Verwaltungsgericht München Urteil, 16. Dez. 2014 - M 24 K 14.30795, M 24 K 14.30796, M 24 K 14.30797

bei uns veröffentlicht am16.12.2014

Tenor

I.

Die Verfahren M 24 K 14.30795, M 24 K 14.30796 und M 24 K 14.30797 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II.

Soweit die Klagen zurückgenommen wurden, werden die Verfahren eingestellt.

III.

Der Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2014 gegenüber den Klägern des Verfahrens M 24 K 14.30795 wird in Nr. 1 aufgehoben.

Die Bescheide der Beklagten jeweils vom 17. Juni 2014 gegen über den Klägern der Verfahrens M 24 K 14.30796 und M 24 K 14.30797 werden in Nr. 1 aufgehoben.

IV.

Von den Kosten der Verfahren haben die Kläger ¼ und die Beklagte ¾ zu tragen.

V.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger zu 1. (geb. ...1966) und die Klägerin zu 2. (geb. ...1977) des Verfahrens M 24 K 14.30795 sind die Eltern der Klägerin zu 3. (geb. ...1999) des Verfahrens M 24 K 14.30795 und der beiden Kläger (Zwillingsbrüder, geb. ...1998) der Verfahren M 24 K 14.30796 und M 24 K 14.30797. Die Kläger sind afghanische Staatsangehörige, der Volksgruppe der Qizilbash zugehörig und schiitischen Glaubens. Sie stammen aus der Provinz Ghazni, dort aus dem Dorf ... in der Gemeinde ...

Sie reisten über Ungarn, wo sie - auch ihren eigenen Angaben in ihrer Anhörung zufolge- im April 2012 einen Asylantrag stellten, weiter über Österreich am 7. August 2012 in das Bundesgebiet ein und stellten hier am 10. August 2012 einen Asylantrag.

Im Wiederaufnahmegesuchs-Formular der deutschen Dublin-Einheit an die ungarische Dublin-Einheit ist unter der Rubrik „Frühere Asylverfahren“ angegeben, dass die Kläger am 4. April 2012 in Ungarn einen Asylantrag gestellt hatten und zur Frage, ob über diesen Antrag entschieden wurde, die Antwortalternative „weiß nicht“ bestätigt (Bl. 4 der Behördenakte -BA). Im Antwortschreiben vom 30. Juli 2012 auf die Wiederaufnahmeanfrage erklärt das ungarische Office of Immigration and Nationality Department of International Affairs Dublin Coordination Unit die Rückübernahme der Kläger und bestätigt, dass die Kläger in Ungarn am 2. April 2012 einen Asylantrag gestellt haben und dass das Verfahren am 20. Juli 2012 aufgrund des Verschwindens der Kläger eingestellt wurde. Seither gebe es über die Kläger keine Informationen („We would like to confirm you that the foreigner logded his application for asylum here on 02.04.2012 with his familiy (Mawlayi Farid, Fardin, Fraija and Fatana) and on 20.07.2012 due to their disappearance this process was ceased. Since then we do not have any information about them.” Bl. 16 d. BA).

Nach eingeholter Rückübernahmeerklärung der ungarischen Dublin-Einheit vom 30. Juli 2012 im Dublin-Verfahren erfolgte keine Rücküberstellung der Kläger, vielmehr traf die Beklagte intern am 10. August 2012 die Entscheidung, die Asylverfahren der Kläger in Deutschland durchzuführen. Die Kläger zu 1. und 2 des Verfahrens M 24 K 14. 30795 wurden getrennt am 13. Juni 2013 zu ihren Asylgründen und denen ihrer Kinder angehört. Die Kinder waren sämtlich zu diesem Zeitpunkt noch unter 16 Jahre alt.

Nachdem zweimalige Nachfragen des Klägerbevollmächtigten unter Fristsetzung, was einer Entscheidung über die Asylanträge der Kläger entgegenstehe, seitens des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unbeantwortet blieben, ließen die Kläger durch ihren Bevollmächtigten mit Eingang am 24. Juni 2014 beim Verwaltungsgericht München Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO erheben mit dem Antrag,

die Beklagte zu verpflichten, die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, höchsthilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Nachdem die Entscheidung der Rechtsstreitigkeiten mit Beschluss vom 17. Juli 2014 auf den Einzelrichter übertragen worden war, wurde das BAMF zur Nachfristsetzung gemäß § 75 VwGO angehört. Das BAMF teilte mit, dass über die Asylanträge der Kläger am 13. Juni 2014 entschieden worden sei, sich die Zustellung der Bescheide an die Kläger jedoch verzögert habe bzw. werde. Zu einer Hauptsacheerledigungserklärung klägerseits werde das Einverständnis erklärt.

Mit gleichlautenden Bescheiden, - Bescheid vom 13. Juni 2014 an die Kläger der Verfahren M 24 K 14.30795, als Einschreiben zur Post gegeben an die Kläger der Verfahren M 24 K 14.30795 am 11. August 2014 und - Bescheiden jeweils vom 17. Juni 2014 an den Kläger des Verfahrens M 24 K 14.30796 und an den Kläger des Verfahrens M 24 K 14.30797, zur Post gegeben an den Kläger des Verfahrens M 24 K 14.30796 am 6. August 2014 und an den Kläger des Verfahrens M 24 K 14.30797 am 14. August 2014, hat das BAMF den Antrag auf Durchführung von weiteren Asylverfahren abgelehnt (Nr. 1) und das Vorliegen des Abschiebungsverbots des § 60 Abs. 5 AufenthG bejaht (Nr. 2). In der Begründung wurde zur Nr. 1 ausgeführt, laut Aussage der Kläger zu 1. und 2. des Verfahrens M 24 K 14.30795 seien deren Asylanträge vor ihrer Weiterreise nach Deutschland noch nicht beschieden worden. Es sei somit davon auszugehen, dass das Verfahren mittlerweile ablehnend, eingestellt worden sei. Daher liege ein Zweitantrag nach § 71a AsylVfG vor. Der Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens werde abgelehnt. Hinsichtlich der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus handele es sich bei dem Asylantrag nach der anzunehmenden erfolglosen Durchführung eines Asylverfahrens in Ungarn, nach Würdigung aller Umstände um einen Zweitantrag gemäß § 71a AsylVfG. Von einem Übergang der Dublin-Zuständigkeit sei im Hinblick auf die Verfahrensdauer und dem vorliegenden Sachverhalt nunmehr auszugehen. Die Durchführung des weiteren Asylverfahrens setze die Geltendmachung von Wiederaufgreifensgründen nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG voraus. Solche seien nicht ersichtlich und lägen daher nicht vor.

Mit Eingang jeweils am 19. August 2014 hat der Klägerbevollmächtigte für alle Kläger Klage erhoben. Diese wurden zunächst unter den Aktenzeichen M 25 K 14.30933, M 25 K 14.30934 und M 25 K 14.30935 erfasst und nach Erklärung des Klägerbevollmächtigten, dass mit den Klageerhebungen deren Einbeziehung in die bereits rechtshängigen Verfahren beabsichtigt war, unter Löschung der Aktenzeichen der 25. Kammer in die bereits rechtshängigen Klagen einbezogen.

Der Klägerbevollmächtigte beantragte

für die Kläger des Verfahrens M 24 K 14.3030795:

den Bescheid des BAMF vom 13. Juni 2014 in Nr. 1 aufzuheben und das BAMF zu verpflichten, die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen,

für die Kläger der Verfahren M 24 K 14.3030796 und M 24 K 14.30797:

den Bescheid des BAMF vom 17. Juni 2014 in Nr. 1 aufzuheben und das BAMF zu verpflichten, die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen.

In der mündlichen Verhandlung beantragte der Klägerbevollmächtigte

für die Kläger des Verfahrens M 24 K 14.3030795:

den Bescheid des BAMF vom 13. Juni 2014 in Nr. 1 aufzuheben,

für die Kläger der Verfahren M 24 K 14.3030796 und M 24 K 14.30797:

den Bescheid des BAMF vom 17. Juni 2014 in Nr. 1 aufzuheben.

Der Verpflichtungsteil der Klagen wurde in allen Klageverfahren zurückgenommen.

Die Auffassung des BAMF, dass ein Zweitantrag nach § 71a AsylVfG vorliege, sei rechtlich nicht haltbar. Das BAMF arbeite insoweit mit einer Unterstellung, dass das Verfahren in Ungarn mittlerweile ablehnend beschieden, eingestellt worden sei.

Das Gericht hat vom BAMF erfolglos unter Fristsetzung einen Nachweis erbeten zur konkreten Grundlage der Annahme der ablehnenden Beendigung des Asylverfahrens der Kläger in Ungarn als erfolglose Beendigung eines Asylverfahrens i. S.v. § 71a AsylVfG.

Aus einer Auskunft des Auswärtigen Amts vom 19. November 2014 an das Verwaltungsgericht München zu Rücküberstellung nach Ungarn im Rahmen des Dublin II-Verfahrens zu einer Anfrage vom 30. Juni 2014 in einem anderen Gerichtsverfahren wird zur Frage a) ausgeführt : „Asylantragsteller, die nach Ungarn zurückgeführt werden, werden zunächst zu einer Befragung des Amtes für Staatsbürgerschaft und Einwanderung gebracht. Für die sogenannten „take back“ Fälle, in denen bereits ein Asylantrag in Ungarn gestellt wurde, gilt Folgendes:

In den Fällen, in denen das Asylverfahren wegen Verzugs ins Ausland oder mangelnder Mitwirkung ohne Entscheidung in der Sache eingestellt wurde, wird das neue Asylbegehren behandelt wie ein Erstverfahren …“.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten der Verfahren M 24 K 14.30795, M 24 K 14.30796, M 24 K 14.30797 einschließlich der (nur statistisch erledigten,) unter den Gerichtsaktenzeichen M 25 K 14.30933, M 25 K 14.30934 und M 25 K 14.30935 erfassten Aktenteilen und der jeweiligen beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sachen verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).

1. Soweit der Bevollmächtigte der Kläger die Klagen in ihrem Verpflichtungsteil in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat, war das Verfahren einzustellen, § 92 Abs. 3 VwGO.

2. Die Klagen auf Aufhebung der Nr. 1 der streitgegenständlichen Bescheide vom 13. Juni 2014 (im Verfahren M 24 K 14. 30795) und vom 17. Juni 2014 (in den Verfahren M 24 K 14.30796 und M 24 K 14.30797) sind zulässig.

2.1. Nach einhelliger Meinung kann nach Ablehnung der begehrten Entscheidung die zuvor als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO erhobene Klage als Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage unter Einbeziehung der getroffenen Entscheidung fortgeführt werden (BayVGH, B.v. 11.8.2005 - 4 CE 05.1580 - BayVBl 2006, 733, juris Rn. 28 m. w. N.). Jedenfalls in einer Konstellation, in der wie hier gemäß § 11 AsylVfG kein Widerspruchsverfahren stattfindet (nur auf die Konstellation des Widerspruchsverfahrens beziehen sich BVerwG, U.v. 23.3.1973 - IV C 2.71 - BVerwGE 42, 108; BVerwG, B.v. 9.12.1983 - 4 B 232/83 - juris Rn. 4), hat eine solche Einbeziehung in das bereits anhängige Untätigkeitsklageverfahren innerhalb der Klagefrist zu erfolgen (Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl.2014, § 75 Rn. 14; Funke-Kaiser in: Bader, VwGO, 5. Auflage (2011), § 75 Rn. 16); denn durch diesen Ansatz werden widersprüchliche Wertungen (Bestandkraft einerseits, gerichtliche Entscheidung trotz Fristversäumung andererseits) vermieden. Aber selbst wenn man zugunsten der Kläger davon ausgehen wollte, dass der Streitgegenstand der Untätigkeitsklage auch den im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht ergangenen Verwaltungsakt umfassen kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 75, Rn. 21), so wäre in jedem Fall eine Einbeziehung des Verwaltungsakts in das bisherige Untätigkeitsklageverfahren erforderlich (ebenso BayVGH, B.v. 11.8.2005 - 4 CE 05.1580 - juris Rn. 29; BayVGH, U.v. 22.6.2007 - 4 B 06.1224 - juris Rn. 36). Dies ist in den vorliegenden Verfahren geschehen.

Die vorliegenden Klagen sind ursprünglich als Untätigkeitsklagen nach § 75 Satz 1, 2 VwGO zulässigerweise erhoben worden. Noch während der Anhörung zur Nachfristsetzung gemäß § 75 Satz 3 VwGO hat das BAMF zu den Asylanträgen eine ablehnende Entscheidung dahingehend getroffen, dass hinsichtlich der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG die Durchführung der Asylverfahren abgelehnt wird, mithin wurden die Asylverfahren ohne Sachentscheidung eingestellt. Durch die klagefristwahrenden Klageerhebungen (§ 74 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz AsylVfG) binnen zwei Wochen ab Zustellung der jeweiligen Bescheide (§ 31 Abs. 1 Satz 1, 2 AsylVfG, § 4 VwZG) und deren Einbeziehung in die Untätigkeitsklagen wurden die Klagen als Verpflichtungsklagen, bzw. nach späterer Klagerücknahme des Verpflichtungsteils der Klagen als Anfechtungsklagen fortgesetzt.

2.2. Die Anfechtungsklagen gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO sind statthaft. Eine Verpflichtungsklage, gerichtet auf Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes nach § 3 AsylVfG oder subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG durch die Beklagte, wäre in der hier gegebenen Situation dagegen nicht statthaft. In den Fällen der Einstellung des Asylverfahrens steht die - auf Beschleunigung und Konzentration auf eine Behörde gerichtete - Ausgestaltung des Verfahrens einer Verpflichtungsklage, bei der das Verwaltungsgericht „durchzuentscheiden“ hätte, entgegen (vgl. BVerwG, U.v. 7.3.1995 - 9 C 264/94 - juris Rn. 15).

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet in der vorgenannten Entscheidung die Anfechtungsklage als zulässig, da in der der Bestandskraft fähigen Feststellung, ein Asylverfahren werde nicht durchgeführt, ein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG liegt, der die materiell-rechtliche Rechtsposition des Asylsuchenden verschlechtert. Die Wirkung des Bescheides erschöpft sich nicht nur in der verfahrensrechtlichen Folge der Einstellung des Asylverfahrens, sondern verschlechtert die materielle Rechtslage des Klägers. Die Anfechtungsklage wäre auch nicht wegen des Vorrangs der Verpflichtungsklage im Hinblick darauf zulässig, dass für das vom Kläger in erster Linie verfolgte Klageziel der Asylanerkennung die Verpflichtungsklage die richtige Klageart ist. Im Bereich gebundener begünstigender Verwaltungsakte wird aus § 113 Abs. 5 VwGO in Verbindung mit dem Amtsermittlungsprinzip des § 86 Abs. 1 VwGO allgemein abgeleitet, dass bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde die dem Rechtsschutzbegehren des Klägers allein entsprechende Verpflichtungsklage die richtige Klageart ist mit der Konsequenz, dass das Verwaltungsgericht die Sache spruchreif zu machen hat und sich nicht auf eine Entscheidung über die Anfechtungsklage beschränken darf, die im Ergebnis einer Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde gleichkommt. Dieser Grundsatz beansprucht auch im Asylverfahren Geltung, jedoch nicht ausnahmslos (BVerwG, U.v. 7.3.1995 - 9 C 264/94 - juris Rn. 14). Die gegenüber dem Verwaltungsgericht vorrangige Zuständigkeit des BAMF über die Entscheidung von Asylanträgen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) gebietet es jedenfalls in den Fällen, in denen das BAMF durch eine rechtswidrige Feststellung, das Verfahren sei eingestellt, eine sachliche Prüfung des Asylbegehrens verweigert, wird dem Kläger die Möglichkeit entzogen, eine Entscheidung zu seinem Asylbegehren zu erhalten; bei dieser Sachlage geht gleichzeitig einher, dass das Gericht, statt die Entscheidung des BAMF zu kontrollieren, entgegen dem Grundsatz der Gewaltenteilung in Art. 20 Abs. 2 GG an Stelle des BAMF entscheidet und sich zugleich das BAMF seiner zentralen Aufgabenstellung im Asylverfahren begeben würde. Unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 113 Abs. 3 VwGO hat das Verwaltungsgericht auch bei der Kontrolle gebundener Entscheidungen jedenfalls dann nicht die Spruchreife selbst herbeizuführen, wenn der getroffenen Entscheidung der Behörde erhebliche Aufklärungsdefizite zugrunde liegen. Zudem steht die besondere Ausgestaltung des Asylverfahrens durch das Asylverfahrensgesetz im Falle versäumter Sachentscheidung durch das BAMF der Annahme entgegen, dass nur eine auf die Asylanerkennung gerichtete Verpflichtungsklage, auf die hin das Verwaltungsgericht die Sache spruchreif zu machen hätte, in Betracht käme. Bei Verfahrenseinstellungen durch das BAMF trifft das Gericht diese Verpflichtung hingegen nicht, da ansonsten die vom Gesetzgeber im Bemühen um die Beschleunigung von Asylverfahren dem BAMF zugewiesenen und von diesem wahrzunehmenden Gestaltungsmöglichkeiten unterlaufen würden. Parallel dazu ginge dem Asylsuchenden eine mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestaltete Tatsacheninstanz vor der Behörde verloren. Bei einer solchen Sachlage ist die verweigerte sachliche Prüfung vorrangig von der Fachbehörde nachzuholen (BVerwG, U.v. 7.3.1995 - 9 C 264/94 - juris Rn. 15).

Wenngleich der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedene Fall zur Einstellung eines Asylerstverfahrens (BVerwG, U.v. 7.3.1995 - 9 C 264/94 - juris) erging, sind die dort getroffenen grundsätzlichen Erwägungen gleichermaßen im vorliegenden Fall einschlägig. Vorliegend haben die Kläger beim BAMF einen Asylantrag zur Durchführung eines Asylerstverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland gestellt. Diesen Asylerstantrag hat das BAMF als Zweitantrag gewertet wird und die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt wird. Zuvor hatten die Kläger einen Asylantrag in Ungarn gestellt.

Der vorliegende Fall betrifft nicht die Konstellation des nochmaligen Begehrens der Zuerkennung der Rechtsstellung als Flüchtling oder des unionsrechtlichen subsidiären Schutzes, wenn dem Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die (höherrangige) Rechtsstellung als Flüchtling oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt wurde (vgl. BVerwG, U.v. 17.6.2014 - 10 C 7/13 - juris Rn. 26, 28ff.). Im vorliegenden Fall erfolgte gegenüber den Klägern nach Aktenlage und unstreitig keine Zuerkennung der Rechtsstellung als Flüchtling oder des unionsrechtlichen subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG durch Ungarn.

Im Rahmen der zeitlich im vorliegenden Fall einschlägigen Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18. Februar 2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - Dublin-II-VO) ist die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung Verfahrens auf Prüfung des Asylantrags der Kläger zuständig geworden. Offen bleiben kann, ob die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland infolge des Ablaufs der Überstellungsfrist (Art. 20 Abs. 2 Satz 1, Art. 25 Abs. 1 b) Dublin-II-VO) am 30. Januar 2013 oder zuvor durch Ausübung des Selbsteintrittsrechts eintrat.

Wenn, wie vorliegend, das BAMF auf der Grundlage der Annahme, Ungarn habe über den dort gestellten Asylantrag der Kläger eine negative abschließende Entscheidung getroffen, die Durchführung eines Asylerstantragsverfahrens zum Asylantrag der Kläger unter Wertung des Asylantrags als Zweitantrag nach § 71a AsylVfG verweigert, wird die materielle Rechtslage der Kläger verschlechtert, denn das bisherige Asylvorbringen ist beim Zweitantrag wie beim Folgeantrag (§ 71 AsylVfG) abgeschnitten (§ 71a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG), da beide Vorschriften auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG verweisen. Zudem liegen der getroffenen Entscheidung des BAMF erhebliche Aufklärungsdefizite zugrunde. Das BAMF stützt seine Einstellungsentscheidung und seine Rechtsansicht zur Anwendbarkeit des § 71a AsylVfG auf eine unterstellte Vermutung. Eine Aufklärung hat nicht stattgefunden. Vielmehr ergibt sich bereits aus der vorgelegten Behördenakte, nämlich den Erkenntnissen im Eurodac-Formblatt und der Erklärung der ungarischen Dublin-Einheit in deren Schreiben vom 30. Juli 2012, dass die Annahme des BAMF eine bloße Unterstellung bar jeglicher Tatsachengrundlage ist. Dies wird umso deutlicher unter Heranziehung der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 19. November 2014 an das Verwaltungsgericht München zu Rücküberstellung nach Ungarn im Rahmen des Dublin II-Verfahrens zu einer Anfrage vom 30. Juni 2014 in einem anderen Gerichtsverfahren, an dem das BAMF gleichermaßen als Behörde der Bundesrepublik Deutschland beteiligt war. Es ist der Beklagten bekannt, dass in Ungarn Asylverfahren wegen Verzugs der Asylantragsteller ins Ausland oder deren mangelnden Mitwirkung ohne Entscheidung in der Sache eingestellt werden.

3. Die Anfechtungsklagen sind begründet. Die jeweilige Nr. 1 der streitgegenständlichen Bescheide vom 13. Juni 2014 (im Verfahren M 24 K 14. 30795) und vom 17. Juni 2014 (in den Verfahren M 24 K 14.30796 und M 24 K 14.30797) sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

3.1. Die Voraussetzungen des § 71a AsylVfG liegen nicht vor. Die tatbestandliche Voraussetzung des § 71a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, wonach ein erfolgloser Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a Abs. 1, 2 AsylVfG), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten, vorliegen muss, um einen im Inland gestellte Asylantrag als Zweitantrag anzusehen, ist vorliegend nicht gegeben. Ungarn hat im Rahmen des Dublin-II-Verfahrens die dort gestellten Asylanträge der Kläger nicht mit erfolglosem Ausgang abgeschlossen, sondern lediglich nach Verzugs der Kläger ins Ausland das Verfahren ohne Entscheidung in der Sache eingestellt. Für die gegenteilige Annahme der Beklagten in der Begründung der streitgegenständlichen Bescheide ist die Beklagte trotz Aufforderung hierzu durch das Gericht, einen konkreten Nachweis über einen tatsächlichen erfolglosen Abschluss der Asylverfahren in Ungarn vorzulegen, schuldig geblieben. Weder das Eurodac-Formblatt mit seinen Angaben im Rahmen der Dublin-Verfahren, noch die Erklärung der ungarischen Dublin-Einheit vom 30. Juli 2012 belegen die Unterstellung der Beklagten.

3.2. Die Beklagte ist als Staat nach dem Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Sachprüfung des Asylbegehrens der Kläger jedenfalls mit Ablauf der Überstellungsfrist zuständig geworden (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dubin-II-VO). Eine materielle Prüfung der Asylanträge erfolgte nicht durch das dafür zuständige BAMF. Mit der Aufhebung der Bescheide im jeweils streitgegenständlichen Umfang wird ein Verfahrenshindernis für diese Prüfung beseitigt. Das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es beendet worden ist, durch die Beklagte inhaltlich weiterzuführen (BVerwG, U.v. 7.3.1995 - 9 C 264/94 - juris Rn. 12).

3.3. Die Kläger sind auch in ihren Rechten verletzt. Die Bescheide in ihrem streitgegenständlichen Umfang verletzen die Kläger in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Durchführung eines Asylverfahrens gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO bzw. Art. 16a Abs. 1 GG. Der Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens ist notwendiger Bestandteil des materiellen Asylanspruchs gegenüber dem - nach der nach den Bestimmungen der Dublin-II-VO getroffenen internen Verteilung der Lasten, Verantwortung und Pflichten unter den EU-Mitgliedstaaten - zuständigen Staat, vorliegend die Beklagte (vgl. VG Augsburg, U.v. 11.11.2014 - Au 2 K 14.30120 - juris Rn. 28; VG Regensburg, U.v. 14.11.2014 - RN 5 K 14.30304 - juris Rn. 23, 28; VG Regensburg, U.v. 23.10.2014 - RN 3 K 14.30180 - juris Rn. 27).

4. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage auf § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen auf § 154 Abs. 1 VwGO. Dem entspricht eine teilweise Kostentragung durch die Kläger von ¼ und der Beklagten von ¾. Das Verfahren ist gemäß § 83 b AsylVfG gerichtskostenfrei.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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Tenor I. Der Bescheid vom 04.03.2014, Aktenzeichen 565###9 - 272, wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Gerichtskosten werd

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 11. Nov. 2014 - Au 2 K 14.30120

bei uns veröffentlicht am 11.11.2014

Tenor I. Der Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2014 (Gz. ...) wird aufgehoben. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist hinsichtlich der

Verwaltungsgericht München Urteil, 16. Dez. 2014 - M 24 K 14.30795

bei uns veröffentlicht am 16.12.2014

Tenor I. Die Verfahren M 24 K 14.30795, M 24 K 14.30796 und M 24 K 14.30797 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. II. Soweit die Klagen zurückgenommen wurden, werden die Verfahren eingestellt. III. Der Bescheid der Beklag

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 17. Juni 2014 - 10 C 7/13

bei uns veröffentlicht am 17.06.2014

Tatbestand 1 Der Kläger ist ein Asylbewerber aus Somalia. Er wendet sich gegen die Einstellung seines Asylverfahrens durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

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Tenor

I. Die Verfahren M 24 K 14.30795, M 24 K 14.30796 und M 24 K 14.30797 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Soweit die Klagen zurückgenommen wurden, werden die Verfahren eingestellt.

III. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2014 gegenüber den Klägern des Verfahrens M 24 K 14.30795 wird in Nr. 1 aufgehoben.

Die Bescheide der Beklagten jeweils vom 17. Juni 2014 gegen über den Klägern der Verfahrens M 24 K 14.30796 und M 24 K 14.30797 werden in Nr. 1 aufgehoben.

IV. Von den Kosten der Verfahren haben die Kläger ¼ und die Beklagte ¾ zu tragen.

V. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger zu 1. (geb. ....1966) und die Klägerin zu 2. (geb. ....1977) des Verfahrens M 24 K 14.30795 sind die Eltern der Klägerin zu 3. (geb. ....1999) des Verfahrens M 24 K 14.30795 und der beiden Kläger (Zwillingsbrüder, geb. ....1998) der Verfahren M 24 K 14.30796 und M 24 K 14.30797. Die Kläger sind afghanische Staatsangehörige, der Volksgruppe der Qizilbash zugehörig und schiitischen Glaubens. Sie stammen aus der Provinz Ghazni, dort aus dem Dorf ... in der Gemeinde ....

Sie reisten über Ungarn, wo sie – auch ihren eigenen Angaben in ihrer Anhörung zufolge- im April 2012 einen Asylantrag stellten, weiter über Österreich am 7. August 2012 in das Bundesgebiet ein und stellten hier am 10. August 2012 einen Asylantrag.

Im Wiederaufnahmegesuchs-Formular der deutschen Dublin-Einheit an die ungarische Dublin-Einheit ist unter der Rubrik „Frühere Asylverfahren“ angegeben, dass die Kläger am 4. April 2012 in Ungarn einen Asylantrag gestellt hatten und zur Frage, ob über diesen Antrag entschieden wurde, die Antwortalternative „weiß nicht“ bestätigt (Bl. 4 der Behördenakte -BA). Im Antwortschreiben vom 30. Juli 2012 auf die Wiederaufnahmeanfrage erklärt das ungarische Office of Immigration and Nationality Department of International Affairs Dublin Coordination Unit die Rückübernahme der Kläger und bestätigt, dass die Kläger in Ungarn am 2. April 2012 einen Asylantrag gestellt haben und dass das Verfahren am 20. Juli 2012 aufgrund des Verschwindens der Kläger eingestellt wurde. Seither gebe es über die Kläger keine Informationen („We would like to confirm you that the foreigner logded his application for asylum here on 02.04.2012 with his familiy(Mawlayi Farid, Fardin, Fraija and Fatana) and on 20.07.2012 due to their disappearance this process was ceased. Since then we do not have any information about them.” Bl. 16 d. BA).

Nach eingeholter Rückübernahmeerklärung der ungarischen Dublin-Einheit vom 30. Juli 2012 im Dublin-Verfahren erfolgte keine Rücküberstellung der Kläger, vielmehr traf die Beklagte intern am 10. August 2012 die Entscheidung, die Asylverfahren der Kläger in Deutschland durchzuführen. Die Kläger zu 1. und 2 des Verfahrens M 24 K 14. 30795 wurden getrennt am 13. Juni 2013 zu ihren Asylgründen und denen ihrer Kinder angehört. Die Kinder waren sämtlich zu diesem Zeitpunkt noch unter 16 Jahre alt.

Nachdem zweimalige Nachfragen des Klägerbevollmächtigten unter Fristsetzung, was einer Entscheidung über die Asylanträge der Kläger entgegenstehe, seitens des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unbeantwortet blieben, ließen die Kläger durch ihren Bevollmächtigten mit Eingang am 24. Juni 2014 beim Verwaltungsgericht München Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO erheben mit dem Antrag,

die Beklagte zu verpflichten, die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, höchsthilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Nachdem die Entscheidung der Rechtsstreitigkeiten mit Beschluss vom 17. Juli 2014 auf den Einzelrichter übertragen worden war, wurde das BAMF zur Nachfristsetzung gemäß § 75 VwGO angehört. Das BAMF teilte mit, dass über die Asylanträge der Kläger am 13. Juni 2014 entschieden worden sei, sich die Zustellung der Bescheide an die Kläger jedoch verzögert habe bzw. werde. Zu einer Hauptsacheerledigungserklärung klägerseits werde das Einverständnis erklärt.

Mit gleichlautenden Bescheiden, – Bescheid vom 13. Juni 2014 an die Kläger der Verfahren M 24 K 14.30795, als Einschreiben zur Post gegeben an die Kläger der Verfahren M 24 K 14.30795 am 11. August 2014 und - Bescheiden jeweils vom 17. Juni 2014 an den Kläger des Verfahrens M 24 K 14.30796 und an den Kläger des Verfahrens M 24 K 14.30797, zur Post gegeben an den Kläger des Verfahrens M 24 K 14.30796 am 6. August 2014 und an den Kläger des Verfahrens M 24 K 14.30797 am 14. August 2014, hat das BAMF den Antrag auf Durchführung von weiteren Asylverfahren abgelehnt (Nr. 1) und das Vorliegen des Abschiebungsverbots des § 60 Abs. 5 AufenthG bejaht (Nr. 2). In der Begründung wurde zur Nr. 1 ausgeführt, laut Aussage der Kläger zu 1. und 2. des Verfahrens M 24 K 14.30795 seien deren Asylanträge vor ihrer Weiterreise nach Deutschland noch nicht beschieden worden. Es sei somit davon auszugehen, dass das Verfahren mittlerweile ablehnend, eingestellt worden sei. Daher liege ein Zweitantrag nach § 71a AsylVfG vor. Der Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens werde abgelehnt. Hinsichtlich der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus handele es sich bei dem Asylantrag nach der anzunehmenden erfolglosen Durchführung eines Asylverfahrens in Ungarn, nach Würdigung aller Umstände um einen Zweitantrag gemäß § 71a AsylVfG. Von einem Übergang der Dublin-Zuständigkeit sei im Hinblick auf die Verfahrensdauer und dem vorliegenden Sachverhalt nunmehr auszugehen. Die Durchführung des weiteren Asylverfahrens setze die Geltendmachung von Wiederaufgreifensgründen nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG voraus. Solche seien nicht ersichtlich und lägen daher nicht vor.

Mit Eingang jeweils am 19. August 2014 hat der Klägerbevollmächtigte für alle Kläger Klage erhoben. Diese wurden zunächst unter den Aktenzeichen M 25 K 14.30933, M 25 K 14.30934 und M 25 K 14.30935 erfasst und nach Erklärung des Klägerbevollmächtigten, dass mit den Klageerhebungen deren Einbeziehung in die bereits rechtshängigen Verfahren beabsichtigt war, unter Löschung der Aktenzeichen der 25. Kammer in die bereits rechtshängigen Klagen einbezogen.

Der Klägerbevollmächtigte beantragte

für die Kläger des Verfahrens M 24 K 14.3030795:

den Bescheid des BAMF vom 13. Juni 2014 in Nr. 1 aufzuheben und das BAMF zu verpflichten, die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen,

für die Kläger der Verfahren M 24 K 14.3030796 und M 24 K 14.30797:

den Bescheid des BAMF vom 17. Juni 2014 in Nr. 1 aufzuheben und das BAMF zu verpflichten, die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen.

In der mündlichen Verhandlung beantragte der Klägerbevollmächtigte

für die Kläger des Verfahrens M 24 K 14.3030795:

den Bescheid des BAMF vom 13. Juni 2014 in Nr. 1 aufzuheben,

für die Kläger der Verfahren M 24 K 14.3030796 und M 24 K 14.30797:

den Bescheid des BAMF vom 17. Juni 2014 in Nr. 1 aufzuheben.

Der Verpflichtungsteil der Klagen wurde in allen Klageverfahren zurückgenommen.

Die Auffassung des BAMF, dass ein Zweitantrag nach § 71a AsylVfG vorliege, sei rechtlich nicht haltbar. Das BAMF arbeite insoweit mit einer Unterstellung, dass das Verfahren in Ungarn mittlerweile ablehnend beschieden, eingestellt worden sei.

Das Gericht hat vom BAMF erfolglos unter Fristsetzung einen Nachweis erbeten zur konkreten Grundlage der Annahme der ablehnenden Beendigung des Asylverfahrens der Kläger in Ungarn als erfolglose Beendigung eines Asylverfahrens i.S.v. § 71a AsylVfG.

Aus einer Auskunft des Auswärtigen Amts vom 19. November 2014 an das Verwaltungsgericht München zu Rücküberstellung nach Ungarn im Rahmen des Dublin II-Verfahrens zu einer Anfrage vom 30. Juni 2014 in einem anderen Gerichtsverfahren wird zur Frage a) ausgeführt : „Asylantragsteller, die nach Ungarn zurückgeführt werden, werden zunächst zu einer Befragung des Amtes für Staatsbürgerschaft und Einwanderung gebracht. Für die sogenannten „take back“ Fälle, in denen bereits ein Asylantrag in Ungarn gestellt wurde, gilt Folgendes:

In den Fällen, in denen das Asylverfahren wegen Verzugs ins Ausland oder mangelnder Mitwirkung ohne Entscheidung in der Sache eingestellt wurde, wird das neue Asylbegehren behandelt wie ein Erstverfahren…..“.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten der Verfahren M 24 K 14.30795, M 24 K 14.30796, M 24 K 14.30797 einschließlich der (nur statistisch erledigten,) unter den Gerichtsaktenzeichen M 25 K 14.30933, M 25 K 14.30934 und M 25 K 14.30935 erfassten Aktenteilen und der jeweiligen beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sachen verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).

1. Soweit der Bevollmächtigte der Kläger die Klagen in ihrem Verpflichtungsteil in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat, war das Verfahren einzustellen, § 92 Abs. 3 VwGO.

2. Die Klagen auf Aufhebung der Nr. 1 der streitgegenständlichen Bescheide vom 13. Juni 2014 (im Verfahren M 24 K 14. 30795) und vom 17. Juni 2014 (in den Verfahren M 24 K 14.30796 und M 24 K 14.30797) sind zulässig.

2.1. Nach einhelliger Meinung kann nach Ablehnung der begehrten Entscheidung die zuvor als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO erhobene Klage als Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage unter Einbeziehung der getroffenen Entscheidung fortgeführt werden (BayVGH, B.v. 11.8.2005 – 4 CE 05.1580 – BayVBl 2006, 733, juris Rn. 28 m.w.N.). Jedenfalls in einer Konstellation, in der wie hier gemäß § 11 AsylVfG kein Widerspruchsverfahren stattfindet (nur auf die Konstellation des Widerspruchsverfahrens beziehen sich BVerwG, U.v. 23.3.1973 – IV C 2.71 – BVerwGE 42, 108; BVerwG, B.v. 9.12.1983 – 4 B 232/83 – juris Rn. 4), hat eine solche Einbeziehung in das bereits anhängige Untätigkeitsklageverfahren innerhalb der Klagefrist zu erfolgen (Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl.2014, § 75 Rn. 14; Funke-Kaiser in: Bader, VwGO, 5. Auflage (2011), § 75 Rn. 16); denn durch diesen Ansatz werden widersprüchliche Wertungen (Bestandkraft einerseits, gerichtliche Entscheidung trotz Fristversäumung andererseits) vermieden. Aber selbst wenn man zugunsten der Kläger davon ausgehen wollte, dass der Streitgegenstand der Untätigkeitsklage auch den im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht ergangenen Verwaltungsakt umfassen kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 75, Rn. 21), so wäre in jedem Fall eine Einbeziehung des Verwaltungsakts in das bisherige Untätigkeitsklageverfahren erforderlich (ebenso BayVGH, B.v. 11.8.2005 – 4 CE 05.1580 – juris Rn. 29; BayVGH, U.v. 22.6.2007 – 4 B 06.1224 – juris Rn. 36). Dies ist in den vorliegenden Verfahren geschehen.

Die vorliegenden Klagen sind ursprünglich als Untätigkeitsklagen nach § 75 Satz 1, 2 VwGO zulässigerweise erhoben worden. Noch während der Anhörung zur Nachfristsetzung gemäß § 75 Satz 3 VwGO hat das BAMF zu den Asylanträgen eine ablehnende Entscheidung dahingehend getroffen, dass hinsichtlich der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG die Durchführung der Asylverfahren abgelehnt wird, mithin wurden die Asylverfahren ohne Sachentscheidung eingestellt. Durch die klagefristwahrenden Klageerhebungen (§ 74 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz AsylVfG) binnen zwei Wochen ab Zustellung der jeweiligen Bescheide (§ 31 Abs. 1 Satz 1, 2 AsylVfG, § 4 VwZG) und deren Einbeziehung in die Untätigkeitsklagen wurden die Klagen als Verpflichtungsklagen, bzw. nach späterer Klagerücknahme des Verpflichtungsteils der Klagen als Anfechtungsklagen fortgesetzt.

2.2. Die Anfechtungsklagen gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO sind statthaft. Eine Verpflichtungsklage, gerichtet auf Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes nach § 3 AsylVfG oder subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG durch die Beklagte, wäre in der hier gegebenen Situation dagegen nicht statthaft. In den Fällen der Einstellung des Asylverfahrens steht die – auf Beschleunigung und Konzentration auf eine Behörde gerichtete – Ausgestaltung des Verfahrens einer Verpflichtungsklage, bei der das Verwaltungsgericht „durchzuentscheiden“ hätte, entgegen (vgl. BVerwG, U.v. 7.3.1995 – 9 C 264/94 – juris Rn. 15).

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet in der vorgenannten Entscheidung die Anfechtungsklage als zulässig, da in der der Bestandskraft fähigen Feststellung, ein Asylverfahren werde nicht durchgeführt, ein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG liegt, der die materiell-rechtliche Rechtsposition des Asylsuchenden verschlechtert. Die Wirkung des Bescheides erschöpft sich nicht nur in der verfahrensrechtlichen Folge der Einstellung des Asylverfahrens, sondern verschlechtert die materielle Rechtslage des Klägers. Die Anfechtungsklage wäre auch nicht wegen des Vorrangs der Verpflichtungsklage im Hinblick darauf zulässig, dass für das vom Kläger in erster Linie verfolgte Klageziel der Asylanerkennung die Verpflichtungsklage die richtige Klageart ist. Im Bereich gebundener begünstigender Verwaltungsakte wird aus § 113 Abs. 5 VwGO in Verbindung mit dem Amtsermittlungsprinzip des § 86 Abs. 1 VwGO allgemein abgeleitet, dass bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde die dem Rechtsschutzbegehren des Klägers allein entsprechende Verpflichtungsklage die richtige Klageart ist mit der Konsequenz, dass das Verwaltungsgericht die Sache spruchreif zu machen hat und sich nicht auf eine Entscheidung über die Anfechtungsklage beschränken darf, die im Ergebnis einer Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde gleichkommt. Dieser Grundsatz beansprucht auch im Asylverfahren Geltung, jedoch nicht ausnahmslos (BVerwG, U.v. 7.3.1995 – 9 C 264/94 – juris Rn. 14). Die gegenüber dem Verwaltungsgericht vorrangige Zuständigkeit des BAMF über die Entscheidung von Asylanträgen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) gebietet es jedenfalls in den Fällen, in denen das BAMF durch eine rechtswidrige Feststellung, das Verfahren sei eingestellt, eine sachliche Prüfung des Asylbegehrens verweigert, wird dem Kläger die Möglichkeit entzogen, eine Entscheidung zu seinem Asylbegehren zu erhalten; bei dieser Sachlage geht gleichzeitig einher, dass das Gericht, statt die Entscheidung des BAMF zu kontrollieren, entgegen dem Grundsatz der Gewaltenteilung in Art. 20 Abs. 2 GG an Stelle des BAMF entscheidet und sich zugleich das BAMF seiner zentralen Aufgabenstellung im Asylverfahren begeben würde. Unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 113 Abs. 3 VwGO hat das Verwaltungsgericht auch bei der Kontrolle gebundener Entscheidungen jedenfalls dann nicht die Spruchreife selbst herbeizuführen, wenn der getroffenen Entscheidung der Behörde erhebliche Aufklärungsdefizite zugrunde liegen. Zudem steht die besondere Ausgestaltung des Asylverfahrens durch das Asylverfahrensgesetz im Falle versäumter Sachentscheidung durch das BAMF der Annahme entgegen, dass nur eine auf die Asylanerkennung gerichtete Verpflichtungsklage, auf die hin das Verwaltungsgericht die Sache spruchreif zu machen hätte, in Betracht käme. Bei Verfahrenseinstellungen durch das BAMF trifft das Gericht diese Verpflichtung hingegen nicht, da ansonsten die vom Gesetzgeber im Bemühen um die Beschleunigung von Asylverfahren dem BAMF zugewiesenen und von diesem wahrzunehmenden Gestaltungsmöglichkeiten unterlaufen würden. Parallel dazu ginge dem Asylsuchenden eine mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestaltete Tatsacheninstanz vor der Behörde verloren. Bei einer solchen Sachlage ist die verweigerte sachliche Prüfung vorrangig von der Fachbehörde nachzuholen (BVerwG, U.v. 7.3.1995 – 9 C 264/94 – juris Rn. 15).

Wenngleich der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedene Fall zur Einstellung eines Asylerstverfahrens (BVerwG, U.v. 7.3.1995 – 9 C 264/94 – juris) erging, sind die dort getroffenen grundsätzlichen Erwägungen gleichermaßen im vorliegenden Fall einschlägig. Vorliegend haben die Kläger beim BAMF einen Asylantrag zur Durchführung eines Asylerstverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland gestellt. Diesen Asylerstantrag hat das BAMF als Zweitantrag gewertet wird und die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt wird. Zuvor hatten die Kläger einen Asylantrag in Ungarn gestellt.

Der vorliegende Fall betrifft nicht die Konstellation des nochmaligen Begehrens der Zuerkennung der Rechtsstellung als Flüchtling oder des unionsrechtlichen subsidiären Schutzes, wenn dem Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die (höherrangige) Rechtsstellung als Flüchtling oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt wurde (vgl. BVerwG, U.v. 17.6.2014 – 10 C 7/13 – juris Rn. 26, 28ff.). Im vorliegenden Fall erfolgte gegenüber den Klägern nach Aktenlage und unstreitig keine Zuerkennung der Rechtsstellung als Flüchtling oder des unionsrechtlichen subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG durch Ungarn.

Im Rahmen der zeitlich im vorliegenden Fall einschlägigen Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18. Februar 2003 (ABl. Nr. L 50, 1 – Dublin-II-VO) ist die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung Verfahrens auf Prüfung des Asylantrags der Kläger zuständig geworden. Offen bleiben kann, ob die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland infolge des Ablaufs der Überstellungsfrist (Art. 20 Abs. 2 Satz 1, Art. 25 Abs. 1 b) Dublin-II-VO) am 30. Januar 2013 oder zuvor durch Ausübung des Selbsteintrittsrechts eintrat.

Wenn, wie vorliegend, das BAMF auf der Grundlage der Annahme, Ungarn habe über den dort gestellten Asylantrag der Kläger eine negative abschließende Entscheidung getroffen, die Durchführung eines Asylerstantragsverfahrens zum Asylantrag der Kläger unter Wertung des Asylantrags als Zweitantrag nach § 71a AsylVfG verweigert, wird die materielle Rechtslage der Kläger verschlechtert, denn das bisherige Asylvorbringen ist beim Zweitantrag wie beim Folgeantrag (§ 71 AsylVfG) abgeschnitten (§ 71a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG), da beide Vorschriften auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG verweisen. Zudem liegen der getroffenen Entscheidung des BAMF erhebliche Aufklärungsdefizite zugrunde. Das BAMF stützt seine Einstellungsentscheidung und seine Rechtsansicht zur Anwendbarkeit des § 71a AsylVfG auf eine unterstellte Vermutung. Eine Aufklärung hat nicht stattgefunden. Vielmehr ergibt sich bereits aus der vorgelegten Behördenakte, nämlich den Erkenntnissen im Eurodac-Formblatt und der Erklärung der ungarischen Dublin-Einheit in deren Schreiben vom 30. Juli 2012, dass die Annahme des BAMF eine bloße Unterstellung bar jeglicher Tatsachengrundlage ist. Dies wird umso deutlicher unter Heranziehung der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 19. November 2014 an das Verwaltungsgericht München zu Rücküberstellung nach Ungarn im Rahmen des Dublin II-Verfahrens zu einer Anfrage vom 30. Juni 2014 in einem anderen Gerichtsverfahren, an dem das BAMF gleichermaßen als Behörde der Bundesrepublik Deutschland beteiligt war. Es ist der Beklagten bekannt, dass in Ungarn Asylverfahren wegen Verzugs der Asylantragsteller ins Ausland oder deren mangelnden Mitwirkung ohne Entscheidung in der Sache eingestellt werden.

3. Die Anfechtungsklagen sind begründet. Die jeweilige Nr. 1 der streitgegenständlichen Bescheide vom 13. Juni 2014 (im Verfahren M 24 K 14. 30795) und vom 17. Juni 2014 (in den Verfahren M 24 K 14.30796 und M 24 K 14.30797) sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

3.1. Die Voraussetzungen des § 71a AsylVfG liegen nicht vor. Die tatbestandliche Voraussetzung des § 71a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, wonach ein erfolgloser Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a Abs. 1, 2 AsylVfG), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten, vorliegen muss, um einen im Inland gestellte Asylantrag als Zweitantrag anzusehen, ist vorliegend nicht gegeben. Ungarn hat im Rahmen des Dublin-II-Verfahrens die dort gestellten Asylanträge der Kläger nicht mit erfolglosem Ausgang abgeschlossen, sondern lediglich nach Verzugs der Kläger ins Ausland das Verfahren ohne Entscheidung in der Sache eingestellt. Für die gegenteilige Annahme der Beklagten in der Begründung der streitgegenständlichen Bescheide ist die Beklagte trotz Aufforderung hierzu durch das Gericht, einen konkreten Nachweis über einen tatsächlichen erfolglosen Abschluss der Asylverfahren in Ungarn vorzulegen, schuldig geblieben. Weder das Eurodac-Formblatt mit seinen Angaben im Rahmen der Dublin-Verfahren, noch die Erklärung der ungarischen Dublin-Einheit vom 30. Juli 2012 belegen die Unterstellung der Beklagten.

3.2. Die Beklagte ist als Staat nach dem Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Sachprüfung des Asylbegehrens der Kläger jedenfalls mit Ablauf der Überstellungsfrist zuständig geworden (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dubin-II-VO). Eine materielle Prüfung der Asylanträge erfolgte nicht durch das dafür zuständige BAMF. Mit der Aufhebung der Bescheide im jeweils streitgegenständlichen Umfang wird ein Verfahrenshindernis für diese Prüfung beseitigt. Das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es beendet worden ist, durch die Beklagte inhaltlich weiterzuführen (BVerwG, U.v. 7.3.1995 – 9 C 264/94 – juris Rn. 12).

3.3. Die Kläger sind auch in ihren Rechten verletzt. Die Bescheide in ihrem streitgegenständlichen Umfang verletzen die Kläger in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Durchführung eines Asylverfahrens gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO bzw. Art. 16a Abs. 1 GG. Der Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens ist notwendiger Bestandteil des materiellen Asylanspruchs gegenüber dem - nach der nach den Bestimmungen der Dublin-II-VO getroffenen internen Verteilung der Lasten, Verantwortung und Pflichten unter den EU-Mitgliedstaaten - zuständigen Staat, vorliegend die Beklagte (vgl. VG Augsburg, U.v. 11.11.2014 – Au 2 K 14.30120 - juris Rn. 28; VG Regensburg, U.v. 14.11.2014 – RN 5 K 14.30304 – juris Rn. 23, 28; VG Regensburg, U.v. 23.10.2014 – RN 3 K 14.30180 – juris Rn. 27).

4. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage auf § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen auf § 154 Abs. 1 VwGO. Dem entspricht eine teilweise Kostentragung durch die Kläger von ¼ und der Beklagten von ¾. Das Verfahren ist gemäß § 83 b AsylVfG gerichtskostenfrei.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I. Die Verfahren M 24 K 14.30795, M 24 K 14.30796 und M 24 K 14.30797 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Soweit die Klagen zurückgenommen wurden, werden die Verfahren eingestellt.

III. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2014 gegenüber den Klägern des Verfahrens M 24 K 14.30795 wird in Nr. 1 aufgehoben.

Die Bescheide der Beklagten jeweils vom 17. Juni 2014 gegen über den Klägern der Verfahrens M 24 K 14.30796 und M 24 K 14.30797 werden in Nr. 1 aufgehoben.

IV. Von den Kosten der Verfahren haben die Kläger ¼ und die Beklagte ¾ zu tragen.

V. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger zu 1. (geb. ....1966) und die Klägerin zu 2. (geb. ....1977) des Verfahrens M 24 K 14.30795 sind die Eltern der Klägerin zu 3. (geb. ....1999) des Verfahrens M 24 K 14.30795 und der beiden Kläger (Zwillingsbrüder, geb. ....1998) der Verfahren M 24 K 14.30796 und M 24 K 14.30797. Die Kläger sind afghanische Staatsangehörige, der Volksgruppe der Qizilbash zugehörig und schiitischen Glaubens. Sie stammen aus der Provinz Ghazni, dort aus dem Dorf ... in der Gemeinde ....

Sie reisten über Ungarn, wo sie – auch ihren eigenen Angaben in ihrer Anhörung zufolge- im April 2012 einen Asylantrag stellten, weiter über Österreich am 7. August 2012 in das Bundesgebiet ein und stellten hier am 10. August 2012 einen Asylantrag.

Im Wiederaufnahmegesuchs-Formular der deutschen Dublin-Einheit an die ungarische Dublin-Einheit ist unter der Rubrik „Frühere Asylverfahren“ angegeben, dass die Kläger am 4. April 2012 in Ungarn einen Asylantrag gestellt hatten und zur Frage, ob über diesen Antrag entschieden wurde, die Antwortalternative „weiß nicht“ bestätigt (Bl. 4 der Behördenakte -BA). Im Antwortschreiben vom 30. Juli 2012 auf die Wiederaufnahmeanfrage erklärt das ungarische Office of Immigration and Nationality Department of International Affairs Dublin Coordination Unit die Rückübernahme der Kläger und bestätigt, dass die Kläger in Ungarn am 2. April 2012 einen Asylantrag gestellt haben und dass das Verfahren am 20. Juli 2012 aufgrund des Verschwindens der Kläger eingestellt wurde. Seither gebe es über die Kläger keine Informationen („We would like to confirm you that the foreigner logded his application for asylum here on 02.04.2012 with his familiy(Mawlayi Farid, Fardin, Fraija and Fatana) and on 20.07.2012 due to their disappearance this process was ceased. Since then we do not have any information about them.” Bl. 16 d. BA).

Nach eingeholter Rückübernahmeerklärung der ungarischen Dublin-Einheit vom 30. Juli 2012 im Dublin-Verfahren erfolgte keine Rücküberstellung der Kläger, vielmehr traf die Beklagte intern am 10. August 2012 die Entscheidung, die Asylverfahren der Kläger in Deutschland durchzuführen. Die Kläger zu 1. und 2 des Verfahrens M 24 K 14. 30795 wurden getrennt am 13. Juni 2013 zu ihren Asylgründen und denen ihrer Kinder angehört. Die Kinder waren sämtlich zu diesem Zeitpunkt noch unter 16 Jahre alt.

Nachdem zweimalige Nachfragen des Klägerbevollmächtigten unter Fristsetzung, was einer Entscheidung über die Asylanträge der Kläger entgegenstehe, seitens des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unbeantwortet blieben, ließen die Kläger durch ihren Bevollmächtigten mit Eingang am 24. Juni 2014 beim Verwaltungsgericht München Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO erheben mit dem Antrag,

die Beklagte zu verpflichten, die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, höchsthilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Nachdem die Entscheidung der Rechtsstreitigkeiten mit Beschluss vom 17. Juli 2014 auf den Einzelrichter übertragen worden war, wurde das BAMF zur Nachfristsetzung gemäß § 75 VwGO angehört. Das BAMF teilte mit, dass über die Asylanträge der Kläger am 13. Juni 2014 entschieden worden sei, sich die Zustellung der Bescheide an die Kläger jedoch verzögert habe bzw. werde. Zu einer Hauptsacheerledigungserklärung klägerseits werde das Einverständnis erklärt.

Mit gleichlautenden Bescheiden, – Bescheid vom 13. Juni 2014 an die Kläger der Verfahren M 24 K 14.30795, als Einschreiben zur Post gegeben an die Kläger der Verfahren M 24 K 14.30795 am 11. August 2014 und - Bescheiden jeweils vom 17. Juni 2014 an den Kläger des Verfahrens M 24 K 14.30796 und an den Kläger des Verfahrens M 24 K 14.30797, zur Post gegeben an den Kläger des Verfahrens M 24 K 14.30796 am 6. August 2014 und an den Kläger des Verfahrens M 24 K 14.30797 am 14. August 2014, hat das BAMF den Antrag auf Durchführung von weiteren Asylverfahren abgelehnt (Nr. 1) und das Vorliegen des Abschiebungsverbots des § 60 Abs. 5 AufenthG bejaht (Nr. 2). In der Begründung wurde zur Nr. 1 ausgeführt, laut Aussage der Kläger zu 1. und 2. des Verfahrens M 24 K 14.30795 seien deren Asylanträge vor ihrer Weiterreise nach Deutschland noch nicht beschieden worden. Es sei somit davon auszugehen, dass das Verfahren mittlerweile ablehnend, eingestellt worden sei. Daher liege ein Zweitantrag nach § 71a AsylVfG vor. Der Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens werde abgelehnt. Hinsichtlich der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus handele es sich bei dem Asylantrag nach der anzunehmenden erfolglosen Durchführung eines Asylverfahrens in Ungarn, nach Würdigung aller Umstände um einen Zweitantrag gemäß § 71a AsylVfG. Von einem Übergang der Dublin-Zuständigkeit sei im Hinblick auf die Verfahrensdauer und dem vorliegenden Sachverhalt nunmehr auszugehen. Die Durchführung des weiteren Asylverfahrens setze die Geltendmachung von Wiederaufgreifensgründen nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG voraus. Solche seien nicht ersichtlich und lägen daher nicht vor.

Mit Eingang jeweils am 19. August 2014 hat der Klägerbevollmächtigte für alle Kläger Klage erhoben. Diese wurden zunächst unter den Aktenzeichen M 25 K 14.30933, M 25 K 14.30934 und M 25 K 14.30935 erfasst und nach Erklärung des Klägerbevollmächtigten, dass mit den Klageerhebungen deren Einbeziehung in die bereits rechtshängigen Verfahren beabsichtigt war, unter Löschung der Aktenzeichen der 25. Kammer in die bereits rechtshängigen Klagen einbezogen.

Der Klägerbevollmächtigte beantragte

für die Kläger des Verfahrens M 24 K 14.3030795:

den Bescheid des BAMF vom 13. Juni 2014 in Nr. 1 aufzuheben und das BAMF zu verpflichten, die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen,

für die Kläger der Verfahren M 24 K 14.3030796 und M 24 K 14.30797:

den Bescheid des BAMF vom 17. Juni 2014 in Nr. 1 aufzuheben und das BAMF zu verpflichten, die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen.

In der mündlichen Verhandlung beantragte der Klägerbevollmächtigte

für die Kläger des Verfahrens M 24 K 14.3030795:

den Bescheid des BAMF vom 13. Juni 2014 in Nr. 1 aufzuheben,

für die Kläger der Verfahren M 24 K 14.3030796 und M 24 K 14.30797:

den Bescheid des BAMF vom 17. Juni 2014 in Nr. 1 aufzuheben.

Der Verpflichtungsteil der Klagen wurde in allen Klageverfahren zurückgenommen.

Die Auffassung des BAMF, dass ein Zweitantrag nach § 71a AsylVfG vorliege, sei rechtlich nicht haltbar. Das BAMF arbeite insoweit mit einer Unterstellung, dass das Verfahren in Ungarn mittlerweile ablehnend beschieden, eingestellt worden sei.

Das Gericht hat vom BAMF erfolglos unter Fristsetzung einen Nachweis erbeten zur konkreten Grundlage der Annahme der ablehnenden Beendigung des Asylverfahrens der Kläger in Ungarn als erfolglose Beendigung eines Asylverfahrens i.S.v. § 71a AsylVfG.

Aus einer Auskunft des Auswärtigen Amts vom 19. November 2014 an das Verwaltungsgericht München zu Rücküberstellung nach Ungarn im Rahmen des Dublin II-Verfahrens zu einer Anfrage vom 30. Juni 2014 in einem anderen Gerichtsverfahren wird zur Frage a) ausgeführt : „Asylantragsteller, die nach Ungarn zurückgeführt werden, werden zunächst zu einer Befragung des Amtes für Staatsbürgerschaft und Einwanderung gebracht. Für die sogenannten „take back“ Fälle, in denen bereits ein Asylantrag in Ungarn gestellt wurde, gilt Folgendes:

In den Fällen, in denen das Asylverfahren wegen Verzugs ins Ausland oder mangelnder Mitwirkung ohne Entscheidung in der Sache eingestellt wurde, wird das neue Asylbegehren behandelt wie ein Erstverfahren…..“.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten der Verfahren M 24 K 14.30795, M 24 K 14.30796, M 24 K 14.30797 einschließlich der (nur statistisch erledigten,) unter den Gerichtsaktenzeichen M 25 K 14.30933, M 25 K 14.30934 und M 25 K 14.30935 erfassten Aktenteilen und der jeweiligen beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sachen verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).

1. Soweit der Bevollmächtigte der Kläger die Klagen in ihrem Verpflichtungsteil in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat, war das Verfahren einzustellen, § 92 Abs. 3 VwGO.

2. Die Klagen auf Aufhebung der Nr. 1 der streitgegenständlichen Bescheide vom 13. Juni 2014 (im Verfahren M 24 K 14. 30795) und vom 17. Juni 2014 (in den Verfahren M 24 K 14.30796 und M 24 K 14.30797) sind zulässig.

2.1. Nach einhelliger Meinung kann nach Ablehnung der begehrten Entscheidung die zuvor als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO erhobene Klage als Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage unter Einbeziehung der getroffenen Entscheidung fortgeführt werden (BayVGH, B.v. 11.8.2005 – 4 CE 05.1580 – BayVBl 2006, 733, juris Rn. 28 m.w.N.). Jedenfalls in einer Konstellation, in der wie hier gemäß § 11 AsylVfG kein Widerspruchsverfahren stattfindet (nur auf die Konstellation des Widerspruchsverfahrens beziehen sich BVerwG, U.v. 23.3.1973 – IV C 2.71 – BVerwGE 42, 108; BVerwG, B.v. 9.12.1983 – 4 B 232/83 – juris Rn. 4), hat eine solche Einbeziehung in das bereits anhängige Untätigkeitsklageverfahren innerhalb der Klagefrist zu erfolgen (Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl.2014, § 75 Rn. 14; Funke-Kaiser in: Bader, VwGO, 5. Auflage (2011), § 75 Rn. 16); denn durch diesen Ansatz werden widersprüchliche Wertungen (Bestandkraft einerseits, gerichtliche Entscheidung trotz Fristversäumung andererseits) vermieden. Aber selbst wenn man zugunsten der Kläger davon ausgehen wollte, dass der Streitgegenstand der Untätigkeitsklage auch den im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht ergangenen Verwaltungsakt umfassen kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 75, Rn. 21), so wäre in jedem Fall eine Einbeziehung des Verwaltungsakts in das bisherige Untätigkeitsklageverfahren erforderlich (ebenso BayVGH, B.v. 11.8.2005 – 4 CE 05.1580 – juris Rn. 29; BayVGH, U.v. 22.6.2007 – 4 B 06.1224 – juris Rn. 36). Dies ist in den vorliegenden Verfahren geschehen.

Die vorliegenden Klagen sind ursprünglich als Untätigkeitsklagen nach § 75 Satz 1, 2 VwGO zulässigerweise erhoben worden. Noch während der Anhörung zur Nachfristsetzung gemäß § 75 Satz 3 VwGO hat das BAMF zu den Asylanträgen eine ablehnende Entscheidung dahingehend getroffen, dass hinsichtlich der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG die Durchführung der Asylverfahren abgelehnt wird, mithin wurden die Asylverfahren ohne Sachentscheidung eingestellt. Durch die klagefristwahrenden Klageerhebungen (§ 74 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz AsylVfG) binnen zwei Wochen ab Zustellung der jeweiligen Bescheide (§ 31 Abs. 1 Satz 1, 2 AsylVfG, § 4 VwZG) und deren Einbeziehung in die Untätigkeitsklagen wurden die Klagen als Verpflichtungsklagen, bzw. nach späterer Klagerücknahme des Verpflichtungsteils der Klagen als Anfechtungsklagen fortgesetzt.

2.2. Die Anfechtungsklagen gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO sind statthaft. Eine Verpflichtungsklage, gerichtet auf Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes nach § 3 AsylVfG oder subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG durch die Beklagte, wäre in der hier gegebenen Situation dagegen nicht statthaft. In den Fällen der Einstellung des Asylverfahrens steht die – auf Beschleunigung und Konzentration auf eine Behörde gerichtete – Ausgestaltung des Verfahrens einer Verpflichtungsklage, bei der das Verwaltungsgericht „durchzuentscheiden“ hätte, entgegen (vgl. BVerwG, U.v. 7.3.1995 – 9 C 264/94 – juris Rn. 15).

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet in der vorgenannten Entscheidung die Anfechtungsklage als zulässig, da in der der Bestandskraft fähigen Feststellung, ein Asylverfahren werde nicht durchgeführt, ein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG liegt, der die materiell-rechtliche Rechtsposition des Asylsuchenden verschlechtert. Die Wirkung des Bescheides erschöpft sich nicht nur in der verfahrensrechtlichen Folge der Einstellung des Asylverfahrens, sondern verschlechtert die materielle Rechtslage des Klägers. Die Anfechtungsklage wäre auch nicht wegen des Vorrangs der Verpflichtungsklage im Hinblick darauf zulässig, dass für das vom Kläger in erster Linie verfolgte Klageziel der Asylanerkennung die Verpflichtungsklage die richtige Klageart ist. Im Bereich gebundener begünstigender Verwaltungsakte wird aus § 113 Abs. 5 VwGO in Verbindung mit dem Amtsermittlungsprinzip des § 86 Abs. 1 VwGO allgemein abgeleitet, dass bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde die dem Rechtsschutzbegehren des Klägers allein entsprechende Verpflichtungsklage die richtige Klageart ist mit der Konsequenz, dass das Verwaltungsgericht die Sache spruchreif zu machen hat und sich nicht auf eine Entscheidung über die Anfechtungsklage beschränken darf, die im Ergebnis einer Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde gleichkommt. Dieser Grundsatz beansprucht auch im Asylverfahren Geltung, jedoch nicht ausnahmslos (BVerwG, U.v. 7.3.1995 – 9 C 264/94 – juris Rn. 14). Die gegenüber dem Verwaltungsgericht vorrangige Zuständigkeit des BAMF über die Entscheidung von Asylanträgen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) gebietet es jedenfalls in den Fällen, in denen das BAMF durch eine rechtswidrige Feststellung, das Verfahren sei eingestellt, eine sachliche Prüfung des Asylbegehrens verweigert, wird dem Kläger die Möglichkeit entzogen, eine Entscheidung zu seinem Asylbegehren zu erhalten; bei dieser Sachlage geht gleichzeitig einher, dass das Gericht, statt die Entscheidung des BAMF zu kontrollieren, entgegen dem Grundsatz der Gewaltenteilung in Art. 20 Abs. 2 GG an Stelle des BAMF entscheidet und sich zugleich das BAMF seiner zentralen Aufgabenstellung im Asylverfahren begeben würde. Unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 113 Abs. 3 VwGO hat das Verwaltungsgericht auch bei der Kontrolle gebundener Entscheidungen jedenfalls dann nicht die Spruchreife selbst herbeizuführen, wenn der getroffenen Entscheidung der Behörde erhebliche Aufklärungsdefizite zugrunde liegen. Zudem steht die besondere Ausgestaltung des Asylverfahrens durch das Asylverfahrensgesetz im Falle versäumter Sachentscheidung durch das BAMF der Annahme entgegen, dass nur eine auf die Asylanerkennung gerichtete Verpflichtungsklage, auf die hin das Verwaltungsgericht die Sache spruchreif zu machen hätte, in Betracht käme. Bei Verfahrenseinstellungen durch das BAMF trifft das Gericht diese Verpflichtung hingegen nicht, da ansonsten die vom Gesetzgeber im Bemühen um die Beschleunigung von Asylverfahren dem BAMF zugewiesenen und von diesem wahrzunehmenden Gestaltungsmöglichkeiten unterlaufen würden. Parallel dazu ginge dem Asylsuchenden eine mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestaltete Tatsacheninstanz vor der Behörde verloren. Bei einer solchen Sachlage ist die verweigerte sachliche Prüfung vorrangig von der Fachbehörde nachzuholen (BVerwG, U.v. 7.3.1995 – 9 C 264/94 – juris Rn. 15).

Wenngleich der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedene Fall zur Einstellung eines Asylerstverfahrens (BVerwG, U.v. 7.3.1995 – 9 C 264/94 – juris) erging, sind die dort getroffenen grundsätzlichen Erwägungen gleichermaßen im vorliegenden Fall einschlägig. Vorliegend haben die Kläger beim BAMF einen Asylantrag zur Durchführung eines Asylerstverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland gestellt. Diesen Asylerstantrag hat das BAMF als Zweitantrag gewertet wird und die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt wird. Zuvor hatten die Kläger einen Asylantrag in Ungarn gestellt.

Der vorliegende Fall betrifft nicht die Konstellation des nochmaligen Begehrens der Zuerkennung der Rechtsstellung als Flüchtling oder des unionsrechtlichen subsidiären Schutzes, wenn dem Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die (höherrangige) Rechtsstellung als Flüchtling oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt wurde (vgl. BVerwG, U.v. 17.6.2014 – 10 C 7/13 – juris Rn. 26, 28ff.). Im vorliegenden Fall erfolgte gegenüber den Klägern nach Aktenlage und unstreitig keine Zuerkennung der Rechtsstellung als Flüchtling oder des unionsrechtlichen subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG durch Ungarn.

Im Rahmen der zeitlich im vorliegenden Fall einschlägigen Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18. Februar 2003 (ABl. Nr. L 50, 1 – Dublin-II-VO) ist die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung Verfahrens auf Prüfung des Asylantrags der Kläger zuständig geworden. Offen bleiben kann, ob die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland infolge des Ablaufs der Überstellungsfrist (Art. 20 Abs. 2 Satz 1, Art. 25 Abs. 1 b) Dublin-II-VO) am 30. Januar 2013 oder zuvor durch Ausübung des Selbsteintrittsrechts eintrat.

Wenn, wie vorliegend, das BAMF auf der Grundlage der Annahme, Ungarn habe über den dort gestellten Asylantrag der Kläger eine negative abschließende Entscheidung getroffen, die Durchführung eines Asylerstantragsverfahrens zum Asylantrag der Kläger unter Wertung des Asylantrags als Zweitantrag nach § 71a AsylVfG verweigert, wird die materielle Rechtslage der Kläger verschlechtert, denn das bisherige Asylvorbringen ist beim Zweitantrag wie beim Folgeantrag (§ 71 AsylVfG) abgeschnitten (§ 71a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG), da beide Vorschriften auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG verweisen. Zudem liegen der getroffenen Entscheidung des BAMF erhebliche Aufklärungsdefizite zugrunde. Das BAMF stützt seine Einstellungsentscheidung und seine Rechtsansicht zur Anwendbarkeit des § 71a AsylVfG auf eine unterstellte Vermutung. Eine Aufklärung hat nicht stattgefunden. Vielmehr ergibt sich bereits aus der vorgelegten Behördenakte, nämlich den Erkenntnissen im Eurodac-Formblatt und der Erklärung der ungarischen Dublin-Einheit in deren Schreiben vom 30. Juli 2012, dass die Annahme des BAMF eine bloße Unterstellung bar jeglicher Tatsachengrundlage ist. Dies wird umso deutlicher unter Heranziehung der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 19. November 2014 an das Verwaltungsgericht München zu Rücküberstellung nach Ungarn im Rahmen des Dublin II-Verfahrens zu einer Anfrage vom 30. Juni 2014 in einem anderen Gerichtsverfahren, an dem das BAMF gleichermaßen als Behörde der Bundesrepublik Deutschland beteiligt war. Es ist der Beklagten bekannt, dass in Ungarn Asylverfahren wegen Verzugs der Asylantragsteller ins Ausland oder deren mangelnden Mitwirkung ohne Entscheidung in der Sache eingestellt werden.

3. Die Anfechtungsklagen sind begründet. Die jeweilige Nr. 1 der streitgegenständlichen Bescheide vom 13. Juni 2014 (im Verfahren M 24 K 14. 30795) und vom 17. Juni 2014 (in den Verfahren M 24 K 14.30796 und M 24 K 14.30797) sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

3.1. Die Voraussetzungen des § 71a AsylVfG liegen nicht vor. Die tatbestandliche Voraussetzung des § 71a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, wonach ein erfolgloser Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a Abs. 1, 2 AsylVfG), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten, vorliegen muss, um einen im Inland gestellte Asylantrag als Zweitantrag anzusehen, ist vorliegend nicht gegeben. Ungarn hat im Rahmen des Dublin-II-Verfahrens die dort gestellten Asylanträge der Kläger nicht mit erfolglosem Ausgang abgeschlossen, sondern lediglich nach Verzugs der Kläger ins Ausland das Verfahren ohne Entscheidung in der Sache eingestellt. Für die gegenteilige Annahme der Beklagten in der Begründung der streitgegenständlichen Bescheide ist die Beklagte trotz Aufforderung hierzu durch das Gericht, einen konkreten Nachweis über einen tatsächlichen erfolglosen Abschluss der Asylverfahren in Ungarn vorzulegen, schuldig geblieben. Weder das Eurodac-Formblatt mit seinen Angaben im Rahmen der Dublin-Verfahren, noch die Erklärung der ungarischen Dublin-Einheit vom 30. Juli 2012 belegen die Unterstellung der Beklagten.

3.2. Die Beklagte ist als Staat nach dem Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Sachprüfung des Asylbegehrens der Kläger jedenfalls mit Ablauf der Überstellungsfrist zuständig geworden (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dubin-II-VO). Eine materielle Prüfung der Asylanträge erfolgte nicht durch das dafür zuständige BAMF. Mit der Aufhebung der Bescheide im jeweils streitgegenständlichen Umfang wird ein Verfahrenshindernis für diese Prüfung beseitigt. Das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es beendet worden ist, durch die Beklagte inhaltlich weiterzuführen (BVerwG, U.v. 7.3.1995 – 9 C 264/94 – juris Rn. 12).

3.3. Die Kläger sind auch in ihren Rechten verletzt. Die Bescheide in ihrem streitgegenständlichen Umfang verletzen die Kläger in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Durchführung eines Asylverfahrens gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO bzw. Art. 16a Abs. 1 GG. Der Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens ist notwendiger Bestandteil des materiellen Asylanspruchs gegenüber dem - nach der nach den Bestimmungen der Dublin-II-VO getroffenen internen Verteilung der Lasten, Verantwortung und Pflichten unter den EU-Mitgliedstaaten - zuständigen Staat, vorliegend die Beklagte (vgl. VG Augsburg, U.v. 11.11.2014 – Au 2 K 14.30120 - juris Rn. 28; VG Regensburg, U.v. 14.11.2014 – RN 5 K 14.30304 – juris Rn. 23, 28; VG Regensburg, U.v. 23.10.2014 – RN 3 K 14.30180 – juris Rn. 27).

4. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage auf § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen auf § 154 Abs. 1 VwGO. Dem entspricht eine teilweise Kostentragung durch die Kläger von ¼ und der Beklagten von ¾. Das Verfahren ist gemäß § 83 b AsylVfG gerichtskostenfrei.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Ein Dokument kann durch die Post mittels Einschreiben durch Übergabe oder mittels Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden.

(2) Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein. Im Übrigen gilt das Dokument am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang und dessen Zeitpunkt nachzuweisen. Der Tag der Aufgabe zur Post ist in den Akten zu vermerken.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Der Kläger ist ein Asylbewerber aus Somalia. Er wendet sich gegen die Einstellung seines Asylverfahrens durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

2

Der Kläger stellte Mitte August 2010 einen Asylantrag und gab in einer Niederschrift dazu am 9. September 2010 an, er sei somalischer Staatsangehöriger und am 1. Januar 1981 in Mogadischu geboren. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - nahm ihm Fingerabdrücke zur Identitätsfeststellung ab, die sich später als nicht verwertbar erwiesen. Der damit betraute Mitarbeiter stellte bereits bei der Abnahme fest, dass die Fingerkuppen des Klägers Veränderungen aufwiesen, die voraussichtlich zur Unverwertbarkeit der abgenommenen Fingerabdrücke führen würden. Der Kläger bestritt, seine Fingerkuppen manipuliert zu haben.

3

Mit Schreiben vom 9. September 2010 wies das Bundesamt den Kläger darauf hin, dass die Beschädigung der Fingerkuppen den Verdacht begründe, dass der Kläger nicht bereit sei, an der Überprüfung seiner Identität mitzuwirken. Er werde daher aufgefordert, sein Asylverfahren dadurch zu betreiben, dass er zum einen binnen eines Monats in der Außenstelle des Bundesamts erscheine und sich "auswertbare Fingerabdrücke" abnehmen lasse. Zum anderen solle er schriftlich darlegen, in welchen Staaten er sich nach dem Verlassen seines Herkunftslandes aufgehalten habe, ob er dort bereits einen Asylantrag gestellt habe und dieser ggf. abgelehnt worden sei. Gleichzeitig wurde er unter Bezugnahme auf § 33 AsylVfG (a.F.) darauf hingewiesen, dass sein Asylantrag als zurückgenommen gelte, wenn er das Verfahren länger als einen Monat nicht betreibe und in diesem Fall über das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 2 bis 5 oder Abs. 7 AufenthG (a.F.) nach Aktenlage zu entscheiden sei. Dem Schreiben war eine Übersetzung in die Sprache Somali beigefügt. Der Kläger hat sich in einem weiteren Termin Fingerabdrücke abnehmen lassen, die wiederum nicht verwertbar waren. Zu seinem Reiseweg und zur Frage weiterer Asylanträge machte er innerhalb der Monatsfrist keine Angaben.

4

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 22. Oktober 2010 fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und das Asylverfahren eingestellt ist (Nummer 1). Weiter wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) nicht vorliegen (Nummer 2). Schließlich wurde der Kläger unter Androhung der Abschiebung in den "Herkunftsstaat" aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen (Nummer 3). Das Bundesamt hat den Bescheid im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Kläger der Betreibensaufforderung nicht nachgekommen sei. Er habe weder verwertbare Fingerabdrücke abgegeben noch die angeforderten schriftlichen Angaben zum Reiseweg und zu etwaigen früheren Asylverfahren gemacht. Die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) scheitere bereits daran, dass für den Kläger kein Herkunftsland habe festgestellt werden können.

5

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Aufhebung des Bescheids sowie hilfsweise die Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.), weiter hilfsweise die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (n.F.) hinsichtlich Somalia, sowie die Aufhebung der gegen ihn verfügten Abschiebungsandrohung. Mit Schriftsatz vom 2. November 2010 stellte er beim Bundesamt einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, in dem er sich zum Reiseweg äußerte und angab, keine weiteren Asylanträge gestellt zu haben.

6

Während des Klageverfahrens forderte das Bundesamt den Kläger mit einem an seine Verfahrensbevollmächtigten gerichteten Schreiben vom 26. Oktober 2011 erneut auf, das Verfahren dadurch zu betreiben, dass er beim Bundesamt erscheine und sich Fingerabdrücke abnehmen lasse. Die Pflicht zur Duldung erkennungsdienstlicher Maßnahmen umfasse auch die Verpflichtung, im Vorfeld der erneuten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit der Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten. Den vom Bundesamt hierzu für den 15. November 2011 anberaumten Termin nahm der Kläger - nach eigenem Vorbringen wegen Verspätung - nicht wahr, bat das Bundesamt mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18. November 2011 aber um einen neuen Termin. Ein solcher wurde jedoch nicht anberaumt.

7

Das Verwaltungsgericht hob den Bescheid vom 22. Oktober 2010 auf. Während des Berufungsverfahrens erfuhr das Bundesamt, dass der Kläger im Rahmen einer polizeilichen Fahndungsmaßnahme im Oktober 2012 aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt worden war. Die erkennungsdienstliche Behandlung ergab, dass sich der Kläger schon im Oktober 2009 unter einer anderen Identität in Deutschland aufgehalten hatte und ihm im Rahmen eines Rückübernahmeersuchens Fingerabdrücke abgenommen worden waren. Zugleich führte ein Abgleich mit der Eurodac-Datenbank zu einem Treffer. Danach hatte der Kläger bereits am 18. April 2009 in Italien und am 23. Oktober 2009 sowie am 22. Februar 2010 in Schweden Asyl beantragt. Das italienische Innenministerium hatte den schwedischen Behörden in einem Schreiben vom 14. Dezember 2010 mitgeteilt, dass dem Kläger in Italien bereits die Flüchtlingseigenschaft ("refugee status") zuerkannt worden und das Dublin-Verfahren abgeschlossen sei.

8

Darauf erklärte der Vertreter des Bundesamtes in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof, er hebe den ersten Satz von Nummer 1 des angefochtenen Bescheides ("Der Asylantrag gilt als zurückgenommen") auf. Weiter hebe er die Androhung der Abschiebung in den Herkunftsstaat in Satz 2 von Nummer 3 des Bescheides auf. Stattdessen werde dem Kläger die Abschiebung nach Italien angedroht. Daraufhin kündigte der Klägervertreter hinsichtlich der Abschiebungsandrohung nach Italien die Erhebung einer Klage an, sobald ein entsprechender Bescheid des Bundesamtes zugestellt worden sei. Gleichzeitig erklärte er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, soweit das Bundesamt den Bescheid vom 22. Oktober 2010 aufgehoben habe. Der Beklagtenvertreter stimmte der Hauptsacheerledigungserklärung insoweit zu, als Satz 1 von Nummer 1 des angefochtenen Bescheides aufgehoben worden sei.

9

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Erledigung der Hauptsache in Bezug auf die Androhung der Abschiebung in das Herkunftsland (Nummer 3 des Bescheids vom 22. Oktober 2010) festgestellt und im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Er begründet seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt: Die Einstellung des Verfahrens in Nummer 1 des Bescheids sei rechtswidrig. Denn diese Rechtsfolge sehe § 32 Satz 1 AsylVfG nur für den Fall der Asylantragsrücknahme oder des Verzichts nach § 14a Abs. 3 AsylVfG vor. Als geeignete Reaktion auf die Anerkennung als Flüchtling in einem anderen EU-Mitgliedstaat käme etwa die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig nach Art. 25 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie 2005) in Betracht. Eine Umdeutung der Verfahrenseinstellung in eine andere Form der Verfahrensbeendigung ohne Sachentscheidung nach § 47 VwVfG sei nicht möglich.

10

Die in Nummer 2 des Bescheids getroffene Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) nicht vorlägen, habe nicht aufrechterhalten werden können, da seit Oktober 2012 bekannt sei, dass dem Kläger in Italien Flüchtlingsschutz zuerkannt wurde. Soweit das Bundesamt in Nummer 3 seiner Verfügung die Abschiebungsandrohung in das Herkunftsland des Klägers aufgehoben und durch die Androhung der Abschiebung nach Italien ersetzt hat, habe sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Dem Feststellungsbegehren des Klägers sei zu entsprechen, weil das Bundesamt seinen Bescheid in Nummer 3 durch die Androhung der Abschiebung nach Italien verändert, der Kläger aber diesen neuen Verwaltungsakt nicht im Wege einer objektiven Klageänderung in das Verfahren einbezogen habe. Vielmehr habe der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt, Klage zu erheben, wenn hinsichtlich der Abschiebungsandrohung nach Italien ein entsprechender Bescheid der Beklagten zugestellt worden sei.

11

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten. Diese begründet sie im Wesentlichen wie folgt: Der Verwaltungsgerichtshof hätte zunächst prüfen müssen, ob das Verfahren schon vor den in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) eingestellt gewesen sei, weil der Kläger einer rechtmäßigen Betreibensaufforderung nicht nachgekommen war. In diesem Fall hätte er die Klage abweisen müssen. Das Bundesamt sei sehr wohl befugt, ein Asylverfahren auch dann ohne Sachentscheidung einzustellen, wenn sich - wie hier - herausstelle, dass der Asylbewerber bereits im Ausland als Flüchtling anerkannt worden sei. § 60 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 2 AufenthG (n.F.) sehe ausdrücklich vor, dass das Bundesamt bei einer ausländischen Anerkennung kein (weiteres) Asylverfahren mehr durchzuführen habe. Das entspreche Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU, wonach die Mitgliedstaaten einen Asylantrag in derartigen Fällen als unzulässig behandeln könnten. Der deutsche Gesetzgeber habe für diese Konstellation zwar keine konkrete Regelung getroffen, die vorhandene Regelungslücke sei aber durch die Möglichkeit einer Verfahrensbeendigung in Anlehnung an § 32 AsylVfG zu schließen. Dann könne Nummer 1 des Bescheids vom 22. Oktober 2010 auch entsprechend umgedeutet werden. Eine Erledigung sei zu Nummer 3 des angefochtenen Bescheids durch die Änderung des Zielstaats der Abschiebung nicht eingetreten. Der Hinweis auf den Herkunftsstaat habe keinen Regelungscharakter, so dass der Kläger hierdurch auch nicht beschwert sei. Selbst bei Bejahung von Abschiebungsverboten bleibe die Abschiebungsandrohung im Übrigen unberührt.

12

Nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 8. Mai 2014 hat die Beklagte durch ergänzenden Bescheid vom 15. Mai 2014 Italien als Zielstaat der angedrohten Abschiebung bestimmt (Nummer 1) und angeordnet, dass der Kläger nicht nach Somalia abgeschoben werden darf (Nummer 2). Der Kläger hat gegen den ergänzenden Bescheid Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Soweit sich die Klage gegen den fehlenden Ausschluss von Somalia als Zielstaat einer Abschiebung in Nummer 3 des streitgegenständlichen Bescheids vom 22. Oktober 2010 gerichtet hat, haben die Parteien den Rechtsstreit im vorliegenden Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.

Entscheidungsgründe

13

Der Senat kann ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

14

Die Revision der Beklagten ist begründet, soweit der Verwaltungsgerichtshof die Aufhebung der Nummern 1 und 2 des angefochtenen Bescheids vom 22. Oktober 2010 bestätigt hat. Das Berufungsurteil beruht insoweit auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Hingegen hat die Revision überwiegend keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Entscheidung zur Abschiebungsandrohung in Nummer 3 des Bescheids richtet. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht eine Erledigung der Abschiebungsandrohung ohne Zielstaatsbestimmung angenommen. Diese ist vielmehr aufrechtzuerhalten. Allerdings hat er mit Recht entschieden, dass die nachträgliche Bestimmung von Italien als Zielstaat der Abschiebung nicht in das vorliegende Verfahren einbezogen wurde. Soweit die Parteien den Rechtsstreit über die Abschiebungsandrohung für erledigt erklärt haben, beruht dies auf der rechtlich gebotenen nachträglichen Bezeichnung von Somalia als Staat, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf. Insoweit hat die Beklagte dem Anfechtungsbegehren des Klägers entsprochen und war das Verfahren einzustellen.

15

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798) und das Aufenthaltsgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), beide Gesetze zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn sie das Berufungsgericht, wenn es jetzt entschiede, zu beachten hätte (vgl. Urteil vom 11. September 2007 - BVerwG 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 30, jeweils Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylVfG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen, soweit nicht hiervon - wie im vorliegenden Fall - eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.

16

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Aufhebung der angefochtenen Einstellungsverfügung in Nummer 1 des angefochtenen Bescheids durch das Verwaltungsgericht mit einer Begründung bestätigt, die Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 VwGO). Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist das Verfahren nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) eingestellt, weil die Voraussetzungen für ein Nichtbetreiben des Verfahrens vorliegen. Der Kläger hat innerhalb der ihm gesetzten Betreibensfrist nicht die von ihm geforderten schriftlichen Angaben zu seinem Reiseweg und zur Frage einer Asylantragstellung im Ausland gemacht.

17

Nach § 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) gilt ein Asylantrag, der nach § 13 Abs. 1 und 2 AsylVfG (a.F.) auch den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfasst, hingegen noch nicht das Begehren auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (n.F.), als zurückgenommen, wenn der Ausländer das Verfahren trotz Aufforderung des Bundesamts länger als einen Monat nicht betreibt (Satz 1). In der Aufforderung ist der Ausländer auf die nach Satz 1 eintretende Folge hinzuweisen (Satz 2). Liegen die Voraussetzungen einer (fiktiven) Antragsrücknahme vor, darf das Bundesamt keine Sachentscheidung mehr über den Asylantrag treffen. Vielmehr hat es nach § 32 AsylVfG in seiner Entscheidung festzustellen, dass das Asylverfahren eingestellt ist und ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 bis 5 oder 7 AufenthG (a.F.) vorliegt (Satz 1). In den Fällen des § 33 AsylVfG (a.F.) ist nach Aktenlage zu entscheiden (Satz 2). Das Bundesamt erlässt ferner eine Abschiebungsandrohung; die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist beträgt nach §§ 34, 38 Abs. 2 AsylVfG (a.F.) eine Woche. Für die Beurteilung des Regelungsinhalts des vorliegenden Bescheids ist auf die Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses abzustellen, da eine nachträgliche Erweiterung seiner Einstellungswirkung auch auf die Zuerkennung unionsrechtlichen subsidiären Schutzes eine echte Rückwirkung der gesetzlichen Neuregelung des § 33 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) bedeuten würde, die mit der Rechtsordnung nicht zu vereinbaren wäre (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 Rn. 12).

18

1.1 Das Berufungsgericht durfte von der Prüfung der Einstellungsvoraussetzungen nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG nicht wegen der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen absehen. Zwar hat dieser erklärt, er hebe den ersten Satz von Nummer 1 des Bescheids vom 22. Oktober 2010 auf ("Der Asylantrag gilt als zurückgenommen"). Die erklärte Aufhebung ging jedoch ins Leere. Denn der Ausspruch der Rücknahmefiktion des Asylantrags durch das Bundesamt hat nach der gesetzlichen Ausgestaltung in § 33 und § 32 AsylVfG keinen eigenen Regelungsgehalt. Die Wirksamkeit der Rücknahme bedarf keiner Feststellung durch das Bundesamt; sie ist lediglich Vorfrage für den gemäß § 32 Satz 1 AsylVfG zu treffenden feststellenden Ausspruch, dass das Asylverfahren eingestellt ist. Diesen hat das Bundesamt aufrechterhalten. Im Übrigen konnte das Bundesamt eine bereits kraft Gesetzes eingetretene Einstellungswirkung nicht nachträglich aufheben.

19

1.2 Die Aufforderung zum Betreiben des Verfahrens nach § 33 Abs. 1 AsylVfG war gerechtfertigt. Sie setzt einen bestimmten Anlass voraus, der geeignet ist, Zweifel an dem Bestehen oder Fortbestehen des Sachentscheidungsinteresses zu wecken. Solche Zweifel können sich aus einer Vernachlässigung verfahrensrechtlicher Mitwirkungspflichten ergeben. Zu diesen gehört die Pflicht des Asylbewerbers, im Vorfeld einer geplanten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit seiner Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten (vgl. Urteil vom 5. September 2013 - BVerwG 10 C 1.13 - BVerwGE 147, 329 Rn. 19). Nach den in diesem Urteil aufgestellten Grundsätzen bestanden hier solche berechtigten Zweifel, weil bereits bei der ersten erkennungsdienstlichen Behandlung Gründe für die voraussichtliche Nichtverwertbarkeit der Fingerabdrücke bemerkt und dokumentiert worden waren, ohne dass der Kläger dazu substantiiert Stellung genommen hatte.

20

1.3 Allerdings führte die Aufforderung zum Betreiben des Verfahrens nicht zu einer Einstellung des Verfahrens, soweit vom Kläger die Mitwirkung an der Abgabe seiner Fingerabdrücke verlangt wurde. Denn Nummer 1 der Betreibensaufforderung vom 9. September 2010 verlangte von ihm die Abgabe "auswertbarer Fingerabdrücke" und entsprach damit nicht den gesetzlichen Vorgaben nach § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG (vgl. hierzu Urteil vom 5. September 2013 a.a.O. Rn. 24 und 35). Die Aufforderung vom 26. Oktober 2011 entsprach dann zwar den gesetzlichen Vorgaben, weil sie vom Kläger lediglich verlangte, im Vorfeld der erneuten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit seiner Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten (vgl. Urteil vom 5. September 2013 a.a.O. Rn. 39). Der Kläger kam dieser zweiten Betreibensaufforderung auch nicht nach, denn er erschien zu dem vom Bundesamt anberaumten Termin zur erneuten Fingerabdrucknahme am 15. November 2011 nicht. Ein mangelndes Betreiben des Verfahrens liegt trotz dieser Säumnis aber deshalb nicht vor, weil der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 18. November 2011 um einen neuen Termin zur erkennungsdienstlichen Behandlung gebeten hatte. Die versäumte Mitwirkungshandlung hätte damit noch innerhalb der gesetzten Betreibensfrist nachgeholt werden können. Eine Gelegenheit hierzu hat das Bundesamt dem Kläger aber nicht mehr eingeräumt.

21

1.4 Die Einstellungswirkung des § 32 Satz 1 AsylVfG ist jedoch dadurch eingetreten, dass der Kläger der selbständigen Verpflichtung zur schriftlichen Darlegung des Reisewegs und zu einer eventuell bereits erfolgten Asylantragstellung nicht fristgerecht nachgekommen ist (Nummer 2 der Betreibensaufforderung vom 9. September 2010).

22

Der Kläger war nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG verpflichtet, die vom Bundesamt angeforderten Angaben zu machen. Zu den Angaben, die von einem Asylbewerber verlangt werden können, zählen nach § 25 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG auch solche über Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und dort eingeleitete oder durchgeführte Asylverfahren (vgl. hierzu Urteil vom 5. September 2013 a.a.O. Rn. 33). Die Aufforderung vom 9. September 2010, das Verfahren durch entsprechende schriftliche Angaben zu betreiben, entspricht hier auch den weiteren Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 AsylVfG.

23

Der Kläger hat die geforderten schriftlichen Angaben nicht innerhalb der Monatsfrist des § 33 Abs. 1 AsylVfG gemacht. Zwar hat der Bevollmächtigte des Klägers dies mit Schreiben vom 2. November 2010 - nach Ablauf der Monatsfrist - nachzuholen versucht. Gründe für eine unverschuldete Fristversäumung ergeben sich aus dem Schreiben jedoch nicht (zur Anwendung des § 32 VwVfG auf die Monatsfrist des § 33 Abs. 1 AsylVfG vgl. BTDrucks 12/2062 S. 33). Danach soll die Versäumung der Frist auf einem beim Kläger hervorgerufenen Irrtum beruhen. Dieser habe geglaubt, seiner Verpflichtung aus der Betreibensaufforderung dadurch nachgekommen zu sein, dass er am 7. Oktober 2010 bei der Außenstelle des Bundesamtes erschienen sei und sich dort erneut habe Fingerabdrücke abnehmen lassen. Er sei davon ausgegangen, dass er nunmehr zeitnah vom Bundesamt zu seinen Asylgründen, zu seinem Reiseweg und zur Asylantragstellung in anderen Ländern befragt werde. Aus diesem Vorbringen ergibt sich jedoch keine unverschuldete Fristversäumnis. Denn die Betreibensaufforderung vom 9. September 2010 bezieht sich auf zwei voneinander unabhängige Handlungen: (1) die Abnahme von Fingerabdrücken und (2) die schriftliche Darlegung zum Reiseweg sowie einer möglichen Asylantragstellung. Der Kläger konnte nicht davon ausgehen, durch eine Mitwirkung an der Abnahme von Fingerabdrücken zugleich seiner Pflicht nachgekommen zu sein, die geforderten schriftlichen Angaben zu machen. Dass auch für die in der Betreibensaufforderung genannten schriftlichen Angaben die Monatsfrist gilt, ergibt sich aus der Belehrung über die Rechtsfolgen eines Nichtbetreibens, in der sich die Monatsfrist erkennbar auf beide Mitwirkungshandlungen bezieht. Einer zusätzlichen Erwähnung der Monatsfrist in der Aufforderung zu schriftlichen Darlegungen - wie sie bei der Aufforderung zur Mitwirkung bei der Abnahme von Fingerabdrücken erfolgt ist - bedurfte es angesichts der Eindeutigkeit der auf beide Mitwirkungshandlungen bezogenen Aussage zu den Rechtsfolgen einer Nichtbeachtung der gesetzten Frist nicht. Der Kläger konnte dies auch verstehen, da ihm der Bescheid am 9. September 2010 nicht nur in deutsch, sondern auch in einer in die Sprache Somali übersetzten Fassung überreicht wurde.

24

1.5 Ist das Asylverfahren nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG eingestellt, bedarf es keiner Entscheidung über die vom Verwaltungsgerichtshof als erheblich angesehene Frage, ob die Einstellung in eine Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG oder in eine Entscheidung über seine Unbeachtlichkeit nach § 29 AsylVfG umgedeutet werden kann.

25

1.6 Die Beklagte war für die erfolgte Einstellung des Verfahrens auch international zuständig. Die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union besteht nicht.

26

Es kann offenbleiben, ob auf den Asylantrag eines Ausländers, der - wie hier - in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bereits als Flüchtling anerkannt ist, die Zuständigkeitsregelungen der Union nach den Verordnungen über das sogenannte Dublin-Verfahren anwendbar sind und das auch für Entscheidungen über die Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG gilt. Allerdings neigt der Senat zu der Auffassung, dass auf Ausländer, die in einem anderen Staat als Flüchtling anerkannt sind, die Regelungen zum Dublin-Verfahren nicht anwendbar sind. Doch selbst wenn diese Regelungen anwendbar sein sollten, wäre Deutschland der für die Entscheidung zuständige Mitgliedstaat geworden, ohne dass sich insoweit eine zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union verpflichtende Zweifelsfrage stellt.

27

Nach der in Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU Nr. L 180 S. 31 - Dublin III-VO) getroffenen Übergangsregelung ist die Dublin III-VO zwar erst auf Anträge zur Erlangung internationalen Schutzes anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten, also ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Hier war der Antrag bereits im August 2010 und damit vor dem maßgeblichen Stichtag gestellt worden, so dass auf ihn grundsätzlich noch die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18. Februar 2003 (ABl EG Nr. L 50 S. 1 - Dublin II-VO) anwendbar wäre. Allerdings findet die Dublin III-VO darüber hinaus auf die Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - Anwendung. Im vorliegenden Fall käme eine Zuständigkeit Italiens anstelle Deutschlands in Betracht, weil der Kläger dort bereits im April 2009 einen Asylantrag gestellt hat und ihm dort die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (vgl. Art. 13 Dublin II-VO und Dublin III-VO). Eine Überstellung des Klägers nach Italien zur Prüfung des danach in Deutschland gestellten weiteren Antrags wäre nur im Wege der Wiederaufnahme (Art. 20 Dublin II-VO, Art. 23 ff. Dublin III-VO) möglich. Für Gesuche auf Wiederaufnahme - sofern sie nicht bereits vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden - ist jedenfalls für das zu beachtende Verfahren die Dublin III-VO maßgeblich. Danach sind derartige Gesuche nunmehr gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO innerhalb einer Frist von zwei bzw. drei Monaten zu stellen (so auch VGH Mannheim, Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 31). Diese Frist ist im vorliegenden Fall verstrichen, ohne dass das Bundesamt ein Übernahmeersuchen an Italien gerichtet hat. Damit ist Deutschland gemäß Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO für die Prüfung des hier gestellten (neuen) Asylantrags zuständig, wenn man von der Anwendbarkeit der Dublin-Regelungen auf den vorliegenden Asylantrag ausgeht.

28

2. Der Kläger kann mit dem hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) nicht durchdringen. Dieser Anspruch wird zwar nicht schon von der Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) erfasst (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487). Seine Geltendmachung ist jedoch nach § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in der seit 1. Dezember 2013 geltenden Fassung (BGBl I S. 3474) unzulässig, weil der Kläger bereits außerhalb des Bundesgebiets als Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt worden ist.

29

Die Anerkennung eines Ausländers als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter in einem anderen Staat wirkt zwar völkerrechtlich nicht wie eine Statusentscheidung durch deutsche Behörden und hat in diesem Sinne keine umfassende Bindungswirkung für die Bundesrepublik Deutschland (hierzu auch Marx, InfAuslR 2014, 227 <232>). Die Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 legt einheitliche Kriterien für die Qualifizierung als Flüchtling fest, sieht aber keine völkerrechtliche Bindung eines Vertragsstaats an die Anerkennungsentscheidung eines anderen vor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. November 1979 - 1 BvR 654/79 - BVerfGE 52, 391 <404>; BVerwG, Urteil vom 29. April 1971 - BVerwG 1 C 42.67 - BVerwGE 38, 87 <89 f.> = Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 2 S. 4 f.). Eine solche Bindungswirkung ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht. Dieses ermächtigt zwar nach Art. 78 Abs. 2 Buchst. a und b AEUV zu Gesetzgebungsmaßnahmen, die einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus und einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige vorsehen, die maßgebliche Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 sieht eine in der ganzen Union gültige Statusentscheidung jedoch nicht vor. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber von der nach Völker- und Unionsrecht fortbestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch eine nationale Regelung den Anerkennungsentscheidungen anderer Staaten in begrenztem Umfang Rechtswirkungen auch im eigenen Land beizumessen (vgl. etwa die diesbezügliche Empfehlung des UNHCR im Beschluss Nr. 12 seines Exekutivkomitees aus dem Jahr 1978). In Deutschland genießen im Ausland anerkannte Flüchtlinge schon seit Inkrafttreten des Ausländergesetzes von 1990 (dort § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) den gleichen Abschiebungsschutz wie die im Inland anerkannten, ohne dass ein erneutes Anerkennungsverfahren durchgeführt wird. Durch § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (n.F.) ordnet das nationale Recht eine auf den Abschiebungsschutz begrenzte Bindungswirkung der ausländischen Flüchtlingsanerkennung an (ähnlich Treiber, in: GK-AufenthG, Stand: Juli 2011, § 60 Rn. 205.3). Es besteht aber gerade kein Anspruch auf eine neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf Feststellung subsidiären Schutzes (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG n.F.) oder eine hieran anknüpfende Erteilung eines Aufenthaltstitels in Deutschland. Vielmehr ist das Bundesamt bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt. Ein gleichwohl gestellter Antrag ist unzulässig. Das hat der Senat bereits zu der bis 30. November 2013 geltenden Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 6 AufenthG (a.F.) entschieden (Beschluss vom 26. Oktober 2010 - BVerwG 10 B 28.10 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 43). Dem entspricht die nunmehr geltende Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG. Sie ist jedenfalls bei Zuerkennung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat mit Unionsrecht vereinbar. Denn Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU - Asylverfahrensrichtlinie 2013 - eröffnet dem nationalen Gesetzgeber die Möglichkeit, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zu behandeln, wenn dem Ausländer bereits ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt, d.h. ihm entweder die Flüchtlingseigenschaft oder unionsrechtlichen subsidiären Schutz zuerkannt hat (vgl. Art. 2 Buchst. i der Richtlinie).

30

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474) wurde die Unzulässigkeit eines erneuten Anerkennungsverfahrens nunmehr auch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (n.F.) erstreckt (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Damit wurde die Konsequenz aus der inhaltlichen Neubestimmung des Asylantrags in § 13 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) gezogen, der - im Einklang mit Unionsrecht - nunmehr neben dem Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch den Antrag auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz umfasst (vgl. BTDrucks 17/13063 S. 25 zu § 60 Abs. 2 AufenthG). Dies hat die verfahrensrechtliche Konsequenz, dass das Begehren auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz unzulässig ist, wenn dem Ausländer bereits im Ausland die Rechtsstellung eines Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne von § 4 AsylVfG (n.F.) zuerkannt worden ist (vgl. hierzu bereits Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 Rn. 16). Da dem Kläger im vorliegenden Fall bereits in Italien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, kann er in Deutschland nicht mehr die Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter verlangen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG).

31

Für eine isolierte Aufhebung der negativen Sachentscheidung zum unionsrechtlichen Abschiebungsschutz nach der vor dem 1. Dezember 2013 geltenden Rechtslage in Nummer 2 des angefochtenen Bescheids fehlt dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis, weil ihm diese Aufhebung keinerlei Vorteile bringen kann, nachdem sein Begehren auf Zuerkennung unionsrechtlichen subsidiären Schutzes nach dem nunmehr geltenden Recht unzulässig ist.

32

3. Auch der vom Kläger weiter hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz hinsichtlich Somalias ist unzulässig. Denn ihm steht kraft Gesetzes nationaler Abschiebungsschutz in Bezug auf Somalia bereits aufgrund seiner ausländischen Flüchtlingsanerkennung nach § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG zu (siehe oben Rn. 29). Für die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach weiteren Rechtsgrundlagen fehlt dem Kläger hier das Rechtsschutzbedürfnis.

33

Dem Kläger fehlt das Rechtsschutzbedürfnis auch für eine isolierte Aufhebung der negativen Sachentscheidung zum nationalen Abschiebungsschutz in Nummer 2 des angefochtenen Bescheids, da er aufgrund der in Italien ausgesprochenen Anerkennung als Flüchtling bereits - wie oben ausgeführt - den begehrten Abschiebungsschutz in Deutschland genießt.

34

4. Der Streit über die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung in Nummer 3 des angefochtenen Bescheids hat sich durch die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof abgegebenen Erklärungen nicht erledigt. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs (UA Rn. 29) verletzt Bundesrecht.

35

Zwar hat der Kläger die Ersetzung der Abschiebungsandrohung in den Herkunftsstaat durch eine solche nach Italien, wie sie von dem Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung vom 14. Januar 2013 erfolgt ist, nicht im Wege der Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO in das vorliegende Verfahren einbezogen. Das unterliegt im Verwaltungsprozess aufgrund der Dispositionsmaxime - anders als nach § 68 FGO und § 86 SGG - allein seiner Entscheidung. Eine Umdeutung nach § 47 Abs. 1 VwVfG scheitert daran, dass es sich beim Austausch des Zielstaats um eine weitgehende inhaltliche Änderung der Abschiebungsandrohung handelt. Das gegen die Abschiebungsandrohung gerichtete Anfechtungsbegehren des Klägers hat sich aber durch die fehlende Einbeziehung der neuen Zielstaatsbestimmung in das Verfahren nicht erledigt. Denn der Klägerbevollmächtigte hat den Rechtsstreit in der Hauptsache nur insoweit für erledigt erklärt, als die Beklagte den Bescheid vom 22. Oktober 2010 aufgehoben hat. Bei der Abschiebungsandrohung hat die Beklagte aber nur die Zielstaatsbezeichnung "in seinen Herkunftsstaat" aufgehoben, nicht die Abschiebungsandrohung als solche. Die Abschiebungsandrohung besitzt auch ohne Zielstaatsbestimmung Verwaltungsaktcharakter (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014 a.a.O. Rn. 25). Die Erledigungserklärung geht insoweit ins Leere, denn die nicht konkretisierte Zielstaatsbestimmung "in seinen Herkunftsstaat" stellte - ebenso wie ihre Aufhebung - mangels Regelungswirkung keinen anfechtungsfähigen Verwaltungsakt dar.

36

Die streitgegenständliche Abschiebungsandrohung erfüllt in ihrer durch Nummer 2 des ergänzenden Bescheids vom 15. Mai 2014 erlangten Fassung die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der § 34 Abs. 1, § 38 Abs. 2 AsylVfG. Allerdings war sie in ihrer ursprünglichen Fassung insoweit rechtswidrig, als sie entgegen § 60 Abs. 10 Satz 2 AufenthG nicht Somalia als den Staat bezeichnet hat, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf. Hierzu war die Beklagte aufgrund der Bindungswirkung der italienischen Flüchtlingsanerkennung, die aufgrund der somalischen Staatsangehörigkeit des Klägers erfolgte, verpflichtet. Diesen rechtlichen Mangel hat die Beklagte durch nachträgliche Bezeichnung von Somalia als Staat, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf, in Nummer 2 des ergänzenden Bescheids vom 15. Mai 2014 ausgeräumt. In der Bestimmung des Staates, in den nicht abgeschoben werden darf, liegt nach dem Gedanken der § 59 Abs. 3, § 60 Abs. 10 Satz 2 AufenthG eine verselbständigungsfähige Teilregelung. Die Parteien haben der veränderten Sachlage durch übereinstimmende Erledigungserklärungen Rechnung getragen. Damit ist der Rechtsstreit in Bezug auf diese Teilregelung der Abschiebungsandrohung in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 141 und § 125 Abs. 1 VwGO einzustellen. Die vorangegangenen Entscheidungen hierzu werden entsprechend § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO für wirkungslos erklärt. Im Übrigen war die Klage gegen die Abschiebungsandrohung abzuweisen.

37

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich, soweit streitig entschieden wurde, aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Soweit das Verfahren eingestellt wurde, war gemäß § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Unter Berücksichtigung des Unterliegens des Klägers bei der Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG sowie bei dem unionsrechtlichen subsidiären Schutz und nationalen Abschiebungsschutz erschien dem Senat - auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten zu tragenden Kosten des eingestellten Verfahrensteils - eine Kostenverteilung sachgerecht, wonach der Kläger zwei Drittel und die Beklagte ein Drittel der Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

Tenor

I.

Der Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2014 (Gz. ...) wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger sind russische Staatsangehörige mit tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten nach eigenen Angaben am 12. Juni 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 24. Juni 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte.

Nachdem das Bundesamt am 24. Juni 2013 hinsichtlich der Klägerin zu 1) einen EURODAC-Treffer international mitgeteilt erhielt, richtete es am 15. Oktober 2013 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin II-VO an die Republik Polen. Die polnischen Behörden erklärten daraufhin mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-VO.

Bei der Anhörung gab die Klägerin zu 1) an, bereits in Polen Asyl beantragt zu haben, ihr gefalle es aber in Deutschland besser als in Polen.

Mit Bescheid des Bundesamts vom 6. Februar 2014 wurden die Asylanträge als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1.) und die Abschiebung nach Polen angeordnet (Ziffer 2.).

Mit bei Gericht am 17. Februar 2014 eingegangenem Schreiben erhoben die Kläger Klage gegen den Bescheid vom 6. Februar 2014 und beantragten zuletzt,

den Bescheid des Bundesamts vom 6. Februar 2014 aufzuheben.

Zur Begründung wird geltend gemacht, dass nach Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden sei.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 21. Februar 2014 die dort geführten Behördenakten vor.

Den ebenfalls am 17. Februar 2014 gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage lehnte das Gericht mit Beschluss vom 10. März 2014 ab (Az. Au 2 S 14.30122).

Mit Beschluss vom 15. Oktober 2014 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Am 27. Oktober 2014 erklärte die Beklagte den Verzicht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, dass zwar die Überstellungsfrist abgelaufen sei. Allerdings hätten die Kläger bereits in Polen einen Asylantrag gestellt bzw. ein Asylverfahren betrieben, so dass sich der Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland als Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylVfG darstelle. Dessen Voraussetzungen lägen indes nicht vor. Unabhängig davon fehle für eine Aufhebung von Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides das Rechtsschutzbedürfnis. Die Voraussetzungen für eine Umdeutung in einen auf das gleiche Ziel gerichteten Verwaltungsakt lägen vor. Die Weiterreise der Kläger nach Deutschland sei zudem als Beendigung des ersten Asylverfahrens in dem anderen Mitgliedstaat zu verstehen. Der Antrag auf internationalen Schutz könne zulässigerweise immer nur in einem Mitgliedstaat geprüft werden.

Mit Schreiben vom 7. November 2014 erklärten die Kläger ebenfalls, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu verzichten.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und beigezogene Behördenakte verwiesen.

Gründe

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Parteien hierauf übereinstimmend verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

1. Die Klage ist zulässig. Die Beklagte hat die Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags auf § 27a des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) und die mit diesem Ausspruch verbundene Abschiebungsanordnung auf § 34a Abs. 1 AsylVfG gestützt. Nach § 27a AsylVfG ist ein in Deutschland gestellter Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

Gegen eine solche Unzulässigkeitsentscheidung ist ein isoliertes Aufhebungsbegehren statthaft. Die Entscheidungen nach § 27a und § 34a Abs. 1 AsylVfG stellen Verwaltungsakte im Sinne des § 42 Abs. 1 VwGO dar, deren isolierte Aufhebung - anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens - ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrags führt (vgl. VG Trier, U.v. 18.5.2011 - 5 K 198/11.TR - juris Rn. 16 m. w. N.; VG Freiburg, B.v. 2.2.2012 - 4 K 2203/11 - juris Rn. 2; VG Gelsenkirchen, B.v. 9.10.2014 - 9a L 1508/14.A - juris Rn. 13).

2. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Bescheid des Bundesamts vom 6. Februar 2014 ist rechtswidrig (geworden) und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Der Bescheid ist im maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylVfG) rechtswidrig und daher aufzuheben, weil inzwischen nicht mehr die Republik Polen, sondern die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung der Asylanträge der Kläger, die weder nach Polen ausgereist noch bislang dorthin überstellt worden sind, zuständig (geworden) ist.

Die Bestimmung, welcher Mitgliedstaat für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist, richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (nachfolgend: Dublin II-VO). Gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO, die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist und die Dublin II-VO durch Art. 48 Abs. 1 Dublin III-VO aufgehoben hat, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates für solche Anträge auf internationalen Schutz, die vor dem 1. Januar 2014 - wie vorliegend gegeben - eingereicht wurden, weiterhin nach den Kriterien der außer Kraft getretenen Dublin II-VO.

Nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 und Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO geht die Zuständigkeit zur Prüfung der Anträge auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde, wenn die Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Der Fristbeginn wird näher in Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2 Dublin II-VO geregelt. Danach erfolgt die Überstellung eines Asylbewerbers gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat.

Die 6-Monats-Frist zur Überstellung ist vorliegend abgelaufen, und zwar unabhängig davon, ob die Auffassung vertreten wird, dass die Frist gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2, Alt. 1 Dublin II-VO mit der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme (hier: Schreiben der polnischen Behörden vom 23. Oktober 2013) zu laufen beginnt (siehe etwa OVG NW, B.v. 8.9.2014 - 13 A 1347/14.A - juris Rn. 8 m. w. N.) oder ob erst mit der Zustellung des (ablehnenden) Beschlusses (hier: 13.3.2014) im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO (Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2, Alt. 2 Dublin II-VO) eine neue sechsmonatige Überstellungsfrist ausgelöst wird (so: VG München, GB.v. 28.4.2014 - M 21 K 13.31396 - juris Rn. 29; VG Ansbach, B.v. 31.3.2014 - AN 9 S 13.31028 - AuAS 2014, 103; VG Regensburg, B.v. 13.12.2013 - RO 9 S 13.30618 - juris Rn. 19 m. w. N.; VG Göttingen, B.v. 28.11.2013 - 2 B 887/13 - Asylmagazin 2014, 79; offen gelassen: VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 33; VG Berlin, B.v. 19.3.2014 - 33 L 90.14 A - juris Rn. 11).

Im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung ist die 6-Monats-Frist für die Überstellung der Kläger nach Polen, ausgehend von der Zustellung des Beschlusses im Verfahren Au 2 S 14.30122 am 13. März 2014 als spätesten Zeitpunkt für den Fristbeginn und damit spätestens am 13. September 2014 abgelaufen. Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Verlängerung der sechsmonatigen Überstellungsfrist nach Art. 19 Abs. 4 Satz 2 bzw. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Dublin II-VO sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die nicht innerhalb der 6-Monats-Frist erfolgte Überstellung der Kläger nach Polen hat gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 bzw. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO zur Folge, dass die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat übergeht, in dem der Asylantrag eingereicht wurde. Damit ist der Ausspruch in Nr. 1. des streitgegenständlichen Bescheids rechtswidrig geworden. Die Rechtswidrigkeit der Nr. 2 des angefochtenen Bescheids ergibt sich als Folge dessen.

b) Der rechtswidrig gewordene Bescheid vom 6. Februar 2014 verletzt die Kläger auch in ihren Rechten. Zwar können sich die Kläger nicht mit Erfolg auf den Ablauf der Überstellungsfrist aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 bzw. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO berufen (1). Die Kläger sind jedoch im vorliegenden Einzelfall in ihrem unionsrechtlich verbürgten Recht auf beschleunigte Durchführung des Verfahrens auf Prüfung ihres Asylantrags verletzt (2).

(1) Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 - NVwZ 2012, 417; U.v. 14.11.2013 - C-4/11 - NVwZ 2014, 170; U.v. 10.12.2013 - C-394/12 - NVwZ 2014, 208) ist davon auszugehen, dass sich die Kläger nicht auf den Ablauf der Überstellungsfrist berufen können. Die jeweiligen Fristbestimmungen in der Dublin II-VO dienen einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaates und einer zügigen Überstellung an diesen, ohne aber dem Asylsuchenden einen Anspruch auf Prüfung seines Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewähren. Der Europäische Gerichtshof hat für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber einer Überstellung nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (vgl. EuGH, U.v. 10.12.2013 - C-394/12 - juris Rn. 60, 62). Denn wie aus den Erwägungsgründen hervorgeht, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin II-VO in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden (vgl. Erwägungsgründe 3 und 4). Die Dublin-Zuständigkeitsregelungen sind im Sinne von „organisatorischen Vorschriften“ der Mitgliedstaaten und nach dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ normiert worden, um auch wegen des öffentlichen Beschleunigungsinteresses hinsichtlich einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates einem „forum shopping“ entgegenzuwirken (vgl. EuGH, U.v. 10.12.2013 - C-394/12 - juris Rn. 53, 56, 59).

Auch wenn der Europäische Gerichtshof in den vorgenannten Leitentscheidungen zu den Fristenbestimmungen in Kapitel III der Dublin II-VO keine Aussage dazu getroffen hat, ob die Überstellungsfristen im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens nach Kapitel V der Dublin II-VO ebenfalls keine subjektiven Rechte des Asylbewerbers zu begründen vermögen, gelten die vorstehenden Erwägungen auch für die hier in Rede stehende sechsmonatige Überstellungsfrist nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 bzw. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO. Diese dient nicht dem Schutz des Asylsuchenden, sondern ebenso wie die sonstigen Fristbestimmungen allein den objektiven Zwecken einer sachgerechten Verteilung der mit Durchführung der Asylverfahren verbundenen Lasten in Abstimmung mit dem um Wiederaufnahme ersuchten Mitgliedsstaat. Die Dublin II-VO enthält auch insoweit vor allem Verpflichtungen der Mitgliedsstaaten untereinander (vgl. VG Würzburg, B.v. 11.6.2014 - W 6 S 14.50056 - juris Rn. 19; VG Gelsenkirchen, B.v. 9.10.2014 - 9a L 1508/14.A - juris Rn. 32 f.; VG Osnabrück, B.v. 19.2.2014 - 5 b 12/14 - juris Rn. 27; VG Stuttgart, U.v. 28.2.2014 - A 12 K 383/14 - juris Rn. 23 f.; a.A. VGH Baden-Württemberg, B. v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris, Rn. 13 m. w. N.; VG Hamburg, U.v. 15.3.2012 - 10 A 227/11 - juris Rn. 24; VG Magdeburg, U.v. 28.2.2014 - 1 A 413/13 - juris Rn. 21; VG Göttingen, B.v. 30.6.2014 - 2 B 86/14 - juris Rn. 16; VG Oldenburg, U.v. 7.7.2014 - 3 A 416/14 - juris Rn. 39). Die Rechtsstellung des Einzelnen wird durch das Zuständigkeitssystem der Dublin II-VO lediglich insofern geschützt, als jedenfalls ein zuständiger Vertragsstaat für die Prüfung des Asylbegehrens gewährleistet sein muss (vgl. VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 25; VG Trier, B.v. 23.7.2014 - 5 l 1271/14.TR - juris Rn. 6 f.; VG Düsseldorf, B.v. 18.9.2014 - 13 L 1785/14.A - juris Rn. 19).

(2) Vorliegend ist es der Beklagten aber zum Schutz der Grundrechte der Kläger vor einer unangemessen langen Verfahrensdauer (vgl. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh i. V. m. Art. 47 Satz 2 GRCh) verwehrt, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates, hier der Republik Polen, zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat der an sich nach der Dublin II-VO unzuständige Mitgliedstaat darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Artikel 3 Absatz 2 Dublin II-VO selbst prüfen (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 - juris Rn. 98 und 108; U.v. 14.11.2013 - C-4/11 - juris Rn. 35). Ist die Überstellungsfrist abgelaufen und - wie hier - weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der ersuchte Mitgliedstaat zur Wiederaufnahme (weiterhin) bereit wäre, so kann sich das private Beschleunigungsinteresse des Asylbewerbers an der inhaltlichen Bearbeitung seines Antrags gegenüber dem öffentlichen Beschleunigungsinteresse bezüglich der zeitnahen Klärung des für die Antragsbearbeitung nach den Dublin-Verordnungen zuständigen Staates durchsetzen (vgl. VG Würzburg, B.v. 11.6.2014 - W 6 S 14.50056 - juris Rn. 19; VG Stuttgart, U.v. 28.2.2014 - A 12 K 383/14 - juris Rn. 23). Zwar hat der Europäische Gerichtshof keine Aussage dazu getroffen, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist. Ausgehend von den im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens maßgeblichen Fristbestimmungen sowie mit Blick auf die Verlängerungsmöglichkeit der Überstellungsfrist nach Art. 19 Abs. 4 Satz 2 bzw. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Dublin II-VO im Falle der Inhaftierung oder Flucht des Asylbewerbers auf ein Jahr bzw. auf 18 Monate erscheint eine die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigende unangemessen lange Verfahrensdauer frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums möglich, der der regelmäßigen Überstellungsfrist von sechs Monaten zuzüglich der Zeit, um den diese Frist (mindestens) verlängert werden kann, entspricht (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 18.9.2014 - 13 L 1785/14.A - juris Rn. 30; VG Stuttgart, U.v. 28.2.2014 - A 12 K 383/14 - juris Rn. 23). Diese Frist ist vorliegend (frühestens) am 23. Oktober 2014 abgelaufen.

Da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen worden sind, dass die Republik Polen derzeit oder auch zu einem späteren Zeitpunkt - ausdrücklich oder konkludent - bereit wäre, die Kläger wieder aufzunehmen und ein (weiteres) Asylverfahren durchzuführen, erscheint eine zeitnahe Prüfung des Asylantrages der Kläger nicht mehr gewährleistet. Insofern kann sich die Beklagte wegen des Rechts der Kläger auf Schutz vor einer unangemessen langen Verfahrensdauer nicht (mehr) auf die Zuständigkeit der Republik Polen berufen.

c) Soweit die Beklagte zuletzt vorgetragen hat, es handele sich vorliegend um einen Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylVfG, ist der angefochtene Bescheid gleichwohl aufzuheben. Eine Umdeutung des maßgeblichen „Dublin-Bescheides“ in eine ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylVfG kommt nicht in Betracht. Die Voraussetzungen des § 47 VwVfG für eine Umdeutung liegen nicht vor.

(1) Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Hiernach scheitert die Umdeutung der Ziffer 1 des inmitten stehenden Verwaltungsaktes bereits daran, dass ein Bescheid nach § 71a AsylVfG nicht in der geschehenen Verfahrensweise hätte erlassen werden dürfen. Denn das hierzu nach § 71a Abs. 1 a. E. i. V. m. § 24 Abs. 1 Sätze 1 und 3 AsylVfG gesetzlich verpflichtete Bundesamt hat zu keinem Zeitpunkt zu den im Rahmen des § 71a Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Tatsachen (materielle Fluchtgründe) und Umständen (Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG) angehört. Ausweislich des vorgelegten Behördenakts kam es im Einklang mit § 24 Abs. 1 Satz 4 AsylVfG ausschließlich zu einer Befragung zur Vorbereitung der Anhörung gem. § 25 AsylVfG, welche lt. Niederschrift mit dem Hinweis endete, dass aufgrund der gemachten Angaben das Bundesamt nunmehr zunächst die Frage überprüfen werde, ob Deutschland für eine inhaltliche Prüfung des Asylantrages zuständig sei. Ergebnis war die Einleitung des Dublin-Verfahrens und der Erlass des hier streitbefangenen Bescheides. Gelegenheit zum Vortrag materieller Fluchtgründe oder zur Klärung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG bestand damit nicht. Daher ist ausgeschlossen, dass sich die Beklagte auf Basis der gegebenen Aktenlage auch nur hilfsweise mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob ein Fall des § 71a Abs. 1 i. V. m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegt oder nicht (vgl. VG Regensburg, U.v. 21.10.2014 - RO 9 K 14.30217 - juris Rn. 23 ff.; VG Düsseldorf, U.v. 23.9.2014 - 8 K 4481/14.A - juris Rn. 38).

Ferner ordnet § 71a Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 24 Abs. 2 AsylVfG eine Entscheidung des Bundesamtes auch im Zweitantragsverfahren darüber an, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG hinsichtlich des Zielstaates der Abschiebungsandrohung vorliegen. Dieser Gesichtspunkt mag zwar mit Blick auf die Dublin-Regularien und die nach § 27a i. V. m. § 34a AsylVfG angeordnete Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat im durchgeführten Verwaltungsverfahren berechtigterweise keine Rolle gespielt haben. Allerdings käme diesem Aspekt im Rahmen eines Zweitantrages gewichtige Bedeutung zu, nachdem der nach den o.g. Bestimmungen geforderten Entscheidung nicht die Umstände im ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat, sondern in erster Linie im Herkunftsstaat zugrunde zu legen wären.

Schließlich kann Ziffer 1 auch deshalb nicht in einen Bescheid nach § 71a AsylVfG umgedeutet werden, weil seine Rechtsfolgen entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Denn mit dem Erlass eines die Voraussetzungen des § 71a AsylVfG verneinenden Bescheides geht die in aller Regel unmittelbar den Herkunftsstaat als Zielstaat benennende Androhung der Abschiebung einher (vgl. § 71a Abs. 4 i. V. m. § 34 AsylVfG und § 59 AufenthG), wohingegen Rechtsfolge eines Verwaltungsakts nach § 27a AsylVfG die Anordnung der Abschiebung in den für die Durchführung zuständigen Mitgliedstaats ist (§ 34a AsylVfG).

(2) Eine Umdeutung der Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides (Anordnung der Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat) in eine Anordnung der Abschiebung in das Herkunftsland wäre angesichts der Tatbestandsvoraussetzungen des § 34a AsylVfG offensichtlich rechtswidrig. Eine Umdeutung in eine Androhung des Abschiebung in das Herkunftsland nach § 34 AsylVfG führte dazu, dass der umgedeutete Verwaltungsakt nicht mehr im Sinne von § 47 Abs. 1 VwVfG auf das gleiche Ziel gerichtet wäre.

(3) Soweit das Bundesamt auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 17.6.2014 - 10 C 7.13 - InfAuslR 2014, 400) Bezug nimmt, wonach es bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz zur (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt sei, weil ein gleichwohl gestellter Antrag unzulässig sei, ist der Bezug zum vorliegenden Fall nicht erkennbar. Die Kläger sind weder als Flüchtlinge anerkannt, noch wurde ihnen subsidiärer Schutz gewährt. Es kommt mithin auch nicht zu parallelen Asylverfahren in verschiedenen Mitgliedstaaten (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 23.9.2014 - 8 K 4481/14.A - juris Rn. 40 ff.).

3. Nach alledem war der Bescheid mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben; die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylVfG.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Tenor

I.

Der Bescheid vom 04.03.2014, Aktenzeichen 565###9 - 272, wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine im Rahmen des Dublin-Systems angeordneten Abschiebung in die Niederlande.

Der am ....1981 in ... geborene Kläger, eigenen Angaben zufolge sierra-leonischer Staatsangehöriger, reiste wiederum eigenen Angaben zufolge am 15.07.2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er am 31.07.2013 einen Asylantrag stellte.

Am 12.12.2013 führte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) die Befragung zur Vorbereitung der Anhörung zum Asylgesuch durch. Da im Anschluss daran der EURODAC-Datenabgleich einen Treffer hinsichtlich der Niederlande ergab, stellte das Bundesamt am 16.12.2013 ein Übernahmeersuchen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.2.2003 (ABl. L 50 vom 25.2.2003, S. 1 ff. - im Folgenden: Dublin-II-VO) an die Niederlande. Mit Schreiben vom 29.01.2014 akzeptierten die niederländischen Behörden das Wideraufnahmegesuch und erklärten sich bereit, den Kläger gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. b) und c) Dublin-II-VO aufzunehmen.

In Folge dessen entschied das Bundesamt mit Bescheid vom 04.03.2014, zugestellt am 12.03.2014, dass der Asylantrag unzulässig ist. Gleichzeitig wurde die Abschiebung in die Niederlande angeordnet.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 13.03.2014 eingegangenen Klage. Gleichzeitig suchte er um einstweiligen Rechtsschutz gegen die Abschiebungsanordnung nach, der unter dem Aktenzeichen RN 5 S 14.30303 geführt und mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 26.03.2014 abgelehnt wurde.

Mit Schreiben vom 29.09.2014 teilte die Beklagte mit, dass bis zum 26.09.2014 eine Abschiebung des Klägers in die Niederlande nicht erfolgte.

Der Kläger beantragt deshalb,

1. Der Bescheid der Beklagten vom 04.03.2014 (Aktenzeichen 565... - 272), zugestellt am 12.03.2014, wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass der Asylantrag des Klägers zulässig ist und in Deutschland materiell behandelt wird.

3. Es wird festgestellt, dass der Kläger in Deutschland asylberechtigt ist, hilfsweise festzustellen, dass beim Kläger Abschiebungshindernisse gemäß § 60 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor:

Unabhängig von der Frage der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG kann ein wegen Unzulässigkeit des Antrags ablehnender Bescheid nur aufgehoben werden, wenn nach § 71a AsylVfG die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens vorliegen. Dies sei nur dann der Fall, wenn die Bundesrepublik für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Beides müsse hier aber verneint werden. Allein der Ablauf der Überstellungsfrist rechtfertige eine Aufhebung des Bescheids nicht.

Habe ein früheres Asylverfahren in einem anderen Mitgliedsstaat zur Zuerkennung subsidiären europarechtlichen Schutzes geführt, ergebe sich die Unzulässigkeit des Antrags schon aus § 60 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 AufenthG. Aber auch wenn ein früheres Asylverfahren erfolglos abgeschlossen worden sei, könne die Aufhebung von Ziffer 1 des Bescheids nicht verlangt werden, weil mangels rechtlichen Vorteils es insoweit am Rechtsschutzbedürfnis fehle. Jedenfalls könne eine Umdeutung nach § 47 Abs. 1 VwVfG vorgenommen werden, weil das Bundesamt einen auf das gleiche Ziel gerichteten Verwaltungsakt in gleicher Form hätte erlassen können. Bei beiden Tenorierungen sei nämlich die Ablehnung der materiellen Prüfung des Asylantrags das Ziel.

Mit Schreiben vom 29.09.2014 verzichtete die Beklagte auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Dem schloss sich der Kläger mit Schreiben vom 14.10.2014 an. Mit Beschluss vom 04.11.2014 übertrug die Kammer die Entscheidung auf den Einzelrichter.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf das den Kläger betreffende Aktengeheft des Bundesamtes, das dem Gericht vorgelegen hat, Bezug genommen.

Gründe

Die auf Aufhebung des Bescheids gerichtete Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) ist zulässig und begründet, weil der streitgegenständliche Bescheid im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) rechtswidrig ist und den Kläger zumindest in seinem Recht auf Durchführung eines Asylverfahrens gemäß Art. 16a Abs. 1 GG bzw. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO verletzt. Nach Ablauf der hier maßgeblichen 6-monatigen Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO ist die Beklagte (erneut) verpflichtet, die Prüfung des Asylantrags aufzunehmen. Der Bescheid kann nicht wegen Unzulässigkeit der Asylanträge bei Vorliegen ausländischer Anerkennungsentscheidungen oder aufgrund parallel laufender Asylverfahren bzw. im Wege der Umdeutung nach § 47 VwVfG als Sachentscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG aufrechterhalten werden.

Die daneben gestellten Feststellungsanträge sind unzulässig bzw. unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die im Klageantrag zu 2) begehrte Feststellung, dass die Beklagte für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist. Der Klageantrag zu 3) auf Feststellung der Asylberechtigung, hilfsweise auf Feststellung von Abschiebungsverboten, ist unzulässig, weil beiden Rechtsschutzziele primär mit der Verpflichtungsklage geltend zu machen sind. Die Feststellungsklage ist diesbezüglich gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage unzulässig. Im Einzelnen:

1. Mit Einverständnis der Parteien konnte das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

2. Der streitgegenständliche Bescheid, mit dem der Asylantrag des Klägers als unzulässig zurückgewiesen wurde, findet im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nach Ablauf der Überstellungsfrist keine gesetzliche Grundlage mehr.

a. Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Damit ist § 27a AsylVfG die zentrale Norm des nationalen Verfahrensrechts zur Verwirklichung eines einheitlichen europäischen Asylrechts mit dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung und der Lastenverteilung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. Grundsätzlich soll innerhalb der Europäischen Gemeinschaft nur ein Mitgliedsstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig sein. Deshalb wurde auf der Grundlage des Art. 78 Abs. 2 lit. e des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Gemeinschaft (AEUV) die Dublin-II-VO erlassen. Sie enthält in Kapitel III eine Rangfolge von Kriterien, nach denen der zuständige Mitgliedsstaat bestimmt wird. Bei diesen Zuständigkeitsregeln handelt es sich um rein objektive zwischenstaatliche Regelungen, die keine individuelle Rechtsposition begründen (Günther, in: Kluth/Heusch, Beck’scher Online-Kommentar zum Ausländerrecht, § 27a Rn. 30). Der Kläger hat grundsätzlich, abgesehen von wenigen hier nicht einschlägigen Ausnahmen, kein vor den Gerichten einklagbares Recht auf Durchführung des Asylverfahrens in einem bestimmten oder in dem für ihn zuständigen Staat (VGH BW, B.v. 06.08.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 13).

Dieses „Zuständigkeitssystem“ suspendiert aber nicht das subjektiv öffentliche Recht jedes Asylbewerbers auf Durchführung eines Asylverfahrens. Im Hinblick auf die Beklagte resultiert dieser materielle Prüfungsanspruch letztlich aus Art. 16a Abs. 1 GG bzw. aus Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO, wonach die Mitgliedsstaaten zur Prüfung des Asylantrags verpflichtet sind. Nur wenn der Mitgliedsstaat bei der Prüfung des Asylantrags feststellt, dass an sich ein anderer Mitgliedsstaat für den Asylantrag zuständig ist, kann er seine eigene Prüfung beenden, den Antragsteller auf einen anderen Mitgliedsstaat verweisen und ihn dorthin abschieben.

Diese Zuständigkeitsverlagerung hat nach den Regelungen des Kapitels III der Dublin-II-VO jedoch stets zwei Voraussetzungen: Zum einen muss der Staat in dem Asylantrag gestellt wurde davon überzeugt sein, dass ein anderer Mitgliedsstaat zur Prüfung zuständig ist; zum anderen muss der ersuchte Mitgliedsstaat - je nach Fallkonstellation - der Aufnahme zustimmen bzw. mit der Wiederaufnahme einverstanden sein. Nur durch diese beiden Elemente wird letztlich ein Zuständigkeitsstreit verhindert und die materielle Prüfung des Asylantrags innerhalb der Europäischen Gemeinschaft sichergestellt.

b. Aus den vorstehenden Erwägungen wird nun deutlich, warum der streitgegenständliche Bescheid nach Ablauf der Überstellungsfrist rechtswidrig geworden ist.

Im vorliegenden Fall hat sich die Niederlande mit einer Wiederaufnahme nach Art. 20 Abs. 1 lit. b) und c) einverstanden erklärt. Die Bereitschaft der Wiederaufnahme ist jedoch gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO zeitlich begrenzt. Wird die Überstellung des Antragstellers nicht innerhalb einer Frist von 6 Monaten durchgeführt, fällt die Zuständigkeit wieder auf den ersuchenden Staat (hier die Beklagte) zurück. Ab diesem Zeitpunkt ist der ersuchte Staat nach den zwischenstaatlichen Zuständigkeitsregelungen nicht mehr verpflichtet, den Asylbewerber wiederaufzunehmen. Ab diesem Zeitpunkt entfällt somit die zweite Voraussetzung der Zuständigkeitsverlagerung, nämlich die sichere Bereitschaft des ersuchten Staates zur Aufnahme des Antragstellers bzw. Wiederaufnahme.

Deshalb findet die Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keine Stütze mehr in § 27a AsylVfG. Der Asylantrag des Klägers kann nun nicht mehr als unzulässig abgewiesen werden, da die ursprüngliche Zuständigkeit des zunächst benannten Mitgliedsstaates nicht mehr gegeben ist. Die Beklagte hat auch keine Gründe vorgetragen, woraus sich die weitere Zuständigkeit des hier ersuchten Mitgliedsstaates ergeben soll.

c. Der Bescheid führt zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auch zu einer Rechtsverletzung des Klägers. Er hat gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO bzw. Art. 16a Abs. 1 GG ein subjektiv öffentliches Recht auf Durchführung eins Asylverfahrens. Dieses Recht ist verletzt, wenn sich die Beklagte auch nach Ablauf der Überstellungsfrist weiter auf die zum Zeitpunkt des Bescheidserlass bestehenden Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedsstaates beruft.

Für die Rechtsverletzung kommt es nicht darauf an, ob der Fristablauf für den Kläger nunmehr ein subjektives Recht auf Durchführung des Asylverfahrens in Deutschland begründet. Durch den Fristablauf wird das Verfahren gleichsam in den Zustand zurückversetzt, indem es sich bei Antragstellung in Deutschland befunden hat. Damit lebt die Pflicht der Beklagten zur Behandlung des Asylantrags wieder auf. Im Anschluss daran muss die Beklagte prüfen, ob es sich um einen Erst- oder um einen Zweitantrag handelt.

Aus diesem Grund ist auch die im Klageantrag zu 2) begehrte Feststellung unbegründet, weil noch nicht feststeht, ob die Beklagte einen Asylantrag tatsächlich materiell behandeln muss. Es steht nämlich noch nicht fest, ob der Kläger bereits in einem anderen Mitgliedsstaat rechtskräftig mit seinem Asylbegehren abgelehnt wurde oder nicht. Folglich kann an dieser Stelle auch nicht entschieden werden, ob es sich bei dem klägerischen Antrag um einen Erst- oder Zweitantrag handelt. Im Übrigen besteht für eine solche Feststellung auch kein Rechtsschutzinteresse, weil die Beklagte nach Aufhebung des Bescheids ohnehin gesetzlich verpflichtet ist, das Verwaltungsverfahren wiederaufzunehmen. Eine dahingehende Feststellung wäre nur dann notwendig, wenn die Beklagte zu erkennen gegeben hätte, dass sie auch nach Aufhebung des Bescheides untätig bleiben will. Dafür bestehen aber keine Anhaltspunkte.

3. Nachdem die Ziffer 1) des Bescheids rechtswidrig geworden ist und der Asylantrag zunächst nicht mehr unzulässig ist, ist auch für eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kein Raum mehr. Aus diesem Grund war auch die Ziffer 2) des Bescheids aufzuheben.

4. Soweit die Beklagte auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 17.6.2014 - 10 C 7/13) Bezug nimmt, wonach es bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt sei, weil ein gleichwohl gestellter Antrag unzulässig sei, ist der Bezug zum vorliegenden Fall nicht erkennbar. Der Kläger ist im ursprünglich zuständigen Mitgliedsstaat nach Aktenlage weder als Flüchtlinge anerkannt worden noch wurde ihm subsidiärer Schutz gewährt.

5. Der streitgegenständliche Bescheid kann auch nicht im Wege der Umdeutung gemäß § 47 VwVfG als eine ablehnende Entscheidung über einen Zweitantrag aufrecht erhalten werden, weil mehrere Voraussetzungen der Umdeutung sowohl im Hinblick auf die Ziffer 1), als auch bzgl. Ziffer 2) des Bescheids fehlen.

a. Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt den Verwaltungsakt in den umgedeutet werden soll bereits „enthält“ (Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 47 Rn. 33). Dies bedeutet zwar nicht, dass der Regelungsausspruch unverändert bleiben muss; nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfen aber zwischen der umzudeutenden und der durch die Umdeutung erzeugten Regelung keine wesentlichen rechtlichen Unterschiede bestehen d. h. der neue Verwaltungsakt muss die gleiche materiell-rechtliche Tragweite besitzen (BVerwG, U. v. 28.02.1975 - IV C 30.73 - juris Rn. 27 m. w. N.).

b. Hinsichtlich der Ziffer 1) ist diese Voraussetzung im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht (mehr) erfüllt, weil jetzt die Ablehnung der Prüfung des Zweitantrags die ursprünglich im Dublin-Verfahren ergangene Entscheidung in ihrer rechtlichen Tragweite deutlich übersteigt. Nach Ablauf der Überstellungsfrist hat die Ablehnung des Zweitantrags eine entscheidende andere Rechtswirkung.

Die Entscheidung im Dublin Verfahren erschöpft sich nämlich in der Beantwortung der Zuständigkeitsfrage. Für § 27a AsylVfG kommt es nur darauf an, ob die Beklagte nach dem Dublin-Regime für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die gleiche Frage stellt sich zunächst auch bei § 71a Abs. 1 AsylVfG, wonach in Deutschland nur dann ein Zweitverfahren durchzuführen ist, wenn die Bundesrepublik für das Zweitverfahren zuständig ist. Insoweit deckt sich die materiell-rechtliche Tragweite beider Entscheidungen. Dieses Deckungsverhältnis besteht aber nur solange, solange sichergestellt ist, dass die Beklagte nicht zur Prüfung des Zweitantrags zuständig ist. Eine Entscheidung nach § 27a AsylVfG und § 71a AsylVfG unterscheidet sich während offener Überstellungsfrist nicht. Hier wie dort wäre der materiell-rechtliche Gehalt der Entscheidung identisch, denn er würde sich in der Aussage erschöpfen, dass die Bundesrepublik Deutschland für das jeweilige Verfahren nicht zuständig ist. Daneben würde, ebenso wie bei § 27a AsylVfG, gemäß § 71a Abs. 4 i. V. m. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG eine Abschiebungsanordnung in den zuständigen Staat erfolgen. Denn solange die Beklagte für den Zweitantrag nicht zuständig ist, kommt es auf Wiederaufnahmegründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht an.

Sobald jedoch die Überstellungsfrist abgelaufen ist, kommt die von der Beklagten beabsichtigte Umdeutung nicht in Betracht, denn sie verändert in maßgeblicher Hinsicht die materiell-rechtliche Tragweite der Entscheidung. Ab diesem Zeitpunkt verneint der Bescheid nämlich Wiederaufgreifensgründe und zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse. Die Beklagte müsste nämlich im Rahmen des Zweitantrags nicht nur die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG, sondern gemäß § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 24 Abs. 2 AsylVfG auch die zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG prüfen. Damit würde aber der Bescheid ganz andere Rechtswirkungen erhalten, die in dem ursprünglichen Ausgangsbescheid keine Rolle gespielt haben und somit darin auch nicht enthalten waren. Deshalb scheidet die von der Beklagten vorgenommenen Umdeutung der Ziffer 1) des Bescheids bereits an der Zielgleichheit des Umdeutungsergebnisses aus.

c. Aus dem gleichen Grund kann auch die Abschiebungsanordnung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedsstaat nach § 34a AsylVfG nicht in eine Abschiebungsandrohung in das Herkunftsland umgedeutet werden (Ziffer 2). Auch hier fehlt es offensichtlich an der Zielgleichheit des Umdeutungsergebnisses. Zudem wäre die Androhung der Abschiebung in den Herkunftsstaat zur Abschiebung in den Mitgliedsstaat eine vergleichsweise ungünstigere Rechtsfolge. Demnach steht § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG der Umdeutung entgegen.

d. Schließlich scheitert die Umdeutung auch an den verfahrensrechtlichen Voraussetzung. Für den durch Umdeutung gewonnenen Verwaltungsakt dürfen nämlich keine Verfahrensvorschriften gelten, die bei dem ursprünglichen Verwaltungsakt nicht eingehalten worden sind (Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Auflage 2010, § 47 Rn. 17). Dadurch wird sichergestellt, dass jedenfalls die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, die die Behörde hätte beachten müssen, wenn sie den Verwaltungsakt schon ursprünglich in der nunmehr gewollten Form hätte erlassen wollen.

Hier hat es die Beklagte unterlassen, den Kläger zu den maßgeblichen Tatsachen des Zweitantrags (materielle Fluchtgründe und Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG) nach § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG anzuhören. Nach dem vorgelegten Behördenakt hat die Beklagte lediglich eine Befragung zur Vorbereitung der Anhörung nach § 25 AsylVfG durchgeführt. Ergebnis war dann die Einleitung eines Dublin-Verfahrens und der Erlass des streitgegenständlichen Bescheids. Eine Gelegenheit zum Vortrag materieller Fluchtgründe oder zur Klärung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG bestand nie. Von der Anhörung konnte auch nicht nach § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG abgesehen werden, da dies nur dann möglich ist, wenn die Anhörung für die Feststellung der Voraussetzungen nicht erforderlich ist. Hier war die Anhörung aber notwendig, weil die Beklagte mangels weiterer Angaben noch nicht mal entscheiden konnte, ob es sich um einen Zweitantrag handelt bzw. ob Wideraufnahmegründe vorliegen. Ausweislich des Behördenakts ist bereits unklar, ob ein Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat erfolglos durchgeführt wurde oder nicht. Dies wird die Beklagte erst noch klären müssen (vgl. zu alldem auch VG Regensburg, U. v. 21.10.2014 - RO 9 K 14.30217).

6. Nachdem die Umdeutung des streitgegenständlichen Bescheids ausscheidet, erlangt der Kläger entgegen der Ansicht der Beklagten auch einen rechtlichen Vorteil. Nach Aufhebung des Bescheids ist die Beklagte verpflichtet das Verwaltungsverfahren wiederaufzunehmen.

7. Da der Kläger in der Hauptsache teilweise obsiegt hat und teilweise unterlegen ist, waren die Kosten untereinander gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 zu teilen. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.