Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Apr. 2014 - 18 K 13.3247

bei uns veröffentlicht am30.04.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihrer Bescheide vom .... April 2013 und .... September 2013 verpflichtet, der Tochter der Klägerin ..., geboren am ... 2002, Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz vom 1. März 2013 bis 13. Januar 2014 zu gewähren.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit der Klage die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) für ihre Tochter ...

Die Klägerin ist ledig, bulgarische Staatsangehörige und seit ... Juni 2012 im Bundesgebiet, ihre am ... 2002 geborene Tochter ... ist seit ... Oktober 2012 im Bundesgebiet.

Mit Schreiben vom .... März 2013 machte das Jobcenter ... als nachrangig verpflichteter Sozialleistungsträger gegenüber der UVG-Stelle der Beklagten einen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X (Sozialgesetzbuch X) geltend. Die Tochter der Klägerin erhalte seit 1. Februar 2013 Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 23 SGB II in Höhe von monatlich 255,- €. Die Beklagte forderte daraufhin die Klägerin mit Schreiben vom ... März 2013 auf, einen Antrag auf UVG-Leistungen zu stellen, damit über den Kostenerstattungsanspruch entschieden werden könne.

Mit Formblatt vom ... März 2013, eingegangen bei der Beklagten am .... März 2013, stellte die Klägerin den geforderten Antrag. Sie gab an, alleiniger Vertreter des Kindes zu sein, der Vater ihrer Tochter sei unbekannt. Dies ist auch in der beglaubigten Übersetzung der Geburtsurkunde so festgehalten.

Mit Schreiben vom ... März 2013 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass der Anspruch auf die Leistung nur bei Erfüllung der Mitwirkungspflicht bei der Feststellung der Vaterschaft bestehe. Die Klägerin müsse deshalb persönlich vorsprechen.

Nach der Niederschrift über die Vorsprache der Klägerin bei der Beklagten am ... März 2013, die mit Hilfe eines von der Klägerin mitgebrachten Dolmetschers geführt und von der Klägerin unterschrieben wurde, gab die Klägerin an, sie habe mit dem Vater ihrer Tochter vor der Schwangerschaft ca. ein Jahr in ... zusammengelebt. Er habe ... geheißen und sei damals 23 Jahre alt gewesen. An mehr könne sie sich nicht erinnern.

Laut einem Aktenvermerk der Beklagten vom gleichen Tag habe die Klägerin zum Kindsvater nur ausweichende Angaben gemacht und auch den Namen nur auf mehrmaliges Nachfragen genannt. Sie habe unsicher und verlegen gewirkt. Die Angaben seien nicht glaubhaft.

Mit Bescheid vom ... März 2013 lehnte die Beklagte den Antrag daher mit der Begründung ab, dass die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten nicht erfüllt habe. Ihre Angaben, dass sie nur Namen und Alter wisse, ansonsten kein Interesse an dem Kindsvater habe und sich an nichts mehr erinnern könne, seien unglaubwürdig, zumal sie ein Jahr mit ihm befreundet gewesen sei.

Die Klägerin erhob durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom .... April 2013 Widerspruch und nannte darin Name und Anschrift des Kindsvaters in Bulgarien, die im Schreiben vom ... April 2013 noch mal berichtigt wurde. Der Klägerbevollmächtigte trug vor, dass diese Daten der Klägerin erst nach längerem Überlegen eingefallen seien, da sie seit 11 Jahren keinen Kontakt mehr zu dem Vater ihrer Tochter hatte.

Der Widerspruch wurde, soweit ersichtlich, der Regierung ... nicht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben vom 25. Juli 2013, eingegangen am 26. Juli 2013, erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragte,

der Klägerin Prozesskostenhilfe zu gewähren sowie

den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom ... März 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin ab Antragstellung monatlich 180,- € zu bezahlen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe UVG-Leistungen beantragt, weil der Kindsvater keinen Unterhalt zahle und sie selbst auch nicht zu Leistungen an ihre Tochter in der Lage sei. Die Klage sei als Untätigkeitsklage zulässig und begründet, weil die Klägerin mit Anschrift und Alter des Kindsvaters alle ihr bekannten Angaben zu seiner Person gemacht habe.

Mit Bescheid vom ... September 2013 ergänzte die Beklagte den Bescheid vom ... März 2013 bezüglich der Begründung dahin, dass der Antrag auch wegen fehlender Mitwirkung bei der Feststellung der Vaterschaft abgelehnt werde. Spätestens seit ... April 2013 sei eine zustellfähige Anschrift des Kindsvaters bekannt, dennoch habe sich die Klägerin nicht um die Feststellung der Vaterschaft bemüht.

Mit Schriftsatz vom 11. September 2013 beantragte die Beklagte

Klageabweisung.

Die Klägerin habe nicht alle Handlungen vorgenommen, die zur Feststellung der Vaterschaft erforderlich seien, trotz Kenntnis einer zustellfähigen Anschrift.

Der Bevollmächtigte der Klägerin erweiterte mit Schriftsatz vom 24. September 2013 die Klage und beantragte,

auch den mittlerweile ergangenen Bescheid der Beklagten vom ... September 2013 aufzuheben.

Die Beklagte habe die Klägerin nicht informiert, dass sie ein gerichtliches Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft einleiten müsse und damit gegen ihre Beratungspflichten aus §§ 14, 16 Abs. 3 SGB I verstoßen. Seit die Klägerin dies wisse, habe sie einen entsprechenden Antrag beim Familiengericht gestellt, wie der beigelegte Antragsschriftsatz zeige.

Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2014 teilte er mit, dass die Klägerin und ihre Tochter weiterhin auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen seien. Das Familiengericht habe mittlerweile Verfahrenskostenhilfe bewilligt.

Die Beklagte wies hierzu mit Schriftsatz vom 14. April 2014 darauf hin, dass ein gerichtliches Verfahren für die Mitwirkung nicht zwingend sei. Eine Beurkundung in Bulgarien hätte ausgereicht. Dass die Vaterschaft nicht streitig sei, widerspräche den früheren Angaben der Klägerin. Über den Stand des Gerichtsverfahrens habe die Beklagte nichts Entscheidendes erfahren.

In der mündlichen Verhandlung am 30. April 2014 wurde der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... bewilligt.

Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten erörtert. Die Beteiligten stellten dann die bereits schriftsätzlich vorgetragenen Anträge.

Zum Verlauf der mündlichen Verhandlung im Einzelnen wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die als Untätigkeitsklage gemäß § 75 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erhobene Klage ist zulässig, insbesondere steht der Zulässigkeit nicht entgegen, dass die Klägerin den Anspruch auf UVG-Leistungen im eigenen Namen geltend macht. Die Klägerin ist, abgeleitet aus § 9 Abs. 1 UVG, klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO (BayVGH, Beschluss vom 20.1.2014, 12 C 13.2488).

Die Klage ist auch begründet.

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom ... März 2013 und vom ... September 2013 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für ihre Tochter im tenorierten Zeitraum, so dass die Beklagte zu der entsprechenden Leistung zu verpflichten war.

Die Tochter der Klägerin, die Inhaberin des Anspruches auf die Unterhaltsleistung ist, erfüllt die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 UVG.

Nach dieser Vorschrift hat Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz, wer das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig, verwitwet oder geschieden ist oder von seinem Ehegatten dauernd getrennt lebt und nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt von dem anderen Elternteil erhält. Die Tochter der Klägerin erfüllte diese Voraussetzungen bis zum 13. Januar 2014. Am ... 2014 vollendete sie das 12. Lebensjahr; damit endet der Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UVG).

Der Leistungsanspruch ist nicht nach § 1 Abs. 3 UVG wegen fehlender Mitwirkung der Klägerin ausgeschlossen. Ein Anspruch auf Unterhaltsleistung besteht nach dieser Vorschrift u. a. dann nicht, wenn der Elternteil, bei dem das Kind lebt, sich weigert, Auskünfte, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich sind, zu erteilen oder bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthaltes des anderen Elternteiles mitzuwirken.

Die Mitwirkungsverpflichtung nach § 1 Abs. 3 UVG ist lex specialis zu den in § 60 f. SGB I geregelten Mitwirkungsvorschriften eines Leistungsberechtigten. Sie ist eine echte Anspruchsvoraussetzung, so dass die Verletzung dieser Obliegenheit dazu führt, dass der Anspruch überhaupt nicht entsteht (vgl. Grube, UVG, § 1, Rn. 93 f.).

Für den Elternteil bedeutet die Obliegenheit, dass er das Auskunftsbegehren der Behörde erschöpfend zu beantworten und alles in seiner Macht und Kenntnis Stehende zu offenbaren hat (OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.8.2013, 12 B 713/13). Zur Mitwirkung gehören insbesondere Angaben, die zur Identifizierung der Person des Kindsvaters erforderlich sind, damit das Land die Unterhaltsansprüche gegen den Vater gemäß § 7 UVG auf sich überleiten und die vorgeleisteten Gelder von ihm zurückholen kann (BVerwG, Urteil vom 16.5.2013, 5 C 28/12). Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren nachgekommen und zwar sowohl in Bezug auf die Angaben zum Vater ihrer Tochter wie auch auf die Schritte zur Feststellung der Vaterschaft.

Dabei ist zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass die Beantragung der UVG-Leistungen von der Beklagten gefordert wurde und nicht von der Klägerin ausging, dass die Klägerin, wie die Beiziehung eines Dolmetschers bei der Vorsprache bei der Beklagten am ... März 2013 zeigt, die deutsche Sprache zumindest nur eingeschränkt beherrscht und dass die Beklagte ihren Beratungspflichten nach §§ 14, 16 SGB I, soweit aus den Akten ersichtlich, nicht vollumfänglich nachgekommen ist.

So wurde die Klägerin weder in der Aufforderung zur Vorsprache vom ... März 2013 noch bei der Vorsprache selbst weder über ihre Pflichten, die Feststellung der Vaterschaft zu betreiben, noch über die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten zur Feststellung der Vaterschaft informiert. Weder wurde die grundsätzliche Möglichkeit einer Beistandschaft thematisiert, noch die einer nun in der Klageerwiderung vom 14. April 2014 angesprochene Beurkundung in Bulgarien. Dass die Klägerin grundsätzlich mitwirkungsbereit war und ist, zeigt sich darin, dass sie nach entsprechender Unterstützung durch ihren Bevollmächtigten im Laufe des Verfahrens allen Forderungen der Beklagten nachgekommen ist.

Da sich die Klägerin nur zögerlich an den Namen des Vaters ihrer Tochter und weitere Details, wie die Anschrift, erinnert hat, ist in Anbetracht der Umstände und der von der Beklagten nicht bestrittenen Tatsache, dass die Klägerin über 10 Jahre keinen Kontakt zu ihm hatte, nachvollziehbar. Auch wenn die Klägerin geäußert hat, kein Interesse mehr an diesem Mann zu haben, führt dies nicht dazu, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung ihre Angaben insgesamt als unglaubwürdig zu betrachten sind und nicht der Wahrheit entsprechen würden. So könnte dies auch mit einer Konfliktsituation zu tun haben. Schließlich hat sie auf Nachfrage bei der Vorsprache bei der Beklagten den Namen eines Mannes genannt, gegen den jetzt die Feststellung der Vaterschaft betrieben wird und der somit offensichtlich richtig war. Dass sie sich zunächst nicht an weitere Einzelheiten, insbesondere seine Adresse, erinnern konnte, lässt in Anbetracht ihrer Situation nicht zwangsläufig den Schluss zu, dass sie diese zwar wusste, aber bewusst verschwiegen hat, da sie diese bereits im Widerspruchsschreiben der Beklagten mitgeteilt hat.

Eine Verletzung der der Klägerin im Rahmen des § 1 Abs. 3 UVG auferlegten Obliegenheiten, die einen Anspruchsausschluss rechtfertigen würden, liegt nach Auffassung des Gerichts daher nicht vor.

Die Tochter der Klägerin hat somit Anspruch auf UVG-Leistungen im genannten Zeitraum, so dass der Klage vollumfänglich stattzugeben war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 VwGO.

Die Berufung war mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 124 a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO nicht zuzulassen.

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(2) Absatz 1 gilt auch dann, wenn von einem nachrangig verpflichteten Leistungsträger für einen Angehörigen Sozialleistungen erbracht worden sind und ein anderer mit Rücksicht auf diesen Angehörigen einen Anspruch auf Sozialleistungen, auch auf besonders bezeichnete Leistungsteile, gegenüber einem vorrangig verpflichteten Leistungsträger hat oder hatte.

(3) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(4) Sind mehrere Leistungsträger vorrangig verpflichtet, kann der Leistungsträger, der die Sozialleistung erbracht hat, Erstattung nur von dem Leistungsträger verlangen, für den er nach § 107 Abs. 2 mit befreiender Wirkung geleistet hat.

Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

(1) Anträge auf Sozialleistungen sind beim zuständigen Leistungsträger zu stellen. Sie werden auch von allen anderen Leistungsträgern, von allen Gemeinden und bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, auch von den amtlichen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland entgegengenommen.

(2) Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, sind unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Ist die Sozialleistung von einem Antrag abhängig, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei einer der in Satz 1 genannten Stellen eingegangen ist.

(3) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Tenor

Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Gründe

Der Kläger erstrebt die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung für ein Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht München, in dem er die Bewilligung und Auszahlung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) für seine am 20. Oktober 2002 geborene Tochter für den Zeitraum vom 28. Mai bis 16. August 2012 und die tatsächliche Auszahlung der vom Beklagten mit Bescheid vom 28. November 2012 bewilligten UVG-Leistungen für den Zeitraum vom 17. August bis 5. September 2012 begehrt.

Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 4. November 2013 (Az. M 18 K 13.1109) mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, die indes keinen Erfolg hat.

1. Soweit im Beschwerdeverfahren geltend gemacht wird, dem Kläger sei die beantragte Akteneinsicht nicht gewährt worden, ist darauf hinzuweisen, dass dieser mit gerichtlichem Schreiben des Verwaltungsgerichts München vom 20. März 2013 aufgefordert worden war, sich wegen der begehrten Akteneinsicht direkt an die Ausgangsbehörde zu wenden und die Klage binnen vier Wochen zu begründen. Das Landratsamt war mit gerichtlichem Schreiben vom gleichen Tag hierüber informiert und gebeten worden, die Akten nicht vor Ablauf dieser Frist vorzulegen. Im gerichtlichen Schreiben vom 25. März 2013 war dem Kläger vom Verwaltungsgericht schließlich mitgeteilt worden, dass die Widerspruchsakte bei Gericht vorgelegt worden sei und ein Termin zur Akteneinsicht vereinbart werden könne. Dem Kläger wurde danach hinreichend Gelegenheit zur Akteneinsicht gegeben, welche er jedoch nicht wahrgenommen hat. Eine Verletzung seiner Rechte ist in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich.

2. Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe das Gebot der Waffengleichheit missachtet, weil es ihm mit der Versagung von Prozesskostenhilfe die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes unmöglich gemacht habe, geht fehl. Die Vorschriften über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurzeln im Rechtsstaatsprinzip und in der in Art. 3 Abs. 1 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit und erstreben die weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei Verwirklichung des Rechtsschutzes. Dabei ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO neben der wirtschaftlichen Bedürftigkeit des Antragstellers und fehlender Mutwilligkeit hinreichende Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung voraussetzt (vgl. Beschluss des Senats vom 29.7.2013, 12 C 13.1183 - , Rn. 15). Die Anforderungen an die Bewertung der Erfolgsaussichten dürfen indes nicht übersteigert werden (BVerfG, B.v. 21.3.2013, 1 BvR 68/12, 1 BvR 965/12 - Rn. 16). Prozesskostenhilfe darf aber verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine geringe ist.

Gemessen an diesem speziell prozesskostenhilferechtlichen Maßstab hat das Verwaltungsgericht zu Recht hinreichende Erfolgsaussichten der Klage verneint und die Gewährung von Prozesskostenhilfe versagt. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach §§ 166 VwGO i. V. m. § 121 ZPO kommt daher nicht in Betracht.

2.1. Dabei kann dahinstehen, ob im angegriffenen Beschluss vom 4. November 2013 die Klage zu Recht vollumfänglich als zulässig erachtet wurde.

Zwar begegnet es im Grundsatz keinen rechtlichen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht die Klagebefugnis des im eigenen Namen auftretenden alleinerziehenden Elternteils bejaht hat, obwohl der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss gemäß § 1 Abs. 1 UVG nur dem Kind selbst zusteht. Denn das eigenständige Klagerecht des Elternteils, in dessen Obhut das Kind lebt, kann aus § 9 Abs. 1 UVG abgeleitet werden, der diesem Elternteil sowie dem gesetzlichen Vertreter des Kindes ein eigenständiges Antragsrecht im Hinblick auf die Leistungen nach UVG gibt.

Ein solches Antragsrecht bedeutet zwar nicht notwendig eine eigenständige materiell-rechtliche Rechtsposition im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO, stellt jedoch ein Indiz hierfür dar (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 42 Rn. 72 m. w. N.). Der Senat schließt sich unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (B.v. 30.7.2007, 12 C 07.673; B.v. 6.7.2010, 12 C 10.1063, ) der Rechtsauffassung des OVG Nordrhein-Westfalen (U.v. 23.9.1999, 16 A 461/99 - , Rn. 7 ff. m. w. N.) und des Sächsischen OVG (U.v. 16.3.2011, 5 D 181/10 - , Rn. 8) an, wonach die Vorschrift des § 9 Abs. 1 UVG die Berechtigung des alleinerziehenden Elternteils begründet, den Anspruch des Kindes auf Unterhaltsvorschussleistungen im eigenen Namen geltend zu machen. Die Regelung dient der Sicherstellung, dass ein Anspruch auf Unterhaltsleistung auch dann durchgesetzt werden kann, wenn das Sorgerecht beiden Eltern gemeinsam zusteht, derjenige, bei dem das Kind nicht lebt, jedoch mit einer Verfolgung des Anspruchs nicht einverstanden ist (SächsOVG, U.v. 16.3.2011, a. a. O.; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 27.8.2012, 6 M 111.12 - , Rn. 5 m. w. N.). Zwar könnte die Norm auch dahingehend verstanden werden, dass sie lediglich eine besondere Vertretungsregelung des alleinerziehenden Elternteils enthält, ohne für diesen eine eigenständige Klagebefugnis zu normieren (insoweit offen: OVG Berlin-Bgb, B.v. 27.8.2012, a.a.O). Dieser Auffassung steht jedoch entgegen, dass bei einer nur gewollten Vertretungsregelung die Festlegung, dass der Antrag auch durch den gesetzlichen Vertreter gestellt werden kann, überflüssig wäre (vgl. SächsOVG, U.v. 16.3.2011, a. a. O.).

Darüber hinaus sprechen auch die berührten wirtschaftlichen Interessen des alleinerziehenden Elternteils dafür, dessen Klagebefugnis zu bejahen (OVG NW, U.v. 23.9.1999, a. a. O. - , Rn. 11 f. unter Verweis auf Sodan/Ziekow, Loseblatt-Kommentar zur VwGO, § 42 Rn. 412, wonach im Einzelfall auch das elterliche Erziehungsrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG taugliche Grundlage eines elterlichen Klagerechts in Angelegenheiten ihrer Kinder sein kann). Der Umstand, dass das materiell-rechtlich anspruchsberechtigte Kind (bei ordnungsgemäßer Vertretung nach §§ 1626, 1629 BGB, §§ 1773 ff. BGB) daneben selbst klagebefugt ist, schließt ein eigenständiges Klagerecht des alleinerziehenden Elternteils nicht aus (VG Würzburg, U.v. 14.6.2011, W 3 K 11.341; U.v. 7.7.2011, W 3 K 11.170 - ).

Vorliegend ist es aber dennoch zweifelhaft, ob der Kläger, der im streitbefangenen Zeitraum weder das alleinige Sorgerecht für seine Tochter ausübte noch mangels entsprechender Zustimmung durch die Mutter des Kindes als dessen gesetzlicher Vertreter den Anspruch geltend machen konnte, klagebefugt ist, soweit er Unterhaltsvorschussleistungen für seine Tochter für den Zeitraum vom 28. Mai bis 16. August 2012 begehrt. Denn wie im Folgenden noch auszuführen sein wird, konnte er nicht den Nachweis erbringen, dass seine Tochter in diesem Zeitraum bei ihm lebte. Es ist daher fraglich, ob er sich für diesen Teil der Klage überhaupt auf ein Klagerecht aus § 9 Abs. 1 UVG berufen kann.

2.2. Diese Frage kann jedoch dahinstehen, weil ungeachtet der Zulässigkeit der Klage für diesen Zeitraum ein Anspruch in der Sache jedenfalls nicht besteht. Denn die begehrten Leistungen auf Unterhaltsvorschuss werden nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG nur für den Zeitraum gewährt, in dem das Kind im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt. Der Kläger, dem insoweit die materielle Beweislast obliegt, konnte einen Nachweis für das Vorliegen dieser Voraussetzung für den Zeitraum vom 28. Mai bis 16. September 2012 bislang nicht erbringen. Daher kommt es auch nicht mehr darauf an, dass nach § 4 1. Halbsatz UVG Unterhaltsvorschussleistungen rückwirkend ohnehin längstens für einen Monat vor der Antragstellung (die hier frühestens im August 2012 erfolgt ist) gezahlt werden.

Die vom Kläger ohne Angebot eines Nachweises aufgestellte Behauptung, seine Tochter sei bereits am 28. Mai 2012 (offenbar von der damals noch in Russland lebenden Mutter) zu ihm gezogen, steht nämlich im Widerspruch zu der Bestätigung des Einwohnermeldeamtes der Gemeinde Z. vom 20. August 2012 (Bl. 13 d. LRA-Akte), wonach an diesem Tag der Zuzug der Tochter zum Wohnsitz des Klägers rückwirkend zum 17. August 2012 angemeldet wurde. Dass das Jobcenter E., das laut Anmeldung des Erstattungsanspruchs vom 30. August 2012 (Bl. 20 d. LRA-Akte) den Zuzug der Tochter ursprünglich ebenfalls erst ab dem 17. August 2012 berücksichtigt hatte, auf den Widerspruch des Klägers hin seine ursprünglichen Bescheide aufgehoben und bei der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts die Tochter bereits ab dem 28. Mai 2012 der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet hat, ändert nichts daran, dass die vom Kläger aufgestellte Behauptung, die Tochter sei bereits seit diesem Zeitpunkt bei ihm wohnhaft, im Widerspruch zu den Angaben bei der Anmeldung des Kindes am 20. August 2012 steht, wonach erst der 17. August 2012 der Zuzugstag war.

Daran ändert auch die im gerichtlichen Verfahren mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 vom Kläger vorgelegte Bestätigung der Gemeinde Z. vom 7. Oktober 2013 nichts, weil darin lediglich bestätigt wird, dass die Tochter vom 29. Mai bis 31. August 2011 - also ein Jahr vor dem hier im Streit stehenden Zeitraum - bereits einmal in der Wohnung des Klägers gemeldet war. Nachdem die Ausführung in der Beschwerde im Übrigen den Verbleib der Kindsmutter und des Kindes ab September 2012 betreffen, wird auch hierdurch die im Widerspruch zur Meldebestätigung vom 20. August 2012 stehende Behauptung, die Tochter lebe nicht erst seit dem 17. August, sondern bereits seit 28. Mai 2012 beim Vater, nicht gestützt. Das Landratsamt ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für Unterhaltsvorschussleistungen nach § 1 UVG erst ab dem 17. August 2012 gegeben waren und der geltend gemachte Anspruch bis zu diesem Tag schon aus diesem Grund nicht gegeben ist.

Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass dem für diesen Zeitraum geltend gemachten Anspruch im Übrigen auch deshalb nicht stattzugeben wäre, weil er im Falle seines Bestehens ebenso gemäß § 107 Abs. 1 SGB X erloschen wäre, wie der im Nachstehenden behandelte Anspruch auf Auszahlung von UVG-Leistungen für den Zeitraum vom 17. August bis 5. September 2012. Auf die folgenden Ausführungen (unter 2.3.) wird verwiesen.

2.3. Es bestehen auch keine hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage, soweit damit die Auszahlung der durch das Landratsamt mit Bescheid vom 28. November 2012 für den Zeitraum vom 17. August bis 5. September 2012 bewilligten Unterhaltsvorschussleistungen geltend gemacht wird. Denn der in diesem Zeitabschnitt bestehende Anspruch der Tochter des Klägers, den das Landratsamt im streitgegenständlichen Bescheid bestätigt hat und der - vom Kläger unbestritten - betragsmäßig zutreffend ermittelt wurde, gilt gemäß § 107 Abs. 1 SGB X aufgrund der vom Jobcenter E. ausweislich der vorgelegten Bescheide vom 13. Februar 2013 für den gleichen Zeitraum gewährten Leistungen nach den Vorschriften des SGB II zur Sicherung des Lebensunterhalts als erfüllt und ist daher erloschen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit auf die von ihm als zutreffend erachteten Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 4. November 2013 (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Die Einwendung des Klägers, das Jobcenter habe bei der Gewährung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts UVG-Leistungen angerechnet, findet in den vorliegenden Akten keine Stütze; vielmehr geht aus den in der Gerichtsakte befindlichen Bescheiden des Jobcenters vom 13. Februar 2013 und den hierzu vorgelegten Berechnungsblättern für die Monate Mai bis September 2012 hervor, dass keine Anrechnung erfolgt ist. Das wurde vom Jobcenter E. ausweislich des in der Gerichtsakte befindlichen Aktenvermerks vom 15. Oktober 2013 (Blatt 32 der Gerichtsakte) auch auf telefonische Nachfrage des Verwaltungsgerichts nochmals bestätigt. Einen Beleg für seine entgegenstehende Behauptung hat der Kläger nicht erbracht. Nachdem die im Rahmen der Sicherung des Lebensunterhalts für die Tochter des Klägers gewährten Leistungen im fraglichen Zeitraum deren Ansprüche auf Unterhaltvorschuss übersteigen und zu diesen nachrangig im Sinne des § 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X sind (vgl. BVerwG, U.v. 14.10.1993, 5 C 10/91 - ), gilt ihr Anspruch auf Leistungen nach dem UVG gemäß § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt, wodurch dem mit dieser Norm verfolgten Zweck der Vermeidung von Doppelleistungen und der Verwaltungsökonomie Rechnung getragen wird (BVerwG, U.v. 14.10.1993, a.a.O, Rn. 28 m.w.N).

Daher hat die vom Kläger erhobene Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Soweit im Beschwerdeverfahren noch gerügt wurde, dass ab 6. September 2013 keine Unterhaltsvorschussleistungen bewilligt und gewährt wurden, und dazu Angaben zum Verbleib von Mutter und Tochter gemacht werden, sind die Ausführungen für die Bewertung der Erfolgsaussichten der Klage ohne Belang, weil diese nach dem eindeutigem Klageantrag nur auf Leistungen bis zum 5. September 2012 gerichtet ist. Ob nach diesem Zeitpunkt bzw. nach dem (erneuten) Auszug der Mutter aus der Wohnung des Klägers ein Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen bestand, ist nicht Gegenstand des hier anhängigen Verfahrens.

Danach hat das Verwaltungsgericht zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Klage abgelehnt. Die Beschwerde ist deshalb zurückzuweisen.

3. Einer Kostenentscheidung bedarf es vorliegend nicht, weil das Beschwerdeverfahren nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei ist und außergerichtliche Kosten gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet werden.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für ihren im Oktober 2005 geborenen Sohn.

2

Dieser wurde im Wege einer heterologen Insemination mit dem von einer dänischen Samenbank bezogenen Sperma eines anonymen, der Klägerin unbekannten Spenders gezeugt. Antrag, Widerspruch und Klage blieben erfolglos. Zur Begründung seines Urteils hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Einem aus einer anonymen heterologen Insemination hervorgegangenen Kind stünden Unterhaltsleistungen im Sinne des Gesetzes nicht zu. Seinem Sinn und Zweck zufolge knüpfe das Unterhaltsvorschussgesetz die Entlastung des alleinerziehenden Elternteils an die potentielle Möglichkeit der öffentlichen Hand, den anderen Elternteil auf Erstattung der gewährten Unterhaltsleistung in Anspruch zu nehmen. Diese Möglichkeit bestehe in den Fällen der Zeugung eines Kindes im Wege einer anonymen Samenspende nicht. Die Leistungsgewährung würde sich in dieser Konstellation entgegen der gesetzgeberischen Konzeption von vornherein als "verlorener Zuschuss" darstellen. Der alleinerziehende Elternteil dürfe sich nicht willentlich in eine Situation begeben, die die Ermittlung des anderen Elternteils unmöglich mache. Hierin liege keine unzumutbare Benachteiligung von Frauen, die den Wunsch hätten, mit Hilfe einer anonymen Samenspende Mutter zu werden.

3

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz lägen vor. Deren Versagung überschreite die Grenzen richterlicher Gesetzesauslegung und verstoße insoweit gegen das Rechtsstaatsprinzip, insbesondere gegen den Vorrang des Gesetzes und die Bindung an Recht und Gesetz. Ebenso wenig wie das Unterhaltsvorschussgesetz eine Trennung der Elternteile nach längerfristiger Beziehung oder das Alleinerziehungsmerkmal voraussetze, erhebe es die tatsächliche Unterhaltspflicht des anderen Elternteils zur Bedingung für die Leistungsberechtigung gegenüber der Unterhaltsvorschusskasse. Unmaßgeblich sei daher, dass der andere Elternteil erst nach Anerkennung der Vaterschaft oder deren gerichtlicher Feststellung auf Unterhalt in Anspruch genommen werden könne. Die Anerkennung beziehungsweise Feststellung der Vaterschaft sei nicht Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Die Annahme, die Leistungsgewährung setze das Bestehen zumindest der Möglichkeit voraus, den anderen Elternteil auf Erstattung der gewährten Unterhaltsleistung in Anspruch zu nehmen, lasse unberücksichtigt, dass das Unterhaltsvorschussgesetz gerade für den Fall einer Leistungsunfähigkeit des anderen Elternteils die Gewährung von Unterhaltsausfallleistungen vorsehe. Das Phänomen "verlorener Zuschüsse" sei im Unterhaltsvorschussrecht bekannt, da die anderen Elternteile nicht selten wirtschaftlich leistungsunfähig seien. Dessen ungeachtet wäre ein Unterhaltsverzicht für die Zukunft zivilrechtlich unwirksam. Er stünde einem gesetzlichen Anspruchsübergang auf die Unterhaltsvorschusskasse nicht entgegen. Das Unterhaltsvorschussgesetz beschränke die Leistungsgewährung nicht auf die Fälle der Planwidrigkeit des Unterhaltsausfalls. Nicht nur für den Fall des Todes des anderen Elternteiles sehe das Gesetz die Gewährung von Unterhaltsausfallleistungen vor. Ebenso wenig setze ein unterhaltsvorschussrechtlicher Leistungsanspruch ungeschrieben das Bestehen einer von dem Antragsteller nicht selbst herbeigeführten prekären Lage voraus. Die Auslegung des Unterhaltsvorschussgesetzes durch den Beklagten und das Verwaltungsgericht stelle Kinder, die mittels anonymer heterologer Insemination gezeugt würden, in sachlich nicht gerechtfertigter Weise schlechter als andere Kinder. Die Klägerin erfülle auch nicht den Ausschlussgrund der Verletzung von Mitwirkungspflichten, da ihr damit ein Verhalten noch vor der Zeugung ihres Sohnes vorgehalten würde.

4

Der Beklagte und der Vertreter des Bundesinteresses verteidigen das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat in der Sache angenommen, § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen (Unterhaltsvorschussgesetz - UVG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 17. Juli 2007 (BGBl I S. 1446), geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl I S. 3194), sei im Wege der teleologischen Reduktion dahin einzuschränken, dass ein Anspruch auf Unterhaltsanspruch ausscheide, wenn der öffentlichen Hand nicht die "potentielle Möglichkeit" eröffnet sei, ihre Aufwendungen für die Gewährung der Unterhaltsleistung von dem anderen Elternteil erstattet zu bekommen. Dies steht mit Bundesrecht nicht im Einklang (1.). Die Entscheidung stellt sich indes im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO im Ergebnis als richtig dar (2.).

6

1. Das Verwaltungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass § 1 Abs. 1 UVG nach seinem eindeutigen Wortlaut dem Sohn der Klägerin einen Rechtsanspruch auf Gewährung einer Unterhaltsleistung vermittelt (a). Es hat jedoch zu Unrecht entschieden, dass § 1 Abs. 1 UVG teleologisch zu reduzieren ist, indem die dort normierten Anspruchsvoraussetzungen um das Erfordernis ergänzt werden, dass der Rückgriff des Landes bei dem anderen Elternteil grundsätzlich möglich sei muss (b).

7

a) Nach § 1 Abs. 1 UVG hat u.a. Anspruch auf Unterhaltsvorschuss oder Unterhaltsausfallleistung nach diesem Gesetz wer das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Nr. 1), im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig ist (Nr. 2) und nicht Unterhalt von dem anderen Elternteil mindestens in der in § 2 Abs. 1 und 2 UVG bezeichneten Höhe erhält (Nr. 3 a). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Sohn der Klägerin war im Zeitpunkt der Antragstellung fünf Jahre alt, lebte bei der Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt ledig war, und erhielt von dem anderen Elternteil keinen Unterhalt.

8

b) Die Voraussetzungen der vom Verwaltungsgericht angenommen teleologischen Reduktion liegen nicht vor.

9

(aa) Die Befugnis zur Korrektur des Wortlauts einer Vorschrift steht den Gerichten nur begrenzt zu (vgl. Urteil vom 27. Oktober 2010 - BVerwG 6 C 12.09 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 58 Rn. 32). Sie setzt unabhängig von dem in Betracht kommenden methodischen Mittel der richterlichen Rechtsfortbildung (teleologische Reduktion oder Analogie) eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (vgl. Urteile vom 18. April 2013 - BVerwG 5 C 18.12 - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen, juris Rn. 22 und vom 15. November 2012 - BVerwG 3 C 12.12 - LKV 2013, 78). Hat der Gesetzgeber eine eindeutige Entscheidung getroffen, dürfen die Gerichte diese nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern oder durch eine judikative Lösung ersetzen (vgl. Urteile vom 18. April 2013 a.a.O. Rn. 22 und vom 27. Oktober 2004 - BVerwG 6 C 30.03 - BVerwGE 122, 130 <133> = Buchholz 355 RBerG Nr. 52 S. 10; BVerfG, Beschluss vom 9. März 1995 - 2 BvR 1437/93 - NStZ 1995, 399 <400>). Ob eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt, ist nach dem Plan des Gesetzgebers zu beurteilen, der dem Gesetz zugrunde liegt. Sie ist unter anderem zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass eine gesetzliche Vorschrift nach ihrem Wortlaut Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll (vgl. Urteile vom 18. April 2013 a.a.O. Rn. 22 und vom 20. Juni 2000 - BVerwG 10 C 3.99 - BVerwGE 111, 255 <257> = Buchholz 261 § 12 BUKG Nr. 3 S. 2 sowie Beschluss vom 17. August 2004 - BVerwG 6 B 49.04 - juris Rn. 10 m.w.N.).

10

(1) Das Unterhaltsvorschussgesetz enthält keine Regelung, nach der Kinder, die im Wege der heterologen Insemination mit dem Sperma eines anonymen Spenders gezeugt wurden und im Einzelfall aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen von vornherein endgültig keine Möglichkeit haben, den Namen ihres leiblichen Vaters in Erfahrung zu bringen, keinen Anspruch auf Unterhaltsleistung haben. In einem solchen Fall - und so auch hier - ist der Anspruch insbesondere nicht nach § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG ausgeschlossen.

11

Nach § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG besteht ein Anspruch auf Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz dann nicht, wenn der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichnete Elternteil sich weigert, die Auskünfte, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich sind, zu erteilen oder bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils mitzuwirken. In seiner unmittelbaren Anwendung erlaubt § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG demnach die Zurechnung eines Verhaltens des alleinerziehenden Elternteils im Verwaltungsverfahren. Zur Mitwirkung bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils gehören grundsätzlich auch Angaben zur Bestimmung der Person des Vaters. Denn sie sind erforderlich, damit das Land Unterhaltsansprüche gegen den Vater nach § 7 UVG auf sich überleiten und auf diesem Wege Erstattung der vorgeleisteten Gelder von ihm verlangen kann. Die Mitwirkungspflicht aus § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG trifft die Mutter im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren (vgl. Urteil vom 21. November 1991 - BVerwG 5 C 13.87 - BVerwGE 89, 192 <195 f.> = Buchholz 436.0 § 2 BSHG Nr. 9 S. 3 unter Bezugnahme auf BTDrucks 8/1952 S. 7). Was der Mutter möglich und zumutbar ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Daran gemessen hat die Klägerin das ihr im Verwaltungsverfahren Mögliche und Zumutbare getan.

12

Nach den für den Senat bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin mitgeteilt, dass ihr Sohn im Wege der heterologen Insemination mit einem von der von ihr namentlich bezeichneten dänischen Samenbank bezogenen Sperma eines anonymen Spenders gezeugt wurde. Wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert, gehen diese übereinstimmend davon aus, dass die von der Klägerin namentlich bezeichnete Samenbank in Dänemark im konkreten Fall tatsächlich keine nähere Auskunft über den anonymen Spender erteilen kann. Aus diesem Grund kann dahinstehen, ob einem Kind, das im Wege der künstlichen Befruchtung mit einer anonymen Samenspende aus dem Ausland gezeugt wurde - und so auch dem Sohn der Klägerin - in der Regel ein (durchsetzbarer) Auskunftsanspruch gegen die ausländische Samenbank auf Namensnennung des leiblichen Vaters zusteht (vgl. zum Anspruch gegen eine inländische Samenbank OLG Hamm, Urteil vom 6. Februar 2013 - I-14 U 7/12 - NJW 2013, 1167). Des Weiteren ist nicht zu entscheiden, ob und welche Auswirkungen ein solcher Anspruch auf die Gewährung der öffentlichen Unterhaltsleistung nach § 1 Abs. 1 UVG hätte.

13

(2) Das Fehlen eines Anspruchsausschlusses erweist sich hingegen nicht deshalb als planwidrig, weil dem Unterhaltsvorschussgesetz der Wille des Gesetzgebers zu entnehmen wäre, dass Unterhaltsvorschuss nur im Fall des Bestehens einer Rückgriffsmöglichkeit gegenüber dem anderen Elternteil zu gewähren ist.

14

Nach der Konzeption des Unterhaltsvorschussgesetzes soll die öffentliche Unterhaltsleistung zwar in erster Linie als Unterhaltsvorschuss gezahlt werden. Der Gesetzgeber nimmt aber in Kauf, dass dem anspruchsberechtigten Kind auch in den Fällen eine Unterhaltsleistung aus öffentlichen Mitteln gezahlt wird, in denen das Land hierfür im Einzelfall keinen Rückgriff bei dem barunterhaltspflichtigen Elternteil nehmen kann. Darauf weist schon die Gesetzesüberschrift ("Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter oder Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen") hin, in der die Unterhaltsausfallleistung namentlich erwähnt wird. Vor allem ergibt sich der Wille des Gesetzgebers, die Unterhaltsleistung gegebenenfalls auch in Form einer Ausfallleistung zu erbringen, aus § 1 Abs. 1 UVG, der die Unterhaltsleistung ausdrücklich auch als Unterhaltsausfallleistung definiert. Mit der Verankerung der Unterhaltsausfallleistung in § 1 Abs. 1 UVG hat der Gesetzgeber - der sozialen Realität Rechnung tragend - für eine in der Verwaltungspraxis nicht zu vernachlässigenden Anzahl von Fällen anerkannt, dass ein Rückgriff bei dem anderen Elternteil nicht selten zumindest vorübergehend - etwa in den Fällen der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit -, gelegentlich auch dauerhaft - wie im Fall des Versterbens des anderen Elternteils -, unmöglich ist. In Übereinstimmung damit hat er die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 UVG durchweg als Anforderungen formuliert, die in der Person des Kindes erfüllt sein müssen (vgl. "... wer ... noch nicht vollendet hat ... bei einem seiner Elternteile lebt ... nicht oder nicht regelmäßig ... Unterhalt von dem anderen Elternteil ... erhält."). Dies steht der Annahme entgegen, es habe dem Plan des Gesetzgebers entsprochen, die Gewährung von Unterhalt nach § 1 Abs. 1 UVG setze voraus, dass der öffentlichen Hand "in jedem (Einzel-)Fall" (vgl. so ausdrücklich VGH Mannheim, Urteil vom 3. Mai 2012 - 12 S 2935/11 - ZFSH/SGB 2012, 409 <413> und ihm nachfolgend das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil) die potentielle Möglichkeit eröffnet sei, ihre Aufwendungen von dem anderen Elternteil erstattet zu bekommen. Mithin kann eine entsprechende Einschränkung dem § 1 Abs. 1 UVG auch nicht im Wege einer teleologischen Reduktion hinzugefügt werden.

15

2. Die Entscheidung stellt sich jedoch im Ergebnis als richtig dar. Die Gesetzeslücke erweist sich aus einem anderen als dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Grund als planwidrig (a). Sie ist mittels einer analogen Anwendung des § 1 Abs. 3 UVG zu schließen (b).

16

a) Die Lücke des Gesetzes entspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers. Dies folgt zwar nicht daraus, dass nach dem Gesetzeszweck eine Unterhaltsleistung nur zu gewähren wäre, wenn der seitens des anderen Elternteils geschuldete Unterhalt "planwidrig" ausbleibt (aa) oder wenn der alleinerziehende Elternteil die prekäre Erziehungssituation nicht selbst herbeigeführt hat (bb). Die Planwidrigkeit ergibt sich vielmehr daraus, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, die Unterhaltsleistung solle vorrangig als Vorschuss gewährt werden (cc).

17

aa) Der in Rechtsprechung und Literatur vertretene Ansatz, die Voraussetzung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 a) UVG sei nur dann als erfüllt anzusehen, wenn der zivilrechtlich geschuldete Unterhalt des anderen Elternteils "planwidrig" ausbleibe (vgl. etwa VG Aachen, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 K 384/10 - juris Rn. 23 f.; VG Frankfurt, Urteil vom 23. Februar 2011 - 3 K 4145/10.F - NJW 2011, 2603; OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. Februar 2007 - 4 LA 94/07 - NVwZ-RR 2007, 394 <395>; VGH Kassel, Beschluss vom 1. Juli 2004 - 10 UZ 1802/03 - FamRZ 2005, 483 und VGH Mannheim, Urteil vom 8. November 1995 - 6 S 1945/95 - NJW 1996, 946; Grube, UVG, 2009, § 1 Rn. 3 und 99; DIV-Gutachten vom 18. Mai 1999, DAVorm 1999, 841 <843> und DIJuF-Rechtsgutachten vom 6. März 2006, JAmt 2006, 301 <302> jeweils m.w.N.), wobei die geforderte "Planwidrigkeit" anhand einer objektiven Betrachtung aus der Sicht des alleinerziehenden Elternteils beurteilt und angenommen wird, wenn der alleinerziehende Elternteil - anders als hier - Unterhaltsleistungen von dem anderen Elternteil erwarten durfte (vgl. zur fehlenden Planwidrigkeit etwa OVG Lüneburg a.a.O.; VGH Kassel a.a.O. und VGH Mannheim a.a.O. S. 946 f.), erweist sich als nicht vereinbar mit der gesetzgeberischen Konzeption.

18

Diese erkennt an, dass der alleinerziehende Elternteil sein Kind in der Regel unter erschwerten Bedingungen erziehen muss und sich diese Situation noch verschärft, wenn der zivilrechtlich geschuldete Barunterhalt des anderen Elternteils ausbleibt. Der mit dem Kind zusammenlebende Elternteil muss dann nicht nur Alltag und Erziehung auf sich gestellt bewältigen, sondern im Rahmen seiner eigenen Leistungsfähigkeit zudem für den vom anderen Elternteil geschuldeten Unterhalt aufkommen. Die öffentliche Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz soll diese finanzielle Belastung des alleinerziehenden Elternteils mildern, indem sie ihn für eine Übergangszeit von der Notwendigkeit befreit, den finanziellen Ausfall des anderen Elternteils aufzufangen (vgl. BTDrucks 8/1952 S. 1 und 6 und BTDrucks 8/2774 S. 11). Zur Begründung des Anspruchs auf öffentliche Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ist somit erforderlich, aber auch ausreichend, dass zusätzlich zu der bei Alleinerziehenden typischerweise gegebenen Erziehungssituation der Unterhalt des anderen Elternteils ausfällt. Ob der alleinerziehende Elternteil erwarten durfte, dass der andere Elternteil seiner zivilrechtlichen Unterhaltspflicht nachkommen wird, und diese Erwartung enttäuscht wird, spielt nach der Vorstellung des Gesetzgebers erkennbar keine Rolle.

19

bb) Die Konzeption des Unterhaltsvorschussgesetzes steht auch der Annahme entgegen, der Gesetzgeber habe einen Anspruch in den Fällen ausschließen wollen, in denen der alleinerziehende Elternteil die prekäre Lage (vgl. zu diesem Begriff BTDrucks 8/1952 S. 7; Urteil vom 2. Juni 2005 - BVerwG 5 C 24.04 - Buchholz 436.45 § 1 UVG Nr. 2 S. 7 und BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. März 2004 - 1 BvL 13/00 - NJW-RR 2004, 1154) selbst herbeigeführt habe.

20

Der Anspruch auf Unterhaltsleistung knüpft an die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UVG beschriebene Bedarfslage an, die das anspruchsberechtigte Kind im Blick hat. Der Gesetzgeber hat es zwar für sachgerecht gehalten, diesem ein mit der gesetzlichen Konzeption nicht zu vereinbarendes Verhalten des alleinerziehenden Elternteils zuzurechnen, weil die Unterhaltsleistung in erster Linie eine wirtschaftliche Entlastung des alleinerziehenden Elternteils bedeutet und im wirtschaftlichen Ergebnis ihm zugute kommt (vgl. Urteil vom 21. November 1991 - BVerwG 5 C 13.87 - BVerwGE 89,192 <197> = Buchholz 436.0 § 2 BSHG Nr. 9 S. 5). Diese Zurechnung erfolgt im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 UVG, nach dem der Anspruch auf Unterhaltsleistung nicht besteht, wenn der alleinerziehende Elternteil es an der notwendigen Mitwirkung beim Vollzug des Gesetzes hat fehlen lassen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber den Anspruch auch dann ausschließen wollte, wenn der alleinerziehende Elternteil die prekäre Lage bewirkt hat.

21

(cc) Das Fehlen eines Anspruchsausschlusses bei der hier gegebenen Fallgestaltung erweist sich als planwidrig, weil es dem gesetzgeberischen Leitbild der öffentlichen Unterhaltsleistung nach § 1 Abs. 1 UVG als Unterhaltsvorschuss zuwiderläuft.

22

Die Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz soll nach dem Plan des Gesetzgebers "ausbleibende Zahlungen" der Unterhaltsverpflichteten aus öffentlichen Mitteln übernehmen, um sie sodann von Amts wegen beim säumigen zahlungsverpflichteten Elternteil wieder einzuziehen. Die Gewährung von Unterhalt als Ausfallleistung für den Fall, dass ein Rückgriff auf den anderen Elternteil nicht möglich oder erfolgreich ist, soll die Ausnahme bleiben. Bereits die amtliche Kurzbezeichnung des Gesetzes ("Unterhaltsvorschussgesetz") selbst und die Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 1 UVG, wonach es sich bei dem Anspruch auf "Unterhaltsleistung" nach diesem Gesetz um einen Anspruch "auf Unterhaltsvorschuss oder -ausfallleistung" handelt, verdeutlichen diese Zielsetzung (vgl. Urteil vom 23. November 1995 - BVerwG 5 C 29.93 - BVerwGE 100, 42 <48> = Buchholz 436.45 § 5 UVG Nr. 1 S. 5 unter Bezugnahme auf BTDrucks 8/1952 S. 1). Bestätigt wird der Gesetzeszweck durch den in § 7 UVG normierten gesetzlichen Forderungsübergang, der den Nachrang der Unterhaltsleistung dadurch sichern soll, dass Unterhaltsansprüche des berechtigten Kindes "für die Zeit, für die ihm die Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz gezahlt wird", auf das Land übergehen (vgl. Urteil vom 23. November 1995 a.a.O. S. 49 bzw. S. 6). Des Weiteren spricht für den Unterhaltsvorschuss als gesetzgeberisches Leitbild, dass das Unterhaltsvorschussgesetz beide Elternteile in die Pflicht nimmt, um den Rückgriff des Landes zu erleichtern. § 1 Abs. 3 UVG begründet u.a. die Obliegenheit des Elternteils, bei dem das Kind lebt, Auskünfte, die zur Durchführung des Gesetzes erforderlich sind, zu erteilen und bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils mitzuwirken. Letzterer ist gemäß § 6 Abs. 1 UVG verpflichtet, der zuständigen Stelle auf Verlangen die Auskünfte zu erteilen, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich sind.

23

Die gesetzgeberische Konzeption, die öffentliche Unterhaltsleistung in erster Linie als Vorschuss zu zahlen und von dem säumigen zum Barunterhalt verpflichteten anderen Elternteil zurückzufordern, wird von der Erwartung getragen, dass sich der Elternteil, bei dem das Kind lebt, in der Regel so verhält, dass die Unterhaltsvorschussleistung nicht zur Unterhaltsausfallleistung wird. Das belegt vor allem die Sanktionsregelung des § 1 Abs. 3 UVG. In die gleiche Richtung weisen die Anzeigepflicht des alleinerziehenden Elternteils nach § 6 Abs. 4 UVG sowie dessen Ersatz- und Rückzahlungspflicht nach § 5 UVG.

24

Abgesehen von den in diesen Vorschriften beschriebenen Fällen wird der besagten Erwartung auch dann nicht Rechnung getragen, wenn der Elternteil, bei dem das Kind lebt, durch ein bewusstes und gewolltes Verhalten vor der Geburt des Kindes eine Situation schafft, in der die Feststellung der Vaterschaft und damit des barunterhaltspflichtigen anderen Elternteils von vornherein aussichtslos ist und deshalb die öffentliche Unterhaltsleistung nur als Ausfallleistung gewährt werden kann. Auch in diesem Fall steht die Gewährung einer Unterhaltsleistung mit der Intention des Gesetzgebers nicht im Einklang.

25

Die letztgenannte Sachverhaltskonstellation liegt hier vor. Nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts wurde der Sohn der Klägerin - wie dargelegt - im Wege der heterologen Insemination mit einem von einer dänischen Samenbank bezogenen Sperma eines anonymen Spenders gezeugt, dessen Ermittlung unmöglich ist.

26

c) Die planwidrige Lücke ist durch analoge Anwendung des Anspruchsausschlusses nach § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG zu schließen. Die Rechtsfolge des § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG, dass der Unterhaltsanspruch nach § 1 Abs. 1 UVG nicht besteht, ist auf den hier zur Beurteilung stehenden Sachverhalt übertragbar, weil eine vergleichbare Sach- und Interessenlage besteht.

27

Sowohl in den in § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG geregelten Fallkonstellationen als auch in dem nicht geregelten Fall, dass die Feststellung der Vaterschaft infolge der Zeugung mittels einer anonymen Samenspende aus dem Ausland im Einzelfall von vornherein aussichtslos ist, legt das Verhalten der Mutter die wesentliche Grundlage dafür, dass das Land die gewährte Unterhaltsleistung von dem zum Barunterhalt verpflichteten anderen Elternteil nicht zurückfordern kann und damit die Unterhaltsvorschussleistung zur Unterhaltsausfallleistung wird. Unter Wertungsgesichtspunkten besteht kein sachlicher Unterschied, ob der Rückgriff auf den anderen Elternteil durch ein Verhalten der alleinerziehenden Mutter nach der Geburt oder dadurch, dass sie durch ein bewusstes und gewolltes Verhalten vor der Geburt des Kindes eine Situation schafft, in der die Feststellung der Vaterschaft von vornherein ausgeschlossen ist, vereitelt wird. Dass dem Kind gemäß § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG das Verhalten des alleinerziehenden Elternteils im Verwaltungsverfahren mit anspruchsausschließender Wirkung zugerechnet wird, beruht - wie dargelegt - darauf, dass die Unterhaltsleistung in erster Linie eine wirtschaftliche Entlastung des alleinerziehenden Elternteils bedeutet und im wirtschaftlichen Ergebnis ihm zugute kommt. Dieser Grundgedanke trifft auch für die Fälle zu, in denen sich die alleinerziehende Mutter für eine Zeugung des Kindes im Wege der heterologen Insemination mit dem Sperma eines anonymen Spenders entschieden hat.

28

Der Analogieschluss erstreckt sich nicht auf das im Rahmen des § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG zu prüfende Merkmal der Zumutbarkeit. Dessen Prüfung gründet unmittelbar in dem Tatbestandsmerkmal "Weigerung". Der Analogieschluss ist indes durch eine Übertragung der Rechtsfolge, nicht hingegen auch der tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm gekennzeichnet. Dessen ungeachtet knüpft das Merkmal der Zumutbarkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG maßgeblich an das Bestehen einer persönlichen Konfliktlage der Kindesmutter an, die dieser die Erteilung der an sich geforderten Auskünfte und insbesondere die Benennung des leiblichen Vaters des Kindes unzumutbar macht (Urteil vom 21. November 1991 BVerwGE 89, 192 S. 195 f. = Buchholz 436.0 § 2 BSHG Nr. 9 S. 3 f.). An einer derartigen auf die Mitwirkung an der Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes und der Feststellung der Vaterschaft bezogenen Zwangslage fehlt es in den Fällen der anonymen heterologen Insemination schon wegen der mangelnden Kenntnis von der Identität des Samenspenders.

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c) Der Ausschluss eines Anspruchs auf Unterhaltsleistung im vorliegenden Fall steht mit Verfassungsrecht im Einklang. Insbesondere ist der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht verletzt.

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Dieser gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das Grundrecht ist daher vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können. Im Rahmen seines Gestaltungsauftrags ist der Gesetzgeber grundsätzlich frei bei seiner Entscheidung, an welche tatsächlichen Verhältnisse er Rechtsfolgen anknüpft und wie er von Rechts wegen zu begünstigende Personengruppen definiert. Eine Grenze ist jedoch dann erreicht, wenn durch Bildung einer rechtlich begünstigten Gruppe andere Personen von der Begünstigung ausgeschlossen werden und sich für diese Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt. Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit unterliegt die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise zwar einer weitgehenden Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Aber auch hier muss die von ihm getroffene Regelung durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt sein (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10. November 1998 - 1 BvL 50/92 - BVerfGE 99, 165 <177 f.>; BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2011 - BVerwG 5 C 24.10 - juris Rn. 15).

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Die Gleichbehandlung eines im Wege einer anonymen heterologen Insemination gezeugten Kindes mit einem Kind, dessen Mutter sich weigert, an der Feststellung der Vaterschaft mitzuwirken, stellt keine sachlich nicht gerechtfertigte Gleichbehandlung dar. Der allgemeine Gleichheitssatz dient in diesem Zusammenhang gerade als Maßstab für die Zulässigkeit des vorstehenden Analogieschlusses. Ergibt die Ähnlichkeitsprüfung, dass ein gleichartiger Fall vorliegt, so ist die Gleichbehandlung beider Fallgestaltungen geboten.

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Die durch die Nichtgewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bewirkte Benachteiligung eines im Wege einer anonymen heterologen Insemination gezeugten Kindes, dessen leiblicher Vater infolge des Verzichts der Kindesmutter auf die Kenntnisnahme von der Identität des Samenspenders nicht festzustellen ist, gegenüber einem Kind, dessen anderer Elternteil bekannt ist, ist sachlich dadurch gerechtfertigt, dass in der erstgenannten Fallgestaltung der Elternteil, bei dem das Kind lebt, seine Obliegenheit verletzt hat, alles zu unternehmen, damit ein Unterhaltsvorschuss nicht zu einer Unterhaltsausfallleistung mutiert. Aus denselben Erwägungen erweist sich auch die Ungleichbehandlung eines im Wege einer anonymen Samenspende gezeugten Kindes mit einem auf natürlichem Wege gezeugten Kind, dessen leiblicher Vater nicht feststellbar ist, ohne dass dieses auf ein bewusstes und gewolltes Verhalten der Kindesmutter zurückzuführen ist, als sachlich gerechtfertigt. Die Differenzierung stellt sich auch im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes jedenfalls deshalb nicht als unangemessen dar, weil die Versagung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nicht den Ausschluss der Gewährung anderer Sozialleistungen, insbesondere von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch nach sich zieht (Urteil vom 21. November 1991 a.a.O. S. 198 bzw. S. 5), mithin die Sicherstellung des Unterhaltes des betroffenen Kindes aus öffentlichen Mitteln gewährleistet ist.

Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

(1) Anträge auf Sozialleistungen sind beim zuständigen Leistungsträger zu stellen. Sie werden auch von allen anderen Leistungsträgern, von allen Gemeinden und bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, auch von den amtlichen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland entgegengenommen.

(2) Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, sind unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Ist die Sozialleistung von einem Antrag abhängig, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei einer der in Satz 1 genannten Stellen eingegangen ist.

(3) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.