Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Dez. 2014 - M 25 K 13.5227

bei uns veröffentlicht am10.12.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

M 25 K 13.5227

Im Namen des Volkes

Urteil

10. Dezember 2014

25. Kammer

Sachgebiets-Nr. 532

Hauptpunkte: Ermessenseinbürgerung; Ungeklärte Identität und Staatsangehörigkeit; Keine ausreichenden Bemühungen, Mitwirkungspflicht; Herkunftsland: Irak

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

1. ...

2. ...

3. ...

4. ...

zu 2 bis 4: vertreten durch den Vater ..., zu 1 bis 4 wohnhaft: ...

- Kläger -

zu 1 bis 4 bevollmächtigt: Rechtsanwältin ...

gegen

Freistaat Bayern

vertreten durch: Regierung von Oberbayern, Prozessvertretung, Bayerstr. 30, 80335 München

- Beklagter -

wegen StAG; Einbürgerung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 25. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die ehrenamtliche Richterin ... die ehrenamtliche Richterin ... ohne weitere mündliche Verhandlung am 10. Dezember 2014 folgendes

Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Kläger begehren ihre Einbürgerung.

Der im Jahr 1976 in ... geborene Kläger zu 1) besitzt die irakische Staatsangehörigkeit. Er reiste 1992 im Rahmen der Familienzusammenführung mit einem damals gültigen irakischen Reisepass zu seinem Vater in das Bundesgebiet ein, nachdem er etwa seit seinem 3. Lebensjahr bei seiner Mutter in ... gelebt hatte. Der Pass wurde in der Folgezeit nicht mehr verlängert, da die zuständige Ausländerbehörde dies aufgrund des Flüchtlingsstatus seines Vaters (zunächst) für nicht zumutbar erachtet hatte. Der Kläger zu 1) wies sich fortan mit Reisedokument und Ausweisersatz aus. Seit 15. April 2002 ist er im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis bzw. einer Niederlassungserlaubnis und betreibt aktuell einen Gebrauchtwagenhandel. Er ist mit einer türkischen Staatsangehörigen verheiratet und hat mit dieser vier Kinder. Das vierte Kind ist bereits seit der Geburt deutscher Staatsangehöriger, alle vier Kinder sind im Bundesgebiet geboren.

Nachdem der Kläger zu 1) bereits im Jahr 2003 einen ersten Antrag auf Einbürgerung gestellt hatte, dieser jedoch bestandskräftig abgelehnt wurde, beantragte er am 20. Mai 2008 erneut die Einbürgerung, beschränkt auf die Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG. Gleichzeitig stellte er gemeinsam mit seiner Ehefrau für die drei erstgeborenen Kinder (die Kläger zu 2) bis 4)) den Antrag auf Miteinbürgerung.

Mit Bescheid vom ... Oktober 2013, zugestellt am 14. Oktober 2013, lehnte der Beklagte die Einbürgerungsanträge nach § 8 StAG ab. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass bereits die gesetzlichen Mindestvoraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG (Sicherung des Lebensunterhalts) nicht erfüllt seien. Der Kläger zu 1) sei nicht im Stande, sich und seine Angehörigen nachhaltig und auf Dauer aus einem selbst erwirtschafteten Einkommen zu ernähren. Auch eine ausreichende soziale Absicherung gegen Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und für das Alter seien nicht gegeben. Das Einkommen des Klägers aus der selbstständigen Tätigkeit als Betreiber eines Gebrauchtwagenhandels und das Einkommen aus den Beschäftigungen der Ehefrau reichten nach Aktenlage nicht aus, um die Familie mit vier Kindern aus eigenen Mitteln zu unterhalten. Ein Fall der Öffnungsklausel nach § 8 Abs. 2 StAG werde nicht geltend gemacht und liege auch nicht vor.

Zudem sei der Kläger zu 1) seiner Verpflichtung zur Klärung seiner Identität bislang nicht nachgekommen. Dem Beklagten liege derzeit keine aktuelle irakische Personenstandsurkunde des Klägers zu 1) vor. Bereits seit 2005 sei der Kläger zu 1) aufgefordert worden, sich um einen irakischen Nationalpass zu bemühen. Entsprechende aussagekräftige Nachweise hierüber seien nicht vorgelegt worden. Der alte irakische Nationalpass, der bereits 1995 abgelaufen sei, habe zudem eine andere Namensführung als die jetzt vom Kläger zu 1) angegebene gehabt. Auch seien die entsprechenden irakischen Personenstandsurkunden Voraussetzung für die für die Einbürgerung erforderliche Entlassung aus der irakischen Staatsangehörigkeit. Der Kläger zu 1) sei seinen Mitwirkungspflichten bislang nicht ausreichend nachgekommen. Die von ihm zuletzt vorgelegte Bestätigung besage nur, dass eine Registrierung nicht erfolgt sei, nicht aber, dass der Kläger zu 1) die irakische Staatsangehörigkeit, wie er behaupte, überhaupt nicht besitze bzw. eine Nachregistrierung nicht möglich sei.

Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 14. November 2013, am selben Tag beim Verwaltungsgericht München eingegangen, Klage mit dem Antrag erheben,

den Bescheid des Beklagten vom ... Oktober 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, „den Einbürgerungsanträgen des Klägers stattzugeben und den Kläger einzubürgern“.

Mit Schriftsatz vom 18. November 2013 stellte die Bevollmächtigte klar, dass der Antrag auch für die Kläger zu 2) bis 4) gelten solle.

In ihrer Klagebegründung vom 13. Februar 2014 machte die Bevollmächtigte der Kläger im Wesentlichen geltend, der ursprüngliche irakische Reisepass des Klägers zu 1) habe im Nachhinein nicht mehr verlängert werden können. Sie zitierte aus einem Schriftverkehr mit dem irakischen Generalkonsulat vom 25. März 2010, wonach ohne die Vorlage der irakischen Staatsangehörigkeitsurkunde sowie des irakischen Personalausweises im Original der Antrag auf Ausstellung eines irakischen Reisepasses nicht angenommen werden könne. Diese Bestätigung behalte ihre Gültigkeit, solange die oben genannten erforderlichen Dokumente dem Generalkonsulat nicht vorlägen. Auch bezog sich die Bevollmächtigte auf weitere schriftliche Anfragen der vormaligen Bevollmächtigten des Klägers zu 1) an das irakische Generalkonsulat, die jedoch unbeantwortet geblieben seien.

Im Übrigen trug der Kläger zu 1), auch in der mündlichen Verhandlung am 22. Oktober 2014, ergänzend vor, er sei 1979 mit seiner Mutter in die Türkei ausgewandert, nachdem sein Vater ihn verlassen habe. 1982 sei seine Mutter gestorben, er sei dann bei Verwandten aufgewachsen, bis er 1992 zu seinem Vater nach Deutschland gezogen sei. Er beherrsche türkisch in Wort und Schrift, arabisch könne er nicht lesen. Die Beteiligten erklärten sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Behördenakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 22. Oktober 2014 Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO.

Entscheidungsgründe:

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte ohne weitere mündliche Verhandlung in der Sache entschieden werden, § 101 Abs. 2 VwGO.

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom ... Oktober 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Einbürgerung im Ermessensweg nach § 8 Abs. 1 StAG, § 113 Abs. 5 VwGO. Eine Ermessensreduzierung auf Null liegt nicht vor. Die Ermessensentscheidung des Beklagten ist nicht zu beanstanden, § 114 VwGO.

1. Unabhängig von der ausreichenden Sicherung des Lebensunterhalts des Klägers zu 1) für sich und seine Familie i. S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG scheitert die Einbürgerung der Kläger im Ermessenswege bereits daran, dass die Identität des Klägers zu 1) nicht zweifelsfrei in einer Art und Weise feststeht, wie dies für die Einbürgerung vorausgesetzt werden muss.

Die Klärung der Identität eines jeden Einbürgerungsbewerbers ist grundsätzlich zwingende Voraussetzung einer Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG, weil die Einbürgerung nicht dazu dient, einer Person eine vollkommen neue Identität oder eine zusätzliche Alias-Identität zu verschaffen. Es besteht ein erhebliches staatliches Interesse daran zu verhindern, dass ein und dieselbe Person im Rechtsverkehr mit mehreren unterschiedlichen Identitäten und amtlichen Ausweispapieren auftreten kann (vgl. Häußler, neuere Rechtsprechung des BVerwG zum Staatsangehörigkeitsrechts, DVBl 2013, 1228/1229). Wegen der erheblichen Missbrauchsgefahr bei einer ungeprüften Übernahme der Identitätsangaben eines Antragstellers entfällt die Notwendigkeit der Identitätsprüfung selbst bei anerkannten Flüchtlingen (zu denen der Kläger nicht gehört) nicht, obwohl bei diesem Personenkreis typischerweise oft Beweisschwierigkeiten in Bezug auf ihre Identität bestehen. Diesen wird durch Erleichterung bei der Beweisführung, nicht aber durch einen generellen Verzicht auf die Identitätsfeststellung Rechnung getragen (BVerwG, U.v. 1.9.2011, 5 C 27/10 - juris Rn. 16; hierzu auch BayVGH, B.v. 13.11.2014, Az. 5 ZB 14.1356 - juris Rn. 9 ff.). Dieser Gedanke ist auch auf die Ermessenseinbürgerung übertragbar.

Ausweislich der bislang dem Beklagten sowie dem Gericht vorgelegten Unterlagen steht lediglich fest, dass der Kläger zu 1) im Besitz eines irakischen Nationalpasses gewesen ist, der aufgrund der Flüchtlingsanerkennung seines Vaters und der damit behördlicherseits zugestandenen Unzumutbarkeit einer Vorsprache bei irakischen Behörden nicht mehr verlängert wurde und in Folge dessen am 4. September 1995 seine Gültigkeit verloren hat. Unter Geburtsort und Geburtsdatum ist lediglich vermerkt „...-1976“. Der Kläger zu 1) gab in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hierzu an, dieser Pass sei ihm 1991 auf Antrag in der irakischen Botschaft in Istanbul ausgestellt worden, nachdem er 1979 mit seiner Mutter in die Türkei ausgewandert sei. Die Bevollmächtigte des Klägers hat hierzu vorgetragen, dass dem Kläger zu 1) anlässlich von Bemühungen, beim irakischen Generalkonsulat in Frankfurt a. Main einen neuen irakischen Nationalpass zu bekommen, mitgeteilt wurde, dass für die Ausstellung eines Reisepasses die Vorlage der irakischen Staatsangehörigkeitsurkunde sowie des irakischen Personalausweises im Original erforderlich seien. Ohne die Vorlage dieser Dokumente könne der Antrag auf Ausstellung eines irakischen Reisepasses nicht angenommen werden. Spätestens seit diesem Schreiben des Generalkonsuls vom 25. März 2010 wusste der Kläger zu 1) also, dass er sich zunächst um die Ausstellung einer irakischen Staatsangehörigkeitsurkunde bzw. um seine Nachregistrierung im Irak als irakischer Staatsangehöriger bemühen muss. Weitere Auskünfte ergingen offenkundig seitens des irakischen Generalkonsulats nicht mehr.

Entsprechend aussagekräftige Nachweise über Bemühungen des Klägers zu 1), etwa über einen Vertrauensanwalt eine Bestätigung seiner irakischen Staatsangehörigkeit und damit die Voraussetzung für die Ausstellung eines irakischen Nationalpasses oder aber eines entsprechenden Negativzeugnisses beizubringen, hat der Kläger zu 1) bislang nicht vorgelegt. In einem solchen Verfahren wäre beispielsweise auch zu klären, ob der Kläger zu 1) wirklich, wie er dies im ausländerrechtlichen Verfahren immer wieder vorgebracht hat, am 1. Juli 1976 geboren wurde. Aus dem ungültigen irakischen Nationalpass ergeben sich diese Angaben jedenfalls nicht. Zweifel an der wahren Identität des Klägers zu 1) bzw. auch seiner irakischen Staatsangehörigkeit können sich auch aus der Bescheinigung der „Technischen Kommission“ vom 25. August 2011 betreffend den Vater des Klägers zu 1) (Blatt 76 der Einbürgerungsakte) ergeben, wonach der Vater des Klägers zu 1) im Jahre 1957, also drei Jahre nach seiner (des Vaters) Geburt, in allen Bezirken des Landes nicht registriert worden war. Dann bleibt aber zweifelhaft, wie der Kläger zu 1) überhaupt über die irakische Botschaft in Istanbul einen irakischen Nationalpass erhalten konnte.

Die Frage, ob die Beschaffung von Identitätsnachweisen im Heimatland über dazu bevollmächtigte Dritte letztlich zu einem Erfolg führt, kann nur durch entsprechende ernsthafte Versuche des Klägers zu 1) selbst beantwortet werden. Offensichtlich verkennt der Kläger zu 1), dass ihn neben der Pflicht, an allen zumutbaren Handlungen mitzuwirken, die die Behörden von ihm verlangen, auch selbstverständlich eine Initiativpflicht trifft. Das bedeutet, dass er nicht untätig bleiben und nur darauf warten darf, welche weiteren Handlungen die Behörde von ihm verlangt. Er ist nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vielmehr gehalten, eigenständig die Initiative zu ergreifen, um nach Möglichkeiten zu suchen, die zwingenden Voraussetzungen für die von ihm begehrte Einbürgerung zu erfüllen. Verbleibende Zweifel gehen im Fall der Unaufklärbarkeit zulasten des Betroffenen, dem die materielle Beweislast für die Erfüllung der Einbürgerungsvoraussetzungen obliegt (vgl. BayVGH - B.v. 13.11.2014 a. a. O. - Rn. 7 m. w. N.).

Das von der Bevollmächtigten der Kläger vorgelegte Schreiben des irakischen Generalkonsulats Frankfurt a.M. vom 25. März 2010, aus dem sich lediglich ergibt, dass der Kläger eine irakische Staatsangehörigkeitsurkunde besorgen muss, erfüllt jedenfalls nicht diese Anforderungen.

2. Vor diesem Hintergrund kann vorliegend dahinstehen, ob der Kläger zu 1) i. S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG sich und seine Angehörigen zu ernähren im Stande ist, d. h. in der Lage ist, den eigenen und den Lebensunterhalt der Familie sowie etwaige gegen ihn gerichtete Unterhaltsansprüche nachhaltig und auf Dauer aus einem selbst erwirtschafteten Einkommen, einem eigenen Vermögen oder einem bestehenden Unterhaltsanspruch gegen einen Dritten zu bestreiten. Des Weiteren erfordert die erforderliche Unterhaltsfähigkeit eine ausreichende Absicherung gegen Krankheit, Pflegebedürftigkeit sowie eine ausreichende Alterssicherung. In diesem Zusammenhang wird es maßgeblich darauf ankommen, ob der Kläger zu 1) mit seinem derzeit geführten Gebrauchtwagenhandel nachhaltig und regelmäßig ein ausreichendes Einkommen erzielt. Die hierzu dem Gericht vorliegenden Zahlen lassen vermuten, dass sich der Gewerbebetrieb des Klägers zu 1) noch in der Aufbauphase befindet. Nach dem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2012 betrug das zu versteuernde Einkommen rund 27.000 Euro, nachdem für das gesamte Jahr 2011 ein Verlust von über 1.300 Euro ausgewiesen ist. Ob der laut einer betriebswirtschaftlichen Auswertung errechnete Gewinn für die Zeit von Januar bis September 2014 in Höhe von knapp 20.000 Euro nachhaltig ist, kann vor diesem Hintergrund nicht abschließend beurteilt werden. Die Ehefrau des Klägers zu 1) arbeitet im Niedriglohnsektor in befristeten Arbeitsverhältnissen. Der Kläger zu 1) hat offensichtlich bislang Rentenanwartschaften in Höhe von knapp 400 Euro erworben. Bei Bezahlung der im Durchschnitt der letzten fünf Jahre geleisteten Beiträge würde er bei Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente von rund 1.166 Euro erhalten.

Angesichts der nicht geklärten Identität und Staatsangehörigkeit des Klägers zu 1) muss die Frage des gesicherten Lebensunterhalts an dieser Stelle jedoch nicht abschließend bewertet werden.

3. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auch bei Erfüllung der in § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StAG bezeichneten Mindestvoraussetzungen bzw. im Falle eines Absehens von den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG nach § 8 Abs. 2 StAG durch die Einbürgerungsbehörde (wofür sich bei derzeitigem Sachstand keine Anhaltspunkte ergeben) die Einbürgerung grundsätzlich im weiten Ermessens des Beklagten liegt. Bei der Ausübung des Ermessens ist darauf abzustellen, ob ein staatliches Interesse an der beantragten Einbürgerung besteht. Die Behörde hat zu prüfen, ob die Einbürgerung sowohl nach den persönlichen Verhältnissen des Bewerbers als auch nach allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten im staatlichen Interesse erwünscht ist, ohne dass eine Abwägung mit den persönlichen Interessen des Einbürgerungsbewerbers stattfindet (BVerwG, U.v. 27.5.2010 - 5 C 8.09 - juris). Gesichtspunkte, die für eine Ermessensreduzierung auf Null sprechen, wurden weder vorgetragen, noch sind solche ersichtlich.

Nachdem der Kläger zu 1) weder einen Anspruch gegen den Beklagten auf Einbürgerung vorbringen kann, noch der Beklagte zu verpflichten ist, über den Einbürgerungsantrag des Klägers zu 1) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, besteht auch an der (Mit-) Einbürgerung der Kläger zu 2) bis 4) kein öffentliches Interesse. Auch insoweit ist der Bescheid des Beklagten nicht zu beanstanden. Dass der Beklagte unter Berücksichtigung der oben aufgeführten offenen Fragen kein öffentliches Interesse an der Einbürgerung der Kläger sieht, ist daher im eingeschränkten Überprüfungsrahmen des § 114 VwGO vom Gericht nicht zu beanstanden.

Im Übrigen wird auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids Bezug genommen, § 117 Abs. 5 VwGO.

Die Klage ist somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung erfolgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 40.000 festgesetzt(§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. Ziffer 42.1 des Streitwertkatalogs).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 Münchenschriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist kurdische Volkszugehörige yezidischen Glaubens. Sie wurde nach eigenen Angaben am 17. Juli 1988 in der Türkei geboren. Als siebenjähriges Kind reiste sie gemeinsam mit ihren Eltern und Schwestern ohne Ausweispapiere in die Bundesrepublik Deutschland ein. Mit Bescheid vom 31. Mai 1999 wurde sie als Asylberechtigte anerkannt. Dem lag eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Lüneburg zu Grunde, nach der die Familie auf Grund ihres yezidischen Glaubens in der Türkei einer mittelbaren staatlichen Gruppenverfolgung ausgesetzt war.

2

Die Klägerin ist Inhaberin eines Reiseausweises für Flüchtlinge. In ihrem im Juli 2004 ausgestellten Ausweis war vermerkt: "Identität nicht nachgewiesen". In dem Ausweis vom Oktober 2008 heißt es: "Die eingetragenen Personalien beruhen auf eigenen Angaben des Ausländers". Nach einer Mitteilung des türkischen Generalkonsulats vom 6. Juli 1995 sind die Klägerin und ihre Familie nicht in der Türkei registriert.

3

Seit Juni 1999 besitzt die Klägerin eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die seit Januar 2005 als Niederlassungserlaubnis fortgilt. Sie ist nicht vorbestraft, hat in Deutschland das Abitur abgelegt und erhält als Studentin für sich und ihren Sohn Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz.

4

Im September 2004 beantragte die Klägerin ihre Einbürgerung. Dabei legte sie das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und die sogenannte Loyalitätserklärung ab. Auf Anfrage der Einbürgerungsbehörde erklärte sie, dass sie nicht in der Lage sei, ihre Identität nachzuweisen. Auf die Aufforderung des Beklagten, sich gegebenenfalls unter Einschaltung einer Mittelsperson um (amtliche) Dokumente zu bemühen, die Aufschluss über ihre Identität geben könnten, reagierte die Klägerin nicht. Die Beklagte lehnte die Einbürgerung der Klägerin mit Bescheid vom 22. Januar 2007 in erster Linie wegen der ungeklärten Identität ab. Die Klägerin habe trotz Hinweises auf ihre gesetzliche Mitwirkungs- und Nachweispflicht innerhalb der gesetzten Frist keine Identitätsnachweise vorgelegt. Ihr nicht näher begründeter Widerspruch blieb erfolglos.

5

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 6. Mai 2009 abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens zog die Klägerin aus dem Bereich der Beklagten fort. Die Beklagte führte mit Zustimmung des nunmehr zuständigen Landkreises und der Klägerin das Verfahren fort. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, die Klägerin in den deutschen Staatsverband einzubürgern. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG 2005. Sie erfülle alle ausdrücklich normierten Tatbestandsvoraussetzungen. Die Einbürgerung dürfe nicht wegen der ungeklärten Identität der Klägerin versagt werden. Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 StAG 2005 fordere anders als § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG keine Identitätsklärung als Regelvoraussetzung. Nach der Systematik des Gesetzes werde die Identität im ausländerrechtlichen Verfahren geklärt, während das Staatsangehörigkeitsrecht keine erneute Prüfung vorsehe. Das Staatsangehörigkeitsgesetz knüpfe an die von der Ausländerbehörde erteilten Aufenthaltstitel und Ausweispapiere an. In der Regel werde dadurch die Identität des Ausländers hinreichend bestimmt. Soweit dies nach § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise nicht der Fall sei, habe der Gesetzgeber im aufenthaltsrechtlichen Verfahren bewusst darauf verzichtet und im Ausweiserteilungsverfahren nach Art. 28 GFK eine abgestufte Identitätsermittlungspflicht vorgesehen. Da ein Reiseausweis nach Art. 28 GFK erst ausgestellt werden dürfe, wenn die Identität des Ausländers hinreichend geklärt sei oder mit zumutbaren Mitteln nicht weiter aufgeklärt werden könne, sei eine erneute Überprüfung der Identität durch die Staatsangehörigkeitsbehörde nicht vorgesehen. Schließlich folge aus der Entstehungsgeschichte des § 10 StAG, dass die Einbürgerungsvoraussetzungen abschließend festgelegt worden seien. Für ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der geklärten Identität bestehe daher kein Raum. Im Übrigen spreche viel dafür, dass die Identität der Klägerin ausreichend geklärt und weitere Bemühungen um die Beschaffung von Dokumenten aussichtslos seien.

6

Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, die Prüfung der Identität sei nach der gesetzlichen Systematik nicht allein den Ausländerbehörden vorbehalten. Sinn und Zweck des gesamten Staatsangehörigkeitsrechts und des § 10 StAG 2005 erforderten eine Auslegung der Vorschrift, bei der zumindest in Zweifelsfällen - wenn durch die Ausländerbehörde etwa aus humanitären Gründen auf eine zweifelsfreie Identifizierung verzichtet worden sei - auch die Einbürgerungsbehörde eine Identitätsklärung vornehmen dürfe und müsse. Nur so könne sichergestellt werden, dass nicht Personen, die über ihre Identität gegenüber der Ausländerbehörde getäuscht hätten, deutsche Staatsangehörige würden. Soweit das Oberverwaltungsgericht die Identität der Klägerin als weitgehend geklärt angesehen habe, handele es sich nicht um eine selbstständig tragende Urteilsbegründung. Tatsächlich bestünden konkrete Verdachtsmomente für eine Identitätsfälschung, weil der Vater der Klägerin im Rahmen des Asylverfahrens ge- bzw. verfälschte Nüfen vorgelegt habe, seine Angaben mit denen des angeblichen Onkels der Klägerin in dessen Asylverfahren nicht übereinstimmten und die Familie nach Mitteilung des türkischen Generalkonsulats Hannover vom 6. Juli 1995 nicht in der Türkei registriert worden sei. Die Yeziden siedelten nicht nur im Südosten der Türkei, sondern auch im Nordosten Syriens und im Norden des Irak.

7

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass im Einbürgerungsverfahren nach § 10 Abs. 1 StAG keine Identitätsprüfung durchzuführen ist, verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entscheiden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Einbürgerung hat. Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

9

1. Für die Beurteilung des Falles ist, weil die Klägerin ihren Einbürgerungsantrag bereits im September 2004 gestellt hat, die Übergangsregelung des § 40c StAG anzuwenden mit der Folge, dass § 10 Abs. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes in der Fassung des Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 1950, im Folgenden: StAG 2005) maßgeblich ist. Nach dieser Vorschrift ist ein Ausländer, der seit acht Jahren seinen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland hat, auf Antrag einzubürgern, wenn er sich erstens zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt und eine sogenannte Loyalitätserklärung abgibt, zweitens im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines vergleichbaren langfristigen Aufenthaltstitels ist, drittens seinen Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bestreiten kann, viertens seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert und fünftens nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist.

10

Im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass die Klägerin seit mehr als acht Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet lebt, ihre unbefristete Aufenthaltserlaubnis als Niederlassungserlaubnis fortgilt (§ 101 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), sie die erforderlichen Bekenntnisse zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung abgegeben hat und keine einbürgerungsschädlichen Sozialleistungen bezieht. Soweit sie für sich und ihren Sohn BAföG-Leistungen erhält, handelt es sich bereits nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG 2005 nicht um Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII. Unstreitig ist mittlerweile auch, dass die Klägerin ihre frühere Staatsangehörigkeit nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG (= § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 Halbs. 1 StAG 2005) nicht aufgeben muss, weil sie als Asylberechtigte einen Reiseausweis nach der Genfer Flüchtlingskonvention besitzt. Konkrete Anhaltspunkte für eine strafrechtliche Verurteilung oder für Ausschlussgründe nach § 11 StAG haben sich bei einer Überprüfung anhand der angegebenen Personalien der Klägerin ebenfalls nicht ergeben.

11

2. Zwingende Voraussetzung einer Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG 2005 ist zudem, dass die Identität des Einbürgerungsbewerbers geklärt ist und feststeht. Zwar hat dieses Erfordernis im Wortlaut des § 10 Abs. 1 StAG 2005 keine ausdrückliche Erwähnung gefunden. Die Klärung offener Identitätsfragen ist jedoch notwendige Voraussetzung und unverzichtbarer Bestandteil der Prüfung der in §§ 10 und 11 StAG 2005 genannten Einbürgerungsvoraussetzungen und Ausschlussgründe.

12

Die Angaben zur Person bilden gleichsam die Basis für alle weiteren Ermittlungen. Auf der Grundlage der angegebenen Personalien (wie Titel, Vorname, Nachname, Geburtsname, Geburtsdatum, Geburtsort, Familienstand) werden alle weiteren Anfragen bei in- und ausländischen Behörden durchgeführt. Nur wenn Gewissheit besteht, dass ein Einbürgerungsbewerber die Person ist, für die er sich ausgibt, kann nach Durchführung der erforderlichen Ermittlungen mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden, ob und welche ausländische Staatsangehörigkeit der Einbürgerungsbewerber besitzt, ob er im In- oder Ausland wegen einer Straftat verurteilt worden ist, ob tatsächliche Anhaltspunkte für eine Verfolgung oder Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen bestehen oder ob ein Ausweisungsgrund vorliegt. Die Identitätsprüfung stellt daher nicht nur einen unverzichtbaren Teil der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG vorgesehenen Statusprüfung dar (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 5. März 2009 - 19 A 1657/06 - NVwZ-RR 2009, 661). Sie bildet auch eine notwendige Voraussetzung der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und § 11 StAG vorgesehenen Sicherheitsüberprüfung. In diesem Sinne wird die Identitätsprüfung im Gesetz unausgesprochen vorausgesetzt (VGH Mannheim, Urteil vom 17. März 2009 - 13 S 3209/08 - UA S. 20).

13

Die Erforderlichkeit einer Identitätsprüfung erschließt sich auch aus dem Sinn und Zweck einer Verleihung der Staatsangehörigkeit durch rechtsgestaltenden Verwaltungsakt. Mit der am Ende des individuellen Einbürgerungsverfahrens stehenden Aushändigung der Einbürgerungsurkunde nach § 16 Satz 1 StAG wird einer bestimmten Person mit einer in der Urkunde festgehaltenen Identität eine neue Staatsangehörigkeit verliehen. Damit werden einerseits Identitätsmerkmale wie Name, Vorname und Geburtsdatum deklaratorisch beurkundet und andererseits wird die Staatsangehörigkeit konstitutiv geändert. Schon das öffentliche Interesse daran, dass die Einbürgerungsurkunde auch im Hinblick auf die beurkundeten Personalien richtig ist, macht eine Überprüfung der diesbezüglichen Identitätsangaben erforderlich. Eine Überprüfung der Frage, unter welchen Personalien ein Einbürgerungsbewerber im Ausland registriert ist, ist aber auch deswegen zwingend geboten, weil die Einbürgerung nicht dazu dient, einer Person eine vollkommen neue Identität oder eine zusätzliche Alias-Identität zu verschaffen. Es besteht ein erhebliches staatliches Interesse daran zu verhindern, dass ein und dieselbe Person im Rechtsverkehr mit mehreren unterschiedlichen Identitäten und amtlichen Ausweispapieren auftreten kann.

14

Einer Klärung der Identität im Einbürgerungsverfahren steht nicht entgegen, dass diese bereits regelmäßig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG im aufenthaltsrechtlichen Erlaubnisverfahren zu prüfen ist. § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG gilt allein für die Erteilung eines Aufenthaltstitels, nicht für die Einbürgerung. Dieser Vorschrift ist auch keine Zuständigkeitsverteilung zwischen Ausländer- und Einbürgerungsbehörde zu entnehmen. Identitätsfeststellungen der Ausländerbehörde haben auch keine Bindungswirkung für das nachfolgende Einbürgerungsverfahren. Erst recht hindert ein nach § 5 Abs. 3 AufenthG zulässiges Absehen von der Feststellung der Identität die Einbürgerungsbehörde nicht, eine solche Prüfung im staatsangehörigkeitsrechtlichen Verfahren durchzuführen.

15

Eine Identitätsprüfung ist schließlich nicht deswegen generell ausgeschlossen, weil für die Klägerin als anerkannter Flüchtling nach Art. 34 Satz 1 GFK ein besonderes Wohlwollensgebot gilt. Nach dieser Vorschrift hat die Bundesrepublik Deutschland als vertragsschließender Staat so weit wie möglich die Eingliederung und Einbürgerung anerkannter Flüchtlinge zu erleichtern. Die Bestimmung wirkt zwar insbesondere auf die Betätigung des Einbürgerungsermessens ein (grundlegend Urteil vom 1. Juli 1975 - BVerwG 1 C 44.70 - BVerwGE 49, 44 <48>), setzt jedoch zwingende nationale Einbürgerungsvoraussetzungen für Flüchtlinge nicht außer Kraft und ermächtigt auch nicht die Einbürgerungsbehörden, sich im Einzelfall über sie hinwegzusetzen (vgl. Urteile vom 27. September 1988 - BVerwG 1 C 3.85 - Buchholz 130 § 9 RuStAG Nr. 10 und vom 10. Juli 1984 - BVerwG 1 C 30.81 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 24 S. 37).

16

Da die Prüfung der Identität notwendige Voraussetzung und unverzichtbarer Bestandteil der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 5 und § 11 StAG zwingend vorgeschriebenen Status- und Sicherheitsprüfungen ist, kann sie auch bei anerkannten Flüchtlingen nicht entfallen. Zwar hat der Gesetzgeber die Einbürgerung von Flüchtlingen dadurch erleichtert, dass er in § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG (= § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 Halbs. 1 StAG 2005) auf die Aufgabe der fremden Staatsangehörigkeit verzichtet hat. Er hat damit den vielfach bestehenden Schwierigkeiten anerkannter Flüchtlinge, eine Entlassung aus dem Staatsverband ihres Herkunftsstaates zu erreichen, Rechnung getragen. Dies lässt jedoch die Notwendigkeit der Identitätsprüfung im Einbürgerungsverfahren nicht entfallen. Die völlig ungeprüfte Übernahme der Identitätsangaben von Flüchtlingen würde - wie das Bundesverwaltungsgericht bereits zur Erteilung eines Reiseausweises nach Art. 28 Abs. 1 GFK ausgeführt hat - erhebliche Missbrauchsgefahren nach sich ziehen (vgl. Urteil vom 17. März 2004 - BVerwG 1 C 1.03 - BVerwGE 120, 206 <213>). Daher kann den bei anerkannten Flüchtlingen typischerweise bestehenden Beweisschwierigkeiten in Bezug auf ihre Identität nur durch Erleichterungen bei der Beweisführung und durch deren Berücksichtigung bei der Mitwirkungspflicht, nicht aber durch einen generellen Verzicht auf die Identitätsprüfung Rechnung getragen werden.

17

Dem grundsätzlichen Erfordernis einer Identitätsprüfung kann auch nicht entgegengehalten werden, dass im Falle des gesetzlichen Staatsangehörigkeitserwerbs durch Geburt gemäß § 4 Abs. 3 StAG keine Identitätsfeststellung vorgesehen ist und dass auch Kinder von Flüchtlingen mit ungeklärter Identität nach dieser Vorschrift kraft Gesetzes in den deutschen Staatsverband aufgenommen werden. Unabhängig davon, dass diese Rechtsfrage bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist, könnte eine insoweit bestehende Ungleichbehandlung ohne Weiteres damit gerechtfertigt werden, dass die staatlichen Sicherheitsinteressen bei der Einbürgerung im Inland geborener Kinder ein geringeres Gewicht haben als bei der Einbürgerung von Erwachsenen und ihren im Ausland geborenen Kindern, die im Ausland regelmäßig mit bestimmter Identität registriert sind und eine für die Einbürgerung relevante Vorgeschichte haben könnten.

18

3. Die Identität der Klägerin ist auch nicht in einem vorangegangenen Verfahren verbindlich festgestellt worden.

19

Der vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge im Asylverfahren ausgestellte Bescheid vom 31. Mai 1999 entfaltet nach § 4 Satz 1 AsylVfG nur insoweit Bindungswirkung, als alle staatlichen Instanzen von der Asylberechtigung der Klägerin ausgehen müssen. Auch aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 21. April 1999 - 5 A 572/95 - im Asylrechtsstreit der Klägerin ergibt sich keine weitergehende Bindungswirkung. Die Rechtskraft dieser Entscheidung begründet eine verbindliche Feststellung nach § 121 VwGO nur im Verhältnis der damaligen Prozessbeteiligten, zu denen die beklagte Stadt nicht gehört (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 1 C 3.02 - BVerwGE 117, 276 <281>).

20

Die von der Ausländerbehörde im Juni 1999 ausgestellte unbefristete Aufenthaltserlaubnis entfaltet nur insoweit Tatbestandswirkung, als darin die Rechtmäßigkeit des dauerhaften Aufenthalts der Klägerin begründet wird. Darin erschöpft sich der für die Tatbestandswirkung maßgebliche Regelungsgehalt des Verwaltungsakts im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG (vgl. zur Tatbestandswirkung allgemein Urteile vom 30. Januar 2003 - BVerwG 4 CN 14.01 - BVerwGE 117, 351 <354 f.> und vom 4. Juli 1986 - BVerwG 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315 <320>). Hingegen nimmt die Richtigkeit der in den Bescheiden festgehaltenen Personalien als bloße Vorfrage nicht an der Tatbestandswirkung teil.

21

Ebenso wenig besitzt der im Oktober 2008 ausgestellte Reiseausweis für Flüchtlinge nach Art. 28 Abs. 1 GFK eine Bindungswirkung hinsichtlich der angegebenen Personalien. Zwar hat ein solcher Reiseausweis neben der Funktion, Konventionsflüchtlingen Reisen außerhalb des Aufnahmestaates zu ermöglichen, grundsätzlich auch die Funktion, die Identität des Ausweisinhabers zu bescheinigen. Er kann ebenso wie ein anderer Reisepass den (widerlegbaren) Nachweis erbringen, dass sein Inhaber die in ihm beschriebene und abgebildete Person ist (vgl. Urteil vom 17. März 2004 a.a.O. S. 212). Ist die Identität eines Flüchtlings jedoch ungeklärt und nicht weiter aufklärbar, kann diese Funktion als Legitimationspapier durch den Vermerk, dass die angegebenen Personalien auf eigenen Angaben beruhen, aufgehoben werden (Urteil vom 17. März 2004 a.a.O. S. 216 f.). Durch den entsprechenden Vermerk im Ausweis der Klägerin vom Oktober 2008 hat die Ausstellungsbehörde jede Gewähr für die Richtigkeit der Identitätsangaben abgelehnt, so dass auch keine andere Behörde auf die Richtigkeit dieser Angaben im Sinne eines auch nur widerlegbaren Nachweises vertrauen kann. In gleicher Weise hatte die Ausstellungsbehörde in dem nicht mehr gültigen früheren Reiseausweis vom Juli 2004 durch den Zusatz "Identität nicht nachgewiesen" die Identifikationsfunktion des Ausweises beseitigt.

22

4. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Oberverwaltungsgericht bei Durchführung der erforderlichen Identitätsprüfung zu einem anderen Ergebnis in der Sache gekommen wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestehen begründete Zweifel an der Identität einer Person, wenn geeignete Dokumente zum Nachweis der Identität fehlen oder wenn gefälschte Urkunden vorgelegt werden (Urteil vom 17. März 2004 a.a.O. S. 215). Im Hinblick auf ihren Prüfauftrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 und 5 sowie § 11 StAG dürfen sich die Einbürgerungsbehörden grundsätzlich nicht mit den eigenen Angaben des Einbürgerungsbewerbers zu seiner Person begnügen, sondern sie müssen regelmäßig die Vorlage eines Ausweises oder anderer Identitätsnachweise des Einbürgerungsbewerbers verlangen. Dies folgt auch aus § 37 Abs. 1 StAG i.V.m. § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, in dem von der Beibringung von Nachweisen zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen die Rede ist. Dies gilt unabhängig davon, dass im Einzelfall die typischerweise bestehende Beweisnot von Flüchtlingen eine Beweiserleichterung gebieten kann.

23

Zwar hat das Berufungsgericht in seiner Entscheidung hilfsweise ausgeführt, dass vieles für die Richtigkeit der von der Klägerin angegebenen Personalien und für eine ausreichende Klärung der Identität der Klägerin spreche. Es hat aber nicht im Rahmen einer Beweiserhebung verbleibende Identitätszweifel ausgeräumt. So hat die Beklagte nicht nur geltend gemacht, dass die Klägerin keinerlei Dokumente zum Identitätsnachweis vorgelegt habe, was mit der Beweisnot von Flüchtlingen und Flüchtlingskindern erklärt werden könne. Sie hat jedenfalls im Revisionsverfahren auch vorgetragen, dass der Vater der Klägerin bei seiner Einreise gefälschte Nüfen vorgelegt habe, dass bei der Familie bei Einreise ein arabisches (nicht türkisches) Adressbuch gefunden worden sei und dass erhebliche Unstimmigkeiten zwischen den identitätsrelevanten Aussagen des Vaters der Klägerin in seinem Asylverfahren und ihres Onkels in dessen Asylverfahren bestünden. Mit diesen Einwänden befasst sich das Berufungsurteil nicht.

24

Auch bedarf es der Überprüfung, ob die Auskunft des türkischen Generalkonsulats vom 6. Juli 1995, dass die Familie der Klägerin nicht unter den angegebenen Personalien in der Türkei registriert sei, mit dem Hinweis auf die allgemein bestehenden Unzulänglichkeiten des türkischen Melderegisters ausgeräumt werden kann. Denn auch wenn das türkische Melderegister fehleranfällig geführt wird, erklärt dies nicht ohne Weiteres, dass gar kein Mitglied einer mehrköpfigen Familie unter den angegebenen Personalien erfasst ist. Das Oberverwaltungsgericht hat sich auch nicht dahingehend festgelegt, dass die Mitteilung des türkischen Generalkonsulats selbst als staatliche Verfolgungsmaßnahme türkischer Behörden gegenüber der yezidischen Minderheit zu werten sei. Ebenso wenig ist festgestellt worden, dass die türkischen Meldebehörden in der Heimatregion der Klägerin an der mittelbaren Gruppenverfolgung der Yeziden in der Form mitgewirkt hätten, dass sie sich generell nicht nur bei der Geburt der Klägerin, sondern auch schon bei der Geburt der Eltern der Klägerin geweigert hätten, Yeziden ins Melderegister einzutragen. Da somit Zweifel an der Identität der Klägerin nicht ausgeräumt sind, ist der Rechtsstreit nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur Nachholung tatrichterlicher Feststellungen an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

25

5. Für das weitere Verfahren wird darauf hingewiesen, dass das Berufungsgericht wegen der nicht ausgeräumten Zweifel an der Identität der Klägerin weitere Nachforschungen anzustellen hat (§ 86 Abs. 1 VwGO). Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin nach § 37 Abs. 1 StAG, § 82 Abs. 1 AufenthG an der Klärung ihrer Identität auch im Gerichtsverfahren mitzuwirken hat. Verweigert ein Einbürgerungsbewerber die ihm im Einzelfall zumutbare Mitwirkung, kann dies im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 VwGO berücksichtigt werden. Der Einbürgerungsbewerber trägt dann auch das Risiko, im Falle der Unaufklärbarkeit seiner wahren Identität zur vollen Überzeugung des Gerichts daran zu scheitern, dass ihm die materielle Beweislast für die Erfüllung der Einbürgerungsvoraussetzungen obliegt.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 7. Mai 2014 bleibt ohne Erfolg, weil die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, der Divergenz und des Vorliegens eines Verfahrensfehlers nicht hinreichend dargelegt sind oder nicht greifen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. etwa BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1BvR 814/09 - NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (so BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - DVBl. 2004, 838/839). Das ist anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb der Begründungsfrist für den Zulassungsantrag dargelegt hat (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1.1 Der Kläger trägt hier zunächst vor, das Verwaltungsgericht habe die seitens des Beklagten verlangte persönliche Vorsprache des Klägers beim Standesamt in S./T. wegen der Sicherheitslage für unzumutbar gehalten und stattdessen - erstmalig - die Einschaltung dritter Personen (etwa eines Rechtsanwalts) vor Ort als Möglichkeit aufgezeigt, geeignete Dokumente zum Nachweis der Identität des Klägers zu erlangen.

Dieser Vortrag ist unzutreffend. Das Verwaltungsgericht (Urteil S. 8) hat vielmehr ausgeführt:

„Wenn eine Vorsprache am Ort der letzten Registrierung erforderlich ist, kann dies möglicherweise auch mit entsprechend beglaubigten Vollmachten und unter Vorlage des Flüchtlingsausweises durch eine dritte Person, etwa durch einen Rechtsanwalt vor Ort erfolgen. Insoweit ist, wenn der Kläger eine Reise in seine Heimat für unzumutbar hält, diese Möglichkeit noch durch eine persönliche Vorsprache des Klägers beim Generalkonsulat abklärbar, so dass derzeit jedenfalls aus diesem Grund nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger alles Erforderliche zur Klärung seiner Identität unternommen hat.“

Zuvor hat das Verwaltungsgericht in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 1.9.2011 - 5 C 27/10 - juris) ausführlich und überzeugend dargelegt, dass vorliegend für die mit der Klage begehrte Anspruchseinbürgerung des Klägers nach § 10 StAG angesichts des Fehlens geeigneter Dokumente, die eine sichere Klärung seiner Identität ermöglichen, eine zwingende Voraussetzung fehlt. Sodann hat es einen möglichen Weg aufgezeigt, wie der Kläger eventuell doch noch zu entsprechenden Unterlagen gelangen könnte.

Das Gericht hat damit nicht - wie der Kläger behauptet - eine Verfahrensweise gefordert, die „offenbar keine ist“. Die vom Verwaltungsgericht genannte Beschaffung von Identitätsnachweisen im Heimatland über dazu bevollmächtigte Dritte hat in vielen anderen Fällen letztlich zu einem Erfolg geführt. Die Frage, ob dies auch im Fall des Klägers ein denkbarer und erfolgversprechender Weg sein könnte, Dokumente zu beschaffen, die die Identität des Klägers belegen, kann nur durch entsprechende ernsthafte Versuche des Klägers selbst beantwortet werden. Offensichtlich verkennt der Kläger, dass ihn neben der Pflicht, an allen - zumutbaren - Handlungen mitzuwirken, die die Behörden von ihm verlangen, auch - selbstverständlich - eine Initiativpflicht trifft. Das bedeutet, dass er nicht untätig und passiv bleiben und nur darauf warten darf, welche weiteren Handlungen die Behörde von ihm verlangt. Er ist nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B. v. 17.1.2006 - 24 ZB 05.3192 - juris; B. v. 22.3.2006 - 24 ZB 06.245 - juris) vielmehr gehalten, eigenständig die Initiative zu ergreifen, um nach Möglichkeiten zu suchen, die zwingenden Voraussetzungen für die von ihm begehrte Einbürgerung zu erfüllen. Verbleibende Zweifel gehen im Fall der Unaufklärbarkeit zulasten des Betroffenen, dem die materielle Beweislast für die Erfüllung der Einbürgerungsvoraussetzungen obliegt (vgl. BVerwG U. v. 27.7.2006 - 5 C 3/05 - juris Rn. 27; OVG NW B. v. 5.3.2009 - 19 A 1657/06 - juris Rn. 9).

1.2 Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. September 1997 (Az. 1 C 3/97), auf die der Kläger zur Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung hinweist, ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu wecken. Jene betraf die Erteilung einer Duldung wegen Unmöglichkeit der Abschiebung aus tatsächlichen Gründen und ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar: hier geht es dem Kläger nicht um eine bloße Duldung, sondern um eine Einbürgerung nach § 10 StAG, und eine Abschiebung des Klägers steht hier nicht zur Debatte.

Für Fälle wie den hier zu beurteilenden ist vielmehr entgegen der Auffassung des Klägers das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. September 2011 (Az. 5 C 27/10 a. a. O.) heranzuziehen. Danach ist die Klärung der Identität eines jeden Einbürgerungsbewerbers - unabhängig von einer Anerkennung der Asylberechtigung - grundsätzlich zwingende Voraussetzung einer Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG, weil die Einbürgerung nicht dazu dient, einer Person eine vollkommen neue Identität oder eine zusätzliche Alias-Identität zu verschaffen. Es besteht ein erhebliches staatliches Interesse daran zu verhindern, dass ein- und dieselbe Person im Rechtsverkehr mit mehreren unterschiedlichen Identitäten und amtlichen Ausweispapieren auftreten kann (vgl. Häußler, Neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Staatsangehörigkeitsrecht, DVBl. 2013, 1228/1229).

Wegen der erheblichen Missbrauchsgefahren bei einer völlig ungeprüften Übernahme der Identitätsangaben eines Antragstellers entfällt die Notwendigkeit der Identitätsprüfung im Einbürgerungsverfahren selbst bei anerkannten Flüchtlingen (zu denen der Kläger nicht gehört) nicht, obwohl bei diesem Personenkreis typischerweise oft Beweisschwierigkeiten in Bezug auf ihre Identität bestehen. Dem wird lediglich durch Erleichterungen bei der Beweisführung, nicht aber durch einen generellen Verzicht auf die Identitätsfeststellung Rechnung getragen (BVerwG U. v. 1.9.2011, a. a. O. Rn. 16).

Demnach ist zumindest derzeit ein Anspruch des Klägers auf Einbürgerung mangels Vorliegen der notwendigen Voraussetzung der geklärten und feststehenden Identität des Klägers nicht gegeben (vgl. BVerwG, U. v. 1.9.2011 a. a. O., juris Rn. 11). Dies hat das Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Weise angenommen und die Klage daher zu Recht abgewiesen.

2. Wegen Divergenz kann die Berufung schon deshalb nicht zugelassen werden, weil eine Abweichung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO schon nicht hinreichend dargelegt ist und auch nicht vorliegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Der Kläger hat keinen tragenden Rechtssatz oder Tatsachensatz angeführt, auf den sich das angefochtene Urteil stützt und der einem vom Bundesverwaltungsgericht in den vom Kläger angeführten Entscheidungen (U. v. 25.9.1997 - 1 C 3/97 und v. 21.3.2000 - 1 C 23/99) aufgestellten Rechtssatz oder Tatsachensatz widerspräche.

3. Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts weist auch keinen Verfahrensfehler durch Verletzung des rechtlichen Gehörs auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

Zunächst ist auch hier wie bereits unter 1.1 dargelegt festzuhalten, dass die - wiederholte - Behauptung des Klägers, das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung die vom Beklagten geforderte Reise nach Tschetschenien für unzumutbar gehalten, nicht zutrifft.

Abgesehen davon kann sich der Senat dem Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht hätte „den Vorschlag“ des Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, das Verfahren ruhend zu stellen, nach der ablehnenden Haltung des Beklagten aufgreifen und unterstützen müssen, nicht anschließen. Wie diese vom Kläger nunmehr vermisste „Unterstützung“ hätte aussehen sollen, erklärt der Klägerbevollmächtigte in der Zulassungsbegründung nicht. Das Ruhen des Verfahrens kann nur auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten vom Gericht angeordnet werden (§ 173 VwGO i. V. m. § 251 ZPO). Daran fehlt es vorliegend, da der Beklagte dem entsprechenden Vorschlag des Klägerbevollmächtigten ausdrücklich nicht zugestimmt hatte.

Eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör liegt auch nicht etwa darin, dass das Verwaltungsgericht die mündliche Verhandlung nicht vertagt hat. Zum einen kann dies nach der Vorschrift des § 227 ZPO, die gemäß § 173 VwGO auch für das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren gilt, nur aus „erheblichen Gründen“ geschehen, welche vorliegend nicht dargelegt worden sind. Die Behauptung des Klägers, erstmals im Termin bei Gericht mit der Forderung konfrontiert worden zu sein, eine dritte Person zur Beschaffung geeigneter Unterlagen vor Ort einzuschalten, trifft nicht zu. Bereits im angefochtenen Bescheid vom 14. November 2013 (S. 4) sowie im Schreiben der Regierung von Mittelfranken vom 10. Januar 2014 finden sich entsprechende Hinweise, die der Kläger jedoch nicht aufgegriffen hat. Anlass, die Sache von Amts wegen zu vertagen, hatte das Verwaltungsgericht daher schon wegen § 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO nicht, nachdem der Kläger zwischenzeitlich längst entsprechende Anstrengungen hätte unternehmen können.

Im Übrigen hat der Kläger ausweislich der Niederschrift in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht keinen Vertagungsantrag gestellt und ist damit bereits seines möglichen Rügerechts verlustig gegangen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.