Verwaltungsgericht München Urteil, 05. Nov. 2014 - M 23 K 13.2826

bei uns veröffentlicht am05.11.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage im Verfahren M 23 K 12.6415 ist zurückgenommen; der Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des fortgesetzten Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Fortsetzung seines vom Gericht eingestellten Klageverfahrens gegen einen Bescheid des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) über die Abmeldung seines Kraftfahrzeugs gemäß § 14 KraftStG.

Der Kläger ist Halter des Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen … …

Mit Schreiben vom 12. November 2012, gerichtet an das Landratsamt, teilte das Finanzamt … mit, der Kläger habe fällige Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … … in Höhe von 324 Euro, Fälligkeit 16. Februar 2012, sowie Säumniszuschläge in Höhe von 27 Euro nicht entrichtet. Die Vollstreckung der Kraftfahrzeugsteuer sei ohne Erfolg geblieben bzw. verspreche keinen Erfolg. Es werde beantragt, die Zulassungsbescheinigung Teil I mit dem Vermerk der Außerbetriebsetzung zu versehen bzw. den Fahrzeugschein einzuziehen, etwa ausgestellte Anhängerverzeichnisse zu berichtigen und das amtliche Kennzeichen zu entstempeln. Die Abmeldung von Amts wegen erübrige sich, wenn der Fahrzeughalter nachweise, dass er den genannten Gesamtbetrag entrichtet habe.

Mit Datum 19. November 2012, dem Kläger zugestellt am 21. November 2012, erließ das Landratsamt einen Bescheid über die Abmeldung des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen … … Dem Kläger wurde darin aufgegeben, spätestens drei Tage nach Unanfechtbarkeit des Bescheids alle amtlichen Kennzeichen des genannten Fahrzeugs entstempeln zu lassen und den Fahrzeugschein (Zulassungsbescheinigung Teil I) beim Landratsamt vorzulegen oder eine Bescheinigung des Finanzamts über die vollständige Entrichtung der Kraftfahrzeugsteuer beizubringen (Nr. 1 des Bescheids). Für den Bescheid wurde eine Gebühr von 35 Euro und Auslagen in Höhe von 3,45 Euro festgesetzt (Nr. 2 des Bescheids).

Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2012, bei Gericht eingegangen am 21. Dezember 2012, erhob der Kläger hiergegen Klage zum Verwaltungsgericht … (Verfahren M 23 K 12. …) und beantragte die Aufhebung des Bescheids vom 19. November 2012. Zur Begründung führte er aus, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig und verletze ihn in seinen Rechten. Entgegen der unwahren Behauptung des Beklagten seien sämtliche Verbindlichkeiten aus Kraftfahrzeugsteuer getilgt.

Der Beklagte beantragte Klageabweisung. Zur Begründung trug das Landratsamt mit Schriftsatz vom 25. Januar 2013 vor, eine vom Landratsamt beim Finanzamt … angeforderte Stellungnahme habe ergeben, dass bezüglich des in Rede stehenden Fahrzeugs bis zum 13. Januar 2013 Steuerrückstände einschließlich Säumniszuschlägen von 684 Euro aufgelaufen seien. Nach § 14 KraftStG sei das Landratsamt verpflichtet, auf einen entsprechenden Antrag des Finanzamts wie geschehen zu handeln.

Mit Schreiben vom 11. Februar 2013 übersandte das Gericht dem Kläger den Schriftsatz des Landratsamts mit der Bitte um Kenntnisnahme und Äußerung bis zum 28. Februar 2013. Im Schreiben war der Schriftsatz des Landratsamts vom 25. Januar 2013 unter „Anlagen“ als „Schriftsatz vom 02,01.2013“ bezeichnet.

Da der Kläger sich hierauf nicht geäußert hatte, forderte das Gericht den Kläger mit Schreiben vom 11. April 2013, dem Kläger zugestellt am 13. April 2013, gemäß § 92 Abs. 2 VwGO auf, innerhalb von zwei Monaten ab Zustellung des Schreibens sich – wie mit Schreiben des Gerichts vom 11. Februar 2013 erbeten – zur Stellungnahme des Beklagten vom 25. Januar 2013 zu äußern. Das Schreiben enthielt den Hinweis, dass die Klage gemäß § 92 Abs. 2 VwGO als zurückgenommen gelte, falls der Kläger dieser Aufforderung nicht fristgemäß nachkomme; in diesem Fall trage die Klagepartei die Kosten des Verfahrens.

Nachdem hierauf keine Reaktion des Klägers erfolgte, stellte das Gericht das Verfahren M 23 K 12.6415 unter Bezugnahme auf § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO mit Beschluss vom 14. Juni 2013 ein.

Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2013 beantragte der Kläger, das Verfahren fortzusetzen. Zur Begründung machte er geltend, die Rechtsanwendung im Beschluss des Gerichts vom 14. Juni 2013 sei offenkundig grob rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Grundrechten aus Art. 103 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG. Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot sei verletzt. Die nähere Begründung müsse einem separaten Schriftsatz vorbehalten bleiben. Zur Vorbereitung werde beantragt, dem Kläger aus der Akte Abschriften des dem Kläger nicht bekannten Schreibens des Gerichts vom 11. April 2013, der Urkunde über dessen Zustellung am 13. April 2013 sowie sämtlicher Schriftstücke zu erteilen, auf deren Grundlage der handelnde Richter die rechtliche Wertung getroffen habe, wonach der Kläger seine Klage nicht weiter betrieben habe und das Rechtsschutzinteresse entfallen sei.

Der Kläger beantragt das Verfahren fortzusetzen und nach mündlicher Verhandlung im Wege des Zwischenurteils auszusprechen:

Die Klage gilt nicht als zurückgenommen, und das Verfahren ist nicht nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO beendet.

Die Kostengrundentscheidung des Beschlusses vom (Tenor ad II.) wird aufgehoben.

In der Hauptsache bleiben die Anträge aufrechterhalten, für Recht zu erkennen:

Der Bescheid des Finanzamts … vom 19. November 2012 über die Abmeldung des Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen … … wird aufgehoben.

Der Beklagte äußerte, er sehe keinen Anspruch des Klägers, das Verfahren fortzusetzen. In der Sache sei dem Landratsamt von der Zollverwaltung vorab fernmündlich mitgeteilt worden, dass nach wie vor Kraftfahrzeugsteuer rückständig sei. Nach Auskunft der Zollverwaltung sei das Ersuchen des Finanzamts …m vom 1. April 2014 an die Polizeiinspektion … die Kennzeichen des klägerischen Fahrzeugs zu entstempeln und die Fahrzeugpapiere wegzunehmen, am 7. April 2014 unerledigt zurückgekommen.

Das am 4. November 2014 um 22.11 Uhr bei Gericht eingegangene Ablehnungsgesuch des Klägers wegen Besorgnis der Befangenheit in Bezug auf „die erkennenden Richter – jeweils individualiter“ hat das Gericht in der mündlichen Verhandlung am 5. November 2014 verworfen.

Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 5. November 2014, die Behördenakte und Gerichtsakte wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Klägers über das Ablehnungsgesuch und anschließend in die Sache verhandeln und entscheiden. Denn der Kläger war ordnungsgemäß geladen worden und die Ladung vom 10. Oktober 2014 enthielt den nach § 102 Abs. 2 VwGO erforderlichen Hinweis, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss ein Kläger, der in der mündlichen Verhandlung einen Ablehnungsantrag stellt, damit rechnen, dass der zuständige Spruchkörper darüber noch am selben Tag entscheiden und die Verhandlung in der Hauptsache – je nach Ausgang des Ablehnungsverfahrens – in derselben oder anderer Besetzung noch am selben Tag fortsetzen werde (BVerwG, B.v. 21.11.1989 – 7 B 171.89 – Buchholz 310 § 102 Nr. 15, S. 3). Für einen kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellten Ablehnungsantrag gilt Entsprechendes; der Kläger muss damit rechnen, dass eine Entscheidung über das Ablehnungsgesuch kurzfristig herbeigeführt wird und die mündliche Verhandlung – je nach Ausgang des Ablehnungsverfahrens – in derselben oder anderer Besetzung zum vorgesehenen Termin stattfindet.

Der Antrag des Klägers auf Fortsetzung des Anfechtungsverfahrens gegen den Bescheid des Beklagten vom 19. November 2012 (M 23 K 12.6415) ist zulässig, bleibt aber ohne Erfolg.

Entsteht über das Vorliegen der Voraussetzungen der gesetzlichen Rücknahmefiktion Streit, so hat das Gericht das Verfahren fortzusetzen und über die Frage der Beendigung des Verfahrens aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil zu entscheiden, wenn ein Beteiligter – wie vorliegend durch die Klagepartei am 22. Juni 2013 geschehen – dies beantragt. Erweist sich, dass die Voraussetzungen für die Rücknahmefiktion vorliegen, so ergeht Urteil, dass das Verfahren beendet ist und der Antragsteller die Kosten des fortgesetzten Verfahrens zu tragen hat (Rennert in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 92 Rn. 26). So ist es im vorliegenden Fall:

Das Klageverfahren M 23 K 12. … ist beendet. Der Einstellungsbeschluss des Gerichts vom 14. Juni 2013 ist zu Recht ergangen, da die Klage vom 21. Dezember 2012 nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO als zurückgenommen gilt (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).

Die Voraussetzungen für eine Klagerücknahmefiktion nach § 92 Abs. 2 VwGO sind vorliegend gegeben.

Die Fiktion der Klagerücknahme nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Erlasses der Betreibensaufforderung – hier also am 11. April 2013 – bestimmte, sachlich begründete Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses bestanden haben (BVerfG (Kammer), B. v. 27.10.1998 – 2 BvR 2662/95 – juris Rn. 18; BVerwG, B.v. 7.7.2005 – 10 BN 1/05 – juris Rn. 4; B.v. 12.4.2001 – 8 B 2/01 – juris Rn. 5).

Hinreichend konkrete Zweifel am Fortbestand des Rechtsschutzbedürfnisses können sich etwa aus dem fallbezogenen Verhalten des jeweiligen Antragstellers, aber auch daraus ergeben, dass er prozessuale Mitwirkungspflichten verletzt hat. Stets muss sich daraus aber der Schluss auf den Wegfall des Rechtsschutzinteresses, also auf ein Desinteresse des Antragstellers an der weiteren Verfolgung seines Begehrens ableiten lassen (BVerwG, B.v. 7.7.2005 – 10 BN 1/05 – juris Rn. 4). Nicht geboten ist ein sicherer, über begründete Zweifel am Fortbestand des Rechtsschutzinteresses hinausgehender Schluss (BVerwG, B.v. 7.7.2005 – 10 BN 1/05 – juris Rn. 4). Eine unterbliebene Klagebegründung lässt etwa nicht ohne weiteres auf den Wegfall des Rechtsschutzinteresses schließen; anders kann die Situation zu bewerten sein, wenn das Gericht konkrete Auflagen verfügt hatte, den Antragsteller etwa aufgefordert hatte, zu bestimmten Tatsachen Stellung zu nehmen oder näher bezeichnete Unterlagen vorzulegen (BVerwG, B.v. 12.4.2001 – 8 B 2/01 – juris Rn. 6).

Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Betreibensaufforderung am 11. April 2013 (BVerfG (Kammer), B.v. 17.9.2012 – 1 BvR 2254/11 – juris Rn. 29; BVerwG, B.v. 7.7.2005 – 10 BN 1/05 – juris Rn. 4) bestanden tatsächlich sachlich begründete Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses beim Kläger.

Auf die Aufforderung des Gerichts vom 11. Februar 2013 an den Kläger, sich zum Schriftsatz des Landratsamts bis zum 28. Februar 2013 zu äußern, erfolgte keine Reaktion. Aus dem Schreiben des Gerichts vom 11. Februar 2013 war erkennbar, wozu sich der Kläger äußern solle. Zwar war im Schreiben des Gerichts der Schriftsatz des Landratsamts vom 25. Januar 2013 unter „Anlagen“ mit falschem Datum bezeichnet. Jedoch war der Schriftsatz, mit dem das Landratsamt dem Vortrag des Klägers, sämtliche Verbindlichkeiten aus Kraftfahrzeugsteuer seien getilgt, widerspricht, dem Schreiben des Gerichts beigefügt. Für den Empfänger des Schreibens war daher erkennbar, dass die Datumsangabe des Gerichts auf einem offensichtlichen Schreibfehler beruhen muss, und dass eine Äußerung zum beigefügten Schriftsatz erbeten wird. Die Äußerungsfrist für den Kläger bis zum 28. Februar 2013 war angemessen, da der Schriftsatz des Landratsamts kurz und der entscheidende Sachverhalt – hier die Frage, ob die Steuerverbindlichkeit fortbesteht – überschaubar war. Für die Frage, ob die Steuerschuld – entgegen dem Vortrag des Landratsamts – doch vom Kläger beglichen worden war, war es auch sachgemäß, den Kläger für die weitere Erforschung des Sachverhalts heranzuziehen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO). Der Kläger hatte bis zu diesem Zeitpunkt lediglich vorgetragen, dass sämtliche Verbindlichkeiten aus Kraftfahrzeugsteuer getilgt seien, ohne dies näher auszuführen; in erster Linie wäre es ihm möglich und zumutbar gewesen darzulegen, in welcher Weise er die Steuerschuld zum Erlöschen gebracht haben will. Eine Verletzung einer prozessualen Mitwirkungspflicht durch den Kläger lag daher vor (§ 86 Abs. 3, Abs. 4 Satz 2 VwGO).

In Anbetracht der Umstände durfte das Gericht zum maßgeblichen Zeitpunkt der Betreibensaufforderung jedenfalls begründete Zweifel am Fortbestand des Rechtsschutzinteresses haben. Im vergleichsweise kurzen Schriftsatz vom 25. Januar 2013 widersprach das Landratsamt dem einzigen Einwand des Klägers gegen den Bescheid (Tilgung der Steuerschuld) und führte sogar an, dass die Steuerrückstände noch größer geworden seien. Die Aufforderung des Gerichts an den Kläger, zum Schriftsatz des Landratsamts Stellung zu nehmen, stellte sich daher als konkrete Auflage dar, sich zum gegenteiligen Tatsachenvortrag des Landratsamts zu äußern. Die Nichtäußerung des Klägers als Anhaltspunkt für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses zu werten, begegnet daher auch im Hinblick auf den Beschluss des BVerwG vom 12. April 2001 (8 B 2/01 – juris Rn. 6) keinen Bedenken (vgl. auch OVG Münster, B.v. 27.3.2012 – 12 A 2647/11 – juris Rn. 5).

Die Betreibensaufforderung des Gerichts vom 11. April 2013 enthielt den gemäß § 92 Abs. 2 Satz 3 VwGO erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen des Nichtbetreibens. Von einer wirksamen Zustellung der Betreibensaufforderung ist auszugehen. Nach dem Akteninhalt ist die Betreibensaufforderung durch Postzustellungsurkunde gemäß § 56 Abs. 2 VwGO, § 180 ZPO (Einlegen in Briefkasten) zugestellt worden. Die Postzustellungsurkunde begründet als öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 98 VwGO den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. Allerdings kann nach § 418 Abs. 2 ZPO derjenige, zu dessen Nachteil sich die gesetzliche Beweisregel auswirkt, den Beweis für die Unrichtigkeit der beurkundeten Tatsachen antreten. Ein derartiger Beweisantritt verlangt seinerseits den vollen Nachweis eines anderen Geschehensablaufs. Aus diesem Grund muss ein Beweisantritt substantiiert sein, d.h. es muss nach dem Vorbringen des Beteiligten eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen dargelegt werden. Ein bloßes Bestreiten genügt hierfür nicht (BVerwG, B.v. 16.5.1986 – 4 CB 8/86 – juris Rn. 3 m.w.N.; BFH, B.v. 23.10.2006 – XI B 27/06 – juris Rn. 3). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 22. Juni 2013 nicht, da darin der Zugang der Betreibensaufforderung lediglich pauschal bestritten wird.

Der Kläger hat das Verfahren im Sinne des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht betrieben. Ein Nichtbetreiben liegt vor, wenn der Kläger innerhalb der Zwei-Monatsfrist nicht substantiiert dargetan hat, dass und warum das Rechtsschutzbedürfnis trotz des Zweifels an seinem Fortbestehen, aus dem sich die Betreibensaufforderung ergeben hat, nicht entfallen ist (BVerfG (Kammer), B.v. 17.9.2012 – 1 BvR 2254/11 – juris Rn. 29; BVerwG, B.v. 7.7.2005 – 10 BN 1/05 – juris Rn.7). Vorliegend hat der Kläger auf die Betreibensaufforderung keine Reaktion gezeigt und auch auf den Einstellungsbeschluss des Gerichts vom 14. Juni 2013 hin lediglich den Zugang der Betreibensaufforderung bestritten.

Die Voraussetzungen für den Eintritt der Klagerücknahmefiktion nach § 92 Abs. 2 und 3 VwGO lagen daher vor, so dass das Klageverfahren zu Recht eingestellt wurde. Die Klage im Verfahren M 23 K 12.6415 ist zurückgenommen.

Der Antrag auf Fortführung des Verfahrens war daher abzuweisen und die Kosten des fortgesetzten Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen (§ 154 Abs. 2 VwGO entsprechend, vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 92 Rn. 26).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Zivilprozessordnung - ZPO | § 418 Beweiskraft öffentlicher Urkunden mit anderem Inhalt


(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. (2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Lande

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 98


Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 180 Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten


Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang e

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 56


(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sowie Terminbestimmungen und Ladungen sind zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. (2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den

Kraftfahrzeugsteuergesetz 2002 - KraftStG | § 14 Außerbetriebsetzung von Amts wegen


(1) Ist die Steuer nicht entrichtet worden, hat die Zulassungsbehörde auf Antrag der für die Ausübung der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer zuständigen Behörde die Zulassungsbescheinigung Teil I einzuziehen, etwa ausgestellte Anhängerverzeichnisse z

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Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 17. Sept. 2012 - 1 BvR 2254/11

bei uns veröffentlicht am 17.09.2012

Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 16. Dezember 2010 - 5 A 1349/07 - und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 1. Juni 2011 - 3 L 44/11 - ve

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(1) Ist die Steuer nicht entrichtet worden, hat die Zulassungsbehörde auf Antrag der für die Ausübung der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer zuständigen Behörde die Zulassungsbescheinigung Teil I einzuziehen, etwa ausgestellte Anhängerverzeichnisse zu berichtigen und das amtliche Kennzeichen zu entstempeln (Außerbetriebsetzung von Amts wegen). Sie trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt.

(2) Die Durchführung der Außerbetriebsetzung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Außerbetriebsetzungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 16. Dezember 2010 - 5 A 1349/07 - und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 1. Juni 2011 - 3 L 44/11 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil und der Beschluss werden aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Greifswald zurückverwiesen.

Damit wird der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. Juli 2011 - 3 L 44/11 - gegenstandslos.

...

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ablehnung eines Antrags auf Fortsetzung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, nachdem dieses wegen Nichtbetreibens durch den Kläger mit einem Beschluss gemäß § 92 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 VwGO eingestellt worden ist.

I.

2

1. a) Der Beschwerdeführer erwarb im Jahr 1992 von der Bundesrepublik Deutschland das Eigentum an einem Grundstück auf der Insel H … . Zuvor war das Grundstück durch einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur abgemarkt worden.

3

Im Zusammenhang mit der beabsichtigten Veräußerung eines an das Grundstück des Beschwerdeführers angrenzenden Grundstücks führte der öffentlich bestellte Vermessungsingenieur U., der Beklagte des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagter), Vermessungen zur Bestimmung der Flurstücksgrenze durch. Diese ergaben eine Grenzfeststellung, die nach Auffassung des Beschwerdeführers nicht mit derjenigen von 1992, durch einen Grenzstein dokumentierten, übereinstimmt.

4

Gegen die Grenzfeststellung erhob der Beschwerdeführer Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. September 2007 zurückwies. Die im Grenzfeststellungs- und Abmarkungsverfahren bekannt gegebenen Vermessungsergebnisse seien rechtmäßig erlassen, weil ein Vergleich der Ist-Lage der vorgefundenen und wiederhergestellten Abmarkungen der Grenzpunkte Übereinstimmung mit der Soll-Lage des Katasternachweises ergeben habe und weil der vom Beschwerdeführer angezeigte Granitgrenzstein in seiner Lage tatsächlich nicht mit dem Katasternachweis übereinstimme und keine unterirdische Vermarkung habe.

5

b) Der Beschwerdeführer erhob beim Verwaltungsgericht Klage gegen die Entscheidungen des Beklagten und begründete diese im Wesentlichen damit, die im Jahr 1992 festgestellte Grenze sei bindend. In einem Schriftsatz vom 16. Juni 2008 benannte er unter anderem seinen Vater als Zeugen für seine Behauptung, der strittige Grenzstein sei der 1992 gesetzte. Hierauf erwiderte der Beklagte mit Schriftsatz vom 3. Juli 2008; er legte dar, weshalb es sich bei dem strittigen Grenzstein nicht um den 1992 gesetzten handeln könne. Bitten des Verwaltungsgerichts an den Beschwerdeführer um Stellungnahme hierzu blieben unbeantwortet. Daraufhin erließ das Verwaltungsgericht eine Betreibensaufforderung nach § 92 Abs. 2 VwGO, die dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 16. Januar 2009 zugestellt wurde. Am 16. März 2009 übermittelte der Prozessbevollmächtigte einen Schriftsatz, in der zur Betreibensaufforderung wie folgt Stellung genommen wurde:

6

"Der Kläger hat seine Klage begründet und hält daran fest.

7

Der Beklagte tritt der Klage entgegen.

8

Dessen ungeachtet regen wir namens des Klägers an, in der Sache eine gerichtsnahe Mediation durchzuführen.

9

Es hat sich zur Kenntnis des Unterzeichneten erwiesen, dass das Angebot u.a. des Verwaltungsgerichts Greifswald insoweit mitunter zu Erfolgen führt."

10

c) Mit Beschluss vom 18. März 2009 entschied das Verwaltungsgericht, dass die Klage als zurückgenommen gilt, und stellte das Verfahren ein. Die Klage gelte nach § 92 Abs. 2 VwGO als zurückgenommen, da der Beschwerdeführer das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate seit Zustellung der Aufforderung nicht im Sinne dieser Aufforderung, wonach zum Vortrag des Beklagten vom 3. Juli 2008 Stellung genommen werden sollte, betrieben habe.

11

d) Mit Schreiben eines neu bestellten Prozessbevollmächtigten vom 3. Februar 2010 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, das Verfahren fortzusetzen.

12

2. Mit dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Urteil vom 16. Dezember 2010 bestätigte das Verwaltungsgericht den Eintritt der Rücknahmefiktion nach § 92 Abs. 2 VwGO. Der Beschwerdeführer habe das Verfahren trotz Aufforderung mehr als zwei Monate nicht im Sinne der Verfügung betrieben.

13

Die Betreibensaufforderung habe am 14. Januar 2009 an den Beschwerdeführer ergehen dürfen. Im Zeitpunkt der Betreibensaufforderung hätten konkrete Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Beschwerdeführers bestanden.

14

Innerhalb der zweimonatigen Betreibensfrist habe sich der Beschwerdeführer lediglich mit dem am 16. März 2009 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz geäußert. Ein Betreiben im Sinne des § 92 Abs. 2 VwGO bedeute dieser Schriftsatz nicht. Soweit der damalige Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 16. März 2009 mitgeteilt habe, dass der Beschwerdeführer an seiner Klage festhalte, habe diese Erklärung keinen substantiellen Aussagewert. Die gerichtliche Verfügung vom 14. Januar 2009 habe erkennbar darauf abgezielt, dass der Beschwerdeführer zu den vom Beklagten im Schreiben vom 3. Juli 2008 vorgebrachten verschiedenen Tatsachen, die den vom Beschwerdeführer als maßgeblich angesehenen Granitgrenzstein betroffen hätten, Stellung nehmen sollte. Hierzu enthalte der Schriftsatz vom 16. März 2009 aber keine Aussage. Vor dem prozessualen Hintergrund dieser Aufforderung könne der Schriftsatz letztlich nur als ein Nichtbetreiben gewertet werden.

15

3. Mit dem mit der Verfassungsbeschwerde ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 1. Juni 2011 lehnte das Oberverwaltungsgericht den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab. Die Berufung sei nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zuzulassen.

16

Das Verwaltungsgericht habe an den Beschwerdeführer eine Betreibensaufforderung richten dürfen, denn im Zeitpunkt der Aufforderung am 5. Januar 2009 hätten sachlich begründete Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses bestanden. Da am 8. Juli 2008 eine sechswöchige Frist für die erbetene Stellungnahme gesetzt worden sei, an deren Erledigung durch Verfügungen vom 20. Oktober und 21. November 2008 erinnert worden sei, habe der Beschwerdeführer mit dem Unterlassen jeglicher Antwort über einen Zeitraum von circa sechs Monaten seit der Aufforderung zur Stellungnahme seine prozessuale Mitwirkungspflicht in einer Weise verletzt, die geeignet gewesen sei, die durch Stellungnahme des Beklagten zur Sache ausgelösten Zweifel an einem fortbestehenden Rechtsschutzinteresse zu verfestigen. Es sei nicht ersichtlich, warum es dem Beschwerdeführer in dem genannten Zeitraum nicht hätte möglich sein sollen, zu antworten. Zumindest aber habe von ihm eine Mitteilung erwartet werden können, aus welchen Gründen eine Antwort nicht möglich sei. Sein völliges Verschweigen habe deshalb den Rückschluss auf ein Desinteresse am weiteren Verfahren zugelassen.

17

Die weiteren Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO seien ebenfalls erfüllt gewesen. Um der Aufforderung zu entsprechen, hätte sich der Beschwerdeführer so substantiiert äußern müssen, dass Zweifel am Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses beseitigt worden wären und der äußere Anschein einer Vernachlässigung prozessualer Mitwirkungspflichten entfallen wäre. Der Anforderung an ein substantielles Vorbringen genüge es jedenfalls nicht, wenn ein Kläger auf eine konkrete Aufforderung hin lediglich mitteile, er wolle das Verfahren weiter betreiben. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer die erbetenen Verfahrenshandlungen auch deswegen nicht vorgenommen, weil das Gericht eine inhaltliche Stellungnahme zu dem Vortrag des Beklagten mit Schriftsatz vom 3. Juli 2008 erbeten gehabt habe. Die Erklärung vom 16. März 2009 habe für ein substantielles Betreiben umso weniger ausgereicht, als dem Antwortschreiben nicht zu entnehmen gewesen sei, welche Gründe den Beschwerdeführer gehindert haben sollten und noch hinderten, sich inhaltlich zu erklären.

18

4. Die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers wies das Oberveraltungsgericht mit dem schließlich auch mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss vom 20. Juli 2011 zurück.

II.

19

1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer im Wesentlichen eine Verletzung seines Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und seines Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht seien zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 VwGO und zwar sowohl hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Betreibensaufforderung als auch hinsichtlich der Annahme des Nichtbetreibens vorgelegen hätten.

20

2. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens und das Land Mecklenburg-Vorpommern hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten des gerichtlichen Ausgangsverfahrens wurden beigezogen.

21

3. Der 4. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts äußert sich in seiner Stellungnahme dahingehend, dem Verwaltungsgericht dürfte die Einstellung des Verfahrens nach § 92 Abs. 2 VwGO verwehrt gewesen sein, nachdem der Beschwerdeführer deutlich gemacht habe, dass er an seiner Klage festhalte. Der Beschwerdeführer habe hier seine Klage substantiiert und unter Beweisantritt begründet. Sein Interesse an einer weiteren Rechtsverfolgung habe er hinreichend dargetan. Es sei Sache des Gerichts, das unterschiedliche Vorbringen der Beteiligten zu bewerten.

III.

22

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Annahme ist zur Durchsetzung eines in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechts des Beschwerdeführers angezeigt (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden, die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

23

Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2010 und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 1. Juni 2011 verletzen die Garantie wirksamen Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG (dazu 1.). Ob sie darüber hinaus auch den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzen, kann offen bleiben (dazu 2.). Damit wird der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Anhörungsrüge gegenstandslos.

24

1. Das Verwaltungsgericht hat durch die Ablehnung des Antrags des Beschwerdeführers auf Fortsetzung des Verfahrens gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verstoßen; das Oberverwaltungsgericht durfte die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht bestätigen.

25

a) aa) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet den Rechtsweg im Rahmen der jeweiligen einfachgesetzlichen Prozessordnungen. Der Weg zu den Gerichten, insbesondere auch zur inhaltlichen Überprüfung einer Verwaltungsentscheidung, darf von der Erfüllung und dem Fortbestand bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht werden (vgl. BVerfGE 9, 194 <199 f.>; 10, 264 <267 f.>; 27, 297 <310>; 35, 65 <72 f.>). Die dem Gesetzgeber obliegende normative Ausgestaltung des Rechtswegs muss aber das Ziel dieser Rechtsgewährleistung, nämlich den wirkungsvollen Rechtsschutz, auch tatsächlich verfolgen und ermöglichen (vgl. BVerfGE 110, 77 <85>). Sie muss im Hinblick darauf geeignet und angemessen sowie für den Rechtsuchenden zumutbar sein (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>). Der Zugang zu den Gerichten und zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 78, 88 <99>; 110, 77 <85>; stRspr). Dieser Grundsatz gilt auch innerhalb des jeweils eingeleiteten Verfahrens selbst, soweit es darum geht, sich dort effektiv Gehör verschaffen zu können, und nicht nur für die Eröffnung des Zugangs zum Gericht selbst (BVerfGE 81, 123 <129>). Der gerichtlichen Durchsetzung des materiellen Anspruchs dürfen auch hier nicht unangemessen hohe verfahrensrechtliche Hindernisse in den Weg gelegt werden (BVerfGE 53, 115 <127 f.>).

26

bb) Im Einklang mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG setzt jede an einen Antrag gebundene gerichtliche Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis voraus (vgl. BVerfGE 61, 126 <135>; 96, 27 <39 f.>; 110, 77 <85>). Nur derjenige, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, hat einen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung; fehlt es daran, so ist das prozessuale Begehren als unzulässig abzuweisen.

27

Das erforderliche Rechtsschutzinteresse kann im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens entfallen. Vom Wegfall eines ursprünglich gegebenen Rechtsschutzinteresses kann ein Gericht im Einzelfall auch dann ausgehen, wenn das Verhalten eines rechtsschutzsuchenden Verfahrensbeteiligten Anlass zu der Annahme bietet, dass ihm an einer Sachentscheidung mangels Sachbescheidungsinteresses nicht mehr gelegen ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Oktober 1998 - 2 BvR 2662/95 -, juris Rn. 17).

28

cc) Eine Regelung über eine Verfahrensbeendigung wegen unterstellten Wegfalls des Rechtsschutzinteresses ist grundsätzlich von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 1993 - 2 BvR 1972/92 -, NVwZ 1994, S. 62 <63>). Allerdings führt die Rücknahmefiktion des § 92 Abs. 2 VwGO zur Beendigung des Rechtsschutzverfahrens mit möglicherweise irreversiblen Folgen, insbesondere wenn behördliche Ausgangsentscheidungen dadurch in Bestandskraft erwachsen, ohne dass der Kläger dies durch ausdrückliche Erklärung in bewusster Entscheidung herbeigeführt hätte. Die Handhabung eines solch scharfen prozessualen Instruments muss daher im Lichte der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unter strikter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben erfolgen, verstanden als Ausnahme von dem Grundsatz, dass ein Kläger oder Antragsteller das von ihm eingeleitete Verfahren auch durchführen will. Namentlich darf § 92 Abs. 2 VwGO nicht als Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten oder unkooperatives Verhalten eines Beteiligten gedeutet oder eingesetzt werden. Hierfür ist die Rücknahmefiktion nicht konzipiert. Sie soll vielmehr nur die Voraussetzungen für die Annahme eines weggefallenen Rechtsschutzinteresses festlegen und gesetzlich legitimieren (vgl. zu § 81 AsylVfG, auf den § 92 Abs. 2 VwGO zurückgeht [BTDrucks 13/3993, S. 12], BTDrucks 12/2062, S. 42: vereinfachte Beendigung eines Verfahrens, "an dessen Fortführung der Kläger erkennbar kein Interesse mehr hat"; ferner Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 92 Rn. 3 und 46 [Stand: Januar 2012], Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 92 Rn. 18).

29

Zwar gilt auch für die Rücknahmefiktion des § 92 Abs. 2 VwGO, dass nicht jede fehlerhafte Anwendung des einfachen Rechts einen Verfassungsverstoß darstellt. Angesichts der gravierenden, den Rechtsschutz jedenfalls im konkreten Verfahren ohne Sachprüfung abschneidenden Wirkung dieser Vorschrift gebietet Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG jedoch eine strenge Prüfung der fachgerichtlichen Auslegung und Anwendung des § 92 Abs. 2 VwGO durch das Bundesverfassungsgericht. Insbesondere hat es zu kontrollieren, ob die von den Verwaltungsgerichten mit Rücksicht auf die Rechtsschutzgarantie herausgearbeiteten Anforderungen an eine zulässige Betreibensaufforderung nach § 92 Abs. 2 Satz 1 und 3 VwGO gewahrt und die Voraussetzungen für die Annahme eines Nichtbetreibens nicht verfehlt, insbesondere der Vorschrift hierbei keine falsche Zielrichtung gegeben wurden. Hiernach müssen zum einen zum Zeitpunkt der Betreibensaufforderung sachlich begründete Anhaltspunkte vorliegen, die den späteren Eintritt der Fiktion als gerechtfertigt erscheinen lassen. Solche Anhaltspunkte sind insbesondere dann gegeben, wenn der Kläger seine prozessualen Mitwirkungspflichten nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2000 - BVerwG 8 B 119.00 -, NVwZ 2000, S. 1297 <1298>; Beschluss vom 12. April 2001 - BVerwG 8 B 2.01 -, NVwZ 2001, S. 918; Beschluss vom 7. Juli 2005 - BVerwG 10 BN 1.05 -, juris Rn. 4). Zum anderen hat ein Kläger das Verfahren nur dann nicht mehr im Sinne von § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO betrieben, wenn er innerhalb der Zwei-Monatsfrist nicht substantiiert dargetan hat, dass und warum das Rechtsschutzbedürfnis trotz des Zweifels an seinem Fortbestehen, aus dem sich die Betreibensaufforderung ergeben hat, nicht entfallen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2005 - BVerwG 10 BN 1.05 -, juris Rn. 7).

30

b) Hieran gemessen ist die Auffassung der Ausgangsgerichte, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer Betreibensaufforderung gemäß § 92 Abs. 2 VwGO im Januar 2009 vorlagen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

31

Im Schriftsatz vom 16. Juni 2008 führt der damalige Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers aus, dessen Vater sei bei der seinerzeitigen Abmarkung anwesend gewesen und habe mit eigenen Augen gesehen, wie Mitarbeiter des Vermessungsingenieurs hinsichtlich des strittigen Grenzpunkts einen Aushub von circa 1 Meter vorgenommen, dort eine Flasche hineingelegt und diese zerstoßen hätten. Die Scherben der damals zerstoßenen Flasche würden sich an Ort und Stelle finden lassen.

32

In seiner Erwiderung vom 3. Juli 2008 hierauf trägt der Beklagte im Wesentlichen vor, ein Zerstoßen der Flasche sei in der Niederschrift von 1992 nicht vermerkt und wäre aus fachlicher Hinsicht auch nicht nachvollziehbar. Im August 2007 sei in Anwesenheit des Beschwerdeführers der Granitgrenzstein freigelegt worden; eine Flasche als Unterlage sei nicht vorgefunden worden. Hiervon hätten sich die Beteiligten vor Ort durch Betrachtung des Loches überzeugen können. Es müsse davon ausgegangen werden, dass dieser Granitgrenzstein nicht identisch sei mit dem 1992 verhandelten Grenzpunkt.

33

Angesichts dessen, dass der Beklagte auch unter Hinweis auf einen Ortstermin, an dem der Beschwerdeführer selbst teilnahm, die Richtigkeit einer zentralen Behauptung im Vorbringen des Beschwerdeführers in Frage stellte, lag es nahe, dass der Beschwerdeführer sich zu den Ausführungen des Beklagten äußerte. Dass er sich hierzu trotz entsprechender Bitte des Verwaltungsgerichts vom 8. Juli 2008 und zweimaliger Erinnerung (vom 20. Oktober und 21. November 2008) hieran nicht veranlasst sah, durfte das Verwaltungsgericht zum Anlass nehmen, am Fortbestand des Rechtsschutzinteresses des Beschwerdeführers ernsthaft zu zweifeln.

34

c) Nicht mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar ist hingegen die Annahme, der Beschwerdeführer habe das Verfahren entgegen der darauf ergangenen Aufforderung des Verwaltungsgerichts nicht betrieben. Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht haben damit ein unangemessen hohes Hindernis bei der gerichtlichen Verfolgung des geltend gemachten Anspruchs errichtet.

35

Die Ausgangsgerichte haben sich bei ihren Ausführungen nicht vom Zweck des § 92 Abs. 2 VwGO leiten lassen. Dieser besteht nicht darin, den Kläger zu einer Substantiierung seines Klagebegehrens anzuhalten, sondern in der Klärung der aufgekommenen Zweifel am Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 1993 - 2 BvR 1972/92 -, NVwZ 1994, S. 62 <63>).

36

Dass der Beschwerdeführer an der Verfolgung seines Rechtsschutzziels festhalten wollte, ergibt sich eindeutig aus seinem Schriftsatz vom 16. März 2009. Die Motivation des Beschwerdeführers hierfür liegt auch auf der Hand, geht es ihm im Ausgangsverfahren doch um die Klärung der Größe seines Grundstücks, die nach den Feststellungen des Beklagten um circa 1.900 Quadratmeter kleiner sein soll als von ihm angenommen.

37

Der Beschwerdeführer war angesichts der Umstände des Falles nicht verpflichtet, über den Hinweis, dass er an seiner Klage festhalte, hinausgehende Ausführungen zu machen, um den Eintritt der Rücknahmefiktion zu verhindern. Der Beschwerdeführer hatte seine Klage bereits begründet und zum Beweis der von ihm vorgebrachten Tatsachenbehauptungen seinen Vater und den im Jahr 1992 tätig gewordenen Vermessungsingenieur als Zeugen angeboten. Der Beklagte hatte die Richtigkeit der tatsächlichen Behauptungen bestritten. In einer solchen Situation ist es Aufgabe des - im Übrigen zur Amtsermittlung verpflichteten - Verwaltungsgerichts, den Sachverhalt, soweit es ihn für entscheidungserheblich hält, durch eine Beweisaufnahme aufzuklären und danach zu entscheiden. Der Weg, aufgrund einer vorweggenommenen Beweiswürdigung auf einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers zu schließen und auf diese Weise das Verfahren ohne mündlichen Verhandlung und gegebenenfalls ohne Beweisaufnahme zu beendigen, ist dem Gericht hingegen verwehrt.

38

d) Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf dem festgestellten Verfassungsverstoß. Da die Verwaltungsgerichte bisher noch nicht in der Sache entschieden und auch den Sachverhalt, soweit entscheidungserheblich, nicht aufgeklärt haben, ist nicht erkennbar, dass die Entscheidung in der Sache mit Sicherheit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausfällt.

39

e) Das Urteil des Verwaltungsgerichts und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 1. Juni 2011 sind aufzuheben; der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 20. Juli 2011 wird dadurch gegenstandslos. Die Sache ist an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

40

2. Da das Verwaltungsgericht aus verfassungsrechtlichen Gründen gehindert war, den Eintritt der Erledigungsfiktion anzunehmen, kommt es auf die Frage, ob die Ausgangsgerichte bei ihren Entscheidungen auch den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt haben, nicht mehr an.

41

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung ergibt sich aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts erfolgt nach § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

42

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sowie Terminbestimmungen und Ladungen sind zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung.

(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 16. Dezember 2010 - 5 A 1349/07 - und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 1. Juni 2011 - 3 L 44/11 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil und der Beschluss werden aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Greifswald zurückverwiesen.

Damit wird der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. Juli 2011 - 3 L 44/11 - gegenstandslos.

...

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ablehnung eines Antrags auf Fortsetzung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, nachdem dieses wegen Nichtbetreibens durch den Kläger mit einem Beschluss gemäß § 92 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 VwGO eingestellt worden ist.

I.

2

1. a) Der Beschwerdeführer erwarb im Jahr 1992 von der Bundesrepublik Deutschland das Eigentum an einem Grundstück auf der Insel H … . Zuvor war das Grundstück durch einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur abgemarkt worden.

3

Im Zusammenhang mit der beabsichtigten Veräußerung eines an das Grundstück des Beschwerdeführers angrenzenden Grundstücks führte der öffentlich bestellte Vermessungsingenieur U., der Beklagte des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagter), Vermessungen zur Bestimmung der Flurstücksgrenze durch. Diese ergaben eine Grenzfeststellung, die nach Auffassung des Beschwerdeführers nicht mit derjenigen von 1992, durch einen Grenzstein dokumentierten, übereinstimmt.

4

Gegen die Grenzfeststellung erhob der Beschwerdeführer Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. September 2007 zurückwies. Die im Grenzfeststellungs- und Abmarkungsverfahren bekannt gegebenen Vermessungsergebnisse seien rechtmäßig erlassen, weil ein Vergleich der Ist-Lage der vorgefundenen und wiederhergestellten Abmarkungen der Grenzpunkte Übereinstimmung mit der Soll-Lage des Katasternachweises ergeben habe und weil der vom Beschwerdeführer angezeigte Granitgrenzstein in seiner Lage tatsächlich nicht mit dem Katasternachweis übereinstimme und keine unterirdische Vermarkung habe.

5

b) Der Beschwerdeführer erhob beim Verwaltungsgericht Klage gegen die Entscheidungen des Beklagten und begründete diese im Wesentlichen damit, die im Jahr 1992 festgestellte Grenze sei bindend. In einem Schriftsatz vom 16. Juni 2008 benannte er unter anderem seinen Vater als Zeugen für seine Behauptung, der strittige Grenzstein sei der 1992 gesetzte. Hierauf erwiderte der Beklagte mit Schriftsatz vom 3. Juli 2008; er legte dar, weshalb es sich bei dem strittigen Grenzstein nicht um den 1992 gesetzten handeln könne. Bitten des Verwaltungsgerichts an den Beschwerdeführer um Stellungnahme hierzu blieben unbeantwortet. Daraufhin erließ das Verwaltungsgericht eine Betreibensaufforderung nach § 92 Abs. 2 VwGO, die dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 16. Januar 2009 zugestellt wurde. Am 16. März 2009 übermittelte der Prozessbevollmächtigte einen Schriftsatz, in der zur Betreibensaufforderung wie folgt Stellung genommen wurde:

6

"Der Kläger hat seine Klage begründet und hält daran fest.

7

Der Beklagte tritt der Klage entgegen.

8

Dessen ungeachtet regen wir namens des Klägers an, in der Sache eine gerichtsnahe Mediation durchzuführen.

9

Es hat sich zur Kenntnis des Unterzeichneten erwiesen, dass das Angebot u.a. des Verwaltungsgerichts Greifswald insoweit mitunter zu Erfolgen führt."

10

c) Mit Beschluss vom 18. März 2009 entschied das Verwaltungsgericht, dass die Klage als zurückgenommen gilt, und stellte das Verfahren ein. Die Klage gelte nach § 92 Abs. 2 VwGO als zurückgenommen, da der Beschwerdeführer das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate seit Zustellung der Aufforderung nicht im Sinne dieser Aufforderung, wonach zum Vortrag des Beklagten vom 3. Juli 2008 Stellung genommen werden sollte, betrieben habe.

11

d) Mit Schreiben eines neu bestellten Prozessbevollmächtigten vom 3. Februar 2010 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, das Verfahren fortzusetzen.

12

2. Mit dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Urteil vom 16. Dezember 2010 bestätigte das Verwaltungsgericht den Eintritt der Rücknahmefiktion nach § 92 Abs. 2 VwGO. Der Beschwerdeführer habe das Verfahren trotz Aufforderung mehr als zwei Monate nicht im Sinne der Verfügung betrieben.

13

Die Betreibensaufforderung habe am 14. Januar 2009 an den Beschwerdeführer ergehen dürfen. Im Zeitpunkt der Betreibensaufforderung hätten konkrete Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Beschwerdeführers bestanden.

14

Innerhalb der zweimonatigen Betreibensfrist habe sich der Beschwerdeführer lediglich mit dem am 16. März 2009 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz geäußert. Ein Betreiben im Sinne des § 92 Abs. 2 VwGO bedeute dieser Schriftsatz nicht. Soweit der damalige Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 16. März 2009 mitgeteilt habe, dass der Beschwerdeführer an seiner Klage festhalte, habe diese Erklärung keinen substantiellen Aussagewert. Die gerichtliche Verfügung vom 14. Januar 2009 habe erkennbar darauf abgezielt, dass der Beschwerdeführer zu den vom Beklagten im Schreiben vom 3. Juli 2008 vorgebrachten verschiedenen Tatsachen, die den vom Beschwerdeführer als maßgeblich angesehenen Granitgrenzstein betroffen hätten, Stellung nehmen sollte. Hierzu enthalte der Schriftsatz vom 16. März 2009 aber keine Aussage. Vor dem prozessualen Hintergrund dieser Aufforderung könne der Schriftsatz letztlich nur als ein Nichtbetreiben gewertet werden.

15

3. Mit dem mit der Verfassungsbeschwerde ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 1. Juni 2011 lehnte das Oberverwaltungsgericht den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab. Die Berufung sei nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zuzulassen.

16

Das Verwaltungsgericht habe an den Beschwerdeführer eine Betreibensaufforderung richten dürfen, denn im Zeitpunkt der Aufforderung am 5. Januar 2009 hätten sachlich begründete Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses bestanden. Da am 8. Juli 2008 eine sechswöchige Frist für die erbetene Stellungnahme gesetzt worden sei, an deren Erledigung durch Verfügungen vom 20. Oktober und 21. November 2008 erinnert worden sei, habe der Beschwerdeführer mit dem Unterlassen jeglicher Antwort über einen Zeitraum von circa sechs Monaten seit der Aufforderung zur Stellungnahme seine prozessuale Mitwirkungspflicht in einer Weise verletzt, die geeignet gewesen sei, die durch Stellungnahme des Beklagten zur Sache ausgelösten Zweifel an einem fortbestehenden Rechtsschutzinteresse zu verfestigen. Es sei nicht ersichtlich, warum es dem Beschwerdeführer in dem genannten Zeitraum nicht hätte möglich sein sollen, zu antworten. Zumindest aber habe von ihm eine Mitteilung erwartet werden können, aus welchen Gründen eine Antwort nicht möglich sei. Sein völliges Verschweigen habe deshalb den Rückschluss auf ein Desinteresse am weiteren Verfahren zugelassen.

17

Die weiteren Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO seien ebenfalls erfüllt gewesen. Um der Aufforderung zu entsprechen, hätte sich der Beschwerdeführer so substantiiert äußern müssen, dass Zweifel am Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses beseitigt worden wären und der äußere Anschein einer Vernachlässigung prozessualer Mitwirkungspflichten entfallen wäre. Der Anforderung an ein substantielles Vorbringen genüge es jedenfalls nicht, wenn ein Kläger auf eine konkrete Aufforderung hin lediglich mitteile, er wolle das Verfahren weiter betreiben. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer die erbetenen Verfahrenshandlungen auch deswegen nicht vorgenommen, weil das Gericht eine inhaltliche Stellungnahme zu dem Vortrag des Beklagten mit Schriftsatz vom 3. Juli 2008 erbeten gehabt habe. Die Erklärung vom 16. März 2009 habe für ein substantielles Betreiben umso weniger ausgereicht, als dem Antwortschreiben nicht zu entnehmen gewesen sei, welche Gründe den Beschwerdeführer gehindert haben sollten und noch hinderten, sich inhaltlich zu erklären.

18

4. Die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers wies das Oberveraltungsgericht mit dem schließlich auch mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss vom 20. Juli 2011 zurück.

II.

19

1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer im Wesentlichen eine Verletzung seines Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und seines Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht seien zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 VwGO und zwar sowohl hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Betreibensaufforderung als auch hinsichtlich der Annahme des Nichtbetreibens vorgelegen hätten.

20

2. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens und das Land Mecklenburg-Vorpommern hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten des gerichtlichen Ausgangsverfahrens wurden beigezogen.

21

3. Der 4. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts äußert sich in seiner Stellungnahme dahingehend, dem Verwaltungsgericht dürfte die Einstellung des Verfahrens nach § 92 Abs. 2 VwGO verwehrt gewesen sein, nachdem der Beschwerdeführer deutlich gemacht habe, dass er an seiner Klage festhalte. Der Beschwerdeführer habe hier seine Klage substantiiert und unter Beweisantritt begründet. Sein Interesse an einer weiteren Rechtsverfolgung habe er hinreichend dargetan. Es sei Sache des Gerichts, das unterschiedliche Vorbringen der Beteiligten zu bewerten.

III.

22

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Annahme ist zur Durchsetzung eines in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechts des Beschwerdeführers angezeigt (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden, die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

23

Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2010 und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 1. Juni 2011 verletzen die Garantie wirksamen Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG (dazu 1.). Ob sie darüber hinaus auch den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzen, kann offen bleiben (dazu 2.). Damit wird der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Anhörungsrüge gegenstandslos.

24

1. Das Verwaltungsgericht hat durch die Ablehnung des Antrags des Beschwerdeführers auf Fortsetzung des Verfahrens gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verstoßen; das Oberverwaltungsgericht durfte die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht bestätigen.

25

a) aa) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet den Rechtsweg im Rahmen der jeweiligen einfachgesetzlichen Prozessordnungen. Der Weg zu den Gerichten, insbesondere auch zur inhaltlichen Überprüfung einer Verwaltungsentscheidung, darf von der Erfüllung und dem Fortbestand bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht werden (vgl. BVerfGE 9, 194 <199 f.>; 10, 264 <267 f.>; 27, 297 <310>; 35, 65 <72 f.>). Die dem Gesetzgeber obliegende normative Ausgestaltung des Rechtswegs muss aber das Ziel dieser Rechtsgewährleistung, nämlich den wirkungsvollen Rechtsschutz, auch tatsächlich verfolgen und ermöglichen (vgl. BVerfGE 110, 77 <85>). Sie muss im Hinblick darauf geeignet und angemessen sowie für den Rechtsuchenden zumutbar sein (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>). Der Zugang zu den Gerichten und zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 78, 88 <99>; 110, 77 <85>; stRspr). Dieser Grundsatz gilt auch innerhalb des jeweils eingeleiteten Verfahrens selbst, soweit es darum geht, sich dort effektiv Gehör verschaffen zu können, und nicht nur für die Eröffnung des Zugangs zum Gericht selbst (BVerfGE 81, 123 <129>). Der gerichtlichen Durchsetzung des materiellen Anspruchs dürfen auch hier nicht unangemessen hohe verfahrensrechtliche Hindernisse in den Weg gelegt werden (BVerfGE 53, 115 <127 f.>).

26

bb) Im Einklang mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG setzt jede an einen Antrag gebundene gerichtliche Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis voraus (vgl. BVerfGE 61, 126 <135>; 96, 27 <39 f.>; 110, 77 <85>). Nur derjenige, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, hat einen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung; fehlt es daran, so ist das prozessuale Begehren als unzulässig abzuweisen.

27

Das erforderliche Rechtsschutzinteresse kann im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens entfallen. Vom Wegfall eines ursprünglich gegebenen Rechtsschutzinteresses kann ein Gericht im Einzelfall auch dann ausgehen, wenn das Verhalten eines rechtsschutzsuchenden Verfahrensbeteiligten Anlass zu der Annahme bietet, dass ihm an einer Sachentscheidung mangels Sachbescheidungsinteresses nicht mehr gelegen ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Oktober 1998 - 2 BvR 2662/95 -, juris Rn. 17).

28

cc) Eine Regelung über eine Verfahrensbeendigung wegen unterstellten Wegfalls des Rechtsschutzinteresses ist grundsätzlich von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 1993 - 2 BvR 1972/92 -, NVwZ 1994, S. 62 <63>). Allerdings führt die Rücknahmefiktion des § 92 Abs. 2 VwGO zur Beendigung des Rechtsschutzverfahrens mit möglicherweise irreversiblen Folgen, insbesondere wenn behördliche Ausgangsentscheidungen dadurch in Bestandskraft erwachsen, ohne dass der Kläger dies durch ausdrückliche Erklärung in bewusster Entscheidung herbeigeführt hätte. Die Handhabung eines solch scharfen prozessualen Instruments muss daher im Lichte der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unter strikter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben erfolgen, verstanden als Ausnahme von dem Grundsatz, dass ein Kläger oder Antragsteller das von ihm eingeleitete Verfahren auch durchführen will. Namentlich darf § 92 Abs. 2 VwGO nicht als Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten oder unkooperatives Verhalten eines Beteiligten gedeutet oder eingesetzt werden. Hierfür ist die Rücknahmefiktion nicht konzipiert. Sie soll vielmehr nur die Voraussetzungen für die Annahme eines weggefallenen Rechtsschutzinteresses festlegen und gesetzlich legitimieren (vgl. zu § 81 AsylVfG, auf den § 92 Abs. 2 VwGO zurückgeht [BTDrucks 13/3993, S. 12], BTDrucks 12/2062, S. 42: vereinfachte Beendigung eines Verfahrens, "an dessen Fortführung der Kläger erkennbar kein Interesse mehr hat"; ferner Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 92 Rn. 3 und 46 [Stand: Januar 2012], Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 92 Rn. 18).

29

Zwar gilt auch für die Rücknahmefiktion des § 92 Abs. 2 VwGO, dass nicht jede fehlerhafte Anwendung des einfachen Rechts einen Verfassungsverstoß darstellt. Angesichts der gravierenden, den Rechtsschutz jedenfalls im konkreten Verfahren ohne Sachprüfung abschneidenden Wirkung dieser Vorschrift gebietet Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG jedoch eine strenge Prüfung der fachgerichtlichen Auslegung und Anwendung des § 92 Abs. 2 VwGO durch das Bundesverfassungsgericht. Insbesondere hat es zu kontrollieren, ob die von den Verwaltungsgerichten mit Rücksicht auf die Rechtsschutzgarantie herausgearbeiteten Anforderungen an eine zulässige Betreibensaufforderung nach § 92 Abs. 2 Satz 1 und 3 VwGO gewahrt und die Voraussetzungen für die Annahme eines Nichtbetreibens nicht verfehlt, insbesondere der Vorschrift hierbei keine falsche Zielrichtung gegeben wurden. Hiernach müssen zum einen zum Zeitpunkt der Betreibensaufforderung sachlich begründete Anhaltspunkte vorliegen, die den späteren Eintritt der Fiktion als gerechtfertigt erscheinen lassen. Solche Anhaltspunkte sind insbesondere dann gegeben, wenn der Kläger seine prozessualen Mitwirkungspflichten nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2000 - BVerwG 8 B 119.00 -, NVwZ 2000, S. 1297 <1298>; Beschluss vom 12. April 2001 - BVerwG 8 B 2.01 -, NVwZ 2001, S. 918; Beschluss vom 7. Juli 2005 - BVerwG 10 BN 1.05 -, juris Rn. 4). Zum anderen hat ein Kläger das Verfahren nur dann nicht mehr im Sinne von § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO betrieben, wenn er innerhalb der Zwei-Monatsfrist nicht substantiiert dargetan hat, dass und warum das Rechtsschutzbedürfnis trotz des Zweifels an seinem Fortbestehen, aus dem sich die Betreibensaufforderung ergeben hat, nicht entfallen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2005 - BVerwG 10 BN 1.05 -, juris Rn. 7).

30

b) Hieran gemessen ist die Auffassung der Ausgangsgerichte, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer Betreibensaufforderung gemäß § 92 Abs. 2 VwGO im Januar 2009 vorlagen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

31

Im Schriftsatz vom 16. Juni 2008 führt der damalige Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers aus, dessen Vater sei bei der seinerzeitigen Abmarkung anwesend gewesen und habe mit eigenen Augen gesehen, wie Mitarbeiter des Vermessungsingenieurs hinsichtlich des strittigen Grenzpunkts einen Aushub von circa 1 Meter vorgenommen, dort eine Flasche hineingelegt und diese zerstoßen hätten. Die Scherben der damals zerstoßenen Flasche würden sich an Ort und Stelle finden lassen.

32

In seiner Erwiderung vom 3. Juli 2008 hierauf trägt der Beklagte im Wesentlichen vor, ein Zerstoßen der Flasche sei in der Niederschrift von 1992 nicht vermerkt und wäre aus fachlicher Hinsicht auch nicht nachvollziehbar. Im August 2007 sei in Anwesenheit des Beschwerdeführers der Granitgrenzstein freigelegt worden; eine Flasche als Unterlage sei nicht vorgefunden worden. Hiervon hätten sich die Beteiligten vor Ort durch Betrachtung des Loches überzeugen können. Es müsse davon ausgegangen werden, dass dieser Granitgrenzstein nicht identisch sei mit dem 1992 verhandelten Grenzpunkt.

33

Angesichts dessen, dass der Beklagte auch unter Hinweis auf einen Ortstermin, an dem der Beschwerdeführer selbst teilnahm, die Richtigkeit einer zentralen Behauptung im Vorbringen des Beschwerdeführers in Frage stellte, lag es nahe, dass der Beschwerdeführer sich zu den Ausführungen des Beklagten äußerte. Dass er sich hierzu trotz entsprechender Bitte des Verwaltungsgerichts vom 8. Juli 2008 und zweimaliger Erinnerung (vom 20. Oktober und 21. November 2008) hieran nicht veranlasst sah, durfte das Verwaltungsgericht zum Anlass nehmen, am Fortbestand des Rechtsschutzinteresses des Beschwerdeführers ernsthaft zu zweifeln.

34

c) Nicht mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar ist hingegen die Annahme, der Beschwerdeführer habe das Verfahren entgegen der darauf ergangenen Aufforderung des Verwaltungsgerichts nicht betrieben. Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht haben damit ein unangemessen hohes Hindernis bei der gerichtlichen Verfolgung des geltend gemachten Anspruchs errichtet.

35

Die Ausgangsgerichte haben sich bei ihren Ausführungen nicht vom Zweck des § 92 Abs. 2 VwGO leiten lassen. Dieser besteht nicht darin, den Kläger zu einer Substantiierung seines Klagebegehrens anzuhalten, sondern in der Klärung der aufgekommenen Zweifel am Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 1993 - 2 BvR 1972/92 -, NVwZ 1994, S. 62 <63>).

36

Dass der Beschwerdeführer an der Verfolgung seines Rechtsschutzziels festhalten wollte, ergibt sich eindeutig aus seinem Schriftsatz vom 16. März 2009. Die Motivation des Beschwerdeführers hierfür liegt auch auf der Hand, geht es ihm im Ausgangsverfahren doch um die Klärung der Größe seines Grundstücks, die nach den Feststellungen des Beklagten um circa 1.900 Quadratmeter kleiner sein soll als von ihm angenommen.

37

Der Beschwerdeführer war angesichts der Umstände des Falles nicht verpflichtet, über den Hinweis, dass er an seiner Klage festhalte, hinausgehende Ausführungen zu machen, um den Eintritt der Rücknahmefiktion zu verhindern. Der Beschwerdeführer hatte seine Klage bereits begründet und zum Beweis der von ihm vorgebrachten Tatsachenbehauptungen seinen Vater und den im Jahr 1992 tätig gewordenen Vermessungsingenieur als Zeugen angeboten. Der Beklagte hatte die Richtigkeit der tatsächlichen Behauptungen bestritten. In einer solchen Situation ist es Aufgabe des - im Übrigen zur Amtsermittlung verpflichteten - Verwaltungsgerichts, den Sachverhalt, soweit es ihn für entscheidungserheblich hält, durch eine Beweisaufnahme aufzuklären und danach zu entscheiden. Der Weg, aufgrund einer vorweggenommenen Beweiswürdigung auf einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers zu schließen und auf diese Weise das Verfahren ohne mündlichen Verhandlung und gegebenenfalls ohne Beweisaufnahme zu beendigen, ist dem Gericht hingegen verwehrt.

38

d) Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf dem festgestellten Verfassungsverstoß. Da die Verwaltungsgerichte bisher noch nicht in der Sache entschieden und auch den Sachverhalt, soweit entscheidungserheblich, nicht aufgeklärt haben, ist nicht erkennbar, dass die Entscheidung in der Sache mit Sicherheit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausfällt.

39

e) Das Urteil des Verwaltungsgerichts und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 1. Juni 2011 sind aufzuheben; der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 20. Juli 2011 wird dadurch gegenstandslos. Die Sache ist an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

40

2. Da das Verwaltungsgericht aus verfassungsrechtlichen Gründen gehindert war, den Eintritt der Erledigungsfiktion anzunehmen, kommt es auf die Frage, ob die Ausgangsgerichte bei ihren Entscheidungen auch den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt haben, nicht mehr an.

41

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung ergibt sich aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts erfolgt nach § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

42

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.