Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 09. Feb. 2016 - M 26 K 15.2213
Gericht
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Rundfunkbeiträgen.
Sie wurde vom Beklagten im Wege des einmaligen Meldedatenabgleichs ermittelt und zum ... Januar 2013 als rundfunkbeitragspflichtige Wohnungsinhaberin angemeldet. Der Beklagte informierte die Klägerin mit Schreiben vom ... März 2014 hierüber.
Mit Schreiben vom ... Juli 2015 beantragte die Klägerin gegenüber dem Beklagten die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht wegen des Vorliegens eines Härtefalls aufgrund ihrer finanziellen Situation. Mit Schreiben vom ... August 2014 teilte die Klägerin dem Beklagten auf Anfrage mit, dass sie keine Sozialleistungen beantragt habe.
Mit Bescheid vom ... September 2014 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht mit der Begründung ab, dass sie ihre Bedürftigkeit nicht durch die Vorlage von Bescheiden im Sinne des § 4 Abs. 1 RBStV nachgewiesen habe.
Mit Schreiben vom ... Oktober 2014 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch mit der Begründung ein, dass es keine Pflicht gebe, das Vorliegen eines Härtefalles durch Vorlage von Leistungsbescheiden nachzuweisen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2015 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Ablehnungsbescheid vom ... September 2014 zurück und begründete dies ausführlich. Der Bescheid wurde vom Beklagten am ... April 2015 verschickt.
Mit Schreiben vom ... Juni 2015, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am selben Tag, erhob im Auftrag („i.A.“) der Klägerin Herr A... ... Klage und beantragte, den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 3. März 2015, per einfachem Brief am ... Mai 2015 zugegangen, aufzuheben.
Mit Schreiben vom ... August 2015 machte Herr A. Ausführungen zur Begründung der Klage und teilte mit, dass das „Original“ mit der Unterschrift der Klägerin erst Mitte September vorgelegt werden könne. Mit Schreiben vom ... September 2015 beantragte die Klägerin persönlich,
den Widerspruchsbescheid des Bayerischen Rundfunks aufzuheben, die bereits in Raten entrichteten Rundfunkbeiträge zurückzuerstatten und die Klägerin von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien.
Zur Begründung trug die Klägerin vor, dass sie keine deutsche Staatsbürgerin sei und die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht nutze. Sie sei Geringverdienerin und bewege sich unter dem in Deutschland gesicherten Existenzminimum. Die Entscheidung, ob sie Sozialleistungen beantrage, unterliege ihrem freien Willen. Darüber hinaus stellte die Klägerin den Bedarf an öffentlich-rechtlichem Rundfunk im derzeit bereitgestellten Umfang in Frage und verwies auf die Situation der Flüchtlinge.
Bereits mit Schreiben vom ... Juli 2015 beantragte der Beklagte,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 13. Januar 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Einzelrichterin übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Akte des Beklagten ergänzend Bezug genommen.
Gründe
Die Entscheidung konnte nach Anhörung der Beteiligten im Wege des Gerichtsbescheids ergehen (§ 84 Abs. 1 VwGO).
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht. Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom ... September 2014 und der Widerspruchsbescheid vom 3. März 2015 ergingen zu Recht. Die Klägerin ist als Inhaberin einer Wohnung rundfunkbeitragspflichtig, so dass eine Erstattung von deshalb zu leistenden Rundfunkbeiträgen nicht in Betracht kommt.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 4 Abs. 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag - RBStV, weil sie die dortigen Befreiungstatbestände, nämlich den Bezug oder Erhalt einer der abschließend aufgezählten Sozialleistungen, unstreitig nicht erfüllt und entsprechend auch nicht nachweisen kann.
2. Die Klägerin kann wegen geringen Einkommens auch nicht nach § 4 Abs. 6 RBStV von der Rundfunkbeitragspflicht befreit werden. Ein besonderer Härtefall liegt nicht vor.
§ 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV setzt in einem gesetzlich geregelten Härtefall wegen finanzieller Bedürftigkeit voraus, dass von einer zuständigen Behörde ein Bescheid erlassen worden ist, nach dem eine zur Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht führende Sozialleistung nach Abs. 1 mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten. Dies ist bei der Klägerin zwar nicht der Fall. Aus der genannten Vorschrift und § 4 Abs. 1 sowie Abs. 7 RBStV kann jedoch abgeleitet werden, dass Befreiungstatbestände wegen Bedürftigkeit auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle beschränkt werden sollen und Personen mit geringem Einkommen, die keine der in § 4 Abs. 1 RBStV genannten Sozialleistungen erhalten, weil sie deren Voraussetzungen nicht erfüllen, nicht dem Härtefalltatbestand des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV zuzuordnen sind. Eine atypische, vom Normgeber versehentlich nicht berücksichtigte Bedarfslage, die durch Anwendung der Härtefallregelung ihren Ausgleich finden soll, liegt dann nämlich nicht vor. Dass auch die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht bei der Geltendmachung eines Härtefalls bescheidgebunden ist, wenn Bedürftigkeit geltend gemacht wird, ist in der Rechtsprechung sowohl der erkennenden Kammer als auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs längst geklärt (s. BayVGH, B.v. 3.12.2013 - 7 ZB 13.1817 - juris; s. auch OVG Berlin-Bbg, B.v. 9.1.2014 - OVG 11 N 23.13 - juris; BVerwG, U.v.
3. Die Klägerin ist somit unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und unabhängig davon, ob sie die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland in Anspruch nimmt, seit dem ... Januar 2013 als Inhaberin einer Wohnung beitragspflichtig (§ 2 Abs. 1 RBStV). Dass es - auch verfassungsrechtlich - nicht zu beanstanden ist, Inhaber von Wohnungen selbst dann zu Rundfunkbeiträgen heranzuziehen, wenn sie keine Rundfunkempfangsgeräte bereithalten oder von der Möglichkeit der Nutzung öffentlich-rechtlicher Rundfunkangebote nicht oder nur eingeschränkt Gebrauch machen (s. § 2 Abs. 1 RBStV), entspricht der ständigen Rechtsprechung dieses Gerichts. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat schon mehrfach so entschieden (BayVGH seit
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2013 - 7 ZB 13.1817 juris).
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(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,
- 1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a), - 2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist, - 4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.