der Blutentnahme – und erst Recht zwischen dem eigentlich relevanten Fahrtantritt und der Blutentnahme – eine deutliche Verringerung der THC-Messwerte eintritt. Wenngleich der Substanzabbau bei Cannabis im jeweiligen Einzelfall nicht konkret berechnet werden kann, steht doch außer Frage, dass er stattfindet und sich zugunsten des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers auswirkt. Soweit sich die Messungenauigkeiten zu Lasten des Betroffenen auswirken, wird dies durch diesen Umstand jedenfalls in gewissem Umfang wieder relativiert.
121Vgl. dazu auch OVG NRW, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 67.
122Nach alledem hat der Kläger durch seine Fahrt unter Cannabiseinfluss am 26. August 2015 belegt, dass er nach dem vorgenannten Maßstab nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen kann. Dass der Kläger unter der Wirkung von Cannabis ein Fahrzeug geführt hat, folgt aus dem rechtsmedizinischen Gutachten vom 1. Oktober 2015, aus dem sich ergibt, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Blutentnahme am 26. August 2015 unter THC-Einfluss stand. Das toxikologische Gutachten hat für die dem Kläger entnommene Blutprobe eine THC-Konzentration von 2,8 ng/ml Blutserum ergeben.
123Zwar gelten die in der Anlage 4 zur FeV vorgenommenen Bewertungen nach Maßgabe der Vorbemerkung Nr. 3 Satz 1 (nur) für den Regelfall. Kompensationen durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen sind möglich (Nr. 3 Satz 2 der Vorbemerkung zu Anlage 4). Dabei obliegt es im Einzelfall dem Rechtsschutzsuchenden, solche Tatsachen geltend zu machen.
124Vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 30. Juni 2003 – 1 B 206/03 –, juris Rn 7; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Mai 2002 – 10 S 835/02 –, juris Rn 6.
125Atypische Umstände in der Person des Klägers, die ein Abweichen von der normativen Regelfallannahme der Nichteignung begründen könnten, sind vorliegend aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
126Für eine Wiedererlangung der Fahreignung im für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides ist nichts ersichtlich.
127Ein Ermessen stand der Beklagten gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG nicht zu, sodass auch die vom Kläger vorgetragenen besonderen Konsequenzen einer Fahrerlaubnisentziehung für ihn zu keiner anderen Entscheidung führen konnten.
128Die in dem Bescheid enthaltene Aufforderung, den Führerschein zur Eintragung der Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, vorzulegen, findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Satz 3 2. Alt. StVG.
129Die Festsetzung der Gebühren und Auslagen ist ebenfalls rechtmäßig. Die Gebührenfestsetzung findet ihre Grundlage in § 6a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StVG i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt). Die Verwaltungsgebühr in Höhe von 200,- € hält sich in dem von § 1 Abs. 1 GebOSt i.V.m. Nr. 206 der Anlage zu § 1 GebOSt gesetzten Rahmen von 33,20 € bis 256,- €. Die Auslagen in Form von Zustellkosten in Höhe von 3,45 € sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt von dem Kläger zu tragen.
130Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
131Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Absatz 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.
(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.
(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.
(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.
(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.
(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.
(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen
- 1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder - 2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
(1) Nach der Entziehung sind von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern oder bei Beschränkungen oder Auflagen zur Eintragung vorzulegen. Die Verpflichtung zur Ablieferung oder Vorlage des Führerscheins besteht auch, wenn die Entscheidung angefochten worden ist, die zuständige Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat.
(2) Nach der Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung oder bei Beschränkungen oder Auflagen sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde vorzulegen; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Nach einer Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung wird auf dem Führerschein vermerkt, dass von der Fahrerlaubnis im Inland kein Gebrauch gemacht werden darf. Dies soll in der Regel durch die Anbringung eines roten, schräg durchgestrichenen „D“ auf einem dafür geeigneten Feld des Führerscheins, im Falle eines EU-Kartenführerscheins im Feld 13, und bei internationalen Führerscheinen durch Ausfüllung des dafür vorgesehenen Vordrucks erfolgen. Im Falle von Beschränkungen oder Auflagen werden diese in den Führerschein eingetragen. Die entscheidende Behörde teilt die Aberkennung der Fahrberechtigung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung in Deutschland der Behörde, die den Führerschein ausgestellt hat, über das Kraftfahrt-Bundesamt mit. Erfolgt die Entziehung durch die erteilende oder eine sonstige zuständige ausländische Behörde, sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der Fahrerlaubnisbehörde vorzulegen und dort in Verwahrung zu nehmen. Die Fahrerlaubnisbehörde sendet die Führerscheine über das Kraftfahrt-Bundesamt an die entziehende Stelle zurück.
(3) Ist dem Betroffenen nach § 31 eine deutsche Fahrerlaubnis erteilt worden, ist er aber noch im Besitz des ausländischen Führerscheins, ist auf diesem die Entziehung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung zu vermerken. Der Betroffene ist verpflichtet, der Fahrerlaubnisbehörde den Führerschein zur Eintragung vorzulegen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.
(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:
- 1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung, - 2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes, - 4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt, - 5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.
(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung
- 1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis, - 2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung, - 3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle, - 4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder - 5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
Personen, die bis zum 9. September 1996 die fachlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 4 des Rechtsanwaltsgesetzes vom 13. September 1990 (GBl. I Nr. 61 S. 1504) erfüllt haben, stehen in den nachfolgenden Vorschriften einer Person mit Befähigung zum Richteramt gleich:
- 1.
§ 6 Abs. 2 Satz 1 und § 7 Abs. 2 Satz 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes, - 2.
§ 78 Absatz 2 und § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 der Zivilprozessordnung, - 3.
§ 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 4.
§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes, - 5.
§ 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes, - 6.
§ 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 7.
§ 62 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, - 8.
§ 97 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Patentgesetzes, - 9.
§ 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Markengesetzes.