Verwaltungsgericht München Urteil, 24. Feb. 2017 - M 17 K 17.30040

bei uns veröffentlicht am24.02.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen, gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unbegründet.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der 17-jährige Kläger ist kosovarischer Staatsangehöriger, albanischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben am … Juli 2014 auf dem Landweg über Österreich in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 5. Januar 2016 einen Asylantrag.

Bei seiner informatorischen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am … April 2016 gab der Kläger an, dass er aufgrund von familiären Problemen sein Heimatland verlasse habe. Sein Vater sei in den letzten Jahren in finanzielle Schwierigkeiten geraten, habe Kredite aufgenommen und sei der Spielsucht verfallen. Er habe sich zwei Autos gekauft, die er nicht bezahlt habe. Dadurch seien die Gläubiger des Öfteren bei ihnen zu Hause gewesen und hätten dem Vater „Stress“ bereitet. Dieser sei am Hals gepackt und schlimm beschimpft worden. Die ganze Familie habe durch die Handlungen des Vaters gelitten. Der Kläger habe dadurch nicht mehr richtig die Schule besuchen können, habe angefangen zu rauchen, Alkohol zu trinken und sich grundlos zu prügeln. Da er die familiären Probleme, aber auch das Auftreten und die Forderungen der Autoverkäufer nicht mehr habe ertragen können, sei er nach Deutschland ausgereist. Hier erhoffe er sich eine Ausbildung und später auch eine Arbeitsstelle.

Ergänzend brachte der Kläger mit undatiertem Schreiben (Bl. 47 ff. der Behördenakte - BA), übersetzt am 18. Mai 2016 (Bl. 51 ff BA) unter anderem vor, dass der Onkel seines Vaters, der Direktor seiner Heimatgemeinde gewesen sei, vor 17 Jahren von der serbischen Polizei getötet worden sei. Sein Vater habe sich damals geweigert, „über die Leiche seines Onkels zu steigen“ und sei von der serbischen Polizei sehr schlecht behandelt und geschlagen worden. Sein Vater habe angefangen Poker zu spielen. Die Gläubiger seien täglich zu ihnen nach Hause gekommen und hätten mit seinem Vater gestritten.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2016, dem Vormund des Klägers am 29. Dezember 2016 zugestellt, lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) und subsidiären Schutz (Nr. 3) als offensichtlich unbegründet ab und verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) (Nr. 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche ab Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Kosovo oder in einen anderen Staat angedroht, in den der Kläger einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (Nr. 5). Zudem wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet und auf zehn Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Nr. 6) sowie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 7). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht vorlägen. Der Kläger stamme aus Kosovo, einem sicheren Herkunftsstaat, so dass vermutet werde, dass er nicht verfolgt werde, solange er nicht Tatsachen vortrage, die die Annahme begründen, dass er entgegen dieser Vermutung verfolgt wird. Der Kläger habe nichts glaubhaft vorgetragen oder vorgelegt, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass, entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat, in seinem Fall die Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung erfüllt seien. Der Kläger habe angegeben, allein aufgrund familiärer Probleme und dem Wunsch nach einer guten Ausbildung und Arbeit, nach Deutschland gekommen zu sein. Dieser Wunsch bzw. die Flucht vor familiären Problemen seien menschlich nachvollziehbar, flüchtlingsrechtlich allerdings unbeachtlich. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor, insbesondere sei weder von der kosovarischen Regierung noch durch nichtstaatliche Dritte eine unmenschliche Behandlung zu erwarten. Die nationalen und internationalen Sicherheitskräfte gewährleisteten grundsätzlich Schutz und Sicherheit. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Eine allgemein schwierige soziale und wirtschaftliche Lage begründe kein Abschiebungsverbot, sie müsse und könne von dem Kläger ebenso wie von vielen ihrer Landsleute gegebenenfalls unter Aufbietung entsprechender Aktivitäten bewältigt werden. Der Kläger habe familiäre Probleme im Zusammenhang mit der finanziellen Situation der Familie, hervorgerufen durch den Vater, geltend gemacht. Diese Umstände würden aber nicht über das Maß hinausgehen, was alle Bewohner im Kosovo hinzunehmen haben, die in einer vergleichbaren Situation leben. Der Kläger sei zwar noch minderjährig und nur begrenzt in der Lage eigenes Geld zu verdienen, könne im Kosovo aber auf die Unterstützung seiner Familie verwiesen werden, welche auch vor seiner Ausreise für ihn gesorgt habe. Insofern sei zu unterstellen, dass es dem Kläger möglich sein wird, bei einer Rückkehr in den Kosovo einen existenzsichernden Lebensstandard, auch mit Hilfe seiner Familie, aufrechtzuerhalten. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf zehn Monate ab dem Tag der Ausreise sei im vorliegenden Fall angemessen. Der Kläger verfüge im Bundesgebiet über keine wesentlichen Bindungen, die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen wären. Die angegebene Tante aus … zähle nicht zu den Mitgliedern der Kernfamilie und sei daher nicht zu berücksichtigen. In Ausübung des Ermessens werde die Frist entsprechend der üblichen Dauer festgelegt. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ab dem Tag der Abschiebung auf 30 Monate sei im vorliegenden Fall ebenfalls angemessen.

Mit Schreiben vom 2. Januar 2017, dem Bayerischen Verwaltungsgericht München am 3. Januar 2017 zugegangen, erhob der Vormund des Klägers Klage mit dem Antrag,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung ihres Bescheides vom 16. Dezember 2016 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise dem Kläger den subsidiären Schutz zuzuerkennen, wiederum hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass der Kläger noch minderjährig sei. Seine körperliche und seelische Unversehrtheit sei im Falle einer Abschiebung nicht gewährleistet. Es stelle eine offensichtliche und außergewöhnlich starke Kindeswohlgefährdung dar, ihn innerhalb von einer Woche ausreisen zu lassen bzw. ihn nach Ablauf dieser Frist abzuschieben.

Am 4. Januar 2017 übersandte die Beklagte die Behördenakten und stellte keinen Antrag.

Das Verwaltungsgericht München lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO mit Beschluss vom 13. Januar 2017 ab (M 17 S. 17.30041) und übertrug mit Beschluss vom 23. Januar 2017 den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter.

Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2017 führte der Vormund des Klägers aus, dass dieser vor den für ihn katastrophalen Zuständen in seinem Heimatland geflohen sei. Er habe für sich keine andere Perspektive gesehen und sich dort nicht sicher gefühlt. Der Vater des Klägers sei durch die Erlebnisse schwer traumatisiert und der Spielsuch verfallen. Unter diesen Geschehnissen habe die ganze Familie gelitten, da Gläubiger ihr Geld unter anderem mit Waffengewalt von der Familie gefordert hätten. Insbesondere der Kläger habe damit in seinen jungen Jahren nicht umgehen können und zunehmend befürchten müssen, dass sich die Aggressionen der Gläubiger auch gegen ihn richten würden. In dem Heimatland des Klägers sei es üblich, solche Konflikte ohne staatliche Unterstützung auszutragen, wodurch der Schutz von Leib und Leben verwehrt bleibe. Dem Kläger habe zusätzliche familiäre Unterstützung gefehlt, da sich alles um seinen Vater gedreht habe. Er habe das Heimatland ohne Wissen seiner Eltern verlassen, um sich in Deutschland ein Leben aufzubauen. Er möchte in die Schule gehen und eine Ausbildung absolvieren. Mit seiner Familie im Heimatland habe er nur sporadischen Kontakt, der nur von ihm ausgehe. Es stelle sich so dar, als ob insbesondere seine Mutter ihn nach seiner unangekündigten Flucht nicht mehr bei sich haben möchte. Sie zeige kein Interesse für die aktuelle Situation des Klägers. Es bestehe von beiden Seiten kaum eine Bindung. Bei einer Rückkehr fehle es an einer Unterstützung durch die Familie. Bereits vor seiner Ausreise habe die Familie nur unzureichend für den Kläger gesorgt. Dass er niemandem von seiner Ausreise erzählt habe, sei ein weiteres Indiz dafür, dass das Vertrauensverhältnis vollständig zerstört sei. Der Kläger wäre daher vollkommen sich selbst überlassen, was insbesondere als Minderjähriger nicht zumutbar und kindeswohlgefährdend wäre. Die wichtigste bestehende familiäre Bindung habe der Antragsteller zu seiner in … wohnenden Tante, zu der er regelmäßig Kontakt habe und die für ihn wie eine Mutter sei. Sie sei ein Teil der Kernfamilie des Klägers. Aktuell stelle sich heraus, dass der Kläger starke Ängste vor der Rückkehr in sein Heimatland habe. Durch die Jugendhilfeeinrichtung erfolge daher eine psychologische Anbindung, da eine Traumatisierung nicht ausgeschlossen werden könne. Dies habe auch die Schulpsychologin der Berufsschule … empfohlen, die darüber hinaus dazu rate abzuklären, inwieweit die Gefahr von selbstgefährdendem Verhalten vorliege. Die Erziehungsleitung der Heilpädagogischen Ganzjahreswohngruppe im Landschulheim …, in dem sich der Kläger derzeit aufhält, schilderte mit Bericht vom … Januar 2017, dass der Kläger körperlich gesund sei, sich seine psychische Lage seit seinem Einzug stabilisiert habe und ein offener und freundlicher Junge mit Lebensperspektive und dem Ziel geworden sei, möglichst gut in der Schule zu sein und einen Beruf zu erlernen. Seit der Ablehnung seines Asylantrags Ende letzten Jahres werde er zunehmend antriebslos, seine Traurigkeit sei zurückgekehrt und er wirke zunehmend depressiv. Deshalb werde er so schnell wie möglich auch einem Psychiater vorgestellt. Das Leben ergebe für ihn keinen Sinn mehr. Er liege sehr lange im Bett und das Aufstehen bereite ihm Schwierigkeiten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der sonstigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides, sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2017 Bezug genommen.

Gründe

1. Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2017 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen war. Denn in der form- und fristgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).

2. Gegenstand der Klage sind die Ziffern 1 und 3 bis 7 des angefochtenen Bescheids vom 16. Dezember 2016. Nicht angefochten ist die Ablehnung des Antrags auf Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet (Ziffer 2 des Bescheids), da die Klagepartei nur eine „entsprechende“ Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides beantragte, eine Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter mittels Verpflichtungsklage aber nicht begehrte. Im Übrigen würde die Anerkennung als Asylberechtigter bereits deswegen ausscheiden, weil der Kläger auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist ist (Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG).

3. Soweit sich die Klage gegen die auf § 11 Abs. 2 AufenthG gestützte Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach der Abschiebung richtet (Nr. 7 des Bescheids) richtet, ist sie mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Eine schlichte Aufhebung (gerichtliche Kassation) beträfe lediglich die getroffene Befristungsentscheidung als solche, so dass ein erfolgreiches (Anfechtungs-) Rechtsmittel zur Folge hätte, dass das - unmittelbar kraft Gesetzes geltende - Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde. Eine Anfechtungsklage gegen die Befristungsentscheidung nach § 11 Abs. 2 AufenthG kann mithin die Rechtsstellung des betroffenen Ausländers nicht verbessern.

4. Im Übrigen ist die zulässige Klage hinsichtlich des Asylantrags offensichtlich unbegründet, im Übrigen unbegründet.

Der Bescheid vom 16. Dezember 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat offensichtlich weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt eine Abweisung der Asylklage als offensichtlich unbegründet - mit der Folge des Ausschlusses weiterer gerichtlicher Nachprüfung (§ 78 Abs. 1 AsylG) - voraus, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage sich dem Verwaltungsgericht geradezu aufdrängt (BVerfG, B.v. 21.7.2000 - 2 BvR 1429/98 - juris Rn. 3; B.v. 27.9.2007 - 2 BvR 1613/07 - juris Rn. 18). Da dem Asylgesetz ein einheitlicher Begriff der offensichtlichen Unbegründetheit zu Grunde liegt, ist die Bestimmung des § 30 AsylG grundsätzlich auch für das gerichtliche Verfahren maßgeblich. Nach § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

Gemessen an diesen Maßstäben ist die Klage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang als offensichtlich unbegründet abzuweisen.

4.1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft liegen offensichtlich nicht vor. Nach § 29 a Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat i.S.d. Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Das Heimatland des Klägers, Kosovo, ist ein sicherer Herkunftsstaat (vgl. § 29a Abs. 2 AsylG und Anlage II zu § 29a AsylG). Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich die Einstufung als verfassungswidrig erweist (BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1507/93 - juris Rn. 65). Verfassungs- oder europarechtliche Bedenken gegen die Einstufung von Kosovo als sicherer Herkunftsstaat sind nicht ersichtlich. Der Kläger hat die durch § 29a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung auch nicht durch den schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erschüttern können.

Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 16. Dezember 2016 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen:

Weder im Eilverfahren noch im Hauptsacheverfahren wurden von Klägerseite Gründe vorgebracht, die den streitgegenständlichen Bescheid in Frage stellen könnten. Soweit der Kläger vorträgt, sein Vater sei vor 17 Jahren von der serbischen Polizei misshandelt und geschlagen worden und die werde aktuell von Gläubigern bedroht, ist bereits nicht erkennbar, inwiefern dies eine individuelle Verfolgungsgefahr für den Kläger begründen vermag. Die Verfolgungsgründe müssen in der Person des jeweiligen Klägers gegeben sein (BVerwG, U.v. 27.04.1982 - 9 C 239/80 - juris Rn. 21 ff.). Im Übrigen erreichen die geschilderten familiären Probleme nicht die Intensität und den Grad an Schwere, der eine Verfolgungshandlung begründen könnte. Der erstmalig in dem Schriftsatz des Vormundes des Klägers vom 24. Januar 2017 vorgetragene Sachverhalt, dass die Gläubiger ihr Geld unter anderem mit Waffengewalt von der Familie gefordert hätten, bleibt völlig vage und undetailliert. Auch in der mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2017 führte der Kläger dazu keine Einzelheiten aus, sondern beschränkte sich im Wesentlichen darauf, zu Hause „sehr viel Stress und Probleme“ gehabt zu haben. Zudem handelt es sich bei der Bedrohung durch Gläubiger - sollte auch der Kläger hiervon betroffen worden sein, worauf - wie dargestellt - der detailarme und unsubstantiierte Vortrag des Klägers nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit schließen lässt - nicht um Verfolgungshandlungen, sondern um kriminelles Unrecht Dritter. Dies lässt bereits keine Anknüpfung an die für die Flüchtlingseigenschaft maßgeblichen Merkmale des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG erkennen. Danach bedarf es einer begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Bei der Bedrohung durch Kriminelle muss der Kläger auf staatlichen Schutz verwiesen werden. Nach § 3 c Nr. 3 AsylG erfordert bei einer von einem nichtstaatlichen Akteur ausgehenden Verfolgung, dass der Staat nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz zu gewähren. Von einer Unwilligkeit oder Unfähigkeit der kosovarischen Behörden, ihre Staatsangehörigen vor strafbaren Handlungen zu schützen, ist aber nach der aktuellen Auskunftslage nicht auszugehen (Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo vom 9. Dezember 2015, im Folgenden: Lagebericht; Länderreport Kosovo (Stand September 2015) des Bundesamts; Ausführungen im Bescheid des Bundesamts zu Polizei, Justiz und EULEX, § 77 Abs. 2 AsylG; ebenso u.a. VG Leipzig, U. v. 16.10.2015 - 7 K 643/15.A - juris; VG Darmstadt, B. v. 24.4.2015 - 2 L 430/15.DA.A - juris). Der pauschale Hinweis, in dem Heimatland des Klägers sei es üblich, solche Konflikte ohne staatliche Unterstützung auszutragen, ist nicht geeignet, den innerstaatlichen Schutz infrage zu stellen. Vielmehr räumt die Klagepartei damit selbst ein, den Versuch unterlassen zu haben, staatlichen Schutz zu erhalten.

Außerdem hätte der Kläger bei einer Rückkehr in den Kosovo grundsätzlich auch die Möglichkeit, sich in einem anderen Landesteil niederzulassen, wenn er an seinem Herkunftsort weitere Übergriffe befürchtet (st. Rspr. der Kammer, VG München, U.v. 5.2.2015 - M 17 K 14.31233; VG Würzburg, B.v. 29.11.2010 - W 1 S. 10.30287 - juris Rn. 20; VG Gelsenkirchen, U.v. 30.5.2012 - 7a K 646/12.A - juris Rn. 20; VG Aachen, B.v. 18.7.2014 - 9 L 424/14.A - juris bzgl. Blutrache bei Grundstücksstreit). Eine Übersiedelung in andere Teile des Landes unterliegt keinen rechtlichen Einschränkungen (Lagebericht S. 17).

4.2. Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) als offensichtlich unbegründet und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG). Auch bei Annahme einer drohenden erniedrigenden Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG durch einen nichtstaatlichen Akteur kommt gemäß § 4 Abs. 3 AsylG i.V.m. § 3 c Nr. 3 AsylVfG die Gewährung subsidiären Schutzes nicht in Betracht, weil es an der Voraussetzung fehlt, dass der Staat erwiesenermaßen nicht schutzfähig oder -willig ist. Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:

4.2.1. Allein wegen der harten Lebensbedingungen und allgemein bestehenden ärmlichen Verhältnisse im Kosovo vermag sich der Kläger weder auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG noch auf § 60 Abs. 5 AufenthG unter Berücksichtigung von Art. 3 EMRK zu berufen. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse kann nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschlich oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllen (BVerwG, U.v. 31.01.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, S. 1167ff. - juris Rn. 23 - 26 sowie Rn. 38; VGH BW, U.v. 24.07.2013 - A 11 S 697/13 m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger eine Existenzgrundlage bei seiner Rückkehr gänzlich fehlen würde, sind nicht ersichtlich. Die humanitären Bedingungen für Rückkehrer sind grundsätzlich nicht als derart schlecht zu bewerten, dass diese den Schweregrad einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK aufweisen (vgl. dazu den streitgegenständlichen Bescheid, § 77 Abs. 2 AsylG). Unter Berücksichtigung dieser Umstände reicht der Verweis auf eine schwierige wirtschaftliche Situation im Kosovo und die Minderjährigkeit des Klägers nicht für § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK aus.

Der Familienverband des Klägers lebt im Kosovo. In seinem Heimatdorf … in der Gemeinde … leben seine Eltern, Geschwister, Großmutter und ein Onkel im selben Haus. Eine Tante aus München hat die Familie mit Geld und Lebensmitteln unterstützt. Auch Nachbarn haben der Familie, nach Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, geholfen. Der Kläger erhielt von einem Onkel aus England das Geld für die Reise nach Deutschland. Aus welchen Gründen diese Unterstützungen nun nicht mehr stattfinden sollten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit der Kläger mutmaßlich davon ausgeht, dass er bei einer Rückkehr in den Kosovo von seiner Familie nicht mehr aufgenommen werde, ist dies nicht beachtlich wahrscheinlich. Die vorgetragene Begründung, dass seine Mutter ihn nach seiner unangekündigten Flucht nicht mehr bei sich haben möchte, was der Kläger daraus schließe, dass der Kontakt via Telefon und Skype unter Hinweis auf die fehlenden finanziellen Möglichkeiten der Familie im Kosovo sehr stark zurückgegangen sei, ist rein hypothetisch. Dagegen spricht nicht nur, dass mit der unangekündigten Flucht schon kein nachvollziehbarer, gravierender Grund für eine vollständige Versagung der familiären Unterstützung vorliegt, sondern auch der Umstand, dass der Kläger nach seiner Ausreise aus dem Kosovo zunächst sogar verstärkt telefonisch Kontakt zu seinen Eltern hatte und seinen Vater in Deutschland persönlich getroffen hat. Aus welchen Gründen nun unvermittelt das familiäre Verhältnis belastet sein sollte, erschließt sich einem nicht. Allein aus einer verringerten Kontaktaufnahme von Seiten der Mutter kann jedenfalls nicht darauf geschlossen werden, dass der gesamte Familienverband den Kläger bei seiner Rückkehr in den Kosovo nicht mehr unterstützen würde. Zudem ist nicht von vornherein auszuschließen, dass auch Bekannte und Freunde des Klägers bereit sind, ihm zu einer existenzsichernden Grundversorgung zu verhelfen, wenn diese ihn sogar immer - wie vom Kläger in der mündlichen Verhandlung behauptet - zu Genussmitteln wie Zigaretten und Alkohol eingeladen haben. Schließlich ist laut dem Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylG vom 7. Dezember 2016 (Stand September 2016, S. 27) das „Amt für soziale Angelegenheiten“ der Gemeinde für unbegleitete Minderjährige zuständig, in der die Minderjährigen zuletzt registriert waren. Dort wird zunächst geprüft, ob eine Inobhutnahme bei Verwandten möglich ist. Falls eine Unterbringung bei Verwandten oder auch einer anderen aufnahmewilligen Familie nicht möglich ist, bestehen Unterbringungsmöglichkeiten in einem Kinderheim in … oder einem SOS-Kinderdorf. Darüber hinaus existiert ein Haus vom Ministry of Labour and Social Welfare (MLSW) für Waisenkinder bzw. für Kinder mit Behinderungen.

4.2.2. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Regelung erfasst nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Nach den übereinstimmenden Schilderungen der Klagepartei wirke der Kläger seit Erhalt des streitgegenständlichen Bescheides depressiv und niedergeschlagen. Damit würde aber sein behaupteter Gemütszustand auf der Angst vor einer Abschiebung basieren und damit kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis darstellen.

Ungeachtet dessen liegen keine belastbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Gefahr besteht, dass sich beim Kläger eine vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B.v. 17.8.2011 - 10 B 13/11 u.a - juris; BayVGH, U.v. 3.7.2012 - 13a B 11.30064 - juris Rn. 34). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (OVG NW, B.v. 30.12.2004 - 13 A 1250/04.A - juris Rn. 56). Diese Rechtsprechung hat nunmehr auch in § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 4 AufenthG seinen Niederschlag gefunden, wonach eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vorliegt bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.

Gemessen daran liegen die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG nicht vor. Ein ärztliches Attest über eine psychische Erkrankung des Klägers wurde nicht beigebracht, da sich der Kläger bislang nicht in ärztlicher Behandlung befindet. Schließlich können nach den vorliegenden Erkenntnismitteln psychische Erkrankungen im Kosovo auch grundsätzlich behandelt werden (VG München, B.v. 25.11.2016 - M 17 S. 16.33053 - juris Rn. 56; VG Würzburg, B.v. 20.1.2016 - W 6 S. 16.30045 - juris Rn. 15; OVG NW, B.v. 7.2.2017 - 13 A 1836/16.A - juris; OVG Schleswig, U.v. 15.12.2016 - 3 LB 7/14 - juris Rn. 85). Laut dem Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylG vom 7. Dezember 2016 (Stand September 2016, S. 24 ff.) wird die Behandlung von psychischen Erkrankungen im öffentlichen Gesundheitssystem in neun regionalen Gesundheitszentren („Mental Health Care Centres“, MHCs) durchgeführt. Patienten, die einer stationären Behandlung bedürfen, werden in den vier Regionalkrankenhäusern in den Abteilungen für stationäre Psychiatrie sowie in der Psychiatrischen Klinik der Universitätsklinik Pristina behandelt. In diesen Regionalkrankenhäusern stehen ausreichende Bettenkapazitäten zur Verfügung. Diese Einrichtungen verfügen jeweils über eine angeschlossene psychiatrische Ambulanz mit ambulanter fachärztlicher Betreuung. Patienten, die an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) leiden, werden in den psychiatrischen Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitssystems weiterhin primär medikamentös behandelt. Eine Behandlung auf psychotherapeutischer Grundlage wird nach Angaben der Ärzte durchgeführt, wenn hierfür eine medizinische Notwendigkeit vorliegt und die für die Durchführung von psychotherapeutisch orientierten Gesprächen erforderliche Zeit zur Verfügung steht. Daneben führen auch Nichtregierungsorganisationen Behandlungen auf psychotherapeutischer Basis durch, z.B. das aus dem Stabilitätspakt für Südosteuropa unterstützte psychosoziale Zentrum der Diakonie, das auch die einzige Ausbildung in Traumatherapie in Kosovo anbietet. Fachärzte für Psychiatrie im privaten Gesundheitssektor behandeln Trauma-Patienten sowohl medikamentös als auch im Rahmen einer Psychotherapie. Privatpraxen für Psychiatrie bzw. Neurologie finden sich in ganz Kosovo. Der Preis für die Durchführung einer Gesprächstherapie beträgt zwischen 10 und 20 Euro. Die behandelnden Ärzte verfügen mindestens über eine Qualifikation als Neuropsychiater. Einige Ärzte haben zusätzliche Fachkenntnisse im Ausland erworben bzw. nehmen an Schulungsmaßnahmen teil, die NROs in Kosovo v.a. zur Behandlung von Trauma-Patienten anbieten. Freiwillige Rückkehrer sowie Zurückgeführte aus Deutschland können bei Vorliegen einer psychischen Erkrankung/Traumatisierung unmittelbar nach ihrer Ankunft kostenlos die Hilfs- und Unterstützungsleistungen des Kosovo-Rückkehrer-Projekts „URA II“ in Anspruch nehmen.

4.3. Schließlich ist die vom Bundesamt nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Dass der Kläger noch minderjährig ist, macht die Abschiebungsandrohung nicht rechtswidrig. Dieser Umstand betrifft nicht (zielstaatsbezogen) die Abschiebung als solche, sondern ist im Vollzug durch die zuständige Ausländerbehörde hinsichtlich Zeitpunkt und Umständen der Abschiebung zu prüfen (VG München, B.v. 28.04.2015 - M 4 S. 15.30266).

Gemäß § 58 Abs. 1a AufenthG hat sich die Behörde vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird. Mit dieser Regelung, die durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258) in das Aufenthaltsgesetz eingefügt worden ist, hat der Gesetzgeber Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl EU Nr. L 348 vom 24. Dezember 2008 S. 98) - Rückführungsrichtlinie - umgesetzt (BT-Drs. 17/5470 S. 24). § 58 Abs. 1a AufenthG wirkt, solange sich die Ausländerbehörde nicht von der konkreten Möglichkeit der Übergabe des minderjährigen Ausländers an eine in der Vorschrift genannte Person oder Einrichtung vergewissert hat, systematisch als rechtliches Vollstreckungshindernis im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG mit dilatorischer Wirkung (BVerwG, U.v. 13.06.2013 - 10 C 13/12 - juris Rn. 17). Denn § 58 Abs. 1a AufenthG ist keiner gesonderten Feststellung durch das Bundesamt gemäß § 31 Abs. 3 AsylG zugänglich wie die dort genannten Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2 bis 5 oder Abs. 7 AufenthG. Auch hat das Bundesamt im Rahmen der Abschiebungsandrohung die Voraussetzungen des § 58 Abs. 1a AufenthG nicht zu prüfen. Auf die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung wirkt sich das Vollstreckungshindernis des § 58 Abs. 1a AufenthG nicht aus.

Die Ausländerbehörden müssen sich in jedem Einzelfall die Überzeugungsgewissheit davon verschaffen, dass die Übergabe des unbegleiteten Minderjährigen an eine in der Vorschrift genannte Person oder Einrichtung nicht nur möglich ist, sondern tatsächlich auch erfolgen wird (konkrete Möglichkeit der Übergabe). § 58 Abs. 1a AufenthG verpflichtet die Ausländerbehörde, sich vor Durchführung jeder Abschiebung z.B. durch Einschaltung des Bundesamts oder der Botschaften und Konsulate vor Ort positiv davon zu vergewissern, dass eine Übergabe an konkret benannte Personen bzw. Stellen tatsächlich vollzogen wird. Nur dann entfällt das gesetzliche Vollstreckungshindernis für eine Abschiebung.

Auf Grund dieser Rechtslage besteht für den Kläger nicht die Gefahr einer Abschiebung in eine ungesicherte Zukunft im Heimatland. Die Voraussetzungen, die ein Abschiebungsverbot rechtfertigen würden, liegen daher derzeit nicht vor. Es besteht kein Anlass, anzunehmen, dass die zuständige Ausländerbehörde abweichend von den gesetzlichen Vorgaben die Abschiebung betreiben würde. Im Falle des Klägers bedeutet dies, dass nach einer Bezugsperson gesucht werden müsste, die eine entsprechende Aufnahme und Betreuung des Klägers gewährleisten würde. In Frage kämen dazu seine beiden im Kosovo lebenden Eltern. Insoweit ist sichergestellt, dass der Kläger nicht durch eine Abschiebung in eine ungewisse und ausweglose Lage gerät (vgl. insoweit auch: VG Ansbach, U.v. 31.3.2004 - AN 15 K 02.32519 - juris; VG München, U.v. 18.8.2009 - M 17 K 09.50081 - juris; VG Augsburg, U.v. 16.02.2011 - Au 6 K 10.30424 - juris). Im Falle seiner Rückkehr nach Kosovo wäre der Kläger gerade nicht auf sich alleine gestellt, sondern könnte sich in seiner Heimat auf einen Familienverband zurückgreifen, der sich seiner annimmt (s.o. 4.2.1.).

4.4. Schließlich ist auch die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG in Nr. 6 des Bescheids vom 16. Dezember 2016 rechtmäßig. Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden. Die Beziehung zu der in München lebenden Tante des Klägers genießt einen deutlich geringeren Schutz als die Beziehung zu Eltern und Geschwistern. So führte der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2017 zudem aus, dass er ab und zu mit seiner Tante aus … telefoniere, sie sich selten treffen würden und mit seinen Eltern nicht gleichzusetzen wären. Schließlich liegt auch kein vollständiger Kontaktabbruch zur Tante aus … vor, da diese regelmäßig die Familie im Kosovo besucht.

5. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

6. Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG).

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Verwaltungsgericht München Urteil, 24. Feb. 2017 - M 17 K 17.30040 zitiert 24 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 36 Verfahren bei Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und bei offensichtlicher Unbegründetheit


(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche. (2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Ent

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 78 Rechtsmittel


(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen di

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 30 Offensichtlich unbegründete Asylanträge


(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. (2) Ein Asylantrag ist

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 29a Sicherer Herkunftsstaat; Bericht; Verordnungsermächtigung


(1) Der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Herkunftsstaat) ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Bewei

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 58 Abschiebung


(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Si

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 31 Entscheidung des Bundesamtes über Asylanträge


(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine

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Verwaltungsgericht München Urteil, 24. Feb. 2017 - M 17 K 17.30040 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Verwaltungsgericht München Urteil, 05. Feb. 2015 - M 17 K 14.31233

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Tenor Die Anträge werden abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1Gründe: 2Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gemäß §§ 166 VwGO, 114 ZPO abzulehnen, weil der Sacha

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 13. Juni 2013 - 10 C 13/12

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Tatbestand 1 Der Kläger, ein unbegleiteter Minderjähriger, erstrebt Abschiebungsschutz wegen Gefahren, die ihm in Afghanistan drohen.

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) Der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Herkunftsstaat) ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.

(2) Sichere Herkunftsstaaten sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die in Anlage II bezeichneten Staaten.

(2a) Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag alle zwei Jahre, erstmals zum 23. Oktober 2017 einen Bericht darüber vor, ob die Voraussetzungen für die Einstufung der in Anlage II bezeichneten Staaten als sichere Herkunftsstaaten weiterhin vorliegen.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage II bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Herkunftsstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger sind Staatsangehörige des Kosovo. Sie reisten nach eigenen Angaben im Januar 2014 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 27. Januar 2014 Asylanträge.

Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 3. Februar 2014 gab die Klägerin zu 1. im Wesentlichen an, dass die Familie des Mörders ihres Ehemanns sie bedroht habe. Der Ehemann sei am ... September 2013 umgebracht worden. Ungefähr drei Monate später hätten Nachbarn erzählt, dass die Familie des Täters gesagt habe, dass sie die Klägerin zu 1. und ihre Kinder umbringen würden. Der Täter selbst sei gefasst worden und warte auf sein Urteil. Die Klägerin zu 1. sei bei der Polizei gewesen, diese habe sie aber nicht ernst genommen.

Mit Bescheid vom 19. November 2014, zugestellt am 27. November 2014, lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) ab, erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen, anderenfalls wurde ihnen die Abschiebung nach Kosovo angedroht (Nr. 5.).

Zur Begründung führte das Bundesamt insbesondere aus, dass die Kläger allein aufgrund ihrer albanischen Volkszugehörigkeit Verfolgung durch staatliche Maßnahmen nicht zu befürchten hätten. Soweit sich die Klägerin zu 1. darauf berufe, dass ihr Ehemann ermordet und sie und ihre Kinder von der Familie des Täters bedroht worden seien, handele es sich um rechtswidrige Übergriffe nichtstaatlicher Akteure, gegen die hinreichender staatlicher Schutz zur Verfügung stehe. Sollte jemand kein Vertrauen in die Polizei haben, könnten Anzeigen auch bei der EULEX-Polizei gestellt werden. Einen lückenlosen Schutz vor möglicher Gewaltanwendung durch Dritte vermöge letztlich aber kein Staatswesen zu gewährleisten. Im Übrigen könnte einer etwaigen regional bestehenden individuellen Gefährdung durch Wohnsitznahme in einem anderen Landesteil Kosovos oder auch in Serbien entgangen werden. Die Kläger hätten Verwandte, die ihnen bei ihrer Niederlassung außerhalb ihres Dorfes behilflich sein könnten. Auch lägen die Voraussetzungen für die Anerkennung des subsidiären Schutzstatus nicht vor. Weder von der kosovarischen Regierung noch durch nichtstaatliche Dritte sei eine unmenschliche Behandlung zu erwarten. Die nationalen und unternationalen Sicherheitskräfte gewährleisteten Schutz und Sicherheit, den Klägern drohten bei einer Rückkehr auch keine individuellen Gefahren, die eine Feststellung des subsidiären Schutzes begründen könnten. Auch Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Insbesondere drohe den Klägern keine individuelle Gefahr nach § 60 Abs. 7 AufenthG.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Prozessbevollmächtigten der Kläger mit Schriftsatz vom ... Dezember 2014, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 9. Dezember 2014, Klage und beantragten,

1. den Bescheid der Beklagten vom 19. November 2014 in Ziffer 3 bis 5 aufzuheben,

2. die Beklagte zu verpflichten, für die Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,

3. hilfsweise, festzustellen, dass bei den Klägern Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wurde auf die Angaben der Klägerin zu 1. Bezug genommen. Diese habe im Asylverfahren vorgetragen, dass ihr Ehemann im September 2013 im Heimatland erschossen worden sei. Die Familienangehörigen des Täters, der auch wegen der Angaben der Klägerin zu 1. gefasst worden sei, bedrohten diese und ihre Kinder.

Die Klägerin zu 1. befinde sich seit Längerem in einer psychologischen Therapie aufgrund der erlittenen Traumatisierung im Heimatland. Eine Bescheinigung der Akademischen Lehrpraxis der Technischen Universität ... vom ... Dezember 2014 wurde vorgelegt. Danach befinde sich die Klägerin zu 1. dort in hausärztlicher Betreuung und wegen eines familiären Gewaltverbrechens in fachärztlicher psychiatrischer Mitbehandlung in der psychiatrischen Ambulanz des Klinikums ... Derzeit werde eine antidepressive Medikation eingenommen. Aus der Vorgeschichte ergebe sich die dringende Notwendigkeit einer fundierten und regelmäßigen Traumabewältigungstherapie.

Mit Schreiben vom ... Januar 2015 wurde zudem eine psychiatrische Stellungnahme der ...-Klinik vom ... Dezember 2014 vorgelegt, wonach bei der Klägerin zu 1. eine schwere depressive Episode und Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung vorliege. Sie leide unter Schlafstörungen mit Alpträumen, Ängsten, permanent innerer Anspannung, depressiver Affektivität und zeitweiser Todessehnsucht. Im Falle einer Ausweisung könne nicht sicher ausgeschlossen werden bzw. bestehe ein großes Risiko für Suizidalität. Eine ambulante Psychotherapie/Traumatherapie werde empfohlen.

Zudem wurde ein psychologisches Attest der Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin ... vom ... Januar 2015 übermittelt, in dem bei der Klägerin zu 1. eine schwere posttraumatische Belastungsstörung mit ausgeprägter körperlicher und psychischer Symptomatik diagnostiziert wird. Eine Rückführung in den Kosovo werde aufgrund der schweren posttraumatischen Symptomatik und der tatsächlich vorhandenen Lebensgefahr für äußerst gefährlich erachtet.

Für die Klägerin zu 2. wurde ein Bericht der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie - ... - vom ... Dezember 2014 vorgelegt, in dem bei dieser eine posttraumatische Belastungsstörung mit Schlafstörungen, Albträumen, Weinanfällen im Schlaf, Ängsten, Konzentrationsproblemen und depressiver Verstimmtheit diagnostiziert und eine therapeutische Behandlung als indiziert angesehen wird.

In der mündlichen Verhandlung beantragte der Klägerbevollmächtigte nur noch,

1. den Bescheid vom 19. November 2014 in Ziffern 4 und 5 aufzuheben,

2. die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei den Klägern besteht.

Zudem wurde eine undatierte Stellungnahme einer Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin des SOS-Kinderdorfs ... übergeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und auf die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 5. Februar 2015 verwiesen.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung am 5. Februar 2014 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen war. Denn in der frist- und formgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Nrn. 4 und 5 des Bescheids vom 19. November 2014 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).

Das Bundesamt hat zu Recht das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

1. Insbesondere kann die psychische Erkrankung der Klägerinnen kein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Regelung erfasst zwar nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatbezogenes Abschiebungshindernis kann aber gegeben sein, wenn die Gefahr besteht, dass sich eine vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B. v. 17.8.2011 - 10 B 13/11 u. a. - juris; BayVGH, U. v. 3.7.2012 - 13a B 11.30064 - juris Rn. 34). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (OVG NRW, B. v. 30.12.2004 - 13 A 1250/04.A - juris Rn. 56).

Demnach kann hier von einem zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernis nicht ausgegangen werden:

Die Klägerseite hat hier eine Bescheinigung des Hausarztes vom *. Dezember 2014 vorgelegt, dass sich die Klägerin zu 1. in fachärztlicher psychiatrischer Mitbehandlung in der psychiatrischen Ambulanz des Klinikums ... befinde, antidepressive Medikation eingenommen werde und eine fundierte und regelmäßige Traumabewältigungstherapie notwendig sei. Zudem wurde eine psychiatrische Stellungnahme der ...-Klinik vom ... Dezember 2014 vorgelegt, wonach bei der Klägerin zu 1. eine schwere depressive Episode und Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung vorliege. Sie leide unter Schlafstörungen mit Alpträumen, Ängsten, permanent innerer Anspannung, depressiver Affektivität und zeitweiser Todessehnsucht. Im Falle einer Ausweisung könne nicht sicher ausgeschlossen werden bzw. bestehe ein großes Risiko für Suizidalität. Eine ambulante Psychotherapie/Traumatherapie werde empfohlen. In dem aktuellen psychologischen Attest vom... Januar 2015 wird bei der Klägerin zu 1. eine schwere posttraumatische Belastungsstörung mit ausgeprägter körperlicher und psychischer Symptomatik festgestellt und eine Rückführung in den Kosovo aufgrund der schweren posttraumatischen Symptomatik und der tatsächlich vorhandenen Lebensgefahr für äußerst gefährlich erachtet. Für die Klägerin zu 2. wurde in dem Bericht vom *. Dezember 2014 ebenfalls eine posttraumatische Belastungsstörung mit Schlafstörungen, Albträumen, Weinanfällen im Schlaf, Ängsten, Konzentrationsproblemen und depressiver Verstimmtheit diagnostiziert und eine therapeutische Behandlung als indiziert angesehen. In der undatierten Stellungnahme des SOS-Kinderdorfs wird ebenfalls von Depressionen, Ängsten und Schlafstörungen bei der Klägerin zu 1. sowie Weinanfällen, Schlafproblemen, Albträumen, Ängsten und einem depressiven Eindruck bei der Klägerin zu 2. und deutlichen Hinweisen auf eine posttraumatische Belastungsstörung bei beiden berichtet.

Abgesehen davon, dass zumindest die Bescheinigungen bzw. Atteste vom *. Dezember 2014, ... Dezember 2014 und ... Januar 2015 sowie die undatierte Stellungnahme des SOS-Kinderdorfs - insbesondere im Hinblick auf die Diagnose und ihre Grundlagen - bei Weitem nicht den Mindestanforderungen des Bundesverwaltungsgerichts genügen (U. v. 11.9.2007 - 10 C 8/07 - juris Rn. 15), ist auch davon auszugehen, dass psychische Erkrankungen im Kosovo behandelt werden können. Laut Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 25. November 2014 (S. 25ff.) wird die Behandlung von psychischen Erkrankungen im Kosovo im öffentlichen Gesundheitssystem in neun regionalen Gesundheitszentren durchgeführt. Patienten, die einer stationären Behandlung bedürfen, werden in den vier Regionalkrankenhäusern in den Abteilungen für stationäre Psychiatrie sowie in der Psychiatrischen Klinik der Universitätsklinik Pristina behandelt. In diesen Regionalkrankenhäusern stehen ausreichende Bettenkapazitäten zur Verfügung. Patienten sind von der im öffentlichen Gesundheitswesen zu zahlenden Eigenbeteiligung befreit, wenn es sich unter anderem um Empfänger von Sozialhilfeleistungen oder chronisch Kranke handelt. Auch Personen mit psychischen Erkrankungen werden als chronisch krank eingestuft und sind damit von der Zuzahlungspflicht befreit (Auskünfte der Dt. Botschaft vom 27.7.2010 und vom 30.11.2011 an das Bundesamt, vgl. VG Augsburg, U. v. 12.11.2013 - Au 6 K 13.30032 - juris Rn. 23). Zudem können freiwillige Rückkehrer sowie Zurückgeführte aus Deutschland bei Vorliegen einer psychischen Erkrankung/Traumatisierung unmittelbar nach ihrer Ankunft kostenlos die Hilfs- und Unterstützungsleistungen des Kosovo-Rückkehrerprojekts „URA II“ bzw. Eingliederungshilfen einschließlich Beratungen und psychologische Betreuung durch das Rückkehrerprojekt der Arbeiterwohlfahrt in Anspruch nehmen. Somit ist von einer ausreichenden psychiatrischen Versorgung auszugehen. Dass die medizinischen Standards und Therapien im Kosovo noch nicht das Niveau derjenigen der Bundesrepublik erreicht haben, ist dabei irrelevant (vgl. VG Augsburg, U. v. 12.11.2013 - Au 6 K 13.30032 - juris Rn. 22).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen in der - älteren - psychiatrischen Stellungnahme vom ... Dezember 2014, wonach eine Suizidalität bei der Klägerin zu 1. nicht ausgeschlossen werden könne. Abgesehen davon, dass die Umsetzung einer etwaigen Selbstmordandrohung kein greifbares und konkretes Ereignis im Sinne der oben genannten Rechtsprechung darstellt, ist eine Suizidgefahr hier laut dieser Stellungnahme bereits auf die anstehende Ausweisung bzw. deren Vollzug zurückzuführen, so dass es sich um kein zielstaatsbezogenes, sondern um ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis handelt, das allenfalls von der Ausländerbehörde berücksichtigt werden kann (vgl. OVG NRW, B.v. 30.12.2004 - 13 A 1250/04.A - juris Rn. 84, 86).

Der in der mündlichen Verhandlung bedingt gestellte Beweisantrag des Klägerbevollmächtigten, zum Beweis der Tatsache, dass die Klägerin zu 1. schwer psychisch erkrankt sei und bei einer drohenden Abschiebung eine Suizidgefahr bestehe, die Psychotherapeutin Frau ... als sachverständige Zeugin einzuvernehmen, war abzulehnen, weil eine psychische Erkrankung nach den obigen Ausführungen im Kosovo behandelt werden kann, eine entsprechende Bestätigung der Erkrankung durch die Psychotherapeutin somit nicht entscheidungserheblich ist. Gleiches gilt für eine etwaige Selbstmordgefahr aufgrund der drohenden Abschiebung, da es sich insoweit allenfalls um ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis handelt.

2. Soweit die Klägerin zu 1. vorträgt, dass ihr Ehemann ermordet und sie und ihre Kinder von der Familie des Täters bedroht würden, wäre es ihr möglich, die Hilfe (höherer) staatlicher Stellen in Anspruch zu nehmen. Laut Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 25. November 2014 (S. 16f.) werden Beteiligte an Akten der Blutrache verfolgt, angeklagt und verurteilt. Außerdem hätten die Kläger bei einer Rückkehr in den Kosovo auch die Möglichkeit, sich in einem anderen Landesteil niederzulassen (vgl. VG Würzburg, B. v. 29.11.2010 - W 1 S 10.30287 - juris Rn. 20; VG Gelsenkirchen, U. v. 30.5.2012 - 7a K 646/12.A - juris Rn. 20).

3. Vor diesem Hintergrund ist auch die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Herkunftsstaat) ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.

(2) Sichere Herkunftsstaaten sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die in Anlage II bezeichneten Staaten.

(2a) Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag alle zwei Jahre, erstmals zum 23. Oktober 2017 einen Bericht darüber vor, ob die Voraussetzungen für die Einstufung der in Anlage II bezeichneten Staaten als sichere Herkunftsstaaten weiterhin vorliegen.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage II bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Herkunftsstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des gesamten Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die am … 1983 in Klina, Metohija, Kosovo, geborene Klägerin reiste nach eigenen Angaben etwa im Jahre 2004 bzw. im Jahre 2006 mit ihren am … 1998, am … 2001, am … 2002 und am … 2004 geborenen Söhnen, den Klägern zu 2) bis 5) aus dem Dorf Orašje bei Pèc im Kosovo in die Bundesrepublik Deutschland ein.

2

Am 14. August 2006 wurde die Klägerin im Einwohnerzentralamt der Ausländerabteilung in Hamburg wegen des Verdachts des illegalen Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland angehört.

3

Die Anhörung dauerte 15 Minuten und hatte folgenden Inhalt:

4

„Wir sind seit ca. sechs Tagen in Deutschland, Hamburg. Ich habe einen Mann kennengelernt im Kosovo. Der hat uns mit dem Kombi nach Hamburg gefahren. Wie er heißt, weiß ich nicht, obwohl ich mit ihm vom Kosovo nach Hamburg gefahren bin. Er hat mich in Hamburg raus gelassen. Mein Neffe hat uns dann gesehen und uns dann hierher gebracht.

5

Den Kosovo habe ich verlassen, weil unser Haus abgebrannt ist und mein Mann abgeholt worden ist. Er wurde von den Albanern abgeholt. Warum er abgeholt worden ist, weiß ich nicht. Vielleicht wollen sie ihn umbringen. Das Haus ist im Krieg abgebrannt, jetzt ist kein Krieg mehr. Die Albaner haben das Haus angezündet.

6

Ich habe keinen Pass. Der befand sich im Haus, das ja abgebrannt ist.

7

Ich möchte lieber sterben als zurück in den Kosovo zu gehen. Ich habe keinen Beruf gelernt.

8

Ich habe kein Geld. Ich habe auch dem Mann, der uns nach Hamburg gebracht hat, Geld gegeben. Wo der Mann ist, weiß ich nicht.“

9

Das Anhörungsprotokoll wurde der Klägerin zu 1) rückübersetzt.

10

Am 23. Oktober 2007 stellten die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) in Lübeck einen Antrag auf Durchführung eines Asylverfahrens.

11

Am 2. November 2007 erfolgte die Anhörung der Klägerin zu 1) in der Außenstelle Lübeck des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF).

12

In ihrer Anhörung gab die Klägerin im Wesentlichen an, sie habe in dem Dorf Urasa (phon.) bei Pec gelebt. Dort sei ihre Familie im Haus von drei unbekannten maskierten und bewaffneten Albanern überfallen worden. Sie - mit dem Kläger zu 5) schwanger - sei von den Albanern vor den Augen ihres Mannes und ihrer Kinder, den Klägern zu 2) bis 4) vergewaltigt und geschlagen worden. Im Anschluss daran sei ihr Ehemann vor ihren Augen und denen der Kläger zu 2) bis 4) getötet worden, und zwar, indem sie ihm „die Kehle durchgeschnitten hätten“. Zudem hätten sie das Haus angezündet. Dieses habe sich noch vor dem Krieg zugetragen. Der Überfall sei abends im Winter gewesen. Es sei gerade dunkel geworden. Es sei kalt gewesen und es habe Schnee gelegen. Von ihrem Haus seien die Albaner weiter durchs Dorf gezogen. Sie habe nur gesehen, dass auch andere Häuser gebrannt hätten. Es seien überall Tote gewesen, die herumgelegen hätten. Auch „Aufgehängte und aufgespießte Köpfe“ habe es gegeben. Sie wisse, dass in ihrem Dorf viele Menschen getötet worden seien. Nach dem Angriff hätten die Kläger weniger als einen Monat in dem Dort zugebracht, bis ein ihnen unbekannter Roma sie zunächst nach Serbien und einige Tage später in einem Kombi nach Deutschland gebracht habe. Auf dem Weg nach Deutschland habe sie im Kombi den Kläger zu 5) geboren. In Deutschland hätten sie sich bei Verwandten in Hamburg illegal aufgehalten bis sie sich am 14. August 2006 bei der Ausländerbehörde in Hamburg gemeldet hätten.

13

Mit Bescheid vom 6. November 2008 lehnte die Beklagte die beantragte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylanerkennung (Nr. 1 und 2) sowie die Gewährung subsidiären Schutzes (Nr. 3) ab. Ferner wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) a.F. nicht vorliegen. Zudem forderte sie die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Im Falle einer Klageerhebung solle die Ausreisefrist nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens enden. Gleichzeitig wurde den Klägern für den Fall der Nichteinhaltung der Frist die Abschiebung in die Republik Serbien oder die Republik Kosovo angedroht.

14

Die Kläger haben am 15. November 2008 gegen die Ablehnung ihres Antrages Klage erhoben.

15

Zur Begründung haben sie vorgetragen, der Asylantrag sei im Wesentlichen damit begründet worden, dass sie in ihrer Heimat politisch verfolgt seien. Der Ehemann und Vater der Kläger sei bei einem Überfall unbekannter maskierter und bewaffneter Albaner getötet worden. Soweit es die Klägerin zu 1) anbelange, sei sie zudem im Anschluss von diesen Personen vergewaltigt worden. Die Kläger zu 2) bis 4) hätten den gesamten Sachverhalt miterlebt. Im Anschluss daran seien die Kläger in die Bundesrepublik Deutschland geflohen, um weiteren asylrechtsrelevanten Verfolgungsmaßnahmen einhergehend mit einer konkreten Gefahr für Leib und Leben zu entgehen. Zudem haben die Kläger sich vor allem auf gesundheitliche Einschränkungen der Klägerin zu 1) laut:

16

- Bericht der Diplompsychologin … vom 31. August 2010,

17

- psychologischer Stellungnahme der Diplompsychologin … vom 7. Februar 2011,

18

- ärztlichem Attest zur Vorlage beim Gericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. med. … vom 9. Dezember 2010,

19

- eines Schreibens der Allgemeinmedizinerin Dr. med. … vom 28. Februar 2011,

20

- eines Arztbriefes der Neurologin Dr. med. … vom 24. März 2011,

21

- eines berichtigten Arztbriefes der Neurologin Dr. med. … vom 1. Mai 2011

22

und des Klägers zu 3) laut:

23

- einem gemeinsamen Bericht des Kinderarztes Dr. med. … und des Diplompsychologen … an den Ärztlichen Dienst vom 12. März 2007

24

berufen.

25

Für den Kläger zu 2) haben sie ergänzend eine Behandlungsbedürftigkeit im Anschluss an eine 2008 zu seinem Nachteil erfolgte sexuelle Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes sowie in Tateinheit mit versuchtem schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes in einer Asylbewerberunterkunft in Lübeck, wegen der der Täter von dem Amtsgerichts Lübeck - Jugendschöffengericht - zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist, geltend gemacht.

26

Die Kläger haben beantragt,

27

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. November 2008 zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen sowie festzustellen, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen der §§ 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.

28

Die Beklagte hat unter Verteidigung des angefochtenen Bescheides beantragt,

29

die Klage abzuweisen.

30

Das Verwaltungsgericht hat die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 2) in der mündlichen Verhandlung am 19. Mai 2011 angehört und die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge sowie ihre Klage mit Urteil vom 15. Mai 2011 abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen hat das Verwaltungsgericht gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die Gründe des angefochtenen Bescheides verwiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, dass es das Vorbringen der Klägerin in weiten Teilen für unglaubhaft sowie sie insgesamt für unglaubwürdig halte und es vor diesem Hintergrund keiner weiteren, insbesondere nicht der mit Schriftsatz vom 19. Mai 2011 beantragten Beweiserhebungen bedurft habe.

31

Das Urteil ist den Klägern am 4. Oktober 2011 zugestellt worden.

32

Dagegen haben die Kläger am 3. November 2011 Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, den der Senat mit Beschluss vom 6. Mai 2014 zugelassen hat.

33

Mit ihrer am 6. Juni 2014 - der Zulassungsbeschluss ist den Klägern am 9. Mai 2014 zugestellt worden - eingegangenen Berufung verfolgen sie ihr Ziel weiter. Zur Begründung vertiefen sie ihr erstinstanzliches Vorbringen und legen weitere ärztliche Atteste vor, die den Gesundheitszustand der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 2) dokumentieren und belegen sollen.

34

Im Einzelnen:

35

- Bericht der Diplompsychologin … vom 07. Mai 2011,

36

- Bescheinigung über die Behandlungsaufnahme einer Psychotherapie bei der Diplompsychologin … vom 07. Mai 2012,

37

- Bericht der Diplompsychologin … vom 22. August 2012, vom 14. Oktober 2012 und 17. Mai 2013,

38

- Bericht der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie … vom 17. April 2013,

39

- ärztliche Bescheinigung der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie … vom 23. Mai 2016

40

und

41

- Abschlussbericht der Diplompsychologin … vom 23. November 2016

42

sowie betreffend den Kläger zu 2):

43

- Fachärztliche Stellungnahme des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie Dr. med. … vom 24. November 2011,

44

- Psychotherapeutische Stellungnahme des Diplomsozialpädagogen … vom 7. November 2012,

45

- Attest des Diplompsychologen … vom 8. März 2014,

46

- Bericht der Ergotherapeutin … vom 3. Mai 2016

47

und

48

- Ärztliche Bescheinigung der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie … vom 31. Mai 2016.

49

Aus diesen fachärztlichen und psychologischen Stellungnahmen gehe hervor, dass die Klägerin zu 1) an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide, die mit einer paranoid-halluzinatorischen Symptomatik einhergehe. Auslöser hierfür sei die Ermordung ihres Ehemannes sowie ihrer Vergewaltigung im Kosovo gewesen. Aus fachärztlicher Sicht drohe ihr deshalb im Falle der Rückkehr die völlige psychische Destabilisierung bis hin zum Suizid. Die Kläger zu 2) und 3), die Zeugen der Ermordung ihres Vaters und der Vergewaltigung ihrer Mutter gewesen seien, seien ebenfalls schwer traumatisiert und benötigten kinderpsychiatrische Behandlung. Nach den vorliegenden Erkenntnisquellen sei eine posttraumatische Belastungsstörung, die mit einer Retraumatisierungsgefahr einhergehe, im Kosovo nicht adäquat behandelbar. Gerade die Retraumatisierungsgefahr führe dazu, dass im Kosovo eine Heilungsmöglichkeit nicht gegeben sei. Demgemäß würde sich der Gesundheitszustand der Klägerin zu 1) und auch der der Kläger zu 2) und 3) im Falle der Rückkehr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in lebensbedrohlicher Weise verschlechtern. Zudem sei die Klägerin zu 1) als schwer psychisch erkrankte alleinerziehende Mutter von zwei Kleinkindern und zwei weiteren ebenfalls psychisch kranken Schulkindern im Falle einer Rückkehr in den Kosovo ebenso wie in Serbien nicht in der Lage, ihr wirtschaftliches Existenzminimum sicherzustellen. Demgemäß drohten ihr auch vor diesem Hintergrund ernsthafte Gefahren für Leib und Leben infolge der drohenden Obdachlosigkeit und der unzureichenden Versorgung mit dem Lebensnotwendigsten.

50

Die Kläger beantragen,

51

1. unter Änderung des angefochtenen Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 29. September 2011 den Bescheid der Beklagten vom 6. November 2008 aufzuheben und

52

2. die Beklagte zu verpflichten, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen sowie

53

3. festzustellen, dass im Falle der Kläger Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen sowie

54

4. hilfsweise weiter festzustellen, dass im Falle der Kläger die Voraussetzungen der § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bzw. § 4 AsylVfG sowie § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.

55

Die Beklagte hat in einem Schriftsatz vom 9. Dezember 2016, der am 15. Dezember 2016 eingegangen und dem Senat nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegt worden ist, beantragt,

56

die Berufung zurückzuweisen.

57

Die Berichterstatterin hat der Klägerin zu 1) sowie den Klägerin zu 2) und 3) mit Verfügung vom 24. Februar 2016 aufgegeben, mitzuteilen, ob sie sich weiterhin in psychotherapeutischer und/oder psychiatrischer Behandlung befänden und ggf. ärztliche Atteste einzureichen, die eine Behandlung belegten. Daraufhin haben die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) jeweils ärztliche Atteste der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie … aus Brunsbüttel vom 23. Mai 2016 und 31. Mai 2016 über eine erstmalige Vorstellung am 6. April 2016 (Kläger zu 2)) und am 20. April 2016 (Klägerin zu 1)) vorgelegt. Ferner haben sie betreffend die Kläger zu 2) bis 3) Berichte der Ergotherapeutin … jeweils vom 3. Mai 2016 und betreffend die Kläger zu 1) bis 3) jeweils vom 24. November 2016 vorgelegt. Hinsichtlich des Klägers zu 3) haben die Kläger angegeben, dass dieser bisher nicht psychiatrisch behandelt worden sei.

58

Weiterhin haben die Kläger mit Schriftsatz vom 30. November 2016 einen mit Verfügung der Berichterstatterin vom 18. November 2016 geforderten Abschlussbericht der Diplompsychologin … vom 23. November 2016 vorgelegt. Danach habe sich die Klägerin zu 1) in der Zeit von Juni 2012 bis April 2014 in der psychotherapeutischen Behandlung befunden. Diagnostiziert worden sei eine PTBS. Zudem hätten Symptome vermutlich psychotischer Natur vorgelegen, deren Behandlung nicht in ihr Fachgebiet gefallen sei. Die Behandlung sei im April 2014 durch die Nichtwahrnehmung von Terminen abgebrochen worden.

59

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des weiteren Inhalts der eingereichten Berichte/ Atteste der Ärzte, Psychologen und Therapeuten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge.

Entscheidungsgründe

60

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage (Hauptanträge und Hilfsantrag) zu Recht abgewiesen.

61

Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt des Gerichts (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz - AsylG -) rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

62

Die Asylanträge der Kläger (I.) sind offensichtlich und die Anträge der Kläger auf Feststellung von Abschiebungshindernissen (II.) unbegründet.

63

I. §§ 3, 4 AsylG, § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG

64

Nach § 29a AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 droht. Gemäß § 29a Abs. 2 AsylG sind sichere Herkunftsstaaten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die in Anlage II bezeichneten Staaten.

65

Der Staat Kosovo ist seit dem 24. Oktober 2015 (Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015, BGBl. I S. 1722) sicheres Herkunftsland gemäß Anlage II zu § 29a AsylG, Art. 16a Abs. 3 GG. Anlass an der Verfassungsmäßigkeit und der Vereinbarkeit dieser gesetzgeberischen Entscheidung mit dem Europarecht zu zweifeln, bestehen nicht. Der Gesetzgeber ist aufgrund einer Auswertung der Auskunftslage und der Rechtsprechungspraxis zum Kosovo zu einer nachvollziehbaren Bewertung gelangt, die den Kriterien des Art. 16a Abs. 3 GG und der Art. 36 und 37 der Richtlinie 213/32/EU vom 26. Juni 2013 gerecht wird.

66

Die Kläger haben nicht dargelegt, dass ihnen abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG droht.

67

Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II, S. 595, 560), wenn er sich 1. aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe und 2. außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.

68

Nach § 4 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden drohe. Als ernsthafter Schaden gilt nach Nummer 1. die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, nach Nummer 2. Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder nach Nummer 3. eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

69

Zur Ausräumung der Vermutung ist nur ein Vorbringen zugelassen, dass die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal der Kläger gründet, wobei allerdings auch die allgemeinen Verhältnisse zu berücksichtigen sein können. Die Vermutung ist erst ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muss vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im Allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit der Kläger glaubhaft seien (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.05.1996 - 2 BvR 51507/93 -, - 2 BvR 1508/93 - BVerfGE 94, 115 ff., Juris, Rdnr. 98).

70

Nach diesen Maßstäben haben die Kläger Gründe im Sinne des § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 AsylG nicht dargelegt und damit die gesetzliche Vermutung ihrer Nichtverfolgung nicht widerlegt.

71

Das Vorbringen der Klägerin zu 1), sie sei anlässlich eines Überfalls unbekannter maskierter und bewaffneter Albaner in ihrem Haus in dem Dorf Orašje bei Pèc vor den Augen ihres Ehemannes und ihrer Kinder, den Klägern zu 2) bis 4) - bereits schwanger mit dem Kläger zu 5) - vergewaltigt worden und im Anschluss daran sei ihr Ehemann vor ihren Augen und den der Kläger zu 2) bis 4) getötet worden, als wahr unterstellt, erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG und/ oder des § 4 Abs. 1 AsylG. Die Kläger müssten sich - ihren Vortrag als wahr unterstellt - auf den Schutz durch den Staat Kosovo verweisen lassen. Demgemäß besteht auch kein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), denn die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind mit denen in § 3 Abs. 1 AsylG deckungsgleich, da beide auf der Genfer Flüchtlingskonvention beruhen. § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist ausschließlich als Umsetzung der völker- und europarechtlichen Verpflichtung eine Person, die Flüchtling ist, nicht abzuschieben, anzusehen. Insoweit ist § 3 AsylG die Rechtsgrundlage für die Zuerkennung durch das BAMF im Rahmen eines Asylverfahrens und § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG regelt die wichtigste daraus resultierende Rechtsfolge, und zwar das Verbot der Abschiebung (vgl. zum Ganzen Huber, AufenthG, 2. Auflage 2016, Rn. 6f. zu § 60).

72

II. Abschiebungsverbote nach §§ 60 Abs. 7 Satz 1, 60 Abs. 5, 60 Abs. 2 bis 4, 60 Abs. 6 AufenthG

73

Vielmehr zielt das Vorbringen der Klägerin zu 1) sowie das der Kläger zu 2) und 3), sie litten an einer posttraumatischen Belastungsstörung, ausgelöst durch die Ereignisse im Kosovo (Vergewaltigung der Klägerin zu 1) und Tötung ihres Ehemannes in Anwesenheit der Kläger zu 2) bis 4)) mit einhergehender Retraumatisierungsgefahr bei Rückführung in den Kosovo und das Vorbringen der Klägerin zu 1), sie sei als schwer psychisch erkrankte alleinerziehende Mutter von zwei Kleinkindern sowie zwei weiteren ebenfalls psychisch kranken Schulkindern im Falle einer Rückkehr in den Kosovo nicht in der Lage, ihr wirtschaftliches Existenzminimum sicherzustellen, so dass ihr ernsthafte Gefahren für Leib und Leben infolge der drohenden Obdachlosigkeit und der unzureichenden Versorgung mit dem Lebensnotwendigsten drohten, auf das Vorliegen von Abschiebungsverboten i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG und § 60 Abs. 5 AufenthG bzw. § 60 Abs. 2 AufenthG ab.

74

Aber auch die Voraussetzungen der vorgenannten Abschiebungshindernisse liegen nicht vor.

75

1. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG

76

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. In § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG hat der Gesetzgeber definiert, was unter einer „erheblichen konkreten Gefahr aus gesundheitlichen Gründen“ zu verstehen ist. Diese liegt danach nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Die Voraussetzungen dieses Abschiebungsverbotes nach den hier allein in Betracht kommenden Varianten der Leibes- oder Lebensgefahr lassen sich im Fall der Kläger zu 1) bis 3) nicht feststellen und sind für die Kläger zu 4) und 5) auch nicht dargetan.

77

Die Kläger zu 1) und 2) haben mit dem Einreichen der aktuellen ärztlichen Atteste – bei dem Kläger zu 3) liegt ein aktuelles nicht vor – nicht und schon gar nicht mit der Vorlage ergotherapeutischer Berichte hinreichend dargelegt, dass bei ihnen lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankungen vorliegen, die zudem im Zielstaat nicht behandelbar wären.

78

Der ärztliche Bericht der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie ... vom 23. Mai 2016 weist für die Klägerin zu 1) als Diagnose eine posttraumatische Belastungsstörung (F 43.1 V) aus. Worauf die Diagnose gestützt wird, lässt sich dem ärztlichen Attest indes nicht entnehmen. Es steht zu vermuten, dass die Ärztin die Angaben der Klägerin zu 1) zugrunde gelegt hat. So hat die Ärztin zur Anamnese ausgeführt, dass die Klägerin angegeben habe, dass sie Träume im Kopf habe, da ihr Mann in ihrer Gegenwart im Kosovo ermordet worden sei. Sie sei die ganze Nacht wach. Sie betone immer wieder, dass sie die Toten und das Blut sehe. Sie könne sich von den Bildern keinesfalls lösen. Diese seien Tag und Nacht vorhanden. Bei der Schilderung habe die Klägerin nach Angaben der Ärztin kaum beeinträchtigend gewirkt. Ferner hat die Klägerin zu 1) danach angegeben, bereits bei Frau ... sechs Jahre lang eine ambulante Psychotherapie durchlaufen zu haben, von der sie aber nicht habe profitieren können. Diese habe sie vor ca. einem Jahr abgebrochen, da sie einen Termin versäumt habe. Sie fürchte jetzt in den Kosovo abgeschoben zu werden und wünsche sich deshalb eine schriftliche psychiatrische Erklärung für ihren Rechtsanwalt. Als psychopathologischer Befund wird ausgeführt, dass bei der Klägerin zu 1) keine Hinweise auf inhaltliche Denk,- Wahrnehmungs- oder Ich-Störungen bestünden und auch eine akute oder latente Suizidalität glaubhaft verneint werde. Die Ärztin kommt nach der geschilderten Symptomatik zu dem Ergebnis, dass eine posttraumatische Belastungsstörung nicht sicher auszuschließen sei. Ferner hat sie ausgeführt, dass ein Heilungserfolg wegen der drohenden Abschiebung, die mit Angst und der Reaktualisierung der Symptomatik verbunden sei, nicht bestünde.

79

Ungeachtet der Frage, dass der Bericht nicht den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an ärztliche Atteste genügt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.07.2012 - 10 B 21.12 -, Rdnr. 7 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Senats, zitiert nach Juris), belegt dieses noch nicht einmal das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Denn die Psychiaterin gelangt offenbar aufgrund der Angaben der Klägerin lediglich zu dem Schluss, dass bei ihr eine posttraumatische Belastungsstörung nicht sicher auszuschließen sei.

80

Im Übrigen genügte das ärztliche Attest aber auch nicht den Anforderungen der oben zitierten Rechtsprechung. Dazu hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 26. Juli 2012 - 10 B 21.12 - zitiert nach Juris, Rdnr. 7, ausgeführt:

81

„Der Senat hat in zwei Entscheidungen vom 11. September 2007 zur Substantiierung eines Sachverständigenbeweisantrages, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen PTBS zum Gegenstand hat, angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attestes verlangt. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben dazu wie lange und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Desweiteren soll das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Ergebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist (Urt. v. 11.09.2007 - BVerwG 10 C 8.07 -, BVerwGE 129, 251, Rdnr. 15 = Buchholz 402.242, § 60 Abs. 2 ff. AufenthG, Nr. 30 Rdnr. 15 und - BVerwG 10 C 17.07 -, Buchholz 404.242, § 60 Abs. 2 ff. AufenthG, Nr. 31 Rdnr. 15).“

82

Zwar hat die Klägerin zu 1) im Zulassungsverfahren mehrere Berichte der Diplompsychologin ..., und zwar vom 22. August 2012, vom 14. Oktober 2012 und vom 17. Mai 2013 vorgelegt, nach denen sie unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Dabei hat die Psychologin im Rahmen der Diagnostik zur psychotherapeutischen Behandlung der Klägerin zu 1) auch einen wissenschaftlich anerkannten Test zur Erfassung posttraumatischer Belastungsstörungen (CAPS, CLINICAN-ADMINISTERED PTSD SCALE FOR DSM-IV) durchgeführt. Danach hätten die ausgewerteten Daten sich auf die Ermordung des Ehemannes als primär traumatisierendes Ereignis bezogen und die Auswertung des Tests einen Summenrohwert von 113, welcher für eine extrem schwere PTBS-Symptomatik (F 43.1) stehe, ergeben. Zudem bestünde als Auswirkung der PTBS eine latente Suizidalität. Ferner hat die Psychologin ausgeführt, dass bei einer schweren PTBS eine psychische Stabilisierung erst nach einer langfristigen Behandlung (in aller Regel mehrere Jahre) zu erlangen sei. Allerdings liegt dem Senat, ungeachtet des Umstandes, dass sich den ärztlichen Attesten und Berichten ohnehin nicht entnehmen lässt, ob die jeweiligen Behandler als primär traumatisierendes Ereignis lediglich die ihnen gegenüber gemachten Angaben der Klägerin - was nicht ausreichend wäre – zugrunde gelegt haben, eine aktuelle ärztliche Bescheinigung der Diplompsychologin und Psychologischen Psychotherapeutin … nicht vor. Anders als der Psychologin …, der als Grundlage ihrer Diagnose zumindest Teile des Verwaltungsvorganges (Anhörung vor dem BAMF und Bescheid) zur Verfügung standen (vgl. psychologische Stellungnahme der Diplompsychologin … vom 7. Februar 2011), lässt sich dies den Berichten der Psychologin ... nicht entnehmen. Beiden Berichten ist aber gemeinsam, dass sich die Psychologinnen nicht mit den widersprüchlichen Angaben der Klägerin zu 1) hinsichtlich der Frage, ob ihr Ehemann getötet oder von den Albanern mitgenommen worden sein und wann dies geschehen sein soll (vor Beginn des „Krieges“ im Jahre 1999, im Jahre 2004 als sie mit dem Kläger zu 5) schwanger war oder im Jahre 2006), auseinandergesetzt haben. Ein allein auf der Basis wahrscheinlich ungeprüfter bzw. nicht ersichtlich geprüfter Angaben zugrunde gelegtes Trauma im Zielstaat kann keinen Beweis für die Diagnose einer PTBS erbringen. Zudem liegt der letzte Bericht zwei Jahre und drei Monate zurück. Die Klägerin zu 1) hat ausweislich des am 30. November 2016 eingereichten Abschlussberichtes der Diplompsychologin ... vom 23. November 2016 die Behandlung durch Nichterscheinen zu Terminen abgebrochen. Dies hat sie in ihrer Anhörung auch bestätigt und damit begründet, dass sie ein Kind von ihrem deutschen Lebensgefährten bekommen habe und es ihr nicht gut gegangen sei. Aber auch dem Abschlussbericht lässt sich das Vorliegen einer schwerwiegenden oder gar lebensbedrohlichen Erkrankung bei Behandlungsabbruch im April 2014 nicht entnehmen. Die Psychologin hat darin lediglich ausgeführt, dass sich der Zustand der Klägerin nach ihrer Schwangerschaft im Jahre 2013 verschlimmert habe und in der Behandlung wegen des Verdachtes auf eine psychotische Erkrankung, die nicht in ihr Fachgebiet falle, sondern psychiatrisch abgeklärt werden müsse, nur begrenzte Ziele hätten erreicht werden können. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie ... hat indes dem aktuellen Bericht vom 23. Mai 2016 nach bei der Klägerin zu 1) keine psychiatrische Erkrankung diagnostiziert. Eine PTBS hat sie nach dem von der Klägerin zu 1) geschilderten Verlauf, also wiederum allein basierend auf den klägerischen Angaben, nur nicht sicher ausgeschlossen und über eine aktuelle Suizidgefahr verhält sich der Bericht nur insoweit, als eine akute oder latente Suizidalität von der Klägerin zu 1) glaubhaft verneint werde. Auch die Anhörung hat kein anderes Bild gezeichnet. Die Klägerin hat zwar angegeben, dass sie Medikamente - die Art der Medikation konnte sie nicht angeben - einnehmen müsse, um ihren Alltag zu bewältigen und bei Frau ... eine Psychotherapie wahrnehme. Allerdings hat die Klägerin zu 1) dem Senat nicht den Eindruck einer schwer psychisch kranken Frau vermittelt. Vielmehr dürfte die Psychotherapie im Zusammenhang mit der Auflage des Senats im Februar 2016 aufgenommen worden sein. So geht aus dem Bericht der Ärztin ... hervor, dass sich die Klägerin zu 1) am 20. April 2016 erstmalig in der Praxis vorgestellt habe. Darin kommt auch klar zum Ausdruck, warum sie dies getan hat, und zwar weil sie befürchte in den Kosovo abgeschoben zu werden und deshalb eine schriftliche psychiatrische Bestätigung für ihren Rechtsanwalt wünsche. Demgemäß ist auch die offenbar unmittelbar danach aufgenommene Psychotherapie in diesem Lichte zu betrachten und drängt sich die Frage der Erforderlichkeit einer Psychotherapie erst nach Auflage des Senats nahezu auf. Daran ändert auch nichts, dass die Klägerin zu 1) als Grund für den Therapieabbruch bei Frau ... gesundheitliche Probleme im Zusammenhang mit der Geburt ihres Sohnes angegeben hat. Denn offenbar ist sie auch ohne eine Psychotherapie nicht lebensbedrohlich erkrankt, wie sich aus dem Bericht der Psychiaterin ... vom 23. Mai 2016 unschwer entnehmen lässt.

83

Bei den Klägern zu 2) und zu 3) gelten in Bezug auf das behauptete Krankheitsbild einer posttraumatischen Belastungsstörung die obigen Erwägungen ebenso. Auch der Kläger zu 2) hat sich nach der gerichtlichen Auflage vom 24. Februar 2016 erstmalig am 6. April 2016 bei der Psychiaterin ... in Brunsbüttel vorgestellt. Der fachärztliche Bericht vom 31. Mai 2016 weist als Diagnose einen Verdacht auf eine paranoide Schizophrenie aus. Anders als noch in der Stellungnahme des Diplomsozialpädagogen und Diplompsychologen … vom 8. März 2014 ist danach eine posttraumatische Belastungsstörung als Diagnose nicht mehr angegeben. Unklar bleibt aber sowohl nach dem Bericht des Diplompsychologen … vom 7. November 2012 als auch nach dem des Diplompsychologen ... vom 8. März 2014 auf welcher medizinischen Grundlage diese zu der Diagnose „PTBS“ gelangt sind. Das Krankheitsbild der Paranoiden Schizophrenie ist ausweislich des ärztlichen Attestes der Psychiaterin ... vom 31. Mai 2016 lediglich als Verdacht angegeben. Eine akute oder latente Suizidalität des Klägers wird glaubhaft verneint. In Bezug auf den Gesundheitszustand des Klägers zu 3) liegt dem Senat lediglich ein Bericht des Kinderarztes Dr. med. ... und des Diplompsychologen ... vom Kinderzentrum ... vom 12. März 2007 vor, der als Diagnose eine schwere frühkindliche Traumatisierung ausweist. Auch diesem Bericht ist nicht zu entnehmen, wie der Arzt und der Psychologe in ihrer Zusammenfassung dazu gelangen, dass der Kläger zu 3), der wegen Verhaltensauffälligkeiten die situationsübergreifend sowohl im Kindergarten als auch im häuslichen Bereich aufgetreten seien, eine schwere frühkindliche Traumatisierung erlitten habe. Zudem ist das Attest nahezu zehn Jahre alt und ausweislich des aktuell eingereichten Berichtes der Ergotherapeutin … vom 28. November 2016 hat der Kläger zu 3) wegen fehlender ortsnaher Behandlungsmöglichkeit bisher keine psychiatrische Behandlung erfahren.

84

Liegt aber bereits bei den Klägern zu 1) bis 3) keine erhebliche Gefahr aus gesundheitlichen Gründen wegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung vor, ist es für die Entscheidung ohne Belang, ob diese sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtert, also nicht behandelbar wäre (a); (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 4 AufenthG) und ob eine PTBS überhaupt durch ein Trauma im Zielstaat ausgelöst worden ist (b). Im Falle des Klägers zu 2) wäre zudem in den Blick zu nehmen, dass nach den ärztlichen Attesten ohnehin unklar geblieben ist, was Auslöser des Verdachtes der paranoiden Schizophrenie gewesen ist. In Betracht käme auch das traumatische Erlebnis, dass der Kläger zu 2) durch den an ihm im Jahre 2008 begangen sexuellen Missbrauch in der Asylbewerberunterkunft in Lübeck/ Deutschland, also einem im Inland erlebten Trauma, erfahren hat. Dies ist insoweit beachtlich, als das die das Abschiebungsverbot begründenden Umstände an Gegebenheiten dieses Landes anknüpfen müssen. Denn soweit eine geltend gemachte Gesundheitsverschlechterung ihren Grund in Gegebenheiten und Vorgängen im Aufenthaltsland Deutschland finden, können sie dem Bundesamt gegenüber nicht als Abschiebungsverbot geltend gemacht werden (vgl. dazu OVG Münster, Beschluss vom 5. Juni 2007 - 13 A 4569/05.A -, Rn. 24ff., zitiert nach Juris mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Begriff der „Gefahr“).

(a)

85

Wenngleich es nach den obigen Erwägungen nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, wäre die von der Klägerin zu 1) und den Klägern zu 2) und 3) geltend gemachte posttraumatische Belastungsstörung und die für den Kläger zu 2) geltend gemachte paranoide Schizophrenie im Kosovo behandelbar; (vgl. Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo/Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylVfG (Stand September 2016) des Auswärtigen Amtes vom 7. Dezember 2016, Ziffer 1.2.4 „psychische Erkrankungen, Seite 24f., Ziffer 2. „Behandlung von Rückkehrern“, S. 26ff., Asyldok. Kosovo Nr. 60). Vor diesem Hintergrund wäre es nicht „beachtlich wahrscheinlich“, dass sich der psychische Zustand der Klägerin zu 1) und der der Kläger zu 2) und 3) im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG wesentlich verschlechtern würde. Dabei ist zum Einen zu beachten, dass es nicht erforderlich ist, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik gleichwertig ist und eine solche in der Regel auch vorliegt, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaates gewährleistet ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 und 4 AufenthG). Danach genügt für die Annahme einer "Gefahr" im Sinne dieser Vorschrift nicht die bloße Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in Leib oder Leben zu werden. Eine "beachtliche Wahrscheinlichkeit" eines solchen Eingriffs ist vielmehr (erst dann) anzunehmen, wenn aus Sicht eines besonnenen, vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Schutzsuchenden bei zusammenfassender Bewertung des relevanten Sachverhalts die für eine Verletzung der genannten Rechtsgüter sprechenden Umstände größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Oktober 1985 - 9 C 20.85 -, DVBl. 1986, 102, vom 5. November 1991 - 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162, 169, vom 5. Juli 1994 - 9 C 1.94 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 173, u. vom 17. Oktober 1995, a.a.O.; BVerfG, Beschluss vom 5. März 1990 - 2 BvR 938/89 u. 1467/89 - InfAuslR 1990, 165, wonach "gleichermaßen wahrscheinlich wie unwahrscheinlich" keine beachtliche Wahrscheinlichkeit begründet).

86

Soweit sich aus Auskünften der SFH-Länderanalyse vom 4. Juli 2016, vom 31. August 2016 und vom 30. September 2016 (Asyldok. Kosovo 60b, 61, 63) zum Teil ungenügende Behandlungsmöglichkeiten für schwere psychische Erkrankungen und schlechte Bedingungen in psychiatrischen Einrichtungen des Landes ergeben, ist es nach der gesetzgeberischen Intension eben gerade nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG).

87

Dabei kann dahinstehen, von wo die Kläger im Kosovo stammen, denn eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch dann vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaates gewährleistet ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG). Vorliegend stammen die Kläger aber nach eigenen Angaben aus dem Dorf Orašje bei Pèc. In der Stadt Pèc befindet sich eines von neun regionalen Gesundheitszentren zur Behandlung von psychischen Erkrankungen und eines von vier Regionalkrankenhäusern mit einer psychiatrischen Abteilung.

88

Im Übrigen wären etwaigen inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen erst anlässlich einer konkret in Aussicht genommenen Abschiebungsmaßnahme zunächst seitens der zuständigen Ausländerbehörde nachzugehen (BVerwG, Urt. v. 11.11.1997 - 9 C 13.96 -, BVerwGE 105, 322 ff., Rdnr. 8 f., zitiert nach Juris). Dies beträfe auch eine etwaige rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung der Kläger wegen Reiseunfähigkeit im engeren Sinne oder - außerhalb des Transportvorgangs - im weiteren Sinne gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (BVerfG, Beschl. v. 26.2.1998 - 2 BvR 185/98 -, v. 16.4.2002 - 2 BvR 553/02 - u. v. 17.9.2014 -2 BvR 1795/14 -).

89

Zudem droht den Klägern auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche konkrete individuelle Gefahr für Leib oder Leben infolge Verhungern und Obdachlosigkeit (Verelendung). Den Klägerin stehen bei einer Rückkehr in den Kosovo grundsätzlich keine Unterbringungsprobleme, eine medizinische Unbehandelbarkeit ihrer gesundheitlichen Einschränkungen oder Fragen der existenzsichernden Grundversorgung entgegen (vgl. Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo/Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland i.S.d. § 29a AsylVfG (Stand September 2016) v. 7.12.2016, Ziffern 1.3.2 „Wohnraum“, 1.3.4 „staatliche Sozialleistungen und Gesundheitsversorgung“, S 11f., IV. „Rückkehrerfragen“, 1. „Situation für Rückkehrer“, 1.1 „Grundversorgung“, 1.2 „medizinische Versorgung“, 2. Behandlung von Rückkehrern, Seite 18 ff.).

(b)

90

Ferner kommt es nach den obigen Erwägungen ebenfalls nicht entscheidungserheblich darauf an, dass die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) und 3) im Zielstaat ein Trauma erlebt haben, das die geltend gemachte posttraumatische Belastungsstörung ausgelöst haben könnte.

91

Dazu sei indes angemerkt, dass der Senat sich nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung unter zusammenfassender wertender Betrachtung aller relevanten Umstände und Aspekte (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), insbesondere unter freier Beweiswürdigung des Vorbringens der Klägerin zu 1) im Verwaltungsverfahren und der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 2) im gerichtlichen Verfahren einschließlich der Anhörung der Kläger zu 1) und des Klägers zu 2) in der mündlichen Verhandlung nicht die Überzeugung von dem von der Klägerin zu 1) geschilderten Ereignis im Kosovo hat verschaffen können.

92

Als für die behauptete PTBS ursächliches traumatisierendes Ereignis haben die Kläger zu 1) bis 3) - zusammengefasst - angegeben, ihr Haus in Oraše bei Pèc sei von drei maskierten und bewaffneten Albanern überfallen worden. Die Klägerin zu 1) - bereits schwanger mit dem Kläger zu 5) - sei von den Albanern vor den Augen ihres Ehemannes und der der Kläger zu 2) bis 4) vergewaltigt worden und im Anschluss daran sei ihr Ehemann vor ihren Augen und den der Kläger zu 2) bis 4) getötet worden. Das Haus sei abgebrannt worden, andere Häuser im Dorf hätten auch gebrannt. Überall hätten Tote herumgelegen. In ihrem Dorf seien viele getötet worden, Männer und Frauen. Es habe auch aufgehängte und aufgespießte Köpfe gegeben.

93

Nach Würdigung der Angaben der Klägerin zu 1) gegenüber Herrn G., Einwohnerzentralamt - Ausländerabteilung - der Stadt Hamburg (14. August 2006) und gegenüber einem Sachbearbeiter des Bundesamtes (2. November 2007) sowie der Angaben der Kläger zu 1) und 2) in den gerichtlichen Anhörungen hält der Senat diese für unglaubhaft und daher nicht beachtlich wahrscheinlich. Wegen der Beweiswürdigung wird auf die umfassenden Darlegungen des Verwaltungsgericht, denen sich der Senat auch unter Berücksichtigung der Angaben und des persönlichen Eindrucks, den die Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung gemacht hat, anschließt, verwiesen (UA S. 4 bis 8).

94

Wie das Verwaltungsgericht zu Recht erkannt hat (UA S. 5 bis 6) ist bereits die zeitliche Einordnung des angeblichen Überfalls „vor dem Krieg“ nicht plausibel. Das Verwaltungsgericht hat auf den Beginn des Krieges vor den NATO-Luftangriffen auf Serbien im Frühjahr 1999 abgestellt. Zu diesem Zeitpunkt war aber der Kläger zu 2) noch nicht einmal ein Jahr alt und der Kläger zu 3) - beide sollen die Vergewaltigung der Klägerin zu 1) und die Tötung ihres Vaters miterlebt haben – war noch nicht einmal geboren. Der Kläger zu 5), mit dem die Klägerin zu 1) zum Zeitpunkt des behaupteten Überfalls schwanger gewesen sein soll, soll in einem Kombi auf dem Weg nach Deutschland und ausweislich der Geburtsurkunde in Oraše bei Pèc am 28. August 2004 geboren sein. Zudem ist vor dem Hintergrund ihrer am 14. August 2006 gegenüber dem Ausländeramt in Hamburg gemachten Angaben, sie halte sich seit ca. sechs Tagen in Hamburg, Deutschland, auf und dem in der Geburtsurkunde des Klägers zu 5) beurkundeten Geburtsort „Orašje, Pèc, Kosovo“ nicht glaubhaft, dass sie mit der Hilfe eines ihr unbekannten Mannes unmittelbar (ca. 1 Monat) nach dem Überfall geflohen sein und den Kläger zu 5) im Kombi dieses Mannes auf dem Weg nach Deutschland geboren haben soll. Plausibler ist hingegen, dass die Klägerin zu 1) im Jahre 2006 nach Hamburg, wo bereits Verwandtschaft lebte, eingereist ist und für den Transport bzw. die „Flucht“ auch bezahlt hat, wie sich aus ihren ersten Angaben gegenüber dem Ausländeramt der Stadt Hamburg unschwer ergibt. Ihre widersprüchlichen Angaben hinsichtlich der Schilderung der Bezahlung des Transports hat sie in der mündlichen Verhandlung auch nach Vorhalt nicht aufgeklärt, sondern darauf mit einer ausweichenden Antwort reagiert (vgl. Seite 5, 3. und 4. Absatz des Sitzungsprotokolls vom 15. Dezember 2016, Bl. 501 d. A.). Der Senat hatte in ihrer Anhörung nicht den Eindruck, dass sie der Sitzung etwa wegen der von der Psychiaterin ... als Diagnose aufgeführten Minderbegabung, wobei sich dem Bericht die Grundlage der Diagnose (Intelligenztests pp) nicht entnehmen lässt, nicht folgen konnte bzw. die Fragen und Vorhalte nicht verstanden hat. Im Gegenteil: Der Senat hat sie als voll orientierte Person wahrgenommen, die immer dann ausweichende und vereinfachende Antworten gegeben und mit krankheitsbedingten Erinnerungslücken reagiert hat, wenn ihr widersprüchliche Angaben aufgezeigt worden sind. Dass die Klägerin zu 1) das Geschehen sehr genau verfolgt hat, zeigt sich insbesondere an ihrer Erklärung am Ende der Sitzung. Daran wird deutlich, dass sie die zuvor erörterten Auskünfte verstanden und diese als realitätsfern befunden hat (vgl. Seite 9 des Sitzungsprotokolls vom 15. Dezember 2016, Bl. 503 d. A.).

95

Selbst wenn man aber zugunsten der Klägerin, was die Anhörung aber nicht ergeben hat, auf die „März-Unruhen“ des Jahres 2004 abstellte, gibt die Auskunftslage ein Massaker, wie es im Dorf der Klägerin zu 1) nach ihren Angaben stattgefunden haben soll, nicht her (vgl. dazu Update der Situation der Ethnischen Minderheit nach den Ereignissen vom März 2004, Kosovo, Schweizer Flüchtlingshilfe, Reiner Mattern vom 24. Mai 2004, S. 12, Asyldok. Serbien/ Montenegro, Nr. 774; Auskunft zur aktuellen Situation im Kosovo des Bundesamtes für Anerkennung ausländlicher Flüchtlinge vom 26. April 2004, Asyldok. Serbien/ Montenegro Nr. 771a Serbien/Montenegro zu 2. „Lage der Minderheiten“, S. 2; Bundesamt, Informationszentrum Asyl und Migration, Serbien und Montenegro/Kosovo, Erkenntnisse des Bundesamtes, Mai 2004, Serbien/Montenegro, Asyldok. Nr. 771c und UNHCR, UNHCR-Position zur fortdauernden internationalen Schutzbedürftigkeit für Personen aus dem Kosovo, August 2004 vom 13. August 2004, Serbien/Montenegro, Nr. 789b). Alle diese Auskünfte ergeben keine Hinweise darauf, dass Häuser im Dorf Orašje bei Pèc niedergebrannt worden und Menschen zu Tode gekommen sein sollen. Erst Recht findet sich in den Auskünften keine Tötungsform in Form des Aufhängens bzw. Aufspießens von Köpfen.

96

Letztlich konnte die Klägerin zu 1) auch in ihrer Anhörung die widersprüchlichen Angaben zur Tötung ihres Ehemannes nicht sicher aufklären. Es bleibt danach unklar, ob der Ehemann der Klägerin zu 1) von Albanern getötet oder mitgenommen worden ist oder überhaupt ein Überfall stattgefunden hat. Daran ändern auch die Angaben des Klägers zu 2), der zum Zeitpunkt des behauptete Überfalls sechs Jahre alt gewesen sein soll, nichts. Seine Angaben (vgl. Seite 8 des Sitzungsprotokolls vom 15. Dezember 2016, Bl. 502 R d. A.) sind so detailarm, dass mit ihnen nicht einmal das Kerngeschehens geschildert ist. Vielmehr deuten seine Angaben auf eine Verwechslung von Erlebtem und Erzähltem, welches durch häufige Wiederholungen wie Erlebtes empfunden wird, hin.

97

2. § 60 Abs. 5 AufenthG, § 60 Abs. 2 AufenthG

98

Schließlich liegen auch nicht die Voraussetzungen des zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes des § 60 Abs. 5 AufenthG vor.

99

Danach darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konventionen vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. In Betracht käme allenfalls eine Verletzung des Art. 3 EMRK in Bezug auf die von den Klägern geltend gemachten gesundheitlichen Einschränkungen und schlechten humanitären Bedingungen (drohende Obdachlosigkeit und Verelendung) und damit die Prüfung, ob die Kläger im Falle einer Abschiebung tatsächlich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr liefen, einer dieser absoluten Schutznorm widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kann eine Verletzung des Art. 3 EMRK ausnahmsweise dann in Betracht kommen, wenn die Kläger im Falle ihrer Abschiebung tatsächlich Gefahr liefen, im Aufnahmeland auf so schlechte humanitäre Bedingungen (allgemeine Gefahren) zu treffen, dass die Abschiebung dorthin eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellte. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse kann danach nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 -, m.w.N. insbesondere aus der einschlägigen EGMR-Rechtsprechung).

100

Dazu hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 31. Januar 2013, Rn. 23, Juris, ausgeführt:

101

„Entgegen der Auffassung der Revision ist der neueren Rechtsprechung des EGMR nicht zu entnehmen, dass sich der Maßstab für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bei Abschiebungen in Staaten mit schwierigen Lebensbedingungen nach den "für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung" bestimmt. Entsprechendes ergibt sich insbesondere nicht aus der Entscheidung des EGMR im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/06 - NVwZ 2011, 413). Bereits in seinem Beschluss vom 25. Oktober 2012 (BVerwG 10 B 16.12 - juris Rn. 8 f.) hat der Senat dargelegt, dass der EGMR davon ausgeht, dass die Staaten - unbeschadet ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich derer aus der Konvention selbst - das Recht haben, die Einreise fremder Staatsbürger in ihr Hoheitsgebiet zu regeln (EGMR, Urteile vom 28. Mai 1985 - Nr. 15/1983/71/107-109, Abdulaziz u. a./Vereinigtes Königreich - NJW 1986, 3007 Rn. 67; vom 18. Oktober 2006 - Nr. 46410/99, Üner/Niederlande - NVwZ 2007, 1279Rn. 54 und vom 28. Juni 2012 - Nr. 14499/09, A.A. u.a. - Rn. 71). Die Abschiebung durch einen Konventionsstaat kann aber dessen Verantwortlichkeit nach der Konvention begründen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. In einem solchen Fall ergibt sich aus Art. 3 EMRK die Verpflichtung, die Person nicht in dieses Land abzuschieben (stRspr, EGMR, Urteile vom 7. Juli 1989 - Nr. 1/1989/161/217, Soering/Vereinigtes Königreich - NJW 1990, 2183 Rn. 90 f. und vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi/Italien - NVwZ 2008, 1330 Rn. 125). Allerdings können Ausländer kein Recht aus der Konvention auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht nach dieser Rechtsprechung allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 - Nr. 26565/05, N./Vereinigtes Königreich - NVwZ 2008, 1334 Rn. 42). So hat der EGMR ein Abschiebungsverbot aus Art. 3 EMRK zugunsten eines im fortgeschrittenen, tödlichen und unheilbaren Stadiums an Aids Erkrankten angenommen, weil die Abschiebung seinen Tod beschleunigen würde, er keine angemessene Behandlung erreichen könne und kein Beweis für irgendeine mögliche moralische oder soziale Unterstützung im Zielstaat zu erbringen sei (EGMR, Urteil vom 2. Mai 1997 - Nr. 146/1996/767/964, D./Vereinigtes Königreich - NVwZ 1998, 161 Rn. 52 f.). Zusammenfassend führt der Gerichtshof zur Herleitung eines Abschiebungsverbots aus Art. 3 EMRK aufgrund von Krankheiten aus, dass angesichts der grundlegenden Bedeutung von Art. 3 EMRK im System der Konvention zwar eine gewisse Flexibilität notwendig sei, um eine Ausweisung (expulsion) in besonderen Ausnahmefällen zu verhindern. Doch verpflichte Art. 3 EMRK die Staaten nicht, Fortschritte in der Medizin sowie Unterschiede in sozialen und wirtschaftlichen Standards durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 a.a.O. Rn. 44).

102

Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen des nationalen Abschiebungsverbotes des § 60 Abs. 5 AufenthG nicht erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen im Kosovo, welches als sicherer Herkunftsstaat eingestuft worden ist, führen nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung der Kläger eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab liegen nicht vor. Eine zu berücksichtigende Gefährdung ergibt sich nicht aus der allgemeinen wirtschaftlichen Situation oder humanitären Lage. Insbesondere stehen einer Rückkehr grundsätzlich keine Unterbringungsprobleme, eine medizinische Unbehandelbarkeit ihrer gesundheitlichen Einschränkungen oder Fragen der existenzsichernden Grundversorgung entgegen (vgl. Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo/Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland i.S.d. § 29a AsylVfG (Stand September 2016) v. 7.12.2016, Ziffern 1.3.2 „Wohnraum“, 1.3.4 „staatliche Sozialleistungen und Gesundheitsversorgung“, S 11f., IV. „Rückkehrerfragen“, 1. „Situation für Rückkehrer“, 1.1 „Grundversorgung“, 1.2 „medizinische Versorgung“, 2. Behandlung von Rückkehrern, Seite 18 ff.).

103

Aus den gleichen Erwägungen sind auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG nicht erfüllt.

(3)

104

Schließlich liegen auch keine Abschiebungsverbote nach §§ 60 Abs. 3, Abs. 4 und Abs. 6 AufenthG vor, da deren Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

105

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

106

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

107

Die Revision wird nicht zuglassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO normierten Revisionsgründe vorliegt.


(1) Der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Herkunftsstaat) ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.

(2) Sichere Herkunftsstaaten sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die in Anlage II bezeichneten Staaten.

(2a) Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag alle zwei Jahre, erstmals zum 23. Oktober 2017 einen Bericht darüber vor, ob die Voraussetzungen für die Einstufung der in Anlage II bezeichneten Staaten als sichere Herkunftsstaaten weiterhin vorliegen.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage II bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Herkunftsstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein unbegleiteter Minderjähriger, erstrebt Abschiebungsschutz wegen Gefahren, die ihm in Afghanistan drohen.

2

Der am 1. März 1995 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste im August 2010 allein in die Bundesrepublik Deutschland ein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - lehnte seinen Asylantrag mit Bescheid vom 15. März 2011 ab, stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote vorliegen und drohte ihm die Abschiebung nach Afghanistan an.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte wegen der katastrophalen Versorgungslage im Heimatland des Klägers zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistans verpflichtet. Im Übrigen hat es das Verfahren eingestellt, nachdem die Klage hinsichtlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zurückgenommen worden war.

4

Mit Urteil vom 27. April 2012 hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Er hat seine Entscheidung damit begründet, dass nach rechtskräftiger Entscheidung des Verwaltungsgerichts über § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nur noch über den nationalen Abschiebungsschutz zu befinden sei. Bezüglich § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK sei die weitergehende und "unionsrechtlich aufgeladene" Schutznorm des § 60 Abs. 2 AufenthG vorrangig, d.h. im vorliegenden Falle nicht zu prüfen. Zugunsten des Klägers als unbegleitetem Minderjährigen bestehe aber ein nationales Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung. Zwar seien allgemeine Gefahren gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG im Rahmen von - hier nicht vorliegenden - Abschiebestopp-Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Diese Sperrwirkung werde aber unter Berücksichtigung der Schutzwirkungen der Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG überwunden, wenn der Ausländer in seinem Heimatland landesweit einer extrem zugespitzten allgemeinen Gefahr ausgesetzt wäre, so dass er "gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert" würde. Diese Voraussetzungen seien im Falle des minderjährigen Klägers gegeben. Denn bei unbegleiteten Kindern und Jugendlichen ohne Verwandte oder Bekannte in Afghanistan könne nicht davon ausgegangen werden, dass diese insbesondere in einer Großstadt wie Kabul eine Tageslohnarbeit fänden und sich damit notdürftig ernähren könnten. Vor dem Eintritt solcher Extremgefahren schützten auch nicht außerhalb Afghanistans lebende Familienangehörige. Selbst wenn mittlerweile Überweisungen aus Deutschland auf afghanische Konten ausgeführt werden könnten, verfüge der Kläger über keine Bankverbindung in Afghanistan und könnte sich eine solche auch nicht mit hinreichender Sicherheit verschaffen. Ausreichenden Schutz vor Extremgefahren entfalte schließlich auch nicht die Regelung des § 58 Abs. 1a AufenthG. Diese Norm, die Art. 10 Abs. 2 der Rückführungsrichtlinie umsetze, greife - strikt einzelfallbezogen - erst auf der Vollstreckungsebene. Als Schutznorm für Minderjährige könne sie im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht als Anspruchsausschluss gelesen werden. Ansonsten würden Kinder und Jugendliche wegen einer speziell sie schützenden Norm keinen Abschiebungsschutz (und entsprechenden Aufenthaltsstatus) erlangen. Zudem sei heute nicht absehbar, welche Ausländerbehörde für eine zukünftige Abschiebung des Minderjährigen zuständig sei. Solange weder die handelnde Behörde noch die Empfangsperson bzw. die aufnehmende Einrichtung im Abschiebungszielstaat feststehe, schütze allein die gesetzliche Regelung des § 58 Abs. 1a AufenthG Kinder und Jugendliche nicht hinreichend vor einer aktuell bestehenden Extremgefahr.

5

Die Beklagte rügt mit der Revision die mangelnde Tragfähigkeit der Gefahrenprognose des Berufungsgerichts. Zudem liege seit Einführung des § 58 Abs. 1a AufenthG für unbegleitete minderjährige Ausländer jedenfalls dann keine planwidrige Schutzlücke vor, wenn deren Rückkehrgefährdung maßgeblich auf dem Fehlen eines aufnahmebereiten Umfelds beruhe. Denn der durch diese gesetzliche Vorschrift vermittelte Schutz sei stärker als der eines Erlasses als bloßer Verwaltungsvorschrift.

6

Der Kläger tritt dem entgegen und macht geltend, dass er ohne Zuerkennung von Abschiebungsschutz jederzeit abgeschoben werden dürfe. § 58 Abs. 1a AufenthG vermittele keinen gleichwertigen Abschiebungsschutz, da der Vorbehalt einer aufnahmebereiten Einrichtung oder Person den Schutz von einer weiteren Einzelfallprüfung seitens der Ausländerbehörde abhängig mache. Die Auffassung der Beklagten verkehre die als Schutznorm für Kinder aufgenommene Bestimmung in ihr Gegenteil. Zudem seien nach Art. 3 Kinderrechtskonvention - KRK - die Behörden - und damit auch die Beklagte - verpflichtet, bei allen Regelungen das Kindeswohl vorrangig zu berücksichtigen, wobei u.a. nach Art. 24 Abs. 1 KRK einem Minderjährigen das "erreichbare Höchstmaß an Gesundheit" zu gewähren sei.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses hält die Revision für begründet.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat dem Kläger zu Unrecht nationalen Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG zugesprochen. Dabei hat er insbesondere verkannt, dass § 58 Abs. 1a AufenthG unbegleiteten Minderjährigen einen gleichwertigen anderweitigen Abschiebungsschutz vermittelt (1.). Des Weiteren hat das Berufungsgericht das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK nicht geprüft (2.). Da der Senat mangels ausreichender Feststellungen im Berufungsurteil nicht selbst abschließend über die Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden vermag, ist das Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

9

Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der Prüfung nationalen Abschiebungsschutzes (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 und 3 AufenthG) im Rahmen der Entscheidung über ein Asylbegehren ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- und Asylrecht Nr. 22, jeweils Rn. 10). Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte. Maßgeblich ist daher für das Revisionsverfahren das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 86). Dadurch haben sich jedoch die entscheidungserheblichen Vorschriften nicht geändert.

10

Den Umstand, dass der Kläger - aufgrund seines vom Berufungsgericht festgestellten Geburtstags am 1. März 1995 - im Laufe des Revisionsverfahrens das 18. Lebensjahr vollendet hat und damit volljährig geworden ist, hat der Senat bei der Prüfung der angefochtenen Entscheidung unberücksichtigt gelassen. Denn auch eine durch reinen Zeitablauf eingetretene Veränderung der tatsächlichen Umstände stellt sich revisionsrechtlich als eine neue Tatsache dar, die vom Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO grundsätzlich unberücksichtigt bleibt (Urteil vom 29. Juli 1985 - BVerwG 1 C 24.84 - Buchholz 402.24 § 2 AuslG Nr. 71 S. 184<188 f.> = DVBl 1986, 108). Allerdings hat die Rechtsprechung aus Gründen der Prozessökonomie Ausnahmen von diesem Grundsatz zugelassen, wenn u.a. die Berücksichtigung der neuen Tatsache dem Revisionsgericht eine abschließende Entscheidung in der Sache ermöglicht (vgl. Urteile vom 28. Januar 1971 - BVerwG 8 C 90.70 - BVerwGE 37, 151 <154 f.> = Buchholz 448.0 § 12 WPflG Nr. 50 S. 77<79> und vom 19. Oktober 1982 - BVerwG 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192 <198> = Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 201 S. 26<31 f.>). Da der Rechtsstreit hier aber aus anderen Gründen (s.u. 3.) zurückzuverweisen ist, liegt dieser Ausnahmefall nicht vor und ist der revisionsgerichtlichen Prüfung der Berufungsentscheidung die Sachlage im Zeitpunkt des Schlusses der Berufungsverhandlung zugrunde zu legen.

11

1. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung mit einer Begründung bejaht, die revisionsgerichtlicher Überprüfung aus mehreren Gründen nicht standhält. Nach diesen Vorschriften soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.

12

1.1 Das Berufungsgericht hat das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auf die unzureichende Versorgungslage in Afghanistan gestützt. Damit hat es keine individuellen, nur dem Kläger drohenden, sondern allgemeine Gefahren festgestellt, denen alle Minderjährigen in Afghanistan ohne die Möglichkeit des Beistands durch Verwandte oder Bekannte ausgesetzt sind.

13

1.2 In Baden-Württemberg besteht nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs kein Abschiebestopp-Erlass für afghanische Staatsangehörige. Trotzdem können allgemeine Gefahren aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG grundsätzlich kein Abschiebungsverbot nach Satz 1 der Vorschrift rechtfertigen. Mit dieser Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung bzw. Bevölkerungsgruppe im Zielstaat gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt und die Ausländerbehörde, sondern für die ganze Gruppe der potenziell Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung des Innenministeriums im Wege des § 60a AufenthG befunden wird (Urteile vom 17. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 9.95 - BVerwGE 99, 324 <327> = Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 1 S. 3; vom 29. März 1996 - BVerwG 9 C 116.95 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 3 und vom 27. April 1998 - BVerwG 9 C 13.97 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 12 = NVwZ 1998, 973). Diese Entscheidung des Bundesgesetzgebers haben die Verwaltungsgerichte aus Gründen der Gewaltenteilung zu respektieren. Sie dürfen daher im Einzelfall Ausländern, die einer gefährdeten Gruppe angehören, für die - wie hier - kein Abschiebestopp besteht, nur dann ausnahmsweise Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG zusprechen, wenn dies zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke erforderlich ist (Urteile vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 32 m.w.N. und vom 8. September 2011 - BVerwG 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 44, jeweils Rn. 11 und 20).

14

1.2.1 Eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht nicht, wenn der Betroffene die Feststellung eines unionsrechtlichen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG beanspruchen kann (Urteil vom 29. Juni 2010 - BVerwG 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226 = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 41, jeweils Rn. 12; zum dann bestehenden Anwendungsvorrang des Unionsrechts gegenüber § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG: Urteil vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 30 ff.). Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht jedoch das Begehren des Klägers auf Zuerkennung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes bereits rechtskräftig abgelehnt.

15

1.2.2 Mangels verfassungswidriger Schutzlücke bedarf es auch dann keiner Überwindung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG im Wege der nur subsidiär zulässigen verfassungskonformen Auslegung, wenn eine ausländerrechtliche Erlasslage - auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 60a AufenthG - oder eine aus individuellen Gründen erteilte Duldung dem betroffenen Ausländer einen vergleichbar wirksamen Schutz vor Abschiebung vermittelt. Maßgeblich ist bei der Vergleichbarkeitsprüfung aus der Schutzperspektive der Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG nur, dass gleichwertiger Schutz vor Abschiebung tatsächlich besteht (Urteil vom 12. Juli 2001 - BVerwG 1 C 2.01 - BVerwGE 114, 379 <381 ff.> = Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 50 S. 81 ff.). Ohne Bedeutung sind demgegenüber ausländerrechtliche Folgewirkungen mit Blick auf die gesetzliche Ausgestaltung des Aufenthaltsstatus, der an den Abschiebungsschutz anknüpft, oder hiermit verbundene soziale Rechte. Denn die Gewährung eines Aufenthaltsrechts und die Möglichkeit seiner Verfestigung gehören nicht zu dem verfassungsrechtlich mit Rücksicht auf Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG gebotenen Schutz vor Abschiebung in eine unmittelbar drohende extreme Gefahrensituation (Beschlüsse vom 17. September 2005 - BVerwG 1 B 13.05 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 2 und vom 23. August 2006 - BVerwG 1 B 60.06 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 19). Es widerspräche allerdings dem Schutzkonzept des Asylverfahrens- und Aufenthaltsgesetzes, dem Asylbewerber mit Verweis auf noch unentschiedene sonstige Bleiberechte, nur möglicherweise gegebene Duldungsansprüche oder wegen eines vorübergehenden faktischen Vollstreckungshindernisses (z.B. ausgelaufener Reisepass) die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung zu versagen (Urteil vom 12. Juli 2001 a.a.O. S. 386 bzw. S. 85).

16

1.2.3 Nach diesen Grundsätzen vermittelt § 58 Abs. 1a AufenthG im für die Beurteilung der Sachlage maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung dem Kläger als unbegleitetem Minderjährigen gleichwertigen Schutz vor Abschiebung, so dass er keinen Abschiebungsschutz vor allgemeinen Gefahren in Afghanistan im Wege der verfassungskonformen Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG beanspruchen kann.

17

Gemäß § 58 Abs. 1a AufenthG hat sich die Behörde vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird. Mit dieser Regelung, die durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258) in das Aufenthaltsgesetz eingefügt worden ist, hat der Gesetzgeber Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl EU Nr. L 348 vom 24. Dezember 2008 S. 98) - Rückführungsrichtlinie - umgesetzt (BTDrucks 17/5470 S. 24). § 58 Abs. 1a AufenthG wirkt, solange sich die Ausländerbehörde nicht von der konkreten Möglichkeit der Übergabe des minderjährigen Ausländers an eine in der Vorschrift genannte Person oder Einrichtung vergewissert hat, systematisch als rechtliches Vollstreckungshindernis im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG mit dilatorischer Wirkung. Denn § 58 Abs. 1a AufenthG ist keiner gesonderten Feststellung durch das Bundesamt gemäß § 31 Abs. 3 AsylVfG zugänglich wie die dort genannten Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2 bis 5 oder Abs. 7 AufenthG. Auch hat das Bundesamt im Rahmen der Abschiebungsandrohung die Voraussetzungen des § 58 Abs. 1a AufenthG nicht zu prüfen. Auf die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung wirkt sich das Vollstreckungshindernis des § 58 Abs. 1a AufenthG nicht aus.

18

Der Senat entnimmt dem Wortlaut der Vorschrift ("... hat sich die Behörde zu vergewissern, dass ... übergeben wird.") strenge Anforderungen. Die Ausländerbehörden - und ggf. die Verwaltungsgerichte - müssen sich in jedem Einzelfall die Überzeugungsgewissheit davon verschaffen, dass die Übergabe des unbegleiteten Minderjährigen an eine in der Vorschrift genannte Person oder Einrichtung nicht nur möglich ist, sondern tatsächlich auch erfolgen wird (konkrete Möglichkeit der Übergabe). Dieser Befund der Wortlautauslegung wird durch die Materialien zur Genese der Rückführungsrichtlinie gestützt: So sah der ursprüngliche Kommissionsvorschlag vom 1. September 2005 in Art. 8 Abs. 2 Buchst. c des Richtlinienentwurfs folgende Regelung vor:

"Artikel 8

Vertagung

1. ...

2. Die Mitgliedstaaten vollstrecken eine Abschiebungsanordnung in folgenden Fällen solange nicht, wie folgende Umstände vorliegen:

a) ...

b) ...

c) unzureichende Gewähr dafür, dass unbegleitete Minderjährige am Ausreiseort oder bei der Ankunft im Rückkehrland einem Familienangehörigen, einem gleichwertigen Vertreter, zum Beispiel einem Vormund des Minderjährigen, oder einem zuständigen Beamten des Rückkehrlandes nach Prüfung der Bedingungen, die die Minderjährigen vor Ort erwarten, übergeben werden können."

19

Der nunmehrige Wortlaut des Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG orientiert sich, wie der Hinweis der Kommission im Ratsdokument vom 15. Februar 2008 - 6541/08 ADD 1 - auf S. 18 in Fn. 47 erhellt, an der Formulierung der Leitlinie 2 Abs. 5 Satz 2 der "Zwanzig Leitlinien zur Frage der erzwungenen Rückkehr" (Twenty guidelines on forced return) des Ministerkomitees des Europarats vom 4. Mai 2005 , auf die der 3. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/115/EG Bezug nimmt:

"Guideline 2. Adoption of the removal order

1. - 4. ...

5. Before deciding to issue a removal order in respect of a separated child, assistance - in particular legal assistance - should be granted with due consideration given to the best interest of the child. Before removing such a child from its territory, the authorities of the host state should be satisfied that he/she will be returned to a member of his/her family, a nominated guardian or adequate reception facilities in the state of return."

20

Aus der Entstehungsgeschichte des Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG wird deutlich, dass die abstrakte Möglichkeit einer Übergabe des unbegleiteten minderjährigen Ausländers z.B. an Verwandte, die sich im Herkunftsland aufhalten und deren Aufenthaltsort nach der Ankunft erst noch ermittelt werden muss, nicht ausreicht. § 58 Abs. 1a AufenthG verpflichtet die Ausländerbehörde vielmehr, sich vor Durchführung jeder Abschiebung z.B. durch Einschaltung des Bundesamts oder der Botschaften und Konsulate vor Ort positiv davon zu vergewissern, dass eine Übergabe an konkret benannte Personen bzw. Stellen tatsächlich vollzogen wird. Nur dann entfällt das gesetzliche Vollstreckungshindernis für eine Abschiebung. War in Asylstreitigkeiten die Betreuungsmöglichkeit eines unbegleiteten Minderjährigen z.B. durch Verwandte bisher lediglich bei der Gefahrenprognose als Wahrscheinlichkeitsurteil zu berücksichtigen, ist die konkrete Möglichkeit der Übergabe an zu bezeichnende Personen oder Stellen durch § 58 Abs. 1a AufenthG nunmehr zu einer eigenständigen Vollzugsvoraussetzung der Abschiebung geworden, die zur Überzeugungsgewissheit der Behörden bzw. Gerichte feststehen muss. Dadurch hat sich der Schutz vor Abschiebung für unbegleitete Minderjährige erheblich verbessert.

21

Der unbegleitete Minderjährige hat auch ausreichende Möglichkeiten, in Fällen, in denen die Ausländerbehörde der Auffassung ist, dass § 58 Abs. 1a AufenthG einer Abschiebung nicht (mehr) entgegensteht, diese Entscheidung einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen oder beim Bundesamt ein Folgeschutzgesuch anzubringen. Denn die Ausländerbehörde hat ihm (bzw. seinem gesetzlichen Vertreter) das Ergebnis ihrer Ermittlungen mitzuteilen, wenn sie sich von der konkreten Möglichkeit der Übergabe vergewissert hat. Dieser kann dann gegen die damit einhergehende Entscheidung der Ausländerbehörde, die Abschiebung nicht (länger) gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG auszusetzen oder die Duldung gemäß § 60a Abs. 5 Satz 2 AufenthG zu widerrufen, um Rechtsschutz nachsuchen. War die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen (§ 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Darüber hinaus hat der Betroffene bei Gefahren, die ihm in seinem Herkunftsland unabhängig von der Übergabe an seine Familie oder eine geeignete Einrichtung drohen, die Möglichkeit, nunmehr ein ggf. auf die Zuerkennung von nationalem Abschiebungsschutz beschränktes Folgeschutzgesuch zu stellen und sein Abschiebungsschutzbegehren erneut vor dem Bundesamt zur Prüfung zu stellen (vgl. Urteile vom 17. Oktober 2006 - BVerwG 1 C 18.05 - BVerwGE 127, 33 = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 21, jeweils Rn. 24 und vom 20. Oktober 2004 - BVerwG 1 C 15.03 - BVerwGE 122, 103 = Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 82). Denn infolge des Wegfalls des durch § 58 Abs. 1a AufenthG vermittelten Schutzes hat sich die Sachlage geändert. Die Überwindung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG im Wege der verfassungskonformen Auslegung ist jetzt nicht mehr von vornherein ausgeschlossen.

22

Diese materiellen und verfahrensrechtlichen Sicherungen vermitteln einem unbegleiteten minderjährigen Ausländer seit Inkrafttreten des § 58 Abs. 1a AufenthG gleichwertigen Schutz vor Abschiebung wie der begehrte nationale Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG oder ein Abschiebestopp-Erlass. Die dagegen erhobenen Einwände greifen nicht durch. Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, solange weder die für eine Abschiebung zuständige Ausländerbehörde noch die Empfangsperson bzw. die Aufnahmeeinrichtung im Abschiebungszielstaat feststehe, vermittele § 58 Abs. 1a AufenthG unbegleiteten Minderjährigen keinen Schutz vor einer aktuell bestehenden Extremgefahr, geht fehl. Es verhält sich genau umgekehrt: Bis zu einer positiven Klärung der konkreten Übergabemöglichkeit durch die zuständige Ausländerbehörde besteht kraft Gesetzes Schutz vor Abschiebung. Der teleologische Einwand, § 58 Abs. 1a AufenthG als Vollstreckungshindernis dürfe im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht als Anspruchsausschluss gelesen werden, da andernfalls Kinder und Jugendliche wegen einer speziell auf sie zugeschnittenen Schutznorm keinen Abschiebungsschutz (und entsprechenden Aufenthaltsstatus) erlangen könnten, lässt die hohen Hürden für die Überwindung der in § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG angeordneten Sperrwirkung im Wege der verfassungskonformen Auslegung außer Betracht. Für die Gleichwertigkeit des Schutzes vor Abschiebung ist aus der maßgeblichen verfassungsrechtlichen Schutzperspektive des Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG die ausländerrechtliche Ausgestaltung des Aufenthaltsstatus, der an den begehrten Abschiebungsschutz anknüpft, und hieran anknüpfende Folgerechte ohne Bedeutung (s.o. unter 1.2.2). Aus den gleichen Gründen verhilft dem Kläger auch die Berufung auf das Übereinkommen über die Rechte des Kindes - UN Kinderrechtskonvention (KRK) vom 20. November 1989 (BGBl 1992 II S. 121, 990), das nach Rücknahme der Vorbehaltserklärung durch die Bundesrepublik Deutschland (BGBl 2011 II S. 600) nunmehr auch in Deutschland unmittelbar gilt, nicht zum Erfolg. Denn Art. 3 Abs. 1 KRK, wonach das Wohl des Kindes bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt ist, hat die Ausländerbehörde u.a. bei der Beurteilung der Eignung einer Aufnahmeeinrichtung im Sinne des § 58 Abs. 1a AufenthG zu beachten. Wird im Interesse des Kindeswohls nach § 58 Abs. 1a AufenthG seitens der Ausländerbehörde wirksamer Vollstreckungsschutz gewährt, stellt sich die Frage der Gleichwertigkeit mit einem Schutz vor Abschiebung durch das Bundesamt, der sich allein mit Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke rechtfertigen lässt, nicht mehr.

23

1.3 Im Übrigen beruht die Annahme einer Extremgefahr für den Kläger als unbegleitetem Minderjährigen auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, vor dem Eintritt solcher Extremgefahren schützten auch nicht außerhalb Afghanistans lebende Familienangehörige, denn selbst wenn es zutreffe, dass mittlerweile Überweisungen aus Deutschland auf afghanische Konten ausgeführt werden könnten, verfüge der Kläger über keine Bankverbindung in Afghanistan und könnte sich eine solche auch nicht mit hinreichender Sicherheit verschaffen (UA S. 15), genügen nicht den Anforderungen an die tatrichterliche Prognose einer Extremgefahr (vgl. dazu die Urteile vom 8. September 2011 - BVerwG 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 44, jeweils Rn. 22 ff. und vom 29. September 2011 - BVerwG 10 C 24.10 - Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 41 Rn. 20 ff.). Die Beklagte rügt zu Recht, dass die Annahme einer Extremgefahr für den im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung 17 Jahre alten Kläger aufgrund der verwerteten Quellenlage und der Ausführungen des Berufungsgerichts in der angefochtenen Entscheidung unzureichend begründet ist.

24

2. Das Berufungsurteil verletzt ferner Bundesrecht, weil der Verwaltungsgerichtshof § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK nicht geprüft hat. Der Annahme, die weitergehende und unionsrechtlich aufgeladene Schutznorm des § 60 Abs. 2 AufenthG sei vorrangig, d.h. im vorliegenden Falle nicht zu prüfen (UA S. 6), folgt der Senat nicht. Denn das unionsrechtliche Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 2 AufenthG steht rechtlich selbstständig neben dem nationalen Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 5 AufenthG; zwischen den Vorschriften besteht kein verdrängendes Spezialitätsverhältnis (Urteil vom 31. Januar 2013 - BVerwG 10 C 15.12 - juris Rn. 36, zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen). Daher hätte das Berufungsgericht das Bestehen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK im Hinblick auf zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse (vgl. Urteil vom 11. November 1997 - BVerwG 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322 <324 ff.> = Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 9 S. 48 zu § 53 Abs. 4 AuslG) prüfen müssen.

25

3. Da der Senat mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen zu § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und zum Vorliegen einer individuellen Gefahr gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG weder positiv noch negativ abschließend über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes entscheiden kann, ist das Berufungsurteil aufzuheben und das Verfahren an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Berufungsgericht wird für den Kläger erneut eine Prognose zu individuellen und allgemeinen Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG auf aktueller Tatsachengrundlage - unter Berücksichtigung von dessen mittlerweile eingetretener Volljährigkeit - erstellen müssen. Mit Blick auf das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK weist der Senat darauf hin, dass der sachliche Schutzbereich weitgehend identisch mit dem unionsrechtlichen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG ist und über diesen, soweit Art. 3 EMRK in Rede steht, jedenfalls nicht hinausgeht (Urteil vom 31. Januar 2013 a.a.O. Rn. 36). Insoweit hält der Senat für das nationale Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK jedenfalls seit der Entscheidung des EGMR vom 28. Juni 2011 - Nr. 8319/07, Sufi und Elmi - NVwZ 2012, 681 nicht länger an der zu § 53 Abs. 4 AuslG 1990 vertretenen Auffassung fest, dass die Vorschrift nur Gefahren für Leib und Leben berücksichtigt, die seitens eines Staates oder einer staatsähnlichen Organisation drohen (so noch Urteile vom 17. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 15.95 - BVerwGE 99, 331 <335> = Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 2 S. 9; vom 15. April 1997 - BVerwG 9 C 38.96 - BVerwGE 104, 265 <269 ff.> = Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 7 S. 31 ff. und vom 2. September 1997 - BVerwG 9 C 40.96 - BVerwGE 105, 187 <188 ff.> = Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 8 S. 41 ff.; zuletzt Beschluss vom 18. Dezember 2006 - BVerwG 1 B 53.06 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 26 Rn. 7).

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.