Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Soweit die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist Staatsangehöriger des Senegal. Am ... September 2010 versuchte die Bundespolizei, den Kläger über Brüssel in den Senegal zurückzuschieben. Nachdem der Kläger in Brüssel den Weiterflug verweigert hatte und die Maßnahme durch die belgischen Behörden abgebrochen worden war, wurde der Kläger nach Deutschland zurückgebracht (vgl. Bl. 23 ff., 149 ff. der Asylverfahrensakte). Der Kläger stellte sodann am ... September 2010 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Berlin (Referat Gewahrsam ...) einen Asylantrag (vgl. Bl. 1, 6, 67 der Asylverfahrensakte), dem er eine handschriftliche Erläuterung desselben Tages beifügte (Bl. 117 der Asylverfahrensakte, mit einer von einem Dolmetscher angefertigten Übersetzung in Bl. 118 der Asylverfahrensakte).

Am ... Oktober 2010 wurde der Kläger in ... vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gemäß § 25 AsylVfG angehört. Auf die diesbezügliche Niederschrift (Bl. 92 ff. der Asylverfahrensakte) wird Bezug genommen.

Deutschland übernahm trotz zwischenzeitlichen Aufenthalts des Klägers in Griechenland die Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags nach Art. 3 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung (vgl. Vermerk vom 26. Januar 2011, Bl. 153 der Asylverfahrensakte).

Mit Bescheid vom ... Februar 2011, der dem Kläger erst mit Schreiben des Bundesamts vom ... Mai 2011 zugestellte werden konnte, lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1), stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen (Ziffer 2) und verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (Ziffer 3). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche ab Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen; für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung in den Senegal oder in einen anderen Staat angedroht, in den der Kläger einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (Ziffer 4). Zur Begründung der Ablehnung des Antrags auf Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet wird ausgeführt, dass der Kläger aus dem Senegal und mithin aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG, § 29a Abs. 2 AsylVfG i. V. m. der Anlage II zum AsylVfG stamme. Der Kläger habe nichts glaubhaft vorgetragen oder vorgelegt, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass - entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat - in seinem Falle die Voraussetzungen für die Annahme einer politischen Verfolgung erfüllt seien. Sein gesamtes Vorbringen sei unsubstantiiert und widersprüchlich. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 bis 7 AufenthG (a. F.) lägen nicht vor.

Der Kläger hat mit Telefax seiner Bevollmächtigten vom 27. Mai 2011 Klage erhoben.

Er hat vormals beantragt,

den Bescheid der Beklagte vom ... Februar 2011 aufzuheben, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich des Senegals vorliegen, weiter hilfsweise die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 AufenthG entsprechend Art. 15 c Qualifikationsrichtlinie hinsichtlich des Senegals vorliegen, und weiter hilfsweise die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Senegal vorliegen.

Der Asylantrag sei jedenfalls nicht offensichtlich unbegründet. Mit Schriftsatz vom 13. Juni 2011 brachte die Bevollmächtigte des Klägers zur Begründung ergänzend vor, dass von einer Abschiebung gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG abzusehen sei, da dem an TBC erkrankten Kläger im Senegal eine erhebliche individuelle und konkrete Gefahr für Leib und Leben drohe. Der Kläger sei am ... Oktober 2010 zur Behandlung seiner TBC-Erkrankung in die Fachklinik ... eingewiesen worden. Ein TBC-Test sei positiv gewesen. Am ... März 2011 sei er aus der Klinik entlassen worden. Die nach dem Klinikaufenthalt weiter behandelnde Fachärztin komme nach einer Untersuchung am ... Juni 2011 zu dem Schluss, dass eine TBC auch zu diesem Zeitpunkt nicht auszuschließen sei. Die Behandlung der Erkrankung des Klägers erfolge nach dem Arztbrief der Ärzte der Fachklinik ... medikamentös. Weiter würden von diesen regelmäßige Verlaufskontrollen als notwendig erachtet, welche eine Blutbildkontrolle, eine Kontrolle der Leberwerte und Röntgenaufnahmen mit einschlössen. Im Senegal sei die für eine TBC erforderliche Behandlung nicht gewährleistet. Weit mehr als die Hälfte der Bevölkerung im Senegal habe aufgrund der regionalen Verteilung von Gesundheitszentren überhaupt keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung. Selbst an den Orten, wo grundsätzlich eine Gesundheitsversorgung möglich sei, seien viele faktisch von dieser ausgeschlossen, da nur unter 5% krankenversichert seien und somit die weit überwiegende Mehrheit selbst für die Behandlung aufkommen müsse. Dies sei jedoch nur denen möglich, die über die notwendigen finanziellen Mittel verfügten. Der Kläger habe keine Berufsausbildung. Auch finanzielle Unterstützung durch seine Familie könne er nicht erwarten, da seine Eltern und sein Bruder nicht mehr lebten. Er würde sich daher die umfassende medizinische Versorgung seiner TBC-Erkrankung nicht leisten können. Aufgrund dieser Umstände sei die Rückkehr in den Senegal mit einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben des Klägers verbunden. Daher sei ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Senegal festzustellen.

Beigelegt war diesem Schriftsatz ein Schreiben einer Radiologischen Gemeinschaftspraxis aus ... vom ... Juni 2011 (Bl. 38 der Gerichtsakten). Darin ist zur Beurteilung u. a. ausgeführt: Fleckige Infiltrate im linken Oberlappen, fraglich links hiläre Lymphknoten. Eine TBC sei nicht auszuschließen. Kein Pleuraerguß.

Beigelegt war ferner ein Schreiben einer Fachklinik für Lungen- und Bronchialheilkunde aus ... vom ... Juni 2011 (Bl. 37 der Gerichtsakten). Darin ist u. a. als Diagnose angegeben: Verdacht auf Coinfektion mit Mycobacterium tuberkulosis (Tb-Spot-Test positiv). Bei Abbruch der Therapie sei eine Reaktivierung der Erkrankung durchaus wahrscheinlich. Eine weitere medizinische Behandlung des Klägers sei dringend indiziert, mindestens bis sich die Erkrankung stabilisiert habe.

Mit Schreiben vom 21. Juni 2011 legte die Bevollmächtigte des Klägers ein ärztliches Attest einer Ärztin für Allgemeinmedizin aus ... vom ... Juni 2011 vor (Bl. 41 der Gerichtsakten im Verfahren M 21 K 11.30413). Darin ist u. a. ausgeführt, dass bei dem Kläger eine Lungentuberkulose vom ... Oktober 2010 bis zum ... März 2011 stationär im Bezirkskrankenhaus ... behandelt worden sei. Der Kläger habe die übliche tuberkulostatische Therapie erhalten. Inzwischen sei die medikamentöse Behandlung abgeschlossen; die weitere Behandlung sei zurzeit nicht erforderlich. Es seien allerdings regelmäßige Kontrolluntersuchungen erforderlich, um ein erneutes Wiederauftreten der Lungentuberkulose frühzeitig zu erkennen. Diese Situation sei auch künftig nicht auszuschließen. Unter diesen Umständen sei eine Rückführung in den Senegal medizinischerweise auf keinen Fall in Erwägung zu ziehen, da bei Wiederauftreten der Lungentuberkulose eine ausreichende Therapie im Senegal sicher nicht möglich sei. Außerdem bestehe beim Kläger eine erhebliche Depression mit schweren Schlafstörungen; im nächsten Quartal sei geplant, den Patienten einem Psychiater vorzustellen.

Mit Beschluss vom 1. August 2011 (M 21 S 11.30414) ordnete das Verwaltungsgericht München die aufschiebende Wirkung der Klage vom 27. Mai 2011 gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts vom ... Februar 2011 an. Bei offenen Erfolgsaussichten der Klage sei festzustellen, dass derzeit das Suspensivinteresse des Klägers im Hinblick auf ihm möglicherweise drohende Gefährdungen für den Fall der Rückkehr in den Senegal überwiege. Im Rahmen der Abwägungsentscheidung führte das Gericht zur Begründung weiter aus, dass seinerzeit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage erforderlich erschien, weil der Kläger an einer Lungentuberkulose gelitten habe, die zu einem Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen könne. Es seien in jedem Fall noch weitere Gutachten und ärztliche Atteste vorzulegen, bevor diese Frage endgültig entschieden werden könne.

Auf Anforderung des Gerichts vom ... Dezember 2013 zur Vorlage von Informationen und ärztlichen Nachweisen u. a. zu den Fragen, an welcher Krankheit der Kläger (noch) leidet, welche Ärzte den Kläger seit Juni 2011 behandelt haben und welche konkreten Medikamente oder sonstigen Therapien der Kläger ärztlich verschrieben bekommen und auch eingenommen bzw. wahrgenommen hat, hat die Klägerseite mit Schriftsatz vom 29. Januar 2014 eine Bescheinigung des Facharztes für Psychot. Medizin (Psychoanalyse) Dr. ... ... ... ...) vom ... Januar 2014 vorgelegt, in dem für den Kläger ein depressives Syndrom bei Posttraumatischer Belastungssyndrom (ICD-10: F 43.1, F 32.2) diagnostiziert wird.

Mit Beschluss vom 3. Juni 2014 ist der Rechtsstreit gemäß § 76 Abs. 1 AsylVfG auf den Einzelrichter übertragen worden.

In der mündlichen Verhandlung am 4. Juli 2014 hat der Kläger im Rahmen einer informatorischen Anhörung des Gerichts Gelegenheit zur weiteren Äußerung erhalten. Es wird hierzu auf die Ausführungen gemäß der Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 4. Juli 2014 verwiesen. Abweichungen zum Vortrag gegenüber dem Bundesamt erklärte der Kläger damit, dass er zum damaligen Zeitpunkt der Anhörung (... Oktober 2010) verwirrt gewesen sei. Die Bevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass in Bezug auf eine psychische Erkrankung des Klägers bereits deutlich vor dem Kontakt zu Herrn Dr. ... eine Vorstellung bei einem Facharzt in ... erfolgt sei. Der Kläger sei aber vom dortigen Arzt mangels Französischkenntnisse nicht angenommen worden. In der mündlichen Verhandlung am 4. Juli 2014 beantragte die Bevollmächtigte des Klägers,

unter Aufhebung der Ziffer 4. des Bescheids der Beklagten vom ... Februar 2011 sowie unter teilweiser Aufhebung der Ziffer 3. des Bescheids vom ... Februar 2011 (soweit ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf den Senegal abgelehnt wurde) die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass zugunsten des Klägers ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bezüglich des Senegal vorliegt.

Im Übrigen wurde die Klage zurückgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte des abgeschlossenen Eilverfahrens (M 21 S 11.30414) sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Entscheidung kann trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ergehen, weil die Beklagte ordnungsgemäß geladen worden ist und in der Ladung auf die Folgen des Ausbleibens hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Soweit die Klage zurückgenommen wurde, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

Im Übrigen ist die Klage zwar zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom ... Februar 2011 ist auch hinsichtlich Ziffern 3 und 4 rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.

1. Ein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht nicht unter dem Gesichtspunkt, dass die Gefahr besteht, dass sich eine Krankheit des Klägers in seinem Heimatstaat verschlechtern wird.

Für die Bestimmung der „Gefahr“ gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Eine Gefahr ist „erheblich“, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Eine nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG relevante zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation im Herkunftsstaat zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen Gründen nicht zugänglich ist (jeweils mit weiteren Nachweisen: BayVGH v. 23.11.2012, Az. 13a B 12.30061; BayVGH v.08.03.2012, Az. 13a B 10.30172; OVG Lüneburg v. 10.11.2011 a. a. O.).

Das Gericht hat mit Schreiben vom 30.12.2013 zum Vortrag und zum Nachweis aufgefordert, an welchen Krankheiten, die ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen könnten, der Kläger noch leidet. Eine akute Tuberkulose, die noch im Jahr 2011 dem Eilantrag des Klägers nach § 80 Abs. 5 VwGO zum Erfolg verhalf, ist nicht mehr geltend gemacht worden. Es sind auch keine Umstände ersichtlich, die dafür sprächen, dass der Kläger weiterhin an einer behandlungsbedürftigen Tuberkulose leidet.

Der Kläger leidet nach Überzeugung des Gerichts auch nicht an einer psychischen Krankheit (depressives Syndrom bei Posttraumatischer Belastungssyndrom), die langfristig behandlungsbedürftig ist.

Bei der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) handelt es sich um ein komplexes psychisches Krankheitsbild, bei dem nicht äußerlich feststellbare objektive Befundtatsachen, sondern innerpsychische Erlebnisse im Mittelpunkt stehen, so dass es entscheidend auf die Glaubhaftigkeit und die Nachvollziehbarkeit des geschilderten Erlebens und der zugrunde liegenden faktischen äußeren Erlebnistatsachen ankommt.

Aufgrund der Eigenart des Krankheitsbildes bestehen besondere Anforderungen an ärztliches Vorgehen und Diagnostik. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome zur Substantiierung sowohl des Sachvortrags (§ 86 Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 2 VwGO) als auch eines Sachverständigenbeweisantrags, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen PTBS zum Gegenstand hat, regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist (BVerwG v. 11.09.2007, Az. 10 C 8/07 = BVerwGE 129, 251 ff.; BVerwG v. 11.09.2007, Az. 10 C 17/07; BVerwG v. 26.07.2012, Az. 10 B 21/12; VGH Baden-Württemberg v. 09.07.2012, Az. A 9 S 1359/12; BayVGH v. 17.10.2012, Az. 9 ZB 10.30390).

Unabhängig von der Frage, ob die vorgelegte Bescheinigung des Facharztes für Psychot. Medizin (Psychoanalyse) Dr. ...) vom ... Januar 2014 diesen Anforderungen entspricht - anzumerken ist insofern, dass die konkreten Symptome für eine psychische Erkrankung des Klägers erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Senegal geltend gemacht worden sind und zwar erst, nachdem das Asylverfahren negativ für den Kläger ausgegangen war und die TBC-Erkrankung abgeklungen war, ohne dass die fachärztliche Bescheinigung hierauf näher eingeht -, ist das Gericht trotz der fachärztlich bestätigten Diagnose davon überzeugt, dass der Kläger nicht an einem depressiven Syndrom bei Posttraumatischer Belastungssyndrom leidet. Das Gericht glaubt aufgrund der vorliegenden Umstände den diesbezüglichen Vortrag des Klägers nicht.

Nach den International Classification of Diseases (ICD-10, F 43.1) entsteht eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) als „Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die fast bei jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde“. Ein traumatisches Ereignis /Erlebnis ist damit zwingende Voraussetzung für die Entwicklung einer PTBS. Dass das behauptete traumatisierende Ereignis tatsächlich stattgefunden hat, muss gegenüber dem Tatrichter und nicht gegenüber dem ärztlichen oder psychotherapeutischen Gutachter/Befunderheber nachgewiesen bzw. beachtlich wahrscheinlich gemacht werden. Der objektive Ereignisaspekt ist nämlich nicht Gegenstand der gutachterlichen ärztlichen/psychotherapeutischen Untersuchung. Allein mit psychiatrisch-psychotherapeutischen Mitteln kann nicht sicher darauf geschlossen werden, ob tatsächlich in der Vorgeschichte ein Ereignis vorlag und wie dieses geartet war. Vielmehr unterliegen die Angaben des Asylbewerbers zu der die behauptete traumatische Belastungsstörung auslösenden, ein Abschiebungsverbot im Sinn von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründenden Vorgeschichte der Beweis- und Tatsachenwürdigung des Gerichts (BayVGH v. 17.10.2012, Az. 9 ZB 10.30390, m. w. N.; VG München v. 14.02.2014, Az. M 21 K 11.30993 [gehalten von BayVGH v. 07.04.2014, Az. 21 ZB 14.30082]; VG München v. 18.03.2013, Az. M 4 K 13.30089; VG Augsburg v. 21.11.2013, Az. Au 6 K 13.30308; VG Augsburg v. 21.06.2013, Az. Au 7 K 13.30077; VG Augsburg v. 14.05.2013, Az. Au 7 K 12.30382; VG Aachen v. 20.01.2014, Az. 7 L 24/14.A).

Nach der fachärztlichen Bescheinigung (Dr. ...) vom ... Januar 2014 werden als Grundlage der Diagnose Gewalterfahrungen innerhalb der Großfamilie und in der Dorfgemeinschaft genannt. Die Eltern sowie ältere Geschwister des Klägers seien durch eine Mine getötet worden, die eine verfeindete Familie gelegt hätte, weil der Vater des Klägers vormals gemeinsam erwirtschaftete Gelder veruntreut habe. Der Kläger sei dann zunächst in die Elfenbeinküste geflohen und sei dabei von Clanangehörigen bis dorthin verfolgt worden. Aus diesem Grund sei er nach Europa geflohen.

Das Gericht ist nach Würdigung aller Umstände davon überzeugt, dass ein solches oder ähnliches Szenario als traumatisierendes Ereignis tatsächlich nicht stattgefunden hat. Aus diesem Grund - und nicht aus medizinischen Gründen, auf die sich der Einzelrichter mangels hinreichender eigener Sachkunde ohne Zuhilfenahme medizinischen Sachverstandes zur Widerlegung der vorgelegten fachärztlichen Befunde nicht berufen könnte - sieht das Gericht die fachärztliche Diagnose, wonach der Kläger aufgrund seiner Erlebnisse in seiner Heimat an einer PTBS leide, als widerlegt an. Das Gericht ist im vorliegenden Fall zu der Auffassung gelangt, dass der Vortrag des Klägers bezüglich seiner Erlebnisse in seinem Heimatland sowie auf der Flucht nach Deutschland insgesamt aufgrund erheblicher Ungereimtheiten und Widersprüche vollkommen unglaubhaft ist. Mit dem Wegfall des unglaubhaften traumatisierenden Ereignisses ist den vorgelegten medizinischen Befunden die tatsächliche Basis entzogen.

Der Kläger hat im Laufe des behördlichen und gerichtlichen Verfahrens die unterschiedlichsten Varianten seiner Fluchtgründe vorgetragen, die in erheblichem Widerspruch zueinander stehen, wobei diese Widersprüche auch nicht - wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - durch einen Zustand der Verwirrung im Zeitpunkt der Anhörung vor dem Bundesamt am ... Oktober 2010 logisch ausgeräumt werden können, zumal der Kläger seit der Anhörung nach § 25 AsylVfG bis zur mündlichen Verhandlung am 4. Juli 2014 über dreieinhalb Jahre Zeit hatte, seinen früheren Vortrag schriftsätzlich klarzustellen bzw. zu korrigieren. Insgesamt lassen sich die folgenden - auch mit dem vom Facharzt in der Bescheinigung vom ... Januar 2014 zugrunde gelegten Sachverhalt nicht in Deckung zu bringenden - Varianten des Vortrags des Klägers festmachen:

a) Nach der handschriftlichen Erläuterung zu seinem Asylantrag vom ... September 2010 (Bl. 117 der Asylverfahrensakte, mit Dolmetscher-Übersetzung Bl. 118 der Asylverfahrensakte) bat der Kläger um Asyl, weil es in seinem Land Krieg gebe. In diesem Krieg sei seine Frau gestorben. Ein Vortrag, wonach der Kläger aus Furcht vor Krieg im Senegal geflohen und in diesem Krieg die Ehefrau des Klägers gestorben sei, findet sich in den folgenden Darstellungen des Klägers auch ansatzweise nicht mehr.

b) Bei der Anhörung vor dem Bundesamt in ... am ... Oktober 2010 (Bl. 92 ff. der Asylverfahrensakte), erklärte der Kläger, seine Eltern seien 1989 in der ...) durch eine Mine getötet worden, nachdem sein Vater Geld einer Organisation unterschlagen habe, um Essen zu kaufen; auch sein Bruder sei getötet worden. Er habe mit Waren (Kleidern) in verschiedenen afrikanischen Ländern Handel betrieben. Ein Freund habe ihn - er sei damals in Dakar gewesen - angerufen und ihm mitgeteilt, dass seine Eltern ermordet worden seien und dass es für ihn in ... nicht sicher sei, weil sich die Organisation an ihm rächen wolle. Im Jahr 2005 hätten die Leute der Organisation seinen Laden vernichtet. Die Polizei habe die Täter nicht gefunden. Auf Nachfrage, wie die Organisation heiße, gab der Kläger an, den Namen vergessen zu haben. Er könne als Sohn seines Vaters nicht zurückkehren; sein Vater sei immer bedroht worden und für ihn wäre es lebensgefährlich. Zu seiner Ausreise aus seinem Heimatland teilte der Kläger mit, er sei mit dem Boot durch die Straße von ... über das Mittelmeer und über die Türkei nach etwa einmonatiger Reise im Juli 2009 in Griechenland angekommen und habe sich dort illegal bis September 2010 bei Freunden aufgehalten.

c) In der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter am 4. Juli 2014 schließlich wurde vom Kläger wiederum ein ganz neuer Sachverhalt vorgetragen. In seiner Kindheit habe er mit seinen Eltern zusammen im Senegal gelebt. Sein Vater sei 1990 im Krankenhaus gestorben, seine Mutter habe im Jahr 1992 einen tödlichen Unfall erlitten. Tatsächlich sei es so gewesen, dass sein Vater einen Konflikt innerhalb der Großfamilie ausgelöst habe. Dieser habe vor seinem Tod ein im Besitz der Großfamilie stehendes Grundstück für sich beansprucht, dieses verkauft und den Kaufpreis eingezogen. Danach sei er „von seinen Brüdern“ geschlagen worden. Nach dem Tod seiner Eltern sei er zunächst im Alter von 13 oder 14 Jahren nach Mauretanien gegangen, und zwar allein. Später sei er dann wieder in den Senegal zurückgekehrt. Eines Nachts - das sei im Jahr 2000 oder 2001 gewesen, als er etwa 18 Jahre alt gewesen sei - habe ihn ein „Bruder“ mit einem Messer töten wollen (nachdem der Kläger im Anschluss erklärte, er habe nur einen leiblichen Bruder, stellte er auf Nachfrage klar, dass der vorbeschriebene Angriff mit dem Messer nicht von diesem leiblichen Bruder, sondern von einem Clanmitglied der Großfamilie ausgegangen sei). Die Messerattacke sei Auslöser für seinen Entschluss gewesen, seine Heimat zu verlassen. Er sei dann zunächst an die Elfenbeinküste geflohen, wo damals Krieg geherrscht habe. Weil er in die Armee hätte eintreten sollen, habe er dann im Jahr 2004 die Elfenbeinküste verlassen. Er sei ausschließlich auf dem Landweg in die Türkei gereist. Die genaue Route - insbesondere auch den Weg von Nordafrika in die Türkei - könne er nicht angeben, weil er immer nachts in einem Auto mitgefahren sei; er sei wohl sehr verwirrt gewesen. Von der Türkei aus sei er dann noch im Jahr 2004 nach Griechenland mit einem Schlauchboot übergesetzt. Hierfür seien vier Versuche unternommen worden. Die ersten drei Übersetzungsversuche seien gescheitert, weil sie von den griechischen Behörden erwischt worden seien. Beim dritten Versuch habe die griechische Kontrolle sogar den Bootsmotor im Meer versenkt, so dass dann Wasser in das Boot eingedrungen sei. Er und die übrigen Bootsinsassen seien nur gerettet worden, weil ein Fischerboot einen Funkspruch an die türkischen Behörden gesendet hätte, worauf sie von den türkischen Behörden wieder zurück in die Türkei gebracht worden seien. Erst beim vierten Versuch, bei dem sie in der Nacht mit dem Schlauchboot gefahren seien, sei die Übersetzung nach Griechenland gelungen. Die Messerattacke und das, was sein Vater ihm angetan habe, kreisten immer in seinem Kopf und ließen ihn nicht mehr schlafen. Er habe diesen Stress aufgrund seiner Familiensituation und aufgrund der Erlebnisse auf der Flucht. Er habe Angst, dass in der Nacht jemand Aggressionen gegen ihn ausübe; er träume immer wieder davon. Dies belaste ihn sehr und sei sehr erschöpfend. Der Umstand seiner im Krankenhaus erfolgten sechsmonatigen Tuberkuloseerkrankung hätten seinen schon vorhandenen Stress noch verschärft.

Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts zunächst bestätigte, dass er seit seiner Flucht aus dem Senegal an die Elfenbeinküste (2000 oder 2001) keinerlei Kontakt mehr zur Großfamilie seines Vaters gehabt habe und erst nachdem das Gericht dem Kläger daraufhin vorhielt, dass in der fachärztlichen Bescheinigung vom ... Januar 2014 zugrunde gelegt wird, dass der Kläger nach seiner Flucht in die Elfenbeinküste von Clan-Angehörigen bis dorthin verfolgt worden sei und deswegen nach Europa geflohen sei, ergänzte der Kläger seinen vorherigen Vortrag dahin gehend, dass es zutreffe, dass ihn seine Großfamilie bis in die Elfenbeinküste verfolgt habe. Er habe jemanden in der Elfenbeinküste kennengelernt, der aus dem Senegal stamme, der ihm erzählt habe, dass Mitglieder seiner Großfamilie bereits in der Elfenbeinküste seien. Deshalb habe er von dort so schnell wie möglich Weg müssen. Er habe sein Leben retten wollen. Daneben habe er auch vor dem Krieg fliehen wollen, um nicht dort als Soldat dienen zu müssen.

d) Die Summe der aufgezeigten Unzulänglichkeiten, Unstimmigkeiten und Widersprüche im Vorbringen des Klägers, sein Bemühen, nicht ausräumbare Widersprüche mit einer nicht nachvollziehbaren früheren Verwirrtheit zu erklären, seine Bestrebungen, Widersprüche im Sachvortrag an anderer Stelle durch neuen Sachvortrag auszubessern, sowie die erstmalige - und vom fachärztlichen Attest nicht abgedeckte - Einbeziehung der in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragenen Fluchterlebnisse sowie der TBC-Erkrankung als Erschwerungsgründe der behaupteten psychischen Erkrankung stellen die persönliche Glaubwürdigkeit des Klägers und die Glaubhaftigkeit seines Vortrags insgesamt in Frage. Vor diesem Hintergrund ist für das Gericht die Glaubhaftigkeit des gesamten Vortrags des Klägers zu den Hintergründen seiner Flucht erschüttert. Die im Gerichtsverfahren vorgelegte fachärztliche Bescheinigung vom ... Januar 2014 geht mithin von traumatisierenden Ereignissen aus, welche der Kläger nach der Überzeugung des Gerichts so - oder auch so ähnlich - nicht erlebt hat. Aus diesem Grunde war auch keine weitere Sachverhaltsaufklärung gem. § 86 Abs. 1 VwGO geboten.

2. Die Tatsache, dass die Lebensbedingungen im Senegal allgemein hart sind, stellt für sich gesehen grundsätzlich keine lebensbedrohliche Situation und Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dar: Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die einen Ausländer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann ein Ausländer Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (= § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG a. F.) Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Die Abschiebung wäre nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung allenfalls auszusetzen, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (vgl. BVerwG v. 12.07.2001, Az. 1 C 5.01 = BVerwGE 115,1 ff., m. w. N.; BayVGH v. 17.02.2009, Az. 9 B 08.30225, m. w. N.), also im Falle einer schlechten Lebensmittelversorgung, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (BVerwG v. 12.07.2001 a. a. O.; BVerwG v. 29.6.2010; Az. 10 C 10.09; BVerwG v. 08.09.2011, Az. 10 C 14.10; BVerwG v. 29.09.2011; Az. 10 C 24.10; BVerwG v. 13.06.2013, Az. 10 C 13.12; BayVGH v. 16.01.2014, Az. 13a B 13.30025; VG München v. 17.02.2014, Az. M 21 K 11.30405; VG München v. 29.02.2008, Az. M 21 K 07.50979; VG Augsburg v. 10.10.2013, Az. Au 7 K 13.30278; VG Augsburg v. 18.11.2013, Az. Au 7 K 13.30129; VG Aachen v. 22.05.2012, Az. 2 K 799/10.A; VG Aachen v. 24.05.2012, Az. 2 K 2051/10.A). Das kann bei dem Kläger als arbeitsfähigen erwachsenen Mann nicht angenommen werden.

3. Die in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamts zugleich verfügte Abschiebungsandrohung und die festgesetzte Ausreisefrist stützen sich auf §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylVfG.

4. Die Kostenentscheidung in dem nach § 83b AsylVfG gerichtskostenfreien Verfahren beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

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Verwaltungsgericht München Urteil, 07. Juli 2014 - 21 K 11.30413 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

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Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Mai 2012 - A 7 K 3900/11 - wird abgelehnt.Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Gründe  1 Der Antrag bleibt

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Mai 2012 - A 7 K 3900/11 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

 
Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Die in Anspruch genommenen Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG), der entscheidungserheblichen Divergenz von obergerichtlichen bzw. höchstrichterlichen Entscheidungen (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG) sowie der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG in Verbindung mit § 138 Nr. 3 VwGO) rechtfertigen aus den mit dem Antrag angeführten Gründen die Zulassung der Berufung nicht.
1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn es für ihre Entscheidung maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 -, NVwZ 2007, 805 f.). Die nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG gebotene Darlegung dieser Voraussetzungen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16.05.2007 - 2 BvR 1782/04 -, Juris Rn. 13) verlangt, dass unter Durchdringung des Streitstoffes eine - gegebenenfalls erneut oder ergänzend - klärungsbedürftige konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufgezeigt wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war und die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und dass ein Hinweis auf den Grund gegeben wird, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.11.2011 - 5 B 29/11 -, Juris; Senatsbeschluss vom 18.06.2012 - A 9 S 792/12 -).
Diesen Anforderungen genügt der Antrag nicht. Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf die in dem ärztlichen Attest vom 27.03.2012 enthaltenen Diagnosen „schweres gehemmt-depressives Syndrom bei chronifizierender depressiver Störung“ und „Migräne“ mit der Begründung verneint, der Kläger könne diese Erkrankungen auch nach seiner Rückkehr in Nigeria behandeln lassen. In den Großstädten Nigerias gebe es eine medizinische Grundversorgung, allerdings in der Regel weit unter europäischem Standard. Es gebe auch die Möglichkeit einer psychiatrischen Behandlung. So verfüge Nigeria ausweislich der Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe „Nigeria: Behandlung von PTSD“ vom 09.11.2009 über 35 psychiatrische Kliniken und psychiatrische Abteilungen, in denen unter anderem klinische Depressionen, suizidale Tendenzen und posttraumatische Belastungsstörungen behandelt würden, wobei die Behandlung in einigen Kliniken kostenlos sei, die Medikamente aber immer selbst bezahlt werden müssten. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte sei auch davon auszugehen, dass der Kläger im Stande sei, eine medizinische Behandlung zu finanzieren. Der Kläger sei vor seiner Ausreise Inhaber eines Handelsgeschäfts mit eigenem Laden gewesen. Dies spreche dafür, dass er über gewisse finanzielle Rücklagen verfüge, die für eine gegebenenfalls erforderliche ärztliche Behandlung eingesetzt werden könnten.
Der Kläger macht nun geltend, das angefochtene Urteil beruhe auf der Frage, „ob Personen aus Nigeria, die unter einem schweren gehemmt-depressiven Syndrom bei chronifizierender depressiver Störung und unter Migräne leiden, ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Nigeria vorliegt“. Diese Frage habe grundsätzliche Bedeutung. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe habe ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Nigeria bei einer psychischen Erkrankung mit Urteil vom 31.05.2012 - A 9 K 2882/11 - bejaht. Aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 03.05.2011 - A 1 K 523/10 - ergebe sich, dass Krankheiten wie „Spastische Bronchitis, bronchiales Asthma sowie Diabetes mellitus“ in Nigeria nicht behandelt werden könnten. Diese Krankheiten hätten ein ähnliches Gewicht wie die Erkrankung des Klägers.
Mit diesem Vortrag ist eine grundsätzlich bedeutsame Frage, die einer vom Einzelfall losgelösten Klärung zugänglich ist, nicht dargelegt. Dies gilt zunächst, soweit der Kläger auf das Urteil der 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 31.05.2012 verweist. Der dortige Fall ist mit dem vorliegenden in tatsächlicher Hinsicht nicht vergleichbar. Beim dortigen Kläger lag - anders als hier - eine posttraumatische Belastungsstörung vor; er war offenbar in Deutschland schon einmal stationär behandelt worden und bedurfte weiterer intensiver ärztlicher bzw. psychotherapeutischer Behandlung. Der Kläger wird dagegen laut seinem Vorbringen im Zulassungsantrag derzeit nur medikamentös behandelt. Auch das genannte Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 03.05.2011 ist nicht geeignet, eine grundsätzliche Bedeutung des vorliegenden Falles aufzuzeigen. Es stellt maßgeblich auf andere Erkrankungen ab.
Zudem hängt die Entscheidung darüber, ob einem nigerianischen Staatsangehörigen bei der Rückkehr in seinen Heimatstaat aus gesundheitlichen Gründen eine Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG droht, auch von der jeweils im Einzelfall zu entscheidenden Frage ab, ob der Betreffende über finanzielle Mittel verfügt, um sich u.a. eine medikamentöse Behandlung dort leisten zu können. Bezüglich des Klägers hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass er wegen seiner beruflichen Tätigkeit vor der Ausreise über gewisse finanzielle Rücklagen verfüge und er sich deshalb eine medikamentöse Behandlung leisten könne. Diese tatsächliche Annahme ist mit zulässigen Rügen nicht angegriffen worden.
2. Nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG ist die Berufung insbesondere zuzulassen, wenn das angegriffene Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Sowohl die Abweichung als auch das „Beruhen“ der Entscheidung hierauf sind gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG „darzulegen“. Zur Darlegung der Rechtssatzdivergenz ist erforderlich, dass ein die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz aufgezeigt wird, der mit einem ebensolchen Rechtssatz in der Entscheidung des höheren Gerichts im Widerspruch steht. Eine Divergenz begründende Abweichung liegt nicht vor, wenn das Vordergericht einen Rechtssatz eines der in § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG genannten höheren Gerichte übersehen oder - ob zu Recht oder nicht - als nicht anwendbar eingestuft hat (vgl. Senatsbeschluss vom 30.04.2012 - A 9 S 886/12 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.03.1997 - 8 S 664/97 -, DVBl. 1997, 1326).
Diesen Maßstäben genügt das Vorbringen des Klägers nicht. Dies gilt zunächst, soweit der Kläger meint, es liege eine Abweichung vom Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 10.07.2003 (11 S 2622/02) vor. Aus diesem Beschluss ergäben sich Mindestanforderungen für die Glaubhaftmachung eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses durch ein sog. „Privatgutachten“. Die von ihm vorgelegten Unterlagen genügten diesen Anforderungen. Dieser Vortrag reicht nicht aus. Der Kläger zeigt nicht konkret auf, mit welchem tragenden Rechtssatz das Verwaltungsgericht von einem tragenden Rechtssatz der genannten obergerichtlichen Entscheidung abweicht. Die (angeblich) divergierenden Rechtsätze hätten einander gegenüber gestellt werden müssen. Zugleich hätte dargelegt werden müssen, worin die Abweichung besteht. Dies gilt unter anderem vor dem Hintergrund, dass die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8/07 -, BVerwGE 129, 251) von der genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vergleichend zitiert wird. Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, dass die behauptete Abweichung tragend ist. Denn der Kläger bezieht die Abweichung nicht auf die Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung, sondern auf die übrigen im Attest vom 27.03.2012 diagnostizierten Erkrankungen. Insoweit hat das Verwaltungsgericht das Zutreffen der Diagnose jedoch unterstellt, so dass es nach seiner Rechtsauffassung nicht auf die von ihm genannten Anforderungen an ein fachärztliches Attest ankam.
Aber auch soweit der Kläger meint, es liege eine Abweichung vom Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 06.02.2008 (11 S 2439/07) vor, greift die Divergenzrüge nicht durch. Der Kläger meint, aus diesem Beschluss ergebe sich, dass die Ausländerbehörde fachärztliche Gutachten einholen müsse, wenn ein ärztliches Attest vorliege, das zwar nicht den Anforderungen für den Vollbeweis der Suizidgefahr genüge, aber ein Indiz für das Vorliegen einer Suizidgefahr darstelle. Das Verwaltungsgericht hätte daher aufgrund der verschiedenen Beweisanträge ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Auch dieser Vortrag zeigt keine Divergenz auf. Der Kläger hat keine tragenden abstrakten Rechtsätze konkret gegenüber gestellt, die voneinander abweichen. Die Rüge des Klägers betrifft vielmehr nur die Rechtsanwendung im Einzelfall, die mit der Divergenzrüge nicht angegriffen werden kann.
10 
3. Der in Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör verbürgt, dass ein Beteiligter vor einer Gerichtsentscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen und als Subjekt Einfluss auf das Verfahren nehmen kann. Als „prozessuales Urrecht“ sichert das rechtliche Gehör den Betroffenen insbesondere, dass sie mit Ausführungen und Anträgen gehört werden (vgl. BVerfG, Plenumsbeschluss vom 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02 -, BVerfGE 107, 395, 408 f.; Senatsbeschluss vom 09.01.2012 - A 9 S 3429/11 -). Im Falle des Stellens eines Beweisantrages wird das rechtliche Gehör im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG in Verbindung mit § 138 Nr. 3 VwGO dann verletzt, wenn dessen Ablehnung im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22.09.2009 - 1 BvR 3501/08 -, Juris Rn. 13, und Beschluss des Ersten Senats vom 08.11.1978 - 1 BvR 158/78 -, BVerfGE 50, 32, 36; Senatsbeschluss vom 05.12.2011 - A 9 S 2939/11 -, VBlBW 2012, 196).
11 
Diese Voraussetzungen sind mit dem Antrag nicht dargetan.
12 
a) Dies gilt zunächst für den in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Antrag des Klägers, die ihn behandelnde Psychiaterin, die das mit der Klage vorgelegte ärztliche Attest vom 27.03.2012 erstellt hat, als sachverständige Zeugin „zum Gesundheitszustand und zur medizinischen Behandlung des Klägers“ zu hören. Dieser Beweisantrag wurde vom Verwaltungsgericht mit der Begründung abgelehnt, es fehle bereits an der Benennung einer beweiserheblichen Tatsache.
13 
Der Kläger hat mit seinem Zulassungsantrag nicht dargetan, dass die Ablehnung dieses Beweisantrags im Prozessrecht keine Stütze findet. Die Pflicht zur Substantiierung eines Zeugenbeweisantrags nach § 98 VwGO in Verbindung mit §§ 373 und 414 ZPO bezieht sich zum einen auf das Beweisthema, also auf die Bestimmtheit der Beweistatsachen und deren Wahrheit, und zum anderen darauf, welche einzelnen Wahrnehmungen der angebotene Zeuge in Bezug auf die Beweistatsachen (oder auf die zu deren Ermittlung dienenden Hilfs- oder Indiztatsachen) selbst gemacht haben soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.06.2001 - 1 B 131/00 -, NVwZ-RR 2002, 311). Der Beweisantrag muss außerdem eine für die Entscheidung des Falles erhebliche Tatsache betreffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 -, Juris Rn. 5).
14 
Hinsichtlich der im ärztlichen Attest vom 27.03.2012 angegebenen posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) konnte der Beweisantrag vom Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt werden, weil es an der erforderlichen Substantiierung der Beweistatsachen fehlte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört zur Substantiierung eines Sachverständigenbeweisantrags, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen PTBS zum Gegenstand hat, angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8/07 -, BVerwGE 129, 251, 255 - Rn. 15 -). Da sich diese Anforderungen an die Substantiierung aus der allgemeinen Pflicht des Beteiligten ergeben, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen, sind diese Grundsätze auf die Beweiserhebung zum Thema PTBS durch Vernehmung des behandelnden Arztes als sachverständigen Zeugen zu übertragen.
15 
Das vom Kläger vorgelegte ärztliche Attest vom 27.03.2012 genügt - wie der Kläger nun im Zulassungsantrag (vgl. dort S. 3) selbst zugesteht - diesen Mindestanforderungen nicht. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das in dem Attest vorausgesetzte traumatisierende Ereignis nach den - nicht angegriffenen - Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht stattgefunden hat.
16 
Auch hinsichtlich der im Übrigen von der behandelnden Ärztin in dem Attest diagnostizierten Erkrankungen („schweres gehemmt-depressives Syndrom bei chronifizierender depressiver Störung“ sowie „Migräne“) konnte der Beweisantrag zu Recht abgelehnt werden. Denn die Frage, ob diese Krankheiten tatsächlich vorliegen, war nicht entscheidungserheblich. Das Verwaltungsgericht hat ihr Vorliegen unterstellt, jedoch angenommen, dass der Kläger für diese Erkrankungen in Nigeria eine Behandlung finden kann.
17 
b) Auch die Anträge auf Einholung von Sachverständigengutachten wurden vom Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt.
18 
aa) Dies gilt zunächst hinsichtlich des begehrten Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, „dass sich der Gesundheitszustand des Klägers bei einem Abbruch der medizinischen Behandlung derart verschlimmern würde, dass eine konkrete erhebliche Gefahr für Leib und Leben bestehe“. Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag mit der Begründung abgelehnt, er sei möglicherweise unsubstantiiert, jedenfalls betreffe er eine unerhebliche Tatsache. Denn der Kläger leide - wie festgestellt - an keiner posttraumatischen Belastungsstörung. Daher bestehe im Falle seiner Rückkehr auch nicht, wie in der ärztlichen Bescheinigung vom 27.03.2012 angegeben, die Gefahr einer „Retraumatisierung“ sowie des Suizids.
19 
Diese Begründung des Verwaltungsgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Da das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung entsprechend der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden war, musste auch nicht zu den Folgen eines Behandlungsabbruchs einer posttraumatischen Belastungsstörung Beweis erhoben werden. Eine Beweiserhebung über die Folgen eines Abbruchs der Behandlung der übrigen Erkrankungen war mangels Erheblichkeit entbehrlich, weil das Gericht davon ausging, dass diese Krankheiten auch bei einer Rückkehr des Klägers behandelt werden können.
20 
bb) Schließlich hat das Verwaltungsgericht auch den Antrag des Klägers, ein Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass „in Nigeria für seine Erkrankungen keine Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und auch tatsächlich nicht erreichbar sind“, zu Recht abgelehnt. Insoweit kann hinsichtlich des behaupteten Vorliegens einer PTBS auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Bezüglich der Behandelbarkeit des „schweren gehemmt-depressiven Syndroms bei chronifizierender depressiver Störung“ sowie „Migräne“ fehlt es deshalb an der Entscheidungserheblichkeit, weil das Verwaltungsgericht darauf abgestellt hat, dass der Kläger über genug finanzielle Mittel verfüge, um sich die nötigen Medikamente in Nigeria leisten zu können. Es ist nicht ersichtlich, dass sich das Sachverständigengutachten auch auf die persönlichen finanziellen Mittel der Klägers erstrecken sollte. Der Beweisantrag ist daher auch zu unsubstantiiert, weil er sich nicht konkret auf die Behandelbarkeit dieser weiteren Krankheiten und die finanzielle Situation des Klägers als Beweistatsache bezieht.
21 
4. Die Kostenentscheidung für das gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfreie Verfahren beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG.
22 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten der Verfahren zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.


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(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 22. März 2012 wird der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 18. Oktober 2011 aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger muslimischen Glaubens. Gemäß den Eintragungen im Reisepass wurde er am … 1990 Neu-Delhi (Indien) geboren. Er reiste im Januar 1991 zusammen mit seiner Familie ins Bundesgebiet ein. Im Jahr 1992 trennten sich die Eltern. Am 2. Juni 1993 stellte die Mutter des Klägers für sich und ihn Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte. Mit Bescheid vom 6. Oktober 1993 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (1.) die Asylanträge ab und stellte fest, dass (2.) die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und (3.) Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen, und drohte (4.) die Abschiebung nach Afghanistan an. Aufgrund der hiergegen erhobenen Klage erließ das Verwaltungsgericht Ansbach am 29. November 1994 (Az. AN 22 K 93.56190) folgendes Urteil:

„1. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge wird unter Aufhebung der Ziffer 3 des Bescheides vom 6.10.1993 verpflichtet, zugunsten der Kläger festzustellen, dass die Voraussetzungen für eine Ermessensausübung gemäß §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG gegeben sind; im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

[2. Kosten].“

In den Entscheidungsgründen ist u.a. ausgeführt, „dass die Leibes- und Lebensgefahren in Afghanistan derzeit wesentlich erhöht sind“ [wegen Bürgerkriegsgefahren – unter Hinweis auf BayVGH, U.v. 28.10.1994 – 24 BA 94.33471 – InfAuslR 1995, 73]. Demgemäß stellte das Bundesamt in seiner Entscheidung vom 1. Februar 1995 fest, „dass die Voraussetzungen für eine Ermessensausübung gemäß §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG gegeben sind.“

Mit Schreiben vom 11. August 2011 teilte die Stadt Nürnberg dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit, dass der Kläger derzeit eine Jugendstrafe in der JVA Ebrach bis zum 1. Oktober 2013 verbüße. Das Bundesamt wurde gebeten zu prüfen, ob die Feststellung vom 1. Februar 1995 widerrufen werden könne. Gemäß dem beigefügten Urteil des Amtsgerichts Nürnberg (Jugendschöffengericht) vom 16. Dezember 2010 (Az. 62 Ls 603 Js 36517/10) war der Kläger wegen einer vorsätzlichen Körperverletzung zu einer Einheitsjugendstrafe von 2 Jahren 8 Monaten verurteilt worden, wobei eine frühere Jugendstrafe von 2 Jahren 3 Monaten wegen Diebstahls (Amtsgericht Nürnberg vom 13.1.2010) einbezogen war.

Mit Schreiben vom 5. Oktober 2011 teilte das Bundesamt dem Kläger mit, dass bezüglich der Feststellung des Abschiebungsschutzes ein Widerrufsverfahren nach § 73 AsylVfG eingeleitet worden sei. Die Situation habe sich zwischenzeitlich geändert, da er bei einer Rückkehr nach Afghanistan zum heutigen Zeitpunkt nicht mehr mit einer unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben rechnen müsse. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 teilte der Kläger dem Bundesamt mit, dass er seit seinem ersten Lebensjahr immer in Deutschland gelebt habe. Er habe keinen Bezug zu Afghanistan, kenne dort niemand und beherrsche auch nicht die Landessprache. Im Fall der Abschiebung wäre er deshalb völlig auf sich allein gestellt. Mit Bescheid vom 18. Oktober 2011 widerrief das Bundesamt die mit Bescheid vom 1. Februar 1995 nach altem Recht getroffene Feststellung, dass ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG vorliegt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Feststellung eines Abschiebungshindernisses gemäß § 53 Abs. 6 AuslG, der heute im wesentlichen § 60 Abs. 7 AufenthG entspreche, gemäß § 73 Abs. 3 AsylVfG zu widerrufen sei, weil die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungshindernisses nicht mehr vorlägen. Die Sachlage habe sich seit der Entscheidung des Bundesamts vom 1. Februar 1995 geändert. Eine extreme Gefahrenlage, die zum damaligen Zeitpunkt zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 AuslG geführt habe, sei nun nicht mehr gegeben. Die Gesamtversorgungslage habe sich infolge der überdurchschnittlichen Ernteergebnisse nach dem Dürrejahr 2008 signifikant verbessert. Die Sicherheits- und Versorgungslage sei zumindest im Raum Kabul, auf den zu verweisen sei, nicht derart schlecht, dass der Ausländer bei einer Rückkehr dorthin gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Aufgrund seiner qualifizierten Schulausbildung in Deutschland und seiner umfangreichen Sprachkenntnisse könnte er sich speziell in Kabul etablieren.

Die gegen den Widerrufsbescheid beim Verwaltungsgericht Ansbach erhobene Klage (AN 11 K 11.30501) begründete der Kläger damit, dass die Voraussetzungen für einen Widerruf nicht gegeben seien. Die Leibes- und Lebensgefahr sei in Afghanistan nach wie vor hoch. Der wahre Grund für den Widerruf sei die gegen ihn verhängte Jugendstrafe. Insofern sei der Hinweis auf die angeblich verbesserte Lage in Afghanistan nur vorgeschoben. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass er nie in Afghanistan gelebt habe. In der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2012 gab der Kläger an, dass er nach der Trennung seiner Eltern in Deutschland vorübergehend in einer Pflegefamilie gelebt habe. Er beabsichtige, nach Verbüßung der Jugendstrafe eine Berufsausbildung als Verkäufer zu machen. In Afghanistan könnte er allein nicht existieren. Sein Vater lebe in Nürnberg; wo seine Mutter lebe, wisse er nicht. Er beantragte, den Widerrufsbescheid aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage durch Urteil vom 22. März 2012 ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG (erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit) nicht mehr gegeben seien. Trotz der überaus schlechten Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan könne nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass jeder Rückkehrer aus Europa mit einer existenziellen Bedrohung rechnen müsste. Die durch den Sturz der Taliban und den Einsatz internationaler Truppen unter Führung der ISAF geprägte aktuelle Sicherheitslage rechtfertige ein Abschiebungsverbot nicht. Dem Kläger stünden auch die geltend gemachten Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht zu. Es sei nicht anzunehmen, dass der Kläger, der volljährig, gesund und arbeitsfähig sei, mit einer existenziellen Bedrohung rechnen müsste. Eine besondere Situation ergebe sich auch nicht daraus, dass der Kläger angegeben habe, die Landessprachen nicht ausreichend zu sprechen, und er in Afghanistan nicht sozialisiert sei.

Mit Beschluss vom 23. Januar 2013 (13a ZB 12.30152) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Klägers wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG zugelassen. Es sei insbesondere zu klären, ob für Rückkehrer, sofern sie nicht über ausreichende Kenntnisse einer der Landessprachen Dari oder Paschtu verfügen, eine Chance bestehe, irgendeine Arbeit zu finden und wenigstens das Existenzminimum zu erlangen.

Der Kläger macht zur Begründung der Berufung Folgendes geltend: Als Kleinkind sei er zeitweilig in einer deutschen Pflegefamilie aufgewachsen. Im Alter von drei Jahren sei er in den Kindergarten gekommen und mit sechs Jahren in die Grundschule. Zu diesem Zeitpunkt habe er schon bei seinem Vater gelebt. Dieser habe mit ihm immer Deutsch gesprochen. Die Muttersprache seines Vaters, Dari, beherrsche er selbst nicht. Er habe den Hauptschulabschluss gemacht und danach die Berufsschule besucht. Ein Familienverband, der ihn unterstützen könnte, existiere in Afghanistan nicht. Auf sich allein gestellt wäre er im Fall der Abschiebung völlig hilf- und mittellos. Somit seien Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG und § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 und Art. 8 EMRK gegeben. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe sich die Sachlage seit der Entscheidung vom 1. Februar 1995 gerade nicht in erheblicher Weise geändert.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 18. Oktober 2011 unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 22. März 2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Bezüglich der Sprachkenntnisse des Klägers verweist sie auf eine von der JVA Ebrach über den Kläger erstellte Personenbeschreibung vom 4. Februar 2011, welche folgenden Vermerk enthält: „Sprache(n): deutsch, afghanisch“.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylVfG) zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Widerrufsbescheid des Bundesamts ist rechtswidrig (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 73c Abs. 2 AsylVfG (n.F.) ist die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG entspricht dem damaligen § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG, wonach von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden konnte, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit bestand. Eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben ist im vorliegenden Fall aber nach wie vor gegeben, wenngleich hier nicht mehr auf die damaligen Bürgerkriegsgefahren, sondern auf die existentielle Notlage mangels Ernährung abzustellen ist.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof geht in seiner aktuellen Rechtsprechung davon aus, dass die Angehörigen der Zivilbevölkerung in Afghanistan durch ihre bloße Anwesenheit keiner erheblichen Gefahr für Leib oder Leben infolge militanter Gewalt ausgesetzt sind (vgl. z.B. hier die Südregion: U.v. 21.6.2013 – 13a B 12.30170 – juris; für die Südostregion: U.v. 4.6.2013 – 13a B 12.30063 – juris; für die Ostregion: U.v. 15.3.2013 – 13a B 12.30121 – juris; für die Zentralregion: U.v. 1.2.2013 –13a B 12.30045 – juris).

Die Voraussetzungen für die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind bei dem Kläger aber unter dem Gesichtspunkt einer extremen Gefahr nach wie vor gegeben. Eine Gefahr im Sinn von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann grundsätzlich auch in einer unzureichenden Versorgungslage in Afghanistan, die insbesondere für Rückkehrer ohne Berufsausbildung und ohne familiäre Unterstützung besteht, begründet sein. Dies stellt jedoch eine allgemeine Gefahr im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 2 (n.F.) AufenthG dar, die auch dann nicht als Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG berücksichtigt werden kann, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt wird, aber nur eine typische Auswirkung der allgemeinen Gefahrenlage ist (BVerwG, U.v. 8.12.1998 – 9 C 4.98 – BVerwGE 108, 77). Dann greift grundsätzlich die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 (n.F.) AufenthG. Demnach sind Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, (nur) bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Eine Abschiebestoppanordnung nach dieser Vorschrift besteht jedoch für die Personengruppe, welcher der Kläger angehört, nicht (mehr). Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat durch die Verwaltungsvorschriften zum Ausländerrecht (BayVVAuslR) mit Rundschreiben vom 10. August 2012 (IA2-2081.13-15) in der Fassung vom 16. April 2013 bezüglich der Rückführungen nach Afghanistan verfügt, dass nach wie vor vorrangig zurückzuführen sind alleinstehende männliche afghanische Staatsangehörige, die volljährig sind (s. BayVVAuslR Nr. C.3.2).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 2 (n.F.) AufenthG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG oder eine andere Regelung, die vergleichbaren Schutz gewährleistet, nicht besteht, ausnahmsweise Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zuzusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer extremen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Das ist der Fall, wenn der Ausländer gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (st. Rspr. des BVerwG; vgl. nur BVerwGE 99, 324; 102, 249; 108, 77; 114, 379; 137, 226; 140, 319).

Wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Das Erfordernis des unmittelbaren – zeitlichen – Zusammenhangs zwischen Abschiebung und drohender Rechtsgutverletzung setzt zudem für die Annahme einer extremen Gefahrensituation wegen der allgemeinen Versorgungslage voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann (Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 60 AufenthG Rn. 54). Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 – BVerwGE 137, 226 NVwZ-RR 2011, 48).

Nach der Rechtsprechung des Senats (z.B. U.v. 24.10.2013 – 13a B 13.30031 – juris) ergibt sich aus den Erkenntnismitteln nicht, dass jeder afghanischer Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan nach wie vor schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau grundsätzlich nicht anzunehmen, dass einem alleinstehenden arbeitsfähigen männlichen Rückkehrer bei einer Abschiebung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Dies gilt selbst dann, wenn ein (Dari sprechender) Mann Afghanistan schon im Kleinkindesalter verlassen hatte.

Gemäß den vorliegenden Erkenntnismitteln, insbesondere dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Danesch vom 7. Oktober 2010, der Stellungnahme der ehemaligen stellvertretenden Geschäftsführerin der AGEF Dr. Lutze vom 8. Juni 2011, der Auskunft von ACCORD (Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation) vom 1. Juni 2012, dem Lagebericht des Auswärtiges Amts vom 4. Juni 2013 (Bericht über die asyl-und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: März 2013) und den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom August 2013, geht der Senat davon aus, dass arbeitsfähige Rückkehrer trotz großer Schwierigkeiten die Chance haben, ihr Existenzminimum als Tagelöhner oder Gelegenheitsarbeiter zu erlangen.

Aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls ist jedoch anzunehmen, dass es dem Kläger nicht gelingen wird, sich etwa in Kabul notdürftig „durchzuschlagen“. Da er die beiden Landessprachen Dari und Paschtu (Wikipedia, Enzyklopädie, Artikel Afghanistan, Abschn. 3.2 – de.wikipedia.org) nicht beherrscht, hätte er keine reelle Chance, als Tagelöhner irgendwelche Aufträge zu erhalten und diese zu verrichten. Ohne die Möglichkeit einer Verständigung mit den Einheimischen ist nicht zu erwarten, dass er Interessenten seine Arbeitskraft anbieten könnte. Bei einer Analphabetenrate von ca. 70% (Lagebericht S. 17) und einem niedrigen Prozentsatz höherer Bildungsabschlüsse kommt auch eine Kommunikation in einer Fremdsprache im täglichen Leben nicht in Betracht. Mangels nennenswerten Vermögens und ohne familiären Rückhalt wäre der Kläger somit der Gefahr des baldigen Verhungerns ausgesetzt.

Der Senat ist aufgrund der Klagebegründung und der eingehenden Befragung in der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass Deutsch die alleinige Muttersprache des Klägers ist. Der Kläger spricht ein einwandfreies Deutsch (flüssig, wortreich und grammatikalisch richtig) ohne einen ausländischen Akzent. Da er schon als Dreijähriger in den Kindergarten kam und damals zeitweilig bei einer deutschen Pflegefamilie lebte, war er schon als Kleinkind mit der deutschen Sprache aufgewachsen. Wenngleich der Kläger als Kind und als Jugendlicher im Haushalt seines Vaters in Nürnberg aufwuchs, ist nicht zu vermuten, dass er dabei Dari, die Muttersprache seines Vaters, angenommen hat. Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, dass er mit seinem Vater Deutsch gesprochen habe. Dies erscheint plausibel, weil die gewandte Ausdrucksweise des Klägers zeigt, dass er Deutsch nicht nur halbwegs oder als zweite Sprache erlernt hat. Falls er als Kleinkind bei seiner Mutter auch etwas Dari gesprochen haben sollte, entspräche es der Lebenserfahrung, dass sich diese Kenntnisse im Laufe der Jahre verloren haben. Die von der Beklagten vorgelegte Personenbeschreibung der JVA Ebrach vom 4. Februar 2011 mit dem Vermerk „Sprache(n): Deutsch, Afghanisch“ ist nicht geeignet, die Kenntnis der Sprache Dari zu beweisen. Da es „Afghanisch“ als Sprache nicht gibt, dürfte der betreffende Vermerk des Vollzugsbeamten eine ungeprüfte Ableitung aus der Staatsangehörigkeit sein. Sonstige, vom Bundesamt nicht angeführte Anzeichen dafür, dass der Kläger auch Dari spricht, gibt es nicht (zum Erfordernis der Heranziehung aller für einen Widerruf erheblichen Umstände vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 17.12 – BVerwGE 146, 31).

Die Tatsache, dass der Kläger schon des Öfteren straffällig geworden ist – wobei das Jugendschöffengericht viermal auf Jugendstrafe erkannte – steht dem hier festgestellten Abschiebungsverbot nicht entgegen. Die Vorschrift des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG, wonach die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG ausgeschlossen ist, wenn der betreffende Ausländer wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist, greift hier nicht ein, weil die zuletzt vom Amtsgericht Nürnberg mit Urteil vom 16. Dezember 2010 verhängte Einheitjugendstrafe von zwei Jahren acht Monaten unter dieser Grenze liegt und weil diese Vorschrift ohnehin nicht auf Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG anzuwenden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.