Verwaltungsgericht München Beschluss, 08. Feb. 2017 - M 9 S 17.50049
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
II.
…
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der Ausländer hat während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen, dass ihn Mitteilungen des Bundesamtes, der zuständigen Ausländerbehörde und der angerufenen Gerichte stets erreichen können; insbesondere hat er jeden Wechsel seiner Anschrift den genannten Stellen unverzüglich anzuzeigen.
(2) Der Ausländer muss Zustellungen und formlose Mitteilungen unter der letzten Anschrift, die der jeweiligen Stelle auf Grund seines Asylantrags oder seiner Mitteilung bekannt ist, gegen sich gelten lassen, wenn er für das Verfahren weder einen Bevollmächtigten bestellt noch einen Empfangsberechtigten benannt hat oder diesen nicht zugestellt werden kann. Das Gleiche gilt, wenn die letzte bekannte Anschrift, unter der der Ausländer wohnt oder zu wohnen verpflichtet ist, durch eine öffentliche Stelle mitgeteilt worden ist. Der Ausländer muss Zustellungen und formlose Mitteilungen anderer als der in Absatz 1 bezeichneten öffentlichen Stellen unter der Anschrift gegen sich gelten lassen, unter der er nach den Sätzen 1 und 2 Zustellungen und formlose Mitteilungen des Bundesamtes gegen sich gelten lassen muss. Kann die Sendung dem Ausländer nicht zugestellt werden, so gilt die Zustellung mit der Aufgabe zur Post als bewirkt, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt.
(3) Betreiben Familienangehörige im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 ein gemeinsames Asylverfahren und ist nach Absatz 2 für alle Familienangehörigen dieselbe Anschrift maßgebend, können für sie bestimmte Entscheidungen und Mitteilungen in einem Bescheid oder einer Mitteilung zusammengefasst und einem Familienangehörigen zugestellt werden, sofern er volljährig ist. In der Anschrift sind alle volljährigen Familienangehörigen zu nennen, für die die Entscheidung oder Mitteilung bestimmt ist. In der Entscheidung oder Mitteilung ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, gegenüber welchen Familienangehörigen sie gilt.
(4) In einer Aufnahmeeinrichtung hat diese Zustellungen und formlose Mitteilungen an die Ausländer, die nach Maßgabe des Absatzes 2 Zustellungen und formlose Mitteilungen unter der Anschrift der Aufnahmeeinrichtung gegen sich gelten lassen müssen, vorzunehmen. Postausgabe- und Postverteilungszeiten sind für jeden Werktag durch Aushang bekannt zu machen. Der Ausländer hat sicherzustellen, dass ihm Posteingänge während der Postausgabe- und Postverteilungszeiten in der Aufnahmeeinrichtung ausgehändigt werden können. Zustellungen und formlose Mitteilungen sind mit der Aushändigung an den Ausländer bewirkt; im Übrigen gelten sie am dritten Tag nach Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung als bewirkt.
(5) Die Vorschriften über die Ersatzzustellung bleiben unberührt.
(6) Müsste eine Zustellung außerhalb des Bundesgebiets erfolgen, so ist durch öffentliche Bekanntmachung zuzustellen. Die Vorschriften des § 10 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes finden Anwendung.
(7) Der Ausländer ist bei der Antragstellung schriftlich und gegen Empfangsbestätigung auf diese Zustellungsvorschriften hinzuweisen.
(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde.
(2) Für die Ausführung der Zustellung gelten die §§ 177 bis 182 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Fall des § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden oder bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, wenn sie ihren Sitz an einem der vorbezeichneten Orte hat. Für die Zustellungsurkunde, den Zustellungsauftrag, den verschlossenen Umschlag nach Absatz 1 und die schriftliche Mitteilung nach § 181 Abs. 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung sind die Vordrucke nach der Zustellungsvordruckverordnung zu verwenden.
Tenor
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass eine Abschiebung des Antragstellers auf Grundlage der Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. Januar 2015 vorläufig bis zum Abschluss des Klageverfahrens 22 K 1175/15.A nicht erfolgen darf. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 13. Februar 2015 sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 22 K 1175/15.A gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. Januar 2015 anzuordnen,
4hilfsweise der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass eine Abschiebung des Antragstellers auf Grundlage der Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. Januar 2015 vorläufig bis zum Abschluss des Klageverfahrens 22 K 1175/15.A nicht erfolgen darf,
5ist in Bezug auf den Hauptantrag abzulehnen, hat aber mit dem Hilfsantrag Erfolg.
6Der Hauptantrag ist unzulässig.
7Die Antragsfrist gemäß § 34a Abs. 2 S. 1 AsylVfG von einer Woche ab Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheides ist nicht gewahrt. Der gemäß § 31 Abs. 1 S. 4 AsylVfG dem Antragsteller selbst zuzustellende Bescheid ist diesem am 30. Januar 2015 durch Zustellung wirksam bekannt gegeben worden, § 41 Abs. 5 VwVfG, § 3 VwZG. Die Zustellung erfolgte ausweislich der Postzustellungsurkunde wirksam gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG i.V.m. § 178 Abs. 1 Nr. 3, 2. Alt. ZPO an den zur Entgegennahme von Zustellungen ermächtigten Vertreter des Leiters der Gemeinschaftseinrichtung, Herrn Albert Höpke. Entgegen der Auffassung des Antragstellers setzt die wirksame Zustellung nach diesen Vorschriften nicht voraus, dass eine unmittelbare Weiterleitung des zuzustellenden Schriftstücks durch den ermächtigten Vertreter des Leiters der Gemeinschaftseinrichtung an den Adressaten noch am selben Tag sichergestellt wäre. Vielmehr setzen die gesetzlichen Zustellvorschriften voraus, dass es die Obliegenheit jedes Bewohners einer Gemeinschaftseinrichtung ist, sich beim Leiter oder dessen Vertreter nach eventuellen Posteingängen zu erkundigen. Die Zustellung ist mit der Übergabe an den Leiter der Gemeinschaftseinrichtung bzw. dessen ermächtigten Vertreter wirksam.
8Gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, §§ 187 ff BGB begann damit die in § 34a Abs. 2 S. 1 AsylVfG bestimmte Wochenfrist am 31. Januar 2015 zu laufen und endete mit Ablauf des 9. Februar 2015 (Montag). Der Antrag ging erst am 13. Februar 2015 und damit nach Fristablauf bei Gericht ein.
9Dem Antragsteller war auch nicht auf seinen Antrag gemäß § 60 VwGO Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist zu gewähren. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor.
10Der Antragsteller hat nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, die gesetzliche Antragsfrist einzuhalten (§ 60 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 VwGO). Unverschuldet ist eine Fristversäumnis, wenn dem Betroffenen nach den Umständen des Einzelfalls kein Vorwurf an der Fristversäumnis zu machen ist; ihm mithin die Einhaltung der Frist nicht zumutbar war,
11VG Aachen, Beschluss vom 18. November 2014 – 2 L 511/14.A – m.w.N., juris.
12Der Antragsteller hat keine Tatsachen dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht, die die Annahme rechtfertigen, er sei in diesem Sinne unverschuldet verhindert gewesen, die Antragsfrist einzuhalten. Der erhobene Einwand, der zugestellte Bescheid sei vom Hausmeister zunächst einem Mitbewohner übergeben worden, von dem der Antragsteller den Bescheid erst am 9. Februar 2015 erhalten habe, lässt nicht erkennen, dass der Antragsteller die ihm zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um zu erfahren, ob ihm ein Dokument in der Gemeinschaftseinrichtung zugestellt wurde, in der er zu wohnen verpflichtet und in der er gemeldet war. Es ist noch nicht einmal dargelegt, welche Anstrengungen der Antragsteller in dieser Hinsicht überhaupt unternommen hat. Vor diesem Hintergrund vermag auch der Hinweis, der Bescheid sei dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers, der sich am 30. Januar 2015 gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) für den Antragsteller bestellt habe, erst mit Schreiben vom 10. Februar 2015 ‑ zudem mit einem unvollständigen Ausdruck des elektronischen Verwaltungsvorgangs ‑ übersandt worden, den Antragsteller nicht zu exkulpieren.
13Der Hilfsantrag ist hingegen zulässig und begründet.
14Der Hilfsantrag ist zulässig. Insbesondere steht seiner Statthaftigkeit § 123 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO, § 34a Abs. 2 AsylVfG nicht entgegen. Zwar ist gegen den streitgegenständlichen Bescheid zunächst einstweiliger Rechtsschutz nach Maßgabe des § 80 Abs. 5 VwGO eröffnet, so dass insoweit ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 5 VwGO unstatthaft ist. Ist jedoch einstweiliger Rechtsschutz – wie hier ‑ nach Maßgabe des § 80 Abs. 5 VwGO nicht mehr eröffnet, weil die Wochenfrist des § 34a Abs. 2 AsylVfG bereits verstrichen ist, vermag die Regelung in § 123 Abs. 5 VwGO den Zugang zum einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 bis 3 VwGO jedenfalls dann nicht zu sperren, wenn die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung noch nicht bestandskräftig ist und der Antragsteller seinen Antrag auf Tatsachen oder Mittel zur Glaubhaftmachung stützt, die er ohne Verschulden nicht innerhalb der Antragsfrist des § 34a Abs. 2 AsylVfG gerichtlich geltend gemacht hat.
15Dies ist schon zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten. Denn dem betroffenen Ausländer wäre sonst keine Möglichkeit zur vorläufigen gerichtlichen Sicherung eigener Rechte eröffnet, deren Durchsetzung er im Hauptsacheverfahren mit der (rechtzeitig erhobenen) Klage verfolgt. Anders liegt es, wenn die betreffende Abschiebungsanordnung bereits bestandskräftig geworden ist. Will der von einer bestandskräftigen Abschiebungsanordnung Betroffene eine nachträgliche Veränderung der Sach- oder Rechtslage geltend machen, so kann er einen Antrag beim Bundesamt auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. VwVfG stellen und im Hauptsacheverfahren gegebenenfalls im Wege der Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO eine Sachentscheidung erzwingen,
16Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21. April 2015 – 10 CE 15.810, 10 C 15.813 –, Rdn. 5 m.w.N., juris.
17Der dieser Fallkonstellation systematisch entsprechende statthafte Antrag im einstweiligen Rechtsschutz ist dann der Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Sicherung des geltend gemachten Anspruchs auf Wiederaufgreifen des Verfahrens, mit dem eine vorläufige Verhinderung der angeordneten Abschiebung erreicht werden soll, indem der Bundesrepublik Deutschland als Rechtsträgerin des Bundesamtes aufgegeben wird, der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass vorläufig nicht aufgrund der früheren Mitteilung und der bestandskräftigen Abschiebungsanordnung abgeschoben werden darf,
18Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21. April 2015 – 10 CE 15.810, 10 C 15.813 –, Rdn. 5, m.w.N., juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Februar 2015 – 22 L 378/15.A – juris.
19Dieser Weg zur vorläufigen Sicherung eigener Rechte ist nicht eröffnet, wenn die Abschiebungsanordnung – wie hier – nicht bestandskräftig, sondern Gegenstand einer rechtzeitig erhobenen Klage ist. Zur Vermeidung einer mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbaren Rechtsschutzlücke ist § 123 Abs. 5 VwGO einschränkend dahingehend auszulegen, dass diese Vorschrift keine Anwendung findet, wenn die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung noch nicht bestandskräftig ist ‑ jedenfalls dann, wenn der Antragsteller seinen Antrag auf Tatsachen oder Mittel zur Glaubhaftmachung stützt, die er ohne Verschulden nicht innerhalb der Antragsfrist des § 34a Abs. 2 AsylVfG gerichtlich geltend gemacht hat.
20So liegt der Fall hier. Der Antragsteller stützt sich im Wesentlichen darauf, dass seiner Überstellung gegenwärtig rechtliche Hindernisse aufgrund seiner aktuellen Erkrankungen (fortgeschrittene HIV-Infektion mit Wasting-Syndrom und Lungentuberkulose) entgegenstehen. Zur Glaubhaftmachung hat er ein fachärztliches Attest vom 18. Februar 2015 vorgelegt. Diese Umstände hat der Antragsteller ohne Verschulden nicht schon während der Antragsfrist nach § 34a AsylVfG, hier also bis zum 9. Februar 2015 geltend gemacht. Er befindet sich zwar schon seit Januar 2015 wegen Tuberkulose in regelmäßiger ärztlicher Behandlung. Die hier maßgebliche Frage, welche Auswirkungen eine eventuelle Unterbrechung der Behandlung hätte, dürfte zu Beginn der Behandlung aber noch nicht absehbar gewesen sein und wurde ‑ soweit ersichtlich ‑ erstmals mit fachärztlichem Attest vom 18. Februar 2015 festgestellt.
21Der Antrag ist auch begründet.
22Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm der geltend gemachte Anspruch zusteht (Anordnungsanspruch) und dieser Anspruch in einer Weise gefährdet ist, dass er durch eine gerichtliche Entscheidung gesichert werden muss (Anordnungsgrund), § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
23Ein Anordnungsgrund ergibt sich bereits daraus, dass der Antragsteller wegen der vorläufig vollziehbaren Abschiebungsanordnung im Bescheid des Bundesamtes vom 28. Januar 2015 jederzeit mit seiner Überstellung nach Italien rechnen muss.
24Der Antragsteller hat auch Umstände glaubhaft gemacht, aus denen sich ein Anordnungsanspruch ergibt. Einer Überstellung des Antragstellers nach Italien auf Grundlage der Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes vom 28. Januar 2015 stehen nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand rechtliche Hindernisse entgegen.
25Es bestehen gegenwärtig durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestützten Abschiebungsanordnung des Bundesamtes. Nach der genannten Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens nach § 27a AsylVfG zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Es bestehen erhebliche Zweifel, dass die hierfür erforderlichen Voraussetzungen im vorliegenden Fall derzeit erfüllt sind.
26Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Antragsgegnerin den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann, § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG.
27Zwar dürfte Italien auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union, nämlich Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III‑VO) für die Prüfung des Asylantrages des Antragstellers zuständig sein. Die Anfrage im EURODAC-Verzeichnis hat ausweislich des Übermittlungsprotokolls vom 25. November 2014 ergeben, dass sich der Antragsteller vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Italien aufgehalten hat und dort einen Asylantrag gestellt hat.
28Die damit nach Art. 13 Dublin III‑VO für Italien anzunehmende Zuständigkeit ist auch nicht nachträglich entfallen.
29Insbesondere hat das Bundesamt innerhalb der in Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO genannten Frist am 7. Januar 2015 ein Wiederaufnahmegesuch an Italien gerichtet, das ausweislich der automatisch generierten Empfangsbestätigung an diesem Tag dort auch eingegangen ist. Italien hat hierauf nicht reagiert, sodass gemäß Art. 25 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Dublin III-VO seit Ablauf des 21. Januar 2015 davon auszugehen ist, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung Italiens zur Wiederaufnahme des Antragstellers begründet.
30Ferner ist die Zuständigkeit nicht gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III‑VO wegen Ablaufs der Überstellungsfrist auf die Antragsgegnerin übergegangen. Die (hier fingierte) Annahme des Aufnahmegesuchs durch Italien liegt weniger als sechs Monate zurück.
31Darüber hinaus kann sich der Antragsteller auch nicht erfolgreich darauf berufen, die Antragsgegnerin sei verpflichtet, von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Dublin III-VO Gebrauch zu machen, weil seiner Überstellung nach Italien rechtliche Hindernisse entgegenstünden. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert nur die Überstellung dorthin, begründet aber kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Antragsgegnerin,
32vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 - C 394/12 -, juris, Rdn. 60, 62 und Urteil vom 14. November 2013 - C 4/11 -, juris, Rdn. 37; BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6/14 -, juris, Rdn. 7.
33Es steht gegenwärtig aber nicht im Sinne von § 34a Abs. 1 S. 1 AsylVfG fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.
34Offen bleiben kann, ob die Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO gehindert ist, den Antragsteller nach Italien zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gäbe, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylantragsteller in Italien systemische Schwachstellen aufwiesen, die für den Antragsteller eine ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) bzw. Art. 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) mit sich brächten.
35Vgl. zu den Voraussetzungen im Einzelnen: EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, juris, Rdn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 -, NVwZ 2011, 413,
36Denn der Überstellung steht gegenwärtig jedenfalls ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis entgegen.
37Das Bundesamt hat nach Maßgabe des § 34a AsylVfG neben zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen auch zu prüfen, ob der Abschiebung inlandsbezogene Vollzugshindernisse entgegenstehen. Für eine insoweit eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde verbleibt daneben kein Raum,
38vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14-, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 -18 B 1060/11 -, juris Rn. 4; OVG Niedersachsen, Urteil vom 4. Juli 2012- 2 LB 163/10 -, juris Rn. 41; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 ‑ OVG 2 S 6.12 -, juris Rn. 4 ff.; VGH Bayern, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris Rn. 4; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris Rn. 7; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, juris Rn. 4 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 -, juris Rn. 9 ff.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. November 2004- 2 M 299/04 -, juris Rn. 9 ff.
39Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen,
40vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14-, juris m.w.N.
41Ein Duldungsgrund (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG) in diesem Sinne besteht unter anderem dann, wenn ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis in Gestalt einer Reiseunfähigkeit vorliegt. Ein solches ist anzunehmen, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch die Ausreise bzw. die Abschiebung voraussichtlich wesentlich verschlechtern wird. Als Beurteilungsgrundlage kann insoweit auf den in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG normierten Maßstab zurückgegriffen werden: Eine durch eine Ausreise eintretende Gesundheitsgefährdung ist danach jedenfalls dann nicht mehr zumutbar, wenn dadurch erhebliche konkrete Gefahren für Leib und Leben des Betreffenden einzutreten drohen. Soweit sich unterhalb dieser Schwelle durch die Ausreise bzw. Abschiebung eine Gesundheitsverschlechterung einstellen sollte, hat sie der Ausländer grundsätzlich hinzunehmen. Denn nicht jede mit der Erkenntnis der Aussichtslosigkeit des Bleiberechts in Deutschland und einer bevorstehenden Überstellung in ein anderes Land einhergehende Gefährdung bzw. Verschlechterung des Gesundheitszustandes führt auf eine Reiseunfähigkeit. Indem das Aufenthaltsgesetz die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht (§ 58 AufenthG), nimmt es in diesem Zusammenhang vielfach zu erwartende Auswirkungen auf den gesundheitlichen, insbesondere psychischen Zustand der Betroffenen in Kauf und lässt diese nur beim Vorliegen besonderer Umstände als Duldungsgründe gelten.
42Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 24. März 2005 ‑ 18 B 1660/04 ‑, 27. Juli 2006 ‑ 18 B 586/06 ‑, 29. November 2010 ‑ 18 B 910/10 – und 21. März 2011 ‑ 18 B 1091/10 ‑, sämtlich veröffentlichtbei NRWE.
43Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen jedenfalls nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine beim Antragsteller derzeit bestehende Reiseunfähigkeit vor. Ausweilich des zur Ausländerakte genommenen amtsärztlichen Schreibens des Gesundheitsamtes der Kreisverwaltung N. an das Amt 32-21 der Kreisverwaltung N. vom 21. Januar 2015 leidet der Antragsteller an einer nicht ansteckenden, aber behandlungsbedürftigen Lungentuberkulose. Die Amtsärztin spricht sich dafür aus, dass die bereits begonnene und vom Antragsteller gut angenommene Therapie durchgehend in M. weitergeführt werden solle, da es im Falle einer Therapiepause zu einer Resistenzentwicklung der Tuberkulose und bei einem Behandlungsabbruch gar zu einer infektiösen Form der Lungentuberkulose mit Ansteckungsrisiko für die umgebenden Personen kommen könne. Der Facharzt für Innere Medizin T. attestiert am 18. Februar 2015, dass eine Abschiebung des Antragstellers mit möglicher Unterbrechung der Therapie für diesen angesichts der bei ihm diagnostizierten Erkrankungen (fortgeschrittene HIV-Infektion CDC C3/AIDS mit Wasting-Syndrom und Lungentuberkulose) eine potentielle Lebensbedrohung darstelle, auf jeden Fall aber die Gefahr einer Verschlechterung der gesundheitlichen Situation des Patienten in sich berge. Eine abschließende Klärung des Gesundheitszustandes des Antragstellers und eventueller ärztlicher Hilfen, mit denen einer mit der Überstellung verbundenen Gesundheitsgefahr begegnet werden kann, muss unter diesen Umständen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
44Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.
45Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde.
(2) Für die Ausführung der Zustellung gelten die §§ 177 bis 182 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Fall des § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden oder bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, wenn sie ihren Sitz an einem der vorbezeichneten Orte hat. Für die Zustellungsurkunde, den Zustellungsauftrag, den verschlossenen Umschlag nach Absatz 1 und die schriftliche Mitteilung nach § 181 Abs. 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung sind die Vordrucke nach der Zustellungsvordruckverordnung zu verwenden.
(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.
(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.
(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn
- 1.
ein anderer Staat - a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder - b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
- 2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat, - 3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird, - 4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder - 5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.
(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.
(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.
Tenor
I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungserfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 30. Juli 2014 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Instanzen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der am 3. Oktober 19.. geborene Kläger algerischer Staatsangehörigkeit stellte am 18. Oktober 2013 in Deutschland einen Asylantrag. Bei seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) erklärte er, er habe weder in einem anderen Staat der EU Asyl beantragt noch sei er erkennungsdienstlich behandelt worden. Er sei im Januar 2012 zu Fuß nach Marokko gegangen, von dort aus mit dem Schiff nach Barcelona gefahren und weiter über Paris und Lüttich nach Deutschland gereist. Nachdem das Bundesamt Kenntnis davon erlangt hatte, dass dem Kläger am 16. Mai 2013 von italienischen Behörden in Algier ein vom 3. bis 24. Juni 2013 gültiges Schengen-Visum erteilt worden ist, ersuchte es unter dem 22. November 2013 Italien um Aufnahme des Klägers auf der Grundlage der Dublin-Verordnung. Eine Antwort der italienischen Behörden erfolgte nicht.
3Durch Bescheid vom 11. Februar 2014 stellte das Bundesamt auf der Grundlage des § 27a AsylVfG (jetzt: AsylG) unter Hinweis auf die Zuständigkeit Italiens fest, der Asylantrag des Klägers sei unzulässig, (Ziffer 1) und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an (Ziffer 2).
4Am 21. Februar 2014 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Klage erhoben. Mit Beschluss vom 17. März 2014 ordnete das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung nach Italien an (7a L 284/14.A).
5Zur Klagebegründung hat der Kläger geltend gemacht, das italienische Asylverfahren sei aufgrund der offensichtlichen Überforderung der dortigen Behörden mangelhaft. Er habe keine Garantie, dass in Italien über sein Asylgesuch rechtmäßig entschieden werde.
6Der Kläger hat beantragt,
71. den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Februar 2014 aufzuheben,
82. die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
93. die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass
10Abschiebungshindernisse gem. § 60 Abs. 2 - 7
11AufenthG vorliegen.
12Die Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hat ausgeführt, das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien wiesen keine systemischen Mängel auf. Dies sei auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt.
15Mit Urteil vom 30. Juli 2014 hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen den Bescheid des Bundesamts vom 11. Februar 2014 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei mit dem Antrag zu 1. zulässig, mit dem Verpflichtungsantrag (Anträge zu 2. und 3) unzulässig, weil die Anfechtungsklage die richtige Klageart sei. Die Anfechtungsklage sei auch begründet. Die Beklagte sei nach der hier maßgeblichen Dublin II-VO zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts verpflichtet, weil Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien auch derzeit noch systemische Mängel aufwiesen, die die Prognose rechtfertigten, dass der Asylbewerber dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sei.
16Zur Begründung der vom früher für das Verfahren zuständigen 11. Senat zugelassenen Berufung trägt die Beklagte vor: Nach der Rechtsprechung des OVG NRW bestünden in Italien keine systemischen, die Grenze zur Grundrechtsverletzung nach Art. 4 GR-Charta überschreitenden Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einschließlich der Gesundheitsversorgung.
17Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 30. Juli 2014 zu ändern und die Klage abzuweisen.
19Der Kläger beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Gerichtsakte des Eilverfahrens sowie die Verwaltungsvorgänge des Bundesamts Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe:
23Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der im Berufungsverfahren nur noch streitgegenständlichen Anfechtungsklage zu Unrecht stattgegeben. Diese Klage ist zulässig, aber unbegründet.
24Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens sind gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 394), sowie das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), ebenfalls zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 394).
25A. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig.
26Die isolierte Anfechtungsklage ist die allein statthafte Klageart, wenn ein Asylbewerber die Aufhebung einer Entscheidung über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung seines Asylantrags nach den unionsrechtlichen Regelungen der Dublin-Verordnung begehrt.
27Vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 -, NVwZ 2016, 154 = juris, Rn. 13 f., und vom 16. November 2015 ‑ 1 C 4.15 -, DVBl. 2016, 313 = juris, Rn. 9, sowie Beschluss vom 12. Januar 2016 - 1 B 64.15 -, juris, Rn. 2; OVG NRW, Urteile vom 16. September 2015 - 13 A 800/15.A -, juris, Rn. 22 ff., und vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, DVBl. 2014, 790 = juris, Rn. 31; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 -, juris, Rn. 18.
28Das Bundesamt hat in Ziffer 1 des Bescheids auch eine rechtsgestaltende Regelung über die Zulässigkeit des Asylantrags getroffen, deren Aufhebung mit der Anfechtungsklage begehrt werden kann. Ungeachtet der gewählten Formulierung („Der Asylantrag ist unzulässig.“) liegt nicht lediglich eine Feststellung, sondern eine rechtsgestaltende Entscheidung über die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig vor, wie dies § 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylG verlangt.
29Vgl. BVerwG, Urteile vom 16. November 2015 ‑ 1 C 4.15 -, juris, Rn.10, und vom 17. September 2015 - 1 C 26.14 -, NVwZ 2016, 67 = juris, Rn. 12.
30B. Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesamts vom 11. Februar 2014 ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
31I. Die Rechtmäßigkeit des auf §§ 27a, 34a AsylG gestützten Bescheids beurteilt sich nach der Dublin II-VO. Diese ist aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts ungeachtet des § 77 Abs. 1 AsylG anwendbar.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 2015 ‑ 1 C 4.15 -, juris, Rn. 17.
33Auch die Ersetzung durch die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) ist insoweit unerheblich. Nach Art. 49 Satz 3 Dublin III-VO erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats weiterhin nach den Kriterien der Dublin II-VO, wenn der Asylantrag vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden ist. Das ist hier der Fall. Der Kläger hat sein maßgebliches Schutzgesuch am 18. Oktober 2013 angebracht. Die Dublin III-VO gilt zwar ab dem 1. Januar 2014 – ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung – für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern, wenn sie nicht bereits vor diesem Datum gestellt wurden.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 -, BVerwGE 150, 29 = juris, Rn. 27, und vom 17. September 2015 - 1 C 26.14 -, juris, Rn. 14.
35Hier ist aber das Wiederaufnahmeersuchen bereits am 22. November 2013 und damit vor dem Stichtag gestellt worden.
36II. Der formell rechtmäßige Bescheid vom 11. Februar 2014 ist sowohl hinsichtlich der Regelung in Ziffer 1 (1.) als auch hinsichtlich der Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 (2.) materiell rechtmäßig.
371. Rechtsgrundlage der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig in Ziffer 1 ist § 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylG i. V. m. § 27a AsylG. Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylG ist in solchen Fällen der Asylantrag als unzulässig abzulehnen.
38Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren, der nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG entscheidungserheblich ist, ist der Asylantrag des Klägers gemäß § 27a AsylG unzulässig. Italien ist nach der Dublin II-VO für die sachliche Prüfung und Entscheidung des Asylantrags zuständig (a.). Es bestehen auch keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien, die der Rückführung entgegenstünden (b.). Ein Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Verfahrensdauer (c.).
39a. Nach der Dublin II-VO ist Italien zuständig für das Asylverfahren. Dies ergibt sich aus Art. 9 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 Dublin II-VO, weil Italien dem Kläger ein Visum ausgestellt hat, das im maßgeblichen Zeitpunkt der Asylantragstellung in Deutschland (Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO) weniger als sechs Monate abgelaufen war. Die Asylantragstellung in Deutschland erfolgte am 18. Oktober 2013, das Visum war gültig bis zum 24. Juni 2013. Die Zuständigkeit ist nicht auf Deutschland übergegangen, insbesondere ist die Überstellungsfrist nach Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO nicht – mit der Folge eines Zuständigkeitswechsels – verstrichen. Danach erfolgt die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Da Italien auf das Aufnahmeersuchen nicht reagiert hat, begann die Frist gemäß Art. 18 Abs. 7 Dublin II-VO am 23. Januar 2014 zu laufen. Das Verwaltungsgericht ordnete mit Beschluss vom 17. März 2014 die aufschiebende Wirkung der Klage an (7a L 284/14.A). In einem solchen Fall endet die Überstellungsfrist – wenn und solange die Überstellung (weiter) ausgesetzt ist – erst sechs Monate nach Entscheidung über die vorliegende Klage, d. h. nach rechtskräftiger Beendigung des Hauptsacheverfahrens.
40Vgl. OVG NRW, Urteile vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 56, und vom 16. Juni 2015 ‑ 11 A 890/14.A -, juris, Rn. 26; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13.OVG -, juris, Rn. 35; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19. Juni 2012 - A 2 S 1355/11 -, AuAS 2012, 213 = juris, Rn. 24; Hess. VGH, Beschluss vom 23. August 2011 - 2 A 1863/10.Z.A -, InfAuslR 2011, 463 = juris, Rn. 7.
41Die aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 23. Januar 2014 bestehende aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage dauert fort. Sie endet, da der erst-instanzlichen Klage stattgegeben worden ist, gemäß § 80 b Abs. 1 Satz 1 VwGO erst mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids.
42Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 4. Februar 2016 - 13 A 59/15.A -, juris, Rn. 39 ff.
43b. Der Beklagten ist auch nicht deshalb die Berufung auf die Zuständigkeit Italiens für den Asylantrag des Klägers verwehrt, weil der Kläger wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in Italien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt wäre.
44aa. Die auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens beruhende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der EU (im Folgenden: GR-Charta), der Genfer Flüchtlingskonvention sowie der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) steht, kann widerlegt werden. Eine Widerlegung ist aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die asylrecht-lichen Richtlinien der EU – Richtlinie 2003/9/EG bzw. 2013/33/EU (Aufnahme-richtlinie), Richtlinie 2004/83/EG bzw. 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie), Richt-linie 2005/85/EG bzw. 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) – genügen. Vielmehr müssen die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebe-dingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta – der Art. 3 EMRK entspricht – ausgesetzt zu werden.
45Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - C- 411/10 und C-493/10 (N.S.) -, NVwZ 2012, 417 = juris, Rn. 78 ff., vom 14. November 2013 - C-4/11 (Puid) -, juris, Rn. 30 ff., und vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 (Abdullahi ) -, NVwZ 2014, 208 = juris, Rn. 52; EGMR, Urteile vom 21. Januar 2011 - 30696/09 (M.S.S.) -, ZAR 2011, 395, Rn. 216 ff., und vom 4. November 2014 ‑ 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) -, Rn. 93 und102 ff.; BVerwG, Beschlüsse vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, NVwZ 2014, 1039 = juris, Rn. 5 ff., vom 6. Juni 2013 - 10 B 35.14 -, NVwZ 2014, 1677 = juris, Rn. 5, und vom 15. April 2014 - 10 B 17.14 -, juris, Rn. 3 ff.; vgl. zum Ganzen ausführlich OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 65 ff.
46Wegen des in Deutschland geltenden Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss sich der Tatrichter die Überzeugungsgewissheit verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Systemische Mängel liegen danach vor, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im eigentlich zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.
47Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris, Rn. 9.
48Zwar setzt dies nicht voraus, dass in jedem Falle das gesamte Asylsystem einschließlich der Aufnahmebedingungen und der zugehörigen Verfahren schlechthin als gescheitert einzustufen ist, jedoch müssen die in jenem System festzustellenden Mängel so gravierend sein, dass sie in einer Vielzahl von Fällen zu der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung führen. Das kann darauf beruhen, dass die Fehler bereits im System selbst angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern nicht zufällig und im Einzelfall, sondern (objektiv) vorhersehbar von ihnen betroffen sind. Ein systemischer Mangel kann daneben aber auch daraus folgen, dass ein in der Theorie nicht zu beanstandendes Aufnahmesystem - mit Blick auf seine empirisch feststellbare Umsetzung in der Praxis - faktisch in weiten Teilen funktionslos wird.
49Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 89 ff.
50Hingegen kommt es nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war. Derartige individuelle Erfahrungen sind in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, ob im maßgeblichen Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung (hier: der Berufungsverhandlung) systemische Mängel im Zielland der Abschiebung vorliegen, wobei zu beachten ist, dass persönliche Erlebnisse Betroffener durch neuere Entwicklungen in dem betreffenden Staat überholt sein können.
51Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2013 - 10 B 35.14 -, juris, Rn. 6; s. auch EGMR, Urteil vom 13. Januar 2015 - 51428/10 (A.M.E. ./. Niederlande) -, juris, Rn. 30.
52Bei der Bewertung der in Italien anzutreffenden Umstände der Durchführung des Asylverfahrens und der Aufnahme von Asylbewerbern ist maßgeblich auf Ausländer in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Lage wie der des Klägers abzustellen, eines allein stehenden, jungen, arbeitsfähigen Mannes, der in Italien vor seiner Weiterreise nach Deutschland noch keinen Asylantrag gestellt hatte.
53bb. Hiervon ausgehend steht nach dem im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung vorliegenden Erkenntnismaterial zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger im Falle seiner Überstellung nach Italien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr läuft, wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden.
54Vgl. ebenso für Italien – in unterschiedlichen Fallkonstellationen – EGMR, Urteil vom 30. Juni 2015 - 39350/13 (A.S. v. Schweiz) -, Rn. 36, vom 13. Januar 2015 - 51428/10 (A.M.E. ./. Niederlande) -, juris, Rn. 35, und vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) -, juris, Rn. 114 f.; OVG NRW, Urteile vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, vom 24. April 2015 - 14 A 2356/12.A -, juris, Rn. 35 ff., und vom 10. Juli 2015 - 15 A 1048/14.A -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 11 LB 248/14 -, juris, Rn. 47 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 -, juris, Rn. 43 ff.; Bay. VGH, Urteil vom 28. Februar 2014 - 13a B 13.30295 -, BayVBl. 2014, 628 = juris; Hess. VGH, Beschluss vom 28. Februar 2014 - 10 A 681/13.Z.A -, juris; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13 -, juris; OVG S.-A., Beschluss vom 14. November 2013 - 4 L 44/13 -, juris.
55(1) Bei der Würdigung der Erkenntnisse ist zunächst davon auszugehen, dass Italien - sowohl im Hinblick auf das dortige Rechtssystem als auch die Verwaltungspraxis - über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes Asylverfahren verfügt.
56Vgl. zum Asylverfahren im Einzelnen Auswärtiges Amt (AA), Auskünfte an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 1.1, sowie an das OVG S.-A. vom 21. Januar 2013, 2. und 3.; CIR (Consiglio Italiano per i Rifugiati), Asylum Information Database (aida): Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 16 ff.; EASO Special Support Plan to Italy, 11. März 2015, S. 4; s. auch EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) -, Rn. 37.
57Ob Art. 4 GR-Charta die vollständige Umsetzung der diesbezüglichen Richtlinien erfordert, kann offen bleiben. Das Asylverfahren in Italien ist inzwischen richt-linienkonform. Mit Wirkung vom 30. September 2015 wurden die Neufassungen der Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU und der Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU in das italienische Recht übernommen (Gesetzesdekret 142/2015: decreto legislative 18 agosto 2015, n 143 „Attuazione della direttiva 2013/33/UE recante norme relative all’accoglienza die richiedenti protezione internazionale, noché della direttiva 2013/32/UE, recante procedure comuni ai fini del riconoscimento e della revoca dello status die protezione internazionale“).
58Vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 2; CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 9 und 12.
59Der Senat ist auch davon überzeugt, dass das Asylsystem trotz ggf. einzelner Unzulänglichkeiten prinzipiell funktionsfähig ist. Es ist weder in Bezug auf die tatsächliche Dauer noch auf die Qualität menschenrechtswidrig. In etwa der Hälfte der Fälle ist in den letzten Jahren ein Schutzstatus gewährt worden (2013: 61 %, 2014: 59 %, 2015: 42 %).
60Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 -, juris, Rn. 44 f.; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 1.1.; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 133 ff.; SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 7; zur Schutzquote vgl. Eurostat, recognition rates, 2013, 2014, 2015, abrufbar von http://ec.europa.eu/eurostat.
61Bisher ist regelmäßig vor allem gerügt worden, dass für die formelle Registrierung als Asylbewerber (verbalizzazione) eine Wohnsitzbestätigung erforderlich sei und in der mitunter langen Zeit bis zur verbalizzazione eine Unterbringung nicht gewährleistet sei. Es kann offen bleiben, ob insoweit systemische Mängel anzunehmen wären. Nach der aktuellen Rechtslage (Gesetzesdekret 142/2015) wird ein Wohnsitz nicht verlangt und beträgt die Frist zwischen Asylgesuch und formeller Registrierung drei, maximal zehn Tage. Selbst wenn das Verfahren in der Praxis länger dauert, ist die Unterbringung in der Regel gewährleistet.
62Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 2; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 1.1.
63Gesetzesdekret 142/2015 stellt klar, dass die Adresse der Unterbringungseinrichtung, in dem der Antragsteller wohnt, als Wohnsitz zu betrachten ist.
64Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 21.
65(2) Dublin-Rückkehrer wie der Kläger müssen nach der aktuellen Erkenntnislage auch während der Durchführung ihres Asylverfahrens in Italien nicht beachtlich wahrscheinlich damit rechnen, dass sie wegen der Aufnahmebedingungen in ihrem Grundrecht aus Art. 4 GR-Charta verletzt werden. Die dem Senat vorlie-genden Erkenntnisse rechtfertigen nicht den Schluss, dass der Kläger während der Dauer des Asylverfahrens die elementaren Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme, Hygienebedürfnisse, medizinische Grundversorgung) nicht in einer noch zumutbarer Weise wird befriedigen können. Die zweifellos bestehenden Mängel der Aufnahmebedingungen sind nicht derart gravierend, dass bei jedem Rückkehrer die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 4 GR-Charta zu bejahen wäre.
66Die sich aus der Aufnahmerichtlinie ergebenden Verpflichtungen, die als Konkretisierung des für ein menschenwürdiges Dasein einzuhaltenden Maßstabs im Sinne des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GR-Charta angesehen werden,
67vgl. EGMR, Urteile vom 30. Juni 2015 - 39350/13 (A.S. v. Schweiz) -, Rn. 28 f., vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) -, Rn. 96 f., und vom 21. Januar 2011 - 30696/09 - (M.S.S.), EuGRZ 2011, 243, Rn. 250 f. und 263; zurückhaltender EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 ‑ Rs. C-411/10 u.a. (N.S.) -, Rn. 84 (nicht jeder geringste Verstoß genügt); OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 120 ff.; kritisch Hailbronner/Thym, NVwZ 2012, 406 (407), sowie Hailbronner, AuslR, Stand März 2015, § 27a Rn. 22,
68hat Italien, wie bereits ausgeführt, in innerstaatliches Recht übernommen. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die rechtlichen Vorgaben in der Praxis im erheblichen Ausmaß nicht beachtet werden.
69(a) Das in Art. 17 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 g) Aufnahmerichtlinie verankerte Recht auf Unterkunft bleibt auch nicht systematisch unbeachtet, so dass etwa mit monatelanger Obdachlosigkeit zu rechnen wäre.
70Vgl. für Griechenland EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 (M.S.S.) -, EuGRZ 2011, 243 = juris, Rn. 253, 263.
71Eine solchermaßen dramatische Lage lässt sich aktuell für Italien aufgrund belastbarer Tatsachen nicht feststellen.
72Wer – wie der Kläger – noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann bei der Questura desjenigen Flughafens, an den er rücküberstellt wird, einen Asylantrag stellen (Verbalizzazione) und erhält etwa bei der Nichtregierungsorganisation (non-governmental organization, NGO) am Flughafen in Rom einen Unterbringungsplatz in einem CAS (Centro die accoglienza straordinaria)-Zentrum in der Umgebung von Rom. Wer vor der Weiterreise bereits ein Asylgesuch in Italien gestellt hatte, muss zur zuständigen Questura reisen, um das Asylverfahren weiterzuführen. Dazu erhält er an der Grenze, etwa auch bei seiner Ankunft am Flughafen in Rom, von NGOs ein Bahnticket zur Verfügung gestellt. Bei der zuständigen Präfektur wird die Unterkunft beantragt. Wer das Unterbringungszentrum ohne Meldung verlassen hat, verliert zwar grundsätzlich seinen Unterkunfts-anspruch, kann aber einen neuen Platz beantragen.
73Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 4 ff.; AA, Auskünfte an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 1.2 und 2.1., und vom 11. September 2013; zu letztgenanntem Gesichtspunkt s. auch CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 75.
74Ende 2015 verfügte Italien nach einer massiven Aufstockung über rund 104.000 Unterbringungsplätze in CAS-, CPSA (Centro di primo soccorso e accoglienza)-, CDA (centro di accoglienza)-, CARA (Centro di accoglienza per richiedenti asilo; jetzt: „centri governativi di accoglienza“)- und SPRAR (Sistema di protezione per richiedenti asilo e refugiati“)-Einrichtungen, wovon der größte Anteil auf die temporären Aufnahmeeinrichtungen des CAS-Systems entfällt (76.683 Plätze).
75Dem standen 2015 rund 84.000 neue Asylanträge gegenüber, knapp 20.000 mehr als im Vorjahr.
76Vgl. die Eurostat-Statistik „Asylum and new asylum applicants – annual aggregated data –“, abrufbar von http://ec.europa.eu/eurostat.
77Hinzu kommen noch die Personen, die sich bereits zuvor im Asylverfahren befanden, und die Dublin-Rückkehrer.
78Am 29. Februar 2016 waren insgesamt 107.387 Personen in diversen national unterhaltenen Unterkunftszentren untergebracht.
79Vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) der Republik Österreich, Kurzinformation der Staatendokumentation, Italien, Wien, 22. März 2016.
80Unterstützt von EASO (European Asylum Support Office der EU) hat Italien die Unterkunftskapazitäten erheblich erhöht.
81Vgl. EASO Special Support Plan to Italy, 11. März 2015, S. 1.
82Das SPRAR-System, ein kommunales Unterbringungssystem, das vom italienischen Staat zentral verwaltet wird und eine Unterbringung bei privaten oder kommunalen Trägern vorsieht, wird ständig ausgebaut und soll von 20.000 auf mindestens 35.000 Plätze aufgestockt werden.
83Vgl. AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 2.4.
84Die Unterbringung in den staatlichen Einrichtungen wird grundsätzlich für die Zeit des Asylverfahrens und eines etwaigen Rechtsmittelverfahrens gewährleistet.
85Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 74.
86Eine zuvor angenommene maximale Aufenthaltsdauer von 20 bzw. 35 Tagen in CARA-/CDA-Zentren oder sechs Monaten in SPRAR-Einrichtungen, die im Übrigen oft wesentlich überschritten wurde,
87vgl. ASGI (Associazione Studi Giuridici sull’Immigrazione), The Dublin System and Italy: A Wavering Balance, März 2015, S. 13 f., 23 f.; aida (Asylum Information Database): Country Report Italy, Januar 2015, S. 53; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 11. September 2013; UNHCR, Recommendations on important aspects of refugee protection in Italy, Juli 2012, S. 12; borderline-europe e.V., Auskunft an VG Braunschweig, Dezember 2012, S. 34 f. und 51,
88gibt es für Asylantragsteller nicht (mehr). Eine Obergrenze für die Dauer des Aufenthaltes ist im Gesetzesdekret 142/2015, das die entsprechenden Vorgaben der Aufnahmerichtlinie umsetzt, nicht vorgesehen.
89Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 74.
90Ergänzend zu den staatlichen Unterbringungseinrichtungen stellen verschiedene kirchliche oder kommunale Einrichtungen sowie lokale Hilfsorganisationen zur Vermeidung von Obdachlosigkeit Unterkünfte zur Verfügung.
91Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 7 f.; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 2.4, und an das OVG S.-A. vom 21. Januar 2013, 4.4; borderline-europe e.V., Auskunft an das VG Braunschweig, Dezember 2012, S. 21.
92Insgesamt kann angesichts dieser Zahlen nicht davon ausgegangen werden, dass die Unterbringung, auch wenn sie von unterschiedlicher Qualität ist und nicht in jedem Fall den Mindeststandards entspricht,
93vgl. zu den Bedingungen in den Einrichtungen CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 70 ff.; SFH, Auskunft an das VG Schwerin vom 23. April 2015, S. 4,
94im Sinne systemischer Mängel defizitär ist.
95Selbst wenn man aber unterstellt, die in Italien aktuell vorhandenen Kapazitäten zur Unterbringung von Asylbewerbern reichten derzeit oder in naher Zukunft nicht aus, ergäbe sich daraus nach Auffassung des Senats noch kein systemisches, die Grenze zur drohenden Grundrechtsverletzung nach Art. 4 GR-Charta überschreitendes Versagen des Staates. Die Menschenrechte verpflichten die Staaten weder, eine absolut bestimmbare Mindestanzahl von Unterkünften zur Verfügung zu stellen, noch dazu, rein vorsorglich Unterkunftskapazitäten im Umfang einer „Spitzenbelastung“ vorzuhalten.
96Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 158.
97Nach den vorliegenden Erkenntnissen reagiert Italien jedenfalls inzwischen flexibel auf den Zustrom. Das System ist durch die kurze Auftragsdauer für die temporären CAS-Zentren (Ausschreibung alle sechs Monate) sehr flexibel in Bezug auf Schwankungen. Ferner waren jüngst unter dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU (AMIF) verschiedene Projekte ausgeschrieben, die auch die Unterbringung von Asylbewerbern umfassten.
98Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 7 f.
99Hiervon ausgehend ist die Erwartung, dass künftig zunehmend mehr Flüchtlinge den Weg über das Mittelmeer suchen und in Italien die Grenze zur EU überschreiten werden, nicht ausreichend, um derzeit systemische Mängel anzunehmen. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien würde erst dann überschritten, wenn – was hier nicht der Fall ist – absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung dieses Problems ergriffen würden.
100Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. April 2015 - 14 A 2356/12.A -, juris, Rn. 41.
101(b) Auch die Versorgung mit Lebensmitteln, Kleidung, Hygieneartikeln und der Zugang zu einer medizinischen Mindestversorgung (vgl. Art. 19 Richtlinie 2013/33/EU) ist während des Asylverfahrens grundsätzlich in menschenrechtskonformer Weise gewährleistet. Asylbewerber haben Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem, insbesondere ist eine kostenfreie Notversorgung gewährleistet. Die übrige Versorgung erfolgt über die Unterbringungseinrichtungen, teilweise auch über karitative Organisationen.
102Vgl. SFH, Auskünfte an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 8 f., und vom 18. Mai 2016, S. 4; AA, Auskünfte an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 3.1, an das VG Schwerin vom 25. März 2015, sowie an das OVG S.-A. vom 21. Januar 2013, 5. und 6.; CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 64, 82; EASO Special Support Plan to Italy, 11. März 2015, S. 5.
103Zudem ist es Asylbewerbern nach Art. 22 Abs. 1 des Gesetzesdekrets 142/2015 bereits 60 Tage nach Stellung des Asylgesuchs erlaubt zu arbeiten.
104Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 81.
105(3) Aus der Tarakhel-Entscheidung des EGMR vom 4. November 2014, mit der die Rückführung nach Italien von Garantien italienischer Behörden abhängig gemacht worden ist, kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten ableiten. Sie beruht auf der besonderen Situation einer Familie mit sechs minderjährigen Kindern, der spezifischen Schutzbedürftigkeit von Kindern und dem Gebot der Wahrung der Familieneinheit. Für den Fall eines alleinstehenden (jungen) Mannes hat der EGMR in späteren Entscheidungen (Urteile vom 13. Januar 2015 - 51428/10 (A.M.E. ./. Niederlande) - und vom 30. Juni 2015 – 39350/13 (A.S. ./.Schweiz) -) gerade keine Grundlage für die Annahme gesehen, ihm drohe im Fall der Rückführung nach Italien eine ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK.
106Individuelle, in der Person des Klägers liegende besondere Gründe, die eine Zuordnung zur Gruppe der besonders verletzlichen Personen erfordern und eine Überstellung als menschenrechtswidrig erscheinen lassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
107c. Ein Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Verfahrensdauer.
108Aus der Rechtsprechung des EuGH lässt sich unter diesem Gesichtspunkt eine Pflicht zum Selbsteintritt nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO nur ableiten, wenn in einer Situation, in der Grundrechte des Antragstellers im Falle der Überstellung an den an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel des Asyl-verfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber verletzt würden, die Lage des Antragstellers durch eine unangemessen lange Verfahrensdauer noch verschlimmert würde.
109Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 (N.S. u.a.) -, juris, Rn. 98 und 108, sowie vom 14. November 2013 - C-4/11 (Puid) - juris, Rn. 35; BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 1 B 66.15 -, juris, Rn. 5; Hailbronner, AuslR, Stand März 2015, § 271 Rn. 66.
110Mit einer solchen Konstellation ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Der EuGH geht von der Prämisse aus, dass im eigentlich zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel und demzufolge eine Verletzung des Art. 4 GR-Charta in Rede stehen. Bei der dann gebotenen Prüfung, ob anhand der Kriterien der Dublin II-Verordnung ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Asylantrags zuständig bestimmt werden kann, ist die Verfahrensdauer im Blick zu behalten. Ein solcher Fall ist hier, wie ausgeführt, nicht gegeben. Vielmehr ist die Überstellung in den als zuständig ermittelten Mitgliedstaat Italien möglich.
111Selbst wenn man aber der Rechtsprechung des EuGH einen allgemeinen Anspruch auf eine angemessene Verfahrensdauer entnehmen wollte, bezieht sich die Verfahrensdauer in diesem Sinne auf die Zuständigkeitsbestimmung durch das Bundesamt, d. h. auf das Verwaltungsverfahren.
112So im Ergebnis auch BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14, 1 C 33.1 C 33.14 und 1 C 34.1 C 34.14 -, jeweils juris, Rn. 21, sowie Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 1 B 66.15 -, juris, Rn. 5.
113Die Einbeziehung der Dauer des gerichtlichen Verfahrens zu Lasten der Beklagten scheidet jedenfalls dann aus, wenn der Asylbewerber – wie hier in Bezug auf Ziffer 1 des Bescheids – eine rechtmäßige Verwaltungsentscheidung angreift. Denn in diesem Fall hat bei normativer Betrachtung nicht die Beklagte die Ursache für die lange Verfahrensdauer gesetzt.
114Vgl. OVG Rh.-Pf., Urteil vom 18. Februar 2016 ‑ 1 A 11081/14 -, juris, Rn. 33.
115Das Verwaltungsverfahren der Zuständigkeitsbestimmung dauerte hier von der Asylantragstellung am 18. Oktober 2013 bis zum Eintritt der Annahmefiktion, wie ausgeführt, am 23. Januar 2013. Bezieht man weiter das Ergehen des Bescheids am 11. Februar 2014 ein, ist auch dies noch keine unangemessene Verfahrensdauer.
116Der Kläger kann sich ferner nicht auf Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO berufen. Nach Satz 2 der Vorschrift kann die Überstellungsfrist höchstens auf 18 Monate verlängert werden, wenn der Asylbewerber flüchtig ist. Erfolgt die Überstellung nicht innerhalb dieser Frist, geht nach Satz 1 die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde. Daraus lässt sich, auch wenn der Dublin II-VO ein Beschleunigungszweck immanent ist, keine Höchstdauer eines Dublin-Verfahrens ableiten. Die Vorschrift regelt lediglich im Verhältnis der Staaten zueinander, nach welchem Zeitraum eine zulässige, aber nicht durchgeführte Überstellung in Gestalt eines Zuständigkeitsübergangs zu Lasten des unzuständigen Staates geht. Eine entsprechende Anwendung auf den vorliegenden Fall, in dem der Überstellung nach Italien der vom Kläger erwirkte stattgebende Eilbeschluss entgegensteht, scheidet mit Blick auf die klare Regelung in Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO aus. Da nach dieser Vorschrift, wie ausgeführt, eine Überstellungsfrist von sechs Monaten ab der Entscheidung über die Klage vorgesehen ist, wenn diese aufschiebende Wirkung hat, kann der Verordnungsgeber die Frist von 18 Monaten bei Flüchtigkeit nicht im Sinne einer generellen Höchstgrenze verstanden haben. Eine entsprechende Anwendung lässt sich aufgrund der gänzlich unterschiedlich gelagerten Sachverhalte auch nicht mit dem Gleichbehandlungsgebot begründen. Schließlich widerspräche sie der Auffassung des EuGH, wonach für die Überstellung volle sechs Monate zur Verfügung stehen sollen.
117Vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 Rs. C-19/08 (Petrosian u.a.) -, Slg. 2009, I-495; BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 1 B 66.15 -, juris, Rn. 9.
118Daran fehlt es aber, wenn aufgrund eines gerichtlichen Beschlusses die Überstellung über längere Zeit nicht durchgeführt werden kann.
1192. Die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützte Abschiebungsanordnung in Ziff. 2 des angefochtenen Bescheids ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt, soll der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) abgeschoben werden, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Das bedeutet, dass die Rück-nahmebereitschaft im positiven Sinne geklärt sein muss. Dem Bundesamt obliegt die Prüfung, dass weder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse vorliegen noch inlandsbezogene Vollzugshindernisse der Abschiebung entgegenstehen. Dies gilt auch für nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretende Abschie-bungshindernisse und Duldungsgründe.
120Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 732/14 -, juris, Rn. 11 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris, und vom 3. März 2015 - 14 B 102/15.A -, juris.
121Anhaltspunkte für das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses im Sinne von § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen für ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Die Rückführung ist tatsächlich möglich. Da die Überstellungsfrist noch nicht verstrichen ist, ist aufgrund der gerichtsbekannten ständigen Praxis die Übernahmebereitschaft Italiens zu bejahen, auch wenn dieses auf das Aufnahmeersuchen nicht reagiert hat. Anhaltspunkte für eine krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit oder eine aus sonstigen Gründen resultierende Unmöglichkeit einer Abschiebung sind nicht ersichtlich.
122C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
123Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
124Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.
Gründe
die Antragsgegnerin auch passivlegitimiert. Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 10. Februar 2014 (Az. M 12 S7 14.30227) vertretenen Auffassung hat das Bundesamt im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; B.v. 20.11.2012 - 10 CE 12.2428 - juris Rn. 4; NdsOVG, U.v. 4.7.2012 - 2 LB 163/10 - juris Rn. 41; OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.2.2012 - 2 S 6/12 - juris Rn. 4; VGH BW, B.v. 31.5.2011 - A 11 S 1523/11 - juris Rn. 4). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe. Bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungshindernissen hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung der Abschiebungsanordnung abzusehen (OVG NRW, B.v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris Rn. 4).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.