Der Kläger wendet sich gegen seine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht Bayern 2012.
Der Kläger ist ein Ende 2006 gegründeter, eingetragener Verein, dessen Zweck laut Satzung die Förderung des Umwelt-, Tier- und Heimatschutzes ist. Er ist seit 2007 Herausgeber der vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift „… … … … … …“.
Unter dem Abschnitt „Rechtsextremistische Parteien, Vereinigungen und Verlage“, Unterabschnitt „Sonstige rechtsextremistische Organisationen“ wird auf S. 93 des Verfassungsschutzberichts Bayern 2012 ausgeführt:
„… e.V.
Der rechtsextremistische Verein … e.V. wurde im Jahr 2006 gegründet und hat seinen Sitz in … Unter dem Deckmantel des Umwelt- und Naturschutzes verbreitet er rechtsextremistisches Gedankengut. Dem Vorstand des Vereins gehören überwiegend Rechtsextremisten an, die zum Teil in der NPD aktiv waren oder sind.
Die von … e.V. herausgegebene Publikation „… …“ verbindet ökologische Themen mit typischen rechtsextremistischen Argumentationsmustern wie Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Diffamierung des politischen Systems oder der Forderung nach einer Volksgemeinschaft.“
Mit Schreiben vom … Dezember 2013 forderte der Kläger das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (im Folgenden: StMI) unter Fristsetzung auf, die den Kläger betreffende Passage des Verfassungsschutzberichts zu entfernen und die ungeschwärzte Weitergabe des Berichts einzustellen. Dieses Begehren wies das StMI mit Schreiben vom 10. Januar 2014 zurück.
Am ... März 2014 ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht München erheben. Er hat zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, den von ihm herausgegebenen Verfassungsschutzbericht 2012 für Dritte unzugänglich zu halten, wenn er nicht zuvor folgende Stelle unkenntlich macht: auf S. 93 die Überschrift „… e.V.“ sowie den vorletzten und letzten Absatz vollständig.
Zur Klagebegründung wurde zunächst vorgetragen, es sei nicht erkennbar, dass in der Zeitschrift „… …“ auf eine Beseitigung der bestehenden Staatsordnung hingearbeitet werde. Aus der unterstellten Nähe einzelner Vorstandsmitglieder des Klägers zur NPD könne nicht die Verfassungsfeindlichkeit des Klägers und der von ihm publizierten Zeitschrift gefolgert werden. Für einen unbefangenen Außenstehenden entstehe bei der Lektüre des Verfassungsschutzberichts der Eindruck, es würde sich in Bezug auf den Kläger und seine Zeitschrift um einen Fall der erwiesenen Verfassungsfeindlichkeit handeln.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat ausgeführt, es könne dahinstehen, ob sich der Kläger auf die Pressefreiheit berufen könne. Dies erscheine insoweit fraglich, als es im Impressum der Zeitschrift ausdrücklich heiße, die Zeitschrift sei keine Veröffentlichung im Sinne des Pressegesetzes, sondern ein Rundbrief an Mitglieder und Freunde. Unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Publikation sei festzustellen, dass eine Grundrechtsverletzung nicht vorliege. Die Berichterstattung über den Kläger und dessen Publikation sei aufgrund des Vorliegens einer Vielzahl tatsächlicher Anhaltspunkte für die Verfassungsfeindlichkeit des Klägers sowohl dem Grunde nach zulässig als auch in ihrer konkreten Ausgestaltung rechtmäßig und entspreche den verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Die tatsächlichen Anhaltspunkte ergäben sich bereits aus dem Selbstverständnis und der Selbstdarstellung des Klägers und seiner Zeitschrift. Auch die Namensgebung sowie das Logo würden Anhaltspunkte für eine rechtsextremistische Prägung bieten. Die Berufung auf die nordische/germanische Mythologie in Sprache und Symbolik sei in der zeitgenössischen rechtsextremistischen Szene weit verbreitet. Entsprechende Rückschlüsse würden sich weiter aus der Zusammensetzung des Vereinsvorstands ziehen lassen, der sich im Wesentlichen aus Rechtsextremisten mit Verbindungen zur NPD und zur neonazistischen Szene zusammensetze. Auch die Verbreitung und Akzeptanz in der rechtsextremistischen Szene, vor allem aber die Inhalte der Zeitschrift „… …“ würden die verfassungsfeindliche Ausrichtung des Klägers und des von ihm herausgegebenen Magazins belegen. Die Zeitschrift sei konstant und auffällig von Beiträgen durchsetzt, in denen die Verfasser für politische Standpunkte werben oder Forderungen erheben, die mit grundlegenden Prinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht in Einklang stünden. „… …“ befasse sich nur vordergründig mit ökologischen Themen. In einer Gesamtschau der ausgewählten Themen und ihrer Darstellungsweise werde erkennbar, dass Umwelt-, Natur- und Tierschutz uminterpretiert werde zum „Heimatschutz“, der in den Kontext der völkischen Bewegung gestellt werde. So definiere das Magazin etwa den Begriff „Heimat“ als einen Lebensraum mit einer angestammten homogenen Volksgemeinschaft, die es gegen Fremdeinflüsse zu verteidigen gelte. Die Wahl eines für die Sprache des Nationalsozialismus typischen Duktus wie auch von Begriffen aus der NS-Zeit („Endlösung“, „Blut und Boden“) sowie die Hervorhebung der germanischen Kultur würden die rechtsextremistische Ausrichtung des Magazins erkennen lassen. In zahlreichen Beiträgen zeige sich die grundlegende Ablehnung der Globalisierung. Diese werde als Bedrohung für das deutsche Volk und die deutsche Kultur dargestellt. Zur Lösung der mit der Globalisierung einhergehenden politischen und wirtschaftlichen Probleme werde in typisch rechtsextremistischer Diktion die Volksgemeinschaft gefordert. Der Rassengedanke der NS-Zeit komme in unterschiedlicher Deutlichkeit und in unterschiedlichen thematischen Einbettungen immer wieder zum Ausdruck. Die stetige Betonung des germanischen Heidentums als die einzig richtige und in Einklang mit der Natur stehende Religion zeuge von einer offensichtlichen antireligiösen Grundeinstellung und Agitationszielrichtung der Redaktionsmitglieder. Daraus folgend werde gegen das Christentum, gegen Juden und den Islam opponiert. Einen besonderen Stellenwert in der Themenauswahl nehme auch die Ablehnung des Schächtens als grausames und brutales Ritual ein. Mit diesem Thema propagiere das Magazin unterschwellig antisemitische und antimuslimische Kritik. Nicht ausschließlich, aber schwerpuntkmäßig in Artikeln, die das Schächten zum Gegenstand hätten, erfolge auch eine Diffamierung des Staates, seiner Institutionen und Repräsentanten.
Die Berichterstattung genüge den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. In der Rechtsprechung sei wiederholt entschieden worden, dass konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme von Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des Art. 3 Abs. 1 BayVSG vorliegen müssten, um im Verfassungsschutzbericht eine Bewertung bestimmter Organisationen als verfassungsfeindlich zu rechtfertigen. Nicht ausreichend hierfür sei dagegen ein möglicher, nicht durch belegbare Tatsachen gestützter „bloßer Verdacht“. Bei der hier in Rede stehenden Passage im Verfassungsschutzbericht 2012 handle es sich aber nicht um eine bloße Verdachtsberichterstattung. Vielmehr seien die über den Kläger und dessen Publikation getroffenen Aussagen in tatsächlicher Hinsicht zutreffend. Auch die getroffene Bewertung sei aufgrund der dargelegten konkreten Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung nicht zu beanstanden.
Die Klagepartei hat zu dem Vorbringen des Beklagten ausführlich Stellung genommen. Die Verknüpfung von Natur und Kultur sei keine Erfindung des Klägers oder des historischen Nationalsozialismus. Das germanische Erbe werde als Bestandteil unserer Kultur gewürdigt. Aus der bloßen Parteimitgliedschaft bei der NPD könne keine verfassungsfeindliche Gesinnung der Autoren oder Vereinsvorstandsmitglieder gefolgert werden, zumal sich verfassungsfeindliche Bestrebungen aus dem Druckerzeugnis selbst ergeben müssten. Unzutreffend sei, dass die Zeitschrift ausschließlich im rechtsextremistischen Spektrum etabliert sei. Die Zeitschrift enthalte unzählige Beiträge bzw. Interviews mit Personen ohne Verbindungen zum Rechtsextremismus. Das Zusammenspiel zwischen Natur, Heimat und Kultur sei keiner ideologisch motivierten Interpretation des Klägers geschuldet, sondern der evolutionsgeschichtlichen und kulturanthropologischen Erkenntnis, dass die Entwicklung spezifischer Kulturen von dem Lebensraum ihrer Träger abhängig sei. Inwiefern Globalisierungskritik oder Antiamerikanismus Ausdruck einer rechtsextremistischen Gesinnung sein sollen, entziehe sich der Kenntnis des Klägers. Wenig überzeugend seien die Belege, die der Beklagte für die angeblich verwendete NS-Terminologie anführe. Ferner werde bestritten, dass Artikel zum betäubungslosen Schächten von Tieren zum Anlass genommen würden, um gegen Juden und Muslime zu hetzen. Die Tätigkeit des Klägers beschränke sich auf eine bloße Meinungsäußerung im Rahmen der Pressefreiheit. Die Gesamtbewertung durch den Beklagten beruhe auf einer selektiven Zusammenstellung von Beweismitteln und aus dem Kontext gerissener Zitate.
Hinsichtlich eines im Verfahren zunächst verfolgten weiteren Begehrens (Antrag Nr. 1 aus der Klageschrift) wurde die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
Ergänzend wird bezüglich des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Soweit die Klage zurückgenommen wurde, war das Verfahren gem. § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Im Übrigen ist die Klage zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
1. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Der Beklagte war daher zu verurteilen, den von ihm herausgegebenen Verfassungsschutzbericht 2012 für Dritte unzugänglich zu halten, wenn er nicht zuvor auf Seite 93 die Überschrift „… e.V.“ sowie den vorletzten und letzten Absatz vollständig unkenntlich macht.
Die Darstellung im Verfassungsschutzbericht 2012 greift in das Grundrecht der Pressefreiheit ein, auf das sich der Kläger berufen kann (1.1). Es besteht auch die Gefahr alsbaldiger, weiterer nicht zu duldender Störungen durch die Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts 2012 (1.2). Zwar liegen hier tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt (1.3). Dessen ungeachtet stellt sich die Art und Weise der Berichterstattung über den Kläger aber als mit den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht vereinbar dar. (1.4).
1.1 Die Geltendmachung des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs setzt voraus, dass ein rechtswidriger (schlicht-)hoheitlicher Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen droht. Die Grundrechte schützen den Grundrechtsträger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, so dass er, wenn ihm eine derartige Rechtsverletzung droht, gestützt auf das jeweilige Grundrecht Unterlassung verlangen kann (BVerwG, U.v. 21.5.2008 – 6 C 13.07 – juris Rn. 13).
Der Kläger ist vorliegend als Herausgeber der Zeitschrift „… …“ in seiner grundgesetzlich geschützten Rechtsposition aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG betroffen. Als juristische Person kann er sich gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auf die Pressefreiheit berufen. Die Pressefreiheit gehört nicht zu denjenigen Grundrechten, die ihrem Wesen nach nur natürlichen Personen zustehen können (BVerfG, B.v. 08.10.1996 – 1 BvR 1183/90 – juris Rn. 25). Als Presse sind alle zur Verbreitung an einen unbestimmten Personenkreis geeigneten und bestimmten Druckerzeugnisse einzustufen (Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 5 Rn. 34). Die Zeitschrift „… …“ erscheint vierteljährlich und kann von jedermann, z.B. durch Bestellung über das Internet, erworben werden und stellt daher ein solches Druckerzeugnis dar. Auch wenn in der Zeitschrift selbst darauf verwiesen wird, dass diese keine Veröffentlichung im Sinne des Pressegesetzes sei, vielmehr ein Rundbrief an Mitglieder und Freunde, unterfällt sie damit dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, da von einem weiten und formalen Pressebegriff auszugehen ist (vgl. BVerfG, B.v. 8.10.1996 – 1 BvR 1183/90 – juris Rn. 27).
Die Berichterstattung über den Kläger und die von ihm herausgegebene Zeitung im Verfassungsschutzbericht 2012 stellt sich auch als (rechtfertigungsbedürftiger) Grundrechtseingriff dar. Der Schutz der Pressefreiheit vor inhaltsbezogenen Einwirkungen betrifft nicht allein Eingriffe im traditionellen Sinn, sondern kann auch bei mittelbaren Einwirkungen auf die Presse ausgelöst werden, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen Eingriffen gleichkommen (BVerfG, B.v. 24.5.2005 – 1 BvR 1072/01 – juris Rn. 52). Das ist vorliegend der Fall.
Der Verfassungsschutzbericht ist kein beliebiges Erzeugnis staatlicher Öffentlichkeitsarbeit. Er zielt auf die Abwehr besonderer Gefahren und stammt von einer darauf spezialisierten und mit besonderen Befugnissen arbeitenden Stelle. Insofern geht eine Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht über die bloße Teilhabe staatlicher Funktionsträger an der öffentlichen Meinungsbildung hinaus (BVerwG, U.v. 21.5.2008 – 6 C 13/07 – juris Rn. 15). Die Ausführungen im Verfassungsschutzbericht haben den Charakter einer Warnung vor dem Kläger und der von ihm herausgegebenen Zeitschrift. Der Kläger wird durch die Erwähnung in dem Verfassungsschutzbericht zwar nicht daran gehindert, die Zeitung weiter herzustellen und zu vertreiben. Seine Wirkungsmöglichkeiten werden jedoch durch den Verfassungsschutzbericht nachteilig beeinflusst. Potenzielle Leser können davon abgehalten werden, die Zeitung zu erwerben und zu lesen, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass etwa Inserenten, Journalisten oder Leserbriefschreiber die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht zum Anlass nehmen, sich von der Zeitung abzuwenden oder sie zu boykottieren. Diese Beeinträchtigungen sind in ihren Wirkungen einem Eingriff vergleichbar.
1.2 Voraussetzung für die Begründetheit einer Klage, mit der ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht wird, ist weiter, dass eine künftige Beeinträchtigung des in Frage stehenden Rechts droht. Dies erfordert eine auf Tatsachen gestützte objektive ernstliche Gefahr alsbaldiger weiterer, nicht zu duldender Störungen. Eine solche Wiederholungsgefahr ist hier gegeben, da inzwischen zwar die Berichte 2013 und 2014 erschienen sind, der Bericht 2012 aber weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich ist.
1.3. Entgegen der Auffassung des Klägers liegen allerdings tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen nach Art. 3 Abs. 1 BayVSG vor mit der Folge, dass eine Berichterstattung über den Kläger im Grundsatz zulässig gewesen wäre.
1.3.1 Gemäß Art. 15 Satz 1 BayVSG unterrichten das StMI und das Landesamt für Verfassungsschutz die Öffentlichkeit über tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 BayVSG. Diese Berichtspflicht bezieht sich u.a. (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayVSG) auf Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung (vgl. hierzu die Definition in Art. 1 Abs. 2 BayVSG) gerichtet sind.
Der Begriff „Bestrebungen“ selbst ist im BayVSG nicht definiert. Wegen des identischen Wortlauts kann jedoch auf die Legaldefinition in § 4 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG zurückgegriffen werden. Danach sind darunter politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG) zu verstehen. Bestrebungen in diesem Sinne erfordern damit ein aktives, jedoch nicht notwendig kämpferisch-aggressives Vorgehen. Diese Aktivitäten bzw. Handlungen müssen auch eine gewisse Zielstrebigkeit aufweisen, also auf die Durchsetzung eines Ziels ausgerichtet sein. Schließlich müssen die betreffenden Bestrebungen politisch bestimmt und damit objektiv geeignet sein, über kurz oder lang politische Wirkungen zu entfalten. Erfasst sind damit (nur) Verhaltensweisen, die über rein politische Meinungen hinausgehen und auf die Durchsetzung eines solchen Ziels gerichtet sind. Die bloße Kritik an Verfassungswerten ist nicht als Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzuschätzen, wohl aber darüber hinausgehende Aktivitäten zu deren Beseitigung (BVerfG, B.v. 24.5.2005 – 1 BvR 1072/01 – juris Rn. 70). Die Aktivitäten müssen auf die Beeinträchtigung eines der vom Gesetz geschützten Rechtsgüter abzielen und somit maßgeblicher Zweck der Bestrebung sein (BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C 22.09 – juris Rn. 59 f.).
1.3.2 Nach diesen Maßgaben ist davon auszugehen, dass bezüglich des Klägers tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieser Bestrebungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayVSG verfolgt.
Die vom Kläger herausgegebene Zeitschrift vertritt eine Vielzahl von Positionen, die erkennbar Bezug haben zu Ideologieelementen bzw. Stereotypen des traditionellen Rechtsextremismus, wobei allerdings im Wesentlichen nicht unmittelbar politische Forderungen erhoben werden, die im Hinblick auf Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen von Relevanz sein könnten, sondern der „weltanschauliche Überbau“ im Vordergrund steht, wie sich etwa an den immer wiederkehrenden Beiträgen zur nordisch-germanischen Mythologie, der Betonung der Volksgemeinschaft oder etwa der Propagierung eines (Neu-)Heidentums zeigt. Teilweise ist auch ein für die Sprache des Nationalsozialismus typischer Duktus festzustellen (vgl. etwa Ausgabe 2/2007, S. 16 „Endlösung“ in Bezug auf die Kontrolle der Weltnahrungsmittel; Ausgabe 4/2009, S. 26 „durchrasste Gesellschaft“; siehe weiter die in verschiedenen Ausgaben – u.a. 1/2007, S. 22 und 3/2007, S. 23 – abgedruckten „alten Tischsprüche“, die überwiegend deutschnational konnotiert sind, zum Teil aber auch an die Blut-und-Boden-Ideologie der NS-Zeit erinnern). Durchgängig finden sich in der Zeitschrift des Weiteren Beiträge, in denen Globalisierungskritik meist mit antiamerikanischem Unterton geübt wird (vgl. etwa Ausgabe 2/2007, S. 15; Ausgabe 1/2008 S. 25; Ausgabe 2/2010, S. 3). Globalisierungskritik und Antiamerikanismus sind freilich nicht auf die rechte Szene beschränkt; es gibt auch eine linke Globalisierungskritik und einen linken Antiamerikanismus und diese Haltungen können auch nicht ohne weiteres als extremistisch bzw. verfassungsfeindlich bezeichnet werden (Entsprechendes gilt isoliert betrachtet auch für die oben angeführten Ideologeme wie die Betonung der nordisch-germanischen Mythologie oder der Volksgemeinschaft). Vorliegend ist aber von Belang, dass es sich dabei um Themen handelt, die auch von rechtsextremistischen Gruppierungen besetzt werden, weshalb dieser Aspekt für die Gesamtbewertung durchaus von Relevanz ist. Weiter enthält die Zeitschrift Beiträge, in denen, was an sich gleichfalls für die Beurteilung der Frage nach dem Vorliegen von Anhaltspunkten für verfassungsfeindliche Bestrebungen irrelevant ist, Religionskritik am Christentum, vor allem aber am Judentum und am Islam geübt wird, wobei insbesondere im Rahmen der Behandlung des Themas „Schächten“ mitunter eine spezifisch antisemitische bzw. antimuslimische Zielrichtung durchscheint, die Beiträge also so verstanden werden können, dass mit der Religionskritik eine diffamierende Haltung gegenüber Anhängern der betreffenden Religionen einhergeht (vgl. etwa Ausgabe 1/2007, S. 16 und 19, Ausgabe 4/2007, S. 21 und Ausgabe 4/2009, S. 26).
Zu beachten ist allerdings auch, dass in der Zeitschrift nicht durchgängig spezifisch „rechte“ Themen behandelt werden, vielmehr auch eine Vielzahl von Artikeln sich ohne erkennbar ideologische Zielrichtung mit Fragen des Umwelt-, Natur- und Tierschutzes beschäftigen.
Und schließlich ist hier auch darauf hinzuweisen, was für die Beurteilung von erheblicher Bedeutung ist, dass in der Zeitschrift keine offen verfassungsfeindlichen Positionen vertreten werden und die Mehrzahl der ideologisch geprägten Beiträge jedenfalls der äußeren Form nach, ungeachtet der mitunter drastischen Polemik, sich auf die Äußerung von Meinungen und Kritik beschränkt.
Letzteres mag taktischen Erwägungen geschuldet sein, was aber keineswegs feststeht. Daher erscheint es zumindest fraglich, ob der Umstand, dass in der Zeitschrift auch Positionen des weltanschaulichen Rechtsextremismus vertreten werden, für sich alleine bereits die Annahme tatsächlicher Anhaltspunkte für die Verfolgung verfassungsfeindlicher Bestrebungen durch den Kläger rechtfertigen würde. Entscheidend ist darauf abzustellen, ob entsprechend den oben ausgeführten Grundsätzen sich hieraus in Verbindung mit weiteren Umständen Anhaltspunkte hierfür ergeben, dass also die Verlautbarungen des Klägers durch die Zeitschrift über die bloße Meinungskundgabe hinaus in der Absicht erfolgen, über kurz oder lang politische Wirkungen zu entfalten, mit der Zeitschrift folglich auch das Ziel verfolgt wird, für rechtsextreme Positionen zu werben und mittelbar dazu beigetragen werden soll, die Aktivitäten rechtsextremistischer Vereinigungen zu befördern. Da die ideologische Ausrichtung der Zeitschrift eine Nähe zu Positionen des parteimäßig organisierten Rechtsextremismus, insbesondere der NPD, aufweist und des Weiteren einzelne Mitglieder der Redaktion NPD-Mitglieder waren oder sind, die Zeitschrift darüber hinaus in rechtsextremistischen Kreisen verbreitet ist, kann dies bejaht werden. Allerdings fehlt es an hinreichend verlässlichen Feststellungen dazu, mit denen sich eine solche Absicht, die vom Kläger nachhaltig bestritten wird, beweiskräftig belegen ließe. Der Sachverhalt stellt sich also zur Überzeugung der Kammer so dar, dass zwar nicht erwiesen ist, dass der Kläger verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt, aber doch tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die dies im Sinne eines Verdachts vermuten lassen.
1.4 Auch wenn danach vom Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayVSG auszugehen ist, so stellt sich die Art und Weise der Berichterstattung im Verfassungsschutzbericht 2012 über den Kläger zur Überzeugung der Kammer gleichwohl als nicht zulässig dar, weil mit ihr im Ergebnis der Eindruck erweckt wird, es sei erwiesen, dass der Kläger solche Ziele verfolge. Die Kammer hält insoweit – was die Zulässigkeit einer Berichterstattung in sog. Verdachtsfällen angeht – nach neuerlicher Überprüfung an ihrer im Urteil vom 16. Oktober 2014 – M 22 K 14.1743 – dargelegten Rechtsauffassung fest und folgt diesbezüglich nicht der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Urteil vom 22. Oktober 2015 – 10 B 15.1320 – (juris) vertretenen Rechtsauffassung (vgl. hierzu weiter auch BayVGH, U.v. 22.10.2015 – 10 B 15.1609 – juris).
1.4.1 Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt in der genannten Entscheidung aus, das Bayerische Verfassungsschutzgesetz kenne keine sog. „Verdachtsberichterstattung“. Die unterschiedlichen Kategorien der Unterrichtung der Öffentlichkeit im Verfassungsschutzbericht, die das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe, nämlich die Unterrichtung über „tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen“ und die Unterrichtung über „feststehende verfassungsfeindliche Bestrebungen“ seien in Art. 15 Satz 1 BayVSG nicht vorgesehen (Rn. 35).
Die Terminologie, die das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe, basiere auf der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 2005 (1 BvR 1072/01 – juris), der § 15 Abs. 2 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen (VSG NRW) zugrunde gelegen habe. Aufgrund dieser gesetzlichen Regelung, die sich von Art. 15 Satz 1 BayVSG allerdings durch den Einschub bzw. Zusatz „den Verdacht solcher“ unterscheide, sei das Bundesverfassungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass dann, wenn die Verfassungsschutzbehörde nur von tatsächlichen Anhaltspunkten für einen Verdacht von Bestrebungen ausgegangen sei, sie die betreffende Gruppierung nicht auf die gleiche Stufe stellen dürfe wie eine Gruppierung, für die sie verfassungsfeindliche Bestrebungen festgestellt habe. Eine Aussage dahingehend, wo die Schwelle der Berichterstattung über Bestrebungen einer Gruppierung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung liege, sei damit aber nicht getroffen. Das Bayerische Verfassungsschutzgesetz bezeichne seinem Wortlaut nach eindeutig bereits das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung als Berichtsgegenstand (Rn. 36).
Schließlich wird in der Entscheidung ausgeführt, dass dann, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorlägen, bei der Berichterstattung die Verpflichtung bestehe, unterschiedlich dichte und belastbare Erkenntnislagen in der Darstellung hinreichend deutlich zu machen (LT-Drs. 15/10313, S. 27 unter Verweis auf BVerfG, B.v. 24.5.2005 a.a.O. Rn. 89). Die Praxis des Beklagten, wonach eine Berichterstattung im Verfassungschutzbericht nur erfolge, wenn sich über einen längeren Zeitraum die Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen so verdichtet hätten, dass eine Annahme solcher Bestrebungen gerechtfertigt sei, stehe im Einklang mit der dargelegten Auslegung des Art. 15 Satz 1 BayVSG. Diese Bestimmung differenziere nicht zwischen einer sogenannten „Verdachtsberichterstattung“ und einer Berichterstattung über feststehende Bestrebungen. Eine dahingehende Unterscheidung müsse daher in der Art und Weise der Berichterstattung nicht getroffen werden. Allerdings stelle sich die Berichterstattung dann als unverhältnismäßig dar, wenn nur vereinzelte oder wenig belastbare Erkenntnisse über verfassungsfeindliche Bestrebungen vorlägen (Rn. 97).
1.4.2 Dazu ist aus Sicht der Kammer Folgendes zu bemerken:
Was zunächst den Begriff der „Verdachtsberichterstattung“ angeht, so wird dieser in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein dahingehend verstanden, dass damit Fälle gemeint sind, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen vorliegen, solche Bestrebungen aber noch nicht sicher festgestellt werden können, wobei für eine Berichterstattung, soweit diese nach den einschlägigen Regelungen im Grundsatz zulässig ist, weiter verlangt wird, dass konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als Tatsachenbasis vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung auf das Vorliegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen hindeuten (vgl. BVerwG, U.v. 26.6.2013 – 6 C 4/12 – juris, Leitsatz 1 und Rn. 12; Roth in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, BVerfSchG, §§ 3,4 Rn. 100 f. m.w.N.; Gusy, NVwZ 2014, 236 f.). Der Begriff bezieht sich damit nicht auf Fälle, bei denen es an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten fehlt, also den im Wesentlichen auf Vermutungen gestützten sog. bloßen Verdacht.
Von der hiermit angesprochenen Unterscheidung von Beobachtungsobjekten danach, ob die Bestrebungen erwiesen sind oder diesbezüglich lediglich tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen (Verdachtsfälle), ist ersichtlich auch der Gesetzgeber bei der Änderung des Art. 15 BayVSG (Einfügen der Worte „tatsächliche Anhaltspunkte für“ in Satz 1) mit dem Gesetz zur Änderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes, des Ausführungsgesetzes Art. 10-Gesetz und des Parlamentarischen Kontrollgremium-Gesetzes vom 8. Juli 2008 (GVBl. S. 357) ausgegangen, wird in der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/10313 S. 26/27) doch ausgeführt, mit der Regelung solle klargestellt werden, dass eine Berichterstattung nicht erst bei sicherem Vorliegen von Bestrebungen, sondern bereits bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte zulässig sei.
Die Feststellung in der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass das Bayerische Verfassungsschutzgesetz keine sog. Verdachtsberichterstattung kenne, ist für die Kammer vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar.
Ein Dissens in Sache besteht insoweit allerdings nicht, soweit bezüglich der Anforderungen an das „Ob“ einer Berichterstattung darauf abgestellt wird, dass hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen vorliegen müssen. Hiervon geht auch die Kammer aus, nach deren Verständnis es sich dabei freilich um eine Verdachtsberichterstattung handelt, wenn die Feststellungen zum Tatsächlichen hinter dem Beweismaß für einen Vollbeweis zurückbleiben.
Unterschiedliche Auffassungen bestehen aber hinsichtlich des „Wie“ der Berichterstattung, insbesondere im Hinblick auf die mit der Darstellung im Bericht verbundenen Wertungen, wenn das Vorliegen von Bestrebungen nicht erwiesen ist, jedoch tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die eine Berichterstattung rechtfertigen. Die Kammer versteht dabei die Ausführungen im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Oktober 2015 (dort insbesondere Rn. 97) – worauf hier zur Klarstellung nochmals hingewiesen sei – dahin, dass, weil zwischen Verdachtsfällen und Fällen erwiesener verfassungsfeindlicher Bestrebungen nicht unterschieden werden müsse, damit auch in Verdachtsfällen, wenn also die verfassungsfeindlichen Bestrebungen nach den allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts nicht erwiesen sind, aber doch hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen, eine Berichterstattung zulässig sein soll, die, weil die Wertungen in der Berichterstattung ohne Hinweis auf die Erkenntnislage erfolgen dürfen, geeignet sein kann, beim Leser den Eindruck zu erwecken, die entsprechenden Bestrebungen seien erwiesen, dies jedenfalls dann, wenn die Wertung auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen plausibel erscheint.
Der Auffassung, dass Art. 15 Satz 1 BayVSG eine Auslegung in diesem Sinne ermöglicht, vermag die Kammer aber nicht zu folgen. Dem Wortlaut der Bestimmung, der sich nicht ausdrücklich zum „Wie“ der Berichterstattung in Bezug auf Wertungen verhält, lässt sich hierfür nichts entnehmen. Die Gesetzesformulierung legt bei systematischer Auslegung im Übrigen eher die gegenteilige Auslegung nahe, denn wenn über tatsächliche Anhaltspunkte zu berichten ist, drängt sich die Annahme auf, dass die wertenden Aussagen in der Berichterstattung mit der Erkenntnislage konform gehen müssen bzw., wenn in Verdachtsfällen weitergehende Wertungen zulässig sein sollen, dies in der gesetzlichen Regelung ausdrücklich hätte zum Ausdruck gebracht werden müssen. Auch der Begründung zum Änderungsgesetz vom 8. Juli 2008 lassen sich keine Anhaltspunkte für diese Auslegung entnehmen. Wie bereits ausgeführt, sollte mit dieser lediglich klargestellt werden, dass eine Berichterstattung auch schon im Vorfeld erwiesener Bestrebungen zulässig ist.
Gegen eine solche Auslegung spricht aber vor allem, dass diese mit den Vorgaben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht in Einklang zu bringen ist. Die Kammer hält, was diese Frage angeht, die Ausführungen im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 2005 – 1 BvR 1072/01 – ungeachtet des Umstands, dass in § 3 Abs. 1 VSG NRW vom „Verdacht solcher Bestrebungen“ gesprochen wird – auf die bayerische Rechtslage für uneingeschränkt übertragbar (wovon wohl auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner früheren Rechtsprechung ausgegangen ist, vgl. B.v. 23.9.2010 – 10 CE 10.1830 – juris Rn. 24; siehe hierzu auch die Begründung zum Änderungsgesetz vom 8. Juli 2008 – LT Drs. 15/10313 S. 27 linke Spalte –, in der gleichfalls auf den Beschluss vom 24.5.2005 Bezug genommen wird, und zwar auf eine Passage – Rn. 89 –, die sich auf die Anforderungen hinsichtlich der Berichterstattung in Verdachtsfällen bezieht).
Hinzuweisen ist in diesen Zusammenhang zunächst darauf, dass das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die Erwähnung des „Verdachts solcher Bestrebungen“ im VSG NRW ein Normverständnis des Inhalts zugrunde gelegt hat (Rn. 67 f.), wonach damit die Zulässigkeit einer Berichterstattung erweitert wurde und hierfür bereits das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte ausreichen soll, wenn diese hinreichend gewichtig sind, um einen Verdacht zu begründen. Die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen, auf die sich die Prüfung des Gerichts bezog, ist folglich mit jener in Bayern vergleichbar, denn sowohl nach dem VSG NRW wie auch nach dem BayVSG ist eine Berichterstattung bereits bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte zulässig, wenn diese hinreichend gewichtig sind. Mit der Formulierung „Verdacht solcher Bestrebungen“ im VSG NRW wird ebenso wenig wie mit den Begriffen „Verdachtsberichterstattung“ oder „Verdachtsfall“ eine eigene Kategorie von Beobachtungs- bzw. Berichtsobjekten, die keine Entsprechung in Art. 15 BayVSG finde, angesprochen, sondern schlicht zum Ausdruck gebracht, dass aus dem Bereich der Gruppierungen, über die zulässigerweise berichtet werden darf – bei denen tatsächliche Anhaltspunkte mehr als einen sog. bloßen Verdacht begründen bis hin zu Fällen erwiesener Verfassungsfeindlichkeit – jene gemeint sind, bei denen nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass sie verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen.
Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nach Auffassung der Kammer mit hinreichender Deutlichkeit weiter entnehmen, dass das Gericht damit seine Rechtsprechung zur Zulässigkeit wertender Äußerungen durch staatliche Organe (vgl. etwa BVerfG, B.v. 29.10.1975 – 2 BvE 1/75 – juris), soweit es um die Darstellung in Verfassungsschutzberichten geht, wegen des Sanktionscharakters einer Aufnahme in den Bericht (vgl. Rn. 54) modifiziert hat und diesbezüglich nunmehr die Beachtung der Vorgaben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in den Vordergrund stellt, wobei die hier interessierenden Ausführungen (insbes. Rn. 65 – 68 und Rn. 77 – 79) ersichtlich nicht auf Besonderheiten des Falles abstellen, sondern es sich insoweit um grundsätzliche Aussagen zur Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Berichterstattung in Verdachtsfällen handelt (vgl. zum Ganzen auch ausführlich Murswiek in Informationsfreiheit und Informationsrecht, Jahrbuch 2009, S. 57 ff.).
Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt danach als wesentliche Anforderung an die Berichterstattung, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, das Vorliegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen aber nicht feststeht, dass die Maßnahme auf das zum Rechtsgüterschutz Erforderliche beschränkt wird, was bedeutet, dass in solchen Fällen die Berichterstattung nicht den Eindruck erwecken darf, dass die Gruppierung Bestrebungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 BayVSG verfolgt. Vielmehr ist in geeigneter Weise zwischen solchen Organisationen zu unterscheiden, bei denen nur ein Verdacht besteht und solchen, für die solche Bestrebungen erwiesen sind (Rn. 78).
1.4.3 Diesen Anforderungen genügt die Berichterstattung über den Kläger nicht.
Zwar wird in dem Bericht nicht ausdrücklich behauptet, der Kläger verfolge verfassungsfeindliche Bestrebungen. Eine solche Wertung drängt sich aber gleichwohl angesichts der mehrfachen Verwendung des Adjektivs „rechtsextremistisch“ und des Hinweises auf Aktivitäten von Vorstandsmitgliedern für die NPD auf. Ein objektiver, unbefangener Leser muss bei verständiger Würdigung den Text dahin verstehen, es stehe fest, dass es sich beim Kläger um eine Gruppierung im Umfeld der NPD handle, die mit der Herausgabe der Zeitschrift deren verfassungsfeindliche Ziele in relevanter Weise befördern will. Die Darstellung geht damit, weil die darin enthaltene Wertung von den vorliegenden tatsächlichen Feststellungen nicht getragen wird, über das zum Rechtsgüterschutz Erforderliche hinaus und stellt sich als nicht (mehr) verhältnismäßig dar.
2. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des zurückgenommenen Teils des Klageantrags auf § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
3. Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen, da die rechtliche Bewertung der Kammer hinsichtlich der Zulässigkeit einer Verdachtsberichterstattung von dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Oktober 2015 – 10 B 15.1320 – abweicht und auf dieser Abweichung auch beruht.